nee an tn en nn nn un. une Dunn Euer . .. u Br nn nn una ner m ie De “ne - Br un - h Be De un dei wine un teile Maik Ans oem, Min diät nn te ln nn tn ne v . ‘ . nn N a nn nn ee Br tt ne nn. a. . „ - - ... een mun.re\ a ee e ° u a 4 ne ann in re m an "LE ee Bee tn ee iethnen en eh . ü 5 we De Fe Dar BAAR ei a .< un Dan A en rn de re N De a Te et Annie ae a 7 rl ab rk ee) . EN ERTETT user er wre 4 : De erden = an eye nn BAneB AB Mt < sn FE Be cT a 7 - a en nn nen . - r s - BER x DD DE TEE HE I es Me I er te We Dar 3 Be ee Tr ee rw er Beer Dr wu ie . u. » ‚ fi i wi. u m we Rnerarge rt Ba I ger ee we ln a 4 nie, ‘ R son ' ’ . F} . fi a ne rn nt te Tr ne “'. al „ BEE Zu Zu un ” . 3 Kr: . u i a \ . i Ar) ” “ .. Zn 4 . - 2 ’ Be Zeitsehrift. für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Köllikep und. ,,, Ernst Ehlers Professora.d. Universitätzu \ rzburg Professor a.d. Universitätzu Göttingen. u i Dreiundfünfzigster Band Mit 28 Tafeln und 9 Figuren im Text. LEIPZIG Verlag von Wilh. m Engelmann 1832. 4 — ” 590,343 + Inhalt des dreiundfünfzigsten Bandes. II III III ITN Erstes Heft. Ausgegeben den 10. November 1891. Seite Studien über Räderthiere. III. Zur Entwicklungsgeschichte der Räderthiere nebst Bemerkungen über ihre Anatomie und Biologie. Von C. Zelinka, Bus Vu. 6.Kıesıng Text) „un. ua ee A Entwicklungsmechanische Studien. I. Der Werth der beiden ersten Furchungs- zellen in der Echinodermenentwicklung. Experimentelle Erzeugung von Theil- und Doppelbildungen. II. Über die Beziehungen des Lichtes zur ersten Etappe der thierischen Formbildung. Von H. Driesch. (Mit ae 2er im Kexd). 0.20. 000 ae ee 100 Zweites Heft. Ausgegeben den 8. Dezember 1891, Die Spongien der Adria. I. Die Kalkschwämme. Erste Hälfte. Von R. v. Lendenfeld. (Mit Taf. VII—XV u. 4 Figur im Text) . 2». 2....48 Die Enden des exkretorischen Apparates bei den Nemertinen. Von O. Bürger. in BA) re ee 322 Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. Von J. Frenzel. (Mit en... N a un u TE ae re ao Drittes Heft. Ausgegeben den 31. Dezember 1891. Die Spongien der Adria, I. Die Kalkschwämme. Zweite Hälfte. Von R. skendenteld:.. -. .-.. N EN Br RER ER ....864 Die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane von Phyllodromia (Blatta) germanica L. Von R. Heymons. (Mit Taf. XVIH—XX. ...... 434 N IV Seite Viertes Heft. Ausgegeben den 5. April 1592. Das Auge des Grottenolmes (Proteus anguineus). Ven K. W. Schlampp. ee... - 537 Zum feineren Bau der Trematoden. Von G. Brandes. (Mit Taf. XXI.) . 558 Beiträge zur Kenntnis der Mollusken. Von J. Thiele. (Mit Taf. XXIM.) . 578 Myxosporidium bryozoides. Von A.Korotneff. (Mit Taf. XXIV.)... . 59 Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. Von A..Spuler. {Mit Taf. XXV u. XXVL) . ....00 VS Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische. Von A. Kraemer. (Mit Taf. XXVU wu: XXVIL) 2 2 mann —— Studien über Räderthiere. III. Zur Entwicklungsgeschichte der Räderthiere nebst Bemerkungen über ihre Anatomie und Biologie!. Von Dr. Carl Zelinka, Privatdocenten an der Universität Graz. Mit Tafel I—VI und 6 Holzschnitten. Vorliegende Arbeit wurde im Zoologischen Institute der Universität Graz ausgeführt. Sie entstand in dem Wunsche, die noch von einigen Seiten angezweifelten Beziehungen der Räderthiere zu den Larven der Anneliden zu klären. Ich hoffe, dass dies geglückt ist. Dabei ging anatomische Forschung an den zur embryologischen Untersuchung ge- wählten Rotatorien Hand in Hand mit biologischen Studien. Demnach gliedert sich diese Arbeit in vier Abtheilungen: I. Anatomischer Theil. II. Biologischer Theil. III. Entwicklungsgeschichtlicher Theil (A. Gallidina. B. Meli- certa). IV. Theoretischer Theil. Die Untersuchungen wurden durch die liebenswürdigst gestattete Benutzung der Privatbibliothek des Herrn Professor Dr. LupwiIg v. GRAFF- wesentlich gefördert. Herrn Professor v. Grarr sage ich desshalb hier- mit meinen besonderen Dank für diese Freundlichkeit. Herr Professor Dr. Yvss DerAses in Paris hatte die Güte, mir bei der Erlangung von Abhandlungen französischen Ursprunges, welche ich auf dem Wege der Bibliotheken nicht erhalten konnte, behilflich zu sein, wofür ich ihm ebenfalls den besten Dank ausdrücke. Graz, am 1. Mai 1891. 1 Siehe: Diese Zeitschrift Bd. XLIV, p. 396; Bd. XLVII. p. 353. Zeitsck "f$ f. wissensch, Zoologie. LIII, Bd. A 2 Carl Zelinka, I. Anatomischer Theil. Zur eingehenden Untersuchung gelangte eine Form, welche ich für dieselbe halten möchte, die Prare! als Callidinamagna bezeichnet hat, wenn nicht in einzelnen Punkten so bedeutende Differenzen sich _ zeigten, welche nicht in der Art der Beobachtung ihre Ursache haben können, da sie kaum zu übersehende Verhältnisse des Baues beireffen. Ich nenne diese Form Callidina russeola, wegen der Farbe des Darmes. Eine zweite Species, welche der Gallidina magna eben- falls sehr nahe verwandt ist, und gleichfalls untersucht wurde, nenne ich Gall. lutea. Callidina magna hat nach PıATE einen bräunlich röthlichen, meine Form einen gelblich ziegelrothen Darm, während mein zweites Untersuchungsobjekt durch seinen grünlich chromgelben Mitteldarm hervorsticht. Prare ist der Meinung, dass einer systemati- schen Revision der Rotatorien dadurch am meisten vorgearbeitet wer- den könne, dass man die alten Species mit ungenügenden Diagnosen vollständig ignorire und nach neuen zuverlässigen Kriterien suche. Die Systematik der Callidinen gehört zu den schwierigsten Kapi- teln der Räderthiersystematik. Die Gleichförmigkeit ihrer äußeren Erscheinung erfordert ein besonderes genaues Studium aller Merkmale. Jeder, der sich daran gemacht hat, die Gallidinen systematisch zu be- arbeiten, wird erfahren haben, wie schwierig es ist, leicht bemerkbare charakteristische Unterschiede zu entdecken, und wie oft die schon aufgestellten Diagnosen wieder geändert werden müssen, wenn eine noch nicht einbezogene neue Art hinzukommt. Ohne übersichtliche Kenntnis einer größeren Formenreihe ist es daher undurchführbar, Kriterien von bleibendem Werthe aufzustellen. Ich habe seiner Zeit versucht die mir zur Bestimmung am wichtig- sten erscheinenden Merkmale in der Speciesdiagnose von Gall. sym- -biotica und Leitgebii zusammenzufassen. Die seither gemachten Erfahrungen bestärken mich darin, dass es nicht genügt, einige belie- bige Merkmale, wie es oft geschah, herauszugreifen. Nach meinem Dafürhalten sollten zur sicheren Bestimmung einer Species der hier in Frage kommenden Gattung, wofern es die Umstände gestatten, festge- stellt werden: 1) Maximallänge, 2) Verhältnis von Länge und Breite beim Kriechen und beim Rädern, 3) Form des Räderorgans und der Oberlippe, %) Farbe des Darmes, eventuell auch der Haut, 5) Beschaffenheit der Haut (ob 1 L, PLATE, Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. p. 1—42. 1889. Taf. 1. Studien über Räderthiere, III. 3 stachelig, warzig, körnig ete.), 6) Form und Größe der Kiefer und ihre Lage im Körper beim Strecken, 7) Zahl der Zähne, 8) Form des Fußes, der Zangen, deren Abstand und -Größe, Form des Endgliedes, 9) Form des Rüssels, 10) Lage der Genitalorgane, 41) Anzahl der Flimmer- lappen. Von diesen Kriterien wird sich das eine oder andere zwischen nahen Verwandten als weniger maßgebend erweisen; als immer zum Ziele führend sind aber Bestimmungen der Form des Fußes und der Zangen, deren absolute Länge und deren Neigung zum betreffenden Fußgliede sowie vor Allem die Form und Größe der Kiefer anzusehen. Ich habe unter allen Callidinenformen, deren Zahl eine ziemlich große ist, nicht zwei mit vollkommen gleichem Fuße oder Kiefern angetroffen. Da die Länge und Breite der Kiefer im fertigen Embryo, wie wir sehen werden, genau so groß ist wie im ausgewachsenen Thiere, würde für eine Speciesbestimmung sogar eventuell die Angabe dieser Maße ge- nügen. In zweiter Linie sind Maximallänge, Farbe des Darmes in Betracht zu ziehen, und erst in dritter die Anzahl der Zähne etec. Dass die Zahnformeln bei den einzelnen Species variiren, die Zähne- zahl gewissermaßen um eine Durchschnittszahl schwankt, habe ich schon bei Gallidina symbiotica angegeben, wo der dritte Zahn oft undeutlich ist. Seither habe ich sogar Thiere dieser Species mit der h 17 innerhalb gewisser Grenzen für die Species maßgebend. Was nun die alten Enrengerg’schen Species anbelangt, so sind sie folgende: Gall. rediviva, scarlatina, hexaodon, octodon, alpium,tetrao- don, triodon, elegans. Von diesen habe ich alle bis aufelegans und triodon wieder gefunden. Tetraodon und triodon sind in Folge der Unsicherheit der Zahnformeln nicht aus einander zu halten, da der einzige, von EHRENBERG gegebene Unterschied in der Zahnformel liegt, triodon hat also zu entfallen. Die anderen bekannten Species sind bidens Gosse, bihamata Gosse, pigra Gosse, parasitica Gig- lioli, cornuta Perty, elegans var. roseola Perty, aculeata Milne, quadricornifera Milne, socialis Kellicot, constrieta Dujardin. Von diesen erweisen sich, wie ich bei einer anderen Gelegenheit aus einan- der setzen werde, bihamata Gosse, cornuta Perty, elegans var. roseola Perty als zu ungenügend beschrieben, um wieder erkannt zu werden. Das einzige Charakteristikum für bihamata ist dasselbe wie für cornuta Perty, und gilt auch eben so für Gallidina constricta und einige andere Species. Call. pigra dürfte dieselbe Form sein wie 4* Zahnformel = und — gefunden. Die Anzahl der Zähne ist daher nur 4 Carl Zelinka, die Gall. elegans Ehrenb., während Call. bidens der Gall. alpium Ehrenb. synonym ist, welche Form durchaus nicht alpin ist. Hinreichend gestützt scheinen als Species nur Call. socialis Kell., aculeata Milne, quadricornifera Milne, parasitica Gigl., constrieta Dujard. zu sein. Mit keiner dieser Arten ist die Gallidina magna Plate, Gall. russeola oder Gall. lutea zu vergleichen, welche also als neue Spe- cies anzusehen sind. Die Speciesdiagnose wird sich aus der späteren Beschreibung ergeben. Da Pıırtz's Angaben über die Anatomie zum Theil nicht mit meinen übereinstimmen oder einer Ergänzung bedür- fen, werde ich vor Allem die der Gall. magna am nächsten stehende russeola zum Objekte meiner Beschreibung machen. Die größte Länge des gestreckten Körpers ermittelte ich mit 0,5 mm, der mehr plumpe Körper zeigt an der Stelle, wo beim Krie- chen in ausgestreckter Lage der Pharynx liegt, das ist am 6. und 7. Segment, eine Verdickung, verschmälert sich im 8. Glied bedeutend und wächst dann stetig an Breite bis zum vorletzten Rumpfgliede, wel- ches das breiteste am Körper ist; von hier verjüngt sich der Körper rasch im Analgliede. Der Schwanz ist dreigliedrig (inclusive des sel- ten vorgestreckten Endgliedes). Die Seiten des Rumpfes sind wie bei Call.symbiotica mit acht Längsfalten jederseits versehen. Das Räderorgan muss als groß bezeichnet werden. Die Stiele der Halbkugeln stehen weit aus einander und lassen die letzteren nahezu ganz über den Seitenrand des Körpers hinausragen. Die Oberlippe ist ein quer ausgezogenes gleichschenkeliges niedriges Trapez mit welligem oberen Rande, ohne Einschnitte oder ein anderes Merkmal. Bei ausgestrecktem Räderorgan ist Schwanz und Rüssel eingezogen. Der Körper ist dann verkürzt und stellt einen allmählich erweiterten, hinten sanft abgerundeten Sack dar. Das Räderorgan wird unter dem Mikroskop selten entfaltet. Wenn wir noch hinzufügen, dass die hyalinen Schutzmembranen des Rüssels als zwei Scheibchen links und rechts hervorstehen, und dass die Zangen des Schwanzes an ihrer Basis weit von einander entspringen, so hätten wir das Wichtigste über die äußere Erscheinung, was schon bei flüchtiger Betrachtung erkannt wird, gesagt. Die Farbe des Darmes ist ein gelbliches Ziegelroth, die Haut zeigt nur an den Quermuskeln einen Stich ins Röthliche, die inneren Organe mit Aus- nahme des Darmes sind schwach gelblich roth, was namentlich an den Genitaldrüsen hervortritt. Was die Struktur der Haut anbelangt, giebt Pıarz an, dass sie überall mit Ausnahme der vordersten und hintersten Scheinsegmente eine deutliche individuell verschieden starke Punktirung zeige, und Studien über Räderthiere. Ill. 5 dass die Punkte der Uuticula nicht aufliegen, sondern in ihr ihren Sitz haben. Granulirung ist an der Haut der Callidinen allgemein ver- ‚breitet. Ich wies sie bei Call. symbiotica als kleine Höckerchen der Cutieulaoberfläche nach. Mit der Größe des Körpers wächst auch im Allgemeinen die Stärke dieser Höckerchen, so dass Formen wie Call. russeola und lutea eine leicht erkennbare Körnelung besitzen. Am auffallendsten ist sie bei Call. searlatina Ehr., wo die Granula an den mittleren Scheinsegmenten, welche bei der Kontraktion die Hülle für den Körper bilden, so grob sind, dass sie wie Butzenschei- ben aussehen. Hier ist es leicht, ihre Beziehung zur Oberfläche der Haut festzustellen. Auch bei meinen der Gall. magna Plate nahe stehenden Thieren liegen die Körnchen bestimmt nicht in der Cuticula sondern an der Oberfläche, das heißt, die Haut zeigt nach außen vorspringende Partien. Ohne Weiteres ist dies an den Schwanzsegmenten, nament- lieh an den »Zangen« zu sehen, wo die Gewinnung eines reinen opti- schen Durchschnittes keine Schwierigkeiten bereitet. PLare zeichnet auch in seiner Fig. 4 die Körnchen an der Oberfläche, in Fig. 5 aber als Flecke in der Cuticula, welche selbst ganz glatte Außenseite haben soll. Ich habe mir, indem ich die Haut an meinen Querschnitt- serien studirte, Gewissheit verschafft, dass bei meinen Exemplaren der Call. russeola solche intracuticuläre Knötchen nicht vorkommen, sondern vielmehr die Sache sich so yerhält, dass die ganze Cuticula kleine dicht stehende Ausbuchtungen besitzt, welche an den Zehen besonders groß sind. Zwischen je zwei Ausbuchtungen sieht man bei engem Stande der Granula scheinbar eine Einbuchtung, so dass die Cuticula einen ziekzackartigen optischen Längsschnitt zeigt (Fig. 115). Bei optischen Längsschnitten der Haut scheinen jedoch immer die etwas höher und tiefer liegenden Granula hindurch und kommen, da die Haut gekrümmt ist, gerade in die eingestellten Grenzen der Cuticula zu liegen, worauf ich die Angabe Prare’s zurückführe, zumal es in Folge der reichen Faltung der Haut nicht leicht ist, am Rumpfe klare optische Längsschnitte zu erhalten. Vielleicht ist es nicht ohne Interesse, dass unsere Callidina auch, was die Hypodermis anbe- langt, eine tiefere Erkenntnis vermittelt. Es ließ sich nämlich fest- stellen, dass die Kerne der Hypodermis gesetzmäßig und nicht regellos _ wertheilt sind. Zwischen je zwei Quermuskeln ist eine Querreihe von - Kernen zu finden, welche so liegen, dass jedem Muskelsegment ein Kern entspricht. Wo die Quermuskeln unterbrochen sind (wie z. B. der 7. in Fig. 108), ist das betreffende Stück der Haut mit zwei Reihen von hinter einander liegenden Kernen versehen. Die Kerne bilden auch Längsreihen, welche mit den entsprechenden Segmenten der einzelnen 6 Carl Zelinka, Quermuskeln in der Lage übereinstimmen. Die Medianlinie des Thieres ist dorsal durch einen Trennungsstreifen der Muskelsegmente gegeben. Nimmt man das rechts davon liegende Segment, z. B. des Muskels 3, so würde auf dasselbe, wenn man nach hinten weiter schreitet, ein Hypo- dermiskern folgen, sodann käme das entsprechende Segment des Mus- kels 4, darauf wieder ein Kern u.s. f. Diese Anordnung ist eine aus der embryonalen Entwicklung überkommene, wie Fig. 130 zeigt und wie später noch dargestellt werden wird, indem jene Zellen, welche die Muskelsegmente liefern, und die Hautzellen in Reihen ge- ordnet sind. Die Beziehungen des Räderorgans zur Mundöffnung, die Anord- nung der Wimpern beider Kränze, die Theorie der Radbewegung und Nahrungsaufnahme habe ich schon bei Gallid. symbiotica darge- gelegt und kann mich, da Unterschiede, außer den durch Species- charaktere bedingten nicht vorkommen, begnügen, darauf hinzuweisen. Die Mundröhre ist aus großen, in der ventralen Ansicht unregel- mäßig an einander stoßenden (Fig. 114 Schl) im Querschnitte mantel- förmig angeordneten Zellen aufgebaut. Das Lumen flimmert. An seinem Übergange in den Schlundkopf besitzt ihre Wandung einen ab- weichenden Bau, der sich auf die vordere Wand des Schlundkopfes selbst erstreckt. Es erscheinen am todten Thiere in diesen, wie ich bemerke, verdickten Wandtheilen schräge Streifen, welche schief zur Innenfläche des Rohres stehen und die ganze Breite durchsetzen. Diese Streifen liegen dicht an einander und sind von PLATE ge- sehen und abgebildet (Fig. 12) worden, ohne dass es ihm gelang sie zu deuten. Er fügt hinzu, dass das Lumen mit Cilien ausgekleidet sei und dass er Zellkerne in dieser Schicht nicht sehen konnte. Beides ist richtig. Fig. 121 zeigt einen Querschnitt durch gerade diese Region des Körpers, Mr ist das fragliche Organ quer durchschnitten, Schr sind Zellen des Schlundrohres, welche das Organ ventral bedeeken. Das Organ selbst besteht aus einer wie das Mundrohr überhaupt seitlich zusammengedrückten dickwandigen Röhre, welche ventral erweitert ist. Die Cilien sind an den Präparaten gut erhalten und dürften jedoch im Leben noch länger sein, als sie hier erscheinen. Die Wandung zeigt keine Spur einer zelligen Zusammensetzung, sondern nur eine feine, annähernd radiäre Strichelung, ohne plasmatische Zwischenlagen und ohne Kerne. Am lebenden Objekte sieht man nun dieses Organ in energischer Thätigkeit, welche jedoch besser an kleineren, jüngeren und noch helleren Thieren studirt wird. Die Streifen erweisen sich als Muskelfasern, welche in lebhaften rasch folgenden Kontraktionen begriffen sind und das Spiel eines Flimmerepithels Studien über Räderthiere. III. 7 vortäuschen. Im entwicklungsgeschichtlichen Theil dieser Arbeit werde ich noch näher auf diese Erscheinung zurückkommen. Was den Bau anbelangt, so ist die Übereinstimmung mit dem Ösophagus der Gastrotrichen eine unverkennbare; in beiden Fällen ist ein Muskelepithel vorhanden, dessen sämmtliche Elemente zu Fibrillen geworden sind, welche die radiäre Richtung der früheren Epithelzellen beibehalten haben. Der Scehlundkopf konnte bei dieser großen Form besser studirt werden, als bei vielen anderen, zudem wurde die Unter- suchung durch die entwicklungsgeschichtlichen Erfahrungen gefördert. Er besteht aus einem Mantel, welcher vorn eine centrale Öffnung hat, mit der das Schlundrohr einmündet, und hinten eine mehr dorsal ge- rückte zur Verbindung mit dem Ösophagus. Dieser Mantel ist aus Zellen aufgebaut, wie ich schon bei Discopus an Schnitten fand und ist nicht syneytial Der von diesem Mantel umschlossene Raum ist derart von der Kaumasse ausgefüllt, dass nur vorn — bei gestreck- tem Leibe — ein Hohlraum bleibt, der bei geöffneten Kiefern mehr die Form einer etwas an den Seiten nach hinten greifenden Spalte hat. Die dem Spaltraum zugekehrte Fläche ist mit den Kiefern, welche hier als cuticulare Abscheidung entstehen, bedeckt. Die ganze Kaumasse ist zu Muskelfibrillen umgewandelt, welche, an den Kiefern entsprin- gend, sich zum Theil an den Mantel, zum Theil an den Kiefern selbst inseriren. Diese Masse nennt PATE eine feinkörnige, mit einigen Kernen versehene Protoplasmalage, welche, obwohl als Muskulatur an- zusehen, keine Fibrillenbildung oder Streifung zeige, daher auch nicht an Muskeln erinnere. Diese Schilderung kann nur dadurch erklärt werden, dass PraTe seine Untersuchung an abgestorbenen, nicht an konservirten und ge- färbten Objekten gemacht hat, wie seine Zeichnungen beweisen. Dies - brachte mit sich, dass die histologischen Differenzirungen zum Theil Ber ve Be ö £ De . 63720 .. Re 3 A Fa aaa, De nie N“ verwischt wurden und dass ihm auch die Pharynxwand als eine syney- - tiale drüsige Masse erschien, an der dorsal wie ventral mehrere halb- kugelige Drüsenballen vorsprangen, deren Zahl und Anordnung er nicht weiter verfolgte. Es sind nun sechs solcher Drüsen vorhanden, welche die Speicheldrüsen vorstellen. Von diesen liegen zwei dorsal (Fig. 108 DSp), sie sitzen dem Pharynx breit an und enden nach hin- ten zugespitzt, zwei sind lateral angeordnet (/Sp) und zwei ventral (Fig. A144 vSp). Letztere haben die auch bei Diseopus vorkommende ovale Form. Alle diese Drüsen sind Syncytien und münden mit Ka- nälen in den Spaltraum vor den Kiefern ein. Die Mündungskanäle habe ich schon bei Discopus nachweisen können. 8 Carl Zelinka, Die Kiefer sind von Pate nicht vollkommen in allen Theilen er- kannt worden. Sie sind gewölbte Platten von gestreckter halbmond- föormiger Gestalt und laufen hinten in eine scharfe Spitze aus, wäh- rend sie vorn quer abgestutzt sind. Der Außenrand läuft von der Spitze in einer immer flacher werdenden Kurve an die Seite, wird dort fast gerade und biegt vorn fast rechtwinkelig gegen die Median- linie (Fig. 58). Der Innenrand ist an beiden Enden schwach einge- zogen. Die Länge war 0,0312 mm, die Breite 0,0148 mm, ihr Verhält- nis 2,1:4. Am Innenrande ist jede Platte nach unten im spitzen Winkel scharf abgebogen. Dies äußert sich in der Daraufsicht so, dass ein dunkler nach außen konvexer Streif am Rande hinzuziehen scheint. Ich habe bei Besprechung dieser Verhältnisse bei Gall. symbiotica schon auf das Trugbild hingewiesen, welches hierbei auftritt und dem viele Beobachter von Philodiniden zum Opfer ge- fallen sind. So zeichnet EckSTEIn, ZACHARIAS und jüngst erst Weser die Kiefer der Philodiniden so, als ob jede Platte am inneren Rande eine stumpf- winkelig abfallende geneigte Fläche angesetzt hätte, auf welche sich die Zähne fortsetzten. PLaTE zeichnet den Kiefer richtig, erwähnt je- doch dieses eingerollten Randes in der Beschreibung gar nicht, was er sicher gethan hätte, wenn er den Werth dieses Gebildes kennen ge- lernt hätte. Er dient nämlich als Muskelansatz für einen Theil der Kaumuskeln. Bei unserer Gall. russeola ist besonders leicht zu er- kennen, dass diese Randpartie noch eines fingerförmigen Fortsatzes sich erfreut, der gegen das breitere Kieferende fast rechtwinkelig, ge- gen das spitze in sanfter Kurve entspringt. In unserer Fig. 58 be- zeichnet F diesen Fortsatz. Die Zeichnung wurde nach einem Quetsch- präparate angefertigt, in welchem der unter die Platte eingebogene Innenrand durch die Pressung derart aufgerollt wurde, dass er mit der Kieferplatte in eine Ebene kam. Die Fortsätze stehen also in Wirk- lichkeit nicht gekreuzt gegen innen, sondern unter den Platten gegen außen. Der Außenrand besitzt die von Pate richtig erkannten kurzen Leisten, welche über die Platte vorstehen und ein »kammartiges Aus- sehen« des Randes hervorbringen (Fig. 58 L). Sie sind durch ihre gelbe Färbung ausgezeichnet. Auch der unten verdickte Außenrand ist gelb gefärbt. Sie dienen zweifellos zur Erleichterung des Muskel- ansatzes (Prate). Einrichtungen für Muskelansätze haben auch die Kiefer anderer Philodiniden. Gall. symbiotica besitzt eine tiefe Rinne im äußeren Rande, Discopus Synaptae, Callidina constricta Duj. und eine brasilianische Form (Fig. 131) haben flü- a la nn ai ul. ee A Bi a En | IE ee ie Studien über Räderthiere. III. 9 gelartig vorstehende einfache Chitinlamellen, zwei andere brasilia- nische Formen (Fig. 132, 124) besitzen in diesen Lamellen selbst in Folge Verdickung ihrer Ränder eine Längsrinne zur weiteren Erleich- terung des Muskelansatzes. Es ist mir nun möglich geworden, die Funktion der Kaumuskeln vollkommen klar zu stellen, eine Frage, welche bisher nicht gelöst worden ist. Schon seiner Zeit beschrieb ich !, wie die Kiefer sich bewegen. Man kann vier Momente unterscheiden: 1) Ruhelage, die Oberflächen beider Kiefer liegen fast in einer Ebene, die Innenränder an einander schließend. 2) Zusammenklappen, die Drehachse ist die Symmetrielinie. 3) Auseinanderklappen, wobei die Spitzen der Kiefer aus einander weichen und für die durchtretende zerquetschte Nahrung Platz machen. A) Überschreiten der Ruhelage und Zurückkehren in dieselbe, wo- rauf Pause. Bei eiliger Nahrungsaufnahme fällt Moment A weg. Bei der Nahrungsaufnahme, die nur bei geöffnetem Räderorgan stattfindet, liegen die Kiefer schräg im Körper, das spitze Ende oben und hinten, das stumpfe unten und vorn, die gezähnte Oberfläche dem Kopfe zu- gewendet. Da der Ösophagus an der Hinterwand des Pharynx nicht central, sondern dorsal gerückt entspringt, können die gekauten Sub- stanzen direkt zwischen den halbmondförmig geschweiften Kieferenden hindurch in die Speiseröhre treten. Zur Erklärung der geschilderten Bewegungen benöthigen wir Fasern, welche in ihrer Gesammtheit als Musculus compressorius und solche, die als Musculus expansorius wirken. Sehr leicht wäre dasZusammenpressen der Platten erklärt, wenn sich diePharynxwand vor denselben kontraktil erwiese; der einfache Zug quergespannter Fasern an den äußeren Rän- dern der Platten würde ein Zusammenklappen nach sich ziehen. Dem ist aber nicht so. Die vordere Pharynxwand ist, wie Schnitte lehren, wie die hintere aus einzelnen flachen protoplasmatischen Zellen zusammen- gesetzt und die Kaumuskeln befinden sich nur hinter den Platten, wo sie eine dreilappige Masse bilden. Von hier aus müssen also beide Bewegungen ausgelöst werden. An Schnitten sieht man Systeme von querverlaufenden Fasern und zwar solchen, welche über die ganze Breite ziehen und solchen, deren Ursprung an der Wand zu finden ist, und die nur bis etwa zur Mitte gehen. Wir haben uns nun die Vertheilung so zu denken, dass die über die ganze Breite hinziehen- den Muskelfibrillen, welche die mittlere lappige Partie bilden, vom äußeren Rand der einen Platte zum gleichliegenden Rand der anderen 1 „Über die Symbiose und Anatomie von Rotatorien aus dem Genus Calli- dina.« Diese Zeitschr. Bd. XLIV. 10 Carl Zelinka, Platte laufen und durch ihre Kontraktion die Kiefer aus einander klappen. Sie dienen als Muse. expansorius. Als Antagonisten wir- ken die beiden Seitenlappen, deren Fasern von der Pharynxwand zum eingerollten inneren Rand zie- hen und sich daselbst, vor- nehmlich aber an dem finger- förmigen Fortsatz anheften. Denken wir uns die Drehachse zwischen den in der Ruhe an einander liegenden Innenrän- dern gehend, so werden wir begreifen, dass eine Kontrak- tion dieser Muskeln die Kiefer zusammenklappen muss. Ermöglicht wird dies durch die Anwendung eines Winkelhebels, der in dem um- gebogenen Innenrande und seinem Fortsatze ausgebildet ist. M.ezpansorius Die Zahnformel schwankt zwischen = und 4 mit den Zwi- sehengliedern es und 7 die mittleren Zähne sind die stärksten. Sie sind nicht parallel geränderte Leisten, sondern nehmen oft gegen den Außenrand an Breite zu. Die feinen Riefen, welche das stumpfe und spitze Ende bedecken, finden sich eigenthümlicherweise auch in den Thälern zwischen den Zähnen vor, was sich weder bei Gall. sym- biotica, noch bei Discopus, noch bei Pıire’'s Gall. magna oder anderen mir bekannten Formen vorfindet. Die Unterseite der Kiefer ist ganz glatt und nicht wie PLATE von Call. magna angiebt, mit Riefen versehen, welche in der Größe die Mitte zwischen den Zähnen und feinen Riefen der Oberfläche halten. Der von Pıite beschriebene schmale Spaltraum zwischen dem »Drüsenmantel« — unserer Pharynxwand — und den Kaumuskeln dürfte in der angenommenen Ausdehnung nicht vorhanden sein. Meine Bedenken sind nicht nur darin gelegen, dass die Musculi compressorii an der Pharynxwand in der Ausdehnung der Kiefer angewachsen sind, an den Seiten also eine Unterbrechung eines eventuellen Spaltraumes vorhanden sein muss, sondern auch darin, dass mir die Fig. 12 PrATE's nach einem Quetschpräparate gezeichnet zu sein scheint. Diese Methode ist jedoch für anatomische Zwecke nur mit größter Vorsicht — ich kann sie nur zum Studium des Exkretionssystems empfehlen —, für histo- logische aber überhaupt nicht zu verwenden. Die eigenthümliche Aus- breitung der Speichel- und pankreatischen Drüsen in erwähnter Figur und dieser Spaltraum scheint mir bei Anwendung dieser gewaltthätigen Studien über Räderthiere. III 11 Methode entstanden zu sein. Der Zweck dieses Spaltraumes, nämlich »das Sekret der äußeren Plasmalage aufzunehmen und nach vorn in den Raum zu leiten, welcher sich vor der Vorderseite der Kiefer ausbreitet«, wird durch die Ausführungsgänge der Drüsen (diese letzteren sind wohl eigentlich statt der „äußeren Plasmalage« zu setzen) besser erreicht. Der Mitteldarm steht mittels eines dünneren Rohres, des Öso- phagus, mit dem Pharynx in Verbindung (Fig. 114 ös). Da eine solche Röhre mir bei allen Gallidinen und auch bei Discopus und Philodina unterkam, darf ich ihr eine weite, vielleicht ausnahmslose Verbreitung unter den Philodiniden einräumen. PrArE erwähnt sie bei Call. magna gar nicht, obwohl sie dort an der Fig. 19 angedeutet er- scheint, eben so wenig er der beiden ventralen Pankreasdrüsen gedenkt (Fig. 114 vP), die in eben dieser Fig. 12 als breitgedrückte Zipfel dem Darmanfange ansitzen. Diese Bauchspeicheldrüsen sind ovoide, mit e dem zugespitzten freien Ende nach vorn sehende Syncytien, denen sich eine dorsale unpaare Drüse gleicher Funktion (Fig. 108 DP) anschließt. Der Mitteldarm selbst ist ganz ähnlich geformt wie bei Call. symbiotica, er ist bei gestrecktem Körper an beiden Enden ver- diekt, und seine Wand ist wie bei der erwähnten Callidina syneytial. Die Farbe ist ein intensives gelbliches Ziegelroth, welche in der Wand gleichmäßig vertheilt ist und durch Fetttröpfehen hervorge- bracht wird, welche durch Alkoholbehandlung extrahirt werden. Sie verhalten sich also eben so wie im Darme der Callidina symbio- tica. Pratz fand den Darm der Gall. magna bräunlichroth durch - fettartig glänzende Tröpfchen des Syneytiums. Rothe Farbstoffe im Darm sind bei dieser Gattung weit verbreitet. Außer Gall. magna und unserer Form kenne ich noch sechs Species, welche ich bei an- “derer Gelegenheit beschreiben werde, mit einer in die Skala des Roth = gehörenden Farbe. Eine Eigenthümlichkeit habe ich anzuführen, der > ich häufig begegnet bin. In der Darmwand sieht man unregelmäßig yertheilte dunkler gefärbte Stellen, an welchen man bei starker Ver- i größerung ein Gewirr von rostbraunen bald feineren, bald stärkeren E Fäden sehen kann, welche sich auch in das umliegende Gewebe durch 2 verzweigte Ausläufer erstrecken. Es dürfte hier ein Fall von Parasitis- - mus durch Pilze statthaben. Prare konnte die den Mitteldarm um- # schließende Membran, und die dorsalen Aufhängebänder, welche ich bei Call. symbiotica und Discopus seiner Zeit nachgewiesen habe, = auch für Call. magna auffinden. Sie existiren auch bei unserer h Form. 3 Den folgenden Abschnitt des Darmtractus, den Hinterdarm, welchen ich seiner blasenartigen Gestalt halber seiner Zeit für Disco- 13 Carl Zelinka, pus und Call. symbiotica Blasendarm benannte, hat PiAte bei Gall. magna übersehen, weder in Text noch Zeichnungen geschieht seiner Erwähnung. Seine Zeichnungen beweisen auch hier, dass sie nach todten und mit beginnender Zersetzung sich aufblähenden, und nicht nach Individuen angefertigt sind, welche im gestreckten Zustande konservirt wurden. Bei letzterer Methode tritt der typische Bau dieses Organs klar hervor (Fig. 115). Zunächst fällt uns der Sphincter (Sph), wel- cher den Mitteldarm abschließt, in die Augen; auf ihn folgt der aus zwei Zellreihen gebaute aufgeblasene und in der Mitte ringsum einge- schnürte Hinterdarm (Hd), welcher gegen die Kloake wieder einen ringförmigen Muskelverschluss (Rm) besitzt. Wir sehen, dass alle Theile vorhanden sind, welche diesen Darmabschnitt bei Disco- pus und Call. symbiotica charakterisiren. PrATE nennt das ent- sprechende Stück des Darmes bei Rotifer vulgaris »Rectum«. Es entspricht jedoch, wie die Entwicklungsgeschichte zeigt, dem Hinter- darm der Trochophoralarve und entsteht wie dieser aus dem Entoderm, wesshalb die Bezeichnung »Rectum« zu entfallen hat. Dass ein solcher Sphincter nicht den Philodiniden allein zukommt, heweist uns eine in Vergessenheit gerathene Angabe Conn’s!. Sie lautet: »Abnormerweise fand ich ein paarmal bei einer Hydatina senta den birnförmigen Magen (Fig. 2 a) am hinteren Ende durch einen kreis- förmigen Muskelring (Sphincter, Pylorus) verschlossen (Fig. 25) und dadurch von dem eigentlichen, hier länger als gewöhnlich erscheinen- den Darm (Fig. 2 c) geschieden.« Die beigegebene Zeichnung zeigt uns am Ende des Darmes einen ganz gleichen Sphincter, wie bei unseren Formen, und darauf folgend den ebenfalls aus zwei Zellreihen aufge- hauten Hinterdarm. Es ist also dieser Sphincter nicht »abnorm«, son- dern er wird eben nur dann in seltenen Fällen gesehen, wenn man zu verwesenden Exemplaren, welche in dieser Zeit stark aufgetrieben sind, und nicht zu konservirten Objekten greift. Auch das Studium des Nervensystems führt nur an ent- sprechend konservirten Thieren zu einem gedeihlichen Ergebnisse. Das Gehirn erscheint von oben gesehen als ein breit dreieckiges Gebilde mit krummen Seiten. Seine wahre Form erkennt man erst am Querschnitte (Fig. 121 G), wo seine dorsale Fläche wie die Mantelfläche eines elliptischen CGylinders gekrümmt erscheint und seine basale Fläche dem Schlundrohre angeschmiegt und in Folge dessen ausgehöhlt ist. An den Seiten reicht es weit herab, und verhält sich überhaupt wie das Gehirn der Gall. symbiotica auch in Bezug auf seine relativ be- 1 F. Coun, »Die Fortpflanzung der Räderthiere«. Diese Zeitschr. Bd. VII. p- 444. Taf. XXIIL 1856. lu Zu der beigegebene Holzschnitt Fig. II zeigt. Be E Kun $ ‘R he a, =r0 e FR £ er ander durch Fasern in Verbindung. Studien über Räderthiere, III. 13 deutende Größe, während Discopus ein kleineres Gehirn, jedoch zahlreiche periencephalische Ganglienzellen besitzt. Die Fasersubstanz, welche central gelagert ist, ist von unstreitbar hervor- ragender Ausdehnung und ist ventral an der von dem abgebildeten Schnitte getroffenen Stelle frei vorliegend und nicht von Ganglienzellen bedeckt; sie liegt demnach unmittelbar an der Schlundröhre an. Die Ganglienzellenschicht bildet nur dorsal und an den Seiten einen voll- ständigen Mantel; sie ist an ersterer Stelle am dünnsten und nimmt gegen die letztere an Dicke zu. Am Schnitte erscheint sie dorsal zwei- schichtig, während sie an den Seiten drei- und mehrschichtig wird. Nervenfasern gehen an sieben Stellen ab (Fig. 108). Das vordere zuge- spitzte Ende lässt vor Allem den unpaaren Tasternerv (Tn), welcher kurz ist und aus einem strangförmigen Tasterganglion (Tg) entspringt, ent- stehen. Sodann gehen etwas mehr seitlich je zwei feinere Fasern (?}, 25) hervor, welche über einander entspringen. Sie ziehen nach vorn zum Rüssel. Die beiden hinteren Ecken des Gehirns besitzen zwei an der inneren Seite scharf von denselben abgesetzte Zipfel, welche Ganglienkerne enthalten und die nach hinten ziehenden Stränge (N) entstehen lassen. Jeder dieser Stränge theilt sich bald in zwei Nerven, welche ich als Nervus lateralis und N. ventralis be- zeichne. Der erstere ist schlanker (Fig. 114 nl), aber mehr faserartig, der letztere (nv) breiter, jedoch von mehr protoplasmatischem Aussehen, als der Nervus lateralis, d. h. er zeigt nach dem Tode körnigen Inhalt und zersetzt sich rascher. Die Lage beider Nerven zu einan- zyyf der und zu den übrigen Organen ist durch die Namen gekennzeichnet. Der Nervus ventralis giebt auf seinem Wege im Rumpfe vier Fasern ab, welche vor Allem zu den Muskeln gehen; vom Nervus lateralis ent- springen fünf Fasern, welche an die Quer- muskel 7—11 laufen und dort mit Gan- glienzellen zusammenhängen, wie n.lalferalis DieGanglienzellen stehen unterein- Von anderen dem Nervensystem und den Sinnesorganen ange- hörigen Gebilden sind noch anzuführen der Rüssel und der Taster. Der erstere trägt auf seiner Endfläche lebhaft wimpernde Gilien, welche auf einem Sinnesepithel sitzen, dessen Zellen in drei Partien, 14 | Carl Zelinka, einer medianen und zwei seitlichen, angeordnet sind (Fig. 108 Rü). Dem entsprechend findet man auch ein medianes (m@) und zwei laterale Rüsselganglien (lG), in welche die vom Gehirn kommenden Nerven _ eingehen. Das mediane Ganglion besteht, wie bei Disecopus, nur aus zwei Zellen, die ihre bilaterale Anordnung erkennen lassen, und steht mit den zwei oberen Rüsselnerven (n,) unmittelbar in Verbindung, während die lateralen aus den unteren Nerven (n,) ihre Fasern be- ziehen. Beide Ganglienarten hängen direkt zusammen. Endlich wäre anzuführen, dass auch die bei Callidinasymbiotica und Disco- pus zutreffende Verdickung der Hypodermis an der dorsalen Seite der Rüsselbasis mit den dicht liegenden großen Kernen bei unserer Calli- dina entwickelt ist. Der Taster ist kurz und mit einem niederen Kragen versehen. Wenige steife Haare entspringen der vertieften Endfläche. Sein Inneres lässt keinen Zellkern, sondern nur eine streifige Substanz er- kennen, wohl aber finden sich an der Basis des Tasters vier an der Einmündung des Tasternerven gelegene im Kreis gestellte Zellkerne, welche ich nach den entwicklungsgeschichtlichen Ergebnissen als die Kerne der Sinneszellen ansehen muss. An dem knapp hinter dem Taster gelegenen Quermuskel sitzen breit zwei Ganglienzellen auf, deren freie zugespitzte Enden an die Sinneszellen des Tasters herantreten (Gz). Von der Tasterbasis entspringen noch zwei Nervenfaserpaare. Das eine (vf) läuft nach vorn zum medialen Rüsselganglion, das andere (wf) be- giebt sich gegen die Bauchseite und zieht an den Seiten des Schlund- rohres herab. Der Befund an unserer Species stimmt vollkommen mit den an Callidina symbiotica und Discopus gemachten über- ein. Die Gestaltung und Ausbildung des Gehirns, die Entwicklung des N. lateralis und ventralis gleichen den uns bekannten Verhältnissen bei Gall.symbiotica, der Bau des Rüssels, die drei Rüsselganglien, die zwei Ganglienzellen an dem Quermuskel hinter dem Taster, welche mit den Sinneszellen des letzteren sich verbinden, die Fasern, welche zum Schlundrohre und zum Rüssel ziehen, erinnern lebhaft an die Verhältnisse bei Discopus. Unsere Callidina bildet, was den nervö- sen Apparat des Rüssels und das Gehirn anbelangt, das Bindeglied zwischen Call. symbiotica und Discopus. Discopus stellt den primitiveren Zustand dar, das Gehirn ist noch nicht wie bei den Callidinen koncentrirt, das Nervensystem überhaupt zeigt mehr den ursprünglicheren Verband von Nerven- und Muskel- zellen. Jedoch lassen sich bei den Callidinen die wichtigeren Bestand- theile des Nervenapparates noch immer nachweisen. Am Rüssel z. B. sehen wir bei Discopus das Überwiegen der lateralen Ganglien, IORRZ Studien über Räderthiere. III. i 15 demgemäß ein Überwiegen der unteren Rüsselnerven; unsere Calli- dina zeigt die beginnende Vereinigung der medianen und der latera- len Ganglien und damit Hand in Hand gleiche Ausbildung aller Rüssel- nerven. In Gallidina symbiotica jedoch hat sich der größte Theil der Ganglienzellen zu einem unpaaren großen Ganglion vereinigt, und nur wenige Zellen sind lateral isolirt zurückgelassen. Auch die Ent- wicklung der Sinneszellen ist den Verhältnissen entsprechend in dem einen extremen Falle lateral eine bedeutendere als median, bei Call. symbiotica umgekehrt, während unsere Callidina darin die Mitte hält. Die vom Taster zum medianen Rüsselganglion gehenden Fasern, die Sinneszellen an der Tasterbasis kommen allen drei Formen gleich zu; in Form und Lage des Tasterganglions schließen die beiden Galli- dinen enger an einander, bei beiden bildet es die vordere Fortsetzung des Gehirns, bei Discopus ist es noch selbständig und peripher ge- lagert erhalten. Von hervorragender Wichtigkeit ist, dass sich das subösopha- geale Ganglion, welches bei Discopus zuerst gesehen wurde, in gleicher Ausbildung und Lage auch bei den Callidinen findet. In Fig. 122 und 123 sind Schnitte durch die entsprechende Körperregion abgebildet. Dieses Ganglion ist bei unserer Callidina vermöge der weiteren Entfernung der ventralen Drüsen zum Theil auch von der Bauchseite direkt sichtbar (Fig. 115). Seine Kerne zeigen dieselben Eigenschaften wie die des Gehirns und des Rüsselganglions. Es findet sich bei allen Callidinen. PrAre hat die peripheren Nerven, welche nach vorn ziehen, nicht untersucht. Er sagt darüber: »Ich habe mich auf diese zeitraubenden Studien nicht weiter eingelassen, weil es mir vornehmlich darauf an- kam, zu erfahren, ob den von ZeuinkA für Gall. symbiotica nachge- wiesenen zwei hinteren Längsnerven eine allgemeinere Verbreitung unter den Philodiniden zukommt. Wäre dies der Fall, so würde damit ein weiterer Unterschied zwischen dieser Gruppe und den Monogonon- ten gegeben sein.« Die Befolgung des erwähnten Grundsatzes halte ich nicht für glücklich, da sie zu sehr dazu verleitet, mit negativen Ergebnissen vorzeitig sich zufrieden zu geben. Als eine Folge muss ich es auch ansehen, dass PratE von den nach hinten ziehenden Nerven bei Call. magna nur den Nervus lateralis fand. Von diesem be- Schreibt er vier Seitenzweige, welche mit kernhaltigen Anschwellungen entspringen sollen; und außerdem sollen auch sonst vereinzelte Kerne vorkommen. Ein Vorkommen von Kernen in eben diesem Nerven ist mir nicht bekannt, weder Call. symbiotica noch Discopus noch andere Galli- 16 Carl Zelinka, dinen, die ich kenne, besitzen solche Kerne, welche übrigens nur an gefärbten Objekten sicher erkannt werden können, da häufig an sich zersetzenden Nerven der von selbst abgestorbenen Thiere sowohl an den Knotenpunkten als auch im Verlaufe Gerinnsel und vacuolisirte Stellen erscheinen, die Kernen ähnlich sind. Entgegen dem negativen Befunde Pıate’s muss ich feststellen, dass die beiden Paare von hinte- ren Längsnerven nicht bloß Call. symbiotica und unseren der Gall. magna sehr nahe stehenden Formen, sondern allen mir bekann- ten Gallidinen zukommen, ja dass auch Former aus anderen Grup- pen sie besitzen, wie z. B. Mierocodon clavus. Allerdings sind die großen Gallidinen in Folge ihrer starken Quer- muskeln zur Untersuchung feinerer Verhältnisse in toto recht ungün- stige Objekte, da die Konservirung im künstlich aufgeblähten Zustande häufiger misslingt, indem diese Muskeln leicht in den Reagentien schrumpfen und zu Einschnürungen des Körpers Veranlassung geben. Außerdem sind die mehr plasmatischen ventralen Stränge, wie er- wähnt, leichter zersetzbar, worauf ich auch den Misserfolg PrLAtr’s zu- rückführe. Es lässt nach ihm das Gehirn jederseits durch allmähliche Zuspitzung einen dicken feinkörnigen Nervenstrang entstehen, von wel- chem zwei Nerven, der Nervus lateralis und ein kurzer Strang ent- springt, welcher direkt an die Muskulatur der Bauchseite heranzutreten scheine. Dieser letztere ist offenbar nur ein zusammengeschnurrtes Stück des bei der postmortalen Blähung abgerissenen Nervus ventralis. Über diesen Nerv habe ich noch zu berichten, dass seine Äste nicht immer die in Fig. 14% angedeutete Richtung einhalten, sondern, da sie zu den an der Haut inserirten Muskeln ziehen, je nach der Blähung auch ventral oder mehr gegen die Medianlinie zu laufen können. Dass ich auch diesen Nerv bei Gall. symbiotica wieder aufgesucht habe, ist selbstverständlich. Wir wissen, dass er sich bei dieser Species dadurch vor dem N. lateralis auszeichnet, dass er nur zwei Äste, und diese zur Haut abgiebt, sonst aber Ganglienzellen trägt, deren Ausläufer an die zu innervirenden Organe herantreten, während N. lateralis nur Äste entsendet. Neuerdings fand ich nun das zweite dieser Ganglien aus vier Zellen bestehend, welches dreieckig geformt dem N. ventralis mit der Basis aufsaß und aus seinem Scheitel einen um einen Muskel bogenförmig gegen den Rücken ziehenden Faden entsendet (Fig. 127 2G). Discopus ist für die Nervenendigungen ein günstiges Objekt. Schon dort konnte ich feststellen, dass der N. latera- lis größtentheils zur Innervirung der Quermuskeln, des N. ventralis für die ventralen hinteren Leibeshöhlenmuskel dient. Die Angabe PrAtr’s, dass die vier Äste des N. lateralis seiner Callidina an die großen »Ring- 5 Studien über Räderthiere, III. 17 muskeln V/-—-IX« herantreten, erweitert den Nachweis dieser Funk- tionstheilung, und sicherlich werden auch hier Ganglienzellen sitzen. Es ist wohl interessant, dass die an den Quermuskeln von Dis- copus befindlichen Ganglienzellen jedoch nicht auf diese Form be- schränkt sind. Es gelang mir bis jetzt sie nicht nur bei Callidinen nach- zuweisen, bei welchen bereits Koncentrationen und Abänderungen im Nervensystem eingetreten sind, sondern auch bei Rotifer macrurus fand ich an fünf auf einander folgenden Quermuskeln Ganglien sitzen, und zwar sechs an der Zahl, welche unter einander ganz ähn- lich wie bei Discopus in Verbindung standen. Die erste und zweite Nervenzelle sandten ihre Fortsätze zu dem nächst hinteren Ganglion, das dritte und vierte Ganglion fand sich an ein und demselben Quer- muskel, nämlich an dessen Vorder- und Hinterrand ansitzend, und eigenthümlicherweise mehrzellig, das fünfte wieder einzellige Ganglion war dem Hinterrand, das sechste ebenfails einzellige dem Vorderrand des entsprechenden Muskels angeheftet und beide gaben ihre Verbin- dungsfäden nach vorn ab. Wenn ich noch hinzufüge, dass außer Dis- copus, Rotifer macrurus, Gallidina magna auch Callidina symbiotica, wie ich nachträglich fand, und alle mir untergekomme- nen anderen Callidinen der Moosfauna solche Ganglienzellen zeigen, so erscheint es als zweifellos gesichert, dass das eigenthümliche Verhalten bei Discopus keine isolirte Erscheinung ist, sondern im Gegentheil als den Philodiniden zugehörig betrachtet werden muss. Man könnte weiter darauf hinweisen, dass Discopus mit seinem wenig koncentrirten Nervensystem noch sieben Ganglien- zellen an den Quermuskeln, Rotifer sechs, Callidina nur mehr fünf hat, und sich denken, dass hier eine Reihe vorliegt, in welcher die allmäh- liche Loslösung der Nervenzellen vom Nervenmuskelverbande und ihre Einfügung in das Centralorgan zum Ausdruck kommt. Das Muskelsystem besteht wie bei Call. symbiotica und Dis- copus aus Haut- und Leibeshöhlenmuskeln. Erstere sind in Längs- und Quermuskeln zu unterscheiden. Ich vermeide den Namen Ringmuskeln, da die 14 Quermuskeln diesen Namen nicht verdienen, indem der 3.—6. und 8.—11. ventral unterbrochen sind (Fig. 114,115, Pr 5—12), während hingegen der 2., 13. und 14. über die Bauchseite P ziehen, jedoch schon an den Seiten, zum Theil mit gegabeltem Ende % aufhören, also dem Rücken fehlen und der 7. und 12. nur den Seiten angehören, da sie wie die Fig. 108, 109, 114, 115 zeigen, sowohl am - Rücken wie am Bauche unterbrochen sind. Von Längsmuskeln der Haut Bi finden wir zwei dorsale Paare (Fig. 108, 109). Das längere (Zm,) ist aus vo je vier Stücken zusammengesetzt (R,) und erstreckt sich vom Anfange Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 9 N 13 Carl Zelinka, des mit den Quermuskeln 6 und 7 versehenen Scheinsegmentes bis zum Anfange des Analsegmentes. Die feinen Hautfalten, an welchen seine Theile befestigt sind, liegen zwischen dem 7. und 8., dem 9. und 40. endlich dem 10. und 11. Quermuskel. An der wer Stelle be- merkt man noch einen kleinen kurzen Muskel, der schief unter den großen hineinläuft. Es ist unsicher, ob er ein selbständiger Muskel oder ‚nur ein Zweig des großen ist. Der kleinere Muskel (R,) entspringt neben dem ersten Theile des längeren, geht schief unter ihm hinein und kommt gleichsam als dessen Fortsetzung wieder heraus, um am Be- ginne des vorderen Segmenteszuenden. Er ist schmäler als der erstere. Auch unter den Quermuskeln a schmale und breite zu unterscheiden; zu den letzteren zählen der 5., 7., 8., 9., 40. und 12. derselben. Am Bauche findet sich ae nur ein Hautmuskelpaar, wel- ches den typischen Bau besitzt. Es ist dies der mit B, (Fig. 114, 145) bezeichnete Muskel, welcher aus zwei sehr ungleichen Theilen besteht und fast die ganze Bauchseite der Länge nach durchläuft. Seine vor- dere Insertion liegt zwischen dem 5. und 6. Quermuskel. Die übrigen Hautmuskel sind ohne Zusammensetzung aus hinter einander liegenden Abschnitten. Muskel B, entspringt an der hinteren Grenze des neunten Quermuskels und inserirt sich mit einem fünf- gabeligen Ende an der Haut; vor der Gabelung besitzt er einen Kern. Der kürzeste Arm setzt sich an dem Hinterrande des siebenten Quer- muskels an, zwei etwas längere Arme inseriren sich vor dessen Vor- derrande; den längsten Verlauf hat ein Ast, welcher sich schon früh abzweigt und unter dem inneren dritten Arm des Muskels nach vorn bis zum Quermuskel 6 verläuft und dort gegabelt endet (Fig. 114). Gleichfalls am Hinterrande des neunten Quermuskels entspringt mit zweiästigem Anfange der nach hinten ziehende breite Muskel B;, der ungetheilt bis an die hintere Grenze jenes Scheinsegmentes läuft, wel- chem der 13. Quermuskel angehört. Auch er zeigt einen Kern. oc. ein zweiter aber schmaler Muskel (fm}) zieht nach hinten. Den bei Discopus und Gallidina symbiotica von mir für die Hautmuskeln nachgewiesenen eigenthümlichen fibrillären Bau und die Zusammensetzung aus Segmenten konnte PATE auch für die Quermuskeln bei seiner Callidina bestätigen. Er findet sich auch bei unserer Species und, wie ich anführen will, überhaupt bei den Philodiniden wieder. Wenn Pıirz angiebt, dass sich die Haut- muskeln der Körperwand in ganzer Länge anschmiegen, so kann dies nur für aufgeblähte Thiere gelten, da gerade die Faltenbildung der Haut dadurch bewirkt wird, dass durch die Kontraktion der Quermus- keln die zwischen zwei Anheftungspunkten der Segmente gelegene Studien über Räderthiere. Il. 19 Hautpartie nicht mit kontrahirt sondern ausgebauscht wird, wie die Querschnitte beweisen (Fig. 192, 123). Hier liegen die Hautmuskeln also nicht dicht an. Der durchgreifende Unterschied zwischen Haut- und Leibeshöhlenmuskeln liegt, wie ich schon bei anderer Gelegenheit aus einander setzte, in der fibrillären Beschaffenheit und bei der Mehrzahl auch segmentartigen Zusammensetzung der ersteren. Von Leibeshöhlenmuskeln finden wir an der dorsalen Seite einen zur vorderen Gruppe zu zählenden, welcher bestimmt ist Räderorgan und Rüsselbasis einzuziehen (Fig. 108 Rm). Er entspringt mit gabeli- gem Anfange hinter dem achten Quermuskel und theilt sich vorn in zwei Äste, von denen einer sich an die Basis des Rüssels ansetzt, der andere an die Kuppe des Räderorgans zieht. Zur hinteren Gruppe gehört der dorsal entspringende Muskel zum Hinterdarm (Fig. 115 dh), der sich an dessen hinterem Ende ansetzt. An der ventralen Seite giebt es drei vordere und drei hintere Muskelpaare. Zu den ersteren gehört, wenn wir von innen nach außen gehen: I) der Retraktor des Pharynx (Fig. 114 Rph), der sich an den Schlundkopf ansetzt, 2) ein Rückzieher des Vorderendes (uvm), dessen Ursprung ein gabeliger ist und der an der Haut des Mundsegmentes sich inserirt, 3) als der am weitesten seitlich gelegene der ventrale Rückzieher des Räderorgans (vR), der sich in das Plasma der Räder- organzipfel einsenkt und bis an die Kuppe dieses Organs läuft. Die gegenseitige Lage ihrer Ursprünge wird aus der Fig. 114 leicht erkannt werden — die hinteren ventralen Leibeshöhlenmuskeln gehen zum Fuße und zwar die beiden inneren Paare zum Klebdrüsenapparate, das am weitesten seitlich gelegene an die Haut an der Grenze des ersten und zweiten Fußgliedes. Der zunächst der Mittellinie angeordnete Muskel (fm,) ist eine schmale Faser, deren Ursprung zwischen den Gabelästen des Muskels vm zu finden (fm,) ist, die beiden anderen Fußmuskeln sind etwas stärker und sind mehr seitlich gelagert (fm; und fim;) ; sie liegen von allen hinteren Muskeln der Bauchseite am weitesten lateral. Zum Schlusse seien noch ein dorsaler von der Haut zum After wiehender Leibeshöhlenmuskel (Fig. 115 am), die zwei Sphincteren, welche Mittel- und Hinterdarm (SpA), sowie Hinter- und Enddarm (Rn) trennen, die Kaumuskeln des Schlundkopfes und die der kontraktilen Partie des Enddarmes erwähnt. - Mit der Callidina symbiotica hat unsere Form außer den y: Quermuskeln folgende Muskeln gemein: 4) den dorsalen Längs- n hautmuskel, 2) die ventralen Hautmuskeln B, und 2,, entsprechend dem e dritten und vierten Muskel bei C. symbiotica, und den Hautmuskel B,, entsprechend dem fünften Längshautmuskel, 3) den dorsalen vorderen 9*# 20 Carl Zelinka, Leibeshöhlenmuskel zum Rüssel und Räderorgan, #) den dorsalen hin- teren Leibeshöhlenmuskel zum Hinterdarm, 5) den Retractor pharyngis, 6) den ventralen vorderen Muskel zur Haut, entsprechend dem zweiten Muskel bei Gall. symbiotica, 7) den ventralen Räderorganmuskel, 8) die beiden inneren Fußmuskelpaare. Der Callidina russeola mangeln vor Allem folgende der Gall. symbiotica angehörige Muskeln: 1) der ventrale Längshautmuskel,, 2) zwei Paare von Muskeln zum Hinter- darm, 3) der dorsale Fußmuskel. Dagegen hat unsere neue Form den Besitz des dritten Fußmuskels (fm;), des Muskels zum After und des kleinen dorsalen Längshautmuskels (R,) voraus. Wenn wir Discopus zum Vergleiche mit einbeziehen, bleiben von den angeführten Muskeln der dorsale Hautlängsmuskel, die beiden Muskelpaare zum Räderorgan, der dorsale Muskel zum Rüssel (bei Call. russeola mit dem dorsalen Räderorganmuskel vereinigt), der ventrale vordere Muskel zur Haut, der dorsale Muskel zum Hinterdarm und ein Fußmuskel als allen drei Formen gemeinsam übrig. Diese Fasern sind auch nach unseren dermaligen Erfahrungen den anderen Räder- thieren eigen, wie ich bei Gelegenheit der Untersuchungen über Dis- copus darzulegen vermochte. Was die Beschreibung PrArr’s anbelangt, so konnte er meine Angaben über die Scheidung in Haut- und Leibes- höhlenmuskel und über die histologische Differenzirung der Hautmus- kel bestätigen. Da die Schilderung des Muskelsystems der Gall. magna keinen Anspruch auf Vollständigkeit macht, lässt sich nicht entscheiden, in wie fern unsere Form in Bezug auf die Anzahl der Muskeln von der Pıare’s differirt. Ich kann nur hervorheben, dass nach der Beschreibung der Gall. magna der 1., 6., 13. und 14. Quer- muskel zu fehlen scheint, während die übrigen übereinstimmen, dass ferner der dorsale Hautlängsmuskel, welcher bei Gall. symbiotica und russeola aus vier Abschnitten, nach PLATE nur aus zwei besteht und des kleinen Verstärkungsmuskels entbehrt und dass der kleine accessorische Muskel (R, in Fig. 108, C in Pıarr’s Fig. 7) anders ge- lagert ist. Der mit B bezeichnete Hautmuskel der Call. magna kommt bei Gall. russeola gar nicht vor und scheint ein Stück des dorsalen Leibeshöhlenmuskels Rm bei unserer Form zu sein. Da für die übrigen Muskeln nicht angegeben wird, wohin sie laufen, sondern nur bemerkt wird, sie zögen zum Kopf und zum Fuße, kann ich mich nur nach der gegenseitigen Lagerung orientiren. Demnach entspricht auf der dorsalen Seite der mit 1 und 2 bezeichnete dorsale Muskel (Prare’s Fig. 7) unserem Muskel zum Hinterdarm, beziehungsweise zum After; auf der Ventralseite entsprechen (Prarr’s Fig. 8) die Mus- kel 4, 5, 7 unseren Muskeln ms, fm,, fm,, der Muskel 3 unserem ven- Studien über Räderthiere. III. 21 tralen Räderorganmuskel vR, Muskel D unserem 3,, Muskel E dem hinteren Abschnitte des B,, Muskel F unserem 2,, Muskel G unserem Muskel B,, Muskel b dem ventralen Muskel zur Haut des Vorderendes vm. Endlich zeichnet PıArz noch eine schief über die Medianlinie lau- fende Faser, welche ich mit unserem Retraktor des Pharynx iden- tifieiren möchte, da ich annehme, dass diese eigenthümliche und ganz einzig dastehende Lage eines Muskels nur einer nicht ganz ventralen Ansicht des Thieres ihren Ursprung verdankt. Wir ersehen aus der Zusammenstellung so viel, dass die Call. russeola alle auch der CGallidina magna zukommenden Muskel besitzt, der ersteren Form unter Umständen jedoch mehr Quermuskeln zukommen, wenn näm- lich Prate’s Angaben nicht unvollständig sein sollten. Außer den schon früher hervorgehobenen Verschiedenheiten, welche die dorsalen Muskeln betrafen, wäre noch zu bemerken, dass der Muskel B, bei Call. russeola fünfästig, bei C. magna nur drei- ästig ist und der Muskel vm bei letzterer Form keinen gegabelten Ur- sprung besitzt. Die übrigen gleichen sich in Gestalt und Lagerung gänzlich. | Das Exkretionsorgan trägt im Ganzen acht »Wimperflammen«. Der an den Seiten hinaufziehende Kanal zeigt in der Höhe des Pharynx eine Aufknäuelung; drei Wimperapparate sitzen vor derselben, fünf zwischen dieser und der Kloake, jedoch nicht in gleichen Abständen (Fig. 114, 445). Die der Kloake zunächst befindliche Wimperflamme hängt wie bei Call. magna an einem besonderen Röhrchen. Hinsicht- lich der Erforschung des feineren Baues der »Wimperflammen« sind die großen Callidinen recht günstige Objekte und Prirr gelang es mit Bestimmtheit das Geschlossensein dieser Organe, wie es vorher von ihm und einigen Anderen, zu welchen auch ich zählte, behauptet wor- den war, nachzuweisen. Er machte die in meinen Augen sehr wichtige Entdeckung, dass die Zitterflammen am freien Ende eine rundliche Protoplasmaansammlung tragen, »in welcher ein kleines, wohl als Kern (Nucleolus?) zu deutendes Korn liegt«e. Eben diese plasmatische Mütze besitzen auch die Wimperapparate unserer Callidinen. In Fig. 126 ist ein lebendes derartiges Organ bei starker Vergrößerung dargestellt, an welchem die Mütze recht groß erscheint. n Nach Zusatz von Essigsäure zog sich das Plasma an die Peripherie, um schließlich sich an einer Stelle stärker anzuhäufen (Fig. 128, 129). Ein Kern oder irgend etwas damit Vergleichbares war nicht zu sehen, wess- Rn halb ich Färbung in Alaunkarmin nach Sublimatbehandlung vornahm, um jedoch auch hier zu dem Ergebnisse zu kommen, dass ein Kern Ei: oder Nucleolus nicht mit Sicherheit vorhanden ist. Vielleicht haben 22 Carl Zelinka, andere Formen ihren Kern darin noch erhalten. Wie dem auch sei, jedenfalls sitzt die Geißel einem protoplasmatischen Endabschnitte auf, der den »Trichter« vollkommen verschließt. Bei solchen Räderthieren, deren Zitterflammenwandung nur mehr eine hyaline Kapsel darstellt, haben wir uns die Reduktion des plas- matischen Theiles als vollendet vorzustellen. Ich glaube, dass die besprochene Eigenschaft eine Vergleichung des Wassergefäßsystems der Räderthiere und Plattwürmer noch mehr erleichtert. Wenn auch bei Callidina magna die unbestimınten Gra- nula, welche PraArr als Kern betrachtet, als solcher nicht gedeutet werden können, so zweifle ich nicht, dass wir noch Formen finden können, bei welchen die Flimmertrichter als echte Wimperzellen erhalten sind. Die Trichter sind, wie bei Call. magna, cylindrisch, die Geißel zeigt sich im Querschnitt aber kreisrund, während sie für die erwähnte Species als eine bewegliche Membran beschrieben wird, von welcher die Kantenansicht den Eindruck einer leicht geschlängelten dicken Cilie gewinnen lasse. Ferner wird von ihr gesagt »an todten Thieren erscheint sie sehr fein längsstreifig, als ob sie aus dicht verklebten Cilien bestände«. Wie die Fig. 126 zeigt, ist bei unserer Form schon am lebenden Thier die Zusammensetzung der Geißel aus einzelnen sich nicht trennenden Cilien deutlich erkennbar. Man zählt von der Fläche etwa sechs solcher Cilien und eine Schätzung lässt für die ganze cylindrische Gilienmasse etwa 15—20 solcher Flimmerhaare erwarten. Es mögen noch die Maße eines Flimmertrichters hier Platz finden. Der Durchmesser der plasmatischen Mütze beträgt 0,0038 mm, der eylindrischen Röhre im Mittel 0,0023 mm, die Länge des ganzen Trich- ters sammt Mütze 0,00875 mm. Hinsichtlich der Zusammensetzung der Geißel aus zahlreichen Cilien muss ich hervorheben, dass schon Möpıus bei Brachionus plicatilis diese Thatsache erkannt hat. Recht interessant sind die Flimmerlappen bei Asplanchna amphora, welche RousseLer ! beschrieben hat. Sie zeigen, da sie im Querschnitt oval sind, eine breite und eine schmale Ansicht; in letzterer erscheint die »undulating membrane« — RousseLer hält das schwingende Gebilde bestimmt für eine solche — als eine starke Gilie. Das Ende des Lappens ist durch eine zarte spongiöse Masse geschlossen, welche oft ein oder zwei vorstehende kugelige Knöpfchen bildet. Das spon- giöse Protoplasma hält er für »probably quite open enough to allow some part of the fluid of the body cavity to pass through into the tags«, 1 Ca. RousseL£r, »On the vibratile tags of Asplanchna amphora«. Journ. Quekett Microsc. Club. Vol. IV. Ser. 2. p. 244. No. 28. Jan. 1894. Studien über Räderthiere. III. 923 _ eine Ansicht, welche ganz mit der seiner Zeit von mir geäußerten! übereinstimmt. Die Angabe RousseLer's zeigt, dass diese Plasmahaube nicht auf die Gallidinen beschränkt ist. Etwas ganz Neues ist jedoch, dass bei Asplanchna jeder Flimmertrichter an seinem Ende noch zwei in der Mitte der Plasmamasse entspringende lange Geißeln trägt, welche rasch und lang anhaltende Bewegungen ausführen. Diese Einrichtung scheint mir dazu zu dienen, die Leibeshöhlen- flüssigkeit zu bewegen, um immer neue Partien zur diosmotischen Be- handlung zu beschaffen. Sie ist ein Beweis für den zelligen Ursprung der Flimmerlappen, deren Plasmarest noch ausgiebiger erhalten ist, als bei Callidina, indem er die Attribute von Geißelzellen, welche nach zwei Richtungen sowohl nach innen als nach außen Cilien entwickel- ten, bewahrt hat. Wir wissen, dass morphologisch ein Pseudopodium einer amöboi- den Zelle einer Cilie gleichgestellt werden kann, wenn auch in physio- logischer Hinsicht eine weite Kluft beide trennt. Durch das Vorhan- densein protoplasmatischer Fortsätze werden die Flimmertrichter der Räderthiere noch näher an die der Turbellarien gebracht, bei wel- chen die protoplasmatischen Ausläufer der Sternzellen lebhaft an Pseudopodien erinnern. Man nimmt an, dass diese Zellen, in deren Hohlraum die Wimperflamme schlägt, zur Aufnahme von unbrauch- baren Endprodukten des Stoffwechsels dienen und dieselben, sei es unverändert oder chemisch verändert, an die Kanäle abgeben. Bönnie? ist sogar geneigt, den Plasmafortsätzen amöboide Bewegung und einen direkten Antheil an der Aufnahme der Körnchen und Tröpfchen in das Plasma der Sternzellen zuzuschreiben. Die Annahme einer solchen amöboiden Bewegung ist gewiss plausibel und gewinnt noch an In- _ teresse, wenn wir sehen, dass auch Räderthiere Plasmaanhänge ihrer _ Flimmertrichter besitzen, welche, wenn auch in anderer Art, Be- wegung zeigen. Die Einmündungsweise der beiden Exkretionskanäle in die Kloake findet bei CGallidina russeola so statt, wie sie PLatE für seine Galli- dina beschrieben hat. Vorher jedoch legen sie sich gleich hinter dem - Darmsphincter dem Hinterdarm an dessen seitlichen Rändern dicht an. ® An konservirten Exemplaren zeigt sich dort eine mit je einem Zellkerne versehene Verdickung der Kanäle (Fig. 115). Nachdem sie den Hinter- darm in dessen ganzer Länge begleitet haben, gehen sie auf den End- 1 GC. ZELINKA, Studien über Räderthiere. II. Diese Zeitschr. Bd.XLVII. p. 444, 1888, pe 2 L. Bönnis, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. Diese Zeitschr. : Bed. Li. 34 Carl Zelinka, darm über und laufen unter demselben gegen die Mittellinie, um sich daselbst zu einem unpaaren Gange zu vereinigen, der scharf gewunden nach vorn zieht, und an der Grenze zwischen Hinter- und Enddarm mit einem scharf umschriebenen Loche in den letzteren einmündet. Die Wand der unpaaren Partie zeigt sich etwas verdickt. Einen in den Fuß laufenden Faden, wie bei Rotifer, der von dem zipfelförmig ausgezogenen Rande desselben ausgehen soll, giebt es hier nicht. Der Enddarm ist in seinem, dem Hinterdarm anliegenden Abschnitte kontraktil, und ich stimme also Prare in seiner Beschreibung des Exkretionsorgans von Gall. magna, was unsere große Species anbelangt, vollkommen bei. Wir haben demnach als gesichert anzusehen, dass bei Callidina magna, Gall. russeola und Rotifer vulgaris die Kanäle sich unter dem Enddarm zu einem unpäaren Stücke vereinigen und in die Kloake ein- treten, welche selbst kontraktil ist. Ich habe auf Grund dieser Erkenntnis die Verhältnisse nochmals bei Call. symbiotica unter- sucht und gefunden, dass diese Form thatsächlich ein weiteres Stadium in der Entwicklung des kontraktilen Abschnittes der Kloake darstellt, indem hier die Ausbuchtung der Wand nur auf die Dorsalseite be- schränkt ist, so dass eine Seitenansicht bei kaum merklicher Volums- veränderung des übrigen Kloakentheiles eine enorme sackförmige Aus- stülpung der Dorsalwand sehen lässt, während eine Dorsalansicht unter diesem blasenartig queroval erweiterten Wandtheile noch die schmalen seitlichen Umrisse der Kloake erkennen lässt. Das Bild, wie ich es seiner Zeit Taf. XXVIH, Fig. 32 davon nach einem Präparate gab, ent- spricht vollständig der Wirklichkeit. Es war mir nun von Wichtigkeit zu konstatiren, ob die Einmündung auch hier in der oben geschilderten Weise vor sich gehe. Die Beobachtung am lebenden Objekte und an Präparaten ließ mich nichts von einem unpaaren Mittelstücke wahr- nehmen; die Kanäle legten sich dem Hinterdarme an und verschwanden an der seitlichen Grenze der kontraktilen Blase, wie ich es seiner Zeit sah. Nun hat diese Speeies die Eigenthümlichkeit, das Hinterende abwärts gekrümmt zu halten, so dass auch bei größter Streckung der Anfang des Enddarmes nicht von der ventralen Seite gesehen werden kann. Ich wendete daher ein Kompressorium an und konnte auf diese Weise die Kloake in rein dorsoventraler Ansicht darstellen. Es erwies sich, dass auch hier die Piate’sche Angabe Gültigkeit hat, wenn auch die Kanäle unter der Kloake außerordentlich fein sind, so dass es sich in Bezug auf das unpaare Mittelstück der Exkretionskanäle, wel- ches ich auch außerdem bei anderen Callidinen fand, um eine höchst wahrscheinlich den Philodiniden typische Einrichtung handelt. In Bezug auf die Ausdehnung der Kontraktilität hat sich jedoch eine Studien über Räderthiere, II. 35 Sonderung vollzogen, deren Möglichkeit Pate selbst annimmt, und wir haben Formen mit ganz kontraktilem Kloakenanfang zu unterscheiden von solchen, bei welchen die Fähigkeit sich zu erweitern nur einer beschränkten Wandpartie geblieben ist, so dass ein gesonderter kon- traktiler Anhang zur Ausbildung kam. Dass die Kanäle nicht an den Seiten in diese Blase einmünden, wie es bei Gallidina symbiotica schien, sondern am Boden der Kloake, dass also die Exkretionsflüssig- keit durch eine nur mittelbar mit den Kanälen in Zusammenhang stehende Pumpe ausgetrieben wird, ist keine isolirte Erscheinung; wir finden sie nach der Angabe von Mösgius bei Brachionus plicatilis ebenfalls und können als analoge Einrichtung die bei höheren Thieren auftretende Isolirung der Sammelblase von den Ureteren anführen. Schließlich eine kurze Bemerkung über einen der Gründe, welchen PrAte anführt, um den Beweis zu liefern, dass bei Rotifer die Kloake kontraktil ist. Er sagt: »Endlich folgt bei einigen Individuen jeder Systole der Blase eine unmittelbare, plötzliche geringe Erweiterung des hintersten Kloakenabschnittes, zum Beweise, dass beide direkt in einan- der übergehen.« Ob nun eine kontraktile Blase entwickelt, oder der An- fangstheil der Kloake im Ganzen kontraktil ist, in jedem Falle wird die aus ihnen ausgepresste Flüssigkeit auf die Wände des ins Freie führen- den Kanales einen Druck ausüben müssen, der in einer kurz dauern- den Erweiterung dieses Abschnittes bei jeder Systole seinen Ausdruck finden wird, so dass dieser Erscheinung keine Beweiskraft im oben an- geführten Sinne zugestanden werden kann. Über die Beschaffenheit der Leibeshöhlenflüssigkeit wissen wir sehr wenig. Wir stehen, eigentlich noch auf demselben Stand- punkte, den Levis! vor etwa 40 Jahren erreicht hat, wir wissen, dass sie bei der Mehrzahl der Räderthiere farblos, bei manchen röthlich oder gelblich gefärbt ist, und in den meisten Fällen geformter Elemente ent- behrt. Nur bei Eosphora najas, Euchlanis und einigen anderen eirkuliren kleine helle Körperchen mehr oder minder zahlreich in der Leibesflüssigkeit umher. Ähnliches sah bereits Enrensere? an Hyda- tina senta. Eckstein ® konnte solche Körperchen nicht wieder auffinden, er spricht nur von äußerst kleinen Blutkörperchen, welche in Gestalt von feinen Körnchen vorhanden sind. Gallidina russeola zeigt nun 1 Fr. Leyoig, Über den Bau und die systematische Stellung der Räderthiere. Diese Zeitschr. Bd. VI. p. 78. 1854. 2 C. G. EHRENBERG, »Infusionsthierchen«. p. 446. 4838. 3 EcksTEIn, »Die Rotatorien der Umgegend von Gießen« Diese Zeitschr. © Ba. XXxXIX. p. 490, 26 | Carl Zelinka, deutlich geformte Bestandtheile des Blutes. Körperchen in verschiedener Größe, sowohl von kugeliger wie ovoider Form, alle jedoch von gleichem glänzenden Aussehen und aus homogenem Plasma gebildet, sind im Blute suspendirt und werden bei den Kriechbewe- gungen des Thieres hin und her getrieben. Es sind zweifellos diesel- ben Gebilde, die Leyvıc seiner Zeit als Blutkörperchen ansprach, und die wir ebenfalls als solche zu betrachten haben. | Die Geschlechtsdrüsen liegen ziemlich weit rückwärts und dienen mit eben dieser Lage als Charakteristikum für Gallidina rus- seola und lutea. Der reifere Keimdotterstock befindet sich beim ge- streckten Thiere am weitesten hinten und schmiegt sich dem Hinter- ende des Mitteldarmes etwa halbmondförmig an. Sein dickeres Ende erstreckt sich bis unter den blasenartig erweiterten Hinterdarm. Der kleinere Keimdotterstock ist etwa um ein Scheinsegment weiter vorn als ein birnförmiger, dem Darme dicht anliegender Körper zu finden, dessen spitzeres Ende ebenfalls nach vorn sieht. An Präparaten lässt sich nachweisen, dass diese Organe von einer kernhaltigen Haut um- schlossen werden, welche sich vorn und hinten in je einen Zipfel auszieht. Der vordere geht als ein Faden, wie ich schon bei Call. sym- biotica sah, an die Haut und dient nur zur Befestigung. Der hintere wird ebenfalls fadenförmig. Über seine Endigung konnte ich seiner Zeit bei Gall. symbiotica nicht genügende Aufschlüsse erlangen und musste diese Frage offen lassen. Gallidina russeola ist fast doppelt so groß und daher bei Weitem günstiger, wesshalb es hier gelingt, an künstlich aufigeblähten Thieren den weiteren Verlauf des Oviductes — und als ein solcher muss dieser Fortsatz aufgefasst werden — zu ver- folgen. Er läuft über die Röhre des Exkretionsorgans hinüber, kreuzt die zum fnddarm ziehenden Muskeln und erweitert sich an den Präpa- raten in der Höhe des Hinterdarmes zu einem an Durchmesser zunehmen- den Schlauche mit dünner Wandung (Fig. 109). Sodann biegt er gegen den Enddarm und mündet seitlich in denselben ein. Die den Dotterstock zusammensetzenden Zellen, welche in weniger reifen Organen an Präpa- raten noch gesondert zu erkennen sind, schwanken in ihrer Zahl bedeu- tend; 10 bis 15 war die gewöhnliche Menge für den reiferen der beiden Dotterstöcke. Es ist jedoch nicht daraus zu schließen, dass die typische Achtzahl der Kerne den Callidinen beziehungsweise den Philodiniden fehle. Die Entwicklungsgeschichte lehrt uns, dass diese Achtzahl auch jenen Formen zukommt, welche im erwachsenen Zustande eine Ver- mehrung dieser Kerne zeigen, so dass das Vorhandensein der acht Dotterkerne ein durchgehendes Merkmal für alle Räderthiere abgiebt, wie ich gegenüber PrAtr’s Ansicht anführen möchte, und es scheint EP N a Sea SEE ee ER BERER Studien über Räderthiere. III. 37 sehr fraglich, ob es »jedenfalls« sicher ist, dass bei Rotifer ursprüng- lich nicht vier Dotterkerne vorhanden seien, da Callidina durch die ganze Zeit der Embryonalentwicklung in jeder Geschlechtsdrüse nur vier Dotterzellen enthält und erst später eine Vermehrung derselben erfährt. Die typische Zahl bei den Embryonen von Callidina lässt uns im Gegentheil auch bei einem so nahen Verwandten wie Rotifer gleiche Verhältnisse erwarten, wenngleich die »halbreifen« Embryo- nen dieser Species nach PıArz bereits acht Kerne in jedem Dotterstocke zeigten, wofern sie von einer Form mit gleicher Kernzahl abstammten. Die Erklärung für die Eigenthümlichkeit, dass Rotifer vulgaris bald vier, bald acht Dotterkerne in jedem Dotterstocke enthalte, ist entwe- der darin zu suchen, dass zwei sich sehr nahe stehende Formen ver- wechselt wurden, oder dass eine solche Variation wirklich stattfindet, und die Verdoppelung der Kerne in der Embryonalentwicklung frühe eintritt. Discopus hat demnach in seiner konstanten Achtzahl den ursprünglichen Typus erhalten. So wie Gall. symbiotica und wie überhaupt die moosbewoh- nenden Callidinen sind auch Call. russeola und lutea eierlegend. Zur Entwicklung der Eier im Mutterleibe sind die Perioden des aktiven Lebens, welche von der zeitweiligen Durchfeuchtung des Mooses abhängen, zu kurz. Außerdem war es von Vortheil, durch die Ablesung der Eier das Volumen des zu kontrahirenden Leibes zu verringern und eine sichere Bergung der Körperenden in den mittleren stark euticularisirten Partien herbeizuführen. Dem entsprechend sehen wir andere weichhäutige Räderthiere, welche im Wasser leben und der Gefahr, periodisch zu vertrocknen, weniger ausgesetzt sind, häufig den rascheren Weg der Eientwicklung im Mutterleibe einschlagen. Ich habe seiner Zeit bei Gallidinasymbiotica die nach hinten ziehenden Fäden als Oviducte bezeichnet, da diese Form eierlegend ist, wie man sich an der über ganz Europa verbreiteten Form leicht über- zeugen kann, und nie Embryonen im Mutterleib gefunden werden. Meine Überzeugung sprach ich dahin aus, dass ich sagte (p. 125), »diese nach rückwärts gehenden Fäden (a) sind wohl als die Ausführungs- gänge des Innenraumes der Geschlechtsorgane anzusehen und sind in der Ruhe ganz zusammengefaltet und so zusammengezogen, dass ihr Lumen völlig verschwindet«. Da ich jedoch das Durchtreten der Eier _ durch den Oviduct nicht direkt beobachtete, so sagte ich: »Davon, dass die Eier nicht in die Leibeshöhle fallen, glaube ich mich jedoch über- - veugt halten zu müssen.« Bei der Besprechung der Frage, ob Rotifer vulgaris einen Uterus, beziehungsweise Oviducte besitze, eitirt Prare 28 Carl Zelinka, trisecatus ‚an das Vorhandensein eines Uterus und zweier Oviducte‘. Nur bei Zacnarsas finden wir die nach meiner Ansicht für die viviparen Rotifer- und Philodina-Species allein richtige Anschauung, dass die Eier und Embryonen in der Leibeshöhle liegen.«c Auf einer der nächsten Seiten finden wir dann Folgendes: »Es wäre ungerechtfertigt, aus dem Gesagten zu folgern, dass bei allen Philodiniden ein Oviduct fehle und die Geburt der Embryonen stets in der für Rotifer vulgaris geschilderten Weise sich vollziehe. Es erscheint von vorn herein wahrscheinlich, dass die oviparen Philodiniden sich von den lebendiggebärenden unter- scheiden werden, denn eine Eiablage ohne Oviduct ist wohl nicht gut denkbar. Um mir hierüber Klarheit zu verschaffen, habe ich eine neue moosbewohnende Gallidina-Art etwas eingehender untersucht.« Es wird dann für Gallidina magna ein Oviduct, der bis zur Kloake* verfolgt wurde, nachgewiesen. An einer anderen Stelle heißt es: »Hin- sichtlich des zuerst aufgestellten Problems scheint es mir für Rotifer vulgaris ganz unzweifelhaft zu sein, dass der vom Hinterende der Ge- schlechtsdrüse ausgehende Faden ein bindegewebiger oder, wenn man will, muskulöser Strang ist, dagegen kein rudimentärer Eileiter. Hier- für spricht einmal seine Struktur und dann seine hintere Befestigung am Enddarm. Er stellt einen völlig soliden Strang dar, dessen homo- genes Plasma nicht selten von mehr oder weniger zahlreichen Körnchen erfüllt wird. Kerne konnte ich in ihm nicht entdecken, obwohl sie sicherlich vorhanden sein werden. Da der Strang außerordentlich kon- traktil ist, so kommen die Körnchen nicht selten in zusammengezogenem Zustande dicht hinter einander zu liegen und können dann leicht den Eindruck eines zarten quergestreiften Muskels machen. — Der Strang selbst ist schon öfters gesehen worden (Hunson und GossE, ZACHARIAS, WEBER, ZELINKA), seine hintere Befestigungsweise hingegen harrt noch der Aufklärung.« ; Ich sehe es als ein Missverständnis an, dass PLare meine Angabe über die Oviducte der moosbewohnenden Gallidina symbiotica dort anführt, wo er die Vermuthungen einzelner Autoren über Rotifer- Arten eitirt, wodurch der Anschein erweckt wird, als ob diese Callidina ebenfalls lebendiggebärend wäre, was jedoch nicht der Fall ist, und ich mich, wie Andere, über die Oviducte von Rotifer in vagen Ver- muthungen ergangen hätte. Richtiger und billigerweise wäre meine Ansicht dort anzuführen gewesen, wo von den Oviducten der Gall. magna die Rede ist, welche Form nur eine Bestätigung für meine einstige Angabe und Ansicht liefert und die Berechtigung für den seiner Zeit den hinteren Fäden gegebenen Namen »Oviduct« beweist. Es ist demnach als gesichert anzusehen, dass es Philodiniden mit funktioniren- Studien über Räderthiere. II. 39 den Oviducten giebt, und zwar sind es die moosbewohnenden Formen, welche diese Eigenschaft zeigen, gegenüber solchen Formen, welche lebendig gebären und bei welchen die Eier ohne Umhüllung des Uterus frei in der Leibeshöhle sich entwickeln. Ob es noch ein Zwischen- stadium giebt, in welchem solche Species stehen würden, die zwar lebendig gebären, jedoch noch uterine Embryonalentwicklung zeigen, wissen wir noch nicht sicher, es scheinen jedoch Angaben von EHrEN- BERG und Eckstein darauf hinzudeuten, dass eine solche Erwartung nicht unbedingt von der Hand zu weisen wäre. Wenigstens scheint mir der Vorgang der Geburt bei Rotifer vulgaris, die gewaltsame Durch- brechung der Kloakenwand, mehr als ein sekundärer, bei eingetretenem Schwund des Uterus entstandener Vorgang, als ein ursprünglicher Akt zu sein. Es bestärkt mich darin auch der »hintere Aufhängefaden der Geschlechtsdrüse«, welcher am Ende des vorderen Drittels des »End- darmes« befestigt ist, wie PLAre sicher ermittelt zu haben glaubt. Prare meint: »Könnte man ihn bis zur Kloakenwand verfolgen, so ließe er sich als ein rückgebildeter Eileiter deuten; die geschilderte Endigungs- weise im Verein mit seiner soliden Struktur machen eine solche An- schauung unmöglich und weisen auf seine bindegewebige Natur hin.« Ich sehe in den geschilderten Verhältnissen kein Hindernis, diesen Faden als rudimentären Eileiter anzusehen. Wir kennen im Thierreiche noch viel tiefer eingreifende Veränderungen, welche Organe in der Rückbildung erleiden, gegen welche eine Längsverkürzung und Ver- rückung des Anheftepunktes noch als sehr geringe zu betrachten sind; was die solide Struktur betrifft, so stimmt eben diese mit dem Aufgeben der Funktion überein. Auch soll die bindegewebige Natur gegen die Deutung als Oviduct sprechen. Nach den Begriffen der Histologie ist ein solcher Oviduct überhaupt in kein anderes Gewebe einzureihen, als in das Bindegewebe. Was endlich den noch möglicherweise anzu- führenden Umstand betrifft, dass dieser Strang außerordentlich kon- traktil ist, so ist dies eben so wenig der bindegewebigen Natur wider- sprechend. Noch hätte ich einige Worte über die Benennung zu sagen, welche Prare der Umhüllungshaut der Genitaldrüsen giebt. Er sagt: »Es sind zwei ovale oder auch spindelförmig ausgezogene Keimdotter- stöcke vorhanden, von denen jeder von einer dünnen Membran, dem Uterus, allseitig umhüllt wird. Am hinteren Pol der Geschlechtsdrüse setzt sich dieser Uterus in einen engen, aber sehr erweiterungsfähigen ET Te PR 2 ge D4k - x 3 Kanal, den Oviduct, fort, den ich bis zur Kloake verfolgen konnte.« Dass Pate den nach hinten gehenden Fortsatz als Oviduct bezeichnet, halte ich, wie aus meiner schon vor Jahren erschienenen Callidinen- _ arbeit hervorgeht, für berechtigt. Dann wird in dem Falle, wo eine 30 Carl Zelinka, Entwicklung eines Eies zum Embryo in einer Partie desselben statt- fände, was noch nicht ganz sicher beobachtet ist, eben dieser Theil des Oviductes zum Uterus werden. Den vor dem Oviducte liegenden Theil der Umhüllungshaut als Uterus anzusehen, geht wohl nicht an, wofern man nicht auf die landläufige Vorstellung verzichten wollte. Es hieße dies einen alten schon vergebenen Namen für einen neuen Begriff ein- führen. Wir werden besser thun, zu erklären, dass weder die eier- legenden noch die wieRotifer vulgaris sich verhaltenden lebendig- gebärenden Philodiniden einen Uterus besitzen, sondern die ersteren einen funktionirenden, die letzteren einen rudimentären Oviduct haben, welcher als Fortsetzung aus einer kernhaltigen Tunica der Geschlechts- drüse hervorgeht. Beträchtlich weicht die Organisation des Schwanzes oder»Fußes« unserer Callidina von der der PLate’schen Form und Call. sym- biotica ab, indem die Zangen an der Spitze eine Durchbohrung zeigen. Der Schwanz (Fig. 115) besitzt 3 Glieder, von denen das Endglied die Mün- dungen der Drüsen enthält, das zweite Glied die Zangen trägt. Diese letz- teren sind etwa 0,042 mm lang und stehen an ihrer Basis 0,013 mm von einander entfernt. Der Hinterrand zwischen beiden ist schwach nach hinten gewölbt, bei Gall. lJutea zum bezeichnenden Unterschiede ein- gebuchtet. Bei Call. magna scheint die Entfernung zwischen den Zangen- basen, nach Fig. 8 zu urtheilen, nahezu doppelt so groß zu sein wie bei Gall.russeola. Die Zangen haben die Form eines vor dem Ende schwach verjüngten Conus. An ihnen ist die Haut besonders deutlich gekörnt. Das Endglied hat eine nierenförmig umrissene Endfläche, deren Einziehung am Vorderrand liegt. Diese Einziehung wird von zwei zapfenartigen Erhebungen begrenzt, welche dicht mit Endigungen von Klebdrüsenröhrchen besetzt sind. Was hinter ihnen und der Einziehung liegt, ist ebenfalls mit solchen Endigungen versehen. Die Endfläche selbst schneidet das Endglied schief ab, so dass sie beim Kriechen der Unterlage mit ganzer Ausdehnung anliegen kann. Die Klebdrüsen sind, entgegen jenen von Gallidina symbiotiea und magna, nicht aus zwei Paaren von Zellreihen, sondern aus dreien solcher Paare zusammengesetzt. Die drei Zellreihen jeder Seite bilden ein zusammengehöriges Ganzes und diese beiden Komplexe weichen fast im rechten Winkel aus einander. Die äußerste Reihe und die ihr anliegende ist aus je drei rundlichen Zellen gebildet, die Gipfelzelle - der ersten Reihe bildet auch zugleich den Schluss für die zweite. Die innerste Reihe hat häufig schiefe Scheidewände und endet zugespitzt, von der Spitze zieht ein feiner Faden an die Haut des Bauches. Jede Zelle besitzt ihren deutlichen Kern. Diese beiden symmetrisch ge- eh ah Studien über Räderthiere, IIl. 31 lagerten Komplexe sitzen einem unpaaren Stücke auf, welches zahl- reiche Zellkerne enthält (n). Aus diesem Körper gehen zu beiden Seiten an der Ventralseite 7—9 in ein Bündel gedrängte Röhrchen hervor (Kg), weiche sich theilen und sich allmählich so ausbreiten, dass sie mit den der anderen Seite zusammenstoßen und unter fortwähren- der Theilung als ein gemeinsames Konvolut von Kanälchen dem End- gliede zulaufen, wo sie mit den Poren ausmünden. Von der Dorsalseite zweigen von dieser Masse von Kanälchen jederseits einige ab, um sich wie bei Gall. parasitica Gigl. in die Zangen zu begeben, dieselben zu durchlaufen und an deren Spitzen auszumünden (Z). Zu dem Unterschiede, dass bei Gall.magna keineKlebröhren in die Zehen gehen, kommt noch der Umstand hinzu, dass bei Gall. russeola die Klebdrüsen aus je drei Zellreihen bestehen, während bei Gall. magna nur deren zwei vorhanden sind. Wahrscheinlich ist das Homo- logon der dritten Reihe bei dieser Form in der vierkernigen, spitzen Zelle zu finden, welche Pıarz als dem vorderen und inneren Ende der Reihen ansitzend beschreibt, wenigstens können wir nichts Anderes finden, was besser damit verglichen werden könnte. Auch dass an beiden Gebilden der Aufhängefaden befestigt ist, lässt dies gerecht- fertigt erscheinen. Unsere Gallidina, bei der diese dritte Zellreihe noch als funktionirender Bestandtheil gleich den anderen dem unpaaren Körper ansitzt und unmittelbar ihre Produkte den Röhren abgiebt, ist darin ursprünglicher, als die Gall. magna, bei der eben diese Reihe nicht mehr direkt dem Mittelstücke ansitzt und, wenn sie noch secernirt, nur mittelbar durch die benachbarte Drüsenzellreihe ihren Klebstoff abgeben kann. In der Entwicklung treten diese drei Zellreihen gleich- zeitig und gleichwerthig auf. 2 Ein anderer Unterschied ist in der Form des Endgliedes gelegen. - Prare nennt das Endglied eine »Haftscheibe, welche aus vielen neben _ einander stehenden Röhren gebildet wird«. Der zwei Zäpfchen geschieht _ keine Erwähnung. Seine Zeichnungen Fig. 4 und 6 zeigen in dem einen Fall eine scharf zulaufende, am schwach gekrümmten Hinterrande mit “parallel gestellten Röhren besetzte Platte, im anderen Falle ist der _ Hinterrand median ein wenig eingezogen. Beide Bilder erinnern lebhaft an Entwicklungsstadien des Fußes bei Call. russeola, wie sie später geschildert werden. Diese Haftscheibe hat nach Prare Ähnlichkeit mit dem entsprechen- den Organ bei Discopus und Paraseison. Ich kann diese Ähnlich- keit, was Discopus anbelangt, nur in so fern gelten lassen, dass beide die Mündungen der Klebdrüsenkanäle tragen, sonst aber weichen sie er eze Fa Er I. er 323 Carl Zelinka, beträchtlich von einander ab. Discopus besitzt einen echten Saugnapf, der die dauernde Befestigung des Thieres an der Haut der Synapten bewerkstelligt. Der Stempel dieses Saugnapfes ist an seinem Ende gerade abgeschnitten und besitzt an dieser ebenen Fläche in Kreisen gestellte Poren, was wir bei Gallidina magna vermissen. Eher könnte die Mündungsart bei der Gattung Paraseison herangezogen werden, wo derFuß an seinem Ende einen kleinen Höcker trägt, welcher mit in einer Reihe stehenden Zinken gekrönt ist. Diese Zinken sind zweifelsohne vorstehende Röhrchen und treten in ganz gleicher Aus- bildung in der Embryogenie des Callidinenfußes auf, so dass also dieses Genus ein Stadium, welches bei Seison und Paraseison bleibend erscheint, in der Ontogenie wiederholt. Stellen wir uns vor, dass der Seisonidenfuß an seinem Endgliede eine mittlere Einbuchtung erhält, in Folge dessen die Mündungen in zwei Partien gesondert sind, so sehen wir ein Verhalten, wie es bei CGallidinasymbiotica ausgebildet ist. Geht diese Trennung in zwei oder auch mehr Partien noch weiter, so werden die zehenartigen Gebilde erscheinen, die manche Callidinen wie z.B. Gall. constricta Du. und viele andere Philodiniden auszeichnen. Auch Gall. russeola hat in seinen beiden Zäpfchen Andeutungen solcher Zehen. Gall. magna jedoch scheint nach der Beschreibung Prırr’s in Bezug auf das Endglied tiefer zu stehen und einem Entwicklungsstadium der Gall. russeola zu entsprechen. Ob Discopus in seiner Entwicklung ebenfalls ein solches Stadium durchläuft, kann ich nicht angeben, dass jedoch Callidina kein Discopusstadium besitzt, weiß ich bestimmt. Ich möchte daher die verschiedenen Formen des Callidinenendgliedes auf Paraseison zurückführen. PrirtE sagt ferner: »Da alle sonst bis jetzt beschriebenen Callidinen Zehen besitzen, hätte ich die in Rede stehende Art auch in eine neue Gattung oder auch in das nahe verwandte Genus Discopus einreihen können.« Dies ist ein Irrthum. Erstens haben nicht alle bis jetzt be- schriebenen Callidinen Zehen in dem Sinne, wie Prarz dieses Wort meint; schon Bartscn beschrieb bei Gall. bidens Wülstchen am Fuß- ende, durch welche die Klebdrüsen mündeten, und auch Call. sym- biotica hat keine eigentlichen Zehen. Zweitens würde auch dann die Einreihung in das Genus Discopus unstatthaft sein. Discopus ist ausgezeichnet durch den großen Saugnapf, die Anordnung der Kleb- drüsen in Querreihen und die isolirt verlaufenden Drüsengänge, während Callidina keinen Saugnapf besitzt, daselbst die Klebdrüsen in longitudinalen Reihen angeordnet sind und die Drüsengänge dicht an einander und untrennbar vereinigt liegen. Call. magna ist eine Studien über Räderthiere, III. 33 echte Callidina und die Unterschiede am Fußendgliede reichen eben zur Befestigung der Speciesdiagnose. Zum Schlusse möchte ich noch bemerken, dass die Anzahl der Drüsengänge, wie sie aus dem kernhaltigen Mittelstücke hervorgehen, der Anzahl der Drüsenzellen zu entsprechen scheint. Vielleicht hat jede Drüsenzelle ihren eigenen Ausführungsgang. Für Discopus wenigstens konnte ich nachweisen, dass jede Klebzelle zur Ausführung ihres Stoffes eine eigene Röhre besitzt. Ob wir dieses Verhalten mit den bekannten einzelligen Drüsen der Gliederthiere vergleichen dürfen, scheint desshalb sehr fraglich, weil bei diesen der Drüsentheil und Ausführungsgang aus einer Zelle gebildet ist, bei unserer Gallidina aber, so viel die Entwicklungsgeschichte lehrt, die Kanäle wenigstens im Endtheile aus anderen Zellen sich entwickeln. II. Biologischer Theil. Vor einigen Jahren beschrieb ich die Symbiose von Räderthieren an Lebermoosen. Es handelte sich um Frullania dilatata, Frulla- nia Tamarisci, Lejeunia serpyllifolia und Radula com- planata, Lebermoose, an denen konstant bestimmte Arten von Galli- dinen gefunden werden konnten. Die Räderthiere waren daselbst mit solcher Regelmäßigkeit zu treffen, dass die Sache einer Untersuchung werth erschien. Es waren bestimmte Stellen, welche diese Thiere beherbergten und zwar bei Radula und Lejeunia der Raum zwischen dem Ober- lappen und dem ihm angedrückten Unterlappen, bei Frullania der Innenraum der kappenartig aufgeblasenen Unterlappen. Ich konnte feststellen, dass es sich zunächst um einen Fall von »freiem Raumpara- sitismus« handle, an welchem zwei Species, nämlich Gallidina sym- biotica und Leitgebii, sich betheiligten. Individuen beider Arten lebten zu zweien und dreien vermischt in den kappenartigen Unter- lappen, steckten bei Wasserreichthum ihre Räderorgane aus denselben heraus und zogen sich bei Wassermangel kugelig ein. Es zeigte sich ferner eine vollständige Anpassung an die vorkom- menden Perioden von Trockenheit, denen die Moose zeitweilig unter- worfen sind, indem sogar nach mehrmonatlichem Wassermangel, ein Fall, der im Freien schon wegen des fallenden Thaues nie vorkommen dürfte, die Räderthiere eben so wie die Moose ihre Lebensfähigkeit be- wahrten. Auch gegen Kälte und Hitze erwiesen sich die Thiere als widerstandsfähig. Es fiel mir sodann auf, dass die Räderthiere gewisse Partien des Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 3 34 Carl Zelinka, Moosstämmchens bevorzugten und hauptsächlich die grünen frischen Seitenzweige bewohnten, während die schon chlorophylllos geworde- nen großen Kappen des Hauptstammes leer blieben, obschon sie hin- reichend Platz für Raumparasiten geboten hätten. Ich zog daraus den Schluss, dass die Thiere nicht bloß eine Wohnung suchten, sondern vielleicht einerseits von dem durch das Chlorophyll der grünen Kappen gebotenen Sauerstoff angezogen, andererseits durch die Zersetzung des Zellinhaltes der großen Kappen zur Meidung derselben gezwungen würden. Auch der Frage, ob auch die Räderthiere den Moosen einen Nutzen brächten, suchte ich näher zu treten und führte aus, dass die vielen Räderthiere durch die Verzehrung zahlreicher niederer Pflanzen, welche ihren Darminhalt ausmachen, in so fern von Vortheil sein könn- ten, als sie das Festsetzen von Raumparasiten wie Nostoc, Osecillaria, verhindern, welche in Risse und Spalten anderer Pflanzen eindringen. »Die vielen wirbelnden Rotatorien an den Zweigen wären dann eine Art Sicherheitspolizei für die Pflanze, die alle kleineren Pflanzenorga- nismen einzusaugen bestimmt wäre, bevor sie, sei es als Raumpara- siten, sei es als Schmarotzer, sich niederzulassen im Stande sind.« Über die Entstehung der Kappen konnte ich mich nur in Ver- muthungen ergehen. Es stellten sich mir drei Möglichkeiten vor. Ent- weder verdankten die Kappen ihre Entstehung einer Hypertrophie, ähnlich wie die Ohren bei Blasia durch Eindringen von Nostoe, und die Räderthiere haben sich den so entstandenen Raum zu Nutze gemacht, oder die Räderthiere haben direkt Einfluss auf die Entstehung der Kappen genommen oder endlich die Kappen waren als Wasser- behälter für die Pflanze entstanden. Da die Beobachtungen ergaben, dass der Zeit-Unterschied zwischen dem Austrocknen des Mooses und der Kappen nicht sehr groß ist, so war ich eher geneigt anzuneh- men, dass die Kappenbildung durch eine der beiden ersteren Ursachen veranlasst wurde. Weil die Kappen schon in der Knospe eingerollt er- scheinen, so schloss ich daraus auf eine lang vererbte Eigenschaft, wies jedoch darauf hin, dass auch Rückschläge in eine einfach zipfelförmige Gestalt vorkommen und man Seitenzweige mit solchen mitten unter den übrigen ganz normalem Kappen tragenden Sprossen findet. Meine Betrachtungen über die Entstehungsursache der Kappen gingen über den Charakter von Vermuthungen nicht hinaus, da es mir fern lag diesbezügliche Versuche und weitere Studien anzustellen. Gegen meine Ausführungen hat sich nun GozseL!, wie ich zuerst 1 K. GoEBEL, »Pflanzenbiologische Schilderungen «. I. Theil. p. 186. 1889. in Studien über Räderthiere, III. 35 aus einem Referate im Biolog. Gentralblatte ersah, gewendet. Er meint hinsichtlich meiner Vermuthung, dass vielleicht der Reiz der sich an die ursprünglich flachen Blattunterlappen ansetzenden Räderthiere die Ursache der Einwölbung eine Art Gegenreaktion sei, »diese An- nahme ist indess ohne jeglichen positiven Hintergrund, was sollte denn die Rotatorien veranlasst haben, sich an die Blattunterlappen anzu- setzen?« Dafür ließe sich allenfalls ein Grund beibringen. Die Räder- thiere ernähren sich, indem sie mit ausgestrecktem Räderorgane die im Wasser suspendirten Körperchen organischer Substanz heranstru- deln und dem Munde zutreiben. Das am Stamme herabrieselnde Re- genwasser bringt, wie Kerner richtig bemerkt, stets unerschöpfliche Mengen solcher als Nahrung verwendbarer Körperchen mit sich. Es ist sicher, dass die Räderthiere, wenn sie an den der Borke näher lie- genden Unterlappen sitzen, auch mehr diesem direkten Wasserstrome ausgesetzt sind, als wenn sie in der Wölbung der Oberlappen säßen. Damit wäre wohl das Ansetzen hinreichend erklärt. Es wird dann fortgefahren, »ganz abgesehen davon, dass wir jetzt thatsächlich ohne jeglichen Reiz von Seiten der Thiere die Auriculae sich entwickeln sehen, möchte ich namentlich noch auf die oben an- geführte Thatsache hinweisen, dass bei längere Zeit feucht gehaltenen Frullanien die Bildung der ‚Auriculae‘ unterbleibt, obwohl die Rota- torien auch jetzt noch vorhanden sind«. Was den ersten Einwurf an- belangt, so habe ich selbst darauf hingewiesen, dass die Blattohren in den jüngsten Sprossenden, wie LeıtGep’s Untersuchungen zeigten, schon in ihrer Anlage kappenartig sind, dass man es also mit früh entstande- nen und in ihrer Form vererbten Organen zu thun habe, ich glaubte aber nicht, dass die Kappen auch jetzt noch eben so entstehen, wie ur- sprünglich, und noch immer eines Reizes zur Einrollung bedürften. Es ist sehr fraglich, ob diese Species noch immer dieselbe Plastieität der Organisation besitzt, wie zu jener Zeit, als die Ohren entstanden und ob die Pflanze noch jene Reizbarkeit zeigt, welche zur Einrollung einer affieirten Stelle nöthig ist. Nehmen wir aber mit GoEBEL an, dass die Frullanien in jeder Ontogenese die Kappen durch den Reiz der sich ansetzenden Thiere neu erwerben müssten, so trifft auch der zweite Einwurf nicht zu. GoEBEL citirt sich diesbezüglich nicht ganz genau, denn pag.181 finden wir: »In meinen Kulturen war vielmehr, wie auch die Abbildung zeigt, an gewöhnlichen Sprossen die Wasser- sackbildung unterblieben. Allerdings nicht bei allen, ein Theil der Sprosse behält, sei es aus ‚inneren‘ Ursachen, sei es, weil sie - weniger konstant feucht gehalten wurden, die Wassersackbildung bei.« Wieso ein Theil der Sprosse weniger konstant feucht gehalten wurde, 3*+ 36 Carl Zelinka, wird nicht angegeben, so dass über diesen Grund kein Urtheil möglich ist. Die Thatsache jedoch, dass ein Theil der Zweige noch immer die Kappen trägt und zwar bei Anwesenheit der Räderthiere, spricht, wenn wir auf Gozser’s Beweisführung eingehen, gerade gegen den daraus gezogenen Schluss, indem man sagen könnte, dass auch bei ver- änderten Lebensbedingungen, bei eventuell beeinflussten Wachsthums- energien einzelner Theile noch immer Kappen erzeugt werden. »Innere« Ursachen würden auch hier zur Unterstützung angezogen werden dürfen für die Erklärung, warum andere Unterlappen sich nicht einrollen. GozseL hält die Kappen ausschließlich für Wassersäcke. Den Be- weis für diese Behauptung bleibt er schuldig. Er untersucht nicht, wie lange sich das Wasser in diesen Wassersäcken hält und ob dies den Pflanzen merklichen Vortheil bringt. Nach meinen Beobachtungen verliert sich das Wssser schon bald aus den Kappen, die Zeit zählt nur nach Stunden, nach welcher die Kappen noch Wasser enthalten, wäh- rend die Pflanzen selbst schon vertrocknet sind. Was können Stunden bedeuten bei Organismen, die monatelange Trockenheit ohne Schaden vertragen und nach dieser Zeit bei Befeuchtung neue Sprossen aus- treiben. Ferner hat GorstL nicht untersucht, wie sich die Pflanzen verhalten bei gänzlicher Abwesenheit der Räderthiere und wie endlich bei Entfernung aller Wassersäcke. Letzteres wäre bei Frullania nicht schwer zu ermöglichen, da die Kappen nur mit dünnen Stielen an den Oberlappen sitzen, welche durchtrennt werden können. Ich habe sei- ner Zeit zahlreiche Kappen abgetrennt, allerdings um das Treiben der Callidinen genauer untersuchen zu können. Dass der Thau die Kappen mit Wasser füllt, habe ich bereits hervorgehoben; gleichzeitig ist aber auch die ganze Pflanze imbibirt und die Wassersäcke haben darin nichts voraus, denn es wäre erst festzustellen, ob die Kappen vielleicht eine höhere Imbibitionsfähigkeit besitzen als die übrigen Theile der Pflanzen, wenn nicht, so dürften die großen Oberlappen sicher eine größere Menge von Wasser in ihre Zellen aufzunehmen im Stande sein, als die kleineren Un sammt ihren Hohlräumen. Eine besondere Aufnahmefähigkeit der Kappen scheint ‚loch nicht vorzuliegen. Darüber war ich im Stande eine Auskunft zu ertheilen. Wie ich seiner Zeit angab, bedarf es bei trocknen Moosen eines Zeitraums von 3—5 Stunden, um alle Luft aus den Kappen durch das eindringende Wasser zu vertreiben, was nicht darauf hinzuweisen scheint, dass diese Ohren eine hervorragendere Befähigung für den Dienst von Wasser- säcken zeigen. u Be Studien über Räderthiere. II. 37 GozseL legt das Hauptgewicht auf die längere Erhaltung des Was- sers in den Wassersäcken. Dafür fehlt eben der Nachweis. Er sagt zwar: »Es sind dieselben vor sehr rascher Verdunstung dieses Wassers (Thau, Herbstnebel) einigermaßen durch ihre Lage unter den Ober- lappen der Blätter, zwischen diesen und dem Stamme, geschützt, und ohne Zweifel wird ein Theil dieses Wassers (und der darin gelösten Stoffe) von der Pflanze aufgenommen, während ein anderer, — wohl der größere — verdunstet.« Wir vermissen aber jede exakte Beobach- tung darüber. In wie fern die Oberlappen einen Schutz gegen das allzu rasche Verdunsten des Wassers in den Wassersäcken gewähren, wäre nachzuweisen, indem man die Zeitunterschiede feststellte, welche bestehen zwischen der gänzlichen Eintrocknung eines Moosstämmchen, dem die Oberblätter genommen sind, und eines unverletzten. Es wäre übrigens eigentlich eine ungewöhnliche Art der Ausbildung eines Wasserspeichers. Sonst treffen wir in wasserspeichernden Organen sogenannte Wassergewebe, die hier mangeln, und zudem vermissen wir die Schutzeinrichtungen zur Einschränkung der Transspiration. Die enge Öffnung der Kappen wird als eine solche Einrichtung nicht leicht zu preisen sein, da eben diese Eigenthümlichkeit das Austreiben der Luft erheblich erschwert, also selbst wieder ungünstig wirkt. Der genannte Botaniker nimmt an, dass die Räderthiere nichts suchen als einen Schlupfwinkel, »möglich ist es ja, dass die Thiere auch von dem von den Blattohren bei der Assimilation ausgeschiedenen Sauerstoff profitiren, und ihrerseits den Blattohren irgend einen kleinen Vortheil bringen. Aber Tausende von Blattohren sind auch ohne Rota- torien und gedeihen eben so gut«. Welcher kleine Vortheil den Blatt- ohren zugestanden wird, wird nicht ausgeführt. Dass Tausende von Blattohren ohne Rotatorien sind, und eben so gut gedeihen, mag richtig sein, es wird aber ein wichtiges Moment verschwiegen, nämlich wie viele Tausende von Blattohren zwischen diesen unbewohnten bewohnt sind, und eben so wird übersehen, dass die Räderthiere nicht festge- wachsen sind, sondern nach Belieben wandern — ich nenne sie dess- halb »freie Raumparasiten« — und andere Kappen als Wohnplätze auf- suchen. Namentlich werden immer die alten chlorophylifreien (in der Jugend jedoch bewohnten) Kappen später sorgfältig gemieden. Darauf, dass es unausgesprochen ist, ob unter den »Tausenden« von unbe- wohnten Kappen nur frische chlorophyllhaltige oder auch die stets von den Räderthieren verlassenen großen Ohren sich befinden, ließe sich entgegnen, dass bei der Wanderung der Räderthiere bald dieser, bald jener Kappe der fragliche Vortheil zu Gute kommen könne. Besonders wendet sich GoEBEL gegen meine Vermuthung, dass die 38 Carl Zelinka, Räderthiere der Pflanze dadurch Nutzen bringen könnten, dass sie alle kleinere Pflanzenorganismen einzusaugen bestimmt wären, bevor sie sich als Raumparasiten oder Schmarotzer niederzulassen Gelegenheit hätten. Ob Nostoc dabei eine hervorragende Rolle spiele, das zu ent- scheiden stellte ich weiteren Untersuchungen anheim!. Es ist aber wohl unzweifelhaft, dass die vielen Räderthiere, welche mit ihren Räderorganen weit (sogar über die nächsten Kappen) reichende Ring- wirbel im Wasser erzeugen und von allen Seiten die im Wasser schwimmenden Körperchen heranziehen, ungezählte Mengen kleiner Organismen verzehren, und dass die unter denselben befindlichen Keime von Algen und Pilzen dadurch vernichtet und unschädlich ge- macht werden. Es war mein Ausdruck » Sicherheitspolizei« also durch- aus nicht so aus der Luft gegriffen, dass GoesBEL die Berechtigung gefunden hätte, ihn »als einen haltlosen Ausfluss moderner Zweck- mäßigkeitshascherei « zu bezeichnen. Ja, Kerner? geht noch weiter als ich und erklärt die Räderthiere als direkt nützlich für die Pflanze, während ich nur einen indirekten Vortheil vermuthete. Er sagt, »die lebenden, im Schwemmwasser enthaltenen Organismen können von der Frullania nicht sofort als Nahrung benutzt werden, was aber unmittelbar nicht möglich ist, geschieht mittelbar. Die in den kappen- förmigen Amphigastrien steckenden Räderthierchen (Callidina sym- biotica) ernähren sich von den im Schwemmwasser enthaltenen Infu- sorien, Sporen, Pollenzellen und anderen organischen Splittern, schei- den ihre Exkremente in die Amphigastrien aus, und dieser flüssige Dünger wird nun von der Frullania als Nahrung aufgenommen.« Diese Erklärung wird GozseL vielleicht mehr zusagen, da er ausdrücklich die Kappen als Organe bezeichnet, welche Wasser und die darin gelösten Stoffe an die Pflanze abzugeben bestimmt sind. GozseL fährt nun in seiner Polemik fort: »Denn auch wo die Rotatorien fehlen, fehlt Nostoc (und andere ‚Algen‘®).« Diesen Grund hätte GozseL besser weggelassen, weil er unlogisch ist, da das Vorkommen oder Fehlen von Nostoc auch an anderen Stellen nie ein Beweis sein kann, dass die Räderthiere keinen Nostoe verzehren. Was Anderes ist es, wenn darauf ausgeführt wird, dass in den näher bekannten Fällen Nostoe nicht in beliebige, sondern 1 p.54 der Sep.meiner Arbeit über Call. symbiotica (Nostoc war aber nur eines meiner Beispiele). ? A. v. Kerner, Pflanzenleben. Leipzig 1894. Bd. II. p. 628. 3 Durch dieses Citat soll wohl die Andeutung gemacht werden, dass es unstatt- haft sei, die Cyanophyceen zu den Algen zu rechnen. GoEBEL dürften wohl Hand- bücher hervorragender Botaniker bekannt sein, in welchen diese »Protophyten« den Algen beigezählt sind. Übrigens ist die systematische Stellung dieser Schizophy- ten für unsere Frage ganz nebensächlich und daher diese Andeutung überflüssig. Studien über Räderthiere. II. 39 nur mit schleimerfüllte Hohlräume eindringt, und dies bei den Blatt- ohren der Lebermoose nicht der Fall sein soll. Dies wäre allerdings ein annehmbarer Grund dafür, dass die Räderthiere und Nostoe in keiner engen Beziehung stehen können. Doch scheint mir hierbei auf die dem Ohre zugehörige »schleimabsondernde« Drüse des Stylus auri- eulae dieser Moose keine Rücksicht genommen zu sein. Auch dürfte dieser Satz, dass Nostoc nur schleimerfüllte Hohlräume aufsuche, noch nicht so ganz sicher sein. Wir wissen wenigstens, dass bei Azolla, einer Gattung der Rhizocarpeen, der obere Lappen eine große Höh- lung besitzt, welche immer mit Nostoc (Anabaena Azollae) erfüllt ist!. Von einer Schleimabsonderung in dieser Höhle ist bisher noch nichts bekannt. Für Azolla hat nach Strasssurger Nostoc eine ge- wisse Bedeutung im günstigen Sinne und soll den Blättern in der Assi- milation behilflich sein »und somit in gewisser Weise eine ähnliche Rolle in denselben wie im Inneren des Flechtenthallus spielen?! (Für die Lebermoose wird jedoch Nostoc lichenoides als ein schädlicher Eindringling bezeichnet, im Anschlusse an Jawczewsk1?.) Ich habe aber übrigens schon angedeutet, dass ich bei Anwendung des drastischen Begriffes » Sicherheitspolizei« nicht an Nostoc allein gedacht, sondern überhaupt von pflanzlichen Organismen gesprochen habe. Endlich findet sich noch eine Stelle, „übrigens sind die Rotatorien, welche die einheimischen Lebermoose bewohnen, wie mir mein Kollege GREEFF mittheilt, keineswegs auf die letzteren beschränkt, womit also die Annahme einer ‚Symbiose‘ eine weitere Stütze verliert«. Unter diesen Rotatorien können nur Gallidina symbiotica und Leit- gebii gemeint sein. Gallidina Leitgebii habe ich noch niemals wo anders als auf den betreffenden Lebermoosen gefunden. Callidinasymbiotica kann man auch, jedoch nur vereinzelt, an anderen Orten finden. Es kann dies uns nicht überraschen, wenn wir beachten, dass diese Thiere freie Raumparasiten sind, welche auf ihren Wanderungen leicht auf andere Moose gelangen oder passiv durch heftigere Wasserströmungen dahin geführt werden können!. Wieso das Vorkommen an anderen Stellen 1 E. STRASSBURGER, »Botan. Practicum«. p. 344. 1847. 2 E. STRASSBURGER, »Über Azolla«. p. 40, 1873. 3 Botan. Zeitung. 1872. Nr. 5. 4 Ob die von Eckstein (Zool. Anz. Nr. 290, 1888) angeführte Callidina auf Fon- tinalis antipyretica L. aus der Umgegend von Gießen wirklich die Call. symbiotica ist, kann nicht sicher angegeben werden, EckstEın kann nichts für diese Annahme anführen, als dass Farbe und Form des kontrahirten Thieres mit meiner Callidina übereinstimmt. Dies ist zu wenig, da, wie ich bemerken will, noch zwei der Call. u symbiotica in Farbe und im kontrahirten Zustande ähnliche Räderthiere, die Call. 40 Carl Zelinka, gegen die Annahme einer Symbiose sprechen soll, ist also nicht ersicht- lich, und wäre es auch dann nicht, wenn Gallidina symbiotica viel häufiger andere Moosrasen bevölkerte, da es sich dann einfach um eine fakultative Symbiose mit fakultativen Vortheilen von beiden Seiten handeln würde. Callidinen giebt es allerdings die schwere Menge auf allen Moos- rasen, doch sind es zahlreiche andere Species, welche die Bevölkerung derselben ausmachen, und da an beliebigen Stellen sich aufhalten. Das Charakteristische an unseren Thieren ist, dass sie sich regelmäßig an den erwähnten Lebermoosen, und daselbst an ganz bestimmten Stellen finden, welches Verhalten den Gedanken an eine Symbiose rechtfertigt. Die Regelmäßigkeit dieses Vorkommens ist am besten dadurch dargelegt, dass, so weit meine eigenen Erfahrungen reichen, und ich durch Mit- theilungen Anderer weiß, dieses Zusammenleben für Gebiete wie Österreich, Deutschland, Schweiz, Italien und England sicher gestellt ist. Wir können nach Allem als gesichert betrachten, dass der Raum- parasitismus der Gallidina Leitgebii und symbiotica ein regelmäßiger und von Wechselbeziehungen begleiteter ist, welche in gegenseitig gewährten Vortheilen ihren Ausdruck finden. Die Räderthiere erlangen außer sicheren Wohnungen noch den Vortheil einer Sauerstoffquelle und bewahren die Wirthe, indem sie alle in die Nähe kommenden kleinen Organismen durch den Wasserstrudel in den Mund ziehen und verzehren, höchst wahrscheinlich vor Ansiedelung von Schmarotzern und schädlichen Raumparasiten. Nach Kerner nützen sie direkt durch Abgabe ihrer Exkremente in die Kappen. Diese Symbiose zwischen einer Pflanze und einem Thiere wäre ja nichts Alleinstehendes. Wir kennen auch andere solche Fälle. Ich brauche nur an die interessanten Wechselbeziehungen zwischen Pflan- zen und Arneisen zu erinnern, welche in neuerer Zeit von ScHimPpEr! so anschaulich geschildert worden sind. Hier bietet die Pflanze den Amei- sen Wohnung, welche sich diese jedoch erst eröffnen müssen, und in den Mürzer’schen Körperchen das tägliche Brot, die Ameisen gewähren der Pflanze Schutz vor verheerenden Feinden. Die von mir angenom- mene Symbiose zwischen GCallidinen und Lebermoosen bewegt sich bei Weitem nicht in so wunderbarem Rahmen. Über die Entstehungsursache der Kappen können wir nur Ver- rediviva Ehr. und eine zweite neue Art, welche ich bei späterer Gelegenheit be- schreiben werde, sich an allen möglichen Orten umhertreiben. 1 A. F. W. Scuiınper, »Die Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen und Amei- sen im tropischen Amerika. Jena 1888. Studien über Räderthiere. Ill. 41 muthungen hegen. Die Gozser’sche Ansicht über ihre Aufgabe der Wasserspeicherung ist dermalen durch keinen ausreichenden Beweis gestützt, so dass diesbezüglich Vermuthung gegen Vermuthung steht. Um so mehr gehen die Einwürfe Gosser’s und die Art derselben weit über die Grenzen einer berechtigten Kritik hinaus. Wenn die wirk- lichen Ursachen der Kappenbildung und ihr jetziger Zweck, welche zwei verschiedene Dinge sein können, durch hinreichende Gründe dar- gelegt sein werden, werde ich sie bereitwillig anerkennen und mich freuen, durch Aufstellung meiner Vermuthungen eine Anregung zur Lösung dieser Fragen gegeben zu haben. Vielleicht können bei der Lösung obiger Fragen einige Lebermoose berücksichtigt werden, von welchen sich ein Paar dadurch auszeich- nen, dass ohrartige Gebilde nur stellenweise vorkommen, an anderen Stellen theils gar nicht, theils in nur geringem Grade ausgebildet sind, und dass an ihnen ebenfalls Gallidinen leben. Es handelt sich hier hauptsächlich um Pflanzen, welche brasiliani- schen Ursprunges sind, und welche ich durch die Güte des Herrn Fritz Mürter in Blumenau zugesandt erhielt, wofür ich meinen besten Dank ausspreche. Die Bestimmung dieser brasilianischen Lebermoose hat Herr F. Steruanı, Leipzig freundlichst durchgeführt. Für den Zoologen haben sie außer den biologischen Verhältnissen noch dies Interesse, dass die auf ihnen lebenden Räderthiere bisher unbekannte Species sind. Sämmtliche sechs Lebermoose, welche in Betracht kommen sollen, sind Epiphyten und waren auf Blättern von Piper, zwei Aroideenarten und einem Farne zu finden. Alle gehören der Gattung Lejeunia an. 1) Lejeunia cuneatal.u.L. (Fig. 110, 40fache Vergrößerung). Die Oberlappen sind leicht gewölbt, länglich oval mit einer schwachen Ein- ziehung am hinteren Rande. Die Unterlappen sind parallel zu den Ober- lappen umgeschlagen und besitzen eine bemerkenswerthe Vorwölbung an der Basis. An dem Rande über dem Eingang zur so gebildeten Höhle sitzt der Stylus auriculae. Die Hohlräume sind mit Räderthieren besetzt. 2) Lejeunia flava $Sw. (Fig. 125, A0fache Vergrößerung). Ober- lappen unregelmäßig oval, die Unterlappen sind so gegen die Ober- -lappen gerollt, dass sie einen Conus bilden, dessen Basis dem Stämm- chen ansitzt. Die Spitze des Kegels hat eine kleine Öffnung. Die Pflanze besitzt relativ große Amphigastrien mit dreieckigem Ausschnitte am vorderen Ende. Trotz der geringen Größe des Hohlraumes und der engen Öffnung beherbergen die Säckchen häufig sogar zwei Räderthiere. ‚ "Stylus aurieulae außen nicht sichtbar. 42 Carl Zelinka, 3) Lejeunia pellueidaM. (Fig. 118, 40fache Vergrößerung). Ist die größte der untersuchten Arten. Die Oberlappen sind fast regel- mäßig oval und haben nur am Hinterrande eine schwache Einziehung. Die Unterlappen sind ähnlich gegen die ersteren umgeschlagen, wie bei L. euneata L. u. L., und mit einer Wölbung versehen, haben jedoch eine andere Form, indem der Außenrand lang verlaufend in den Hinter- rand des Oberlappens übergeht. Der Stylus auriculae ist in der Mitte dieses Außenrandes als ein sehr spitzes langes Zäpfchen zu sehen. Die Amphigastrien sind in zwei stark divergirende spitze Zipfel getheilt. Die vorstehenden drei Moosarten unterscheiden sich darin gar nicht von Frullania dilatata, dass alle Blattunterlappen zur Bildung von Hohl- räumen verwendet sind.- Anders ist dies mit den folgenden drei Spe- cies, welche die interessante Thatsache zeigen, dass die Bildung solcher Höhlungen entweder unterblieben oder vielleicht noch nicht vollendet ist. Die Räderthiere bewohnen häufig zu dreien und vieren die Hohl- räume. 4) Lejeunia lanceolata G. (Fig. 116, 40fache Vergrößerung). Wie man durch Vergleichung mit den früheren Figuren erkennt, ein sehr kleines Pflänzchen mit schmalen, spitz zulaufenden Blättern. Zwischen den ganz unveränderten Blättern stehen, mit- unter häufig, aber immer zerstreut, mitunter selten, solche, welche an derBasis ein Tönnchen zeigen. Fig. 112 zeigt ein Stück eines Stammes bei 250facher Vergrößerung. Wir sehen daran zwei einfache Blätter mit einer schwachen Andeutung eines Unter- lappens, welcher mit dem Oberlappen eine Grube einschließt. An seinem freien Rande befindet sich eine zahnartig vorspringende Zelle, welche wohl der schleimabsondernden Papille des Stylus auriculae entspricht. Die Tonne kommt durch Einrollung dieses Randes zu Stande (Fig. 114). Der Unterlappen ist so weit gerollt, dass er an den Oberlappen dicht anschließt. Der Innenraum ist bis auf eine gegen die Blattspitze sehende tunnelartige Öffnung vollkommen abgeschlossen. Die aus der Knospe kommenden Blätter sind, so viel ich sah, ohne Ein- rollung an der Basis. Die Amphigastrien sind halbmondförmig ausge- schweift und bestehen an den seitlichen Zipfeln nur aus einer Zellreihe. Räderthiere können bis zu drei Stück in einer Tonne gefunden werden. 5) Lejeunia adpressa Nees. (?) (Fig. 147, 0 fache Vergrößerung). Ein kleines Pflänzchen mit breit dreieckigen Blättern, welche von sehr verschiedener Größe sind und mit dem schmalen Theile am Stengel sitzen. An Fig. 119 (140fache Vergrößerung) kann man sehen, dass an den einfachen Blättern nur eine geringe Andeutung eines Unterlappens mit einem zweizelligen Stylus vorhanden ist. Der etwas aufgewulstete Studien über Räderthiere. III. 43 Unterlappen bildet mit demOberlappen und dem Stamme ein Grübchen. _ Ohrartige Umbildungen sind nur zerstreut zu finden und es giebt ganze Strecken, an welchen sie umsonst gesucht werden. Das links liegende Blatt der Fig. 419 besitzt eine solche kappenartige Bildung. Der Unter- lappen ist ähnlich gegen den Oberlappen umgeschlagen, wie in Fig. 110, jedoch steht der Stylus an der Ecke der Kappe und ist gleichzeitig mit dem Vorderrande gegen den Oberlappen gedrückt, während an der äußeren Seite ein Eingang zu dem gewölbten Hohlraume offen gelassen ist. Die Amphigastrien sind sehr klein und nicht breiter als der Stamm. In den Höhlungen fand ich in der Regel nur ein Räderthier. 6) LejeuniaellipticaL.u.L. (Fig. 120, 40 fache Vergrößerung). Dieses zierliche Pflänzchen ist mit schmalen, oft spitz eiförmigen Blättern geziert. Die mir untergekommenen zeichneten sich durch braune Farbe aus. Alle Blätter haben Unterlappen, jedoch in verschiedenen Stufen der Größe und Einrollung. Blätter mit größeren Hohlräumen sind unter solchen mit kleineren zerstreut. Die Kappen sind fast von cylindrischer Form. Auch hier enthält ein Hohlraum nur ein Räderthier. Was die letzteren Moose interessant macht, ist der Umstand, dass die Kappenbildung nur eine vereinzelte ist. Da sie mit den anderen Lejeunien an denselben Blättern dicht neben einander leben, also unter gleichen Lebensbedingungen existiren, so würde eine Erklärung dahin gehend, dass übergroße Feuchtigkeit die Bildung dieser Wassersäcke überflüssig machte, die Frage anregen, warum dann die ersteren Moose ganz regelmäßig ihre Wassersäcke beibehalten und nicht ebenfalls ' rückgebildet haben. Ein weiterer Umstand, welcher zur Aufmerksam- keit anregt, ist der, warum bei den kleinen Formen die ausgebildeten Kappen relativ größer sind als bei den großen Lejeunien, so dass der Raum immerhin noch für ein Räderthier ausreicht. Endlich steht die { Lejeunia elliptica mit ihren halb ausgewachsenen Kappen in so fern im , Vordergrunde, als sie die Wandlung eines Organs, vielleicht sein I Werden oder sein Vergehen, zu zeigen scheint. Leider konnte ich keine diesbezüglichen Studien anstellen. An- - fügen möchte ich noch, dass auch bei der einheimischen Jungerman- I nia Mülleri Einrollungen der Blätter vorkommen. Dasalen betrefien F aber nicht den Unterlappen allein, sondern auch einen Theil des Ober- < Be pers. In den Höhlungen allen Räderthiere (Fig. 113). Die Räderthiere konnte ich nach der in einem Briefe über die Linie - zurückgelegten Reise nicht mehr zum Leben erwecken, obwohl ich ver- schiedene Versuche anstellte und sie durch kaltes, durch warmes Wasser zu reizen suchte und sie längere Zeit in wärmerer, der mittleren Tempe- ratur Blumenaus angepassten Luft mit verschiedenen Feuchtigkeitsgraden 44 Carl Zelinka, hielt. So viel konnte ich feststellen, dass sie Gallidinen sind, welche von den bisher bekannten in der Form der Kiefer so beträchtlich ab- weichen, dass eine Wiedererkennung jederzeit möglich ist. Auch ihr innerer Bau war an geblähten Exemplaren zu studiren. Eine vollständige Erkenntnis ihrer Anatomie wird erst durch ergänzende Untersuchung an lebenden und zweckdienlich konservirten Objekten möglich sein. Es sind 3 Species von mir gefunden worden. 1) Gallidina Mülleri n. sp., welche ich nach Frırz MüLLer so benenne, ist ausgezeichnet durch die ockergelbe Farbe des Plasmas, des Räderorgans, Pharynx, Gehirns und der Speicheldrüsen, durch die blassgelbe Färbung des Darmes und die Form der Kiefer. Dieselber sind sehr schmal (Fig. 124), 0,01 mm lang, und von der abgebildeten charakteristischen Form. Das Verhältnis von Länge und Breite ist 3,5: 1. Am äußeren Rande läuft zwischen zwei verdickten Streifen eine Furche herab, welche als Muskelansatzstelle dient. Die Zahnformel ist = die von den Zähnen freigelassene Fläche ist mit Leisten besetzt, welche in der Nachbarschaft der Zähne stärker sind und weiter aus einander stehen als an den Enden. 2) Gallidina Holzingeri!n. sp. ist die häufigste der drei For- men. Sie bewohnt vornehmlich die großen Lejeunien und findet sich oft in mehreren, bis zu vier Stücken in den Kappen. Die hervor- stechendste Farbe ist die des Darmes, welcher orangeroth ist. Die vorderen Partien des Körpers sind nur schwach röthlich gefärbt. Im Hinterdarm fanden sich pflanzliche Reste mit grünem Farbstoffe. Sehr interessant ist, dass an diesen Formen vierKerne im Dotterstocke gefunden werden konnten. Die Kiefer sind sehr breit (Fig. 132) und relativ kurz und bieten desshalb ein charakteristisches Bild. Ihre Länge ist 0,0125—0,0138 mm, ihre Breite 0,0063—0,0075 mm, das gegen- seitige Verhältnis rund 2:4. An ihren Außenrändern läuft eine ähnliche Furche herab wie bei GCallidina Mülleri, nur greift sie auch auf die vorderen Ränder über und wird desshalb halbkreisförmig, während sie bei Call. Mülleri gerade verläuft. Die Zahnformel schwankt zwischen 2 2 a und 3° 3) CGallidina Lejeuniae n. sp. Ein farbloses Thier, das ich nur im kontrahirten Zustande sah. Seine Kiefer (Fig. 131) sind etwa wappenschildförmig, am spitzen Ende stark gekrümmt, am stumpfen Ende stark verbreitert, in der Mitte mit eingezogenem Außenrande. 1 Ich erlaube mir diese Form nach meinem verehrten Freunde, dem Licheno- logen Dr. J. B. Horzınger zu benennen. Studien über Räderthiere. II. 45 Einer Länge von 0,0175 mm steht eine Breite von 0,005 mm, gemessen am breiten Ende, gegenüber (Verhältnis 3,5: 4). An den Zähnen misst die Breite 0,0044 mm. An den Außenrändern springen flügelartige Lamellen vor, deren freier Rand halbkreisförmig ist, so dass mit Ein- bezug dieser Lamellen die Kiefer annähernd einer kreisförmigen Platte gleich kämen. Die Funktion der ersteren ist in dem Muskelansatze zu suchen. Gallid. constrieta Dujard. hat ähnlich vorspringende Lamellen und ähnlich geformte Kiefer, jedoch sind die letzteren daselbst kürzer und das Verhältnis von Länge und Breite 2,5 :1, auch sind die Lamellen nicht so breit und nicht halbkreisförmig, sondern selbst wieder ein- gebuchtet. Da ich das Räderorgan der vorliegenden Form nicht unter- suchen konnte, kann ich die Möglichkeit nicht außer Acht lassen, dass Gall. Lejeuniae der Gall. constricta sehr nahe stehen und eventuell in das Variationsgebiet derselben fallen könnte. Dies wäre sehr leicht an einem lebenden Exemplare zu entscheiden, denn Gallid. constricta, deren Totallänge 0,32 mm beträgt, ist sofort an der Eigen- thümlichkeit des Räderorgans zu erkennen. Die beiden Lappen des Räderorgans sind so klein, dass sie nicht über den Seitenrand des Mundes hinausragen, und stehen so eng an einander, dass sie in der Mittellinie dicht an einander stoßen. Die Zahnformel für Gall. Le- 53:16 Dann Zum Schlusse dieses Kapitels möchte ich einige Worte über die Lebensdauer und Lebenszähigkeit gewisser Räderthiere anfügen. Der letzte Beobachter darüber, PrAtz, giebt hinsichtlich der Gall. magna an, dass sie im Wasser nur eine beschränkte Zeit zu verweilen ver- möge und von Zeit zu Zeit eintrocknen müsse, um ihre Lebenskraft un- geschwächt zu erhalten. Er fand, dass dieses Räderthier, wenn das Moos sehr dürr war, im Wasser innerhalb vier Tagen starb, wenn jedoch das Moos in einer Jahreszeit, in der häufig Regen gefallen war, ge- sammelt wurde, so trat das Absterben aller Thiere erst am vierten bis sechsten Tage ein. Daraus schloss der Untersucher, »dass 1) die Galli- dina magna und viele, sehr wahrscheinlich fast alle Philodiniden der ‘ Moosfauna, einen längeren Aufenthalt im Wasser nicht zu ertragen ver- mögen, obwohl dieses ihr eigentlichstes Lebenselement darstellt; 2) sich die schädlichen Einflüsse des Wasserlebens auf diese Thiere um so rascher geltend machen, je länger der demselben vorhergehende _ Trockenzustand gewährt hat und je vollständiger er gewesen ist«. Diesen beiden Sätzen, welche von der weitgreifenden Voraussetzung ausgehen, dass die Philodiniden der Moosfauna einen längeren Wasser- _ aufenthalt nicht vertragen können, kann ich nicht zustimmen, da meine jeuniae ist 5 für Gallidina constricta 46 Carl Zelinka, Erfahrungen mich eines Anderen belehrten. Die Gallidina lutea, russeola und andere lebten in flachen Glasschalen mit Algen versehen und gut zugedeckt von Anfang Februar bis Anfang Juli vorigen Jahres, um welche Zeit ich äußerer Gründe wegen die Beobachtung einstellte, ununterbrochen und unter steter Kontrolle, nachdem sie aus wochen- lang getrocknetem Moose genommen waren. Vor Allem möchte ich dem Einwurfe, es seien dabei vielleicht viele Generationen im Spiele ge- wesen, von vorn hinein damit begegnen, dass ich mittheile, dass die Schalen täglich durchgesehen und die gelegten Eier zu meinen ent- wicklungsgeschichtlichen Studien benutzt wurden. Zudem können bei einer bestimmten Zahl von Räderthieren, deren Vorhandensein täglich festgestellt wird, nicht junge Exemplare übersehen oder für alte ge- halten werden. Auch mit täglichem Wasserwechsel konnten ähnliche Ergebnisse erzielt werden. Meine Beobachtungen ergeben, dass die betreffenden Callidinen also nicht nur einen längeren Wasseraufenthalt ganz gut vertragen, sondern auch eine viel längere Lebensdauer über- haupt haben, als man bisher annahm. i Dass ein Vertrocknen und langes Verharren in diesem Zustande jedoch nicht günstig auf die Lebensfähigkeit einwirken wird, erscheint mir ganz plausibel, eine Erklärung liegt eben darin, dass das Wasser ihr eigentlichstes Element ist und ein längeres Entbehren desselben ihre Organisation schwächen wird. Wenigstens ich konnte erfahren, dass nach langen mehrmonatlichen Perioden von Trockenheit nicht alle Individuen von Callidina symbiotica wieder erwachten. (Dass es mir nicht gelang, die brasilianischen Gallidinen wieder zum Leben zu erwecken, könnte man auch anderen Ursachen, als der Eintrocknung allein zuschreiben.) Weit günstiger verhielten sich allerdings die Callidinen, welche Kerner! nach fünf Jahre dauernder Trockenheit auf Frullania dilatata untersuchte. Er fand nach Wasserzusatz alle Individuen lebendig. Ob genau auf die kontrahirt bleibenden geachtet und die Zahlenverhältnisse zwischen Todten und wieder Erwachenden konstatirt wurden, ist nach dieser Angabe nicht ersichtlich. Ja Preyrr?2 kommt zu dem Schlusse, dass Räderthiere an Nahrungsmangel, Kälte, Wärme und Wassermangel sich gewöhnen können, nur die Luftleere erweise sich als tödtend. Er nimmt die Anabiose dieser Thiere und einiger Anderer als bewiesen an und führt Beispiele an, welche besagen, dass im Maximum sogar eine 27 Jahre dauernde Trockenheit sich nicht schädlich erwies. Auf zwei Gründe der Konfusion, welche bisher hinsichtlich der 1 A. v. Kerner, Pflanzenleben. Leipzig 1894. Bd. II. p. 628. Anm. 2 W. PrEvER, Über die Anabiose. Biol. Centralbl. Bd. XI. Nr. 4. 4894. p.1—5. Studien üher Bäderthiere. III. 47 Wiederbelebungsfähigkeit der Räderthiere eine klare Erkenntnis ver- hinderte, hat schon PıAtTE hingewiesen. Man hat die Ergebnisse der Versuche mit reinen Wasserbewohnern und reinen Moosbewohnern zu- sammengeworfen und ferner war die systematische Bestimmung der Thiere in vielen Fällen sicherlich eine unrichtige. Pıare lässt nur die Moosbewohner der Eintrocknung widerstehen. Nichtsdestoweniger glaube ich, dass es voreilig wäre, jetzt schon zu behaupten, dass nur die Moosbewohner die Eintrocknung vertrügen. Dass dies bei letzteren der Fall ist, ist längst als gesichert anzusehen, wie ich entgegen der von ZacHArIss! vertretenen gegentheiligen Ansicht festhalten muss. ZacHarıs glaubt die richtige Erklärung für das scheinbare Aufleben von Räderthieren und Bärthierchen in angefeuchtetem Moose (oder in mit Wasser übergossenem Dachrinnensand) gefunden zu haben. Er traf in einer Höhlung einer Granitplatte, welche sich mit Regenwasser füllte und bei schönem Wetter in Maximum sechs Tage mit Wasser versehen blieb, eine Varietät der Philodina roseola. Sie starb auf dem Objektträger beim Eintrocknen ab, die Eier blieben jedoch erhalten und schlüpften in Uhrschälchen nach zehn Tagen aus. Wenn das Wasser imVerdunsten war und noch für drei bis vier Tage reichte, kontrahirten sich Philodinen im Bodensatze und umgaben sich mit einer durch- scheinenden Hülle. Es wurde nicht untersucht, ob sie nach dem Aus- trocknen wieder auflebten. Daraus schloss ZacHarIas: »Von einer eigentlichen Fauna rediviva kann im vorliegenden Falle aber nach alle- dem nicht die Rede sein«, sondern nur von einer Anpassung der Eier. Zur Berechtigung eines solchen Schlusses fehlt die Beantwortung mehrerer Fragen. Wir wissen nicht, ob die Eier dieser Species sich auch im trockenen Zustande weiter entwickeln, wenn nicht, in welcher Zeit nach dem Bewässern der Höhlung Räderthiere überhaupt an- ‚ getroffen werden, wenn aber auch trockene Eier sich entwickeln, nach $ welcher Zeit Philodinen im erwachsenen Zustande in dem Wasser auf- treten. Nach diesen Fragen könnte man entscheiden, ob die Eier wirk- h; lich allein die Bevölkerung in der nächsten Regenperiode liefern können oder nicht. Da der Zeitraum der Wasserfüllung nur sechs Tage, bei trockenem, windigem Wetter jedoch nur zwei bis drei Tage umfasste, jedoch auffallend große Thiere diesen Tümpel bewohnten, so scheint “eine alleinige Neubevölkerung durch Eier unmöglich, denn wenn auch die Eier sich trocken entwickeln sollten, so müsste man Anfangs nur ganz | junge kleine Philodinen finden und ein sofortiges enormes Wachs- _ thum annehmen müssen. Vielmehr scheinen mir die erwähnten Zu 5. 1 Biol. Gentralbl. Bd. VI. p. 230—235. 1886, 48 Carı Zelinka, hirten Thiere mit der Gallerthülle zur Beantwortung der Frage heranzu- ziehen zu sein. Sie erinnern ganz an die von Cusıtt, Davıs und Hunson ! festgestellte Thatsache, dass Philodiniden beim Austrocknen eine schützende Gallertsehicht um sich abscheiden und beim Wieder- befeuchten zu neuem Leben erwachen. Um so weniger können aber die zweifelhaften Ergebnisse von ZacHaruas eine Entscheidung für die Frage des Wiederauflebens bei Moosbewohnern abgeben, da bei diesen sofort nach dem Befeuchten die erwachsenen Callidinen umherkriechen und ihr Räderorgan entfalten. So viel steht sicher, dass eine Verallgemeinerung eines bei einer Form gefundenen Ergebnisses unstatthaft ist und dass man als End- ergebnis die Nöthigung finden dürfte, für jede einzelne Species fest- zustellen, ob sie der Austrocknung widersteht. Dermalen sind die moosbewohnenden Gallidinen und die wasserbewohnende Philodina roseola als anabiotisch anzusehen. Ferner ist festgestellt, dass gewisse Callidinen lange Zeit im Wasser zu leben vermögen, auch wenn sie vorher ausgetrocknet waren. Andere scheinen nach Pıarz bald abzu- sterben, doch ist ein Abschluss der Meinungen über letzteren Punkt noch nicht möglich. Ob die Athmung daran Schuld sei, dass der Trocken- zustand nachtheilig wirke, wie Prare angiebt, dass nämlich die Athmung während dieser Periode einen Kohlenstoffverlust herbeiführe, dürfte nicht so ohne Weiteres anzunehmen sein, da wir andererseits wissen, dass in analogen Fällen, im Winterschlafe, nach Varznrin die CO,-Ab- gabe auf 1/,,, die O-Aufnahme auf !/,, des Betrages im wachen Zustande sinkt, so dass weniger CO, abgegeben als O aufgenommen wird, und sogar ein Steigen des Körpergewichtes durch das Mehr an O eintreten kann. III. Entwicklungsgeschichtlicher Theil. A. Callidina. DasEi von Gallidina russeola sowie vonCallidina lutea zeich- net sich durch seine Größe und verhältnismäßig bedeutende Durchsich- tigkeit aus. Allerdings giebt es keine durchgängige Gleichheit in den Dimensionen der Eier, sondern dieselben verhalten sich gerade pro- portional dem Alter und der Größe des Mutterthieres, aber auch bei jüngeren Individuen sind die Eier noch von auffallender Größe und können leicht im Moose aufgefunden werden. Man kann sich die- selben verschaffen, indem man in Wasser aufgeweichtes Dachmoos gut ausschüttelt und mit schwacher Vergrößerung den so erhaltenen ! Journ. R. Micr. Soc. S. II. Bd. VI. p. 79. 1886. (Philodina roseola.) Studien über Räderthiere. III. 49 Detritus durchmustert. Noch sicherer ist es, die Callidinen, welche der Eireife nahe sind, herauszufangen und in Glasdöschen bis zur Eiablage aufzubewahren. Dieses Verfahren hat den nicht zu unterschätzenden Vortheil, dass die Eier um Vieles reiner erhalten bleiben, indem sonst die ungemein klebrige Oberfläche der Eihaut meist mit Schmutztheil- chen bedeckt ist, welche die Untersuchung oft unmöglich machen. Jedoch auch im ersteren Falle ist man häufig der Eventualität ausge- setzt, durch nachträglich sich festhaftende Fremdkörper einen un- durchsichtigen Schleier über das Objekt sich breiten zu sehen. Dass die Klebrigkeit der Eihaut auch das Rollen des Eies in lästiger Weise verhindern kann, sei erwähnt. Doch werden diese Schwierigkeiten aufgewogen durch den Vortheil, welcher darin liegt, dass diese Eier vermöge ihrer Größe nach der Untersuchung in frischem Wasser auf- bewahrt und bei Wasserwechsel bis zum Ausschlüpfen am Leben er- halten und somit zu beliebig wiederholter Beobachtung herangezogen werden können. Die nachstehenden Beschreibungen sind auch nur nach solchen Eiern gemacht worden, durch deren endliches Aus- schlüpfen die Überzeugung von dem normalen Entwicklungsgang ge- wonnen wurde, wofern sie nicht konservirt und geschnitten wurden. Die Dauer der Entwicklung ist eine sehr lange. C. PEREYASLAwzEwA ! giebt von Rotifer inflatus eine Entwicklungszeit von drei Tagen an, vom Beginn der Furchung bis zum Verlassen der Eischale gerechnet. Bei K. Eckstein? finden wir die allgemein gehaltene Angabe, dass man die Zeit, welche vom Moment des Legens bis zum Ausschlüpfen des Thieres verfließt, auf ungefähr ein bis zwei Tage wird angeben können. Nach Barroıs verstreicht bei Pedalion zwischen Eiablage und Aus- schlüpfen kaum ein Tag. CGonn? giebt für die Dauer der Entwicklung bei Hydatina senta 12 Stunden an, dessgleichen Enrengere! (12—A 4 Stunden), die kürzeste Dauer, welche bisher beobachtet wurde. Etwas größeren Spielraum lässt Weisse 5, indem er dafür hält, dass die Räder- ' thiere im Ganzen eine ziemlich langsame Entwicklung besäßen. Bei Floscularia ornata giebt er 7 Tage als Entwicklungsdauer, vom Legen des Eies bis zum Ausschlüpfen an. ‘= 1 Development of Rotifers. Mem. Novoruss. Soc. Natur. IX. p. 19. 1884. = fl pl.) Nature. XXXI. p. 579—580. 1885. “ 2 Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. Diese Zeitschr. Bd. XXXIX. p. 427. 3 F. Conn, »Die Fortpflanzung der Räderthiere«. Diese Zeitschr. Bd. VII. ‚P- 449. 1856. | * EHRENBERG, »Die Infusionsthierchen als vollk. Organismen «. p. 415. 1838, 5 J. F. Weisse, Zur Oologie der Räderthiere. Zweiter Beitrag. Bullet, Acad. ‚St. Petersbourg. T. VIII, p. 203— 214. 1864. = feitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd, h 50 Carl Zelinka, Meine eigenen Erfahrungen über Callidina übertreffen, was die Langsamkeit der entwicklungsgeschichtlichen Vorgänge betrifft, noch weit die Wrıssr’s. Das Ei von Callidina braucht vom Momente der Ablage bis zum Verlassen der Eischale von Seite der jungen Thiere circa 17 Tage zu seiner Entwicklung. Die Furchung nimmt allein zwei Tage in Anspruch, die darauf folgende Faltenbildung am Körper einen Tag, die Ausbildung der Organe bis zur Fertigstellung des Thieres 14 Tage. Dieser Umstand hat seinen Vortheil, indem die Veränderungen nicht mit überstürzender Hast vor sich gehen, sondern genaue Be- obaehtung, ausreichende Messungen und das Anfertigen getreuer Zeich- nungen gestatten, während der Nachtheil darin liegt, das Ei so lange Zeit am Leben erhalten und die Angriffe seiner erbittertsten Feinde, der Pilze, abwehren zu müssen, was nur durch sorgfältiges Wechseln des Wassers erreicht werden kann. Das Ei hat im Allgemeinen die Form eines Ellipsoides; genaue Messungen ergeben für Gallidina lutea und russeola zahlreiche Abweichungen in den Dimensionsverhältnissen. Unter 14 gemessenen Eiern war das Verhältnis zwischen kleiner und großer Achse bei 2 Eiern 1:4,3, (1:41,25, 1: 1,27), bei 5 Eiern eirca #:1,4 (genau: 1:14,37, 1:41,44, 4:41,43, 1:41,43, 1:41,44), bei 5 Eiern circa 1:4,5 (genau: 1:14,46, 1:1,48,1:1,5, 1:4,51,1:4,5%), bei 1 Ei 1: 1,6, bei 4 Ei 1: 4,7, bei 41 .Ei 1: 2. Es ergiebt sich hieraus, dass die gedrungenen Formen bei Weitem vorherrschen und die langgestreckten in der Minderzahl sind. Die ab- soluten Maße variirten in gleicher Weise; nur bei einigen Eiern unter der erwähnten Zahl fanden sich vollkommen gleiche Längenmaße, alle übrigen Zahlen wichen mehr oder weniger von einander ab, wie fol- gende Tabelle zeigen wird, in welcher die obere Zahl immer die Maß- zahl der großen, die untere die der kleinen Achse angiebt. Es hatten unter 14 darauf hin untersuchten Eiern Größe der Eizelle oder des Embryo allein Totalgröße, incl. Eihaut Luk, By gaphal oo mm wr mm Bin+ki® Me; 2 a mm ir mm Zwei Eier vr mm vo mm BD 202 ee Ds mm 1 mm Der Studien über Räderthiere. II. 51 Größe der Eizelle oder Totalgröße, inel. Eihaut des Embryo allein en 0,12 0,09 Merkier, . . 0.08 mm 0,06-0,08 mm f 0,13 BimIBLID., .„..7°L 0.08 mm re 0,18 0,41 Zwei Eier 0.09 mm 0.09 mm E 0,414 0, ET Dr MR 0,09 mm 0.09 mm BEın Er . £ Ur mm mm ar: 0,07 0,07 Woraus sich ergiebt, dass in den gedrungenen Formen der freie Raum an den beiden Polen zwischen Eizelle und Eihaut im Ganzen 0,04 mm oder circa den zehnten Theil der großen Achse ausmacht, wäh- rend bei den langgestreckten Formen der Zwischenraum an den Polen auf 0,02—0,03 mm wächst. An den Seiten liegt die Eizelle nahezu ausnahmslos der Eihaut dicht an. Diese letzten Angaben gelten für Eier, welche das Richtungskörperchen schon ausgestoßen haben. Frisch ge- legte Eier unterscheiden sich dadurch, dass das Plasma die Eihaut ganz ausfüllt, so dass kaum ein sichtbarer Spalt an den beiden Enden vor- handen ist. Jedes Ei ist nämlich von einer elastischen, derben Haut umschlossen, welche am lebenden Objekte homogen erscheint, nach Alkoholbehand- lung aber in mehrere Lamellen zerfällt. Am Ei ist die Stelle, an wel- cher das junge Räderthier auskriechen wird, schon vorbestimmt; am vorderen Pole des Eies befindet sich an der Eihaut eine nicht ganz herumlaufende quere Linie, welche diesen Theil der Eihaut als eine Art Deckel kenntlich macht (Fig. 56, Taf. III), welcher mit der übrigen Haut zusammenhängt. Solche deckelartige Bildungen zeigen die Eier anderer Räderthiere, welche ich untersuchte, noch viel deutlicher. 3 Die quere Linie ist bei allen diesen Eiern als die vorgezeichnete Spalte 3 anzusehen, an welcher beim Ausschlüpfen die Eihaut sich öffnet. Weisse! hat allerdings diesen Spalt nicht beobachtet, er zeichnet jedoch von Salpina mucronata, S. ventralis und Diglena catellina Eier, deren Embryonen durch das Öffnen eines distinkten Deckels aus- krochen. 5) Bi Hi ’ I. Ausstoßung des Richtungskörperchens und Furchung. “ An einem Eie, welches um ein Uhr Mittags abgelegt worden war, war das Richtungskörperchen um fünf Uhr Nachmittags ausgestoßen. R 1 J. F. Weisse, »Zur Oologie der Räderthiere«. Memoir. de l’Academie Imp. des sc. St. Petersbourg. VII. Ser. B. IV. No. 8. Fig. 1,5, 7. A* 52 | Carl Zelinka, Nach dem Verschwinden des Keimbläschens wird das Ei an seiner Peri- pherie hell, der gelbe Dotter wird central angesammelt, das klare Plasma rückt an den Rand; an einem 0,15 mm langen und 0,1 mm breiten Ei betrug diese ganz dotterfreie Partie 0,01 mm in der Breite. Beide Zonen gehen allmählich in einander über. Schon während des Austretens des Richtungskörperchens vermischen sich Plasma und Dotter. Meist wird, wie Weısmann und IscHixawA! gefunden haben, nur ein Richtungskörperchen gebildet?. Dasselbe ist bei unserer Form ausnehmend groß und deutlich und von unzweifelhafter Zell- struktur. Es hatte 0,02 mm im Durchmesser, was, da das betreffende Ei 0,108 mm lang war, circa den fünften Theil der großen Achse aus- machte. Sein Plasma war hell, mit wenigen Granulis versehen, sein Kern groß, 0,008 mm im Durchmesser. Der Kern des Eies nach Aus- stoßung des Richtungskörperchens, welcher nach und nach auf 0,0269 mm wuchs, war im Diameter nur etwa dreimal so groß als der Kern des Richtungskörperchens. Was die Lage des Körperchens anbelangt, so ist zu bemerken, dass es fast ganz am oberen Pole des Eies, nur wenig, wie ich voraus- schicken will, der dorsalen Fläche genähert, erscheint. Ich übergehe die Vorgänge, welche die Ausstoßung des Körper- chens bei dieser Form begleiten, da sie mit den bekannten Erschei- nungen übereinstimmen. Die hierbei auftretende, bei Callidina am lebenden Ei sehr deutliche Kernspindel hat schon Tessın beiEosphora digitata gezeichnet und seine Ansicht, dass sie dem Polbläschen ange- höre, ist vollkommen richtig. Da Wrısmann und IscnıkawA diese Frage auch historisch beleuchtet haben, so verweise ich auch in dieser Hin- sicht auf die dort zu findenden Angaben und begnüge mich festzustellen, dass mein Befund an dieser und den gleich zu erwähnenden Formen die Liste der parthenogenetisch sich fortpflanzenden mit nur einem 3 A. Weismann u. C. IscHuikAwA, »Über die Bildung der Richtungskörper bei thierischen Eiern«. Ber. d. Naturf. Ges. Freiburg i. Br. Bd. III. Heft I. p. 25. 1887. Taf. IV, Fig. 44—50. 2 PEREYASLAWZEWA Steht noch auf dem Standpunkte, dass die parthenogeneti- schen Eier kein Richtungskörperchen bilden. Die von ihr bei Rotifer inflatus beobachtete Dotterkörnchenbewegung, welche nach dem Verschwinden des Keim- bläschens die Dotterkörnchen im Centrum anhäuft, hat schon ZacHarıAs (Über Fort- pflanzung und Entwicklung von Rotifer. Diese Zeitschr. Bd. XLI. p. 239, 244) bei Rotifer vulgaris und Philodinaroseola gesehen. Etudes sur le Developpe- ment des Amphipodes. Extrait du Bulletin de la Societe imp6rial. des Naturalistes de Moscou 4888. No. 2. p. 8. (Die russische Originalarbeit über die Entwicklung der Räderthiere ist mir leider trotz aller Bemühungen nicht zugänglich gewesen.) 3 G. Tessın, »Über Eibildung und Entwicklung der Rotatorien«. Diese Zeit- schrift. Bd. XLIV. p. 9. 1886. Taf. XIX, Fig. 9, 10. 2 Studien über Räderthiere. III. 53 Richtungskörperchen versehenen Räderthiere zu erweitern und das Weısmann’sche Zahlengesetz mit einem weiteren Belege zu versehen geeignet wäre, wenn nicht mehrfach Eier mit zwei Richtungskörperchen vorgekommen wären. Ich konnte auch bei Gallidina Leitgebii mihi und Discopus Synaptae mihi die Ausstoßung des Richtungskörperchens beobachten. Bei diesen bestehen bezüglich des Ortes Differenzen, indem Gallidina Leitgebii nicht wie unsere zu besprechende Form und Discopus am oberen Eipole sondern an der dorsalen Fläche, zwischen dem ersten und zweiten Drittel, das Körperchen enistehen lässt. Das Ei vonDiscopus, sich in der Leibeshöhle entwickelnd, ist nahezu kugelig, das von Galli- dina Leitgebii, welches abgelegt wird, lang gestreckt. Wir werden bei Melicerta sehen, dass auch deren langgestreckte Eier sich darin wie Gall. Leitgebii verhalten, so dass also die Form des Eies in diesem Punkte vielleicht einen Einfluss zu besitzen scheint. Von Interesse dürfte es auch sein, dass das reife Ei von Galli- dina Leitgebii zur Zeit der Bildung des Richtungskörperchens helle große Bläschen in der Peripherie des Eiplasmas enthält, vermuthlich dieselbe Erscheinung, wie sie Leypı von Wintereiern verschiedener Rotatorien beschreibt und von Notommata myrmeleo zeichnet; er sagt darüber!: »Soll man vielleicht daraus schließen dürfen, dass das Keimbläschen im Eierstocksei sich ohne Weiteres durch fortgesetzte Theilung in viele helle Kerne umgewandelt hat, ohne dass sich die Dotterkügelchen um diese Nachkömmlinge des Keimbläschens sofort gruppirten, oder umschließen etwa die Wintereier gleich bei ihrer Entstehung im Eierstock eine Anzahl von Kernen (Keimbläschen) im Gegensatz zu anderen Eiern, die immer nur einen Kern (Keimbläschen) besitzen.« Ich meine, dass wir hier ebenfalls nur solche zarte Bläs- chen vorfinden dürften, wie bei Gallid. Leitgebii, da die Fur- chungsvorgänge bei allen darauf untersuchten Räderthieren so deut- _ lich sind, dass die vorstehende Annahme unbegründet zu sein scheint, - und eine vielkernige Eizelle daselbst bisher noch nicht nachgewiesen ist. In neuerer Zeit führt Leyvıs ? diese hellen Bläschen bei Notom- matamyrmeleo als kernartige Bestandtheile des Dotters auf, wobei - er unentschieden lässt, ob man es hier mit ausgewanderten Bestand- i theilen des Keimbläschens oder mit sogenannten Nebenkernen des Dotters zu thun habe. Meine Beobachtung über die Furchung von 1 Fr. Levpı, Über den Bau und die systematische Stellung der Räderthiere. | Diese Zeitschr. Bd. VI. p. 402. 1855. x 2 Beiträge zur Kenntnis des thierischen Eies im unbefruchteten Zustande, Zool, Jahrb. Bd. Ill. p. 398. 54 Carl Zelinka, Callidina Leitgebii erweist es als sicher, dass genau dieselben Vorgänge sich abspielen wie bei den übrigen Gallidinen, deren Ei der Bläschen entbehrt, dass daher von einer Betheiligung dieser Gebilde an der Keimblätterbildung keine Rede sein kann, sondern dass wir es hier mit Binnenkörpern des Dotters zu thun haben, die man mit Levpıc als Nebenkerne bezeichnen wird. Während der Eikern von Dotterstrahlung umgeben sich wieder dem Centrum nähert, ist das Eiplasma um das Richtungskörperchen in be- merkbarer Bewegung. Eine Anzahl kleiner Wülstchen erhebt sich, vor- nehmlich an der dorsalen Seite des Eies. Dies ist in Fig 2, welche das Ei von der dorsalen Fläche darstellt, ersichtlich gemacht. Der Eikern, wel- cher, wie erwähnt, während dieser Zeit an Volumen gewinnt, erscheint nicht kugelig, sondern mit mehrfacher eingebuchteter Oberfläche. Das Eiplasma ist dicht mit Dotterkörnchen erfüllt, welche ihm eine leichte gelbe Farbe verleihen. Auch Dotterschüppchen sind vorhanden, welche jedoch erst später nach der ersten Theilung sichtbar werden, indem sie theils an die Oberfläche kommen, theils an die Kerne sich anlegen. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass von dem Augenblicke an, als das Richtungskörperchen gebildet wird, sämmtliche Richtungen im Räderthier-Eie orientirt sind. An dem Pol, in dessen Nähe das Körperchen austritt, finden wir später das Vorderende, am gegenüber- liegenden das Hinterende, während die Fläche, in der es erscheint, zur Rückenfläche wird. Damit ist auch rechts und links etc. festgesetzt. In Fig. 2 stimmen rechts und links, oben und unten, dorsal und ventral mit den gleichnamigen Richtungen des Beschauers überein, in Fig. 3 liegt dem Beschauer die rechte Seite des Eies zugewendet und die dorsale zur linken Hand, Fig. 1 dagegen hat die entgegengesetzte Lage. G. Tessın!, dem diese Verhältnisse unbekannt geblieben waren, da er das Richtungskörperchen am lebenden Eie nicht gefunden hatte, war erst beim vierzelligen Stadium in der Lage, das Ei zu orientiren. Eine halbe Stunde nach Austreibung des Richtungskörperchens hat der Eikern auf seiner Wanderung das Centrum des Eies wieder erreicht und beginnt dasselbe zu überschreiten, indem er sich weiter hinten der dorsalen Fläche abermals nähert. Gleichzeitig zeigt er zwei einander gegenüber liegende Einbuchtungen, der Dotter erscheint in der Richtung der späteren Spindelachse in Form eines lichten Bandes aufgehellt; dort entstehen unabhängig von den Kernausbuchtungen die Sternfiguren. Die Verbindungsgerade dieser beiden Sterne bildet mit der Hauptachse einen spitzen Winkel. Nun beginnt die erste der Ver- 1 G. Tessın, » Über Eibildung u. Entwicklung der Rotatorien«, Diese Zeitschr, Bd. XLIV, 1886. Studien über Räderthiere. Ill. 55 schiebungen im Ei, welche in der Räderthierentwicklung eine große Rolle spielen. Kenntlich wird diese Verschiebung an der veränderten Stellung des Richtungskörperchens, welches allmählich an den vorde- ren Eipol wandert, wobei die dem Körperchen benachbarte Fläche sich bedeutend abflacht. Diese Verschiebung trifft aber nicht bloß die Oberfläche des Eies, sondern seine ganze Masse, wie man an dem Wachsen des Winkels zwischen großer Achse des Eies und der Längs- achse des Dyasters feststellen kann. Nach einer weiteren halben Stunde hat das Richtungskörperchen den vorderen Pol erreicht (Fig. A). Wie die benachbarte Oberfläche des Eies zeigt es eine große Unruhe; an ihm tritt mitunter eine tief einschneidende Furche auf, als ob es sich theilen wollte, welche Furche sich aber später wieder vollkommen ausgleicht, die Erhebungen am Eie werden zu förmlichen Säulchen, welche fast so hoch emporwachsen, wie das Richtungskörperchen. Inzwischen hat sich die Kernspindel nahezu senkrecht zur großen Eiachse gestellt, wie in Fig. 6 in schematischer Ausführung dargestellt ist, und nun, aber- mals eine halbe Stunde später, tritt die erste Furche auf, welche etwas schief auf die Kernspindel, nahezu parallel zur großen Achse des Eies gestellt ist. Sie schneidet eine kleinere Kugel von der größeren, welche das Richtungskörperchen trägt, ab, wobei die neuen Kerne fast ganz an die äußeren Wände der Blastomeren aus einander weichen. Ob diese Furchungsebene als eine äquatoriale zu bezeichnen ist, wie von Seiten Tessın’s geschieht, wird später erörtert werden. Ein sofort eintretendes und sehr schnell verlaufendes Phänomen fesselt bald das Auge des Beobachters. Die kleinere Zelle wird am unteren, die größere am oberen Ende dicker und eine thatsächliche Umwälzung findet statt, indem sich der Inhalt des Eies nahezu um 90° dreht. Die kleine Zelle lagert sich an den unteren, die größere an den oberen Pol, wobei jede Zelle noch eine kleine Eigendrehung mit- macht. Dadurch kommt das Richtungskörperchen ganz nahe an die Furche zu liegen und wird schließlich genau in die Mitte zwischen die beiden Blastomeren geschoben (Fig. 7). Während der Verschiebung der Blastomeren findet eine vorübergehende Vergrößerung des Eies in der kleinen Achse statt, welche um 0,007 mm wächst, was dem Auge deutlich erkennbar ist (Fig. 6). Zum Schlusse sitzt die kleine Zelle der großen kappenartig auf, indem die letztere central in die erstere ein- dringt. Der Kern der größeren Furchungskugel sitzt nun sehr nahe dem Mittelpunkte des ganzen Eies, der der kleineren Kugel am unteren Pole. Wenn wir annehmen, dass Tessın die ersten Vorgänge bei dem Eosphora-Eie genau verfolgt hat, so tritt uns eine merkliche Verschie- - denheit entgegen, welche darin gelegen ist, dass die erste Furche An- 56 Carl Zelinka, fangs viel weniger schief auf der Längsachse des Eies steht und sich auch später anders verhält, da sie sich niemals senkrecht dazu stellt. Um die nächste Furchung genau beobachten zu können, haben wir das Ei gegen früher um 90° um die Längsachse zu drehen, so dass die dor- sale Seite uns entgegensieht. Nach einer kurzen Ruhepause geht der Kern der größeren Zelle in die Spindelform über und stellt seine Längs- achse in die Querachse des Eies (die Kernmetamorphose ist bei allen Theilungen mir bekannter Räderthiereier sehr deutlich auch am leben- den Objekte zu verfolgen, und es muss Wunder nehmen dass, nachdem schon Bürscaıı! bei Notommata Sieboldii, mehreren Brachionus- Arten und einer Triarthra-Species die mitotische Kerntheilung beschrieben, dessgleichen Weısmann bei Conochilus volvox sie zeich- net, nachdem auch Jouırı? dieselbe beschreibt und zeichnet, O.Zacarus sich begnügt, mit kurzen Worten von knospenartiger Vermehrung des Kernes bei Rotifer zu sprechen, da eine solche etwas ganz außer- ordentlich Wichtiges wäre; es dürfte wohl die Oberflächlichkeit der Beobachtung an dieser Angabe Schuld sein). Bald tritt die zweite Furche auf, welche von der großen Zelle ein kleines Stück auf der rechten Seite abschneidet (Fig. 8). Diese Furche steht genau senkrecht auf der ersten und läuft direkt auf das Richtungskörperchen zu. In dieser Zeit konnte ich die Dotter- schüppchen auffinden, welche sowohl an den Furchen (Fig. 8) als auch im Inneren an den Kernen liegend zu sehen sind (Fig. 11). Die neue Furchungszelle // bleibt nicht an ihrem Platze, sondern bewegt sich an der rechten Seite herab gegen das Hinterende desEies; zur selben Zeit wird das Richtungskörperchen und der umliegende Theil der großen Zelle 7 gegen links gedrängt und die letztere schiebt sich von oben der kleinen Zelle J/ nach (Fig. 9); gleichzeitig wird auch die Zelle A getheilt, indem die Kernspindel sich schief von links oben nach rechts unten stellt. Die Furche schneidet diese Zelle in zwei gleiche Hälften und läuft gleich der früheren direkt zum Richtungs- körperchen (Fig. 10). Die von der Zelle IJ eingeschlagene Bewegung theilt sich nun den Abkömmlingen «a und b der Zelle A mit, welche sich so verschieben, dass die Zelle a und I/ symmetrisch in gleicher Höhe sich einstellen, während 5 in der Mitte stehen bleibt. Das Ei hat sich somit egalisirt, ein Process, der bereits das zweite Mal einge- 1 O0. Bürscauı, »Studien über die ersten Entwicklungsvoreg. in der Eizelle etc.« Abhandl. der SEnCKENBERG’SChen naturf. Gesellsch. Bd. X. p. 34—36. Taf. XII, Fig. 14—27. 2 L. JoLIET, »Monographie des Melicertes«, Arch. d, Zoolog. exper. et gene- rale. 2. Ser. Bd. I. 1883, Studien über Räderthiere. III. 57 treten ist. Das erste Mal, bei der Zweitheilung, fand dabei die Drehung in der Medianebene und zwar um die Transversalachse des Eies statt, das zweite Mal in der Lateralebene um die Sagittalachse. Die so entstandenen Zellen schließen in der Mitte ganz fest zu- sammen und zwar so, dass auf der dorsalen Seite die Furchen unmittel- bar unter dem Richtungskörperchen zusammenlaufen, während auf der ventralen die beiden Zellen a und IJ eine Strecke weit sich an einander legen (Fig. 11) und die Zelle b von der Berührung mit I abhalten. Auch bemerkt man, dass der Winkel, welchen die die Zelle ./ abtrennende Furche besitzt, in der dorsalen Ansicht viel spitzer ist als in der ven- tralen, indem dort die große Zelle I viel weiter nach hinten reicht, sowie, dass auf der Bauchseite die drei kleineren Zellen sich etwas un- symmetrisch verhalten, indem hier die Zelle //J etwas weiter nach vorn liegt als «, daher auch von b mehr sehen lässt. Fig. 12 giebt eine seit- liche Ansicht dieses Stadiums. Bei einem Eie von 0,1% mm Länge betrug diese Verschiedenheit ca. 1/, der ganzen Längsachse, indem die Zelle / 0,068 mm, die Zelle b 0,047 mm in der großen Achse des Eies maßen; die Linie, in welcher sich a und // an einander legten, war 0,02 mm lang. Der Kern der Zelle / hatte einen Durchmesser von 0,022 mm, die Kerne der übrigen einen solchen von 0,016 mm. Wenn das Ei dieses besprochene Stadium erreicht hat, tritt eine Ruhepause von ca. 13/, Stunden ein. Dieses Stadium entspricht dem von Tessın in seiner Fig. 13 dar- gestellten. Schon oben habe ich erwähnt, dass es am Callidina-Ei schon ‚beim Ausstoßen des Richtungskörperchens gelang, die Medianebene ete. anzugeben, während beim Eie von Eosphora dieselbe durch Tessın erst in diesem Stadium festgestellt werden konnte, indem die große Zelle einen ventralen Fortsatz gegen die drei kleineren Zellen ausstreckt und diese sich dorsal auf die große Zelle legen, wodurch die bilaterale Symmetrie ausgesprochen ist. Bei unserer Callidina drängt sich die große Zelle im Gegensatze dazu dorsal weiter nach hinten zwischen die kleinen Zellen (Fig. 10 und If). Was die von Tessın besprochene : Asymmetrie anbelangt, so ist sie auch bei diesem Eie zu finden, aller- h dings nur auf der Ventralseite, während die dorsale Fläche streng symmetrisch erscheint. Dass die Asymmetrie bei gestreckteren Eiern F auffälliger ist, kann ich für Gallidina bestätigen, selbstverständlich nur innerhalb der hier gezogenen Schranken, denn die dorsale Ansicht Dietet auch bei gestreckten Eiern nur streng symmetrische Verhältnisse. Da bereits Tessın die unrichtigen Darstellungen Eexsırıy’s und Ircnarıs’ über die Entstehung des vierzelligen Stadiums berichtigt ‚hat, kann ich von einer weiteren Besprechung absehen. Bei Gonochilus 58 Carl Zelinka, Volvox gehen die ersten Theilungen nach demselben Schema, wie hier geschildert, vor sich!. Für die scharfe Beobachtung von Seiten Näczur’s? spricht der Umstand, dass er die ersten Stadien des Rotifer-Eies mit den damals zu Gebote stehenden optischen Hilfsmitteln vollkommen richtig sah. Seine Fig. 23, 24, 25 entsprechen unseren Fig. 7, 8, 10 ganz genau. Nach Barroıs’ Angabe ? kommt das geschilderte vierzellige Stadium bei Pedalion vor, wie es auch dem Brachionus urceolaris nicht fehlt, wenn wir Conn’s® Zeichnungen Fig. 3 und 5 in Betracht ziehen. Es darf uns dieses allgemeine Vorkommen nicht Wunder nehmen, da es auch über den Kreis der Räderthiere hinaus bei einigen Mol- lusken (z.B. Anodonta piscinalis?), bei D in op und Gastrotri- chen zu finden ist. Nach der erwähnten ziemlich großen Ruhepause schnürt sich von der Zelle / einBlastomer ab, welches ganz ventral gelagert ist (Fig. 13 IJ7). Gleichzeitig tritt wieder eine Verschiebung ein, und zwar wie das erste Mal in der Medianebene um die Transversalachse, wodurch die Zelle 5b mehr dorsal gelagert wird, so dass von ihr nur mehr die Hälfte ihrer früheren Ausdehnung ventral zu sehen ist; auch die beiden Zellen «a und // sind nach hinten geschoben worden, berühren sich jedoch in gleich langer Strecke wie vorher. In der seitlichen Ansicht (Fig. 14) wird die bedeutende Verschiebung, welche die drei kleinen Blastomeren erlitten haben, am deutlichsten erkennbar, namentlich wenn man ihre jetzige Lage mit derselben in Fig. 11 vergleicht. Die Zellen a, 5b und 7 stehen bedeutend schief, reichen weiter nach vorn und auch das Rich- tungskörperchen, welches zwischen Zelle b und / liegt, ist nach vorn gewandert, es hat also auch die Zelle / eine Verschiebung ihrer Masse in dem angegebenen Sinne erlitten. Das Richtungskörperchen giebt während dieser Zeit Zeichen andauernden Lebens von sich, indem sein Plasma seine Umrisse oft verändert, die Wanderung nach vorn ist aber eine passive, es wird von den Blastomeren getragen. Der zurückgelegte Weg desselben beträgt etwa 0,011 mm. 1 WEISMANN u. ISCHIKAWA, »Über die Bildung der Richtungskörper bei thieri- schen Eiern. Heft 4. Taf. IV, Fig. 47, 48. 2 H. NÄceuı, » Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Räderthiere« Inaug.- Diss. Zürich 1852. 3 J. Barroıs, »L’embryogenie du genre Pedalion«. Revue scientif. p.303. 1877. 4 F,Conn, »Die Fortpflanzung der Räderthiere«. Diese Zeitschr. Bd. VII. Mar. XRIV, Fig. 3,5. 5 Fremning, »Entwicklung der Najaden«. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. Wien. Bd, IV. 1875. 6 KorscHELT, »Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris« Diese Zeitschr. Bd. XXXVII. Fig. 33—35. Studien über Räderthiere, II. 59 Dieses Stadium hat Sırensky!beiseinem Brachionus urceolaris gesehen, als er davon sprach, dass die kleinere der beiden Kugeln durch meridionale Furchen in vier Zellen zerfalle. Er dürfte das Stadium in seiner Fig. 2 richtig gezeichnet haben, hat es aber hinsichtlich seiner Entstehung unrichtig gedeutet. Ich kann daher der Kritik Tessın’s darüber nicht ganz beistimmen, wenn er bei Besprechung des vier- zelligen Stadiums sagt: »SaLensky endlich beschreibt vier kleinere Blastomeren, was also den Thatsachen am wenigsten entspricht. « Bei Eosphora fand Tzssın in so fern eine Variation, als zwar in der Regel die Zelle / sich zuerst theilte, jedoch auch Fälle vorkamen, in welchen die Zellen a, b und I/ in der Theilung voraus waren. Bei Callidina war die Zelle III immer schon abgeschnürt, ehe eine Ver- änderung mit den erwähnten drei Zellen eintrat, indem zwischen der Bildung der Zelle IZ/ und der Theilung der drei kleinen Zellen ein Zeit- raum von etwa einer Stunde liegt. Die besprochene Verschiebung der Zellen, wie sie in Fig. 14 dar- gestellt ist, kommt auch bei Eosphora vor. Von den kleinen Zellen theilt sich sodann zuerst die Zelle // (Fig. 15 IZ,, I7,) durch eine Segmentationsebene, welche senkrecht zur Längsachse des gestreckt ovalen Blastomers steht. Die Folge dieser Zelltheilung ist eine auffallende Asymmetrie. Die beiden kleineren Theilstücke üben nicht mehr denselben Druck auf die umliegenden Blastomeren aus, da aus einem großen Stücke zwei verschiebbare kleinere geworden sind. In Folge dessen wird die Zelle 1/7, von der Zelle 5 und mittelbar auch von a aus der Lage ge- drängt (Fig. 16) und /7, wird ventral gegen die Mediane geschoben (Fig. 17), was auch eine Formveränderung von 11] zur Folge hat. Mehr als eine Stunde später, während welcher diese Lageverschiebungen Platz greifen, tritt erst die Theilung der korrespondirenden Zellen « und b ein. Dieselben haben sich wieder etwas aus der schiefen Lage aufgerichtet und zerfallen in die Blastomeren a;, a, und b,, b, (Fig. 18). Die hierauf eintretende symmetrische Einstellung aller Theilstücke des Eies dauert abermals eine Stunde. Während dieser Zeit werden die dem Ursprunge nach zusammengehörigen Blastomeren allmählich in dieselbe schiefe Stellung gelegt, welche ihre Mutterzellen //, « und b ' einnahmen (Fig. 19), worauf diese Bewegung noch weiter fortgesetzt 4 wird, indem die Zellen / und //J durch ihren gegen das untere Ende = ausgeübten Druck die Zellen «a,, @a, d4, da, 77, und II, nach der dorsalen & Seite und nach dem oberen Eipole verschieben. Besonders auffällig ee. 1 W. SıreEnsky, »Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Brachionus urceola- Tis«, Diese Zeitschr. Bd. XXI. p. 455—466. Taf, XXX VII, 60 Carl Zelinka, wird dies, wenn man die dermalige Stellung des Richtungskörperchens (Fig. 21) gegen dessen frühere (Fig. 19) vergleicht. Die ventrale Seite (Fig. 20) und diese Seitenansicht (Fig. 21) zeigen die vollkommene Symmetrie der Blastomeren in der gegenseitigen Lage, alle Zellen haben sich fest an einander gefügt und gegenseitig abgeplattet. Eine Furchungshöhle fehlt vollständig. Zwei und eine halbe Stunde nach der Theilung der Zelle 1/ (Fig. 15) giebt Zelle 7, das große Blastomer am oberen Pol, eine neue Zelle ab (IV in Fig. 22), welche eben so wie IJ/ in der ventralen Medianlinie liegt. Auch diese Zelle bewegt sich gegen den unteren Eipol, wodurch Zelle III so weit geschoben wird, dass sie den unteren Pol erreicht. In gleichem Maße rücken die Zellen b, und b, ganz dorsal; db, nimmt aber am Pole noch einen größeren Raum für sich in Anspruch als IJT. Die Verschiebung macht sich abermals durch die Stellung des Rich- tungskörperchens deutlich, welches wieder ein merkbares Stück nach vorn gewandert ist. Die seitlich gelagerten Blastomeren /Z,, TI, und Qı, d49 haben dessgleichen eine bedeutende Lageveränderung erfahren, sie legen sich in Folge des Vorrückens der beiden ventralen Zellen noch um Vieles schiefer als sie früher lagen. Wir haben nunmehr ein neunzelliges Stadium vor uns, in welchem die große Zelle / den oberen, vier Reihen von je zwei Zellen den unte- ren Pol einnehmen. In der ventralen Ansicht (Fig. 23) findet man, so- bald das Ei in Ruhe gekommen ist, die Zelle /I/ fast am unteren Pol angelangt, jedoch noch so weit zurückstehend, dass man die beiden seitlichen Zellen /J, und «a, in der Mitte an einander stoßend vorstehen sieht. Die neue Zelle /V nimmt fast die Mitte der ventralen Fläche ein, während die mehr dorsal gelagerten seitlichen Blastomeren I/, und a, unter ihr hervorsehen. Dieses Ruhestadium dauert 11/, Stunde. Keinem der früheren Untersucher ist das Ei auf dieser Entwick- lungsstufe besonders aufgefallen. Tessın hat sie nicht beobachtet, in seinen Zeichnungen findet man das Stadium nicht dargestellt und, wenn die unserer Zelle IV entsprechende Furchungskugel bei Eosphora auf- tritt, sind die Abkömmlinge der Zellen a, b und I] schon auf die Zahl 12 gewachsen. ZacnArıs scheint allerdings in seiner Fig. 5 f unser Stadium gezeichnet zu haben, von einer Erwähnung desselben, oder gar einer auf Beobachtung gegründeten Ableitung desselben von frühe- ren Entwicklungsstufen ist in dieser Arbeit nicht die Rede. Eine nicht mit vorliegenden Ergebnissen übereinstimmende Schilderung von der Entstehung der Zelle IV giebt Tessın, indem er sagt: »Während dieser Veränderungen (der Bildung von drei Zellreihen aus den dorsalen Zel- len durch Äquatorialtheilungen) in den dorsalen Zellen haben sich auch Studien über Räderthiere. III. 61 die ventralen weiter entwickelt. Es sind hier zwei Theilungen vor sich gegangen, wodurch also aus den zwei bereits vorhandenen vier Zellen entstanden sind (Fig. 18—20). Die erste Theilung betraf die hintere kleinere Zelle « (Fig. 19), und bald darauf theilte sich auch von der vorderen größeren eine neue Zelle a?" ab (Fig. 20).« Zum Verständnisse sei gesagt, dass a” unserer Zelle III, a” der Zelle IV und a!’ einer erst zu beschreibenden Furchungskugel V ent- spricht. Bei Gallidina nimmt nun die Zelle /V, wie ich bei allen Eiern direkt beobachten. konnte, ihren Ursprung aus der primitiven Furchungskugel / und entsteht nicht durch Theilung der Kugel III. Da, wie später gezeigt wird, auch Melicerta in der Entwicklung unserer vorliegenden Form folgt, so muss der Vorgang bei Eosphora als eine bemerkenswerthe Verschiedenheit aufgefasst werden. Nachdem die erwähnte Ruhepause verstrichen ist, schickt sich Zelle I von Neuem zur Theilung an. Auch dieses Blastomer wird in der ventralen Mittellinie gegen den unteren Pol abgegeben (Fig. 24 V). Die unmittelbare Folge ist eine abermals eintretende Verschiebung der schon vorhandenen Blastomeren im selben Sinne wie früher. Die Zellen 5, und b, werden allmählich vom unteren Pole ganz abgedrängt und vollkommen dorsal gelagert, während die Zelle I/II ganz an diesen Pol rückt (Fig. 25). Auch die seitlichen Zellen haben eine Verschiebung zu erleiden und werden mit ihren Längsachsen ganz parallel zur großen Achse des Eies gestellt. Das Richtungskörperchen ist noch weiter gegen den oberen Pol geschoben worden. Nun besteht das Ei aus zehn Zellen, von welchen zwei dorsal, zwei auf jeder Seite, drei ventral und eine am oberen Pol zu finden sind. Verhältnismäßig rasch kommt das Ei nach dieser Verschiebung zur Ruhe, indem die erstere nur eine viertel Stunde dauert. Auch die jetzt folgende Ruhepause ist nur von der Dauer einer viertel Stunde; worauf die Zellen //, und IR, welche seit nahezu fünf Stunden keine Veränderung erlitten haben, der Theilung anheimfallen. Es ist hier ' darauf aufmerksam zu machen, dass es dieselben Zellen sind, welche ' schon vom Stadium mit fünf Zellen (Fig. 14) den übrigen gleichgeord- 8 - neten Zellen a und 5 in der Theilung um ein Bedeutendes voraus waren, _ und auch jetzt sich viel früher theilen als a,, as, by, bu. In Fig. 26 sind die aus 7], hervorgehenden Zellen bereits abgetrennt, während II, eben in Theilung begriffen ist. Die Theilungsebene steht eben so wie die frühere senkrecht zur Längsachse der Zelle. Wie bei jeder Theilung die Symmetrie des Eies gestört wird, so auch hier. Die früher in der "Richtung der Längsachse hinter einander liegenden Zellen bilden jetzt eine krumme Linie, welche gegen die Bauchseite ausgebogen ist. Auch Ku ce Er re re rn 62 Carl Zelinka, wenn später die Zellen a,, a, d,, d5 dem gleichen Theilungsprocess unterworfen werden, sehen wir die Symmetrie gestört. Endlich resul- tiren drei dorsal und seitlich gelegene Reihen von je vier Zellen (Fig. 28), welche sich wieder ganz symmetrisch verhalten. Das Richtungskörper- chen hat seinen Platz, den es früher eingenommen, verlassen und liegt nun ganz auf den kleinen Zellen. Zu erklären dürfte dies so sein, dass, weil in Folge der Theilungen die kleinen Zellen noch weiter sich aus- dehnen und damit sich noch mehr dem oberen Pol nähern, das Rich- tungskörperchen durch die Reibung an der Eihaut zurückgehalten wurde, während die Zellen sich unter ihm nach vorn schoben. Es kann aber auch vorkommen, dass das Richtungskörperchen von den Zellen noch weiter nach vorn geschoben wird (Fig. 31). Bezüglich der Größe der Zellen findet man in so fern Verschieden- heiten, als die mittleren Zellen jeder dorsalen Reihe meist durch den auf sie ausgeübten Druck zusammengepresst und kleiner erscheinen als die hinteren Endzellen. Jedoch erscheinen die vorderen Endzellen jeder der drei Reihen immer größer, da sie sich nach vorn flach auf der großen Zelle I auszubreiten vermögen. Außerdem sind diese drei Zellen noch durch einen anderen Umstand ausgezeichnet. Sie sind nämlich mit mehr Dotterkörnchen erfüllt als die übrigen und erscheinen daher merklich gelb. Die Anhäufung des Dotters wird erst bei der Thei- lung in Fig. 26 sichtbar, früher sind die Körnchen gleichmäßig vertheilt. Zu dieser Zeit findet auch in der ventralen Zellreihe eine Verände- rung statt. Bisher zählte sie drei Furchungskugeln. Nun theilt sich die Zelle 1// in einer den bisherigen Theilungsebenen dieser Reihe parallelen Ebene in zwei ziemlich gleiche Theile (/71,, II, Fig. 27), womit das Ei nunmehr aus der oberen großen Zelle I, und vier Reihen von je vier Zellen besteht. Davon zeichnen sich Zelle J und die ihr anliegenden drei dorsalen Blastomeren durch Körnchenreichthum aus. An Größe sind die Glieder freilich nicht gleich, da die der ventra- len Reihe bedeutend voluminöser sind. Wenn man nun diese Verhältnisse vor Augen hat, und SALENnskY's Beschreibung zum Vergleiche heranzieht, ergiebt sich, dass Brachio- nus urceolaris ohne Zweifel dieselben Vorgänge an seinem Ei zeigt. Allerdings hat Sızensky die ersten Stadien nicht fortlaufend beobachtet, daher er von der irrigen Voraussetzung ausging, dass die vier Zellen, welche unseren Blastomeren a, 5, II und 111 entsprechen (Fig. 14), durch meridionale Furchen aus der kleineren der beiden primären Blastome- ren entstanden. Aber abgesehen davon müssen wir zugestehen, dass SıLensky’s Beschreibung ganz wohl auf unsere Gallidina passt, wenn er sagt, dass die kleineren Zellen »vier Zellensäulen« bilden. Studien über Räderthiere. II. 63 Auch Eosphora hat nahezu dasselbe Stadium in seiner Entwiek- lung, wie wir aus Tessıy’s Zeichnung Fig. 20 in Taf. XX ersehen, nur dass die ventralen Zellen hier nur in der Dreizahl auftreten und im Ver- hältnis viel voluminöser sind gegenüber den dorsalen Zellen, als bei Callidina. Ein Unterschied macht sich bemerkbar hinsichtlich der Beschaffenheit der vordersten dorsalen Zelle in jeder Reihe. Tessın sagt über sie: »An dem vorderen Rande der drei ersten dorsalen Zellen ist schon in diesem Stadium eine bedeutende Anhäufung von Dotter- körnern nicht zu verkennen, wodurch dieser Theil der betreffenden Zellen ein dunkles Aussehen erhält.« Davon ist bei Gallidina nichts zu bemerken, wie aus der obigen Schilderung sich ergiebt. Während die dorsalen Zellen einstweilen in Ruhe bleiben, werden die ventralen von der Theilung ereilt. Welche dieser Blastomeren zu- erst zerlegt werden, ist nicht immer gleich, meine Skizzen besagen, dass die Zellen /V und V noch ungetheilt sein können, wenn I/II, und IIJ, bereits in Theilstücke zerfallen sind, und andererseits können /V und V schon getheilt sein, während IIT, und IT, noch intakt sind. Diesen letzteren Fall habe ich in Fig. 29 dargestellt, zu welcher außer- dem zu bemerken ist, dass alle diese ventralen Zellen sich auf dieser Fläche ausgebreitet haben und wenig von der dorsalen Seite vorsehen lassen. Hervorzuheben ist, dass die Ebenen, durch welche diese Thei- lungen vollzogen werden, senkrecht zur Richtung der früheren liegen und parallel zur Längsachse des Eies stehen. Auf diese Weise hat sich ein Stadium von fünf Zellreihen von je vier Zellen und einer großen Zelle am oberen Pole gebildet. Von nun an kommen Ruhepausen zwischen den einzelnen Zell- theilungen nicht mehr vor, die Zellen sind bereits zu zahlreich und theilen sich zu wenig gleichmäßig, so dass die Ruhepausen der einzelnen Zellen nicht mehr zusammenfallen. Zunächst werden einige der dor- salen Zellen durch zur Längsachse parallele Ebenen zerlegt, und zwar ist hierbei, wie früher, die rechte Seite voraus. Während dieser Vor- gänge spielt die große Zelle / noch eine wichtige Rolle; sie giebt noch- _ mals, und zwar zum letzten Male in der ventralen Mittellinie gegen ‘ hinten eine Zelle ab (Fig. 30 VT), welche zuerst zwischen und etwas _ auf die Zellen V « und ß zu liegen kommt. Durch diese neuerliche - Theilung wird, wie in den früheren Fällen, eine bedeutende Verschie- 3 bung bewirkt, welche nun so weit geht, dass die ventral entsprungenen 3 und bisher ventral gelegenen, von der Zelle / bis zum hinteren Pol all- _ mählich gewanderte Zelle /// in ihren Theilstücken II, « und ß die dorsale Seite erreicht, wodurch die dorsalen Zellen wieder ein Stück nach vorn geschoben werden, und zwar so weit, dass ihre drei 64 Carl Zelinka, vordersten gekörnten Zellen die große Zelle I von oben zudecken (Fig. 32). Das Richtungskörperchen zeigt um diese Zeit Erscheinungen, welche seine Auflösung anzeigen, namentlich findet man um dasselbe herum viele Kügelchen, welche man für Zerfallsstücke desselben halten muss; später sucht man es vergebens auf. Die eigenthümliche Wanderung der ektodermalen Theile scheint Conx ! bei Hydatina senta gesehen zu haben, wenigstens findet man bei ihm folgende Stelle: »Der Dotter schien während dieses Processes (der Furchung) in langsamer Rotation begriffen.« Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich diese Worte im angegebenen Sinne deute, da diese Rotation ein Iypisehes Verhalten darzustellen scheint. Die Vorgänge an der ventralen Seite stehen ohne Gegenstück bei dem genauer untersuchten Eie von Eosphora da. Brachionus urceolaris, sowie Rotifer vulgaris und Philodina roseola können leider nicht zur Vergleichung herbeigezogen werden, da SALENSKY einerseits diese Stadien weniger als die folgenden seiner ge- nauen Beobachtung unterworfen hat, während Zacuarıss andererseits alle Stadien gleichmäßig flüchtig und unzureichend behandelt hat. Bei Eosphora beschreibt Tessın, wie oben erwähnt, zwei Theilun- gen der großen vorderen Zelle, wovon die zuerst abgesehnürte sich abermals theilt. In Folge dessen sind drei ventrale Blastomeren zu finden. Tessıx fährt dann fort: »Was alsdann noch zurückbleibt von dem größeren der beiden primären Blastomeren, also die Zelle en, das allein wird zum künftigen Entoderm, während die drei übrigen Zellen, die sich von ihm abgelöst haben, zur Bildung des Ektoderms beitragen. Das Ektoderm trennt sich also succesive in zwei Partien vom Entoderm ab.« Es ist ganz gut möglich, dass Tessıy nichts übersehen hat, und zwischen Gallidina und Eosphora eine so große Verschiedenheit be- steht; demnach würden bei Callidina von der großen Zelle vier ventrale, bei Eosphora nur zwei solcher Zellen sich loslösen, welche Zahl dadurch, dass die zuerst abgetrennte sich wieder theilt, auf fünf, beziehungsweise drei sich erhöht. Doch könnte man diese Kluft überbrücken, wenn man betrachtet, dass bei Eosphora diese Zellen im Verhältnis zu den dor- salen Zellen viel größer sind, als bei Callidina und auf diese Weise dasselbe Material in weniger Theilungen abgeschnürt wird. Dass von der großen Zelle fortwährend Theile abgetrennt werden, hat auch Lrypie? gesehen, er hat jedoch diesen Process verallgemeinert 1 F.Cons, »Die Fortpflanzung der Räderthiere« Diese Zeitschr. Bd. VII. p. 448—449. 1856, ? Fr. Leyvie, »Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Lacinularia socialis«. Diese Zeitschr. Bd. III. p. 473. 4852, Studien über Räderthiere. III. 65 und lässt sämmtliche kleine Blastomeren aus der großen Zelle direkt hervorgehen, »das Eigenthümliche des Furchungsaktes besteht also darin, dass der Dotter von einem Pol aus fortschreitend zerlegt wird in der Progression 1,2, 3, 4,5, 6,7, 8 und nicht in der von 2, 4, 8,16, 32, 64, wie sie bei anderen Thieren beobachtet wurde«. Dies ist nun nicht zu- treffend, wollte man auf die Darstellungsart Leynie’s eingehen, so müsste man die Progression 2, %, 5, 8, 9, 10, 17, 20 ete. aufstellen. Als ein nicht gerade glücklich gewählter Ausdruck werden wir es bezeichnen müssen, wenn Tzssın sagt, dass das Ektoderm »sich also successive in zwei Partien vom Entoderm« abtrenne. Bevor nicht das Ektoderm ganz gebildet ist, können wir die große Zelle nicht als Ento- derm ansprechen, die Scheidung des Eiplasmas in einen ektodermalen und entodermalen Theil findet hier eben in Folge der eigenthümlichen unregelmäßigen Segmentation verhältnismäßig spät statt und bis da- hin besteht die große Zelle I aus Ektoderm + Entoderm. Darin muss ich Tessıy Recht geben, dass er die Embryonalform, welche durch die bisherigen Theilungen entstanden ist, als Sterroblastula bezeichnet. Auch bei Gallidina ist keine Spur eines Hohlraumes zwischen den Blastomeren vorhanden, sie schließen jeder Zeit innig zusammen. Eine einzige Angabe finden wir bezüglich 'einer Furchungshöhle bei Philo- dina roseola. Zacmarts hat bei der ersten Theilung des Eies da- selbst eine kleine Höhle zwischen den beiden Blastomeren bestimmt wahrgenommen und diese Erscheinung bei allen Eiern dieser Species feststellen können. Ich kann nicht entscheiden, ob wir es hier mit einer wirklichen Höhle zu thun haben, oder ob nicht etwa eine unserer Fig. 7 entsprechende Formation der Furchungskugeln eine centrale Höhle vorgetäuscht hat und der centrale Fortsatz der größeren Zelle daran Schuld war. Diese Höhle verschwindet schon bei der nächsten Theilung gänzlich, kann also den Typus der Furchung der Räderthier- eier nicht verändern, welcher in einem konstanten Aneinander- schließen aller Blastomeren einen seiner charakteristischsten Züge hat. War bisher die große Zelle I, welche wir von jetzt ab als Ento- - derm ansprechen wollen, an ihrer Stelle verblieben, ohne sich an den - Wanderungen der anderen Zellen zu betheiligen, so ist diese Ruhezeit f für sie vorüber. Die nun auftretenden Veränderungen können in F zweierlei Form sich geltend machen, entweder rückt die Zelle langsam als Ganzes gegen das Innere der Blastula vor oder, was häufiger ist, sie F erfährt gleichzeitig eine Theilung, Ersteres ist in Fig. 31, Letzteres in Fig. 32, 33 und 34 dargestellt. Im ersteren Falle sind die äußeren | Zellen noch bis zum Rande der Entodermzelle vorgeschritten, im letz- | teren reicht die sekundäre Entodermzelle e naturgemäß in Folge der 4 Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIII, Bd. 5 66 Carl Zelinka, selbständigeren Kugelform beider Zellen weiter nach hinten, wodurch die äußeren Zellen, um Platz zu machen, gegen den freien vorderen Pol verschoben werden. Die Theilung der Entodermzelle, welche mit ihren Abkömmlingen in den Figuren nunmehr statt mit / mit E, e ete. bezeichnet werden soll, findet durch eine schräg von vorn unten nach hinten oben laufende Ebene statt, welche die Zelle in E und e zerfällt (Fig. 34). In dieser gegenseitigen Stellung verharren diese Kugeln nur kurze Zeit, dann lagern sie sich hinter einander. Fast zur selben Zeit wird die Zelle E halbirt, und zwar durch eine in der Medianlinie lie- gende Ebene (Fig. 32 E,, E,). Die beiden daraus resultirenden Zellen sind gleich groß und bleiben neben einander liegen. Es ist nun verschieden, welche dieser Zellen zuerst eine weitere Veränderung erleiden. Es kann 1) die Zelle e durch eine schräge Ebene in ein oberes und unteres Stück getheilt werden (Fig. 36 eo, eu), während die Zellen E, und E, unverändert bleiben; 2) jede der Zellen E, und E, eine kleinere Kugel an der ven- trallateralen Partie ihres Umfanges nach hinten abgeben, welche kleineren Zellen diese Lage beibehalten, während die Zelle e wie früher zerfällt (Fig. 37, 38, &, &); 3) die Bildung von g, und & wie in 2 vor sich gehen, die Zelle e aber durch eine mediane Ebene in zwei neben einander liegende Theile getheilt werden (Fig. 40, Al, 42, e,, ea). Aus dieser Aufzählung ergiebt sich, dass die Kugeln E, und E, immer ihre kleinen Zellen g, und &, entstehen lassen, während es unbestimmt ist, ob die Zelle e zuerst durch eine mediane oder eine schräge Ebene, welche der Transversalebene nahe kommt, zerlegt wird. Schließlich ergiebt sich aber in beiden Fällen das gleiche Re- sultat, indem beide Ebenen, allerdings nach einander, auftreten und somit die Zelle e in vier Theilstücke, zwei dorsale und zwei ventrale, zwei rechte und zwei linke, zerlegt wird. Demnach besteht das Entoderm aus acht Zellen, zwei großen vor- deren, vier hinteren kleineren und zwei zwischen diesen und den vor- deren, an der ventralen Fläche gelagerten, mittlerer Größe. Inzwischen sind aber an den oberflächlichen Zellen wichtige Ver- änderungen eingetreten, welche, um diese Stadien richtig beurtheilen zu können, mit in Betracht gezogen werden müssen. Wir haben sie zur Zeit verlassen, als die ersten der Längsachse parallelen Furchen auftreten. Wie schon oben erwähnt, herrscht in deren Erscheinen keine Regelmäßigkeit, indem die rechte Seite vor der linken und der mittleren Partie davon befallen wird, was zur Folge Studien über Räderthiere. III. 67 hat, dass die mittlere und linke Zellreihe erst auf die besprochene Weise halbirt wird, während die Zellen der rechten Seite schon von einer neuen Theilung ergriffen werden. Auch in der Anordnung der so entstehenden Zellen tritt eine Veränderung ein; dieselben stellen sich nämlich alternirend zu denen der anderen Reihe ein, was schon in der schiefen Lage des Doppelsternes angedeutet sein kann. Es ist hervorzuheben, dass die drei stärker granulirten vorderen Endzellen der dorsalen Seite sich der bisher eingetretenen Zerfällung der übrigen Zellen in kleinere Theilprodukte nicht angeschlossen haben (Fig. 32). Erst ganz zum Schlusse zeigen sich in ihnen die An- zeichen einer mitotischen Kerntheilung, welche dann eine Zelltheilung nach sich zieht. Wie in dem übrigen Theile der oberflächlichen Zell- schicht ist auch jetzt die rechte Seite voraus (Fig. 33), und die Thei- lungsebene ist genau dieselbe, wie jene, welche ihre Schwestern in die ursprünglichen drei dorsalen Zellreihen zerlegte, nämlich zur Längs- achse parallel. Es entstehen dadurch sechs stärker granulirte Zellen, welche zu vorderst am vorderen Eipole liegen und die aus den dorsalen Elementen hervorgegangene Zellschicht vorn begrenzen (Fig. 34). Nur einmal fand ich diese Zellen schon in der Sechszahl, ehe sie den vorderen Pol erreicht hatten; dieses Vorkommnis habe ich in Fig. 31 abgebildet; hier ist eben so wenig wie an den gewöhnlichen Stadien eine regelmäßige Anordnung der dorsalen Zellen in Reihen erkennbar. Gleichzeitig mit den dorsalen Zellen werden auch die ventralen großen Blastomeren,, welche bereits seit dem in Fig. 30 abgebildeten Stadium in zwei Reihen zerlegt sind, durch der Längsachse parallele Ebenen weiter zerfällt. Die damit verknüpfte Verkleinerung der Blastomeren betrifft zu- erst vornehmlich die seitlichen, dann erst die beiden medianen Reihen und bedingt ein weniger tiefes Hineinragen jeder einzelnen Zelle in das Innere der Sterroblastula und zugleich eine größere Ausbreitung dieser Zellschicht in den Flächenausdehnungen. Durch den ersteren Umstand wird der Entodermzelle der Weg gegen den hinteren Eipol frei gemacht; der letztere jedoch bewirkt eine Fortsetzung der Wande- rungserscheinung, welche wir schon früher beobachten konnten, indem die ventralen Zellen namentlich in der Richtung nach hinten ihren Druck ausüben und bewirken, dass allmählich die vordersten dorsalen Zellen mit den sechs granulirten Zellen über den vorderen Eipol herum auf die Ventralfläche geschoben werden. Gleichzeitig zeigt sich auch eine Verschiebung von den Seiten her gegen die ventrale Medianlinie, welche darin am besten erkennbar ist, dass die erwähnten granulirten 5* 68 Carl Zelinka, Zellen eng zusammengerückt werden und nicht mehr in einem Kreis- bogen angeordnet bleiben (Fig. 34). Gleichzeitig ist die große Entodermzelle oder richtiger es sind ihre Theilprodukte gänzlich von der oberflächlichen Schicht eingeschlossen, es ist die Blastula in das Stadium der Gastrula übergegangen, welches sich gleich dem vorigen durch den absoluten Mangel jedes Hohlraumes, sei es einer Furchungs- oder Urdarmhöhle, auszeichnet. Die oberfläch- liche Zellschicht, das Ektoderm, zeigt deutlich das Prostoma, welches mit der Wanderung der Ektodermzellen ebenfalls seine Lage verändert hat, wie aus der Vergleichung der Fig. 33 und 35 hervorgeht, indem in ersterer das Prostoma noch ganz am vorderen Eipole zu finden ist. Das Ei besteht nunmehr aus einer ektodermalen Schicht kleinerer Zellen, welche, mit Ausnahme der sechs das Prostoma am vorderen Rande umgebenden, durch Dotter gelb gefärbten und etwas größeren Zellen, mit hellem Plasma versehen sind, und aus den im Inneren ein- geschlossenen großen, stark mit Nahrungsdotter erfüllten Entoderm- zellen, welche zur Zeit, als die Gastrulation beendet ist, in zwei vordere und eine hintere getheilt sind. Die Zeit vom Ausstoßen des Richtungskörperchens bis zur Voll- endung der Gastrulation beträgt 24 Stunden. Damit ist die Furchung vollendet, die Primitivorgane sind gebildet und das Ei tritt in das Stadium der Ania seiner bleibenden Organe. Brachionus scheint sich gar nicht von dem geschilderten ——-Furchungsmodus zu entfernen, so weit sich aus Sırexsky’s Arbeit er- kennen lässt, wenn sich auch SıLensky sehr kurz fasst. »Die Abkömm- linge der eben erwähnten Zellen der vier Säulen setzen ihre Theilung immer weiter fort, umhüllen die anderen mehr und mehr und nehmen dabei in ihrer Größe ab. Der Schluss dieses Processes besteht darin, dass die kleineren Zellen, in Form einer Schicht, die größeren und dunkleren vollständig umlagern. Das Ei kommt wieder zu seiner ovalen Form und besteht sodann aus zwei Schichten, deren weiteres Schicksal darauf hinweist, dass man sie nicht ohne Recht den Keimblättern der Wirbelthiere zur Seite stellt. Die Zellen beider Schichten, an Form vollkommen gleich, unterscheiden sich von einander nur durch den Körnchengehalt ihres Protoplasmas. Die Zellen des äußeren Blattes erscheinen uns, im Gegensatze zu denen des inneren, viel ärmer an Körnchen.« Wenn auch diese Schilderung die Vorgänge nur in den allgemein- sten Zügen berührt, so enthält sie doch nichts Unrichtiges. Geradezu als übereinstimmend mit meiner Fig. 34 oder 35 muss ich aber seine Fig. 4 bezeichnen, welche die Entodermzelle in der Umwachsung zeigt, “ > 4 | = ; CR Studien über Räderthiere. II. 69 - wobei die Ektodermzellen bereits die ventrale Fläche erreicht haben und die Entodermzelle nach hinten zu wandern im Begriffe ist. Als einzigen Unterschied können wir den Mangel der granulirten Zellen ansehen, welche sicherlich vorhanden sind, kennen wir sie doch bis jetzt von jedem Räderthier, welches genauer untersucht ist; ich selbst habe sie auch bei Rotifer, Philodina, und wie ich später zeigen werde, auch bei Melicerta gefunden. Doch braucht hier kein be- sonderer Verstoß von Seiten Sırensky’s vorzuliegen, da sie nicht bei allen Arten gleich deutlich auftreten, indem eine geringere Granulirung sie weniger in die Augen fallend macht, was bei Brachionus, dessen Eier ich noch nicht zu untersuchen Gelegenheit hatte, eben so wie bei manchen Philodiniden der Fall sein kann. Zudem sind in den 18 Jahren, seit Erscheinen der Arbeit Sırensky’s, die optischen Hilfsmittel unver- gleichlich besser geworden, was auch ins Gewicht fallen möchte. In der erst vor wenigen Jahren erschienenen Beschreibung von Zacuarus über die Entwicklungsvorgänge bei Rotifer vulgaris und Philodinaroseola vermissen wir jede einigermaßen genauere Darle- gung der Verhältnisse. Dass die Zeichnung Zacnarus’ von der Gastrula bei Philodina roseola kaum den Thatsachen entsprechen dürfte, hat schon Tessın erkannt. Die Entodermzelle wird nämlich (Fig. 5 gh) so klein und so weit vorn liegend gezeichnet, dass sie, auch wenn sie vom Ektoderm schon ganz eingeschlossen ist, gerade bis zur Mitte des Eies reicht. Die Unwahrscheinlichkeit, dass die kleinen Ektodermzellen sich so schmal und lang ausziehen sollten, um bis zum Entoderm zu reichen, hat Tessıy mit Recht hervorgehoben. Eben so unwahrscheinlich ist es aber auch, dass das Material des inneren Keimblattes in seinem Volumen so sehr gegen das Ektoderm zurücktritt. ZACHARLAS leitet das gesammte Ektoderm von den drei kleineren Zellen des Eies ab. »Diese sitzen der noch ungefurchten größeren Ei- hälfte sattelförmig auf und scheinen sich weiterhin auf Kosten der letzteren (die zusehends kleiner wird) zu vermehren.« Dass mit diesen letzteren Worten keine aktive Betheiligung der großen Zelle gemeint sein kann, wie sie thatsächlich vorhanden ist, erhellt aus den sofort darauf folgenden Zeilen: »Das Resultat dieser Vermehrung ist zugleich eine Umwachsung der bisher ungefurcht gebliebenen Eihälfte durch die Theilungsprodukte der ursprünglichen drei Blastomeren.« Das äußere und innere Keimblatt werden konform der Sırensky’schen Be- nennung bezeichnet; vom Entoderm wird nur gesagt, dass es sich zu furchen beginne, wenn die Umwachsung so weit fortgeschritten ist, dass nur noch eine kleine Öffnung (Blastoporus) zum Verschluss übrig bleibt. Nun soll bei Rotifer das Protoplasma der inzwischen durch E72 70 Carl Zelinka, fortgesetzte Theilung vermehrten und verkleinerten Blastomeren mit ‘einander verschmelzen, wodurch eine ziemlich diehte mit zahlreichen Kernen versehene Schicht entstehe, welche das Schicksal der großen Hypoblastzelle nicht mehr zu verfolgen gestatte. Wie wir sehen wer- den, tritt jedoch das Zellsyneytium der Haut sehr spät auf, erst nach- dem alle Organe angelegt sind. Tessın liefert uns eine sorgfältige Darstellung der Vorgänge bei Eosphora, wodurch wir in die Lage versetzt sind, eine genaue Ver- gleichung anzustellen, welche eine weitgehende Übereinstimmung nachweist. Auch bei Eosphora werden die dorsalen Zellen durch zur Längsachse parallele Ebenen zerlegt, nur gehen diese Dinge bei Calli- dina durchaus nicht mit der Regelmäßigkeit vor sich, wie bei der ersteren Form; man könnte überhaupt die Furchung von Eosphora, so wie sie Tessın schildert, das Schema der Furchung der Räderthier- eier nennen, mit solcher symmetrischen Exaktheit liegen die in den Figuren abgebildeten Stadien vor unseren Augen. Ein anderer untergeordneter Unterschied ist, dass die Zerfällung der dorsalen Zellen in sechs Reihen schon stattfindet, bevor sie noch das Vorderende erreicht haben und auch die granulirten Zellen schon um diese Zeit getheilt werden, während bei Gallidina letzterer Process erst zum Schlusse eingeleitet wird und die dorsalen Zellen in der Regel schon früh die ganze dorsale Seite bedecken, und dass ferner die granulirten Zellen gleichzeitig mit den übrigen Ektodermzellen zerfällt werden. Auch die Theilung des Entoderms scheint in etwas verschiedener Weise vor sich zu gehen, da, nachdem in Übereinstimmung mit Calli- dina das dreizellige Stadium entstanden ist, welches Tessın in Fig. 27 gezeichnet hat, die hintere Zelle lange Zeit ungetheilt zu bleiben scheint, wenigstens finden wir sie noch in der Zeit, wenn die granulirten Ekto- dermzellen schon in das Innere der Gastrula verlegt worden sind, noch in unveränderten Verhältnissen, während bei Gallidina bereits die Viertheilung eingetreten ist. Alles Übrige läuft bei beiden Formen ganz gleich ab. Die Art der Theilung der Ektodermzellen, das Wandern derselben gegen den vorderen Pol, die Verschiebung des Prostoma auf die Bauch- seite, die Entstehung der granulirten Zellen und deren Lage am Ur- mund, die ersten Theilungen der Entodermzelle sind Vorgänge, deren sichere Übereinstimmung festgestellt werden konnte. Studien über Räderthiere. III. 71 I. Anlage der Organe. A. Anlage des Kopfes, Mundes und Schwanzes. Die nächste Veränderung am Ei betrifft die sechs granulirten Zellen. Schon früher wurde erwähnt, dass gleichzeitig mit der Verlagerung des Urmundes vom Vorderende auf die Bauchseite, bewirkt durch die Wanderung der dorsalen Zellen von hinten nach vorn, auch ein seit- licher Druck auf die ventrale Mittellinie ausgeübt wird, dessen Folgen in der Verschiebung der granulirten Zellen aus ihrer halbkreisförmigen Lage zu erkennen sind. Meist wird eine von ihnen in die Mitte der übrigen geschoben (Fig. 35), worauf sie eng an einander gepresst werden. Sie werden sodann von den Ektodermzellen überwachsen und in die Tiefe verlagert. Dies wird eingeleitet, indem jene Stelle des Ektoderms, an welcher sie sich (Fig. 36) befinden, sich gegen den Rücken und gegen innen einsenkt. Ermöglicht wird das, indem das Entoderm nach hinten ausweicht, wodurch die Ektodermzellen des hinteren Poles, bisher zu den höchsten und größten Zellen gehörig, ebenfalls zum Ausweichen genöthigt werden; sie theilen sich demnach, werden niedriger und kleiner und breiten sich mehr nach vorn aus, was eine Anhäufung von Ektodermzellen am vorderen Pole zur Folge hat (Fig. 37). Während die granulirten Zellen und die zunächst liegende Partie des ventralen Ektoderms hinter dem Blastoporus immer tiefer einsinken, werden die Ektodermzellen über die granulirten hinüber geschoben und die letzteren vollkommen überdeckt, so dass die Ekto- dermzellen endlich an der Stelle des Blastoporus an einander schließen (Fig. 38). Das Ei ist in diesem Momente am Vorderende spitzer wie am Hinter- ende. Dann findet eine allmähliche Ausgleichung zur ovalen Form statt. In dieser Zeit sind die ventralen Ektodermzellen noch viel größer als die übrigen, wie man am besten am Längsschnitte sehen kann. Die Stelle, wo sich das Ektoderm geschlossen hat, ist gerade dadurch sehr deutlich geblieben, weil die kleineren von der dorsalen Seite gekom- menen Zellen unmittelbar an die großen Ektodermzellen der ventralen Seite stoßen und ohne Übergang daselbst sich an einander legen (Fig. 39). Von der Fläche ist diese Stelle durch eine quer bogenförmige Furche, deren hinterer Wall höher ist, angedeutet. Die größten Ektodermzellen, jene der ventralen Fläche, fallen bald der Theilung anheim, und wir finden dann eine Zeit lang die relativ größten Zellen am Hinterende, mit einem Längendurchmesser von ——-0,047—0,02 mm; sie sind also nicht viel größer als die Zellkerne der % großen Entodermzellen, welche 0,016 mm im Durchmesser haben. Am 72 ‘Carl Zelinka, Vorderende sind die Ektodermzellen während längerer Zeit platt und gewinnen erst später eine andere Form. Bis nun ist keine Veränderung an den granulirten Zellen zu be- merken; sie liegen in ihrer ursprünglichen Zahl dicht oft asymmetrisch auf eine Seite zusammengedrängt und nehmen jetzt den vorderen Theil des vom äußeren Ektodermbelage umschlossenen Innenraumes ein, dessen hintere und mittlere Partie dem Entoderm zugewiesen ist. Vom Entoderm sind diese eingeschlossenen Ektodermzellen sehr leicht zu unterscheiden, auch wenn man ihre Entstehung nicht verfolgt hat, indem nicht nur die Größe der Entodermzellen ein wichtiges Merk- mal dafür abgiebt, sondern auch das Ektoderm rings herum eine Art Einschnürung bildet, welche allerdings nicht äußerlich bemerkbar ist, sondern dadurch zu Stande kommt, dass diese granulirte Zellenmasse mit kleinerer Basis auf den beiden vordersten massigen Zellen des Ento- derms aufsitzen und das fest anliegende Ektoderm an dieser Stelle höhere Zellen besitzt. Bald, nachdem die granulirten Zellen eingeschlossen sind, fangen sie an sich zu theilen. Die Zellen selbst und ihre Theilstücke liegen zuerst ganz unsymmetrisch (Fig. 41 Gr). Im Längsschnitte erweisen sie sich als in zwei Lagen angeordnet (Fig. 42). Die Theilungen finden in jeder Lage für sich statt. Zum Schluss ordnen sich die Zellen voll- kommen symmetrisch an, wie Fig. 43 zeigt. Es ergiebt sich als Resul- tat der Theilungen eine das erste Drittel des Innenraumes des Embryo einnehmende granulirte aus zwei Lagen bestehende Zellplatte, deren hinterer Rand in ziemlich gerader Linie quer abschließt. Ein Vor- wachsen einzelner Zellreihen in Form von Streifen, worauf vor Allem das Augenmerk gerichtet war, findet nirgends statt. Dies ist um so leichter festzustellen, als die übrigen inneren Zellen, die des Entoderms, zur selben Zeit gänzlich unverändert in einem Ruhezustande in der erlangten Achtzahl verharren und eine Verwechslung beider Zellarten durch die Größendifferenz derselben ausgeschlossen ist. Etwa fünf Stunden, nachdem der Process der Umwaehsung der granulirten Zellen begonnen hat, ist die erwähnte Zellplatte ausgebil- det und bald darauf, kaum eine Stunde später, ist schon das Entoderm in voller Theilung begriffen. Wie alle Theilungen bisher, erfolgt auch diese unsymmetrisch. Zunächst wird die ventrale Partie davon er- griffen, indem die zwei Zellen &, und & in je drei Zellen getheilt wer- den, dabei ist die eine Seite voraus, was zur Folge hat, dass die Theil- stücke dieser Seite überwiegend sich ausbreiten, und die andere Seite zurückdrängen. | Fig. 4 stellt das Stadium dar, in welchem beide Zellen ihre Thei- Studien über Räderthiere. II. #7» ‚lungen vollendet haben. Die beiden grauen Entodermkugeln, welche „darunter liegen, sind die früher vorn gelegenen Zellen #, und. E35, ‚welche demnach durch die Ausbreitung der granulirten Zellen eine ‚Verschiebung nach hinten erlitten haben, so dass nunmehr die Zellen E,, Ey und &,, & über einander liegen. Sodann theilen sich auch die ersteren in gleicher Weise wie & und &. Die Zellen e, und e, befinden sich noch am Hinterende; es sind, wie früher dargelegt, vier solcher ‚Zellen im Ganzen vorhanden, Die Abkömmlinge der vier vorderen Ento- ‚dermzellen legen sich als zusammengehörig zu einer rundlichen Masse zusammen, die vier hinteren Zellen, welche, wie wir wissen, aus der einen Entodermzelle am hinteren Ende entstanden sind, bleiben von dieser Masse ausgeschlossen und erscheinen für sich ebenfalls als zu- ‚sammengehörig (Fig. 45). Ein wichtiges Ereignis betrifft gleichzeitig das Ektoderm. Dasselbe ist noch 'heller geworden und hebt sich daher scharf vom gelblichen Inneren ab, so dass: man schon am lebenden Ei den zu erwähnenden Vorgang beobachten kann. An derselben Stelle nämlich, wo sich das Ektoderm über den granulirten Zellen schloss, senkt es sich breit ein, vertieft sich trichterförmig, um endlich in Form eines engen eylindri- schen Rohres in die Tiefe zu sinken, welches sich schräg nach hinten erstreckt und so ziemlich in die Mitte der Zellplatte trifft, deren Ent- stehung aus den granulirten Ektodermzellen wir oben verfolgt haben. Wir haben hier die Anlage des Mundes und des Schlundes vor uns (Fig. 45). Durch die Einsenkung des oberen Keimblattes wird die zweischichtige Zellplatte Gr aus ihrer Form gebracht und ein- gestülpt. Ihre obere Schicht legt sich dem Mundrohre dicht an, die untere Schicht folgt der ersteren in der Form nach, so dass die Gestalt ‚eines Bechers erlangt wird. Von der Bauchseite gesehen giebt sich diese Anlehnung an die Mundeinstülpung und der formbildende Ein- _ fluss der letzteren ebenfalls zu erkennen, indem sich die Elemente der Platte koncentrisch zur Schlundröhre stellen. In Fig. 44 ist dies darge- stellt. Zum Verständnisse dieser Abbildung diene, dass die hellen Zellen um den Mund dem oberflächlichen Ektoderm angehören, und die granulirten Zellen so gezeichnet sind, wie sie in ihrer Schichten- ) - folge beim Senken des Tubus erscheinen. Man findet also im Inneren sodann außer den beiden Entoderm- massen eine dritte, von ersteren wohl getrennte rundliche Zellen- . gruppe, welche das vordere Ende einnimmt. Zu dieser Zeit ist noch die Unterscheidung der vorderen und der mittleren Gruppe, wo sie - an einander stoßen, leicht möglich, da die vom Ektoderm stammenden | Zellen kenntlich kleiner sind, wie die Entodermzellen. Später, wenn 74 Carl Zelinka, die Zellen des inneren Keimblattes kleiner geworden sind, wird die Auseinanderhaltung schwieriger; nicht selten bilden dann die an ein- ander stoßenden Theile des granulirten Ektoderms und des Entoderms je nach der Lage des Eies, Reihen von scheinbar zusammengehörigen Zellen, welche nach hinten gewachsene spiralig eingerollte Zell- streifen vortäuschen können. Bisher war die ektodermale äußere Schicht des Embryo aus ver- hältnismäßig wenigen und großen Zellen zusammengesetzt. Von der Entstehung des Mundes an tritt nun der Embryo in das Stadium der Faltenbildung des Körpers, welcher Vorgang durch reichliche Zell- theilungen im oberen Keimblatte eingeleitet wird. Am spätesten theilen sich, wie bisher, die Zellen auf der ventralen Fläche hinter dem Munde. In dieser Zeit sind Zellen von der verschiedensten Größe zu finden, breite neben Gruppen von sehr schmalen und hohen Zellen, indem die Theilungen unregelmäßig vor sich gehen. Eine vollkommene Gleichheit in diesen Ektodermzellen ist auch später nicht mehr zu fin- den, weil gleichzeitig bedeutende Spannungen eintreten, welche die Zellen zusammendrücken und schließlich in gewaltigen Verschiebun- gen derselben ihren Ausdruck finden. Zunächst bemerkt man eine Veränderung in der Nähe des Mun- des, indem die umliegende Partie, namentlich gegen die Seiten zu, etwas einsinkt, so dass sie sogar etwas tiefer liegt als der Mundeingang. Die äußere Form verändert sich in der Folge jedoch bedeutend. Es rückt die Mundöffnung etwas nach hinten, wodurch das Mundrohr schräg nach vorn gerichtet wird, der Körper krümmt sich gegen die ventrale Fläche ein, so dass das frühere Vorder- und Hinterende nahe an einander liegen. Ihre Grenze ist die Mundeinstülpung, welche bald in der Mitte der Bauchfläche angelangt ist und daselbst längere Zeit verharrt. Gleichzeitig macht sich an der vor der Mundöffnung gelege- nen Partie eine Veränderung bemerkbar, indem sich median ein Hügel erhebt, welcher nach vorn und an den Seiten von einem flachen Wall, der als eine Fortsetzung der seitlichen Ränder der erwähnten Ein- senkung erscheint, begrenzt ist. Der Kopfhügel erweist sich später als die Stelle, an welcher die Organe des Kopfendes auftreten, während der Wall als primitives Räderorgan bezeichnet werden muss. Nun findet eine neuerliche Ausbreitung des Ektoderms von der Rückenfläche gegen die Bauchseite statt, an welcher hinter der Mund- einstülpung eine neue Einsenkung des oberen Keimblattes stattfindet. Diese erstreckt sich nicht so tief wie die des Mundes und ist auch nicht cylindrisch, sondern zeigt die Form einer queren nach vorn halbmond- förmig gekrümmten Furche (Fig. 47 Sp). Mit dem Auftreten dieser Studien über Räderthiere. II. 75 Vertiefung ist der Unterlippenhügel (U) und Schwanz des Thieres (Schw) angelegt. Gleichzeitig sinkt das Ektoderm an den beiden Seiten der Bauchfläche in zwei der Medianlinie parallelen Richtungen ein. Diese Furchen stoßen hinten an die Ecken der Schwanzfurche und enden vorn sanft verflacht in dem Walle vor dem Kopfhügel. Der äußere Rand der Furchen erhebt sich ebenfalls wallartig in die Höhe, wodurch an der Bauchseite zwei seitliche Lappen angedeutet werden (Z). Zu dieser Zeit liegt der Mund nicht mehr an derselben Stelle wie früher, sondern ist wieder etwas nach vorn gewandert. Es macht sich jetzt die Einkrümmung des Körpers nach der Bauchseite weniger gel- tend, die beiden Enden desselben rücken auf dieser Fläche etwas aus einander, um der Unterlippe Platz zu machen. An den inneren Zell- gruppen kann der Erfolg der Verschiebungen am leichtesten erkannt werden. Eine Vergleichung der Figuren 45 und 46 wird diese Ver- schiebungen am besten darlegen. Vorausschicken muss ich, dass Fig. 46 nach einem größeren Eie gezeichnet wurde, als die vorhergehende, was die größere Masse der inneren Zellen erklärt. Das Vorderende V wurde zuerst bis in die Mitte und dann bis in das erste Drittel der ventralen Fläche zurück verschoben, die ihm anliegenden granulirten Zellen folgten ihm und so kommt es, dass jene, welche früher dorsal gelagert waren, jetzt am vorderen Eipole liegen. Der letztere zeigt jetzt eine abgeflachte Form. Die Schlundeinstülpung hat sich vertieft und sich mit der Wanderung des Mundes aus der schiefen Richtung aufgerichtet und steht fast senkrecht zur Bauchfläche. Eine ähnliche bedeutende Verlagerung hat das Hinterende erfah- ren. Mit dem Einsinken der Schwanzfurche ist vorläufig dieser Process beendet, welcher darin besteht, dass das Ektoderm des Hinteren- des mit den ihm anliegenden vier Entodermzellen (eo,, eo,, eu, eu, in den Fig. 33 —45) ventralwärts nach vorn wandert und im Median- schnitte (Fig. 46) einen nach vorn und unten hervorstehenden Zipfel (S) bildet. Die vier Entodermzellen bleiben dem Ektoderm anliegend und theilen sich in dieser Zeit derart, dass eine zweischichtige, mit alternirend liegenden Zellen ausgestattete Platte entsteht, welche im ‚Medianschnitte dreieckig erscheint. Zwei Seiten liegen dem Ektoderm, die dritte der mittleren Partie des Entoderms an (e,). Diese letztere hat ebenfalls eine kleine Gestalts- und Lageveränderung erfahren, indem früher ganz dorsal gelegene Theile jetzt am Hinterende erscheinen. | Die von Sırensky gelieferte Beschreibung jener Stadien, welche _ der Furchung unmittelbar folgen, steht nur zum Theile mit den vor- liegenden Ergebnissen im Einklange. Er lässt das Ektoderm sich an derselben Stelle, welche später zur Bauchseite des Embryo wird, 76 ‘Carl Zelinka, nach innen einstülpen und sagt darüber: »Diesen Einstülpungsprocess zu vermitteln sinken zwei an einander stoßende Zellen des oberen Blattes ins Innere des Eies hinab und lassen die Einstülpungsöffnung anfänglich in Form einer 8 erscheinen, welche, durch allmähliches Nachsinken der Nachbarzellen , immer weiter und tiefer wird, und als primitive Einstülpung bezeichnet werden kann.« Indem sodann auf eine analoge Einstülpung bei Galyptraea hingewiesen wird, bei wel- cher dieselbe Einsenkung die gleiche Rolle spielt, nämlich den frühesten Organen zur Anlage dient, fährt Sırensky fort: »Die primitive Ein- stülpung, wie aus Fig. 7 ersichtlich, ist von beinahe ovaler Gestalt, und zeigt dieselben Formverhältnisse, wie sie bei der Calyptraea vorkom- men. Die beiden Seitenwände bilden der Längsachse des Eies parallel gestellte Wülste; Rück- und Vorderwand bestehen aus zwei Höckern, die an die Seitenwände stoßen und die Öffnung schließen. Ähnlich wie aus beiden Seitenwänden der primitiven Einstülpung der Galyptraea ihre beiden Segel entstehen, bilden sich auch hier — aus entsprechen- den Theilen — aus den Seitenwänden die beiden Lappen das Räder- apparates, aus Vorder- und Rückwand — das Kopfende und der Fuß.« Wir kennen nun zweierlei Ektodermeinstülpungen, die der granulirten Zellen und die später eintretende des Mundes. Keine von diesen lässt sich mit der geschilderten primitiven Einstülpung ganz vergleichen. Die Verlagerung der granulirten Zellen in die Tiefe geht nicht in dieser Form und an dieser Stelle vor sich, eben so wenig trifft man darauf - eine ovale Grube, sondern die Öffnung schließt sich ganz und die Stelle wird nur durch eine Querfurche bezeichnet. Noch weniger stimmt die Bildung der Mundöffnung mit der Beschreibung überein. Erstens wird sie bei Gallidina nicht in der Mitte der Bauchfläche angelegt und zweitens soll in der Tiefe der primitiven Einstülpung bei Brachionus erst später die Mundöffnung sich bilden. Die Umgrenzungen der Mundeinstülpung bei unserem Thiere haben allerdings ähnliche Bestimmungen, wie die der primitiven Ein- stülpung bei Brachionus, über die Bildung des Mundes sagt aber SıLEnsky später, dass sich am Boden der primitiven Einstülpung, in der Gegend des Kopftheiles eine kleine trichterförmige Vertiefung des oberen Blattes ‚bilde, welche die Anlage des Vorderdarmes wie auch des Mundes darstelle. Wir können uns nur so zurecht finden, dass wir annehmen, Sırensky habe die granulirten Zellen und deren Einstülpung ganz übersehen und es gehe außerdem die Mundanlage etwas anders vor sich als bei unserer Callidina, an welcher keine ovale Grube an der Bauchseite auftritt, in deren Grunde erst der Mund entstünde, son- dern bei welcher zuerst der Mund entsteht; dann tritt eine schwache Studien über Räderthiere. Ill, 77 Einsenkung der Umgebung auf und eine gegen die Bauchseite erfolgende Einkrümmung der Körperenden verlegt denselben tiefer, wodurch vielleicht etwas Ähnliches wie die primitive Einstülpung SaLensky’s gebildet wird, zumal da zu Seiten des Mundes die beschriebenen nie- deren Lappen auftreten und die vordere Partie zum Kopfe wird. Aber auch bei dieser Erklärung finden wir einen Punkt, bei wel- chem eine unausgleichbare Differenz besteht; es ist dies die Frage der Entstehung der Unterlippe. Bei Gallidina ist der Fuß erst dann in seinen Grenzen bestimmt, wenn sich die Unterlippe durch eine Quer- furche abgetrennt hat, Sırensky lässt aus der Rückwand der primitiven Einstülpung den Fuß hervorgehen und später erst die Unterlippe aus der Tiefe der Einstülpung emporwachsen. Er sagt: »Zwischen Mund- einstülpung und Basis des Fußes erhebt sich buckelförmig das obere Keimblatt, aus dessen emporgerichteten Theile sich im Laufe der Zeit ein Organ bildet, das man als Unterlippenhügel bezeichnen kann.« SuLensky lässt die wichtigen Organe: Kopf, Unterlippe, Schwanz in der immer ovalen Einstülpung eingeschlossen sein, Verhältnisse, ‚die bei Gallidina nicht zu treffen sind, ‚wenn man nicht die ventrale Einkrümmung des Embryo mit der primitiven Einstülpung verglei- chen will. Es wäre allerdings noch eine andere Deutung möglich, wenn man annehmen wollte, dass die schwache ventrale Einsenkung, welche die Einkrümmung des Embryo einleitet und nach der Bildung der Unter- lippe auftritt, mit der Sırexskv’schen primitiven Einstülpung zu ver- gleichen sei; demnach würde die letztere bei Gallidina später auf- treten als bei Brachionus und nicht jene wichtige Beziehung ihrer Hinterwand zur Genese des Fußes erkennen lassen. Welcher von bei- den Anschauungen man sich zuzuwenden habe, kann ich, da ich die Entwicklung von Brachionus noch nicht aus eigener Anschauung kenne, nicht entscheiden. Von den Vorgängen beı Rotifer vulgaris und Philodina roseola erfahren wir durch ZıcuArıss nur wenig, und dieses Wenige ist unrichtig. Bei Philodina häuft sich in der Entodermzelle zinno- berrother Dotter in größerer Menge an, wodurch sie durch ihre Farbe leicht kenntlich wird. Bevor sich der Blastoporus vollständig schließt trennen sich von dem Hypoblast zwei kleinere Theilstücke ab, die sich durch ihren großen Körnerreichthum deutlich markiren. Sie haben eine hochrothe Farbe und liegen dicht vor dem Blastoporus nach innen zuc. Zucuarus erklärt sie für Mesoderm. Diese Mesoblastanlage bilde keine Schicht, wie es in der Zeichnung scheinen könnte, sondern einen Zellstrang, der von beiden Seiten her nach dem vorderen (da 78 Carl Zelinka, "ZacuarIas die Pole verwechselt, richtiger »hinteren«) Körperende zu zwischen Ektoderm und Entoderm wächst. ZacHarIas war nicht im Stande, diese Zellen im weiteren Wachsthum zu verfolgen, da ihm die beginnende Furchung der Entodermzelle die Unterscheidung dieser Zellen vom inneren Keimblatte unmöglich machte. Er erkannte nur noch, dass der »Mesoblastzellenstrang« nach einer Drehung des Eies um seine Längsachse gesehen »nicht central sondern der einen Eihälfte mehr genähert« als der anderen verlaufe. Ich muss Tessın in seinen diesbezüglichen Erörterungen vollkom- men Recht geben. Die hochrothen Zellen sind nichts Anderes als jene granulirten Ektodermzellen bei Gallidina und Eosphora, welche ins Innere gelangen, sie stammen sicher nicht vom Entoderm ab, trotz der Versicherung von Zacuarıas, dass er diese Abstammung zweifellos konstatirt habe. Auch die Verwechslung bezüglich des vorderen und hinteren Körperendes hat Tessın festgestellt. Ich hätte nur hinzuzu- fügen, dass die Behauptung von Zacnuaruas bezüglich der Abstammung der hochrothen Zellen wohl so zu erklären ist, dass sie erst zu einer be- stimmten Zeit eine so intensive rothe Färbung erhalten, und daher früher dem Beobachter entgingen. Auch bei Gallidina haben diese Zellen beziehungsweise jene Partien der drei Blastomeren, aus welchen sie hervorgehen, vom Anfange an nicht die auffallende gelbe Färbung, die ihnen später zukommt, sondern sie gewinnen sie erst allmählich. Es scheint bei Callidina wie Philodina also das Dottermaterial sich erst nach und nach entweder an diesen Punkten anzusammeln oder durch irgend welche Vorgänge des Stoffumsatzes eine intensivere Fär- bung anzunehmen. Was die mit beneidenswerther Sicherheit ausgesprochene Behaup- tung, man habe es mit einem Zellstrange und keiner Schicht zu thun, an- belangt, so ist gerade das Gegentheil der Fall. Die Fig. 5 g bei Zacuarıas entspricht zweifellos einer Seitenansicht des Eies, an welcher die zwei Schichten der Zellen zu sehen sind, während Fig. 5 h — etwa unserer Fig. 34 entsprechend — eine ventrale Ansicht darbietet, in der die hochrothen Zellen in einer gekrümmten Reihe angeordnet erscheinen. Das Vorwachsen dieser Zellreihe an beiden Seiten gegen das andere Eiende hat Zacnarıas nicht beobachtet, sondern als ein Postulat seiner irrigen Voraussetzung von der Homologie dieser Zellen mit den Meso- dermstreifen beziehungsweise den Urzellen des Mesoderms bei Poly- gordius als sicher angenommen. Von der Entwicklung der Körperform bei Rotifer vulgaris weiß ZacuArıas nur zu erzählen, dass durch eine früh auftretende quere Furche auf der Bauchseite sich zunächst ein Kopf- und Schwanztheil Studien über Räderthiere. III. 79 ausbilde.. An dem Kopfe » treten sehr bald die zarten Umrisse des Räder- organs in Gestalt zweier halbkreisförmiger Falten hervor, die in einer Mittellinie, dem späteren Schlundrohr, zusammenstoßen«. Wir werden sehen, dass diese Bildungen durchaus nicht so einfach vor sich gehen. Die ausführlichsten Nachrichten über diese Stadien haben wir wieder von Tessın erhalten. Er schildert die Lage der sechs granulir- ten Zellen an dem Prostomarande und deren Überwachsung vom Ekto- derm ganz übereinstimmend mit meinen Befunden an Callidina. Ein Unterschied, wohl nicht wesentlicher Natur, liegt erstens darin, dass die granulirten Zellen bei Callidina viel größer sind als die übrigen Ektodermelemente, während sie bei Eosphora genau die gleichen Volumina zeigen wie diese, und zweitens in dem Umstande, dass sie sich bei Callidina erst theilen, nachdem sie vom Ektoderm ganz eingeschlossen sind, bei Eosphora jedoch schon, bevor sie noch die ventrale Fläche ganz erreicht haben. Sie breiten sich dann zu einer Zellschicht aus, welche kappenartig das vordere Ende des Entoderms bedeckt. Was die Deutung dieser Elemente anbelangt, so werde ich im theoretischen Theile begründen, wieso ich mit Tessın darin nicht übereinstimme. | Über die Schließung des Prostoma konnte Tessın nichts Sicheres ermitteln, doch erkannte er, dass es nicht direkt in den eigentlichen Mund übergeht. Die Mundeinstülpung sah er genau an derselben Stelle dem eingestülpten granulirten Theil des Ektoderms nachwachsen und giebt dafür zunächst eine schräge Richtung nach vorn an. Wir wissen, dass das Mundrohr im Laufe der ektodermalen Verschiebungen dreimal seine Richtung ändert, zuerst liegt es schräg nach hinten, dann wird es durch die Wanderung des Mundes schräg nach vorn gerichtet, und zur Zeit der Bildung der Unterlippe läuft es senkrecht in das Innere hinein, da die Mundöffnung dann wieder etwas nach vorn wandert, die Richtung also keine konstante ist. Die Beziehungen der Mundeinstülpung zu den granulirten Zell- schichten sind Tessın unbekannt geblieben. Die zwei Zeichnungen Fig. 41 und 42 sind zweifellos aus einem viel späteren Stadium als dieser Beobachter annimmt, zudem ist die Konservirung keine gute, auch sind sie nicht median ausgefallen, so dass sie zur Erklärung in der Medianlinie liegender Organe, wie Mundrohr, Pharynx und Darm nur mit Vorsicht zu Rathe gezogen werden können. Tessın spricht in Anlehnung an diese Schnitte aus, dass die Masse der eingestülpten Ektodermzellen noch bedeutend zugenommen habe, so dass schließlich der ganze vordere Körperabschnitt nur vom Ektoderm erfüllt sei. Dies ist richtig, nur sind die hinzugekommenen Ektodermzellen in Fig. 42 80 - 0» arl Zelinka, nicht auf demselben Weg ins Innere gelangt, wie die in Fig. 41, wie man nach dieser Schilderung annehmen müsste. Dies zu erörtern irn später Gelegenheit sein. Hinsichtlich der von Tessın gegebenen Zeictihngeit Fig. 31, 39 und 33 hätte ich zu bemerken, dass ich bei keinem der Rhdertkidrem- bryonen, welche ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, solche Zwischen- räume zwischen Ektoderm und Entoderm zu sehen im Stande war, wie sie hier mit größter Deutlichkeit gezeichnet sind, immer schlossen im Gegentheil diese beiden Keimblätter eng an einander, so dass niemals eine Furchungshöhle auftrat. Mir scheinen diese Figuren zu schema- tisch zu sein, als dass sie in der Beschreibung einer einzelnen Entwick- lung (Eosphora) gerechtfertigt wären, da mir das Aneinanderschließen der Keimblätter im lebenden Zustande für die Bau charakte- ristisch zu sein scheint. Tessın konnte, was die primitive Einstülpung Sıenskv’s anlangt, diesem Forscher eben so wie ich nicht ganz zustimmen, sondern sprach die Ansicht aus, dass diese Einsenkung nicht so selbständig entstehe, sondern von der Mundeinstülpung ausgehe. Es geht also der Bildung der »primitiven Einstülpung« auch bei Eosphora die des Mundes voraus, wie es bei Gallidina der Fall ist. Die Beschreibung SArEnsky’s über diesen Punkt bedarf wohl noch der Bestätigung. Hervorzuheben ist die Angabe, dass bei Eosphora die seitlichen Ränder der Einisen- kung eine Vorbauchung zeigen, welche immer deutlicher wird. Diese Thatsache wird von Tsssın in seinen phylogenetischen Erörterungen verwerthet. Bei Gallidina treten diese Ränder allerdings nicht viel stärker hervor, wie der Wall um den Kopfhügel. Die Bildung der Unterlippe hat Tessın übersehen. Nach ihm wölbt sich der hintere Rand der Einstülpung in Form eines konischen Fort- satzes gegen die Bauchseite vor und bildet die Anlage des Schwanzes, bei Gallidina geht aus dem hinteren Rand der Einsenkung die Unterlippe hervor. Als ein Verdienst Tessın’s haben wir es anzuer- kennen, dass er zuerst auf die wichtige Thatsache hinwies, dass der »Fuß« anfänglich vom Entoderm erfüllt ist. Dies ist eine der bedeu- tendsten Entdeckungen in der Räderthierembryologie. Was das Entoderm betrifft, so konnte Tessın die Theilung der großen Zelle so weit verfolgen, dass er zuerst die Abschnürung einer hinteren kleineren Zelle und die folgende Zerfällung des vorderen größe- ren Stückes in zwei Blastomeren festzustellen vermochte. Diese letzte- ren sollen sich in je zwei gleich große hinter einander liegende Stücke theilen, so dass nun fünf gleich große Zellen vorhanden sind. Dieser Theilungsmodus entspricht einem der von Gallidina geschilderten Studien über Räderthiere. III. S1 bis auf den Umstand, dass bei letzterer Form die Kugeln nicht hinter ‚einander liegen, sondern die mittleren Blastomeren gegen die Bauch- seite verschoben sind. Die weiteren Theilungen entgingen Tessın, er hebt nur hervor, dass keine dieser Zellen sich vor den übrigen aus- zeichne, so dass man etwa Merkmale einer entodermalen Mesoderm- bildung fände. Das Ergebnis der entodermalen Theilungen ist eine kompakte Zellenmasse mit radiärer Anordnung ihrer Theile, ohne Darm- höhle. Auch Gallidina lässt aus den vier vorderen Entodermzellen eine ganz gleich gebaute Masse hervorgehen. Die Beziehungen der Abkömmlinge der hinteren vier Entodermzellen im Embryo sind Tessın unbekannt geblieben. B. Anlage der Genitalorgane, des Gehirns, des Pharynx und der Klebdrüsen. Zuvörderst möge die Gestaltung des Körpers im Allgemeinen be- sprochen werden. Der Embryo zeigt zunächst ein bedeutendes Wachs- thum des Hinterendes, welches in ganzer Breite seiner anfänglichen Anlage nach vorn wächst. Bald wird der Hinterrand der Unterlippe. verdeckt (Fig. 49). Dieses Vorwachsen findet unter fortschreitender Einkrümmung des ganzen Körpers statt, wodurch die Unterlippe immer tiefer hinuntersinkt. Dieselbe ist von der ventralen Fläche gesehen von nierenförmiger Gestalt mit nach vorn gerichteter Konvexität. Da auch der Vordertheil des Embryo zur Zeit dieser Einkrümmung etwas nach hinten wächst, wird der Mund in der ventralen Ansicht verdeckt und die Unterlippe scheint sich dicht an den Kopf anzuschmiegen. Dass jedoch ein Verschluss der Mundeinstülpung nicht stattfindet, kann an Längsschnitten (Fig. 51 M) nachgewiesen werden. Der Vordertheil ver- ändert sich ebenfalls erheblich. Der im Stadium der Mund- und Unter- lippenbildung sich erhebende Hügel und der ihn umgebende Wall, der noch in Fig. 48 deutlich zu sehen ist, verschmelzen zu einer sich über das ventrale Niveau erhebenden gewölbten nierenförmigen Platte (Fig. 49 K), deren Mittelpartie sich nicht mehr darüber erhebt, wie eine Seitenansicht zeigt. Die Fortsetzungen des ehemaligen Walles nach den Seiten des Körpers verschwinden, indem sie in der zwischen Kopf - und Schwanz auftretenden Einschnürung in das Niveau zurücksinken. : Somit zeigt der Embryo jetzt an der Ventralseite den nach vorn rund- 3 lich ausgebauchten Hintertheil, die nierenförmige Kopfplatte, die 4 Unterlippe und die Einschnürung an den Seiten des Körpers, letztere genetisch zusammenhängend mit der vorschreitenden Krümmung des En, Körpers. i In der Folge nimmt die Krümmung immer zu, der Schwanz wächst Zeitschrift f, wissensch, Zoologie, LIIL, Ba. 6 an TR 82 Carl Zelinka, über die Unterlippe hinüber und schließt an die Kopfplatte an. Sein Wachsthum ist kein allseitiges gleiches, sondern betrifft am meisten die Mittelpartie, welche sich auch in Form eines Wulstes vorwölbt. DieKopfplatte hat ihren nierenförmigen Umriss durch Einziehungdes hinteren Randes in einen halbmondförmigen umgewandelt (Fig. 50 K). Die Einziehung geht so weit nach vorn und ist schließlich so scharf, dass die seitlichen Ränder zu einander parallel stehen. Dadurch wird der Mund wieder bloßgelegt (W). Das Ektoderm ist durch fortgesetzte Theilungen seiner Zellen mehr kleinzellig geworden und zeichnet sich dadurch aus, dass die Zellkerne fast das ganze Volumen der Zellen ein- nehmen. Es hat im Laufe der Entwicklung eine bedeutende Vermehrung der Kernsubstanz stattgefunden, so dass von der Fläche gesehen das Epiblast fast nur aus Kernen mit spärlich eingestreuten Körnchen zu bestehen scheint. . Während dieser Zeit findet man nachstehende Veränderungen im Inneren. Die Richtung des Mundrohres wird in Folge der Verschiebung des Vorderendes geändert, sie geht nun schräg nach vorn. Die granu- lirten Zellen haben sich getheilt und gleichmäßig um die Mundröhre angeordnet; waren sie schon zur Zeit der Entstehung der Unterlippe in derselben enthalten, so haben sie diesen Raum auch bei der ein- getretenen Verbreiterung derselben behauptet. Sie füllen den ganzen Raum vom Vorderrande bis zur hinteren Grenze der Unterlippe aus. Das Entoderm ist dafür etwas nach hinten gerückt; da der ganze hintere Theil des Embryo an dem ventralen Wachsthum betheiligt ist, findet eine Wanderung dieser Zellen gegen hinten und bauchwärts statt. Die Entodermelemente des Fußes, welche aus den vier hinteren Zellen her- vorgegangen sind, unterscheiden sich von den übrigen Entodermzellen durch ihren geringeren Reichthum an Dotterkörnchen, sie sind viel lichter als diese. Sie bewahren ihre schon in Fig. 46 angedeutete zwei- schichtige Lage und sind von den anderen entodermalen Elementen wohl zu unterscheiden. Diesen Vorgängen folgen solche von größter Wichtigkeit nach. Das Ektoderm zeigt das Bestreben, sich an der Ventralseite anzuhäufen, seine Zellen schieben sich gegen diese Seite zusammen und werden hier zu hohen, schmalen Cylindern, während sie dorsal immer flacher werden und schließlich nur mehr eine dünne Lage platter Zellen darstellen (Fig. 52). An zwei Stellen des Vorder- endes sind sie besonders hoch und dringen gegen den von den granu- lirten Zellen erfüllten Innenraum vor, wodurch dieselben zum Aus- weichen gezwungen werden; es findet demnach eine merkliche Ver- schiebung der granulirten Zellen gegen den Rücken und gegen hinten statt. Studien über’ Räderthiere. II. 53 Von den entodermalen Zellen, welche aus der mittleren der drei Zellgruppen stammen, welche im Inneren liegen, haben sich nun jeder- seits sieben bis acht Zellen als besondere Gruppe angeordnet, derart, dass ihre Elemente radiär gestellt sind (Fig. 52 G), es ist dies die Anlage der Keimdotterstöcke. Zur selben Zeit beobachtet man abermals eine Schwankung in der Wachsthumsenergie der rivalisirenden Körperenden, indem jetzt das Kopfende einen Vorsprung gewinnt und den Schwanz, der bereits über die Mitte der Bauchseite vorgewachsen war, wieder nach hinten zu- rückdrängt und selbst bis zur Mitte vorwächst. Dem zufolge ist das Mundrohr nun sehr stark nach vorn geneigt, die Unterlippe steht gerade in der Mitte des Medianschnittes und bildet ein gleichseitiges Dreieck. Die oben besprochene Verschiebung der Ektodermzellen gegen die Bauchseite nimmt ihren Fortgang und es beginnt im Zusammen- hange damit an der dem vorderen Eipole zunächst liegenden Verdickung des äußeren Keimblattes eine ungemein lebhafte Zelltheilung und Ein- wanderung der Zellen in das Innere. Die Zellen sind sowie die Zell- kerne in der Bewegungsrichtung gestreckt, das Plasma ist sehr redueirt ° und nur als Körnchenbelag um jeden Kern erkennbar. Diese Ektoderm- zellen senken sich als eine zusammenhängende Masse, als eine Ekto- dermknospe in die Tiefe und zwar in einer Richtung, welche wenig von der längeren Eiachse gegen den Rücken zu abweicht (Fig. 54 C,). Die Länge dieser eiförmigen Knospe ist 0,038 mm, deren größte Breite 0,023 mm, Ihre Zellen sind hell und dadurch sehr leicht von den sranulirten Ektodermzellen im Inneren, welche nun stark zurück- gedrängt werden, unterscheidbar. Die Stelle der Einwanderung ist durch eine Vertiefung gekennzeichnet. Es ist hiermit der erste Theil des Gehirns angelegt, das Ektoderm dorsal davon ist nun verbraucht und daher abgeflacht. Dies vollzieht sich etwa fünf Tage nach dem Ausstoßen des Richtungskörperchens. Gleichzeitig ordnen sich die unter der Unterlippe und um die Mundröhre liegenden granulirten Zellen, zu denen sich die vom Ge- hirn zurückgedrängten gesellen, zum größeren Theile zu einem ovalen Körper an, welcher den umschlossenen Theil der Mundröhre als einen medianen, jedoch gegen die vordere Partie zu excentrisch gelegenen Spalt zeigt, der in der dorsalen Ansicht flach herzförmig erscheint und gekrümmt nach dem Bauche zieht. In der medianen Ansicht tritt er schwach sichelförmig gebogen auf und scheidet eine stärkere hintere von einer bedeutend schwächeren vorderen Masse. Die hintere Masse zeichnet sich in der ersten Zeit durch die langgestreekten, mit den Längsseiten an einander gelegten Zellen aus. Dieses Gebilde wird zum 6* 2 I ' Rn RUE 5 84 Carl Zelinka, Pharynx oder Schlundkopf des Räderthieres (Fig. 54 Ph). Von den granulirten Zellen bleiben eine Partie zwischen der Gehirnknospe und dem Munde (Ms) und eine Partie am Rücken des Embryo zwischen Pha- rynx und Gehirneinstülpung (Sp) übrig. Die letztere Masse ist besonders durch ihre Granula ausgezeichnet und bietet von der dorsalen Seite ge- sehen den Anblick einer breiten, median eingebuchteten, daher zwei- lappigen Schicht unter dem Ektoderm, welche vorn scharf von den farb- losen Zellen des Ektoderms begrenzt ist und sich nach hinten an die Pharynxmasse anlegt und desshalb nicht scharf abgegrenzt ist, sondern sich in die granulirte Innenmasse, Pharynx und Darm zu verlieren scheint. Das Entoderm hat ebenfalls Veränderungen erlitten. Die Haupt- masse desselben, welche aus der vorderen Entodermzellengruppe her- vorging, bewahrt seine kugelige Formation mit radiärer Anordnung der Elemente, welche in der dorsalen Ansicht gut erkennbar ist. Vom vordersten Theile sondert sich aber, so viel ich verfolgen konnte, median eine mehrkernige Partie ab, welche zur dorsalen Bauchspeicheldrüse wird. Im Aussehen ist sie, da Entoderm und die granulirten Zellen ziemlich ähnlich sind, nicht von den letzteren zu unterscheiden, nur bewahrt sie ihre Lage am Pharynx beständig bei und kann so leicht erkannt werden. Im Ektoderm geht noch eine Umwandlung vor sich und zwar am Hinterende des Körpers. Von der Stelle, wo das mittlere Entoderm aufhört und das hellere des bauchwärts eingeschlagenen Körpertheiles anfängt, ist das Ektoderm noch aus hohen Zellen zusammengesetzt, ein Beweis, dass es noch zur Bildung von Organen zu dienen hat. Und in der That sieht man es an der Spitze des Fußes in Form einer Knospe ins Innere dringen, welche allerdings längere Zeit wenig Fortschritte macht. In gleichem Mabe weichen die Entodermzellen zurück. Hohe große Ektodermzellen giebt es außerdem noch am Kopfende, wo die Kopfplatte aus solehen zusammengesetzt ist. Während dieser Zeit zeigt die Körperform ebenfalls bemerkens- werthe Veränderungen, indem der Schwanz von Neuem nach vorn. vorwächst und zwar so bedeutend, dass er bis nahe ans Vorderende gelangt (Fig. 53). Die bedeutende Wachsthumsenergie macht sich mit der gleichzeitig stattfindenden Zusammendrängung der Ektodermzellen gegen diese Gegend durch wechselvolle Ausbuchtungen und Vorwöl- bungen der Ränder und Auftreten von Faltungen auf der Fläche geltend. In Begleitung mit dem Vordrängen des Hinterendes weicht das Vorderende zurück, so dass in Folge dessen das letztere sich etwas mehr gerade streckt, während das erstere sich stärker krümmt. Mund und Studien über Räderthiere. III. 85 ein Theil der Kopfplatte sind ganz versteckt. Die Ektodermzellen an den Körperseiten sind durch ihre langgestreckte Form ausgezeichnet, sie laufen in Form schmaler Streifen unter dem ungeschlagenen End- theil des Körpers hinein. Am Tage nach der besprochenen Gehirneinstülpung findet eine zweite Knospung des Ektoderms statt und zwar von den großen Zellen der Kopfplatte aus, an der Stelle der diesbezüglichen Ektodermver- diekung. Dieser Vorgang ist ganz ähnlich dem erstbeschriebenen und besteht wie dieser aus einer kompakten und nur noch massigeren Ein- wanderung der zahlreichen Theilungsprodukte der großen Ektoderm- zellen. Die Stelle der Einstülpung ist durch eine flache Grube markirt (Fig. 55), wie dies auch bei der Einstülpung in Fig. 54 der Fall war. Die Zellen sind auch hier in der Einwanderungsrichtung, welche dies- mal gegen den Rücken zielt, ausgezogen. Würde man den Embryo gerade strecken, so käme die Bewegung der Ektodermknospe gerade in der Längsachse zu Stande. Etwa 20 Stunden, nachdem die erste Ektodermeinstülpung ins Innere gewachsen, ist dieser zweite Ein- wanderungsprocess vollendet. Nun ist auch der zweite und größere Theil des Gehirns angelegt und das Centralnervensystem in seinen Grundzügen gebildet. Die Beziehungen beider Theile sind aus der Abbildung Fig. 55 erkennbar; der früher eiförmige Gehirn- theil C, wird von dem zweiten Theile C, erreicht und aus seiner Form gebracht; er legt sich wie ein Sack auf die hintere obere Fläche des letzteren und erscheint demnach in seitlicher Ansicht birnförmig. Der zweite Gehirntheil behält seine ovoide Form bei. Nun füllen diese hellen Massen, welche mit dem Ektoderm noch zusammenhängen, den Vordertheil des Körpers nahezu ganz aus, die wenigen granulirten Zellen, welche unter der Kopfplatte lagen, wurden zurückgedrängt und liegen nur in dünner Schicht dem Gehirne auf der dem hinteren Körperende zugewendeten Seite an. Zu erwähnen habe ich, dass dieser Process nicht ohne Rückwirkung auf die Lage des Pharynx bleibt, indem der letztere weiter nach hinten geschoben wird. Von inneren Veränderungen bemerkt man an ihm - eine Vergrößerung des Spaltes. Am stark granulirten Entoderm (D), welches bisher deutlich zellig erschien, beginnen die Zellgrenzen allmählich zu verschwinden und die embryonalen großen hellen Zellkerne zeigen die Neigung sich in kleine, stark lichtbrechende, wie man sie am entwickelten Thiere im _ Mitteldarm trifft, umzuwandeln. In Fig. 55 sind bei X solche Kerne zu sehen. Ektodermales Baumaterial ist jetzt noch an der den Mund umgebenden Partie aufgespeichert, namentlich in der Unterlippe, 86 Carl Zelinka, welche aus besonders hohen Zellen besteht, und der unteren Fläche des Körperendes. Die Einstülpung an diesem Ende hat bis jetzt keine besonderen Fortschritte gemacht. Was die äußere Form anlangt, so beobachtet man meist um diese Zeit eine bemerkenswerthe Streckung des Vorderleibes. Diese be- ginnende Aufrollung legt allmählich den vom Schwanze verdeckten Mund bloß und gestattet freien Blick auf die Form des Kopfes, weleher bald eine wichtige Anlage zeigt. An der Stelle der Gehirneinstülpung C,, welche, wie wir wissen, von der Kopfplatte aus stattfindet und durch eine Grube markirt ist, sieht man die Oberfläche sich nach und nach erheben, die Grube verflacht sich gänzlich (Fig. 56) — hervorzu- heben ist, dass diese Grube innerhalb des Randes liegt, der durch die äußeren Umrisse der Kopfplatte gegeben ist (Fig. 55, 56 A) — und endlich steigt das Ektoderm an dieser Stelle in Form eines steilen Hü- gels empor, dessen Zellen unmittelbar mit denen des zweiten Gehirn- theiles zusammenhängen (Fig. 57 Rü). Wir haben die Anlage des Rüssels vor uns, welche knapp vor dem Munde sich erhebt und ganz in dem Felde der Kopfplatte liegt. Die Streckung des Vorderendes schreitet fort, bald liegt die Un- terlippe frei vor und man sieht an ihr ein mächtiges Wachsthum in der Richtung gegen das Kopfende zu, endlich krümmt sie sich sogar etwas gegen den Rücken (Fig. 57 U) ein und stellt mit der gegenüber liegenden Fläche des Kopfes ein flaches, ziemlich weit klaffendes Rohr her, an dessen äußerem Ende DSL | der Mund liegt, welcher also ze _ 2,6ehirnanlage a das re der DHL NN TRITE TE nterlippe weiter nach vorn gen Mi BR. ist. Die Zel- len des Mundrohres sind noch groß und von embryonalem Charakter. Das Rohr ist innen gegen den Pharynx nicht ge- schlossen. Ich konnte, wie er- wähnt, feststellen, dass der Fig. III. Spaltraum des letzteren von der Mundeinstülpung selbst abzuleiten ist, indem die bezüglichen granulirten Zellen sich um den unteren Theil derselben als Pharynxanlage gruppirten; er sieht in einer Medianansicht aus, wie der oben stehende Holzschnitt Fig. II zeigt. Diese Spalte im Pharynx ist inzwischen größer geworden, sowohl ‚Kiefer: Pharynz Studien über Räderthiere. III, 87 weiter als länger, wodurch die Masse in eine centrale eiförmige und eine äußere Wand getheilt wird (siehe auch Fig. 57). An der Oberfläche der centralen Partie wird eine euticulare Schicht abgeschieden, welche zuerst glashell und wenig mehr als ein medianer schmaler Streifen (X‘) ist. Vom Rücken erweist sich die centrale Masse als median tief ge- furcht, so dass der Cuticulastreifen zweitheilig angelegt wird. Damit sind die Kieferplatten zur Anlage gebracht worden, welche also ektodermalen Ursprunges sind. In Folge der Streckung des Kopfendes werden auch ventrale Theile der granulirten Zellmasse des Kopfes sichtbar, welche ich entsprechend der Bestimmung der dorsalen Zellmasse (Sp) als die ventralen Speichel- drüsenanlagen betrachte. Das granulirte Entoderm (D) hat seine zellige Natur eingebüßt und ist ein Zellsynceytium geworden. Wir sehen, dass also dieses Organ, der Mitteldarm, bereits die definitive Struktur erhält; auch seine Zellkerne erhalten immer mehr den endlichen Charakter. Die Einstülpung des Ektoderms am Hinterende, welche allerdings am Medianschnitte weniger in die Augen fällt, da sie um diese Zeit sich mehr in die Breite des letzten Körpertheiles vertheilt, wie Flächen- ansichten zeigen, schreitet vor. | Nun beginnt das Hinterende des Körpers sich zurückzuziehen, was zur Folge hat, dass der anschließende Theil, welcher den Mittel- darm birgt, nach vorn geschoben wird. Der Mitteldarm legt sich dann über den Pharynx hinüber, verdeckt ihn zum Theil und die Bauch- speicheldrüse ganz (Fig. 57). Das Ektoderm des Hinterendes ist noch großzellig; allerdings sind seine Elemente nicht mehr von der kolossa- len Größe, wie sie Fig. 56 zeigt. Es tritt nämlich eine neue Bildung des Ektoderms auf, wobei dessen Elemente benöthigt werden. Etwa in der Mitte jenes Theiles des Hinterendes, welcher noch das groß- zellige Ektoderm besitzt, senkt sich eine Einstülpung, und zwar eine hohle, in die Tiefe (Fig. 574), welche die Anlage des Afters dar- stellt. Dadurch ist auch ein anderes wichtiges Organ des Räderthieres in seinen Grenzen bestimmt, der sogenannte Fuß oder Schwanz. Endlich erübrigt noch einer Weiterbildung der Geschlechtsorgane zu erwähnen, welche darin besteht, dass von den anfänglichen Zellen nur vier in dieser Form erhalten bleiben und heranwachsen, während ‚die übrigen klein bleiben und sich theilen. Die äußere Form hat während dieser Zeit entsprechende Ver- änderungen aufzuweisen. In den Zeichnungen Fig. 55—57 sind der _ "Raumersparnis halber die Kontouren darüber liegender Theile, so weit sie auf die Umrisse des Körpers Einfluss haben, eingezeichnet. R be- 88 | Carl Zelinka, zeichnet dabei die seitliche Grenze des Vorderkörpers, welche am Kopfe durch den Rand der Kopfplatte bestimmt ist. Die Fortsetzung dieser Linie nach hinten bezeichnet etwa nicht einen Zusammenhang der Kopfplatte mit der Bauchfläche, sondern giebt den Umriss so, wie er in der Seitenansicht erscheint. Die Kopfplatte hat ihre ventrale Grenze am Anfange der Unterlippe, also am Munde. In Fig. 57 be- merkt man die Linie R eingebuchtet, wodurch der bauchwärts gelegene Theil derselben wie ein Wulst emporragt. Ein Blick auf die Fig. 59 wird eine Vorstellung von der Körperform geben, wie sie gegen Ende der besprochenen Periode vorliegt. Der Kopf ist durch den nunmehr herangewachsenen Hügel, die Rüsselanlage, ausgezeichnet. Umgeben ist dieses Organ von dem gewulsteten Rand der Kopfplatte, der nun- mehr eine bleibende Bedeutung hat, indem er zum Theil die Anlage des definitiven Räderorgans vorstellt. Dieser Wall kommt durch Zusammenwirkung verschiedener Faktoren zuStande. Es erweitert sich die Mundhöhle trichterartig, wodurch an dieser Stelle der innere Rand dem äußeren näher gerückt wird, ferner wird durch die Erhebung des umfangreichen Rüssels in der Mitte der Kopfplatte der übrig bleibende Theil der Kopfplatte in Form eines schmalen Streifens markirt, welcher in die Mundwand kontinuirlich übergeht und endlich wird dieses ganze Randgebiet aufgewulstet, so dass ein verhältnismäßig schmaler Wall um den Rüssel und die Seiten des Mundes entsteht. Es tritt an dem Walle jederseits eine Einbuchtung auf; was vor derselben liegt, wird zum Wimperpolster des Mundes, während der rückwärtige Theil das bleibende Räderorgan hervorgehen lässt. Das Vorderende ist an dieser Fig. 59 noch stark eingekrümmt; das ganze Vorderende er- scheint in seinem Inneren hell, da es bereits vom farblosen Ektoderm erfüllt ist. Die Gehirnanlagen bewirken an ihm eine buckelartige Vor- bauchung des zu vorderst liegenden Theiles. Das dreitheilige hintere Körperende ist, wie man an den welligen Kontouren erkennt, noch im Wachsthum begriffen. Fig. 60 giebt die Gestalt des Embryo wieder, wenn er zwar be- reits die Rüsselerhebung besitzt und das Vorderende in Streckung be- griffen ist, jedoch den After noch nicht gebildet hat. Die Mundöffnung (M) erscheint, da die Unterlippe (U)noch nicht emporgewachsen ist, weit und ventral geöffnet, ihre oberen Theile werden von den vorderen er- habenen Rändern (W) des Walles etwas eingeengt. Das Hinterende hat sein Wachsthum eingestellt und erscheint, da an ihm eine Querfurche auftritt, in einen distalen fast rechteckigen und einen mit dem übrigen Körper unmittelbar in Zusammenhang bleibenden proximalen Theil geschieden. Das so abgeschnittene Ende wird zum Fuße und besitzt Studien über Räderthiere. II. 89 in diesem Stadium :abgerundete Ecken und einen vorspringenden medianen Wulst. In der Mitie der Querfurche legt sich der After an (Fig. 61 A), der Wulst bildet sich allmählich zurück, die Querfurche bleibt jedoch bestehen. Die Fig. 61 entspricht einem Embryo im selben Stadium, wie in Fig. 57. Die Streckung des Körpers macht - Fortschritte, damit tritt eine reiche Querfaltung der Haut ein, welche schon in Fig. 60 im Beginne zu sehen ist, die Unterlippe wächst nach _ _yorn und macht- damit die Mundöffnung von einer ventralen zu einer nach vorn gerichteten. Man bemerkt auch, dass die Unterlippe so breit angelegt ist, dass sie die zwei mit W bezeichneten Wülste des Kopfran- des von der äußeren Umgrenzung desselben in die Mundhöhle abdrängt. Das hinter dem Fuße liegende Stück des Körpers, welches bisher breit abgerundet erschien, wird beträchtlich schmäler als der übrige Körper und erscheint zugespitzt, die Seiten des Körpers, früher einge- zogen, werden breiter als die anderen Theile. Die Veränderungen, welche den Rüssel, das Räderorgan, den Mund und die Oberhaut betreffen und schon in diesen Stadien zu finden sind, werden, da sie keine Neuanlagen, sondern Vorgänge zu endgül- tiger Ausbildung dieser Organe vorstellen, erst im nächsten Abschnitte besprochen werden. Ein kurzer Rückblick möge uns die wichtigsten Veränderungen nochmals vor Augen führen. Der Embryo zeigt anfänglich am Kopfe die vor dem Munde ge- legene halbmondförmige Kopfplatte, an welche, den Mund verdeckend, - das dreilappige Hinterende des gekrümmten Körpers anschließt. Im _ Wachsthum ist bald Kopf, bald Schwanz voraus, so zwar, dass zuerst das Hinterende, dann der Kopf und endlich wieder das Hinterende A stärker wächst. Das gestaltgebende Prineip dabei ist das Wachsthum des Ektoderms, welches gegen die Bauchseite periodisch vordrängt r und schließlich am Rücken ganz flach wird. Die inneren Organe ver- halten sich passiv und werden entsprechend nach vorn und hinten verschoben. Das Ektoderm bildet eine solide Einstülpung außerhalb der Kopfplatte, dann eine solche größere innerhalb derselben, beide legen sich an einander zur Bildung des Gehirns und bleiben mit dem Ektoderm im Zusammenhang. Ferner lässt dieses Keimblatt am hin- teren Körperende eine Knospe in die Tiefe wachsen, aus welcher die Klebdrüsen hervorgehen, und in der Mitte der ventralen Einkrümmung des Hinterendes, eine hohle Einstülpung entstehen, die Anlage des _ Reetums und Afters. Was vor derselben liegt, wird zum Fuße. Von | inneren Organen finden wir aus den granulirten Zellen hervorgegangen den Pharynx, in welchem die Kiefer als cuticuJare Ausscheidungen 90 Garl Zelinka, gebildet werden, sodann die dorsalen und ventralen Speicheldrüsen und den dem Gehirne anliegenden Rest der granulirten Zellen. Der Mitteldarm wird gebildet von den in der Mitte des Körpers gelegenen Entodermzellen, welche sich kugelig gruppiren, rechts und links eine Anzahl Zellen zur Bildung der Geschlechtsorgane zusammentreten lassen, in welcher vier Zellen groß bleiben, während die übrigen sich theilen. Die Mitteldarmzellen fließen zu einem Syneytium zusammen und wandeln ihre embryonalen Kerne in die bleibenden um. Die lich- teren Entodermzellen des Körperendes werden von der Ektodermein- stülpung des Hinterendes zurückgedrängt. Die Unterlippe wächst nach vorn, wodurch der Mund in dieser Richtung vorgeschoben wird, der Rand der Kopfplatte erhebt sich wallartig, und in ihrer Mitte erhebt sich an der Stelle der zweiten Ge- hirneinstülpung ein Hügel, der Rüssel. Ein Theil des Walles wird zum Räderorgan. Das Vorderende, nunmehr vom Ektoderm fast ganz aus- gefüllt, streckt sich. SıLEnskY lässt die beiden seitlichen Lappen, welche die primitive Einstülpung begrenzen, nach vorn verschoben werden und eine halb- kreisförmige Gestalt annehmen. Vergleicht man seine Fig. 10 mit unserer Fig. #9 oder 50, so wird man erstaunt sein, welche minutiöse Übereinstimmung herrscht. Kopf, Unterlippe und Hinterende sind in gleicher Weise ausgebildet. Wachsthumsschwankungen zwischen Kopf und Hinterleib beobachtete Sırensky nicht. Durch das Vorwandern der Seitenlappen wird nach diesem Autor die primitive Einstülpung ihrer seitlichen Wände beraubt und verschwindet dadurch bis auf den Rest, den Mund, welcher von den Lappen und vom Unterlippenhügel in Form einer dreieckigen Vertiefung eingeschlossen wird. Dadurch wird der »Fuß«, der breit und viereckig erscheint, enthüllt. Als Fuß wird nämlich hier das hintere Körperende bezeichnet, welchen Namen ich so lange vermieden habe, bis durch das Auftreten des Afters der post- anale Theil des Leibes bezeichnet ist, nach welchem Zeitpunkt erst wirklich von dem sogenannten »Fuße« gesprochen werden kann. Gleich wie bei Callidina verdickt sich sodann auch bei Brachionus das obere Blatt des Kopftheiles etwas nach innen. Wir werden aus diesen Beschreibungen ersehen, dass wir mit Ausnahme der unaufgeklärten primitiven Einstülpung bis nun nur einen gleichartigen Entwicklungs- modus gefunden haben. Dies erstreckt sich auch auf die ferneren Stadien, mit Ausnahme weniger und — bis auf die Entstehung des Pharynx — untergeordneter Momente. So wird über das Wachsthum der Unter- lippe gesagt: »Durch fortgesetztes Gegeneinanderrücken stoßen die bei- den Organe — resp. Unterlippe und Räderorgan — auf einander, und Studien über Räderthiere. IIl. 91 verbinden sich endlich,« was bei Callidina ebenfalls eintrifft, indem (wie unsere Fig. 50 zeigt) die hinteren Ränder der nierenförmigen Kopf- platte sowohl sich nähern, als auch die Unterlippe emporwächst und sich an dieselben anschließt. Die Zuschärfung des Randes der Kopfplatte zum Walle wird etwas anders geschildert, indem der äußere Rand der Räderlappen durch allmähliches Herabsinken zur Oberfläche des Embryo verschwinden und sich am inneren Rande eine nach beiden Seiten des Kopfes fort- schreitende Aufwulstung bilden soll, welche den definitiven äußeren Rand des Räderorgans zu bilden bestimmt ist. Bei Gallidina wirken bekanntlich dabei mehrere Faktoren zusammen. Der Kopftheil besteht nunmehr aus dem »Mitteltheile« und den beiden Lappen des Räderor- gans. Das Ektoderm des Mitteltheiles schwillt nun an seinem Vorder- ende sehr bedeutend an. Dieser Vorgang ist zweifellos gleich zu setzen dem Einstülpungsmodus des Gehirns bei Gallidina. Direkt beob- achtet hat Sıuensky die Entstehung des Gehirns nicht, ist aber auf dem richtigen Wege, wenn er die Möglichkeit anführt, dass auf diese Weise das Gehirn entstehe. Später schildert er richtig die ovale Gestalt und die bedeutende Größe des Gentralnervensystems und dessen Zusammen- hang mit dem oberen Keimblatte, aus dem es entspringe. Auch giebt er an, dass nun das ganze vordere Körperende aus dem oberen Blatt bestehe, wie dies thatsächlich zutrifft. Dadurch wird wie bei Galli- dina die vinnere Masse« zurückgedrängt. Als eine der wichtigsten Angaben müssen wir die bezeichnen, welche vom Kopfhügel gemacht werden. Nach der Bildung des Gehirns beschreibt Sırrnsky die Anlage eines kleinen Hügels in der Mitte des Kopfes, innerhalb des Räderor- gans, welche Anlage anfänglich nur schwach angedeutet, später zu bedeutender Höhe auswächst und als Kopfhügel bezeichnet wird. Es ist dies das Homologon der Rüsselanlage bei Callidina, wie die spätere - Entwicklung besagt. Der Fuß ist im Wachsthum etwas dem bei Callidina voraus, indem er bereits, bevor noch der After erscheint, eine konische Gestalt _ gewinnt und sich am Ende in zwei Höcker, die späteren » Endgriffel«, spaltet. Die Anlage des Afters und Hinterdarmes wird als eine kleine rundliche Vertiefung, beschrieben. | Zwischen Gehirn und der dorsalen Körperwand sieht SALEnskY um diese Zeit eine Schicht entstehen, die durch reichen Körnchengehalt sich } _ vom Ektoderm auszeichnet, in der er allerdings keine Kerne nachweisen konnte, welch letztere er aber nicht in Abrede stellt. Die Dicke der Schicht war so gering, dass eine Untersuchung über ihre Struktur sehr er- Schwert und kaum möglich war. Nach ihrer Lage zwischen oberem 92 Carl Zelinka, und unterem Keimblatte, welche der Lage der Muskeln entspricht, sowie nach dem Umstande, dass diese Schicht in den Stadien, in wel- chen die Muskeln auftreten, körnchenärmer und heller wird, schließt SALENSKY, dass man es hier mit dem mittleren Keimblatte zu thun habe, aus dem sehr wahrscheinlich die Muskeln entsttinden. Die Bildung der Muskelzellen selbst wurde nicht beobachtet. Er nimmt an, dass diese Schicht dem oberen Blatte entspringe, da sie an Stellen vorkomme, welche nur aus Ektoderm bestehe. Diese letzte Vermuthung ist voll- kommen richtig. Jene Schicht entstammt den eingewanderten granu- lirten Ektodermzellen und ist nichts Anderes, als jene den oberen Speicheldrüsen den Ursprung gebende Partie der granulirten Zellen, welche in dorsaler Ansicht als eine zweilappige Schicht erscheint. | Nicht übereinstimmend ist die Schilderung der Pharynxanlage. SALENSKY lässt zunächst das Mundrohr immer mehr nach innen wachsen und dabei eine Zeit lang am hinteren Ende geschlossen bleiben. Letz- teres ist richtig, ob aber ein aktives Wachsthum des Mundrohres statt- findet, oder ob nicht vielmehr wie bei Gallidina das Vorwachsen der Unterlippe die Mundröhre verlängert, ist fraglich. Endlich soll das Mundrohr durchreißen und die inneren Wände desselben sich trichter- förmig erweitern, als erste Andeutung zur Bildung eines Schlundkopfes. Es sollen nun im Inneren der Einstülpung zwei kleine Zapfen, die Kieferanlagen, entstehen, die Einstülpung immer tiefer ins Innere hinein wachsen und sich kugelförmig in Folge Wachsthums der Kiefer er- weitern, welche große konische, den Innenraum ausfüllende Zapfen darstellen, an denen die ersten transversalen Chitinleistchen auftreten. Die Wand des Pharynx, von Sırensky auch Magen genannt, ver- dünnt sich. Bei unserer Callidina ist der Schlundkopf schon früh angelegt, und entsteht nicht so spät und nicht aus einer trichterförmigen Erweiterung des letzteren, noch weniger treten die Kiefer erst nach Öffnung dessel- ben auf. Jedoch lassen sich die Vorgänge bei Brachionus und Calli- dina, wofern Sırensky keiner Täuschung unterlegen ist, ganz gut in Einklang bringen, wenn wir beachten, dass auch bei unserem Räder- thier der Schlundkopf ektodermalen Ursprunges ist und aus einem Theile der granulirten Zellen hervorging und dass die Bildung desselben durch Umwachsung des Grundes der Mundeinstülpung durch diese Zel- len geschah. Damit würde es sich bei Brachionus nur um eine Modi- fikation des Vorganges bei Callidina handeln, um eine räumliche und auch zeitliche Absonderung der Bildungsvorgänge zweier aus derselben Anlage hervorgegangener Organe, des Mundrohres und Schlundkopfes. Nicht vereinbar finde ich SıLensky’s Angabe, dass die Unterlippe Studien über Räderthiere. II. 93 in das Innere des Embryo verschoben, von den Lappen des Räderor- gans nur umwachsen werde, und nicht mit ihnen zusammenfliebe. Bei unserem Thiere wird die Unterlippe nicht von den Räderorgan- lappen umwachsen, sondern die Unterlippe wächst sogar über die bei- den vorderen Wülste des Randwalles seitlich hinaus und drängt sie in ‚die Mundhöhle hinein, wie später noch geschildert werden wird. Von äußeren Organen berichtet uns ZacHarus in diesen Stadien, außer den oben erwähnten Bemerkungen über das Auftreten der Kopf und Schwanz trennenden Furche und der zarten Umrisse des Räder- organs noch, dass am Schwanztheile einige seichte Einkerbungen, durch welche die nachfolgende oberflächliche Segmentirung dieses Körperabschnittes bereits zum Ausdrucke gebracht werde. Hier wäre zu bemerken, dass die zuerst auftretenden Falten mit den späteren Hautfalten nichts zu thun haben. Über die inneren Organe erfahren wir, dass der Schlundkopf sehr früh sichtbar wird. Tessıy hat die granulirten Zellen in ihrem weiteren Verhalten so weit verfolgt, dass er sie, nachdem sie sich als Kappe auf das Entoderm gelegt, zwischen Entoderm und Ektoderm hinaufwandern und schließ- lich auf die dorsale Seite gelangen sah, wo sie sich durch ihre tief dunkle Färbung vor den übrigen Elementen auszeichneten. Er deutet nun an zwei Schnitten (Fig. 41 und 42) von Brachionus eine Schicht mit dunkel kontourirt gezeichneten Kernen als diese granulirte Zell- schicht und bemerkt dazu, dass sich die Mesodermschicht, wie er sie nennt, schon sehr weit nach hinten ausgebreitet hat. Sie reicht näm- lich bis an die dorsale Grenze jener Zellmasse, die zum Schlundkopf wird. Wir sehen, dass Tessın entgangen ist, dass nur ein Bruchtheil der granulirten Zellen, die Speicheldrüsenanlage, jene dorsale Lage einnimmt und die Mehrzahl zum Aufbau des Schlundkopfes verwendet _ wird. Dieser Autor lässt diese Schicht, in der Voraussetzung, das _ Mesoderm vor sich zu haben, sich. allmählich nach dem hinteren Körper- 3 ende ausdehnen. Die zum Beweise angezogene Fig. 37 lässt an einer a Zeichnung nach einem lebenden Exemplare von Eosphora eine durch | das Ektoderm scheinende dunklere Masse nahezu bis an den hinteren ' Pol reichen. Das Vorderende ist ganz hell gehalten, bis auf einen drei- ‚eckigen, dorsal befindlichen Fleck, der das vordere Ende der fraglichen ‘Mesodermmasse bezeichnet. Eine tiefe Furche trennt Kopf und End- 'theil des stark gekrümmten Embryo. Offenbar ist ein Stadium abge- bildet, in welchem das Gehirn schon gebildet ist, darauf weist die helle Beschaffenheit des ganzen Vorderendes und die flache Grube am Kopfe "hin. In diesem Falle werden, wie wir wissen, die granulirten Zellen -Zurückgedrängt, wodurch die vermeintliche Wanderung der granulirten 94 Carl Zelinka, Masse hinreichend erklärt ist. Da nun in einer Totalansicht die erwähn- ten Speicheldrüsen vom daranstoßenden Entoderm nicht zu trennen sind, so wird auch begreiflich, wieso sie Tessın so weit rückwärts reichen sieht. Ein Beweis für diese meine Erklärung ist mir eben Tessın’s Fig. 42, welche nach einem späteren Stadium gezeichnet ist, in welcher der Schlundkopf schon formirt ist, was in Fig. 37 sicher noch nicht der Fall ist. Da sieht man nun, dass die fragliche Schicht, welche mit der Mesodermschicht Sırensey’s ident ist, nur bis an den Schlund- kopf reicht und hinten sich das Entoderm anlegt, es also ein Irrthum ist, von einem weiteren Nachhintenreichen der Masse zu sprechen. Auch die folgende Fig. 43 ist kein Beweis für eine Wanderung des »Mesoderms« nach hinten. Das, was daselbst als Mesoderm bezeiehnet ist, stellt sich als eine zwischen Darm und Schlundkopf eingekeilte granulirte, wenig umfangreiche Masse dar, welche als die dorsale Speicheldrüsenmasse aufzufassen ist. Tessın konnte nicht feststellen, was aus unserer granulirten Zellenmasse wird, er stellt es als wahr- scheinlich hin, dass die Muskulatur, das Exkretionssystem und vielleicht auch die Geschlechtsorgane sich daraus entwickeln, hält jedoch dafür, dass es ganz unmöglich sei, dass irgend ein anderes Organ, z. B. das Nervensystem oder ein Theil des Verdauungsapparates, aus ihr ent- stehen könne. Wir haben gesehen, dass zunächst der Schlundkopf und die dorsalen Speicheldrüsen zur Ausbildung kommen, — was aus dem Reste wird, soll später gezeigt werden —, dass aber die Geschlechts- organe damit nichts gemein haben. Nach Tessın soll sich der Pharynx aus dem Entoderm entwickeln. SıLensky’s Schilderung von der Entstehung dieses Organs wird als irrig bezeichnet. Wenn gleich ich mit Sırensky in diesem Punkte, wie oben dargelegt, nicht ganz übereinstimme, so kann ich den Grund, welchen Tessın als mitbestimmend zur Zurückweisung der Angabe SıLensky’s angiebt, nicht billigen. Tessıy konnte nämlich nicht nur die Mundeinstülpung nur in ihrem vordersten Abschnitte erkennen, sondern fand sie auch stets schräg nach vorn und aufwärts gehend, während SALENSKY sie schräg nach hinten laufen lässt. Abgesehen davon, dass in dieser untergeordneten Hinsicht wohl Differenzen bei einzelnen Formen vorkommen können, treten so gewaltige Verschiebungen der Theile im Laufe der Entwicklung ein, dass die Mundeinstülpung sowohl nach vorn als auch nach hinten laufend gesehen werden kann und in der verschieden angegebenen Richtung dieses Rohres kein Beleg zur Stütze oder Ablehnung irgend einer Angabe abgeben kann. Was aber Tessın’s Ableitung des Pharynx vom Entoderm anlangt, so ist diese irrige Anschauung aus der ausschließlichen Benutzung von wenig gut » Studien über Räderthiere. II. 95 konservirten und eben so ausgefallenen Schnitten abzuleiten, welche ‚weiter aus einander liegende Stadien betreffen. Der Schnitt, in Fig. 44 abgebildet, ist durch einen Embryo gelegt, welcher dieMundeinstülpung besitzt, dessen Entoderm zu einer kugeligen Masse geballt ist und dessen Ektoderm noch aus ziemlich hohen Zellen besteht, welche sich aber schon an den ventralen Seiten anzuhäufen beginnen und daselbst höher sind. Das Vorderende ist angefüllt mit der dorsal gelegenen »Mesoderm«-Schicht, deren Kerne mit sehr kräftigen Kontouren ge- zeichnet sind, und einer Zellmasse, welche die Mundeinstülpung um- giebt. Wir wissen, dass beide aus den granulirten Zellen entsprungen sind. Der nächste Schnitt Fig. 42 betrifft ein Stadium, in dem das Vorderende von einer mit dem Ektoderm zusammenhängenden Masse, — die gewiss getreue Zeichnung lässt dies genau erkennen, — erfüllt ist; das Ektoderm ist an dieser Stelle selbst mehrschichtig und ent- spricht ganz dem Zustande einer Einstülpung, wie die Bildung des Gehirns eine ist. Durch das eingedrungene Ektoderm ist die Pharynx- anlage zurückgeschoben worden und wird dem Entoderm, von dem sie aber durch ihre Grenzen und Zellanordnung scharf getrennt ist, an- gepresst. Dies hat Tessın, zumal da Pharynx und Entoderm zusammen annähernd kugelige Umrisse zeigen, als Beweis der Abstammung des ersteren Organs vom Entoderm angesehen. Es findet jedoch die weit nach hinten befindliche Lage des Schlundkopfes in der Verschiebung, welche die von vorn eindringenden Ektodermmassen bewirken, ihre Erklärung. Im Pharynx sah Tessın später einen Spalt und Chitinstäbchen, letztere als Anlagen des Kiefergerüstes, auftreten. Dass dieselben nicht der hinteren größeren Masse, wie Fig. 43 zeigt, sondern der vorderen schmalen Pharynxwand aufliegen und durch den Spalt von der ersteren getrennt sind, wird wohl auf Veränderungen in Folge der Konservirung zurückzuführen sein. Bei Callidina dient die Oberfläche der hinteren Masse als Matrix für die Kiefer. Die Erörterungen darüber, ob man dieses Organ Schlundkopf oder »Vormagen«, »Kaumagen« nennen solle, sind dahin abzuschließen, dass, wenn mit letzteren Bezeichnungen eine Vorstellung von entodermaler Abstammung verbunden sein soll, gewiss nur die erstere Bezeichnung die richtige ist. Die Verbindungsröhre zwischen Pharynx und Mitteldarm nennt _ Tessın richtiger Weise Ösophagus. £ Über die Entstehung des Nervensystems hat Tessın keine Beobach- tungen gemacht und konnte sich kein Urtheil bilden. Er sagt darüber: So viel aber steht fest, dass die große Zellenmasse, welche den ganzen 96 Carl Zelinka, Kopftheil ausfüllt und von Sırensey als das Gentralorgan des Nerven- systems angesehen wird, in der That als solches nicht aufzufassen ist. Es ist dies nämlich das eingestülpte Ektoderm, aus dem der Schlund und das Räderorgan hervorgehen. Ich glaube überhaupt nicht, dass das Hirn sehr massig angelegt wird. Zuerst tritt als zum Nervensystem gehörig eine Pigmentanhäufung, der Augenfleck, hervor. Dieselbe liegt nahe dem vorderen Körperende und bezeichnet somit auch die Lage des Hirns.« Schließlich wird die Vermuthung ausgesprochen, dass das Gehirn sich vom Ektoderm abspalte. Diese letztere Vermuthung ist richtig, jedoch irrt Tessı in den anderen Anschauungen, indem das Gehirn sehr groß und massig entsteht und kein Zweifel ist, dass SıLznsky mit seiner Beschreibung im Rechte ist und wirklich die er- wähnte große Zellenmasse bei Brachionus als Anlage des Centralnerven- systems anzusehen ist. Das Räderorgan soll sich so wie der Schlund aus dem Ektoderm der Mundeinstülpung entwickeln und am Embryo stets eingestülpt sein. Demnach dürfte Eosphora ein für das Studium der Räderorganentwicklung recht ungünstiges Objekt sein. Die hierfür gegebene Zeichnung Fig. 44 zeigt eine so unsichere Abgrenzung der Elemente, dass sie nach einem nicht gut konservirten Embryo ab- gebildet zu sein scheint, der übrigens der Reife sehr nahe war, wess- halb er zur Untersuchung der Entwicklung des Rädern an und für sich nicht günstig gewesen sein dürfte. Von den Veränderungen der Körperform wird nur noch eine Streckung des Embryo, die definitive Ausbildung des Fußes, das Zu- sammenfließen des Kopflappens und der Seitenlappen und das Ver- schwinden dieser Bildungen, sowie das Auftreten einer Kopf und Rumpf sondernden Einschnürung kurz angegeben. III. Ausbildung der Organe. a) Räderorgan und Rüssel. Die Besprechung beider Organe muss, da ihre Veränderungen meist innig zusammenhängen, gemein- sam erfolgen. Wir haben den Embryo verlassen, als sein Vorderende in Streckung begriffen und von einem centralen Hügel gekrönt war, welchen ein ventral an die Unterlippe stoßender und dorsal herum- greifender Wall umgab. An diesem Walle sahen wir eine Einziehung auftreten und denselben in einen wulstigen ventralen Theil und einen gleichmäßig verlaufenden dorsalen trennen (Fig. 59). Diese scharfe Einziehung ist in dieser Form keine bleibende Erscheinung, sondern nur im Verlaufe des Wachsthums auftretend, sie gleicht sich später so us, dass nur eine schwache Konkavität des Randes hinaufführt zur Erhöhung des ventralen Wulstes (Fig. 60). So lange die Unterlippe Studien über Räderthiere. III. 97 noch nicht emporgewachsen ist, begrenzen diese Wülste die Mund- öffnung auch von außen, später aber (Fig. 61) wächst die Unterlippe ‚derart empor, dass sie weiter ausgreift, als die Mundöffnung breit ist, daher die Wülste nach innen davon zu liegen kommen. Auch bemerkt man eine Annäherung der letzteren an einander, so dass an dieser Stelle eine Verengerung der Mundöffnung zu bemerken ist. Die Wülste be- stehen aus großen hellen Kernen mit äußerst geringem Zellplasma. Es erscheint auf dem Walle hinter den Wülsten jederseits ein schmaler, stark lichtbrechender glänzender Streifen, Guticularstreifen im Holzschnitte, der zuerst dem Rande parallel, dann sichel- förmig gebogen verläuft. Er endet mit einer knopfförmig über das Niveau empor- stehenden kleinen Zelle. Der Hügel selbst nimmt eine an- dere Form an, indem seine obere Fläche nach vorn ge- neigt wird, so dass er dach- förmig nach vorn und hinten abfällt und daher die vordere Fläche der ehemaligen Ursprungsstelle der größeren Gehirnpartie entspricht. Seine ventrale Ansicht zeigt ihn (Fig. 61 Rü) von fast dreieckigem Umrisse, so zwar dass der Scheitel des Dreieckes gegen den Mund sieht. Gleichzeitig beob- achtet man ein Vorwachsen dieses Hügels, der, wie schon angedeutet, zum Rüssel wird, gegen die Mundhöhle und eine Krümmung dieser ‚ Anlage nach der ventralen Seite, wodurch ihr Ende weit in den Mund hinab reicht. Der glänzende Streifen erfährt in seinem Weiterschreiten eine zunehmende Krümmung, welche die Endzelle, nicht hinter dem Rüssel, dicht an demselben vorbei, beiläufig (Fig. 60 Cu) etwas über die _ Mitte von dessen Seitenwand gegen die Bauchseite vorschiebt. Das vor- ‚ dere Ende des Streifens ist zur Zeit noch schwer zu ergründen, man sieht nur so viel, dass es nicht auf den Wulst hinaufläuft, sondern an ihm vorbei in die Mundhöhle sich senkt. Eine Seitenansicht (Fig. 62) wird die Beschreibung dieser Verhältnisse noch leichter verständlich machen. = Das von jedem sichelförmigen Streifen umgrenzte Feld (Fig. 61, 62 Ro) zeigt ein lebhaftes Wachsthum seines Ektoderms gegen das In- nere, welches in Form je eines rundlichen massiven Zipfels in die Tiefe wuchert (Zi). Sein Aussehen ist hier wie in allen massiven Einstülpun- gen durch die zahlreichen großen hellen Kerne, welche von spärlichem "körnigen Zellplasma umgeben sind, modifieirt. Es verändert sich im Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LIII. Bd, 7 Rüssel N Outicularstrei: Fie. IV. 98 Carl Zelinka, Laufe der Entwicklung in so fern, als später das Zellplasma bei Weitem gegenüber den Zellkernen überwiegt (vgl. Fig. 63—66 Zi). Am Rüsselhügel markiren sich mehrere oberflächliche und an der dorsalen Basis gelegene Zellen durch ihren auffallenden Körnchen- reichthum. Namentlich sind es vier Zellen, welche auch später sich dadurch auszeichnen (y in den Figg. 60—66). So auffallend sie sind, eben so wenig spielen sie eine hervorragende Rolle; sie sind noch, wenn das Thier fast ganz entwickelt ist, deutlich zu erkennen, und scheinen mir in jenes Hypodermispolster überzugehen, das bei den Philodiniden an der dorsalen Rüsselwand zu finden ist. Bald beginnt die vom bewussten glänzenden Streifen umzogene Partie sich etwas zu erheben, wobei die dem Streifen entsprechende Hautstelle wie ein Graben vertieft dieselbe umgiebt (Fig. 67 Cu), sinkt jedoch schon am nächsten Tage sammt dem Streifen in die Tiefe, so dass das ganze Gebilde unter das Niveau jener Hautfalte rückt, welche vom oberen Rande der Unterlippe ausgehend als äußerer Mundrand um diese Zeit erscheint, gegen die dorsale Seite zieht und sich da zur Zeit noch gänzlich verliert (Fig.63 Mr). Tags darauf bemerkt man eine noch stärkere Senkung dieses Gebildes (Fig. 64). Man erkennt an allen Stadien das mediane Ende des Cuticularstreifens — denn nichts Anderes ist dieses glänzende Band — an der knopfförmigen kleinen Zelle und sieht, dass dieselbe nicht viel weiter gewandert ist, dass es also nicht zu einem ringförmigen Schluss des Bandes kommt, sondern dasselbe nur zum Theil auf die mediane Seite, zwischen Rüssel und das erbabene Feld reicht. Dafür kann man aber am anderen Ende des Bandes eine wichtige Veränderung bemerken. Früher verlor es sich unbestimmt unter den Mundwülsten (W), nun kann man es deutlich sich dem erhabenen Felde vorn anschmiegen, in die Mundhöhle hinabsteigen und daselbst an der Rückenwand derselben im Bogen knapp unter dem Rüsselende vorüberziehend in das Band der anderen Seite kontinuir- lich übergehen sehen. Fig. 63 zeigt dies Verhalten von der ventralen Fläche, Fig. 64, um einen Tag weiter in der Ausbildung, von der Seite. Abermals einen Tag später beginnt der eingesunkene Theil auf jeder Seite des Kopfes wieder emporzusteigen, er sieht wieder über den Rand des Mundes hinaus und zeigt eine Ausbreitung des cuticu- larisirten Theiles, indem nunmehr die eingebogenen Seitenwände des Organs viel höher sind als früher (Fig. 65). Die obere Fläche fällt dermalen schräg gegen die Mundhöhle ab. Die Seitenansicht (Fig. 66) lässt erkennen, dass die obere Partie verbreitert ist und die untere, welche bereits als eine Art Stiel zu betrachten ist, nach beiden Seiten überragt. Der glänzende Streifen beginnt median, von der Seite Studien über Räderthiere. III. 99 gesehen hinter dem Stiel, mit der noch deutlich sichtbaren erhabenen Zelle, läuft nach außen um den Stiel herum, senkt sich demselben noch anliegend an der dorsalen Mundwand unter den Rüssel, um die andere Seite zu gewinnen und dort im entgegengesetzten Sinne zu verlaufen. So weit die Seitenansicht das Organ erkennen lässt, ist es von der stark glänzenden Cuticula bedeckt. Nach etwa 24 Stunden werden diese beiden Gebilde in wenigen Minuten weit hervorgestreckt und stehen anfänglich in Gestalt zweier schmaler, meist ungleich starker Cylinder links und rechts vom Rüssel aus dem Munde empor. Nun ist auch der glänzende Streifen fast verschwunden, welcher früher das Gebilde umsäumte, indem die in demselben in größerer Quan- tität abgelagerte Cuticula sich ausdehnen musste, und dünner geworden, nicht mehr so auffällt. Wenn jedoch irgend wo eine Falte an dem Cylin- der oder am oberen Ende eine Grube auftritt, erscheint daselbst wieder die Haut glänzend. Auch an der dorsalen Mundwand ist, da der Rüssel gleichzeitig gestreckt wird, der Verlauf des Streifens nicht mehr zu erkennen, indem auch hier die Haut gedehnt wird. Das Plasma hängt von der Decke jedes ausgestülpten Zapfens in die Höhlung hinab und zwar in Form von mehreren isolirten Zipfeln. Allmählich schwellen noch am gleichen Tage die Zapfen am dista- len Ende an, sie erscheinen in der Daraufsicht an der oberen Fläche nicht mehr rein ceylindrisch, sondern in der dorsoventralen Richtung verlängert und werden an der medianen Seite eingebuchtet, kurz sie gewinnen allgemach die Gestaltung, welche die beiden Theile des Räderorgans an dem erwachsenen Thiere zeigen. Diese Ausbildung - nimmt noch den darauffolgenden Tag zum größten Theile in Anspruch (Fig. 71), indem die Theile des Räderorgans am oberen Ende deutlich halbkugelig anschwellen, so dass die unteren Partien sich als die Stiele der Räderorganhalbkugeln abheben. Alle diese Theile sind in so fern sehr beweglich, als ihr Plasma fast flüssig erscheint und häufig durch sehr rasch und wellenartig hinlaufende Kontraktionen die Haut zu entsprechenden wellenartigen Einziehungen und Ausbuchtungen veran- lasst, welche so schnell sich fortbewegen, wie die Wellen einer undu- _ lirenden Membran. & Etwa 24 Stunden nachdem die Ausbildung der Halbkugeln be- gonnen, werden dieselben eingezogen und bleiben in diesem Zustande bis das Thier ausgeschlüpft ist, was noch ca. 5 Tage dauert. So lange das Räderorgan ausgestrecktist,, treten keine Wim- pern an ihm auf, dieselben bilden sich erst am eingestülpten aus und zwar sind es die mit der glänzenden Cuticula ausgestatteten | Theile seiner Oberfläche, welche sie hervorsprossen lassen. Er 2 100 Carl Zelinka, Das Räderorgan der Callidina bildet sich also aus zwei, aus der Kopffläche sich allmählich erhebenden, zu beiden Seiten des Mundes gelegenen Partien, welche vorn durch denselben cuticularisirten Strei- fen verbunden sind, welcher auch an den Zapfen auftritt, und der später die Wimpern trägt. Der Mund liegt vor den beiden Räderorganzapfen und erleidet gleichzeitig Veränderungen, die ihn seiner Vollendung entgegenführen. Wir haben ihn verlassen, als die Unterlippe die beiden seitlichen Wülste zurückdrängte. Indem dieselben sich nach innen stärker vor- wölben, bilden sie die Mundöffnung links und rechts einengende vor- springende Polster, welche durch die weiter emporwachsende Unter- lippe von der äußeren Mundbegrenzung ganz ausgeschlossen werden. Auch sehen sie dann kaum mehr über den Mundrand empor (Fig.63 W). In Fig. 67 sind sie von oben zu sehen (W). Am entwickelten Thiere stellen sie die Wimperpolster vor, welche bei der Hereinschaffung der Nahrung eine große Rolle spielen. Mit diesen Vorgängen Hand in Hand geht die Ausbildung des Rüssels. Derselbe hat nun eine dorsal und eine ventral schräg ab- fallende Fläche; letztere ist viel steiler und entspricht dem früheren oberen Ende, da der Rüssel eine Krümmung nach dem Munde zu er- litten hat. An seinen Zellen lässt sich eine Trennung erkennen in eine oberflächliche Schicht großer Elemente, zu welchen auch die stark granulirten Zellen, von denen oben die Rede war, gehören, und in die davon eingeschlossene Masse von Zellen, welche mit dem Central- nervensystem unmittelbar zusammenhängt (Fig. 68 Rü). Im oberfläch- lichen Ektoderm bemerkt man vor den granulirten Elementen sowohl in der Seiten- als Flächenansicht zwei große helle embryonale Zell- kerne, die in so fern von Wichtigkeit sind, als sie einen Markstein für die Gebiete der Rüsseltheile abgeben. Ihre Zellen (Fig. 64, 65 &) ge- hören nämlich noch zum dorsalen Epithel des Rüssels, und erst was unter ihnen liegt, wird zum Rüsselende umgewandelt. Zunächst zeigt sich an dieser letzteren Stelle eine Vertiefung (Fig. 64), über welcher eine cuticulare Membran, in der Vorderansicht gekrümmt, sich allmäh- lich erhebt. Schon am folgenden Tage ist das Wachsthum des Rüssels selbst so bedeutend, namentlich an seiner dorsalen Wand, dessen vor- dere helle Zellen sich vermehrt haben, dass er sich sehr stark und noch weiter gegen die Mundhöhle krümmt, wodurch sein Ende sogar unter das Niveau des Mundrandes taucht (Fig. 66 Rü). Die Endfläche ist all- seitig vertieft und von einem deutlichen niedrigen Wall umgeben, der oben in die gekrümmte Membran übergeht. Gleichzeitig mit den Räderorganzapfen wird auch der Rüssel aus- Studien über Räderthiere. II. 101 gestreckt, indem er gerade in der Längsachse des Körpers aufgerichtet wird. Seine ventrale Wand ist nunmehr gegen früher sehr gedehnt worden, der glänzende Cuticularstreifen, welcher knapp unter der Endpartie (Fig. 66) von einer Räderorganhälfte zur anderen zog, ver- schwindet dadurch. An dieser Fläche erscheinen am lebenden Thiere die Cilien, welche die dorsale Mundwand besetzen. Zuerst stehen die Räderorganzapfen und der Rüssel dicht an ein- ander schließend am vorderen Körperende empor, erst nach und nach entfernt sich der Rüssel und weicht gegen den Rücken zurück, wodurch eine Lüicke entsteht. Wenn die Zapfen an ihrem äußeren Ende zu den Halbkugeln des Räderorgans anzuschwellen beginnen, hängen sie mit dem Rüssel auch an der Basis nicht mehr zusammen, ein vom’ Munde ausgehender schmaler Hautwulst hat sich an der Basis der Räderorgan- stiele vortiber auch auf die Rückenseite ausgedehnt und hat so das Räderorgan von dem Rüssel getrennt. Vor dem Rüssel bildet dieser so spät entstandene Hautwulst die sog. Oberlippe. Der Rüssel zeigt eine Streckung in die Länge, seine oberflächlichen Zellen vermehren sich und es tritt eine quere Hautfurche auf (Fig. 69), welche ihn in die zwei Scheinsegmente theilt. Die Endfläche hat ihre dorsale euticulare Schutzmembran ziemlich weit entwickelt, deren Rand sich (Fig. 71 M) gezackt erweist. Am Rüsselende lassen sich, so lange er ausgestreckt ist, eben so wenig wie am Räderorgan Wimpern erkennen. Der Rüssel wird in der Folge wie letzteres eingezogen und verharrt in dieser Lage bis zum Ausschlüpfen. Seine inneren Zellen schließen dicht an einander und zeigen den Typus der Gehirnzellen, große Kerne, spärliches Plasma. In der Längsrichtung des Rüssels sind die Kerne gestreckt, was ein streifiges Aussehen hervorbringt. Noch so lange der Rüssel gestreckt ist, erfahren die inneren Zellen solche Veränderungen ihrer Form, dass man bereits die am Rüsselende ansitzenden Sinnes- und Ganglienzellen von den sich zu Fasern streckenden und der Verbindung mit dem Gehirn dienenden Elemen- ten unterscheiden kann. Schließlich wird der Rüssel mit dem Räderorgan eingezogen und von der Haut des Körpers umhüllt im Inneren geborgen. b) Gehirn und Taster. In dem zuletzt besprochenen Stadium - war das Gehirn aus den zwei Ektodermknospen zusammengesetzt, welche sich an einander legen, so dass die zuerst entstandene von der - zweiten eingebuchtet wird und sich wie eine Decke auf das hintere _ Ende der letzteren anlegt. Beide Theile waren von gleicher Struktur _ und bestanden aus Zellen, deren Charakter in den verhältnismäßig “ großen hellen Kernen und dem spärlichen Plasma bestand. Die aus 102 Carl Zelinka, der Kopfplatte entsprungene Gehirnpartie bleibt konstant mit der Ur- sprungsstelle, welche zum Rüssel wird, in Verbindung und streckt sich entsprechend der Streckung des Vorderendes etwas in die Länge (Fig. 67 05). Dessgleichen löst sich auch das zuerst entstandene Stück des Gentralnervensystems nicht vom Ektoderm los. Man sieht daher die, nebenbei gesagt, das ganze Vorderende ausfüllende Gehirnmasse an zwei Stellen ohne Grenze gegen die oberflächige Zellschicht, an der mit T bezeichneten Stelle in Fig, 67 und an der zukünftigen Rüssel- endfläche (Rü), welche durch die starke, beim Wachsen entstehende Krümmung des Kopfhügels nach vorn ganz gegen die Bauchfläche ge- richtet wird. Zur Zeit, wenn der Embryo das Bild wie Fig. 64 zeigt, bemerkt man ein starkes Vordrängen des Ektoderms gegen das vordere Kopfende, welches die mit T bezeichnete Partie desselben weit nach vorn bringt, während gleichzeitig der Rüssel seine außerordentliche, im Stadium Fig. 66 den Höhepunkt erreichende Krümmung in die Mundhöhle erhält. Etwa im Stadium der Fig. 64 erheben sich, so viel ich erkennen konnte, vier Zellen über die Fläche der Oberhaut (Fig. 68, 70 T), welche anfänglich mehr isolirt stehen, später aber eng zusammenschließen und, indem sie ihre Kerne im Niveau der Haut zurücklassen, in die Höhe wachsen. Dadurch entsteht ein an seiner Basis die Zellkerne tragender plasmatischer, oben abgerundet, mitunter etwas angeschwollen endender Cylinder. Diese Anlage bildet sich zum Taster aus, erhält bald eine hyaline kragenförmige aufstehende Guti- cula am Ende und eine Ausbauchung an seinem Körper (Fig. 66, 71 T). Sinnesborsten treten, so lange das Vorderende ausgestülpt ist, nicht auf, sie werden offenbar in der Zeit, in welcher der Embryo kontra- hirt in der Eihülle liegt, erzeugt. Mit dem Vorwachsen des Tastergebietes ist auch eine Lagever- änderung der beiden Gehirnhälften verbunden. Das Stück C, wird gewissermaßen von dem Ektoderm nach vorn gezogen, es streckt sich gegen das Vorderende und legt sich allmählich auf die dorsale Seite des Gehirntheils C,, indem gleichzeitig dessen hinteres Ende davon frei wird (Fig. 68). Durch diesen Vorgang kommt es, dass jener Gehirntheil, welcher am Embryo weiter hinten liegt, am entwickelten Thiere die vordere in den Tasternerv übergehende Spitze des Gehirns ausmacht, während das vorn angelegte Stück des Gehirns allmählich unter dem ersteren nach hinten rückt. Die Grenze zwischen beiden Gehirnpar- tien wird später verwischt, am ausgewachsenen Thiere deutet nichts “auf eine solche Zusammensetzung desselben, indem am ausgewachse- nen Thiere ein einheitlicher Ganglienzellenmantel die ebenfalls einheit- liche Fasersubstanz umschließt. Studien über Räderthiere. III. 103 Die Zellenmasse, welche zwischen Gehirn- und Rüsselendfläche liegt, wird, wie schon angeführt, zum Aufbau der Sinnes- und Ganglien- zellen, sowie der Nervenfasern zwischen Gehirn und Rüssel verbraucht. Die Lage des Gehirns erleidet im Laufe der weiteren Entwicklung eine merkliche Veränderung, indem es am entwickelten Thiere über dem Pharynx liegt, während im Embryo seine Lage nur vor dem Schlundkopfe zu finden ist. Es tritt also eine Wanderung nach hinten ein. In der Zeit, in welcher das Räderorgan und der Rüssel ausgestreckt sind, erkennt man unter dem Pharynx das subösophageale Ganglion als einen kugeligen Körper, dessen Abstammung auf eine Ektodermein- stülpung von der Bauchseite aus zurückzuführen ist. ec) Fuß resp. Schwanz. In Fig. 61 sehen wir diesen Theil des Körpers als ein quer gestelltes, vom übrigen Körper durch eine Falte getrenntes Stück, dessen Ecken abgerundet sind, und dessen vorderer Rand eine kurze rundliche Spitze besitzt. Gleichzeitig bemerkt man, dass es bereits ganz vom Ektoderm erfüllt ist, welches, wie schon be- merkt, den Charakter aller Ektodermeinstülpungen trägt und durch das spärliche Plasma und große Kerne ausgezeichnet ist. Das Entoderm des Schwanzes ist dadurch verdrängt worden und ordnet sich im An- schlusse an die Analeinstülpung in ziemlich regelmäßigen Zellreihen an (Fig. 62). Zunächst findet eine Streckung des Körpers statt, welche sich auch auf den Schwanz ausdehnt, so dass er das hintere Körperende bildet (Fig. 63). Tags darauf wird dieses Organ birnförmig, das heißt, es tritt ein Längenwachsthum auf, wobei sein Ende knopfartig vortritt. Im Inneren zeigt sich in den bisher gleichartigen Zellen die erste Differen- zirung, da die der Spitze nahe gelegenen sich strecken und deutliche Körnchenreihen ein streifiges Aussehen erzeugen (Fig. 64). Bis zum nächsten Tage ist schon eine bedeutende Veränderung zu verzeichnen. Der Schwanz ist länger geworden und zeigt bereits bezeichnende Eigen- schaften. Er wendet sich meist nach links. Das knopfförmige Ende hat sich zu einem konisch zulaufenden Gebilde umgeformt, welches an seinem quer abgeschnittenen Ende eine Anzahl (ca. 10—13) feine Zäpf- chen in einer Reihe hervorsprießen lässt (Fig. 65). Die Körnchen- straßen, welche bald unter diesen beginnen, haben sich vermehrt und vergrößert. An der Basis dieses Endtheiles bemerkt man, wo das großzellige Ektoderm beginnt, dass sich an jeder Seite je eine Zelle aufgerichtet _ hat, welche zur Zangenspitze wird (Fig. 65 Z). Im übrigen Theile des - sich nach dem After zu stark verbreiternden Schwanzes findet sich noch das unveränderte aus dicht gedrängten gleichartigen Zellen be- stehende embryonale Gewebe, welches außen von einer deutlich unter- EN LE ES BB ne 104 Garl Zelinka, schiedenen Oberhaut bedeckt wird. Der zäpfchentragende Endtheil des Schwanzes entbehrt dieser großzelligen Deckschicht, indem er aus, diesen oberflächlichen Zellen selbst hervorgegangen ist. Im Vordertheile sondert sich die innere Zellenmasse von der hinter- ihr liegenden, so dass man eine Grenzlinie beide trennen sieht; die. innere gruppirt sich in zwei symmetrisch liegende Zellhaufen, deren. Elemente sich strecken und nach und nach in je drei Zügen anordnen und sich dadurch auszeichnen, dass ihre Kerne sie nahezu ganz aus- füllen, wesshalb sie auch keine Körnchen besitzen, sondern nur matt- glänzend aussehen (Fig. 71 Kl). Sie werden zu den bei dieser Callidina in sechs Reihen angeordneten Klebdrüsenzellen. Die darauf folgende hintere unpaare Zellgruppe besitzt körniges: Plasma und gewinnt am Ende ein völlig streifiges Aussehen. An der: Haut zeigen sich bestimmte Querfurchen, welche den spitz zulaufenden Schwanz in vier Scheinsegmente theilen, von denen das an den Rumpf schließende das größte ist, das dritte die Zangen trägt, das vierte und kleinste an seinem Ende den von keiner Hautschicht überzogenen Konus trägt, der die in einer Querreihe gestellten Zäpfchen, die sich. bald als kleine vorstehende Röhrchen erweisen, entstehen ließ. Dieses. vierte und letzte Glied, welches also seiner Entstehung nach gleich- werthig den übrigen drei ist, wird bald eingezogen und wird auch am erwachsenen Thiere selten ganz vorgestreckt. Das zweite und dritte bilden später ein einziges Glied, da die Grenzlinie zwischen ihnen nur eine Zellgrenzlinie ist und später verschwindet. Es resultiren endlich drei Schwanzglieder. Der röhrchentragende Endabschnitt ist, wie wir sahen, keine kreisförmige Platte oder ein Cylinder, an dessen Grund- fläche die Röhrchen im Kreise stehen, sondern ein flaches Gebilde, an dessen Unterseite diese Röhrchen dem Rande anliegend in einer Reihe entstehen. Der Rand des bewussten Gebildes zeigt sich häufig in der Mitte eingebuchtet. Mir scheint demnach die Annahme Prarr’s!, dass eine Saugscheibe, wie sie Discopus besitzt, als die ursprüngliche Form des Endgliedes anzusehen sei, nicht gerechtfertigt, wie ich schon weiter oben erwähnte, vielmehr zeigt sich als erstes Stadium der Hinterrand von Mündungen besetzt, welcher leicht durch-Einbuchtungen die Zäpf- chen der Gallidinasymbiotica und die » Zehen« anderer Philodini- den ableiten lässt. Die Saugscheibe wäre wohl eher als eine Umbildung nach einer anderen Seite hin aufzufassen. In dem Stadium, wo das Räderorgan und der Rüssel ausgestreckt werden, besitzt dieser End- theil eine Breite von 0,0138 mm, die Röhrchen sind 0,003 mm lang. 1 Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens. Diese Zeitschr, Bd, XLIX. p. 4. Studien über Räderthiere. II. 105 Das ganze Endglied wird schon bald dauernd eingezogen, wenn die übrigen Schwanzglieder noch gestreckt bleiben. Die letzte Zelle der inneren Reihen der Klebdrüsenzellen ver- längert sich und zieht sich zu einem Faden aus, der sich an der Bauch- wand ansetzt (Fig. 71). Von den seiner Zeit eingestülpten Ektodermzellen des Schwanzes sah ich im selben Stadium jederseits eine an der Bauchseite des Kleb- apparates sich strecken und zu einem der Schwanzmuskeln werden, der sich an dem unpaaren, wie ich bemerken will, durch eine Art Mantel sich abschließenden Zellenkomplex ansetzte und gegen die Basis des Schwanzes zu hinlief. Etwa zwei Tage später als das Räderorgan eingezogen wird, wird auch der ganze Schwanz ins Körperinnere ein- gezogen und bleibt von nun an in dieser Lage (Fig. 72). d) Verdauungsapparat und Geschlechtsorgane. Die Ver- änderungen des Mundrandes, so weit sie vom Wachsthum des Rüssels und des Räderorgans abhängen, sind bereits besprochen worden. Die Mundhöhle selbst ist jedoch ebenfalls einer Umbildung unterworfen. In Fig. 61 war sie ein breites, flachgedrücktes Rohr, welches sich am inneren Ende in den Pharynx fortsetzte. Bald sieht man die dorsale Wandung etwa in der Mitte des Rohres sich vorbauchen (Fig. 62), wäh- rend die Unterlippe noch geradwandig verläuft. Sodann krümmt sich die letztere der sich vergrößernden Vorbauchung der Rückwand ent- sprechend ein und beide stellen so ein gebogenes Rohr (Fig. 68) dar. Die besonders sich vorwölbenden und zu den Wimperpolstern sich umbildenden Theile der beiden Mundwülste üben auf die Formation der Mundhöhle ihren Einfluss aus. Eine Flächenansicht lässt zwei Kon- touren erkennen. Der vordere läuft von den äußeren Rändern der Mundwülste nach abwärts und lässt die Höhle als eine schmälere, gegen unten etwas erweiterte Röhre erkennen, der rückwärtige geht von der Anlage der Wimperpolster aus, schließt einen gleich unter denselben sich bedeutend erweiternden, jedoch nicht so weit hinabreichenden Raum ein. In Fig. 63 sind diese Grenzlinien ihrer Lage nach mit v und h bezeichnet. Es stellt sich also heraus, dass durch die Vorbauchung der Rückwand und die Wimperpolster ein breiterer jedoch kürzerer Raum der Mundhöhle abgegrenzt wird, als es der vordere schmälere Raum ist, der viel weiter hinabreicht (Fig. 66). Die Masse des Pharynx, welche die Kiefer erzeugt und der Kau- muskulatur den Ursprung giebt, zeigt in einer Seitenansicht nicht mehr dieselbe Anordnung der Zellen wie in den früheren Stadien. Die Kiefer, Anfangs nur schmale Streifen, werden breiter und zeigen zuerst einige, dann alle von den großen Querleisten — die Zähne — (Fig. 68), später 106 Carl Zelinka, auch die feinen Riefen (Fig. 64, 66). In dem Stadium der Fig. 64 sind in jedem Kiefer schon fünf Zähne zu sehen, in dem der Fig. 74 schnappen die Kiefer zum ersten Male kräftig zusammen, ein Zeichen, dass die bezüg- liche Muskulatur entwickelt ist. Sie wird durch die große Zellenmasse im Pharynx gebildet, an deren Oberfläche die Kiefer abgeschieden werden. Die Anzahl der Zähne variirt von da an bei den Embryonen sehr und man trifft Zahnformeln wie - - etc. Die Öffnung des Schlundes in den Pharynx wird von einem eigenen Gebilde flankirt, das im erwachsenen Thiere persistirt und dort schon von PLaTE gesehen, aber nicht erkannt worden ist. Etwa am vierten Tage vor dem Ausschlüpfen wird man zuerst auf diesen Organtheil (Fig. 72 m) aufmerksam, indem daselbst ein ungemein lebhaftes Zittern wie das einer undulirenden Membran auftritt. Mit ihm oder richtiger durch ihn zittern, etwas weniger stark und weniger rasch, die Wände der Mundhöhle und das Räderorgan. Es zeigt sich, dass die ziemlich dicke Wand des unteren Theiles des Mundbechers, den ich seiner Zeit zum Gegensatze zur eigentlichen Mundhöhle Schlundröhre zu nennen vorschlug, der Platz und die Ursache dieses Zitterns ist. Die Schlundröhre geht aus dem früher erwähnten vorderen schmäleren Theile der embryonalen Mundhöhle, welcher tiefer hinab- reicht, hervor, indem die Höhlung durch Näherung der seitlichen Wände zu einer schmalen Spalte wird, welche von der Bauchseite wie ein Rohr erscheint. Diese Wände zeigen nun einen eigenthümlichen Bau. Es laufen in ihr parallele eng liegende Streifen schief nach unten. Wenn nun das Zittern sehr energisch auftritt, so erscheinen diese Streifen wie Cilien und die ganze Bewegung als wie von einem Flimmerepithel hervorgebracht. Beim Nachlassen der Be- wegungsenergie erkennt man jedoch, dass die vermeintlichen Cilien an einer die Schlundröhre auskleidenden und mit ihnen undulirenden Cuticula enden. Ferner sieht man, dass diese Streifen sich als Fasern erweisen, welche unabhängig von einan- der wellenartige Bewegungserscheinungen zeigen. Es hat sich die gesammte Wand des Schlundrohres in Muskelfibrillen um- gewandelt, an welchen einander äußerst rasch folgende Kontraktionser- scheinungen auftreten, so dass mehrere Kontraktionswellen gleichzeitig über jede Faser hinlaufen. Diese Erscheinung dauert am Embryo von jetzt ab an, jedoch ist es immerhin möglich, dass Ruhepausen eintreten. Mundhöhle Studien über Räderthiere. III. 107 Bei schwacher Vergrößerung macht sich die ganze Erscheinung nur in einer wellenartig nach hinten laufenden Bewegung der das Lumen auskleidenden Cuticula geltend. Zu erwähnen habe ich, dass am dorsalen Ende des Pharynx, wo der Ösophagus entspringt, eine ähnliche zuckende Bewegung zu be- merken ist, daher wohl ähnliche Einrichtungen zu treffen sein werden. Der Mitteldarm hat bis zum Stadium Fig. 72 fast keine Verände- rungen erlitten, einige passive Verschiebungen abgerechnet. Wenn das Thier sich bereits endgültig kontrahirt hat, erscheinen drei große durch dünne Substanzbrücken getrennte Hohlräume, welche dorsal und mehr uach hinten gelegen sind. Durch Vereinigung derselben und weitere Ausbildung entsteht das runde Lumen des Mitteldarmes, das also sehr spät erst sich bildet und durch Auseinanderweichen des bisher soliden Zellsyneytiums entsteht. Der Mitteldarm hat allein seine gelbliche Farbe bewahrt, während die übrigen Organe eine Aufhellung ihres Plasmas erfahren haben. Wir wissen, dass die ehemals im Schwanz enthalten gewesene Entodermmasse durch das eindringende Ektoderm verdrängt wurde. Sie ordnet sich nach ihrer Verlegung zwischen Mitteldarm und der Analeinstülpung (Fig. 62 Ef) als die Anlage des Blasendarmes an und verliert erst mit der Zeit ihre gelbliche Färbung, indem die Zellen hell werden. Auch hier sind die Zellkerne ursprünglich groß, das Plasma äußerst spärlich. Die ganze Masse ist solid und erhält erst einige Tage vor dem Ausschlüpfen einen centralen Hohlraum, der sich mit der Anal- einstülpung, die (Fig. 71 R) auch das Rectum bildet, in Verbindung setzt. Dem Mitteldarm liegen die Keimdotterstöcke dicht an und sind an der Bauchseite desselben einander ziemlich genähert. Von den großen Zellen, welche sie ursprünglich zusammensetzen, bleiben jeder- seits nur vier erhalten, welche zu Dotterzellen werden, die tibrigen werden zu anderen Zwecken verwendet, indem ein Theil von ihnen die Keimzellen liefert, andere jedoch sich um den ganzen Komplex herum- legen und so jene Haut bilden, welche die Keimdotterstöcke umhüllt und sich nach vorn und hinten beim erwachsenen Thiere zu Fortsätzen auszieht. Jene Umhüllung (Fig. 66, 71) ist Anfangs — sie tritt im Stadium der Fig. 64 zuerst deutlich auf — ziemlich diekwandig, zeigt mehrere Kerne und granulirte Plasmareste und umgiebt die Keimdotter- stöcke ziemlich eng, ohne jedoch irgend einen Fortsatz zu zeigen. Wann ein solcher auftritt, weiß ich nicht zu sagen. } Von Bedeutung ist, dass der Embryo von Callidina in jedem Ge- - schlechtsorgan vier, zusammen also gerade acht Dotterkerne besitzt, eine Zahl, welche später bekanntlich nicht eingehalten wird. 108 Carl Zelinka, e) Muskeln und Bewegungen. Die ersten Muskelfasern treten ziemlich früh auf, indem sie bereits bald nach dem Beginn der Streekung des Körpers zu sehen sind. Es sind dies langgestreckte bandförmig gewordene Zellen, welche, wie Fig. 62, an der Körperseite zuerst auf- treten und zwischen Räderorgan und der Mitte des Körpers verlaufen. Ihre Lage ist unter der Haut, wie man schon am lebenden Objekt leicht erkennen kann. Später gabelt jeder Muskel sich an seinem Vorderende, welches in das Innere jedes Räderorganlappens eindringt. Der zuerst sichtbare Muskel wird also zum Rückzieher des Räderorgans. Da mit dem Erscheinen dieser und der übrigen vorderen Muskeln die wenigen zwischen Gehirn und Haut übrig gebliebenen granulirten Zellen verschwinden, ohne dass eine Wanderung derselben eintritt, da die Muskeln ferner genau dieselbe Lage zwischen Haut und Central- nervensystem haben wie eben diese Reste der durch die Bildung des Gehirns fast ganz verdrängten granulirten Zellmasse, ist es gerecht- fertigt, beide in genetischen Zusammenhang zu bringen und anzu- nehmen, dass die Leibeshöhlenmuskeln, welche zum Kopfe laufen, also der sogenannten vorderen Gruppe angehören, aus diesen granulirten Zellen (vgl. Fig. 57 Gr) entstehen. Mit dem Auftreten dieser Muskeln machen sich die ersten Be- wegungen bemerkbar. Das Vorderende wird nicht allmählich, wie in Folge des Wachsthums, sondern ziemlich rasch nach vorn gestreckt und der Schwanz etwas nach hinten gerückt (Fig. 63), am nächsten Tage sind schon ganz ausgiebige Bewegungen des ganzen Körpers zu sehen. Es hat sodann der Körper keine bestimmte Gestalt mehr, da beträchtliche Verschiebungen der Körpertheile ausgeführt und langsam, gleichsam wälzend, Schwanz und Rumpf bewegt werden und die Haut bald eingezogen, bald aufgebläht wird. Das Vorderende kann so eingezogen werden, dass der Rüssel ganz nach unten in die Mundhöhle umgebogen wird und die Haut sich in Falten darüber schließt. Der Schwanz wird vom Stadium Fig. 65 an bedeutend gestreckt und nimmt in den meisten Fällen eine schiefe Lage ein, indem er sich nach einer Seite krümmt, jedoch seine Lage wechselt. Mitunter wird er bis zum Munde vorgestreckt, wobei gleichzeitig das Vorderende etwas auf- gerichtet wird, so dass der Rüssel über den Mundrand heraus sieht. Wenn die Räderorganlappen ganz ausgestreckt werden, trifft es sich, dass der Schwanz zum ersten Male ganz, jedoch nicht dauernd, eingezogen wird, da er sich bald wieder ausstülpt und dann gestreckt bleibt, bis auch das Vorderende bleibend eingezogen wird. Dass sich Zellen des vom Ektoderm durch Einstülpung abgeleiteten Komplexes 3 2 i R | ; u 7} Studien über Räderthiere. Ill. 109 zu kontraktilen Faserzellen strecken, wurde schon oben erwähnt. Mit ihrem Erscheinen ist der Schwanz befähigt, sich zu kontrahiren. Diese Zellen zeigen schwache Körnchen an ihrer ganzen Peripherie, das Cen- trum aber erscheint mattglänzend. Die Stelle, wo der Kern sitzt, ist angeschwollen. Die Haut bestand noch in Fig. 59 aus dicht gedrängten großkerni- gen Ektodermzellen. Durch die zahlreichen Abgaben an Zellen, welche das obere Keimblatt für Gentralnervensystem, Räderorgan, After und Klebdrüsen zu leisten hat, bleiben verhältnismäßig wenig Zellen zum Aufbau der Haut zurück. Besonders ist dies am Bauche auffällig (Fig. 61), wo jederseits eine Reihe schmaler quer ausgezogener Zellen die Haut zusammensetzen. An den übrigen Theilen bleiben sie etwas dichter erhalten, lassen jedoch auch hier zumeist deutliche Längsreihen erkennen. Die Bauchfläche zeigt in Folge der Einkrümmung reichliche Quer- falten, die je eine Zellbreite besitzen, welche sich auch auf die Seiten und den Rücken fortsetzen. Diese haben mit den späteren bleibenden Querfalten nichts gemein, welche nämlich erst mehrere Tage später auftreten. Wenn das Räderorgan vorgestreckt wird, sind auch die ersten Längsfalten,, zuerst jederseits zwei, zu bemerken, welche sich bald vermehren. Die Oberhautzellen haben bereits ihre Grenzen eingebüßt und sind zu einem Syncytium vereinigt, bis auf eine Anzahl von Elemen- ten, welche sich unter den übrigen flachen Zellen durch schärfere Grenzlinien auszeichnen, sonst aber gleichgeartet sind. Es sind dies Zellen, welche quer ausgezogen sind und in Form von Querbändern an einander schließen. An ihren Vereinigungsstellen sind sie ver- schmälert und besitzen in der Mitte ihres Verlaufes einen Zellkern, so groß wie die übrigen Ektodermzellen, zwischen welchen sie, wie der optische Querschnitt zeigt, liegen. Man kann nun ein Ausscheiden dieser queren Zellenreihen aus dem ektodermalen Verbande beobachten, und nach 24 Stunden findet man sie gänzlich von der Oberhaut abgelöst derselben innen anliegen. Zu dieser Zeit ist noch deren Zellnatur erhalten. Sie werden zu den querverlaufenden Hautmuskeln, welche bekanntlich aus einzelnen, an Hautfalten an einander stoßenden fibrillären Stücken bestehen. Jedes dieser Stücke wird demnach von einer Zelle gebildet. Über ihnen haben sich die ektodermalen Zellen wieder an einan- der geschlossen und bleiben noch eine Zeit lang ziemlich dick, gewin- nen also erst in späterer Zeit jene ungemein starke Verringerung ihrer Höhendimension, welche die Räderthierhaut auszeichnet, Wenn die 110 Carl Zelinka, ersten Falten zu sehen sind, haben diese Zellen bereits eine einheit- liche eutieulare Schicht abgeschieden, welche am erwachs@nen Thiere stärker als die aus den Oberhautzellen hervorgegangene Hypodermis ist. Wenn das Thier sich dauernd kontrahirt hat, treten an der Cuti- cula auch bereits die charakteristischen buckelartigen Erhebungen auf, welche derselben ein ehagrinartiges Aussehen gewähren. f) Exkretionsorgan. Die Ausbildung dieses Systems fällt in eine späte Zeit, indem erst, wenn der Embryo Vorder- und Hinterende eingezogen hat, die ersten Spuren desselben auftreten. Vor Allem be- merkt man in der Nachbarschaft des Pharynx auf jeder Seite eine Gruppe von enggedränsten, fast nur aus Kernsubstanz bestehenden Zellen von mattem Glanze, von welchen ich nicht weiß, woher sie kommen, ob direkt vom Ektoderm oder von den granulirten Zellen. Da um diese Zeit das Thier bereits kontrahirt ist und daher die Organe sehr zusammengedrängt sind, ist das Studium gerade dieses Theiles der Entwicklung sehr erschwert. An der genannten Stelle bemerkt man dann zuerst das Auftreten eines ungemein reichlich gewundenen Ka- nals, an welchen anhaftende gestreckte Zellen zu den Flimmerlappen . werden. Ob der Kanal durch Aushöhlung der oben erwähnten Zellen oder durch gleichzeitiges Aneinanderschließen mehrerer Zellen, welche einen Hohlraum umgeben, entsteht, ließ sich nicht entscheiden, es war nur so viel festzustellen, dass die erwähnte Zellgruppe daran betheiligt ist und dass von hier aus die Ausbildung des Exkretionsgefäßsystems nach vorn und hinten fortschreitet. Die Flimmerlappen entstanden durch Aus- höhlung (siehe Holzschnitt VI) einzelner dem Kanale ansitzender Zellen, wobei zu beachten war, dass die Höhlung nahe bis in den Gipfel der Zelle reichte, die Flimmern sich also erst später durch Hineinwachsen bil- deten. Die Wand der Lappen und des Kanales war zu dieser Zeit von gleichmäßig körnigem Plasma ge- bildet. Von einer Öffnung an der Spitze der Lappen war keine Spur zu finden. Im optischen Quer- schnitte erwiesen sie sich als kreisrund und eben; Fig. VI. so war auch das Flimmerbüschel von kreisrundem Durchschnitte. Das Flimmern desselben ließ sich in dieser Ansicht als ein gleichmäßiges Hin- und Hergleiten dieser Kreis- scheibe innerhalb des Lappens verfolgen, entsprechend den einzelnen Wellenbergen und Thälern, welche das Büschel durcheilten. Dass die Flimmerlappen elastisch sind, war zu erkennen, wenn sie zwischen anderen Organen eingeklemmt und durch den Druck ab- geflacht wurden, indem nach Aufhören desselben die frühere eylindri- sche Form zurückkehrte. In so fern zeigen sie also das gleiche Verhal- Studien über Räderthiere. III. +11 ten wie am erwachsenen Thiere, nur in der Gestalt ist eine kleine Ver- schiedenheit zu bemerken. Die embryonalen Flimmerorgane sind bis auf das dem Kanale ansitzende und verjüngte Ende gleichmäßig ey- lindrisch, während die des erwachsenen Thieres eine mehr konische Form zeigen, da sie sich vom Anfang an gegen ihre Mündung ver- jüngen. Ihre Länge ist an beiden fast gleich, am Embryo beträgt sie 0,0075 mm, am erwachsenen Thiere 0,00875 mm, also ist nur ein minimales Wachsthum zu verzeichnen. Die plasmatische Kappe ist gleich vom Anfang an vorhanden. Einen Tag später, nachdem die in Fig. 72 dargestellte Stufe er- reicht ist, hat sich der Kanal durch den ganzen Körper erstreckt, auch die kontraktile Blase ist bereits in Funktion. An der Aufknäuelung am Pharynx sitzen zwei Flimmerlappen, von hier aus windet sich der Kanal nach vorn und hat am eingezogenen Räderorgan einen und vor demselben noch einen Lappen ansitzen, oder richtiger, er hört hier mit einem Flimmeranhang auf. Nach hinten senkt sich der Kanal von der Seite gegen den Bauch hinab und bildet unter den Genitalorganen eine zweite Aufknäuelung, an der zwei Flimmerlappen sitzen. Von hier aus hebt er sich wieder und zieht mit noch einem Lappen versehen zum Rectum. Zum Schlusse steigt die Zahl der Flimmerorgane auf acht. Das Ausschlüpfen des Thieres. Am 17. Tage beobachtete ich eine lebhafte Bewegung des Em- bryo, der sich streckte und mit dem Schwanze gegen den hinteren Eipol stemmte und so die Sprengung der Eihaut am vorderen Pole be- wirkte. Die Öffnung der Eihaut geschieht an der durch den Querriss gekennzeichneten Stelle, doch genügt dieselbe nicht, wesshalb noch ein longitudinaler Riss bis gegen die Mitte des Eies hinzukommt. Die Querlinie am vorderen Eipole bezeichnet also die Stelle, wo die erste Öffnung zu entstehen hat und die nur zur leichteren Erzeugung einer größeren dient. Das Ausschlüpfen geschieht zuerst nur zur Hälfte, dann folgt eine Pause, worauf das Thier vollends herausschlüpft. Die Kiefer arbeiten hierbei stark. Nach dem Ausschlüpfen, welches nicht mit Hilfe des - Räderorgans, sondern nur durch die Kriechbewegungen geschieht, liegt - das Thier eine Zeit lang bewegungslos neben der Eihaut, wie um aus- - zuruhen. Dann bemerkt man eine lebhafte innere Bewegung, ein Aus- strecken des Fußes und zum ersten Male des Räderorgans, welches - mit seinen Cilien wirbelt. E Messungen ergeben, dass die Zangen 0,02 mm an der Spitze, - 0,0075 mm an der Basis von einander entfernt sind. Die verhältnis- 142 Carl Zelinka, mäßig kleinsten Organe sind die Keimdotterstöcke, welche nur 0,0025 mm lang und 0,00125 mm breit sind. Endlich zieht sich das Thier nochmals ein, worauf eine heftige Kontraktion der Blase erfolgt, gleichsam um die letzten embryonalen Exkrete hinauszuschaffen. Nun ist das Thier zum weiteren Funktioniren seines Organismus geeignet. Es misst an Totallänge 0,27 mm, gleicht dem ausgewachse- nen Thiere und unterscheidet sich von ihm nur durch die geringere Größe , die Unreife der Genitalorgane und durch die helle glasige Be- schafiknei, seiner Organe. Bis zur Ausbildung der Organe hat nur Sırensey die Embryogenie verfolgt. Der Parallelismus der Vorgänge, welcher im Großen und Ganzen bisher zu erkennen gewesen, hält je nach den Organen noch an, bis Trennung der Entwicklungswege stattfindet, welche allmählich zur Ausbildung der Familien-, Gattungs- und Speciescharaktere führt. Zu- nächst bemerken wir, dass Brachionus die gleiche Kopfbeuge, wenn wir es so nennen dürfen, zeigt, wie Callidina. Das Kopfende ist gleichfalls nicht nach vorn, sondern bauchwärts gewendet und steht senkrecht zur Längsachse des Eies, wie SaLznsky's Fig. 13 und 1% zeigt. Die erstere entspricht etwa unserer Fig. 59 und lässt wie diese den Wall erkennen, der den Mitteltheil des Kopffeldes zu beiden Seiten umgiebt und gegen den Rücken vorschreitet, wie bei Gallidina. Diese Mitte des Kopfendes bei Brachionus ist ebenfalls hügelartig erhöht und entspricht der Lage nach dem Rüssel der Callidina. Es ist nach Sırensky’s Schilderung mehr als wahrscheinlich, dass auch bei Brachionus von hier aus eine Gehirneinstülpung erfolgt. Die Fig. 14 stellt ein ähnliches Stadium dar, wie unsere Fig. 60, in welchem sich der Embryo etwas aufrollt und der Kopf mehr aufgerichtet wird. Wäh- rend Callidina noch lange ohne Wimpern bleibt, treten dieselben bei Brachionus schon jetzt auf. »Dieses sind nämlich die sensitiven Borsten, welche zunächst zum Vorschein kommen, und zwar nicht am Rande des Räderorgans, sondern am Mitteltheile des Kopfes sich bil- den, so dass sie erst später beim fortschreitenden Wachsthum des Rä- derorgans nach hinten, auf dessen Wimpersaum fallen.«e Es drückt sich hier die auch später zum Vorschein kommende Tendenz aus, die Mitte des Kopfes dem hinteren Rande des Räderorgans zu nähern. Der Kopfhügel richtet sich immer weiter empor, während die übrigen Theile des Kopfes in seiner Umgebung sich abplatten; endlich treten an der Basis desselben Wimpern in Form eines Kranzes auf, der Hügel wird eylindrisch und weicht immer mehr gegen die hintere Seite des Studien über Räderthiere. III. 113 Embryo zurück. Am Schlusse bildet am oberen Ende des Hügels sich ‚eine kleine Vertiefung, welche ebenfalls von einem Wimperkranze um- säumt wird. Das Zurücktreten des Kopfhügels findet sich auch bei Callidina; Brachionus erhält nur viel früher die auf demselben stehenden Wimpern. Der an der Basis stehende Wimperkranz bildet sich jedoch bei ersterer Form überhaupt nicht aus. Die Ausbildung des Räderorgans bei Brachionus differirt in so fern von der unserer Form, als bei ersterem die beiden Lappen schließ- lich an der Rückenseite des Kopfes zusammentreffen, während bei Gallidina der die Ausdehnung desRäderorgans bezeichnende glänzende euticulare Streif sich, bevor es zum Verschlusse kommt, jederseits ein- krüämmt und so den Rüssel nach hinten austreten lässt. Auch am Vordertheile des Kopfes zeigen sich die zum verschiedenen Bau der erwachsenen Thiere hinleitenden Differenzen, indem die Lappen sich - bis auf einen zum Munde führenden Spalt nähern. Über die Ausbildung des Gehirns und der Taster hat SıLEensky keine Beobachtungen gemacht. Über den »Fuß« sagt er, dass er sich immer mehr verdünne und gegen die linke Seite des Körpers krümme, ausnahmsweise sich jedoch auch nach rechts wende und dass an der Spitze die Endgriffel aufträten, welche sich immer mehr zuspitzten, Erscheinungen, die auch Gallidina zeigt. Nach Sarensky entstehen die Geschlechtsorgane, der Mitteldarm und die »gelappten Drüsen«, welche den Bauchspeicheldrüsen bei Callidina entsprechen, aus dem Entoderm, was im Grundsatze den bei Gallidina dargelegten Befunden entspricht, nur scheint bei Brachionus die Abtrennung der Genitalorgane viel später zu erfolgen - als hier. Es wird nämlich angegeben, dass die ganze Entodermmasse gleichzeitig durch zwei longitudinale und dorsale Furchen in drei der - Hauptachse parallele Wülste zerfalle ; der mittlere in Form eines Cylinders E ist die Anlage des Mitteldarmes, die beiden seitlichen werden jedoch Bi durch ventrale Querfurchen in je eine vordere zu den Bauchspeichel- drüsen und eine hintere zu den Genitalorganen sich umbildende Masse zerlegt. Dass Sırenskv diese letztere als Eierstock anspricht und bald > junge Eier zu erkennen glaubt, ist erklärlich; die Erkenntnis vom Bau = des Keimdotterstockes ist erst jüngeren Datums. Unser Räderthier zeigt die Genitalorgananlage sehr früh und erst ” geraume Zeit nachher die vom Entoderm oder eigentlich vom Mittel- _ darm sich ablösenden Drüsen. Dies erscheint jedoch von untergeord- neter Bedeutung gegenüber der Thatsache vom entodermalen Ursprung dieser Organe. Auch darin finden wir eine Ähnlichkeit, dass auch bei Brachionus die Darmhöhle erst spät durch Auseinanderweichen der 3 Zeitschrift f, wissensch, Zoologie. LIII. Bd, | 8 114 Carl Zelinka, bishin soliden Zellenmasse sich bildet. Während bei dieser Form die einzelnen Zellen erhalten bleiben, geht Gallidina noch weiter und lässt dieselben zu einem Syncytium verschmelzen. Die Verbindung des Schlundkopfes (von Sırensky Magen genannt) mit dem Mitteldarm tritt ebenfalls erst spät auf. Auch geht die Ausbildung der Organe mit einer Klärung ihres Inhaltes vor sich; Sırensky beschreibt dies von den ge- lappten Drüsen und den ee itdlorehnen Nicht übergehen kann ich jedoch einen Punkt, in welchem ich dem genannten Forscher nicht beipflichte. Es betrifft dies folgende Stelle: »Sobald das mittlere Blatt entstanden, tritt es auch gleich in den Fuß hinein, um sich allmählich in dessen Muskeln zu verwandeln. Durch Spaltung des Fußes in seiner Mitte entsteht eine Höhle, in die nun das mittlere Blatt hineinwächst. Die Ausbildung der Muskeln fällt jedoch in ein viel späteres Stadium. « Dies setzt voraus, dass die körnchenreiche dünne Schicht, welche er als mittleres Keimblatt beschreibt, sich über das ganze Thier nach hinten ausbreitet, wofür der Nachweis nicht einmal Tessıy, der an Schnitten studirte, gelungen ist. Die im Fuße auftretende Spalte möchte ich mit der paarigen Ausbildung der Klebdrüsen in Verbindung bringen und annehmen, dass die Muskeln des Fußes eben so entstehen wie bei Gallidina. Zu keinem Vergleiche können die Angaben über die Umbildung der Haut herangezogen werden, da die Philodiniden einer Schale ent- behren und sich Sırensky’s Beschreibung auf die Bildung dieser be- schränkt. B. Über die Entwicklung von Melicerta ringens. Die von JoLırr gelieferte Beschreibung der Entwicklung von Meli- certa ist die einzige, welche wir bisher besitzen, und diese ist derart abweichend von der von SALEnsKy, Tessın und mir über andere Räder- thiere gelieferten, dass der Schluss unabweislich wäre, Melicerta hätte eine ganz besondere, dem Typus der Räderthierentwicklung nicht entsprechende Embryogenie und nehme in Folge dessen, vielleicht gemeinsam mit ihren Verwandten, eine Ausnahmsstellung ein. Diesen bisher einzigen Widerspruch zu bestätigen oder zu lösen war somit eine unabweisbare Aufgabe, wofern man aus den vorliegenden Befunden irgend eine allgemeine Folgerung hätte ziehen wollen. Die nicht übereinstimmenden Angaben betreffen vor Allem die Furchung und die Anlage der Keimblätter, sodann aber auch die Bildung der Organe. Wieso JoLiET zu seinen, wie ich gleich bemerken will, vielfach irrigen Angaben gekommen ist, wird uns erklärlich, wenn wir Studien über Räderthiere, III. 115 die Erfahrung gemacht haben, dass das Melicerta-Ei ein sehr schwierig zu beobachtendes Objekt ist und gerade für die Untersuchung der Organbildung recht ungünstig sich erweist, da die bei anderen Räderthieren so charakteristische Körnchenansammlung in den granu- lirten Zellen und im Entoderm nicht als Wegweiser dienen kann, indem auch die oberflächlichen Ektodermzellen an vielen Stellen gleiche Granulaansammlungen besitzen. | Die Furchung wird durch die Asymmetrie des Eies und durch die fast spiraligen Verschiebungen der Blastomeren zu einem schwer zu untersuchenden Vorgang. Bei meiner vorwiegend der möglichst vollständigen Erforschung des Callidina-Eies zugewendeten Thätigkeit musste ich mich begnügen Melicerta nur in so fern zu berücksichtigen, als dies zur Aufklärung der Widersprüche und der Feststellung der wichtigeren Homologien nöthig war, Die Methode der Untersuchung war die gleiche, wie bei der Callidina, auch hier wurden die Eier isolirt in reinem Wasser auf- bewahrt und die normale Entwicklungsweise durch das endliche Aus- schlüpfen des jungen Räderthieres konstatirt. Die Eier der Melicerta sind jedoch empfindlicher gegen äußere Einflüsse und während von Callidina alle aufbewahrten Eier schließlich ausschlüpften, traten hier häufig am Ende der Furchung pathologische Umbildungen auf, welche die einzelnen Zellen kompakter und kleiner werden ließen und nach einem mehrtägigen Stillstande den Embryo zum Zerfalle führten. Die Kontrolle durch die Feststellung des Ausschlüpfen eines normalen Thieres ist hier dringend geboten. Namentlich ist jedes Ei, dessen Entwicklung einen Stillstand zeigt, sofort als abnorm auszuschließen. Zumeist erscheinen die Eier im Allgemeinen so, wie JoLIET sie beschreibt, als längliche Ovoide mit einem spitzeren und einem stumpferen und dickeren Ende, deren Mantelfläche nur auf einer Seite ceylindrisch, auf der anderen jedoch ausgebaucht ist, wesshalb im Profil die erstere geradlinig, die letztere ; mit krummen Rande erscheint. Da ganz richtigerweise das dickere = Ende als das Kopfende, das dünnere als das Hinterende bezeichnet ‘ wird, sowie ferner dieser Autor dessgleichen richtig die vorgebauchte Fläche als die ventrale, die eylindrische als die dorsale ansieht, so wäre die Orientirung durch diese Form des Eies eigentlich erleichtert, wenn nicht eine gewisse Asymmetrie die Vorbauchung nicht allein auf Bi die ventrale Fläche beschränken, sondern sie bald stärker, bald schwä- eher auch auf die rechte oder die linke Seitenfläche ausdehnen würde, wodurch beim Rollen des Eies das Wiederauffinden der früheren g* 116 Carl Zelinka. Stellung ungemein erschwert und so eine Fehlerquelle geöffnet wird. Bei manchen Eiern fehlt außerdem der Unterschied der beiden Enden, sie sind gleichmäßig dick. Jedes Ei ist von einer dünnen und klebrigen Eihaut umschlossen, welche JoLier in dem untersten Theile des Oviductes als Dotterhaut entstehen sah. Sie besitzt eine Art Deckelspalte, welche durch eine krumme an der Bauchfläche verlaufende und bis gegen die Mitte des Eies herabziehende Linie angedeutet ist. Die Länge der Eier, aus welchen Weibchen hervorgehen, schwankt zwischen 0,12 und 0,17, die Breite zwischen 0,06 und 0,07. Das Ver- hältnis zwischen großer und kleiner Achse ist etwa 2:1. Nur die gleichmäßig dicken Eier zeigen das Verhältnis 1,% :1. Für die männlichen Eier fand ich eine Länge von 0,08—0,09 mm mit entsprechender Breite. Die nachstehenden Beobachtungen wurden sowohl an weiblichen wie männlichen Eiern gemacht, ein Unterschied in der Furchung und Keimblätteranlage ist nicht zu finden. Auch Jouıer fand diese Vorgänge bei beiden Eiern ganz gleich ver- laufend, wesshalb sie in der Beschreibung nicht aus einander gehalten werden müssen. Die Veränderungen im noch nicht abgelegten, jedoch reifen Ei, welche nach JoLier in einem Verschwinden des Keimfleckes, einer Ver- größerung des Keimbläschens bestehen, das zugleich seinen deutlichen Umriss verliert und, bis auf einen unbestimmt geformten Fleck im Centrum des Dotters, endlich verschwindet, habe ich nicht kontrollirt, meine Beobachtungen setzen bei der Ausstoßung des Richtungskörper- chens ein. JoLier sah bei einem männlichen Ei, welches ein befruchtetes Weibchen gelegt hatte, zwei Polbläschen in einer Einziehung des Dot- ters etwa gegen die Mitte des Eies herauskommen, ohne dass es zur Bildung eines Amphiasters gekommen wäre. Bei parthenogenetischen Eiern suchte er vergeblich nach einem Richtungskörperchen, vermuth- lich, da er der Meinung war, sie müssten von dem noch im Oviduct befindlichen Eie ausgestoßen werden. Dies ist jedoch nicht der Fall, vielmehr ist die Bildung des Richtungskörperchens die erste Aufgabe des abgelegten Eies. Das Keimbläschen zeigt zuerst noch seine wohl begrenzte sphärische Gestalt (Fig. 73) und liegt etwa in der Mitte des Eies, sodann wandert es, indem es lebhaft seine Gestalt verändert, ge- gen den hinteren Pol, wird zu einem halbmondförmigen Fleck mit ge- kerbten Rändern (Fig. 74), dessen Konvexität der Bauchfläche zuge- Studien über Räderthiere. II. 117 _ kehrt, welcher es sich rasch nähert. Knapp unter der Oberfläche zerlegen die Kerben den Kern in drei eng an einander liegende un- gleiche rundliche Stücke (Fig. 75), deren der Oberfläche zunächst lie- gendes aus dem Ei gepresst wird. Es besteht fast ganz aus Kernsub- stanz und erzeugt durch seine Lage, zwischen Eihaut und Dotter, eine Einbuchtung im letzteren (Fig. 76). Hierauf wandern die beiden im Dotter verbliebenen Stücke gegen das Innere. Dies geht ohne jede Plasmastrahlung vor sich. Ein zweites Richtungskörperchen sah ich an dem beobachteten Ei nicht ausstoßen. Es ist möglich, dass der zweite rundliche Körper das zweite Richtungskörperchen vorstellt, welches im Ei verbleibt und mit dem Reste des Keimbläschens zum Furchungskerne - verschmilzt. Alles dies geht rasch vor sich. i Die erste Furche läuft senkrecht zur großen Achse und trifft die Stelle, wo das Richtungskörperchen saß, welches nicht mehr gefunden werden konnte. Das Ei wird in zwei ungleiche Theile (7 und A Fig. 77) zerlegt, deren kleinerer am spitzen Ende liegt, etwa !/, der ganzen Länge hat und aus hellerem Plasma besteht als der größere. Dass der Kern des letzteren bei seiner Wanderung nach der Theilung des ersten Fur- chungskernes, als auch bei späteren Theilungen, kommaförmig wird, hat JoLıer schon beobachtet, eben so, dass das diekere Ende bei der Be- wegung voraus ist und der Schwanztheil des Komma endlich vom Kopfe resorbirt wird, worauf der Kern des großen Segmentes in dem Winkel zwischen der ersten Furchungsebene und der ventralen Fläche liegt. Der Kern des kleinen Blastomers kommt früher zur Ruhe. Nach einer F kurzen Pause zeigen beide Kerne gleichzeitig Gestaltveränderung, der | untere streckt sich parallel zur kleinen Achse, der obere schief gegen { die große Achse des Eies, letzterer bewegt sich, wie ein Komet einen Schweif hinter sich lassend, mehr gegen die Mitte des Eies. Von da 4 an ist bei den Kerntheilungen leicht Plasmastrahlung zu beobachten. Be Zuerst folgt der Kerntheilung die Zelltheilung in dem großen Blasto- mer, die Theilungsebene steht senkrecht zur Kernspindel und schnei- det ein Stück an der rechten Seite schief heraus (Fig. 78 IT). Etwas später theilt sich die Furchungskugel A in zwei gleich große Segmente -_ @aundb; gleichzeitig beginnt das Segment /I herabzuwandern und a _ und b zu verdrängen (Fig. 79), bis db die Mitte zwischen beiden hält - und am hinteren Eipole liegt. Wenn das Ei von der anderen Seite be- - trachtet wird, zeigt es die drei kleinen Zellen nicht in einem Punkt zu- _ sammenstoßend, sondern die zwei seitlichen // und «a (Fig. 80) gren- zen in einer längeren Geraden direkt an einander, die Zelle b liegt also - hier etwas weiter nach hinten. 118 Carl Zelinka, Nun folgt eine kurze Ruhepause. Vom Ausstoßen des Richtungs- körperchens bis zu dieser Pause liegt ein Zeitraum einer Stunde, Vergleichen wir die bisher verzeichneten Vorgänge mit denen bei Callidina und Eosphora, so finden wir dieselben Erscheinungen: das Ei theilt sich in zwei ungleiche Segmente, die erste Furche geht durch die Stelle des Richtungskörperchens (für Eosphora dürfte dies zweifellos auch gelten), die größere Furchungskugel lässt auf der rechten Seite eine kleine Zelle entstehen, die kleinere Furchungskugel theilt sich in zwei Hälften, welche sich mit der ersteren kleineren Zelle sym- metrisch einstellen. Bei dem günstigen Objekte Gallidina gelingt es die Beziehung dieser späteren Furchen zum Richtungskörperchen zu erkennen und festzustellen, dass dieselben unter dem Körperchen sich treffen (Fig. 10). Dies giebt uns die Möglichkeit auch für Meli- certa die Stelle zu ermitteln, wo das Richtungskörperchen in diesem Stadium zu finden sein würde, wenn es eine eben so resistente Zell- natur hätte, und zwar ist dies der Schnittpunkt der drei Furchen in Fig.79. Dass diese Folgerung richtig ist, ergiebt sich aus den weiteren mit Gallidina übereinstimmenden Erscheinungen der Furchung. Als weiterer Schluss ergiebt sich, dass Fig. 79 die dorsale, Fig. 80 die ventrale Ansicht des Eies darstellt. Diese letztere Figur stimmt auch in Bezug auf die Grenzen der seitlichen Zellen a und 5b mit Fig. 11 von Gallidina überein. Jorıet, der die Theilung richtig beobachtet hat, hat sich in der Beurtheilung der Lage der Zellen getäuscht. Er sieht die Zelle I/ als eine ventral gelagerte an, während sie in der That auf der rechten Seite des Eies liegt; da er die Orientirung nur nach der Form der Ei- schale vorgenommen hat, war er durch diese Art der Bestimmung Täuschungen unterworfen, welche die variable Eiform mit sich brachte. Dieser Irrthum, welcher JorLıer veranlasste die Medianebene ganz wo anders zu suchen, war die Veranlassung zu den übrigen sich als Kon- sequenz ergebenden Fehlern. Die mit meiner Beobachtung nicht übereinstimmende Angabe über die Zeitdauer der geschilderten Vorgänge — JoLier sah zwischen der Ablage des Eies und dem vierzelligen Stadium (Fig. 79) drei Stunden verfließen — scheint von geringerer Wesenheit, da offenbar die Temperatur, der Sauerstoffreichthum des Wassers etc. großen Einfluss auf die Schnelligkeit der Entwicklung auszuüben im Stande ist. Waren die bisherigen Theilungen am Ei nicht gerade leicht zu verfolgen, so wächst nun die Schwierigkeit mit jeder neuen Zellver- mehrung. Und so kam es, dass schon die nächsten Theilungen von JoLier missverstanden worden sind. Er lässt die große Zelle I sich Zr ee neh Ya a Fe Ze Studien über Räderthiere. III. 119 theilen, das so erhaltene Blastomer gegen den unteren Pol rücken, gleichzeitig die Zelle I/ durch eine der großen Achse parallele Ebene in zwei Hälften zerlegt werden, zwischen welche das neue Segment hineinwandern soll, um sie zu zwingen an die Seiten des Segmentes a zu gleiten und so eine laterale Stellung einzunehmen. Die Sache geht jedoch so vor sich, dass die Zelle I streng ventral eine kleinere Zelle abschnürt (Fig. 81 IIT), welche sich zwischen und theilweise auf die zwei Blastomeren /J und «a legt, durch ihr Vorrücken gegen den hinteren Pol die hier gelegenen Zellen «a, b und // mehr dorsal schiebt. Nahezu gleichzeitig schicken sich die Kerne dieser Zellen zur Mitose an und bald nachher ist jede derselben in zwei Hälften zerfallen (Fig. 82 I/,, II, b,, 5). Von der ventralen Seite bietet sich der in Fig. 83 dargestellte Anblick. Zu oberst finden wir die Zelle J, von welcher II] sich abgeschnürt hat. Letztere schiebt sich zwischen und auf die Zellen a, und I/7,, denen sich, in spitzem Winkel eindringend, die Zelle b, zu- gesellt. Diese drei sind die ventralen Theilstücke der ursprünglichen Zelle a, b, II in Fig. 79, 80. Die dorsalen sieht man darunter liegend durchschimmern (a;, d,, 11). Der Vergleich mit den Vorgängen bei Gallidina führt zur Er- kenntnis einer überraschenden Homologie. Stellen wir Fig. 19 und Fig. 82, Fig. 20 und Fig. 83, neben einander, so finden wir nur einen geringen, durch die längliche Gestalt des Melicerten-Eies hervor- gebrachten Unterschied. Von der durch JorLıer behaupteten Trennung der Zelle /I durch eine zugleich für die Zelle II/ als Symmetrieebene dienende Ebene ist nicht zu reden, da // auf der rechten Seite des Eies, III aber ganz ventral ist. Jorıer wurde eben durch die oben er- wähnte unrichtige Annahme der Medianebene dazu verleitet, welche aber in Wirklichkeit nicht durch die Zelle I] sondern in den Fig. 79 (Dorsalansicht) und 80 (Ventralansicht) zwischen II und a in der Richtung der großen Achse hindurchläuft und / sowie b annähernd symmetrisch theilt. Dass von einer genauen Symmetrie bei dieser Ei- form keine Rede sein kann, habe ich schon erwähnt, doch handelt es sich bei der Orientirung auch nicht um eine solche. JoLier hat offenbar die typische Form der Ventralansicht in diesem 5 Stadium (Fig. 80) gar nicht gesehen und seine Fig. 18, 49, 20 sind halbseitliche Bilder. Eben so ist seine Fig. 21 wohl weder rein ventral noch seitlich gezeichnet, wie schon die rundlichen Kontouren der Blasto- 5 meren zeigen. Ich habe in Fig. 8% eine nicht genau seitliche Ansicht 5 abgebildet, um den Unterschied in den Begrenzungslinien zu zeigen, BE welche hier rundlich, bei genau eingestellten Eiern jedoch (Fig. 82) - mehr gerade mit scharfen Winkeln erscheinen. Wenn jedoch diese 120 Carl Zelinka, Fig. 21 eine genaue Seitenansicht sein sollte, dann könnte sie nur mit unserer Fig. 82 verglichen werden, mit dem Bemerken, dass : Jormr’s Zellen a und b unseren II, und /J, entsprechen, während unsere Zelle b- (Jorter’s A) noch nicht getheilt ist. Letzteres wäre nicht un- wahrscheinlich, da, wie ich erwähnen muss, wie bei Gallidina die Zelle IT in der Theilung um ein Geringes vor b voraus zu sein pflegt. Auch die Frage, wieso JoLıer die besprochene Theilung der Zelle // hat zu sehen glauben können, ist leicht gelöst. Da sich fast gleichzeitig IT und a theilen, werden in der ventralen Ansicht die Protoplasma- strahlungen in a, und I//, leicht als genetisch zusammengehörig an- gesehen werden können. Auf dieselbe Weise ist die Angabe zu erklären, dass sich auch «a durch eine »dorsoventrale« Ebene theile und dass ihre Stücke wie die von /] die Seiten gewinnen. JoLIET musste dies als eine Konsequenz der geschilderten Angabe fordern; er hat eben die zusammengehörigen Stücke der Zelle 1] und a aus einander gerissen und as, II, sowie a,, II, als aus je einer Zelle entstanden angesehen, Aber noch eine Folgerung brachte die irrthümliche Annahme einer dorsoventralen Theilungsebene mit sich. Wir sahen, dass die Zelle b gleich ihren Nachbarinnen in je eine ventrale und dorsale Hälfte zer- fällt wird, die auf einander lagern. Dies sah auch JoLıer, aber in der Meinung befangen, dass die Theilungen der drei Zellen a, b und I/in der Medianebene vor sich gehen mussten, lässt er die Zelle b sich durch eine »anteriorposteriore longitudinale « Ebene in zwei Kugeln theilen, von welchen die eine gegen die Zelle a hinaufsteigend über die andere gleiten soll, um sich zwischen den vermeintlichen Hälften von a wie ein Keil festzusetzen. Diese Theilungsart und das Hinübergleiten ist, wie schon gesagt, jedenfalls ein Postulat und ist von JoLızt gewiss nie direkt beobachtet worden, da es nicht existirt, wohl aber kann die eigenthümliche »Rotation«, wie sich JoLier ausdrückt, das Herunter- drängen der Zelle /II und die dadurch bewirkte Verschiebung der Zellen b, und 5, nach der dorsalen Seite, die wir schon bei Gallidina sahen, diesen Forscher in der Meinung bestärkt haben, dass die Zelle b, über die 5b, auf die dorsale Seite hinweg glitte. Während nach Jorıer die Furchung bei Melicerta nach einem ganz anderen Typus vor sich gehen würde, als bei den übrigen darauf hin untersuchten Räderthieren, stellte es sich bei genauerer Untersuchung heraus, dass im Su die eingehendste Übereinstimmung herrscht. Kurze Zeit darauf giebt Zelle I eine neuerliche Furchungskugel IV ab (Fig. 85), welche ebenfalls in der ventralen Medianlinie liegt und nach hinten rückend die Zelle I// weiter schiebt, die ihrerseits auf b; und d, ihren Druck ausübt und sie immer mehr dorsal lagert. Aber % Studien über Räderthiere, III. 121 =, A DE ” auch die Abkömmlinge von a und /I werden verschoben und allmählich statt über einander hinter einander angeordnet, wodurch sie der Haupt- _ achse mehr parallel werden. Die Zelle III theilt sich ebenfalls in zwei hinter einander liegende Stücke. JoLiıer hat diese Theilungen richtig beobachtet (die beiden Ab- kömmlinge von 5, in Jouier’s Figuren mit A bezeichnet, liegen dorsal und sie werden offenbar nur in Folge eines Druckfehlers p. 194 ventral genannt). Irrig ist die Meinung, dass sich die Hälften von a und II an den Seiten vereinigten, sie waren vorher nicht getrennt, sondern ent- - standen durch Theilung aus « und /I. Dass die kleinen Zellen, welche aus //, a und b hervorgingen, heller sind als dieZelle / und ihre Abkömm- f u Fr a N an nn ce Ob A linge, hat Jouier bereits gesehen. Die Abschnürung der Zelle /V entspricht der gleichen Theilung bei Gallidina (Fig. 22), die Theilung der Zelle III durch eine trans- versale Furche in zwei gleiche Hälften ist bei Melicerta vorweg- - genommen und kommt bei Gallidina erst nach der Entstehung der Zelle V zur Vollendung. 3 Bald machen sich in den sechs dorsalen kleinen Zellen mitotische Erscheinungen geltend. Zuerst geht die Kern- und Zelltheilung in der hinteren Zelle II, vor sich (Fig. 86), dann auch in den übrigen. Dem- nach resultiren entsprechend dem GCallidina-Ei (Fig. 28) drei dorsale Reihen von je vier kleinen Zellen, welche der Längsachse ziemlich gleich gerichtet sind. Diese Lage haben sie durch den andauernden En Druck erreicht, welcher von den großen ventralen Zellen durch deren F Herabdrängen entstanden ist. So wie bei Callidina ist die Zelle III, bereits am hinteren, in unserer Zeichnung unteren, Ende angelangt, 1 die früher schief von der Bauchseite zum Rücken liegenden Abkömm- linge der Zellen a, b und II wurden längs gestreckt gelagert. Diese - Verschiebungen fanden ein beschleunigendes Agens in der Bildung einer neuen ventralen Zelle V aus der Zelle 7, so dass jetzt vier Reihen von je vier Zellen, am oberen Pol durch die große Zelle J abgeschlossen, En sich ergeben. Wir sehen also nun auch in der ventralen Zellreihe den | in Fig. 28 gezeichneten Zustand erreicht. i Unsere Fig. 88 zeigt dieses Stadium von der Rückenseite, in der 7 bereits IIN, sichtbar ist. In dieser sowie in Fig. 87 erscheint uns als einziger Unterschied von Callidina die in der Form des Eies begrün- - dete Asymmetrie, in Folge welcher die Zellen, wenn nicht eine genaue | - Seiten- oder Rückenlage vorliegt, in sogar spiraligen Reihen BBSEDTL d- net erscheinen können. Die große Zelle I giebt endlich noch eine Furchungskugel ab (Fig. 89 VI), welche der ventralen Zellreihe sich anschließt und die 122 Carl Zelinka, Verschiebung derselben fortsetzt. Je mehr die ventrale Zellreihe her- absteigt, um so mehr wandern die dorsalen drei Zellreihen hinauf zum oberen Pol. Es machen sich sodann neue Theilungen bemerkbar, welche so- wohl die dorsalen wie ventralen Zellen betreffen. Die Segmentations- ebene für die Abkömmlinge der Zellen I/,, II, etc. steht jetzt, wie wir an Fig. 89 sehen, senkrecht zur früheren Theilungsebene. Zur selben Zeit machen sich Theilungen in Zelle /IJ,; und, wie eine etwas später angefertigte Ventralansicht zeigt, auch in der Zelle VI bemerkbar, welche jedoch wie bisher alle Theilungen dieser Ventralreihe transver- sal verlaufen. Erst später treten auch longitudinale Segmentationen auf, wie sie uns von Gallidina (Fig. 29, 30) schon vor der Bildung der Zelle VI bekannt geworden sind. Das endliche Ergebnis der Fur- chung ist jedoch bei beiden Formen ein vollkommen gleiches. Bei bei- den erhalten die ventralen Zellen noch eine Zeit lang ihre in die Augen fallende Volumina (Fig. 91), während die dorsalen sich bedeutend ver- kleinert und abgeflacht haben, bei beiden bewirkt die stete Theilung und Abflachung der dorsalen wie ventralen Zellen eine Wanderung der dorsalen bis an den oberen Pol, und endlich bei beiden bleiben die vordersten dorsalen Zellen dunkler granulirt. Fig. 91 entspricht etwa dem Stadium Fig. 33. Hervorzuheben wäre, dass bei Melicerta die Größendifferenz zwischen den ventralen und dorsalen Zellen auf- fallender ist, und dass die dunkleren Zellen, welche allerdings nicht so bemerkbar wie bei Callidina sind, sich schon früher gleichzeitig mit den übrigen dorsalen Zellen theilen und nicht so lange in der Dreizahl erhalten bleiben. Die große Zelle I, welche nun keine Zellen mehr abgiebt, wird auch bei Melicerta allmählich von den ober- flächlichen Elementen überwachsen und wandert in das Innere, indem sie dabei aus der breiten Form, mit der sie die Sterroblastula abschloss, in eine langgestreckte übergeht. Ein Hohlraum zwischen Ektoderm und Entoderm ist auch jetzt eben so wenig, wie in der Zeit der ganzen Furchung zu sehen. Alle Zellen schließen an einander, so dass der- malen die hintere Hälfte des Eies ganz vom Ektoderm eingenommen wird. Der eben besprochene Theil der Furchung ist von JoLier theilweise nicht richtig erkannt worden, er übersah die beiden Zellen Y und VI, welche für die Verschiebung der Zellen von so großer Wichtigkeit sind, schildert aber wohl die »Rotation« der Blastomeren selbst. Ganz irrig ist aber folgende Angabe (p. 198): »Au point ol nous avons laisse l’oeuf, les dispositions son d&jä prises pour l!investissement des spheres ventrales par les plus petites, puisque celles-ci occupent A la fois la Studien über Räderthiere. III. 123 face dorsale et les deux cötes des premieres. A mesure que les petites cellules se multiplient, elles se glissent entre la membrane de l’oeuf et les plus grosses, dont la forme se modifie graduellement.« Von einer solchen Neigung, die ventralen großen Zellen zu umwachsen, ist an den kleineren auch keine Spur zu sehen. Die ventralen wie dorsalen bezw. lateralen Zellen bleiben an der Oberfläche des Embryo und bil- den das Ektoderm. Auch ist es unrichtig, dass die Rotation der ekto- dermalen Blastomeren mit der Umhüllung der Entodermzelle voll- endet ist. Vielmehr setzt sich diese fort und giebt noch zu einer wichtigen Veränderung Veranlassung, welche wir schon von Gallidina und Eosphora kennen. Gleichzeitig mit dem Herabsinken der großen Entodermzelle, gleichzeitig und im Zusammenhange mit der Verkleine- rung der großen ventralen Ektodermzellen werden die Randzellen des dorsalen und lateralen Ektoderms über den vorderen Pol hinwegge- schoben und gelangen an die ventrale Fläche, woselbst sie von den nach- rückenden Ektodermzellen überwachsen und in die Tiefe geschoben werden (Fig. 92, 93, 94). Es ist dies der gleiche Vorgang wie bei den beiden oben erwähnten Formen, wo diese Zellen von mir granulirte genannt wurden, eine Bezeichnung, welche hier weniger zutrifft, da diese Zellen zwar im Allgemeinen dunkler als wie die umgebenden sind, jedoch bei Weitem nicht so hervorstechen, wie die bei Callidina und Eosphora. Sie haben jedoch das gleiche Schicksal, wie diese, thei- len sich bald und bilden eine im seitlichen Anblick zweischichtige Lage (Fig. 96). Die Stelle, wo sie unter dem äußeren Ektoderm verschwun- den sind, ist noch eine Zeit lang als eine ovale weite Grube zu sehen (Fig. 98). Der Blastoporus, jene Stelle, welche das ehemalige Prostoma be- zeichnete, ist, entsprechend unseren Erfahrungen bei anderen Räder- thieren, vom vorderen Pol an die Bauchseite gewandert (Fig. 92 Bl), seine vorderen Grenzzellen, unsere granulirten Zellen, sind aus seiner oberflächlichen Umgrenzung geschieden, und an deren Stelle sind an- dere Ektodermelemente getreten. | Ob wir es bei der erwähnten ovalen Grube mit etwas Ähnlichem wie mit der primitiven Einstülpung bei Brachionus zu thun haben, kann ich nicht entscheiden, da nun in meinen Beobachtungen eine Lücke ist, welche die Entstehung des Mundrohres betrifft. Wenn es auch zweifellos ist, dass es vom Ektoderm aus entsteht, so ist doch och festzustellen, ob es vom Boden dieser ovalen Grube aus sich ein- ‚senkt, oder ob dieselbe sich schließt und dann, wie bei Callidina, an dieser Verschlussstelle eine Einstülpung gebildet wird. F Die Entodermzelle, welche durch die in die Tiefe gerückten Ekto- a ee 124 Oarl Zelinka, dermzellen zu weiterer Wanderung nach hinten veranlasst wird — diese Wanderung hält Schritt mit der allmählichen Abflachung des Ektoderms an der Ventralseite, so dass niemals eine Höhlung zwischen beiden entsteht — wird zunächst durch eine schiefe dorsoventrale Ebene (Fig. 95) getheilt. Die untere (/’) der beiden Kugeln wandert gegen den oberen Pol, die obere (/”) hinunter, und während dieser Wanderung theilt sich die letztere abermals, und zwar durch eine transversale Ebene in ein oberes größeres und ein unteres kleineres Stück (!”). Wenn das letztere tiefer unten steht, wie die hinaufwan- dernde Kugel 7’, so zerlegt sich die Kugel I” abermals, und zwar in zwei gleiche Hälften, und alle vier Entodermzellen setzen ihre Ver- schiebungen so lange fort, bis der in Fig. 98 dargestellte Zustand er- reicht ist, wo zwei asymmetrisch verschobene Paare von großen inne- ren Zellen zu sehen sind. Dieser Theilungsmodus der Entodermzellen lässt sich nicht leicht mit dem bei Gallidina oder dem bei Eosphora vergleichen. Jorier hat die Einstülpung der dunkleren Ektodermzellen ganz übersehen und die Theilungen der Entodermzellen nicht genau beob- achtet. Auf der Suche nach einem Mesoderm, und von der irrigen Meinung befangen, dass die zwei ventralen Zellen I/II und IV, oder wenigstens Theile von ihnen, vor den übrigen Ektodermzellen über- wachsen würden, glaubte er an der Bauchseite der Entodermzellen ziemlich große Zellen sehen zu können, welche von den beiden ven- tralen Zellen abstammten. Demnach bestünde der Embryo jetzt aus dem Ektoderm, das zum Theil, »wenn nicht ganz«, von den dorsalen und lateralen Zellreihen herkommt, aus dem bereits mehrzelligen Ento- derm und aus Zellen, welche an der Ventralseite der letzteren liegend vom Ektoderm überzogen sind, dem Mesoderm!. I JoLier sagt darüber: »Je considere comme representant une partie du mesoderme, les cellules derivees des deux spheres moyennes qui occupent encore, du cöte ventral de l’endoderme, une position ou, plus tard, se trouveront dans la larve les organes genitaux. Ces cellules ne sont pas les seules, certainement, qui r6sultant de la resolution des spheres moyennes, qui &etaient beaucoup plus volu- mineuses. Que sont devenues leurs soeurs? Je ne puis en ce moment repondre a cette question, je n’ai pu suivre leur destinee, mais il est probable qu’elles se sont glissees sous les cellules exterieures, ol elles formeraient les muscles et l’appareil excreteur. Ce ne sont lä que des conjectures qui r&clament l’appui d’observations precises. En tout cas, nous voyons que l’embryon, repre&sente figure 35, se com- pose, sinon de feuillets continus, au moins des masses cellulaires, qui correspon- dent assez bien, par leur situation et leur destination, a ’endoderme, a l’ectoderme et au m&esoderme des animaux superieurs. « JoLier hat also Zellen zwischen Entoderm und Ektoderm gefunden, er kennt nur ihre momentane Lage, aber nicht ihre Bestimmung und vermuthet nur darüber Studien über Räderthiere. II. 125 Über das Schicksal der ventralen Zellen ist JoLırr überhaupt im _ Unklaren geblieben, er ist mehr der Meinung, dass das Ektoderm da- selbst aus einer Ausbreitung der dorsalen und lateralen Zellen unter die Abkömmlinge der Zellen III und IV, als durch diese letzteren allein gebildet werde. In Wirklichkeit sind weder Abkömmlinge der ventra- len Zellen zwischen Ektoderm und Entoderm gerathen, noch wird das ventrale Ektoderm von den dorsalen und lateralen Zellen mit gebildet. Auch die Versicherung JoLırr’s, dass der Blastoporus an seinem ventra- len Rande gewiss von Tochterzellen der »zwei mittleren« Kugeln, unse- ren Zellen /IJ und IV, begrenzt würde, entspricht nicht der Wirklich- keit, da erst die Theile des ventralen Blastomers V/J dieser Aufgabe entsprechen. Vielleicht ist es aber möglich eine Erklärung dafür zu finden, wieso Jozıer Zellen zwischen Entoderm und Ektoderm, nach seiner Meinung an der Bauchseite des Embryo, hat sehen können. Zur Zeit ' nämlich, wenn die dunklen Randzellen des Ektoderms in die Tiefe dringen, liegt die Entodermzelle noch ziemlich weit vorn, so dass die ersteren Zellen vor der großen Zelle nicht hinreichend Platz finden und desshalb an der einen Seite derselben fast bis zu ihrer Hälfte in Form eines aus drei Zellen bestehenden Stranges nach hinten reichen. Am Gipfel der Entodermzelle sitzt eine vierte, und zwei andere Zellen lesen sich auf ihrer anderen Seite an, indem sie weniger weit nach I hinten sich erstrecken. Im Ganzen zählt man an solchen Stadien sechs solcher dunkler Zellen. Mitunter stellt sich die Theilung der Entoderm- > zelle früher ein als in der in Fig. 92—95 dargestellten Reihe ersichtlich j - (speciell fand ich dies bei männlichen Eiern), so dass schon zwei und sogar drei Entodermkugeln noch verhältnismäßig weit vorn liegen. Wenn wir 1a nun annehmen, dass JorLıer ein solches Stadium vor sich gehabt und & die Seitenfläche mit der Bauchfläche verwechselt hat, ist es begreiflich, Pr dass er Zellen zwischen Ektoderm und Entoderm gesehen hat, die er aber von den ventralen Elementen ableitete. Beim Zurückwandern - der Entodermmasse bleiben die dunklen Zellen an ihrem Platze und schließen dann an einander, eine ähnliche zweischichtige Lage bildend, wie die granulirten Zellen der Callidina. E Nunmehr tritt die Entwicklung in das Stadium der Anlage der | Organe. Auch für ein diesbezügliches Studium ist das Melicerta-Ei kein günstiges Objekt. Abgesehen davon, dass es viel kleiner als das der -Callidina ist, sind die Zellen beider Körperschichten unregelmäßig und ——— Einiges, und doch zieht er den bestimmten Schluss, dass die Räderthiere die drei 'Keimblätter wie die höheren Thiere haben. Wie wir sehen, ist es gefährlich, so leicht über fehlende Beweise hinwegzugehen, 126 Carl Zelinka, stellenweise mehr oder weniger mit Körnchen erfüllt, was einen klaren Einblick verhindert. Ich konnte folgende Punkte, welche mir zur Vergleichung wichtig waren, feststellen. Der Schwanz wird in der gewöhnlichen Weise durch eine, wie schon JoLıer richtig angiebt, U-förmige Furche angelegt und wächst eine Zeit lang nach vorn, bis er sich fast ganz über die Mundöffnung legt; letztere ist viereckig mit ausgezogenen Ecken. Er- füllt ist er vom Entoderm, dessen Zellen in regelmäßigen alternirenden aber einschichtigen Reihen angeordnet sind. An seiner Spitze erscheint eine klare Ektodermeinwucherung, die Anlage der Klebdrüse, deren Fortschreiten man an der weiter dringenden Aufhellung erkennt. An der Basis des langgestreckten Schwanzes bildet sich in Folge einer hohlen Ektodermeinstülpung der Enddarm mit dem After (Fig. 100 A). Das Vorderende hat inzwischen die Kopfanlage ausgebildet. So wie bei Callidina (Fig. 49, 50) macht sich eine Krümmung des Embryo be- merkbar, so dass das Kopfende ventral sieht, und eben so wie dort er- scheint daselbst eine über das übrige Niveau hervorragende Kopfplatte, welche durch fortschreitende Einziehung des an den Mund stoßenden Hinterrandes nierenförmig wird (Fig. 100). Dieses Stadium ist von Wichtigkeit, da es auch bei Brachionus auftritt. Sodann findet die Anlage des Gehirns wie bei Gallidina statt, und man sieht die ein- gestülpten Massen sowohl im Rücken wie am Centrum der Kopfplatte mit dem Ektoderm im ununterbrochenen Zusammenhang. Der Embryo streckt sich (Fig. 101), das Kopfende wird dadurch zum Vorderende, der Schwanz wird nach hinten gezogen, bleibt aber noch ventral eingeschlagen. Am Kopfe erscheint am Rande der Kopf- platte ein Kranz von starken Cilien, welcher bald ganz geschlossen ist. Die Kopfplatte selbst ist gewölbt. Nach und nach erhebt sich in ihrem Centrum jene Stelle, an der ein Theil des Gehirns entstand, und wird zu einem Hügel, der um so mehr hervortritt, als die übrige Oberfläche der Kopfplatte sich abflacht und in das Niveau des Wimperkranzes zurücksinkt (Fig. 103). Zu dieser Zeit erscheinen die ersten Sinnes- organe, rothe Augenflecke. Meist sieht man sie als zwei rothe schmale längliche Flecke schon an den Seiten der gewölbten Kopfplatte mehr der Bauchseite genähert auftauchen, und sie rücken bei der Bildung des Kopfhügels mit auf denselben. Da von nun an das Vorderende mehr oder weniger eingezogen werden kann, können die Augenflecke auch in das Innere des Körpers gelangen. Auch am Rande des Gehirns entstehen jetzt solche Pigmentansammlungen, welche hinter einander liegen. Diese zeigen keine Regelmäßigkeit in ihrer Anordnung und können an der einen Seite in größerer Anzahl vorhanden sein, wie an Studien über Räderthiere, III. 127 der anderen. Auch sind sie nicht von Dauer, da wir an dem zum Aus- schlüpfen bereiten Embryo nur jederseits einen Pigmentfleck finden, welcher mehr dem hinteren Ende des Gehirns genähert in der Nähe eines ganglienartigen Anhanges desselben liegt und der Lage nach nur mit dem hintersten der früheren Augenflecke übereinstimmt (Fig. 107). Wie wenig in dem Auftreten der Augenflecke unbedingte Regel- mäßigkeit herrscht, mag man daraus ersehen, dass auch vor dem Er- scheinen der Scheitelaugen schon am Gehirnrande Pigmentflecke zu finden sein können. Der Kopfhügel weicht, wie bei Callidina und Brachionus gegen den Rücken zurück und nähert sich dem dorsalen Rande des Wimper- kranzes. Die Streckung des Embryo deckt einen Theil der vom Schwanze verhüllten Bauchfläche auf. Dicht unter dem Cilienkranze findet sich nun eine ziemlich große viereckige bewimperte Platte, welche in Form eines Rechtecks mit der längeren Dimension bis zur Schwanzspitze reicht. Am vorderen Ende liegt die Mundeinstülpung, welche als hohles, gegen den Kaumagen nicht geschlossen erscheinendes Rohr schräg nach innen und hinten läuft und auf einen kugeligen Körper, die Pharynxanlage, zielt. Zunächst wachsen nun die seitlichen Ränder dieses ventralen Wimperfeldes in der vorderen Partie gegen die Medianlinie und ver- wandeln dadurch die Umrisse desselben in die eines Dreiecks. Die Basis dieser Figur ist ein nach vorn gekrümmter Bogen; am Scheitel ist noch eine Kommunikation mit der Mundpartie vorhanden. Gleich- zeitig geht mit diesem Wachsthum der Ränder eine Vertiefung des ganzen Feldes Hand in Hand, welche an zwei Stellen am größten ist, in der Mitte des hinteren Wimperfeldes und vorn an der die Mund- öffnung umgebenden Partie. Zwischen diesen beiden Organen ist also die bewimperte Oberfläche erhöht, jedoch noch nicht so weit empor- gehoben wie die Ränder des Feldes. Doch dauert es nicht lange (etwa einen Tag), bis dieser quere Wall diese Höhe erreicht hat, womit die Ünterlippe gebildet, und dann zwei scharf geschiedene Gebilde, die Mundhöhle und das zukünftige Wimpergrübchen, als gesonderte Organe zu erkennen sind. Während dieser Zeit wächst auch der hintere Rand des Wimperfeldes und zwar, wie schon der nach vorn ausgebogene Umriss erkennen lässt, nach vorn. Anfangs verläuft die Vertiefung all- mählich nach hinten zum Niveau des Randes empor, dann wird eben dieser Rand über die Grube hinübergezogen, die tiefste Stelle der- selben weicht etwas nach hinten, wodurch eine Art Tasche, die hinten 1 geschlossen ist, gebildet wird. Der Rand derselben erweist sich dann in der Bauchansicht fast kreisrund. Unter diesem Grübchen ist das 128 Carl Zelinka, Ektoderm stark verdickt und füllt den ganzen Zwischenraum zwischen Mundrohr und Bauchfläche aus. Die endliche Ausbildung erlangt dieses Wimpergrübchen, indem der Umriss seiner Öffeung sich stark verengert, seine Wand homogen wird und das Ektoderm darunter, welches eine sehr große syneytiale Platte (Fig. 105, 106 Xd) bildet, drüsige Natur annimmt. Der Binnenraum des Grübchens, jenes Organs, welches beim Erwachsenen an dem Aufbau des Gehäuses durch Bildung der Kugeln sich betheiligt, ist von einem schwarzen rundlichen Körper erfüllt, welcher ganz jenem gleicht, der im Enddarm liegt und wie dieser einen embryonalen Auswurfsstoff, in diesem Falle der Kittdrüse des Wimper- grübchens, darstellen dürfte (Fig. 105, 106 Ex»). Im Pharynx tritt wie bei Gallidina ein Spaltraum auf, der jene Masse, welche die Kiefer und die Kaumuskeln liefert, von der vorderen Wand sondert. Das Mundrohr, früher ein Rohr mit kaum siehtbarem Lumen, wird erweitert, so dass es von der Seite als eine große Höhle, welche gegen den bereits mit Drüsen ausgestatteten Pharynx zu ab- gekniet ist, erscheint (Fig. 104 M). Es öffnet sich in den mit den Kieferplatten versehenen Pharynx. Das Entoderm gliedert sich in ziem- lich regelmäßig angeordnete Reihen großer Zellen, welche den Mittel- darm und jenen Abschnitt liefern, welcher bei den Philodiniden als Blasendarm bezeichnet worden ist. Der Enddarm, aus der Anal- einstülpung entstanden, öffnet sich in den entodermalen Darm und enthält jenen bekannten schwärzlich erscheinenden Körper, welcher schon früh auftritt (Fig. 102) und den ich als Auswurfsstoff bezeichnete. Ich befinde mich in dieser Hinsicht in Übereinstimmung mit Bausıanı! und PrArtE2, welch’ Letzterer eine übersichtliche Darstellung der seiner Zeit vorliegenden Angaben über das Vorkommen solcher Körper (Fäkalien) im Enddarm von embryonalen und erwachsenen Räderthieren gegeben hat. Wir sind zu dieser Auffassung um so mehr berechtigt, als solche Körper auch von den zwei größten Drüsen, der Kitt- und der Klebdrüse, erzeugt werden. Dem Mitteldarm ventral anliegend sehen wir ein stark granulirtes Organ entstehen, welches sich als ein am Darm breit angewachsener, mit der Spitze freier Zipfel darstellt (Fig. 105 Ge). Wir haben den Keimdotterstock vor uns. In dem Stadium der Streckung des Körpers werden nämlich an dem Entoderm einige große durch die dunkle 1 G. Barsıanı, Observations sur le Notommate de Werneck et sur son para- sitisme dans les tubes des Vaucheries. Ann. d. sc. nat. Zool. S. VI. T. VII. Art. II. p. 1—40. 4878. ? L. Pate, Beiträge zur Naturgeschichte der Rotatorien. Jen. Zeitschr, für Naturw. Bd. XIX. N. F. XI. p. 98. 1885. Studien über Räderthiere. III. 129 Beschaffenheit des Plasmas ausgezeichnete Zellen sichtbar, deren Zahl ich leider festzustellen unterließ. Sie liegen ganz ventral und sind zweifellos ihrer Lage nach als die Mutterzellen des Genitalorgans anzu- sehen. Ob sie ursprünglich paarig angeordnet waren, weiß ich nicht. Der entodermale Darmtheil gewinnt ziemlich spät seine Höhlung, welche aber dann bald sehr weit wird und mit großen Cilien aus- gestattet ist. Mitteldarm wie Hinterdarm sind spiralig gedreht. Der After ist allmählich nach vorn verlegt worden und mündet an dem zum Ausschlüpfen bereiten Embryo in der Mitte des Rückens. Der Exkret- körper im Enddarm behält nicht seine Lage immer bei, sondern schlüpft bei Wendungen und Verkürzungen des Körpers auch in den Hinterdarm und wieder zurück. Da beim erwachsenen Thiere ein Gehirn bisher nicht nachgewiesen werden konnte, war die Frage nach der Entwicklung und Ausbildung desselben besonders wichtig. Die Ektodermmasse, welche dies zu bilden bestimmt ist und welche sich eingestülpt hat, ist mit der Oberfläche im Zusammenhange geblieben, obwohl sie sich immer weiter nach hinten begiebt. Wenn der Wimperkranz auftritt, stößt sie hinten schon an den Pharynx; sie bildet eine hinten breit aufhörende und gegen die Kopf- platte zu wenig verschmälerte Masse, an der später eine Einschnürung derart sich bemerkbar macht, dass ein mehr birnförmiges Gehirn und eine mit dem Kopfhügel zusammenhängende Masse, welche durch einen - schmäleren Verbindungsstrang zusammenhängen, gebildet werden. E Das Gehirn ist relativ groß und beim kontrahirten, zum Ausschlüpfen 3 bereiten Jungen (Fig. 107), wo die nach vorn gehenden Verbindungs- fasern zusammengefaltet sind, ein voluminöser, in der Seitenansicht (Fig. 106) rundlicher, in der Dorsalansicht mehr viereckiger Körper, | & an dessen lateralen Rändern jederseits ein ganglienartiger Anhang sitzt, e vermuthlich der Beginn der nach hinten ziehenden Nervenstränge, in = dessen Nähe die Augen dem Gehirnrande ansitzen. . Wir haben den Schwanz in jenem Stadium verlassen, als er im Begriff war, sich von der Bauchfläche zurückzuziehen und durch die Anlage des Afters abgegrenzt war. An seiner Spitze wanderte das | - Ektoderm ein, um die Anlage der Klebdrüse zu bilden und das Ento- - derm, welches ihn erfüllte, zurückzudrängen. Seine Umrisse wechseln dabei häufig (Fig. 101, 402). Einen oder zwei Tage vor dem Aus- schlüpfen wird er rasch ganz nach hinten ausgestreckt und etwas ein- gezogen (Fig. 104). Die vielen und kleinen Zellen der Klebdrüse werden dadurch unter den Hinterdarm geschoben (Fig. 105 Al). Im noch ausgestülpten Theile erscheinen die schon bei Gallidina bekannten ‚Streifen von Körnchen, worauf diese ganze eingestülpte Masse streifiges Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LILL, Bd. 9 es: 130 Carl Zelinka, Aussehen erhält. Das Schwanzende ist grubenförmig vertieft und da- selbst mit Flimmern versehen, welche sich lebhaft bewegen. Die Zell- schicht der Oberhaut des Schwanzes und der umgrenzenden Partien zeichnet sich durch ihre besondere Dicke aus. Je weiter nach vorn, um so dünner wird diese Hautschicht, bis sie von der Mitte des Körpers an kaum mehr zu erkennen ist. Dies weist uns darauf hin, dass wir von den so ausgezeichneten Körperstellen noch eine besondere Leistung zu erwarten haben, welche in der That darin besteht, dass diese später noch bedeutend in die Länge zu wachsen haben, um die besonders langgestreckte Form des Schwanzes herzustellen. Die zellige Oberhaut wird allmählich zu einem Syneytium und scheidet die Cuticula ab, an der zuletzt eine Gliederung in Form einer Querfalte auftritt, welche gerade an der Aftermündung vorbeizieht (Fig. 107). Vom Räderorgan weiß ich zu sagen, dass es nicht vollkommen geschlossen bleibt, sondern in der dorsalen wie ventralen Mittellinie eine kleine Unterbrechung erleidet. Seine Cilien sind kräftig und haben eine charakteristische Krümmung. Da sie über ihrer Basis ver- dickt sind, scheint eine kontinuirliche Linie die ganze Wimperreihe entlang zu laufen. Gegen das Ende der embryonalen Entwicklung er- scheint unter dem Rande dieses Wimperkranzes eine ringförmig ver- laufende Furche in der Haut, wodurch derselbe auf einen Wall zu liegen kommt. Diese Furche sehe ich als die Anlage der Wimperrinne an. Den unteren Kranz in seiner Entstehung zu sehen gelang mir nicht, da einige Zeit (ein bis zwei Tage) vor dem Ausschlüpfen das Räder- organ wie das ganze Vorderende dauernd eingezogen wird und in viele Falten gelegt im Körper verborgen bleibt. Die ausschlüpfende Larve besitzt bereits beide Kränze. Es bleiben noch die Muskeln, das Wassergefäßsystem und die Leibeshöhle zu besprechen übrig. Von Muskeln sah ich vier Paare Leibeshöhlenmuskeln auftreten, wovon zwei der vorderen und zwei der hinteren Gruppe angehören. Namentlich bei den ersteren war die ursprüngliche Form der kontrak- tilen Faserzelle gut zu erkennen. Die vorderen Muskeln, je ein ventrales und ein dorsales Paar, zogen ausgespannt von der Haut der hinteren Körperhälfte gegen das Räderorgan, die hinteren in gleicher Vertheilung liefen im geschlängelten Verlaufe als Bänder in den Fuß. Sie entsprangen am Segmente, dessen Grenze, wie wir sahen, am After vorbeizieht. Die Bildung des Wassergefäßsystems zu studiren, war das Meli- certen-Ei zu ungünstig. Die ersten Flimmerlappen sah ich, als der Schwanz nach hinten ausgestreckt wurde. Vier liegen neben dem Ge- a Studien über Räderthiere. III. 131 hirn, einer am Pharynx und einer an der Basis des Fußes. Der sie tragende Kanal bildete an den Seiten zwischen Gehirn und Räderorgan eine dichte Aufknäuelung. Die Leibeshöhle erscheint erst, wenn das Vorderende eingezogen ist, indem sich die Haut namentlich im mittleren Theil des Körpers bedeutend abhebt. Wenn das Thier zum Ausschlüpfen reif ist, verändert sich die Form der Eihaut, welche elastisch dem Drucke des Körpers nachgiebt. Die eintretende Wasseraufnahme bläht besonders die vordere Körper- hälfte auf, wodurch der Körper keulenförmig wird, welche Gestalt der Eihaut mitgetheilt wird. Dem Druck des sich streckenden Thieres nach- gebend, öffnet sich die Schale an der vorbezeichneten Stelle, um der jungen Melicerta die Freiheit zu geben. Jorer hat die Bildung des Wimperfeldes als eine sich vertiefende Grube richtig beobachtet und hält sie für gleichwerthig mit der primi- tiven Einstülpung bei Brachionus. Allerdings setzt er hinzu, dass charakteristische Unterschiede vorhanden seien, nämlich das späte Er- scheinen und die geringere Ausdehnung des Feldes. Letzterer Umstand ist bei der Beurtheilung der Frage ohne hohen Werth, wohl aber ist das späte Auftreten dieser Vertiefung ein Umstand, der schwer ins Gewicht fällt. Jozier weist darauf hin, dass sie bei Melicerta nach, bei Brachionus vor Bildung des Fußes erscheine. Noch wichtiger scheint mir aber die Frage zu sein, ob denn beide Gruben dieselben embryologischen Beziehungen zeigen. Von der primitiven Einstülpung giebt Sırensey an, dass ihre Wände Fuß, Räderorgan und Kopf zu bilden bestimmt sind, während an ihrem Grunde der Mund sich einsenkt. Die ventrale Grube bei Melicerta hat jedoch mit der Bildung dieser Organe nichts zu thun, da nicht einmal der Mund in ihr entsteht, indem er schon früher angelegt ist. Sie ist nichts Anderes als ein Wimper- feld hinter dem Munde, dessen Flimmerung sich mit der des Mundes in Verbindung setzt, oder wenn wir wollen, eine Ausdehnung der ora- len Flimmerung nach hinten. Die Bildung der Unterlippe geht nach JoLier so vor sich, wie ich sie eben geschildert, wir befinden uns diesbezüglich in Übereinstim- mung. Wie ich mich zu JoLırr’s phylogenetischer Erklärung der Wim- pergrube stelle, werde ich im allgemeinen Theile darlegen. Den Mund lässt JoLmer viel später entstehen als den inneren Wimperkranz des Räderorgans. Er soll sich erst dann vom vorderen Grübchen als eine Vertiefung einsenken, wenn schon die Unterlippe das Wimpergrübchen und Mundfeld getrennt haben. Es dürfte wohl der Mund das frühest angelegte Organ sein. 9* 132 Carl Zelinka, JoLIET ist wie Sırensky der Meinung, dass sich der Pharynx am Grunde des Mundes bilde. So wenig wie JoLier konnte ich etwas bemerken, was mit den »Lappen« des Räderorgans übereinstimmte, wie sie bei Brachionus beschrieben werden. Das Räderorgan von Melicerta wird als ein geschlossener Ring angelegt, welcher das Vorderende über dem Munde umgrenzt. Die anale Einstülpung sah unser Beobachter erst als sie am Rücken an ihrer für den reifen Em- bryo charakteristischen dorsalen Stellung angelangt war; die Zahnbe- waffnung erschien ihm deutlich, als der Embryo die ersten Bewegungen zeigte, was mit meinen Erfahrungen übereinstimmt. Keine Beobachtungen liegen vor über die Entstehung des Gehirns, des Muskel- und Exkretionssystems, der Genitalorgane und der Kleb- drüsen. Der Darm wird richtig von der großen Entodermzelle abgeleitet, die Kopfregion soll erfüllt sein von hellem Ektoderm (unserer Gehirn- einstülpung) und von einer gewissen Zahl Mesodermzellen (unseren granulirten Zellen). Letztere schienen ihm nicht, wie SALEnsky bei Brachionus darstellte, eine kontinuirliche Schicht zu bilden, son- dern nur dort zu liegen, wo Muskelfasern oder Theile des Exkretions- systems sich bildeten, doch wurde hierüber keine Sicherheit erlangt. Die Augen sah JoLiıer mit einem Krystall versehen nahe dem ven- tralen Rande unter dem Munde liegen und später noch weiter hinter wandern. Über die Ausbildung des Schwanzes erfahren wir, dass er sich an das spitze Eiende zurückzieht und durch seine Aktion das Aus- schlüpfen veranlasst. Endlich finden wir die Angabe, dass der untere Darmtheil kennt- lich ist an dem schwärzlichen Fleck, den man später in der freischwim- menden Larve in der Kloake finde. Die noch folgenden wenigen Schilderungen JoLirr's betreffen die freie Larve. IV. Theoretischer Theil. Das Ei der Räderthiere zeichnet sich durch einige wesentliche Eigenschaften aus. Vor Allem giebt sich eine bilateralsymmetrische Differenzirung der Eizelle zu erkennen. Für die Räderthiere trifft also die einstmalige Annahme Harscaer’s, dass »bei allen Bilaterien schon in der Eizelle eine bilateral-symmetrische Anordnung der Theilchen vorhanden sei«c, ganz und gar zu. Sowohl bei Callidina, wie bei Melicerta ist mit dem Hervortreten des Richtungskörperchens schon die zukünftige seitliche Symmetrie festgestellt. Das Richtungskörper- chen kommt an der dorsalen Seite des künftigen Embryo hervor, bei Studien über Räderthiere. III. 133 > Melicerta dem späteren hinteren Pole näher, bei Callidina fast am späteren vorderen Pole des in beiden Fällen länglichen Eies. Nach dem Auftreten der ersten Furche, welche durch das Richtungskörper- chen bestimmt wird und ungleiche Stücke abschneidet, gleicht sich diese Differenz aus, indem bei Gallidina das kleinere Blastomer an den hinteren Pol, das größere an den vorderen Pol wandert, wodurch sowohl für die Blastomeren als für das Richtungskörperchen die gleiche Lage erzielt wird, als bei Melicerta. Immerhin ist jedoch die Wan- derung der beiden Blastomeren sehr bemerkenswerth, da dadurch die erste Theilungsebene eine bedeutende Verschiebung erfährt. Die nachfolgenden Vorgänge der Furchung sind für Eosphora, Galli- dina und Melicerta in allen wesentlichen Dingen vollkommen gleich. So weit Zeichnungen über die Furchung des Brachionus vorhanden sind, stimmen auch diese damit überein, so dass man, gestützt auf die Erfahrung bei Repräsentanten aller vier Hauptgruppen der Räderthiere, die bezüglichen Vorgänge als typisch für diese Thierklasse wird an- sehen müssen. Eine polare Sonderung des Plasma findet in so fern statt, als nach der ersten Theilung das Ei aus einer kleineren ausschließlich animalischen und einer größeren Partie besteht, in welcher animali- sches und vegetatives Plasma gemischt ist, dessen Trennung erst all- mählich erfolgt und der Furchung eben ihre Besonderheit verleiht. Die Stelle, welche man demnach eigentlich nach der Beschaffenheit des Plasma als animalen Pol bezeichnen müsste, liegt am unteren Eiende, der vegetative Pol am oberen. Das Richtungskörperchen befindet sich an der Grenze zwischen den beiden inäqualen Segmenten. ‘Seine Nach- barschaft ohne Weiteres als animalen Pol zu betrachten, bereitet Schwierigkeiten, da das große Segment an eben dieser Stelle vege- tativ erscheint, während an der diametral gegenüber liegenden Partie wiederholte Ansammlungen und Abtrennungen von animalischem Plasma stattfinden. Man könnte sich, wenn man an der regelmäßigen Lage des Richtungskörperchens am animalen Pole festhalten will, so helfen, dass mar eine ursprüngliche polare Differenzirung des Eies an- nimmt, wobei man also nach den ersten Theilungen (Fig. 10 Taf. ]) vier Blastomeren hat, von welchen die drei kleineren ausschließlich - animalisches Plasma besitzen, während die große vierte Furchungsku- gel gemischtes Plasma enthält. Nun müsste man ferner annehmen, _ dass, da die Abtrennung des animalischen Plasmas .von der großen Zelle nicht am animalen Pole sondern am vegetativen stattfindet, fort- _ währende Umlagerungen und Wanderungen des Plasma stattfänden und schließlich ein Blastomer, das bis an den animalen Pol reicht, als rein vegetativ übrigbleibt. Eine wesentliche Eigenthümlichkeit der 134 Carl Zelinka, Furchung besteht ferner darin, dass die zusammengehörigen Furchen nicht gleichzeitig auftreten, dass namentlich die äquatorialen Theilungs- ebenen, welche die große Zelle betreffen, zeitlich voraus sind, dass so- dann die von der großen Zelle abgetrennten Stücke schon von der zweiten Äquatorialfurche an größer sind, als die aus den animalen Zellen entstehenden, da sie das Material für mehrere Zellreihen enthalten, und dass endlich eine Wanderung der Elemente des animalen Poles vom unteren Eipole an den oberen über die dorsale Fläche und eine Wande- rung der aus der großen Zelle neugebildeten gegen den unteren Pol hin stattfindet, welcher eine förmliche Drehung der Segmente um eine Transversalachse gleich kommt. Teredo zeigt auf den ersten Blick eine bedeutende Ähnlichkeit des Vorganges, welcher bei genauerer Erwä- gung aber einen fundamentalen Gegensatz besitzt, da hier die Abgabe der animalischen Plasmapartien vom großen Segmente an der gerade entgegengesetzten Seite desselben erfolgt, wie bei den Rotatorien. Darin, dass die Furchung eine inäquale ist und sich durch den Mangel einer Furchungshöhle auszeichnet, dass sie zu einer epibolischen Gastrula führt, finden wir gewisse Ähnlichkeiten mit einigen anderen Mollusken und den Nematoden. Einer eingehenderen Vergleichung halten jedoch diese Analogien nicht Stand, wesshalb hier nicht weiter davon zu sprechen ist. Allerdings giebt sich in der Lage des Richtungskörperchens bei Teredo, Aplysia, Anodonta etc. zwischen den beiden ersten und auch hier ungleich großen Blastomeren volle Übereinstimmung zu er- kennen, aber schon die Vertheilung des animalen Plasmas ist eine an- dere, indem es bei diesen Formen um den Pol des Richtungskörperchens versammelt ist. Teredo zeigt darin mit den Räderthieren gleiches Ver- halten, dass die kleinere Kugel ausschließlich ektodermales Plasma ent- hält, während Aplysia am gegenüberliegenden Pole dieser Kugel auch vegetatives besitzt. Das vierzellige Stadium der Räderthiereier kann seiner Form nach von dem vierzelligen des Aplysia-Eies abgeleitet werden, indem man sich im letzteren das große Biastomer durch die zweite Meridionalfurche nicht halbirt, sondern in ungleiche Theile zer- legt denkt. Die weiteren Vorgänge entfernen sich jedoch bedeutend bei Aplysia von den im Vorstehenden geschilderten, indem sie in einer Abgabe des ektodermalen Plasmas von Seiten aller vier Blastomeren am Bildungspole gipfeln. Die größte Ähnlichkeit zeigt noch Anodonta. Was die Furchen anbelangt, sind sie meiner Meinung nach so zu deuten, dass die erste Furche und die beiden darauf folgenden, welche das kleinere Segment halbiren und von dem größeren das Stück II (Taf. I) abschneiden, zusammengehören, und zwar sind die beiden Studien über Räderthiere, II. 135 letzteren Furchen als eine einzige aufzufassen, wie es auch Tessın thut, demnach haben wir zwei senkrecht zu dem Richtungskörperchen sich - sehneidende untere Furchungsebenen, welche wohl als Meridional- ebenen zu betrachten sind. Alle aus diesen Theilungen hervorgegange- nen Segmente erleiden nun eine diese Meridionalebenen schneidende Theilung, welche man als äquatorial bezeichnen wird. Diese letztere Theilungsebene steht anfänglich schief (Fig. 21, Taf. I), nach einigen weiteren äquatorialen Theilungen jedoch richten sich die Ebenen all- mählich ganz äquatorial zur Längsachse des Eies. Besonders deutlich sind die Beziehungen dieser Furchen in Stadien wie Fig. 28, Taf. II zu sehen. Es folgen dann, wenn durch fortgesetzte äquatoriale Theilun- gen das große Blastomer seiner animalischen Bestandtheile entledigt ist und auch die kleinen Ektodermzellen entsprechend äquatorial ge- theilt sind, meridionale Theilungen, welche alle ektodermalen Zellen betreffen, während die große vegetative Zelle in die Ektodermhülle zurücksinkt. Damit ist das Gastrulastadium erreicht (Fig. 33, Taf. II). Was von nun an folgt, ist schon Anlage der sekundären Organe. Es liest also das Prostoma an dem oberen Eipole. Was man sonst so be- zeichnete, ist die Verschlussstelle des Ektoderms nach Abgabe des Materials für das erste sekundäre Organ in die Tiefe. Demnach be- zeichnet die Längsachse des Eies die Scheitelachse der Gastrula. Das Ektoderm des Scheitelpoles wandert jedoch gegen den oberen hypo- tropen Eipol, indem gleichzeitig eine Krümmung des Embryo nach der Bauchseite erfolgt, welche zuerst am Vorderende, und dann auch am Hinterende eintritt. Diese Einkrümmung verlegt die Stelle,-wo sich der Urmund befand, nach der Bauchseite und die Zellen des Scheitelpoles gelangen an das obere Eiende, wo sie das Gentralnervensystem bilden. Diese Einkrümmung des Körpers hebt auch Barroıs von Pedalion hervor und sieht, meiner Ansicht nach richtigerweise, darin die Ur- 1 sache der ventralen Depression, welche Sırexsky für phylogenetisch so wichtig hielt, indem er sie als den Mutterboden wichtiger Anlagen betrachtete, welche Eigenthümlichkeit die Räderthiere mit den Mollus- ken verbinden sollte. Ich stimme Barroıs bei, wenn er sagt, dass diese | E Einrollung des Embryo im Ei nichts gemein haben könne mit einem - allgemeinen Organisationsplane, sondern nur eine verwirrende Modi- ; fikation des Entwicklungsganges sei. Die Verwandtschaftsbeziehungen - zu den Mollusken sind nicht in diesen, sondern in anderen Verhält- nissen begründet, wie später noch erörtert wird. Garn! hat bei Gelegenheit einer Debatte über die Pedalion- - entwicklung aus Barroıs’ Ergebnissen den Schluss gezogen, dass »die 1! Revue scientif. XIII. p. 304: 1877. 136 Carl Zelinka, Öffnung der primitiven Invagination« nicht in den definitiven Mund übergehe. Das schnellere Wachsthum des Ektoderms in einer gewissen Richtung bewirke es, dass der Blastoporus, d.h. die Verschlussstelle des Ektoderms, nicht mit dem Prostoma zusammenfalle, er entspräche wohl physiologisch aber nicht morphologisch dem letzteren. Dies wäre gewiss richtig, wenn nicht die granulirten Zellen dabei außer Acht ge- lassen worden wären. Diese gekörnten Zellen scheinen mir die Umrandung des eigent- lichen Prostoma vorzustellen, welches, wie GoETTE ausführt, bei ver- wandten Thieren beiDendrocölen, Nemertinen, Nematoden und Chätopoden nicht zum Munde, sondern zur Öffnung des Darmes in den Schlund wird. Dies ist auch hier anzunehmen. Demnach hätten wir uns zu denken, dass die ursprüngliche Schlundwandung aus dem Ekto- derm hervorgegangen ist und das Prostoma durch die Einstülpung in die Tiefe verlegt wurde und in den entodermalen Darmtheil führte. Später bildete sich eine besondere Bewaffnung dieses primären Schlundes aus, welcher der Zerkleinerung der aufgenommenen Nahrung dienend mehr in die Tiefe rückte und einer neuen ektodermalen Einstülpung, welche die Zufuhr übernahm, Platz machte. Wir haben meiner Mei- nung nach, den bleibenden Schlund der Räderthiere als eine sekundäre Bildung anzusehen, wodurch die erste Einstülpung der granulirten Zellen als primäre Schlundbildung eine Erklärung findet. Der Schlund- kopf der Räderthiere ist demnach als älteres Gebilde anzusehen, wie das Mundrohr, welches mannigfachen Umbildungen ausgesetzt ist. Da wir jedoch wissen, dass nicht alle granulirten Zellen in die Bildung des Schlundkopfes und seiner Drüsen eingehen, sondern auch Leibeshöhlenmuskeln daraus entstehen, werden wir eine Koncentration zweier Organanlagen in eine einheitliche anzunehmen haben. | Es ist schon damit ausgesprochen, dass ich die granulirten Zellen nicht als Mesoderm betrachte. Wie ich über Tzssın’s Versuch denke, die Abspaltung dieses »Mesoderms« vom Ektoderm auf das allgemein gültige Schema von der entodermalen Entstehung des mittleren Keim- blattes zurückzuführen, habe ich schon seiner Zeit dargelegt, Meine Bedenken waren gerechtfertigt. Tessın ging von dem Grundsatze aus, dass die Räderthiere ein vollgültiges Mesoderm besitzen müssten und in der Suche nach einem solchen traf er keine anderen Elemente, welche einer solchen Deutung unterzogen werden konnten, desshalb mussten diese das Mesoderm vorstellen. Er nahm als sicher an, dass weder das Gehirn noch ein Theil des Darmkanales daraus entstünde. Obwohl er nicht nachweisen konnte, was aus diesen granulirten Zellen werde, war es für ihn ausge- Studien über Räderthiere, III. 137 - macht, dass er das Mesoderm vor sich habe. Sein Schluss ist folgender: - »Es bleibt alsö nichts weiter übrig, als dass solche Organe aus unserer i Zellschicht entstehen, die normalerweise aus dem mittleren Keimblatt gebildet werden; dies spricht aber dafür, dass wir die betreffende Schicht wirklich als Mesoderm zu betrachten haben.« Dies erweist sich als ein Fehlschluss. Sehr wichtig ist das Geständnis, dass er nie- mals eine der normalen Mesodermbildung der Würmer und anderer _ Bilaterien entsprechende Bildung sehen konnte. Es ist dies vollkom- men richtig und wir müssen demnach annehmen, dass die Räderthiere - eines Mesoderms nach dem Schulbegriffe entbehren. Was wir finden, sind vereinzelte Organanlagen, von denen nur die granulirten Zellen - außer dem Schlundkopfe noch Zellen für Leibeshöhlenmuskeln enthal- - ten. Die Hautmuskeln spalten sich von der Oberhaut ab, die Genital- zellen entspringen der Darmanlage, die Klebdrüse verdankt einer - Ektodermeinstülpung ihren Ursprung, wie sich überhaupt das Ekto- - derm in der Entwicklung als das aktive, die Formveränderungen be- - dingende und die Mehrzahl der Organe liefernde Element erwies, wäh- - rend das Entoderm eine passive Rolle spielte. Das Exkretionssystem konnte ich in so fern mit Sicherheit auf das Ektoderm zurückführen, als es bestimmt nicht auf das Entoderm bezogen werden kann. Ob es sich direkt oder auf dem Umwege der granulirten Zellen vom Ektoderm - herleitet, kann ich noch nicht entscheiden. I So viel ist sicher, dass von einer einheitlichen Mesodermanlage nicht zu reden ist, sondern die Räderthiere einen tieferen Zustand dar- stellen, auf welchem noch gesonderte Organanlagen zu finden sind, welche sich bei den höheren Würmern erst in einheitlicher indifferen- ter und vereinfachter Anlage zeigen. Diese Auffassung wird um so | annehmbarer in der Erwägung, dass man bei manchen Formen höherer "Würmer nach neueren Untersuchungen dem Ektoderm eine große An- theilnahme am Aufbau gerade solcher Organe, welche man früher dem _ Mesoderm zuschrieb, zugestehen muss. Es ist damit auch die rein entodermale Entstehung des Mesoderms bei verwandten Formen in | e Frage gestellt, wie überhaupt die Lage der »Polzellen« an der Grenze | _ von Entoderm und Ektoderm auf Beziehungen zu beiden Keimblättern deutet. Indem aus beiden Blättern frühzeitig sich sondernde Anlagen zu histologisch undifferenzirten Urmesodermzellen sich zusammen- ‚legen und ontogenetisch sehr früh auftreten, kommt es zur vorzeitigen "Sonderung einer mehr oder minder einheitlichen Mesodermanlage. Je- ‚doch scheinen auch bei Auftreten einer solchen die Keimblätter nicht ‚die Fähigkeit der weiteren Gewebsdifferenzirung zu verlieren, wie man gegen BaLrour einwenden möchte. 138, Carl Zelinka, Der »Fuß« erwies sich, wie Tessın fand, ursprünglich mit Ento- derm erfüllt, welches vom Ektoderm verdrängt wird. Mir scheint daraus der Schluss zu ziehen, dass die Räderthiere Ahnen haben, welche einen längeren Körper besaßen, als ihre Abkömmlinge. Der Fuß ist nicht dem Molluskenfuße homolog, sondern als hinterster Kör- pertheil, als Schwanztheil aufzufassen, an welchem eine starke Um- bildung Platz gegriffen hat. Ursprünglich scheint der After am Hinter- ende gemündet zu haben. Indem nun die Zellen seiner Umgebung als Klebdrüsen zu fungiren begannen und immer mehr dieser Aufgabe dienend an Zahl zunahmen und sich zu einem größeren Komplexe ver- einigten, wurde der After von dieser für die Anheftung zweckdien- licheren Stelle abgedrängt und dorsal verschoben, wo wir ihn jetzt noch finden. Ich halte diese Stellung des Afters für eine abgeleitete, und den Fuß für einen terminalen und nicht ventralen Anhang. Tessın gründet auf die erwähnte Thatsache eine Homologisirung mit dem Postabdomen der niederen Krebse und sucht dies dadurch glaubwürdig zu machen, dass er auf die dorsale Lage des Afters bei gewissen Krebsen verweist. Ich meine, dass die Homologie auch so angenommen werden kann, ohne zu der ausnahmsweisen Rückenlage des Afters bei den Krebsen seine Zuflucht zu nehmen, wenn wir die Sache so deuten, dass der Rotatorienafter ursprünglich endständig war, wie das Vorhandensein des Entoderms beweist. Demnach halte ich den Einwurf Prarr’s nicht für zutreffend, »entspräche also der Fuß der Räderthiere dem Postabdomen der Krebse, so wäre es unverständlich, wesshalb bei jenen die Afteröffnung weit vor dem hinteren Körperende, bei diesen hingegen, die doch als höher organisirte Formen von jenen abstammen müssten, terminal gelagert ist. Der Fuß der Räderthiere befindet sich nicht mehr in seinem ursprünglichen Zustande. Desshalb ist es auch fraglich, ob wir auch die Klebdrüsen bei den Krebsen wie- derzufinden erwarten dürfen. Ich bin auf Grund des Verhaltens des Körperendes bei den Rota- torien, mit Rücksicht auf übereinstimmende Stadien in der Entwick- lungsgeschichte der Krebse (Trochophora, Moina) und im Hinblick auf die eigenthümliche Hexarthra polyptera geneigt, Tessın zuzu- stimmen und mit ihm eine Ableitung der Krebse von räderthierähn- lichen Ahnen anzunehmen. Jedoch haben die Räderthiere außer diesen noch viel hervorragendere Beziehungen durch die Trochophora zu an- deren Formengruppen. Wir sehen nämlich die einer Trochophora zukommenden Eigen- schaften, wie Scheitelplatte, die Längsmuskeln, Kopfniere ete. allmäh- lich in der Entwicklung auftreten, und zwar zuerst die Scheitelplatte. Studien über Räderthiere. II. 139 Anfangs in Form einer einfachen Ektodermverdickung, senkt sie sich bald als mehrschichtige Masse in die Tiefe, in enger Anlehnung an _ die vorher gebildete Ektodermknospe des Tastergebietes. Erst spät bildet sich die definitive Form des Räderthiergehirns, das heißt, die Scheitelplatte rückt weiter nach hinten und die zwischen den ober- flächlichen Zellen und ihr befindlichen Zellen strecken sich zu Fasern aus. Die Stelle, wo es entstanden, bleibt jedoch durch die daselbst - zur Ausbildung gelangten Sinnes- und Ganglienzellen deutlich. In so fern entfernt sich das fertige Räderthier nur wenig vom Stadium der Trochophora, da immer noch die Verbindung mit der Ursprungsstelle beibehalten ist. Die Kopfniere erscheint erst gegen Ende der Entwicklung und & bleibt in ihrer Form dauernd erhalten. Eben so sind die Muskeln, die sich im Embryo nach und nach zeigen, in derselben Anordnung und © Art im erwachsenen Thier zu finden. Die Flimmerkränze, von welchen > bei Melicerta der obere zuerst sich zeigt und längere Zeit allein bleibt, erscheinen ebenfalls in einem späteren Stadium. ; Besonders bei Gallidina treten sie definitiv erst kurze Zeit vor dem Ausschlüpfen auf. Wenn wir in der Entwicklung der letzteren - Form ein Stadium suchen, welches etwa dem der Melicerta mit dem - präoralen Wimperkranz entspräche, werden wir zur Erkenntnis ge- A langen, dass es nicht im entwickelten Zustande zu finden sein wird. " Wir können nur jenes Stadium der Gallidina zum Vergleiche heran- ziehen, in welchem durch die Abgrenzung der Kopfplatte ein präorales Feld geschaffen ist, in dessen Mitte der Kopfhügel sich findet. Würde die Peripherie dieses Feldes, welches dem Scheitelfelde entspricht, mit inem Wimperkranze versehen sein, so hätten wir einen präoralen Cilienring, wie er der Melicerta zukommt. Dieser Ring kommt aber hier nicht in demselben Maße zur Ausbildung. Allerdings schreitet die Bildung des cutieularen Streifens, auf dem die Cilien später entstehen, "vom Bauche aus auf dem Randwalle des Scheitelfeldes an den Seiten vorbei gegen den Rücken vor, gelangt auch so weit, dass der Kopf- "hügel innerhalb des von den beiden Streifen beschriebenen Kreises “fällt, dann aber, statt auf dem vorgezeichneten Wege weiter zu schrei- ten und sich dorsal zu vereinigen, biegt er plötzlich gegen die Bauch- seite und läuft an dem äußeren Rande der Rüsselbasis vorbei, wodurch = der Kopfhügel aus dem Scheitelfelde hinaus gelangt. Wir erkennen in | -dem eigenthümlichen Verlaufe dieses Processes, wie an dem so späten Auftreten der Cilien einen sekundär abgeänderten Vorgang, der sich aus den bei Melicerta und Brachionus bleibend zu findenden Ver- "4 R | hältnissen ableiten lässt. Das Räderorgan der Philodiniden ist kein 140 Carl Zelinka, ursprüngliches, wie das von Brachionus und Melicerta, sondern ein wei- ter umgeformtes. So weit können wir nun den allgemeinen Schluss ziehen, dass die Räderthiere am Ende ihrer Entwicklung dem Trochophorastadium, wenn die erwähnten Eigenschaften in Betracht gezogen werden, nahe kommen und dasselbe nicht überschreiten. Denn die Veränderungen am Räderorgan bei Melicerta, welche in einer Umwandlung des ein- fach kreisförmigen in ein vierlappiges bestehen, gehen nicht über die Organisation der Trochophora hinaus und eben so scheinen die Um- wandlungen bei Gallidina nur in so fern von Wichtigkeit, als die Scheitelplatte eine scheinbare Verschiebung ihrer Lage erfährt, indem die Kränze sich nicht mehr hinter ihr schließen. In so fern wäre der Vergleichung der Räderthiere mit der Trochophora der Boden geebnet. Wir wollen kurz die Homologien neben einander stellen. Über die Wimperkränze und die Scheitelplatte, von welchen in der Entwick- lung der Räderthiere der obere zuerst erscheint, habe ich schon in meiner Discopus-Arbeit bereits gesprochen, gegen meinen damaligen Ver- such, das Gehirn der Räderthiere auf die Scheitelplatte der Trochophora zu beziehen, mit einem Wort, eine vollkommene Homologie der präo- ralen Partie darzulegen, hat sich Prater ! gewendet. Indem er sich auf eine frühere Darlegung seines Standpunktes berief, welche besagte, »dass das Gehirn der Räderthiere nicht der Scheitelplatte homolog ge- setzt werden darf, weil es von Anfang an außerhalb der Wimperkränze und nicht am vorderen Pol der Körperlängsachse, sondern am Rücken über dem Schlunde liegt«, in welcher Hinsicht er sich mit Tessın in Übereinstimmung befindet, meint er, dass ich mich »auf falscher Fährte« befand, als ich annahm, dass das Gehirn der Philodiniden innerhalb der Wimperkränze entstand, diese Stelle eine Koncentration ihrer Sinneszellen und eine einheitliche Verlegung nach hinten erfuhr, wobei die Wimperkränze unterbrochen wurden. Diesen Komplex von Sinneszellen sah ich im Rüssel der Philodiniden, dessen Ganglien mit dem Gehirn mehrfach zusammenhängen. Als ein noch erhaltenes Zwischenstadium betrachtete ich Rhinops, dessen Rüssel eben im Durchbrechen des Räderorgans begriffen sei. Indem ich die entwick- lungsgeschichtlichen Ergebnisse vor der Hand bei Seite lasse, möchte ich zunächst meine Ansicht auf rein vergleichend anatomischem Wege, auf dem sie angegriffen worden, vertheidigen. Pate leugnet nicht die Möglichkeit des von mir dargestellten Vor- ganges, stützt sich jedoch darauf, dass man bis jetzt noch keine Räder- 1 L. PLAte, »Über die Rotatorienfauna des bottnischen Meerbusens etc. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. p. 32. 1889. Studien über Räderthiere. III. 141 - thierform gefunden habe, welche eine der Scheitelplatte homologe - Ektodermverdickung der Umbrella besäße, sondern vielmehr das Ge- E hirn immer außerhalb der Wimperkränze läge, »so dass es auch durch- _ aus unwahrscheinlich ist, dass es je in irgend einer anderen Lagerung 4 gefunden werden wird«. Abgesehen davon, dass ich es nicht wage, _ diesem sicheren Blicke in die Zukunft mich anzuschließen, haben wir zu beachten, dass es bei vergleichend anatomischen Betrachtungen ; nicht auf die Lagerung eines Gebildes allein ankommt, sondern die _ Beziehungen dieses Organs zu anderen wesentlich berücksichtigt wer- den müssen. Dies braucht nicht erst erläutert zu werden. Nun steht - das Gehirn mit Sinneszellen, welche bei den Philodiniden außerhalb - der Wimperkränze im Rüssel, bei den anderen Rotatorien innerhalb - derselben liegen, in auffallender Beziehung. Wenn diese Verhältnisse erst für wenige Formen mit wünschenswerther Klarheit dargelegt sind, - so ist dies kein Beweis gegen diese Behauptung, sondern nur ein Fingerzeig, wie sehr von vielen Untersuchern mühseligen Beobach- tungen aus dem Wege gegangen worden ist. Ob nun diese Sinnes- 4 apparate zu einem unpaaren Rüssel vereinigt sind oder symmetrisch auf "dem Scheitelfelde vertheilt sind, ist ganz nebensächlich, da ich’nicht behauptete, dass alle Räderthiere an der Stelle der Scheitelplatte ein I rüsselartiges Gebilde trügen oder getragen hätten, sondern vielmehr F sagte!: »Das Stadium, auf welchem sich das Scheitelfeld der Philo- I diniden befindet, setzt ein anderes voraus, auf welchem die im Rüssel aufbewahrten Organe innerhalb der Wimperkränze sich befanden und vielleicht aus eben so isolirten Anlagen bestanden, wie die Anlagen ‚des Kopfganglions bei Lopadorhynchus.« Ich stellte mir den Rüssel als eine Vereinigung von ehemals isolirt stehenden Sinneszellen vor, wie sie bei vielen anderenRotatorien noch vorkommen. Von solchen Sinnes- zellen der Umbrella leitete ich dasGehirn ab, die jetzt noch vorhandenen | 8 innesorgane daselbst sollten die bleibenden Zeugen dieses Bildungs- | "modus sein. Den Rüssel der Philodiniden dabei in Betracht zu ziehen, wurde ich dadurch verleitet, dass das Räderorgan dieser Thiere kein ein- riges Sinnesorgan umschließt, was gewiss auffallend genug ist. Auf diese Weise suchte ich diesen merkwürdigen Mangel in Einklang zu bringen mit dem Vorhandensein solcher Sinnesapparate rüsselloser Räderthiere. | Pate meint ferner, dass die ‘Verhältnisse bei Rhinops anders zu deuten seien, als von mir geschehen. Da die ganze ventrale Fläche des Rüssels dicht mit Cilien besetzt ist und sich außerdem der äußere Wimperkranz jederseits bis zur Spitze dieses Organs heraufziehe, so Sei der Rüssel nur als eine zungenförmige Verlängerung des Randes | ! Discopus. p. 435. Diese Zeitschr. Bd, XLVII, 142 Carl Zelinka, der Wimperscheibe anzusehen. »Es ist wenigstens nicht einzusehen, wesshalb die Wimperkränze, die doch — wie viele Gattungen zeigen —, schon an sich das Bestreben haben, in der dorsalen und ventralen Mittellinie eine Unterbrechung zu bilden, sich auf ein Organ ausgedehnt haben sollen, welches sich erst sekundär zwischen sie schob.« Da die Augenflecke bei den Räderthieren eine wechselnde Lage haben, bei den meisten Formen am Gehirn, bei anderen (Philodina, Rhinops) an der Spitze des Rüssels, bei Asplanchneen im Bereiche des Wimper- kranzes, bei keiner Art im Gentrum der Wimperscheibe liegen, so scheint es Prare natürlicher »den bei Rhinops an der Spitze des Rüssels gelegenen Augen eine ursprüngliche Lage am Rande als in der Mitte des Cilienfeldes zuzuschreiben. Andere Sinnesorgane sind von der Rüssel- spitze des Rhinops nicht bekannt, obwohl man doch, wäre sie in der That das Homologon der Scheitelplatte und Vorläuferin des mit Tastbüscheln versehenen Philodinenrüssels, dergleichen hier erwarten sollte«. Vor Allem ist es irrig, dem Rüssel von Rhinops außer den Augen Sinnesorgane abzusprechen. Dieser Rüssel ist nicht ganz nach dem Schema des Philodinenrüssels gebaut, sondern seine Endfläche ist schief gegen die Bauchseite geneigt, daher »die ventrale Fläche« dicht mit Cilien besetzt ist. Diese Fläche entspricht der Endfläche und seine Cilien den aktiv beweglichen Sinneshaaren des Philodinenrüssels. Mit dieser ventralen Fläche tastet das Thier in ganz ähnlicher Weise wie die Philodiniden mit ihrem Rüssel. Die wimperlose »Spitze« entspricht der auch bei den Philodiniden niemals Haare tragenden Schutzmembran. Auch in der Embryogenie der Gallidina giebt es ein Stadium, auf welchem der Rüssel seine Endfläche ganz ventral gerichtet besitzt und seine oberste Partie demnach ohne jedes Sinnesorgan ist. Rhinops hat demnach seinen Rüssel noch nicht so weit entwickelt als die Philo- diniden. Wesshalb der äußere Wimperkranz (nicht »die Wimper- kränze«) an den Seiten des Rüssels hinaufreichen, könnte eben dadurch erklärt werden, dass ein so mächtiges Organ ihn durchbricht. Übrigens halte ich die Aufwerfung dieser Frage für nebensächlich und fast möchte mir scheinen, sie wäre durch PıAre’s Ausführungen gegen Tessın p. 31 gleichfalls erledigt. Ich möchte übrigens die Entscheidung dieser Frage bis zur genauen Untersuchung dieses Thieres verschieben, da leicht eine Verwechslung der Tastcilien des Rüssels selbst mit den Cilien des betreffenden Wimperkranzes stattgefunden haben kann. Rhinops hat, wie aus Hupson’s Zeichnung hervorgeht, einen Rüssel, der den ersten Wimperkranz bereits verlassen hat und im Be- griff steht, den zweiten zu durchschreiten. Was die Lage der Augen am Rande der Wimperscheibe bei den Studien über Räderthiere. III. 143 Asplanchneen anbelangt, so müsste erst entwicklungsgeschichtlich fest- gestellt werden, ob diese Lage wirklich primär ist, ob bei diesen Thie- ren die Augenflecke dem Wimperkranze selbst angehören, oder ob sie nicht vielmehr nur dem Kranze genähert im Scheitelfelde liegen. Ich setzte seiner Zeit nur ein Stadium voraus, in welchem die Sinnesorgane F innerhalb der Wimperkränze sich befanden, ob im Centrum oder - anderswo ist dabei nebensächlich, das Hauptgewicht liegt darin, das eine Anzahl von Sinneszellen des Scheitelfeldes sich zu einem Organ vereinigte, welches die Wimperkränze durchbrach. Wenn in weiterer Ausführung die Hypothese aufgestellt wird, dass der Rüssel der Adi- neta, einer Form, welche, wie ich demnächst zeigen werde, von den Philodiniden abgeleitet und dem räuberischen Leben angepasst ist, sonst aber ganz gleichen Bau besitzt, »so sehr an die hakenförmig gebogene Platte, welche bei Stephanops, Colurus, Metopidia und Monura den Vorderrand des Kopfes überragt«, erinnern, dass der Rüssel der Philo- diniden aus der Umbildung eines derartigen Stirnfortsatzes entstanden gedacht werden müsse, so brauchen wir als Erwiederung nur die gleich darauf folgenden Worte anzuführen: »Der einzige Unterschied zwischen dem kleinen Rüssel der Adineta und dem Stirnhaken eines Golurus besteht in den Tastbüscheln, welche jener zukommen und diesem fehlen.« Damit ist auch schon über diesen Versuch das Urtheil gesprochen. Niemals kann ein mit Sinnes- und Ganglienzellen reichlich versehenes, mit dem Gehirn unmittelbar in Verbindung stehendes Gebilde wie der Rüssel der Adineta und Philodiniden, welches bei manchen Formen sogar Augen trägt, mit einer einfachen Falte des Hautkörpers, welche gar keine Sinnesapparate zeigt, ver- glichen werden. | Endlich hat PrarE einen Umstand wohl übersehen, welcher seine Ableitung des Rüssels unmöglich macht und mich seiner Zeit zur Auf- stellung meiner theoretischen Betrachtungen wesentlich veranlasste, dass nämlich im Rüssel desRhinops das Gehirn enthalten ist, wie Hupson angiebt. Von diesem Gehirn gehen Faserstränge an die "Sinnesorgane des Rüssels. Nach Allem war meine Ansicht von der Homologie dieses Gebildes mit dem Gebiet der Scheitelplatte eine wohl- B begründete. Meine Ansicht ist nun durch die entwicklungsgeschicht- F liehen Ergebnisse vollauf bestätigt worden. Thatsächlich bildet sich im Scheitelfelde eine der Scheitelplatte homologe Verdickung des F Ektoderms, welche, in die Tiefe vorwachsend, den Haupttheil des Ge- -hirns liefert, thatsächlich entsteht bei Callidina an dieser Stelle ein Hügel, welcher zum Rüssel wird, welcher erst durch das definitive Räderorgan aus dem von diesem umsäumten Felde hinaus verlegt wird. be el, sn nt a 8 ERBE en a A En REEL E ET NT EEE ET b : NT u Pt 144 Carl Zelinka, Der ganze Vorgang weist darauf hin, dass die Wimperkränze dorsal unterbrochen wurden!. Der Cuticularstreifen, welcher die Anlage der Wimperkränze bezeichnet, zieht ventral ununterbrochen vor dem Kopf- hügel vorüber und schreitet nach dem Rücken vor und weicht erst zum Schluss seiner Bildung von seinem Wege ab, indem er jederseits an der Rüsselseite sich ventral wendet. i Für wichtig und für eine weitere Stütze halte ich es, dass auch bei Melicerta an der Stelle der ehemaligen Scheitelplatte ein Kopf- hügel entsteht, welcher wieder sehr dem von Brachionus gleicht, jedoch in beiden Fällen nur eine Verlegung aus der Mitte des Scheitel- feldes nach der dorsalen Seite erfährt, ohne die Kränze zu durch- brechen. Es scheint die Tendenz der Bildung eines Kopfhügels also eine größere Verbreitung zu haben. Was also die Wimperkränze und die Scheitelplatte anlangt, so können wir als gesicherte Homologien dafür das Räderorgan und die centrale Gehirnknospe der Räderthiere ansehen ?. Damit sind auch die Einwände, welche von Tessın gegen die Ho- mologisirung der Wimperkränze bei den Räderthieren und der Trocho- phora erhoben worden sind, entgültig entkräftet worden. Schon PrATtE hat, entgegen seiner früheren Ansicht, die diesbezüglichen Bedenken als nicht stichhaltig erklärt, indem er auf die vielfachen Modifikationen hinwies, welche der Wimperapparat bei den Annelidenlarven selbst erleidet, so dass das Fehlen einer geradezu minutiösen Übereinstimmung keinen besonderen Werth haben könne. Namentlich sei auf die Unter- brechung, welche der präorale Wimperkranz bei vielen Formen be- sitzt, kein großes Gewicht zu legen. Es tritt übrigens auch bei Poly- gordius eine solche Unterbrechung auf. Melicerta zeigt eine ge- radezu typische Form des präoralen Wimperkranzes, er tritt aber nicht überall gleichzeitig auf, sondern bildet sich vom Bauche aus gegen den Rücken fortschreitend aus, so dass auch er eine Zeit lang nicht ge- 1 Eine Erklärung für den Grund dieser Ausscheidung dieser Sinneszellen ist wohl darin zu finden, dass es sich nicht nur um ein Freimachen des Wimperappa- rates von allen übrigen Organen zum ungehinderten Gebrauche und vor Allem um die Möglichkeit handelte, dasselbe einzuziehen, ohne den Kontakt mit der Außenwelt aufzugeben, sondern, dass auch die Ausbildung der Kriechbewegung einen wesentlichen Einfluss auf diesen Vorgang genommen haben wird. 2 Dieser Nachweis ist nicht bloß für die Stellung der Räderthiere von Wich- tigkeit, er wirkt auch auf die Trochophoratheorie zurück, welche wie jede Theorie mit jeder Frage, welche durch sie gelöst werden kann, an Werth gewinnt. Es ist gewiss ein gutes Zeugnis für diese Theorie, dass eine auf sie basirte vergleichend- anatomische Ableitung eine so umfassende Bestätigung durch die Entwicklungs- geschichte erfuhr. Studien über Räderthiere. III. 145 schlossen ist. Ob nun auch überall ein postoraler Kranz sich ent- - wickelt, scheint mir mit Hinweis auf die bekannten Modifikationen bei den Annelidenlarven mehr nebensächlich zu sein und es hat demnach die Frage, ob der Wimpersaum, welcher bei vielen Räderthieren unter den präoralen an den Mund zieht, dem postoralen Wimperkranz oder nur der Wimperrinne entspricht, nur untergeordnete Bedeutung. Uns kann endlich auch nicht der Einwurf berühren, welchen Prate erhoben hat, dass der Ringnerv einiger Annelidenlarven, der auch Pilidium zukommt, noch nicht im Räderorgan aufgefunden wor- den ist. Dieser Ringnerv ist ein zweifellos larvales Organ, ob von phy- letischem Werthe oder nicht, ist hier gegenstandslos und verliert seine funktionelle Bedeutung mit der weiteren Ausbildung des Nerven- systems. Es wäre daher seine Existenz bei den Räderthieren mit einem so entwickelten Nervensystem nicht einmal unbedingt nöthig. Bevor nicht neuerliche Untersuchungen darüber vorliegen, könnte diese Frage nicht in Betracht gezogen werden. Ob die Philodiniden mit ihrem stark modifieirten Räderorgan überhaupt zur Entscheidung herangezogen werden dürfen, scheint mir sehr unsicher zu sein. Ein Ringnerv könnte höchstens bei ursprünglicheren Formen gesucht wer- den. Übrigens wissen wir auch über die Trochophora von Mollusken noch nichts hinsichtlich eines Ringnerven und gerade sie steht dem Räderthiere sehr nahe. Ich möchte nur noch kurz erwähnen, dass JoLier die ventrale De- pression bei Melicerta-Embryonen, aus welcher zum größten Theil das Kügelchenorgan wird, unter Hinweis auf das Räderorgan bei Di- glena foreipata (einem einfachen Wimperfelde, in dessen Mitte der Mund liegt) als das primitive Räderorgan betrachtet. Dass dieses Wim- perfeld mit dem Räderorgan nichts zu thun hat, ist durch die Em- bryologie der Melicerta hinreichend festgestellt, indem sich dasselbe ganz unabhängig von der ventralen Depression anlegt. Pıarz hat rich- tigerweise schon einmal den Gedanken, in den redueirten Wimper- organen von Notommata aurita Ehr., ansata Ehr., Tardigrada -Leyd., saceigera Ehr., Diglena forcipata Ehr., Giraffa Gosse, "Adineta vaga primäre Verhältnisse erblicken zu wollen, zurückge- wiesen. Die Entwicklungsgeschichte würde einem solchen Versuche - keine Stütze bieten. In wie weit das Räderorgan der Trochophoraform an der Erzeugung der erwähnten rückgebildeten Wimperorgane be- "theiligt ist, wird für jeden Fall erst festgestellt werden müssen. Wahr- "scheinlich werden die hinter dem Munde liegenden Theile des Wim- "perapparates nichts mit dem Räderorgan zu thun haben, sondern auf BR ‚eine eigene postorale und ventrale Bewimperung der Haut zurückzufüh- Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LIU. Ba. 40 146 Carl Zelinka, ren sein. Ich betrachte diese Bewimperung, sowie das Wimperfeld hei Melicerta und die Wimperstreifen der Gastrotricha als Reste der von den Turbellarien überkommenen allgemeinen Bewimpe- rung der Haut, wie sie auch noch in größerer oder geringerer Aus- dehnung bei Trochophorae von Mollusken und Anneliden und bei Dinophilus erhalten sind. Die von Bırrour und Sırensky betonte phylogenetische Beziehung der Turbellarien (Pilidium) und der Räderthiere etc. anerkennend, muss ich auch Tzssın Recht geben, wenn er in den seitlichen Lappen, welche in der Entwicklung der Räder- thierembryonen auftreten, Anklänge an die Lappen des Pilidium sieht. Allerdings tritt die Trochogastrula (SıLensky) = Protrochophora (Harscuer) nur als ein embryonales, rasch vorübergehendes Stadium auf, wie schon SıLEnsky seiner Zeit erkannte, da die Räderthiere einer umfassenderen Metamorphose entbehren. Das Exkretionssystem ist bis jetzt unbestritten der Kopfniere gleichgesetzt worden, es hat sich kein Anzeichen erhoben, dass diese Homologie unbegründet wäre. Von Interesse ist es, dass bei manchen Trochophorae, wie z. B. von Echiurus, die Endzellen sogar sehr den Flimmerlappen,, wie sie bis jetzt bei Asplanchna amphora und Gallidina beschrieben worden sind, gleichen, so dass sie beide auf die Wimperzellen bei den Turbellarien bezogen werden können. Der Darmkanal mit ektodermalem Vorderdarm, entodermalem Mittel- und Hinterdarm und ektodermalem Enddarm findet seine Ho- mologa in den entsprechenden Abschnitten bei Larven von höheren Würmern, Mollusken ete. | Ferner sprechen die Muskeln sehr zu Gunsten einer Vergleichung, denn abgesehen vom gleichen Charakter derselben finden wir die z. B. bei Teredo zur Ausbildung kommenden großen larvalen Längsmuskel in gleicher Art und mit gleicher Funktion bei den Räderthieren wie- der. Die beiden im Scheitelfelde sich inserirenden Muskelpaare treffen wir in den ventralen und dorsalen Rückziehern des Räderorgans, be- ziehungsweise des Rüssels, wieder, die vor den Wimperkränzen an die Haut sich ansetzenden großen Fasern sind ebenfalls zu finden und zwar in den paarigen dorsalen und ventralen Muskeln zum Vorderende, welche bei den Räderthieren vor dem Räderorgane an der Haut sich inseriren. Es sind dies Muskeln, die ich für alle Räderthiere, so weit # unsere Kenntnisse reichen, als typisch nachweisen konntel. | Zudem ist noch ein Umstand hervorzuheben, auf den ich hinzu- weisen Veranlassung nehme. Die bisher von mir darauf hin unter- suchten Gallidinen und Discopus hesitzen ein ziemlich bedeuten- 1 Diese Zeitschr. Bd. XLVII. p. 374, Grazer Arbeiten. Bd. I, p. 162. Studien über Räderthiere. Ill. 147 des subösophageales Ganglion, welches auf Schnitten nachge- - wiesen werden kann, jedoch auch in Totopräparaten nach Färbung deutlich genug erscheint. Es liegt auf der Bauchseite der Pharynxwand _ an und ist durch die Speicheldrüsen für gewöhnlich den Blicken ent- zogen. Bei dem für das Studium der Nervenanatomie günstigen Dis- _ eopus findet man, dass dieses Ganglion mit dem ventralen hinteren - Längsnerven in Verbindung steht. Dieses Ganglion wird aus der hin- ter dem Munde auf der Bauchseite befindlichen Ektodermverdickung angelegt und löst sich erst später von dem äußeren Keimblatte ab, um - an den Pharynx unter den Ösophagus zu rücken. Diese Entstehungs- weise erinnert lebhaft an die eines subösophagealen Ganglions bei _ Teredo. Harscaerx! beschreibt daselbst das Auftreten einer medianen. - Ektodermverdiekung am Rumpfe der Trochophora als Anlage der ven- © tralen Ganglienmasse, welche sich später vom Ektoderm loslöst und - das Fußganglion bildet. Sowohl die gleiche Entstehung beider Gan- - glien als ihre gleiche Lagerung in den der Trochophora so nahe stehen- - den Stadien berechtigt zur Anschauung, dass man es hier mit einem homologen Gebilde zu thun habe. Damit ist ein neuer Fingerzeig für - die Stellung der Räderthiere gegeben. ; Der erwähnte Forscher? nimmt für Sipunculus eine ungeglie- -derte Stammform mit einem primitiven Centralnervensystem des -Rumpfes an, »von welchem das Bauchmark sowohl bei Sipuneulus, "Sagitta, Brachiopoden, Mollusken (Pedalnerven) als auch bei Archian- neliden sich ableiten ließe«. Dieser Stammform stehen das Räderthier und die Trochophora von Teredo mit ihrem einfachen Bauchganglion je- - denfalls sehr nahe. Es gewinnen somit die Räderthiere nicht bloß Be- ‘ziehungen zu den Anneliden, sondern noch viel nähere zu den -Mollusken und den anderen oben angeführten Gruppen; sie haben ‚das Bauchganglion nach seiner Abspaltung vom Ektoderm in einfacher Form erhalten?. Es dürfte demnach das subösophageale Ganglion der Anlage des Pedalganglions der Mollusken, dem Bauchganglion der " Chaetognathen und dem subösophagealen Ganglion des Schlundringes "bei den Brachiopoden homolog sein *. 1 B. HarscHek, Über die Entwicklungsgeschichte von Teredo. Arb. Zool. Inst, Wien, Bd. III. 1880. p. 45. 2 B. Hartscaer, Über die Entwicklung von Sipunculus nudus. Arb, Zool. Inst. Wien. Bd. V. 1884. p. 70. 3 Auch die weiter oben angedeutete Ableitung der Kruster von einem trocho- -phoraähnlichen Ahnen wird durch den Nachweis dieses Ganglions, welches in Lage und Entstehungsart dem unteren Schlundganglion bei niederen Krebsen (Cetochilus) gleichkommt, gestützt. 4 Auch die von GoETTE und Ganın beschriebene getrennte Anlage des Gehirns 410* 148 Gar! Zelinka, Als eine Konsequenz würde sich ergeben, dass die nach hinten ziehenden Nerven nicht in Gänze der Schlundkommissur der Meta- nephridozoa entsprechen würden, sondern nur so weit, bis sie an das subösophageale Ganglion die verbindende Faser abgegeben haben. Diese »Schlundkommissur« der Räderthiere ist nur in ihrer weiteren Ausbildung (Callidina) aus einheitlichen Strängen geformt, bei Dis- copus ist im Gegensatz zu dem koncentrirten Gehirn und suböso- phagealen Ganglion ein lockerer Komplex von Ganglienzellen vorhan- den »periencephalische Zellen «, aus denen erst der Hauptnerv hervor- geht. Die Nerven laufen nach der Kommissurbildung noch weiter nach hinten und enden in Ganglien am Hinterende. Es können trotzdem diese Nerven den Seitennerven der Tur- bellarien entsprechen, das heißt das subösophageale Ganglion hätte sich den vorhandenen, von den Turbellarien überkommenen Ner- ven eingefügt, Ob es sich im Anschluss an die »lateralen« Taster, oder ein an- deres Sinnesorgan entwickelt hat, entzieht sich vor der Hand noch der sicheren Beurtheilung. Ich zweifle nicht, dass sich dieses postorale Ganglion auch bei den anderen Räderthieren findet, und da ist es nicht so unwahrscheinlich, dass die »lateralen« Nervenstränge der lateralen Taster dorthin laufen. Der eigentliche Ursprung dieser Nerven ist dort noch nicht gesehen worden, die bisherigen Beschreibungen besagen, dass die Nerven in ihrem Laufe nicht aufs Gehirn zielen. PrarE! ver- sichert, er habe sich bei Hydatina, Brachionus und Asplanchna »auf das bestimmteste davon überzeugt, dass sie sich der Ventralseite nähern und nach vorn bis zu der vorderen Verknäuelung des Wasser- gefäßes laufen, ohne mit dem Centralorgan zu kommunieiren«. Es ist leicht möglich, dass diese Nerven dem subösophagealen Ganglion zu- gehören und ihre Verbindung mit dem Gehirn eine ähnliche ist, wie bei Discopus, nämlich durch lockere Ganglienzellen. Ob die zwei Nervenpaare der Philodiniden auch bei den übrigen Räderthieren zu finden sind, ob sie beide zusammen den lateralen Nerven derselben entsprechen, muss späterer Entscheidung vorbehalten bleiben. Die Philodiniden sind ohne laterale Taster, und da sie abgeleitete Formen sind, wie schon das Verhalten des Räderorgans und Rüssels beweist, dürfte dies eine Rückbildung sein, so dass wir, bei Erfüllung der obigen und der Bauchganglien bei den Nematoden fällt innerhalb der Grenzen der Bil- dungsart des Nervensystems bei den Räderthieren und macht es möglich, die Nematoden den Rotatorien näher zu bringen. 1 L.PLAte, Beiträge zur Naturgeschichte der Rotatorien. Jen, Zeitschr. Bd. XIX. N. FE. XII. p. 94. Studien über Räderthiere. III. 149 Voraussetzung, die Möglichkeit, deren subösophageales Ganglion auf late- rale Taster zurückführen zu können, nicht aus dem Auge lassen dürfen. Nach dieser Abschweifung zurückkehrend, möchte ich bemerken, dass das Nervensystem der Räderthiere Ähnlichkeiten mit dem der nie- deren Mollusken zu besitzen scheint. Hier wie dort ein Gentrum über dem Schlunde, von welchem zwei Paare Nerven entspringen, ein ven- trales und ein seitliches. Das erstere hängt mit dem subösophagealen Ganglion zusammen und endet, wie auch das letztere, am hinteren Körperende in Ganglienzellgruppen. Wir können der Lage nach das erstere den Pedalnerven und das letztere den Pallialnerven ver- gleichen. Auch ein Ganglion, den Sublingualganglien gleichgelagert, finden wir bei Discopus in der ventralen Ganglienzelle unter dem Schlunde. Besonders die Solenogastres könnten diesbezüglich ange-- zogen werden, indem ein Schema des Nervensystems derselben und der Räderthiere große Übereinstimmung zeigen würde, wenn von der unpaaren Ausbildung des »Sublingual-« und »vorderen Pedalganglions« bei den Rotatorien abgesehen wird. In wie fern Homologien zwischen ‘ den Nerven dieser Thiere mit primärer und den Solenogastres mit sekundärer Leibeshöhle bestehen können, musste erst festgestellt werden. Jedenfalls hat aber durch den Nachweis des subösophagealen Ganglions bei den Räderthieren und der Entstehungsart derselben die Annahme einer ungegliederten Stammform mit einem primitiven Bauchganglion für die oben erwähnten Thiergruppen eine Stütze ge- wonnen. Eben so erleichtert die Auffindung des Bauchganglions eine ‚Vorstellung von der Ableitung der Bryozoen von eben dieser Stamm- form. Die Bryozoenlarven werden dermalen so aufgefasst, dass das mit Wimpern und einer Drüse versehene Hinterende der Larve dem Scheitelfelde resp. der Scheitelplatte der Trochophora gleich gehalten wird. Allerdings setzt eine solche Annahme erhebliche Umwandlun- gen voraus, ist jedoch die am meisten glaubwürdige. Bei dieser Orien- tirung der Bryozoenlarven ist das zwischen dem Mund und After ge- legene Ganglion, welches das hauptsächlichste Nervencentrum dar- stellt, dem ventralen Ganglion der Teredolarve und dem subösopha- | gealen Ganglion der Räderthiere gleich zu halten. ’ PıAte! vergleicht dagegen den terminalen Wimperbüschel, welchen ' manche Männchen und junge Weibchen der Räderthiere (Melicerta, 2 Lacinularia, Brachionus) besitzen, mit dem terminalen Oilienbüschel i mancher Bryozoenlarven. Dies hat zur Folge, dass diese Partie nicht ; 1 L. PLate , Beiträge zur Naturgeschichte der Räderthiere, Jen. Zeitschr. 4 Bd. XIX. p. 416. 150 Garl Zelinka, der Umbrella, sondern der Subumbrella der Trochophora gleich zu setzen und dass das Ganglion der Bryozoen als das Scheitelganglion und nicht als die subösophageale Ganglienmasse zu betrachten wäre. Demnach müsste der After sekundär in das angenommene Scheitelfeld eingedrungen sein, welche Anschauung jedoch nicht durch die Ergeb- nisse der Entwicklungsgeschichte gestützt ist, da im Gegentheil die Entoprokten den primären Stand darzustellen scheinen. Der peri- anale Wimperkranz der Annelidenlarven könnte dagegen immerhin diesem Wimperbüschel der Räderthiere entsprechen, da er sich an der- selben Stelle findet, an der ehemals der After lag. So weit stimmen die Bauverhältnisse der Räderthiere mit den Charakteren einer Trochophora ganz überein. Es wird nun aber von HırtscHe« ! noch ein charakteristisches Organ für die Trochophora ver- langt, nämlich die Mesodermstreifen des Rumpfes. Diese fehlen in der Entwicklung der Räderthiere gänzlich. Es lässt sich bisher nichts her- anziehen, welches dem Vergleich mit solchen Streifen gewachsen wäre. Demnach lassen sich die Räderthiere nicht als Trochophorae im angegebenen strengen Sinne ansehen, sondern sie stehen unter diesem Stadium. Das Fehlen einer Mesodermanlage in der Entwick- lung widerlegt auch die Lane’sche Ansicht, dass die Räderthiere ge- schlechtsreif gewordene Annelidenlarven seien. In einem solchen Falle würde man mit Recht als Beweis das Auftreten von so charak- teristischen Anlagen wie Polzellen und wenigstens primären Mesoderm- streifen verlangen. Die Rotatorien dürften demnach in ihrer Ontogenie wichtige Auf- schlüsse über die Mesodermanlage und die Stammesgeschichte zunächst der Anneliden und Mollusken enthalten. Wenn wir die Stellung der Räderthiere mit kurzen Worten zu- sammenfassen, werden wir aussprechen müssen, dass die Räderthiere tiefer stehen wie die mit Mesodermstreifen versehenen Larven der Anneliden und Mollusken, und dass sie der hypothetischen Stammform dieser Gruppen, wie der der Bryozoen, Brachiopoden und CGhätognathen, sehr nahe stehen. Damit ist auch ihre systematische Stellung gekennzeichnet. Dabei ist jedoch nicht aus dem Auge zu ver- lieren, dass auch viele Räderthiere innerhalb des ihnen zukommenden Typus sich gewiss auch weiter umgewandelt haben, wenn sich auch der Hauptsache nach die Organisation der Stammform erhalten hat. Die Thatsache, dass das Entoderm ursprünglich bis zum Hinterende reichte, wie die Ontogenie zeigt, im erwachsenen Thiere jedoch einer ek- todermalen Klebdrüse Platz gemacht hat, welche das Hinterende ausfüllt, ! B. Harscaek, »Über die Entwicklungsgeschichte von Echiurus« p. 3, (8 \» 5 Studien über Räderthiere. III. 151 weist auf solehe Umänderungen hin. Diese Drüse tritt in gleicher Aus- bildung und Lagebeziehung zum After auch bei den Gastrotrichen auf. In wie fern sie ausschließlich diesen beiden Thiergruppen zukommt und eine sekundäre Bildung darstellt, entzieht sich noch der Be- urtheilung. Für die Möglichkeit, solche Drüsen am Hinterende als einen Charakter der erwähnten hypothetischen Stammform ansehen zu dürfen, spricht vor der Hand eben nichts, wenn wir nicht rudimentäre Gebilde heranziehen, wie die Analblasen von Annelidenlarven, welche gleichfalls ektodermalen Ursprungs sind und von Sarensky für Drüsen, von Hırscazk für eine larvale Skelettbildung, von Kırinensere als ein Homologon des Bauchschildes für ein Gebilde unbekannter Funktion gehalten werden. Für eine Drüse glaubt der letztere Forscher es nicht erklären zu können, da Ausführungsgänge fehlen. Vielleicht hat die Stammform Hautdrüsen am Hinterende besessen, welche sich erst bei den Räderthieren und Gastrotrichen weiter entwickelten. Dafür spricht, dass der Schwanz so spät ausgebildet wird und in der Fertigstellung weit hinter dem Räderorgan, Scheitelplatte ete. kommt. Die Räderthiere und Gastrotrichen zeigen noch eine Eigen- thümlichkeit der Organisation, welche weitere Aufklärung hinsichtlich ihres phylogenetischen Werthes erheischen. Ich meine die sogenannten dorsalen und lateralen Taster, welche den Larven der verwandten Gruppen zu fehlen scheinen. Bei Gallidina tritt die Anlage jenes Gehirntheiles, welcher im Anschluss an den hier allein vorhandenen dorsalen Taster entsteht, so viel früher auf als die Scheitelplatte, dass dieser Umstand die Frage aufwerfen lässt, ob man es hier mit einem ursprünglichen Zeitverhältnisse zu thun habe. Die Entscheidung dieser Frage nach den an einer Form allein gemachten Erfahrungen muss ich einstweilen ablehnen, bis durch weitere Untersuchungen größere Aus- blicke gewonnen sind. Gewiss ist aber in jedem Falle die Zusammen- setzung des Gehirns aus zwei verschiedenen Anlagen bemerkenswerth genug, zumal die eine derselben aus einem außerhalb des Scheitel- feldes gelegenen Gebiet des Ektoderms erfolgt. Ich will hier nur die Möglichkeiten andeuten, welche künftige Studien zu Tage fördern können. Entweder ist die zeitliche Reihenfolge überall dieselbe wie bei Gallidina, dann wird man sich wohl vor die Nothwendig- keit gestellt sehen, die Thatsache, dass die Räderthiere vor der Ent- stehung der Scheitelplatte ein der Subumbrella angehöriges dorsales Nervencentrum besitzen, phylogenetisch zu verwerthen, in welchem Falle den Tastern eine entsprechende Bedeutung beizulegen wäre; oder eine solche Zeitfolge findet nicht allgemein statt, dann könnte man die Taster als eine erworbene, in der Entwicklung früh auftretende und 152 Carl Zelinka, dieselbe beeinflussende Eigenschaft ansehen. Eine dritte Möglichkeit möchte ich noch andeuten. Die Scheitelplatte wird bei Callidina erst durch einen sekundären Process aus dem von den Kränzen um- säumten Felde geschoben und liegt beim entwickelten Thiere außerhalb desselben, das heißt jene Stelle, wo sie entstanden, liegt dann außer- halb desselben. Es wäre nun denkbar, dass auch das dorsale Taster- gebiet ursprünglich dem Scheitelfelde angehörte und einer ähnlichen Lageveränderung seinen jetzigen Platz verdankte. Es lässt sich also jetzt noch nicht entscheiden, in wie weit die für die Räderthiere und Gastrotrichen typischen Charaktere der dorsalen und lateralen Taster nur der Stammform dieser allein oder auch der oben erwähnten gemeinsamen Ahnenform für die angeführten Gruppen angehören, ob also der trochophoraähnliche Ahne der Gastro- trichen und Räderthiere selbst in den Kreis der erwähnten Stammform fällt oder ob er von derselben selbst erst abgeleitet ist. Dass bei der Einbeziehung der Rotatorien in spekulative Betrachtungen auch die Gastrotrichen mit berücksichtigt werden müssen, dürfte bei der nahen Verwandtschaft beider und in Folge des Umstandes, dass die letzteren in manchen Dingen viel ursprünglichere Verhältnisse zeigen, wie ich nachweisen konnte!, nicht weiter zu begründen sein. Ä So viel geht aus den vorliegenden Betrachtungen hervor, dass die Räderthiere bis auf die fehlenden Mesodermstreifen und Urmesoderm- zellen die der Trochophora zukommenden Charaktere zeigen. Durch den Besitz eines postoralen ventralen Ganglions nähern sie sich der Trochophora der Mollusken und stehen auch der Stammform der Nema- toden, Bryozoen, Brachiopoden und Chätognathen sehr nahe. Durch den Besitz eines postabdominalen Abschnittes während der Embryonal- entwicklung und die Ausbildung beweglicher Ruder bei Hexarthra leiten sie zu den Crustaceen hinüber. In der Embryogenie der Räder- thiere ist ferner der Hinweis zu finden, dass sie von der Protrochophora der Plathelminten abzuleiten sind. Nachschrift. Nach Vollendung vorstehender Arbeit erschien das Ill. Heft von Hırscner’s Lehrbuch der Zoologie und die Arbeit von Masıus, » Contri- bution a l’&tude des Rotateurs«, Arch. d. Biol. v. Benepen. Tome X. 1890 (1891). Eine eingehende Benutzung dieser beiden die Räderthiere 1 Die Gastrotrichen. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. p. 369—379, Arb, Zool. Inst. Graz, Bd. III. p. 459—469. 1889, Studien über Räderthiere. III, 153 betreffenden Schriften war demnach unmöglich und ich muss mich be- gnügen, zwei Punkte hervorzuheben. Masıus fand bei Asplanchna helvetica ebensolche Cilien am freien Ende der Wimperflammen, wie RousseLer (vgl. p. 22 meiner Arbeit), und theilt ihnen die gleiche Funk- tion zu wie ich; HaTscHek nimmt für die Trochophora als ursprünglichen Charakter den Besitz von dorsalen und lateralen Tastern, wie sie den Räderthieren zukommen, an, während ich diese Frage offen ließ. Erklärung der Abbildungen. Tafel I. Sämmtliche Figuren beziehen sich auf Callidina russeola und sind in 450- facher Vergrößerung gezeichnet. Fig. 4. Ei von der linken Seite gesehen. Bald nach dem Ausstoßen des Rich- tungskörperchens R. Fig. 2. Ei von der dorsalen Seite gesehen. Das Plasma um das Richtungs- körperchen ist in amöboider Bewegung. Fig, 3. Ei von der rechten Seite gesehen mit beginnender Kerntheilung. I, der animal-vegetative Kern; A, der animale Kern. Fig, 4, Ei von der rechten Seite. Das Richtungskörperchen ist an den oberen Pol verschoben worden und zeigt wie das umgebende Plasma des Eies amöboide Bewegung. Die Plasmastrahlung wandert mit ihren Centren aus einander. Fig. 5. Die Achse der Kernspindel stellt sich senkrecht zur Eiachse, die Pfeile deuten die Verschiebungsrichtung an. .Die dunklere Kerntheilungsfigur bezeichnet die frühere Stellung. Die erste meridionale Furche schneidet etwas schief zur Ei- achse ein kleineres Stück A ab. Fig. 6. Die Drehung der beiden Blastomeren beginnt, die animale Partie A wandert an den unteren, die gemischte Zan den oberen Eipol. Die Eihaut wird da- bei stark angespannt. Das Richtungskörperchen wird der Furche genähert. Fig. 7. Ruhestadium, nachdem die Blastomeren an ihrem Platze angelangt. - Die kleinere A überragt mützenförmig die größere I. Das Ei ist bilateral-symme- _trisch. Fig. 8. Ei vom Rücken gesehen. Die zweite meridionale Theilfurche trennt von /ein kleineres Stück animalen Plasmas ab (IT). Do, Dotterschollen. Fig. 9. Die zweite meridionale Furche tritt auch im Segment A auf, gleich- zeitig wandert /] herab gegen den unteren Pol. Fig. 10. Die Theilung der Zelle A ist vollendet, ihre Theilstücke a, 5b und die > Blastomeren II und /egalisiren sich zur bilateralen Symmetrie. Fig. 44. Das Ei im selben Stadium von der Bauchseite gesehen. Fig. 42. Das Ei im selben Stadium von der rechten Seite. Bezeichnung wie K in Fig. 10. Fig. 13. Bauchansicht. Auftreten der ersten äquatorialen Furche, welche von 3 T ein kleineres Stück III abschneidet, welches genau in der ventralen Medianlinie . des Eies liegt. 154 Garl Zelinka, Fig. 14. Dasselbe Stadium von der rechten Seite. Ruhepause nach vollzogener Verschiebung der animalen Blastomeren a, b, II, durch das Blastomer III. Ver- gleiche Fig. 12. | Fig. 15. Rechte Seitenansicht. Die Äquatorialfurche ergreift das rechts lie- gende Segment I/ und theilt es in II, und Il. Die Segmente a und d sind noch un- getheilt. Fig. 16. Ei vom Rücken gesehen. Asymmetrie der Anordnung der Blastome- ren, hervorgebracht durch die frühere Theilung der Zelle II. Fig. 47. Dasselbe Stadium von der Ventralseite gesehen. Fig. 18. Vonlinks gesehen. Die erste äquatoriale Furche ergreift auch die letzten beiden noch ungetheilten Segmente und zerlegt sie in die Stücke a;, ax und by, bs. Fig. 19. Rechte Seitenansicht. Die Blastomeren beginnen sich symmetrisch einzustellen. Das Richtungskörperchen wird etwas nach dem oberen Pol ge- schoben. Fig. 20. Bauchansicht. Die Egalisirung ist vollendet. Die zarten Linien be- zeichnen die dorsalen Grenzen der Zellen. Bezeichnung wie Fig. 18. Fig, 21. Rechte Seitenansicht. Dasselbe Stadium. Das Richtungskörperchen ist dem oberen Pole noch mehr genähert. Bezeichnung wie Fig. 18. - Tafel II. Sämmtliche Figuren beziehen sich auf Callidina russeola und sind in 450- facher Vergrößerung gezeichnet. Fig. 22. Rechte Seitenansicht. Die Zelle / wird bereits durch die zweite Äqua- torialfurche getheilt. Das abgespaltene Stück IV drängt /I/ gegen den unteren Pol, die Zellen bi, ba, II), Il, aı, a, weichen nach dem oberen Pole aus, Fig. 23. Ventralansicht desselben Stadiums. Fig. 24. Ventralansicht. An der Zelle 7 tritt die dritte Aquatorialfurche auf und trennt das Stück V ab. Fig. 25. Dasselbe Stadium von der linken Seite. Die dorsalen und lateralen Zellen sind der Längsachse des Eies parallel geworden. Das Richtungskörperchen befindet sich nahe dem oberen Pol. Fig. 26. Rechte Seitenansicht. Die zweite und dritte Äquatorialfurche tritt auch an den dorsalen und lateralen Zellen, zunächst an 1},, II, auf. Es resultiren vier Reihen von je vier Zellen, von welchen die ventrale Reihe mit Zelle /am um- fangreichsten ist. Fig. 27. Ventralansicht. Die Zelle / wird durch die Theilung der Zelle III in III, und IIR aus der ventralen Reihe ausgeschlossen. Es entstehen vier Zellreihen mit je vier Zellen und einer großen Zelle (7) am oberen Pol. Beginnendes Gastrula- stadium. Fig. 28. Dorsalansicht desselben Stadiums. Die Zellreihe b ist ganz dorsal ge- lagert, Zellreihen a und II lateral. Die vordersten dieser Zellen sind stark granulirt. Fig. 29. Ansicht von der Bauchseite. Die ventralen Zellen zunächst ZJV und P, werden meridional getheilt in IVe, IVß, Ve, Vß. Fig. 30. Dieselbe Ansicht. Die meridionale Furche hat auch die Zellen I/I, und Ill ergriffen. Die Zelle J giebt durch eine äquatoriale Theilung die Zelle VI ab. Fig. 31. Dorsalansicht. Die meridionale Furche hat alle übrigen oberfläch- lichen Zellen (Ektoderm) getheilt. Die große Zelle / (Entoderm) sinkt in die Tiefe ein. Fig. 32—35 sind durchsichtig gedacht gezeichnet. Fig. 32. Dorsalansicht (gewöhnlicher Vorgang). Die meridionale Furche theilt Studien über Räderthiere. III. 155 eben die Ektodermzellen mit Ausnahme der vordersten drei. Die Entodermzelle ist bis auf das Prostoma vom Ektoderm bedeckt und hat sich getheilt; EL und Es die zwei vorderen, e die hintere Entodermzelle. | Fig. 33. Seitenansicht. Die meridionale Theilung der granulirten vordersten drei Zellen beginnt. Die rechte Seite ist wie immer voraus. Es die vordere rechte, e die hintere Entodermzelle. Fig. 34. Bauchansicht. Die Ektodermzellen werden über die Dorsalseite nach der Bauchseite geschoben, voran die sechs granulirten Zellen Gr. Nach einem Ei gezeichnet, in welchem die Entodermzelle erst in zwei hinter einander liegende Stücke E und e getheilt ist. Fig. 35. Ein ähnliches Stadium; die granulirten Zellen schieben sich zum Theil über einander. Die Entedermzelle ist schon getheilt in die vorderen Zellen E, und Ez und die hintere e. Fig. 36. Schnitt durch ein etwas späteres Stadium. Die Bauchseite liegt rechts, Die granulirten Zellen werden in das Innere gedrückt. Die Zelle e hat sich in eine obere (eo) und eine untere (eu) getheilt. Fig. 37. Gleiche Seitenlage. Das Ektoderm der rechten Seite ist abgelöst gedacht. Die granulirten Zellen sinken in eine Vertiefung ein und werden vom hellen Ektoderm überwachsen. Die vorderen Entodermzellen haben je eine kleine Zelle & abgegeben. Fig. 38. Dieselbe Lage, etwas gedreht. Die granulirten Zellen sind ganz über- wachsen. Fig. 39. Die granulirten Zellen nehmen den vorderen Theil des Embryo ein. Das Ektoderm der Dorsalseite ist über den oberen Pol weit herabgerückt. Die Ver- schlussstelle deutlich, da das ventrale Ektoderm großzellig ist. Fig. 40. Gleiches Stadium von der Bauchseite (Embryo durchsichtig gedacht). P, die Verschlussstelle des Ektoderms; Gr, die granulirten Zellen; Eı, Ea die vor- deren, &, & die mittleren (ventralen), &, e& die hinteren Entodermzellen. Fig. 44. Ein etwas späteresStadiüm, Die granulirten Zellen theilensich lebhaft. Fig. 42. Schnitt durch dasselbe Stadium. Die granulirten Zellen ordnen sich zweischichtig an. Bauchseite linker Hand. P, die Verschlussstelle des Ektoderms, Die übrigen Bezeichnungen gleich Fig. 40. ES ee a ZZ Pa Ze GE EEE = = nn en ns 2 k ER Tafel III. Die Fig. 43—53 sind in 450facher, Fig. 54—57 in 650facher Vergrößerung ge- zeichnet. Sämmtliche von Callidina russeola. Fig. 43. Ventralansicht. Die granulirten Zellen haben sich zu einer zwei- schichtigen Platte von symmetrischer Anordnung der Zellen ausgedehnt. E,, Ey die vorderen, &ı, &9 die mittleren, e0;, e09g die oberen hinteren Entodermzellen. Fig. 44, Dieselbe Ansicht wie Fig. 43. Das Ektoderm der Bauchseite ist bis auf die den Mund (Mad) bildenden Zellen entfernt gedacht. Die granulirten Zellen haben sich koncentrisch zur Mundeinstülpung angeordnet. Die vorderen Entoderm- zellen E,, Ey sind über die mittleren geglitten; die letzteren haben sich in je drei, fast symmetrisch angeordnete, Zellen &, & getheilt. Die hinteren Zellen e01, E03 - sind ungetheilt. | Fig. 45. Dasselbe Stadium der rechten Seite, Auch die oberen Entodermzellen (Ein den früheren Figuren) haben sich getheilt und bilden mit den ehemals mittle- _ ren eine kugelige großzellige Masse, den künftigen Darm D. eu, e0,, die untere k und obere hintere Entodermzelle der rechten Seite, 156 Carl Zelinka, Fig. 46. Gleiche Seitenansicht, Unterlippe und Schwanz werden gebildet U und S; Md, Mund; K, die Erkebung des Ektoderms am Kopfe; Gr, granulirte Zel- len; D, Darmzellen; e,, die Theilungsprodukte der vier hinteren Entodermzellen. Fig. 47. Dasselbe Stadium wie in der vorigen Figur. Bauchseite. K, Ekto- dermerhebung (Kopfplatte); Z, Seitenwülste; Md, Mund; $S, Schwanz; Sp, Spalte, welche Schwanz und Unterlippe (U) trennt. Fig. 48. Von der rechten Seite gesehen. V, vorn. Die übrigen Bezeichnungen ‚wie Fig. 47. Fig. 49. Bauchansicht. V, vorn; K, Kopfplatte; U, Unterlippe; S, Schwanz, Fig. 50. Bauchansicht. Erstes Vorwachsen des Schwanzes S; M, Mund; K, Kopfplatie. Fig. 54. Längsschnitt von dem Stadium Fig. 50. E, Entoderm; Gr, granulirte Zellen; K, Kopfplatte; M, Mund; S, Schwanz; U, Unterlippe. Fig. 52. Der Kopftheil wächst stärker und drängt den Schwanz nach hinten. G, Genitalanlage; Ph, Pharynxanlage. Fig. 53. Linke Seitenansicht. Zweites Vorwachsen des Schwanzes $S. K, Kopf- platte, R, Rückenseite, Fig. 54—57 gleiche Lage wie Fig. 53. Fig. 54. Bildung der ersten Gehirnknospe C,. D, Darm; Ef, Entoderm des Fußes; G, Genitalanlage; K, Kopfplatte; Kl, Klebdrüsenanlage; P, seitliche Spei- cheldrüse; Ph, Pharynx; S, Schwanz; Sp, dorsale Speicheldrüse. Fig. 55. Bildung der zweiten Gehirnknospe Ca. K, stark lichtbrechende Kerne; R, Rand der Kopfplatte ; U, Unterlippe, Die übrigen Bezeichnungen wie Fig, 54. Fig. 56. Streckung des Embryo. De, Deckelspalte. Die übrigen Bezeichnun- gen wie Fig. 54. Fig. 57. Anlage des Afters A. Ki, Kiefer; Rü, Kopfhügel (Rüssel). Die übrigen Bezeichnungen wie Fig, 54. Fig. 58. Kiefer von Callidina russeola. L, Leisten; F, Flügelfortsatz. 1600:4, Tafel IV. Sämmtliche Figuren sind in 650facher Vergrößerung gezeichnet und beziehen sich auf Callidina russeola. Fig. 59. Rechte Seitenansicht. G, Genitalanlage; D, Darm ; Ph, Pharynx;; R, Rä- derorganlappen; Rü, Rüsselanlage ; S, Schwanz. Fig. 60. Drei Viertel Bauchansicht, Ez, Ektodermzelle am Ende des Guticu- larstreifens Cu; M. Mund; Rü, Rüssel; S, Schwanz; W, Mundwülste. Fig. 64. Bauchansicht. A, After, Ro, Fläche des Räderorgans; Zi, Ektoderm- zipfel desselben. Die übrigen Bezeichnungen wie Fig. 60. Fig. 62. Rechte Seitenansicht. A, After; D, Mitteldarm; C, Gehirn; Cu, CGuti- cularstreifen; Ef, Entoderm des Schwanzes ; Ez, Ektodermzellen; G, Genitalanlagen; K, Kiefer; Kl, Klebdrüse; Ph, Pharynx; Mu, Räderorganmuskel; Rü, Rüssel; Ri, Fläche des Räderorgans; S, Schwanz; Sp, Speicheldrüse; y, körnige Zellen der Rüsselbasis; W, Wülste des Mundrandes; Zi, Zipfel des Räderorgans. Fig. 63. Bauchansicht. A hinterer, v» vorderer Kontour der Mundhöhle; Mr, Mundrand; x, helle große Kerne im Rüssel. Die übrige Bezeichnung wie Fig. 62. W, die vorgebauchten Theile der Mundwülste, Fig. 64. Rechte Seitenansicht. M, Unterlippe. Die übrige Bezeichnung wie Fig. 62. Die Genitalanlage erhält eine Umhüllung. Fig. 65. Auswachsen des Schwanzes S. Cu, Cuticularstreifen; D, Mitteldarm; Studien über Räderthiere. III. 157 Ef, Hinterdarm ; Rü, Rüsselendfläche; Ro, Räderorgan; x, helle Kerne im Rüssel; Z, Zangen des en inzes; Zi, Zipfel des Räderorgans; W, die a Wülste. ’ Fig. 66. Rechte Seitenansicht. Ki, Kiefer; G@, Genitalorgan; Sp, Speicheldruse M, Mundhöhle; Schl, Schlundröhre; %, die gekörnten Zellen an der Rüsselbasis. Die übrigen Bezeichnungen wie Fig, 65. Fig. 67. Vorderende. Cı, erster Gehirnantheil; Co, zweiter Gehirnantheil; T Tastergebiet; U, Unterlippe. Die übrigen Bezeichnungen wie Fig. 65. Fig. 68. Optischer Längsschnitt. A, After; Cı, Co, Gehirn; D, Mitteldarm ; Bl, Hinterdarm; G, Genitalorgan; K, Kiefer; Kl, Klebdrüse; Rü, Rüssel; M, Mund, S, Schwanz; Schl, Schlundröhre; Sp, Speicheldrüse; 7, Taster; U, Unterlippe; &, helle Kerne; y, gekörnte Zellen. Fig. 69. Rüssel von der Seite. M, Schutzmembran; &, y, wie Fig. 68; I, II, die beiden Scheinglieder. Fig, 70. Bildung des Tasters T, Fig. 74. D, Mitteldarm; G, Genitalorgan; M, Schutzmembran; Mu, Mund; Ki, Klebdrüse;; R, Rectum; Ro, Räderorgan ausgestreckt; 7, Taster; W, Wimper- polsteranlage; I, II, Tastersegmente. Fig. 72. Thier kontrahirt. D, Mitteldarm; G, Genitalorgan; M, Mundhöhle; m, Muskeln des Schlundrehres; Ro, Räderorgan; Sp, Speicheldrüse; Sub, suböso- phageales Ganglion; S, Schwanz. Tafel V. Fig. 73—407 Melicerta ringens ©. Fig. 73—A04 300fache, Fig. 105—107 370- fache Vergrößerung, Fig. 73. Eben gelegtes Ei. Rechte Seitenansicht. Fig. 74. Kernmetamorphose. Rechte Seitenansicht. Fig. 75. Zerfall des Kernes in drei Theile. Rechte Seitenansicht. Fig, 76. Ausstoßung des Richtungskörperchens R. Rechte Seitenansicht. Fig, 77. Frste (meridionale) Furche. I, animales vegetatives Segment; A, ani- males Segment. Rechte Seitenansicht. Fig. 78. Auftreten der zweiten meridionalen Furche. Dorsalansicht. Fig. 79. Ihat das Stück /I abgegeben, A ist ina und 5 getheilt worden und s haben annähernd symmetrisch eingestellt. Ventralansicht, N Fig. 80. Stadium der Fig. 78 von der Bauchseite. Fig. 81. Die erste äquatoriale Furche schneidet von / das Stück Ill ab. Fig. 82. Die erste Äquatorialfurche ergreift auch die Segmente a, b und II (a, ag, bı, ba, Ih, Ih). Fig, 83. Dasselbe Stadium egalisirt von der Bauchseite. Fig. 84. Dasselbe Stadium in einer schiefen Seitenansicht. Fig. 85. Die Zelle /giebt durch eine neuerliche Äquatorialtheilung die Zelle | 4 IV ab, welche die Zelle II/ nach unten schiebt. Letztere theilt sich ebenfalls durch eine äquatoriale Furche. Rechte Seitenansicht. f Fig. 86, Zelle I erleidet abermals eine äquatoriale Theilung (V), dessgleichen beginnt die. zweite Äquatorialfurche an den kleinen Zellen aufzutreten. Rechte - Seitenansicht. Fig. 87. Linke Seitenansicht, Vier Reihen von je vier Zellen. Die Entoderm- - zelle I axial. Fig. 88. Dorsalansicht. Die ventrale Zelle /II, ist bereits am Rücken angelangt, 158 ‚Carl Zelinka, Fig. 89. Rechte Seitenansicht. II/R theilt sich äquatorial. Die Abkömmlinge der Zellen a, b, II erleiden meridionale Theilungen. Fig. 90. Bauchansicht. Zelle V/ theilt sich äquatorial. Fig. 99—97 von der linken Seite gesehen. D, Rücken, V, Bauchseite. Fig. 94. I, Entodermzelle. Gastrulastadium. Fig. 92. Bl, Blastoporus. Das Überwachsen der Randzellen des Blastoporus beginnt. Fig. 93. Gr, eine überwachsene Randzelle. Fig. 94. Die Überwachsung der Zellen Gr ist vollendet. Fig. 95. Gr entspricht den granulirten Zellen bei Callidina. Die Entoderm- zelle theilt sich in /’ und !". 7’ in Theilung. Fig. 96. Entodermzelle /’’ abermals in Theilung. Die Zellen Gr vermehrensich. Fig. 97. Die vier Entodermzellen stellen sich zu je zwei und zwei, jedoch etwas schief hinter einander. Die Pfeile bedeuten die Richtung der dabei ausgeführten Bewegung. Fig. 98. Embryo von der Bauchseite. E, die vier Entodermzellen. Fig. 99. M, Mund; S, Schwanz. Fig. 4100. Gr, die überwachsenen (granulirten) Zellen; A, After; Kl, Kleb- drüsenanlage; K, Kopfplatte; M, Mund; S, Schwanz. Fig. 404. Linke Seitenansicht. A, After; M, Mund; Oc, Augen; Ph, Pharynx, K, Kopfplatte; S, Schwanz; Wi, Wimpergrube ; Wk, präoraler Wimperkranz. Fig. 402. Ventralansicht. Bezeichnung wie Fig. 401. Fig. 403. Dorsalansicht. D, Mitteldarm;; Dr, Speicheldrüsen; Ex, Exkret; G, Gehirn; Oc, Augenflecke; Ph, Pharynx; Rü, rüsselartige Erhebung; Wk, prä- oraler Wimperkranz. Fig. 404. Linke Seitenansicht. M, Mund; Kl, Klebdrüse; S, Schwanz. Die übrigen Buchstaben wie Fig. 103. Fig. 105, 406, 407. Embryo vor dem Ausschlüpfen. Fig. 405. Ventralansicht. Ex;, Exkretkörper in der Win pereruhe Exs, Ex- kret des Schwanzes; D, Mitteldarm ; Dr, Speicheldrüse; Ge, Genitalorgan ; Kd, Kitt- drüse des Wimpergrübchens; Kl, Klebdrüse; Ph, Pharynx; Mu, Muskeln; Ro, Räder- organ; Wi, Wimpergrube. Fig. 106. Linke Seitenansicht. A, After; Exs, Exkret des Enddarmes; G, Ge- hirn; Bd, Hinterdarm; Ed, Enddarm; Oc, Auge; Mu, vordere, Muz hintere Muskeln; S, Schwanz. Die übrigen Buchstaben wie Fig. 105. Fig. 107. Dorsalansicht. Bezeichnung wie in der vorigen Figur. Fig. 108. Vorderende von Callidina russeola. Dorsalansicht. 4—8, Quer- muskel; D, Mitteldarm; DP, dorsales Pankreas; DSp, dorsale Speicheldrüse; C, Ge- hirn; N, Nervenursprung; Gz, Ganglienzelle zwischen Muskel und Taster ; 1G, late- rales, mG, medianes Rüsselganglion; 1Sp, laterale Speicheldrüse; n, oberer, na, unterer Rüsselnerv, Rü, Rüssel; RM, Schutzmembran; R,, großer Längshautmus- kel; Ra, kleiner Längshautmuskel; Rm, Räderorgan- und Rüsselmuskel; T, Taster; Tg, Tasterganglion; Tz, Tastersinneszellen; Tn, Tasternerv; OW oberer, UW un- terer Wimperkranz ; uf, Nervenfaser vom Taster zum Schlund ; vf, Nervenfaser vom Taster zum Rüssel; Zi, Räderorganzipfel. Fig. 409. Hinterende, Dorsalansicht. 9—12, Quermuskel; A, After, D, Mittel- darm; Hd, Hinterdarm ; Ge, Genitalorgan;; Od, Oviduct; Ex, Exkretionsorgan; Kl, Klebdrüse; R,, dorsaler Längshautmuskel. Studien über Räderthiere. Il. 159 Tafel VI. Fig. 440. Lejeunia cuneatalL. u.L. 40:4, Fig, A444. Lejeunia lanceolata G. Blatt mit Tönnchen. 250:4. Fig. 442, Lejeunia lanceolata G. 250:4. Fig. 443. Jungermannia Mülleri. Fig. 144, Callidina russeola, Vorderende bis zum Mund. Ventralseite. 2—9, Quermuskeln; B}, fünftheiliger Hautmuskel, Ba, zweitheiliger Hautmuskel; Ex, Ex- kretionsorgan; Md, Magendarm; 1Sp, laterale Speicheldrüse; NI, Nervus lateralis; nv, Nervus ventralis; Oes, Ösophagus; Rph, Retraktor des Pharynx; Schl, Schlund- rohr; Sub, subösophageales Ganglion ; vm, ventraler Leibeshöhlenmuskel zur Haut; vP, ventrales Pankreas; vR, ventraler Räderorganmuskel; vSp, ventrale Speichel- drüse; Wi, Wimperpolster des Mundes; Zi, Zipfel des Räderorgans. Fig. 445. Hinterende von Callidina russeola. Ventralseite.. 70—14, Quermus- keln; Ar, 2r, är, die drei Reihen der Klebdrüsenzellen; /, II, die beiden ersten Schwanzglieder ; am, Kloakenmuskel; Ba, der zweitheilige Hautlängsmuskel; B3, der breite Hautlängsmuskel; Cl, Kloake; dh, dorsaler Muskel zum Hinterdarm; Fm,, Fms, Fma, die drei ventralen Schwanzmuskeln; E, Endglied; Kg, Klebdrüsengänge ; Md, Magendarm ; Rm, Ringmuskel (zweiter Sphincter) ; Sph, erster Darmsphincter; n, unpaares Stück des Klebdrüsenapparates; v, Mündung der vereinigten Exkre- tionsröhren in die Kloake; Z, Zange mit Klebdrüsengängen. Fig. 446. Lejeunia lanceolata G, 40:4. Die Tönnchen stehen zerstreut, Fig. 447. Lejeunia adpressa Nees (?). 40:4. Die Unterlappen nur an wenigen Stellen umgeschlagen. Fig. 148, Lejeunia pellucida M. 40:4. Fig. 149. Lejeunia adpressa bei 440facher Vergrößerung. Fig. 420. Lejeunia elliptica L. u. L. 40:4. Die Umbiegung der Unterlappen ist verschieden stark. Fig. 424—423 Querschnitte aus einer Serie von Callidina russeola. Fig. 124. Schnitt durch das Gehirn G. Gp, Fasersubstanz; Ex, Exkretions- ; system; Mr, Muskelrohr des Schlundes;, Schr, Schlundrohrzellen. Fig. 122. Schnitt an der Austrittsstelle des Ösophagus Oe. D, Magendarm; { | Ex, Exkretionsröhre; H, Haut, gefaltet; M, Kaumuskeln; 1Sp, laterale, vSp, ven- trale Speicheldrüse,; Qm, Quermuskel. Fig, 123. Schnitt durch das subösophageale Ganglion. D, Mitteldarm; L, 4 Längsmuskel; Sub, subösophageales Ganglion; Ex, Exkretionsröhre ; Oe, Ösopha- I gus; vSp, ventrale Speicheldrüse, Fig. 124. Kiefer von Callidina Mülleri n. sp. Fig. 4125. Lejeunia flava Sw. 40:4, Fig. A26. Flimmerlappen von Callidina russeola, lebend. Fig. 427, Nervus lateralis und ventralis von Callidina symbiotica, Fig, 428, 129. Flimmerlappen nach Einwirkung von Essigsäure. Fig. 130. Anlage der Quermuskeln bei Callidina russeola n., sp. Fig. 134. Kiefer von Callidina Lejeuniae n. sp. Fig. 432, Kiefer von Callidina Holzingeri n. sp. Entwicklungsmechanische Studien. i. Der Werth der beiden ersten Furchungszellen in der Echinodermen- entwicklung. Experimentelle Erzeugung von Theil- und Doppelbildungen. II. Über die Beziehungen des Lichtes zur ersten Etappe der thierischen Formbildung. Von Dr. Hans Driesch. Mit Tafel VII und 2 Figuren im Text. Einleitung. Der Name »Entwicklungsmechanische Studien« ist für die mit den vorliegenden zwei Beiträgen begonnene Serie von Unter- suchungen vorwiegend desswegen von mir gewählt worden, um die Verwandtschaft meiner Bestrebungen mit denjenigen Wıruerm Roux’s hervorzuheben. Bei der Zersplitterung und dem meist zufälligen, ich möchte sagen, unbewussten Charakter, den »entwicklungsmechanische« Arbeiten mit fast alleiniger Ausnahme derjenigen Roux’s zu tragen pfle- gen, schien mir diese Betonung bewusster Solidarität am Platze. Ich hätte diese Serie auch »Beiträge zur physiologischen Morphologie« nennen können, um auf Berührungspunkte mit kürzlich publicirten Untersuchungen J. Lors’s hinzuweisen. Dass der Name »Entwicklungsmechanisch« für Alles bisher unter diesem Namen Ausgegebene, und auch für die vorliegenden Beiträge cum grano salis zu verstehen ist, weiß ich wohl. Es sind die so zu- sammengefassten Erzeugnisse ja scheinbar ganz heterogene Dinge! und auch die einzelnen Nummern der hier begonnenen Serie werden unter einander direkt in sehr losem oder auch in keinem Zusammen- hange stehen. Sie haben aber alle das Gemeinsame des Hinarbeitens auf eine exakte Auffassung der Morphologie; mag dieses i Vergleiche die vorzüglichen Zusammenstellungen hierher gehöriger Arbei- ten, die Roux in den letzten Jahrgängen des Anatomischen Jahresberichtes brachte. Entwicklungsmechanische Studien. 161 einst erhoffte Resultat sich auch derart gestalten, dass es über die bis jetzt gekannten physikalischen (mechanischen) Erscheinungen hinaus- leitet, wir erwarten, es werde sich doch wohl der mechanistischen Auf- fassung der Erscheinungswelt im Ganzen unterordnen lassen (unmeta- physischer Vitalismus). Desshalb heißt uns das Ziel »Entwicklungs- mechanik« und Alles, was auf dasselbe zustrebt, mag ebenfalls diese Zukunftsbezeichnung tragen. Durch Hinweis auf meine Schrift: »Die mathematisch-mechanische Betrachtung morphologischer Probleme der Biologie« (4) und auf die dort angeführte Litteratur glaube ich weiterer allgemeiner Ausführun- gen überhoben zu sein; genannte Schrift mag gleichsam als allgemeine Einleitung für alles Folgende dienen. I. Der Werth der beiden ersten Furchungszellen in der Echinodermen- entwicklung. Experimentelle Erzeugung von Theil- und Doppelbildungen. »Wenn wir die Anlage eines Theiles in einer bestimmten Periode entstehen lassen, so ist dies genauer zu präcisiren: Das Material zur Anlage ist schon in der ebenen Keimscheibe vorhanden, aber morpho- logisch nicht abgegliedert, und somit als solches nicht ohne Weiteres erkennbar. Auf dem Wege rückläufiger Verfolgung werden wir dahin kommen, auch in der Periode unvollkommener oder mangelnder mor- phologischer Gliederung den Ort jeder Anlage räumlich zu bestimmen, ja wenn wir konsequent sein wollen, haben wir diese Bestimmung auch auf das eben befruchtete und selbst auf das unbefruchtete Ei _ auszudehnen. Das Princip, wonach die Keimscheibe die Organanlagen in flacher Ausbreitung vorgebildet enthält und umgekehrt, ein jeder Keimscheibenpunkt in einem späteren Organ sich wieder findet, nenne "ieh das Prineip der organbildenden Keimbezirke.« { Mit diesen Worten hat Hıs (10) das von ihm so benannte Prineip “dargelegt. An diesen Gedankengang anknüpfend hat dann Roux (18) den Unterschied zwischen Evolution oder der Metamorphose von _ Mannigfaltigkeit und Epigenesis oder der Neubildung von Mannig- faltigkeit in scharfsinniger Weise diskutirt und die sich darbietende Frage für das Froschei in seiner allbekannten Untersuchung über die halben Embryonen« (20), von der uns hier nur der erste Theil in- teressirt, im Sinne der Evolution entschieden. Ä Eine nicht sehr allgemein bekannt gewordene Arbeit von CuABRY (8) ist die einzige weitere mir bekannt gewordene Untersuchung dieser Art. Cuasry hat mit einem zu diesem Zwecke konstruirten, ganz raffi- Dirten Apparat einzelne Furchungszellen getödtet, unter Anderem auch Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd, aA 162 Hans Driesch, eine der beiden ersten, was uns hier angeht. Trotz mancher werth- vollen »entwicklungsmechanischen« Beobachtungen, von denen z. Th. nachher die Rede sein wird, hat Cuasry doch wesentlich die Ermitte- lung deskriptiv-morphologischer Verhältnisse im Auge, das Experiment ist ihm vor Allem Mittel zu diesem Zweck. So erklärt es sich auch wohl, dass der französische Forscher nirgends auf das fundamentale Ergebnis seiner Versuche besonders hinweist: dass nämlich aus der nicht operirten Furchungszelle sich nicht ein halber, rechter oder linker Embryo, sondern stets ein ganzer von halber Größe entwickelte, dem allerdings gewisse Organe von minderer Bedeutung (Otolith, ein Haftorgan) fehlten. Seine speciellen Ausführungen und Bilder machen dies sicher: das Resultat ist also demjenigen Roux’s im Wesentlichen entgegengesetzt. Ich bemerke hier, dass ich die Arbeit Cuasry’s erst nach Abschluss meiner Versuche kennen lernte. Was letztere angeht, so lag es mir daran, an einem resistenten, leicht zu beschaffenden und gut beobachtbaren Material Roux’s Versuche mit veränderter Methode zu wiederholen; alle drei Bedingungen er- füllen in höchstem Maße die Echiniden, die ja schon so vielen Forschungen als Grundlage dienten. Ich experimentirte mit Echinus microtuberculatus. Dem k.k. österreichischen Ministerium für Unterricht sowie Herrn Professor Dr. Craus sage ich für die gütige Überlassung eines Arbeitsplatzes in der Zoologischen Station zu Triest, Herrn Inspektor Dr. GrArFFE für seine liebenswürdige Förderung mei- ner Arbeiten daselbst meinen aufrichtigen Dank. Die Untersuchungen wurden im März und April 1891 ausgeführt. Obwohl mich dieselben. auf eine große Zahl weiterer, mit dem Behan- delten in engstem CGonnex stehenden Probleme geführt haben, deren Lösung das zunächst entschiedene einst wesentlich vertiefen wird, lege ' ich doch schon jetzt meine Ergebnisse den Fachgenossen vor, da sie das, was zunächst Kardinalpunkt ist, den Werth der zwei ersten Furchungszellen, für mein Objekt mit Sicher- | heit entschieden haben; in so fern sind sie etwas Abgeschlossenes, gleichsam ein erster Haltepunkt. | Material und Methode. Die erste Woche meines Aufenthaltes in Triest war in so fern ver- loren, als ich fast ausschließlich unbrauchbares Material erhielt. So- wohl die von den Chiosoten gebrachten als auch die vom Fischer der Station erbeuteten Seeigel zeigten die von O. Hrrrwıc beschriebenen und von ihm am selben Ort und zu derselben Jahreszeit beobachteten | Entwicklungsmechanische Studien. 163 Erscheinungen der »Überreife«: prall gefüllte Eierstöcke, einen oder zwei gegenüber liegende Hügelchen an fast allen Eiern, Eindringen mehrerer Spermatozoen, »Knospenfurchung« oder wenigstens simul- taner Zerfall in vier Zellen bei weitaus den meisten. Mit diesem Ma- ‚terial war natürlich gar nichts anzufangen; zum Glück wurde es Ende März besser und blieb so mit verschwindenden Ausnahmen. Ob die Herrwic’sche Erklärung der »Überreife« richtig ist, wage ich nicht zu entscheiden. Wie sich vorliegende Arbeit im Inhalte an die erwähnten Ver- suche von Roux anschließt, so entlehnt sie die Methode den ausge- zeichneten Zellenexperimenten der Gebrüder Herrwıc (8). Genannte Forscher haben durch Schütteln von unbefruchteten Eiern Stücke ab- gesprengt und diese dann mit Erfolg gezüchtet, Bovzrı.(2) hat sich, wie bekannt, derselben Methode zur Hervorbringung seiner »geschlecht- lich erzeugten Organismen ohne mütterliche Eigenschaften« bedient, wenn er auch äußerer Umstände halber von einer ganz exakten Durch- führung des Verfahrens Abstand nehmen musste, Zeigten diese Versuche — die beiläufig bemerkt die Hıs’sche An- schauung zunächst für das unbefruchtete Ei widerlegen! — dass das Echinidenei jedenfalls von einer nicht unerheblichen Resistenz ist, dass, worauf es zunächst nur ankam, Zertrümmerung nicht nothwen- dig den Tod nach sich zieht, so lag es nahe zur Entscheidung der Roux’schen Frage an unseren Thieren ebenfalls die mechanische Me- thode des Schüttelns zu benutzen, um eventuell das schon freiwillig getrennte, wenn auch von gemeinsamer Hülle umschlosserne Ei (die zwei ersten Furchungszellen) völlig zu isoliren. Ich ging also mit der Absicht nach Triest, durch Schütteln auf dem Zweizellenstadium eine der beiden ersten Furchungszellen der Echi- niden getrennt zu erhalten, um zu sehen, was aus ihr — ihre Lebens- fähigkeit vorausgesetzt — werden würde. Bei einer Temperatur von im Mittel etwa 15° C. trat die Zwei- theilung der Echinuseier 1'!/, bis 2 Stunden nach der künstlichen Be- fruchtung ein. Gutes Material, und nur solches wurde verwendet, bot nur ganz vereinzelt eine simultane Viertheilung dar, nach For und Herrwıc die jedesmalige Folge von Bispermie. Wenn genannte Entdeckung von For und Herrwıc richtig ist, und 1 Wenn ich im Folgenden auf Grund meiner Versuchsresultate gewissen speciellen Ansichten von Hıs und Roux entgegentreten muss, so wird das Allge- meine, was ich in meiner oben citirten Arbeit über die Ansichten dieser Forscher gesagt habe, dadurch natürlich nicht im mindesten berührt. Dies um Missverständnissen vorzubeugen, 44% 164 Hans Driesch, daran zu zweifeln liegt kein Grund vor, so ist sie für unseren Zweck in so fern von Bedeutung, als sodann normale Zweitheilung auf das Eindringen nur eines Spermatozoon mit Sicherheit schließen lassen würde. Indem ich also Zweizellenstadien ver- wandte, habe ich zugleich monosperm befruchtetes Material verwandt; für spätere Betrachtungen wird dies wichtig sein. Was das Schütteln selbst nun anlangt, so wurde es in Gläschen von 4 em Länge und ca. 0,6 em Durchmesser vorgenommen. 50—100 Eier wurden in wenig Wasser gesetzt. Man muss, um Erfolg zu haben, sehr stark schütteln, etwa fünf oder mehr Minuten lang mit aller Kraft; auch dann erhält man günstigsten Falls etwa zehn isolirte Furchungszellen, etwa eben so viel Eier, deren Membran zwar noch intakt, deren beide Zellen aber innerhalb der Membran mehr oder weniger weit von einander getrennt sind. Nimmt man das Schütteln vor, sobald die Zweitheilung eben voll- endet scheint, so wird diese wiederum so zu sagen rückgängig gemacht, die Furche verschwindet und man hat einen wurstförmigen Körper, dessen beide Kerne wiederum Verbindungen zeigen. Alles Cytologische habe ich dieses Mal absichtlich außer Acht gelassen, diese Verhältnisse lohnten aber wohl der Untersuchung; ich erinnere an ähnliche Befunde der Gebrüder Herrwıc bei Einwirkung von Giften. An solchen wieder zusammengeflossenen Eiern tritt übrigens die Furche nach kurzer Zeit wieder auf; sie entwickeln sich normal. Schüttelt man umgekehrt zu spät, so tritt häufig die Viertheilung verfrüht, während des Schüttelns, ein; es gilt also den richtigen Moment abzupassen. Bezüglich der Resistenz herrscht große individuelle Schwankung. Die Eier mancher Weibchen zerfallen nach dem ersten starken Schütteln, andere verlangen drei- ja fünfmalige Behandlung. Besser sind die ersteren; dies führt uns auf die durch das Schütteln hervorgerufene Schädigung. Etwa die Hälfte der Furchungszellen sind eben nicht nur isolirt, sondern auch todt, immerhin habe ich etwa 50 entwicklungsfähige erhalten. Es wird dies noch günstig erscheinen, wenn man die Stärke der mechanischen Einwirkung bedenkt, sowie ferner in Betracht zieht, dass isolirte Furchungszellen natürlich min- destens auf einer Seite mit dem Wasser direkt in Berührung sind, eine ganz anormale Bedingung. Die Isolirung ist ja durch Platzen der Membran erst möglich geworden. Über die Behandlung der isolirten Zellen noch Folgendes. Den Inhalt des Schüttelglases muss man möglichst schnell in frisches See- wasser gießen, da sich das Wasser natürlich stark erwärmt und ver- dunstet. Mit Hilfe einer Lupe und einer feinen Pipette wurden dann ua hun. Lu Sen ge na a Ra Ei Entwieklungsmechanische Studien. 165 aus dem geschüttelten Material isolirte Zellen oder stark gezerrte Zwei- stadien herausgenommen und zu je zwei bis drei in die bekannten quadratischen Glassalzfässchen gethan; darauf ein Deckel und an ihm ein hängender Süßwassertropfen, um zu starker Koncentration durch Verdunstung vorzubeugen. Nachdem eingerichtet, wurde jeder Be- hälter sorgfältigst mit Lupe und Mikroskop durchsucht, um zu sehen, ob nicht etwa die Pipette auch noch andere Stücke als die gewünschten hineingebracht; dann erhielt jedes Gläschen sein Protokoll. Während der Furchung wurden die Präparate so oft als möglich mikroskopisch betrachtet, während der späteren Entwicklung meist Morgens und Abends je einmal. Es stand zu erwarten, dass das kleine Quantum Wasser, sowie die durch den Zerfall der während des Versuchs absterbenden Stücke her- beigebrachten Bakterien, deren es namentlich am Schluss meines Aufenthalts nicht wenige gab, nicht gerade besonders förderlich wirken würden. Immerhin habe ich mehr Glück gehabt als ich dachte; die gleichzeitig ausgeführten Lichtversuche (Theil II), beideneniich Tausende von Larven aller Stadien zu Gesicht bekam, zeigten mir ferner, dass etwaige Abnormitäten (namentlich Verzögerungen) nicht auf Rechnung des Schüttelns, sondern wohl auf Rechnung der geringen Wasser- menge etc. zu setzen seien. Jedenfalls bietet meine Methode Gewähr dafür, dass man auch wirklich Tag für Tag dieselben Stücke untersucht, Bovert ist dies bei seinen so wichtigen Versuchen leider nicht gelungen. Doch hiermit habe ich einige meiner Resultate schon vorweg- genommen. Ich wende mich nunmehr zur systematischen Darstellung - meiner Ergebnisse und beginne mit der Furchung. Ein Paar Worte über das normale Verhalten, wie es durch die yortrefflichen Untersuchungen SeLenka’s (21) bekannt geworden ist. Auf zwei meridionale Furchen folgt eine äquatoriale, der Keim besteht nun aus acht Zellen gleicher Größe. Vier derselben schnüren * dann nach einem Pol zu vier kleinere Zellen ab, während dessen zer- - fallen die anderen annähernd meridional (Fig. 1), der Keim besteht aus - 16 Zellen und zeigt eine ausgesprochene Polarität, den einen Pol nehmen _ eben die vier kleinen leicht kenntlichen Zellen ein. Weitere Thei- - lungen führen zu Stadien mit 28, 32, 60, 108 Zellen (SeLenkA), vier - kleine Zellen, von denen des 16-Stadiums abgeschnürt, markiren noch "lange den animalen Pol deutlich. An der Blastula habe ich keine Unter- - schiede der Zellen mit Sicherheit zu konstatiren vermocht. Auf einem BE ni: 166 Hans Driesch, späten Entwicklungsstadium, ehe die epitheliale Abplattung (durch engen Anschluss der Zellen) zur eigentlichen Blastula geführt hat, be- steht also der Echinidenkeim, namentlich in der Hälfte des kleinzelligen Poles, aus koncentrischen Zellringen. Wie furchen sich nun, ihre Lebensfähigkeit vorausgesetzt, durch Schütteln iselirte Furchungszellen des ersten Theilstadiums? Ich schildere zunächst das in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle beobachtete Verhalten. Eine völlige, kugelige Abrundung der isolirten Zelle, wie Cuagry sie für Ascidien nach Anstechen der anderen Hälfte angiebt, habe ich nie beobachtet. Wohl rundet sich die normaler- weise ebene Fläche derselben ab, aber ihr Krümmungsradius bleibt stets erheblich größer als der der ursprünglich freien Halbkugelfläche. Die Zelle zerfällt nun in zwei und dann, senkrecht dazu, in vier Theile (Fig. 2). Normale Kontrollexemplare gleicher Befruchtung zeigen zu dieser Zeit die genannten acht gleichen Zellen, jede von gleicher Größe wie die vier unseres Objektes. Cuaury giebt an, dass bei der Viertheilung seiner Furchungszelle die vier Theile an einander vorbeigleiten, bis das Ganze die Form seiner Fig. 125 hat, also eine Kugel bildet. Dieses Verhalten, welches beim normalen Vierstadium der Ascidien, ferner z. B. nach O. Herrwıc bei Sagitta und sonst häufig vorkommt, wie ein Blick in die onto- genetische Litteratur (d. h. auf die Figuren, erwähnt wird es meist nicht) zeigt, fehlt der Viertheilung der Echinidenfurchungszelle, wie auch dem normalen Vierstadium dieser Thiere. Dagegen ergiebt genaues Zusehen leicht die Existenz eines kleinen, die Achse des Ganzen durchziehenden, auch von SeLenkA gezeichneten Kanals, der es verhindert, dass vier Flächen in einer Kante zusammen- treffen. — Das so oft schematisch gezeichnete Vierzellenstadium mit zwei sich in zwei Punkten schneidenden Meridianen kann man wohl getrost aus der Reihe des Existirenden streichen; vgl. hierzu die ge- nauen Furchungsstudien von Cuasry und Rauser (17). Das Prineip der kleinsten Flächen, dessen nothwendiger Ausdruck (PrAt£Au, LAMARLE) es ist, dass stets drei Flächen in einer Kante, vier Kanten in einem Punkt zusammenstoßen, scheint gerade in der Ontogenie der Thiere besonders deutlich zu Tage zu treten, wie ich schon anderen Orts be- tonte (k). Auch Cnasrv weist auf die Ähnlichkeit der äußeren Furchungs- erscheinungen mit Seifenschaumgeweben hin. Hier wirkt ja eben in der Oberflächenspannung genanntes Prineip. Ob diese oder was sonst zur Erklärung genannter Erscheinungen der Furchung heranzuziehen ist, darüber will ich mich hier nicht verbreiten, zumal ich bald Gelegen- Entwicklungsmechanische Studien. 167 ; heit haben werde, an anderem Ort auf diese etwas heikle Frage näher einzugehen. Bei den Echiniden findet also normalerweise ein »Gleiten« der Zellen weder auf dem Vierzellenstadium noch auf dem Halbachtstadium, dem Vierstadium meiner Furchungszellen, statt. Das ist wichtig, in so fern es die Deutung des Folgenden wesentlich erleichtert. Etwa 5!/, Stunde nach Vornahme der Befruchtung sind die un- versehrten Keime in der oben beschriebenen Weise in 16, die isolirten Furchungszellen aber in acht Theile zerfallen. Hier beginnt das eigentliche Interesse des Versuchs, indem nämlich im Sinne absoluter Selbstdifferenzirung letzterwähnte Theilung eine typische Hälfte des 16-Stadiums, wie es oben (Fig. 1) dargestellt ist, in Erscheinung treten lässt (Fig. 3 und 4); eine richtige Hälfte der Serenka’schen Abbildung, Ich schildere nun den Verlauf des normalen Verhaltens meiner Furchungszellen gleich weiter, auf Abweichungen (!/, der Fälle) komme ich nachher zu sprechen. Genau verfolgt habe ich noch die Bildung eines Halbkeimes von 16 Zellen, also eines typischen Halb-32-Stadiums; jeder der normalen koncentrischen Zellenringe ist vorhanden, aber jeder besteht aus der halben Zellenanzahl. Das Ganze besitzt jetzt schon das Aussehen einer _ offenen Halbkugel mit polar-differenzirter Öffnung. Weiter die einzelnen Theilungen zu verfolgen, war mir bei der — Unzulässigkeit stärkerer Vergrößerungen als Zeiss Apochr. 16mm Oe. 12 - (ich wollte es nicht riskiren, die doch nicht eben im Übermaß zu er- - haltenden Versuchsobjekte herauszupipettiren) nicht möglich, ist auch für den zunächst wesentlichen Zweck ohne Bedeutung. An der Mehrzahl der hier als normal geschilderten Fälle bot der - Halbkeim am Abend des Befruchtungstages das Bild einer vielzelligen typischen offenen Halbkugel dar, wenn auch oft schon die Mündung - etwas verengt erschien (Fig. 5). Als besonders charakteristisch erwähne R- ich hier einen Fall, der mir das Roux-Cnuasry'sche Experiment in die - Hände spielte: beim Schütteln war zwar nicht eine Furchungszelle isolirt, dafür aber eine getödtet. Die lebende nun, die sich in der typischen beschriebenen Weise zu einer Halbbildung entwickelt "hatte, saß am Nachmittag als richtige Halbkugel der todten Hälfte an (Fig. 6), Abends waren ihre Ränder deutlich nach einwärts ge- bogen. A Die Furchung isolirter Furchungszellen des Zwei- Zellenstadiums von Echinus microtubereculatus ist also 168 Hans Driesch, eine Halbbildung, wie sie von Roux für operirte Froscheier be- schrieben worden ist. Wie erwähnt, ist dies das bei Weitem häufigste Verhalten. Bei der Schädigung, die naturgemäß der starke mechanische Insult des Schüt- telns den Objekten zufügt, wird man nicht verwundert sein, nun auch Modifikationen dieses Verhaltens anzutreffen. Ein paar Worte über diese: In einigen Fällen bot der Keim bereits am späten Nachmittag, etwa aus 32 Zellen (halb 64) bestehend, das Bild einer Kugel dar; von Anfang an fand hier die Entwicklung gleichsam gedrungener, wenn auch nach dem typischen Schema, statt. Es wird dies vielleicht durch festeren Anschluss der Zellen an einander bedingt und eine mit dem »Gleiten« CGuAsry’s verwandte Erscheinung sein. Normalerweise be- rühren sich eben bis kurz vor der Bildung der Blastula die FOSunS n zellen des Echinus nur in kleinen Bezirken. In anderen Fällen — es sind im Ganzen neun beobachtet — war von vorn herein d.h. von der Acht- (halb 16-)theilung an, von dem ty- pischen Schema außer der Zellenzahl wenig zu sehen und namentlich war der Halbkeim von Anfang an kuglig, das Gleiten war hier noch ausgeprägter. Hervorheben will ich den Fall, wo die acht (halb 16) Zellen an Größe nahezu gleich waren: sollte hier der Werth der ersten Furchungsebene ein anderer gewesen sein, und ich durch das Schütteln nicht Rechts und Links, um mich kurz so auszudrücken, sondern ani- malen und vegetativen Pol getrennt haben? Nach Analogie mit den Un- tersuchungen Rauszr’s, HatLez’s (7) u. A. ist das nicht unwahrscheinlich. Doch begnüge ich mich bezüglich der atypischen Halbentwicklung mit diesen wenigen Worten, zumal ich in Bälde die Variationen der Echinidenfurchung überhaupt eingehend zu studiren beabsichtige. Mit-Spannung erwartete ich, als mir zum ersten Mal die Beobach- tung des eben Geschilderten geglückt war, was für ein Bild sich mir am nächsten Tage in meinen Gefäßchen darbieten würde. Ich muss gestehen, die Vorstellung einer frei schwimmenden Halbkugel oder gar einer Halbgastrula mit der Länge nach offenem Darm kam mir etwas absonderlich vor; ich dachte die Gebilde würden wohl abster- ben. Anstatt dessen aber fand ich in den betreffenden Gefäßen am näch- sten Morgen typische, munter schwimmende Blastulae von halber Größe. \ Die Blastula!. Ich habe bereits geschildert, wie sich gegen Abend des Befruch- tungstages die (noch nicht epitheliale) Halbkugel an ihrer Mündung 1 Das bisher Geschilderte stimmt völlig mit den Resultaten überein, die re ner Entwicklungsmechanische Studien. 169 etwas verengte; ich habe gleichzeitig betont, dass mir ein Verfolgen der einzelnen Zellen, also auch derjenigen Stelle der Öffnung, welche dem animalen Halbpol entsprechen würde, nicht möglich war. Ich habe zwar bisweilen zwei kleinere Zellen irgendwo am Rande ge- sehen , lege aber kein Gewicht darauf. Die Frage nach der speciellen Art und Weise des Schlusses der Blastula muss also zunächst offen bleiben. Mit ein paar Worten aber sei es mir gestattet, auf ihre Be- deutung hinzuweisen. | Denken wir uns eine polar differenzirte, aus bestimmten Elemen- ten bestehende offene Halbkugel, d. h. eine solche, deren Elementar- anordnung nur durch eine senkrecht zur Öffnungsfläche gelegte Ebene symmetrisch getheilt werden kann, so ist klar, dass ein Schluss dieses Gebildes zu einer vollen Kugel — Ver- schiebbarkeit der Elemente unter einander 2 und irgend einen Druck als wirkendes i® Agens vorausgesetzt — auf zwei princi- piell verschiedene Weisen geschehen kann; es können, kurz gesagt, der Äquator und die Pole erhalten bleiben oder nicht. Im ersten Fall (vgl. den Holzschnitt) kommt Element A auf A, der nächst B befindliche kleine Halbkreis schließt sich zu einem vollen kleinen Kreis etc., im anderen Fall dagegen kommt B auf C, keiner der ur- sprünglichen koncentrischen Kreise der Ele- mente bleibt erhalten. Man wird die Wich- tigkeit der Frage sofort überschauen, wenn man an die Verschiedenheit denkt, welche die betreffenden kon- centrischen Kreise (bei den Versuchszellen zunächst Halbkreise) wenig- q Fig. 1. stens im ersten Verlauf der Furchung bei den Echiniden darbieten. Neben allgemeinen Gründen spricht der merkwürdige Zwilling, der weiter unten zur Beschreibung gelangen wird, für das Erhaltenbleiben der Koncentrieität. FIEDLER unabhängig von mir zu gleicher Zeit in Neapel erhielt. Er beobachtete stets . die Halbfurchung und erhielt zweimal richtige Halbkugeln mit verengter Öff- mung. Woran es gelegen haben mag, dass ihm die Aufzucht seiner Objekte nie weiter geglückt ist, vermag ich nicht zu sagen (Mangel des hängenden Tropfens?). - Die von ihm selbst als sehr problematisch bezeichnete, angeblich zweimal beob- r achtete Halbgastrula ist nach meinen unzweideutigen entgegengesetzten Befunden wohl mit Sicherheit als Täuschung zu betrachten, wie Herr Dr. FırpLer mir auch selbst zugab. — K. FıEpDLEr, Entwicklungsmechanische Studien an Echinodermen- - eiern. Festschrift für KöLLıker und NigeLı. Zürich 4894. 170 Hans Driesch, Nun noch gleich eine andere allgemeine Frage, deren Lösung ich demnächst in Angriff zu nehmen gedenke: wie weit geht die Omni- potenz der Furchungszellen, d. h. die Furchungszelle welches Stadiums vermag noch einen ganzen, kleineren Organismus — ich will diese Ge- bilde in Zukunft Theilbildungen nennen imGegensatz zu den Halb- bildungen Roux’s — zu erzeugen? Der polare Verlauf der Furchung nebst der angeführten Hypothese tiber den Schluss der Blastula legen es uns nahe, zu vermuthen, es müssten vielleicht Elemente aller kon- centrischen Ringe zum mindesten vorhanden sein; das würde aber heißen, das Vierzellenstadium sei das letzte, auf dem die Zellen, isolirt, Theilbildungen erzeugen könnten, denn die äquatoriale (dritte) Furche scheidet das Material in das der nord- und der südpolaren Ringe, wenn ich so sagen soll. Wie gesagt, ist dies zunächst nur eine Frage; die Omnipotenz der Zellen des Vierstadiums ist mir wegen der später kurz zu erwähnenden (3/, + !/,)-Blastulae wahrscheinlich. — Sollte sich andererseits die oben geäußerte Vermuthung von der verschiedenen Werthigkeit der ersten Furche bewahrheiten, so fiele damit natürlich die zuletzt ventilirte Hypothese, dass Material aller Ringe zur Theil- bildung nöthig sei, hin. Doch verlassen wir die Vermuthungen und wenden wir uns wie- der den Thatsachen zu. 30mal ist es mir gelungen, kleine freischwimmende Blastulae aus der oben beschriebenen Furchung isolirter Furchungszellen her- vorgehen zu sehen; die übrigen ca. 20 Versuchsobjekte starben im Verlauf der Furchung oder wurden der Besichtigung mit stärkeren Vergrößerungen geopfert. Fast alle waren auf diesem Stadium noch glashell und durchaus wie normale gestaltet, nur eben von halber Größe. In der Größe der Zellen konnte ich (nach Taxirung) keinen Unterschied von denen normaler Blastulae entdecken, es beträgt also wohl die Anzahl der Zellen die Hälfte der normalen, wie es ja die Furchung vermuthen lässt. Im Verlauf des zweiten Tages tritt an den Theilblastulae wie an normalen die auch von Serenka beschriebene vorübergehende Ver- dickung des voranschwimmenden Endes, das wir jetzt animalen Pol nennen wollen (ohne, wie gesagt, über seine Herkunft ganz im Klaren zu sein), auf. Am Ende desselben Tages pflegt sie verschwunden zu sein, an ihrer Stelle ist der vegetative Pol verdickt und es sind bereits zahlreiche Mesenchymelemente in die Furchungshöhle gewandert. Bekanntlich beginnt bei den Echiniden die Mesenchymbildung vor der Gastrulation (SELENKA, KorscHELT etec.). ; Am Ende des zweiten Tages pflegte das Schicksal der Versuchs- } ; 15, I: hat Entwicklungsmechanische Studien. 171 objekte besiegelt zu sein; die Folgen des starken mechanischen In- sultes sowie der geringen Wassermenge zeigten sich. Waren zu dieser Zeit die Keime noch glashell, so konnte man ziemlich sicher darauf rechnen, sie noch gut weiter zu bringen; leider war dies nur bei 15, also der Hälfte, der Fall. Die anderen wurden trübe, die Furchungs- höhle füllte sich dicht mit Körnchen unbestimmter Natur (Zerfallspro- dukte todter Zellen?, Degenerationsprodukte aller Zellen?) und die Gebilde lebten zwar noch drei oder vier Tage, kamen aber über die Blastula nicht hinaus. Dass dieses nicht Folge ihrer Theilnatur ist, zeigen erstens analoge Beobachtungen der Gebrüder Herrwiıc an Ganz- bildungen nach Einwirkung von Giften, und zeigen zweitens meine in gleichen Gefäßen gehaltenen, gleichfalls, aber eben ohne Erfolg ge- schüttelten Kontrollkeime, von denen auch mindestens die Hälfte im Blastula- oder Gastrulastadium körnig wurde und auf diesem tagelang verharrte bis zum Tod; ferner habe ich gelegentlich der Versuche II diese Erscheinung in jedem Gefäß beobachtet. Die Gastrula und der Pluteus. Meist schon am Ende des zweiten Tages begann bei den gesunden Exemplaren am vegetativen Pol die Invagination; am Morgen des dritten Tages schwammen muntere kleine Gastrulae in den Ge- fäßen herum; wie schon erwähnt, glückte mir die Beobachtung der- selben 15mal. Einer der nächsten Tage zeigt die Versuchsobjekte, wie unter gleichen Bedingungen gehaltene Kontrollthiere in bilateraler Form: der Urdarm hat sich umgebogen und einer Stelle des Ektoderms genähert, gleichzeitig beginnt eine Seite der Umgebung des Blastoporus sich in die Länge zu ziehen. Es führt dieser Process zu einer Form, die einem _ dreiseitigen Prisma vergleichbar ist; rechte und linke Seite des Thie- - res wären die Basen des Prismas, die Dorsalgegend, sowie das künftige - Mund- und Afterfeld seine drei Seitenflächen (vgl. jede Hälfte der "Fig. 1). Dieses Stadium der prismatischen Gastrula gelangte, oft schon mit f deutlicher Andeutung des Mundfeldes und der späteren Pluteusspitze, - im Ganzen neunmal zur Beobachtung. In dieser Zeit bilden sich ektodermal Mund und After, nachdem vor- her die Anfangs einheitliche, dann getrennte Anlage des Cöloms + ” Wassergefäßes entstanden ist. Konnte auch bei der Kleinheit der fort- während rasch schwimmenden Larven die Entstehungsweise dieser Gebilde nicht verfolgt werden, so sah ich doch in fünf Fällen ihr Re- sultat: die typische Dreigliederung des Darmkanals und rechts und 122 Hans Driesch, links vom Mitteldarm ein a das ich als Cölomsack anspre- chen muss. Drei der Gebilde endlich wurden zu richtigen Plutei, von norma- len Formen nur durch die Größe unterschieden. Es ist also durch diese Versuche dargethan, dass unter Umständen jede der beiden ersten Furchungszellen des Echinus micro- tuberculatus eine normal gebildete der Form nach ganze Larve aus sich hervorgehen lassen kann, eine Theilbildung, keine Halbbildung. Der Lehre von den organbildenden Keimbezirken widerspricht diese Thatsache in fundamentaler Weise, wie folgende einfache Be- trachtung näher zeigt. Wir denken uns eine normale Blastula der Medianebene! des spä- teren Pluteus nach gespalten: betrachten wir uns nun eine der so er- haltenen Halbkugeln, etwa die linke (siehe B Holzschnitt). Das Material beiM, M,, würde normalerweise Substanz der Mediange- gend liefern, das bei Z solche der linken Flanke. Was aber, wenn wir uns die Halb- kugel, wie oben diskutirt, mit Erhaltung | der Pole B © zur Kugel geschlossen den- 2, M, My ken? M, kommt dann auf M,, also viel- leicht auf die rechte Flanke des zukünfti- gen Theilwesens. Oder mag der Schluss der ursprünglichen Mediangegenden auch für das Theilwesen Material der Mediane liefern, so ist das doch nur entweder für oben oder für unten denkbar; wenn für die Oberseite, so würde die Substanz der unteren Mediangegend aus einer Gegend herstammen, die sonst die linke Flanke gebildet hätte. Wie man die Sache auch dreht, man kommt über die ganz fundamentale Verschiedenheit der Rolle, welche dasselbe Keimmaterial, je nachdem eine Ganz- oder zwei Theilbildungen aus ihm entstehen — und eben dies kann man künstlich bewir- ken — zu spielen berufen ist, nicht heraus. Il n’est pas d£s lors permis de croire que chaque .. sphere de segmentation doit occuper une place et jouer un röle, qui lui sont assignes A l’avance (Harzzz) [7]; wenigstens nicht bei Echinus. Dass dieses Resultat besonders erfreulich wäre, wird man kaum Fig. Il. 1 Diese Betrachtung soll ganz abstrakt sein, thatsächlich kann man an der Blastula über diese Ebene natürlich nichts aussagen. Entwicklungsmechanische Studien. 173 behaupten: es nimmt sich fast aus wie ein Rückschritt auf einer schon für fundirt gehaltenen Bahn. Mit den Roux’schen Resultaten verglichen, zeigen meine Ergeb- nisse also einen Unterschied zwischen dem Verhalten von Seeigel und Frosch. Sollte. derselbe doch nicht so prineipiell sein? Sollten etwa Furchungszellen des Frosches wirklich isolirt und der — bei Roux doch wohl nicht todten — anderen Hälfte beraubt, sich verhalten wie meine Echinidenzellen? Der Zusammenhalt der Furchungeszellen, der sich im Princip der kleinsten Flächen äußert, ist ja beim Frosch ein weit engerer als bei meinem Objekt. Ich habe mich vergeblich bemüht Amphibienfurchungszellen zu isoliren; mögen Geschicktere ihr Heil dabei versuchen!. Es wird dem Leser nicht entgangen sein, dass die geschilderten Resultate wenigstens nach einer Seite hin geeignet sind einiges Licht auf die Theorie der Doppelbildungen zu werfen; ich bin in der Lage das Mitgetheilte nach dieser Richtung hin noch etwas zu vervollständigen. Wenn aus einer isolirten Zelle des Zweizellenstadiums eine voll- kommene Larve von halber Größe (Theilbildung, im Gegensatz zur Furchung, die eine Halbbildung ist, wie die Froschembryonen Roux’s) hervorgeht, so folgt ohne Weiteres, dass aus beiden Zellen dieses Sta- diums, wenn sie isolirt und dabei intakt sind, zwei vollkommeneLarven, also Zwillinge, hervorgehen. Die Analogie mit Zwillingsbildungen, wie sie von den Wirbelthie- ren bekannt sind, wird nun aber noch deutlicher in solchen Fällen, wo die Eihaut zwar durch das Schütteln nicht gesprengt und die Fur- chungszellen nicht von einander völlig getrennt sind, wo vielmehr die erstere nur stark gedehnt und der sonst im Zweistadium ziemlich enge Kontakt der Furchungszellen gelockert ist. Ä Ich habe im Ganzen 41 Fälle solcher stark gezerrten Furchungen _ vor mir gehabt; möge man entscheiden, ob das Mitzutheilende zu- - fälliges Zusammentreffen oder nicht ist. Angesichts der Thatsache, dass ich unter der sehr großen Zahl von Larven, an denen ich den Licht- _ einfluss studirte, nie eine Theilung wahrnahm, glaube ich Ersteres _ durchaus abweisen zu müssen. | 1 Auch bei Planorbis gelang Wiederholung meiner Versuche nicht. Schüttelt man einen ganzen Laich stark, so bleiben entweder die zwei Zellen zusammen (und sterben doch bald), oder die Kapsel wird zerdrückt und der zarte Keim sofort zer- - stört. In Wasser oder Kochsalzlösung entwickeln sich herauspräparirte Keime lei- - der nicht länger als noch etwa 1—2 Stunden. 174 Hans Driesch, 17mal beobachtete ich am Ende des ersten Tages, dass der Zell- haufen der besprochenen Objekte keine geschlossene Kugel bildete, sondern deutlich in zwei Hälften, bisweilen auch in eine Hälfte und zwei Viertel gesondert war und zwar gab sich dies durch Einsenkun- gen von der Peripherie her zu erkennen; ich erwartete nun, dass das, was das Experiment hier nur zum Theil geleistet, — die Isolirung der Hälften — vielleicht von der Natur vollendet würde; Folgendes war das Resultat. In zehn Fällen trat keine Theilung in zwei Individuen ein, am näch- sten Morgen fand sich zwar eine etwas eingeschnürte Blastula von selt- samer Gestalt, aber die Einschnürung drang nicht weiter (Fig. 7). Die verzogene Form blieb bei der Gastrulabildung, ja bis zum Pluteus un- beschadet der Lebensfähigkeit erhalten. Sechsmal jedoch ging die Einschnürung am Morgen des zweiten Tages bereits fast ganz durch (Fig. 8), um Mittag schwammen kleine, sich noch etwas berührende Blastulapaare herum, gegen Abend waren sie getrennt und von Größe und Aussehen der oben besprochenen aus isolirten Zellen gezüchteten Formen. Ich habe einige dieser Theilformen bis zum typischen kleinen Pluteus gebracht. Es bleibt mir endlich noch ein Fall zu erledigen, der in mehrfacher Hinsicht besonders interessant ist, wesshalb ich das Protokoll über ihn eingehend mittheile. 5. IV. 11% a. m. Ein stark gezerrtes Zweistadium eingesetzt. 6% p.m. Abgefurcht, aber wohl nicht ganz normal. Deutung unmöglich. 6. IV. 9% a.m. Noch ruhende Blastula normalen Aussehens. 2 p. m. Erei. 1. IV. 92 an. Recht matt. 3® p.m. In Theilung (Fig. 9). (NB. Man beachte die lange Zeit — zwei Tage — während welcher die Form Blastula blieb und sich noch keine Spur der Theilung gezeigt hatte.) 8.IV. 9% a.m. Sehr merkwürdige Form, zu dunkel und zu schnell zur Deutung. 5t p.m. Sehr lang gestreckt. 9. IV. 91/5® a.m. Typische Doppelgastrula (Fig. 10). 5t p.m. Doppelte Prismengastrula (Fig. 11). 10.1V. 9% am. DoppelterPluteus. Konservirt. (Fig. 12.) Dieses Gebilde allein ist also eine echte Doppelbildung mit bleibender Verbindung beider Individuen. Ich gehe jetzt gleich zu einigen allgemeineren Bemerkungen über Entwicklungsmechanische Studien. 175 Doppelbildungen über, da sich diese eng an das soeben Geschilderte anlehnen. Ausgehend von der Lehre des Evolutionscharakters der Ontogenese hat Rovx (19) den Satz aufgestellt: Doppelbildungen müssten vor der Vollendung der ersten Furche angelegt sein. Die erste Furche soll im Fall der Doppelbildung einen anderen Werth haben als sonst. Dass sie formell gleich gebildet wird, wies Born (1) nach. Nach meinen Resultaten ist diese Ansicht wenigstens für die Echiniden aufzugeben. Um das ganz klar zu stellen; gehen wir von dem letztgeschilderten Fall aus. Er allein würde natürlich gegen die Prädestination der Doppel- bildungen eben so wenig aussagen, wie der bekannte GerLAcn'sche Versuch für die Erzeugung von Doppelbildungen bei Hühnern durch Überfirnissen des Eies spricht. Es kommt dazu, dass gerade bei diesem echten Verwachsungszwilling die Theilung erst spät eintrat; die Blastula, wie gesagt, war ganz normal; hier könnte ja thatsächlich von vorn herein die erste Furche eine andere Bedeutung gehabt haben. Anders liegt aber schon die Sache bei den übrigen Zwillingen, die doch für eine sonst nie, weder von Gebr. Herrwic noch mir an Tausenden von Larven beobachtete Zufallsbildung etwas zu zahlreich sind. Hier wird es schon höchstwahrscheinlich, dass die durch das Schütteln bewirkte Trennung der Furchungszellen die direkte Ver- anlassung derDoppelbildung gewesen sei, dass ohne Schütteln eine Ganzbildung resultirt wäre. Sicher aber wird dies durch die Theilb#ldungen, welche zeigen, dass eine isolirte Furchungszelle sich, wenn sie überhaupt lebt, stets zueinem Gebilde entwickelte, das sich nur durch seine Größe von normalen unterscheidet. | Die Roux’sche Theorie der Doppelbildungen zusammen mit dem schon oben diskutirten Prineip der organbildenden Keimbezirke ist F also wenigstens in ihrer Allgemeinheit aufzugeben. Schon oben be- - merkte ich, dass dies zunächst für unsere theoretischen Vorstellungen eher einen Rückschritt als einen Fortschritt bezeichnen könnte, wenn nicht sichere Thatsachen immer ein Fortschritt wären. Ob mechanische Isolirung oder Entfernung der zwei ersten Furchungszellen die einzige Möglichkeit ist, Doppelbildungen zu er- zeugen, mag dahin stehen. Es mögen ja »ungünstige Bedingungen«, um dies vieldeutige Wort 4 zu gebrauchen, dasselbe leisten können. Gebrüder Herrwıc haben allerdings doch wohl nicht unter so ganz »günstigen« Bedingungen ihre 4 Larven gezogen (Gifteinwirkungen ete.) und haben nur »einige Larven 176 Hans Driesch, mit doppelter Gastrula-Einstülpung und einige wenige Plutei mit dop- pelter Spitze aufgefunden«; von ersteren »höchstens ungefähr zehn« auf »Tausende von einfachen Gastrulae«. Das zeigt, dass die »un- günstigen Bedingungen« doch wohl besonderer Natur sein müssen; überlassen wir ihre Ermittelung späteren Forschungen. Wie ich schon oben sagte, sah ich das abgefurchte gezerrte Ei bis- weilen in eine Hälfte und zwei Viertel zerfallen. Diese Viertel resul- tiren doch wohl nicht so direkt von meinem Schütteln, denn ich that dies ja auf dem Zweistadium. Ich habe ferner dreimal eine wirkliche Theilung der Blastula in ein Dreiviertel- und ein Einviertel-Stück gesehen (Fig. 13) (an wie sonst geschütteltem Material), letzteres sogar einmal zur Gastrula gebracht, erstere ohne Schaden zu etwas verzerrten Plutei. — Als Gegenstück dazu waren einmal drei Viertel eines gezerrten Zwei- stadiums todt, das letzte Viertel ward eine richtige Blastula. Diese Dinge, auf welche spätere Nummern dieser Studien näher eingehen werden, führe ich hier nur an, um einerseits einen weiteren Ausblick zu geben, der namentlich Botanikern vielleicht interessant ist (Vorhandensein des »Idioplasma« in jeder Zelle etc.), andererseits nochmals darauf hinzuweisen, dass mechanische Trennung vielleicht nicht das einzige Mittel ist, künstlich Mehrfachbildungen zu erzeugen. Eine Erörterung der zahlreichen zum Verständnis der Wirbelthier- doppelbildungen aufgestellten Hypothesen (DArESTE, Rauger etc.) kann ich, abgesehen von ihrem problematischen Charakter, um so mehr unterlassen, als Rauser (16) und vor Kurzem Kraussner (14) eine über- sichtliche Darstellung derselben gegeben haben. Nicht von der Entstehung, sondern von der Betrachtung vollendeter Doppelbildungen ausgehend, fehlt ihnen allen der thatsächliche Boden. Das Fisch- und das Vogelei sind ferner zur Entscheidung dieser Fragen nicht gerade die günstigsten Objekte. Aber auch, was bei Wirbellosen über Zwillingsbildungen und Ver- wandtes bekannt ist, ist zur Entscheidung über äußere Veranlassungen derselben sämmtlich unbrauchbar. Bei Lumbricus trapezioides scheint Theilung der Blastula der normale Vorgang zu sein (Kremengere [12]. Über die Ursache der Theilung der in ihrer Furchung so merkwürdigen Oceania armata vermag MrrTschnikorr nichts anzugeben. Dasselbe gilt von der Gastrula- Theilung der Aurelia aurita, die HasckeL beschrieb, und in noch höherem Grade von der Doppelbildung von Limax (Gzeensaur). Der ur 7 Entwicklungsmechanische Studien. 177 Harcrer’sche Fall würde zur ungeschlechtlichen Vermehrung aus- gewachsener Organismen durch Theilung allmählich überleiten. Alle diese Fälle wie überhaupt jede nicht experimentelle Beob- achtung entscheiden über die Kardinalfrage, die Prädestination oder Nichtprädestination der Doppelbildungen und damit über den rein evolutiven oder nicht rein evolutiven Charakter der Formbildung gar nichts; die erste Furche könnte hier ja eine andere Bedeutung gehabt haben. — Es ist ein alter Streit, ob Doppelbildungen durch »Verwachsung« oder durch »Spaltung« entstehen; wie gesagt waren Vögel und Fische zur Entscheidung dieser in der üblichen Fassung übrigens durchaus nicht principiellen, sondern descriptiven Frage ziemlich ungünstig. Die mitgetheilten Beobachtungen anderer Forscher und meine Ex- perimente machen die »Spaltung« d.h. Theilung sicher, und zwar kann ich auf Grund der letzteren hinzufügen: ohne Postgeneration (Kraussner [11]). Warum sollen aber nicht auch zwei durch Zufall in eine Eihülle eingeschlossene Eier verwachsen können (z. B. bei Schnecken); nach Lacaze-Durumers (Philine) scheint dies vorzukommen; Verwachsung von Blastulen beschreibt ferner Mrrscuxikorr von Mitrocoma Annae. Letzteres Vorkommnis dürfte vielleicht einem experimentellen Studium zugänglich sein und damit über das Princip der Zellenprädestination von anderer Seite her entscheiden können. Dass Theilungs- und Verwachsungsdoppelbildung zwei ganz ver- schiedene Dinge wären, die Doppelbildungen also dann zweierlei Natur - sein könnten, ist natürlich klar. Es ist bekanntlich von For die Hypothese aufgestellt worden, das - Eindringen zweier Spermatozoen sei die Veranlassung einer Doppel- bildung. Wie schon in anderem Zusammenhange erwähnt, haben die Gebrüder Hrarwıc trotz überreichen Untersuchungsmaterials hier keinen — so kann man wohl sagen — Zusammenhang erweisen können. Sicher ist wohl, dass erwähnte Doppelbefruchtung die Furchung jedenfalls derart modifieirt, dass spontane Viertheilung eintritt; eben I dies war, wie wir oben sahen, für uns eine Stütze. Sollte sich nun auch in einigen Fällen etwa unter besonderen un- F bekannten Umständen ein Zusammenhang zwischen Überfruchtung und Mehrfachbildungen herausstellen, so wären diese nach For’s Darstellung F seiner mehrschläuchigen Gastrulae doch wesentlich anderer Natur als die von mir gezüchteten. Bei For ist es ein Individuum, welches ein Organ mehrfach hat, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd, 493 178 Hans Driesch, die Schläuche ragen alle in eine Höhle. Bei mir sind es zwei bis auf einen Fall völlig getrennte Individuen; jeder Schlauch hat seine eigene Höhle. Welcher Art die Hrrrwıc’sche Doppelbildung war, ob zwei ver- bundene Gastrulae nach Art meiner Doppellarve, oder ob eine Gastrula mit zwei Darmschläuchen, das ist aus ihrer Abhandlung leider nicht zu ersehen!; ich vermuthe Letzteres, denn Ersteres, als nicht bekannt, hätten sie wohl eingehender beschrieben. Welche Kräfte kommen beim Schluss der Blastula ins Spiel? Ist etwa Einiges an diesem Vorgang physikalisch verständlich? Die Zellen- masse nimmt die Kugelform an, also eine Fläche minimae areae. Wie kommt es ferner, dass starke Zerrung des Zweizellenstadiums ohne Zersprengung schließlich doch zur Trennung in zwei Individuen führt? Alle diese und noch viele andere Fragen drängen sich uns hier auf; es wäre müßig, ohne thatsächliche Anhaltspunkte darüber zu phantasiren. Zusammenfassung. Isolirt man eine der beiden ersten Furchungszellen des Echinus mierotuberculatus, so furcht sie sich als Halbbildung, er- zeugt aber ein ganzes Individuum halber Größe, eine Theilbil- dung. Damit ist für die untersuchte Species das Prineip der organbilden- den Keimbezirke widerlegt und zugleich die Möglichkeit künstlicher Erzeugung von Zwillingen bewiesen. Il. Über die Beziehungen des Lichtes zur ersten Etappe der thierischen Formbildung. Die Entwicklungsgeschichte der Metazoen lässt sich ziemlich un- gezwungen in zwei gesonderte Etappen zerlegen; die erste umfasst die Furchung und die ihr folgende durch Faltungen etc. vermittelte Aus- bildung der reinen Form und ermangelt mehr oder weniger der histo- logischen Differenzirung, die zweite zeigt gerade letzteren Process als Hauptcharakteristikum und ist wohl ferner durch den Beginn des Wachsthums unter Wahrung der Ähnlichkeit gekennzeichnet, d. h. die wesentlichen Theile des Körpers sind vorhanden und ver- größern sich unter geringer oder keiner Veränderung ihrer äußeren Gestaltung. Eine scharfe Grenze beider Etappen existirt nicht, beide 1 Wortlaut: »Larve mit doppelter Gastrulaeinstülpung«. BER a Bass oa sah ein a 5 a FL SS EP RE Entwicklungsmechanische Studien. 179 greifen in einander ein; gleichwohl dürfte ihre Unterscheidung berech- tigt sein. Man kann die erste als die Periode der organbilden- den Entwicklung! oder als die den Typus darstellende Etappe, die zweite als die Periode der funktionellen Ent- wicklung oder als die Etappe der Differenzirung des Mate- rials bezeichnen. Für die letzte dieser beiden Etappen ist von einer Reihe von For- schern, namentlich aber von Yune® ein Einfluss des Lichtes unzwei- deutig nachgewiesen worden: Dunkelheit verzögert das Wachsthum gegenüber weißem Licht um ein Geringes, eben so rothes Licht, grünes Licht hemmt das Wachsthum sehr stark. Blaues, und namentlich violettes Licht beschleunigen es gegenüber dem weißen. Ich will mich hier nicht bei dem Interesse aufhalten, das diese Wirkungskurve, welche die Abseissenachse schneidet und sich also von der heliotropischen und der Pflanzenassimilationskurve gleichermaßen unterscheidet, darbietet; um so weniger, als ich später auf diese Dinge zurückzukommen gedenke. Yung sagt: bereits »bien avant la fin du premier mois« hätten sich Größendifferenzen in seinen Versuchsgläsern gezeigt. Also früher nicht, wenigstens ist ihm nichts aufgefallen; die erste Etappe der Entwick- lung ist also vielleicht vom Licht unabhängig. Ich habe die Beziehung des Lichts zu genannter Entwicklungs- etappe möglichst genau zu ermitteln gesucht, als Objekte dienten Echinus microtuberculatus (Triest) sowie Planorbis carina- tus (?) und Rana esculenta (Zürich), also Repräsentanten dreier - großen Gruppen. Die befruchteten Eier eines und desselben Echin us-Weibchens > wurden zu etwa gleichen Theilen den sämmtlichen zur Verwendung r3 gekommenen Lichtsorten ausgesetzt, eben so von Rana die Eier eines e Laiches. Bei Planorbis kann bei der Kleinheit der Laiche ein solcher in nicht mehr als zwei Theile getheilt werden, es wurde daher | auf jede denkbare Weise kombinirt: weiß-schwarz, weiß-grün, schwarz- E grün, weiß-violett, grün-violett ete. etc. Abgesehen von weißem Tageslicht und von Dunkelheit (mehr- ; facher Verschluss des betreffenden Behälters in dicke schwarze Pappe) 1 Roux, Litteraturverz. Nr. 49. p. 3. 2 Driesch, Litteraturverz. Nr. 4. p. 52, 53. 3 Yung, Archives des sciences phys. et nat. Geneve 1879; Arch. de Zool. exp. - Tom. VII; Mitth. a. d. Zool. Station Neapel. Bd. II. Propos scientifiques. III. Paris et Gen®ve 1890. Hier weitere Lilteratur. 12* 180 | Hans Driesch, habe ich folgende Flüssigkeiten zur Herstellung der gewünschten Licht- sorten benutzt: Kaliumbichromat und Kupferoxydammoniak zur Halbirung des Spectrums in einen minder (roth bis gelbgrün) und einen stärker (blau- grün bis violett) brechbaren Theil. Fuchsin in Alkohol für reines Roth. Koncentrirte Nickelnitrat- lösung für den gesammten grünen Bezirk im weitesten Sinne. Eine Mischung von Methylenblau und Methylviolett für ziemlich reines, leider sehr dunkles Violett mit etwas Blau. Letztgenannte drei Gemische theilen das sichtbare Spectrum un- gefähr gerade in drei Theile. Meines Wissens sind besser monochromatische Substanzen nicht bekannt, auch Yunc fand keine solchen. Die Versuchseier wurden natürlich bei jeder Serie in Gefäße glei- cher Größe und Form in ein gleiches Quantum Wasser gethan; meist in mittelgroße, ziemlich flache Glasgefäße, deren Seitenwand mit dieker schwarzer Pappe beklebt ward; darauf wurden, am Rand noch etwas überstehend, die bekannten Kognakflaschen (aus möglichst rei- nem Glase) gelegt, mit den betreffenden Flüssigkeiten angefüllt. — Das kleine Handspektroskop von Zeıss diente zur Kontrolle letzterer. — Die Gefäße einer Serie wurden stets nahe bei einander an einen hellen aber sonnenfreien Ort gestellt; eine Temperaturdifferenz war demnach wohl ausgeschlossen. Da die A1 mit sämmtlichen sieben Lichtern an einer jedes Mal großen Zahl von Eiern durchgeführten Serien von Echinus, ferner die drei eben so vollständigen Serien von Rana und endlich die 10 Kom- binationsversuche mit Planorbis dasselbe Resultat ergaben, so kann ich mich in der Darstellung kurz fassen. Weder auf die Furchung noch auf die Processe der Organanlage hat dasLicht einen wahrnehmbaren Einfluss; diese Vorgänge gehen in der Dunkelheit, im weißen, grünen, vio- letten ete. Licht unter sonst gleichen Verhältnissen mit gleicher Ge- schwindigkeit vor sich. Ich theile von jedem der drei Versuchsobjekte je eine Serie mit. Echinus1.IV. 10 a.m. Eingesetzt. 12 a.m. Alles zweigetheilt. 2!/a p.m. In 8 Zellen. k p.m. 16 Zellen. 5°/a p.m. Etwa 60 Zellen. 9 p.m. Vollendete Blastula, eingeschlossen und noch nicht rotirend. Entwicklungsmechanische Studien. 181 2.IV. 9 a.m. Freie Blastulae mit beginnender Mesenchymbildung. 3l/, p.m. Beginnende Einstülpung. #5 BD, BP: c. !/, Gastrula. 3.IV.40 a.m. Prismengastrula (s. Theil I), schon mit Andeutung des Mundfeldes,. 51/, p.m. Pluteusgestalt. 4.1V.40 a.m. Vollendete Plutei in allen Gefäßen. Planorbis (Kombination Grün — Weiß). 41.V. 81/, a. In Zweitheilung begriffen, eingesetzt. 10 a. 2 Zellen, geschlossen. 143/, a. 4 Zellen. 13/4 p. 8 Zellen. B 12. V. 9°%/, a. Etwa Gastrula. 13.V. 7!/, a. Etwa Rasr! Taf. XXXII, Fig. 20. 14.V.. 8 a. Fig.22, Schalendrüse deutlich, rotirend, 15.V. 91/, a. Fig. 24, gemessen und gleich lang be- funden. 16. V. 6°/, a. Fig. 26. DU. N. Noch ohne Unterschied; gemessen in beiden Gefäßen. Rana (vollständige Serie). k. VI. 40 a. Noch ungefurcht, eingesetzt. 44 a. Alle in 2 Zellen. A!/, p. 16 bis 32 Zellen. k p. Alle sehr kleinzellig. 5. VI. 9!/, a. Blastoporus; Dotterpfropf. 4 p. Medullarwülste, noch ungeschlossen. 6. VI. 91/, a. Körperform eben ausgebildet, vorn Segmentirung. 7.Vl. 8 a. Körper in allen deutlich abgehoben; gleich groß. Die Übereinstimmung geht noch weiter, doch genügt dies. Die Echinusfurchung wurde ferner mit gleichem Resultat einige - Male mit Heranziehung des Exsermann’schen Spektralobjektivs studirt; alles Oberlicht dabei natürlich ausgeschlossen ; in jedem Theil des pro- 4 jJieirten Spektrums geschah die Furchung mit gleicher Geschwindigkeit. k Die Unabhängigkeit der typenbildenden Etappe der Entwicklung F vom Licht gegenüber der Wirkung des letzteren auf die Etappe der 1 Rasr, Morphol, Jahrb. Bd. V, 182 Hans Driesch, histologischen Differenzirung (wohl vermittels Beeinflussung des Stoff- wechsels-Yung) ist ein weiterer Grund dafür, beide aus einander zu halten. Dass andererseits die ersten Entwicklungsphasen äußeren Ein- flüssen zugänglich sein können, zeigen erstens die gelegentlichen Äußerungen der Autoren über Temperatureinwirkung — eine Sache, die des exakten Versuchs wohl werth wäre — ferner die Verzögerun- gen aus unbestimmbaren Gründen, von denen im TheilI die Rede war, die Erfahrungen O. Herrwie’s! über Einfluss von Methylenblau und manches Andere ?. An Herrwıe’s Versuch anschließend habe ich eine Versuchsserie an Echinus mit Fuchsin durchgeführt, über die ich noch ein paar Worte anhangsweise sagen möchte. Es wurde Fuchsin in Meerwasser gelöst (viel löste sich nicht); eine Portion der Lösung wurde mit gleichem, eine zweite mit etwa drei Theilen reinen Meerwassers vermengt. In diese beiden Flüssig- keiten, sowie in reines Seewasser (als Kontrolle) Eier desselben Weib- chens nach künstlicher Befruchtung hineingethan. Wie bekannt, neh- men die Zellen den Farbstoff auf; die Gebilde erscheinen bald viel röther als die Flüssigkeit. Über den Entwicklungsverlauf Folgendes : 2. IV. 10 a. m. eingesetzt | Starke Lösung Schwache Lösung Kontrolle 46 Zellen. Furchung wohl vollendet, doch noch nicht epithelial. 4 p.m. |8 Zellen, theils weniger. 93/4 p. m.| Sehr verzögert: theils noch 4 oder 8 Zellen; meist ca.32, einige etwa 60. 3. IV. 9a.m. | Vieles todt; bei man- Blastula noch Schwimmende Bla- chen Furchung ruhend. stula mit Mesen- vollendet. chymbildung. 5p.m. |Einige Blastulae, noch |Blastula mit Mesen-| Viel Mesenchym- ruhend. chym matt. zellen. 4,1V. Mittags !Dasmeistetodtund sehr;Zum Theil noch wie] Prismengastrula. stark gefärbt, wenige | gestern, zum Theil träge Blastulae mit beginnende Ein- Mesenchym, weit heller. stülpung. 5.1V. Mittags | Ganz wenige Blastulae |Meist Gastrula, theils Pluteus. mit Mesenchym; diese weit heller als die ab- gestorbenen. Diese Tabelle zeigt den Einfluss aufs deutlichste; ich weise i O0. HerTwis, Litteraturverz. Nr. 9. beginnende Einstül- pung. Wenige noch Blastula mit Mesen- chym. 2 Vgl. hierzu HaALLez, Litteraturverz. Nr. 7. e- } 2 2 hr Entwicklungsmechanische Studien. 183 darauf hin, dass abgestorbene Keime sich rasch weit stärker als die . f lebenden färben. Zürich, den 18. Juni 1891. Nachtrag zu I. Anlässlich der Korrektur theile ich vorläufig kurz mit, dass es mir soeben auch bei Sphaerechinus gelungen ist, am Zweizellenstadium die eine Zelle durch Schütteln abzutödten und aus der anderen nach vor- ausgegangener Halbfurchung einen kleinen Pluteus zu züchten. i 41. Neapel, Oktober 1891. Litteratur. . Born, Die Furchung des Eies bei Doppelmissbildungen. Breslauer ärztl. Zeit- schrift. 1887. Nr. 45. . Boverı, Ein geschlechtlich erzeugter Organismus ohne mütterliche Eigenschaf- ten. Sitz.-Ber. d. Ges. f. Morph. u. Physiol. München 1889. . CHasry, Contribution a l’embryologie normale et teratologique des ascidies simples. Journ. de l’anat. et de la physiol. 1887. Driesch, Die mathematisch-mechanische Betrachtung morphologischer Pro- bleme der Biologie. Jena, Fischer 1894. . For, Recherches sur la fecondation et le commencement de l’henogenie. Me- moires de la soc. de phys. et d’hist, nat. de Geneve. XXVI. . GEGENBAUR, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Landpulmonaten. Diese Zeitschr. Bd. Ill. . Hartez, Recherches sur l’embryologie des Nematodes. Paris 1885. . 0. u. R. Herrwie, Über den Befruchtungs- und Theilungsvorgang des thieri- schen Eies etc. Jena 1887. . O. Herrwis, Experimentelle Studien am thierischen Ei etc. I. Jena 1890. . Hıs, Unsere Körperform, Leipzig 1874. . Kraussner, Mehrfachbildungen bei Wirbelthieren. München 4890, . KLEINENBERG, The development of the Barth-Worm. Quarterly Journal. 1879, . KorscHert, Zur Bildung des mittleren Keimblattes der Echinodermen, Zool. Jahrb. Bd. IV, , METSCHNIKOFF, Über die Bildung der Wanderzellen bei Asteriden und Echiniden. Diese Zeitschr. Bd. XL. PLATEAU, Statique des liquides etc. 4873, . RAuBEr, Formbildung und Formstörung in der Entwicklung von Wirbelthieren. Leipzig 1880. Auch Morph. Jahrb. Bd. VI. —— Neue Grundlagen zur Kenntnis der Zelle. Morph. Jahrb. VII. 184 Hans Driesch, Entwicklungsmechanische Studien. 18.49. 20. Roux, Beiträge zur Entwicklungsmechanik des Embryo. I. Zeitschr. f. Biol. Bd. XXI. III. Breslauer ärztl. Zeitschr. 1885. V. Vırcuow’s Arch. Bd. CXIV. 34. SELENKA, Studien über Entwicklungsgeschichte der Thiere. II. Wiesbaden 1883. Siehe ferner Litteratur über Doppelbildungen (GEGENBAUR, DARESTE, LACAZE- Dutniers etc.) bei RAUBER, KLAUSSNER, in ZIEGLER’S Lehrbuch der allgemeinen Patho- logie etc. Erklärung der Abbildungen. Tafel VII. Fig. 4. Stadium von 46 Zellen, Kopie nach SELENkA. Vergr. etwa 400. Fig. 2. Halbbildung aus vier Zellen bestehend (halbes Achtstadium). Apochrom. 16 mm. 0Oc. 8. Fig. 3 u. 4. Halbbildung aus acht Zellen bestehend (halbes 16-Stadium). Vgl. hierzu Fig. A. Apochrom. 46 mm. Oc. 12. Fig, 5. Halbbildung ; Furchung abgelaufen ; Halbkugel im Schluss. Apochrom. 46 mm. 0Oc. 8. Fig. 6. Halbbildung; eine Hälfte des Eies todt; vorgeschrittenes Furchungs- stadium. Vergr. wie Fig. 3 und 4. (Die Figur soll nur den Totaleindruck wieder- geben, es sind nur die Umrisse der obersten Zellschichten gezeichnet.) Fig. 7. Blastula, aus einem stark gezerrten Zweistadium hervorgegangen. Scheinbar in Theilung, ließ sie doch nicht zwei Theilbildungen, sondern eine ver- zerrte Ganzbildung aus sich hervorgehen. Fig. 8. Blastula in Theilung, aus einem stark gezerrten Ei. Das Resultat waren zwei Theilbildungen. Fig. 9. Blastula in Theilung; führte zum Verwachsungszwilling. Fig. 10. Dieselbe Bildung als ältere Zwillingsgastrula; seitlich. Fig. 41. Dieselbe Bildung als Zwillingsprismengastrula; seitlich. Fig. 44a. Von oben. Fig. 12. Dieselbe Bildung als Zwillingspluteus; die Mundfelder einander zu- gekehrt, etwas gequetscht, daher nicht genau seitlich. Apochrom. 16 mm. Oec. 8. (Nach Kanadabalsampräparat, etwas geschrumpft; man konnte die Dreigliederung des Darmes erkennen.) Fig. 43. Blastula aus stark gezerrtern Zweistadium getheilt in 3/, und 1/4. Fig. 13a. Das 1/4-Stück abgeschnürt. Die Fig. 7—13a sind (mit Ausnahme von Fig. 42) ohne Zeichenapparat, gleich- wohl mit möglichster Genauigkeit dessen, was sie bieten, entworfen; einige (Fig. 7, 8, 13, 13a) bei schwacher, andere bei stärkerer Vergrößerung. vu Die Spongien der Adria. Von R. v. Lendenfeld. I. Die Kalkschwämme., Erste Hälfte. Mit Tafel VII—XV. Einleitung. Als ©. Scanmipt vor 29 Jahren sein bekanntes Werk über die Spon- gien des adriatischen Meeres veröffentlichte, kannte man nur wenige Seeschwämme und selbst diese nur ganz oberflächlich, denn die damals üblichen Untersuchungsmethoden waren nicht geeignet, den kompli- cirten Bau der Spongien einer tieferen Erkenntnis zu erschließen. Seit jener Zeit haben die Verbesserung unserer technischen Hilfs- mittel, die Untersuchung zahlreicher neuer Formen aus allen Meeren und Tiefen, vor Allem aber die Anwendung jener trefflichen Forschungs- methode, deren Einführung wir F. E. Scuuzze verdanken, einen groß- artigen Fortschritt unserer Kenntnis der Spongien herbeigeführt. ; Obwohl, vorzüglich durch die Untersuchungen von F. E. ScHuLze, _ einzelne Vertreter dieser Schwammfauna hinlänglich bekannt sind, so | entspricht doch unsere Kenntnis der adriatischen Spongien im All- gemeinen keineswegs den gegenwärtigen Anforderungen der zoolo- gischen Wissenschaft. Am schlimmsten ist es mit der Systematik der } adriatischen Spongien bestellt. Nur wenige von den ursprünglich E durch O. Scumiwr bekannt gemachten Arten haben sich als richtige 1 systematische Begriffe erwiesen. Einige sind in späteren Publikationen - von ©. Scumipr selbst wieder zurückgezogen worden. Harezzı, F. E. B Scuurze, Marenzeıter und ich haben die Unhaltbarkeit anderer nach- B gewiesen. Ab und zu wurden neue Arten beschrieben. So gerieth die B Systematik der adriatischen Spongien in einen derart chaotischen Zu- Zeitschrift f, wissensch, Zoologie. LIU. Bd. 43 186 R. v. Lendenfeld, stand, dass man sich in derselben gegenwärtig kaum zurechtfinden kann. Allerdings hat Hırcrsı die Kalkschwämme in Ordnung ge- bracht, die neueren Untersuchungen haben aber gezeigt, dass sein System nicht naturgemäß, und seine morphologischen Angaben wegen der Mangelhaftigkeit der damaligen Methoden dürftig und fehlerhaft sind. In Erwägung dieser Umstände beschloss ich vor drei Jahren die adriatischen Spongien einer vergleichend morphologischen und systema- tischen Bearbeitung zu unterziehen. Das k.k. Unterrichtsministerium und die k. Akademie der Wissen- schaften in Wien haben mir beträchtliche Mittel zu diesem Zwecke bewilligt. Die Hofräthe Professor Craus und Dr. STEINDACHNER stellten mir die reichen Sammlungen adriatischer Spongien in der k. k. zoolo- gischen Station in Triest und im k. Hofmuseum in Wien zur Verfügung. Weiteres Material wurde mir von Geheimrath Professor F. E. ScuuLze in Berlin zur Untersuchung anvertraut, und vom Joanneum in Graz erhielt ich durch die Güte des Professor Mossısovics die Original- exemplare OÖ. Schmipr's zur Untersuchung und Vergleichung. Die Herren Dr. E. GraArrrE in Triest, Dr. E. v. MarenzeLLer in Wien und GREGORIO BucecicHn in Lesina leisteten meinen Arbeiten allen nur möglichen Vor- schub. Einer angenehmen Pflicht nachkommend, statte ich nun für alle diese Unterstützungen meinen wärmsten Dank ab. Ich selbst habe zahlreiche Spongien in der Adria gesammelt. Ich will die Ergebnisse meiner Untersuchung der im adriatischen Meere vertretenen Spongiengruppen in getrennten, dem System ent- sprechend auf einander folgenden Mittheilungen bekannt geben. Jede von diesen zerfällt in drei Theile: I. eine Liste der einschlägigen Litteratur; Il. einen analytischen und Ill. einen synthetischen Theil. Im zweiten Theil werden alle adriatischen Arten beschrieben. Der erste und dritte Theil beschränken sich nicht auf die adriatischen Formen und es soll der letztere eine allgemeine Darstellung der ganzen betreffenden Gruppe sein. Die vorliegende Mittheilung behandelt die erste der beiden Spon- gienklassen, die Kalkschwämme. An dieser Stelle möchte ich, ehe ich auf meinen eigentlichen Gegenstand ein- gehe, noch einige Bemerkungen über die Bedeutung der von mir benutzten Termini technici machen. Ich gebrauche die Ausdrücke Gastralmembran und Gastralnadeln in demsel- ben Sinne, in welchem sie F. E. ScauLze (1887a) für Hexactinelliden anwendet, für die Membran, welche das Oscularrohr (vorzüglich bei den Syconen) umgiebt und für die Nadeln in dieser Membran. Auch die Scuurze’schen Ausdrücke parenchymal und dermal wende ich in Die Spongien der Adria. 1. 187 seinem Sinne für die, zwischen Gastralmembran und Oberfläche gelegenen Theile, und die differenzirten, oberflächlichen Partien der Kalkschwämme an. Die Dermalnadeln bilden häufig trichter- oder radförmige Kragen in der Um- gebung des Osculums und krönen, zu abstehenden Büscheln vereint, die Geißel- kammern (Radialtuben) der Syconen. Ich nenne diese Nadelgruppen Kronen, die ersteren Oscular-, die letzteren Kammerkronen. Das Skelett besteht aus Stabnadeln, Dreistrahlern und Vierstrahlern. Im Ein- klang mit der von F. E. SchuLze und mir (1889) vorgeschlagenen Nadelnomenklatur nenne ich diese Nadeln Rhabde, Triactine und Tetractine. Die Rhabde sind ent- weder einstrahlig oder zweistrahlig und werden dem entsprechend als monactin oder diactin bezeichnet. Sind bei den Triactinen die Strahlen kongruent und schließen sie gleiche Winkel mit einander ein (in der Horizontalprojektion 120°), so nenne ich sie mit HaEckEL (14872) regulär. Ist dies nicht der Fall, so sind sie entweder unregelmäßig oder bilateral symmetrisch. Im ersteren Falle heißen sie irregulär, im letzteren sagittal. Bei den sagittalen Triactinen nenne ich die kon- gruenten, gleichen Winkeln gegenüber liegenden Strahlen Lateralstrahlen; den differenzirten, oder den, dem unpaaren Winkel gegenüber liegenden Strahl nenne ich den Sagittalstrahl. Die Tetractine betrachte ich als Triacline, denen ein vierter Strahl aufgesetzt ist, weil in der Regel drei von den Strahlen derselben zusammen den daneben vorkommenden Triactinen kongruent sind. Diese, einem Triactin homologen drei Strahlen, nenne ich Basalstrahlen und wende auf die- selben, wenn sie bilateral differenzirt sind, die obigen, bei den Triactinen erläuter- ten Bezeichnungen Sagittal- und Lateralstrahlen an. Den vierten Strahl, welcher dem aus den drei Basalstrahlen bestehenden Triactin aufgesetzt ist, nenne ich den Apicalstrahl. Die seltenen Tetractine, deren vier Strahlen kongruent sind und [0] unter gleichen Winkeln von 180—2 arc sin — zusammenstoßen, heißen Chelo- 3 trope (Fußangel). 1% Diese Nomenklatur weicht, wie aus folgender Zusammenstellung zu ersehen ist, von Haecker’s Nomenklatur (1872) theilweise ab. HAEcKEL (4872) LENDENFELD Basalstrahl = Sagittalstrahl Lateralstrahl — Lateralstrahl Facialstrahl = Basalstrahl Apicalstrahl — Apicalstrahl. Il. Litteratur. 1876. C. Barroıs, Memoire sur ’Embryologie de quelques Eponges de la manche. — Ann. Sc. Nat. Bd. III. Art. Nr. 41. 1885. J. BEeLL, Comparative Anatomy and Physiology. — (London) 1885. - 4834. H. Bramvirze, Manuel d’Actinologie et de Zoophytologie. — (Paris) 1834— 1837. 4845. J. S. BowERBAnK, Description of a new genus of calcareous Sponges. — Ann. Mag: Nat. Hist. (1845.) Bd. V. ıss9, —_ On the Organisation of Grantia ciliata. — Trans. R. micr. Soc.; n. Ser. { Bd. VII. 4864. —— AMonograph of the British Spongiadae. Bd. I. — (Ray Society, London.) 1866. —— A Monograph of the British Spongiadae. Bd. II. — (Ray Society, London.) 13% 188 R. v. Lendenfeld, 1874. J.S. BowWERBANK, A. Monograph of the British Spongiadae. Bd. III. — (Ray Society, London.) 1859. H. G. Brons, Amorphozoa. — Klassen u. Ordnungen des Thierreichs. Bd. I. 1874. H.J. CARTER, A description of two new Caleispongiae etc. — Ann. Mag. Nat. Hist. (1874.) Bd. VII. 4875. —— Notes introductory to the Study and Classification of the Spongida II. Proposed Classification of the Spongida. — Ann. Mag. Nat. Hist. (1875.) Bd. XVI. 4878. —— On Teichonia a new Family of Calcareous Sponges. — Ann. Mag. Nat. Hist. (1878.) Bd. II. 1886. —— Description of Sponges from the neighbourhood of Port Phillip Heads, South Australia. — Ann. Mag. Nat. Hist. (4886.) Bd. XVIII. 1886a. —— Report on the Porifera ete. — Proc. Lit. Phil. Soc. Liverpool. Bd. XL. App: p- 92. 41828. S.DELLE CHIAJE, Memorie sulla storia e notomia degli animali senza vertebre del Regno di Napoli. — Bd. III. (Napoli 1828.) 1887. V.v. Esser, Über den feineren Bau der Skeletttheile der Kalkschwämme etc. — Sitzber. kaiserl. Akad. Wien. Bd. XCV. Abth. 1. 41887 a. —— Amphoriscus Buceichii n. sp. — Zool. Jahrb. Bd. II. 1786. J. Erzıs and D. SoLAnDER, Natural History of many curious and uncommon Zoophytes collected from various parts of the globe. — (London 4786.) 1780. O0. Fasrıcıus, Fauna groenlandica. — (Hafniae et Lipsiae 1780.) 1828. J. FLeming, A history of British Animals. — (Edinburgh 4823.) 1882. E. GrAEFFE, Übersicht der Seethierfauna des Golfes von Triest. — Arb. Zool. Inst. Wien. Bd. IV. 1826. R. Grant, Remarks on the Structure of some calcareous sponges. — Edin- burgh new Phil. Journ. Bd. 1. 1827. —— Observations and experiments on the structure and the functions of the sponge. Edinburgh new Phil. Journ. Bd. 1. 4864. —— Tabular view of the primary divisions of the animal kingdom. — (Lon- don 4861.) 1858. J. E. Gray, Description of Aphroceras, a new Genus of Calcarious Spon- giadae from Hong Kong. — Proc. Zool. Soc. London für 4858. 1867. —— Notes on the arrangement of sponges, with the description of some new genera. — Proc. Zool. Soc. London für 4867. 1824. S.F. Gray, A natural arrangement of British Plants. — London 1824. 1869. E. HAEcKEL, Prodromus eines Systems der Kalkschwämme. — Jen. Zeitschr. f. Naturw. (1869.) Bd. V. 1872. —— Die Kalkschwämme. Eine Mona 3 Bände. — (Berlin 4872.) 1889. —— Deepsea Keratosa.. — Challenger Reports, Zoology. Bd. XXXI. Pt. LXXXU. 1890. R. Hanırsca, Porifera of the L.M.B. C. District. — Trans. Biol. Soc. Liver- pool. Bd. IV, 1842. J. Hocc, Remarks on the horny Sponges with proposed division of the order Spongiae. — Ann. Mag. Nat. Hist. (4342.) Bd. VII. 1842. G. Jounston, A History of British Sponges and Lithophytes. — (Edinburgh 1842.) 1876. C. KErLer, Untersuchungen über die Anatomie und Entwicklungsgeschichte einiger Spongien des Mittelmeeres, — (Basel 1876.) Die Spongien der Adria. 1. 189 1864. A. v. KÖöLLıker, Icones Histologicae. I. 1890. E. KorscHELT u.K. v. Heıper, Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungs- geschichte. — (Jena 1890.) 4885. R. v. LENDENFELD, The Homocoela of Australia and the New Family Homo- dermidae. — Proc. Linn. Soc. New South Wales. Bd. IX. 1885a. —— Die Verwandtschaftsverhältnisse der Kalkschwämme. — Zool. Anz. Bd. VII, 1885b. —— A Monograph of the Australian Sponges. III. The Calcispongiae. — Proc. Linn. Soc, New South Wales. Bd. IX. 1887. —— Synocils, Sinnesorgane der Spongien. — Zool. Anz. Bd. X. 1888. —— Catalogue of the Spönges in the Australian Museum. — (London 4888.) 1889. —— A Monograph of the Horny Sponges. — (London 1889.) 1889a. —— Experimentelle Untersuchungen über die Physiologie der Spongien. — Diese Zeitschr. Bd. XLVIII. 1890. —— Das System der Spongien. — Abhandl. d. SEncKENBERG’schen naturf. Ges. Bd. XVI. 41859. N. LieBErkünn, Neue Beiträge zur Anatomie der Spongien. — Arch, f. Anat. und Phys, für 1859. 1865. —— Beiträge zur Anatomie der Kalkspongien, — Arch, f. Anat. und Phys. für 1865. 4874, E. METSCHNIKOFF, Zur Entwicklungsgeschichte der Kalkschwämme. — Diese Zeitschr. Bd. XXIV, 1876. —— Beiträge zur Morphologie der Spongien. — Diese Zeitschr. Bd. XXVIl. 1879. —— Spongiologische Studien. — Diese Zeitschr. Bd. XXXI. 1868. N. pe Miıxrucno-MArLAy, Beiträge zur Kenntnis der Spongien. — Jenaische Zeitschr. f. Naturw. (1868.) Bd, IV. 1870. —— Über einige Schwämme des nördlichen stillen Oceans und des Eis- meeres, — Mem. Acad. Imp. St. Petersbourg. Bd. XV. 1812. G. MontAcu, An essay on Sponges with descriptions of all the species that have been discovered on the coast of Great Britain. — Edinburgh, Wernerian Soc, Memoirs. Bd. II. (Erschienen 4818.) 1833. D. Naroo, Spongiariorum Classificatio. — Isis für 1833, 1844. —— Über das System der Spongien, (Ital.) — Verhand]. der ital. Naturfor- scher zu Lucca (1844). (Nach O. Schmipr citirt.) 1882. A. M. Norman, BOWERBANK, A Monograph of the British Spongiadae. Bd. IV. (Ray Society.) 1882. N. pe PoLEsAEFF, Über das Sperma und die Spermatogenese bei Sycandra raphanus H. — Sitzber. kaiserl. Akad. Wien. Bd. LXXXVI. (Abth. I.) 1883. —— Calcarea. — Challenger Reports, Zoology. Bd. VIII. Pl. XXIV. 1881. S.O. Rınrey, Spongida collected during the expedition of H.M. S. »Alert«. — - Proc. Zool. Soc. London für 4881, 1826. A. Rısso, Histoire Naturelle des principales productions de l’Europe meri- dionale et particulierement de celles des environs de Nice etc, — Bd. V. (Paris 1826.) - 41862. 0. Scnmipt, Die Spongien des adriatischen Meeres. — (Leipzig 1862.) 1864. —— Supplement zu den Spongien des adriatischen Meeres. — (Leipzig! 864.) 2 1866. —— Zweites Supplement zu den Spongien des adriatischen Meeres, ent- haltend die Vergleichung der adriatischen und britischen Spongien- gattungen. — (Leipzig 1866.) 190 R. v. Lendenfeld, 1868. O.Sc#mwr, Die Spongien der Küste von Algier. Mit Nachträgen zu den Spon- gien des adriatischen Meeres. — (Leipzig 1868.) 41870. —— Grundzüge einer Spongienfauna des atlant. Gebietes. — (Leipzig 1870.) 4875. —— Zur Orientirung über die Entwicklung der Spongien. — Diese Zeitschr. Bd. XXV. Suppl. 41876. —— Nochmals die Gastrula der Kalkschwämme. — Arch. f. mikr. Anat. Bd. XI. 1877. —— Das Larvenstadium von Ascetta primordialis und Ascetta clathrus. — Arch. f. mikr. Anat. Bd. XIV. 1875. F.E. ScauLze, Über den Bau u. die Entwicklung von Sycandra raphanus. — Diese Zeitschr. Bd. XXV. Supp!. 41876. —— Zur Entwicklung von Sycandra. — Diese Zeitschr. Bd. XXVL. 1879. —— Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. VI. Die Familie der Spongidae. — Diese Zeitschr. Bd. XXXIH. 41887. —— Zur Stammesgeschichte der Hexactinelliden. — Abhandl. kgl. preuß. Akad. Berlin (1887). 1887 a. —— Hexactinellida. — Challenger Reports, Zoology. Bd. XXI. 1889. —— u.R. v. LENDENFELD, Über die Bezeichnung der Sponginnadeln. — Abh. kgl. preuß. Akad. Berlin (1889). 1849. A.ScHWEIGGER, Beobachtungen auf naturhistorischen Reisen. — (Berlin 4849.) 1888. W.J. Sorras, Tetractinellida. — Challenger Reports, Zoology. Bd. XXV. 1880. G. VosmAEr, Aanteekeningen over Leucandra aspera H. Doktor-Diss. — (Leyden 1880.) 4884. -— On the supposed difference between Leucandra crambessa H. and aspera O0. S. etc. Mittheil. Zool. Stat. Neapel. Bd. V. Porifera. — Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Bd. I. Il. Analytischer Theil. Die adriatischen Kalkschwämme. Ich fasse die Spongien als einen eigenen Metazoenstamm (Phylum) auf. Theilt man die Metazoen in die zwei Stufen Coelentera und Coelo- mata, so müssen die Spongien der Stufe Coelentera zugewiesen wer-. den. Diese Zusammenordnung der Spongien und Cnidarier bringt die Übereinstimmung in dem Differenzirungsgrad der Leibeshöhle dieser Organismengruppen zum Ausdruck. Eine phylogenetische Verwandt- schaft der zwei Stämme glaube ich jedoch aus dieser Übereinstimmung nicht folgern zu sollen. Charakterisirt durch die Einfachheit ihrer Leibeshöhle werden die Coelentera als Kollektivbegriff für die beiden Stämme der Spongien und Cnidarier zu betrachten sein und es wird demnach die Diagnose des ersteren, die Unterschiede zwischen beiden zum Ausdruck bringend, etwa folgendermaßen zu lauten haben: Die Spongien sind Coelentera mit durchgehendem Kanalsystem und entodermalen Kragenzellen, deren skelettbildende, Sexual- und Muskelzellen in der Zwischenschicht ge- Die Spongien der Adria. I. 191 bildet werden und nicht epithelialen Ursprungs sind, ohne Nesselzellen und bewegliche Anhänge. Aufältere Eintheilungen ist hier keine Rücksicht genommen. 1867 theilte Gray (1867, p. 492 ff.) die Spongien (Porifera) in zwei Subklassen : Porifera calcarea (Kalkschwämme) und Porifera silicea (alle übrigen Spongien). 1887 adoptirte VosmAEr (4887, p. 254) diese Eintheilung, setzte aber an Stelle des GrAv’schen Namens Silicea, die Bezeichnung Non-Calcarea. 1887 drückte F. E. ScuuLze (4887, p. 25) die Ansicht aus, dass innerhalb der Spongien drei äquivalente Gruppen: Calcarea, Triaxonia und Tetraxonia zu unter- scheiden seien. 41888 sprach sich SorLAs (1888, p. XCVII) für die Eintheilung der Spongien in zwei Gruppen im Sinne GrAy’s und VosuAERr's aus. Er glaubte, dass die Kragen- zellen der Kalkschwämme stets viel größer seien, als jene aller übrigen Spongieu und schlug desshalb für die ersteren den Namen Megamastictora, für die letzteren den Namen Micromastictora vor. 1889 adoptirte auch ich (1889, p. 884) diese Eintheilung, brachte aber die alten Gray’schen Namen für meine beiden Spongienklassen wieder zur Anwen- dung. 4889 proponirte HAEcLEL (1889, p. 87) eine ganz neue, auf Verschiedenheiten der Differenzirung des Kanalsystems gegründete Eintheilung der Spongien in zwei Gruppen. Die erste, welche sich durch den Mangel an plattenepithelbekleideten Kanälen und Geißelkammern auszeichnet (Protospongiae), umfasst die niedersten Kalkschwämme (Asconen) und die, ihr Skelett aus Fremdkörpern aufbauenden Ammoconiden; die letztere, deren Mitglieder Geißelkammern und plattenepithel- bekleidete Kanäle besitzen (Metaspongiae), umfasst die höheren Kalkschwämme (Heterocoela) und alle übrigen Spongien. Ich behalte hier Gray’s Eintheilung und auch Gray’s Namen bei. Weil alle Nichtkalkschwämme — auch jene, welche ein Hornskelett, ein Fremdkörperskelett oder gar kein Skelett besitzen — von Kiesel- schwämmen abzuleiten sind, halte ich den Grav’schen Namen Silicea für vollkommen zutreffend und ich glaube nicht, dass es vortheilhaft wäre, denselben durch den Namen Non-Galcarea zu ersetzen. Der Unterschied in der Größe der Kragenzellen der Calcarea und Silicea ist keineswegs so groß und so durchgreifend, wie SorLas annimmt, so dass seine ohnehin schwerfälligen Namen keine Berechtigung haben. Die Triaxonia und Tetraxonia Scrurze’s sind jedenfalls viel näher mit einander als mit den Galcarea verwandt und können desshalb wohl nicht den letzteren gleichgestellt werden. Zusammen bilden sie eine Gruppe (Silicea), welche den Calcarea gegenüber steht. Mit der Hazcrer’schen Eintheilung kann ich mich nicht befreunden. Seine Gruppen Protospongiae und Metaspongiae sind phylogenetische Ent- wicklungsstufen. Sie repräsentiren nicht vertikale, sondern horizontale 192 R. v. Lendenfeld, Abschnitte des Stammbaumes: nicht einzelne ganze getrennte Äste, sondern einzelne Theile (in verschiedenen Höhen) aller Äste. Aller- dings halte ich auch systematische Gruppen der letzteren Art für ge- rechtfertigt und erkenne solche in meinem Spongiensystem an; ich ordne sie aber stets den, verschiedenen Stammbaumästen entsprechen- den Gruppen unter, wie dies ja in der Natur der Sache selbst begründet ist. Dem entsprechend bin ich, sofern dies durchführbar ist, wohl ge- neigt, die Unterscheidung Harcker’s gelten zu lassen, aber nicht als Haupteintheilung des ganzen Spongienstammes, sondern als Unterein- theilung innerhalb der Klassen. In der Adria sind beide Klassen, sowohl Calcarea als Silicea, reich vertreten. Classis Calcarea. Spongien mit Kalkskelett. 1862 stellte BowERBANK (1862, p. 455) diese Gruppe unter dem Namen Cal- carea auf. 41867 erscheint sie unter demselben Namen bei Gray (1867, p. 492). 1887 bei F. E. ScauLze (1887, p. 25). 1887 bei VosMAER (1887, p. 369) und 1889 bei mir (1889, p. 890. 4889 hat HAEcKEL (1889, p. 87) proponirt diese Gruppe® zu zersplittern. „Die von Harereı vorgeschlagene Auflösung der Calcarea halte ich nicht für gerechtfertigt, und ich behalte hier die von VosmaEr und mir zum Rang einer Klasse erhobene Gruppe Calcarea im Sinne Gray's bei. 1%67 theilte Gray (1867, p. 492) die Kalkschwämme in drei Familien. 4872 unterschied HAEcKEL (1872, Bd. II, p. 6) innerhalb der Calcarea die drei Familien Ascones, Sycones und Leucones. 1883 theilte PoLEJAEFF (4883, p. 22) die Kalkschwämme in zwei Ordnungen, Homocoela (mit einfachem Gastralraum) und Heterocoela (mit Kanälen und Geißel- kammern). 1885 wurde diese Eintheilung von mir (4885a, p. 244) in etwas modificirter Form acceptirt. 4887 benutzte VOSMAER Lies p: 369) diese Eintheilung im ursprünglichen, POLEJAEFF’schen Sinne. 1890 wendete ich (1890, p. 364) abermals diese Eintheilung in meinem frühe- ren Sinne (von 4885) an Auch hier mache ich von der PorisAaerr'schen Eintheilung in meinem modifieirten Sinne Gebrauch. Für jene Kalkschwämme, welche keine Geißelkammern von bestimmter Gestalt und Größe besitzen, stelle ich die Ordnung Homocoela; und für jene, bei welchen solche Geißelkammern vorkommen, die Ordnung Heterocoela auf. Der Unterschied zwischen Die Spongien der Adria. 1. 193 diesen Ordnungen ist ein gradueller. Er entspricht dem Unterschied zwischen Harcker’s Protospongiae und Metaspongiae vollkommen. In der Adria sind beide Ordnungen vertreten. - Ordo Homocoela. Calcarea, deren Kragenzellen-bekleidete Höhlen unregelmäßig ge- staltet sind oder bei denen die ganze Gastralfläche durchaus mit Kragen- zellen bekleidet ist. 1883 wurde diese Ordnung von POLEJAEFF (1883, p. 22) aufgestellt. 1885 wurde sie von mir (1885a, p. 214) in etwas modificirter Form, aber unter dem gleichen Namen beibehalten. 1887 wurde sie von VosMmAER (1887, p. 369) im PoLEJAEFF'schen Sinne aufgeführt. 1890 führte ich (1890, p. 364) diese Ordnung in demselben Sinne wie 1885 auf. Auch hier behalte ich sie in diesem Sinne bei. Sie umfasst alle Ascones (Hızcker) sowie einige neue von mir beschriebene Genera, welche den Übergang der Asconen zu den Leuconen und Syconen ver- mitteln. 1883 erkannte PoLEJAEFF (4883, p. 23) nur die einzige Gattung Leucosolenia Bowerbank (1864) in derselben an. 1885 unterschied ich (1885a, p. 214) innerhalb dieser Ordnung die drei Fami- lien Asconidae (mit glatter Gastralfläche, kontinuirlichem Gastralraum und dünner Zwischenschicht), Homodermidae (mit wabiger oder divertikelbildender Gastral- fiäche und kontinuirlichem Gastralraum) und Leucopsidae (mit glatter Gastralfläche, dicker Zwischenschicht und einem Gastralraum, welcher durch Scheidewände in unregelmäßige Kammern getheilt ist). 4890 behielt ich (4890, p. 364—366) diese Eintheilung bei. Öx Auch hier habe ich diese Eintheilung unverändert beibehalten, ob- _ wohl der Wortlaut der Diagnosen abgeändert wurde. In der Adria sind die Familien Asconidae und Homodermidae ver- _ treten. Familie Asconidae. | Homoeoela mit zarter Zwischenschicht, kontinuirlichem Gastral- raum und glatter Gastralfläche !. 1872 stellte HAEckEL (4872, Bd. II, p. 44) für alle damals bekannten Homocoela _ die Familie Ascones auf. a N 1883 benutzte POLEJAEFF (1883, p. 35) diese Familie im Sinne Harckezr's. Er nannte sie Asconidae. 1885 behielt ich (1885 a, p. 2414) zwar den Namen Asconidae bei, beschränkte 1 Nur bei jenen Formen von Ascetta clathrus, deren Entoderm mehrschichtig u ist, erscheint die Gastralfläche unregelmäßig. 194 R. v. Lendenfeld, jedoch die Ausdehnung der Familie auf die Formen mit glatter Gastralfläche und zarter Zwischenschicht, ohne einführende Kanäle, 1887 führt VosmAEr (1887, p. 369) die Familie Asconidae im ursprünglichen HaAEcKEL’schen Sinne auf. 1889 finden wir sie in diesem Sinne auch bei HaAEckEL (1889, p. 37). 1890 behielt ich (1890, p. 364) diese Familie in meiner beschränkteren Fas- sung von 4885 bei. Auch hier behalte ich sie in diesem Sinne bei. 41872 theilte HAcEckEL (4872, Bd. II, p. 43) die Ascones je nach der Form der vorkommenden Nadeln in die bekannten sieben Genera Ascetta (mit Triactinen), Ascilla (mit Tetractinen), Ascyssa (mit Rhabden), Ascaltis (mit Tri- und Tetrac- tinen), Ascortis (mit Triactinen und Rhabden), Asculmis (mit Tetractinen und Rhabden) und Ascandra (mit Triactinen, Tetractinen und Rhabden). 1883 zog PoLEJAEFF (14883, p. 23) alle diese Gattungen zu einer, Leucosolenia Bowerbank (1864, p. 464) zusammen. 1885 behielt ich (1885 a, p. 212) die sieben Genera HaEcker’s für die Asconen mit glatter Gastralwand bei. 1887 zieht VosmAEr (1887, p. 369), dem Beispiele PoLEJAEFF's folgend, alle As- conen in eine Gattung Leucosolenia zusammen. 41890 behielt ich (1890, p. 365) mein Asconensystem von 4885 bei. Jetzt reducire ich die Zahl der Ascongattungen von sieben auf drei. Ich habe nämlich gefunden, dass kein principieller Unterschied zwischen Triactinen und Tetractinen besteht und dass daher alle Gat- tungen, welche sich nur durch diese Differenz unterscheiden, vereinigt werden müssen. Dagegen erscheint die Differenz zwischen den Tri- und Tetractinen einer- und den Rhabden andererseits als eine so tief- greifende, dass dieselbe wohl zur Unterscheidung von Gattungen verwendet werden kann. Dem entsprechend vereinige ich, nach Aus- schluss der Formen mit wabiger Gastralfläche, Asceita, Ascilla und Ascaltis (Haeckel), zu einem Genus: Ascetta; und Ascortis, Asculmis und Ascandra (Haeckel) zu einem Genus: Ascandra. Ascyssa (Haeckel) aber behalte ich unverändert bei. In der Adria sind die Genera Ascetta und Ascandra vertreten. Genus Ascetta. Asconidae mit triactinen oder tetractinen Nadeln, oder beiden. 1872. stellte HAEckEL das Genus Ascetta (1872, Bd. II, p. 44) für Asconen mit ausschließlich triactinen Nadeln, das Genus Ascilla (1872, p. 44) für Asconen mit ausschließlich tetractinen Nadeln, und das Genus Ascaltis (1872, p. 50) für Asconen mit triactinen und tetractinen Nadeln auf. 1883 vereinigte POLEJAEFF (4883, p.23) diese Ascongattungen HAEcKEL’s mit den übrigen Asconen zu dem Genus Leucosolenia Bowerbank (1864, p. 164). 1885 behielt ich (1885a, p. 242), nach Ausscheidung der Formen mit wabiger Gastralfläche, die Genera Ascetta, Ascilla und Ascaltis Haccker’s bei. Die Spongien der Adria. I. 195 4887 vereinigte VosMAER (4887, p. 369), eben so wie PoLEJAEFF, alle Asconen in der Gattung Leucosolenia. 1890 hielt ich (4890, p. 365) an meinem Asconensystem von 4885 mit Vor- behalt vorläufig fest. Weil ich jetzt dem Unterschiede zwischen Triactinen und Tetrac- tinen keinen generellen Werth mehr beimesse, vereinige ich, nach Ausschluss der Formen mit wabiger Gastralfläche, die Genera Ascetta, Aseilla und Ascaltis (Haeckel) zu einer Gattung, welche ich Ascetta nenne. Ich wähle den Namen Ascetta, weil von den genannten drei Ascongattungen Harckeı’s, Ascetta die bekannteste und häufigste ist. Ascetta ist eine artenreiche, kosmopolitisch verbreitete Gattung. ®In der Adria sind bis nun sechs Ascetta-Arten gefunden worden. 1, Ascetta primordialis. (Taf. VIII, Fig. 4; Taf. IX, Fig. 23—26.) 1862 beschrieb O. Scumipr (1862, p. 418) einen, in den Formenkreis dieser Art gehörigen Schwamm als Grantia pulchra. HAEcKEL (1872, p. 46) hält zwar die Identität dieses Schwammes — den er selbst nicht gesehen hat — mit Ascetta pri- mordialis für zweifelhaft. Ich habe aber ein, von O. Scanmipr selbst als Grantia pulchra bezeichnetes Präparat gesehen, welches jedenfalls von einer Ascetta pri- mordialis herrührt. 1866 führt O. Scamipt (4866, p. 8) denselben Schwamm unter dem Namen Leucosolenia pulchra auf. 1872 errichtete HAccker (4872, Bd. II, p.16; Bd. III, Taf. I, Fig. 25) die Species Ascetta primordialis. Ihm stand sehr bedeutendes Material von diesem Schwamme aus allen Weltgegenden zur Verfügung. -Er vereinigte eine große Zahl, nicht un- erheblich von einander abweichender, nur in der Gestalt der Nadeln annähernd mit einander übereinstimmender Formen in dieser Art, innerhalb welcher er dann sieben generische, drei konnexive, drei transitorische und vier specifische Varie- täten (protogenes, dictyoides, loculosa und poterium) unterschied. HAECKEL’S Spe- - eifische VarietätA. p. protogenes ist mit der Species Ascetta primordialis in meinem Sinne synonym. 1876 führte KeLrer (1876, p. 19) diesen Schwamm als Ascetta primordialis auf. 4877 machte O. Scamipt (4877, p. 249) Angaben über die Entwicklung dessel- ben und benutzte ebenfalls den Namen Ascetta primordialis. 4879 veröffentlichte METSCHNIKOFF (1879, p. 363) Angaben über den Bau und die Entwicklung desselben. Auch er nennt ihn Ascetta primordialis. | 1882 führt GrAEFFE (1882, p. 321 [sep. p. 9]) den Schwamm in seiner Liste der Spongien des Golfes von Triest als Grantia primordialis auf. 1889 veröffentlichte ich (1889a, p. 446) die Ergebnisse einiger, an Ascetta | primordialis angestellter physiologischer Experimente. | Zwischen den vier specifischen Ascetta primordialis - Varietäten - Hazcker’s bestehen so bedeutende Unterschiede, dass es vortheilhaft _ erscheint, dieselben zum Rang eigener Arten zu erheben. Die Varietät 196 R. v. Lendenfeld, poterium ist von Rıpıey (1881; p. 133) unter dem Namen Glathrina poterium, und von PoLEJAEFF (1883; p. 35) unter dem Namen Leuco- solenia poterium als eigene Art beschrieben worden. Ich (1885b; p- 1084,1085) erklärte mich nicht nur mit der Erhebung dieser Varietät zum Rang einer eigenen Art einverstanden, sondern beschrieb auch die beiden, an den australischen Küsten vorkommenden Varietäten dietyoides und loculosa als eigene Arten. Alle von mir untersuchten Ascetta primordialis (Haeckel)-Exem- plare aus der Adria, gehören der Hazckzr’schen Varietät protogenes an. Sie unterscheiden sich derart von den drei anderen Hazcrer’schen As- cetta primordialis-Varietäten, dass ich nun auch für diese Varietät (protogenes) eine eigene Art errichten will. Ich wähle für dieselbe den Namen Ascetta primordialis, weil dieser allbekannte Name doch stets mit der Vorstellung der adriatischen Varietät protogenes HaEckEL’s verknüpft worden ist. Mein Material dieses Schwammes stammte theils aus Triest und Muggia, theils aus Rovigno, theils aus Lissa und theils aus Lesina. Nur selten tritt Ascetta primordialis in Gestalt isolirter, 0,2—1 mm weiter, gerader oder leicht gekrümmter Röhrchen auf, welche ein ter- minales Osculum besitzen können oder nicht. In der Regel trifft man gewundene, unter Anastomosenbildung zu dichten Netzen verschmol- zene Röhren von dieser Weite an, welche keine größeren, dem freien Auge sichtbaren Oscula in ihren Wänden besitzen. Enge Röhren haben einen kreisförmigen Querschnitt; je weiter die Röhren sind, um so unregelmäßiger ist ihr Profil. Diese Netze breiten sich nur ausnahmsweise bloß in zwei Di- mensionen, Kriechend über die Unterlage, aus. Zumeist erscheinen sie als massige, mit schmaler Basis aufsitzende oder auch gestielte Gebilde von Hanfkorn- bis Nussgröße. Bei den größeren beobachtet man häufig einen centralen Hohlraum von beträchtlichem Umfang, der nicht selten durch ein auffallendes terminales Pseudosculum mit der Außenwelt kommunicirt. An Schnitten durch solche Röhrennetze erkennt man, dass die Kragenzellen keineswegs immer an den Innenseiten der röhrenförmigen Theile der ganzen labyrinthischen Masse liegen. Gar nicht selten sieht man größere Röhrendurchschnitte (Taf. IX, Fig. 26 a) mit Kragenzellen an der Innenseite, in welchen ein oder mehrere Durchschnitte kleinerer Röhren liegen (Taf. IX, Fig. 26 b), bei denen die Kragenzellenschicht die äußere Bekleidung bildet. Wären alle Poren in den Wänden der letztgenannten Röhren (mit außenliegenden Kragenzellen) Einströmungs- Die Spongien der Adria. I. 197 poren, so käme denselben offenbar die Bedeutung einführender Kanäle zu. Ob dies der Fall ist, lässt sich nicht durch direkte Beobachtung feststellen. Es wäre dies aber von so großem Vortheil für den Mechanis- - mus der Wasserströmung, dass sich kaum denken lässt, es habe die _ Zuchtwahl nicht eine solche Aggregation einführender Poren in diesen Abschnitten der gesammten Leibeswand zu Stande gebracht. Hieraus glaube ich folgern zu sollen, dass in der That neben den indifferenten labyrinthischen Hohlräumen, welche durch Ein- und Ausströmungs- Poren mit dem Gastralraum in Verbindung stehen, auch wirklich ein- führende Kanäle vorkommen. Der bei großen Exemplaren, wie erwähnt, nicht selten vorkom- mende größere centrale Hohlraum steht mit der Außenwelt, abgesehen von dem terminalen Pseudosculum, stets durch zahlreiche Lücken zwischen den einzelnen Asconröhren in Verbindung. Harckzı ist der _ Ansicht, dass sämmtliche Lücken, welche man an der Oberfläche des _ Schwammes sieht, direktin diesen centralen Hohlraum führen. Meine Schnittserien haben mir aber gezeigt, dass viele, wenn nicht die meisten von diesen oberflächlichen Lücken in handschuhfingerförmige, blind endende Röhren hineinführen, deren Außenseite mit Kragenzellen bekleidet ist. Es sind das die oben beschriebenen kleinen Röhren mit außenseitigen Kragenzellen, die man so häufig innerhalb der größeren Röhren findet. Die Wände der Röhren sind durchschnittlich 0,04 mm dick. Ihre äußere und innere Oberfläche ist glatt. Die Poren, welche in den Röhrenwänden vorkommen, sind kreisrund. Zahl und Anordnung der- selben sind in Präparaten sehr verschieden. Zuweilen fehlen sie ganz. Die Poren werden kontrahirt und geschlossen, wenn ungünstige Ein- flüsse auf den Schwamm wirken. Es geht jedoch die Zusammenziehung der Poren so langsam vor sich, dass starke Härtungsmittel, wie Alkohol absolutus, Osmiumsäure oder warme Sublimatlösung das ganze Gewebe tödten und zum Erstarren bringen, ehe die Poren Zeit haben, sich erheblich zu kontrahiren oder gar zu schließen. In der That habe ich bei den Exemplaren, welche ich im Boot sogleich mit den erwähnten Reagentien härtete, stets zahlreiche 0,014 bis 0,048 mm weite Poren gefunden; während man in gewöhnlichem Spiritusmaterial, das nicht gleich nach dem Fang gehärtet, sondern vorher eine Zeit lang in zu ‘warmem Meerwasser gehalten oder sonst wie misshandelt worden war, in der Regel vergebens nach Poren sucht. In solchen Fällen hatten eben die Poren Zeit, auf die ungünstigen Einflüsse, denen der Schwamm vor der Härtung ausgesetzt war, durch Kontraktion und Schließung zu reagiren. HarckeıL (1872; Bd. I, p. 220—222) behauptet, dass Poren F 198 R. v. Lendenfeld, sich an jeder beliebigen Stelle der Röhrenwand bilden und durch Zu- sammenfließen ihrer Ränder später wieder spurlos verschwinden. Neue Poren sollen sich nicht genau an denselben Stellen bilden, wo alte verschwunden sind. Mir selbst ist es nicht gelungen, das Schließen und Öffnen der Poren am lebenden Schwamm unter dem Mikroskop zu beobachten. Die Poren, welche ich in solchen Präparaten sah, änderten ihre Größe nicht. Eine Neubildung von Poren habe ich nicht beobachtet. Das Plattenepithel, welches die äußerste der drei Schichten, aus denen die Röhrenwand zusammengesetzt erscheint, bildet, ist am lebenden Schwamme schwer zu sehen. Auch an Flächenschnitten durch Osmiumpräparate ist nicht viel davon wahrzunehmen; dagegen erkennt man es deutlich an Querschnitten durch die Röhrenwand mit Osmiumsäure gehärteter Exemplare. Merschnikorr (1879; p. 359, Taf. XXU, Fig. #4) hat die Grenzen der Plattenzellen durch Silberlösung zur Anschauung gebracht. Das Plattenepithel besteht aus recht niedrigen, über dem abgeplatteten Kern ziemlich stark nach außen vorgewölbten Zellen von polygonalem Umriss. Die Grenzlinien zwischen benachbarten Plattenzellen sind gerade oder leicht gekrümmt. Die mittlere Lage, die Zwischenschicht, ist überaus zart, kaum irgendwo über 0,03 mm dick und stellenweise so dünn, dass das äußere Plattenepithel die Kragenzellenschicht fast berührt. Die Zwischen- schicht (Taf. IX, Fig. 25) besteht aus einer vollkommen farblosen und durchsichtigen Grundsubstanz, in welcher verschiedenartige Zellen, sowie die Nadeln eingebettet sind. Merscunikorr (1879; p. 361) hat große körnige und kleine durchsichtige Zellen in der Zwischenschicht gesehen. Ich finde darin zahlreiche multipolare Bindegewebszellen, von denen jene, welche in den mittleren Partien der Zwischenschicht liegen, ihre Ausläufer nach allen Richtungen entsenden, während die näher an die Epithelien herantretenden ihre Fortsätze vorwiegend in tangentialer Richtung ausbreiten. Obwohl auch bei den, in der Mitte der Zwischenschicht liegenden Zellen die tangentialen Fortsätze vor- herrschen, so nimmt doch diese der Oberfläche parallele Anordnung der Zellausläufer um so größere Bestimmtheit an, je mehr wir uns den Epithelien nähern, welche die Oberflächen der Zwischenschicht bekleiden. Mit dieser Zunahme der Regelmäßigkeit der tangentialen Anordnung geht eine Abnahme der Zahl der Fortsätze Hand in Hand. An der Oberfläche der Nadeln beobachtet man nicht selten abgeplattete, zuweilen mit Fortsätzen ausgestattete Zellen, die einzeln oder zu kleinen Beständen vereint die Nadeln theilweise umhüllen. Die Fortsätze dieser Zellen breiten sich (wenn vorhanden) vorwiegend longitudinal, kriechend über die Nadeloberfläche aus. Solche Hüllen sieht man Die Spongien der Adria. I. 199 ziemlich oft bei kleinen jungen Nadeln, besonders nach Goldbehandlung. Nach Merscanikorr (1879; p. 361, Taf. XXI, Fig. 4) bilden sich die Nadeln in stark körnigen Zellen. Dem entgegen habe ich gefunden, dass die unregelmäßig gestalteten Plasmaklümpchen, welche einzelne ganz kleine Nadeln umhüllen oder ihnen anliegen, ziemlich durch- ' sichtig und frei von stärker lichtbrechenden Körnern sind. Außer diesen durchwegs ziemlich durchsichtigen Elementen kommen auch größere körnige Zellen in der Zwischenschicht vor. Es sind das die amöboiden Zellen und die jungen Eizellen. Die letzteren zeichnen sich durch die Größe des Kerns aus. Das Skelett (Taf. VIII, Fig. 1 « bis d) besteht aus tangential angeord- neten Triactinen. Die Strahlen sind gerade, unter einander kongruent und schließen mit einander Winkel von 120° ein. Im basalen Theile sind sie sehr gestreckt konisch, fast cylindrisch, da die Oberfläche des basalen Strahlentheils nur schwach gegen die Strahlenachse geneigt ist. Im distalen Drittel ist diese Neigung bedeutender und nimmt gegen die Spitze des Strahles bis zu 25° zu, so dass der Strahl die Gestalt einer Pfrieme gewinnt. Bei den schlankstrahligen Nadeln (Taf. VII, Fig. I a, 1 c) ist die Abnahme der Neigung der Strahlenoberfläche zur Strahlenachse gegen die Basis der Strahlen hin nicht so deutlich ausgesprochen wie bei den dickstrahligen Nadeln (Taf. VIII, Fig. 1b, Ad), wesshalb die Strah- len der ersteren mehr konisch, jene der letzteren (in den basalen zwei Dritteln) mehr eylindrisch erscheinen. Hazcker (1872, Bd. II, p. 22, 23) giebt an, dass die Nadelgröße eine sehr schwankende sei. Die von ihm beobachteten Grenzwerthe sind: Strahlenlänge 0,08—0,2 mm, basale Strahlendicke 0,006—0,02 mm. Da jedoch Harcker mehrere ab- weichende Formen, welche ich nicht als Angehörige dieser Art be- trachte, zu Ascetta primordialis gestellt hat, so werden diese Grenzen wohl als etwas zu weit anzusehen sein. Nach meinen Beobachtungen sind alle ausgebildeten Nadeln eines und desselben Individuums fast gleich groß, dagegen bestehen sehr große Unterschiede in der Größe der Nadeln verschiedener Individuen von verschiedenen Lokalitäten. Ich wähle von meinem Material die Nadelmasse von vier Stücken aus, welche eine Vorstellung von den Schwankungen der Nadelgröße geben, die man bei adriatischen Exemplaren antrifft. Fundort Strahlenläge Basale Dieke | Quotient (relative Apbildung Dicke) Mueceia.... . 0,070 mm 0,0067 mm 10,5 Taf. VII, Fig.4a Lriest.’! ... 0,108 » 0,0147 » 9,2 Taf. VIII, Fig.4 c Rovigno .. 0,087 » 0,0433 » 6,5 Taf. VIII, Fig,45 Lesina ... 0,142 » 0,0467 » 6,7 Taf. VIII, Fig.4d 300 R. v. Lendenfeld, Es sind also die Strahlen der Triactine der .adriatischen Ascetta primordialis-Exemplare 0,07—0,12 mm lang und an der Basis 0,006— 0,017 mm dick (6 bis A1mal so lang als dick). Die Strahlen junger Nadeln sind, wie schon Mrrscunikorr (1879, Taf. XXI, Fig. 4) angegeben hat, weniger schlank und schärfer zugespitzt als die Strahlen ausge- bildeter. Die Triactine bilden eine fast ganz einfache Schicht, da ihre Strah- len sich nur an den Enden kreuzen. Die Entfernung der Nadelmittel- punkte von einander ist um so größer, je dünner die Röhrenwand ist. Wegen der Zartheit des ganzen Baues. und der Leichtigkeit, mit welcher Ascetta primordialis in sehr feine Schnitte zerlegt werden kann, ist die Kragenzellenschicht bei diesem Schwamme besonders gut zu studiren. An Querschnitten durch die Röhrenwand erkennt man, dass die Kragenzellen langgestreckt und, besonders in ihrem verdickten Basal- theile, häufig unregelmäßig gestaltet sind. Ihre Länge beträgt meist etwas über 0,01 mm. Der Basaltheil ist etwa 0,005 mm dick. Der Kragen ist kurz, die Geißel aber von beträchtlicher Länge. Das Plasma ist durchaus von kleinen, ziemlich stark lichtbrechenden Körnchen er- füllt. Der blasse rundliche Kern liegt im basalen Theile der Zelle. An Flächenansichten und Tangentialschnitten durch die Kragen- zellenschicht (Taf. IX, Fig. 23, 24) erkennt man, dass der dünnere Distaltheil der Kragenzellen einen annähernd kreisförmigen Querschnitt besitzt, während der dickere Basaltheil unregelmäßige Kontouren zeigt, und meist in einen oder in mehrere, tangential im Grunde der Kragen- zellenschicht sich erstreckende Zipfel ausgezogen ist. Die Kragenzellen stehen keineswegs dicht beisammen, sondern sind durch helle Zwischenräume, welche selbst zwischen ihren dicken Basaltheilen bei 0,002 mm breit sind, von einander getrennt. Diese Räume verdanken nicht etwa einer lateralen Schrumpfung der Kragen- zellen in Folge von Reagentienwirkung ihre Entstehung. Sie sind nicht leer, sondern von einer, der Grundsubstanz der Zwischenschicht ähn- lichen Substanz ausgefüllt. Diese Füllmasse reicht bis an die Enden der Kragenzellen hinauf, zuweilen sogar über diese hinaus. Tinktions- mittel lassen diese Substanz farblos. Hareker (1872, Bd. III, Taf. I, Fig. 7) stellt zwar helle Räume zwischen den Kragenzellen — aller- dings recht ungenau — dar, beschreibt sie jedoch nicht näher. Diese Räume zwischen den Kragenzellen erscheinen von der Fläche gesehen als ein helles Netz, dessen Maschen von den dunklen Kragenzellen ein- genommen werden. In Folge der Unregelmäßigkeit der Gestalt und Anordnung der Die Spongien der Adria. I. 201 Kragenzellen sind die Balken dieses hellen Netzes bald breiter, bald schmäler, hier und da sogar ganz unterbrochen. In den breiteren hellen Netzbalken beobachtet man fast immer nahe ihrer Mitte einen dunklen Faden (Taf. IX, Fig. 23, 24) aus feinkörnigem Plasma. In den Knoten- punkten des hellen Netzes, wo sich solche Fäden kreuzen, anastomosiren sie, und nicht selten sieht man an solchen Stellen beträchtliche Ver- diekungen dieser Fäden. Diese Fäden nun scheinen nichts Anderes zu sein als Fortsetzungen der Plasmazipfel, welche von dem Basaltheil vieler Kragenzellen abgehen. In einzelnen Theilen des Schwammes findet man, zerstreut zwi- schen den Kragenzellen, multipclare Plasmamassen von wechselnder Größe. Diese Gebilde sind viel niedriger als die Kragenzellen und er- scheinen desshalb, obwohl ihr Plasma mit jenem der Kragenzellen voll- kommen übereinstimmt, von der Fläche gesehen bedeutend heller als diese. Die größten Gebilde dieser Art (Taf. IX, Fig. 23) enthalten zwei oder mehr Kerne. In kleineren beobachtet man einen Kern. Von den großen polynuclearen Gebilden dieser Art, bis herab zu den kleinen Verdickungen an den Kreuzungspunkten der Fäden, welche stets kernlos sind, finden sich alle Übergänge. Besonders die großen Zellen sind durch breite Plasmabrücken mit einer oder mit mehreren Kragenzellen verbunden (Taf. IX, Fig. 23). Je kleiner die Zellen sind, um so dünner sind die Fortsätze, die von ihnen abgehen, und um so schwerer ist eine Verbindung derselben (durch diese Plasmafäden) mit Kragenzellen nachweisbar. Ausnahmsweise sind benachbarte Kragenzellen durch einen star- ken, kurzen Plasmafaden direkt mit einander verbunden (Taf. IX, Fig. 23). Häufiger sieht man schwächere Fäden von den Kragenzellen abgehen, welche auf beträchtliche Entfernungen hin verfolgt werden können (Taf. IX, Fig. 24). Diese vereinigen sich schließlich mit einem Fortsatze einer multipolaren Zelle oder einer anderen Kragenzelle. Die längeren Fäden winden sich zwischen den nächststehenden Kragen- zellen durch. Sie sind es, welche zur Entstehung jenes unregelmäßigen Fadennetzes (vgl. die Figuren) Veranlassung geben, welches die Kragen- zellen umspinnt. Die meisten Kragenzellen und alle multipolaren Ele- mente, seien sie nun groß und mehrkernig, oder klein und kernlos, stehen mit diesem Fadennetze in offenbarem Zusammenhang. Einige Kragenzellen scheinen jedoch in keiner Verbindung mit denselben zu - stehen. Verbindung der Kragenzellen unter einander durch seitliche Fort- - sätze ist von F. E. ScuuLze (1887a, p. 23, 24) bei den Hexactinelliden _ und von Sorras (1888, p. XXXVII) bei einigen Tetractinelliden nach- Zeitschrift f, wissensch. Zoologie, LIII. Bd. 44 202 R. v. Lendenfeld, gewiesen worden. Das Material, welches diesen Angaben zu Grunde lag, war jedoch nicht besonders gut konservirt, so dass eine direkte Vergleichung der betreffenden Befunde bei den genannten Kiesel- schwämmen, mit meinen Beobachtungen an Ascetta primordialis kaum statthaft erscheint. Wo ein Paar benachbarter Kragenzellen durch einen kurzen und dicken Plasmafortsatz verbunden ist, wird wohl anzunehmen sein, dass dieses Kragenzellenpaar durch Theilung aus einer gemeinsamen Mutter- zelle hervorgegangen ist. Weiter kann angenommen werden, dass auch die durch lange, dünnere Fäden verbundenen, entfernter stehen- den Kragenzellen in ähnlicher Weise mit einander verwandt sind. Vermehrten sich die Kragenzellen durch Theilung und blieben die Schwesterzellen eine Zeit lang durch einen Plasmafaden verbunden, dann könnte man sich leicht vorstellen, wie durch die wiederholte Theilung dieser Elemente jenes Fadennetz zu Stande kommt, welches die Kragenzellen theils verbindet, theils umspinnt. Die großen kernhaltigen multipolaren Zellen werden wohl als Kragenmutterzellen in Anspruch zu nehmen sein. Sie finden sich nur in rasch wachsenden Theilen des Schwammes und theilen sich wieder- holt, fortwährend Kragenzellen bildend, welche sich dann ebenfalls noch durch Theilung vermehren; einige der Tochterzellen behalten aber den indifferenten Charakter ihrer Mutter eine Anzahl Generationen hindurch, und zwar so lange bei, bis das rasche Wachsthum an der betreffenden Stelle aufgehört hat. Als letzte, indifferente Reste solcher Zellen wären vielleicht die kleinen, kernlosen Plasmaklümpchen aufzu- fassen, welche häufig an den Knotenpunkten der Fäden vorkommen. Die multipolaren Kragenzellen sind wohl als Zellen anzusehen, welche ihren embryonalen Charakter beibehalten haben. Dem ent- sprechend wäre anzunehmen, dass jene Elemente der Spongienlarve, aus welchen die Kragenzellenschicht hervorgeht, eine solche Gestalt besäßen. Allerdings sind solche Zellen nicht beschrieben worden, wir wissen aber überhaupt so wenig von der Asconentwicklung, dass dieser negative Befund gar keinen positiven Werth hat. Merscunikorf (1879, p. 363) und O. Scanipr (1877, p. 249 ff.) haben einige Angaben über die Entwicklung von Ascetta primordialis ge- macht. Die ersten Stadien werden im Mutterleibe durchlaufen. Durch totale, und nach Merscennikorr’s (1879, Taf. XXI) Figuren zu schließen, äquale Furchung entwickelt sich aus dem Ei ein Zellhaufen, in dessen Innerem ein Hohlraum entsteht, welcher sich vergrößert. Die Zellen ordnen sich in einer Schicht an der Oberfläche an. Die Blastula ist eiförmig. Der eine Pol besteht aus körnigen Zellen, und von diesem Die Spongien der Adria. I. 203 aus wird das Innere der Larve mit jenen körnigen Zellen bevölkert, aus welchen sich das Entoderm und die Zwischenschicht entwickeln. Ascetta primordialis ist in der Adria an folgenden Stellen gefunden worden: Triest, Muggia, Rovigno, Zara, Sebenico, Lagosta, Lissa und Lesina. 2. Ascetta spinosa. (Taf. VIII, Fig. 2, 46, 24, 22.) Mein Material dieses neuen Schwammes stammte theils aus Triest und Muggia, theils aus Lissa und theils aus Lesina. Ascetta spinosa ist ein niedriger, häufig inkrustirender und nur selten zu polsterförmigen Massen anwachsender Schwamm, welcher aus einem sehr dichten Netz !/,—1 mm weiter Röhren besteht. Die über- wiegende Zahl der Maschen dieses Netzes ist sehr klein, rundlich, etwa '/, mm weit. Neben zahlreichen solchen kommen einzelne größere Netzmaschen vor, welche sich durch ihre unregelmäßige Gestalt aus- zeichnen. Diese Maschen sind langgestreckt, die größten etwa !/, bis 3/, mm breit und 1 bis 1!/, mm lang. Sämmtliche von mir untersuchte Exemplare waren mundlose Aulo- plegmen. Das größte (von Lissa) besitzt eine Länge von 22, eine Breite von 18, und eine Höhe von 4 mm. Die Wände der Röhren sind durchschnittlich etwa 0,04 mm dick. Die ovalen, regelmäßig vertheilten Poren erreichen in einigen Exem- plaren eine Weite von 0,015 mm und darüber. Das Skelett besteht ausschließlich oder größtentheils aus Tetrac- tinen mit tangential orientirten Basalstrahlen und frei ins Gastrallumen _ hineinragendem Apicalstrahl (Taf. VIII, Fig. 16). Die Nadelmittelpunkte - sind durchschnittlich 0,053 mm von einander entfernt. Die Basal- strahlen kreuzen sich vielfach und bilden ein förmliches Geflecht. "Diese Tetraetine (Taf. VIII, Fig. 2 a—c, ad —c’) bestehen aus drei kon- gruenten Basalstrahlen, welche zusammen ein reguläres Triactin bilden, und einem schlanken, geraden Apicalstrahl, der auf der Ebene der ' Basalstrahlen senkrecht steht. Die Basalstrahlen sind zugespitzt, ent- weder schlanker und konisch, oder stärker, und dann in den basalen zwei Dritttheilen fast cylindrisch, kaum merklich gegen die pfriemen- 4 förmige Spitze hin verdünnt. Die Basalstrahlen aller ausgebildeten F Nadeln eines und desselben Individuums sind stets annähernd gleich "groß und gleich gestaltet. Bei Individuen von verschiedenen Lokalitäten . aber werden beträchtliche Unterschiede in der Größe und Gestalt der - Basalstrahlen beobachtet, wie folgende Maße zeigen: 4h* 204 R. v. Lendenfeld, Fundort | Strahlenlänge Basale Dicke on ne Abbildungen Taf. VII, Fig. 2a, a’ Muggia .. 0,083 mm 0,0067 mm 12,4 Lissa. 22.. 0,447 » 0,0067 » 17,4 Taf. VII, Fig. 2b, b’ Lesina. .. 0,105 » 0,0408 » | 9,8 Taf. VIH, Mer e Die Basalstrahlen sind also 0,08—0,12 mm lang und an der Basis. 0,006—0,012 mm dick, wobei zu bemerken ist, dass die Strahlenlänge keineswegs ihrer Dicke proportional zu sein braucht, wie dies auch aus den obigen Speeialmaßen erhellt. Der Apicalstrahl ist, im Gegensatz zu den Basalstrahlen, auch bei den Nadeln eines und desselben Indi- viduums von sehr schwankender Größe. Die längsten Apicalstrahlen beobachtete ich an den Nadeln mit langen und schlanken Basalstrahlen eines Exemplares von Lissa. Hier (Taf. VIII, Fig. 2 b) erreichten einige eine Länge von 0,045 mm. Die Nadeln mit dieken Basalstrahlen der Lesinaer Exemplare (Taf. VIII, Fig. 2 c) hatten höchstens 0,033 mm lange Apicalstrahlen. Neben solchen werden stets, auch an vollkommen aus- gebildeten Nadeln, viel kürzere Apicalstrahlen beobachtet. Im Allge- meinen beträgt ihre Länge 0,02—0,045 mm. Die basale Dicke beträgt 0,002—0,0033 mm. Sie ist nicht der Länge proportional. Obwohl stets der weitaus überwiegende Theil aller Nadeln solche Tetractine sind, so trifft man doch nicht selten einzelne Nadeln an, bei denen der Api- calstrahl entweder zu einem kleinen Höcker zusammengeschrumpft ist, oder gar ganz fehlt. Solche reine Triactine, ohne Spur des Apical- strahls, sind jedoch selten. ‚Unglaublich erscheint es, dass Haırcreı diesen, an der dalmatini- schen Küste so verbreiteten Schwamm nicht gekannt haben soll, und ich vermuthe desshalb, dass er denselben mit Ascetta primordialis zu- sammengeworfen hat. Die Basalstrahlen der Tetractine von Ascetta spinosa gleichen ja den Triactinen von Ascetta primordialis, und leicht können die Apicalstrahlen der ersteren wegen ihrer geringen Dicke der Beobachtung entgehen. Gewöhnlich liegen die Basalstrahlen der Ascetta spinosa-Nadeln in Präparaten größerer Theile in der Ebene des Objekt- trägers, und dann sehen sie genau so aus wie Ascetta primordialis- Nadeln. Von den letzteren unterscheiden sie sich bloß durch das Vor- handensein eines kleinen Kreises, dem optischen Querschnitt des Apicalstrahles, in ihrer Mitte. Nun hat Hazcxer (1872, Bd. II, Taf. I, Fig. 2 i,,; Taf. V, Fig. 1 a—i) in der Mitte seiner Ascetta primordialis- Nadeln kleine Ringe gezeichnet und als Kontour eines » Centralkornes« beschrieben, welches in Wirklichkeit nicht existirt. Ich kann mich der Vermuthung nicht entschlagen, dass HarckeL durch die Beobachtung Die Spongien der Adria. 1. 205 von Ascetta spinosa-Nadeln (bei denen, wenn ihre Basalstrahlen, wie dies gewöhnlich der Fall ist, horizontal ausgebreitet sind, der Apical- strahl wie ein kleiner Ring in der Nadelmitte aussieht) zu der An- schauung verleitet wurde, es müssten alle Ascetta primordialis-Nadeln ein »Centralkorn« in ihrer Mitte bergen. Diese Annahme wird auch dadurch gestützt, dass Harcker, außer bei den Nadeln von Ascetta pri- mordialis, Ascetta sceptrum und Leucetta primigenia (bei denen wohl auch Tetractine für Triactine mit »Centralkorn« gehalten worden sein mögen) nirgends solche Ringe gezeichnet hat. Bei einem Exemplar fand ich junge Eier in der Zwischenschicht (Taf. VI, Fig. 21 a). Die Kragenzellenschicht scheint ganz eben so ge- baut zu sein, wie bei Ascetta primordialis. Die Apicalstrahlen der Tetractine durchsetzen die Kragenzellenschicht, welche sich an ihnen nicht emporzieht. | Bei mehreren der von mir untersuchten Ascetta spinosa-Exempla- ren von Lissa und Lesina fand ich in der Kragenzellenschicht eigen- thümliche, ungemein auffallende grobkörnige Zellen von bräunlicher Farbe (Taf. VIII, Fig. 16, 21 b, 22 a) in allen Theilen des Röhrennetzes in großer Zahl. Von dem unregelmäßig kontourirtem, der Zwischen- schicht direkt aufliegenden, meist flach ausgebreiteten Basaltheil der Zelle, in dessen Mitte ein kugeliger Kern liegt, erhebt sich ein starker, eylindrischer oder häufig zipfelförmiger Fortsatz, welcher entweder bis zur freien Oberfläche der Kragenzellenschicht heranreicht, oder unter- halb derselben endet. Diese Zellen sind 0,012 mm breit und 0,01 bis 0,015 mm hoch. Von allen anderen Elementen der Ascetta spinosa unterscheiden sich diese Zellen durch ihre braungelbe Farbe, die großen stark licht- _ brechenden, in denselben eingebetteten Körnchen, und die Untingir- _ barkeit. Die letztere Eigenschaft lässt vielleicht auf die Existenz einer, durch die Beobachtung allerdings nicht nachweisbaren Gellulosehaut schließen. Ich glaube hieraus, sowie aus ihrer Farbe und ihrem spora- dischen Vorkommen folgern zu dürfen, dass diese Elemente Parasiten ' oder Symbionten pflanzlicher Natur seien, obwohl sie keinem der mir ' bekannten, bei Spongien vorkommenden Organismen dieser Art ähn- lich sind. ; Der Schwamm ist von licht gräulicher oder brauner Farbe. Braun sind nämlich jene Exemplare, bei denen die beschriebenen großen - braunen Zellen vorkommen. : Ascetta spinosa ist bisher nur in der Adria gefunden worden, und , zwar in Triest, Muggia, Lesina und Lissa. 206 R. v. Lendenfeld, — 3. Ascetta cerebrum, (Taf. VIII, Fig. 3; Taf. IX, Fig. 38—44.) 1872 wurde die Art von HacckkL (4872, Bd. II, p. 54, Bd. III, Taf. VIII, X) als Ascaltis cerebrum beschrieben. HAEckEL unterschied innerhalb dieser Species die beiden specifischen Varietäten gyrosa und decipiens. Wie oben erwähnt, vereinige ich Harcrer’s Ascaltis-Arten mit glatter Gastralfläche mit Ascetta, und es erscheint dem entsprechend diese Art hier unter dem Namen Ascetta cerebrum. Die Harcxer’schen Varietäten gyrosa und decipiens, von denen die letztere, nicht aber die erstere, einen, aus dickstrahligen, etwas un- regelmäßig sagittalen Triactinen bestehenden Hautpanzer an der äußeren Oberfläche besitzt, kann ich nicht gelten lassen, weil gyrosa nichts Anderes als die Jugendform von decipiens ist, und überdies auch bei ersterer eine, wenn auch geringe Differenzirung der ober- flächlichen Triactine beobachtet wird. Mein Material dieses Schwammes stammte theils aus Rovigno, und theils aus Lesina. Ascetta cerebrum erscheint in Gestalt dichter Massen vielfach ver- schmolzener, feiner, bloß 0,2—0,3 mm weiter Röhren. Einige dieser Massen erreichen eine beträchtliche Größe — bis zu 5 cm und mehr Maximaldurchmesser. Bei solchen großen Exemplaren wird häufig ein centraler Hohlraum beobachtet, in welchen baumförmig verzweigten Kanälen ähnliche Hohlräume hineinführen. Der Pseudogaster und diese Pseudokanäle erlangen bei einzelnen Exemplaren eine sehr hohe Ausbildung. Es kann nur ein, oder es können mehrere Pseudo- gaster vorkommen. Jeder von ihnen ist durch ein auffallendes Pseud- osculum von beträchtlicher Größe mit der Außenwelt in Verbindung. Die polygastrischen Exemplare sind massig, horizontal ausgebreitet, mehr oder weniger polsterförmig; die monogastrischen dagegen sind aufrecht, mehr oder weniger birnförmig und gestielt. Die ersteren haben zahlreiche Pseudoscula an der Oberseite, die letzteren dagegen nur ein centrales, zuweilen von einem kurzen Rohr umgebenes Pseud- osculum in der Mitte der Distalfläche. Betrachtet man ein unverletztes Exemplar oder einen Schnitt (Taf. IX, Fig. 4A), so erkennt man, dass die Poren an der äußeren Oberfläche, welche in das Interkanalsystem im Inneren hineinführen, enger sind als die Interkanäle, und dass diese selbst gegen den mitt- leren Theil des Schwammes hin an Weite zunehmen. Auch die Ascon- röhren sind an der Oberfläche enger als in der Tiefe, jedoch ist bei Die Spongien der Adria. I. _ 207 diesen der Unterschied in der Weite lange nicht so groß als bei den Interkanälen. Bisher sind nur »mundlose« Auloplegmen ohne größere, mit freiem Auge sichtbare Oscula beobachtet worden. Die Poren sind in den meisten meiner (Alkohol-) Präparate deutlich, kreisrund oder oval und 0,02 mm weit (Taf. IX, Fig. 41). Zuweilen beobachtet man eine zarte Gewebebgücke, welche quer in einer ovalen Pore ausgespannt, diese in zwei kreisrunde Poren zerlegt. Auf diesen Brücken, sowie auf einem, etwa 0,004 mm breiten Saum in der Umgebung der Poren fehlen die Kragenzellen. Die Röhrenwände sind im Inneren des Schwammes etwa 0,012 mm, an der freien äußeren Oberfläche 0,017 mm dick. Das Skelett (Taf. VII, Fig. 3 a—g, f’, 9’; Taf. IX, Fig. 38—41) be- steht aus Triactinen und Tetractinen, welche einen bei Asconen ganz ungewöhnlich hohen Grad von Differenzirung erreichen. Das Skelett der Röhrenwände im Inneren des Schwammes (Taf. IX, Fig. 40, 41) be- steht aus einer äußeren Lage regulärer, tangential orientirter Triactine und einer inneren Lage von Tetractinen, deren tangential orientirte Basalstrahlen den darüber liegenden Triactinen gleichen. Der Apical- strahl der Tetractine ragt frei in das Gastrallumen hinein. Die Kragen- zellenschicht zieht sich meist gar nicht (Taf. IX, Fig. 39 c, 40 b) oder aus- nahmsweise nur ganz unbedeutend an demselben empor. Hier in den internen Röhrenwänden liegen die Nadeln keineswegs besonders dicht beisammen (Taf. IX, Fig. 41). Die Mittelpunkte der Tetractine sind etwa 0,i mm von einander entfernt. Eine ähnliche Entfernung von einander haben die Mittelpunkte der Triactine. Die Lage der Nadeln ist — abgesehen davon, dass alle tangential orientirt sind — eine ganz regellose. Ganz anders beschaffen ist das Skelett jener Röhrenwand- partien, welche die freie äußere Oberfläche bilden (Taf. IX, Fig. 38, 39). - Auch hier begegnen wir, dem Gastralraum zunächst, einer Lage von Tetractinen. Diese gleichen den Tetractinen des Schwamminneren in jeder Hinsicht vollkommen. Über denselben liegt ein dichtes Geflecht von dickstrahligen unregelmäßig sagittalen Triactinen, welche in zwei bis drei Schichten über einander liegen und mit ihren verkrümmten, - am Ende zuweilen hakenförmig umgebogenen Lateralstrahlen derart in _ einander greifen, dass ein fester Hautpanzer zu Stande kommt. Regu- - läre Triactine werden hier gar nicht, oder nur ausnahmsweise ange- - troffen. Bei jungen, kleinen Exemplaren — Harcker’s Varietät gyrosa — : sind die Strahlen dieser Dermalnadeln nicht so dick und weniger gekrümmt, wie bei größeren, älteren Exemplaren — Harckeı’s Varietät decipiens —. Die Figuren: Taf. VIII, Fig. 3 c—e und Taf. IX, Fig. 38, 39 - beziehen sich auf solche ausgewachsene Exemplare. 208 R. v. Lendenfeld, Die regulären Triactine des Schwamminneren (Taf. VII, Fig. 3a, 3b) haben drei kongruente, unter Winkeln von 120° zusammenstoßende, zugespitzte Strahlen, welche bei den von mir untersuchten Exempla- ren von Rovigno ziemlich schlank konisch (Taf. VII, Fig. 3a), bei den Exemplaren von Lesina aber (Taf. VIII, Fig. 36) im Basaltheil mehr cylindrisch sind und sich gegen die Spitze hin rascher verdünnen. Die Strahlen sind 0,06 (Exemplar von Rovigno) bis 0,067 mm (Exemplar von Lesina) lang und an der Basis 0,006 (Exemplar von Rovigno) bis 0,009 mm (Exemplar von Lesina) dick. Harerer (1872, Bd. II, p. 57) giebt die Strahlenlänge zu 0,08—0,09, die basale Strahlendicke zu 0,008—0,012 mm an. Meine Maße sind also beträchtlich kleiner als die Hazerer’schen, und ich muss bemerken, dass ich bei keinem der von mir untersuchten Exemplare so große Triactine fand wie HaAzckEL. Die dickstrahligen Triactine des Hautpanzers (Taf. VIII, Fig. 3 c—e, Taf. IX, Fig. 38) sind den irregulären Triactinen der Ascetta flexilis, mit denen Hazcker (1872, Bd. II, p. 57; Bd. III, Taf. V, Fig. 8) sie ver- gleicht, nicht ähnlich. Im Gegentheil müssen sie als völlig sagittal be- zeichnet werden. Ihr Sagittalstrahl ist gerade oder leicht gekrümmt, konisch, zugespitzt, 0,06—0,07 mm lang und an der Basis 0,013 bis 0,01% mm dick. Die Lateralstrahlen sind unregelmäßig häufig kork- zieherartig gekrümmt. Ihre Basaltheile schließen mit einander einen Winkel von annähernd 180° ein. Sie sind etwa 0,04 mm lang, an der Basis 0,0 13—0,014 mm dick und meist etwas abgestumpft. Die Tetractine (Taf. VIII, Fig. 3f, 9, f', 9; Taf. IX, Fig. 39, 40, 41) sind durch die Dornen ihres Apicalstrahls ausgezeichnet. Ihre Basalstrahlen gleichen den regulären Triactinen vollkommen, sind jedoch oft etwas größer — bei den Exemplaren von Rovigno (Taf. VII, Fig. 3 f, f') 0,063 mm lang und an der Basis 0,0083 mm dick, und bei den Exem- plaren von Lesina (Taf. VIII, Fig. 3 g, g’) 0,08 mm lang und an der Basis 0,012 mm dick. Diese Maße stimmen mit den Angaben Harcker’s. Der gerade, senkrecht aufragende, etwas über der Mitte von einer ring- förmigen Zone aufstrebender Dornen umgebene Apicalstrahl ist 0,045 (Exemplar von Rovigno, Taf. VIII, Fig. 3 f’) bis 0,053 mm (Exemplar von Lesina, Taf. VIII, Fig. 3 g’) lang und an der Basis 0,005—0,0075 mm dick. Harcker’s Angabe, wonach der Apicalstrahl eben so lang wäre wie die Basalstrahlen, trifft bei den von mir untersuchten Exemplaren nicht zu, und seine Zeichnung (1872, Bd. III, Taf. X, Fig. 2 c, d) der Apicalstrahlen ist unrichtig. Die Kragenzellenschicht (Taf. IX, Fig. 39—43) hat denselben Bau wie bei Ascetta primordialis. In Alkoholmaterial erscheinen (in Schnit- ten) die Kragenzellen als langgestreckte, etwas unregelmäßige Gebilde Die Spongien der Adria. I. 209 von 0,003—0,0035 mm Breite und 0,0083 mm Länge mit kugeligem _ Kern im Proximalende. Die basalen Pseudopodien der Kragenzellen | sind in Flächenbildern besonders nach Anilintinktion sehr deutlich. Eines der von mir untersuchten Exemplare aus Lesina war sehr reich an reifen Eizellen (Taf. IX, Fig. 40 a, 42, 43, 44 b), welche nach der Karmin-Anilin-Doppeltinktion manche bemerkenswerthe Bauver- hältnisse erkennen ließen. Diese Eier sind meist ein wenig abgeplattet (Taf. IX, Fig. 42, 43), selten eben so hoch oder gar höher als breit (Taf. IX, Fig. 40). Ihr Maximaldurchmesser beträgt nahezu 0,1 mm. Die Eier finden sich in allen Theilen der Röhrenwände mit Ausnahme jener, welche an der Bildung der äußeren Begrenzung des ganzen Schwammes Theil nehmen und durch den Hautpanzer verstärkt sind. Eine besondere Kapsel von Zellen wird in der Umgebung der Eier nicht wahrgenommen. Eben so ist keine Spur von einer Eihaut zu sehen. Das Plasma ist reich an Dotterkörnern von beträchtlicher Größe. Der meist etwas excentrisch gelegene Kern ist kugelig oder oval und besitzt einen Durchmesser von 0,003 mm oder etwas mehr. Ich habe viele verschiedene Kernstrukturen durch die erwähnte Doppeltinktion zur Anschauung bringen können. Die meisten Eikerne enthalten einen einfachen, etwa 0,004 mm großen Nucleolus. Zuweilen findet man (Taf. IX, Fig. 40) neben dem Nucleolus noch mehrere (bis zu vier) auffallende Körnthen im Kern, welche aus derselben Substanz bestehen wie der Nucleolus. In anderen Fällen wieder (Taf. IX, Fig. 43) sieht man in dem Nucleolus ein deutliches, etwa 0,0003 mm großes Kernchen, dessen Substanz sich nicht so stark zu färben scheint wie die umgebende Nucleolussubstanz. Am interessantesten sind die, frei- _ lieh nur hier und da, vereinzelt auftretenden Kerne, welche keinen _ Nucleolus, dafür aber wurstförmige Körper enthalten (Taf. IX, Fig. 42). Ich zweifle nicht, dass das Reste von Chromatinschlingen sind. In einigen Fällen habe ich ein kleines, stark tingirtes Körperchen der Oberfläche anhaftend gefunden. Da könnte man wohl mit einiger _ Wahrscheinlichkeit annehmen, dass wir es hier mit Struktureigenthüm- lichkeiten des Kernes zu thun haben, welche in die Erscheinungsreihe der Richtungskörperbildung gehören, und dass die erwähnten Körper- - chen Richtungskörper seien. Ich möchte hierauf besonders hinweisen, weil meines Wissens bei Kalkschwämmen; bisher weder Richtungs- - körper noch Mitosen beobachtet worden sind. | Die Farbe des Schwammes ist meistens weiß, selten gelb oder -röthlich. Ascetta cerebrum ist bisher nur in der Adria gefunden worden, "und zwar bei Rovigno und Lesina. 210 R. v. Lendenfeld, 4. Ascetta clathrus. (Taf. VIII, Fig. 4; Taf. IX, Fig. 27—37.) 41864 beschrieb O. Scanıpr (1864, p. 24, Taf. II) einen, in den Formenkreis dieser Art gehörigen Schwamm als Grantia elathrus. 1866 veröffentlichte O. Scumipr (1866, p. 8) weitere Angaben über diesen Schwamm, wobei er seinen früheren Namen beibehielt. 4867 führt Gray (1867, p. 557) denselben Schwamm als Clathrina sulphu- rea auf. 4872 beschrieb HarckEL (1872, Bd. Il, p. 30, 34; Bd. II, Taf. IV, V) den Schwamm genauer. Er nannte ihn Ascetta clathrus und fand, dass derselbe poly- morph in verschiedenen Gestalten auftritt, und errichtete für die verschiedenen Formen desselben die vier specifischen Varietäten labyrinthus, maeandrina, cla- thrina und mirabilis. 1875 veröffentlichte O. Scanipr (4875, p. 432, Taf. IX) einige Angaben über die Entwicklung dieses Schwammes und benutzte den HaEckeL’schen Namen Ascetta clathrus. 1876 führte KELLer (4876, p. 49) den Schwamm ebenfalls als Ascetta cla- thrus auf. 4877 machte O. Scanipr (4877, p. 255, Taf. XVI) weitere Angaben über die Entwicklung von Ascetta clathrus. 41879 untersuchte METScHNIKOFF (1879, p. 359, Taf. XXII) diesen Schwamm in histologischer und embryologischer Beziehung. Auch er nannte ihn Ascetta clathrus. Ascetta elathrus ist durch eine höchst eigenthümliche Polymorphie ausgezeichnet. Diese Vielgestaltigkeit beruht einestheils auf großen Verschiedenheiten des äußeren Aussehens, und andererseits darauf, dass das Entoderm bei der einen Form einschichtig, bei den anderen Formen mehrschichtig ist. Die früheren Autoren, und Anfangs auch HazckeL, glaubten, dass die verschiedenen Formen von Ascetta clathrus verschie- dene Arten seien. Erst 1872 erkannte Hazcrer den Zusammenhang der- selben, zog sie zu einer Art zusammen, und stellte für diese verschie- denen Formen die erwähnten vier Varietäten auf. Da nun aber diese Formen im Laufe der postembryonalen Entwicklung aus einander her- vorzugehen scheinen, und nicht selten verschiedene Theile eines und desselben Exemplars aus verschiedenen Formen bestehen, so scheint mir die Harorer’sche Auffassung derselben als »Varietäten« unpassend. Ich unterscheide vier verschiedene Formen von Ascetta clathrus, welche ich A, B, C und D nenne. Dieselben sind unten beschrieben. Die Form A entspricht der Ascetta clathrus var. labyrinthus Haeckel 1872; die Form B der Ascetta elathrus var. maeandrina Haeckel; die Form C hat von den früheren Autoren keinen eigenen Namen erhalten, und die Form D entspricht der Grantia elathrus O. Schmidt 1864, 1866, der Clathrina sulphurea Gray 1867 und der Ascetta clathrus var. clathrina Haeckel 1872. ilasezer’s Varietät mirabilis ist ein Individuum (Stock), Die Spongien der Adria. . 211 das zum Theil aus der Form D und zum Theil aus einer der anderen Formen besteht. Mein Material dieses Schwammes stammte theils aus Sebenico, theils aus Lissa und theils aus Lesina. Form A, (Taf. VIII, Fig. 4 a; Taf. IX, Fig. 27, 32—34.) Diese Form wurde von O. ScHmipt im Jahre 4868 bei Lesina aufgefunden und mit dem vorläufigen Namen Nardoa labyrinthus versehen. HAEckEL, an welchen Scamıpr sein Nardoa labyrinthus-Material zur Untersuchung abgegeben hatte, nannte diese Schwämme im Prodromus Tarrus labyrinthus. Erst später erkannte HAECKEL den Zusammenhang dieses Schwammes mit Grantia clathrus 0. Schmidt und beschrieb ihn 1872 (1872, Bd. II, p. 31) als Varietät labyrinthus von Ascetta clathrus. Ascetta clathrus Form A erscheint als ein massiges, knollenförmi- ges, kugeliges oder polsterförmiges Gebilde, welches aus einem dichten Netz anastomosirender, I—5 mm weiter Röhren besteht. Bis der Schwamm einen Durchmesser von etwa 20 mm erlangt, wächst er eben so rasch in vertikaler wie in horizontaler Richtung. Später aber breitet er sich nur mehr in horizontaler Richtung aus (in die Breite). Daher kommt es, dass alle kleineren Exemplare — bis zur Größe von 20 mm — mehr kugelig, die größeren aber polsterförmig, etwa 20 mm hoch, jedoch bis zu 70 mm breit werden. Die Poren in der Röhrenwand sind nicht in allen Theilen des Schwammes gleich zahlreich. Auf beträchtliche Strecken hin findet man (in Alkoholmaterial) 0,015 mm weite, kreisrunde Poren in sehr regel- mäßiger Anordnung. Die Entfernung der Porenmittelpunkte von ein- ' ander beträgt hier 0,04 mm (Taf. IX, Fig. 32). An anderen Orten sind _ die Poren von einander weiter entfernt, etwas unregelmäßig kontourirt, und bloß 0,012 mm weit. Die Röhrenwand hat eine Dicke von 0,02 mm. Die Gastralfläche ist glatt. Die Zwischenschicht enthält zahlreiche, sternförmige Binde- gewebszellen, ist jedoch vollkommen frei von größeren körnigen Ele- menten. Die Kragenzellen sind in einer einfachen Schicht angeordnet (Taf. IX, Fig. 33, 34). Sie sind (in Alkoholmaterial) recht unregelmäßig gestaltet und zeichnen sich besonders dadurch aus, dass sie sich nach ' oben hin nicht nur nicht verdünnen, sondern nicht selten am distalen Ende breiter sind wie an der Basis. Gleichwohl liegt der kugelige Kern stets im basalen Theile der Zelle. Von der Fläche gesehen (Taf. IX, ‚Fig. 33) sieht die Kragenzellenschicht dieser Ascetta clathrus-Form ähnlich aus wie die oben beschriebene Kragenzellenschicht von Ascetta ' primordialis. Wir treffen hier dieselben zipfelförmigen Fortsätze und 212 R. v. Lendenfeld, Fäden an wie dort. Die Füllmasse zwischen den Kragenzellen ist häufig (Taf. IX, Fig. 34) auffallend feinkörnig. Form B. (Taf. IX, Fig. 28, 35.) Die Form B wurde von Haccker (1872, Bd. II, p. 34), allerdings nicht ganz in meinem Sinne, als Ascetta clathrus var. maeandrina beschrieben. Die Form B von Ascetta clathrus tritt in Gestalt engmaschiger, flächenhaft ausgebreiteter, einschichtiger, kriechender Netze auf. Die Asconröhren, welche durch Anastomosenbildung zur Entstehung dieses Netzes führen, sind sehr eng, bloß 0,3—1,5 mm weit. Harcrer’s Varie- tät maeandrina (1872, Bd. II, p. 35) soll ähnliche Massen bilden wie meine Form A und nicht ein einschichtiges Netz sein. In dieser Hin- sicht weicht meine Form B von der genannten Varietät Harcrer’s ab. In Folge ihres kriechenden Habitus bleibt diese Form stets sehr niedrig, breitet sich aber zuweilen horizontal beträchtlich weit aus. Poren sind nur selten in der Röhrenwand zu finden. Die Röhren- wand hat eine Dicke von 0,03—0,06 mm. Die Gastralfläche ist glatt oder etwas uneben. In der Zwischenschicht finden sich, neben den gewöhn- lichen Bindegewebszellen, größere, körnige, kugelige oder unregelmäßige Elemente von großer Tinktionsfähigkeit. Ich zweifle nicht, dass das die Zellen sind, welche Merscunikorr (1879, p. 360) als große, gelbliche, körnchenreiche Elemente beschrieben hat. Die Zwischenschicht ist etwas dicker als bei der Form A. Das Entoderm besteht nicht, wie bei der Form A aus einer einfachen Kragenzellenschicht, sondern erscheint mehrschichtig (Taf. IX, Fig. 28). An Querschnitten durch die Röhrenwand erkennt man, dass der Zwischenschicht auf -der Innenseite ein Gewebe von beträchtlicher Dicke aufliegt, welches aus einer feinkörnigen Grund- masse besteht, in welche zahlreiche Zellen eingebettet sind. Diese Zellen (Taf. IX, Fig. 35) sind unregelmäßig gestaltet und ziehen sich häufig zu Spitzen oder Zipfeln aus. Ihr Plasma ist grobkörnig, der Kern central gelegen und kugelig. Ein Querschnitt durch diese Zellenschicht sieht gerade so aus wie eine Flächenansicht der einfachen Kragenzellen- schicht der Form A; nur fehlen hier die Fäden zwischen den Zellen. Die Füllmasse zwischen den Zellen stimmt mit der Füllmasse zwischen den Kragenzellen der Form A vollkommen überein. Die Zellen selbst haben ganz den gleichen Habitus und zeigen dieselben mikrochemischen Reaktionen, wie die Kragenzellen der Form A. Ob die oberflächlichen Elemente dieses Gewebes im Leben Kragen und Geißel tragen, oder sich in anderer Weise von den tiefer liegenden unterscheiden, weiß ich nicht zu sagen: jedenfalls lässt sich in meinem Alkoholmaterial gar Die Spongien der Adria. I. 213 kein Unterschied zwischen den oberflächlichen und den tiefer liegen- den Elementen nachweisen. Die Dicke dieses Entoderms ist eine wech- selnde. Schichtung lässt sich in demselben keine erkennen. Ich glaube wohl annehmen zu dürfen, dass das mehrschichtige Entoderm dieser Form im Laufe der Entwicklung aus dem einschichtigen Kragenzellen- epithel der Form A hervorgeht. Form (. (Taf. IX,. Fig. 29, 34, 36.) Die Form C scheint HaAEckEL nicht gekannt zu haben. METSCHNIKOFF (4879, pP. 362) aber hat neben anderen Formen von Ascelta clathrus auch diese gesehen. Ascetta clathrus, Form GC erscheint wie die Form B als ein eng- maschiges kriechendes, einschichtiges Netz 0,5—1,5 mm weiter, ana- stomosirender Röhren. Poren finden sich keine. Die Röhrenwand ist stellenweise 0,12 mm und darüber dick. Die Zwischenschicht hat eine Dicke von 0,03 bis 0,07 mm und ist reich an Bindegewebszellen. Gelegentlich kommen auch jene größeren, körnigen Zellen, welche wir bereits in der Zwi- schenschicht der Form B angetroffen haben in beträchtlicher Anzahl in der Zwischenschicht der Form GC vor. Merscnnikorr sagt (1879, p. 362): »die gewöhnliche, regelmäßige Anordnung der Entodermzellen macht jetzt« (namentlich bei der Anwesenheit von Eiern) »einer ganz unregel- mäßigen Platz, indem sich einige Elemente in Haufen vereinigen, während andere in weiten Abständen von einander zu liegen kommen «. Ich zweifle nicht, dass dieser Schilderung Mrrsennikorrs Exemplare meiner Form G zu Grunde lagen. Querschnitte durch die Röhrenwand zeigen, dass das Entoderm bei dieser Form stellenweise mächtig ge- wuchert, stellenweise aber niedrig, hier und da sogar einschichtig ge- blieben ist (Taf. IX, Fig. 29, 31, 36). Die Grenzfläche zwischen Ento- derm und Zwischenschicht ist, wie bei den anderen Formen sehr scharf, vollkommen glatt, durchaus kontinuirlich und der äußeren Oberfläche annähernd parallel. Diese Fläche wird von dem dunklen Entoderm bekleidet. An den Stellen, wo dieses gewuchert ist, ragen _ unregelmäßige Zellmassen in das Gastrallumen hinein. An Quer- sehnitten durch die Röhrenwand (Taf. IX, Fig. 29, 31) erscheinen diese - Protuberanzen einfach lappenförmig oder etwas verzweigt, distal nicht selten breiter als an der Basis. Diese Protuberanzen sind theils solid, theils hohl (Taf. IX, Fig. 31 a). Sie erreichen eine Höhe von 0,08 mm ‚und engen das Lumen der Röhren sehr beträchtlich ein. Sie bestehen aus dicht gedrängten, gegenseitig abgeplatteten, nur durch schmale - Zwischenräume von einander getrennten, polyedrischen Zellen (Taf. IX, 214 R. v. Lendenfeld, Fig. 36). Von dem Entoderm der Form B unterscheidet sich das Ento- derm der Form G durch die dichtere Aneinanderlagerung und die dadurch bedingte gegenseitige Abplattung der Zellen. Übergänge zwischen den Formen B und C sind viel häufiger als Übergänge zwischen den Formen A und B. Ich zweifle nicht, dass die Form C durch lokale Entodermwucherung aus der Form B hervorgeht. Form D, (Taf. VIII, Fig. 4b; Taf. IX, Fig. 30, 37.) Diese Form wurde von 0. Scanmipt (1864, p. 24, Taf. III; 1866, p. 8) als Gran- tia clathrus beschrieben. Sc#uipt erkannte bereits die höchst eigenthümliche Aus- füllung des Gastralraumes mit weichem Gewebe, welche bei dieser Form beobachtet wird. HAEckEL (1872, Bd. II, p. 31) hat diesen Schwamm genauer untersucht und Ascetta clathrus var. clathrina genannt. Die Form D von Ascetta clathrus tritt in Gestalt kriechender, ein- schichtiger, grobmaschiger Netze anastomosirender 1,5—3 mm dicker Balken auf. Die Weite der größten, meist annähernd kreisrunden Netz- maschen beträgt 15 mm und darüber. Zwischen diesen großen Maschen liegen Netze, welche wegen der Enge ihrer Maschen und Dicke ihrer Balken wie durchlöcherte Platten aussehen. Poren sind nicht nachweisbar. Über den inneren Bau dieser Form berichtet Hazerzr (1872, Bd. II, p. 32; Bd. III, Taf. IV, Fig. %, 5), dass die Netzbalken dieses Schwammes nicht, wie ScHmiDr angenommen, solid, sondern wie die Balken anderer Asconnetze, hohl seien. Die Röhren sollen durch transversale Scheidewände in zahlreiche kleine Fächer getheilt sein. In jedem Fache reife ein Embryo. An meinem Material habe ich von alle Dem nichts gesehen. Ich finde, dass die Bal- ken des Asconnetzes Stränge sind, in deren Innerem unregelmäßige Hohlräume von wechselnder Größe vorkommen (Taf. IX, Fig. 30). Die Zwischenschicht hat eine Mächtigkeit von 0,03—0,05 mm. Sie ist reich an sternförmigen Bindegewebszellen. Die größeren körnigen Elemente der Formen B und GC konnte ich in derselben jedoch nicht nachweisen. In der Zwischenschicht finden sich einige Lücken, welche zum Theil mit Lücken in der centralen Entodermmasse in direkter Verbindung stehen. Die Grenze zwischen Entoderm und Zwischenschicht ist nicht so scharf wie bei den übrigen Formen, weil einzelne Entodermzellen der Zwischenschicht selbst eingebettet sind. Das Lumen des, von der Zwischenschicht gebildeten Rohres wird von Entodermgewebe einge- nommen, welches aus denselben polyedrischen Zellen besteht, welche wir im Entoderm der Form C kennen gelernt haben. Hier sind jedoch die Entodermzellen nicht so dicht zusammengedrängt und dem ent- Die Spongien der Adria. I. 215 _ sprechend auch nicht so deutlich gegen einander abgeplattet wie bei der Form C. In dem Entodermgewebe finden sich zahlreiche Lücken der verschiedensten Größe (Taf. IX, Fig. 30 a, 37a). Die Entodermzel- len, welche an diese Lücken grenzen, gleichen den tiefer liegenden vollkommen. Die Lücken selbst sind leer. - Alle Formen der Ascetta clathrus stimmen in dem Mangel größerer, mit freiem Auge sichtbarer Oscula überein: Alle sind netzförmige Auloplegmen. Die einzelnen Asconröhren, beziehungsweise (Form D) Stränge haben entweder einen kreisförmigen Querschnitt, oder sie sind abgeplattet, mehr oder weniger bandförmig. Im Allgemeinen ist die Abplattung um so deutlicher ausgesprochen, je dicker die Asconröh- ren, beziehungsweise -Stränge sind. Poren sind bei der Form A häufig, _ bei B seltener; den Formen € und D scheinen sie ganz zu fehlen. Das ektodermale Plattenepithel ist bei allen Formen deutlich nach- weisbar — am deutlichsten vielleicht bei der Form D (Taf. IX, Fig. 37). Schon Merschnikerr (1879, p. 359, Taf. XXI, Fig. 1, 3) hat dasselbe beschrieben. Nach diesem Autor hesteht es aus niedneen unregel- mäßig polygonalen Zellen mit centraler Plasmaanhäufung und durch- sichtigem Randtheil. Ich finde in der nach außen etwas vorgewölbten Zellenmitte einen abgeplatteten, von Plasma umhüllten Kern. Radiale, meist einfache, selten verzweigte Plasmafäden strahlen häufig von der centralen Kernumhüllung gegen den Rand der Zelle hin aus. Die Zwischenschicht ist bei der Form A beträchtlich dünner als bei den anderen Formen. Die Grundsubstanz ist völlig hyalin, beson- ders jener Theil derselben, welcher dicht unter dem äußeren Platten- ‚epithel liegt. Gegen das Entoderm hin wird dieselbe, besonders bei ‚der Form D, ein wenig feinkörnig. Das Skelett (Taf. VIII, Fig. 4a, b) besteht aus triactinen Nadeln, ‚welche bei allen Formen die gleiche Gestalt und wohl auch die gleiche ‚Größe haben. Stets sind sie regulär und bestehen aus drei völlig kon- Sruenten, 0,08—0,12 mm langen und 0,006—0,008 mm dicken, unter Winkeln von 120° zusammenstoßenden Strahlen. Die Exemplare von Lesina scheinen etwas größere Nadeln zu besitzen (Taf. VII, Fig. 4 b) jals jene von Lissa (Taf. VII, Fig. 4a) und anderwärts. Die Strahlen sind i im Ganzen cylindrisch Si am distalen Ende einfach, domförmig abgerundet. Sie sind etwas verkrümmt und nicht ebhane von Waleicher Dicke, besonders am Ende häufig etwas angeschwollen. Bei Bden Formen A und B sind die Nadeln tangential in völlig einfacher BSchicht angeordnet. Bei den Formen G und D aber sind sie häufig 916 R. v. Lendenfeld, nicht genau tangential orientirt und liegen, stellenweise wenigstens, in mehreren Schichten über einander. Sternförmige Bindegewebszellen mit ziemlich durchsichtigem Plasma sind bei allen Formen in der Zwischenschicht zahlreich. Ihre Ausläufer ordnen sich um so regelmäßiger tangential an, je näher diese Zellen den Grenzflächen der Zwischenschicht gegen das äußere und innere Epithel liegen. Bei den Formen B und C kommen außer diesen Elementen noch größere körnige Zellen in der Zwischenschicht vor. Es könnten dies amöboide Elemente oder junge Sexualzellen sein. Das Entoderm endlich, welches für jede Form oben genauer be- schrieben worden ist, besteht bei der Form A aus einer einfachen Kragenzellenschicht. Bei den Formen B, C und D aber ist es mehr- schichtig. Bei B erscheint das ganze Entoderm ziemlich gleichmäßig verdickt, bei C bilden sich durch lokale Wucherungen desselben mäch- tige, weit vorragende solide oder hohle Protuberanzen, bei D endlich ist der Innenraum der Asconröhren mit Ausnahme unregelmäßiger, frei bleibender Lücken, von Entodermgewebe erfüllt. Sämmtliche Ento- dermzellen haben bei allen Formen den gleichen Habitus und so ziem- lich die gleiche Größe. Jeder, der einen Schnitt durch eine der Formen B, € oder D be- trachtet, wird sofort überzeugt sein, dass das mehrschichtige Gewebe im Inneren, der einfachen Kragenzellenschicht der Form A homolog, und zweifellos entodermaler Natur ist. Die diesbezüglichen Angaben von HarckeL und METSCHNIKOFF sind also vollkommen richtig, und jene Autoren, welche dieselben als un- richtig bezeichneten, haben sich geirrt. So werden die Angaben Vosmazr’s (1887, p. 183), »wir bleiben also dabei, das Kragenepithel ist stets ein- schichtig« und andere ähnliche, von mir und anderen Autoren aufge- stelle Behauptungen zu berichtigen sein. Was meine eigenen dies- bezüglichen Angaben betrifft, so ziehe ich dieselben hiermit zurück und ergreife diese Gelegenheit um mein Bedauern über den Skeptieismus auszudrücken, den ich den Angaben Harcxrzr’s über die Mehrschichtig- keit des Entoderms seiner Zeit entgegenbrachte. Hascrer (1872, Bd. II, p. 34) giebt an, dass die jungen, kleinen Exemplare von Ascetta clathrus stets ein einfaches Entoderm besitzen — also der Form A angehören. Dies weist darauf hin, dass die Formen B, GCund D aus der Form A hervorgehen. Man kann sich leicht vor- stellen, wie durch Wucherung des Entoderms aus der Form A die Form B, aus dieser die Form C, und aus dieser endlich die Form D entstehen könnte. Die Spongien der Adria. 1. 217 Merscanikorr (1879, p. 362) ist der Ansicht, dass diese Entoderm- wucherung mit der Reifung der Eier im Zusammenhang stehe. Dies scheint auch mir nicht unwahrscheinlich, obwohl ich in den Formen GC und D weder Eier noch Embryonen gefunden habe. Andererseits wäre es aber auch möglich, dass die Form D eine Art Ruhestadium des Schwammes darstellt. Wir hätten uns dann vor- zustellen, dass aus der Schwärmlarve zunächst die Form A hervorgeht, diese längere Zeit wächst und Nahrung speichert und dann durch Knospung die kriechenden Netze der Form B erzeugt, in welcher die Sexualzellen reifen. Während der Reifung der Geschlechtszellen geht die Form B in die Form C, und diese in die Form D über. Der der Form A angehörige Schwamm, an welchem das Netz (der Form B) knospte, ist inzwischen zu Grunde gegangen. Während der Umbildung der Form B in die Form GC gehen die Poren verloren, und damit hört die Nahrungszufuhr auf. Jedenfalls sind die Eier schon vor dem Ver- schluss der Poren befruchtet worden. Während der Ausbildung der Form D reifen die Embryonen und verlassen den Schwamm. Nun mag dieser entweder zu Grunde gehen oder nicht. Das Letztere halte ich für wahrscheinlich und glaube, dass die von mir untersuchten Exem- plare der Form D Individuen waren, welche die Embryonen schon aus- gestoßen hatten, allein nicht auf dem Wege der Auflösung sich befan- den, sondern eine Art Ruhestadium des Schwammes, gewissermaßen eine Ascetta im Winterschlaf darstellten. Ich vermuthe, dass beim Eintritt günstiger äußerer Umstände aus diesem Ruhestadium (Form D) durch Knospung junge Ascetta clathrus-Exemplare der Form A empor- wachsen, und dass erst dann das kriechende Netz der Form D zu Grunde geht. Die Farbe unseres Schwammes ist weiß oder gelb, selten braun. Mehrere Autoren haben Angaben über die Entwicklung von Ascetta clathrus gemacht. Von Hazcxzr (1872, Bd. II, p. 35; Bd. III, Taf. IV) wird die Schwärmlarve als eine geschlossene Blase mit doppelschich- tiger Wand dargestellt. O. Scanipr (1875, p. 132, Taf. IX; 1877, p. 255, Taf. XVI) dagegen hat gefunden, dass sie im Bau mit der Larve von _ Ascetta primordialis übereinstimmt und aus einer Blase mit einschich- I tiger Wand besteht, in deren Lumen ein solider Zellhaufen sich bildet R und wächst. Ascetta celathrus ist bisher nur im Mittelmeer gefunden worden. en 218 R. v. Lendenfeld, 5. Ascetta blanca. (Taf. VIII, Fig. 5.) 1868 beschrieb MıkLucHo-MAkLAY (4868, p. 220, Taf. IV, V) diesen Schwamm als Guancha blanca. 1872 stellte HAcEckEL (1872, Bd. II, p. 38; Bd. III, Taf. V) denselben zum Genus Ascetta und behielt den Speciesnamen blanca bei. Er unterschied die beiden spe- cifischen Varietäten Guancha und Philippina. 1876 führte KELLER (1876, p.19) den Schwamm ebenfalls als Ascetta blanca auf. 4879 machte METSCHNIKOFF (4879, p. 358, Taf. XXII, XXIII) wichtige Angaben über den Bau und die Entwicklung dieses Schwammes. Er nannte ihn Ascelta blanca. 41883 beschrieb PoLEJAEFF (1883, p. 37, Taf. I, III) denselben als Leucosolenia blanca. 4887 finden wir ihn bei VosMmAER (4887, p. 370) ebenfalls als Leucosolenia blanca aufgeführt. Ich behalte hier den Harcrer'schen Namen Ascetta blanca bei. Seine, auf Unterschiede in der Nadelgröße gegründeten Varietäten kann ich desshalb nicht anerkennen, weil diese Unterschiede auch innerhalb anderer Kalkschwammarten vorkommen und mit anderen Baueigen- thümlichkeiten nicht korrelirt sind. Auch die von PoLEJAEFF (1883, p- 37) aufgestellte Varietät bathybia lasse ich nicht gelten. Mein Material dieses Schwammes stammte aus Lesina. Ascetta blanca tritt in Gestalt solitärer, röhrenförmiger Säcke, Büschel von solchen oder Netzen von Röhren auf, welche eines oder mehrere größere, mit freiem Auge sichtbare Oscula besitzen oder mund- los sind. Die meisten Exemplare sind gestielt. Der Stiel ist bis zu 3 cm und darüber lang, 0,3—1 mm dick und solid. Stiellose, polsterförmig mit breiter Basis aufgewachsene Exemplare sind selten. Die adriati- schen Exemplare, welche ich untersuchte, waren sämmtlich sehr zarte, langgestielte Auloplegmen, welche dem von PoLzJArrr (1883, Taf. I, Fig. 2) abgebildeten viel größeren Exemplare aus tiefem Wasser vollkommen gleichen. Der aufstrebende, bei meinen adriatischen Exemplaren bloß 0,3—0,6 mm dicke Stiel ist leicht wellig gebogen und nach oben hin verdickt. Er ist 41/%,—2'/, em lang. Dem Stiel sitzt ein erbsengroßes unregelmäßig kugeliges Köpfchen auf, welches aus einem dichten Ge- flecht 0,2—0,4 mm weiter Röhren besteht. Keine von den zahlreichen anderen Formen, die MixLucno-MArLAay im Hafen von Arrecife fand und beschrieb (1868), sind bisher in der Adria gefunden worden. Die Röhrenwand ist 0,025 mm dick. Regelmäßig in derselben vertheilt Die Spongien der Adria. I. 219 - sind die kreisrunden, in meinen Alkoholexemplaren 0,016 mm weiten Poren. Zwischen diesen zerstreut werden größere, 0,025—0,035 mm _ weite Poren angetroffen. | Das Skelett besteht aus sagittalen Triaetinen (Taf. VII, Fig. 5). HasckeL (1872, Bd. II, p. 40) beschreibt diese Nadeln folgendermaßen: Sagittalstrahl gerade, stumpf konisch 0,08—0,12 mm lang, basal 0,003 bis 0,006 mm dick; Lateralstrahlen ebenfalls gerade, stumpf konisch 0,05—0,07 mm lang und eben so dick wie der Sagittalstrahl; alle Winkel gleich 120°. Nach Hazcrer sind die Nadeln in allen Theilen des Schwammes gleich gestaltet. Merscunikorr (1879, Taf. XXI, Fig. 14 C) bildet eine Nadel aus dem Stiel von Ascetta blanca aus Neapel ab, deren Lateralstrahlen stark $-förmig gekrümmt sind. Bei meinen adriatischen Exemplaren (aus Lesina) sind die Triactine recht ungleich sagittal entwickelt. Alle Strahlen sind an der Basis 0,004 bis 0,005 mm dick. Die Lateralstrahlen der Nadeln des Körpers (Taf. VII, Fig. 5) sind gerade und 0,06 mm lang. Der Winkel zwischen den Late- ralstrahlen beträgt annähernd 120°. Der gerade Sagittalstrahl ist 0,06 bis 0,11 mm lang. Die Nadeln mit kurzem (0,06 mm) Sagittalstrahl er- scheinen völlig regulär, bei jenen mit langem Sagittalstrahl (0,11 mm) beträgt das Verhältnis zwischen Lateralstrahl- und Sagittalstrahllänge fast 1:2. Diese Variabilität der relativen Länge des Sagittalstrahles zeigt deutlich, dass die von HArEcKEL und PoLEJAEFF auf Grund von Ver- schiedenheiten in dieser relativen Länge aufgestellten Varietäten un- haltbar sind. Der Sagittalstrahl ist stets, auch bei den Nadeln des Stieles, gerade. Die Triactine des Stieles gleichen zum Theil jenen des Körpers. Zum Theil haben sie mehr oder weniger stark $-förmig ge- krümmte Lateralstrahlen. Alle Strahlen sind stumpf konisch. Die Nadeln sind regelmäßig derart angeordnet, dass ihre Sagittalstrahlen unter einander parallel, streng longitudinal orientirt und aboralwärts ge- richtet sind. E Nach PoLEJArrr (1883, p. 38) ist der Stiel besonders reich an grob- körnigen, amöboiden Zellen. Nach Merscunikorr (1879, p. 361) sollen _ sich die »mesodermalen« Elemente von Ascetta blanca durch ihre - Durchsichtigkeit auszeichnen. Die Kragenzellenschicht hat denselben > Bau wie bei Ascetta primordialis. In meinen Exemplaren fehlen die grobkörnigen Elemente der Zwischenschicht, die PoLzsarrr (1883) be- schrieben hat. | E MErscHniKorr (1879, p. 366) macht einige Angaben über die Ent- wicklung dieses Schwammes, aus welchen hervorgeht, dass dieselbe von der Entwicklung von Ascetta primordialis nur in so fern abweicht, als die Höhlung der Planula nur von einer einzigen Zellenart bevölkert > = Ir pr v Een 7’ ® ax 15* 220 R. v. Lendenfeld, wird. Diese Zellen sind rundlich und körnchenreich. Sie entstehen an dem einen Pol der Schwärmlarve und rücken von hier aus nach innen vor. Die Farbe des Schwammes ist weiß. Ascetta blanca ist in verschiedenen Meeren und bis zu einer Tiefe von 900 Meter gefunden worden. Der adriatische Fundort ist Lesina. 6. Ascetta Goethei. (Taf. VIII, Fig. 6, 47—20.) 1872 wurde dieser Schwamm von HAECkEL 1872, Bd. IL,:p. 64 Ba 11E Taf. IX, X) als Ascaltis Goethei beschrieben. Da ich die Ascaltis-Arten Harcrzr’s mit glatter Gastralfläche zu Ascetta stelle, so erscheint dieser Schwamm hier unter dem Namen Ascetta Goethei. Mein Material, dieses in der Adria bisher noch nicht gefundenen Schwammes, stammte aus Rovigno. Die von Harcker beschriebenen Exemplare aus der Neapler Bucht waren bloß 4—2 cm groß. Meine Exemplare aus Rovigno sind viel größer. Sie sind halbkugelig oder polsterförmig bis zu 12 cm breit und 8 cm hoch. HazckeL beschreibt seine Exemplare als Geflechte 0,1 bis 0,5 mm weiter Röhren ohne Osculum. Ganz anders gestaltet sind meine adriatischen Stücke. Alle haben den gleichen Bau. Sie bestehen aus baumförmig verzweigten und anastomosirenden Röhren, deren Weite von innen gegen die Oberfläche hin abnimmt (Taf. VIH, Fig. 17). Die äußere Oberfläche erscheint als ein feines Netz etwa 0,3—0,5 mm breiter Balken mit rundlichen, ungefähr eben so weiten Maschen. Die Balken dieses Netzes sind die äußersten und zugleich engsten Ascon- röhren des Geflechtes. Die Maschen sind die Eingänge in das ein- führende (Interkanal-) System des Schwammes. An der Oberseite, etwas excentrisch gelegen, trifft man das große und auffallende Oscu- lum an. Dieses ist kreisrund, 6—10 mm weit, und wird von einem cylindrischen, oder distal etwas erweiterten, kelchförmigen, dünnhäuti- gen, &—8 mm langen Peristom umgeben. Vom Osculum zieht ein fast eylindrisches Oseularrohr in centripetaler Richtung gegen die Mitte des Schwammes hinab. Zahlreiche, 3—5 mm weite Aströhren gehen von dem mittleren und basalen Theile des Oscularrohres ab, welches ober- halb des Centrums des Schwammes endet. Die erwähnten, weiten Röhren, welche vom Oscularrohr abgehen, und welche, wie dieses, einen streng kreisförmigen Querschnitt haben, bilden zahlreiche Ana- stomosen. Sie erscheinen als ein, den Centraltheil des Schwammes Die Spongien der Adria. I. 221 ausfüllendes Netz mit rundlichen, 5—42 mm weiten Maschen und 3—5 mm starken, röhrenförmigen Balken. Von diesem groben Netz im mittleren Theile des Schwammes gehen zahlreiche Äste nach außen ab, welche sich reich verzweigen, zahlreiche Anastomosen eingehen und gegen die Oberfläche hin stetig an Weite abnehmen. Die äußer- sten, an die Schwammoberfläche direkt herantretenden Zweigröhren sind bloß 0,3—0,5 mm weit. Je enger die Röhren werden, um so häufigere Anastomosen gehen sie ein: die Maschenweite steht überall in Proportion zur Balkendicke des Netzwerkes und nimmt daher eben- falls von innen gegen die Oberfläche hin stetig ab (Taf. VIII, Fig. 17). In allen Theilen der Röhrenwände (Netzbalken), mit Ausnahme des Peristoms, findet man (Taf. VII, Fig. 19) kreisrunde, 0,01 mm weite Poren, welche 0,03 mm von einander entfernt sind. Das Skelett (Taf. VIII, Fig. 6 «a, b, 5’, b”, 19, 20) besteht aus sagit- talen Triactinen und Tetractinen. Sämmtliche Nadeln sind parallel gelagert, indem der Sagittalstrahl stets aboralwärts gerichtet ist. Die Nadeln liegen ziemlich dicht beisammen, die Triactine über den Tetrac- tinen. Die vielfach sich kreuzenden Strahlen bilden ein zähes Geflecht. Die Triactine (Taf. VIII, Fig. 6 «) haben einen geraden, im basalen Theile fast eylindrischen, pfriemenförmigen Sagittalstrahl von 0,1—0,12 mm Länge und 0,01—0,012 mm basaler Dicke. Der Winkel zwischen den basalen Theilen der Lateralstrahlen ist etwas größer als 120°. Die Lateralstrahlen sind leicht S-förmig gekrümmt, im basalen Theile gegen den Sagittalstrahl konkav, im distalen konvex und etwas schwächer und kürzer als letzterer. Die Basalstrahlen der Tetractine (Taf. VIII, Fig. 6 b, b’, 5’) sind den Strahlen der Triactine ähnlich, aber etwas länger und schlanker als diese. Der Sagittalstrahl ist gerade 0,14 bis 0,15 mm lang und an der Basis 0,01 mm dick. Die Lateralstrahlen sind weniger gekrümmt als bei den Triactinen, 0,1—0,12 mm lang _ und an der Basis 0,007 mm dick. Der Apicalstrahl, welcher frei ins - Röhrenlumen hineinragt (Taf. VIII, Fig. 20), ist konisch, oralwärts ge- - krümmt, 0,034 mm lang und an der Basis 0,01—0,012 mm dick. Die _ Längenmaße der Nadelstrahlen, welche Harckrı (1872, Bd. II, p. 6%) giebt, stimmen mit den meinigen ziemlich nahe überein. Seine Dicken- maße — er sagt, dass alle Strahlen 0,008 mm dick seien — weichen von meinen etwas ab. # Über den feineren Bau ist zunächst zu bemerken, dass das Peri- _ stom eben so wie alle übrigen Theile des ganzen Röhrensystems mit Kragenzellen ausgekleidet ist. Die Kragenzellenschicht (Taf. VII, Fig. 19, 20) hat denselben Bau wie bei Ascetta primordialis. In meinen Alkoholexemplaren sind die Kragenzellen 0,0037 mm breit und 0,007 mm 222 R. v. Lendenfeld, = hoch. Die Kragenzellenschicht zieht an den Apicalstrahlen der Tetrac- tine nicht empor, sondern wird von diesen einfach durchbrochen (Taf. VII, Fig. 20). In der Zwischenschicht, dicht unter der Kragen- zellenschicht, und diese lokal vortreibend fand ich etwas abgeplattete, junge Eizellen von 0,03 mm Breite und 0,02 mm Höhe (Taf. VII, Fig. 18, 20 a). Das Plasma war reich an groben Körnern. Der cen- trale Kern ist etwas unregelmäßig und besitzt einen Maximaldurch- messer von 0,04 mm. Ein Nucleolus war nur ausnahmsweise vorhan- den, und dann ganz klein (Taf. VIII, Fig. 20 die untere Eizelle). HascreL (1872, Bd. II, p. 64) bezeichnet die Farbe des Schwam- mes als purpurroth. Meine adriatischen Exemplare sind theils weiß, theils blassgrau. | Ascetta Goethei ist bisher nur in Neapel und in der Adria gefun- den worden. Der adriatische Fundort ist Rovigno. Genus Ascandra. Asconidae mit rhabden und triaetinen, oder rhabden und tetrac- tinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. 1872 stellte HaEckEL das Genus Ascortis (1872, Bd. II, p. 68) für Asconen mit Rhabden und Triactinen, das Genus Asculmis (4872, Bd. II, p. 77) für Asconen mit Rhabden und Tetractinen, und das Genus Ascandra (14872, Bd. II, p. 80) für Asco- nen mit allen drei Nadelformen auf. 1883 vereinigte POLEJAEFF (1883, p. 23) diese mit den anderen Ascongattungen zu einem Genus: Leucosolenia Bowerbank. 1885 behielt ich (4885a, p. 212) nach Ausscheidung der Formen mit wabiger Gastralfläche die Genera Ascortis, Asculmis und Ascandra (HAEckEL) bei. 1887 vereinigte VosmAER (1887, p. 369) alle Asconen, eben so wie POLEJAEFF, in einer Gattung: Leucosolenia. 1890 hielt ich (1890, p. 365) an meinem Asconensystem von 14885 mit Vorbe- halt vorläufig fest. | Weil ich jetzt dem Unterschied zwischen Triactinen und Tetrac- tinen keinen generellen Werth mehr beimesse, vereinige ich, nach Aus- schluss der Formen mit wabiger Gastralfläche, die Genera Ascortis, Asculmis und Ascandra (Haeckel) zu einer Gattung, welche ich Aseandra nenne, weil von den genannten drei Asconengattungen Hazcker’s Ascan- dra die häufigste und bekannteste ist. Ascandra ist eine ziemlich artenreiche, kosmopolitisch verbreitete Gattung. In der Adria sind bis nun drei Ascandra-Arten gefunden worden. W EEE ET TTTR Die Spongien der Adria. 1. 223 7. Ascandra reticulum. (Taf. VIII, Fig. 7, 45.) 1862 wurde dieser Schwamm von O, ScHıipr (1862, p. 48, Taf. I) als Nardoa reticulum beschrieben. 41872 beschrieb Hazcker (1872, Bd. I, p. 87; Bd. Ill, Taf. XIV, XX) densel- ben genauer und nannte ihn Ascandra reticulum. Er unterschied die beiden speci- fischen Varietäten retiformis und reticulata. Ich behalte hier den Harexer’schen Namen bei. Mein Material dieses Schwammes stammte aus Sebenico und Lesina. Ascandra reticulum tritt in fast allen, bei Asconen überhaupt vor- kommenden Formen auf. Am häufigsten sind Auloplegmen ohne größere, mit freiem Auge sichtbare Oscula, welche aus massigen Netzen 0,3 bis 1 mm weiter Röhren bestehen. Diese Gebilde sind entweder horizontal ausgebreitet, polsterförmig, oder aufrecht, höher als breit, und im letzteren Falle nicht selten gestielt. Die aufrechten Stücke sind in der Regel durch den Besitz eines Pseudogasters und eines termi- nalen Pseudosculums ausgezeichnet und die Lücken zwischen den Asconröhren des Netzes ordnen sich mehr oder weniger deutlich zu in einander greifenden Systemen baumförmig verzweigter einführender und ausführender Kanäle an. Einige Exemplare erreichen eine Höhe von 5 cm und darüber, doch sind die meisten bloß 1 bis 2 cm hoch. Das Skelett (Taf. VIII, Fig. 7 a—f, c’, d’) besteht aus Rhabden, triactinen und tetractinen Nadeln. Die ersteren ragen mit dem größeren Theil ihrer Länge senkrecht über die äußere Oberfläche frei vor. Die Triactine und die Basalstrahlen der Tetractine sind tangential gelagert. Abgesehen hiervon ist keine Regelmäßigkeit in ihrer Anordnung zu er- kennen (Taf. VIII, Fig. 15). Die Apicalstrahlen der Tetractine ragen frei ins Gastrallumen hinein. Die Triactine liegen außerhalb der Tetractine. Die Mittelpunkte der ersteren sind durchschnittlich 0,08, “ jene der letzteren 0,12 mm von einander entfernt. Die Nadelstrahlen kreuzen sich nur in geringem Maße und das Skelettgewebe erscheint locker. Die Anzahl der Rhabde ist bei verschiedenen Individuen und auch in verschiedenen Theilen eines und desselben Individuums eine 5 recht wechselnde. Am zahlreichsten sind die Rhabde an der Unter- ® seite des Schwammes, wo sie, eingesenkt in die Unterlage, die feste - Verbindung des Schwammes mit letzterer herstellen. Die Rhabde u (Taf. VIII, Fig. 7 e, f) sind leicht, meist spiralig gekrümmt und erscheinen 224 R. v. Lendenfeld, mäßig an Dicke ab. Sie sind bei allen meinen Exemplaren (im aus- gebildeten Zustande) 0,27—0,28 mm lang und in der Mitte 0,01 bis 0,011 mm dick. Harcrer (1872, Bd. II, p. 91) giebt ihre Länge zu 0,16—0,3, ihre Maximaldicke zu 0,012—0,016 mm an. Die Triactine (Taf. VIII, Fig. 7 a, b) sind regulär und haben gerade konische Strahlen. Bei den Exemplaren von Sebenico (Taf. VIII, Fig. 7«) waren die Strahlen der ausgewachsenen Triactine 0,083 mm lang und an der Basis 0,009 mm dick. Bei den Exemplaren von Lesina (Taf. VIII, Fig. 7 b) waren die Strahlen 0,098 mm lang und an der Basis 0,01 mm dick. Harcker (1872, Bd. II, p. 90) giebt für diese Nadeln folgende Maße: Strahlenlänge 0,09 — 0,12 mm; basale Strahlendicke 0,007— 0,008 mm. Die Tetractine (Taf. VII, Fig. 7 c, d, c’, d’) haben reguläre, gerade Basalstrahlen und einen geraden, schlank konischen Apicalstrahl. Bei den Tetractinen der Exemplare von Sebenico (Taf. VII, Fig. 7 c, c’) sind die Basalstrahlen 0,083 mm lang und an der Basis 0,009 mm dick. Der Apicalstrahl ist 0,067 mm lang und an der Basis 0,008 mm dick. Bei den Exemplaren von Lesina [Taf. VIII, Fig. 7 d, d’) sind die Basalstrahlen 0,1 mm lang und an der Basis 0,0i1 mm dick. Der Apicalstrahl ist 0,07 mm lang und an der Basis 0,008 mm dick. Nach Harerer (1872, Bd. II, p. 90, 91) sollen die Basalstrahlen der Tetractine ganz die gleichen Dimensionen haben wie die Strahlen der Triactine. Der Apicalstrahl soll eben so lang aber nur halb so dick sein wie diese. Ganz stimmt das allerdings mit den obigen Angaben nicht, gleichwohl zweifle ich nicht, dass die von mir als Ascandra reti- culum betrachteten Schwämme mit jenen nächstverwandt sind, welche Hacke unter diesem Namen beschrieben hat. Die Poren (Taf. VII, Fig. 15) sind in meinem Alkoholmaterial kreis- rund, 0,016 mm weit und etwas unregelmäßig zerstreut. Die Kragenzellenschicht ist glatt und zieht sich an den Apical- strahlen der Tetractine, welche frei ins Gastrallumen hineinragen, . nicht empor. Die Kragenzellenschicht hat denselben Bau, wie bei As- cetta primordialis. Die Farbe des Schwammes ist weiß, gelb oder röthlich. Ascandra reticulum ist bisher nur in der Adria gefunden worden, und zwar bei Lesina, Sebenico und Zara. 8. Ascandra Lieberkühnii. (Taf. VII, Fig. 8.) 1859 beschrieb Liegerkünn (4859, p. 373) diesen Schwamm als Grantia bo- tryoides. 1862 gab OÖ. Scumiıpr (1862, p. 47) eine Schilderung desselben und nannte ihn Grantia Lieberkühnii. Die Spongien der Adria. I. 225 1872 beschrieb HAEckEL (1872, Bd. II, p. 96; Bd. III, Taf. XV) denselben ge- nauer und nannte ihn Ascandra Lieberkühnii. 1876 machte KELLER (1876, p.A9, 32, Taf. I) einige Angaben über die Ent- wicklung dieses Schwammes und benutzte dabei den Hazrcker’schen Namen Ascan- dra Lieberkühnii. [Der 1882 als Grantia Lieberkühnii von GRrAEFFE (1882, p. 324 [sep. p. 9]) be- schriebene Schwamm, den ich 4889a, p. 447), im Vertrauen auf die Richtigkeit. der GRAEFFE’Schen Bestimmung Ascandra Lieberkühnii genannt habe, ist nicht Ascandra Lieberkühnii, sondern Ascandra falcata (HaEck£kL). Dieser Schwamm ist unten als Homandra falcata beschrieben.] Ich behalte hier den Namen Hazcker’s bei. Mein Material dieses Schwammes stammte aus Lesina. In der Regel tritt Ascandra Lieberkühnii in Form von losen Röhren- netzen auf, deren Balken — die einzelnen Röhren — sehr verschieden dick sind. Ähnlich wie bei Ascetta Goethei lassen sich Stamm- und Zweigröhren unterscheiden. Die ersteren sind 0,8—2 mm weit und geben Äste ab, welche sich vielfach verzweigen und dabei rasch bis zu 0,2 mm verdünnen. Diese Röhren gehen zahlreiche Anastomosen ein. Die gewöhnlichen, knolligen Exemplare, welche einen Durch- messer von 1—1!/, cm erreichen, besitzen meist mehrere Oscula von beträchtlicher Größe. Das Skelett (Taf. VIII, Fig. 8 «a, b, b', b", c) besteht aus rhabden, triac- tinen und tetractinen Nadeln. Die Rhabde (Taf. VIII, Fig. 8 c), welche in der Oberfläche stecken, sind etwas unregelmäßig gekrümmt, in der Mitte am dicksten, nach den beiden Enden hin allmählich verdünnt und zugespitzt. Nahe dem einen Ende liegt ein kleiner Verdickungsring. Die Anzahl der Rhabde schwankt bei verschiedenen Individuen. Ihre Länge beträgt 0,35—0,4 mm und ihre Dicke (in der Mitte) 0,008 mm. - Die Triactine (Taf. VIII, Fig. 8 «) sind sagittal. Sie sind tangential ge- lagert und ihr Sagittalstrahl ist aboralwärts orientirt. Der Winkel zwischen den Lateralstrahlen beträgt 140°. Die Lateralstrahlen sind leicht $-förmig gekrümmt; ihr Basaltheil ist gegen den Sagittalstrahl konkav, der Distaltheil konvex. Die Lateralstrahlen sind 0,12 mm lang, gegen die, nicht sehr scharfe Spitze hin allmählich verdünnt, und r an der Basis 0,008—0,01 mm dick. Der Sagittalstrahl ist gerade, ko- 2 nisch und ziemlich stumpf, 0,1 mm lang und an der Basis 0,008— 0,01 3 mm dick. Die Basalstrahlen der Tetractine (Taf. VIII, Fig. 8 b, b’, b") = gleichen in jeder Hinsicht den Strahlen der Triactine. Der Apicalstrahl u ragt frei ins Gastrallumen hinein. Er ist konisch, am Ende stark oral- “ wärs gekrümmt, scharfspitzig, 0,05—0,06 mm lang und an der Basis 4 -0,008—0,01 mm dick. Die Kraseletinsohicht ist glatt. Sie zieht | sich an den Apicalstrahlen der Tetraetine nicht empor. 226 R. v. Lendenfeld, Die Farbe des Schwammes ist weiß. Ascandra Lieberkühnii kommt an verschiedenen Orten im Gebiet des Mittelmeeres vor. Die adriatischen Fundorte sind: Triest, Zara und Lesina. 9. Ascandra angulata. (Taf. VIII, Fig. 9—14.) Mein Material dieses neuen Schwammes stammte theils aus Ro- vigno, theils aus Lesina. ‚Alle Exemplare dieses Schwammes, welehe ich gesehen habe, sind gestielte Auloplegmen vom Habitus der gestielten Ascetta blanca-Indi- viduen. Die größten Exemplare aus Lesina (Taf. VII, Fig. 10) hatten einen leicht geschwungenen, oben 2, unten 0,7 mm dicken, drehrunden Stiel von 3!/; cm Länge. Der ballonförmige Körper, in welchen der oben trompetenförmig verbreiterte Stiel allmählich übergeht, hält 2 em im Durchmesser. Er besteht aus einem Netz 0,4—0,8 mm weiter, anastomosirender Röhren (Taf. VII, Fig. 12). Im unteren Theile des Körpers sind diese Röhren regelmäßig angeordnet, indem sie vom oberen Ende des Stieles radial ausstrahlen. Diese radialen Hauptröhren treten an der äußeren Oberfläche scharf hervor, während die da- zwischenliegenden kurzen, queren Verbindungsröhren etwas zurück- treten. Hier im basalen Theil des Schwammes sind die Maschen zwischen den oberflächlichen Röhren — die Eingänge in das Interkanal- system — longitudinal langgestreckt. In allen anderen Theilen des Schwammkörpers erscheinen diese Netzmaschen rundlich oder poly- gonal. Sie sind 0,6—1,5 mm und darüber weit. Größere, mit freiem Auge sichtbare Oscula finden sich nicht. Die Poren in den Röhren- wänden (Taf. VII, Fig. 13) sind in meinen Alkoholexemplaren kreis- rund, 0,016 mm weit und ziemlich regelmäßig angeordnet, 0,03 mm von einander entfernt. Die Röhrenwände sind recht zart, kaum 0,03 mm dick. Der Stiel enthält einige 0,1—0,15 mm weite, von Kragenzellen ausgekleidete Longitudinalröhren, jedoch keine Poren. Diese Stiel- röhren sind geschlossene Divertikel des Röhrensystems im Körper, deren Funktion wohl die Ernährung des Stieles selbst sein dürfte. Abgesehen von diesen engen Röhren besteht die ganze Masse des Stieles aus nadel- reichem Zwischenschichtgewebe. Das Skelett (Taf. VII, Fig. 9a—e, 41 a—c) besteht aus Triaetinen und Rhabden. In den Röhrenwänden, im Körper des Schwammes werden ausschließlich tangentiale, parallel gelagerte, sagittale Triactine mit aboralwärts orientirtem Sagittalstrahl angetroffen (Taf. VIII, Fig. 13). Diese Nadeln liegen nicht sehr dicht beisammen, ihre Mittelpunkte sind Die Spongien der Adria. I. 227 durchschnittlich 0,1 mm von einander entfernt. Im Stiel finden sich sagittale Triactine mit aboral orientirtem Sagittalstrahl und zahlreiche große, longitudinal gelagerte Rhabde. Die Rhabde des Stieles (Taf. VIII, Fig. 9 e, 11 a—c) sind 0,45—0,8 mm lang. Bei einem kleinen Exem- plare von Rovigno (Taf. VIII, Fig. 14 «) betrug ihre Länge 0,45—0,6 mm, bei einem großen Exemplare von Lesina (Taf. VIII, Fig. 1} d, c) 0,55 bis 0,8 mm. Sie haben stets die gleiche Gestalt. Das orale Ende (Taf. VIII, Fig. 9 e) ist einfach abgerundet und das orale Dritttheil der Nadel oder etwas mehr ist nahezu cylindrisch und leicht gekrümmt. Ein Dritt- theil der Nadellänge unter dem oralen Ende, oder etwas tiefer, ist die Nadel winkelig gebogen (hierauf bezieht sich der Speciesname angulata). "Das unter dieser Knickungsstelle folgende aborale Nadelstück, welches nahezu zwei Dritttheile der ganzen Nadel ausmacht, ist am Anfange, der Knickungsstelle zunächst, stark wie ein Bajonetthals gekrümmt, und zwar so, dass der mittlere und terminale Theil des ebenfalls leicht ge- krümmten aboralen Nadelstückes dem oralen Nadelstück fast parallel wird. Gegen das Ende hin verschmälert sich dieses Nadelstück allmäh- lich. Das aborale Ende selbst ist schlank und scharf zugespitzt. Die Dicke dieser eigenthümlichen Bajonettnadeln ist eine geringe. Die Dicke des oralen (stumpfen) Endes beträgt bei den großen Rhabden der Lesinaer Exemplare (Taf. VIII, Fig. 9 e) 0,0083 mm. An der Knickungs- stelle ist die Nadel 0,011 mm dick. Kleinere Nadeln sind entsprechend dünner. Die Maximaldicke dieser Rhabde (an der Knickungsstelle) ist stets-ungefähr gleich '!/,, der Länge. Die Triactine des Stieles (Taf. VIII, Fig. 9 c, d) haben annähernd _ gleiche Winkel (von 120°) zwischen den Strahlen. Die Strahlen sind am Ende mehr als halb so dick als an der Basis und einfach abgerundet. e Stets ist der Sagittalstrahl länger als die Lateralstrahlen, es ist jedoch diese sagittale Differenzirung bei den großen Exemplaren von Lesina (Taf. VIII, Fig. 9 d) viel deutlicher ausgesprochen, als bei den kleinen - Exemplaren von Rovigno (Taf. VII, Fig. 9 c). Der Sagittalstrahl ist 0,11—0,2 mm, die Lateralstrahlen sind 0,045—0,09 mm lang. Alle Strahlen sind an der Basis 0,0067 mm dick. Die Triactine des Körpers ; (Taf. VIII, Fig. 9 a, b) sind jenen des Stieles ähnlich gestaltet, erreichen jedoch, besonders bei den großen Exemplaren von Lesina, bedeutendere Dimensionen und sind nicht so stark sagittal differenzirt. Der Sagittal- strahl ist 0,1%2—0,25 mm, die Lateralstrahlen sind 0,09—0,12 mm lang. Die Triactine aus dem Körper der kleineren Rovignoer Exemplare (Taf. VII, Fig. 9 b) sind an der Basis 0,0067 mm, jene der größeren Lesinaer Exemplare (Taf. VIII, Fig. 9 a) bis zu 0,01 mm dick. Die Kragenzellenschicht hat denselben Bau wie bei Ascetta primor- 228 R. v. Lendenfeld, dialis. In meinem Alkoholmaterial sind die Kragenzellen (Taf. VII, Fig. 13, 14) 0,04 mm lang und 0,005 mm breit. Die leidlich erhaltenen Kragen (Taf. VII, Fig. 44) sind ceylindrisch und fast eben so lang als der Zellenleib. Die Farbe des Schwammes ist schmutzig weiß oder kaffeebraun. Bisher ist Ascandra angulata nur in der Adria gefunden worden, und zwar bei Rovigno und Lesina. Familia Homodermidae. Homocoela mit kontinuirlichem Gastralraum, wabiger, oder diver- tikelbildender Gastralfläche und einführenden Kanälen. 1885 stellte ich (1885, p. 338) die Familie Homodermidae für einen Schwamm vom Habitus der Syconen auf, dessen Oscularrohr eben so wie die Radialtuben mit Kragenzellen ausgekleidet ist. Ich stellte damals die Vermuthung auf, dass mehrere der von HAEckEL als Asconen beschriebenen Kalkschwämme dieser Familie zuzu- theilen sein würden. 4890 behielt ich (4890; p. 365) diese Familie in meinem früheren Sinne bei. Auch hier behalte ich sie in diesem Sinne bei. 1885 stellte ich (14885, p. 338) nur die eine Gattung Homoderma innerhalb derselben auf. 1890 that ich (1890, p. 365) das Gleiche. Gegenwärtig unterscheide ich zwei Subfamilien innerhalb dieser Gruppe: Homoderretinae für die Formen mit seichtwabiger Gastral- fläche und glatter, äußerer Oberfläche ; und Homoderminae für die For- men mit tiefwabiger, divertikelbildender Gastralfläche, deren Radial- tuben-ähnliche Ausstülpungen außen frei vorragen. In der Adria ist nur die Subfamilie Homoderretinae vertreten. Subfamilia Homoderretinae. Homodermidae mit seichtwabiger Gastralfläche und glatter äußerer Oberfläche. Ich stelle diese neue Subfamilie für zwei neue Gattungen Hometta (mit Triactinen, oder Tetractinen, oder beiden) und Homandra (mit Triactinen und Rhabden, oder Tetractinen und Rhabden, oder Triac- tinen, Tetractinen und Rhabden) auf. In der Adria ist diese Subfamilie durch das Genus Homandra vertreten. Genus Homandra. Homoderretinae mit rhabden und triactinen, oder rhabden und tetractinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. Dieses neue Genus ist in der Adria durch eine Art vertreten. Die Spongien der Adria. I. 229 10. Homandra falcata. (Taf. X, Fig. 45—54.) 41872 beschrieb HAcEckeL (4872, Bd. il, p. 83; Bd. III, Taf. XIV, XVII) diesen Schwamm als Ascandra falcata, ohne die ihm se! unbekannte Eomplikanien der Gastralfläche dieses Schwammes gebührend zu würdigen. 1882 führte GRAEFFE (4882, p. 324 [sep. p. 9]) diesen Schwamm in seiner Liste der Triester Spongien als Grantia Lieberkühnii auf, da er denselben irrigerweise für Ascandra Lieberkühnii (Haeckel) hielt. Dieser Irrthum wurde dadurch veran- lasst, dass die auffallenden und charakteristischen, gebogenen Rhabde, welche HAECKEL von Seinen aus Lesina stammenden Exemplaren abbildete, bei den Triester Exemplaren häufig kleiner und weniger gebogen, und zuweilen nur in ge- ringer Anzahl vorhanden sind. Überdies beschreibt HAEckeı seine Ascandra falcata von Lesina als gelbbraun, während die Triester Exemplare dieses Schwammes rein weiß sind. 1889 stellte ich (4889 a, p. 447, Taf. XX VI) einige physiologische Experimente mit diesem Schwamme an. Vertrauend auf die Richtigkeit der GrAEFFE’schen Be- stimmung nannte ich ihn irrigerweise Ascandra Lieberkühnii. Hier erscheint der Schwamm als Repräsentant des neuen Genus Homandra. Mein Material dieses Schwammes stammte aus Triest. Homandra falcata tritt in Gestalt I—3 mm weiter, mehr oder weniger abgeplatteter Röhren auf. Nur selten solitär, bilden diese Röhren in der Regel grobe, ziemlich weitmaschige Netze, die in Folge der annähernd rechtwinkligen Zweigstellung ein eigenthümlich sparri- ges Aussehen erlangen. Diese Netze sind unregelmäßig massig, meist langgestreckt; ihr Maximaldurchmesser beträgt gewöhnlich- 2—3 cm. In der Regel werden zahlreiche Oscula beobachtet. Entweder liegt ein terminales Osculum an jedem freien Röhrenende (Soleniscus), oder es münden die Röhren gruppenweise vereint in zerstreuten Osculis aus (Tarrus). Nardousformen mit nur einem, und Auloplegmen mit gar keinem größeren, für das freie Auge sichtbarem Osculum sind selten. Die äußere Oberfläche der Röhren ist stachlig. Die einzelnen Stacheln — in die Oberfläche eingesenkte, gekrümmte, monactine _ Rhabde — sind 0,2—0,8 mm von einander entfernt. Die Exemplare von verschiedenen Lokalitäten unterscheiden sich beträchtlich in Bezug auf die Dichte ihres Stachelbesatzes. So sind z. B. diese Stacheln viel zahlreicher und näher beisammen bei den Exemplaren von Lesina, als - bei den Exemplaren von Triest. 0,15—0,2 mm weit über die Oberfläche vorragend, neigen sich die Stacheln stets gegen das Osculum hin, das zu jener Röhre gehört, der sie aufsitzen (Taf. X, Fig. 45). Abgesehen ‚von diesen Stacheln ist die äußere Oberfläche glatt. 230 R. v. Lendenfeld, An Flächenansichten der äußeren Oberfläche sieht man die Poren nicht gut. Tangentialschnitte geben über dieselben Aufschluss. Ver- gleicht man eine Tangentialschnittserie (Taf. X, Fig. 47) mit Quer- schnitten durch die Röhrenwand und mit Flächenansichten der Röhren- innenwand (Taf. X, Fig. 46), so gewinnt man eine deutliche Vorstellung vom Bau des Kanalsystems unseres Schwammes. An den Vegetations- spitzen der Röhren, wo ihre Wände auch dünner sind, ist dieses ein- facher wie in den älteren Partien größerer Exemplare. Zunächst will ich mich der Schilderung des Kanalsystems solcher vollkommen aus- gebildeter Schwammtheile zuwenden. Bei diesen sieht man keine Poren an der äußeren Oberfläche. Dagegen erkennt man in dicht unter der Oberfläche geführten Tangentialschnitten zahlreiche rundliche Lücken von 0,02—-- 0,03 mm Durchmesser, welche als Querschnitte einführender Kanäle angesehen werden müssen (Taf. X, Fig. 47 A). Zwischen den Kanälen liegen sehr zahlreiche, tangential orientirte Triactine, welche hier, dicht unter der Oberfläche, eine Art Hautpanzer bilden (Taf. X, Fig. 45, 47 A). Nach innen hin werden die Kanalquerschnitte -größer, weniger zahlreich und zugleich unregelmäßiger (Taf. X, Fig. 47 B). Hier, 0,06 mm unter der Oberfläche, befinden wir uns in dem Niveau der Basalstrahlen der Tetractine. Diese Schnitte lassen erkennen, dass zahlreiche kleine Kanäle von den Poren der äußeren Oberfläche herab- ziehen und sich zu größeren, unregelmäßigen Kanälen vereinigen, wel- che die Schicht der Basalstrahlen der Tetractine durchsetzen. Während die Außenwand der Röhren glatt ist, erscheint die Innen- wand tief wabig (Taf. X, Fig. 45, 46). Von den Mittelpunkten der tan- gential orientirten Basalstrahlen der Tetractine ragen ihre Apical- strahlen radial nach innen. Die letzteren sind nicht ganz 0,2 mm lang und stehen 0,1—0,15 mm von einander entfernt. Die Kragenzellen- schicht zieht über die Spitzen dieser Strahlen hinweg. Zwischen den- selben ist sie tief eingesunken. In der Mitte sattelförmig eingesenkte Kämme verbinden benachbarte Apicalstrahlenspitzen. Zwischen diesen Kämmen liegen tiefe wabenartige Gruben. Die ganze Entodermfläche sieht ähnlich aus, wie die äußere Oberfläche konulöser Hornschwämme (1889, p. 744). Die erhabenen Kämme bilden ein Netz, dessen vor- ragende Knotenpunkte von den Apicalstrahlenspitzen gestützt werden. Je größer die Maschen dieses Netzes sind, um so tiefer ist die Entoderm- fläche innerhalb derselben eingesenkt. Im Grunde dieser wabenartigen Vertiefungen tritt die Kragenzellenschicht stellenweise so nahe an die äußere Oberfläche heran, dass hier die Röhrenwand bloß 0,05—0,1 mm dick ist. | Der Raum zwischen der Kragenzellenschicht und dem, von den Die Spongien der Adria. I. 231 Basalstrahlen der Tetractine und den dermalen Triactinen gebildeten Hautpanzer ist lakunös. Wir finden hier einen hohlen, von zahlreichen mit einander unregelmäßig verbundenen Membranen durchsetzten Raum. Tiefer geführte Tangentialschnitte (Taf. X, Fig. 47 C, D) lassen erkennen, dass die erwähnten vorragenden Kämme überall, außer in der Umgebung ihrer Knotenpunkte, sehr schmal sind und zwar so schmal, dass sich die gegenüberliegenden Kragenzellenschichten fast berühren: die beschriebenen Lakunen der Röhrenwand erstrecken sich nicht weiter in diese Kämme hinein. Höher hinauf reichen die Lakunen in den Knotenpunkten der Kämme. | In den Böden der wabenartigen Vertiefungen liegen zahlreiche, 0,04—0,03 mm weite, etwas unregelmäßig gestaltete Poren. Die Ge- webebrücken zwischen diesen Poren sind schmäler als die Poren weit sind. An den steil abfallenden Flanken der vorragenden Kämme kommen keine Poren vor (Taf. X, Fig. 45, 46). Wir gewinnen also folgende Vorstellung von dem einführenden Kanalsystem der Homandra falcata: In der äußeren Oberfläche der Röhren liegen zahlreiche kleine Poren, welche in enge Kanäle hinein- führen. Diese vereinigen sich zu größeren unregelmäßigen, sehr kurzen Stämmen, die in ein subgastrales Lakunensystem ausmünden. Zahl- reiche, auf die Böden der wabenartigen Vertiefungen beschränkte Poren stellen die Verbindung zwischen diesen Lakunen und dem Gastralraum her. Oben ist darauf hingewiesen worden, dass in jüngeren Exempla- ren, beziehungsweise Schwammtheilen, das Kanalsystem einfacher ge- baut ist. Hier sieht man 0,12 mm weite Poren in der Oberfläche, welche direkt in den Gastralraum hineinführen (Lexpexrern, 1889a, p. 418, Taf. XXVI). Ob dieses einfache Kanalsystem wirklich, wie ich anzu- \ nehmen geneigt wäre, ein Jugendstadium repräsentirt, oder ob wir es _ hier mit einer Polymorphie wie bei Ascetta clathrus zu thun haben, lässt sich kaum mit Sicherheit feststellen. Für die letztere Annahme spricht die Thatsache, dass das einfache Kanalsystem mit einer be- _ trächtlichen Verringerung in der Zahl und Größe der stachelbildenden gekrümmten Rhabde assoeiirt zu sein pflegt. R Weder das äußere Plattenepithel, noch die sehr zarte und durch- sichtige Zwischenschicht weichen im Bau von den entsprechenden Bil- dungen der Ascetta primordialis ab. Genitalprodukte sind weder von PHarexer noch von GrArrre in diesem Schwamme aufgefunden worden. "Auch ich habe vergebens danach gesucht. Die stets einschichtige "Kragenzellenlage ist jener von Ascetta primordialis ähnlich gebaut. Das Skelett besteht aus rhabden, triactinen und tetractinen Nadeln. 232 R. v. Lendenfeld, Die Rhabde stecken pflockförmig in der Haut des Schwammes. Nach HaeckeL (1872, Bd. II, p. 85) sollen sie die ganze Leibeswand durch- setzen und mit ihren Proximalenden frei ins Röhrenlumen hineinragen. Bei den vor mir untersuchten Exemplaren war dies jedoch keineswegs der Fall (Taf. X, Fig. 45). Bei diesen durchsetzen sie höchstens das äußere Drittel der Röhrenwand. Wie oben erwähnt, sind diese Rhabde oralwärts gekrümmt. Ihre Achsen haben die Gestalt von Evolventen, indem ihr Krümmungsradius von innen nach außen zunimmt. Die Rhabde (Taf. X, Fig. 50 a, b) sind etwa 0,2 mm lang. Das proximale, in den Schwammkörper eingesenkte Ende ist zugespitzt. Gegen das distale Ende hin nimmt das Rhabd an Dicke zu und ist hier 0,02 mm stark. Das äußere freie Ende ist abgerundet. Die Triactine bilden ein ziemlich resistentes Geflecht dicht unter der äußeren Oberfläche (Taf. X, Fig. 45, 47 A). Sie sind streng tangential orientirt. Die Triac- tine (Taf. X, Fig. 50 d, e) sind regulär, mit kongruenten, geraden, koni- schen ziemlich stumpfen 0,12—0,15 mm langen Strahlen, welche an der Basis 0,04—0,015 mm dick sind. Die Tetractine breiten ihre streng tangential gelagerten Basalstrahlen unterhalb der von den Triac- tinen gebildeten Rindenlage aus (Taf. X, Fig. 45, 47 B), während ihre Apicalstrahlen radial nach innen ragen und die Knotenpunkte des Kammnetzes der Gastralfläche stützen. Die Tetractine (Taf.X, Fig.50c, €’) haben regulär angeordnete, konische, nicht sehr scharfspitzige, gegen den Apicalstrahl leicht konkave, kongruente 0,17 mm lange, und an der Basis 0,018 mm dicke Basalstrahlen. Der gerade, konische, nicht sehr scharfspitzige Apicalstrahl ist 0,18—0,2 mm lang und an der Basis 0,018—0,022 mm dick. Die Tetractine der von Harckzr (1872, Bd. II, p- 84, 85) untersuchten Exemplare scheinen längere Basalstrahlen (0,18&—0,2 mm) besessen zu haben. Die Lesinaer Exemplare sind nach Harcexsı (1872, Bd. II, p. 83) gelbbraun, während GrEFFE (1882, p. 321 [sep. p. 9)) über die Farbe der Triester Exemplare bemerkt, dass die im Aquarium gehaltenen Stücke sich »überaus rein weiß halten«, weil sich keine fremden Orga- nismen an denselben festsetzen. Die meisten Exemplare, welche ich selbst gesehen habe, waren weiß, aber immerhin fand ich einige, die einen mehr oder weniger deutlichen, gelben Anflug erkennen ließen. Dieser Anflug wurde durch bräunliche Algenzellen verursacht, welche der äußeren Oberfläche anhafteten. Je nachdem diese Algen vorhanden sind oder fehlen ist der Schwamm gelbbraun oder weiß. Hierauf ist wohl der Unterschied in den Angaben der Autoren über die Farbe zu- rückzuführen, Die Spongien der Adria. 1. 233 Homandra falcata ist bis nun bloß in der Adria gefunden worden, und zwar bei Lesina und Triest. r Ordo Heterocoela. Galcarea mit Plattenzellen-bekleideten ausführenden Kanälen und Geißelkammern von mehr oder weniger bestimmter Gestalt und Größe. 1883 wurde diese Ordnung von POLEJAEFF (4883, p. 22) aufgestellt. 1885 wurde sie von mir (1885 a, p. 243) in etwas modificirter Form, aber unter dem gleichen Namen beibehalten. 1887 wurde sie von VOosMAER (4887, p. 370) im PoLEsAErF'schen Sinne auf- geführt. 1890 führte ich (1890, p. 366) diese Ordnung in demselben Sinne wie 1885 auf. Auch hier behalte ich sie in diesem Sinne bei. Sie umfasst die Sycones und Leucones (HazckeL), sowie die seither als Teichonidae und Sylleibidae beschriebenen Kalkschwämme. 41883 unterschied PoLEJAEFF (1883, p. 22) drei Familien in dieser Ordnung: 4) Syconidae mit radialen cylindrischen Kammern und einfachem Oscularrohr; 2) Leuconidae mit baumförmig verzweigtem Kanalsystem und 3) Teichonidae mit differenten Poren- und Oscula-tragenden Seiten. 1885 erkannte ich (1885a, p. 244) diese drei Familien an und fügte noch die neue Familie Sylleibidae für Kalkschwämme mit verzweigtem, ausführenden Kanal- system und langgestreckt sackförmigen Kammern hinzu. 1887 hielt VosmAeEr (1887, p 370—375) das PoLEIAEFF’sche System aufrecht. 1890 behielt ich (1890, p. 366—370) mein System von 4885 bei. Jetzt finde ich, nach erneuter Prüfung, dass die früher von mir an- erkannte Familie Teichonidae keine Existenzberechtigung hat, so dass sich die Zahl der Heterocoela-Familien auf drei reducirt: Syconidae, Sylleibidae und Leuconidae. Alle drei Familien sind in der Adria vertreten. Familia Syconidae. Heterocoela mit radial gestellten, eylindrischen oder fingerhutför- migen Geißelkammern, welche gruppenweise vereint, oder jede für sich, direkt in das einfache, centrale Oscularrohr münden. | 1872 stellte HAEckEL (1872, Bd. II, p. 232) die Familie Sycones für die Kalk- schwämme mit »Radialtuben « auf. 1883 benutzte PoLEJAEFF (1883, p. 22) diese Familie im Sinne Harcker's. Er nannte sie Syconidae. Y. 1885 benutzte auch ich (1885 a, p. 243) dieselbe unter dem Namen Syconidae. _ Das Gleiche thaten z x Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LIII. Bd. 416 234 R. v. Lendenfeld, x 41887 VosmAEr (1887, p. 370), 1889 HaAECKEL (1889, p. 87) und 1890 ich (1890, p. 366). Auch hier behalte ich diese Familie in dem ursprünglichen HAcEckeEL- schen Sinne unverändert bei. Auch die früher zu den Teichoniden gestellte Gattung Teichonella findet jetzt — mit Grantia vereint — in dieser Familie Platz. 41872 theilte HAEckEL (1872) die Sycones, je nach der Form der Nadeln in die bekannten sieben Genera Sycetta (mit Triactinen), Sycilla (mit Tetractinen), Sycyssa (mit Rhabden), Sycaltis (mit Tri-,und Tetractinen), Sycortis (mit Triactinen und Rhabden), Syculmis (mit Tetractinen und Rhabden) und Sycandra (mit Triactinen, Tetractinen und Rhabden). 1883 stellte PoLEJAEFF (1883) sechs Syconidengenera auf: Sycon Risso (1826, p- 368), Grantia Flemming (1828, p. 524), Ute Schmidt (14864), Heteropegsma nov., Amphoriscus Haeckel (4869, p. 238) und Anamixilla nov. 4885 theilte ich (1885a, p. 213) die Familie Syconidae in drei Subfamilien: Syconinae (mit distal freien, unverzweigten Kammern), Uteinae (mit Rinde und un- verzweigten Kammern) und Grantinae (mit verzweigten Kammern). 4887 adoptirte VosMAER (4887, p. 370—373) die sechs Syconengattungen POLEJAEFF'S. 1890 ließ ich (4890, p. 367) die Subfamilie Grantinae fallen und theilte nun die Syconidae in die zwei Subfamilien Syconinae (mit freien Distalkegeln) und Uteinae (mit kontinuirlicher Dermalmembran). Ich behalte die beiden Subfamilien Syconinae und Uteinae hier bei, scheide aber aus der letzteren die Formen mit Amphoriseusskelett aus und stelle für diese die Subfamilie Amphoriscinae auf. Zu diesen drei Subfamilien kommt noch eine neue vierte, die Sycanthinae, bei denen die Kammern gruppenweise vereint in das Oscularrohr einmün- den und nicht jede eine eigene Mündung hat. In der Adria sind alle vier Subfamilien vertreten. Subfamilia Sycanthinae. Syconidae mit lang röhrenförmigen, gruppenweise vereinten Kam- mern. Die Kammern jeder Gruppe stehen durch Öffnungen in ihren Wänden mit.einander in Kommunikation. Jede Kammergruppe ist durch eine einzige größere Öffnung in der Gastralmembran mit dem centralen Öseularrohr in Verbindung. Die Distaltheile der einzelnen Kammern ragen frei vor. Das Stützskelett der Kammerwände besteht aus über einander folgenden, radial und centrifugal orientirten sagittalen Triac- tinen, welche zu einem gegliederten Tubarskelett zusammentreten. Diese neue Subfamilie umfasst nur ein Genus, welches in der Adria vorkommt. Die Spongien der Adria, 1. 235 Genus Sycantha. Sycanthinae mit rhabden und triactinen, oder rhabden und tetrac- tinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. Dieses neue Genus ist in der Adria durch eine Art vertreten. 11. Sycantha tenella. (Taf. X, Fig. 52—59; Taf. XI, Fig. 62.) Mein Material dieses neuen Schwammes stammte aus Triest. Sycantha tenella ist ein großer, röhrenförmiger Schwamm. Das größte Exemplar ist eine im oberen Dritttheil sanft gebogene Röhre von nahezu 10 cm Länge. Am oberen Ende ist die Röhre 8, an der stärk- sten Stelle (21/, cm über der Basis) 20 mm dick. Ein Kranz frei vor- ragender Rhabde umgiebt das 5—8 mm weite, kreisrunde, terminale Osculum. Die äußere Oberfläche erscheint in Folge der Länge und Isolirtheit der Kammern unregelmäßig zottig (Taf. X, Fig. 54, 55) und, wegen der starken Kammerkronen, dicht behaart. Die Oberfläche des Oseularrohres ist kontinuirlich und erscheint wegen der in das Lumen derselben frei vorragenden kurzen Apicalstrahlen der gastralen Tetrac- tine kurzstachlig (Taf. X, Fig. 56). Die zarte und glatte Gastralmembran (Taf. X, Fig. 52, 56, 58) bildet ein kreiscylindrisches Rohr. Gegen das ÖOsculum hin verengt sich dasselbe. Diese Membran wird von kreis- runden, 0,3—0,7 mm weiten Löchern durchbrochen, welche sehr un- regelmäßig angeordnet und deren Mittelpunkte durchschnittlich 1,5 mm von einander entfernt sind. Je größer diese Löcher sind, um so weiter sind sie von einander entfernt. Am größten und am weitesten aus ein- ander sind sie dort, wo das Oscularrohr die größte Weite hat. Sowohl gegen das Osculum, wie gegen die Basis des Schwammes hin, werden sie kleiner und rücken näher an einander. Die Gastralmembran wird von einem dichten Geflecht der ungemein zarten und schlankstrahligen tangential orientirten Triactinen und den Basalstrahlen der gastralen Tetractine gestützt (Taf. X, Fig. 58). Außen sitzen der Gastralmembran 2—4 mm lange Zotten auf, welche theilweise durch senkrecht zur Gastralmembran orientirte ‚ Häutchen mit einander verbunden sind (Taf. X, Fig. 53, 54, 56). | Jede Zotte läuft in eine Anzahl biegsamer Spitzen aus. Diese ‚Spitzen sind die freien Distalenden der Geißelkammern, aus denen die Zotten zusammengesetzt sind. Zehn bis zwanzig im basalen Theile 5 verwachsene Kammern bilden eine Zotte. Die Zotten sind also Geißel- 'kammergruppen. Sie sind dort am größten, wo — eine kurze Strecke 16* 236 R. v. Lendenfeld, oberhalb der Basis — das Oscularrohr die größte Weite hat. Nach oben und nach unten hin nehmen sie stetig an Höhe und Breite ab. Sie stehen ziemlich dicht beisammen. Ihre Entfernung von einander ist ihrer Größe proportional. Die Geißelkammern, aus welchen die Zotten zusammengesetzt sind, erscheinen sehr lang und schmal. An der Basis sind sie unregelmäßig prismatisch, zumeist mit vierseitigem Querschnitt. Der freie, stets un- verzweigte Endtheil hat einen kreisförmigen Querschnitt und läuft in eine zuckerhutartige Spitze aus. Die Länge der Kammern, 2—4 mm, entspricht natürlich der Länge der Zotten. Die Kammern sind an der Basis 0,5—1 mm, im freien Distaltheile 0,3 mm breit. Tangential- schnitte, Querschnitte also durch die Zotten, lassen erkennen, dass im Basaltheile der letzteren die Kammern ganz dicht an einander stoßen und dass hier überhaupt keine einführenden Kanäle (Interradial- kanäle Hacker) vorhanden sind (Taf. X, Fig. 57). Allen Membranen, welche im Inneren der basalen Theile der Zotten vorkommen, sitzen nämlich auf beiden Seiten Kragenzellen auf. In diesen, die einzelnen Kammern von einander trennenden Membranen, welche sich senkrecht vom Oscularrohr erheben, finden sich stellenweise rundliche Lücken, durch welche die Lumina aller Kammern einer Gruppe in direkte Ver- bindung mit einander gesetzt sind. Eine der. Kammern einer jeden Gruppe, oder auch mehrere, stehen durch die beschriebenen, runden Öffnungen in der Wand des Oseularrohres mit dem Lumen des letzteren in Verbindung. Einströmungsporen von Kreisform und geringer Größe finden sich in großer Zahl in den freien Distaltheilen der Kammer- wände. Die Kammerwände sind durch sagittale Triactine gestützt und jede Kammer ist mit einem, aus Rhabden zusammengesetzten Terminal- schopf gekrönt (Taf. X, Fig. 56). Sycantha tenella zeichnet sich also dadurch vor allen anderen Syconen aus, dass nicht alle Kammern direkt mit dem Oscularrohr in Verbindung stehen, und dass die Kam- mern gruppenweise mit einander kommunieiren. Der Wasserstrom geht theilweise von Kammer zu Kammer, ehe er in das Oseularrohr ge- langt. Wenn dieses Verhältnis an das Kanalsystem der Sylleibiden erinnert, so spricht doch andererseits das Fehlen Plattenepithel-beklei- deter ausführender Kanäle zwischen den Kammern und dem Oseular- rohr, sowie der Mangel einer kontinuirlichen Oberhaut oder Rinde gegen eine Einverleibung der Sycantha tenella mit den Sylleibiden. Ich bin vielmehr der Ansicht, dass Syeantha wohl den Übergang zwischen den Syconiden und Sylleibiden vermittelt, den ersteren aber viel näher steht als den letzteren. Da mein Material dieses Schwammes längere Zeit in nicht sehr Die Spongien der Adria. 1. 237 starkem Weingeist aufbewahrt war, so kann ich keine Angaben über die feineren histologischen Bauverhältnisse desselben machen. Nur auf die außerordentliche Zartheit der Zwischenschicht aller Theile, welche an die einfachsten Asconen erinnert und auf welche sich der Species- name »tenella« bezieht, möchte ich besonders aufmerksam machen. Eier und Embryonen fanden sich in größerer Zahl in einem der Exem- plare. Die Embryonen sind alle noch sehr jung, kaum mehr als acht- zellig und stimmen mit den bekannten achtzelligen Embryonen von Sycandra raphanus überein. Das Skelett besteht aus Rhabden, Triactinen und Tetractinen, welche sich durch eine außerordentliche Schlankheit ihrer Strahlen auszeichnen. Die Rhabde finden sich ausschließlich in den Kronen der Kammern und des Osculums. Die Rhabde der Kammerkronen (Taf. X, Fig. 59 a, b; Taf. XI, Fig. 62 a) sind gerade, cylindrisch, an beiden Enden zugespitzt, 0,8—1 mm lang und in der Mitte 0,014 mm dick. Triactine finden sich in großer Zahl in den Kammerwänden und in der Gastralmembran. Überall sind sie streng tangential angeordnet. Die Triactine des Tubar- skelettes in den Kammerwänden (Taf. X, Fig. 59 e, f; Taf. XI, Fig. 62 b, c) sind sagittal, mit centrifugal orientirtem Sagittalstrahl. Abgesehen von seltenen, unregelmäßigen Formen, wie eine in der Fig. 59 e (Taf. X) abgebildet ist, sind sie bilateral symmetrisch. Die subgastralen Triac- tine des Tubarskelettes (Taf. XI, Fig. 62 c) haben etwas unregelmäßig gekrümmte, gegen den Sagittalstrahl an der Basis konkave Lateral- strahlen, welche einen Winkel von etwa 150° einschließen. Gegen das distale Kammerende nimmt der Winkel zwischen den Laterälstrahlen bis zu 130° ab und hier (Taf. XI, Fig. 62 b) sind auch die Lateralstrahlen regelmäßiger S-förmig gekrümmt, an ihrer Basis gegen den Sagittal- strahl konvex. Der Sagittalstrahl ist stets gerade. Alle Strahlen sind allmählich gegen die nicht besonders scharfe Spitze hin verdünnt, 0,27 bis 0,29 mm lang und an der Basis 0,008—0,01 mm dick. Die Triac- tine der Gastralmembran (Taf. X, Fig. 59 c) sind ebenfalls sagittal. Ihr Sagittalstrahl ist gerade; die Lateralstrahlen sind wellenförmig gebogen. Der Winkel zwischen den Lateralstrahlen beträgt ungefähr 120°. Die Strahlen sind 0,4—0,54 mm lang und an der Basis 0,008—0,012 mm dick. Die Tetractine (Taf. X, Fig. 59 d; Taf. XI, Fig. 62 d) sind auf die _ Gastralmembran beschränkt. Ihre Basalstrahlen liegen tangential und gleichen den Strahlen der gastralen Triactine in jeder Hinsicht voll- kommen. Der, frei in das Lumen des Oscularrohres hineinragende Apicalstrahl ist gegen das Osculum hin leicht gekrümmt, von schwan- kender Länge, aber nie länger als 0,15 mm und an der Basis 0,01 mm ‚diek. Man findet alle möglichen Übergänge zwischen den gastralen 233 R. v. Lendenfeld, Triactinen und solchen Tetractinen mit 0,15 mm langem Apical- strahl. Die Farbe der Sycantha tenella (in Weingeist) ist gelblich- weiß. Bisher ist der Schwamm nur in der Adria gefunden worden und zwar im Golfe von Triest. Subfamilia Syconinae. Syconidae, deren Kammern direkt, jede für sich, in das Oseular- rohr einmünden. Die Distaltheile der Kammern ragen mehr oder weni- ger frei vor; ohne kontinuirliche Rinde. Das Stützskelett der Kammer- wände besteht aus über einander folgenden, radial und centrifugal orientirten, sagittalen Triactinen, welche zu einem gegliederten Tubar- skelett zusammentreten. 1883 vereinigte PoLEJAEFF (4883, p. 24) alle hierher gehörigen Syconen zü einer Gattung: Sycon Risso (1826). 1885 stellte ich (1885a, p. 243) für diese Kalkschwämme die Subfamilie Syconinae auf. 4890 behielt ich (1890, p. 367) diese Subfamilie unverändert bei, Auch hier habe ich sie im selben Sinne beibehalten, ändere jedoch den Wortlaut ihrer Diagnose. Von den von Hazcrer (1872) beschrie- benen Kalkschwämmen gehören die Subgenera Sycettaga und Sycal- taga, sowie jene Arten von Sycandra und Sycortis hierher, welche freie Distalkegel besitzen. 1883 vereinigte PoLEJAEFF (1883, p. 24) alle hierher gehörigen Spongien zu einem Genus Sycon, welchem er irrigerweise auch Grantia (Sycandra) capillosa zutheilte. 4885 unterschied ich (1885 a, p. 213) innerhalb dieser Gruppe sieben Genera, nach dem Grundsatze Harcker’s die Nadelform zu generellen Unterscheidungen benutzend: Sycetta (mit Triactinen), Sycilla (mit Tetractinen), Sycyssa (mit Rhab- den), Sycaltis (mit Tri- und Tetractinen), Sycortis (mit Triactinen und Rhabden), Syculmis (mit Tetractinen und Rhabden) und Sycandra (mit Triactinen, Tetractinen und Rhabden). 1887 vereinigt Mu (1887, p. 374) alle Syconinae, wie POLEJAEFF, zu einem Genus: Sycon. 41890 hielt ich (4890, p. 367) an meiner Eintheilung von 1885 fest. Da sämmtliche Arten der Gattungen Syeilla, Syculmis und Syeyssa im Sinne Harcker’s zu den Amphoriscinae gehören, so sind Syeilla, Syeulmis und Sycyssa Lendenfeld 1890 imaginär und daher zu strei- chen. Daich dem Unterschied zwischen den Triactinen und Tetractinen jetzt keinen generellen Werth mehr beimesse, so sind die vier, in den Syconinae übrigbleibenden Gattungen Hazcker’s paarweise zu vereinen: Die Spongien der Adria. 1. 239 Sycetta Lendenfeld 1885 -+ Sycaltis Lendenfeld 1885 — Sycetta; Sycortis Lendenfeld 1885 —+ Sycandra Lendenfeld 1885 — = Sycandra. In der Adria sind beide Gattungen vertreten. Genus Sycetta. Syconinae mit triactinen oder tetractinen Nadeln oder beiden. 41872 stellte HAeckeL das Subgenus Sycettaga (1872, Bd. II, p. 236) für Syco- nen mit freien Distalkegeln und ausschließlich triactinen Nadeln und das Subgenus Sycaltaga (4872, Bd. II, p, 264) für Syconen mit freien Distalkegeln und tri- und tetractinen Nadeln. 1883 vereinigte POLEJAEFF (1883, p. 24) diese mit den anderen Syconen mit freien Distalkegeln zu einem Genus: Sycon. 1885 behielt ich (4885a, p. 213) für die Syconen mit freien Distalkegeln, welche triactine oder tetractine oder beide Nadelformen besitzen, die Harcker’schen Gat- tungsnamen Sycetta, Sycilla und Sycaltis bei. 1887 vereinigte VosMAER (1887, p. 374) die hierher gehörigen mit allen ande- ren Syconen mit freien Distalkegeln, nach dem Vorgange PoLEJAEFF’S zu einem Ge- nus: Sycon. 4890 hielt ich (1890, p. 367) mein System von 4885 mit Vorbehalt aufrecht. Jetzt vereinige ich, dem Unterschied zwischen triactinen und tetractinen Nadeln keinen generellen Werth mehr beimessend, die Sub- genera Sycettaga und Sycaltaga Harcrer’s, welche ich früher als eigene Genera unter den Namen Sycetta und Sycaltis anerkannt hatte, zu einem Genus, welches ich Sycetia nenne. Alle Arten des Genus Syeilla im Sinne Harckzr’s gehören zur Subfamilie Amphoriseinae. Die Gattung Sycilla in meinem Sinne Ben 1885 und N ist daher gewissermaßen imaginär und fällt weg. | In der Adria findet sich eine Art von Sycetta. 12. Sycetta conifera. (Taf. XI, Fig. 74.) 1872 beschrieb Haccker (4872, Bd. II, p. 264; Bd. III, Taf. XLV) diesen Schwamm als Sycaltis conifera. 1883 führte PoLEJAEFF (4883, p. 24) denselben unter dem Namen Sycon coni- ferum auf. Da ich die Sycaltisarten Harcker’s mit freien Distalkegeln zum Genus Sycetta stelle, erscheint der Schwamm hier unter diesem Namen. Von diesem Schwamm stand mir kein Material zur Verfügung. | Sycetta conifera ist ein aufrechter, eylindrischer, sitzender oder gestielter Schwamm, welcher eine Länge von 2 em und in der Mitte _ einen Querdurchmesser von 2—4 mm erreicht. Das nackte endständige 240 R. v. Lendenfeld, Osculum ist 1—2 mm weit. Die zuckerhutförmigen Geißelkammern sind völlig isolirt: durch beträchtliche Zwischenräume von einander ge- trennt, ragen sie ganz frei nach außen vor. Die Kammern sind 0,3 bis 0,5 mm lang und an der Basis 0,1—0,2 mm weit. Die Kammern des mittleren Theiles des Schwammes sind größer als jene, welche im ba- salen Theile, sowie in der Nähe des Osculums liegen. Die Kammer- mündungen in der Gastralmembran sind kreisrund, 0,1—0,2 mm weit. Über den feineren Bau dieses Schwammes ist nichts bekannt. Das Skelett (Taf. XI, Fig. 74) besteht aus triactinen und tetractinen Nadeln. Die Triactine (Taf. XI, Fig. 7% b, c) bilden das gegliederte Tubarskelett der Kammerwände. Sie sind sagittal, mit centrifugal orientirtem Sagittalstrahl. Die Lateralstrahlen schließen einen Winkel von435° ein. Alle Strahlen sind konisch und scharfspitzig. Der Sagittal- strahl ist gerade, 0,16—0,2 mm lang und an der Basis 0,005 mm dick. Die Lateralstrahlen sind gegen den Sagittalstrahl konkav, 0,08 bis 0,16 mm lang und an der Basis 0,005 mm dick. Von innen nach außen nimmt die Länge der Lateralstrahlen ab und die Länge des Sasgittal- strahles zu. Die Tetractine (Taf. XI, Fig. 74 d) bilden das Skelett der Gastralmembran, in welcher sich ihre Basalstrahlen tangential aus- breiten. Diese sind sagittal differenzirt, mit einem Winkel von 130 bis 150° zwischen den Lateralstrahlen. Der Sagittalstrahl ist der Basis des Schwammes zugekehrt, 0,3 mm lang und gerade. Die leicht gekrtmm - ten Lateralstrahlen sind 0,2 mm lang. Der frei in das Oscularrohr hineinragende Apicalstrahl ist oralwärts gekrümmt und 0,1 mm lang. Alle Strahlen sind konisch, scharfspitzig und an der Basis 0,005 mm dick. Die Farbe des Schwammes ist gelblich-weiß. Sycetta conifera ist bisher nur in der Adria gefunden worden, und zwar bei Lesina. Genus Sycandra. Syconinae mit rhabden und triactinen, oder rhabden und tetrac- tinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. 1872 stellte HAEckEL für die Syconen mit rhabden und triactinen Nadeln das Genus Sycortis (4872, Bd. II, p. 277), und für die Syconen mit allen drei Nadel- formen das Genus Sycandra (1872, Bd. II, p. 291) auf. 1883 vereinigte PoLEJAEFF (4883, p. 24) alle hierher gehörigen Sycortis- und Sycandra-Arten Hazcker’s mit freien Distalkegeln mit den anderen Syconen ohne Dermalmembran zu einem Genus: Sycon, 1885 behielt ich (1885a, p. 243) für die Syconen mit freien Distalkegeln, welche Rhabde und Triactine, oder Tetractine, oder beide besitzen, die HAECkEL- schen Gattungen Sycortis, Syculmis und Sycandra bei. : Die Spongien der Adria. 1. 241 & 41887 adoptirte VosMAER (4887, p. 374) das System PoLEJAEFF'S. ; 4890 hielt ich (1890, p. 367) mein System von 4885 mit Vorbehalt aufrecht. E E Jetzt vereinige ich, dem Unterschied zwischen triactinen und _ tetractinen Nadeln keinen generellen Werth mehr beimessend, die Genera Sycortis und Sycandra in meinem Sinne (1885 und 1890) zu _ einer Gattung, welche ich Sycandra nenne. Die einzige bekannte Art, das Genus Syculmis im Sinne Hazcker’s, gehört zur Subfamilie Ampho- riseinae. Die Gattung Syculmis in meinem Sinne (1885 und 1890) ist daher gewissermaßen imaginär und fällt weg. ri 1 ie FEN 4872 theilte HaEcEEL (4872, Bd. il, p. 294, 295) das Genus Sycandra (Haeckel) in sechs Subgenera. Drei von diesen, Sycocarpus, Sycocubus und Sycostrobus ge- hören ganz, und eines, Syocercus, theilweise in das Genus Sycandra in meinem Sinn, Die von HazckeL zur Trennung von Sycocarpus und Sycocercus einer- und von Sycocubus und Sycostrobus andererseits verwendeten Unterschiede sind in Wirklichkeit theilweise gar nicht vorhanden und theilweise sehr unbedeutend. Ich vereinige desshalb diese Subgenera paarweise zu zwei Untergattungen: Sycocarpus für die Sycandren mit freien, oder nur durch Trabekel oder Membranen verbundenen Kam- mern und unregelmäßigen oder sechsseitigen Einfuhrkanälen, und Syco- eubus für die Sycandren mit theilweise verwachsenen Kammern und vierseitig prismatischen Einfuhrkanälen. Die hierher gehörigen Arten der Harcrer’schen Gattung Sycortis finden in dem Subgenus Sycocubus - Platz. Beide Subgenera sind in der Adria vertreten. Subgenus Sycocarpus. | Sycandren mit freien, oder nur durch Trabekel oder Membranen - verbundenen Geißelkammern, welche nirgends, außer in der Umgebung des Osculum mit einander verwachsen sind. 1872 stellte HaAEckEL (4872, Bd.1I, p. 294) die Subgenera Sycocarpus und Sycocercus für Sycandren mit freien Kammern und für solche mit sechsseitigen, _ mit den Kanten verwachsenen Kammern auf. Da die zum Genus Sycandra in meinem Sinne gehörigen Mitglieder des Subgenus Sycocercus Haeckel nicht verwachsene, sondern freie, ‘nur durch Trabekel verbundene Kammern besitzen, so fällt der wesent- -lichste Unterschied zwischen Sycocarpus und Sycocercus Haeckel weg "und ich vereinige dem entsprechend beide zu einem Subgenus, welches ich Sycocarpus nenne. Sycocarpus in meinem Sinne ist gleich Syco- 242 R. v. Lendenfeld, carpus Haeckel — Syceocercus Haeckel pars. In der Adria ist das Sub- genus Sycocarpus durch vier Arten vertreten, 13. Sycandra coronata. (Taf. XI, Fig. 74.) 4786 beschrieben ErLıs und SOLANDER (4786, p.490, Taf. LVIII) diesen Schwamm als Spongia coronata. 4849 führt ihn ScawEisGer (1849, p. 80, Taf. V) ebenfalls unter dem Namen Spongia coronala auf. 4824 nannte S. F. Gray (1821, Bd.T,p.357) diesen Schwamm Scyphia coronata. 41826 machte GrANT (4826, p. 166) einige Angaben über diesen Schwamm und behielt den Namen Spongia coronata für denselben bei. 1827 finden wir ihn bei GrAnT (1827,p.422, Taf. II) abermals als Spongia coro- nata. 1859 beschrieb BowERBANK (4859, p. 79) diesen Schwamm als Grantia ciliata. 1864 bildete BowERBANK (1864, Taf. I) den Schwamm ab. Auch hier nennt er ihn Grantia ciliata. 1866 finden wir ihn bei BowERBANK (1866, p. 49) abermals als Grantia ciliata. 1872 gab HaEckEL (1872, Bd. II, p. 304; Bd. Ill, Taf. LI, LX) eine genaue Be- schreibung des Schwammes. Er nannte ihn Sycandra coronata und unterschied innerhalb dieser Species die beiden specifischen Varietäten tubulosa und commutata, 4874 führt BoweERBANK (1874, p. 3, Taf. II) denselben abermals als Grantia ciliata auf. 41876 erscheint er bei KELLER (1876, p. 49) als Sycandra coronata. 1882 wird er von Norman als Grantia ciliata (1882, p. 25) und als Sycandra coronata (1882, p. 230) aufgeführt. 4883 nannte PoLEJAEFF (4883, p. 24) den Schwamm Sycon ciliatum. 1885 machte ich (1885b, p. 4092) einige Angaben über diesen, auch an der Ostküste Australiens vorkommenden Schwamm und nannte ihn Sycandra coronata. Auch hier behalte ich diesen Harcer’schen Namen bei. Mir stand kein Material von Sycandra coronata aus der Adria zur Verfügung, ich hatte aber Gelegenheit, australische Exemplare zu untersuchen. Sycandra coronata ist ein langgestreckter, eiförmiger, eylindrischer oder unregelmäßig gestalteter Schwamm, welcher in der Regel 4—1'/,em lang ist und nur ausnahmsweise eine Länge von 2—3 cm erreicht. Der Schwamm ist zumeist in der Längenmitte, oder etwas unterhalb derselben am dicksten und erreicht hier einen Querdurchmesser von 3—5, selten bis zu 7 mm. Die Oberfläche ist büschelig borstig. Das endständige Osculum wird zumeist von einer kurzen Röhre umgeben, deren Rand entweder nackt ist oder eine Oscularkrone trägt. Zuweilen erreichen Rohr und Krone zusammen eine Länge von 5 mm und dar- über. Das cylindrische Oscularrohr ist I—2 mm weit. Die Wand des- selben erscheint fein stachelig. Die kreisförmigen, 0,05—0,1 mm weiten Die Spongien der Adria. I. 243 Kammermündungen sind recht regellos angeordnet. Die Kammern haben durchaus einen annähernd kreisförmigen Querschnitt, sind im basalen Theile eylindrisch und 0,1—0,15 mm weit und gehen oben in einen schlanken, gekrönten Distalkegel über, welcher stets ganz frei vorragt. Die Länge der Kammern beträgt 1—1,5 mm. Über den feineren Bau dieses Schwammes ist nichts bekannt. Das Skelett (Taf. XI, Fig. 71) besteht aus rhabden, triactinen und tetractinen Nadeln. Die Rhabde sind auf die Oscular- und Kammer- kronen beschränkt. In dem peristomalen Rohr, welches häufig das Oseulum umgiebt, finden sich gerade, an beiden Enden zugespitzte, 0,5—1,5 mm lange und 0,02—0,03 mm dicke, longitudinal orientirte Rhabde. Die frei aufragende Oscularkrone besteht aus schlanken, stricknadelförmigen, 4—3 mm langen, bloß 0,001—0,005 mm dicken Rhabden. Die Rhabde, welche zu Büscheln von 20—60 Stück vereint die Kammerkronen bilden (Taf. XI, Fig. 71 a), sind gerade, an beiden Enden zugespitzt, I—2 mm lang und 0,015—0,02, selten 0,025 mm dick. Triactine finden sich in den Kammerwänden und in der Gastral- membran. Die Triactine des Tubarskelettes in den Kammerwänden (Taf. XI, Fig. 71.b, c) sind sagittal. Die Lateralstrahlen der proximalen Triaetine (Taf. XI, Fig. 71 c) schließen einen Winkel von 170—180° ein. Nach außen hin nimmt dieser Winkel stetig ab und beträgt bei den Triactinen des Distalkonus (Taf. XI, Fig. 71 b) bloß 120°. Der centrifugal gerichtete Sagittalstrahl ist gerade, konisch, zugespitzt, durchschnittlich 0,2 mm lang und an der Basis 0,005—0,008 mm und darüber dick. Die Lateralsirahlen sind gerade oder leicht gegen den Sagittalstrahl konvex gekrümmt, eben so dick, aber kürzer als letzterer. Die Triactine, welche in tangentialer Lage unregelmäßig in der Gastral- membran zerstreut sind, haben verschiedene Gestalten. Einige sind regulär, andere sagittal und noch andere irregulär. Die Strahlen der gastralen Triactine sind eylindrisch, plötzlich zugespitzt, gerade oder leicht gekrümmt, 0,1—0,15mm lang, und an der Basis 0,005—0,008mm dick. Im Peristom finden sich sagittale Triactine, deren Sagittalstrahl _ nach abwärts gerichtet ist und deren Lateralstrahlen einen Winkel von 180° einschließen. Diese Nadeln haben dieselbe Größe, wie die Triac- E tine der Gastralwand. Die Basalstrahlen der Tetractine (Taf. XI, 3 Fig. 71d), welche tangentialin der Gastralwand ausgebreitet sind, haben. dieselbe Gestalt und Größe wie die Strahlen der Triactine. Der frei ins Oscularrohr hineinragende, hakenförmig gegen das Osculum ge- B krümmte Apicalstrahl ist eben so dick und lang, oder etwas kürzer als die Basalstrahlen. Die Farbe des Schwammes ist weiß, silbergrau oder gelblich. 244 R. v. Lendenfeld, Sycandra coronata hat eine kosmopolitische Verbreitung. Der adriatische Fundort ist Lesina. | 14. Sycandra tuba. (Taf. XI, Fig. 67; Taf. XII, Fig. 84 —84.) Mein Material dieses neuen Schwammes stammte aus Triest. Sycandra tuba ist einer der größten Kalkschwämme des adriati- schen Meeres. Er erscheint in Gestalt 5—8 cm langer Röhren, welche an der Basis etwa 8 mm weit sind, nach oben hin rasch an Weite bis zu 42—15 mm zunehmen und sich dann stetig bis zu dem, etwa 6 mm weiten terminalen Oseulum verdünnen. Solche Röhren stehen entweder einzeln, oder es erheben sich mehrere von einer gemeinsamen Basis. Das Osculum ist einfach, glattrandig. Peristom und Oseularkrone fehlen den von mir beobachteten Exemplaren. Die Oberfläche erscheint hoch gekörnt in Folge der ziemlich hoch aufragenden freien Distalkegel der Geibelkammern. Jeder Distalkegel trägt eine aus einem Büschel von Rhabden bestehende Krone. Die Röhrenwand ist kaum 4 mm dick und das ganze Gebilde erscheint desshalb außerordentlich zart. Die Gastral- fläche (Oscularrohrwand) ist stachlig (Taf. XI, Fig. 81). Die Kammer- mündungen in der Gastralmembran sind kreisrund, 0,13 mm weit und regelmäßig angeordnet. Sie stehen sehr dicht, besonders in der Nähe des Osculums, wo sie auch etwas kleiner sind. In allen Theilen des Schwammes, außer in der nächsten Nähe des Osculums sind die Kammern 0,5 mm lang und an der. Basis 0,16 mm weit. Gegen das Osculum hin nehmen sie an Größe ab. Durchaus haben sie die Gestalt von Zuckerhüten (Taf. XII, Fig. 81). Gegen die Mündung hin, an der Basis, erscheinen sie etwas verengt. Zahlreiche kreisrunde oder ovale Poren führen von außen in die Kammern hinein. In Alkoholpräparaten sind diese Poren 0,01 mm weit und durchschnitt- lich 0,03 mm von einander entfernt. Die Kammern in nächster Nähe des Osculums sind theilweise mit einander verwachsen. Überall sonst sind die Kammern frei und nur durch die Gastralmembran mit einander verbunden. Es ist jedoch zwischen den Kammern jüngerer, dem Osceu- lum naheliegender Schwammtheile ein Netz 0,015 mm dicker Trabekel ausgespannt (Taf. XII, Fig. 8I!—83). Die rundlichen Maschen dieses Netzes sind in der Nähe des Osculums eng, nach unten, gegen die Basis des Schwammes hin nehmen sie rasch an Größe zu und in der basalen Partie des Schwammes giebt es überhaupt gar keine Trabekel mehr, hier sind die Kammern vollkommen frei. Was die Ausbildung des ein- führenden Kanalsystems anbelangt, steht also Sycandra tuba zwischen Sycandra coronata und Sycandra raphanus. Die Spongien der Adria. I. 245 Im feineren Bau stimmt Sycandra tuba mit Sycandra raphanus vollkommen überein. Einige der ektodermalen Plattenzellen auf den Trabekeln umgreifen diese ganz und erscheinen somit als vollkommene Röhren. Das Plattenepithel des Oscularrohres reicht nicht — wie bei Sycandra raphanus — eine Strecke weit in die Kammermündungen hinauf, sondern endet scharf abgeschnitten an der Mündung selbst (Taf. XII, Fig. 81). Das Skelett (Taf. XI, Fig. 67; Taf. XII, Fig. SI, 84) besteht aus rhabden, triactinen und tetractinen Nadeln. Die Rhabde (Taf. XI, Fig. 67a; Taf. XII, Fig. 8%e) sind auf die Kammerkronen beschränkt. Jede Kammerkrone besteht aus 30—50 Rhabden. Die Rhabde sind gerade oder leicht gekrümmt, gegen beide zugespitzte Enden hin allmählich verdünnt. Triactine finden sich in der Gastralmembran und in den - Kammerwänden. Die gastralen Triactine (Taf. XII, Fig. 84 a) sind sagittal. Ihre Lateralstrahlen schließen einen Winkel von 170° ein. Der Sagittalstrahl ist gerade, konisch und scharfspitzig, 0,32 mm lang und an der Basis 0,007 mm dick. Die Lateralstrahlen sind $-förmig ge- krümmt. Der kürzere Basaltheil kehrt seine konkave, der längere Di- staltheil seine konvexe Seite dem Sagittalstrahl zu. Die Lateralstrahlen sind am Ende abgerundet und etwa halb so dick als an der Basis. Sie sind 0,28 mm lang und an der Basis 0,007 mm dick. Die Triactine des Tubarskelettes in den Kammerwänden (Taf. XI, Fig. 675,c; Taf. XII, Fig. 84c, d) sind sagittal mit centrifugal orientirtem Sagittalstrahl. Der Winkel zwischen den Lateralstrahlen der dem Oscularrohr zunächst liegenden Triactine (Taf. XI, Fig. 67 c) beträgt 170—180°. Gegen die äußere Oberfläche des Schwammes hin nimmt dieser Winkel stetig bis zu 130° ab (Taf. XI, Fig. 67 b; Taf. XII, Fig. 84 c, d). Der Sagittal- strahl ist gerade, konisch und scharfspitzig, 0,22 mm lang und an der Basis 0,007 mm dick. Die Lateralstrahlen haben dieselbe abgestumpfte Gestalt wie jene der gastralen Triactine, sind aber nicht so stark ge- krümmt wie diese, meist in ihrer ganzen Länge gegen den Sagittalstrahl leicht konkav oder auch gerade. Die Lateralstrahlen der proximalen parenchymalen Triactine sind stärker gekrümmt als jene der distalen, welch letztere meist fast ganz gerade sind (Taf. XI, Fig. 67 b; Taf. XII, Fig. 84 e). Sie sind 0,32 mm lang und an der Basis 0,007 mm dick. ” Die Tetractine (Taf. XI, Fig. 67 d; Taf. XII, Fig. 84 b) sind auf die Gastralmembran beschränkt. Ihre tangential orientirten Basalstrahlen sind sagittal, von derselben Gestalt und Länge wie die Strahlen der - gastralen Triactine, aber etwas dünner als diese. Der frei ins Oscular- - rohrlumen hineinragende Apicalstrahl ist ganz gerade, konisch und Euer a. Ne Fee ee REN: 246 R. v. Lendenfeld, scharfspitzig, 0,2—0,26 mm lang und an der Basis 0,007 mm dick (Taf. XII, Fig. 84 b). Die Farbe des Schwammes ist gelblich-weiß. Bisher ist Sycandra tuba bloß in der Adria gefunden worden, und zwar im Golfe von Triest. 15. Sycandra raphanus. (Taf. XI, Fig. 78; Taf. XIII, Fig. 9%—1 02.) 41828 beschrieb DELLE Ch1aJE (1828, p. 444, Taf. XXXVII) einen Kalkschwamm als Spongia inflata, der nach Harcker’s (1872, Bd. II, p. 345) Meinung eine Sycan- dra raphanus war. 4859 untersuchte LiEBERKÜHN (1859, p. 373, Taf. IX) unsern Schwamm und nannte ihn Sycon ciliatum. 41862 beschrieb ihn O. Scaamipr (1862, p. 44, Taf. I) und nannte ihn ebenfalls Sycon ciliatum. 1862 stellte O. Scumipr (1862, p. 44, Taf. I) die neue Species Sycon raphanus auf. Zweifellos sind Sycon raphanus O. S. und Sycon ciliatum (Lieberkühn) O. S. synonym. 1867 führt Gray (1867, p. 554) Scamipr’s Sycon raphanus als Grantia rapha- nus auf. 1868 kommt O. Scumipt (4868, p. 32) abermals auf diesen Schwamm zu spre- chen und meint, dass LIEBERKÜHN’S Sycon ciliatum wohl auch in den Formenkreis des Sycon raphanus — welchen Namen Scanıpr beibehält — gehören dürfte. 1872 gab HAEcKEL (1872, Bd. II, p. 342; Bd. III, Taf. LIII, LX) eine genaue Beschreibung unseres Schwammes und nannte ihn Sycandra raphanus. Er unter- schied drei specifische Varietäten: tergestina, proboscidea und procumbens. 1874 machte METSCHaNIKOFF (4874, p. A) einige Mittheilungen über die Entwick- lungsgeschichte dieses Schwammes und nannte ihn Sycandra raphanus. 4875 kam auch Scamipr (1875, p. 127, Taf. VIII, IX) auf die Entwicklung dieses Schwammes zu sprechen. Er benuizte ebenfalls den HAEckeEL’schen Namen Sycan- dra raphanus. 1875 veröffentlichte F. E. Scauzze (1875, p. 247 ff., Taf. XVIIIT—XXI) seine be- kannte, klassische Untersuchung über diesen Schwamm. Auch er benutzte den HaAEcKEL’schen Namen Sycandra raphanus. 4876 machte KELLER (1876, p.49,27, Taf. II) einige Angaben über die Entwick- lung unseres Schwammes. Auch er nannte ihn Sycandra raphanus. 1876 machte F. E. ScauLze (1876, p. 486) einige berichtigende Angaben über die Bildung der Gastrula von Sycandra raphanus. 1876 (4876, p. 275) und 1879 kam METSCHNIKOFF (1879, p. 367, Taf. XXI) auf die Entwicklung dieses Schwammes zurück und nannte ihn stets Sycandra raphanus. 1882 theilte PoLEJAEFF (1882) die Ergebnisse seiner Untersuchungen über die Spermatogenese bei diesem Schwamme mit und nannte ihn Sycandra raphanus. 1882 machte GRrAEFFE (1882, p. 321 [sep. p. 9]) Angaben über die Faunistik dieses Schwammes. Er nannte ihn Sycon raphanus. 1883 führte PoLEJAEFF (1883, p. 24, 40) diesen Schwamm als Sycon rapha- nus auf, Die Spongien der Adria. I. 247 41885 machte ich (1885 b, p. 1093) einige Angaben über diesen, auch an der Ostküste Australiens vorkommenden Schwamm und nannte ihn Sycandra raphanus. 1887 führte VosmAEr (1887, p. 374) unseren Schwamm unter dem Namen Sycon raphanus auf. 1889 veröffentlichte ich (1889a, p. 420, Taf. XXVI, XXVII) die Ergebnisse einer Anzahl physiologischer Experimente, welche ich an diesem Schwamme angestellt hatte. Auch in dieser Arbeit behielt ich den Namen Sycandra rapha- nus bei. Das Gleiche thue ich hier. Mein Material dieses Schwammes stammte aus Triest, Rovigno und Lesina. In der Regel erscheint Sycandra raphanus als ein einzelner, auf- rechter, länglich ovaler, oder stumpf konisch keulenförmiger, dickwan- diger Sack. Nur selten sind mehrere solche Einzelsäcke an der Basis vereint. Harcker unterscheidet drei Varietäten von Sycandra raphanus: procumbens, tergestina und tubulosa. Diese unterscheiden sich in der Größe. Sycandra raphanus procumbens ist —8, Sycandra raphanus tergestina 8—12, Sycandra raphanus tubulosa 10—30 mm lang. Der Querschnitt ist regelmäßig kreisförmig. Das terminale, 1,5—5 mm weite, kreisrunde Osculum ist selten nackt. In der Regel wird es von einem trichterförmigen oder cylindrischen Peristom umgeben, dem meistens eine schöne Oscularkrone aufsitzt. Der Gastralraum ist cylindrisch, etwas weiter als das Osculum, und am unteren Ende halbkugelig ab- gerundet. Je nach der Gestalt des Schwammes ist die Leibeswand am unteren Ende, oder weiter oben am dicksten. Bei den cylindrischen Exemplaren ist dieselbe durchaus von annähernd gleicher Dicke. Die äußere Oberfläche erscheint büschelig zottig. Die Gastralmembran ist ziemlich stark. Sie wird in regelmäßigen Abständen von den kreisrunden Kammermündungen durchbrochen. Die Weite der letzteren ist der Größe der Kammern proportional. Die - Kammermündungen sind daher dort am größten, wo die Kammern am längsten sind, wo also die Leibeswand die größte Dicke hat. Die größten Kammermündungen haben einen Durchmesser von 0,35 mm. | Die langgestreckten Geißelkammern durchsetzen die ganze Leibes- ‚ wand: ihre Länge ist an jeder Stelle gleich der Dicke der letzteren. Die o größten Kammern sind 2—4 mm lang. Die kürzesten Geißelkammern E liegen in nächster Nähe des Osculums (LenpenreLd, 1889a, Taf. XXVI, Fig. 20). Die Breite der Kammern ist annähernd ihrer Länge propor- k fional. So finden wir ‚denn die schmalsten Pan in der Umgebung Ei. Eesrikinen sind die großen Kammern zehnmal so lang als on) Die kleineren sind relativ etwas breiter. Nach Harcxrı (1872, Bd. I, 248 R. v. Lendenfeld, p. 241) wären diese Kammern einfache cylindrische oder prismatische Röhren. Dies gilt jedoch nur ftir die kleineren Kammern. F. E. ScHuLze (1875, p. 248) hat nachgewiesen, dass der Distaltheil der größeren Kammern sehr unregelmäßig gestaltet ist und Divertikel von Sackform bildet, die sich sogar baumförmig verästeln und mit einander anasto- mosiren sollen. Ich selbst habe gefunden, dass alle größeren Kammern unregelmäßig gestaltet sind. Der distale Theil derselben erscheint verbreitert und giebt kleinere Divertikel oder größere Zweige ab (LENDENFELD, 1889a, Taf. XXVI, Fig. 19). An dicken, radialen Längs- schnitten durch mit Karmin gefütterte Exemplare erkennt man, dass die kleinen Kammern in der Umgebung des Osculums ziemlich regel- mäßig cylindrisch oder oval, und am Distalende einfach abgerundet sind. Gegen die Basis des Schwanzes hin werden die Kammern nicht nur größer, sondern auch unregelmäßig. Schon bei den mittelgroßen Kammern wenige Millimeter unterhalb des Osculums werden Auftrei- bungen und niedere Divertikel am Distalende beobachtet. Je größer die Kammern, um so bedeutender sind diese Unregelmäßigkeiten. Die Kammern verbreitern sich am Distalende, die Divertikel werden zahl- reicher und größer, und verzweigen sich. Auch rücken sie weiter herab, bis zur Längenmitte der Kammern. Anastomosen zwischen den Divertikeln, wie sie SchuzzE erwähnt, habe ich nicht gesehen. Im Querschnitt erscheinen die Kammern rundlich (Taf. XII, Fig. 9%). Mustert man eine Tangentialschnittserie durch den dicksten Theil eines größeren Exemplars, so erkennt man deutlich, dass die Regelmäßigkeit der Gestalt der Kammerquerschnitte von innen nach außen abnimmt. In allen Theilen der Wand größerer Kammern, bis herab zum Kammer- mund, finden sich zahlreiche kreisrunde Einströmungsporen. Bei den kleinen Kammern in der Umgebung des Osculums sind longitudinale Zonen, den Streifen entsprechend, welchen entlang die Kammern mit einander verwachsen sind, porenfrei. Die Weite der Kammerporen ist eine sehr veränderliche. In Osmiumpräparaten haben sie einen Durchmesser von ungefähr 0,012 mm. Behandelt man den Schwamm, vor der Härtung in Osmiumsäure, mit Morphin, Digitalin oder Cocain, so sind die Poren 0,02—0,022 mm weit. Es wird wohl anzunehmen sein, dass die letztgenannten Maße der Größe der Poren im lebenden Schwamme genauer entsprechen, wie das erstere Maß von 0,012 mm, und in der That stimmen meine Porenmessungen am lebenden Material, welche freilich an sich unverlässlich sind, mit diesen Werthen von 0,02—0,022 mm nahe überein. Nach einer von F. E. Scauzze’s (1875, Taf. XVII, Fig. 1) Figuren zu schließen, wären die Kammerporen über 0,05 mm weit. So große Die Spongien der Adria, 1. 249 Poren habe ich nicht gesehen. In einer anderen der Scaurze'schen - (1875, Taf. XVII, Fig. 2) Abbildungen sind die Poren bloß 0,042 mm - weit. dargestellt. Die letztere stimmt also mit meinen Osmiumpräparaten. Nach Harerer (1872, Bd. II, p. 316) sollen die regelmäßig eylindri- schen Kammern ihrer ganzen Länge nach derart mit einander verwachsen sein, dass nur schmale, dreieckig- prismatische einführende Kanäle (Interkanäle) zwischen ihnen offen bleiben. In Wahrheit gilt dies je- doch nur für die ganz kleinen Kammern in der nächsten Nähe des Os- culums und auch hier ist die Anordnung der Kammern und Interkanäle lange nicht so regelmäßig wie Harcreı glaubte. Betrachtet man einen Tangentialschnitt (Taf. XIII, Fig. 94) durch irgend einen anderen Theil des Schwammes, so erkennt man, dass die Kammern gar nicht an ein- ander stoßen, sondern ganz frei stehen und nur durch dünne Trabekel mit einander verbunden werden. Wie F. E. Scuuze (1875, p. 248) be- merkt, besteht das einführende System von Sycandra raphanus aus einem kontinuirlichen Hohlraum, welcher die Kammern allseitig um- giebt und nur durch die erwähnten Trabekel unterbrochen wird. Eine Dermalmembran ist nicht ausgebildet. Die äußersten Trabekel liegen eine beträchtliche Strecke weit unterhalb der distalen Enden der Kam- mern, welche mit ihrer Rhabdenkrone frei vorragen. Das Skelett (Taf. XI, Fig. 78) besteht aus meist regulären Triactinen und Tetractinen in der Gastralmembran, sagittalen Triactinen und _ einzelnen Tetractinen in den Kammerwänden, aus Rhabden und ein- zelnen Tetractinen in den Kammerkronen, und aus Triactinen, Tetrac- tinen und Rhabden im Peristom. Am Aufbau der Oscularkrone nehmen bloß Rhabde Theil. Die Rhabde der Kammerkronen (Taf. XI, Fig. 78 a) sind größten- theils glatt, eylindrisch, gerade und an beiden Enden zugespitzt, 1—2, selten bis zu 3 mm lang und 0,02—0,04 mm dick. Außer solchen - Rhabden hat F. E. Scauze (1875, p. 254, 255; Taf. 19, Fig. I a) in den Kronen der basalen Kammern auch winklig gebogene, sowie stachlige Rhabde gefunden. Ich möchte hier die Bemerkung einfügen, dass _ Hanırsch (1890, p. 228) bei einer, einer Stelletta aufsitzenden Sycandra eiliata ähnliche Stabnadeln mit widerhakenförmig zurückgekrümmten Stacheln gefunden hat, welche mit dem distalen, Widerhaken tragen- | den Theile in die Stelletta eingesenkt sind, Irrthümlich hielt Hanırsch diese Nadeln für Nadeln der Stelletta, und nannte sie Prinorhabde. Im Kragen des Osculums finden sich Rhabde von derselben Gestalt und ‚Größe, wie in den Kammerkronen. Viel schlanker aber sind die Rhabde, "welche die Oscularkrone bilden. Diese sind strieknadelförmig 1—3 mm lang und bloß 0,004— 0,005 mm dick. Die Triactine der Gastralmem- i Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 17 250 R. v. Lendenfeld, bran sind annähernd regulär und haben schwach gekrümmte, allmäh- lich zugespitzte 0,15—0,25 mm lange, und an der Basis 0,008 — 0,01 mm dicke Strahlen. Einzelne von ihnen tragen nach Poızsarrr (1883, p.%0) das Rudiment eines vierten (Apical-) Strahles. Die Triactine des Peri- stoms sind sagittal. Der Sagittalstrahl ist nach abwärts gerichtet. Die Lateralstrahlen schließen einen Winkel von 150—170° ein. Die Strah- len sind 0,15—0,25 mm lang und an der Basis 0,008—0,04 mm dick. Der Sagittalstrahl ist gerade und konisch. Die Lateralstrahlen sind leicht gekrümmt. Die parenchymalen Triactine des Tubarskelettes in den Kammerwänden (Taf. XI, Fig. 78 b, c) sind ebenfalls sagittal, mit centrifugal orientirtem Sagittalstrahl. Die Lateralstrahlen der proxi- malen (subgastralen) parenchymalen Triactine (Taf. XI, Fig. 78 c) sind gegen den Sagittalstrahl konkav und schließen mit einander einen Winkel von etwa 170° ein. Ihre Enden liegen in einer, auf den Sa- gittalstrahl senkrechten Geraden. Nach außen hin nimmt der Winkel zwischen den Lateralstrahlen stetig bis zu etwa 135° ab. Gleichzeitig ändert sich die Krümmung der Lateralstrahlen: sie sind in den mitt- leren Partien des Parenchyms fast gerade und im distalen Theil der Kammerwände gegen den Sagittalstrahl konvex (Taf. XI, Fig. 785). Der Sagittalstrahl der proximalen parenchymalen Triactine ist sehr viel länger als die Lateralstrahlen (Taf. XI, Fig. 78c). Nach außen hin nimmt seine Länge ab und er ist bei den äußersten Triactinen in der Um- gebung der Kammerkronen kaum länger als dieLateralstrahlen (Taf. XI, Fig. 785). Alle Strahlen der parenchymalen Triactine sind an der Basis 0,008—0,012 mm dick, am dicksten die Lateralstrahlen der äußersten Triactine. Die Lateralstrahlen sind 0,15—0,2 mm, die Sa- gittalstrahlen 0,2—0,25 mm lang. Die Basalstrahlen der Tetractine des Peristoms und der Gastral- membran (Taf. XI, Fig. 78 d) gleichen den Strahlen der Tetractine, zwischen denen sie liegen, vollkommen. Der ins Oscularrohrlumen frei hineinragende Apicalstrahl ist oralwärts gekrümmt, 0,06—0,12 mm lang und an der Basis 0,008 mm dick. In den Kronen der basalen Kammern hat F. E. Scuuzze (1875, p. 255, Taf. XIX, Fig. 1 db, d) nicht selten einzelne Tetractine gefunden, welche aus einem langen, ge- bogenen, centripetal orientirten Schafte bestehen, der als Apicalstrahl aufzufassen ist, und an dessen Distalende drei kurze, ankerförmig zu- rückgebogene Basalstrahlen sitzen. Das ektodermale Epithel, welches die Außenseite der Kammern und der Gastralmembran, sowie die Trabekel bekleidet (Taf. XIH, Fig. 101d), besteht aus vier- bis sechsseitigen 0,015—0 025 mm breiten, sehr flachen Zellen mit centralem, brotlaibförmigem Kern. 2 ae SR TE > Die Spongien der Adria. I. 251 An in Karbolglycerin aufbewahrten Handschnitten einer mit Os- miumsäure bis zur Schwärzung gehärteter Sycandra raphanus habe ich an der äußeren Oberfläche konische Vorragungen von beträchtlicher Größe gefunden, welche mich lebhaft an die von Srewarr (Ber, 1885, p. 144) als Palpocils, und von mir (1887, p. 142) als Synocils beschrie- benen Bildungen von Grantia compressa erinnern. Bekanntlich sind Gebilde dieser Art bisher nur an gewissen von Stewart angefertigten Grantia compressa-Präparaten gesehen worden. Alle Mühe, welche ich und Andere sich gegeben haben, um diese Gebilde bei Grantia com- pressa oder bei anderen Kalkschwämmen nochmals zur Anschauung zu bringen, war vergebens. An dem erwähnten Osmiumpräparat von Sy- candra raphanus nun sind Vorragungen dieser Art unstreitig vorhanden. Ich habe eine solche Vorragung abgebildet (Taf. XII, Fig. 95). Es ist eine konische Erhebung von 0,03 mm Höhe, welche mit trompeten- förmig verbreiterter Basis unmerklich in die umliegende Oberfläche übergeht. Von der scharfen und schlanken Spitze ziehen mehrere, sehr deutliche Linien longitudinal herab, welche sich eine Strecke weit auf der umgebenden Oberfläche verfolgen lassen (Taf. XIII, Fig. 95e). Hier und da sieht man an der Oberfläche dieses Conus ovale Kerne. Es sind jedenfalls Kerne von ektodermalen Plattenzellen, deren Grenzen sich jedoch nicht erkennen lassen. Im trompetenförmigen Basalstück des Conus, eingebettet in die Grundsubstanz der Zwischenschicht, liegen mehrere, mehr oder weniger kuglige Zellen (Taf. XIII, Fig. 95 f), deren Plasma in Folge der Osmiumwirkung stark gebräunt ist. Blasser sind die deutlichen, kugligen Kerne dieser Zellen. Unter und zwischen diesen Elementen liegen sternförmige Bindegewebszellen (Taf. XII, Fig. 95 9). Bekanntlich haben Stewart und ich die entsprechenden Gebilde der Grantia compressa für Sinnesorgane gehalten. Die Ergebnisse meines Studiums dieser Vorragungen bei Sycandra raphanus sprechen, wie aus dem Obigen hervorgeht, weder für noch gegen eine solche Deutung. Auffallend ist es, dass man an Paraffinschnitten nie diese eigenthümlichen Bildungen zu Gesicht bekommt. Werden sie durch die Paraffinmethode zerstört, oder durch das Glycerin künstlich hervor- gerufen? Diese Frage kann ich nicht entscheiden. Über den Bau der Zwischenschicht sind zwar schon von F. E. - ScnuLze (1875) und PoLzJarrr (1882) genauere Angaben gemacht wor- den, es ist mir jedoch gelungen, durch Doppeltinktionen von Osmium- säurematerial, namentlich mit Pikrokarmin und Safranin, Einiges zu sehen, was früheren Beobachtern entgangen ist. Was zunächst den Bau der Grundsubstanz, welche die Hauptmasse 47* 252 R. v. Lendenfeld, der Zwischenschicht ausmacht, betrifft, so wäre zu bemerken, dass bei gutem Licht zuweilen eine fibrilläre Struktur in derselben zu erkennen ist. Blasse Fäden durchziehen die Grundsubstanz stellenweise in großer Zahl. Diese Fäden sind unregelmäßig verbogen und geknickt und bil- den, wie es scheint, ein Netz, das die Zwischenschicht durchzieht. Ein Zusammenhang zwischen diesen blassen, schwer sichtbaren Fäden und den deutlichen körnigen, fadenförmigen Zellenausläufern mag vielleicht bestehen. Nachweisen konnte ich einen solchen Zusammenhang nicht. Die als »Sternzellen« bekannten Elemente der Zwischenschicht treten in sehr verschiedenen Formen auf. Bemerkenswerth sind zu- nächst Zellen, welche sich mit Vorliebe an das Plattenepithel des Oscu- larrohres und der Geißelkammerhälse anschmiegen (Taf. XIII, Fig. 1005, 1025b) und sich hier mehr oder weniger flach an dem Epithel aus- breiten. Hierbei gewinnen sie häufig eine annähernd kegelförmige Ge- stalt. Die Grundfläche des Kegels liegt dem Plattenepithel dicht an. Die Spitze desselben zieht sich entweder in einen starken und langen Fortsatz aus, oder es gehen von derselben mehrere kleine Fortsätze ab (Taf. XIII, Fig. 102). Der Kern dieser Zellen ist kuglig. Das Plasma körnig und stark tingirbar (besonders mit Chinolin und Safranin). Die Fortsätze zeigen dasselbe mikrochemische Verhalten wie das Plasma des Zellenleibes. Hier und da lässt sich eine Verbindung dieser Zellen, durch ihre Fortsätze, mit tieferliegenden Elementen der Zwischen- schicht nachweisen. In anderen Fällen ist dies nicht möglich. Beson- ders auffallend sind jene Elemente dieser Art dicht unter dem freien Rande des Oculums, welche durch einen einzigen starken Fortsatz mit dem Proximalende der Rhabde verbunden sind, welche die Oscular- krone bilden (Taf. XIII, Fig. 1025 die oberste). An der Nadel endet der Fortsatz mit einer kleinen, trompetenartigen Erweiterung, welche sich zwar eng an die Nadel anschmiegt, in Schnitten aber zuweilen von der- selben losgerissen ist. Nicht selten erscheint das Plattenepithel dort, wo eine dieser Zellen demselben anliegt, etwas eingezogen (Taf. XII, Fig. 102 b unten). Andererseits ist es bekannt, dass die Oscularkrone einen gewissen Grad von Beweglichkeit besitzt, indem sich die Rhabde, aus denen sie zusammengesetzt ist, stärker oder schwächer gegen die. Achse des Schwammes neigen und so die ganze OÖscularkrone eine mehr konische oder mehr cylindrische Gestalt gewinnt. Halten wir dies mit den obigen Angaben zusammen, so kommen wir zu dem Schlusse, dass die Bewegungen der Oscularkröne wahrscheinlich durch die Kontraktion dieser Zellfortsätze veranlasst werden. In der Umgebung des Geißelkammerhalses findet man häufig kurze körnige Stränge von beträchtlicher Dicke ohne Kern (Taf. XII, Ba Rn Era t T Die Spongien der Adria, 1. 253 Fig. 100 c). Vielleicht sind das abgeschnittene kontraktile Zellaus- läufer. ‚Unter dem Epithel des mittleren Theiles des Oscularrohres fand ich hier und da grobkörnige, multipolare Elemente (Taf. XIII, Fig. 99), welche mehrere kleinere, kurze konische, und einen größeren, mehr eylindrischen Fortsatz besitzen. Mit dem letzteren ist die Zelle an das Epithel geheftet. Der kuglige Kern liegt etwas excentrisch. Das Plasma enthält zahlreiche, durch Anilinfarben intensiv tingirbare, grobe Körner und meist auch einen größeren kugligen Körper von gleichem mikro- chemischen Verhalten zur Seite des Kernes. Ich wäre nicht abgeneigt, diese Zellen als Drüsenzellen in Anspruch zu nehmen. Die Elemente in der Tiefe der Zwischenschicht sind theils multi- polar, theils birnförmig. Die multipolaren Zellen werden in allen Thei- len des Schwammes angetroffen; die birnförmigen dagegen kommen ‚vorzüglich in der Nähe des Osculums vor. Unter den ersteren ist mir eine Form (Taf. XIII, Fig. 98) aufgefallen, welche sich dadurch aus- zeichnet, dass sie neben dem kleinen, excentrischen Kern eine große, blasse Kugel enthält, welche von einer ziemlich deutlich abgegrenzten Hülle dunkelkörnigen Plasmas umgeben wird. Bemerkenswerth ist es nun, dass die erwähnte blasse Kugel, welche einen Durchmesser von 0,0025—0,003 mm besitzt, aus einer ganz und gar untingirbaren Sub- stanz besteht. Diese Substanz dürfte. desshalb wohl eine mineralische sein und wir hätten dann diese Zellen als Nadelmutterzellen und die Kugel als erste Nadelanlage anzusehen. Dies würde auch mit der That- sache stimmen, dass die jüngsten Nadeln, welche man beobachtet hat, aus einem dicken Centralkörper und ganz kurzen breitkonischen Strah- len bestehen. Ich muss jedoch hervorheben, dass es mir nicht gelungen ist, Übergänge zwischen solchen Kugeln und jungen Nadeln von der erwähnten Form aufzufinden. Die birnförmigen Zellen der Zwischenschicht, welche, wie erwähnt, besonders in der Nähe des Osculums zahlreich sind, pflegen meist zu mehreren derart vereint zu sein, dass sie mit ihren dicken Enden ent- E weder zusammenstoßen, oder doch einander genähert sind. Zuweilen r. sind bloß zwei solche Zellen beisammen (Taf. XIII, Fig. 102), zuweilen mehr (Taf. XIII, Fig. 96, 97). Die Birnzellen, welche einzeln liegen oder E nur zu zweit oder zu dritt mit einander vereint sind, gleichen in Bezug auf Plasmastruktur und Kerngröße den anderen Elementen der Zwischenschicht. Jene aber, welche größere Gruppen bilden, haben etwas größere Kerne. Die größeren Gruppen dieser Birnzellen (Taf. XIII, Fig. 96) sehen einigermaßen wie Flagellaten-Kolonien aus. Ihre dicken Enden um- 254 R. v. Lendenfeld, geben eine kleine Höhlung, um welche sie radial angeordnet sind. Das dünnere Ende einer jeden dieser Zellen zieht sich in einen Faden aus, der centrifugal verlaufend in die umgebende Grundsubstanz eindringt und häufig auf eine beträchtliche Entfernung hin verfolgt werden kann. Zuweilen wird eine Verbindung einer solchen Birnzelle mit einem multipolaren Element (Taf. XIII, Fig. 96a) beobachtet. Kontinuirliche Schnittserien geben Aufschluss über die Natur dieser Birnzellengruppen. Sie sind — darüber kann kein Zweifel bestehen — die ersten Anlagen von Geißelkammern. Im Laufe der Entwicklung verwandeln sich dann die Birnzellen in Kragenzellen, wobei ihr auf- fallender, centrifugaler Fortsatz nicht verloren geht, sondern nur etwas rückgebildet wird und sich in mehrere Arme spaltet, die von dem unteren Ende der Kragenzellen nach unten und nach der Seite abgehen (Taf. XII, Fig. 104 c). Über die ausgebildeten Kragenzellen liegen Angaben von F. E. ScauLze (1875, p. 256, 257, Taf. XIX, Fig. 4) und mir (1889a, p. 15 ff.) vor. Sie sind im Leben schlank eylindrisch, in der Mitte etwas einge- schnürt, sanduhrförmig oder auch konisch, oben schmäler als an der Basis. Sie sind ohne Kragen 0,1—0,02 mm lang und am unteren Ende, wo der Kern liegt, etwa 0,005 mm dick. Der Kragen scheint im Leben meist cylindrisch oder becherförmig zu sein. Seine Gestalt ist außer- ordentlich veränderlich. Die Geißel ist im Leben jedenfalls länger als die Zelle, wird jedoch durch Reagentien zu bedeutender Verkürzung veranlasst. Die Kragenzellen stehen keineswegs dicht beisammen. Sie werden vielmehr, gerade so wie bei Ascetta primordialis durch Platten einer durchsichtigen Füllmasse von einander getrennt, welche zu einem wabenartigen Netze zusammentreten, in dessen Maschen die Kragen- zellen liegen. Die Kragenzellen besitzen einen unregelmäßigen Grund- rissund entsenden von ihrem Basalende tangentiale Ausläufer, welche in Fäden übergehen, die in dem Netze der Füllmasse zwischen den benach- barten Kragenzellen dahinziehen. Solche Fäden bilden in der Regel ein Netzwerk mit annähernd sechsseitigen Maschen. Multipolare Plasma- körper zwischen den Kragenzellen — ähnlich jenen von Ascetta primor- dialis — habe ich bei Sycandra raphanus nicht gefunden. Auch sind bei dieser Sycandra die Verbindungen der Fäden mit Kragenzellen seltener nachweisbar, als bei jener Ascetta. Dagegen beobachtet man (Taf. XII, Fig. 101 c) an Querschnitten durch die Kammerwand von Osmiumsäure- Pikrokarmin- Safranin-Exemplaren auch Ausläufer, welche von den Kragenzellen hinabziehen in die Zwischenschicht und sich in der- selben zuweilen auch verzweigen. Solche Ausläufer von Kragenzellen — hinab in die Zwischenschicht Die Spongien der Adria. I. 259 - —- sind, abgesehen von den diesbezüglichen, ganz werthlosen Angaben Carter’s bloß von Sorzas (1888, p. XXXVII, 63, Taf. VI, Fig. 20) bei Thenea und Verwandten beobachtet worden. Durch Gifte wird die Gestalt der Kragenzellen in eigenthümlicher Weise verändert. Besonders auffallend ist die Wirkung von Üurare. Die Kragen der 5 Stunden in 0,007 °/,iger Gurarelösung in Meerwasseı gehaltenen und dann in Alkohol gehärteten Exemplare sind sehr lang cy- lindrisch, am Ende etwas erweitert. Der Zellenleib ist stark longitudinal kontrahirt, kuglig, während die Geißel zur Länge des Kragens zu- sammengezogen ist und keulenförmig erscheint oder einen Endknopf trägt. Wendet man in gleicher Weise 0,02 °/,ige Curarelösung an, so schrumpft der Zellenleib zu einem brotlaibartigen Gebilde zusammen. Kragen und Geißel haben dieselbe Gestalt wie bei den mit 0,007 %/,igem Curare behandelten Exemplaren. Während bei jeder anderen Präpa- rationsmethode der Zellenleib länger als der Kragen ist (Taf. XII, Fig. 104), erscheint bei diesen Curare-Sycandren der Kragen um ein Vielfaches länger als der protoplasmatische Zellenleib (LenDENFELD, 1889«; Taf. XXVI, Fig. 62, 63, 65, 67). Die Eier und Spermatozoen entwickeln sich ebenfalls aus Zellen der Zwischenschicht. Die Spermatozoen von Sycandra raphanus sind nach PoLzJArrr (1882) sehr klein, haben ein kugliges, stark lichtbrechen- des Köpfchen und einen gewundenen Schwanz. Die Angaben PoLkJAEFr's (1882) über die Entwicklung der Spermatozoen bedürfen noch der Be- stätigung. Das Ei (Taf. XIII, Fig. 94) rückt um so näher an die Kragen- zellenschicht heran, je weiter die Reifung desselben fortschreitet. Das reife Ei ist annähernd kuglig, hält 0,04—0,05 mm im Durchmesser und birgt einen blassen, 0,015—0,02 mm großen, excentrischen, kugligen Kern. Sehr deutlich ist der große, glänzende Nucleolus. Embryonen von Sycandra raphanus sind von LirBerkünn (1859, p-379) und Merscnnikorf (187%, p. A; 1879, p.367, Taf. XXI) beschrieben und es ist der ganze Entwicklungsgang von F. E. ScuuLze (1875, p. 262; 1876, p. 486) eingehend dargestellt worden. Die Befruchtung ist noch nicht beobachtet worden. Auch hat man bisher noch keine Richtungskörperchen gefunden !. 2 Die erste Theilungsebene steht senkrecht zu jener Partie der Kragenzellenschicht, welcher das Ei zunächst liegt. Sie theilt das Ei - äqual in zwei gleiche Hälften. Eben so orientirt sind die zweite, sowie i 1 Abgesehen von den obigen Angaben über Ascetta cerebrum, sind Rich- Bi tungskörper bisher überhaupt bei keinem Kalkschwamm gefunden worden. Der 5 einzige Schwamm, bei welchem solche bis nun gesehen wurden, ist Placina, wo sie von MA6DzsuRG (KoRSCHELT und HEIDER, 1890, p. A) beobachtet worden sind. 256 R. v. Lendenfeld, die beiden dritten Furchungsebenen. Die zweite steht auf der ersten senkrecht. Die beiden dritten schließen mit einander Winkel von 90°, und mit der ersten und zweiten Furchungsebene Winkel von 45° ein. So entsteht das bekannte, flach trichterförmige, achtzellige Sta- dium, dessen eiförmige Elemente wie die Gewehre in einer Gewehr- pyramide an einander gelehnt erscheinen. Jetzt erst tritt eine trans- versale Furchungsebene auf, welche alle acht Zellen in je eine obere und untere Hälfte theilt. Diese Furchungsebene liegt der benachbarten Kragenzellenschicht parallel und schneidet alle früheren Furchungs- ebenen unter rechtem Winkel. Die abgetrennten, dickeren, unteren (der Kragenzellenschicht zunächst liegenden) Hälften neigen sich zu- sammen wie die oberen, schmäleren, und es entsteht ein hohles, ab- geplattetellipsoidisches, aus sechzehn Zellen zusammengesetztesGebilde. An den beiden Polen ist die Oberfläche durchbrochen und es kommu- nieirt an diesen Stellen die innere Höhle mit der Außenwelt. Aus den acht unteren Zellen gehen durch ziemlich langsam erfol- gende Theilung große, rundliche, sehr körnchenreiche Elemente hervor, während sich die acht oberen Zellen rasch in sehr zahlreiche, schlank prismatische, durchsichtige Zellen theilen. Jetzt hat die Larve die Ge- stalt einer geschlossenen, abgeplattet ellipsoidischen Blase, deren Wand aus einer einfachen Zellenschicht besteht. Drei Viertheile werden von den durchsichtigen Cylinderzellen, ein Viertheil (in der Umgebung des unteren Poles) von den kugligen, körnigen Elementen gebildet. Die letzteren stülpen sich ein (Pseudogastrula), doch dauert dieser Zustand nicht lange und sie treten wieder hervor (Amphiblastula). Die schlan- ken, durchsichtigen Elemente haben inzwischen je eine Geißel gebildet und der Embryo schwärmt aus. Erst vor der Festsetzung entsteht eine wirkliche Gastrula und zwar durch Einstülpung der schlanken Elemente. Die großen, geißel- losen körnigen Zellen bilden das Ektoderm. Sechzehn durch die Größe ausgezeichnete von ihnen umgeben den Blastoporus. Diese Larve setzt sich mit dem Munde fest. Das Osculum des jungen Schwammes ent- steht als ein Durchbruch am aboralen Pol. Nadeln treten erst nach der Festsetzung auf. Die Farbe des Schwammes ist weiß oder grau, selten gelblich. Sycandra raphanus ist bisher an den atlantischen Küsten noch nicht gefunden worden, besitzt aber, abgesehen hiervon, eine kosmo- politische Verbreitung und kommt bis zu Tiefen von 200 m vor (Philip- pinen »Challenger«). Die adriatischen Fundorte sind Triest, Rovigno, Zara, Sebenico und Lesina. Über die Faunistik der im Golfe von Triest wachsenden Sycandra Die Spongien der Adria. 1. 257 : raphanus bemerkt GrarrreE (1882, p. 321 [sep. p. 9]): »An den Holz- _ pfählen des Hafens erscheinen im Winter, und namentlich im Frühjahr, sehr große, wohl ausgebildete Syconen, die man im Sommer und Herbst nicht mehr findet, höchstens in kleinen, schmächtigen Exemplaren. Andere Syconen, welche den vorhergehenden ganz ähnlich sind, und wohl auch zu Sycon raphanus« [so nennt GRAEFFE unseren Schwamm] » gehören, findet man an Algen der Steinwälle beim Hafen und der Küste entlang. Diese Syconen bleiben stets viel kleiner,« [das ist wohl die Varietät procumbens Harcker’s] »dauern aber auch den ganzen Sommer über. Reife Eier wurden in letzterer Form noch nicht beobachtet. — Zur Zeit der Fortpflanzung vom Januar an bis in den Mai findet man Eier in allen Entwicklungsstadien und auch die aus denselben sich ent- wiekelnden Larven«.... »Die Dauer der Entwicklung des Eies dauert circa zwei Monate, die Metamorphose der Larve in dem beginnenden Sycon hingegen nur einige Stunden oder wenige Tage. « 16. Sycandra setosa. (Taf. XI, Fig. 60; Taf. XII, Fig. 85—92.) 1862 beschrieb O. Scumipr (4862, p. 45, Taf. I) diesen Schwamm als Sycon setosum. 1867 führte ihn Gray (4867, p. 554) als Grantia setosa auf. 4872 wurde er von HAEckEL (4872, Bd. Il, p. 322; Bd. III, Taf. LIII, LX) ge- nauer beschrieben und Sycandra setosa genannt. 1883 führte PoOLEJAEFF (4883, p. 24) denselben als Sycon setosum auf. Ich behalte hier den Hazcker’schen Namen Sycandra setosa bei. Mein Material dieses Schwammes stammte aus Lesina. Sycandra setosa ist ein gedrungener, dick eiförmiger, zuweilen fast kugliger Schwamm, der in der Regel bloß 2—5 mm lang und 2—3 mm dick wird. Die Oberfläche ist zottig. Das terminale Osculum wird von einer schönen - Oseularkrone umgeben, welche fast so lang als der ganze Schwamm und meistens doppelt ist. Sie besteht aus einem Trichter von Rhabden im Inneren, der von einem radartigen Kranz radialer, senkrecht auf die Schwammachse stehender Rhabde umgeben wird. Die Oberfläche des engen, eylindrischen Gastralraumes ist dicht und lang stachlig. In halber Höhe des Schwammes, dort wo er den größten Quer- durchmesser besitzt, ist die Körperwand 4—2 mm dick. Die Geißel- - kammern (Radialtuben) (Taf. XII, Fig. 85) sind keulenförmig mit erwei- # tertem und abgerundetem Distalende. Sie sind eben so lang wie die - Körperwand dick ist und erscheinen an der Mündung in das Oscular- rohr ziemlich stark eingeschnürt. Die Gastralmembran ist 0,16 mm dick. Der frei vorragenden Distalkuppel der Kammern ist ein Rhabden- 258 R. v. Lendenfeld, büschel aufgesetzt (Taf. XII, Fig. 85). Schon 0,06 mm unter dem Niveau der Scheitel der Kammerdome (Taf. XII, Fig. 86 A) trifft man Mem- branen an, welche benachbarte Kammern mit einander verbinden Hier sind die Kammern 0,25 mm weit und im Querschnitt ziemlich regelmäßig kreisrund. Die Eingänge in das einführende System (Inter-- radialtuben) haben ganz unregelmäßige Querschnitte (Taf. XII, Fig. 86 A). Sie sind eben nichts Anderes als die, zwischen den hier durchschnittlich 0,05 mm von einander entfernten Kammern ausgesparten Räume. Nir- gends stoßen die Kammerwände direkt an einander. Schon 0,1 mm unter der äußeren Oberfläche (Taf. XII, Fig. 86 B) haben die Kammern und Einfuhrkanäle ein anderes Aussehen gewonnen. Die ersteren sind in diesem Niveau regelmäßig abgerundet, sechsseitig, 0,25 mm weit (wie weiter oben), aber bloß 0,025 mm von einander entfernt. Die Kanten der, hier sechsseitig, prismatischen Kammern werden mit ein- ander durch Membranen verbunden, welche zusammen mit den Außen- seiten der Kammerwände ebenfalls sechsseitige Einfuhrkanäle ein- schließen. Die Querschnitte der letzteren sind jedoch nicht regelmäßig . sechsseitig wie jene der Kammern, sondern erscheinen als Dreiecke mit abgestutzten Ecken (Taf. XII, Fig. 86 B), indem die durch die Auben- seiten der Kammern gebildeten drei Begrenzungsflächen etwa 0,15, die drei durch die erwähnten Membranen gebildeten aber bloß 0,025 mm breit sind. Mustert man eine Tangentialschnittserie, so erkennt man, dass diese regelmäßige Bauart des Kanalsystems nur eine sehr kurze Strecke weit hinabreicht. Von dem Niveau 0,15 mm unter der Oberfläche bis hinab zur Gastralfläche, haben die Kammern wieder rundliche Quer- schnitte (Taf. XII, Fig. 86 C), deren Durchmesser gegen die Gastral- fläche hin von 0,22—0,1 mm abnimmt. Auch hier berühren sich die Kammern nirgends direkt. Die die Kammern verbindenden Membranen sind breiter und die Einfuhrkanäle weiter und unregelmäßiger wie oben (0,1 mm unter der Oberfläche). Stets sind sie jedoch im Querschnitt sechsseitig. Der Kammermund endlich (Taf. XII, Fig. 85, 86 D) ist kreis- rund, scharf gerändert und 0,08 mın weit. Die Mittelpunkte der Kammermündungen liegen etwa 0,17 mm von einander entfernt. Es hat somit Sycandra setosa nicht »dreiseitig prismatische Inter- kanäle«, wie HızckeL (1872, Bd. II, p. 322) angiebt, sondern unregel- mäßig sechsseitig prismatische. Die Kammerporen (Taf. XII, Fig. 85) sind kreisrund oder oval, 0,025—0,03 mm weit, 0,03—0,035mm von einander entfernt und ziem- lich gleichmäßig über die ganze Kammerwand vertheilt. In halber Höhe der Körperwand finden sich bei den trächtigen Er A ER ei Die Spongien der Adria. 1. 259 Exemplaren zahlreiche, brotlaibförmige Embryonen (Taf. XII, Fig. 85a, 86 C, a; von 0,03—0,05 mm Durchmesser, welche die Kragenzellen- schicht nicht vortreiben, sondern weiter zurück in den Insertionslinien - der Verbindungsmembranen mit den Kammerwänden liegen. Weder unter, noch über dieser, etwa 0,2 mm breiten Zone, in halber Höhe der Körperwand habe ich Embryonen beobachtet: sowohl der distale, wie der proximale Theil der Kammerwände sind vollkommen frei von Embryonen. Die Kammerwände und die Kragenzellenschicht haben denselben Bau wie bei Sycandra raphanus. Bemerkenswerth ist die Schärfe der Grenze, mit welcher die Kragenzellenschicht, eine kurze Strecke ober- halb des Kammermundes, endet (Taf. XII, Fig. 91, 92 A); es geht an derselben das Kragenzellenepithel plötzlich, ohne irgend welche ver- mittelnde Zwischenform in das Plattenepithel des Kammerhalses über. Von besonderem Interesse ist der Bau der Gastralmembran. Die- selbe ist, wie oben erwähnt, 0,16 mm dick und erscheint als eine sieb- förmig durchlöcherte Platte. DieLöcher sind sanduhrförmig, im Niveau der Tangentialstrahlen der Gastral- und Subgastralnadeln stark ein- geschnürt (Taf. XII, Fig. 85, 91). Die äußere, den Fundus der ein- führenden Kanäle begrenzende Oberfläche der Gastralmembran ist eben oder konkav, an den Insertionslinien der Kammerwände mehr oder weniger deutlich emporgezerrt. Die innere, das Oscularrohr begren- zende Oberfläche dagegen erscheint unregelmäßig, weil sich dieselbe an den Apicalstrahlen der gastralen Tetractine stark emporzieht (Taf. XII, Fig. 91). Drei Fünftel (der Dicke) der Gastralmembran liegen über dem Niveau der Tangentialstrahlen der gastralen und subgastralen Nadeln, zwei Fünftel unterhalb desselben. Im Bau weichen der distale und proximale Theil der Gastralmembran wesentlich von einander ab. Der distale, über dem Niveau der Tangentialstrahlen der Nadeln ge- legene Theil ist lakunös ;Taf. XII, Fig. 89, 91, 92 A), der proximale, unter diesem Niveau liegende Theil dagegen solid. Im Niveau der Tangentialstrahlen der Gastralnadeln und ein wenig unterhalb des- selben, finden sich zahlreiche kuglige, körnige, sehr auffallende Zellen, welche Ringe um die Kammermündungen bilden (Taf. XII, Fig. 885, BI 92 A,b, 9&B, c; 92 C,.c). Die Lakunen des distalen Theiles der Gastralmembran (Taf. XII, Fig. 89 b, 91 d, 92 A, e) sind abgerundete, von Trabekeln durchsetzte Höhlen, welche mit dem Kanalsystem des Schwammes in keinem er- sichtlichen Zusammenhange stehen. Diese Lakunen füllen den größten Theil der distalen Partie der Gastralmembran aus, so dass derselbe als ‚ein sehr zartes Gewebe erscheint. Eine Bekleidung der Wände dieser 260 R. v. Lendenfeld, Lakunen durch Plattenzellen konnte ich nicht nachweisen. Das Gewebe besteht aus Grundsubstanz und blassen Zellen mit langen Ausläufern, welche oft bündelweise vereint die die Lakunen durchsetzenden Tra- bekel durchziehen (Taf. XII, Fig, 92 A). Im proximalen Theile der Gastralmembran findet man zahlreiche große blasse, ganz nahe beisammenliegende, longitudinal (derSchwamm- achse parallel) angeordnete, spindelförmige Zellen mit ovalen Kernen (Taf. XII, Fig. 91 h, 92 C, d). Diese Zellen sind 0,065—0,075 mm lang und in der Mitte 0,003—0,009 mm breit. Sie scheinen stark abge- plattet, um ein Vielfaches breiter als hoch zu sein, denn sie erscheinen an Querschnitten durch die Gastralmembran (Taf. XII, Fig. 91) viel schmäler als an Tangentialschnitten (Taf. XII, Fig. 92 C). Diese, der Oberfläche des Oscularrohres parallel verbreiterten Zellen bilden ent- weder eine einzige Schicht dicht unter dem Oscularrohrepithel, oder sie liegen in mehreren Schichten über einander und treten zu Geweben zusammen, welche die größte Ähnlichkeit mit glatten Muskeln haben. Die Kerne dieser Zellen sind größer und deutlicher wie die Kerne der gewöhnlichen multipolaren Elemente der Zwischenschicht. Die auffallendste Bildung der Gastralmembran sind jene oben er- wähnten Ringe von großen, körnigen Kugelzellen, welche die Ein- schnürung des Kammermundes umsäumen (Taf. XII, Fig. 88 b, 91 9, 92 B,.c). Es sind 0,01—0,045.mm große, mit Anilinfarben sehr stark tingirbare Elemente, welche je einen kugligen, 0,005 mm großen und sehr deutlichen Kern enthalten. Die Gestalt der Zellen ist annähernd kuglig. Das Plasma ist körnchenreich. Wie erwähnt, liegen diese Zellen im Niveau der Tangentialstrahlen der Gastralnadeln. Ich habe solche Elemente in keinem anderen Theile des Schwammes gefunden. Was nun die Deutung dieser Gewebe anlangt, so werden wohl die platten, dem Oscularrohr zunächst liegenden Spindelzellen als kon- traktile Elemente aufzufassen sein, welche jenen Elementen zu ver- gleichen wären, die F. E. Scauzze (1879, p. 628) in gewissen Längs- bündeln in der Wand des Oscularrohres einiger Hornschwämme fand. Sycandra setosa hat eine, relativ außerordentlich große Oscularkrone. Möglich wäre es, dass diese Zellen den Bewegungen der Oscularkrone vorstehen und eben wegen der kolossalen relativen Größe der letzteren bei diesem Schwamme ausgebildet wurden, während sie bei anderen Syconen noch nicht gefunden worden sind. Die kugeligen, körnigen Zellen der Ringe um die Kammermün- dungen gleichen in jeder Hinsicht jungen Eizellen, und ich stehe um so weniger an sie als solche in Anspruch zu nehmen, weil F. E. Schulze auf meine Anfrage hin mir brieflich mitgetheilt hat, dass er bei Kalk- Die Spongien der Adria. I. 261 schwämmen öfter junge Eizellen in der Gastralmembran gleichzeitig mit reiferen Embryonen in den Kammerwänden beobachtet hat. Bei der trächtigen Sycandra setosa — und eben so, wie wir sehen werden, bei der trächtigen Grantia capillosa — finden sich also junge Eizellen ausschließlich in der Gastralmembran, und zwar in der _ Umgebung des Kammermundes, reifere Embryonen aber aus- - schließlich in der halben Höhe der Kammerwände. Es scheint daher wahrscheinlich, dass die Eizellen dort, im Umkreis des Kammermundes gebildet werden, wo man die jungen Eizellen antrifft, und dass sie ‘ dann in den Kammerwänden emporwandern, um in der halben Höhe derselben sich festzusetzen und weiter zu entwickeln. Es erinnert dies in gewisser Hinsicht an die von Weısmann nachgewiesene Wanderung der Hydroideneier in centrifugaler Richtung, es sind jedoch unsere Kenntnisse der Eierwanderung bei den Spongien noch zu beschränkt, um daraufhin weitere Homologien zwischen der Eiwanderung bei ihnen und bei den Hydroiden zu gründen. Das Skelett (Taf. XI, Fig. 60; Taf. XII, Fig. 85, 87—91, 92 B) be- steht aus triactinen, tetractinen und rhabden Nadeln. Die Rhabde bilden die Oscular- und Kammerkronen und stützen das Peristom. Die peristomalen Rhabde sind gerade, doppelspitzig, I—1,2 mm lang und 0,02 mm dick. Die Rhabde, welche frei vorragend die Oscularkrone bilden (Taf. XIl, Fig. 87) sind stricknadelförmig 0,001—0,004 mm dick und bis zu 5 mm lang. Die großen Rhabde der Kammerkronen (Taf. XI, Fig. 60 a; Taf. XII, Fig. 85) sind gerade oder leicht gekrümmt, doppel- spitzig, 1—3 mm lang und 0,02 mm dick. Sie bilden einen Büschel in _ der Mitte der Kammerkrone, welcher von einem Kranz 0,1—0,2 mm - langer, gerader und 0,004 mm dicker Rhabde umgeben oe Triactine finden sich in der Gastralmembran und im Parenchym. Die Triactine F der Gastralwand sind größtentheils annähernd regulär (Taf. XII, Fig. 88). _ Einige erscheinen sagittal mit längerem Sagittalstrahl. Die Strahlen sind gerade oder wenig gekrümmt 0,1—-0,15, selten 0,2 mm lang und 0,005 mm dick. Die Triactine des Parenchyms sind sagittal. Die dem Oseularrohr zunächst liegenden (Taf. XI, Fig. 60c; Taf. XII, Fig. 85) haben zwischen den Lateralstrahlen einen Winkel von nahezu 180°. Gegen die Oberfläche hin nimmt dieser Winkel bis zu 150° ab (Taf. XI, Fig. 60 b). Der centrifugal orientirte Sagittalstrahl ist gerade, konisch, 0,12—0,2 mm lang. Er ist bei den proximalen Triactinen am längsten. Distalwärts gegen die äußere Oberfläche hin wird er immer kürzer. | Der Sagittalstrahl ist an der Basis 0,005 —0,008 mm dick. Die Lateral- strahlen der proximalen Triactine (Taf. XI, Fig. 60 c) sind gegen den - Sagittalstrahl konkav. Die Lateralstrahlen der weiter draußen liegenden 262 R. v. Lendenfeld, Triactine sind gerade (Taf. XI, Fig. 60). Die Lateralstrahlen sind 0,08—0,16 mm lang (am längsten bei den proximalen Triactinen), und eben so dick wie der Sagittalstrahl. Tetraetine finden sich im proximalen Theile des Parenchyms und in der Gastralfläche. Die ersteren sind subgastrale Tetractine mit centrifugalem Apicalstrahl. Diese subgastralen Tetractine (Taf. XII, Fig. 90, 91, 92 B) sind von HazckeL nicht beobachtet worden. Ihre Basalstrahlen liegen in der Gastralmembran, dicht über den Basal- strahlen der gastralen Tetractine. Sie sind hochgradig sagittal diffe- renzirt. Die Spitze des konischen, 0,05 mm langen, geraden Sagittal- strahles ragt frei in eine Kammermündung hinein (Taf. XII, Fig. 92 B). Die beiden Lateralstrahlen sind in ihrem Basaltheil gegen den Sagit- talstrahl stark konkav, im Distaltheil leicht konkav oder gerade. Sie schließen mit einander einen Winkel von 210—230° ein und er- scheinen somit ankerförmig gegen den Sagittalstrahl zurückgebogen. Sie sind 0,06—0,09 mm lang und umgreifen den Kammermund. Alle Strahlen sind an der Basis 0,005—0,007 mm dick, der Sagittal- strahl meist etwas dicker als die Lateralstrahlen. Der gerade oder leicht gekrümmte Apicalstrahl erstreckt sich in der Kammerwand (Taf. XII, Fig. 91 e). Er ist an der Basis eben so dick wie die Basal- strahlen und 0,08—0,1 mm lang. Die gastralen Tetractine kleiden das Oscularrohr aus und reichen hinauf bis zum Rande des Peristoms. Die äußersten gastralen (peristo- malen) Tetractine liegen in zwei regelmäßigen Zonen über einander (Taf. XII, Fig. 87) und bilden mit ihren lateralen Basalstrahlen zwei geschlossene, 0,15 mm von einander entfernte Ringe im proximalen Theile der aus stricknadelförmigen Rhabden bestehenden inneren Oscu- larkrone. Die basalen Lateralstrahlen dieser äußersten gastralen Tetrac- tine schließen einen Winkel von 180°ein. Ihr Apicalstrahl ist viel kürzer als bei den gastralen Tetractinen der mittleren und unteren Theile des Öscularrohres. Die gastralen Tetractine der letztgenannten Schwamm- theile (Taf. XI, Fig. 60 d; Taf. XII, Fig. 85, 86 D, 88, 91) haben reguläre oder nur in geringem Maße sagittal differenzirte Basalstrahlen, welche den gastralen Triactinen vollkommen gleich sind. Der Apicalstrahl, welcher gegen das Osculum hin gekrümmt ist, zeichnet sich durch seine außer- ordentliche Länge aus. Er ist 0,3—0,6 mm lang und an der Basis 0,005 mm dick. Die Farbe des Schwammes ist weiß. Sycandra setosa ist bisher nur im Mittelmeer gefunden worden. Die adriatischen Fundorte sind »Dalmatien«, Lesina und Lissa. n Die Spongien der Adria. I. 263 Subgenus Sycocubus. Sycandren, deren Geißelkammern vier kreuzweise angeordneten Längszonen entlang mit einander derart verwachsen, dass geschlossene, vierseitig prismatische Einfuhrkapäle zwischen ihnen zu Stande kommen. 4872 stellte HacckeLr (1872, Bd. II, p. 294, 295) die Subgenera Sycocubus und Sycastrobus für die Sycandren mit vier-, beziehungsweise achtseitigen Geißel- kammern und vierseitig prismatischen Einfuhrkanälen auf. Diese beiden vereinige ich hier, da der Unterschied zwischen den- selben ein höchst unbedeutender ist, mit den hierher gehörigen Sycor- tis-Arten Harcrer’s zu einem Subgenus, Sycocubus, welches gleich Sycocubus Haeckel + Sycostrobus Haeckel + Sycortis Haeckel pars ist. In der Adria ist diese Untergattung durch fünf Arten vertreten. 17. Sycandra Schmidtii. (Taf. XI, Fig. 64, Taf. XIII, Fig. 4109-444.) 4872 wurde dieser Schwamm von HaEckeEL (4872, Bd. II, p. 328; Bd. III, Taf. LII, LVIII) als Sycandra Schmidtii bezeichnet. 1883 führte PoLEsAEFF (4883, p. 24) denselben als Sycon Schmidtii auf. Ich behalte hier den Harcrzer’schen Namen bei. Mein Material dieses Schwammes stammte aus Lesina. Sycandra Schmidtii ist ein eylindrischer Schwamm, der in der Regel 1—2, selten bis 5!/; em lang wird. Der Querdurchmesser be- trägt bei den gewöhnlichen Exemplaren ein Fünftel der Länge. Große Stücke sind schlanker. Das Osculum wird von einem dünnhäutigen Peristom umgeben, die Oberfläche ist quadratisch getäfelt, büschelig strahlig. Das Oscularrohr ist eylindrisch. Die Geißelkammern sind sackförmig, gegen den Kammermund hin nur in geringem Maße verengt (Taf. XIN, Fig. 110). In halber Höhe haben sie einen, kaum merkbar achteckigen Querschnitt (Taf. XII, Fig. 109) und sind hier etwa 0,2 mm weit. Vier schmalen Längszonen entlang ist jede Kammer mit ihren vier Nachbarn verwachsen. Die Anordnung der Kammern ist eine sehr regelmäßige, derart, dass die, zwischen den Kammern übrig bleibenden Räume — das sind die Ein- fuhrkanäle — im Querschnitt annähernd regelmäßig quadratisch er- scheinen (Taf. XIII, Fig. 109). Hier, in halber Höhe der Körperwand, sind die Einfuhrkanäle etwa 0,15 mm weit. Die Kammermündung ist kreisrund scharf eingezogen und 0,07 mm weit. Die Gastralmembran st etwa 0,05 mm dick. 2364 R. v. Lendenfeld, Die Kammerporen ;Taf. XII, Fig. 410, A44) sind kreisrund, halten 0,0417 im Durchmesser und sind ungefähr eben so weit von einander ent- fernt. Sie fehlen nur in jenen schmalen Längszonen, weichen entlang die Kammern mit einander verwachsen sind. Auffallend unregelmäßig erscheinen in einigen meiner Präparate die Kragenzellen in der Flächenansicht (Taf. XII, Fig. 414). Häufig ist ein sehr starker Fortsatz vorhanden, der auf eine beträchtliche Ent- fernung hin verfolgt werden kann. Die Kragenzellenschicht endet oberhalb der Kammermund-Ein- schnürung sehr plötzlich. Das Skelett (Taf. XI, Fig.64; Taf. XIII, Fig. 110) besteht aus rhabden, triactinen und tetractinen Nadeln. Die Rhabde, welche das Peristom stützen und die Kammerkronen zusammensetzen, sind dreierlei Art. Zunächst findet man in der Mitte der Kammerkronen, sowie im Peristom 0,1—0,5 mm lange, meist leicht gekrümmte, nach beiden Enden hin all- mählich verdünnte und zugespitzte, in der Mitte 0,02—0,03 mm dicke Rhabde (Taf. XI, Fig. 6%«). Die Büschel von diesen Rhabden, welche die Gentraltheile der Kammerkronen bilden, werden von einem Kranze schlankerer, gerader oder $-förmig gekrümmter Nadeln umgeben, welche ebenfalls doppelspitzig sind. Diese Rhabde sind 0,1—0,3 mm lang und in der Mitte 0,04 mm dick (Taf. XI, Fig. 64a’). Im Peristom finden sich neben den beschriebenen, stärkeren Rhabden auch sehr feine, stricknadelförmige Rhabde von 0,4-—0,8 mm Länge und 0,004 mm Dicke. Triactine finden sich in der Gastralmembran und in den Kammerwänden, wo sie das Tubarskelett bilden. Auch an der Zu- sammensetzung der Kammerkronen nehmen Triactine Theil. Die tan- gential gelagerten gastralen Triactine sind größtentheils regulär. Einige sind sagittal mit längerem Sagittalstrahl und kürzeren Lateralstrahlen. Ihre Strahlen sind gerade, allmählich zugespitzt, 0,2—0,3 mm lang und an der Basis 0,04—0,015 mm dick. Der Sagittalstrahl der sagittalen gastralen Triactine erreicht zuweilen eine Länge von 0,4 mm. Die parenchymalen Triactine der Kammerwände und -kronen (Taf. XI, Fig. 64, c) sind sagittal mit centrifugal orientirtem Sagittalstrahl. Der Winkel zwischen den Lateralstrahlen beträgt bei den, dem Oscularrohr zunächst liegenden parenchymalen Triactinen 170° (Taf. XI, Fig. 64 c). Gegen die äußere Oberfläche hin nimmt dieser Winkel bis zu 130° ab. Bei allen parenchymalen Triactinen sind sämmtliche Strahlen an der Basis 0,04 nım diek. Der Sagittalstrahl ist stets länger als die Lateral- strahlen. Bei den proximalen Triactinen ist er 0,3 mmlang. Nach außen hin nimmt seine Länge bis zu 0,2 mm ab. Die äußersten Triactine der Kammerwände (Taf. XI, Fig. 64 b) umgeben die Rhabdenbüschel, Die Spongien der Adria. 1. 265 welche die Distalkegel krönen. Während bei den tiefer liegenden Triac- tinen der Sagittalstrahl annähernd gerade ist, erscheint er bei den Triactinen der Kammerkronen $-förmig gekrümmt und nach außen geneigt (Taf. XI, Fig. 645, Taf. XIII, Fig. 110). Diese Sagittalstrahlen gewinnen das Aussehen eines Kelches, der den Rhabdenbüschel um- giebt und die Eingänge ins einführende System großentheils verdeckt. Die Lateralstrahlen der parenchymalen Triactine sind 0,1—0,15 mm lang. Ihre Länge nimmt von innen nach außen ab. Die Tetractine (Taf. XI, Fig. 64 d) sind auf die Gastralmembran und das Peristom beschränkt. Ihre Basalstrahlen gleichen in Gestalt, Größe und Lage den Strahlen der gastralen Triactine vollkommen. Der gerade kegelförmige Apicalstrahl, welcher frei ins Oscularrohrlumen hineinragt ist 0,04—0,05 mm lang und an der Basis über 0,01 mm dick, so dass er sehr kurz und gedrungen aussieht. Unterhalb seiner Spitze beobachtet man häufig eine leichte, ringförmige Einschnürung. Die Tetractine des Peristoms haben längere und dünnere Apicalstrahlen, sowie mehr sagit- tal differenzirte Basalstrahlen als die Tetractine der Gastralwand. Den Apicalstrahlen der peristomalen Tetractine fehlt die ringförmige Ein- schnürung. Die Farbe des Schwammes ist weiß oder grau. Sycandra Schmidtii _ ist bisher nur in der Adria gefunden worden und zwar bei Lagosta und Lesina. 18. Sycandra quadrangulata. (Taf. XI, Fig. 79.) 1868 wurde dieser Schwamm von 0, Scuaiıpr (1868, p. 29, Taf. V) als Syco- nella quadrangulata beschrieben. 1872 beschrieb HAEckEL (1872, Bd. II, p. 280; Bd. III, Taf. XLVIII) diesen Schwamm als Sycortis quadrangulata und Inlertchied von demselben drei speci- fische Varietäten: quadrata, tetragona und tesseraria. 1876 führt Ketzer (1876, p. 19) diesen Schwamm ebenfalls als Sycortis quadrangulata auf. Das Gleiche that 1882 NoRMAN (1882, p. 230). 1883 erscheint er bei PoLEJAEFF (1883, p. 24) unter dem Namen Sycon quadrangulatum. | Da ich die Sycortis-Arten Hazcker's mit freien Distalkegeln zum | Genus Sycandra stelle, erscheint der Schwamm hier als Sycandra qua- @ drangulata. Mir stand kein Material von diesem Schwamme zur Ver- fügung. : Sycandra quadrangulata ist ein eiförmiger, oder gestreckt cylin- drischer, aufrechter Schwamm, welcher gewöhnlich 1, selten bis zu 2 cm lang wird, und in der Mitte eine Dicke 'von = selten bis zu Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 48 266 R. v. Lendenfeld, 8 mm erreicht. Die sammtartige Oberfläche erscheint quadratisch ge- täfelt, weil die Distalkegel der Kammern und die Eingänge der ein- führenden Kanäle quadratische Querschnitte haben, gleich groß sind, und wie die schwarzen und weißen Felder eines Schachbrettes regel- mäßig mit einander abwechseln. Das Osculum ist entweder nackt, oder von einem Peristom umgeben, und häufig gekrönt. Die Oscularrohr- fläche ist glatt. Die Körperwand ist I—2 mm dick. Die kreisrunden, 0,1 mm weiten Kammermündungen in der Wand des Oscularrohres sind regelmäßig angeordnet und nur 0,05 mm von einander entfernt. Das Peristom ist, wenn vorhanden, 2—4 mm lang. Die Kammern sind qua- dratische Prismen von 1—2 mm Länge und 0,15 mm Breite. Über den feineren Bau dieses Schwammes macht Harckeı (1872, Bd. I, p. 152, Bd. Ill, Taf. XLVII) einige Angaben, welche) aber kaum acceptirt werden können. Eier und Samenballen werden neben einander in der Kragenzellenschicht einer Geißelkammer dargestellt. Die Spermatozoen haben spindelförmige Köpfe und liegen zu » vielen Hunderten (oder selbst vielen Tausenden)« in Klumpen beisammen, welche ins Kammerlumen vorspringen und so groß wiereife Eizellen sind. Das Skelett (Taf. XI, Fig. 79) besteht aus Triactinen und Rhabden. Die Rhabde finden sich in den Kammerkronen, sowie zerstreut im Peri- stom der rüsselmündigen Exemplare. Bei den Individuen mit gekrön- tem Osculum bilden sie die Oscularkrone. Die Rhabde der Kammer- kronen (Taf. XI, Fig. 79a) und des Peristoms sind leicht gekrümmt, an beiden Enden zugespitzt, 0,3—0,5 mm lang und 0,02—0,05 mm dick. Jene der Oscularkrone sind schlanker und sehr variabel. Triactine finden sich in der Gastralmembran, im Peristom und in den Kammer- wänden, wo sie ein gegliedertes Tubarskelett bilden. Die Triactine der Kammerwände (Taf. XI, Fig. 79 b, c) sind sagittal, mit centrifugal orien- tirtem Sagittalstrahl. Die Lateralstrahlen der proximalen, parenchy- malen Triactine (Taf. XI, Fig. 79c) schließen einen Winkel von nahezu 180° ein. Nach außen hin wird dieser Winkel stetig kleiner und be- trägt bei den Triactinen der Distalkegel (Taf. XI, Fig. 795) kaum mehr als 120°. Die Sagittalstrahlen der proximalen Triactine sind gerade. Nach außen hin gewinnen sie eine immer deutlicher ausgesprochene S-förmige Krümmung, welche bei den Sagittalstrahlen jener Triactine, die den Rhabdenschopf am Kammerende umkränzen, schon sehr deut- lich ausgesprochen ist (Taf. XI, Fig. 795). Alle Strahlen sind an der Basis 0,01 mm dick, gegen das Ende hin allmählich verdünnt und scharfspitzig. Der Sagittalstrahl ist 0,1—0,15 mm lang. Die äußersten Triactine haben die längsten Sagittalstrahlen. Die Lateralstrahlen sind gegen den Sagittalstrahl hin leicht konkav und 0,05—0,08 mm lang. Die Spongien der Adria. I. 267 Die Triactine des Peristoms sind sagittal. Der nach abwärts gerichtete Sagittalstrahl ist gerade, konisch und scharfspitzig, 0,2 mm lang. Die schwach gekrümmten Lateralstrahlen schließen einen Winkel von nahe- zu 180° mit einander ein. Sie sind allmählich verdünnt und 0,3 mm lang. Die Triactine der Gastralmembran (Taf. XI, Fig. 79 d) liegen in mehreren Schichten über einander. Alle sind streng tangential an- geordnet. Sie sind meist regulär und haben kongruente, konische, 0,15 mm lange Strahlen, welche an der Basis 0,012 mm dick sind. In der Regel sind sie so angeordnet, dass einer von ihren Strahlen ziem- lich genau longitudinal liegt. Die Farbe des Schwammes ist weiß. Sycandra quadrangulata kommt an den atlantischen Küsten Euro- pas und im Mittelmeer vor. Die adriatischen Fundorte sind »Dalmatien«. Lesina und Lissa. 19. Sycandra elegans. (Taf. XI, Fig. 61.) 1845 beschrieb BowERBANK (4845, p. 297, Taf. XVII) diesen Schwamm als Dunstervillia elegans, 4859 führt ihn Bronn (4859, Taf. II) unter demselben Namen auf. 1864 führte BowErBANK (1864, p. 29, Taf. IV) diesen Schwamm als Grantia ensata auf und beschrieb einen anderen, mit diesem specifisch aber identischen Schwamm als Grantia tesselata (1864, p. 29, Taf. XVIl). 1866 beschrieb BowErRBANK (4866, p. 26) denselben Schwamm als Grantia tesselata. 4867 wurde er auch von GRAY (1867, p. 557) als Grantia tesselata aufgeführt. 4872 beschrieb HAEckEL (14872, Bd. Il, p. 338; Bd. III, Taf. LIV, LVIII) diese Art genauer als Sycandra elegans und unterschied innerhalb derselben die fünf specifischen Varietäten dunstervillia, lancerotae, tesselata, formosa und tubulata. 1874 erscheint der Schwamm bei BowERBANK (1874, p. 5, Taf. II) wieder als ' Grantia tesselata. - 4876 machte KELLER (4876, p. 49, 32, Taf. I) Angaben über die Entwicklung dieses Schwammes und benutzte dabei HAzckEeL’s Namen Sycandra elegans. 1882 führt Norman diesen Schwamm als Grantia tesselata (4882, p. 25) und als Sycandra elegans (1882, p. 234) auf. 1883 führt PoLEJAEFF (1883, p. 24) denselben als Sycon elegans auf. | Ich behalte hier den Harcker’schen Namen Sycandra elegans bei, # obwohl mir die Stellung dieser Art im Genus Sycandra etwas zweifel- E haft erscheint. Mein nicht gut konservirtes Material dieses Schwammes stammte aus Abbazia. : Sycandra elegans hat meistens eine gedrungen eiförmige Gestalt, selten erscheint der Schwamm schlank eylindrisch. Zuweilen ist er ‚gestielt. Die Körperachse ist meist gekrümmt. Sycandra elegans erreicht ra 18% 268 R. v. Lendenfeld, eine Länge von 40—15, selten 20 mm und ist in der Mitte 3—6, selten bis zu8 mm dick. Die Oberfläche ist glatt und erscheint quadratisch getäfelt, weil die 0,15—0,25 mm breiten Kammerkronen niedrig sind, einen quadratischen Querschnitt haben und wie die schwarzen Felder eines Schachbrettes angeordnet sind. Das terminale Osculum wird in der Regel von einer doppelten Oscularkrone eingefasst, welche aus einem inneren kelch- und einem äußeren radförmigen Theile besteht. Das eylindrische Oseularrohr ist 1—4 mm weit und seine Oberfläche erscheint dicht stachlig. Die Gastralmembran ist außerordentlich dick und fest. Die Kammern sind 1—2 mm lang und 0,1 mm breit. Das Skelett (Taf. XI, Fig. 61) besteht aus triactinen, tetractinen und rhabden Nadeln. Die Rhabde finden sich in der Oscularkrone und in den Kammerkronen. Der untere, radförmige Theil der Oscularkrone besteht aus geraden stricknadelförmigen Rhabden von 1—5 mm Länge und 0,004—0,008 mm Dicke. Die Rhabde des oberen, kelchförmigen Theils der Oscularkrone sind ähnlich gestaltet, aber etwas kürzer. Die Rhabde der Kammerkronen (Taf. XI, Fig. 61 a) sind theils eylindrisch, an beiden Enden abgerundet, theils keulenförmig, am äußeren Ende verdickt, theils spindelförmig mit centraler scharf abgesetzter oder all- mählich anschwellender Verdiekung. Unzählige Übergänge verbinden diese Formen. Die Keulen und Spindeln nehmen den mittleren, die cylindrischen Stäbe den peripherischen Theil der Kammerkronen ein. Die Länge dieser Nadeln beträgt 0,2—0,25 mm. Die Schäfte einiger der Keulen mit spindelförmigem Kopf sind bloß 0,003—0,005 mm dick. Die eylindrischen Stäbe haben eine Dicke von etwa 0,008 mm. Die Anschwellungen besitzen einen Querdurchmesser von 0,04—0,02 mm. Triactine finden sich in der Gastralmembran im Peristom, und in den Kammerwänden. Die gastralen Triactine sind theils regulär und theils sagittal mit nach abwärts gerichtetem Sagittalstrahl. Die Strahlen der regulären, gastralen Triactine sind gerade, allmählich zugespitzt 0,12 mm lang und an der Basis 0,008 mm dick. Die Lateralstrahlen der gastralen Triactine sind 0,08 mm lang und an der Basis 0,008 mm dick. Der Sagittalstrahl misst 0,2 mm in der Länge und ist an der Basis nur 0,003—0,006 mm dick. Die Triactine des kurzen Peristoms sind sagittal, mit einem Win- kel von 180° zwischen den Lateralstrahlen. Der gerade, nach abwärts gerichtete, Sagittalstrahl ist 0,06 mm lang und an der Basis 0,008 mm dick. Die Lateralstrahlen sind leicht gekrümmt 0,12 mın lang und eben so dick als der Sagittalstrahl. Gegen das untere Ende des Schwammes hin nimmt der Sagittalstrahl an Länge zu, während die Länge der Late- ralstrahlen und der Winkel, den sie einschließen, abnehmen. Die paren- Die Spongien der Adria. 1. 269 chymalen Triactine (Taf. XI, Fig. 61 b,c) sind sagittal. Die Lateralstrahlen schließen einen Winkel von nahezu 180° ein. Bei den, dem Oscular- rohr zunächst liegenden parenchymalen Triactinen (Taf. XI, Fig. 61 ec) sind die Lateralstrahlen 0,1—.0,12, die Sagittalstrahlen 0,08— 0,1 mm lang und alle Strahlen an der Basis ungefähr 0,01 mm dick. Nach außen hin werden die Sagittalstrahlen länger und die Lateralstrahlen kürzer. Die äußersten Triactine der Kammerwände (Taf. XI, Fig. 61 b), welche die Rhabdenbüschel der Kammerkronen umgeben, haben 0,2 bis 0, mm lange Sagittal- und 0,05—0,09 mm lange Lateralstrahlen. Die Lateralstrahlen aller parenchymalen Triactine sind gerade oder nur wenig gekrümmt und konisch. Das Gleiche gilt für die Sagittalstrahlen der tiefer liegenden Triactine. Dagegen sind die Sagittalstrahlen jener äußersten Triactine, welche die Rhabdenbüschel der Kammerkronen umgeben, ziemlich stark gekrümmt, gegen den Rhabdenbüschel konvex, an der Basis 0,025, im mittleren Theile aber bis zu 0,035 mm dick. Die Spitzen dieser Sagittalstrahlen neigen sich über die Eingänge in die einführenden Kanäle und umstehen, den Kelchblättern einer Blume gleich, den radialen Rhabdenbüschel der Kammerkrone. Die Tetractine (Taf. XI, Fig. 61.d) finden sich in der Gastralmembran und im Peristom. Ihre Basalstrahlen gleichen den Strahlen der gastralen und peristo- malen Triactine, zwischen denen sie liegen. Der, frei ins Oscularrohr vorragende Apicalstrahl ist meist stark oralwärts gekrümmt und in der Regel in der Mitte unregelmäßig verdickt. Er ist scharlspitzig 0,12 bis 0,16 mm lang und 0,012—0,016 mm dick. Die Farbe des Schwammes ist meist dunkelgelb, selten grau oder weiß. Sycandra elegans hat eine weite Verbreitung. Die adriatischen Fundorte sind: Abbazia, Lagosta, Lesina, Lissa. 20. Sycandra Helleri. (Taf. XI, Fig. 70; Taf. XII, Fig. 103—1 08.) Mein Material dieses neuen Schwammes stammte aus Lesina. Sycandra Helleri ist ein gedrungen, eiförmiger Schwamm, der eine Länge von 15 mm und eine Maximaldicke von 8 mm erreicht. Das terminale Osculum ist 3 mm weit, entweder nackt oder von einer ein- fachen konischen Oscularkrone umgeben. Die Oberfläche ist kurzborstig. Das Oscularrohr ist oval, gegen das Osculum hin beträchtlich verengt. Die Körperwand hat eine Dicke von 1,5—2 mm. Die unverzweigten, divertikellosen Kammern sind umgekehrt pyramidal und haben in jeder Höhe einen abgerundet achteckigen Querschnitt (Taf. XIII, Fig. 103, 270 R. v. Lendenfeld, 105, 107). An der Mündung sind die Kammern etwas eingezogen (Taf. XII, Fig. 405). Das domförmige Distalende jeder Kammer wird von einem Büschel mächtiger Rhabde gekrönt (Taf. XIII, Fig. 103,106 a). Die radial orientirten Kammern durchsetzen die ganze Dicke der Körperwand und sind dem entsprechend 1,5—2 mm lang. Ausgebildete Kammern sind am Distalende 0,27 und am Proximalende 0,18 mm breit. Die rundlichen Kammermündungen (Taf. XII, Fig. 107 E, 408) sind 0,13 mm weit und liegen sehr nahe beisammen: die sie trennenden Gewebebrücken sind bloß 0,05 mm breit. Betrachtet man die Oberfläche eines halb ausgetrockneten Exem- plars bei Oberlicht mit schwacher Vergrößerung, so erkennt man, dass die Kammerkronen wie die Knotenpunkte eines Netzes mit quadrati- schen Maschen angeordnet sind. Im mittleren Theile des Schwammes sind die Mittelpunkte der Kammerkronen ungefähr 0,5 mm von ein- ander entfernt. Gegen das Osculum hin rücken sie näher an einander. Überdies ist ihre Entfernung von einander in gewissem Grade auch der Konvexität der Oberfläche des Schwammtheiles, in welchem sie liegen, proportional. Die Kammerkronen bestehen aus Garben distal divergirender Rhabde. Sie haben einen annähernd kreisförmigen Um- riss und sind 0,15—0,2 mm breit. Die Zwischenräume, welche die Kammerkronen trennen, erscheinen demnach als ein quadratisches Netz 0,3—0,35 mm breiter Furchen in der Oberfläche, zwischen denen die rundlichen 0,15—0,2 mm weiten Kammerkronen liegen. Von jedem Knotenpunkte dieses Furchennetzes geht ein einführender Kanal in centripetaler Richtung ab. Die Eingänge in diese Kanäle sind nicht verengt, sondern weit trichterförmig (Taf. XII, Fig. 103). Tangentialschnittserien (Taf. XIII, Fig. 107), sowie Radialschnitte (Taf. XII, Fig. 103, 105) geben Aufschluss über den Bau des Kanal- systems. Dicht unterhalb des Einganges sind die einführenden Kanäle 0,25—0,5 mm weit und haben einen ganz unregelmäßigen Querschnitt (Taf. XII, Fig. 107 A). Sie sind hier geräumiger als die Kammern, stoßen jedoch nirgends an einander, weil hier oben schon die benach- barten Kammern zonen- und kolonnenweise mit einander verwachsen. Mustern wir die Tangentialschnitte unserer Serie, so finden wir, dass die einführenden Kanäle rasch einen regelmäßig quadratischen Quer- schnitt erlangen. Schon 0,7% mm unter der Oberfläche ist diese Regel- mäßigkeit ganz deutlich ausgesprochen (Taf. XII, Fig. 107 B). Je tiefer wir hinabgehen, um so enger werden die einführenden Kanäle. Bis zum Niveau von 1,08 mm unter der Oberfläche nimmt die Regelmäßigkeit des quadratischen Querschnittes zu (Taf. XIII, Fig. 107C), von hier an aber bis zur Gastralmembran nimmt diese Regelmäßigkeit wieder ab. Die Spongien der Adria. I. 21 _ Was die Weite der einführenden Kanäle betrifft, so beträgt dieselbe 0,72 mm unter der Oberfläche 0,2 und 1,08 mm unter der Oberfläche - 0,43 mm. Von hier bis zur Gastralmembran behalten die Einfuhrkanäle - nahezu die gleiche Weite bei. Die Distaltheile ausgebildeter Einfuhrkanäle sind vollkommen frei von Trabekeln. In den proximalen Partien derselben — besonders in jüngeren Schwammtheilen — findet man aber ein Netz mehr oder weniger stark gewundener, fadenförmiger Trabekel, welches um so dichter wird, je mehr wir uns der Gastralmembran nähern (Taf. XII, Fig. 104, 105). Diese Trabekel sind vielfach verzweigt, und durch- schnittlich 0,004 mm dick. Sie entspringen mit trompetenförmigen Er- weiterungen von den Außenseiten der Geißelkammern, deren Zwischen- schichtwand — der Sitz des parenchymalen Tubarskelettes — 0,02 bis 0,025 mm dick ist (Taf. XIU, Fig. 104, 105). Die kreisrunden, 0,012 mm weiten Kammerporen sind natürlich auf jene Longitudinalzonen beschränkt, in welchen die Kammern an einführende Kanäle stoßen. Hier sind sie 0,035—0,04 mm von einan- der entfernt (Taf. XII, Fig. 105). Die Kragenzellenschicht, welche die Kammern auskleidet, reicht nicht bis zum Oscularrohr herab, sondern endet 0,06 mm oberhalb der Ausmündung der Kammern, dort, wo sie sich einzuschnüren beginnen (Taf. XIII, Fig. 105). Bemerkenswerth ist es, dass ein Basalstrahl vieler der parenchymalen Tetractine 0,025 bis 0,055 mm weit ins Kammerlumen frei hineinragt, wodurch die Kammer- innenfläche ein stachliges Aussehen gewinnt (Taf. XIII, Fig. 104, 105). Ein solches Verhältnis wird nur sehr selten bei den Syconen beobachtet. _ Harerer (1872, Bd. II, p. 266, 354) beschreibt Ähnliches bei Sycandra | aretica und Sycetta (Sycaltis) perforata. Jede Kammer ist vier kreuzweise gestellten Längszonen entlang _ mit vier Nachbarkammern verwachsen. Diese Verwachsungsstreifen erstrecken sich von der Gastralmembran bis dicht unter den freien | Distaleonus. Sie sind stets, auch in den ältesten Theilen des Schwam- mes vorhanden. Die Verwachsungsstreifen sind durchschnittlich etwa 0,06 mm breit. Es steht jedoch ihre Breite mehr oder weniger im Ver- hältnis zur Weite der Kammern und nimmt daher von innen nach j Harcker (1872, Bd. II, p. 295) hat bekanntlich ein Subgenus von Sycandra, »Sycostrobus« für jene Formen aufgestellt, deren »Radial- tuben prismatisch achtseitig« sind und »mit ihren Kanten in der ganzen Länge bis zn dem niedrigen Distalconus verwachsen«, und welche »dazwischen enge, vierseitig prismatische Interkanäle« besitzen. Offen- & bar gehört Sycandra Helleri in dieses Subgenus. Die Achteckigkeit des 212 R. v. Lendenfeld, Querschnittes der Kammern ist keineswegs so deutlich, dass man sie diagnostisch verwerthen kann. Doch wäre dies nicht so genau zu neh- men. Geradezu falsch und unmöglich aber ist der Ausdruck Hazcker’s » mit ihren Kanten.... verwachsen«. Es soll heißen »mit vier kreuz- weise gestellten von ihren (acht) Flächen....verwachsen«. Gerade bei HıcckeL muss eine solche Ungenauigkeit in der Anwendung mathe- matischer Begriffe Staunen erregen. Die Gastralmembran ist 0,04—0,06 mm dick, und in Folge der Verfilzung der massenhaft eingelagerten gastralen Triactine sehr fest und zäh. Wegen der Größe und dichten Stellung der Kammermündun- gen erscheint die ganze Gastralmembran als ein Netz von Balken, die als bloße Verdickungen der proximalen Ränder der Kammerwände er- scheinen, zwischen denen abwechselnd Kammermündungen und Schlussmembranen von Einfuhrkanälen liegen. Im feineren Bau scheint Sycandra Helleri mit Sycandra raphanus vollkommen übereinzustimmen. Das Skelett besteht aus Triactinen, Tetractinen und Rhabden. Rhabde finden sich in den Oscular- und Kammerkronen. Die Rhabde der Kammerkronen (Taf. XI, Fig. 70a; Taf. XII, Fig. 106.) sind doppel- spitzig, gerade oder leicht gekrümmt, 1,12 mm lang und in der Mitte 0,056 mm dick. Ihre Gestalt ist etwas unregelmäßig. Das proximale Ende (Taf. XII, Fig. 106aa) ist schlanker und allmählicher verdünnt als das distale (b). Die Rhabde der (zuweilen vorhandenen) Oscular- krone sind stricknadelförmig, 0,006 mm dick und 1,5—3 mm lang. Triactine finden sich in der Gastralmembran und in den Kammer- wänden. Die tangential orientirten Triactine der Gastralmembran (Taf. XIII, Fig. 105 f) sind theils regulär, theils in geringem Maße sagittal differenzirt. Ihre Strahlen sind gerade, konisch und scharfspitzig 0,1 bis 0,12 mm lang und an der Basis 0,08 mm dick. Die parenchymalen Triaetine sind centrifugal orientirt und bilden ein gegliedertes Tubar- skelett. Die Kammerkronen werden von sagittalen Triactinen umgeben (Taf. XI, Fig. 70 5; Taf. XIII, Fig. 106 b), deren Lateralstrahlen einen Winkel von ungefähr 140° einschließen. Die Lateralstrahlen der Triac- tine der Kammerkronen sind leicht gekrümmt, gegen den Sagittalstrahl konvex, 0,048—0,056 mm lang, konisch, nicht sehr scharfspitzig, und an der Basis 0,008&—0,04 mm dick. Der konische, etwas schärfer zu- gespitzte, gerade oder leicht gekrümmte Sagittalstrahl ist etwas schmächtiger als die Lateralstrahlen und von sehr schwankender Länge, 0,05—0,12 mm lang. Die parenchymalen Triactine der Kammerwände haben ähnliche Dimensionen wie jene der Kammerkronen. Es fehlen jedoch hier die Formen mit kurzem Sagittalstrahl. Die Winkel zwischen a ae Zee Ta —S EEE ee ee Die Spongien der Adria. I. 273 den Lateralstrahlen betragen bei den, nahe der Oberfläche liegenden Triactinen ebenfalls 140°. Je mehr wir uns der Gastralmembran nähern, um so größer wird dieser Winkel; bei den, der Gastralwand zunächst liegenden parenchymalen Triactinen beträgt er fast 180°. Mit dieser Änderung des Lateralstrahlenwinkels geht eine Änderung der Krümmung Hand in Hand. Es nimmt die Konvexität der Lateralstrahlen gegen den Sagittalstrahl von außen nach innen ab. In halber Höhe der Körperwand sind die Lateralstrahlen ganz gerade. Weiter nach innen kehren die Lateralstrahlen ihre konkave Seite dem Sagittalstrahl zu und es nimmt diese Krümmung, nach innen hin, stetig zu (Taf. XI, Fig.70c; Taf. XIII, Fig. 106c, d). Tetractine kommen in der Gastralmem- bran und in den Kammerwänden vor. Die Basalstrahlen der gastralen Tetractine stimmen mit den Strahlen der gastralen Triactine vollkommen überein. Der Apicalstrahl, welcher frei ins Oscularrohrlumen hinein- ragt, ist gerade, konisch, 0,02 mm lang und an der Basis 0,008 mm dick (Taf. XI, Fig. 70d; Taf. XIII, Fig. 105, 108). Die parenchymalen Tetractine (Taf. XIII, Fig. 104, 105) sind, besonders in den proximalen Theilen der Kammerwände, sehr zahlreich. Sie gleichen den parenchy- malen Triaetinen in Lage und Größe und unterscheiden sich von ihnen nur dadurch, dass statt der zwei Lateralstrahlen, drei Basalstrahlen vorhanden sind. In Gestalt, Größe und Lage stimmt der centrifugal orientirte Apicalstrahl mit dem Sagittalstrahl der parenchymalen Triac- tine überein, während die drei Basalstrahlen dieselbe Lage, Größe und Gestalt haben, wie die Lateralstrahlen der Triactine. Die Farbe des Schwammes ist gelblichweiß. Sycandra Helleri ist bisher nur in der Adria gefunden worden und zwar bei Lesina. 21. Sycandra Humboldtii. (Taf. XI, Fig. 65; Taf. XII, Fig. 93.) 1826 gab Rısso (4826, p. 36, Taf. X) einem Kalkschwamm, der aber kaum mit Sicherheit nach der Beschreibung wieder zu erkennen ist, den Namen Sycon Hum- boldtii. 1859 beschrieb LieBErKkÜüHn (4859, p. 384, Taf. IX) unseren Schwamm genauer und nannte ihn, auf die Richtigkeit einer Bestimmung von MARTEns vertrauend, Sycon Humboldtii. 1862 veröffentlichte O. Scamipr (1862, p.14) eine Schilderung dieses Schwam- mes. Er behielt LieBerkünn’s — oder wenn man will Rısso’s — Bezeichnung Sycon Humboldtii bei. 1862 beschrieb O. Scumipr (1862, p. 16, Taf. I) einen angeblich neuen Kalk- h schwamm als Dunstervillia corcyrensis, der aber mitSycon Humboldtii identisch ist. 1867 führte GrAY (1867, p. 554, 558) diese beiden Arten als Grantia Hum- boldtii und Dunstervillia corcyrensis auf. 274 R. v. Lendenfeld, 4872 wies HAECKEL (4872, Bd. II, p. 344; Bd. III, Taf. LIV, LX) die Identität dieser beiden Species nach und vereinigte sie zu einer Art: Sycandra Humboldtii, welche er näher beschrieb, und von der er die drei specifischen Varietäten corcy- rensis, Scoparia und erinaceus unterschied. 1883 führte PoLEJAEFF (1883, p. 24) diesen Schwamm als Sycon Humboldtii auf. Ich habe hier den Hazcrer’schen Namen beibehalten. Mein Material dieses Schwammes stammte theils aus Rovigno und theils aus Lesina. Sycandra Humboldtii ist ein eiförmiger, 6—16 mm langer, und in der Mitte 4—-8 mm dicker Schwamm. Nach Hazcker. ist bei der Varie- tät coreyrensis die Oberfläche »spärlich bewimpert«, bei der Varietät scoparia »büschelig borstig« und bei der Varietät erinaceus » dicht stachelig-zottig«. Die Verschiedenheiten des Aussehens der Oberfläche beruhen auf Verschiedenheiten in der Zahl der großen Rhabde in jeder Kammerkrone. Bei Sycandra Humb. coreyrensis enthält jede Krone nur ein einziges großes Rhabd, bei Sycandra Humb. scoparia 2 bis 9, und bei Sycandra Humb. erinaceus 10 bis 30 große Rhabde. Eine Öseularkrone ist stets vorhanden. Sie ist entweder einfach, kelehförmig, 2—5 mm lang, oder doppelt, mit einem Strahlenrade unter dem Kelch. Das Rad erscheint als ein horizontaler, —3 mm breiter Kragen. Das Öseularrohr ist eylindrisch oder spindelförmig. Die Körperwand ist 1,5—2,5 mm dick. Das Osculum ist I—2 mm weit. Da die Zonen, welchen entlang die benachbarten Kammern ver- wachsen sind, eine nur sehr geringe Breite haben, so gewinnen die Kammern einen fast regelmäßig vierseitigen Querschnitt, was beson- ders in halber Höhe der Körperwand deutlich ist (Taf. XII, Fig. 93). Hier sind Kammern sowohl als Einfuhrkanäle vierseitig und beide fast gleich groß: etwa 0,2 mm weit. Nach unten hin verschmälern sich die Kammern und die kreisrunden Kammermündungen sind kaum 0,I mm weit. Wegen der mangelhaften Erhaltung meines Materials dieses Schwammes kann ich über seinen feineren Bau nichts mittheilen. Das Skelett (Taf. XI, Fig. 65) besteht aus Rhabden, Triactinen und Tetractinen. Rhabde finden sich in den Kammer- und Oscularkronen. Die Rhabde der Oscularkronen sind gerade, stricknadelförmig, 1—5 mm lang und 0,01 mm dick. Die Rhabde der Kammerkronen sind zweierlei Art. Die Hauptmasse des die Kammerkronen bildenden Nadelbüschels besteht aus spindelförmigen, 0,2—0,4 mm langen und in der Mitte 0,005—0,02 mm dicken Rhabden. Jene von diesen, welche den mitt- leren Theil der Kammerkrone bilden, sind gerade. Die äußeren er- scheinen $-förmig gekrümmt und sind, wie die äußersten Halme einer Garbe nach außen geneigt, und zwar um so mehr, je näher sie dem Rande der Kammerkrone liegen. Außer diesen kleineren Rhabden Die Spongien der Adria. I. 275 "finden sich noch viel größere, deren Anzahl bei den Varietäten, wie & oben bemerkt wurde, eine verschiedene ist. Die großen Rhabde der Kammerkronen sind bei Sycandra Humb. erinaceus oralwärts gekrümmt, 5 0,5—0,8 mm lang und 0,02 mm dick. Bei Sycandra Humb. scoparia und corcyrensis sind sie meist gerade, I—2 mm lang und 0,03—0,04 mm ’ dick. Diese großen Rhabde (Taf. XI, Fig. 65 a) sind gegen das Distal- _ ende hin allmählich, gegen das Proximalende hin aber ziemlich plötzlich zugespitzt. Triactine finden sich im Peristom, in der Gastralmembran _ und im Parenchym. Die parenchymalen Triactine der Kammerwände (Taf. XI, Fig. 65 5, c) sind durchaus sagittal, mit centrifugal orientirtem Sagittalstrahl. Der Winkel zwischen den Lateralstrahlen der proxima- len parenchymalen Triactine (Taf. XI, Fig. 65 c) beträgt nahezu 180°. Ihr gerader Sagittalstrahl ist etwas länger als die leicht gekrümmten Lateralstrahlen. Alle ihre Strahlen sind 0,08—0,12 mm lang, und an ‚der Basis 0,008—0,042 mm dick. Je mehr wir uns der Oberfläche nähern, um so mehr vergrößert sich der Sagittalstrahl, und um so kleiner werden die Lateralstrahlen und der Winkel, den sie einschließen. _ Die äußersten Triactine der Kammerwände (Taf. XI, Fig. 65 5) bilden _ einen Kranz, der die Rhabdenkrone am Kammerende umgiebt. Die Sagittalstrahlen dieses Triactinenkranzes sind an der Basis eingeschnürt, weiter oben verdickt, 0,15—0,25 mm lang, und an der stärksten Stelle -0,02—0,03 mm dick. Sie sind wie die äußersten Halme einer Garbe “nach außen gebogen und neigen sich über die Eingänge in die ein- 4 führenden Kanäle. Die Lateralstrahlen dieser Triactine sind gerade | oder schwach gekrümmt, 0,03—0,06 mm lang und an der Basis 0,01 — 0,045 mm dick. Die Triactine der Gastralmembran sind theils regulär, ‚theils sagittal, mit längerem Sagittalstrahl. Die Strahlen der regulären, F gastralen Triactine sind 0,1% mm lang und an der Basis 0,008 mm dick. Bei den extrem sagittalen gastralen Triactinen ist der Sagittalstrahl | 0,2 mm lang, während die Lateralstrahlen kaum die Länge von 0,05 mm erreichen. Im Peristom finden sich sagittale Triactine, welche eben so groß sind wie die gastralen. Der Winkel zwischen den Lateralstrahlen | der äußersten, peristomalen Triactine, beträgt annähernd 180°. Die "Tetractine (Taf. XI, Fig. 65 d) sind auf die Gastralmembran beschränkt. Ihre Basalstrahlen gleichen den Strahlen der gastralen Triactine. Der frei ins Oscularrohr vorragende Apicalstrahl ist 0,1—0,12 mm lang und "an der Basis 0,008 mm dick. © Die Farbe des Schwammes ist grau oder braun. | Sycandra Humboldtii ist bisher nur im adriatischen Meere gefun- “den worden, und zwar bei Rovigno, Venedig, Lagosta, Lissa, Lesina a nd Corfu. Dr 276 R. v. Lendenfeld, Subfamilia Uteinae. Syconidae, deren Kammern direkt, jede für sich, in das Oscular- rohr einmünden. Die Distaltheile der Kammern sind durch eine kon- tinuirliche Dermalmembran mit einander verbunden. Das Stützskelett der Kammerwände besteht aus über einander folgenden, radial und centrifugal orientirten, sagittalen Triactinen, welche zu einem ge- gliederten Tubarskelett zusammentreten. 4885 stellte ich (1885a, p. 243) für die Syconen mit verwachsenen Distalkegeln die beiden Subfamilien Uteinae und Grantinae auf. Bei den ersteren sind die Geißelkammern einfach, bei den letzteren verzweigt. 1890 vereinigte ich (1890, p. 367) diese beiden Subfamilien zu einer: Uteinae, weil ich erkannte, dass der Einfachheit oder Verzweigung der Kammern kein großer systematischer Werth beizulegen ist. Jetzt scheide ich die Formen mit Amphoriscusskelett aus dieser Subfamilie aus, so dass sie nur mehr die Formen mit gegliedertem Tubarskelett enthält. 4890 unterschied ich (1890, p. 368) sechs Genera in dieser Subfamilie: Gran- tessa Lendenfeld, Ute Schmidt (im Sinne PoLEJAEFF’s), Amphoriscus Haeckel (im Sinne POLEJAEFF'sS), Grantia Fleming (im Sinne PoLEJAEFF's), Heteropegma Polejaeff und Anamixilla Polejaeff. In dem beschränkteren Sinne, den ich jetzt dieser Subfamilie bei- lege, umfasst sie nur die drei Genera Grantia, Grantessa und Ute. — Die Gattungen Grantia und Ute sind in der Adria vertreten. Genus Grantia. Uteinae ohne tangentiale Rhabde in der Dermalmembran mit einer Krone radialer Rhabde auf jeder Kammer, oder einem Pelz gleichmäßig vertheilter abstehender Rhabde an der Oberfläche. 1828 stellte FLemıng (1828, p. 524) das Genus Grantia für alle Kalk- schwämme auf. 1833 verwendete NArpo (4833) den Namen Grantia für einige Kiesel- schwämme. 1842 benutzte Jonnston (4842, p. 472) den Namen Grantia im Sinne FLENINng’S (1828). 1859 bezeichnete LiEBERKÜHN (4859, p. 373) einige Ascandra-Arten mit dem Namen Grantia. 1859 verwendete BowErBAnK (4859, p. 79) den Namen Grantia für einige Syconen. 1862 machte O. Schmipr (4862, p. 47) von dem Gattungsnamen Grantia Ge- brauch. Seine Diagnose ist unbrauchbar. Von den drei Grantia-Arten, die er da- mals beschrieb, waren zwei Asconen und eine ein Leucon. Die Spongien der Adria. 1. 277 4864 beschrieb O. Schmipr (4864, p. 23) eine Ascetta und eine Leucetta als - Grantien. 4864 finden wir den Namen Grantia wieder bei BoweErBAnk (4864, p. 29) in _ ähnlichem Sinne wie 1859. 41866 gab O. Scumipt (4866, p. 7) eine neue, viel bessere Diagnose von Gran- tia. Jetzt fasst er den Begriff Grantia so, dass nur die Syconen in dem Genus Platz finden, nämlich die Sycon-Arten Lisserkünn’s, Dunstervillia Bowerbank und Ute Schmidt. 1866 wird der Name Grantia von BowERBANK (4866, p. 26) im selben Sinne wie früher benutzt. 4867 finden wir das Genus Grantia bei Gray (4867, p. 554). Seine Diagnose ist unbrauchbar. Gray ließ die Genera Ute und Dunstervillia neben Grantia be- stehen. 1882 verwendete GRAEFFE (4882, p. 324 [sep. p. 9) den Namen Grantia für zwei Asconen. 1883 belebte PoLEJAEFF (4883, p. 25) die von HAEcKEL unterdrückte Gattung Grantia aufs neue, indem er den Namen Grantia für Syconen mit Rinde und ge- gliedertem Tubarskelett verwendete. 1885 wurde das Genus Grantia in diesem Sinne von mir (4885a, p. 213), 4887 von VOosMmAER (1887, p. 374) und 1890 abermals von mir (4890, p. 368) anerkannt. a Te Auch hier behalte ich das Genus in diesem Sinne bei. In der Adria findet sich eine Art des Genus Grantia. 22. Grantia capillosa. (Taf. X1, Fig. 73; Taf. XIV, Fig. 442—146,) . 4862 beschrieb O. Scunıpr (14862, p. 17, Taf. I) diesen Schwamm als, Ute capillosa. < 41864 führte O. Scumipr (4864, p. 22) denselben unter dem Namen Sycon eapillosum auf. 1867 finden wir ihn unter dem Namen Ute capillosa bei Gray (1867, p. 554). 1872 gab HAEckEL (1872, Bd. II, p. 317, Bd. IIl, Taf. LI, LX) eine genaue Be- - schreibung dieses Schwammes und nannte ihn Sycandra capillosa. Er unterschied zwei specifische Varietäten: longipilis und brevipilis. | 1883 führte PoLEJAEFF (4883, p. 24) diesen Schwamm als Sycon capillosum auf. Dies war eine Irrung, da derselbe nicht in dem Genus Sycon, im POLEJAEFF- 3 schen Sinne untergebracht werden kann. 3 Hier stelle ich diesen Schwamm in das Genus Grantia. Mein Ma- 4 terial dieses Schwammes stammte theils aus Muggia, theils aus Pirano, ‚theils aus Rovigno und theils aus Lesina. Grantia capillosa ist ein cylindrischer Schwamm, welcher eine Länge von 2—10 cm und einen Querdurchmesser von 3— 25 mm er- reicht. Hasck£ı unterscheidet die beiden Varietäten brevipilis und "longipilis, von denen die erstere kleiner und kurzhaariger ist als die 278 R. v. Lendenfeld, letztere. Die Oberfläche erscheint dicht behaart. Die »Haare« (frei vorragende Theile der Rhabde der Kammerkronen) sind bei der Varietät brevipilis 1—3, und bei der Varietät longipilis —8 mm lang. Wegen der Häufigkeit von Übergängen zwischen diesen Formen halte ich eine Unterscheidung von eigenen Varietäten für dieselben kaum für praktisch. Die Körperwand ist 0,5—1,5, selten bis zu 3 mm dick (je nach der Größe des Exemplars). Das terminale Osceulum ist 1—15 mm weit und trägt meistens eine 3—6 mm lange, kelchförmige Oscularkrone. Abgesehen von dem Pelze der abstehenden Rhabde ist die äußere Oberfläche des Schwammes entweder ganz glatt (Taf. XIV, Fig. 112) oder es wölben die Distalkuppeln der Kammern die darüber hinweg- ziehende Dermalmembran etwas vor. Das Letztere wird besonders in der Nähe des Osculums beobachtet, wo die Dermalmembran sehr zart ist. Wenn es gleich in der Regel ohne besondere Schwierigkeit gelingt, die Dermalmembran überall nachzuweisen, so muss doch bemerkt werden, dass bei einigen Exemplaren, die ich untersuchte, besonders in der Umgebung des Osculums, keine Spur einer solchen zu sehen war. Vielleicht waren diese Stücke nicht so gut konservirt wie die anderen. Die Dermalmembran, welche — abgesehen von den genannten Ausnahmen — die äußere Oberfläche des Schwammes bildet (Taf. XIV, Fig. 112, 115.A), ist eine zarte, etwa 0,015 mm dicke Haut, welche mit den Kammerscheiteln verwachsen ist und glatt über dieselben hin- wegzieht. In dieser Membran finden sich tangential orientirte, schlankstrah- lige, mehr oder weniger unregelmäßige Triactine (Taf. XIV, Fig. A16c), welche ihr jedoch nur einen sehr geringen Grad von Festigkeit und Zähigkeit verleihen, so dass häufig schon die zusammenziehende Wir- kung des Alkohols (in welchem der Schwamm konservirt wurde) hin- reicht, die Dermalmembran zum Zerreißen zu bringen. Außen ist diese Haut von den gewöhnlichen ektodermalen Platten- zellen bekleidet (Taf. XIV, Fig. 116a). Diese sind jedoch außerordent- lich dünn und es besteht der weitaus überwiegende Theil der ganzen Membran aus Zwischenschicht-Gewebe. Die auffallendsten Elemente dieses Gewebes sind stark tingirbare Zellen von unregelmäßig rund- licher Gestalt und 0,003—0,007 mm Durchmesser mit deutlichem Zell- kern, welche sich besonders in der Umgebung der Poren anhäufen (Taf. XIX, Fig. 116 b). Ich möchte diese Zellen am liebsten als nervöse Elemente in An- Die Spongien der Adria. 1. 279 spruch nehmen, einestheils wegen ihrer Lage und anderntheils, weil ich nicht recht einsehe, was sie sonst sein könnten. ä Die Dermalmembran wird von den großen Rhabden durchbohrt, welche den Pelz bilden (Taf. XIV, Fig. 112, 115 A). Diese Rhabde tragen wesentlich zur Befestigung der Dermalmembran bei. Die Poren, welche _ die Dermalmembran durchsetzen (Taf. XIV, Fig. 115 A, 116 d) sind an- nähernd kreisrund, 0,03—0,06 mm weit und etwas unregelmäßig zer- - streut. Zwischen den Kammerkuppeln (über den Einfuhrkanälen) stehen sie viel dichter als über denselben. | Unter der Dermalmembran breitet sich ein kontinuirlicher Sub- - dermalraum aus, von welchem die Einfuhrkanäle (Interradialtuben) ab- gehen. Die Kammern sind etwas unregelmäßig sackförmig, im distalen Theile nicht selten kolbig verdickt und zuweilen verzweigt. Verzweigte Kammern werden vorzüglich im basalen Theile großer Exemplare an- getroffen. Bei kleineren Exemplaren scheinen sie stets einfach zu sein (Taf. XIV, Fig. 112). Dicht unter der äußeren Oberfläche erscheinen die Kammern so- wohl als die Einfuhrkanäle am Querschnitt unregelmäßig. Die erste- ren sind hier (0,04 unter der äußeren Oberfläche) etwa 0,4 mm weit. Die letzteren werden von Trabekeln durchzogen und sind durch- - schnittlich 0,08 mm weit (Taf. XIV, Fig. 115 B). Weiter unten nehmen - die Kammern annähernd kreiscylindrische Gestalt an. Sie sind 0,4mm unter der äußeren Oberfläche 0,2 mm weit und durch Trabekel oder _ Membranen verbunden, welche die unregelmäßigen Einfuhrkanäle i durchsetzen (Taf. XIV, Fig. 115 C). Setzen wir unsere Musterung der 2 Tangentialschnittserie fort, so erkennen wir, dass die Kammern gegen 4 die Gastralfläche hin bei gleichbleibender Weite immer näher an einan- der rücken und dabei einen immer mehr polygonalen Querschnitt er- langen, welcher 0,7 mm unter der äußeren Oberfläche schon ganz deut- lich ausgesprochen ist (Taf. XIV, Fig. 145 D). Zuweilen sind in diesem Niveau die Kammern, wie bei Sycocubus, abgerundet achteckig und “den schmalen Seitenflächen entlang durch Gewebebrücken mit ein- ander verbunden, während die in diesem Niveau 0,1—0,2 weiten Einfuhrkanäle einen vierseitigen Querschnitt haben. Dicht über der | Gastralmembran haben die Kammern wieder einen rundlichen Quer- schnitt, wie 0,4 mm unter der Oberfläche, stehen aber bedeutend näher beisammen als dort. Ihre Weite beträgt auch in diesem Niveau unge- -fähr 0,2 mm. Die Einfuhrkanäle sind hier eng, ihre Querschnitte sind theils dreieckig, theils viereckig, theils unregelmäßig (Taf. XIV, Big. 115 E). TEN 280 R. v. Lendenfeld, Der Kammermund ist stark eingeschnürt (Taf. XIV, Fig. 112) und die Löcher, in der etwa 0,05 mm dicken Gastralmembran — das sind die Kammermündungen — haben eine ähnliche sanduhrförmige Ge- stalt wie bei Sycandra setosa (Taf. XIV, Fig. 142,415 F). Die Kammer- mündungen sind kreisrund, 0,067 mm weit und 0,1 mm von einander entfernt. In halber Höhe der Körperwand findet man bei den trächtigen Exemplaren zahlreiche, unregelmäßig brotlaibförmige, etwa 0,04 mm große Embryonen (Taf. XIV, Fig. 412, 145 C) in den Kammerwänden. Diese treiben die Kragenzellenschicht nicht vor und liegen größtentheils an jenen Stellen, wo sich die Membranen und Trabekel, welche zwischen den Kammern ausgespannt sind, an die Kammerwände heften (Taf. XIV, Fig. 115 C). Die Gastralmembran (Taf. XIV, Fig. 113, 145 F) ist nicht lakunös. Im Niveau der Tangentialstrahlen der Gastral- und Subgastralnadeln finden sich Ringe von großen, auffallenden, körnigen Zellen im Umkreis der Kammermündungen (Taf. XIV, Fig. 1135). Diese Zellen sind offen- bar den oben beschriebenen jungen Eizellen von Sycandra setosa homo- log, unterscheiden sich von diesen jedoch durch ihre langgestreckte Gestalt. Nur wenige von ihnen sind annähernd kuglig Die meisten erscheinen unregelmäßig ovaloder keulenförmig radial um die Kammer- mündung gruppirt. Auch bei Grantia capillosa hätten wir also anzunehmen, dass die Eizellen im Umkreis der Kammermündungen gebildet werden, in den Kammerwänden hinaufwandern und in deren halber Höhe angelangt, sich weiter entwickeln. Wo die Befruchtung stattfindet, bleibt fraglich. Jedenfalls glaube ich mit Sicherheit behaupten zu können, dass die jungen Eizellen, welche ich bei Sycandra setosa und Grantia capillosa im Umkreis derKammermündungen beobachtete, sämmtlich unbefruch- tet waren. Das Skelett (Taf. XI, Fig. 73; Taf. XIV, Fig. 112 —116) besteht aus rhabden, triaetinen und tetractinen Nadeln. Rhabde finden sich an der Körperoberfläche, in der Oscularkrone und in dem Peristom. Die peristo- malen Rhabde sind doppelspitzig, I—5 mm lang und 0,02—0,03 mm dick. Die frei vorragenden Rhahde der Oscularkrone sind stricknadel- förmig 3—6 mm lang und 0,002—0,005 mm dick. Die Rhabde des Pelzes an der Oberfläche des Körpers (Taf. XI, Fig. 73«; Taf. XIV, Fig.112) ragen mit dem größeren Theil ihrer Länge frei vor. Meist stehen sie annähernd senkrecht. Sie sind zwar büschelförmig angeordnet, in- dem jeder Kammer ein Büschel von großen Dermalrhabden zukommt, aber von außen ist diese büschelförmige Anordnung nicht zu erkennen, Die Spongien der Adria. I. 281 4 es bilden vielmehr diese Rhabde einen scheinbar ganz gleichförmigen - und kontinuirlichen Pelz. Größere und kleinere Dermalrhabde sind zu = unterscheiden. Ringe der letzteren umgeben die Austrittsstellen der i ersteren. Diese kleinen Rhabde sind von sehr wechselnder Zahl und € fehlen gar nicht selten fast ganz. Die größeren Dermalrhabde (Taf. XI, - Fig. 73a) sind 1—10 mm lang und 0,02—0,04 mm dick. Die kleinen _ Dermalrhabde sind bloß 0,2—0,5 mm lang und 0,002—0,005 mm dick. Bei den langhaarigen Exemplaren (Varietät longipilis) erreichen die _ großen Dermalrhabde des Hinterendes des Körpers eine Länge von 2—3, ja bis zu 5 cm. Diese, so außerordentlich langen Nadeln bilden einen Schopf, mit welchem sich der Schwamm im Schlamme verankert. Triactine (Taf. XI, Fig. 73 b, c; Taf. XIV, Fig. 115A, F) finden sich in der Gastralmembran, im Parenchym und in der Haut. Die gastralen Triactine (Taf. XIV, Fig. 115 F) sind theils regulär, theils irregulär, und theils sagittal. Ihre Strahlen sind 0,1—0,3 mm lang und an der Basis _ durchschnittlich 0,1 mm dick. Bei den sagittalen Triactinen ist der E gerade Sagittalstrahl ungefähr doppelt so lang, als die gekrümmten Lateralstrahlen. Die parenchymalen Triactine sind sagittal. Der Winkel zwischen den Lateralstrahlen der proximalen, parenchymalen Triactine (Taf. XI, Fig. 73 c) beträgt nahezu 180°. Gegen die Oberflächen hin nimmt dieser Winkelstetigab (Taf. XI, Fig. 73Ö). Die Lateralstrahlen sind wellen- F förmig gebogen 0,2—0,4 mm lang und an der Basis 0,008—0,016 mm " dick. Der Sagittalstrahl ist gerade, eben so lang und dick wie die La- teralstrahlen. Die größtentheils irregulären, tangential in der Rinde 4 gelagerten, dermalen Triactine (Taf. XIV, Fig. 115A, 146) sind eben so groß oder etwas kleiner als die parenchymalen. Die Tetractine (Taf. XI, Fr Fig. 73d; Taf. XIV, Fig. 113, 144, A15F) finden sich im Peristom, in > der Gastralmembran und im proximalen Theil des Parenchyms. Die F parenchymalen Tetractine (Taf. XIV, Fig. 113, 414) sind subgastral. F Ihre Basalstrahlen sind dicht über dem Niveau der Basalstrahlen der gastralen Tetractine, tangential in der Gastralmembran ausgebreitet, "während der centrifugal orientirte Apicalstrahl in den Kammerwänden liegt. Die Basalstrahlen dieser Nadeln sind, eben so wie die Basalstrahlen F der homologen Nadeln bei Sycandra setosa, außerordentlich stark sa- giltal differenzirt, indem die, ankerförmig gegen den geraden Sagittal- | Strahl zurückgebogenen Lateralstrahlen einen Winkel von 230° mit einander bilden (Taf. XIV, Fig. 113). Der Sagittalstrahl ragt in die "Kammermündung hinein, die Lateralstrahlen umgreifen dieselbe. Alle "Strahlen sind an der Basis 0,008 mm dick. Der Sagittalstrahl ist 0,04 bis 0,06 mm, die Lateralstrahlen sind 0,1 mm lang. Der leicht gebogene, "allmählich verdünnte Apicalstrahl (Taf. XIV, Fig. 414) ist an der Basis Zeitschrift £. wissensch. Zoologie, LIII. Bd. 19 282 R. v. Lendenfeld, 0,008—0,01 mm dick und 0,4 mm lang. Die gastralen (Taf. XI, Fig. 73d; Taf. XIV, Fig. 115 F) und peristomalen Tetractine haben ebenfalls sehr stark sagittal differenzirte Basalstrahlen. Die Sagittal- strahlen der Tetractine des Peristomrandes sind bloß 0,2—0,4 mm lang, während die Lateralstrahlen dieser Nadeln 0,4—0,5 mm lang sind. Nach unten hin nimmt die Länge der Sagittalstrahlen bis 0,6 mm zu, und die Länge der Lateralstrahlen bis 0,2 mm ab. Der Winkel zwischen den Lateralstrahlen der Tetractine des Peristomrandes be- trägt 180°. Nach unten hin nimmt dieser Winkel bis zu 150° ab. Die Basalstrahlen sind an der Basis 0,04 mm dick. Der Apicalstrahl, wel- cher in das Peristomlumen hineinragt, ist leicht oralwärts gekrümmt und 0,05—0,08 mm lang ‚Taf. XI, Fig. 73d; Taf. XIV, Fig. 412). Der gerade oder leicht gekrümmte Apicalstrahl ist 0,4 (var. brevipilis) bis 0,2 ‘var. longipilis) mm lang. Die Farbe des Schwammes ist weiß, gelb oder grau. Grantia capillosa ist bisher nur im adriatischen Meere gefunden worden, und zwar bei Muggia, Pirano, Rovigno, Sebenico und Lesina. Genus Ute. Uteinae mit einem festen Hautpanzer, der aus mehreren Schichten tangential und longitudinal gelagerter, großer Rhabde besteht. 1862 stellte O. Scumipr (4862, p. 46) das Genus Ute für Grantia capillosa auf, Seine Gattungsdiagnose ist unbrauchbar. 1864 gab O. Scamiprt (4864, p. 23) eine andere Diagnose des Genus Ute, welche zwar wesentlich von seiner früheren Diagnose dieses Genus abweicht, aber in Be- zug auf Werthlosigkeit vollkommen mit der früheren übereinstimmt. 1867 führt Gray (1867, p. 554) das Genus Ute auf, ohne jedoch etwas zur Klärung dieses Begriffes beizutragen. 1383 gab POLEJAEFF (1883, p. 25) eine neue Diagnose von Ute, wonach dieses Genus durch die longitudinalen Rhabde des Dermalskelettes charakterisirt ist. 1885 adoptirte ich (4885 a, p. 243) die Gattung Ute im Sinne PoLEJAEFF’s. Ein Gleiches that 1887 VOsMAER (1887, p. 372). 1890 behielt ich (1890, p. 368) das Genus Ute in diesem Sinne bei. Auch hier habe ich das Genus in diesem Sinne beibehalten. In der Adria ist das Genus Ute durch eine Art vertreten. 23. Ute glabra. (Taf. XI, Fig. 63.) 1864 beschrieb O. Schmidt (4864, p. 23, Taf. III) diesen Schwamm unter dem Namen Ute glabra. 1864 beschrieb BowErsBAnK (1864, p. 29, Taf, IV) den gleichen Schwamm als Grantia ensata. Die Spongien der Adria. 1. 283 1866 machte BowERBANK (1866, p. 25) weitere Angaben über diesen Schwamm & und behielt seinen früheren Namen Grantia ensata bei. = 1867 führt Gray (1867, p. 555) diese beiden Arten neben einander als Ute- species auf. B: 1872 stellte Haeckeı (1872, Bd. II, p. 349; Bd. IN, Taf. LV1, LX) die Identität S von Ute glabra 0. Schmidt und Grantia ensata Bowerbank fest und vereinigte sie zu einer Art, welche er Sycandra glabra nannte und innerhalb welcher er zwei : specifische Varietäten, rigida und ensata unterschied. ; 1874 machte BowErBAnK (4874, p. 4, Taf. II) weitere Angaben über diesen - Schwamm und behielt seine frühere Bezeichnung Grantia ensata bei. 1875 theilte O. Scamipr (4875, p. 427, Taf. VIII, IX) Einiges über die Entwick- - lungsgeschichte dieses Schwammes mit und benutzte dabei den Hascker’schen _ Namen Sycandra glabra. A 1882 führte Norman denselben als Grantia ensata (4882, p. 25) und als Sycan- dra glabra (1882, p. 231) auf. 1883 nannte POLEJAEFF (1883, p. 25) den Schwamm Ute glabra. 1887 führte VosmAEr (4887, p. 372) denselben ebenfalls als Ute glabra auf. Auch ich behalte hier den alten Scumiwr’schen Namen bei. Mein - Material dieses Schwammes stammt aus Lesina. \ Ute glabra ist ein gestreckt spindelförmiger, häufig abgeplatteter, _ selten fast kugeliger Schwamm von 1—2 cm Länge und — in der Mitte — 2—6 mm Dicke. Die Achse des Schwammes ist gekrümmt. Die Oberfläche erscheint wegen der longitudinalen Anordnung der tan- gentialen, dermalen Rhabde glatt und längsstreifig. Die Körperwand ist e 4—1,2 mm dick. Das Osculum ist nackt 0,5—1, selten bis zu2 mm _ weit. Die Kammermündungen halten 0,05—0,1 mm im Durchmesser _ und stehen dicht beisammen. Unter der dicken Dermalmembran brei- ten sich weite Lakunen aus, von welchen die ziemlich engen, ein- führenden Kanäle (Interradialtuben) abgehen. Die eylindrischen Kammern sind 0,5—/ mm lang und 0,05-—-0,12 mm breit. Die den - Hautpanzer durchsetzenden Einfuhrkanäle sind eng und winden sich 4 zwischen den dermalen Rhabden hindurch. Im feineren Bau stimmt -_ unser Schwamm mit Sycandra raphanus überein. | Das Skelett (Taf. XI, Fig. 63) besteht aus rhabden, triactinen und -tetractinen Nadeln. Die Rhabde (Taf. XI, Fig. 63 a) sind auf die Rinde beschränkt. In mehreren Schichten über einander gelagert bilden sie einen festen Hautpanzer. Alle Rhabde liegen tangential und longi- tudinal. Sie sind eylindrisch, doppelspitzig, gerade oder leicht ge- -_ krümmt, 4—3 mm lang und 0,05—0,07 mm dick. Triactine kommen "in allen Theilen des Schwammes vor. Bei der Varietät rigida HAzcker’s finden sich außerhalb des Rhabdenpanzers in der äußersten Schicht der Dermalmembran sagittale, tangential gelagerte Triactine mit 0,005 19% 284 | R. v. Lendenfeld, bis 0,008 mm dicken Strahlen. Die Lateralstrahlen sind 0,1, der Sagit- talstrahl ist 0,2 mm lang. Die parenchymalen Triactine (Taf. XI, Fig. 63 b, c) sind größtentheils sagittal.e. Der Winkel zwischen den Lateralstrahlen nimmt von der Gastralwand gegen die Oberfläche von 180° bis kaum 120° ab. Die Strahlen sind an der Basis 0,005—0,008 mm dick. Die Lateralstrahlen sind 0,05—0,1 mm lang. Die Länge des Sagittalstrahles nimmt von der Gastralfläche gegen die Oberfläche hin von 0,2 mm bis zu 0,1 mm ab, während gleichzeitig die Lateralstrahlen an Länge zunehmen. Die gastralen Triactine zeichnen sich durch die eigenthümliche Form ihrer Strahlen aus, welche aus einem 0,005 mm dicken, kurz konischen Basalstück bestehen, das in einen eylindrischen, kaum 0,004 mm dicken Faden von beträchtlicher Länge ausläuft. Wäh- rend bei den am stärksten sagittal differenzirten, gastralen Triactinen der Sagittalstrahl 0,3, die Lateralstrahlen aber bloß 0,04—0,06 mm lang sind, haben alle Strahlen der übrigen gastralen Triactine eine Länge von 0,1—0,2 mm. Die Tetractine (Taf. XI, Fig. 63 d) sind auf die Gastralmembran beschränkt. Ihre Basalstrahlen gleichen den Strah- len der gastralen Triactine. Der Apicalstrahl, welcher frei ins Oscular- rohr hineinragt, ist oralwärts gekrümmt, seitlich abgeplattet, schwert- förmig, 0,12—0,2 mm lang; bei der Varietät rigida in der ganzen Länge ungefähr gleich dick, bei der Varietät ensata aber in der Mitte und oberhalb derselben doppelt so dick wie an der Basis. Die größte Dicke (Höhe) des Apicalstrahles beträgt bei der Varietät rigida durchaus 0,01 mm; bei der Varietät ensata aber, an der Basis 0,007—0,04, und in der Mitte 0,015—0,02 mm. Die scharfspitzigen Enden der Apical- strahlen sind schwertförmig. O. Scamipr hat Larven dieses Schwammes beobachtet, welche mit den Larven von Sycandra raphanus überein- stimmen. Die Farbe des Schwammes ist weiß. Ute glabra kommt in der Nordsee und im Mittelmeer vor. Die adriatischen Fundorte sind Lagosta, Lesina, Lissa, Porto chiave. Subfamilia Amphoriscinae. Syconidae, deren Kammern direkt, jede für sich, in das Oscular- rohr einmünden. Die Distaltheile der Kammern sind durch eine kon- tinuirliche Dermalmembran mit einander verbunden. Das Stützskelett der Kammerwände besteht nicht aus über einander folgenden, centri- fugal orientirten, sagitialen Triactinen, sondern aus den Centripetal- strahlen der Dermalnadeln oder den Centrifugalstrahlen der Subgastral- nadeln, oder beiden. # | Die Spongien der Adria. I. 285 Ich stelle diese neue Subfamilie für die von POLEJAEFF (1883, p. 26) der Gat- - tung Amphoriscus zugetheilten Arten des Subgenus Sycaltusa Haeckel (4872, Bd. II, pP. 264), das Subgenus Sycettusa Haeckel (1872, Bd. II, p. 236), die drei HaEckEL- schen Gattungen Sycilla (4872, Bd. Il, p. 248), Sycyssa (1872, Bd. II, p. 259) und - Syculmis (1872, Bd. II, p. 287), Amphoriscus Buceichii Ebner (1887a, p. 981) und _ die von PoLEIAEFF den Gattungen Amphoriscus (1883, p. 26), Heteropegma (1883, - p. 25) und Anamixilla (1883, p. 27) zugetheilten neuen Arten auf. Syeyssa Haeckel besitzt bloß rhabde Nadeln. Amphoriscus Buc- eichii Ebner, Syculmis Haeckel und eine neue adriatische Art besitzen Rhabde und Triactine oder Rhabde und Tetractine oder alle drei Nadel- formen. Alle übrigen besitzen bloß Triactine, Tetractine oder triac- tine und tetractine Nadeln. Unser Eintheilungsprincip auf die Ampho- riscinae anwendend haben wir daher drei Genera zu unterscheiden: Syeyssa Haeckel bleibt unverändert; für Amphoriscus Buceichii Ebner, Syculmis Haeckel und eine neue Art stelle ich das neue Genus Ebne- - rella auf; alle übrigen angeführten Subgenera und Genera von HacckEL, _ sowie die beiden Genera Heteropegma und Anamixilla Polejaeff ver- einige ich zu einem Genus: Amphoriscus. Alle drei Gattungen von Ampbhoriscinae sind in der Adria vertreten. Ed a SE a un u Rh 3 TE nn nr aa ae Genus Amphoriscus. Amphoriscinae mit triactinen oder tetractinen Nadeln oder beiden. E 4869 stellte HAEcKEL (4869, p. 238) das Genus Amphoriscus für einige hierher - gehörige Spongien auf. 1872 verwendete HAEcKEL (1872, Bd. II, p. 397) den Namen Amphoriscus im - »künstlichen« System für gewisse Leuconen. Die 1869 als Amphoriscus beschrie- - benen drei Arten erscheinen im »natürlichen« System als Sycilla-Arten. 1883 vereinigte PoLEJAEFF (1883, p. 26) die drei 1869 von HAcEcker als Ampho- © riscus beschriebenen mit anderen, von HaAEckEL 1872 zu Sycetta, Sycilla, Sycaltis ‚und Syculmis gestellten Spongien dieser Art und einigen neuen Formen zu einem - Genus, welches er Amphoriscus nannte. | 1885 adoptirte ich (1885, p. 213) das Genus Amphoriscus im Sinne POLEJAEFF’S. Das Gleiche that 1887 VOosMAER (4887, p. 372). 41890 behielt ich (1890, p. 368) das Genus Amphoriscus im selben Sinne bei. Jetzt habe ich eine neue Diagnose für dasselbe aufgestellt, obwohl der Begriff so ziemlich der gleiche geblieben ist. Ich vereinige jetzt die 'Genera Anamixilla und Heteropegma Polejaeff (1883, p. 25, 27) mit Amphoriscus und scheide Syculmis Haeckel aus der Gattung aus. In der Adria ist dieses Genus durch zwei Arten vertreten. 286 R. v. Lendenfeld, 24, Amphoriscus eylindrus. (Taf. XI, Fig. 75.) 1872 wurde dieser Schwamm von HaAEckEL (1872, Bd. II, p. 254; Bd. III, Taf. XLIII) als Sycilla cylindrus beschrieben. 4883 nannte PoLEJAEFF (4883, p. 26) denselben Amphoriscus cylindrus. 41885 benutzte auch ich (4885b, p. 1403) diesen Namen. Auch hier behalte ich den PoLzsserr'schen Namen bei. Mir stand kein Material von diesem Schwamme aus der Adria zur Verfügung, wohl aber habe ich Gelegenheit gehabt australische Br dessel- ben zu untersuchen. Amphoriscus ceylindrus ist ein aufrechter und gerader, schlank cylindrischer Schwamm von 3—5 cm Länge und 4—7 mm Dicke. Das 2—3 mm weite terminale Osculum ist nackt. Die Oberfläche ist glatt. Das eylindrische Oscularrohr ist 2—3 mm weit, während die Dicke der Körperwand 1—1,2 mm beträgt. Die Gastralfläche ist dicht stachelig. Die Kammern sind 0,.2—0,3 mm weit, fast so lang als die Körperwand dick ist und an der Mündung etwas eingeschnürt. Nach den Angaben Harcxer’s (1872, Bd. II, p. 255) zu urtheilen hätte jede Kammer nur eine einzige Einströmungspore am Distalende. Die Abbildungen Hazcker’s (1872, Bd. III, Taf. XLII, Fig. 6) stimmen hiermit aber keines- wegs überein. Bei den von mir untersuchten australischen Exempla- ren dieses Schwammes führen zahlreiche kleine Poren in der kontinuir- lichen Dermalmembran in schmale, etwas unregelmäßige Kanäle hinein, welche zwischen den Kammern bis zur Gastralmembran hinabziehen. Zahlreiche kleine Kammerporen in den Seitenwänden der Kammern stellen die Verbindung zwischen dem Lumen der letzteren und jenen einführenden Kanälen her. Obwohl die Kammern stellenweise mit einander verwachsen, so ist doch die Behauptung Harcker’s (1872, Bd. II, p- 254), dass die Wände der benachbarten Kammern mit einander völlig verwachsen seien, ganz unrichtig. Die Dermalmembran oder Rinde ist ziemlich dünn und mit den Distalenden der Kammern fest verwachsen. Bemerkenswerth ist der Reichthum an Bindegewebszellen in der Dermalmembran. Die Kragen- zellenschicht, welche denselben Bau zu haben scheint wie bei Sycandra raphanus, reicht bis zur Kammermündung herab. Das Skelett (Taf. XI, Fig. 75) besteht ausschließlich aus Tetrac- tinen. Die Basalstrahlen der dermalen Tetractine, welche sich tan- gential in der Haut ausbreiten, sind sagittal differenzirt. Der Apical- strahl ist centripetal orientirt und endet nahe der Gastralmembran. Die Spongien der Adria. I. 287 Alle Strahlen sind an der Basis 0,024 mm dick. Die lateralen Basalstrahlen sind 0,3, der sagittale Basalstrahl ist 0,5 mm lang, wäh- rend der Apicalstrahl eine Länge von 0,8 mm erreicht. Die Basalstrahlen dieser Nadeln liegen in mehreren Schichten über einander. In der Gastralmembran finden sich zwei Arten von Tetractinen; die einen _ entsenden ihre Apicalstrahlen centripetal ins Gastrallumen hinein, die anderen centrifugal ins Parenchym. Die ersteren, gastralen Tetractine (Taf. XI, Fig. 75 d) haben 0,008-—-0,012 mm dicke Strahlen. Ihre tan- gential in der Gastralmembran ausgebreiteten Basalstrahlen sind sagit- tal differenzirt. Die lateralen Basalstrahlen sind 0,16, der sagittale Basalstrahl ist 0,24 mm lang. Der frei ins Gastrallumen hineinragende Apicalstrahl ist sehr kurz, bloß 0,06— 0,09 mm lang. Die etwas tiefer liegenden subgastralen Tetractine (Taf. XI, Fig. 75 c), deren Apical- strahlen centrifugal orientirt sind, haben 0,016 mm dicke Strahlen und ebenfalls sagittal differenzirte, tangential in der Gastralmembran aus- gebreitete Basalstrahlen. Die lateralen Basalstrahlen sind 0,2, der sagit- tale Basalstrahl ist 0,3 mm lang. Der Apicalstrahl hat eine Länge von 0,5—0,6 mm. Die Farbe des Schwammes ist grau. Amphoriscus eylindrus ist bisher nur an der Ostküste Australiens und in der Adria gefunden worden. Der adriatische Fundort ist Lesina. 25. Amphoriscus chrysalis. (Taf. XI, Fig. 69.) 1864 wurde dieser Schwamm von 0. Scaamipr (1864, p. 23, Taf. III) als Ute chrysalis beschrieben. 1872 gab HacckeEL (4872, Bd. II, p. 256; Bd. III, Taf. XLIIT) eine genauere Be- _ schreibung desselben und nannte ihn Sycilla chrysalis. 1883 führte PoLEJIAEFF (4883, p, 26) diesen Schwamm als Amphoriscus chry- - salis auf. 5 Ich behalte hier den Porzsarrr’schen Namen bei. Mein leider nicht gut konseryirtes Material dieses Schwammes stammte aus Lesina. Amphorisecus chrysalis ist ein eiförmiger oder cylindrischer "Schwamm, welcher meistens einem Stiele aufsitzt. Er erreicht eine ‚Länge von I—3 cm und eine Dicke von —-8 mm. Die Oberfläche ist glatt und das Osculum entbehrt der Krone. Die Körperwand ist I mm dick. Die Kammern sind 1 mm lang, 0,2—0,3 mm weit, und an der kreisrunden 0,7 mm weiten Mündung stark eingeschnürt. Das Oscular- rohr ist eiförmig. In der kontinuirlichen, ziemlich starken Dermal- membran finden sich zahlreiche kleine Foren. Diese führen in enge, 288 R. v. Lendenfeld, unregelmäßige Kanäle hinein, welche zwischen den Kammern bis zur Gastralmembran hinabziehen. Die kleinen, kreisrunden Kammerporen sind ziemlich gleichmäßig über die Seitenwände der Kammern zer- streut. Harcrer’s (1872, Bd. II, p. 257) Angaben über das Kanalsystem dieses Schwammes sind unrichtig. Besonders möchte ich darauf hin- weisen, dass die Kammern nicht durch kleine Poren in ihren Seiten- wänden mit einander kommuniciren. Haecktr (l. e.) giebt an, Veränderungen in der Größe der Kammer- poren direkt beobachtet zu haben. Mit der Kontraktion der Poren soll nach diesem Autor eine Auseinanderzerrung der Kragenzellen Hand in Hand gehen. Das Skelett (Taf. XI, Fig. 69) besteht ausschließlich aus tetractinen Nadeln. In der Gastralmembran liegen Tetractine mit centripetal orientirtem (in das Gastrallumen hineinragenden), und darunter solche mit centrifugal orientirtem (in den Kammerwänden verlaufendem) Api- calstrahl. In der Rinde liegen große Tetractine, deren centripetal orien- tirter Apicalstrahl die ganze Körperwand durchsetzt und mit der Spitze frei ins Gastrallumen hineinragt. Die Basalstrahlen sämmtlicher Tetrac- tine liegen tangential, während alle Apicalstrahlen radial (centripetal oder centrifugal) orientirt sind. Die dermalen Tetractine (Taf. XI, Fig. 69 db) haben 0,03—0,05 mm dicke Strahlen. Die Basalstrahlen sind nur in geringem Maße sagittal differenzirt. Die Lateralstrahlen sind 0,4—0,5 mm, der Sagittalstrahl ist 0),5—0,6 mm lang. Der Api- calstrahl hat eine Länge von 1,2—1,4 mm. Die subgastralen Tetractine mit centrifugalem Apicalstrahl (Taf. XI, Fig. 69 c) haben sagittal diffe- renzirte oder reguläre Basalstrahlen. Die Lateralstrahlen sind 0,2, der Sagittalstrahl ist 0,3, und der Apicalstrahl 0,4 mm lang. Alle Strahlen sind 0,008&—0,012 mm dick. Die Strahlen der gastralen Tetractine mit centripetal orientirtem Apicalstrahl (Taf. XI, Fig. 69 d) sind 0,01 bis 0,015 mm dick. Ihre Basalstrahlen sind sagittal, gerade oder schwach gekrümmt. Der Apicalstrahl ist meistens mit der Spitze oralwärts ge- bogen. Die Lateralstrahlen sind 0,1—0,15, der Sagittalstrahl ist 0,2 bis 0,3, und der Apicalstrahl 0,3—0,5, zuweilen sogar 0,8—1,2 mm lang. Die Farbe des Schwammes ist gelblich weiß oder braun. Amphoriscus chrysalis ist bisher nur in der Adria gefunden wor- den, und zwar bei Lesina und Lissa. Genus Ebnerella. Ampbhorisceinae mit rhabden und triactinen, oder rhabden und tetractinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. Ich stelle dieses neue Genus für Syeulmis synapta Haeckel (1872 Die Spongien der Adria. I. 289 Era II, p. 288), einen von Esner (1887a, p. 981) als Amphoriscus Buc- eichii beschriebenen Schwamm und eine neue Art auf, welche durch “ den Besitz der Rhabde von den Angehörigen des Genus Amphoriscus unterschieden sind. | ; In der Adria ist dieses Genus durch zwei Arten vertreten. 26. Ebnerella Buceichii. (Taf. XI, Fig. 72.) 4887 ist dieser Schwamm von EBner (4887a, p. 984) als Amphoriscus Buceichii beschrieben worden. Ich habe hier, wie erwähnt, ein neues Genus für denselben auf- _ gestellt und nenne ihn Ebnerella Buceichii. Mir stand kein Material - von diesem Schwamme zur Verfügung. a Das einzige bisher bekannt gewordene Exemplar ist schlauchför- - mig, 14 mm lang und 1,5—2,5 mm dick. Die Körperwand ist nirgends - über 0,4 mm dick. Die Oberfläche ist zerstreut kurzhaarig. Über den 3 feineren Bau ist nichts bekannt. | Das Skelett (Taf. XI, Fig. 72) besteht aus Rhabden, Triactinen und Tetraetinen. Die Rhabde (Taf. XI, Fig. 7% a) sind radial im Parenchym gelagert und ihre Distalenden ragen zum Theil frei über die äußere Oberfläche vor. Sie sind doppelspitzig, gerade oder leicht gekrümmt - 0,06—0,2 mm lang und 0,003—0,005 mm dick: Die Triactine (Taf. XI, - Fig. 72 c) sind sagittal. Ihre Lateralstrahlen liegen in der Tiefe der - Gastralmembran; ihr Sagittalstrahl erstreckt sich centrifugal und kommt - in die Kammerwände zu liegen. Die Strahlen der Triactine sind an - der Basis 0,006—0,007 mm dick. Die Lateralstrahlen sind 0,1—0,12, - der Sagittalstrahl ist 0,2—0,26 mm lang. Tetractine (Taf. XI, Fig. 72 b, d) findet man sowohl in der Haut _ wie in der Gastralmembran. Die Basalstrahlen aller Tetractine liegen - tangential. Die Apicalstrahlen sind stets radial, und zwar durchaus - centripetal orientirt. Die Basalstrahlen der gastralen Tetractine (Taf. XI, ‚Fig. 72 d) sind 0,007—0,04 mm dick und stark sagittal differenzirt. Die Lateralstrahlen sind 0,15—0,2, der Sagittalstrahl ist 0,3—0,4 mm ‚lang. Der seitlich etwas abgeplattete, oralwärts gekrümmte, frei ‚ins Gastrallumen hineinragende Apicalstrahl ist 0,1—0,15 mm lang, -0,006 mm breit und 0,04—0,012 mm hoch. Die dermalen Tetractine (Taf. XI, Fig. 72 db) haben 0,03—0,04 mm dicke Strahlen. Die Basal- ‚strahlen sind sagittal differenzirt. Die Lateralstrahlen sind 0,36 bis 0,42 mm lang. Der Sagittalstrahl hat eine Länge von 0,36—0,54 mm, und der Apicalstrahl von 0,3—0,42 mm. 290 R. v. Lendenfeld, Die Farbe des Schwammes ist weiß. Amphoriscus Buceichii ist bisher nur in der Adria gefunden wor- den, und zwar bei Lesina. 27. Ebnerella Gregorii. (Taf. XI, Fig. 66; Taf. XIV, Fig. 417—123.) Mein Material dieses neuen Schwammes stammte aus Lesina. In der Regel tritt Ebnerella Gregorii in der Form eines Busches leicht gewundener 2—7 cm langer Röhren auf, welche im basalen Theile 3—6 mm dick sind und sich gegen das terminale Osculum hin allmählich bis zu 1,5—2,5 mm verengen (Taf. XIV, Fig. 147). Die eigenthümliche Verkrümmung dieser Röhren verleiht dem Schwamme einen ganz eigenen Habitus, an welchem er sogleich zu erkennen ist. Bildlich lässt sich dies nicht gut darstellen. Die äußere Oberfläche ist vollkommen glatt, die Gastralfläche er- scheint kurzstachelig. Die Körperwand ist in halber Höhe der Röhren 0,5 mm dick, gegen das Osculum hin wird sie 2. AUnDER gegen die Basis hin dicker. Die dünne Dermalmembran wird von zahlreichen, ee ovalen 0,06—0,08 mm weiten Poren durchbrochen (Taf. XIV, Fig. 120 e). Ihre äußere Oberfläche wird von den gewöhnlichen ektodermalen Plattenzellen bekleidet. In der Zwischenschicht der Dermalmembran finden sich unregelmäßig kugelige, 0,005—0,007 mm große Zellen von starker Tinktionsfähigkeit, mit deutlichem Kern (Taf. XIV, Fig. 120 5), welche den oben beschriebenen, ähnlichen Elementen der Dermal- membran von Grantia capillosa homolog sein dürften. Auch von diesen Zellen der Ebnerella Gregorii halte ich es für nicht unmöglich, dass sie nervöser Natur seien; sie sind jedoch hier, bei Ebnerella, nicht so regelmäßig in Ringen um die Poren angeordnet wie bei Grantia. In der Dermalmembran breiten sich die Basalstrahlen der dermalen Tetrac- tine aus, und in derselben sitzen auch zahlreiche, sehr kleine Rhabde, welche senkrecht zur Oberfläche orientirt sind und mit ihren Distal- theilen frei über dieselbe hervorragen. Die Geißelkammern (Taf. XIV, Fig. 122) sind gerade, sackförmig, proximal, am Mundende eingeschnürt. Sie haben durchaus einen ziem- lich regelmäßig kreisrunden Querschnitt (Taf. XIV, Fig. 123 A, B C) und werden durch zarte Trabekel mit einander Terbundens Mustern wir eine Tangentialschnittserie, so erkennen wir, dass die Kammern unregelmäßig angeordnet und ungleich groß sind. Dicht unter der äußeren Oberfläche sind sie 0,1—0,15 mm weit (Taf. XIV, Die Spongien der Adria. I. 291 Fig. 123 A). Die größte Weite besitzen sie etwa 0,2 mm unter der _ äußeren Oberfläche (Taf. XIV, Fig. 123 B), wo ihr Querdurchmesser "4 0,12—0,18 mm beträgt. Dicht über der Gastralmembran sind die Wi Kammern 0,1—0,18 mm weit (Taf. XIV, Fig. 123 0). Die Einfuhrkanäle, oder besser gesagt die zwischen den Kammern ausgesparten Räume, _ nehmen von der Dermal- gegen die Gastralmembran stetig an Weite - ab und sind dicht über der letzteren recht eng, durchschnittlich bloß 0,04 mm weit. Die kreisrunde Kammermündung (Taf. XIV, Fig. 123 D) hat einen Durchmesser von 0,06—0,067 mm. Die regelmäßig ver- theilten, kreisrunden Kammerporen (Taf. XIV, Fig. 121, 122) halten in _ meinen Alkoholexemplaren 0,05 mm im Durchmesser und sind unge- - fähr eben so weit von einander entfernt. Die Gastralmembran ist 0,03 mm dick. : Die Kragenzellen, welche nach Hämatoxylin- und Eosintinktion > in der Flächenansicht sehr deutlich multipolar erscheinen (Taf. XIV, \ Fig. 121), sind etwa 0,005mm breit. Die Grenze der Kragenzellenschicht - fim Kammerhals) ist eine sehr scharfe (Taf. XIV, Fig. 118). ; In halber Höhe der Körperwand finden sich bei den trächtigen - Exemplaren ovale, 0,05 mm große Embryonen (Taf. XIV, Fig. 123 B). © Das Skelett (Taf. XI, Fig. 66; Taf. XIV, Fig. 119, 122, 123D) be- 2 steht aus Rhabden, Triactinen und Tetractinen. Die Rhahde (Taf. X!, 4 Fig. 66; Taf. XIV, Fig. 119) sind auf die Dermalmembran, aus welcher k sie mit ihrem Distaltheil senkrecht hervorragen, beschränkt. Sie sind ” doppelspitzig, 0,025—0,04 mm lang und in der Mitte 0,0012 mm dick. - Triaetine (Taf. XI, Fig. 66c; Taf. XIV, Fig. 119c, 123D) finden sich im _ proximalen Theile des Parenchyms und in der Gastralmembran. Die _ parenchymalen subgastralen Triactine (Taf. XI, Fig. 66c; Taf. XIV, Fig. 119c)sind sagittal. Ihre Lateralstrahlen breiten sich tangential in der “ Gastralmembran, dicht über den gastralen Triactinen aus. Ihre Sagittal- strahlen liegen radial und centrifugal in den Kammerwänden. Die ' Lateralstrahlen schließen einen Winkel von etwa 155° ein, sie sind ” gegen den Sagittalstrahl konkav, 0,2 mm lang und an derBasis 0,016 mm dick. Der gerade, konische Sagittalstrahl hat die gleiche basale Dicke wie die Lateralstrahlen und ist 0,22—0,26 mm lang. Die gastralen "Triactine (Taf. XIV, Fig. 123 D) breiten sich tangential in der Gastral- 'membran aus und liegen zwischen den Basalstrahlen der gastralen Tetractine und den Lateralstrahlen der subgastralen Triactine. Sie sind ‚theils regulär, theils in geringem Maße sagittal differenzirt, mit längerem ‚Sagittalstrahl. Ihre Strahlen sind gerade, konisch 0,2—0,26 mm lang und an der Basis 0,012 mm dick. Tetractine (Taf. XI, Fig. 66 5, d; ‚Taf. XIV, Fig. 1195, d, 123D) finden sich in der Gastral- und Dermal- 292 R. v. Lendenfeld, membran. Die gastralen Tetraetine (Taf. XI, Fig. 66d; Taf. XIV, Fig.119d,123D) breiten ihre Basalstrahlen tangential in der Gastralmem- bran aus, während ihr Apicalstrahl centripetal frei ins Oscularrohr- lumen hineinragt. Die Basalstrahlen sind nur im geringen Maße sagittal differenzirt und gleichen den Strahlen der gastralen Triactine voll- kommen. Der Apicalstrahl ist konisch, oralwärts gekrümmt, 0,055 mm lang und an der Basis 0,042 mm dick. Die dermalen Tetractine (Taf. XI, Fig. 665; Taf. XIV, Fig. 1195) breiten ihre Basalstrahlen tangential in der Dermalmembran aus, während der radial und centripetal orien- tirte Apicalstrahl in einer Kammerwand verläuft und meistens die Gastralmembran durchbohrend frei ins Oseularrohrlumen hineinragt. Die Basalstrahlen sind nur in geringem Maße sagittal differenzirt. Der Sagittalstrahl ist 0,—0,45 mm, die Lateralstrahlen sind 0,35 —0,4 mm lang. Der Winkel zwischen den Lateralstrahlen beträgt etwa 140°. Der meist gerade, nur selten an der Stelle, wo er die Gastralmembran durch- setzt, etwas geknickte, proximal mehr cylindrische, distal konische Apicalstrahl ist 0,48—0,52 mm lang. Alle Strahlen sind an der Basis 0,02—0,026 mm dick. Die Farbe des Schwammes ist hell kaffeebraun. Ebnerella Gregorii ist bisher bloß in der Adria gefunden worden, und zwar bei Lesina. Genus Sycyssa. Amphoriseinae mit ausschließlich rhabden Nadeln. 1872 wurde dieses Genus von HaEckEL (1872, Bd. II, p. 259) aufgestellt. Möglicherweise gehört auch der von O. Scaamipt (4868, p. 23) als Ute viridis be- schriebene Schwamm hierber. Ich glaube, dass dieses eigenthümliche Genus am besten bei den Amphoriscinae unterzubringen ist. Ich behalte dasselbe hier im Sinne Harcker’s unverändert bei. In der Adria findet sich eine Syeyssa-Art. 28. Sycyssa Huxleyi. (Taf. XI, Fig. 68.) 4872 beschrieb HaEckEL (1872, Bd. II, p. 260; Bd. III, Taf. XLIV) diesen Schwamm als Sycyssa Huxleyi. 1876 führt ihn KELLER (1876, p. 49) ebenfalls unter dem Namen Sycyssa Hux- leyi auf. Ich behalte diesen Namen bei. Mir stand kein Material vonSyeyssa Huxleyi zur Verfügung. 3 ® ;E 33 Wi . ei E Na I a #. 3 Die Spongien der Adria. 1. 293 Die wenigen bisher gefundenen Exemplare dieser Art sind eiförmig ‚und erreichen eine Länge von 8 und einen Querdurchmesser von 6 mm. Das Osculum wird von einer doppelten Oscularkrone umgeben. Die - Oberfläche des Schwammes erscheint wegen der massenhaften, senk- recht aufragenden Rhabde zottig stachlig. Die Gastralhöhle ist eiförmig _ und die Körperwand 0,7 mm dick. In der Gastralmembran verlaufen in gleichen Abständen longitudinale Rhabdenbündel, welche der Wand des Oscularrohres ein längsstreifiges Aussehen verleihen. Die Kammer- mündungen sind ebenfalls in longitudinalen Reihen angeordnet und zwar findet sich eine Reihe von Kammerporen in jedem der Intervalle zwischen den longitudinalen Nadelbündeln. Die Kammern sind 0,3 mm - breit, gerade, prismatisch, mit unregelmäßig polyedrischem Querschnitt und erstrecken sich von der Gastralmembran bis zu der dünnen, ” äußeren Rinde. In der glatten Oberfläche finden sich zahlreiche, kleine - Einströmungsporen. Interkanäle sollen nach Harcker ganz fehlen. Demnach würden die zahlreichen Poren in der Haut niehts Anderes als die auf die distalen Endflächen der Kammern beschränkten Kammer- poren sein; und in den Seitenwänden der Kammern gäbe es keine Poren. Über den feineren Bau dieses Schwammes ist nichts bekannt. HazckeıL (1872, Bd. I, p. 151, 1452) giebt an, Spermaballen beobachtet zu haben. Das Skelett (Taf. XI, Fig. 68) besteht ausschließlich aus Rhabden. In der Gastralmembran liegen zwei Schichten verschiedener Rhabde. - Die innere, gastrale Schicht besteht aus unregelmäßig gelagerten, ver- - filzten Bündeln von eylindrischen, doppelspitzigen, geraden oder leicht -_ gekrümmten 0,2—0,4 mm langen, 0,002—-0,004 mm dicken Rhabden (Taf. XI, Fig. 68 d’). Die äußere (subgastrale) Schicht wird durch die oben erwähnten Longitudinalbündel von großen Rhabden gebildet. _ Diese Rhabde (Taf. XI, Fig. 68d) sind ganz gerade, doppelspitzig, 1 bis - ömm lang und 0,03—0,08 mm dick. Die Rhabde der Oscularkrone sind - ‚stricknadelförmig, I—2 mm lang und 0,0041 — 0,002 mm dick. Ein- - gepflanzt in die Körperwand sind gerade, doppelspitzige Rhabde (Taf. XI, $ Fig. 68a) von 2—3 mm Länge und 0,07 mm Dicke. Die Proximal- _ enden dieser, streng radial orientirten Nadeln liegen in den Kammer- { wänden, mit dem größeren Theile ihrer Länge ragen sie frei über die F Oberfläche vor. Diese Nadeln reichen bis zur Gastralmembran hinab. - In der wohlausgebildeten Rinde beobachtet man einen dichten Filz ver- i worrener, tangential gelagerter, 0,1— 0,3 mm langer und 0,002 bis - 0,005 mm dicker Rhabde (Taf. XI, Fig. 68a’). Eingepflanzt in diesen Dermalfilz sind eylindrische, etwas verkrümmte, 0,—0,6 mm lange und ö 0,002—0,004 mm dicke Nadeln (Taf. XI, Fig. 68a’), welche senkrecht 294 R. v. Lendenfeld, frei über die Oberfläche vorragen und so nahe beisammen A dass sie einen dichten Pelz bilden. Hazcker (1872, Bd. II, p. 261; Bd. III, Taf. 44) hat in diesem Schwamm Embryonen beobachtet. Er sagt: »Die Radialtuben enthielten bei der einen Person zahlreiche, in Furchung begriffene Eier, bei der anderen Person eine Menge von Embryonen. Die Furchung der Eier war bei den meisten regelmäßig, bei einigen aber auffallend unregel- mäßig. Die Embryonen waren quer-ellipsoid, 0,09 mm breit, 0,07 mm lang, mit einer Magenhöhle. « Die Farbe des Schwammes ist grau. Syeyssa Huxleyi ist bisher bloß in der Adria gefunden worden und zwar in beträchtlicher Tiefe bei Lesina. Familia Sylleibidae. Heterocoela mit langgestreckt sackförmigen Geißelkammern, wel- che nicht direkt in das Oscularrohr einmünden, sondern durch ab- führende Kanäle mit demselben in Verbindung stehen. 1885 wurde diese Familie von mir (4885a, p. 243) für einige von POLEJAEFF (1883) als Leucetta- und Leucilla-Arten beschriebene Spongien und einen neuen australischen Kalkschwamm aufgestellt. In meinen DAL Publikationen behielt ich dieselbe unverändert bei. Das Gleiche thue ich hier. 1885 theilte ich (1885a, p. 213) die Sylleibidae in zwei Subfamilien: Vosmae- rinae (mit einem Netz enger Abfuhrkanäle) und Polejnae (mit weiten einfachen Ab- fuhrkanälen) mit je einer Gattung (Vosmaeria, Polejna). 41890 behielt ich (1890, p. 369) diese Eintheilung bei. Jetzt gebe ich diese Eintheilung in Subfamilien auf und ändere die Gattungsdiagnosen dahin, dass Polejna für Sylleibiden mit Triac- tinen oder Tetractinen oder beiden, Vosmaeria aber für Sylleibiden mit. Rhabden und Triactinen, Rhabden und Tetractinen, oder Rhabden, Triactinen und Tetractinen steht. In der Adria sind beide Gattungen vertreten. Genus Polejna. Sylleibidae mit triactinen oder tetractinen Nadeln, oder beiden. 1885 wurde das Genus Polejna von mir (1885), allerdings mit anderer Dia- gnose, für hierher gehörige Spongien aufgestellt. 1890 behielt ich (1890) dieses Genus unverändert bei, Die Spongien der Adria. I. 295 ö Jetzt vereinige ich alle jene Sylleibiden in dem Genus Polejna, denen Rhabde fehlen. J In der Adria findet sich eine Art des Genus Polejna. 29. Polejna telum. Mein Material dieses neuen Schwammes stammte aus Lesina. = Dieser Schwamm tritt in Gestalt cylindrischer, gegen das Osculum 5 hin etwas verengter Röhren von 3—5 cm Länge und 3—5 mm Breite ; auf. Die äußere Oberfläche ist völlig kontinuirlich und ganz glatt, sie _ erscheint wegen der großen tangential gelagerten, dermalen Triactine etwas glänzend. Die Röhrenwand ist in der Mitte des Schwammes un- | gefähr 1 mm diek und gegen das Osculum hin etwas verdünnt. h: Die Dermalmembran wird von zahlreichen kreisrunden Einströ- mungsporen durchbrochen, deren Durchmesser 0,05—0,15 mm und - darüber beträgt. | a In der Gastralmembran liegen kreisrunde oder ovale Öffnungen von 0,2—0,3 mm Durchmesser, deren Mittelpunkte durchschnittlich 0,k mm von einander entfernt sind. Bei kleinen Exemplaren sind diese Öffnungen kleiner und näher beisammen als bei größeren. Jedes die- - ser Löcher ist die Mündung eines niedrigen breiten Sackes {vgl. die Figur -p. 296), eines ausführenden Kanales, in welchen die langgestreckten, unregelmäßig sackförmigen Geißelkammern einmünden. Diese sind nahe dem aboralen Ende 0,15—0,2 mm weit. Gegen die kreisrunde, 0,065 mm weite Kammermündung verschmälern sie sich allmählich. Ihre i - Länge beträgt 0,3—0,5 mm. Die Kammerporen sind zahlreich, kreis- rund, und 0,01—0,013 mm weit (in Alkoholmaterial). Der Raum zwi- schen den, den ausführenden Kanälen aufsitzenden Kammergruppen und der Dermalmembran ist, wie bei Vosmaeria corticata lakunös und wird von zarten Trabekeln und Membranen durchzogen. 4 Das Skelett besteht aus Triactinen und Tetractinen. Die ersteren sind theils.dermal, theilsparenchymal, theils subgastral. Die Tetractinesindauf die Gastralfläche beschränkt. Die dermalen Triactine liegen tangential und bilden ein ziemlich resistentes Geflecht in der Dermalmembran. Sie sind annähernd regulär und haben leicht verkrümmte 0,9—1,1 mm lange, nicht scharf zugespitzte, an der Basis 0,067 mm dicke Strahlen. Die parenchymalen Triactine sind unregelmäßig gelagert, annähernd ; regulär und von sehr verschiedener Größe, aber stets viel kleiner als die dermalen. Sie dürften wohl Jugendstadien der letzteren sein. Ihre "Strahlen sind stets ungefähr zehnmal so lang als dick. Sehr eigen- thümlich gestaltet sind die subgastralen Triactine. Sie sind sagittal. Die Lateralstrahlen schließen mit dem Sagittalstrahl Winkel von 90 bis 296 R. v. Lendenfeld, 100° ein. Die ersteren liegen tangential der Gastralfläche parallel, der letztere ist radial orientirt und erstreckt sich, die Röhrenwand quer durchsetzend, bis zur Dermalmembran. Bemerkenswerth ist es nun, dass die drei Strahlen keineswegs in einer Ebene liegen, sondern dass die auf den Sagittalstrahl nahezu senkrechten Lateralstrahlen mit ein- Polejna telum. Querschnitt senkrecht zur Oberfläche. X 80. ander nicht einen Winkel von 180, sondern einen solchen von 145 bis 155° einschließen. Der Sagittalstrahl ist gerade 0,7—0,9 mm lang und an der Basis 0,02 mm dick. Die Lateralstrahlen sind etwas gekrümmt, besonders an der Basis gegen den Sagittalstrahl konkav, etwa 0,4 mm lang und an der Basis 0,03 mm dick. Die gastralen Tetractine sind sa- gittal. Alle ihre Strahlen sind an der Basis 0,02 mm dick. Die Basal- strahlen sind gerade, der Apicalstrahl ist oralwärts gekrümmt. Die La- teralstrahlen sind 0,27 mm, der Sagittalstrahl ist 0,5 mm und der Api- calstrahl ist 0,1 mm lang. Die Farbe des Schwammes ist schmutzig weiß. Polejna telum ist bisher nur in der Adria gefunden worden, und zwar bei Lesina. i f Die Spongien der Adria. I. 997 Genus Vosmaeria. h Sylleibidae mit rhabden und triactinen oder rhabden und tetrac- 3 - tinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. 1885 stellte ich (1885b, p. 1444) das Genus Vosmaeria für Leucetta imper- 4 fecta und Leucetta vera’Polejaeff (1883, p. 67, 68) und einer neuen Art auf. 4890 behielt ich (1890, p. 369) die Gattung im gleichen Sinne bei, | In Anwendung des Gattungs-Eintheilungsprineipes nach der - Nadelform habe ich auch die Diagnose dieses Genus geändert, in wel- chem jetzt nur die eine, von mir beschriebene australische Art (Vos- maeria gracilis) und die neue, unten zu beschreibende adriatische - Species (Vosmaeria corticata) enthalten sind. In der Adria ist dieses _ Genus durch eine Art vertreten. 30. Vosmaeria corticata. (Taf. XI, Fig. 77; Taf. XV, Fig. 124—4129.) Mein Material dieses neuen Schwammes stammte aus Lesina. Vosmaeria corticata ist ein aufrechter, mit breiter Basis festsitzen- R der Schwamm, der eine Höhe von 2 cm und darüber erreicht. Der "Querschnitt ist in jeder Höhe annähernd kreisförmig. Der Schwamm ist 8—12 mm dick. Der größte Querdurchmesser liegt im oberen Dritt- theil. Das terminale Osculum ist 2—3 mm weit. Es wird von einer, kaum 0,5 mm hohen, einfachen Oscularkrone umgeben (Taf. XV, Fig. 124). | Mit bloßem Auge oder mit schwacher Vergrößerung betrachtet, erscheint die Oberfläche vollkommen glatt. Mit stärkeren Vergröße- "rungen erkennt man jedoch, dass zahlreiche, kleine, lanzenförmige Rhabde 0,04 mm weit über dieselbe vorragen (Taf. XV, Fig. 124, 126). "Das kurze Oscularrohr reicht nicht über die Längenmitte des Schwam- ‚mes hinab. Es ist eylindrisch, eben so breit, wie das Osculum und unten ai omförmig abgerundet. Halbirt man den Schwamm der Länge nach (Taf. XV, Fig. 124), so sieht man zahlreiche, einfache oder wenig ver- aweigte Kanäle von beträchtlicher Weite in das Oseularrohr einmünden. "Die Weite des proximalen, senkrecht zur Oscularrohrwand orientirten Theils dieser Kanäle steht im Verhältnis zu ihrer Länge und nimmt dem entsprechend von unten gegen das Osculum hin ab. Die kreis- "runden, scharf abgesetzten Einmündungen dieser Kanäle ins Oscular- | 5 ohr sind unten — im Fundus — bei 0,5 mm, oben in der Nähe des -Osculums bloß 0,1 mm weit. Eben so wie die Größe nimmt auch die iY ahl dieser Miäühgen von unten nach oben ab. Während sie sich im Zeitschrift f, wissensch. Zoologie, LIII. Bd. FAN) 2983 R. v. Lendenfeld, Fundus fast berühren, sind sie oben 4 mm von einander entfernt. Diese Ausfuhrkanäle beginnen mit abgerundeten, 0,08—0,1 mm weiten Enden, 0,5 mm unter der äußeren Oberfläche. Nach innen werden sie allmählich breiter und vereinigen sich öfter paarweise, oder auch zu dreien. Die kleineren und kürzeren Ausfuhrkanäle im oberen Theile des Schwammes sind meist einfach, die längeren in der Mitte und im Basaltheile aber größtentheils dicho- oder trichotomisch verzweigt. Die Zweige dieser Kanäle schließen spitze Winkel mit einander ein. Die Kanäle sind derart angeordnet, dass ungefähr 0,7 mm breite Räume zwischen ihnen bleiben. Die Oberfläche der Distaltheile dieser Kanäle ist glatt. Die dickeren Kanalstämme in der Nähe des Oscularrohres aber zeigen sehr deutliche, ringförmige, scharfkantige Einschnürungen, welche um so kräftiger hervortreten, je weiter die Kanäle sind. Diesen ausführenden Kanälen sitzen die, etwas unregelmäßig gestalteten, gestreckt sackförmigen Geißelkammern auf (Taf. XV, Fig. 124, 126). Dieselben sind niemals lappig oder verzweigt. Ihre kreisrunde Mündung ist 0,024 mm weit. Diese Mündungen sind in den Kanaloberflächen ungefähr eben so weit von einander entfernt, als sie groß sind, so dass die Kanalwand ein regelmäßig siebförmiges Aus- sehen gewinnt. Die Kammern sind 0,18—0,21 mm lang und ihr Distal- theil ist meist nahezu doppelt so weit als der Halstheil zunächst der Kammermündung. Nur selten liegt der weiteste Theil der Kammern in der Mitte. Das distale Ende ist stets abgerundet. Die größte Weite beträgt 0,056—0,072 mm (Taf. XV, Fig. 126). Der Halstheil der Kam- mer ist meist annähernd senkrecht zur Kanalwand orientirt, der distale Theil aber mehr oder weniger gegen die Oberfläche hin gezogen, so dass die Verbindungslinie der Kammerpole schief gegen den ausführen- den Kanal zu liegen kommt, indem sie gegen das distale Ende desselben hin geneigt ist. In Alkoholmaterial sind stets zahlreiche Kammerporen weit offen. Diese Poren sind annähernd kreisrund, 0,008 0,024 mm weit und ziemlich gleichmäßig über die Kammeroberfläche zerstreut. Nur der Hals der Kammern bleibt stets frei von Poren. Jede Kammer besitzt 20—30 solche Poren (Taf. XV, Fig. 126). Besonders bemerkenswerth ist es nun, dass Vosmaeria corticata keine eigentlichen einführenden Kanäle besitzt. Eine 0,1 mm dicke | Haut, welche durch eingelagerte, große Rhabde zu einem ziemlich festen Panzer versteift ist, zieht über den ganzen Schwamm hinweg. Diese Dermalmembran wird von zahlreichen, senkrecht oder schief- gestellten, ungefähr 0,024 mm weiten Porenkanälchen durchbrochen, welche von den eben so weiten Hautporen hinabführen in die großen Subdermalräume, welche sich unter der Haut ausbreiten. Die Sub- Die Spongien der Adria, 1. 299 dermalräume reichen bis zu den Wänden der ausführenden Kanäle und des Oscularrohres herab und in diese Räume ragen die sackförmigen Geißelkammern frei hinein. Die Dermalmembran wird durch Trabekel mit den äußersten Kammern verbunden und ist am Oscularrande mit der Gastralmembran verwachsen. Von den genannten Anheftungen _ abgesehen, steht sie in keiner Verbindung mit dem Inneren des Schwammes. Hier und da werden nahe beisammen liegende Kammern, - die in verschiedene, benachbarte Kanäle einmünden, durch kurze und dünne Trabekel verbunden. Abgesehen hiervon, sind die Subdermal- _ räume leer. | Abgesehen von der oben beschriebenen Polejna telum ist bei keinem _ anderen Kalkschwamm ein derartiges Kanalsystem nachgewiesen wor- 4 den, gleichwohl dürfte bei manchen, bis nun noch nicht hinreichend genau untersuchten, zu den Leuconiden gestellten Formen ein solches "vorhanden sein. Auffallend ist die Ähnlichkeit des Kanalsystems von _ Vosmaeria corticata mit dem Kanalsystem der Hexactinelliden. Bei einem Exemplare fand ich in der Gastralmembran zahlreiche Eizellen, welche sich durch die Feinkörnigkeit ihres Plasmas auszeich- “ neten (Taf. XV, Fig. 128). Bemerkenswerth scheint es mir, dass die - Eizellen bloß in der Gastralmembran vorkommen und überall sonst - vollkommen fehlen. | Betrachtet man die Wand einer Geißelkammer mit starker Ver- größerung von der Innenseite, so erkennt man (Taf. XV, Fig. 129), dass - die Kragenzellen gerade so wie bei Ascetta primordialis einen unregel- _ mäßig polygonalen Grundriss haben, sich an der Basis in einen oder in “mehrere tangential verlaufende Zipfel ausziehen und durch diese Fort- | sätze theils mit einander und theils mit Fäden in Verbindung stehen, welche in der hyalinen Füllsubstanz zwischen den Kragenzellen ver- "laufen. Die Dicke der Kragenzellen beträgt in Alkoholpräparaten 0,003 mm. 3 Das Skelett (Taf. XI, Fig. 77; Taf. XV, Fig. 124—127) besteht aus "Rhabden, Triactinen und Tetractinen. Die Rhabde sind zweierlei Art: ‚große, doppelspitzige Cylinder und kleine, gebogene Lanzen. Die ersteren finden sich tangential und en chnal gelagert in der Dermal- "membran und in der Oscularkrone, und zerstreut im Parenchym. Die kleinen Lanzen sind auf die äußere Oberfläche des Schwammes be- | schränkt. Die großen Rhabde (Taf. XI, Fig. 775; Taf. XV, Fig. 124, 126,127 a a) sind gerade oder leicht gekrümmt, doppelspitzig, 1,6 mm j 3 ang und 0,056 mm dick. Im Parenchym sowohl, als in der äußersten "Rindenlage und in der Oscularkrone habe ich nur vollkommen aus- | gebildete Rhabde dieser Art gesehen, dagegen fand ich in der unteren 20* 300 R. v. Lendenfeld, Schicht des Dermalpanzers stets zahlreiche Jugendstadien dieser Nadeln (Taf, XV, Fig. 126). Die kleinen Rhabde (Taf. XI, Fig. 77a; Taf. XV, Fig. 125, 126) sind leicht gekrümmt, 0,07—0,1 mm lang und schön lanzenförmig. Diese Nadeln sind kaum 0,004 mm dick. Der Lanzenkopf hat eine Dicke von 0,003 mm. Diese kleinen Lanzen stecken mit dem Ende ihres Schaftes in der Dermalmembran und ragen mit zwei Dritttheilen ihrer Länge oder mehr, senkrecht frei über die Oberfläche vor. Triactine (Taf. XI, Fig. 77 c; Taf. XV, Fig. 1275, c, d, e) finden sich in allen Theilen des Schwammes. Die dermalen Triactine sind regulär, und unregelmäßig zwischen den großen Rhabden des Dermalpanzers zerstreut. Die parenchymalen Triactine sind sagittal und derart ange- ordnet, dass die Lateralstrahlen sich dem Oscularrohr oder einem nahe- liegenden Ausführungskanal zuwenden. Die parenchymalen Triactine lassen eine ähnliche Zunahme der sagittalen Differenzirung von außen nach innen erkennen, wie sie bei den Syconen mit gegliedertem Tubar- skelett vorzukommen pflegt. Die Lateralstrahlen der dem Oscularrohr zunächst liegenden parenchymalen Triactine schließen einen Winkel von nahezu 180° ein. Nach außen hin nimmt dieser Winkel bis zu 120° ab. Die tangential gelagerten gastralen Triactine sind größtentheils regulär. Einige von ihnen erscheinen mehr oder weniger sagittal differenzirt. Alle Triactine haben so ziemlich die gleiche Größe. Die Strahlen sind 0,14—0,18 mm lang, gerade, konisch, nicht sehr scharfspitzig und an der Basis 0,0412 mm dick. Die Tetractine (Taf. XI, Fig. 77d; Taf. XV, Fig.124, 127 f, g) sind auf die Gastralmembran beschränkt. Ihre Basalstrahlen gleichen den Strahlen der gastralen Triactine. Der Apicalstrahl ist im mittleren und distalen Theile schwertförmig seitlich zusammengedrückt, scharfspitzig, oralwärts gekrümmt, 0,3 mm lang und an der Basis 0,008 mm dick. Die größte Breite des schwertförmigen Endtheiles be- trägt 0,02, die größte Dicke desselben 0,006 mm. Die Farbe des Schwammes ist ein schmutziges Weiß. Vosmaeria corticata ist bisher nur in der Adria gefunden worden und zwar bei Lesina. FamiliaLeuconidae. Heterocoela mit kugligen oder eiförmigen Geißelkammern und ver- zweigten Kanälen. 1872 hat HAEcKEL (1872, Bd. II, p. 443) für die Kalkschwämme mit verzweig- tem Kanalsystem die Familie Leucones aufgestellt. 1883 wurde dieselbe unter dem Namen Leuconidae von PoLEJAEFF (1883, p. 22) unverändert beibehalten. Die Spongien der Adria. 1. Ä 301 { 1885 schied ich (1885a, p. 244) die Formen mit sackförmigen Kammern aus derselben und behielt den Namen Leuconidae für die Formen mit kugeligen oder kurz ovalen Kammern bei. “ 1887 behielt VosmAER (1887, p. 373) die Familie Leuconidae im ursprünglichen Haecker’schen Sinne bei. 1 1890 führte ich (1890, p. 369) sie in dem beschränkteren Sinne von 1885 wie- der auf. & Auch hier behalte ich sie in diesem Sinne bei, verleibe ihr jedoch - die Teichoniden-Gattung Eilhardia (PoLzJaerr 1883), welche ich mit Leu- candra vereinige, ein. g: 41872 theilte HAEckEL (4872, Bd. II, p. 445) die Familie Leucones, je nach der Form der vorkommenden Nadeln, in die sieben Genera Leucetta (mit Triactinen), Leueilla (mit Tetractinen), Leucyssa (mit Rhabden), Leucaltis (mit Triactinen und Tetractinen), Leucortis (mit Triactinen und Rhabden), Leuculmis (mit Tetractinen und Rhabden) und Leucandra (mit Triactinen, Tetractinen und Rhabden). Hierbei _ nahm er gar keine Rücksicht auf die Dune der Nadeln und die Gestalt des _ Kanalsystems. 1883 gab POoLEJAEFF (4883) ein neues Leuconiden-System. Er vereinigte die n bekannten Arten größtentheils zu einer Gattung: Leuconia Grant (1864) und stellte, i abgesehen von der obenerwähnten Eilhardia, für einige alte und mehrere neue : Formen die Genera Leucilla (non Leucilla Haeckel!), Leucetta (non Leucetta Haeckel!) und Pericharax auf. 4885 theilte ich (1885 a, p. 244) die Leuconidae nach Ausschluss der Formen £ mit sackförmigen Kammern in die sieben Gattungen HAECKEL’S. Bi. 1887 adoptirte VosmAEr (4887, p. 373, 374) das System POLEJAEFF’S, Setzte aber an Stelle des Genusnamens Leuconia den Namen Leucandra. (4 41890 hielt ich (4890, p. 369, 370) an der Eintheilung Harcker’s fest und löste - sämmtliche Leuconiden-Gattungen PoLEJAEFF'S auf. Leucilla (im Sinne PoLEJAEFF’sS) - stellte ich zu den Sylleibiden, eben so einen Theil von Leucetta (im Sinne PoL£JAErFF’s). _ Leucetta Haeckeliana (PoLEJAEFF) und das PoLEJAEFF’sche Genus Pericharax stellte 2 ich zur Gattung Leucaltis. b, Br* Hier halte ich an dieser Auflösung der PoL£Jarrr’schen Genera fest und verleibe jetzt auch noch die Teichoniden-Gattung Eilhardia (Porr- Jarrr) dem Genus Leucandra ein. Daich jetzt dem Unterschied zwischen den triaetinen und tetractinen Nadeln keinen generellen Werth mehr beilege, so schmelzen die sieben früher von mir anerkannten Leuco- niden-Gattungen Hazczer’s zu drei zusammen. Leucetia + Leucilla + Leucaltis (Hazerer) + Leucetta (PoLzsarrr) pars + Pericharax (Poır- | - JErF) — Leucetta (mit triactinen oder tetractinen oder triactinen und tetractinen Nadeln); Leucyssa (Harcrer) — Leueyssa (mit Rhabden) und Leucortis + Leuculmis + Leucandra (Harerer) + Eilhardia (Porzsarrr) = Leucandra (mit rhabden und triactinen, rhabden und tetractinen, oder rhabden, triactinen und tetractinen Nadeln). Ich muss bemerken, 302 R. v. Lendenfeld, dass diese Eintheilung der Leuconiden nur eine vorläufige sein kann. Obwohl unsere Kenntnis vom Bau der Leuconiden nicht hinreicht, um die Eigenthümlichkeiten des Kanalsystems und der Anordnung der Nadeln systematisch verwerthen zu können, so wissen wir doch so viel, dass bedeutende Unterschiede in diesen Punkten bestehen, Unter- schiede, welche, wenn man einmal im Stande sein wird, sie gehörig systematisch zu verwerthen, die Aufstellung neuer Gattungen, vielleicht sogar Subfamilien und Familien nothwendig machen werden. So be- sitzt Leucandra aspera (nach Vomsaer) ovale Kammern, während bei allen anderen darauf hin untersuchten Leuconen die Kammern kuglig sind. Bei Leucetta corticata (nach Harcker) und Leucandra multiformis (nach PoLzJaerr) finden sich Geißelkammern auch im oberflächlichen Theil des Schwammes und ihnen fehlt eine differente Rindenlage. Bei den meisten Leuconiden ist eine solche vorhanden. Bei Leucandra Schulzei (nach PoLzsaerr) und Leucetta Haeckeliana (nach PoLEJAFFF), sowie in geringerem Maße auch bei Leucandra maeandrina (nach LENDENFELD) findet sich eine geißelkammerfreie, von zahlreichen Kanälen durchsetzte Rindenlage. Große subdermale Lakunen finden sich bei Pericharax (nach PoL£sarrr) und bei Leucandra cucumis (nach HaEcker). In Bezug auf die Anordnung der Nadeln wäre zu bemerken, dass diese im Inneren des Schwammes meist regellos zerstreut sind. Bemerkens- werth ist es, dass einige Leuconiden, wie z. B. Leucetta amphora (nach HaEckeL) ein amphoriscusartiges Skelett besitzen. Bei Leucandra cucu- mis (nach Harcker) besteht das Skelett der tieferen Partien aus zer- streuten Nadeln, während die oberflächliche Schicht ein Amphoriscus- skelett besitzt. Obwohl ich den hohen systematischen Werth aller dieser Eigen- thümlichkeiten anerkenne, so wage ich doch nicht auf das spärliche, hierfür zur Verfügung stehende Beobachtungsmaterial hin, ein neues Leuconiden-System, in welchem die Nadelform nicht allein berück- sichtigt wird, an dieser Stelle zu proponiren. In der Adria sind die Genera Leucetta und Leucandra vertreten. Genus Leucetta. Leuconidae mit triactinen, oder tetractinen Nadeln, oder beiden. 1872 stellte HAEckEL für die Leuconiden mit ausschließlich triactinen Nadeln das Genus Leucetta (4872, Bd. II, p. 146), für die Leuconiden mit ausschließlich tetractinen Nadeln das Genus Leucilla (4872, Bd. II, p. 432) und für die Leuconi- den mit triactinen und tetractinen Nadeln das Genus Leucaltis (4872, Bd. II, p. 142) auf. 1883 vereinigte POLEJAEFF (1883, p. 28, 29, 69) viele zur Gattung Leucelta in Die Spongien der Adria. I. 303 meinem Sinne gehörigen Formen mit anderen Leuconiden zu einem Genus: Leu- conia und beschrieb ein neues Genus: Pericharax und eine neue Art als Leucetta. Pericharax sowohl als die erwähnte Leucetta-Art (Leucetta Haeckeliana) vereinige ich mit Leucetta. i 1885 behielt ich (1885a, p. 214) die drei Gattungen Leucetta, Leucilla und Leucaltis Haeckel getrennt bei. | 1887 adoptirte VosMAER (1887, p. 373) das PoLEIAEFF’sche System. 1890 hielt ich (4890, p. 370) an meinen Anschauungen von 4885 fest. Da ich jetzt dem Unterschied zwischen den triactinen und tetrac- - _tinen Nadeln keinen generellen Werth mehr beimesse, so vereinige ich die drei von HarckeL aufgestellten, und von mir früher anerkannten Genera Leucetta, Leucilla und Leucaltis zu einem Genus, welches ich \ Leucetta nenne. Obwohl Leucetta Haeckeliana (PoL£JArrr) in das Genus Leucetta in meinem Sinne gehört, so muss doch besonders hervor- - gehoben werden, dass das von Poızsarrr (1883, p. 28) als Leucetta be- zeichnete Genus Arten umfasst, die verschiedenen Familien angehören 4 und dass nur eine einzige von ihnen eine Leucetta im Sinne Harckers ist. War es schon ein großer Fehler, so heterogene Formen zu einem Genus zu vereinigen, wie Porzsarrr dies hier gethan hat, so erscheint es mir - doch noch unverzeihlicher, den alten Namen eines ganz anderen Formen- - kreises für eine solche Gruppe zu verwenden, denn es wird durch sol- - ches Vorgehen eine fast unentwirrbare Konfusion in der Nomenklatur angerichtet. ; In der Adria ist das Genus Leucetta durch eine Art vertreten. 31. Leucetta solida, (Taf. XI, Fig. 76; Taf. XV, Fig. 430, 434.) Fr 1862 wurde dieser Schwamm von 0. ScHMmipr (4862, p. 18, Taf. I) als Grantia solida beschrieben. 1864 gab Schuiprt (4864, p. 23) eine genauere Diagnose dieser Art und behielt _ den früheren Namen derselben bei. 1872 beschrieb HAEckEL (1872, Bd. II, p. 451; Bd. III, Taf. XXVII) diesen - Schwamm genauer unter dem Namen Leucaltis solida. 41876 führt KELLEr (4876, p. 19) diesen Schwamm ebenfalls als Leucallis so- - lida auf. Da ich das Hazcerer’sche Genus Leucaltis in dem Genus Leucetta "aufgehen lasse, so erscheint dieser Schwamm hier unter dem Namen 3 Leucetta solida. Mein Material dieses Schwammes stammte aus Lesina. 4 Leucetta solida ist ein massiver Schwamm, welcher eine Höhe von - 4-3 cm erreicht. Die Basis ist zwar meistens verschmälert, doch j scheint es niemals zur Bildung eines eigentlichen Stieles zu kommen. 304 R. v. Lendenfeld, Kleinere Exemplare haben nur ein Osculum; bei größeren werden zwei Oscula, selten mehr, angetroffen. Das Osculum ist eine einfache, kreis- runde, selten von einem Peristom umgebene 0,5—/, ausnahmsweise bis zu 5, oder gar 10 mm weite Öffnung. Zuweilen finden sich statt des großen Osculums zahlreiche kleine Ausströmungsporen. Durch Ver- wachsung mehrerer neben einander stehender Exemplare kommen un- regelmäßige, gebirgsähnliche, horizontal ausgebreitete Exemplare zu Stande. Die Oberfläche ist kahl oder etwas rauh. Die Geißelkammern (Taf. XV, Fig. 131) sind unregelmäßig kuglig, 0,1—0,15 mm weit. An vielen Orten stoßen die gegenüberliegenden Wände benachbarter Geißelkammern zusammen und es rücken ihre Kragenzellenschichten so nahe an einander, dass gar kein Raum zwischen ihnen übrig bleibt (Taf. XV, Fig. 130). Die ausführenden Kanäle sind nur schwach verzweigt und münden mit 0,2—0,5 mm weiten Öffnun- gen in das Oscularrohr aus. Die Kragenzellen (Taf. XV, Fig. 130) erscheinen von der Seite ge- sehen kuglig, sie sind 0,006 mm breit und 0,008 mm hoch. Der kuglige Kern liegt in der Zellenmitte. Der Kragen ist sehr breit und niedrig trichterförmig. Häufig hat es den Anschein, als ob eine Membran über die Kragenzellenschieht hinwegzöge, beziehungsweise die Kragenränder benachbarter Zellen mit einander verbände. Dieses Aussehen wird da- durch zu Stande gebracht, dass einerseits die Geißeln umgeschlagen und auf der Kragenzellenschicht ausgebreitet sind, und dass anderer- seits die Kragenränder tiefer liegender Kragenzellen — die also nicht scharf eingestellt sind — wie eine Membran im optischen Querschnitt aussehen. Jedenfalls existirt hier keine Membran und es ist diese Er- scheinung nur in so fern interessant, als sie die Irrung erklären hilft, in welche einige Autoren — die eine solche Membran beschrieben haben — gefallen sind. Ein nicht besonders erfahrener Beobachter könnte leicht durch diese niedergebeugten Geißeln und doppelt kontourirt er- scheinenden Kragenränder zu der falschen Annahme verleitet werden, dass hier eine Membran ausgebreitet ist. Das Skelett (Taf. XI, Fig. 76; Taf. XV, Fig. 134) besteht aus Triac- tinen und Tetractinen. Die Triactine sind zweierlei Art: große und kleine. Die letzteren (Taf. XI, Fig. 76a, b; Taf. XV, Fig. 431) sind sehr zahlreich und umspinnen gewissermaßen die ersteren. Die großen Triactine (Taf. XI, Fig. 76c; Taf. XV, Fig. 134) haben meist 0,7—0,9 mm lange und 0,08—0,12 mm dicke Strahlen. Einzelne von ihnen werden aber viel größer, indem ihre Strahlen eine Länge von 1,5—2 und eine Dicke von 0,12—0,15 mm erreichen. Die Strahlen sind plump und unregelmäßig, und die Nadeln selbst sehr regellos angeordnet. Die Die Spongien der Adria. 1. 305 kleinen Triactine (Taf. XI, Fig. 76a, b; Taf. XV, Fig. 131), welche in großen Massen zwischen den großen liegen und tangential gelagert auch in beträchtlicher Zahl in der Gastral- und in der Dermalmembran vor- - kommen, haben 0,1—0,2, selten bis zu 0,3 mm lange und 0,005 bis - 0,015 mm dicke Strahlen. Die kleinen, parenchymalen Triactine sind Fe unregelmäßig, die dermalen aber zumeist sagittal. Die gastralen Triac- tine gleichen theils den parenchymalen, theils den Basalstrahlen der Tetractine. Die letzteren (Taf. XI, Fig. 76d) sind auf die Wände der _ größeren Ausfuhrkanäle und des Oscularrohres beschränkt. Ihre tan- gential ausgebreiteten Basalstrahlen sind deutlich sagittal differenzirt. Die Lateralstrahlen schließen einen Winkel von 160—180° ein. Sie sind 0,15—0,2, selten bis zu 0,3 mm lang und an der Basis 0,008 bis 0,016, selten bis zu 0,02 mm dick. Der Sagittalstrahl ist sehr kurz, nur - 0,05—0,1 mm lang und an der Basis 0,003—0,008 mm dick. Der frei 3 ins Kanallumen hineinragende Apicalstrahl ist mehr oder weniger oral- wärts gekrümmt, von sehr veränderlicher Größe, 0,05—0,3 mm lang und ungefähr eben so dick wie der sagittale Basalstrahl. Die Farbe des Schwammes ist weiß. Leucetta solida kommt an der westlichen Küste Italiens und in der Adria vor. Die adriatischen Fundorte sind Lagosta, Lesina und Sebenico. Genus Leucandra. ; Leuconidae mit rhabden und triactinen, oder rhabden und tetrac- “ ‚tinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. R 1872 stellte HAEckeL für die Leuconiden mit rhabden und triactinen Nadeln e das Genus Leucortis (1872, Bd. II, p. 1462), für die Leuconiden mit rhabden und tetractinen Nadeln das Genus Leuculmis (1872, Bd. Il, p. 167), und für die Leuco- -niden mit triactinen, tetractinen und rhabden Nadeln das Genus Leucandra (1872, Ba, I, p. 170) auf. ‚ 1883 errichtete PoLEJAEFF (1883, p. 28, 29, 31) für eine hierher gehörige Form das neue Genus Eilhardia und stellte die übrigen Leucandren (in meinem Sinne) zur Gattung Leuconia, 1885 behielt ich (1885a, p. 244) die oben genannten drei Genera HAECKEL’ F: % _ Leucortis, Leuculmis und Leucandra, getrennt bei. 1887 adoptirte VosmAEr (1887, p. 374, 375) die PoLEJAEFF'schen Gattungen, . setzte aber an Stelle der Bezeichnung Leuconia den Genusnamen Leucandra. 1890 hielt ich (4890, p. 370) an meiner Eintheilung von 4885 fest und erkannte auch das POLEJAEFF’Sche Genus Eilhardia an. zen Se je BORN Da ich jetzt dem Unterschied zwischen den triactinen und tetrac- _ tinen Nadeln keinen generellen Werth mehr beilege, so vereinige ich die drei früher von mir anerkannten Harcrer’schen Gattungen Leucortis, "Leueulmis und Leucandra zu einem Genus, welches ich Leucandra 306 R. v. Lendenfeld, nenne. In diesem Genus ist auch die PoLrJarrr'sche Gattung Eilhardia unterzubringen. Das Genus Leucandra Vosmaer (1887, p. 37%) stimmt weder mit dem Genus Leucandra im Sinne Hazcker’s, noch in meinem Sinne überein. In der Adria ist das Genus Leucandra durch eine Art vertreten. 32. Leucandra aspera. (Taf. XI, Fig. 80.) 1862 wurde dieser Schwamm von O0. Scauipr (1862, p. 45, Taf. I) als Sycon asperum beschrieben. 4866 macht O. Scauipr (1866, p. 7, Fig. 5) weitere Mittheilungen über diesen Schwamm und nannte ihn jetzt Grantia aspera. 1867 führte Gray (1867, p. 554) den Schwamm als Grantia aspera auf. 4868 begegnen wir ihm abermals bei O. Scanıpr (1868, p. 35), diesmal unter dem Namen Syeinula aspera. 4872 beschrieb HAEckEL (4872, Bd. II, p. 491; Bd. Ill, Taf. XXXI, XXXV, XXXVI) den Schwamm genauer und nannte ihn Leucandra aspera. Er unterschied drei specifische Varietäten desselben: lesinensis, messinensis und nicaensis. 1876 machte KEırer (4876, p. 49, 33, Taf. I, II) einige Angaben über den Bau und die Entwicklung dieses Schwammes und benutzte den Harcker’schen Namen Leucandra aspera. 1880 gab VosmAEr (1880) eine eingehende Beschreibung dieses Schwammes heraus. Auch er benutzte damals den Hazcker’schen Namen Leucandra aspera. 1884 machte VosMAER (4883, p. 483, Taf. XXVIII, XXIX) einige Bemerkungen über den Bau und die Varietäten dieses Schwammes. Er benutzt den Hazcker’schen Namen Leucandra aspera und unterscheidet die drei Varietäten typica, gigantea und crambessa (letztere für L. crambessa H.). 4887 erwähnt VOosmAEr (1887, p. 444, 374) unseren Schwamm nochmals als Leucandra aspera. 4888 führte auch ich (1888, p. 48) denselben als Leucandra aspera auf. Auch hier behalte ich den Hazcker’schen Namen Leucandra aspera bei. Mein Material dieses Schwammes stammte theils aus Rovigno, theils aus Lesina und theils aus Lissa. | Leucandra aspera hat in der Regel eine ei- oder kegelförmige Gestalt. Seltener erscheint der Schwamm unregelmäßig massig. Er erreicht eine Größe von 2—4 cm, nur die Vosmaer'sche Varietät gigan- tea wird bis zu 20 cm lang. Durch Verwachsung neben einander stehender Individuen können sehr unregelmäßige Gestalten von viel bedeutenderer Größe zu Stande kommen. Die Oberfläche desSchwammes ist borstig stachlig. Die regelmäßigen ei- oder kegelförmigen Exem- plare besitzen ein einziges, terminales 2—3 mm weites Osculum. Bei den unregelmäßigen Formen wird entweder ein einziges, oder werden mehrere Oscula angetroffen. Zuweilen finden sich gar keine größeren Die Spongien der Adria. I. 307 Oseula, sondern zahlreiche, mikroskopische Ausströmungsporen. Die -Oseula sind meist nack!, seltener werden sie von einem Peristom um- geben. Beschreibungen und Abbildungen des Kanalsystems sind von ELLER und Vosmaer veröffentlicht worden. Der Erstere hat den Schwamm vor dem Schneiden mit Säure entkalkt, so dass man nicht staunen wird, dass seine Abbildung (1876, Taf. VI, Fig. 3) keine rechte Vorstellung von den thatsächlichen Bauverhältnissen wachruft. Doch auch die, _ vermuthlich nach Mikrotomschnitten angefertigten Figuren (1880, Taf. I, Fig. 47; 1884, Taf. XXIX, Fig. 2) Vosmarr’s sind unrichtig. Die Zwi- - schenschicht ist lange nicht so mächtig, wie Vosmaer sie darstellt. Die - Kragenzellen sind in ersteren zu groß, und die Kammermündungen zu klein dargestellt. An anderer Stelle (1887, p. 144) giebt Vosmarr einen deutschen Auszug aus dem —- mir unverständlichen — Originaltext seiner Arbeit (1880). In diesem Auszuge heißt es, dass die Einströmungs- - poren die Mündungen weiter Kanäle seien, welche einfach, verzweigt oder netzförmig verbunden sind. Diesen Kanälen liegen die kugligen oder ovalen Kammern an, welche ihrerseits in weite Ausfuhrkanäle ein- - münden. Diesbezüglich ist hervorzuheben, dass die Einströmungsporen - der Haut nicht in je einen Kanal hineinführen, wie es nach dem etwas un- - klaren Passus bei Vosnaer sein sollte, und ferner, dass die einführenden Kanäle keine Anastomosen bilden. Der wahre Sachverhalt ist folgender: Zerstreut über der äußeren Oberfläche finden sich kleine Poren. - Diese führen in kurze Kanäle hinein, welche die dünne, durchschnitt- lich bloß 0,07 mm dicke Dermalmembran durchsetzen. Unter dieser zarten Haut werden große, unregelmäßig kontourirte Subdermalräume E angetroffen, welche durchschnittlich etwa 0,25 mm von einander ent- -fernt, und 0,3—0,4 mm und darüber, weit sind. Diese Hohlräume ver- 'schmälern sich etwa 0,3 mm unter der Oberfläche ziemlich plötzlich zu den einführenden Kanälen, welche recht unregelmäßig sind und als _ radiale, zwischen den Geißelkammern ausgesparte Hohlräume erscheinen. 0,15 mm vom ÖOscularrohr entfernt hören die einführenden Kanäle mit stumpfen Enden auf. Tangentialschnitte zeigen, dass der Querschnitt dieser Einfuhrkanäle keineswegs kreisförmig, sondern vielmehr recht unregelmäßig ist. Ihre Weite schwankt zwischen 0,06 und 0,3 mm. Die Geißelkammern, welche allseitig die Einfuhrkanäle umgeben, sind nur durch sehr dünne Lagen von Zwischenschicht von einander getrennt. Gleichwohl wird eine gegenseitige Abplattung derselben nicht wahr- genommen. 0,02 mm weite, rundliche Poren führen in die Kammern hinein. In Alkoholexemplaren ist die Zahl dieser Kammerporen eine geringe. Die Kammern selbst sind größtentheils unregelmäßig, kurz - eiförmig, 0,1—0,15 mm lang und bei 0,I mm breit. Nach VosmAaer 308 R. v. Lendenfeld, 1887, Taf. IX, Fig. 5) sollen sie über 0,2 mm lang werden. So lange Kammern habe ich bei Leucandra aspera nicht gesehen. Gegen den Kammermund hin verringert sich der Querdurchmesser, so dass der letztere durchschnittlich bloß 0,5 mm weit ist. Die diesbezüglichen Figuren Vosmaer’s (1880, Taf. I, Fig. #, 6, 7) widersprechen sich gegen- seitig. In Fig. 6 und 7 ist der Kammermund zu klein, in Fig. 4 zu groß dargestellt. Das Kragenzellenepithel reicht unverändert bis an den Kammermund und hört hier plötzlich auf. Die ausführenden Kanäle, in welche die Kammern münden, sind viel regelmäßiger gestaltet als die einführenden. Sie reichen bis auf Kammerweite an die Subdermalräume heran und enden hier stumpf. Ihre Weite ist in ihrer ganzen Länge annähernd die gleiche: 0,2—0,3 mm und steht im Verhältnis zur Dicke des von ihnen entwässerten Theiles der Körperwand. Sie sind nur wenig verzweigt. Bei den regelmäßig gestalteten Exemplaren ist das Oscularrohr sehr geräumig. Bemerkens- werth ist die Unregelmäßigkeit der Oberfläche desselben. Es kommen weit trichterförmige, 0,5 mm und darüber tiefe Einsenkungen in der- selben vor, die nicht erweiterte Endtheile von Ausfuhrkanälen sind, sondern blind enden. Das Skelett (Taf. XI, Fig. 80) besteht aus Rhabden, Triactinen und Tetractinen. Die Rhabde sind zweierlei Art: größere, dicke Rhabde der Haut und des Parenchyms; und sehr schlanke Rhabde im Peristom. Die ersteren sind in geringer Zahl einzeln im Parenchym zerstreut und stecken massenhaft derart in der Haut, dass sie mit mehr als ihrer Hälfte frei über die Oberfläche vorragen und sich unter 45° gegen das orale Schwammende neigen. Diese Rhabde der Haut und des Paren- chyms (Taf. XI, Fig. 80 a) sind gerade oder leicht gekrümmt, doppel- spitzig und bei den meisten Exemplaren 1,5—2 mm lang und 0,06 — 0,08 mm dick. Zuweilen sind sie jedoch viel kleiner oder größer. Haercker (1872, Bd. 2, p. 196) hat Exemplare untersucht, bei denen diese Rhabde bloß 0,5—1 mm lang und 0,03—0,04 mm dick waren; und andere, bei denen sie eine Länge von 2,5—3 mm und eine Dicke von 0,1—0,12 mm erreichten. Die Rhabde des Peristoms sind 0,5—2, zuweilen bis 5 mm lang, und 0,002—0,004 mm dick, gerade, strick- nadelförmig. Die Triactine (Taf. XI, Fig. 80 c, d) bilden zusammen mit den zerstreuten, großen Rhabden das parenchymale Skelett. Sie sind größtentheils unregelmäßig. Ihre Gestalt ist eine sehr veränderliche. In der Haut, sowie in den Wänden der ausführenden Kanäle, kommen zahlreiche Tetractine vor. Jene der Haut sind größtentheils regulär, jene der ausführenden Kanäle aber sagittal, mit aboralwärts orientirtem Sagittalstrahl. Die Strahlen der Triactine sind 0,05—0,3 mm lang und Die Spongien der Adria. 1. 309 -0,005—0,02 mm dick. Die durchschnittlichen und häufigsten Dimen- " sionen sind: Strahlenlänge 0.15 mm, Strahlendicke 0,011 mm. Beiden sagittalen Triactinen der ausführenden Kanäle sind die Lateralstrahlen zwei- bis viermal so lang als der Sagittalstrahl, während die Winkel zwischen den Lateralstrahlen 150—180° betragen. Tetractine kommen - zerstreut im Parenchym, und in größerer Anzahl in den Wänden der ausführenden Kanäle und des Oscularrohres vor. Auch im Peristom finden sich zahlreiche Tetractine. Die Basalstrahlen der gastralen Te- tractine (Taf. XI, Fig. 80 e) sind tangential ausgebreitet. Der Apical- strahl ragt frei ins Kanallumen hinein und ist oralwärts gekrümmt. “Die Basalstrahlen sind meistens sagittal. Die Lateralstrahlen sind 3 durchschnittlich 0,3, der Sagittalstrahl ist 0,4 mm lang, während der ) Apicalstrahl eine Länge von 0,2 mm erreicht. An der Basis sind die Strahlen dieser Tetractine 0,005—0,008 mm dick. Die parenchymalen F Tetractine (Taf. XI, Fig. 80 b) sind häufig unregelmäßig, selten sagittal. - Hier und da kommen Chelotrope im Parenchym vor. Die peristomalen & Tetractine gleichen den gastralen, sind jedoch etwas kleiner. & Die Farbe des Schwammes ist weiß bis braun, meistens heller - oder dunkler braun. Leucandra aspera ist auf das Mittelmeer beschränkt, aber in diesem Gebiete an vielen Orten gefunden worden. Die adriatischen Fundorte sind: Rovigno, Zara, Sebenico, Lagosta, Lissa, Lesina, a (Schluss im nächsten Hefte.) Erklärung der Abbildungen. Tafel VIII, Fig. 4. Ascetta primordialis. Nadeln > 300. a, Triactin eines Exemplars von Muggia; b, Triactin eines Exemplars von Rovigno; c, Triactin eines Exemplars von Triest; d, Triactin eines Exemplars von Lesina, Fig. 2. Ascetta spinosa. Nadeln > 300. a, Horizontalprojektion a', Vertikalprojektion b, Horizontalprojektion b’, Vertikalprojektion c, Horizontalprojektion c', Vertikalprojektion Fig. 3. Ascetta cerebrum. Nadeln x 300, „ 4, reguläres Triactin aus dem Inneren eines Exemplars von Rovigno; b, reguläres Triactin aus dem Inneren eines Exemplars von Lesina; Er } eines Tetractins eines Exemplars von Muggia; h eines Tetractins eines Exemplars von Lissa; } eines Tetractins eines Exemplars von Lesina. 310 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. R. v. Lendenfeld, c, d, e, sagittale Triactine des Hautpanzers eines Exemplars von Lesina; f, Horizontalprojektion f’, Vertikalprojektion 9, Horizontalprojektion g’, Vertikalprojektion 4. Ascetta clathrus. Nadeln x 300. a, von einem Exemplar der Form A aus Lissa; b, von einem Exemplar der Form D aus Lesina. 5. Ascetta blanca aus Lesina. Triactin des Körperskeletts << 300. 6. Ascetta Goethei aus Rovigno. Nadeln x 300. a, Triactin; b, Horizontalprojektion b’, Vertikalprojektion Ieins Tetractins. b”, Kreuzrissprojektion 7. Ascandra reticulum. Nadeln x 300. a, Triactin eines Exemplars aus Sebenico; b, Triactin eines Exemplars aus Lesina; c, Horizontalprojektion c’, Vertikalprojektion d, Horizontalprojektion d’, Vertikalprojektion e, f, Rhabde eines Exemplars von Sebenico. 8. Ascandra Lieberkühnii aus Lesina. Nadeln x 300. a, Triactin; b, Horizontalprojektion b’, Vertikalprojektion \eine Tetractins ; b”’, Kreuzrissprojektion c, Rhabd. 9. Ascandra angulata. Nadeln x 300. a, Triactin des Körpers eines großen Exemplars von Lesina; b, Triactin des Körpers eines kleinen Exemplars von Rovigno; c, Triactin des Stieles eines kleinen Exemplars von Rovigno; a, Triactin des Stieles eines großen Exemplars von Lesina; e, Rhabd des Stieles eines großen Exemplars von Lesina. Bei a abgebrochen. 40. Ascandra angulata. Ein großes Exemplar von Lesina. Nat. Größe. 44. Ascandra angulata. Rhabde des Stieles > 400. a, eines Exemplars von Rovigno; b, c, eines Exemplars von Lesina. l 42. Ascandra angulata (Alkohol, Alaunkarmin). ><20. Theil eines Schnit- }eines Tetractins eines Exemplars von Rovigno; Heines Tetractins eines Exemplars von Lesina. Feines Tetractins eines Exemplars von Sebenico; }eines Tetractins eines Exemplars von Lesina;; tes durch ein mittelgroßes Exemplar. Fig. 13. Ascandra angulata (Alkohol, Alaunkarmin). >< 165. Flächenansicht einer Röhrenwand von innen. Fig. 14. Ascandra angulata (Alkohol, Alaunkarmin). >< 600. Querschnitt durch eine Röhrenwand. a, Kragenzellenschicht; b, ektodermales Plattenepithel. Fıg. 15. Ascandra reticulum (Alkohol, Pikrokarmin). >< 165. Flächenansicht einer Röhrenwand von innen, 2 Die Spongien der Adria. I. 311 Fig. 46. Ascetta spinosa (Alkohol, Alaunkarmin, Gentianaviolett),. >< 165. Querschnitt durch eine Röhre. 3 a, Kragenzellen (tingirt) ; Fig. 47. Ascetta Goethei von Rovigno. Nat. Größe. Ein großes Exemplar durch einen vertikalen, durch den Mittelpunkt des Osculums gelegten Schnitt in ‚zwei Hälften zerlegt. Ansicht der Schnittfläche. 4 Fig. 18. Ascetta Goethei (Alkohol, Alaunkarmin, Methylviolett). >< 20. Schnitt ‚aus der mittleren Partie eines faustgroßen Exemplars. ö a, junge Eizellen. m Fig. 19. Ascetta Goethei (Alkohol, Alaunkarmin, Methylviolett).>< 600. Flächen- "ansicht einer Röhrenwand von innen. Fig. 20. Ascetta Goethei (Alkohol, Alaunkarmin, Methylviolett). >< 400. Quer- schnitt durch eine Röhrenwand. i a, junge Eizellen; b, Kragenzellenschicht; c, ektodermales Plattenepithel. Fig. 21. Ascetta spinosa (Alkohol, Alaunkarmin, Gentianaviolett). >< 600. Querschnitt durch eine Röhrenwand. 3 a, junge Eizelle; b, untingirte gelbe Zellen, e, tingirte Kragenzellen. Fig. 22. Ascetta spinosa (Alkohol, Alaunkarmin, Gentianaviolett). >< 1200. ‚Flächenansicht der Kragenzellenschicht. | a, große körnige Zellen (untingirt); b, Kragenzellen (tingirt). Tafel IX, Fig. 23. Ascetta primordialis (Osmiumsäure, Pikrokarmin). ><4200. Flächen- ‚ansicht der Kragenzellenschicht von innen. I Fig. 24. Ascetta primordialis (Alkohol, Alaunkarmin). >< 1200. Flächenansicht der Kragenzellenschicht von innen. | Fig. 25. Ascetta primordialis (Osmiumsäure, Pikrokarmin). >< 600. Quer- ‚schnitt durch eine Röhrenwand. Fig. 26. Ascetta primordialis (Alkohol, Alaunkarmin). >< 20. Theil eines ‘Schnittes durch ein mittelgroßes Exemplar. 4 a, größere Röhre mit Kragenzellen an der Innenseite; b, kleinere Röhren mit Kragenzellen an der Außenseite. } Fig. 27. Ascetta clathrus. Form A (Alkohol, Alaunkarmin). >< 150. Quer- schnitt durch einen Theil einer Röhre, a, Kragenzellenschicht; b, Zwischenschicht und äußeres Epithel. | Fig. 28. Ascetta clathrus. Form B (Alkohol, Alaunkarmin). >< 150. Quer- schnitt durch einen Theil einer Röhre. a, Entoderm; b, Zwischenschicht und äußeres Epithel. Fig. 29. Ascetta clathrus. Form C (Alkohol, Alaunkarmin). >< 450. Quer- schnitt durch einen Theil einer Röhre, i a, Entoderm; b, Zwischenschicht und äußeres Epithel, m) 312 R. v. Lendenfeld, Fig. 30. Ascetta clathrus. Form D (Alkohol, Alaunkarmin). >< 450. Quer- schnitt durch einen Theil einer Röhre. a, Kanäle oder Höhlen. Fig. 34. Ascetta clathrus. Form G (Alkohol, Alaunkarmin, Anilinblau). >< 60. Schnitt durch einige Röhren. a, Hohlräume (Gastralraumreste). Fig. 32. Ascetta clathrus. Form A (Alkohol, Alaunkarmin). >< 250. Flächen- ansicht der Kragenzellenschicht. Fig. 33. Ascetta clathrus. Form A (Alkohol, Alaunkarmin). >< 1200. Flächen- ansicht der Kragenzellenschicht von innen. a, eine Pore. Fig. 34. Ascetta clathrus. Form A (Alkohol, Alaunkarmin). >< 600. Quer- schnitt durch eine Röhrenwand. a, Kragenzellenschicht; b, Zwischenschicht und äußeres Epithel. Fig. 35. Ascetta clathrus. Form B (Alkohol, Alaunkarmin). ><60. Querschnitt durch eine Röhrenwand. a, Entoderm; b, Zwischenschicht und äußeres Epithel. Fig. 36. Ascetta clathrus. Form G (Alkohol, Alaunkarmin). >< 600. Quer- schnitt durch eine Röhrenwand. a, Entoderm; b, Zwischenschicht und äußeres Epithel. Fig. 37. Ascetta clathrus. Form D (Alkohol, Alaunkarmin). >< 600. Quer- schnitt durch eine Röhrenwand. a, Kanäle; b, Entoderm; c, Zwischenschicht und äußeres Epithel; Fig. 38. Ascetta cerebrum (Alkohol). >< 250. Flächenansicht der äußeren Oberfläche. a, dicke sagittale Triactine des Hautpanzers; b, Tetractine der tieferen Schicht; c, Kragenzellenschicht. Fig. 39. Ascetta cerebrum (Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau). >< 250. Quer- schnitt durch eine Röhrenwand an der äußeren Oberfläche. a, dicke sagittale Triactine des Hautpanzers; . b, Tetractine der tieferen Schicht; c, Kragenzellenschicht. Fig. 40. Ascetta cerebrum (Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau). >< 250. Quer- schnitt durch eine Röhrenwand aus dem Inneren des Schwammes. a, Eimiteinem Kern, welchereinengroßen und vier kleine Nucleoli enthält; b, Kragenzellenschicht. Fig. 44. Ascetta cerebrum (Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau). ><250. Flächen- ansicht einer Röhrenwand aus dem Inneren des Schwammes. Fig. 42. Ascetta cerebrum (Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau). >< 600. Quer- schnitt durch eine Röhrenwand im Inneren des Schwammes: ein Ei, dessen Kern unregelmäßig wurstförmige Körper statt des Nucleolus enthält. a, Kragenzellenschicht; b, ektodermales Plattenepithel, Die Spongien der Adria. 1. 313 ; Fig. 43. Ascetta cerebrum (Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau). >< 600. Quer- schnitt durch eine Röhrenwand im Inneren des Schwammes: ein Ei, dessen Kern einen Nucleolus mit einem großen Centralkorn enthält. 4 a, Kragenzellenschicht; b, ektodermales Plattenepithel. Fig. 44. Ascetta cerebrum (Alkohol, Pikrokarmin, Anilinblau). > 20. a, äußere Oberfläche; b, Eier. Tafel X. Fig. 45. Homandra falcata (Osmiumsäure). >< 250. Querschnitt durch die ‚Röhrenwand. Fig. 56. Homandra falcata (Alkohol). ><450. Flächenansicht der Gastralfläche. Fig. 47. Homandra falcata (Alkohol, Pikrokarmin). >< 4100. Tangentialschnitt- ‚Serie. A, äußerster Schnitt (äußere Oberfläche) ; B, 0,06 mm unter der Oberfläche; C, 0,12 mm unter der Oberfläche; D, 0,18 mm unter der Oberfläche. | Fig. 48. Homandra falcata (Alkohol, Pikrokarmin). >< 400. Flächenansicht der Kragenzellenschicht. Fig. 49. Homandra falcata (Alkohol, Pikrokarmin). >< 600. Zwei Kragenzel- len in Seitenansicht. Fig. 50. Homandra falcata. Nadeln. >< 250. a, b, Rhabde aus einem dickwandigen Schwammtheil; e, Horizontalprojektion \ eines Tetractin aus einem dickwandigen c’, Vertikalprojektion Schwammtheile; d, Triactin eihes dickwandigen Schwammtheiles; e, Triactin eines dünnwandigen Schwammtheiles. Fig. 51. Homandra falcata (Alkohol, Pikrokarmin). >< 600. Radialschnitt durch einen vorragenden Knotenpunkt des Leistennetzes der Gastralfläche. 4 a, Apicalstrahl eines Tetractins; b, Kragenzellen. Fig. 52. Sycantha tenella (Alkohol). >< 5. Flächenansicht der Gastralfläche. Fig. 53. Sycantha tenella (Alkohol). >< 5. Flächenansicht der äußeren Ober- Fig. 54. Sycantha tenella (Alkohol). > 5. Querschnitt durch die Körperwand. Fig. 55. Sycantha tenella (Alkohol). Nat. Größe. Ansicht eines mittelgroßen Fig. 56. Sycantha tenella (Alkohol). >14. Querschnitt durch die Körperwand. a, Gastralraum (Oscularrohr) ; b, Mündungen der Kammergruppen. Fig. 57. Sycantha tenella (Alkohol). ><14. Tangentialschnitt durch dieKörper- wand (etwas schief). a, Gastralraum (Oscularrohr) ; b, Gastralmembran. Fig. 58. Sycantha tenella (Alkohol). >44. Flächenansicht der Gastralmembran. a, Apicalstrahlen der gastralen Tetractine. Fig. 59. Sycantha tenella von Triest. Nadeln. >< 150. a, b, Rhabde der Kammerkronen; 3 - Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIH. Bd. DL 314 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig, Fig. R. v. Lendenfeld, c, Triactine der Gastralmembran; d, Tetractine der Gastralmembran ; e, irreguläres Triactin des Tubarskelettes; f, reguläre Triactine des Tubarskelettes. Tafel XI. 60. Sycandra setosa von Lesina, Nadeln. > 100. a, dermales Rhabd der Kammerkronen; b, Triactin des Tubarskelettes vom distalen Kammerende; c, subgastrales Triactin des Tubarskelettes; d, gastrales Tetractin. 61. Sycandra elegans von Abbazia. Nadeln. >< 100. a, drei verschieden gestaltete dermale Rhabde aus einer Kammerkrone; b, große Triactine aus dem distalen Theile des Tubarskelettes, welche die Kammerkrone umgeben; c, subgastrales Triactin des Tubarskelettes; d, gastrales Tetractin. 62. Sycantha tenella von Triest. Nadeln. >< 100. a, dermales Rhabd der Kammerkronen; b, Triactin des Tubarskelettes vom distalen Kammerende; c, subgastrales Triactin des Tubarskelettes ; d, gastrales Tetractin. 65. Ute glabra von Lesina. Nadeln. > 100. a, tangentiales Rhabd des Hautpanzers; b, Triactin des Tubarskelettes vom distalen Kammerende; c, subgastrales Triactin des Tubarskelettes; d, gastrales Tetractin. 64. Sycandra Schmidtii von Lesina. Nadeln. >< 400. a, große Rhabde der Kammerkronen; a’, kleine Rhabde der Kammerkronen; b, Triactine des Tubarskelettes vom distalen Kammerende; c, subgastrales Triactin des Tubarskelettes; d, gastrales Tetractin. . 65. Sycandra Humboldtii von Rovigno. Nadeln. >< 100. a, Rhabd der Kammerkronen; b, große Triactine aus dem distalen Theile des Tubarskelettes, welche die Kammerkrone umgeben ; c, subgastrales Triactin des Tubarskelettes; d, gastrales Tetractin. 66. Ebnerella Gregorii von Lesina. Nadeln. > 400. ‚ kleine Rhabde, welche der äußeren Oberfläche senkrecht eingepflanzt sind; ,‚ dermales Tetractin, dessen Apicalstrahl mit seinem Endtheile (op) frei in das Gastrallumen hineinragt; ‚ subgastrales Triactin des Tubarskelettes ; ‚ gastrales Tetractin. 67. Sycandra tuba von Triest. Nadeln. >< 100. a, Rhabd der Kammerkronen ; b, Triactin des Tubarskelettes vom distalen Kammerende, Q Spt Ss 9 EN en Babe re a ee Ta Se 2 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Die Spongien der Adria. |. 315 c. subgastrales Triactin; d, gastrales Tetractin. 68. Sycyssa Huxleyi (nach HaeEckeL). Nadeln. >< 100. a, großes radiales Rhabd, welches mit dem größeren Theile (mn) frei über die äußere Oberfläche vorragt, und mit dem kleineren Theile (m 0) die Körperwand durchsetzt; a’, kleines radiales Rhabd des Pelzes an der äußeren Oberfläche ; a”, kleines tangentiales Rhabd des Dermalfilzes ; d, große tangentiale (longitudinale) Rhabde der Gastralmembran ; d’, kleines tangentiales Rhabd des Gastralfilzes. 69. Amphoriscus chrysalis von Lesina. Nadeln. >< 100. b, dermales Tetractin, dessen Apicalstrahl mit seinem Endtheile (o p) frei in das Gastrallumen hineinragt; e, subgastrales Tetractin des Tubarskelettes ; d, gastrales Tetractin. 70. Sycandra Helleri von Lesina. Nadeln. >< 4100. a, Rhabd der Kammerkronen; b, Triactine des Tubarskelettes vom distalen Kammerende; c, subgastrales Triactin des Tubarskelettes; d, gastrales Tetractin. 71. Sycandra coronata (nach Haccker). Nadeln. >< 4100. a, Rhabd der Kammerkronen , b, Triactin des Tubarskelettes vom distalen Kammerende, c, subgastrales Triactin des Tubarskelettes ; d, gastrales Tetractin. 72. Ebnerella Buceichii (nach Esxer). Nadeln. >< 400. a, kleine radiale Rhabde des Parenchyms und der Haut; b, dermales Tetractin, dessen Apicalstrahl mit seinem Eudtheile (op) frei ins Gastrallumen hineinragt; c, subgastrales Triactin des Tubarskelettes; d, gastrales Tetractin. 73. Grantia capillosa von Pirano. Nadeln. >< 100. a, Rhabd der Kammerkronen; b, Triactin des Tubarskelettes vom distalen Kammerende; c, Subgastrales Triactin des Tubarskelettes ; d, gastrales Tetractin. 74. Sycetta conifera (nach HAEcker). Nadeln. > 100. b, Triactin des Tubarskelettes vom distalen Kammerende ; c, subgastrales Triactin des Tubarskelettes; d, gastrales Tetractin. 75. Amphoriscus cylindrus (nach Hazcker). Nadeln. >< 100. b, dermales Tetractin; c, subgastrales Tetractin des Tubarskelettes; d, gastrales Tetractin. 76. Leucetta solida von Lesina. Nadeln. >< 100. a, irreguläres kleines Triactin des Parenchyms; b, sagittales kleines Triactin des Parenchyms; c, großes Triactin des Parenchyms; d, gastrales Tetractin. ar 316 R. v. Lendenfeld, Fig. 77. Vosmaeria corticaia von Lesina. Nadeln. << 100. a, kleine abstehende dermale Lanzenrhabde; b, großes dermales Rhabd;; c, parenchymales Triactin ; d, gastrales Tetractin. Fig. 78. Sycandra raphanus von Lesina. Nadeln. << 100. a, Rhabd der Kammerkronen ; db, Triactin des Tubarskelettes vom distalen Kammerende; c, subgastrales Tetractin des Tubarskelettes; d, gastrales Tetractin. Fig. 79. Sycandra quadrangulata (nach HAEcKEL). > 100. a, Rhabde der Kammerkronen; b, Triactine des Tubarskeleties vom distalen Kammerende; c, subgastrales Triactin des Tubarskelettes; d, gastrales Triactin. Fig. 80. Leucandra aspera von Rovigno. Nadeln. >< 100. a, großes abstehendes dermales Rhabd; b, parenchymales Tetractin; c, parenchymales Triactin; d, subgastrale Triactine; e, gastrales Tetractin. Tafel XII. Fig. 84. Sycandra tuba (Alkohol). >< 60. Längsschnitt quer durch die Körper- wand. Fig. 82. Sycandra tuba (Alkohol, Alaunkarmin). >< 60. Tangentialschnitt durch die Körperwand dicht unter der äußeren Oberfläche. Die freien Distalkegel der Kammern sind durchschnitten. Zwischen den Kammern blickt man auf das dort ausgebreitete Trabekelnetz hinab. a, Kammerlumina. i ; Fig. 83. Sycandra tuba (Alkohol, Alaunkarmin). >< 60. Tangentialschnitt durch die Körperwand dicht an der Gastralfläche. a, Kammerlumina. Fig. 84. Sycandra tuba von Triest. Nadeln. >< 165. a, gastrales Triactin ; b, gasirale Tetractine; c, Triactin aus dem proximalen Theile des Tubarskelettes; d, Triactin aus dem distalen Theile des Tubarskelettes; e, Rhabde der Kammerkronen. Fig. 85. Sycandra setosa (Alkohol, Pikrokarmin, Methylviolett). >< 60. Quer- schnitt durch die Körperwand. a, Embryonen. Fig. 86. Sycandra setosa (Alkohol, Pikrokarmin, Methylviolett). >< 60. Tan- gentialschnittserie durch die Körperwand. A, 0,06 mm unter der äußeren Oberfläche; B, 0,4 mm unter der äußeren Oberfläche; C, A mmı unter der äußeren Oberfläche; D, innerster Schnitt (Flächenansicht der Gastralmembran). a, Embryonen. Die Spongien der Adria. I. 317 Fig. 87. Sycandra setosa. >< 40. Flächenansicht eines Theiles der Oscularkrone. a, oberer, b, unterer Ring von peristomal-gastralen Tetractinen, \ Fig. 88. Sycandra setosa (Alkohol, Pikrokarmin, Methylviolett). > 150. Tan- - gentialschnitt durch die Gastralmembran im Niveau EF (Fig. 94). ; a, Kammermündungen; b, körnige, kugelige Zellen in der Umgebung der Kammermündung. Fig. 89. Sycandra setosa (Alkohol, Pikrokarmin, Methylviolett). > 250. Tan- £ gentialschnitt durch die Gastralmembran im Niveau AB (Fig. 94). “ a, Radialtuben (Geißelkammern); b, Lakunen im äußeren Theil der Gastralmembran. 3 Fig. 90. Sycandra setosa von Lesina. Nadel. >< 250. Subgastrales Tetractin mit centrifugalem Apicalstrahl. | J Fig. 91. Sycandra setosa (Alkohol, Pikrokarmin, Methylviolett). ><250. Quer- - schnitt durch die Gastralmembran. AB, Niveau des in Fig. 89 dargestellten Schnittes; CD, Niveau des in Fig. 92 A dargestellten Schnittes; EF, Niveau der in Fig. 88 und 92 B dargestellten Schnitte; GH, Niveau des in Fig. 92C dargestellten Schnittes; a, Radialtuben (Geißelkammern) ; b, Interradialtubus (Einfuhrkanal); c, Kammerwände; d, Lakunen des äußeren Theiles der Gastralmembran ; e, centrifugale Apicalstrahlen der subgastralen Tetractine; f, centripetale Apicalstrahlen der gastralen Tetractine (abgebrochen) ; g, kugelige, körnige Zellen in der Umgebung der Kammermündungen ; h, Lage von großen, blassen, longitudinalen Spindelzellen. Fig. 92. Sycandra setosa (Alkohol, Pikrokarmin, Methylviolett). > 600. Tan- - gentialschnittserie durch die Gastralmembran. A. Im Niveau CD (der Fig. 94). a, epitheliale Plattenzellen des Kammerhalses ; b, tiefer liegende, körnige, kugelige Zellen in der Umgebung der Kammer- mündungen; c, Kerne der epithelialen Plattenzellen, welche den proximalen Theil der Kammer auskleiden ; d, Kragenzellen; e, Lakunen des äußeren Theiles der Gastralmembran. B. Im Niveau EF (der Fig. 91). a, epitheliale Plattenzellen des Kammerhalses; b, Sternzellen der Zwischenschicht; c, körnige, kugelige Zellen in der Umgebung der Kammermündungen; C. Im Niveau GH (der Fig. 91). a, epitheliale Plattenzellen des Kammerhalses; b, Sternzellen der Zwischenschicht; c, körnige, kugelige Zellen in der Umgebung der Kammermündungen; d, große, blasse, longitudinale Spindelzellen. bg Fig. 93. Sycandra Humboldtii (Alkohol, Pikrokarmin). >< 60. Tangential- schnitt durch die Körperwand in ihrer halben Höhe, 318 R. v. Lendenfeld, Tafel XIII. Fig. 94. Sycandra raphanus (OÖsmiumsäure, Pikrokarmin). >< 60. Tangential- schnitt durch die Körperwand nahe der Gastralfläche. a, Kammerlumina; b, einführendes System; c, Embryonen. Fig. 95. Sycandra raphanus (Osmiumsäure, Glycerin, Handschnitt). >< 1200. Theil eines Radialschnittes durch einen Distalconus. a, äußere Oberfläche mit undeutlichem Plattenepithel ; b, Kammerlumen; c, Kragenzellenschicht; d, frei vorragende Spitze; e, Falten ihrer Oberfläche; f, große runde Zellen im verbreiterten Basaltheil der vorragenden Spitze ; 9, Sternzellen der Zwischenschicht. Fig. 96. Sycandra raphanus (OÖsmiumsäure, Pikrokarmin, Safranin). >< 1200. Anlage einer Geißelkammer im oralen Ende des Schwammes. a, eine gewöhnliche Sternzelle der Zwischenschicht. Fig. 97. Sycandra raphanus (Osmiumsäure, Pikrokarmin, Safranin). >< 1200. Jüngste Anlage einer Geißelkammer im oralen Ende des Schwammes. Fig. 98. Sycandra raphanus (Osmiumsäure, Pikrokarmin, Safranin). >< 1200. Eine Zelle der Zwischenschicht mit kugeliger Nadelanlage (2). Fig. 99. Sycandra raphanus (Osmiumsäure, Pikrokarmin, Safranin). >< 1200. Querschnitt durch die Gastralmembran im mittleren Theile des Schwamnies. a, Epithel des Oscularrohres; b, zwei Drüsenzellen der Zwischenschicht. Fig. 400. Sycandra raphanus (Osmiumsäure, Pikrokarmin, Safranin). ><1200. Tangentialschnitt durch die Gastralmembran in der Mitte des Schwammes, a, Plattenepithel der Geißelkammermündung; b, dem Epithel anliegende Zellen der Zwischenschicht; c, Theile dicker körniger Fäden; d, amöboide Zelle der Zwischenschicht; M, Kammermündung. Fig. 104. Sycandra raphanus (OÖsmiumsäure, Pikrokarmin, Safranin). >< 4200. Querschnitt durch eine Kammerwand. a, Kragen; b, Leiber der Kragenzellen; c, basale Fortsätze der Kragenzellen; d, ektodermales Plattenepithel des einführenden Kanales; e, Geißeln der Kragenzellen. Fig. 402. Sycandra raphanus (Osmiumsäure, Pikrokarmin, Safranin). 1200. Längsschnitt quer durch die Gastralmembran dicht unter dem Osculum. a, Epithel des Oscularrohres; b, dem Epithel anliegende Zwischenschichtzellen ; c, proximales Ende eines Rhabds der Oscularkrone ; d, der Nadel anliegende Zelle. Fig. 103. Sycandra Helleri (Alkohol). >< 20. Längsschnitt, quer durch die Körperwand. Die Spongien der Adria. I. 319 Fig. 4104. Sycandra Helleri (Alkohol, Alaunkarmin). >< 165. Dicker Tangential- schnitt die Gastralmembran und die proximalen Kammerpartien enthaltend (nach der Linie AB der Fig. 405) von außen gesehen. # a, einführende, von Trabekelnetzen erfüllte Kanäle (Interradialtuben); b, Geißelkammern (Radialtuben) ; a p, Kammermündung. ’ Fig. 405. Sycandra Helleri (Alkohol, Alaunkarmin). >< 165. Proximaler Theil eines dicken Längsschnittes quer durch die Körperwand. ) ; a, einführende, von Trabekelnetzen erfüllte Kanäle (Interradialtuben) ; b, Geißelkammern (Radialtuben); c, Tetractine des Tubarskelettes; d, Triactine des Tubarskelettes; e, Tetractine der Gastralmembran; f, Triactine der Gastralmembran ; g, Gastralmembran ; p, Kammermündungen. Fig. 106. Sycandra Helleri. Nadeln. >< 125. a, Rhabd der Kammerkronen ; b, Triactin aus dem distalen Theile des Parenchyms; c, Triactin aus dem mittleren Theile des Parenchyms; d, Triactin aus dem proximalen Theile des Parenchyms. Fig. 4107. Sycandra Helleri (Alkohol, Alaunkarmin). >< 60. Tangentialschnitt- FE serie durch die Körperwand. ; A, 0,36 mm unter der Oberfläche; B, 0,72 mm unter der Oberfläche; C, 4,08 mm unter der Oberfläche; D, 4,44 mm unter der Oberfläche; E, 1,80 mm unter der Oberfläche. a, einführende Kanäle (Interradialtuben); b, Geißelkammern (Radialtuben) ; p, Kammermündung. ke Fig. 4108. Sycandra Helleri (Alkohol, Alaunkarmin), >< 465. Flächenansicht | 2 der Gastralmembran von innen. a, Triactine der Gastralmembran; b, Tetractine der astsalmemirann p, Kammermündungen. Fig. 409. Sycandra Schmidtii (Alkohol, Pikrokarmin). >< 60. Tangential- R\ schnitt durch die Körperwand in halber Höhe derselben. = Fig. 440. Sycandra Schmidtii (Alkohol, Pikrokarmin). >< 60. Querschnitt durch die Körperwand. R Fig. 444. Sycandra Schmidtii (Alkohol, Pikrokarmin). ><400. Flächenansicht E der Kragenzellenschicht. Tafel XIV. Fig. 142. Grantia capillosa (Alkohol, Pikrokarmin). >< 60. Querschnitt durch “m die Körperwand. a, Embryonen. 1% Fig. 143. Grantia capillosa (Alkohol, Hämatoxylin, Eosin). >< 400. Tangential- Ri schnitt durch die Gastralmembran im Niveau der Tangentialstrahlen der Gastral- nadeln. 320 R. v. Lendenfeld, a, Sternzellen der Zwischenschicht; b, große körnige Zellen der Zwischenschicht, welche Ringe um die Kammermündungen bilden; c, epitheliale Plattenzellen des Kammerhalses; . d, Kammermündungen. Fig. 444. Grantia capillosa. Nadeln. > 165. Subgastrale Tetractine mit centri- fugalem Apicalstrahl. Fig. 445. Grantia capillosa (Alkohol, Pikrokarmin). >< 60. Tangentialschnitt- serie durch die Körperwand. A, äußerster Schnitt (Flächenansicht der äußeren Oberfläche); B, 0,04 mm unter der äußeren Oberfläche; C, 0,4 mm unter der äußeren Oberfläche; D, 0,7 mm unter der äußeren Oberfläche; E, 0,86 mm unter der äußeren Oberfläche; F, 0,9 mm unter der äußeren Oberfläche (innerster Schnitt, Flächenan- sicht der Gastralmembran). a, Embryonen. Fig. 446. Grantia capillosa ‚Alkohol, Hämatoxylin, Eosin). >< 400. Flächen- ansicht der äußeren Oberfläche. a, Kerne der ektodermalen Plattenepithelzellen ; b, kugelige, körnige Zellen der Zwischenschicht, die dicht unter dem äußeren Epithel liegen ; c, dermale Triactine; d, Einströmungsporen. Fig. 147. Ebnerella Gregorii (Alkohol). Nat. Gr. Ein kleineres Exemplar von Lesina. Fig. 148. Ebnerella Gregorii (Alkohol, Hämatoxylin, Eosin). > 150. Tangen- tialschnitt durch die Gastralmembran — ein Kammermund von außen. a, Kragenzellen; b, kragenzellenfreier Kammerhals; c, Kammermündung. Fig. 149. Ebnerella Gregorii von Lesina. Nadeln. >< 250. a, abstehende, dermale Rhabde; b, dermales Tetractin mit centripetalem Apicalstrahl; c, subgastrales Triactin mit centrifugalem Sagittalstrahl; d, gastrales Tetractin mit kurzem, frei ins Oscularlumen hineinragenden Apicalstrahl. Fig. 120. Ebnerella Gregorii (Alkohol, Hämatoxylin, Eosin). ><400. Flächen- ansicht der äußeren Oberfläche. a, Kerne des äußeren oberflächlichen Plattenepithels; b, Kerne der ektodermalen Plattenepithelzellen im Umkreis der Einströ- mungsporen; c, Kerne rundlicher, dicht unter dem Epithel liegender Zellen; d, dermale Tetractine; e, Einströmungsporen. Fig. 124. Ebnerella Gregorii (Alkohol, Hämatoxylin, Eosin). >< 600. Flächen- ansicht der Kammerwand. Fig. 122. Ebnerella Gregorii (Alkohol, Hämatoxylin, Eosin). >< 60. Quer- schnitt durch die Körperwand. Die Spongien der Adria. 1. 321 Fig. 123. Ebnerella Gregorii (Alkohol, Hämatoxylin, Eosin). >< 60. Tangen- Ischnittserie durch die Körperwand. f A, dicht unter der äußeren Oberfläche; B, 0,2 mm unter der äußeren Oberfläche; C, dicht über der Gastralfläche ; D, Flächenansicht der Gastralfläche. Tafel XV. r. Fig. 124. Vosmaeria corticata (Alkohol, Pikrokarmin). >< 20. Hälfte des obe- ren Theiles eines Längsschnittes durch ein kleines Exemplar. 4 Fig. 425. Vosmaeria corticata von Lesina. Nadeln. >< 600. Lanzenrhabde der äußeren Oberfläche. Fig. 126. Vosmaeria corticata (Alkohol, Pikrokarmin). >< 150. Schnitt senk- recht zur Oberfläche. i Fig. 127. Vosmaeria corticata von Lesina. Nadeln. >< 165. a, Rhabd. a, proximales Ende; b, distales Ende; b, ec, proximale, parenchymale Triactine; d, Triactin aus dem mittleren Theile des Parenchyms; e, Triactin der Dermalmembran; f, 9, gastrale Tetractine. Fig. 128. Vosmaeria corticata (Alkohol, Alaunkarmin). >< 1200. Junge Eizelle, h, Fig. 429. Vosmaeria corticata (Alkohol, Alaunkarmin). >< 1200. Flächenan- ‚sicht der Kragenzellenschicht. j P, Kammerporen. Fig. 130. Leucetta solida (Alkohol, Alaunkarmin, Safranin). >< 1200. Quer- ‚schnitt durch eine, zwei benachbarte Kammern trennende Membran. K' a, Zwischenschichtlage. ; Fig. 434. Leucetta solida (Alkohol, Alaunkarmin, Safranin). >< 60. Längs- ‚schnitt, quer durch die Körperwand. 4 a, OÖscularrohr; b, äußere Oberfläche. Die Enden des exkretorischen Apparates bei den Nemertinen. Eine Mittheilung von Otto Bürger, Privatdocent in Göttingen. Mit Tafel XVI. Max ScauLtze! fand bei einer bewaffneten Nemertine (Tetrastemma obseurum nov. sp.) außer den beiden kontraktilen Seitengefäßen noch ein Paar Längskanäle neben diesen verlaufend auf, welche er als Wasser- gefäße deutete. In ihren Verästelungen bemerkte Scaurtze deutlich eine Bewegung schwingender Wimpern, fügt indessen seiner Darstellung hinzu: seinzelnstehende Wimperläppchen wie beidenRhab- docölen scheinen nicht vorhanden zu sein«. Spätere Autoren der Nemertinen fanden das Exkretionssystem nicht wieder auf, so dass Szmper ? dasselbe geradezu erst wieder bei Mala- cobdella entdeckte. von Kenner? beschrieb darauf den exkretorischen Apparat dieser parasitischen Nemertine. Er fand in der Schlundregion jederseits über dem Seitenstamm (Lateralnerv) je ein Längskanälchen, das sich mehrfach verzweigt und mittels eines Porus nach außen mündet. von Kenner hat durch seine sorgfältigen Untersuchungen den Bau auch der Wandungen der Kanäle bis in die feinen Verzweigungen hinein erkannt, indem er sah, dass sich dieselben aus einer Schicht prismatischer Zellen aufbauen, die sich auf eine Basalmembran stützt. Dagegen vermochte sich dieser Autor nicht darüber bestimmt zu ent- scheiden, ob in den Kanälen des Exkretionsorgans Wimperung vor- handen ist oder nicht. Er vermuthete das Erstere. 1 Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien. Greifswald 4851. 2 Die Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere. Arb. a. d. zool. Inst. zu Würzburg. Bd. III. 48764 877. 3 Beiträge zur Kenntnis der Nemertinen. Arb.a. d.zool. Institut zu Würzburg. Bd. IV. 1877. TER Bi Die Enden des exkretorischen Apparates bei den Nemertinen. 323 ki’ x Husrecnt! und Oupemans? lehrten uns das Exkretionssystem bei £ so vielen Vertretern der Nemertinen aller Familien kennen, dass wir nunmehr folgern dürfen: in der Regel besitzen die Nentenanen Exkretionsgefäße. In der Regel — denn bisher sind sie bei einigen E Formen nicht nachgewiesen, obwohl das Augenmerk besonders darauf gerichtet war, sie aufzufinden. So hat sich von KunneL vergebens be- müht, einen Exkretionsapparat bei Geonemertes palaensis (Semper) F EB zustetlen. ’ Auch v. Grarr bemerkt ausdrücklich, ein Exkretionsorgan bei Geonemertes chalicophora weder am lebenden noch am konservirten Thiere aufgefunden zu haben. Mir * gelang es nicht, dieses Organsystem bei den Prosadenoporus- _ Arten, auf deren Verwandtschaft mit jenen beiden Landbewohnern ich > wiederholt hinwies, zu konstatiren, während mir dasselbe bei den übrigen seiner Zeit beschriebenen Exoten nicht entgangen war. Da all diese Formen in ihrer Organisation mehrfach vom Typus | - der Organisation der Enoplen abweichen, halte ich es für sehr wahr- 4 - scheinlich, dass jene negativen Befunde den Thatsachen entspre- chen. i Husrecut! und Ovpemans? machten die merkwürdige Mittheilung, > dass bei gewissen niederen Nemertinen, Carinoma und Carinella, die % beiden Gefäße des Exkretionsapparates mit den Seiten- — gefäßen des Blutlaufsystems kommuniciren. | So wurde angegeben, dass bei Carinoma Armandi (Me. Int.) Oud. jeder Exkretionskanal am Anfang und Ende und noch einmal dazwischen in das Seitengefäß einmünde. Bei Carinella annulata wurden nur die | Endöffnungen vorn und hinten aufgefunden, bei dieser Art beschrieb Okvoemans aber eine Drüse (nephridial gland), welche mit dem Exkre- - tionskanal parallel in der Wand des Seitengefäßes sich erstreckt. An diese Drüse sendet der Exkretionskanal zahlreiche Äste. = HusrecHht war in der Folge bei Weitem vorsichtiger in der Beur- e theilung der »nephridial gland«, indem er dieselbe als einen Abschnitt 1 Der exkretorische Apparat der Nemertinen. Zool. Anz. 8. Jahrg. 1885. 2 The circulatory and nephridial Apparatus of the Nemertea. Quart. Journal of mier. Sc. Vol. XIX. N.S. 4885. Dort auch ein erschöpfendes Verzeichnis der _ Litteratur des exkret. Apparates der Nemertinen. 3 Geonemertes chalicophora, eine neue Landnemertine, Morph. Jahrb. Bd.V. 1879. 4 Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Nemertinen nebst Beiträgen zur Systematik. Diese Zeitschr. Bd. L. 1890. 5 Challenger Report. Nemertea, Vol. XIX. 1887. 324 Otto Bürger, des Nephridiums auffasste und nicht als ein besonderes Organ, von dem OUDENANS Spricht. Dass Husrecut damit das Rechte getroffen hatte, erwies sich mir '!, nachdem ich mich überzeugt hatte, dass sich jenes scheinbare Organ aus nur einer Summe von dicht hinter einander liegenden vielfach ge- wundenen Zweigen des Exkretionshauptkanals zusammensetzt. Es ist später Husreeut? nicht gelungen, solch offene Ver- bindungen, welche das Nephridium mit dem Seitengefäß eingehen soll, bei der noch ursprünglicheren Carinina grata nachzuweisen — ein Misslingen, das im Verein mit meinen eigenen negativen Resultaten in dieser schwierigen Frage bei einer Nachuntersuchung von Carinella annulata und polymorpha immerhin jene seltsamen Befunde nicht bekräftigt. Im Übrigen fehlen Angaben über die Art der Enden der Exkre- tionsgefäße bis auf eine, wie es scheint wenig beachtete Notiz von SıLLıman ? betrefis Tetrastemma aquarum duleium (Silliman). Wir er- fahren: die beiden Längsstämme der Wassergefäße dieser Nemertine besitzen eine reichliche Verzweigung und »diese Bewegung (der Flüssigkeit in den Exkretionskanälen) wird von Flimmerläppchen, die inden erweiterten Enden der kapillaren Zweige sich befinden, unterhalten«. »Es besteht«, wie Sırıman hinzufügt, »kein principieller Unterschied zwischen dem Wasserge- fäß der Rhabdocölen und Nemertinen.« Wohl aus dem Umstande, dass sich diese Angabe Sırrıman’s ledig- lich auf die genannte aberrante Form beschränkte und auch nicht durch eine Abbildung gestützt wurde, mag es sich erklären, dass sich dieselbe kaum Eingang verschafft hat, obgleich sie, wie kaum eine andere, schwer- wiegt in der Frage nach den Verwandtschaftsbeziehungen der Nemer- tinen. Denn wir müssen uns eingestehen: entweder giebt uns der Ne- phridialapparat dieser Würmer ein großes Räthsel zu lösen auf, oder wir haben ihn noch nicht richtig und hinlänglich ergründet. Kurz gefasst, Sırıman’s Beobachtung bestätigt sich im Stamm der Nemertinen, aus dem nur vereinzelt Formen heraustraten, um sich dem süßen Wasser oder selbst dem terrestrischen Leben anzupassen. Die Zweige der Exkretionskanäle laufenin blinde En- den aus, in denen eine Wimperflamme schwingt. Solche Enden habe ich bei Arten der Gattungen Eupolia, Nemertes, 1 Op. eit. $ 323. 4. 2 Op. cit. $ 323. 5. 3 Beobachtungen über Süßwasserturbellarien Nord-Amerikas. Diese Zeitschr "Bd. XLI. 1885. Die Enden des exkretorischen Apparates bei den Nemertinen. 325 | Man überzeugt sich sofort, dass mit Ausnahme von Eupolia nur ’ nopla in Frage kommen. Nur unter diesen finden sich im Neapler - Golfe — die Untersuchungen wurden in der Zoologischen Station ange- stellt — leidlich durchsichtige Formen und solche, die sich dann auch zwischen Objektträger und Deckglas bezwingen lassen. Wie bescheiden | mein Begriff von Durchsichtigkeit ist wird dem Kenner illustrirt durch die Angabe, dass Nemertes graeilis (Johnston) zu meinen Paradeob- -jekten zählt. | Klemmt man ein vorderes Körperstück von Nemertes gracilis ge- -hörig zwischen den Gläsern ein und betrachtet man dann einen Ab- - schnitt auch nur bei schwacher Vergrößerung (es genügte mir schon Zeıss -D, Oc. 2 u. 3) am Rande in der unmittelbaren Nähe der Seitenstämme, so i w ird man bald medial neben diesen und auch wohl auf ihnen (das Objekt ‚liegt auf dem Bauche) an verschiedenen Stellen im Körpergewebe eine 7 Wimperung deutlich bemerken, man wird sogar Wimperflammen unter- scheiden, die in feine Kanäle hineinschlagen und diese Kanälchen in größere verfolgen können und sich bald in ein ganzes Kanalsystem, wel- ches aus den Kanälchen der Wimperflammen und den Gefäßen, in die "sie münden, besteht, »hineingesehen« haben (Fig. 2). Man wird ein neben dem N längsverlaufendes Hauptgefäß von Zweig- ‚gefäßen unterscheiden, die jenes fortgesetzt abgiebt, und die meist — anstatt sich auszubreiten — wieder am Hauptgefäß dicht entlang laufen; “nur von Zeit zu Zeit stößt man, das Objekt dem Auge nachrückend, ‚auf Kanäle, die quer verlaufend, sich bis zum Darm und noch unter ihn fortsetzen. Das Hauptgefäß eben so wie die verschiedenen vielen Zweige ‘sind aber mit zahllosen kurzen Kanälchenenden besetzt, die nur ein wenig, ehe sie blind enden, anschwellen. In jedem Kanälchenende befindet sich immer eine kurze Wimperflamme, in der That »ein - Wimperläppchen « in lebhaft schwingender Thätigkeit. Die Seitenzweige "verästeln sich oft gablig in mehrere dieser die Wimperflammen ent- "haltenden kapillaren Anschwellungen, Kölbchen, wie ich sie nennen | möchte. Eine Wimperung, außer von den Wimperflammen herrührend, habe f b | 1 Prosorochmus bistriatus nov. sp. Bis 15 cm lang, A—A1/, mm breit. Farbe: weiß, öfters mit grünem Schimmer. Zeichnung: zwei breite braune Rückenstreifen in der gesammten Körperlänge. Vier sehr große Augen. Seitenorgane weit nach vorn in die Kopfspitze vor das Gehirn gerückt. Ich stelle diese Tetrastemide zu , der Gattung Prosorochmus, ohne zu wissen, ob sie eine vivipare Form ist, da ich I diese Gattung anders als Husrecut definire. — Davon später, Vorläufig stelle ich ur die Artdiagnose für eventuelle Nachuntersuchungen zur Verfügung. 3926 Otto Bürger, Be ich in den äußerst feinen Exkretionskanälen von Nemertes nicht wahr- nehmen können. Doch ich komme hierauf zurück. Die Exkretionsgefäße dieser Form erstrecken sich, gleich hinter dem Gehirn beginnend, sehr weit nach hinten. Schon Oupemans hat auf ihre relativ enorme Länge aufmerksam gemacht. Auch bei Prosorochmus bistriatus (Fig. 3) sind die Exkretionsgefäße von ungewöhnlicher Länge. Ich konnte sie vom Gehirn bis über die vordere Körperhälfte hinaus nach hinten verfolgen, immer wieder tauchten sie von den Geschlechtsprodukten eingeengt und oft verdeckt auf. Sie sind also mindestens verschiedene Gentimeter lang, wäh- rend die Exkretionskanäle von Tetrastemma, Drepanophorus, Amphi- porus und auch, so viel ich sie kenne, die der Anopla nur wenige Millimeter längs verlaufen. Das Hauptgefäß verzweigt sich bei Prosorochmus bistr. noch viel reichlicher als bei N. gracilis. Die Verzweigungen umgittern geradezu den Seitenstamm und besonders über ihm sind sie gut mit ihren Kölb- chen zu beobachten, da sie sich scharf gegen den durch sie gegebenen streifigen Untergrund abheben. Die Kölbchen sind besonders lang; die Wimperflammen machen denselben Eindruck wie bei der vorigen Form. Charakteristisch sind aber die zahllosen sternartigen Erweiterungen (Fig. 3), die das Exkretionsgefäßsystem erfährt, indem von einem Zweige auf einmal, d.h. am selben Punkte, vieleKölbchen entspringen, die nun radienartig nach allen Richtungen ausstrahlen. Sowohl im Ausführ- ductus (der in den nach außen sich öffnenden Porus mündet) als auch in den zuleitenden Exkretionsgefäßen bemerkte ich deutlich eine Flimme- rung an ihrer Wandung. Es ist eine gleichmäßige schwache Flimme- rung, die immer in der Richtung, die nach dem Ausführgange führt, schwingt, erzeugt von einem sehr dünnen Cilienbesatze der die Exkre- tionsgefäße auskleidenden Zellenschicht, wie ihn schon v. KEnxeEL! ver- muthete. Jedenfalls ist die Art dieser Flimmerung nicht mit derjenigen in den Kölbehen zu verwechseln. Die Kölbchen finden sich nicht am Ausführgang, indess sofort vor und hinter seiner Mündung in das Haupt- gefäß an diesem. Eingehend habe ich das Exkretionsgefäßsystem von Drepanopho- rus rubrostriatus (Hbr.) und serraticollis (Hbr.) studirt. Ohne eine Färbemethode ist bei diesen Formen, wo das Exkretions- gefäß links und rechts vom Magendarm gelegen ein längliches unent- wirrbares Knäuel bildet, nichts zu ermitteln. Man wird am gepressten Thier auffallend dicke Gefäßstämme und nicht viel weniger umfang- reiche Äste derselben leicht bemerken, auch eine Flimmerung in diesen I Op. eit. E Die Enden des exkretorischen Apparates bei den Nemertinen. 327 weiten Röhren nachweisen — aber von feineren und feinsten Ver- # zweigungen und gar von Enden wird man wohl nichts entdecken. Ich färbte sich gelegentlich tief blau. Auch dann ist freilich selbst am stark komprimirten Thiere noch nichts von Enden zu erkennen, wenn man aber nun mehr quetscht, so 2 gelingt es wenigstens Abschnitte des Nephridialapparates immer zu iso- - liren, nicht selten aber auch das gesammte Kanalsystem einer Hälfte mit den anhängenden Geweben, die nicht weiter stören, aus dem Körper - herauszupressen!. Dann ist die Beobachtung leicht, man hat die denk- bar klarsten Bilder. 4 Das Methylenblau übt auf die Wimperthätigkeit keinen schädlichen - Einfluss aus, so lange die Gewebe frisch, d. h. lebend sind, hält auch sie : an; und bekanntlich überdauert gerade die Thätigkeit der Wimperzellen — hier die der Wimperflammen, selbst das Absterben benachbarter ” Gewebe noch um eine ganz beträchtliche Zeit. Fig. 1 ist nach einem solchen Präparat entworfen. Sie zeigt den Ausführgang des einen Ex- kretionsgefäßes, welcher in der Mitte zwischen dem Gehirn und dem durch die Taschen charakterisirten Mitteldarm liegt, also auch in der Mitte des exkretorischen Apparates einer Seite, welcher sich ja nur in der durch Gehirn und Nitteldarm vorn und hinten begrenzten Region des Magendarmes ausdehnt. Ein sehr dickes Gefäß, welches die unmittelbare Fortsetzung des Ausführganges bildet, begiebt sich, dem Seitenstamm (Lateralnerven) parallel verlaufend, nach vorn, tritt nahe an das Gehirn hinan, löst sich aber noch hinter demselben in ein Knäuel von Zweigen auf. Ehe es sich auflöst, giebt es aber einen starken Seitenast ab, welcher sich gleich nach seinem Ursprung gabelt. Beide so entstandenen Stämme ziehen nach hinten über den Ausführgang hinweg und bilden ein zweites Knäuel unmittelbar vor dem Mitteldarm. Selbstverständlich bilden 1 Vielleicht ist die Angabe meiner Methode, gerade ihrer Einfachheit halber, nicht unwillkommen. Ich zerlegte einen Drepanophoruskopf durch einen vertikalen Längsschnitt in zwei Hälften, welche ich 3—4 Minuten lang zur Färbung in Methyien- blau 0,5 g: 100 !/,0/giger Kochsalzlösung legte, spülte sie dann mit Kochsalzlösung mehrmals ab und quetschte ein Objekt. Man kann ein Quetschpräparat auch auf dem Objektträger mit jener Lösung färben. Die Methode war schließlich durchaus erfolgreich. Es kommt ja nur darauf an, durch die ziemlich rohen Operationen den exkretorischen Apparat der Färbflüssigkeit möglichst rasch zugänglich zu _ machen, ihn freizulegen. 328 Otto Bürger, diese Hauptgefäße nicht nur die Knäuel, sondern geben noch manche Äste in ihrem Verlaufe ab, von denen nur wenige eingezeichnet wurden, um die Figur nicht zu verwirren. Immerhin bietet dieselbe, da das, was eingetragen wurde, sich genau an das frische Präparat anlehnt, mehr als ein Schema. Die Verzweigung der dicken Gefäße ist nicht die weitgehende, welche man gerade im Hinblick auf ihren starken Umfang erwarten sollte. Von den Enden der Hauptgefäße und von denen ihrer Zweige entspringt eine Verästelung, die ich eine geweihartige nennen möchte, denn wie die Enden eines Hirschgeweihes den gemeinsamen Stangen aufsitzen, entspringen die Wimperkölbchen von gabligen Ästen der dicken Exkretionsgefäße. Geweihe sitzen auch den Hauptgefäßen und ihren Hauptzweigen in ihrem Verlaufe auf, sie finden sich nicht lediglich nur an ihren Enden (Fig. 1). Für die Enden des Exkretionsgefäßes von Drepanophorus serrati- collis vor Allem passt die Bezeichnung »Kölbchen«. Sie schwellen zuletzt ganz erheblich an. In jedem Kölbchen schwingt eine sehr lange Wimperflamme, die oftmals bis in das Gefäß, dem die Geweihe an- sitzen, hineinschlägt. Die Wimperflamme istein Schopf von Gilien. Man wird sich davon überzeugen, sobald die Thätigkeit der Flamme erlahmt, sie in schlängelnder Bewegung langsam schwingt und die einzelnen Cilien durch einander flattern (Fig. 6). Der Inhalt in den Karälen wird in zitternder Bewegung erhalten durch Flimmern, die der Wand, so viel ich mich überzeugt, nirgends fehlen, obwohl sie, wie gesagt, keinen dichten Haarpelz bilden. Ich habe früher, besonders ehe ich färbte, durch die gleichartige Flimmer- bewegung unterstützt, den Verlauf der Hauptgefäße bei verschiedenen Arten zu konstruiren versucht und ganz zutreffende Bilder erhalten. Die Wimperkölbchen fallen nicht nur durch die Flammen, sondern auch durch ihr Aussehen auf. Die Kanäle haben eine nach auben glatte Wandung, von der wir wissen, dass sie aus einer epithelartigen Zellauskleidung besteht. Die Enden dagegen gleichen, um ein Bild zu gebrauchen, einem Zapfen, der mit hohen Höckern rings besetzt ist (Fig. 5, 6 und 7). Die Höcker sind nach außen vorspringende Zellen, welche rings das Kölbehen umgrenzen, dessen Epithel darstellend. Schon mit Hilfe der Methylenblaufärbung überzeugen wir uns von der Zellnatur der Höcker: wir bekommen kuglige Kerne in den birnförmigen Höckern zu Gesicht, wir beobachten ferner, dass die Höcker einem stark licht- # brechenden Protoplasma ihren Glanz verdanken, ein Glanz, welcher Die Enden des exkretorischen Apparates bei den Nemertinen. 329 _ überhaupt die Wand der Wimperkölbcehen auszeichnet und so diese } Gebilde und überhaupt die Geweihe scharf gegen die Kanäle des Ex- _ kretionsapparates absetzt, deren Wand im Leben ein körniges Proto- plasma zeigt, das sich intensiv mit Methylenblau färbt. In den Höckern finden sich kleine an und für sich gefärbte Kügelchen, Konkremente - glaube ich, wie sie von mir auch in den Enden der Zweige des Exkre- - tionsgefäßes von Carinella bemerkt wurden. Färbt man das Objekt mit distinkteren Tinktionsmitteln, ich wandte - Safranin an, nach der Fixirung mit einem Osmiumessigsäuregemisch, so überzeugt man sich, dass die Wimperkolben mit einem Kernbelag - allseitig umkleidet sind, ganz wie die Kanäle des Nephridialapparates. - Nur wenige Kerne finden sich am verjüngten basalen Ende, mit dem - das Kölbehen dem Kanale aufsitzt. Das Kölbchen selbst aber besitzt > geradezu eine Haube von Kernen (Fig. 7). | Auch die BR PreRUlboinen besitzen eine epithelartige Auskleidung. Nur eins scheint die Wimperkölbchen in ihrem Bau von den Ex- - kretionskanälen zu unterscheiden: es fehlt ihnen die äußere Umhüllung - durch die Basalmembran, welche das Epithel der Kanäle umkleidet und nach außen gleichmäßig abgrenzt. Das erklärt nun auch das ab- - sonderliche Aussehen der äußeren Fläche der Kölbcehen. Innen schließen die Epithelzellen derselben mit den einen Enden an einander und ziehen sich eventuell wie im schlanken basalen Ende der Kölbchen auch aus einander, um eine glatte Wand um das Lumen der Kölbchen zu bilden, eine Art Membran, welcher nun die Zellen außen aufsitzen. So sind die Zellenkörper des schlanken basalen Abschnittes der Kölb- chen, wo nur wenige Epithelzellen die Wand bilden, platt, die vielen ‚des Kölbchenendes dagegen hoch angeschwollen. Es wäre aber auch nicht wohl mit der Funktion der Wimperkölb- chen vereinbarlich zu denken, wenn auch diese in einer Membran steckten, die sie gegen das Körpergewebe rings abschließen würde. Denn ‚dass wir in dem Wimperkölbchen Analoga der entsprechenden Wimper- ‚apparate des Exkretionsgefäßsystems der Plathelminthen vor uns haben Zeigt nicht allein die typisch ähnliche Erscheinung dieses Organsystems bei den Nemertinen uns an, sondern auch folgende Beobachtung. | Man bemerkt leicht sowohl bei Drepanophorus als auch Amphi- porus am lebenden etwas komprimirten Thier, dass die Seitengefäße ‚des Blutkreislaufes sich unmittelbar vor der zwischen den Gehirngan- ‚glien gelegenen Kommissur mit dem Rückengefäß seitlich wenden, ganz ‘an den Körperrand hinantreten und in der Ösophagusregion etwa in der lateralen Mittellinie so seitlich wie nur möglich verlaufen. Vor Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 99 330 Otto Bürger, dem Mitteldarm biegen sie sich dann’ plötzlich einwärts und ziehen unter den Darmtaschen gelegen nach hinten. Dieselbe äußerst laterale Lage nimmt aber das Exkretionsgefäßsystem am gleichen Orte ein. Dass sich die Äste und auch die vorhin als Hauptgefäße charakte- risirten Kanäle des Nephridialapparates mit dem Blutgefäß verstricken, es umschlingen und umknäueln, fiel mir schon auf, ehe ich noch zur Färbung schritt. Das Blutgefäß und die Exkretionskanäle stehen mit einander im innigsten Zusammenhang. Aber nirgends kommtes dennoch zu einer offenen Ver- bindung beider Systeme bei den Enopla, sondern der Zusam- menhang ist ein solcher, wie ich ihn für Garinella bestätigen und näher erklären konnte: die Nephridialkanäle verzweigen sich unmittelbar an der Blutgefäßwand, die Geweihe liegen direkt an ihr. Das Blut- gefäß wird vom Nephridium in diesem Abschnitt völlig umsgittert. Man wird sich hiervon auch überzeugen, wenn man fixirte Prä- parate färbt. Nach einem solchen ist ein kleiner Abschnitt eines Seiten- gefäßes des Blutgefäßsystems in Fig. 4 dargestellt. Es ist ja sogar wahrscheinlich, dass die Enden, die Wimperkölb- chen, wie bei Carinella tiefer in die Wand des Blutgefäßes eindringen, ich habe bisher Schnitte darauf hin nicht untersucht. | Jedenfalls spricht diese Erscheinung der intimen Beziehung von Blut- und Exkretionsgefäßsystem auch bei den Enoplen sehr dafür, dass bei den Anoplen, speciell Carinella, dieselben Verhältnisse ob- walten, sich auch dort in den Enden Wimperflammen finden. Meine Bemühungen sind lange darauf gerichtet gewesen, auch diese Verhältnisse bei Carinella gleichzeitig aufzuklären, leider bislang ohne Erfolg; d.h. ich habe nicht einmal die Hauptgefäße zu Gesicht bekommen, die doch auf Schnitten sich als sehr stark erwiesen. Übri- gens sind Carinella annulata und polymorpha hier ziemlich seltene Objekte. Besteht nun wirklich kein prineipieller Unterschied zwischen Wassergefäß der Rhabdocölen und Nemertinen wie Sırrıman sich äußert? Über die Entwicklung des Exkretionsgefäßes ist, so viel ich weiß, weder bei den Turbellarien noch auch bei den Nemertinen (HusrEcHT- Sırensky) Verlässliches bekannt. Im feineren Bau dagegen geht der Nephridialapparat in beiden Thiergruppen ganz erheblich aus einander. Doch ich fasse noch einmal zusammen, ehe ich kurz einen Ver- gleich mit dem exkretorıschen Apparat anderer Würmer anschließe. Die Kanäle des Nephridialapparates der Nemertinen sind miteinem Flimmerepithel ausgestattet undendenmit > SER. u ee Ei a EI x ai Fe &; Die Enden des exkretorischen Apparates bei den Nemertinen. 331 hohlen blindenKölbchen, die gleichfalls ein einschichtiges vielzelliges Epithel auskleidet. In jedem Kölbchen, ange- heftet am blinden verdickten Ende, schwingt eine Wimper- flamme in das Lumen des Kölbchens hinein. Es ist nun augenscheinlich, dass wir in unseren Wimperkölbchen Gebilde haben, die den Wimpertrichtern, wie sie bei Turbellarien, bei den Rhabdocölen von v. Gzarr!, bei den Polycladen von Line? be- schrieben wurden und wir sie auch bei anderen Plathelminthen, Ge- stoden und Trematoden, näher durch Fraıponr’s ® und Pıntner’st Unter- suchungen kennen lernten, entsprechen. Es sind wohl zweifelsohne entsprechende Gebilde hinsichtlich der Funktion — weiter geht die Pa- rallele aber auch nicht. | | Der Wimpertrichter der Plathelminthen stellt eine einzige Zelle dar und jede der flimmernden Trichterzellen ist nach Pınrner als eine einzellige Drüse zu betrachten. Lang sagt im Anschluss an die Be- sprechung des Exkretionssystems der Plathelminthen in seinem Lehr- buch5: »Wir wagen es in der That, das Wassergefäß als eine Hautdrüse aufzufassen, welche die specielle Funktion der Exkretion übernommen hat.« In der Polycladen-Monographie giebt Lang an, dass die Exkretions- kanäle aus einer Reihe durchbohrter Zellen entstanden zu denken seien. Eine Zelle bildet den Verschluss, das ist die Trichterzelle mit der Wimperflamme. Übrigens kommen bei den Plathelminthen manche Verschiedenheiten hinzu. Es sollen die Kanäle selbst mit einem Wim- perkleide ausgestattet sein können, bei Gestoden besitzen die Wandun- gen der Hauptgefäße des Exkretionsapparates nach Pınrner als Matrix ein wohlausgebildetes Außenepithel etc. Man ersieht aus dem Angeführten, dass ein genaueres Studium der Nephridien der Nemertinen nicht dazu führen kann, sie als typischen Exkretionsapparat der Plathelminthen hinzustellen. Sehr schwer wiegt meines Erachtens der Mangel einer Schlusszelle. Sie wird bei den Ne- mertinen ersetzt durch den Wimperkolben. Was ist nun dieser im Vergleich zur Trichterzelle? Ich möchte damit antworten, dass die Trichterzellen gerade so zu den Kanälen des Exkretionsgefäßes der 1 Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. 1882, 2 Die Polycladen des Golfes von Neapel. 1884. 3 Recherches sur l’appareil excreteur des Tr&matodes et des Cestoides. Arch. de Biologie. T. I. 1880. 4 Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. Arb. a. d. zool. Inst. zu Wien, Bd. IH. 5 Lehrbuch der vergl. Anatomie. I. Abthlg. Jena 1888. 2a 332 Otto Bürger, Turbellarien, Gestoden, Trematoden gehören wie die Kölbchen zu den Exkretionsgefäßen der Nemertinen. Ich bezweifle nicht, dass beiderlei Nephridien genetisch grundverschiedene Bildungen sind, so verschie- den z. B. wie das Cölom von Sagitta und Polygordius. Die Entwicklung der intracellulären Nephridialkanäle hatte jenen eigenthüm- lichen Endapparat in Gestalt der Trichterzelle im Gefolge, eben so (oder besser gesagt aus demselben Grunde) wie mit der Entwicklung der Nephridialkanäle der Nemertinen, die von Anfang an epithelial um- grenzte Hohlräume darstellen werden, die Entwicklung der Wim- perkolben — es folgt das Eine aus dem Anderen — Hand in Hand gehen wird. Ich glaube mit HusrecHt, dass sich dieselben von einem embryonal sehr früh durch Einstülpung entwickelten Hohlorgan her- leiten, denn es müsste jede histologische Erkenntnis trügen, wenn sie aus soliden Zellmassen ihren Ursprung nehmen sollten. Das »Außenepithel« der Nephridialkanäle der Cestoden dürfte wohl kaum dem Epithel der Nemertinennephridien entsprechen, leider ist mir die Originalarbeit Pınrner’s nicht zur Hand, aber schon der Name sagt ja, dass es jedenfalls nicht ein Epithel ist, welches anderen Wim- perepithelien z. B. dem des Darmes oder der Haut eines Polycladen oder einer Nemertine zu vergleichen wäre. Das Epithel der Nephridial- kanäle der Nemertinen ist aber im Grunde ganz wie ein solches be- schaffen, nur besteht es aus lauter gleichartigen Zellen. Es ist ein echtes Epithel und ein solches nenne ich beispiels- weise die zellige Auskleidung der Ampullen der Ausführducti, welche die Nephridien von Nephelis besitzen, im Gegensatz zu jener Zellwand, welche die Schleifen, die eigentlichen Exkretionskanäle charakterisirt. Jedenfalls sind die Exkretionskanäle der angeführten Plathelminthen nur von äußerst wenigen Zellen aufgebaut im Vergleich zu den Exkre- tionskanälen der Nemertinen, deren Wandung aus unendlich vielen kleinen eylindrischen Zellen sich zusammensetzt. Neapel, im Juni 1891. Erklärung der Abbildungen. Tafel XVI, Es bedeuten: EC, Kanal des Exkretionsgefäßes ; AG, Ausführgang des Exkretionsgefäßes, in den Exkretionsporus mün- dend; ® Die Enden des exkretorischen Apparates bei den Nemertinen. 333 WF, Wimperflamme; WK, Wimperkölbchen; Big, Blutgefäß; SSt, Seitenstamm (Lateralnerv); Ep, Epithel der Haut; MD, Mitteldarm. ® Es wurde beobachtet und gezeichnet Fig. 4 und 2 bei Zeıss D 3, sonst bei F 2 und 3. 4 Fig. 4. Drepanophorus serraticollis (Hubr.). Nach einem Quetschpräparat ge- - zeichnet (Methylenblaufärbung am lebenden Objekt). Das eine Exkretionsgefäß- system darstellend. n Fig. 2. Nemertes gracilis (Johnst). Abschnitt aus dem Exkretionsgefäßsystem _ der einen Körperhälfte. Nach dem komprimirten lebenden Thier gezeichnet. : Fig. 3. Prosorochmus bistriatus nov. sp. Ein Zweig des Hauptstammes aus # dem Exkretionsgefäßsystem nach dem komprimirten lebenden Thiere. { Fig. 4. Drepanophorus rubrostriatus (Hubr.). Nach einem mittels Osmium- Essigsäure fixirten und mit Safranin gefärbten Präparat. Die Verzweigungen eines - Astes des Exkretionsapparates am Seitengefäß des Blutkreislaufes zeigend. Fig. 5. Drepanophorus serraticollis. Nach dem lebenden, mit Methylenblau - gefärbten Objekt. Ein Astende des Exkretionsapparates. | Fig. 6. Eben daher ein Wimperkölbchen (mittels Methylenblau gefärbt). Die - Thätigkeit der Flamme ist dem Erlöschen nahe. 1 Fig. 7. Eben daher zwei Wimperkölbchen; fixirt wie vorher und mit Safranin gefärbt. | Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. Von Professor Johannes Frenzel in Cördoba (Argentinien). Mit Tafel XVII. Nachdem ich bereits in einem vorläufigen Berichte! eine Übersicht über die hiesige mikroskopische Fauna gegeben habe, gedenke ich zu- nächst die Protozoen monographisch zu bearbeiten und mit den Rhizo- poden s. str. und den Helioamöben, welche ich von jenen und den Heliozoen abgezweigt habe, zu beginnen. Da aber darüber immerhin noch einige Zeit hingehen wird, so möchte ich im Nachfolgenden einige besondere Formen herausheben, welche manche Eigenthümlichkeiten darbieten und sich zum Theil nicht recht in das herrschende System der Protozoen einreihen lassen. Dieses System, von O. BürscHLı in so meisterhafter Weise in seinem Protozoenwerk ? ausgeführt, ist, das darf ‚. man nicht vergessen, aufgestellt worden auf Grund von Erfahrungen, welche fast ausschließlich an einer Fauna gewonnen worden sind, die größtentheils nur eine europäische ist. Wenn nun auch das nordameri- kanische Gebiet kein unbekanntes mehr blieb, wenn auch Manches von Nordafrika, Ostindien, Australien ete. bekannt wurde, so sind doch in all’ diesen Erdtheilen die Forschungen noch bei Weitem nicht mit jener Konsequenz vertieft worden, dass man sagen könnte, sie seien bereits zu einem ersichtlichen Abschluss gelangt. Auch mag wohl Dieser oder Jener so völlig von der Lehre des Kosmopolitismus der Protozoen über- zeugt gewesen sein, dass er es kaum noch für nöthig erachtete, neue Beweise hierfür herbeizusammeln. Daher erklärte sich die Dürftigkeit ! Siehe meine »Untersuchungen über die mikrosk. Fauna Argentiniens«. Vorläufiger Bericht. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXXVIII. p. 4 ff. und die ersten fünf Mittheilungen (sämmtlich im Erscheinen begriffen). ? Bronw’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs. I. Bd. Protozoa von Dr. O. Bürscaui etc. Leipzig und Heidelberg 1880—1889, Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. 339 unserer Kenntnisse von der geographischen Verbreitung einer Gruppe von Organismen, welche die allerelementarsten sind; daher erklären sich aber auch die auffallenden Lücken, welche ihr System darbietet. Indem ich hoffe, in einer Reihe von Mittheilungen nachweisen zu können, dass es mir gelungen ist, diese Lücken hier und da wenigstens in etwas auszufüllen, möchte ich schon jetzt einige Beispiele hierfür namhaft machen. ET pen Rhizopoda. n Von den Rhizopoden im engeren Sinne werden uns hier nur einige Formen beschäftigen, welche der Unterordnung Amoebaea, der Ein- theilung O. Bürscuur's folgend, einzureihen sind, und unter diesen zu- nächst einige, welche den Moneren Harckzr’s nahe stehen. Als HazckeL im Jahre 1868! seine Monographie der Moneren her- ausgab, waren die Mittel des Kernnachweises noch recht mangelhafte. Mehr und mehr verbesserte sich die Methode, und man fand den Kern - an Stellen auf, wo er vorher in Frage gestellt oder gänzlich geleugnet - worden war. Um dies zu beleuchten, sei nur an die Sprosspilze erinnert, denen sich vielleicht die Spaltpilze anschließen. Nichtsdestoweniger aber gab auch die neuere Methode, die Anwendung verschiedenartiger Tinktionsmittel, oft genug ein negatives Resultat. Ohne die einzelnen hierher gehörigen Fälle aufzuzählen, sei zunächst. nur Auc. GruseEr’s? gedacht, der den Kern an mehreren Stellen vermisste. So geschah dies bei seiner Protamoeba vorax. Bei seiner Lieberkühnia diffluens ver- muthete Gruser zwar einen Kern [l. e. p. 486), vermochte ihn aber - auffallenderweise bei der Behandlung mit Alkohol und nachfolgender N Tinktion nicht nachzuweisen. Eben so erging es ihm bei Craterina mollis 4 (l.c.p.488) und Gromia dubia; bei Pleurophrys genuensis endlich fanden ii sich zwar mehrere Kerne, die indessen, und auch das ist zu beachten, durch Pikrokarmin nur wenig deutlich gemacht wurden (l. c. p. 486). | Noch vor einigen Jahren glaubte ich auf diese Befunde Gruger’s ein besonderes Gewicht legen zu müssen (l. c. p. 101 Anm.). Nachdem aber Bürscnui? bei den so lange umstrittenen Spaltpilzen den Kernnachweis ö 1 Monographie der Moneren von E. HazEcker. Jenaische Zeitschr. für Mediein 4 u. Naturwiss. Bd. IV. (1868.) “ 2 Die Protozoen des Hafens von Genua von Dr. AUGUST GRUBER etc. Nova Acta der kaiserl. Leopoldin.-Carol. Deutsch. Akad. d. Naturf. Bd. XLVI. Halle 1884. Dep. 473 ff. 5 3 Das Idioplasma und die Kernsubstanz, ein kritischer Beitrag zur Frage nach dem Vererbungsstoff von Jos. FrEnzeL. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXVII. p. 73 ff. h 4 0. BürscaLı, Über den Bau der Bakterien und verwandter Organismen. Vor- rag (1889). Leipzig 1890. 336 Johannes Frenzel, vielleicht schon erbracht hat, möchte doch wohl ein bescheidener Zweifel an der Richtigkeit der Folgerungen Gruszr’s angebracht erscheinen. In seiner schon genannten Abhandlung müssen nämlich zwei Punkte auf- fallen, das Fehlen eines Kernes auf der einen Seite und das Vorhanden- sein zahlreicher Kerne auf der anderen Seite. Von der Gattung Gromia z. B. wusste man bekanntlich, dass sie stets mindestens einen Kern besitze. Wenn Grusekr ihn nun bei seiner G. dubia nicht aufzufinden vermochte, so war es entweder, wie er selbst schon vermuthungsweise offen lässt, keine eigentliche Gromia, oder die von diesem Forscher an- gewandte Methode war keine richtige.:. Bei der Besprechung der syste- matischen Stellung seines kernhaltigen Myxastrum liguricum scheint GruBER zwar keinen sehr großen Werth auf die Gegenwart eines Kernes zu legen, da Hazcker’s M. radians kernlos sein sollte und nahe ver- wandte Infusorien uni-, oder multinucleär oder gar kernlos seien (l. c. p. 507); dann durfte unser Autor aber auch die Protamoeba nicht von den Amöben trennen. Bei diesen letzteren muss ferner das Vorhan- densein eines Kernes schon desshalb von Bedeutung sein, als seine Ge- staltung und sonstigen Eigenschaften recht wohl zur systematischen Eintheilung der zahlreichen Amöbenformen mit benutzt werden können. i Mit Hilfe der Pikrokarminfärbung fand Gruger bei Pleurophrys ge- nuensis, Biomyxa vagans, Myxastrum liguricum und Acanthocystis italica eine größere Anzahl von Kernen. Da aber dieser Farbstoff wie über- haupt Karmin, ferner noch Hämatoxylin etc. nicht nur zur chromato- philen Substanz, sondern auch zu anderen Substanzen, die ich als pseudochromatine bezeichnet habe (Idioplasma ete. 1. c. p. 92), große Verwandtschaft zeigt, so möchte es doch erscheinen, als wenn die ganze Methode zum Nachweis von Kernen, wie GruBErR sie zur Anwendung brachte, eine wenig zuverlässige ist. Gerade die Bemühung BürscuLr’s bei den Bakterien hat bewiesen, wie vielseitige Hilfsmittel man hier besonders in Anwendung bringen muss, und in der That ist Bürscnrı (Protozoa 1. c. Einleitung p. XII ff.) geneigt die Überzeugung auszu- sprechen, »dass bei allen angeblichen Moneren Hazcker’s..... der angebliche Kernmangel nur auf ungenügender Erforschung beruht. »Mir begegnete,« so hören wir ihn weiter, »bei vielfachen Studien in der Welt der Einzelligen wenigstens niemals eine Protamoeba oder eine Protomonas, und anderen Beobachtern erging es ähnlich« (cf. Enız, Studien über Protisten. I. Thl. Budapest 1888). So sehr ich mit der soeben angeführten Meinung Bürscaur's über- einstimme, so erschien es mir doch erforderlich, die Frage nach der Kernlosigkeit gewisser amöbenartiger Formen einer erneuerten Prü- Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. 337 ıng zu unterziehen. Denn diese Frage hat nicht nur ein bloß syste- ‚matisches und morphologisches, sondern ganz besonders noch ein physiologisches Interesse, da ja immer mehr die Überzeugung ver- ‚theidigt wird, dass die Kernsubstanz der Träger der Vererbung sei. | Je mehr dieser Satz zur Wahrscheinlichkeit wird, um so mehr wer- den wir jene Substanz in allen den Zellen als vorhanden erwarten | müssen, welche sich vermehren und fortpflanzen, also auch, und zwar | ‚in allererster Linie, in den Amöben. Schon früher habe ich der Meinung Ausdruck gegeben, es sei logisch nicht nothwendig, dass jene Vererbungssubstanz in der ge- formten Gestalt eines Kernes vorhanden ist (Idioplasma, 1. c. p. 108, AO. ). Ich stellte mir vor, dass überall dort, wo ein echter Zellkern nicht nachgewiesen oder nicht nachweisbar ist, eine ihm funktionell "und wahrscheinlich auch chemisch entsprechende Substanz innerhalb ‚der Zellmasse so angeordnet sei, dass sie keinen bestimmt begrenzten ‚und zusammenhängenden Körper mehr darstellte, wobei es ja gleich- gültig wäre, ob sie völlig gelöst oder in Form von kleinen Körnchen ‚enthalten sein sollte. Betrachtet man irgend einenZellkern, oder im Beson- deren einen sog. Bakterienkern, so findet man ihn aus einem Netzwerk Zusammengesetzt, dessen Knotenpunkte besonders stark hervortreten. "Würde man sich nun dieses Netzwerk verschwunden oder außerordent- lich fein vorstellen, so dass nur noch jene Punkte übrig blieben, so wäre der Kern als morphologisches Element aufgelöst in eine Anzahl von Körnchen, die vielleicht unter sich in einem, wenngleich sehr losen Verband stehen könnten. Die Frage, ob dies noch ein Kern sein ‚sollte oder nicht, würde schließlich wohl eben so schwer zu beantwor- ten sein, wie die Frage, was ein Haufen sei, und wie viel einzelne Partikel nothwendig seien, um einen Haufen rtitellen zu lassen. Wir könnten uns demnach nur mit dem chemischen Nachweis von Kern- substanz (Nuclein, Chromatin etc.) begnügen und würden schon viel g: ewinnen, wenn uns der Nachweis gelänge, dass diese Substanz in Gestalt vereinzelter Körnchen geformt sei. Dies sei vorausgeschickt, um die allgemeineren Ergebnisse der nachfolgenden Mittheilungen in ihrem Werthe zu beleuchten, den sie vielleicht für die Beurtheilung der Frage nach dem Vorhandensein eines F Kernes oder einer Kernsubstanz haben könnten. 14 Derartigen lobosen Formen, welche nach Harckeı sowohl eines Kernes wie auch einer kontraktilen Vacuole entbehren, bin ich: hier nicht begegnet. Nicht selten aber sah ich vergesellschaftet mit Indivi- uen von Amoeba verrucosa, welche normalerweise einen Kern führ- ‚ten, auch solche ohne Kern, möchte aber der Ansicht sein, dass dies 338 Johannes Frenzel, nur aberrante Erscheinungen wären, vielleicht pathologische Indivi- duen, oder solche, welche der Fortpflanzung nicht mehr fähig waren. Von Sororın ist 1878 die Gattung Gloidium aufgestellt worden, charakterisirt durch den Mangel eines Kernes, durch das Vorhanden- sein einer kontraktilen Vacuole und durch simultane Viertheilung in beweglichem Zustand (s. Bürscatı, Protozoa, p. 176). Sieht man von letz- terem Punkte ab, so fand ich hier eine Form, welche manche Ähnlich- keit damit bietet, nur dass der Mangel von Kernsubstanz sehr zweifel- haft ist. Ich nenne sie daher: 1} Chromatella argentina nov. gen., nov. spec. (Fig. %). Dieses amöbenartige Wesen fand ich Anfangs März zwischen Lemna und Wolffia im Wasser aus der Laguna Peitiadu, im Osten von Cördoba. Seine Größe ist eine sehr geringe, denn misst man den mehr oder weniger kugeligen Gentralkörper, so ist dessen Durchmesser nur ca. 0,005 —0,006 mm; die einzelnen Pseudopodien können etwa eben so lang oder auch noch etwas jangen > werden. Alle Individuen waren von gleicher Größe. Die Gestalt der Chromatella ist ähnlich der von Amoeba (Dactylo- sphaera) radiosa: von einem kugeligen Körper strahlen einige, nicht eben zahlreiche fingerförmige, bald längere und spitzere, bald breitere und daher mehr lappige Fortsätze aus. Im optischen Schnitt sind es meist nur drei bis fünf Stück. Sie bewegen sich langsam, halb pen- delnd, halb schlängelnd, werden wohl auch eingezogen und ausge- streckt, dienen aber nicht als eigentliche Pseudopodien zur Vorwärts- bewegung des Thieres, sondern wohl mehr als Tast- und Fangorgane. Darauf deutet auch schon der Umstand hin, dass sie mit ziemlicher Regelmäßigkeit allseitig ausstrahlen, so dass ein Vorder- oder Hinter- ende bei diesem Thierchen nicht irgendwie markirt ist. Die Pseudo- podien verzweigen sich niemals. Auch in ihrer äußeren Begrenzung, in ihren Umrissen, zeigt die Chromatella mit obiger Dactylosphaera viel Gemeinsames. Sie hat zwar keine eigentliche Hautschicht, ist aber doch scharf und glatt umschrie- ben, ein Charakter, der allen echten Amöben, den kugelig-sackartigen wie auch den lobosen, mehr oder weniger eigen ist. Der Inhalt der Chromatella besteht aus einer Plasmamasse, welche nur eine geringe Differenzirung in ein Ekto- und Entoplasma erkennen lässt. Ein körnchenfreies Hyaloplasma ist nur den Spitzen und der Mantelschicht der Pseudopodien eigen. Alles Übrige, namentlich also der kugelige Körper, ist bis an den Außenrand hin erfüllt mit einem Plasma, welches zahllose, ziemlich gedrängt liegende, kleine Körnchen “TER Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. 339 von etwas glänzend gelblicher Farbe enthält, die weniger einen krystal- linischen, als vielmehr einen flockigen oder krümeligen, halbweichen Eindruck machen. Dieses körnchenreiche Plasma setzt sich auch in die Pseudopodien hinein fort, doch so, dass die Körnchen allmählich "spärlicher werden, so dass an ihrem Ende ein helles, farbloses Plasma | übrig bleibt. Das centrale Plasma besitzt außerdem noch einige andere, etwas gröbere, glänzende und farblose Einschlüsse, die Fett sein könn- ten, lässt aber keine aufgenommenen Fremdkörper wahrnehmen. Im lebenden Zustande ist von einem Kern nichts wahrzunehmen; dagegen besitzt die centrale Masse eine Vacuole, deren Inhalt den be- _ kannten röthlichen Schein hat, der hier im Kontrast zum gelblichen _ Körnchenplasma noch schärfer als wo anders hervortritt. Der Durch- messer dieser Vacuole wird etwa 0,002—0,0025 mm. Sie ist deutlich ö 'kontraktil und pulsirt in ganz Hegekmäliten Weise, wesshalb sie als eine echte pulsirende Vacuole zu bezeichnen. ist. Es ist stets nur eine einzige vorhanden. Da es mir nicht gelang, am lebenden Exemplar einen Kern zu ‚ entdecken, so versuchte ich dies durch verschiedenartige Reagentien. j | Essigsäure; Alkohol, Sublimat, Färbung mit Karmin, Hämatoxylin etc. ergeben immer ein negatives Resultat. Auch die gewöhnlich ange- BE ndeten Kombinationen von Fixirung und Tinktion blieben erfolglos. Das was ich nur hin und wieder, obgleich undeutlich, sah, war das k "Vorhandensein von Körnchen in der Centralmasse, welche sich etwas ebhatter als die Umgebung tingirten. Schließlich gelangte ich denn zu einer Methode, welche sie um Vieles deutlicher machte. Ich behan- 2 ‚delte maralich die Chromatella zunächst mit verdünnter Essigsäure, die “ F auswusch. Es blieb dann noch der Eile cchl Körper gut erhalten. Zwar waren darin auch gröbere Körner zu sehen, ließen aber nicht entscheiden, ob sie bereits präformirt (Fett?) oder durch Coagulation entstanden waren. Ließ ich nun Hämatoxylin oder Karmin hinzutreten, so färbten sich eine Anzahl jener Körner stets besonders stark. Sie waren zwar P nicht ganz unregelmäßig durch den Centralkörper vertheilt, ließen aber i andererseits auch nicht eine bestimmtere Anordnung wahrnehmen. “Man kann nur sagen, dass sie in einem Raum lagen, der — im opti- "schen Schnitt — etwa die Hälfte der Gentralkugel einnahm. Nach vor- hergehender Behandlung mit schwacher Essigsäure gelang die Färbung ‚auch mit Methylgrün und anderen Kernfarbstoffen. Ich wollte nun versuchen, wie sich derartig behandelte Körperchen zu den Kern- lösungsmitteln verhielten, kam aber zu keinem völlig entscheidenden 340 un: Johannes Frenzel, Resultat. Man muss eben bedenken, dass das etwa vorhandene Nuclein durch Essigsäure wahrscheinlich schon in einen anderen Körper über- geführt wird, in essigsaures Nuclein etwa, dessen Reaktionen erst an einem zweifellosen Beispiele geprüft werden müssen. Ehe dieses ge- schehen ist, kann ein sicherer Schluss auf die Natur jener Körnchen nicht gezogen werden, und es bleibt immer noch die Möglichkeit übrig, dass wir es hier mit pseudochromatinen Substanzen zu thun haben. Ein zweifelloser Nachweis von Nuclein wird meiner Meinung nach erst dann erbracht sein, wenn außer der Tinktionsfähigkeit noch die übri- gen Reaktionen der fraglichen Körnchen geprüft sind. Leider erwies sich nun unsere CGhromatella wegen ihrer geringen Größe wenig ge- eignet dazu. Ich möchte aber nicht bezweifeln, dass die sich stärker färbenden Körnchen die Repräsentanten von Kernsubstanz sein können, welche hier, in diesem Falle, also nicht zu der morphologischen Einheit eines Nucleus geformt, sondern in einer anscheinend regellosen Weise im Plasma vertheilt wäre. Wie aber bei den Bakterien z. B. im Central- körper die Verbindungsfäden schon so feine sind, so ließe sich denken, dass auch hier die Körnchen unter sich auf irgend eine Weise verbunden seien, und dass mithin nur eine eigentliche Kernmembran fehle. Es giebt aber doch auch an anderen Orten ganz unzweifelhafte Kerne, die einer solehen Membran entbehren, oder wo diese außerordentlich fein geworden ist. Diejenigen bis jetzt für kernlos gehaltenen Rhizopoden werden zum eroßen Theil den Amoebaea reticulosa untergeordnet, da ihre Pseudo- podien Netze bilden. Andere Formen zog Bürscarı zu den aphrothora- ken Heliozoen, z. B. die Vampyrella, Monobia und Myxastrum (Protozoa, l. ec. p. 320 ff). Gerade in diesem Gebiete scheint noch eine große Un- klarheit zu herrschen. Es ist mir desshalb bisher nicht klar geworden, wo die im Nachfolgenden zu besprechenden Formen unterzuordnen sein werden. Ihre Pseudopodien können sich zwar in geringem Maße ver- zweigen, bilden aber niemals ein Netzwerk. Ferner stehen sie auch nicht radiär oder strahlig angeordnet. 2) Gringa filiformis!nov. gen. noy. spec. (Fig. 41 und 12). Die hier zuerst zu nennende Form hat eine gewisse Ähnlichkeit mit derjenigen Biomyxa vagans, welche A. GrusERr (l. c. p. 503, Taf. IX, Fig. 27—29) beschreibt, ohne dass ich übrigens in dieser letzteren eine ! Im spanischen Südamerika wird mit Gringo, a das Fremdartige bezeichnet. Das Wort soll sich von Griego, Grieche, herleiten (»hablar en gringo«). Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. 341 ‚durchgehende Übereinstimmung mit demjenigen Organismus finden kann, den Leipy! unter jenem Namen kennzeichnete. Die Größenverhältnisse der Gringa sind ziemlich winzige. Bei größeren Exemplaren maß ich die längste Dimension von der Spitze eines Pseudopods bis zum anderen mit etwa 0,05 mm, während die srößte Breite nur etwa 0,0025 mm betrug. | Die Gestalt der Gringa filiformis ist in der Regel eine langgezogene ‚spindelförmige, so dass die beiden Pole allmählich in je ein Pseudopod auslaufen, welches sich meist S-förmig krümmt und biegt. Wird das eine oder beide Pseudopodien eingezogen, so bleibt der Körper meist in unveränderter Form bestehen. Seine Länge beträgt dann etwa den "vierten Theil der vorherigen, während seine Dicke — im optischen Schnitt — etwa verdoppelt bis verdreifacht erscheint. Bei allen Indi- viduen, die ich sah, gingen die Pseudopodien immer nur als unmittel- _ bare Fortsätze von einem der beiden Spindelpole aus. Zuweilen waren sie hier auch in der Zweizahl, eins wohl länger als das andere, oder, seltener, eins der beiden Pseudopodien gabelte sich einmal unter ‘spitzem Winkel. Wenn eins oder das andere eingezogen wurde, was aur langsam und träge geschah, so wurde es beim Kürzerwerden er- heblich dieker, mehr keulenförmig, während die Pseudopodien, sonst fingerförmig, ziemlich spitz auslaufen. Der äußere Umriss (Kontour) dieses Organismus ist nicht ganz so, wie er sonst den Amöben eigen ist, denn diese haben, wie wir soeben erst bei der Chromatella sahen, im Allgemeinen einen ziemlich scharfen Um- Tiss, d. h. ihr Lichtbrechungsvermögen ist ein derartiges, dass sie sich vom umgebenden Medium scharf genug abheben. Ferner sind sie, und dies ist in unserem Falle noch wichtiger, von glatten Kurven begrenzt, wenn ich so sagen darf, von Kurven, die etwa Kreisbögen darstellen könnten. — Die uns vorliegende Gringa ist zwar auch durch ihre ganze Masse hindurch etwas glänzend, aber der Umriss hebt sich vom um- gebenden Medium weniger scharf ab, und außerdem stellt er nicht jene glatte Kurvedar, sondern ist in ganz unregelmäßiger Weise rauh, etwas höckerig und runzelig. Es ist dies ein ganz charakteristisches 4 \ussehen und findet sich noch bei einigen anderen Formen wieder, welche ich hier beobachtete. Der plasmatische Inhalt dieser Gringa ist durchaus nicht in ein R.. und Entoplasma geschieden, selbst der feinste Ausläufer der Pseudopodien besteht aus derselben Masse, wie der eigentliche Körper. Das Plasma erscheint recht hell und durchsichtig, dabei aber trübe, so ! Fresh Water Rhizopods of North America. — U. St. Geological Survey etc. j Washington 1879. 342 Johannes Frenzel, etwa, wie das Weiße eines Eies, wenn es gerade zu koaguliren beginnt. Trotzdem ist es als hochgradig homogen zu bezeichnen, hat einen gelb- lichen (belfenbeinfarbenen«) Schein und lässt kaum irgend welche Kör- ner und sonstige irgendwie geformte Partikelchen wahrnehmen. Diese Masse durchsetzt das ganze Gebilde in völlig gleichförmiger Weise. Das, was wir früher also als Pseudopodien bezeichneten, ist nichts weiter als eine verdünnte Fortsetzung des eigentlichen Körpers. Die Bewegungen dieses Organismus geschehen ganz träge. Meist liegt er ruhig auf demselben Fleck und pendelt nur langsam mit den Pseudopodien, wobei diese sich, wie wir schon sahen, auch krümmen, einziehen etc. Wie die Nahrungsaufnahme geschieht, konnte ich nicht bemerken, zumal ich auch keine Fremdkörper im Plasma wahrnahm. Ich möchte daher meinen, dass diese, wie auch ähnliche Organismen sich wohl nur noch von gelösten Substanzen ernäh- ren, deren es im Schlamm immer giebt, wobei es ja auch nicht ausge- schlossen bleibt, dass sie feinste, festere Partikelchen von Eiweiß ete. aufnehmen. Der deutlichste Beweis der Lebensthätigkeit dieser Gringa sind die Vacuolen, deren sie drei bis fünf besitzt. Sie liegen von einander getrennt im eigentlichen Körper und gehen nicht in die Fortsätze. Sie sind ferner kontraktil und pulsiren in ziemlich regelmäßigen Intervallen, so dass sie sich wechselweise ablösen. Es ist daher immer eine gefüllte Vacuole zusehen, welche sich gerade entleeren will, dann eine kleinere halbgefüllte und deutlich wachsende, eine eben erst entstehende etc. So lange das Thier ruhig liegt, behalten diese Vacuolen ihren Platz bei und entstehen immer wieder auf derselben Stelle. Treten hingegen größere Formveränderungen des Organismus ein, so mögen sie wohl auch Verschiebungen begleiten. Die lebhafte Thätigkeit dieser Vacuolen gestattet einen Rückschluss auf die Lebensenergie der Gringa, welche keine ganz geringe sein möchte. Einige Male bemerkte ich im Inneren des Plasmas einen rundlichen, dunkleren Fleck, den ich für den Kern hielt. Bei Zusatz von Essig- säure, Alkohol ete. wurde er aber nicht irgendwie deutlicher, nahm ferner die gebräuchlichen Farbstoffe nicht mehr an als dasübrige Plasma, Leider war die Zahl der mir zu Gebote stehenden Individuen nicht groß genug, um weitere Proben anzustellen. Ich kann daher nur sagen, dass ich einen Nucleus mit Sicherheit nicht gefunden habe, ohne dass damit sein Vorhandensein ausgeschlossen bliebe. Über die Fortpflanzung dieses Rhizopoden weiß ich nichts, wess- halb ich ihn auch dem Gloidium (Sorokin) nicht unterordnen möchte. Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. 343 3) Gringa (Protamoeba) flava nov. spec. Im Anschluss an den vorhergehenden Organismus möchte ich einen _ zweiten namhaft machen, dessen ich schon im vorläufigen Berichte dieser »Untersuchungen« ! Seilacht habe. Seines eigenthümlichen plas- £ " matischen Inhaltes wegen einerseits, andererseits seines äußeren Um- Tisses wegen sei er hierher gestellt. | Der eigentliche Körper dieser Gringa ist nicht gerade kugelig, aber doch ziemlich isodiametrisch, im optischen Schnitt mehreckig. Die - Pseudopodien laufen als schmale, fast fadenförmige Fortsätze von diesen - Ecken aus. Sie haben etwa die Gestalt der Haarwürzelchen, welche von einer Pfahlwurzel ausgehen. Ferner werden sie nicht sehr viel länger als der Körper, sind meist gekrümmt und verzweigen sich auch r wohl, ohne später jedoch in einander zu fließen und Netze zu bilden. Im Schnitt sieht man etwa 3 bis 5 solcher Ausläufer. Auch dieses Rhizopod ist von geringer Körpergröße; denn sein _ Durchmesser ist ungefähr nur 0,01 mm, und die größte Ausdehnung - von der Spitze eines Pseudopods bis zu der eines ee _ gemessen wird nicht viel mehr als ca. 0,035 mm. £ Der Umriss (Kontour) dieser rn ist ein noch rauherer als der £ der vorhergehenden. Sie ist bedeckt von unregelmäßigen Höckerchen und Runzelchen. Während dort ferner die Pseudopodien noch einfach F band- oder fingerförmig waren, so sind sie hier von Stelle zu Stelle eigenthümlich knotig oder spindelförmig angeschwollen und verdickt, sowohl an einer Verzweigung wie auch in ihrem übrigen Verlaufe. i Im Zusammenhang hiermit steht die Struktur des Plasmas, welche "ähnlich derjenigen von Gringa filiformis ist. Die Scheidung einer inneren von einer äußeren Plasmaschicht fehlt auch hier. Es ist also gleichfalls "nur eine Art von Plasma vorhanden, welches in gleichmäßiger Weise den eigentlichen Körper wie auch die Pseudopodien erfüllt. Von dem- jenigen der vorhergehenden Art unterscheidet es sich durch seinen R etwas größeren Glanz, wobei es auch leicht gelblich? ist und durch k ‚seinen Gehaltan allerdings undeutlichen, wenig mehr glänzenden Körn- chen von derselben Färbung, die in allen Schichten und Theilen des ' plasmatischen Körpers und seiner Fortsätze vertheilt sind. Außer einigen farblosen fettartigen Kügelchen fand ich keine Fremdkörper im Plasma. Die Ernährung mag also wie bei der vorher- ‚gehenden Art vor sich gehen. Dagegen waren im eigentlichen Körper ‚ur Dur 21. ep. 6 und Taf. 1, Fig.-3. 2 Dies ist eine Eigenfarbe, keine Kontrastfarbe, da sie sich beim Heben und Senken des Tubus nicht verändert. 344 Johannes Frenzel, — nicht also in den Pseudopodien — mehrere kleine vacuolenartige Räume, und einmal ein einzelner großer von blass violetter Farbe zu sehen, die aber keine Pulsation zeigten. Möglich bleibt es allerdings, dass sie sich von Zeit zu Zeit kontrahiren, was ich nicht mit Sicherheit feststellen konnte, zumal sie gewöhnlich ja sehr klein sind und beson- ders nicht eine solche Größe wie bei G. filiformis erreichen. Die Bewegungen dieser Art sind ein wenig lebhafter als bei der vorhergehenden. Doch blieb sie meist an demselben Fleck liegen und bewegte nur die Pseudopodien in halb schwingender, halb schlängeln- der Weise, ohne sie zur Ortsveränderung zu verwenden. Ein Kern ist am lebenden Thier niemals zu sehen und auch nichts, was darauf hindeuten könnte. Alle angewendeten Reagentien blieben ferner resultatlos. Nach vorhergehender Behandlung mit Pikrin-, Essig- oder Salpetersäure wurden zwar beim Färben einige Körnchen deutlicher. Ihre eigentliche Natur festzustellen gelang mir dagegen nicht. Anderer- seits aber wird man auch hier nicht leugnen können, dass diese Körn- chen oder ein Theil derselben möglicherweise aus Kernsubstanz be- stehen könnte. Die Gringa verrucosa ist desshalb interessant, weil sie in einer koncentrirten Lösung von Salinensalz (aus der Provinz Gördoba) auftrat, zusammen mit einer kernhaltigen Amöbe ohne Vacuole und einer anderen Amöbe mit einer Vacuole. Letztere beiden sind erheblich größer und auch sonstwie wesentlich von ihr verschieden, wie an anderer Stelle ausgeführt werden soll. Schließlich sei noch erwähnt, dass ich im Süßwasserschlamm vom Hospitalteich (Cordoba) einen rhizopoden Organismus fand, der in seinen Eigenschaften in der Mitte steht zwischen der soeben beschriebenen Art und der Gringa filiformis. Er enthält mehrere (ca. zwei bis drei) kontraktile, aber nicht regelrecht pulsirende Vacuolen, ist etwas körnig und bildet fädige, zuweilen verzweigte, mäßig knorrige Pseudopodien. Einen Kern sah ich am lebenden Thier nicht. Diese Art sei als k) Gringa media'n. sp. bezeichnet. Wir verlassen nunmehr diejenigen Formen, bei denen das Vor- handensein eines Kernes zweifelhaft ist, und gehen zu den eigentlichen | Amöben über. Der Kern dieser ist bekanntlich im Allgemeinen ein bläschenförmiger und enthält im Gentrum einen großen runden Körper, den ich als Morulit bezeichnet habe!. Oft scheint das Bläschen ganz von diesem ausgefüllt zu sein. Niemals, oder sehr selten, hat der 1 Siehe diese »Untersuchungen«. Über einige argentinische Gregarinen etc. (Erscheint mittlerweile in der Jenaischen Zeitschr. für Naturwissensch, u. Medicin.) Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. 345 3 Amöbenkern die, man möchte sagen, typische Kernstruktur, mit Netz- werk, Nucleolen und Knotenpunkten. Das Morulit ist vielmehr ein ziemlich dichter, kompakter Körper und etwa einem Nucleolus gleich zu Setzen. Um so mehr auffallen musste bei den vorher besprochenen Formen das Fehlen eines so charakteristischen Gebildes, das sich nicht so leicht in einzelne Partikelchen auflösen könnte, wie es bei einem netzartig gebauten Kerne möglich wäre, wo ja das Gefüge an und für sich ein viel mehr lockeres ist. Sollte wirklich, was jedoch durchaus nicht sicher ist, ein Auflösen des Kernes in einzelne Theile stattgefun- den haben, so wäre eher daran zu denken, dass er ursprünglich ein _ netzartiger und nicht kompakter, morulitähnlicher, gewesen sei. Denn nach allen Erfahrungen, die vorliegen, man denke an die Eizelle, ist es, > wenn überhaupt von Wahrscheinlichkeit hier die Rede ist, viel mehr 3 wahrscheinlich, dass kernlose Organismen, oder solche ohne morpho- _ logisch differenzirten Kern, zurückgebildete oder degenerirte Ä seien, als dass sie die uranfänglichsten Organismen sein sollten, wie es HascreL einst gewollt hatte. Ich möchte nicht unterlassen darauf hinzudeuten, dass in keiner der aufgezählten Arten ohne sichtbaren - Kern Fremdkörper zu erblicken waren. Die Nahrungsaufnahme muss 4 also eine mehr parasitische sein. Vielleicht ist daher Manches gar nicht _ mehr von Nöthen, was einem normalen Rhizopod zugehört, nämlich Verdauungsfermente (Enzyme). Wäre es da nicht möglich, dass das F Vorhandensein oder Fehlen eines Kernes damit in Verbindung steht? 2 Oder, da allerdings die (kernlosen) Moneren Harckzr’s, wie auch die F Protamoeba Gxruser’s Fremdkörper aufnehmen, so mag vielleicht nur irgend eine oder die andere der uns noch unbekannten Funktionen des Kernes verloren gegangen sein. Denn eine so grobe Rolle dieses Ge- bilde auch bei der Vermehrung und Fortpflanzung spielt, so ist bis jetzt doch noch nicht nachgewiesen, dass dies seine einzige Bedeutung sei!, | | - Von den Amöben, welche uns hier interessiren, sei ferner eine nam- haft gemacht, welche eine festsitzende Lebensweise führt. Es scheint mir angemessen, für sie einen besonderen Gattungsnamen aufzustellen, % da die Gattung Amoeba schon eine viel zu überfüllte ist. bi a El a el EnaH en u aa na Zi an 2 5) Stylamoeba sessilis nov. gen. nov. spec. (Fig. 2). * Unter den Protozoen giebt es zwar eine ganze Reihe festsitzender Formen, wie wir dies an manchen Flagellaten und Choanoflagellaten sehen, unter den Rhizopoden im engeren Sinne waren bisher aber keine solche bekannt. Ihre Lebensweise scheint auch eine freie Beweglichkeit R k 1 s. E. KorscHELt, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkerns. Zool. Jahrbücher. Abthlg. f. Anat. u. Ontog. Bd, IV. (1889.) Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd, 93 346 Johannes Frenzel, zu bedingen, da sie kein Organ besitzen, um ihre Beute heranzulocken und herbeizustrudeln, wie es jene Mastigophoren, weiterhin dann die Vorticellen, Cirripedien etc. thun können. Dennoch aber giebt es unter den Amöben Ausnahmen von jener Regel, die sich physiologisch ähnlich wie eine Acinete verhalten, welche ja bei der Nahrungsaufnahme auch auf das angewiesen ist, was ihr gerade in den Weg kommt. In frisch geschöpftem Brunnenwasser fand ich die Stylamoeba bei Untersuchung des Bodensatzes an Holzstückchen etc. befestigt. Das Thier ist von geringer Größe und misst etwa, wenn bloß der eigent- liche, kompaktere Körper in Betracht kommt, — 0,01 mm im Durch- messer. Der Stiel ist bald etwas länger, bald kürzer als dieser, die Pseudopodien können bedeutend länger werden, etwa doppelt so lang als jener Durchmesser. Würde man sich das Thier von seiner Unterlage losgelöst denken, so hätte es am meisten Ähnlichkeit mit einer Dactylosphaera. Der Cen- tralkörper ist kugelig bis oval und hat zwei Pole. Von dem unteren, spitzeren Pol geht der Fuß in Gestalt eines Pseudopods aus, während der obere breitere Pol einige wenige, zwei bis drei Pseudopodien aus- strahlt, die häufig noch zu zweien auf einem besonderen Pseudopodien- stiel aufsitzen. Der Fußstiel geht mehr oder weniger allmählich in den Körper über, so dass das Ganze die Gestalt einer Vorticelle nachahmt; die oberen Pseudopodien sind dünn, fingerförmig, und enden spitz ab- gerundet. Sitzen sie einem besonderen Stiele auf, so ist dieser dicker und bruchsack- bis keulenförmig. Der Fuß ist erheblicher Kontraktionen fähig und kann sich bald stark zusammenziehen, wobei er sich verdickt, bald sich dünn faden- förmig ausdehnen. Die Pseudopodien bewegen sich »behaglich« hin und her, ähnlich wie die Tentakel einer Hydra. Der äußere Umriss der Stylamoeba ist ein glatter und scharf um- schriebener. Das Plasma lässt sich gut in zwei Gebiete sondern, von denen das Entoplasma nicht nur den centralen Raum des Körpers ein- nimmt, sondern auch den ganzen Fuß, während die oberen Pseudopo- dien wie auch der darunter befindliche kugelmantelartige Theil des Körpers helles Ektoplasma führen, das sich gegen ersteres mit einer ziemlich scharfen Linie absetzt. Es besteht mithin ein wesentlicher } Unterschied zwischen dem Fuß und den Pseudopodien, und ersterer ist durchaus nicht in die Kategorie der letzteren zu stellen, wie man wohl glauben sollte. Eine morphologische Differenzirung, auf physio- logischer Grundlage beruhend, ist also bei dieser Amöbe schon ziemlich weit vorgeschritten. Das Ektoplasma ist hyalin, etwas trübe, aber frei von sichtbaren Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. 347 - Körnchen. Das Entoplasma hingegen ist sehr körnchenreich und be- sitzt namentlich viel gelb glänzende Krümelchen, die sich auch im Fuß finden. Dann sieht man noch einige fettartig glänzende, farblose Kügel- chen und kleine Fremdkörperchen. Der Inhalt ist so kompakt, dass - man am lebenden Thier kaum etwas vom Kern gewahr wird. Bei Zu- - satz von Essigsäure tritt er aber als kompaktes Körperchen hervor, ohne - dass sich bestimmt sehen lässt, ob er noch von einer bläschenartigen Außenschicht umgeben sei. — Kontraktile und andere Vacuolen fehlen. Es liegt hier, wie man sieht, also ein Fall vor, wo der Kern zwar vorhanden ist, aber erst mit Hilfe von Reagentien deutlich erkannt _ werden kann. 6) Saltonella saltans! nov. gen. nov. spec. (Fig. 8). Die Amöben bewegen sich zumeist in der bekannten Weise fließend vorwärts, und lebhafterer Bewegungen wie die Mastigophoren und Ciliaten scheinen sie im Allgemeinen nicht fähig zu sein. Dennoch aber beobachtete ich bei einigen Amöben, die mit Reagentien behandelt wurden, kurz vor dem Absterben zuweilen eine »krampfartige« Zuckung, vermöge deren sie ein Stück weit fortgerückt wurden. Eine ähnliche Bewegung liegt nun auch bei der Saltonella vor, dürfte hier aber ein normaler Vorgang sein. | Ich fand diesen merkwürdigen Organismus während des Januar > im Schlamm vom Hospitalteich, sah aber nur einige wenige Exemplare. 4 Die Saltonella bildet eine sehr einfache geometrische Figur. Im optischen Schnitt ist sie bald halbkreisförmig, bald drei-, vier- oder 4 wohl auch fünfeckig abgerundet. Sie bildet weder Pseudopodien im i gewöhnlichen Sinne, noch zeigt sie jene sackartig fließenden Erschei- “ nungen mancher Amöben (z. B. A. guttula, A. limax). Dahingegen äußert sie ihre Lebensthätigkeit dadurch, dass sie, mit Vorliebe an den gerundeten Ecken ihres Körpers, hin und wieder einen kleinen, halb- Rn kugeligen, also knopfartigen Buckel hervortreibt, ein Vorgang, dem wir weiterhin noch einmal begegnen werden. 3 \ Gewöhnlich liegt die Saltonella still und begnügt sich sowohl mit _ diesen Bewegungen, wie auch mit ganz gewöhnlichen Gestaltsverände- 4 Tungen, indem sie z. B. aus einer mehr dreieckigen in eine viereckige F Körpergestalt vorher nicht irgendwie markirt ist, ein Stück weit fort, etwa so weit, wie ihr eigener Durchmesser beträgt, worauf sie wieder 1 Mit »Salton« werden im Spanischen die hüpfenden Heuschrecken, nament- 232 348 Johannes Frenzel, eine Zeit lang am Fleck bleibt, um in ganz unbestimmten Intervallen das Spiel von Neuem zu wiederholen. Auf welche Weise das Thierchen dieses Hüpfen bewirkt, ließ sich kaum feststellen. Ich sah nur, dass es nicht während des freien Schwimmens, sondern auf einer Unterlage geschah. Ferner war nach diesem Akt die Körpergestalt stets verändert, so dass es mir am wahrscheinlichsten dünkt, dass er durch eine momentane starke Kontraktion bedingt wird, gewissermaßen durch ein Abspringen von der Unterlage. Deutlich zu sehen war dies freilich nicht, da der ganze Vorgang sehr rasch verlief. Jedenfalls aber kann ich behaupten, dass dabei nicht etwa eine Geißel im Spiele war. Obgleich der Umriss der Saltonella ein sehr distinkter ist, so möchte doch das Vorhandensein einer wirklichen Haut oder Membran zweifel- haft sein. Eine zwar dünne, aber bestimmtere Hüllschicht ist dagegen jedenfalls vorhanden, nur kann ich, wie gesagt, nicht feststellen, ob sie auch chemisch differenzirt ist, wie dies z. B. bei Amoeba verrucosa schon der Fall sein dürfte. Der plasmatische Inhalt der Saltonella weicht erheblich von dem der eigentlichen Amöben ab. Zunächst fehlt auch hier eine Sonderung in Ento- und Ektoplasma, und nur in den kleinen knopfartigen Buckel- chen ist der Inhalt ein hellerer. Alles Übrige ist in durchaus gleich- mäßiger Weise erfüllt von einem körnigen Plasma, ähnlich so, wie man es bei den Gregarinen und Infusorien antrifft. Nur sind die Körnchen hier etwas feiner. Sie liegen so dicht gedrängt, dass man vom flüssi- geren Plasma (Hyaloplasma) kaum etwas wahrnimmt, und geben dem Ganzen (bei durchfallendem Licht) ein etwas dunkles Ansehen. Die einzelnen Körner sind rundlich eckig und erscheinen je nach der Ein- stellung des Mikroskops bald hell, bald dunkel. Sie sind ferner farblos. Abgesehen von der allgemeinen Gestaltsveränderung lässt sich eine Bewegung der Körner nicht wahrnehmen. Vor Allem fehlen Strö- mungen irgend welcher Art. Eine kontraktile Vacuole oder überhaupt Flüssigkeitsräume fehlen. Nur in den Buckelchen sieht man je ein kleines, trübes Bläschen, das nach dem Einziehen desselben wieder verschwindet, ohne dass sich sagen lässt, auf welche Weise es geschieht, d. h. ob durch Kontraktion und Entleerung oder durch Auflösung. Ein Nucleus ist in der Einzahl vorhanden. Er liegt meist irgend einer Seite genähert da, wandert aber eben so wenig wie der Körner- inhalt. Da er ferner durch diesen etwas verdeckt wird, so ist mir seine Struktur nicht ganz klar geworden; doch besteht er jedenfalls aus einem hellen, ziemlich klaren Bläschen, innen mit einem großen kon- centrischen Raum, der vielleicht ein nucleolusartiges Morulit, vielleicht Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. 349 ; aber ein Hohl- oder ein Flüssigkeitsraum ist. Im optischen Schmitt eı- scheint der Kern nämlich ringförmig, von je einem koncentrischen Kreise außen und innen begrenzt, deren Zwischenschicht (Mantel) mehr glänzt als der Innenraum, während doch ein Morulit oder Nucleolus im Allgemeinen kompakter ist und mehr glänzt als der ihn umgebende Kernsaft. Es wäre nicht unmöglich, dass der soeben beschriebene Organis- - mus nur den Entwicklungszustand irgend eines anderen darstellt, viel- - leicht eine ruhende oder Cystenform. Trotzdem ich ihn nämlich ziem- lich lange beobachten konnte, so sah ich doch keine Nahrungsaufnahme. Obgleich es ja nun auch“hier möglich wäre, dass das Thierchen von Flüssigkeit lebe, so wäre obige Vermuthung im Hinblick auf den nach- folgend zu besprechenden Organismus doch nicht ganz unbegründet. 7) Eickenia rotunda!noy. gen. nov. spec. (Fig. 7). Wenngleich ich Gelegenheit hatte, von dieser Form eine ganze Reihe von Exemplaren zu studiren, welche alle in hohem Grade unter sich übereinstimmten, so muss ich doch gestehen, dass ich in ihrer Beurtheilung nicht zu einem befriedigenden Abschluss gelangt bin. - Wahrscheinlich ist dieser Organismus seiner pflanzlichen Trägheit wegen, wenn man so sagen darf, kaum den Amöben oder überhaupt - den Rhizopoden einzureihen. Er hätte vielmehr mit manchen Phyco- - myceten (Algenpilzen) große Ähnlichkeit, wie wir sie nach den Mit- theilungen von Arzxanper Braun, W. Zopr? u. A. kennen, wenn er nicht - so reichlich mit geformten Fremdkörpern erfüllt wäre. Nur gelang es _ mir niemals, die Aufnahme derselben wirklich zu sehen, so dass sich - auch hier die Möglichkeit eines bloßen Entwicklungszustandes offen hält. Merkwürdig bleibt es allerdings, dass trotz stundenlangen Beob- _ achtens unter dem Mikroskop keine Veränderung wahrzunehmen war, - die diesen Schluss gestattet hätte, mit Ausnahme eines einzigen, leider - aber nicht genau verfolgten Falles, dessen weiter unten zu gedenken ist. | Die Gestalt der Eickenia ist ungefähr die einer Kugel von ca. 0,012 bis 0,02 mm im Durchmesser. Oft wird im Schnitt eine vier- oder fünf- eckige Form angenommen, doch so, dass immer noch der isodiametrische Charakter des Ganzen gewahrt bleibt. Diese Formveränderungen wer- den aber fast ausschließlich von Aussackungen bewirkt, welche gleich- 1 So benannt zu Ehren der Herren HERMANN und WILHELM Von EickEn in Buenos Ayres. 2 W. Zopr, Über einige niedere Algenpilze (Phycomyceten) und eine neue Methode ihre Keime zu isoliren, Abhandl. Naturforsch. Gesellsch. Halle. Bd. XVII. 390 Johannes Frenzel, falls halbkugelig-buckelig, nur wenig größer als die der Saltonella werden. Von wirklichen Pseudopodien kann man daher auf keinen Fall sprechen, wie auch durch diese Vorgänge keine Ortsveränderung des Ganzen hervorgerufen wird. Die gestaltsverändernden Bewegungen gehen langsam vor sich, doch so, dass man sie deutlich mit den Augen verfolgen kann. Eben so langsam geschehen die ortsverändernden, theils in einem Gleiten auf der Unterfläche, theils in einem Schwimmen bestehend. Die Eickenia ist von einer deutlichen membranartigen Hautschicht umgeben, welche fast doppelt kontourirt zu nennen ist. Sie ist farblos und glashell.e. Ohne Zweifel ist sie ferner in beträchtlichem Grade dehnbar, wie man dies an den buckeligen Aussackungen er- kennt, wo sie ganz dünn wird. Es geschieht also etwa dasselbe, als wenn man an einer Kautschukmembran mit dem Finger eine Ausstül- pung bewirkt. Da der Inhalt dieses Organismus zum großen Theil aus Fremd- körpern besteht, so ist er ein ganz verschiedenarliger, je nach dem Individuum. Fast ausschließlich sind diese letzteren pflanzlicher Natur und zeigen alle Übergänge der durch Verdauung hervorgerufenen Veränderung von Chlorophylikörpern, die theils gelblich, bräunlich, röth- lich ete. geworden sind!. Es kann also gar nicht bezweifelt werden, dass sie die Nahrung der Eickenia vorstellen. Oft liegen sie auch sämmtlich oder zum Theil in einer besonderen Nahrungs- oder Verdauungsvacuole, deren Inhalt eine blass gefärbte röthlich-violette Flüssigkeit ist. Der übrige Raum der Eickenia enthält noch zahlreiche größere und kleinere, gefärbte oder nicht gefärbte glänzende Kügelchen, die zum Theil wenigstens Fett sind. Kontraktile, oder genauer, pulsirende Vacuolen fehlen. Dagegen treten oft verschiedene, kleine, kugelige Flüssigkeitsräume auf, welche dem Plasma sogar ein schaumiges An- sehen geben können. Eben so enthält in der Regel jeder Buckel, ge- rade wie bei Saltonella, solch ein Bläschen, während im Übrigen sein Inhalt ebenfalls ein klarer, körnchenfreier bleibt. Nur wenn er, was seltener vorkommt, sehr groß wird, so wächst dabei nicht nur die Vacuole in ihm, sondern es tritt auch der körnige Inhalt in ihn hinein. Der Nucleus ist in der Einzahl vorhanden, aber schwer sichtbar, weil verdeckt durch die übrigen Bestandtheile. Er ist kugelig oder oval und liegt excentrisch. Obgleich die Eickenia ohne Zweifel pflanzliche Körperchen als Nahrung enthält, so weiß ich doch, wie schon erwähnt, über deren 1 Um die beigegebene Tafel mit Farbe nicht zu überlasten, sind diese schema- lisch durch einen bräunlichen Ton wiedergegeben worden. Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. 351 - Aufnahme nichts auszusagen. Vielleicht hat sie noch ein anderes be- weglicheres Stadium. Ein einziges Mal sah ich indessen nur, wie, _ wenn ich nicht irre, an der Stelle eines Buckels ein geißeltragendes _ kleines Wesen hervorkam, das lebhaft an eine Schwärmspore erinnerte. - Es mochte also vielleicht eine solche, vielleicht aber auch eine parasi- täre Flagellate sein. Die, wenn auch nur trägen, Bewegungen einerseits, der Besitz 4 an fester Nahrung andererseits, gaben mir Veranlassung, den vor- _ liegenden Organismus vorläufig zu den Rhizopoden resp. Amöben zu - stellen. Ich hätte ihn vielleicht weniger beachtet, wenn er mir nicht - in fast jedem Präparat aus dem Teichschlamm (Hospitalteich) während 3 des Januar und Anfangs Februar begegnet wäre. Im Aquarium ver- - schwand er allmählich. Heliozoa. Unter den Protisten, welche ich Gelegenheit hatte hier kennen zu - lernen, nehmen die Heliozoen in Folge ihres Formenreichthums eine > ganz hervorragende Stellung ein. Von einer der interessantesten For- men habe ich bereits an anderem Orte! eine kleine Abbildung gegeben. Ihres Chlorophyllinhaltes wegen bezeichnete ich sie als Phythelios, - der das Merkwürdige an sich hat, dass er nur aus einer grünen Zelle - mit einem Kern besteht, welche man, wenn die Radienpseudopodien mit den Körnern nicht vorhanden wären, ohne irgend welches Be- R denken für eine Alge, also für eine Pflanze halten würde. Ohne Zweifel 4 geschieht die Ernährung auch holophytisch. Ferner muss ich eine Symbiose von Thier und Alge hier ganz bestimmt in Abrede stellen, > da wie gesagt nur eine Zelle mit nur einem Kern vorhanden ist. Wir E haben wohl unter den Euglenen Formen, die bald zu den Thieren, bald = zu den Pflanzen gezogen werden, die Heliozoen aber galten bisher als "echte Thiere, obgleich ja Formen mit grünem Inhalt? nichts Unbekann- P tes sind. Konnte man bei jenen nun an eine Symbiose denken, so bleibt dies, wie gesagt, bei Phythelios ausgeschlossen, und wir müssen ihn eben sowohl als Thier wie als Pflanze ansehen. | Dies dürfte wohl Grund genug sein, auch die Heliozoen von den _ echten Thieren mehr abzusondern, als es bisher geschah und zu den vielumstrittenen Protisten zu stellen, deren Berechtigung als beson- ' deres Reich immer mehr anerkannt wird’. Rh 1 Siehe diese »Untersuchungen«. Vorläuf. Bericht. Archiv für mikrosk. Anat. Bd. XXXVIM. p. 1 ff. hi ‚2 J. Leıpy, Fresh-Water Rhizopods of North America. Taf. XLV u. XLVI. 3 Wenn ich BürscaLı recht verstehe, hielten ihn nur äußere Gründe ab, ein 352 Johannes Frenzel, Früher galten die Heliozoen mit Recht als eine wohlabgeschlos- sene Gruppe. Durch Entdeckung von heliozoenähnlichen Formen, welche mit einer oder mit mehreren Geißeln ausgerüstet sind, ist aber die strenge Scheidewand durchbrochen worden, und wenn auch Bürscatt (l. c. p. 810) diese Formen als Familie der Rhizomastigina zu den Flagellaten zieht, so ist doch nicht zu verkennen, dass sie, wie namentlich Actinomonas (Kent), in mehrfacher Beziehung auf die Helio- zoen hinweisen. Leichter abzugrenzen ist, so scheint mir, die Stellung der Protozoe, welche nunmehr kurz charakterisirt werden soll. Würde man sie sich nämlich geißellos vorstellen, so würde Niemand auch nur einen Augen- blick zögern, sie als echte Heliozoe anzusprechen. Die Geißel ist dem- nach hier als ein sekundäres Charakteristikon anzusehen. 8) Mastigophrys radians nov. gen. nov. spec. (Fig. 5). Ich fand diese eigenthümliche Form in einer Infusion von Blüthen und anderen Pflanzentheilen im Laufe des Noveraber, zusammen mit Amöben und anderen Heliozoen. Die äußere Gestalt war eine genau kugelige und Verändtenb sich nicht. Nach allen Seiten hin liefen in radiärer Anordnung zahlreiche, aber äußerst feine pseudopodienartige Strahlen aus, auf denen die be- kannten Körnchen gerade noch zu erkennen waren. Dies ist für mich ein Grund, die Mastigophrys zu den echten Heliozoen zu stellen. Von einem Punkte der Peripherie, der vielleicht nur zufällig dem excen- trischen Kern gerade gegenüber lag, ging die lange Geißel aus, welche lebhafte, korkzieherartige Schwingungen vollführte.e Während die Strahlen nur so lang wie etwa der Durchmesser der Kugel sind, so ist die Geißel etwa um das Doppelte so lang. Diese Heliozoe besitzt eine ziemlich dicke Hüllschicht, die jeden- falls nicht aus isolirten Skeletttheilen besteht. Wenn sie nun auch nicht gerade weich und gallertartig genannt werden kann, so dürfte es sich doch wohl empfehlen, die Mastigophrys zu den Chlamydophora zu Botaniker und Zoologen getheilt wird, was sich auch praktisch darin offenbart, dass unsere Universitäten keinen Lehrstuhl für Protistologie oder allgemeine Bio- logie offen haben. Vermuthlich aber wird man einstmals dazu gelangen, die Lehre von den Protisten, als den einzelligen Organismen, mit der Lehre von der Zelle überhaupt, als der Grundlage der gesammten Morphologie und Physiologie alles Lebenden, zu vereinigen. Es hat doch offenbar etwas Missliches an sich, dass die Zelllehre in Stücke gerissen wird, indem sie dem Studirenden der Medicin, Zoo- logie oder Botanik stets in anderer Weise vorgetragen wird, wobei nicht nur ihre Einheit gar zu leicht verkannt wird, sondern auch vielfache Wiederholungen un- vermeidlich sind. ‚Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. 353 ziehen. Die Hülle ist farblos, durchsichtig und glänzend, aber etwas & trübe. Ferner zeigt sie, namentlich in der Außenlage eine koncentrisch- blätterige, etwas verwaschene Schichtung. Man sieht deutlich, wie sie 3 von der Geißel durchsetzt wird, während die Strahlen zu fein sind, um | ‚dies erkennen zu lassen. Die Dicke der Hülle beträgt etwa so viel, wie der Durchmesser des Nucleolus. ” Das Plasma ist ähnlich wie bei anderen Heliozoen geformt und enthält sowohl vacuolenartige Räume, wie auch Körner etc. Außerdem i "ist eine recht groß werdende Kontra Vacuole vorhanden, welche dicht an der Peripherie liegt. Jene Räume hingegen haben mit i dieser Vacuole nichts zu thun; sie sind viel kleiner und enthalten eine _ trübe violett erscheinende Fliissigkeit, Ferner sind sie unregelmäßig "im Plasma verstreut. Von dem übrigen Inhalte fallen vor Allem kleine, gelbliche, glänzende Körnchen auf, welche besonders nach der Peri- EN | pherie zu dichter liegen. Der excentrische Kern ist bläschenförmig und enthält ein mäßig großes Morulit (maulbeerförmigen Nucleolus), welches den typischen Bau zeigt!. Der Durchmesser des Kernes ist etwa 0,005 mm, derjenige des Morulits ca. 0,0025 mm, der kontraktilen Vacuole 0,04 mm, und der der gesammten Kugel, außen gemessen, ca. 0,028—0,03 mm. 1 Die Lage der Geißel kann nicht willkürlich verändert werden. “ Dagegen wurde sie allem Anscheine nach mehrmals eingezogen und wieder ausgestreckt. Sie beginnt sodann erst langsam, dann immer “schneller zu schwingen, so dass man ihrer schließlich kaum noch ge- "wahr wird. In dem vorliegenden Falle bewirkte ihre Bewegung keine " Ortsveränderung des Thieres, da dieses sich im Detritus unter dem 3 Deckglas verwickelt hatte. Nach einiger Zeit der Beobachtung ging es "leider zu Grunde, indem der gesammte Körper aufquoll und platzte, "wobei sich auch die Hülle verlor, ein Anzeichen, dass sie nicht von festerer Konsistenz war. Choanoflagellata. 3 Die Choanoflagellaten unterscheiden sich von den eigentlichen - Flagellaten bekanntlich dadurch, dass die Geißel umgeben ist von einem "zarten, plasmatischen, trichterartigen Kragen. Die Bedeutung dieses "Apparates wie auch die Art der Nahrungsaufnahme däucht mir noch nicht völlig klar gestellt, wesshalb ich gedenke, an einem anderen Orte ausführlicher darauf zurückzukommen. Hier sei daher nur kurz ange- deutet, dass mir so scheint, als wenn die Nahrungsaufnahme sowohl u 1 Siehe diese »Untersuchungen«. Über einige argentinische Gregarinen. Wenaische Zeitschr. f, Naturwissensch. u. Medicin.) 394 Johannes Frenzel, innerhalb wie auch außerhalb des Kragens vor sich gehe, so dass dieser sowohl als Trichter (umgekehrter CGonus!), wie als Leitungsapparat (Conus der Phalansterien!) fungire, mit welch letzterer Eigenschaft sodann die seitliche und wandernde Nahrungsvacuole in Verbindung steht. Denkt man sich diese nun beim Wandern an der verlassenen Stelle nicht verschwunden, sondern erhalten, so würde schließlich ein zweiter, unterer Kragen entstehen können. Ein solcher zweiter Kragen liegt nun bei der nunmehr zu nennen- den Choanoflagellate vor. 9) Diplosiga socialis nov. gen. nov. spec. (Fig. 3). Diesen kleinen Organismus fand ich in Menge während des Januar und Februar in frisch geschöpftem Teichwasser an Pflanzenzweiglein etec. festsitzend. Im Aquarium hielt er sich schlecht und verschwand nach und nach. Eine ähnliche Form traf ich sodann noch im Wasser von der Laguna Peitiadu. In ihrem Aussehen hat die Diplosiga große Ähnlichkeit mit Codo- nodesmus oder Desmarella. Der Körper gleicht einer bauchigen Flasche (Kochflasche), an deren Hals zunächst der untere Kragen sitzt, während der obere Kragen mehr ihre Spitze einnimmt. Ersterer ist daher wei- ter und dabei auch etwas niedriger. Im Ganzen stellt er gleichfalls einen umgekehrten Kegelstumpf dar, dessen Öffnungswinkel ungefähr gleich dem des oberen Kragens ist. Bekanntlich ist nur selten der Kreisrand eines solchen Kragens zu sehen, da er sehr zart und fein ist. Daher konnte ich ihn auch am unteren Kragen nicht mit unzweideutiger Sicherheit fixiren, ohne aber an seiner wahren Natur zu zweifeln, da er nämlich genau wie der obere Kragen bei jeder Ansicht des Thieres in gleicher Weise erscheint. Er muss dieses daher allseitig umgeben. Die Diplosiga ist völlig stiellos und sitzt ihrem Substrat unmittel- bar auf, wobei sich Individuum an Individuum reiht und einen förm- lichen Rasenüberzug entstehen lässt. Eine (äußere) Nahrungsvacuole, die ich bei anderen Choanoflagel- laten sehr wohl sah, vermochte ich hier durchaus nicht aufzufinden. Dies bestärkt mich in der Ansicht, dass der untere Kragen aus ihr hervorgegangen sei, wie sich ihre Wand ja schon durch eine Art von Abschlitzung vom übrigen Plasma an jenem Orte abzuspalten pflegt, ohne dass dabei freilich die von Gzzı Entz! gegebene Deutung völlig einzusehen ist (l. c. Codonocladium, p. 147 und Taf. IV, Fig. 8). 1 Die Flagellaten der Kochsalzteiche zu Torda und Szamosfalva. Termesze- trajzi Füsetek. Bd. VII. 1583. Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. 355 E& Der plasmatische Inhalt unserer Diplosiga ist ähnlich dem anderer Choanoflagellaten. Mehr im unteren Theile, seitlich, sieht man eine kontraktile Vacuole und außerdem einige gelbliche Kügelchen. Der Kern liegt wie gewöhnlich weiter oberwärts. Suctoria. | Die Unterklasse der Suctorien unterscheidet sich von derjenigen der Ciliaten hauptsächlich dadurch, dass sie mit Ausnahme der Schwär- "mer und der Gattung Hypocoma keine Wimperung zeigen. Im Nach- folgenden sei daher eine Suctorie vorgeführt, welche eine Ausnahme "von jener Regel macht, eine Ausnahme, die desswegen nicht uninter- "essant erscheint, als sie vielleicht ein Licht auf die Abstammung der "Suctorien werfen könnte. 10) Suctorella ciliata nov. gen. nov. spec. (Fig. 6). Ihrer äußeren Form nach dürfte sich diese Suctorie am bequemsten zu den Podophryen stellen lassen. Sie ist ziemlich groß, denn ihr "Durchmesser beträgt ungefähr 0,04 mm. Ich fand sie festsitzend an allerhand schwimmenden Gegenständen im schlammigen Wasser einer FR egenpfütze, in Gemeinschaft mit anderen Acineten, welche zum Theil “auf todien Crustaceen saßen. Die Form unserer Acinete ist eine kugelige, zuweilen mehr oder weniger birnförmige, so dass die spitzere Seite nach unten steht und in den dünnen Stiel übergeht, welcher etwa eben so lang oder etwas kürzer als ihr Durchmesser ist. Die Tentakel strahlen nach allen Seiten radiär aus, sind einfache glatte Röhrchen und besitzen oben ein etwas verdicktes, längliches Knöpfchen, von dem Aussehen ungefähr eines Rohrkolbens (in der Mark Brandenburg »Bumskeule« genannt). - Am apikalen Pol besitzt die Suctorella eine schmale spaltförmige Öffnung in der Form eines sphärischen Zwei- oder Dreiecks, die an ihren Rändern mit kleinen, zarten Wimpern besetzt ist. Mr dieser 'Scheitelstelle ist das Thier auch frei von Tentakeln. Die Spaltöffnung kann ganz geschlossen werden, wobei die Wimperbewegung aufhört, € in Vorgang, der mit dem plötzlichen Einziehen der Vorticellen Manches gemein hat. Nach einiger Zeit öffnet sie sich wieder, und das Wimper- spiel beginnt von Neuem. Als ich das Ganze zuerst erblickte, glaubte ich eine Geburtsöffnung vor mir zu haben, aus welcher ein Schwärmer iervortreten wollte. Bald aber musste ich meinen Irrthum einsehen; denn von einem Schwärmer war nichts zu entdecken. Die Möglichkeit der Geschlechtsöffnung bliebe nun freilich noch bestehen. Doch ist e Bewimperung, obgleich dieselbe sehr zart ist, auffällig genug. 356 Johannes Frenzel, Ferner müsste man annehmen, dass sie auch ohne gleichzeitiges Vor- handensein eines Schwärmers bestünde. Erwähnt sei der Umstand, dass ich außer dieser Suctorie in demselben Präparat eine ganz ähn- liche sah, ohne Wimperöffnung. Jedenfalls steht der Spalt mit der Nahrungsaufnahme in keiner Beziehung; denn die Wimperung ist eine viel zu zarte, als dass sie im Stande sein sollte, die Beute heranzustru- deln. Auch wird diese in der gewöhnlichen Weise von den Tentakeln aufgespießt und ausgesaugt. Von den kontraktilen Vacuolen konnte ich ferner sehen, dass sie ganz unabhängig von der Öffnung und Schließung des Spaltes funktioniren. Diese Vacuolen sah ich in der Zweizahl, von denen die eine, untere, sicher pulsirte, während mir dies von der oberen nicht sicher wurde. Der ziemlich große Nucleus ist kugelig und liegt ungefähr central, bald mehr oben, bald mehr unten. In seinem Bau ähnelt er dem von Podophrya fixa und von vielen Ciliaten. Während des Lebens wenig- stens war eine Membran an ihm nicht wahrzunehmen. Sein Inhalt ist dicht und ziemlich grob granulirt, ohne Vacuolenbildung. Auf das Vorhandensein eines Micronucleus habe ich leider nicht geachtet. Wie wir sahen, ist die Bedeutung der mit Wimpern besetzten Spaltöffnung eine ganz unklare. Sollte sie nicht als Geburtsöffnung zu deuten sein, so wäre es nicht unmöglich, dass sie den Überrest einer früheren Mundöffnung vorstellt, die ihre Funktion wohl gänzlich verloren hat, worauf auch die Verkümmerung der Wimpern hinzu- deuten scheint. Damit würde die von Bürscarı vertheidigte Abstam- mung von ciliatenartigen Urformen eine weitere Stütze gewinnen (1. e. p. 19, 38). Varia. » Unter dieser Rubrik mögen zwei Protozoen aufgezählt werden, deren systematische Stellung sich noch gar nicht bestimmen lässt. Ohne Zweifel sind es einzellige Organismen, deren erster vielleicht zu den Suctorien gezogen werden könnte, wenn mir von seiner Biologie mehr bekannt geworden wäre. Jeder, der sich in ein noch neues und unbekanntes Gebiet begiebt, findet sich ja so erdrückt von der Masse der Erscheinungen, dass er selten dazu gelangt, eine einzelne Beob- achtung zu vertiefen und durch planmäßige Verfolgung zum Abschluss zu bringen. Das Material ist eben ein so reichhaltiges und verschieden- artiges, dass man sich nicht gern auf ein gar zu eng begrenztes Gebiet beschränken möchte. Dies mag als Entschuldigung dafür dienen, dass ich besonders über die Fortpflanzung der hier gefundenen Protozoen so wenig auszusagen weiß, deren Studium ja immer ein größeres Maß Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. 357 von Geduld und von hie auf andere Gegenstände erfordert. s lag mir ferner auch daran, zunächst erst eine Übersicht über die esige Protozoenfauna zu gewinnen. A4) Peitiada mirabilis nov. gen. nov. spec. (Fig. 1). _ Diese sonderbare Protozoe fand ich festsitzend an der Unterseite von Lemna oder Wolffia aus dem Wasser der kleinen Laguna Peitiadu, nach der das Thier benannt sein möge. Seine äußere Gestalt ist die einer bauchigen Flasche mit zwei Hälsen. Die Größe ist eine nicht unbeträchtliche, und maß ich die Höhe (Länge! zu ca. 0,075 mm, die größte Breite zu ca. 0,035 mm. Die Peitiada ist ohne Fuß mit ihrer breiten, abgerundeten Basis befestigt. Nach oben verengert sich ihr Körper und läuft in zwei Fröhrenartige oder konische Hälse aus, die sich plötzlich verjüngen und Fin je einen dünneren Cylinder übergehen, der etwa so lang wie der Hals ist. Hals und Fortsatz zusammengenommen sind etwa halb so lang wie das Ganze. Die Oberfläche der Peitiada trägt eine feine Wimperung, was einen Grund abgiebt, sie nicht ohne Weiteres zu den Suctorien zu stellen. Bei hoher Einstellung des Tubus sieht man diese Wimpern E. gleichmäßig in Längsreihen angeordnet. Sie sind zart und kurz und spielen lebhaft. Sie beginnen etwa in der.Höhe der sogleich zu nennenden Borsten und erstrecken sich bis zur Basis. Die konischen Er älse wie auch die beiden Cylinderchen sind also frei von ihnen. ” Etwas unterhalb der Region, wo die beiden Hälse sich theilen, Sieht man an jeder Seite je eine kräftige Borste herausragen. Ist mit- hin schon durch den doppelten Hals ein symmetrischer Bau dieser Protozoe bedingt, so wird er durch die beiden Borsten noch mehr cha- Takterisirt. Als ich das Thierchen zuerst sah, glaubte ich einen Kragen nach Art der Choanoflagellaten zu erblicken. Eine Wendung des Ob- jektes einerseits, die tentakelnden Biegungen der Hälse andererseits überzeugten a aber von dem Vorhandensein von zwei haarartigen Gebilden. - Die Borsten ragen schief nach der Seite heraus und sind ungefähr so lang wie ein Hals. Sie sind kräftig und starr und enden spitz. - Die Peitiada besitzt eine membranartige Cuticula, welche hell und etwas glänzend ist, und trägt eine Längsstreifung, welche vielleicht der usdruck der Fußpunkte der Flimmern ist. Ich habe es leider nicht nau gesehen. Das Innere besteht aus einem farblosen trüben Plasma, das in den Hälsen ziemlich homogen wird, im bauchigen Körper jedoch gröbere 358 Johannes Frenzel, und feinere Körnchen in Menge führt. Plasmaströmungen werden | nicht ausgeführt. Die beiden Cylinderfortsätze haben einen hellen und klaren Inhalt. Vacuolen irgend welcher Art wurden nicht beobachtet. Der Kern liegt etwa in halber Höhe des Thierchens, excentrisch. Er bildet eine trüb-feinkörnige Kugel von ca. 0,01 mm im Durch- messer. Die Peitiada ist, wie wir schon sahen, an der Basis befestigt. Ihre Beweglicheit ist daher beschränkt und äußert sich in von einander un- abhängigen, nicht allzu lebhaften, aber auch nicht gerade trägen Bie- gungen der Hälse, welche den Eindruck des Tastens und Suchens machen. Die CGylinderchen besitzen jedes einen kleinen Knopf und lassen die Vermuthung entstehen, dass es Röhrchen nach Art der Suc- torien seien. Leider habe ich aber bei den wenigen der gesehenen Individuen keine Nahrungsaufnahme beobachten können. Jedenfalls indessen ist kein Mund vorhanden, und bestimmt als solche zu deutende Fremdkörper fehlen im Inneren. Dies würde Alles für ein Saugen mittels jener Röhrchen sprechen. Nur fehlt wieder die kontraktile Vacuole, welche nach der Ansicht von Jos. Eısvonp! als Saugpumpe wirken soll. Ob diesem Gebilde allerdings jene Aufgabe zukomme, sei noch dahingestellt, da sie bei den Acineten auch arbeitet, wenn nicht gesaugt wird. Sollte die Peitiada .als Suctorie anzusehen sein, was mir, wie ge- sagt, nicht unberechtigt vorkommt, so würde ihr Wimperkleid, gerade wie der Wimperspali der Suctorella, von besonderem Interesse sein und auf eine Abstammung von den Ciliaten hinweisen. Interessant ist die Peitiada ferner ihrer bilateralen Symmetrie wegen. 12) Microhydrella tentaculata noy. gen. nov. spec. (Fig. 9 u. 10). Die Protozoen besitzen als äußere Anhänge bekanntlich verschie- denerlei Gebilde. Bei den Rhizopoden sind es die Pseudopodien, welche oft schon den Eindruck von Tentakeln entstehen lassen, wie namentlich bei den Monothalamien. Die Suctorien führen tentakelartige Saugröhrchen und manche Ciliaten zeigen derbe drehrunde Cirren, welche fast wie Tentakel aussehen, wenn sie nicht starr wären oder } flimmerten. Manche Formen freilich haben wirkliche tentakelartige Organe. Die Microhydrella nun trägt Anhänge, welche in ihrem Aussehen noch die meiste Ähnlichkeit mit den Geißeln der Flagellaten, in ihrer ! Zur Frage über den Saugmechanismus der Suctorien. Zool. Anz. 43. Jahrg. 1890. Nr. 352. p. 724 ff, Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. 359 Thätigkeit jedoch mit den Tentakeln der Süßwasser-Hydra haben. _ Desshalb kann man diesen Organismus weder zu den Rhizopoden noch zu den Flagellaten oder Infusorien stellen. € Ich fand dieses Thierchen mit nur zwei Exemplaren auf einem Holzstückchen im Wasser schwimmend. Ohne die Anhänge maß es E ‚etwa 0,05 mm in der Länge und ca. 0,03 mm in der Breite. Seine | Gestalt ist eine eirunde, mit der spitzeren Seite nach unten gekehrt N und ohne Stiel festsitzend. Am entgegengesetzten Pol entspringen die | Tentakel in Gestalt eines Büschels aus einer kleinen, dellenartigen | Vertiefung, die vielleicht ein Loch in der Cuticula vorstellt. Genau sehen konnte ich es leider nicht. Diese Tentakel gleichen im Aussehen, | wie schon gesagt, kräftigen Geißeln, und nicht etwa den Pseudopodien der Rhizopoden. Denn sie sind völlig homogen und fast glashell, | können auch nicht eingezogen oder beliebig verlängert und verkürzt | werden. Ihre Länge erreicht etwa die des Körpers (ca. 0,05 mm). Ihre | Bewegungen äußern sich ferner nicht in einem peitschenartigen Schla- | gen, wie es bei Geißeln und Cilien der Fall ist, sondern nur in einem | Biegen, Schlängeln und Pendeln, gerade wie man es bei der Hydra | sieht. Desshalb kann ich die Microhydrella auch nicht zu den Tricho- | nymphiden stellen, wo erstens der Cilienbusch aus feineren Härchen ' besteht, welche zweitens schwingen und wogen. ; Die Anzahl der Tentakel ist keine geringe, doch würde sie ein | Zählen noch gestatten. Ich schätze sie auf ca. 12—18. Ihre Funktion ' ist mir im Einzelnen unbekannt geblieben. Wahrscheinlich aber dienen ‚sie zur Ergreifung der Beute. 3 Die Microhydrella ist von einer kräftigen Cuticula umgeben, die "man schon doppeltkontourirt nennen kann. Sie ist farblos und hell, ohne besondere Struktur. - Der plasmatische Inhalt ist sehr vacuolenreich und daher »schau- A mig« zu nennen. Eine Pulsation war nicht zu bemerken; doch mag "sich wohl hin und wieder eine der größeren Vacuolen kontrahiren oder "auflösen. Denn dass sie sich nach außen entleeren, ist wegen der Dicke der Cuticula nicht wahrscheinlich. Man thut desshalb wohl am besten, sie einfach als » Flüssigkeits«- oder »Zellsaftsvacuolen« zu benennen. Ihr Inhalt ist halb klar, halb trübe, und schwach röthlich violett, wie "gewöhnlich. Die Größe der Vacuolen ist eine verschiedene. 3 Das eigentliche Plasma zeigt im Kontrast einen gelblichen Schein und enthält feine, etwas glänzende, krümelartige Körnchen. Strö- | mungen und Bewegungen sind im Inneren nicht wahrnehmbar. ” Der Kern fällt sofort auf. Er ist groß, länglich und liegt quer im oberen Theil der Zelle. Sein Inhalt ist dunkel und grobkörnig, so dass 360 Johannes Frenzel, Über einige merkwürdige Protozoen Argentiniens. er mithin ähnlich wie ein Giliaten- oder Suctorien- Macronucleus er- scheint. Auch ist er ein wenig gebogen. Dies Alles möchte vielleicht ein Grund sein, die Microhydrella an die Suctorien einerseits, deren Tentakel freilich anders organisirt sind, und andererseits an die Ciliaten anzuschließen, so dass sich vielleicht in Folge der sitzenden Lebens- weise die Cilien verloren hätten, wofür sich nun Apparate entwickelten, welche ihr Analogon schon bei Mesodinium oder auch bei Grassia finden. Doch ist die Stellung eben so zweifelhaft, wie die von Multicilia (Crenk.), Polymastix (A. Gruser) und Grassia. Ein Einreihen in eine gemeinsame Gruppe der Prociliata aber muss desswegen Bedenken erregen, als die Organisation all dieser Protozoen von einander abweicht und zum Theil noch wenig eingehend erforscht ist (Bürscarı, 1. ec. p. 1675). CGördoba, Argentinien, im Mai 1891. Erkiärung der Abbildungen. Tafel XVII. . Peitiada mirabilis n. g. n. sp. Vergr. 800. . Stylamoeba sessilis n. g. n. sp. Vergr. 4000. Optischer Schnitt. . Diplosiga socialis n. 8. n. sp. Vergr. 1500. . Chromatella argentina n. g. n. sp. Vergr. 4200. . Mastigophrys radians n. g. n. sp. Vergr. 1000. Optischer Schnitt. . Suctorella ciliata n. g. n. sp. Vergr. 600. . Eickenia rotunda n. g. n. sp. Vergr. ca. 1000. Optischer Schnitt, . Saltonella saltans n. g. n. sp. Vergr. 800. Optischer Schnitt. Fig. 9. Microhydrella tentaculata n. g. n. sp. Vergr. 800. Fig. 40. Dasselbe. Die Tentakel. Vergr. 1000. Fig. 14. Gringa filiformis n. 8. n. sp. Vergr. 1200. Fig. 12. Dasselbe, andere Form. Vergr. 1200. er Q VEREEHFFIBTTDE AP ZERT e TE oo Io r-wrxBs > 1 Der Einfachheit halber ist die mehr grüne Farbe des Inhaltes durch eine bräunliche ersetzt worden. Die Spongien der Adria. Von R. v. Lendenfeld. I. Die Kalkschwämme. Zweite Hälfte. Statistischer Überblick. | Es finden sich in der Adria also 32 Arten von Kalkschwämmen, "welche sich auf 15 Genera, fünf Familien und zwei Ordnungen ver- theilen. 27 von diesen habe ich selbst untersucht. Die Beschreibungen der fünf anderen (Sycetta conifera, Sycandra coronata, Sycandra quadran- "gulata, Ebnerella Buceichii und Syeyssa Huxleyi) sind bloße Kompila- - tionen. | Von diesen 32 Arten wurden zuerst beschrieben: 1 von Eııs und SoLANDER, | 1 von Rısso, 1 von DEiLE Curse, 1 von BOwERBANK, A von LitBERKÜHN, 40 von O. ScHmipTt, A von MıkLucHo MAKLAY, 7 von E, Hascke und 1 von V. v. EBNEr. Es waren somit bisher 24 von den adriatischen Kalkschwämmen freilich nicht alle aus der Adria — bekannt. Diesen werden in der vorliegenden Arbeit acht neue Arten hinzugefügt. Verbreitung. In der folgenden Tabelle sind alle adriatischen Kalkschwamm- fundorte zusammengestellt. Ein Punkt in der letzten Kolonne bedeutet, ass die Art auch außerhalb der Adria (gleichgültig wo) vorkommt. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 9% 362 R. v. Lendenfeld, Pirano Rovigno Abbazia Zara Sebenico Porto Chiave Lagosta Lissa Lesina Corfu Außerhalb der Adria Calcarea 118 1. Homocoela [A l. Asconidae 3 1. Ascetta 9 . primordialis ® . spinosa ® . cerebrum . clathrus . blanca 6. A. Goethei 2. Ascandra 4 9 7. A. reticulum ® ® 8. A. Lieberkühnii ® ® 9. A. angulata ® 2. Homodermidae I. Homoderretinae 8. Homandra 410. H. falcata 2. Heterocoela 3. Syconidae I. Sycanthinae 4. Sycantha 14, S. tenella ll. Syconinae 9. Sycetta 12. conifera — =] eeose9=“x.% _— = ee ®8u ro ee @> ww cr ®@s ww. @>>->-=- oe Bess. w SEI 7 5 p> >>>» ->® = ® >-68® 2 m [%9) > en er) -ı Ss ®->-088» Zu (Fb) —n [X] —— > {ep} — m DO [X] — [WU] > 6. Sycandra I. Syeocarpus 13. S. coronata 14. S. tuba 15. S. raphanus 16. S. setosa Il. Sycocubus 17. S. Schmidtii 18. S. quadrangulata 19. S. elegans | 20. S. Helleri 21. S. Humboldtii ® Ill. Uteinae 15 7. Grantia Kal, 22. G. capillosa s ®e 8, Ute 23. U. glabra iY. Amphoriscinae 9. Amphoriscus 24. A. cylindrus 25. A. chrysalis 10. Ebnerella 26. E. Buccichii 27. E. Gregorii 11. Sycyssa 28. S. Huxleyi 4. Sylleibidae ı12. Polejna. 29, P. telum [9] — ee = — ®® © & ® ® => ® 8» o--e Di ®> > >6®>-> e--©- ® ®-098-@8R >88: 8-®-:8800:908 Br-x-®-o a Das 25 N 5 Die Spongien der Adria. I. 2. 363 {a}ı) 3, [e) 8 Q 5 2 or ga o = ı = o o S & Ar ee N sus = F2 ser S|e|ls|s|3 83|3|8:|8|& |g* eilsEil san allelsspasa 2 Panel rer ker Na On | ar leer 13. Vosmaeria | | | | | | 4 | 30. V. corticata © 5. Leuconidae 4 1|2 Sea. 89 e) 14, Leucetta 4 4 1) 4 34. L. solida ® ) U) ® 15. Leucandra A A) A AR RAR A 32. L. aspera | © 8 | 888 ® Auffallend ist zunächst der außerordentliche Kalkschwammreich- thum Lesinas. Von den 32 adriatischen Arten kommen nicht weniger als 29 dort vor. Bloß Ascetta Goethei, Sycantha tenella und Sycandra tuba - sind bisher nicht in Lesina gefunden worden und das scheinen in der Adria überhaupt seltenere Formen zu sein, denn keine von ihnen ist von den früheren Forschern in der Adria gefunden worden. | Zweifellos trägt der Eifer meines Freundes Gre6orıo BuccicH, der 4 ‚schon seit vielen Jahren an der Bekanntmachung der Lesinaer Spongien- fauna arbeitet, in erster Linie zu der Größe der Zahl der bekannten K Lesinaer Arten bei. Dennoch aber kann kein Zweifel darüber bestehen, 3 dass die Lesinaer Kalkschwammfauna eine relativ sehr reiche ist. | Wenn nun auch die geringe Zahl der an den meisten anderen Orten gefundenen Species auf Mangelhaftigkeit unserer Kenntnis und nicht auf einer Armuth der betreffenden Lokalfaunen beruht, so wird doch P anzunehmen sein, dass die Fauna der Buchten von Muggia und Triest I eben so gut bekannt ist, wie die Fauna von Lesina. Wir können desshalb die auf diese Gebiete bezüzlichen Zahlen in unserer Tabelle zur Vergleichung verwenden, und es ist ein glücklicher % Zufall, dass diese zwei bestbekannten Gebiete so weit von einander a Etiernt sind. Bei Triest finden sich 8 Arten. Bei Lesina finden sich 29 Arten. Sechs von diesen sind beiden Gebieten gemeinsam. 75°/, der "Triester Arten finden sich auch in Lesina, aber bloß 21 %/, der Lesinaer Arten finden sich auch in Triest. N Hieraus können wir mit hinreichender Sicherheit den Schluss ziehen, dass die Kalkschwammfauna in der Adria von Norden nach Süden erheblich an Reichthum zunimmt. Dies steht auch, so weit erkennbar, im Einklang mit den mangel- _ haften faunistischen Daten von anderen Fundstellen. Von den 32 adriatischen Arten sind 13 auch außerhalb der Adria 24% FE EEMEEREETREELS WELT IE a I Er ne REN a ne ie seen 364 R. v. Lendenfeld, gefunden worden. Sieben von diesen gehen über das Mittelmeer hinaus, sechs sind auf das Mittelmeer beschränkt. Von den 8 Triester Arten gehen nur zwei über die Grenzen der Adria hinaus (25°/,). Von den 29 Lesinaer Arten aber gehen 42 über die adriatischen Grenzen hinaus (41 %,). Es ist also die Kalkschwammfauna im nördlichen Ende der Adria (bei Triest) eine bedeutend stärker » adriatisch« specialisirte (wenn ich so sagen darf), als die Kalkschwammfauna der Insel Lesina, welche viel näher dem Eingang in die Adria liegt. Dies ist freilich selbstverständlich, es scheint mir aber stets vor- theilhaft, die Gesetze des Variirens und Wanderns der Arten an kon- kreten Beispielen zu erproben und durch Zahlen zum Ausdruck zu bringen. Nach meinem System wären zwei Ordnungen, sechs Familien, 21 Gattungen und etwa 180 Arten von Kalkschwämmen zu unterscheiden. Davon kommen in der Adria zwei Ordnungen, fünf Familien, 15 Genera und 32 Arten vor: beide Ordnungen also, alle Familien mit Ausnahme einer, der Leucopsidea (welche nur eine australische Art umfasst) und 71 °/, der Gattungen. Etwa !/,—!/, aller bekannten Kalkschwammarten ist in der Adria gefunden worden. Da unsere Kenntnis der geographischen Verbreitung der Kalk- schwämme so ziemlich auf die Adria, die deutschen und englischen Küsten, und die Süd-Ostküste Australiens beschränkt ist, so können jetzt wohlnoch keine weitergehenden faunistischen Schlüsse gewagt werden. Schlüssel. Ich habe mich in diesem Schlüssel zur Bestimmung der bis nun be- kannten adriatischen Kalkschwammarten ganz an das System gehalten, so dass jeder Schritt in dem Schlüssel ein Hinabsteigen von einem sy- stematischen Begriffe zu dem nächst niedereren ist. Hierdurch ist es möglich geworden, die Anwendung von Nummern zu vermeiden und die betreffenden systematischen Namen selbst statt dieser zu verwenden. Spongien mit Kalkskelett ... 2.2.2.2... Classis Galcarea, p. 492. Classis Calearea. Der Schwamm besteht aus Röhren, welche in der Regel Netze bilden. Die Innenwand der Röhren ist durchaus mit Kragenzellen auseekleidel. . . ..... u... .,0Ordo Homocoela, pas Der Schwamm ist nit ein Netz solcher Röhren. Die Kragen- zellen sind auf mehr oder weniger regelmäßig gestaltete, von einan- der getrennte Kammern (Geißelkammern) beschränkt. Die Wände der Kanäle sind mit Plattenzellen bekleidet. Ordo Heterocoela, p. 233. Die Spongien der Adria. I. 2. 365 derm mehrschichtig und Röhreninnenwand unregelmäßig. FamiliaAsconidae, p.193. Entoderm einschichtig und Röhreninnenwand wabig, 4 FamiliaHomodermidae,p. 228. —Familia Asconidae. Das Skelett besteht aus triactinen oder tetractinen, oder E- triactinen und tetractinen Nadeln. .... GenusAscetta,p. 194. Das Skelett besteht aus rhabden und triactinen, rhabden und tetractinen oder rhabden, triactinen und tetractinen Nadeln. | GenusAscandra, p. 222. Genus Ascetta. Nadeln triactin, regulär mit zugespitzten Strahlen. 4. Ascettaprimordialis, p. 195. Nadeln tetractin, Basalstrahlen regulär, Apicalstrahl schlank konisch und dornenlos...... ...2.Ascettaspinosa,p. 203. Die Nadeln im Inneren theils reguläre Triactine mit zugespitzten Strahlen, theils Tetractine mit regulären Basalstrahlen und im oberen Dritttheil dornigem Apicalstrahl. An der Oberfläche eine, aus dick- strahligen irregulär-sagittalen Triactinen zusammengesetzte Rinde. ’ 3. Ascettacerebrum, p. 206. Nadeln triactin, regulär mit leicht gewundenen, cylindrischen, terminal abgerundeten Strahlen... . 4. Ascettaclathrus, p. 240. Nadeln triactin, sagittal....... 5. Ascettablanca, p. 218. Nadeln triactin und tetractin. Die Triactine und die Basalstrah- 4 len der Tetractine sagittal. .„.. ... 6. AscettaGoethei, p. 220. Genus Ascandra. Rhabde doppelspitzig, gekrümmt, Triactine regulär, Tetractine { vorhanden. ... 30 7 Ascandraretlewlum, pr233 Rhabde Hobpelspitzie, sckrünmt, Triactine sagittal, Tetractine vorhanden. .. ».....,.8.AscandraLieberkühnii, p. 224. Rhabde stumpfspitzig, winkelig gebogen, Triactine sagittal, Te- machne fehlen. “ce laser 9. Ascandra angulata, p. 226. —Familia Homodermidae. Mit seichtwabiger Gastralfläche und glatter äußerer Obrerllacheun. x... 20%.» Subfamilia Homoderretinae, p. 228. - Subfamilia Homoderretinae. Mit Rhabden und Triactinen, oder Rhabden und ; Tetractinen oder allen drei Nadelformen. Genus Homandra, p. 228. Genus Homoderma. Nadeln rhabd, triactin und tetractin. Die außen frei vor- 4 ragenden Rhabde gekrümmt mit abgerundetem, häufig verdicktem Distalendesir „er. naar Homandrafalcata,p. 229. go Heterocoela. Geißelkammern langgestreckt, senkrecht zum Oscularrohr orientirt, in welches sie direkt, jede für sich, oder gruppenweise ver- Entzeinmunden "iM. ER FamiliaSyconidae,p. 233. Einfache oder verzweigte ausführende Kanäle verbinden die lang- gestreckt sackförmigen, meist nicht radial orientirten, Geißelkammern mit dem Oscularrohr. ........FamiliaSylleibidae,p. 294. Geißelkammern kugelig oder eiförmig, durch ein System ver- zweigter ausführender Kanäle mit dem Oscularrohr verbunden. FamiliaLeuconidae, p. 300. Familia Syconidae. Distaltheile der gruppenweise vereint ins Oscularrohr ein- 366 R. v. Lendenfeld, mündenden Geißelkammern frei, ohne Dermalmembran. Mit geglie- dertem Tubarskelett.... .. SubfamiliaSycanthinae, p. 234. Distaltheile der getrennt, jede für sich ins Oscularrohr einmün- denden Geißelkammern frei, ohne Dermalmembran. Mit geglieder- tem Tubarskelett. ...... .. Subfamilia Syconinae,p. 238. Distaltheile der Kammern verwachsen ; mit Dermalmembran. Mit gegliedertem Tubarskelett. ..... Subfamilia Uteinae, p. 276, Distaltheile der Kammern verwachsen; mit Dermalmembran. Mit ungegliedertem Tubarskelett. SubfamiliaAmphoriscinae,p. 284. Subfamilia Sycanthinae. Das Skelett besteht aus triactinen und rhabden, oder tetractinen und rhabden, oder triactinen, tetractinen und rhabden Natelns an nereae alte ge te .. GenusSycantha, p. 235. Genus Sycantha. Nadeln rhabd, triactin und tetractin. Die Strahlen der gastra- len Triactine sind mehr als 40mal so lang als dick. 44.Sycanthatenella,p. 235. Subfamilia Syconinae. Das Skelett besteht aus triactinen, oder tetractinen, oder triactinen und tetractinen Nadeln. .... GenusSycetta, p. 239. Das Skelett besteht aus triactinen und rhabden, oder tetractinen und rhabden, oder triactinen, tetractinen und rhabden Nadeln. GenusSyeandra,p. 240. Genus Sycetta. Das Skelett besteht aus Triactinen und Tetractinen. Die Kam- mern sind in ihrer ganzen Länge vollkommen frei. 412. Sycetta conifera,p. 239. Genus Sycandra. Kammern überall, außer in nächster Nähe des Osculums voll- kommen frei, oder nur durch Trabekel oder Membranen verbunden. SubgenusSyceocarpus,p. 241. Kammern vier, kreuzweise angeordneten Längszonen entlang mit einander derart verwachsen, dass zwischen ihnen geschlossene vier- seitig prismatische, einführende Kanäle zu Stande kommen. Subgenus Sycocubus, p. 263, Subgenus Sycocarpus. Apicalstrahl der gastralen Tetractine 3/„— mal so lang als ihre Basalstrahlen. Große Rhabde der Kammerkrone 2—3mal so dick als die Strahlen der parenchymalen Triactine. 413. Sycandracoronata,p. 242. Apicalstrahl der gastralen Tetractine 2/;—1mal so lang als ihre Basalstrahlen. Große Rhabde der Kammerkronen 4—11/amal so dick als die Strahlen der parenchymalen Triactine. 44.Sycandratuba, p. 244. Apicalstrahl der gastralen Tetractine 1/amal so lang als ihre Basal- strahlen. Große Rhabde der Kammerkronen 2—4mal so dick als die Strahlen der parenchymalen Triactine. 15.Sycandra raphanus, p. 246. Apicalstrahl der gastralen Tetractine mal so lang als ihre Basal- strahlen. Große Rhabde der Kammerkronen 3—4mal so dick als die Strahlen der parenchymalen Triactine. 16.Sycandra setosa,p. 257. Subgenus Sycocubus. Apicalstrahl der gastralen Tetractine !/,o—!/s so lang als Die Spongien der Adria. 1. 2. 367 ihre Basalstrahlen. Große Rhabde der Kammerkronen 4—3mal so dick als die Strahlen der parenchymalen Triactine. 17.SycandraSchmidtii, p. 263. Tetractine fehlen. Große Rhabde der Kammerkronen 2—5mal so dick als die Strahlen der parenchymalen Triactine. 48.Sycandraquadrangulata, p. 265. Apicalstrahl der gastralen Tetractine eben so lang als ihre Basal- strahlen. Rhabde der Kammerkronen sehr verschieden, theils eben so dick als die Strahlen der parenchymalen Triactine, theils dünner. 49.Sycandra elegans,p. 267. Apicalstrahl der gastralen Tetractine !/;—1/; so langals ihre Basal- strahlen. Große Rhabde der Kammerkronen 7—8mal so dick als die Strahlen der parenchymalen Triactine. Tetractine auch im Parenchym. 20.SycandraHelleri, p. 269. Apicalstrahl der gastralen Tetractine fast eben so lang als ihre Basalstrahlen. Große Rhabde der Kammerkronen 3—4mal so dick als die Strahlen der parenchymalen Triactine. #4 24,SycandraHumboldtii, p. 273. 3 Subfamilia Uteinae. Ohne tangentiale Rhabde in der Dermalmembran. Genus Grantia, p. 276. Mit einem, aus tangentialen Rhabden zusammengesetzten Haut- Ben ee Me en eh GenusÜUite, p. 282. | Genus Grantia. Apicalstrahlen der gastralen Tetractine 1/,—?/3mal so lang als ihr 4 sagittaler Basalstrahl. Große Rhabde der Kammerkronen 2—4mal so dick als die Strahlen der parenchymalen Triactine, 22. Grantiacapillosa, p. 277. 4 Genus Ute. Rhabde des Hautpanzers 40mal so lang und dick als die Strahlen der parenchymalen; Triactine. . . =... ..:..% 23. Ute glabra, p. 282. "Subfamilia Amphoriseinae. Das Skelett besteht aus triactinen oder mer, oder triactinen und tetractinen Nadeln. Genus Amphoriscus, p. 285. Das Skelett besteht aus triactinen und rhabden, oder tetractinen und rhabden, oder triactinen, tetractinen und rhabden Nadeln, GenusEbnerella,p. 288. Das Skelett besteht ausschließlich aus rhabden Nadeln. GenusSyceyssa, p. 292. enus Amphoriscus. Die centripetal orientirten Apicalstrahlen der dermalen Te- tractine durchsetzen nicht die ganze Dicke der Körperwand. 24. Amphoriscuscylindrus,p. 286. Die centripetal orientirten Apicalstrahlen der dermalen Tetrac- tine durchsetzen die Körperwand in ihrer ganzen Dicke und ihre . Spitzen ragen frei ins Oscularrohr hinein. @. 25. Amphoriscuschrysalis, p. 287. | ‚Genus Ebnerella. Apicalstrahl der gastralen Tetractine länger als die Basalstrah- len. Apicalstrahl der dermalen Tetractine 0,03—0,04 mm dick. 26. Ebnerella Ense, p- 289. Apicalstrahl der gastralen Tetractine weniger denn halb so lang als die Basalstrahlen. Apicalstrahl der dermalen Tetractine 0,02 bis 2 mmdick..iieek re 27. Ebnerella Gregorii,p. 290. 368 R. v. Lendenfeld, Genus Syeyssa. Die großen radialen Rhabde ragen weit frei nach außen vor. Zwischen diesen großen Stacheln findet sich an der äußeren Ober- fläche ein dichter Pelz kleiner Rhabde. 28.Sycyssa Huxleyi, p. 292. Familia Sylleibidae. Mit triactinen oder tetractinen Nadeln, oder beiden. GenusPolejna, p. 294. Mit rhabden und triactinen, oder rhabden und tetractinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. ..... Genus Vosmaeria,p. 297. Genus Polejna. Mit großen, tangential gelagerten Triactinen in der glatten Der- malmembran und kleineren Triactinen und Tetractinen im Inneren. 29. Polejna telum, p. 295. Genus Vosmaeria. Mit einem, aus großen, tangential angeordneten Rhabden zu- sammengesetzten Hautpanzer und mit kleinen, über die äußere Ober- fläche frei vorragenden, lanzenähnlichen Rhabden. 30. Vosmaeria corticata, p. 297. Familia Leuconidae. Das Skelett besteht aus triactinen oder tetractinen, oder triactinen und tetractinen Nadeln... .... Genus Leucetta, p. 302 Das Skelett besteht aus triactinen und rhabden, oder tetractinen und rhabden, oder triactinen, tetractinen und rhabden Nadeln. GenusLeucandra, p. 308. Genus Leucetta. Mit Triactinen im Parenchym und Tetractinen in den Wänden der ausführenden Kanäle... -. ... . 31. Leucettasolida, p. 305. Dane Leucandra. Große, über die äußere Oberfläche vorragende Rhabde vier- bis sechsmal so dick als die Strahlen der parenchymalen Triactine. 32. Leucandraaspera, p. 306. Synonyme. Die folgende Liste ist eine Zusammenstellung der Angaben über adriatische Kalkschwämme in der zoologischen Litteratur. Die Citate sind alphabetisch nach den Spongiennamen geordnet, welche in den- selben vorkommen. Diese Namen sind links vorangestellt. Rechts, rückwärts steht der Name, unter welchem der betreffende Schwamm im Obigen beschrieben ist. Die Liste ist eine vollständige Zusammen- stellung aller Namen, die für adriatische Kalkschwämme gebraucht worden sind. Amphoriscus Buceichii V. v. Ebner (1887a, p. 981). Ebnerella Buccichii, p. 289. chrysalis N. de Polejaeff (1883, p. 26). Amphoriscus chrysalis, p. 287. eylindrus R. v. Lendenfeld (1885 b, p. 1103). Amphoriscus eylindrus, p. 286. cylindrus N. de Polejaeff (1883, p. 26). Amphoriscus eylindrus, p. 286. Ascaltis cerebrum E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 5%; Bd. III, Taf. VII, X). Ascetta cerebrum, p. 206. Die Spongien der Adria. I. 2. 369 Be oe p- 220. " Ascandra falcata E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 83; Bd. II, Taf. XIV, XV). = omandra falcata, p. 229. 2 Lieberkühnii E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 96; Bd. III, Taf. XV). | Ascandra Eiberkähnii p. 225. Lieberkühnii C. Keller (1876, p. 19, 32, Taf. II). Ascandra Lieberkühnii, p. 225. Lieberkühnii R. v. Lendenfeld (1889a, p. 417, Taf. XXVWD. Homandra falcata, p. 229. reticulum E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 87; Bd. III, Taf. XIV, XX). | Ascandra reticulum, p. 223. > Ascetta blanca E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 38; Bd. II, Taf. V). ! Rsoctta blanca, p. 218. blanca C. Keller (1 876, p- 19). Ascetta blanca, p. 218. blanca E. Metschnikoff (1879, p. 358, Taf. XXI, XXI). Ascetta blanca, p. 218. elathrus E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 30; Bd. III, Taf. IV, V). Ascetta clathrus, p. 210. clathrus C. Keller (1876, p. 19). Ascetta elathrus, p. 210. clathrus E. Metschnikoff (1879, p. 359, Taf. XXI). Ascetta clathrus, p. 210. clathrus O. Schmidt (1875, p. 132, Taf. IX). Ascetta clathrus, p. 210. elathrus OÖ. Schmidt (1877, p. 255, Taf. XV]). Ascetta clathrus, p. 210. primordialis C. Keller (1876, p. 19). Ascetta primordialis, p. 195. BIER: v. Lendenfeld (1889 a, p. 416). Ascetta primordialis, p. 195. primordialis E. Metschnikoff (1879, p. 363). Akoettä primordialis, p. 195. primordialis ©. Schmidt (1877, p. 249). Ascetta primordialis, p. 195. primordialis var. protogenes E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 17; 4 Bd. III, Taf. I, II, V). Ascetta primordialis, p. 195. elathrina re J. E. Gray (1867, p. 557). . Ascetta clathrus, p. 210. Dunsteryili corcyrensis J. E. Gray (1867, p. 558). ee Humboldtii, p. 273. 3170 R. v. Lendenfeld, Dunstervillia eoreyrensis ©. Schmidt (1862, p. 16, Taf. I). Sycandra Humboldtii, p. 275. elegans J. S. Bowerbank (1845, p. 297, Taf. XV). Sycandra elegans, p. 267. elegans H.Bronn (1859, Taf. II). Sycandra elegans, p. 267. tesselata J. E. Gray (1867, p. 557). Sycandra elegans, p. 267. Grantia aspera J. E. Gray (1867, p. 554). Leucandra aspera, p. 306. aspera O. Schmidt (1866, p. 7, Fig. 5). Leucandra aspera, p. 306. botryoides N. Lieberkühn (1859, p. 373). Ascandra Lieberkühnii, p. 224. eiliata J. S. Bowerbank (1859, p. 79). Sycandra coronata, p. 242. ciliata J. S. Bowerbank (1864, Taf. XXV]). Sycandra coronata, p. 242. eiliata J. S. Bowerbank (1866, p. 19). Sycandra coronata, p. 242. ciliata J. S. Bowerbank (1874, p. 3, Taf. II). Sycandra coronata, p. 242. ciliata A. M. Norman (1882, p. 25). Sycandra coronata, p. 242. clathrus O. Schmidt (1864, p. 24, Taf. II). Ascetta clathrus, p. 210. clathrus ©. Schmidt (1866, p. 8). Ascetta clathrus, p. 210. ensata J. S. Bowerbank (1864, p. 29, Taf. IV). Ute glabra, p. 282. ensata J. S. Bowerbank (1866, p. 25). Ute glabra, p. 282. ensata J. S. Bowerbank (1874, p. 4, Taf. II). Ute glabra, p. 282. ensata A. M. Norman (1882, p. 25). Ute glabra, p. 282. Humboldtii J. E. Gray (1867, p. 554). Sycandra Humboldti, p. 273. Lieberkühnii E. Graeffe (1882, p. 321 [sep. p. 9]). Homandra falcata, p. 229. Lieberkühnii O. Schmidt (1862, p. 17). Ascandra Lieberkühnii, p. 224. primordialis E. Graeffe (1882, p. 321 [sep. p. 9)). Ascetta primordialis, p. 195. Die Spongien der Adria. I. 2. 371 Grantia pulchra ©. Schmidt (1862, p. 18). 2 Ascetta primordialis, p. 195. raphanus J. E. Gray (1867, p. 554). Sycandra raphanus, p. 246. setosa J. E. Gray (1867, p.55%). Sycandra setosa, p. 257. solida ©. Sehmidt (1862, p. 18, Taf. ]). Leucetta solida, p. 303. solida O. Schmidt (1864, p.23). Leucetta solida, p. 303. tesselata J. S. Bowerbank (1864, p. 29, Taf. IV, XVM). Sycandra elegans, p. 267. tesselata J. S. Bowerbank (1866, p. 26). Sycandra elegans, p. 267. tesselata J. S. Bowerbank (187%, p. 5, Taf. I). Sycandra elegans, p. 267. tesselata Gray (1867, p. 557). Sycandra elegans, p. 267. tesselata A. M. Norman (1882, p. 25). ; Sycandra elegans, p. 267. Eeancha blanca N. de Miklucho-Maklay (1868, p. 220, Taf. IV, V). 4 Ascetta blanca, p. 218. Leucaltis solida E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 151, Bd. III, Taf. XXVII). e Leucetta solida, p. 303. solida C. Keller (1876, p. 19). Leucetta solida, p. 303. " Leucandra aspera E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 191, Bd. II, Taf. XXXI, | ED REN EL Leucandra aspera, p. 306. aspera (. Keller (1876, p. 19, 33, Taf. I, D). Leucandra aspera, p. 306. aspera R. v. Lendenfeld (1888, p. 18). | Leucandra aspera, p. 306. aspera G. Vosmaer (1880)... . Leucandra aspera, p. 306. aspera G. Vosmaer (1884, p. 483, Taf. XXVII, XXIX). Leucandra aspera, p. 306. aspera G. Vosmaer (1887, p. 37%). 4 Leucandra aspera, p. 306. Leucosolenia pulchra ©. Schmidt (1866, p. 8). h Ascetta primordialis, p. 195. blanca N. de Polejaeff (1883, p. 37, Taf. I, III). Ascetta blanca, p. 218. blanca G. Vosmaer (1887, p. 370). Ascetta blanca, p. 218. ardoa reticulum O. Schmidt (1862, p. 18, Taf. I). Ascandra reticulum, p. 223. 372 R. v. Lendenfeld, Scyphia coronata S. F. Gray (1821, p. 357). | Sycandra coronata, p. 242. Sponiga coronata J. Ellis & D. Solander (1786, p. 190, Taf. LVIN). Sycandra coronata, p. 242. coronata R. Grant (1826, p. 166). Sycandra coronata, p. 242. coronata R. Grant (1827, p. 122, Taf. II). Sycandra coronata, p. 242. coronata A. Schweigger (1819, p. 80, Taf. V). Sycandra coronata, p. 242. inflata S. Delle Chiaje (1828, Bd. II, p. 114, Taf. XXXVM). Sycandra raphanus, p. 246. Sycaltis conifera E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 26%; Bd. III, Taf. XLV). Sycetta conifera, p. 239. Sycandra capillosa E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 317; Bd. III, Taf. LI, LX). Grantia capillosa, p. 277. coronata E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 30%; Bd. III, Taf. LI, LX). Sycandra coronata, p. 242. coronata C. Keller (1876, p.19). Sycandra coronata, p. 242. coronata R. v. Lendenfeld (1885b, p. 1092). Sycandra coronata, p. 242. coronata A. M. Norman (1882, p. 230). Sycandra coronata, p. 242. elegans E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 338; Bd. II, Taf. LIV, LVII). Sycandra elegans, p. 267. elegans C. Keller (1876, p. 19, 32, Taf. I). Sycandra elegans, p. 267. elegans A. M. Norman (1882, p. 231). Sycandra elegans, p. 267. glabra E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 349; Bd. III, Taf. LVI, LX). Ute glabra, p. 283. glabra A. M. Norman (1882, p. 231). Ute glabra, p. 283. glabra O. Schmidt (1875, p, 127, Taf. VIII, IX). Ute glabra, p. 283. Humboldtii E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 344; Bd. III, Taf. LIV,LX). Sycandra Humboldtiü, p. 274. raphanus E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 312; Bd. III, Taf. LI, LX). Sycandra raphanus, p. 246. raphanus C. Keller (1876, p. 19, 27, Taf. M). Sycandra raphanus, p. 246. Die Spongien der Adria. I. 2. 373 j ‚Sycandra raphanus R. v. Lendenfeld (1885b, p. 1093). BE Sycandra raphanus, p. 247. | i raphanus R. v. Lendenfeld (1889a, p. 420, Taf. XXVI, XVII). 4 Sycandra raphanus, p. 247. raphanus E. Metschnikoff (1879, p. 367, Taf. XX1). Sycandra raphanus, p. 246. raphanus N. de Polejaeff (1882, p. 276, Taf. I, DM). Sycandra raphanus, p. 246. raphanus O. Schmidt (1875, p. 127, Taf. VIII, IX). 3 Sycandra raphanus, p. 246. © raphanus F. E. Schulze (1875, p. 247, Taf. XVII—XXI). Sycandra raphanus, p. 246. raphanus F. E. Schulze (1876, p. 486). Sycandra raphanus, p. 246. Schmidtii E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 328; Bd. II, Taf. LI, EUEhWE DE: . . .„ Sycandra Schmidtii, p. 263. setosa E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 322; Bd. II, Taf. LII, LX). En ohnden setosa, p. 257. Syail chrysalis E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 256; Bd. III, Taf. XLIM). Amphoriscus chrysalis, p. 287. a E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 254; Bd. IH, Taf. XLIM). Amphoriscus eylindrus, p. 286. : E Syeinula aspera O. Schmidt (1868, p. 35). Leucandra aspera, p. 306. Sycon asperum O. Schmidt (1862, p. 15, Taf. I). 4 Fövicanen aspera, p. 306. capillosum N. de Polejaeff (1883, p. 24). Grantia capillosa, p. 277. capillosum O. Schmidt (1864, p. 22). Grantia capillosa, p. 277. eiliatum N. Lieberkühn (1859, p. 373, Taf. IX). Sycandra raphanus, p. 246. ciliatum O. Schmidt (1862, p. 14, Taf. I). Sycandra raphanus, p. 246. coniferum N. de Polejaeff (1883, p. 24). Sycetta conifera, p. 239. coronatum N. de Polejaeff (1883, p. 24). Sycandra coronata, p. 242. elegans N. de Polejaefl (1883, p. 24). Sycandra elegans, p. 267. Humboldtii N. Lieberkühn (1859, p. 381, Taf. IX). Sycandra Humboldtii, p. 273. 374 R. v. Lendenfeld, Sycon Humboldtii N. de Polejaeff (1883, p. 24). Sycandra Humboldtii, p. 273. Humboldtii A. Risso (1826, p. 36, Taf. X). Sycandra Humboldii, p. 273. Humboldtii O. Schmidt (1862, p. 14). Sycandra Humboldtii, p. 273. quadrangulatum N. de Polejaeff (1883, p. 24). Sycandra quadrangulata, p. 265. raphanus E. Graeffe (1882, p. 321 [sep. p. 9)). Sycandra raphanus, p. 246. raphanus N. de Polejaeff (1883, p. 24, 40). Sycandra raphanus, p. 246. raphanus O. Schmidt (1862, p. 14, Taf. I). Sycandra raphanus, p. 246. raphanus O. Schmidt (1868, p. 32). Sycandra raphanus, p. 246. raphanus G. Vosmaer (1887, p. 371). Sycandra raphanus, p. 246. Schmidtii N. de Polejaeff (1883, p. 24). Sycandra Schmidtiü, p. 263. setosum N. de Polejaeff (1883, p. 24). Sycandra setosa, p. 257. setosum O. Schmidt (1862, p. 15, Taf. ]). Sycandra setosa, p. 257. Syconella quadrangulata ©. Schmidt (1868, p. 29, Taf. V). Sycandra quadrangulata, p. 265. Sycortis quadrangulata E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 280; Bd. Ill, Tat KENN)... Wr Sycandra quadrangulata, p. 265. quadrangulata C. Keller (1876, p. 19). Sycandra quadrangulata, p. 265. quadrangulata A. M. Norman (1882, p. 230). Sycandra quadrangulata, p. 265. Syceyssa Huxleyi E. Haeckel (1872, Bd. II, p. 260, Bd. III, Taf. XLIV). Sycyssa Huxleyi, p. 292. Huxleyi €. Keller (1876, p. 49). Syeyssa Huxleyi, p. 292. Ute capillosa J. E. Gray (1867, p. 554). Grantia capillosa, p. 277. capillosa ©. Schmidt (1862, p. 17, Taf. ]). Grantia capillosa, p. 277. chrysalis ©. Schmidt (1864, p. 23, Taf. II). Amphoriscus chrysalis, p. 287. ensata J. E. Gray (1867, p. 555). Ute glabra, p. 283. Die Spongien der Adria. 1. 2. 375 4 Ute glabra N. de Polejaeff (1883, p. 25). * Ute glabra, p. 283. A glabra O. Schmidt (1864, p. 23, Taf. IM). Ute glabra, p. 282. glabra G. Vosmaer (i887, p. 372). Ute glabra, p. 283. ill. Synthetischer Theil, die Kalkschwämme im Allgemeinen. Individualität. 3 Carter erklärte einmal die Kragenzellen und einmal die Geibel- - kammern für die Schwammindividuen. Lisserkünn betrachtete jene } Zellenkomplexe als Individuen, welche zusammenhängende Aggregate wechselseitig von einander abhängiger Zellen und deren Produkte sind, "und welche alle aus einem Ei oder einer Spore hervorgegangen sind. 4 OÖ. Scumipr fasst jeden Theil eines Schwammes, an welchem sich ein _ Oseulum öffnet, als Individuum auf. Hascker unterscheidet vier Ord- - nungen von Individuen: I. Plastiden, II. Idorgane ” III. Personen, —_W. Stöcke. Hazcxer’s Individuen erster Ordnung, die Plastiden, sind die ein- F zelnen Zellen (= Individuum Carter). Hazcrer's Individuen zweiter Ordnung, die Idorgane, sind die Geißelkammern der Heterocoela (— In- P dividuum Carter). Hazerer’s Individuen dritter Ordnung, die Personen, E werden durch den Besitz eines Osculums und einer einzigen Achse 4 charakterisirt (= Individuum 0. Scauipr). Harcrer's Individuen vierter Ordnung, die Stöcke, sind Gebilde, welche aus mehreren Einzelpersonen > (im Sinne Hazcrzır’s) bestehen. Obwohl ich die logische Richtigkeit dieser - Aufstellung von vier Individualitätsordnungen vollkommen anerkenne, ” so muss ich doch bemerken, dass sie wenig praktischen Werth hat. Der wichtigste von diesen Begriffen ist jedenfalls das Individuum dritter - Ordnung, die Person, und gerade für diesen Begriff sind die von HAEcKEL F angegebenen Kriterien praktisch unbrauchbar. Verschiedene, gleich 4 große Exemplare einer und derselben Art können sehr zahlreiche kleine, oder einige größere, oder ein einziges großes Osculum besitzen. Re Nach Harereı wären die ersten mundlose Einzelpersonen, die zweiten, Stöcke mehrerer Personen und die dritten mundtragende Einzelperso- nen. Diese Unterscheidung hat keinen realen Werth, und es muss angenommen werden, dass ein Individuum jede beliebige Zahl von -Osculis besitzen kann. Eben so wenig Werth hat das zweite von AECKEL aufgestellte Kriterium der Einzelperson, die Einachsigkeit. Bei ‚den Syconidae könnte man allerdings von Stöcken sprechen, welche 376 R. v. Lendenfeld, aus eben so vielen Personen zusammengesetzt sind, als Oscula und Achsen vorkommen. Bei den anderen Gruppen lassen sich diese Kriterien jedoch nur ausnahmsweise anwenden. Nun könnte man glauben, dass es zur Vermeidung dieser Schwie- rigkeiten und zur Aufstellung eines exakten und scharfen Individuali- tätsbegriffes nur nöthig wäre, die Knospung außer Acht zu lassen und ein- fach auf die Lieseakünn’sche Individualitäts-Definition zurückzugreifen. Doch lässt sich auch diese Definition nicht praktisch verwerthen, weil sich berührende, von verschiedenen Eiern herrührende, wachsende Schwämme der gleichen Art die Gewohnheit haben, vollkommen zu verschmelzen, so dass man in sehr vielen Fällen nicht einmal die, aus einem Ei hervorgegangenen Zellenkomplexe (Individuen im Sinne LiEBERKÜHN’S) begrenzen kann. Wie eine Gruppe dicht neben einander gepflanzter Bäumchen sich zu einem einzigen großen Baume vereinigen, eben so verschmelzen benachbarte junge Spongien der gleichen Art zu einem einzigen Schwamme, der durch nichts verräth, aus wie vielen Eiern er hervorgegangen ist. Diese Betfachtung zeigt, dass sich kein wissenschaftlicher In- dividualitätsbegriff höherer Ordnung auf die Kalkschwämme prak- tisch anwenden lässt. Wir müssen uns vielmehr damit begnügen, jeden Schwamm als ein Individuum zu betrachten, sei es nun, dass er eine »Person« im Sinne Harckzr’s ist, wie eine einfache Sycandra raphanus, oder sei es, dass er als ein »Stock« erscheint, entstanden durch Knos- pung von einem einfachen Lirgerkünn’schen Individuum aus oder durch Konkreszenz verschiedener Lirgerkünn’scher Individuen. Ich werde dem entsprechend im Folgenden einfach jedes Exemplar als ein Indivi- duum betrachten, wobei das Wort Individuum eine rein empirische Vorstellung der Verbindung von Theilen und ihrer gemeinsamen schar- fen Abgrenzung nach außen ist. Kanalsystem. Die Grundform der Kalkschwämme ist ein Sack mit durchlöcherter, durch eingelagerte Kalknadeln versteifter Wand. Das Lumen des Sackes ist der centrale Gastralraum. Die terminale Öffnung desselben das Osculum. Die Geißeln der Epithelzellen verursachen durch ihre Bewegung einen Wasserstrom, der durch die kleinen Löcher — Poren — in der Sackwand ein- und durch das terminale Osculum austritt. Die Sackwand besteht aus drei Schichten, dem Ektoderm, der Zwischen- schicht und dem Entoderm. Das Ektoderm bekleidet die äußere Ober- fläche der Sackwand, das Entoderm die innere. An den Rändern der Poren und des Osculums stoßen Ektoderm und Entoderm an einander. Die Spongien der Adria. 1. 2. 377 "Das Ektoderm besteht aus flachen Plattenzellen, das Entoderm aus hohen Kragenzellen. Die Zwischenschicht, welche von Hazckeı als Exo- ‚derm, von den neueren Autoren aber als Mesoderm bezeichnet wird, "besteht auseiner wasserreichen Grundsubstanz, in welcher sternförmige Bindegewebszellen, kontraktile Faserzellen, amöboide Wanderzellen, - Sexualzellen, kalkabscheidende Elemente und die Kalknadeln liegen. Junge Asconen haben häufig einen solchen Bau, wie er im Obigen als Grundform aller Kalkschwämme beschrieben wurde. Von dieser lichkeiten des Kanalsystems der höheren Formen tieferem Verständnis zugänglich zu machen. ; Zunächst finden wir häufig, dass sich der Sack zu einer längeren "Röhre auszieht. Diese Röhre bildet Knospen, es entstehen röhrenför- mige Äste. Die Äste geben ähnliche Zweige ab, und es können auf ‚diese Weise stattliche Bäumchen von Röhren mit einem Osculum an jedem Zweigende zu Stande kommen, wie bei Ascandra pinus. Solche * Formen sind jedoch selten. Viel öfter verwachsen die Zweige und es | entsteht ein Netz anastomosirender Röhren, wie wir es bei den meisten Asconen beobachten. Solche Netze besitzen entweder gar keine größeren F Ausströmungsöffnungen (Auloplegma), oder es finden sich eines oder F mehrere solche zerstreut in den Röhrenwänden oder an den Enden kurzer Zweige. “ Die Asconnetze überziehen entweder flach ausgebreitet und krie- "chend ihre Unterlage oder sie erheben sich und bilden massige Formen. "Bei den ersteren sind die Netzbalken nur in zwei Dimensionen ausge- breitet und bilden eine einfache Schicht. Bei den letzteren breiten sie Sich in allen drei Dimensionen des Raumes aus und werden mehr- Be In einigen Fällen haben alle Röhren so ziemlich die ae "Bei den Formen mit durchaus ziemlich gleichweiten Röhren ordnen Sich diese an der Oberfläche meist dichter als im Inneren an. Diese flerenzirung kann so weit gehen, dass alle Röhren an die Oberfläche cken, und innen ein Hohlraum bleibt, welcher durch die Lücken zwischen den oberflächlichen Röhren mit der Außenwelt kommuniceirt. s i ine weitere Komplikation kommt dadurch zu Stande, dass am oberen [En nde des Schwammes eine große Öffnung, das Pseudosculum, gebildet Zeitschrift f, wissonsch, Zoologie. LIII. Bd. 25 378 R. v. Lendenfeld, wird, welche von oben in den inneren Hohlraum hineinführt. Diese Formen sind meistens gestielt. Sie entbehren größerer, mit freiem Auge sichtbarer Oscula. Das Pseudosculum wird häufig von einem röhrenförmigen Hautsaume gekrönt, welcher wie ein Schornstein über dasselbe emporragt. Die Poren, welche allenthalben die Röhrenwände durchsetzen und in das Kragenzellen-ausgekleidete Lumen der Röhren hineinführen, sind zwar durchaus mikroskopisch, aber es lässt sich immerhin häufig erkennen, dass jene, welche die Röhrenlumina mit dem centralen Hohlrauum verbinden, beträchtlich größer als jene sind, die von außen in die Röhrenlumina hineinführen. Während bei jenen Auloplegma-Formen, welche keinen Hohlraum im Inneren und kein Pseudosculum besitzen, Ein- und Ausströmungsöffnungen unregel- mäßig zerstreut sind, beobachtet man bei den komplicirteren, welche dieselben besitzen, eine Scharung der größeren Ausströmungsporen auf den dem centralen Hohlraum zugekehrten Seiten der Röhren. Bei solchen Formen durchströmt das Wasser die Röhren, welche den cen- tralen Hohlraum umgeben und ergießt sich dann in den letzteren, um schließlich durch das Pseudosculum ausgestoßen zu werden. Diese Pseudonardorus-Formen sind sehr zart und werden — besonders jene, welche einem schlanken Stiele aufsitzen — von jeder Bewegung der umgebenden Wassermassen derart gebeugt, dass das Pseudosculum, welches am oberen Ende des Schwammes liegt und bei ruhigem Wasser nach oben sieht, sich der, dem Anprall des bewegten Wassers entgegengesetzten Richtung zukehrt. Dann wird der, den Schwamm durchziehende Wasserstrom durch Heraussaugen aus dem Osculum gerade so gefördert, wie der Luftstrom in einer Ventilationsvorrichtung durch das am Dache befindliche gebogene, vom Winde weggewendete Endstück des Ventilationsschaftes. Durch den röhrenförmigen Haut- saum, den man füglich Pseudoperistom nennen könnte, wird diese Aspiration wesentlich gefördert. Da nun eine solche Förderung des Wasserstromes die Ernährung des Schwammes erleichtert und beschleu- nigt, so wird anzunehmen sein, dass diese gestielten Pseudonardorus- Formen mit Pseudoperistom in Folge der Zuchtwahl aus massigen Netzformen ohne centralen Hohlraum hervorgegangen sind. Es ist wohl anzunehmen, dass die Lumina der Röhren aller Theile | der Asconnetze mit einander in direkter Kommunikation stehen. Wie bedeutend auch die Verzweigung und Komplikation des mit Kragen- zellen ausgekleideten Raumes sein mag, so wird es doch immer ein einziger, zusammenhängender Hohlraum sein. Alle Asconen haben eine sehr einfache, zarte und dünne Zwischen- schicht, und, sofern das Entoderm nicht, wie bei gewissen Formen Die Spongien’der Adria. I. 2. 379 von Ascetta elathrus mehrschichtig ist, eine glatte, der äußeren Röhren- oberfläche annähernd parallele Gastralfläche. | 4 Ich habe an der Ostküste Australiens einen Kalkschwamm (Leu- copsis) gefunden, welcher die Gestalt eines gestielten Pseudonardorus mit Pseudoperistom besaß, sich aber von den ähnlich gestalteten Asco- R nen dadurch unterscheidet, dass seine Zwischenschicht viel mächtiger, { und seine mit Kragenzellen ausgekleidete Leibeshöhle durch Onerwände 5 in zahlreiche Kammern von schwankender Gestalt und Größe getheilt 4 ist. In Folge der bedeutenden Mächtigkeit der Zwischenschicht sind e: bei Leucopsis die Maschen des Röhrennetzes zu engen, kanalartigen _ Lücken verengt, welche einerseits von der äußeren Oberfläche hinein- 4 führen in die, mit Kragenzellen ausgekleideten Kammern, und welche F andererseits die Verbindung dieser Kammern mit dem großen, centra- F len Hohlraume des Schwammes herstellen. Leucopsis vermittelt den 4 Übergang von den Asconidae zu den Leuconidae, weicht aber im Bau ’ des Kanalsystems so stark von beiden ab, dass ich für diesen Schwamm 4 eine eigene Familie: Leucopsidae aufgestellt habe. ; Nach einer anderen Richtung hin kommt eine Komplikation des % Kanalsystems der Asconen dadurch zu Stande, dass die Gastralfläche wabig wird. So finden wir bei den Homoderretinae auf der von Kragen- zellen bekleideten Röhreninnenfläche ein Netz erhöhter Leisten, zwi- schen denen tiefe Gruben liegen. Die äußere Oberfläche ist glatt und 4 Lakunensystem hineinführen, das sich zwischen Ektoderm und Ento- - derm ausbreitet. Diese Lakunen stehen durch zahlreiche Poren mit ‚dem Röhrenlumen in Verbindung. Bemerkenswerth ist es, dass in jüngeren Schwammtheilen die äußeren Poren — theilweise wenig- ‚stens — wie bei den Asconen direkt in das Röhrenlumen hineinführen, "und dass das erwähnte Lakunensystem erst in älteren Schwammtheilen zur vollen Ausbildung gelangt. Die Homoderretinae vermitteln den F Übergang von den Asconidae zu den Amphoriseinae. i- In etwas abweichender Richtung differenzirt ist ein australischer "Schwamm, für den ich seiner Zeit das Genus Homoderma aufgestellt habe. Bei diesen sind die Gruben der wabigen Gastralwand, welche [| bei Homandra eben so breit als tief sind, um ein Vielfaches tiefer als breit, sackförmig und ragen wie die Geißelkammern (Radialtuben) der u yconinae außen frei vor, es ist jedoch bei Homoderma, gerade so wie ei Homandra die ganze Leibeshöhle (auch das Oscularrohr) mit Kragen- zellen ausgekleidet. Für Homandra, die ähnliche Hometta und die eben € rwähnte Homoderma stelle ich die Familie Homodermidae auf. Homo- derma vermittelt den Übergang von den Asconidae zu den Syconinae. s 25* 380 R. v. Lendenfeld, Indem in der Wand des Oscularrohres der Homoderma Plattenzel- len an Stelle der Kragenzellen treten, entstehen aus dieser die ein- fachsten Syconen. Bei diesen, der Subfamilie Syconinae angehörigen Formen treffen wir Geißelkammern an, deren Distaltheile vollkommen frei sind und welche, jede für sich. durch eine große Öffnung mit dem Oseularrohrlumen in direkter Verbindung steht. Etwas abweichend gebaut ist das Kanalsystem bei der neuen Sycantha, für welche ich die neue Subfamilie Sycanthinae aufgestellt habe. Bei dieser stehen die langgestreckten Kammern an der Basis mit einander gruppenweise in Kommunikation, und es ist für jede Gruppe nur eine Mündung in das Oscularrohr vorhanden. Die Sycanthinae vermitteln den Übergang von den Syconinae zu den Sylleibidae. Von den Syconinae abzuleiten sind die Uteinae. Bei einigen Syconen, wie z. B. bei Sycandra arborea, einem schönen, an der Ostküste Australiens sehr häufigen Schwamm, treffen wir am distalen Kammerende einen dieken Aufsatz an. Die benachbarten Kammeraufsätze verschmelzen an den Stellen wo sie einander berühren, und lassen nur relativ enge Einströmungsporen zwischen sich übrig, welche in zwiebelförmige Hohlräume hineinführen, von deren unterem Ende die einführenden (Interradial-)Kanäle ab- gehen. Bei den Uteinae nun hat sich aus diesen Endaufsätzen der Kammern eine Dermalmembran entwickelt, welche von zahlreichen Einströmungsporen durchbrochen wird, die in die einführenden Kanäle hineinführen. Durch Vertiefung der Einsenkungen der Gastralfläche und durch Verwandlung des Kragenzellenepithels der centralen Röhre in Plattenepithel sind aus den Homoderretinae die Amphoriscinae, mit glatter, äußerer Oberfläche und meist regelmäßig eylindrischen Kam- mern hervorgegangen. Langgestreckt sackförmige Kammern, welche den Kammern der Syconiden nicht unähnlich sind, trifft man bei Polejna und Vosmaeria an. Doch münden dieselben bei den genannten Schwämmen nicht direkt ins Oscularrohr ein, sondern in einfache oder verzweigte ab- führende Kanäle, welche nn Verbindung der Kammern mit dem Oscu- larrohr herstellen. Auch diese Spongien besitzen eine Dermalmembran, welche von Poren durchbrochen wird. Unterhalb dieser Haut breiten sich weite Subdermalräume aus, in welche die sackförmigen Geißel- kammern hineinragen. Zahlreiche Kammerporen führen von den Sub- dermalräumen ins Kammerlumen hinein. Für diese Spongien stellte ich (1885) die Familie Sylleibidae auf. Damals war ich geneigt die Sylleibidae von den Syconidae abzuleiten, und ich glaube jetzt in der neuen Sycantha das Verbindungsglied gefunden zu haben, welches den Übergang von den Syconen (Syconinae) zu den Sylleibidae vermittelt. Die Spongien der Adria. I. 2. 381 < Bei den Leuconidae endlich treffen wir baumförmig oder einfacher _ verzweigte ein- und ausführende Kanäle an. Die Geißelkammern sind - kugelig oder kurz eiförmig. Innerhalb der Familie Leuconidae werden beträchtliche Variationen des Kanalsystems beobachtet. Einige be- sitzen große Suhdermalräume oder Netze von Einfuhrkanälen in der - geißelkammerfreien Rinde; bei anderen werden solche Bildungen nicht beobachtet. Ich bin, wie oben erwähnt, geneigt, die Leuconidae von den Leucopsidae abzuleiten. Ich nehme an, dass die regelmäßigen, kugeligen oder ovalen Kammern der ersteren aus den unregelmäßigen Kammern der letzteren hervorgegangen sind, und dass das Oscularrohr und Osceulum der Leuconiden dem centralen Hohlraum und Pseudoscu- um von Leucopsis homolog sei. Die ein- und ausführenden Kanäle - der Leuconiden wären dann als die offen gebliebenen Reste der, durch “die Verdickung der Zwischenschicht verengten Maschen des Ascon- " netzes einer leucopsisähnlichen Form anzusehen. Gewöhnlich sind Osculum und Oscularrohr nicht sehr groß. Bei einigen Formen aber, wie z. B. bei Sycandra Ramsayi erweitert sich das letztere zu einer Höhle von der Größe eines Hühnereies und der "ganze Schwamm erscheint als eine, relativ dünnwandige, Blase. Bei einer Grantia (Teichonella Carter), und bei einer Leucandra (Eilhardia - Polejaeff) erweitert sich in dieser Weise nicht bloß das Oscularrohr, "sondern auch das Osculum, wodurch diese Schwämme die Gestalt weit _klaffender, relativ dünnwandiger Becher erlangen, auf deren Innen- F wand die Ausströmungsöffnungen, und auf deren Außenwand die Ein- : Strömungsporen beschränkt sind. Bei den Kalkschwämmen treten also folgende Formen des Kanalsystems auf: “ 4) Röhren, deren Wände innen durchaus mit Kragenzellen be- kleidet sind (Ordo Homocoela). 4 4) Gastralraum kontinuirlich, Gastralfläche glatt (Familia Asco- nidae). 2) Gastralraum kontinuirlich, Gastrallläche wabig (Familia Homodermidae). I. Äußere Oberfläche glatt, Gastralfläche seicht wabig (Sub- familia Homoderretinae). II. Die Divertikel der Gastralfläche sind tief und ragen nach Art der Radialtuben der Syconinae nach außen frei vor (Subfamilia Homoderminae). 3) Gastralraum durch Scheidewände in unregelmäßige Kam- mern getheilt, Gastralfläche glatt (Familia Leucopsidae). 2) Mit Plattenepithel-bekleideten ausführenden Kanälen und mit 382 R. v. Lendenfeld, Kragenzellen-bekleideten Geibelkammern von bestimmter Gestalt und Größe (Ordo Heterocoela). 1) Das ausführende System besteht aus einem einfachen, eylin- drischen Oscularrohr, die langgestreckt sackförmigen Kam- mern sind radial um dasselbe angeordnet (Familia Syconidae). I. Die distal freien Kammern münden zu Gruppen vereint in das Oscularrohr, nicht jede Kammer für sich (Sub- familia Sycanthinae). II. Die distal freien Kammern münden getrennt, jede für sich, in das Oscularrohr (Subfamilia Syconinae). III. EineRinde zieht über die auch distal verwachsenen, häufig unregelmäßigen Kammern hin (Subfamilia Uteinae). IV. Eine Rinde zieht über die, auch distal verwachsenen, häufig regelmäßigen Kammern hin (Subfamilia Ampho- riseinae). 2) Ausführendes Kanalsystem verzweigt, Kammern langge- streckt sackförmig, nicht direckt ins Oscularrohr einmün- dend (Familia Sylleibidae). 3) Mit verzweigten Kanälen und kugeligen oder kurz eiförmigen Kammern (Familia Leuconidae). Skelett. Alle Kalkschwämme besitzen ein Skelett, welches aus isolirten Nadeln besteht. Die Nadeln sind Rhabde, Triactine, oder Tetractine. Mehr als vierstrahlige Nadeln kommen nicht vor. Jeder Nadelstrahl besteht aus einem dünnen, etwas trüben Achsenfaden, welcher von der glashellen Nadelsubstanz umhüllt wird. In der letzteren ist häufig eine, um den Achsenfaden koncentrische, Schichtung zu erkennen. Goldchloridkalium und andere Reagentien bringen in der Nadel eine Querstreifung hervor. ; Die Untersuchungen v. Esner’s (1887, p. 981) haben gezeigt, e die alte Annahme, wonach die Nadeln aus abwechselnden Lagen orga- nischer und unorganischer Substanz bestünden, gar keine Berechtigung hat, es verhält sich vielmehr in optischer Beziehung jede Nadel wie ein einziges Krystallindividuum, und es nimmt keine organische Sub- | stanz an dem Aufbau der Nadel Theil. Die chemische Analyse zeigt, dass die Hauptbestandtheile der Nadeln Caleium und Kohlensäure sind. Daneben kommen Natrium, Magnesium und Schwefelsäure in nicht unbedeutender Menge vor. v. Eger ist der Meinung, dass die Kalkschwammnadeln als Mischkry- stalle aufzufassen seien, entstanden durch gleichzeitige Abscheidung der Die Spongien der Adria. I. 2, 383 _ dieselben zusammensetzenden Substanzen. Die innere Struktur, der _ Achsenfaden, die gelegentlich vorkommende Schichtungete. wären dann - auf Verschiedenheiten in den Mischungsverhältnissen dieser Substanzen zurückzuführen. Stets steht die Vertheilung der Gemengtheile in Be- - ziehung zur äußeren Form. Die äußerste Schicht ist resistenter als das Innere, und sie enthält die größte Menge von kohlensaurem Kalk. E HazckEL bezeichnete die Nadeln als Biokrystalle, und obwohl seine - Deutung derselben sich nicht als richtig erwiesen hat — in so fern als ihre äußere Gestalt in gar keiner Beziehung zur Krystallform ihrer Substanz steht — so kann doch dieser Name als ein sehr passender beibehalten werden. Die Nadeln entstehen wahrscheinlich in Zellen, es muss jedoch her- 5 vorgehoben werden, dass selbst die allerjüngsten Formen der großen - Nadeln, welche man im Schwammkörper antrifft, viel länger sind als £ irgend welche bekannte Schwammzellen mit Ausnahme etwa der reifen # Eier. 4 Das weitere Wachsthum der Nadel wird durch zahlreiche Zellen 4 vermittelt, welche sich an die Oberfläche der jungen Nadel ansetzen und Nadelsubstanz auf derselben niederschlagen. Die Nadel wächst “durch Apposition. Zuweilen beobachtet man an frei vorragenden - Nadeltheilen Hüllen von organischer Substanz. Vielleicht kommen - solche Hüllen stets vor. Ihr Zweck wäre die zarte Nadel vor Auflösung - im umgebenden Meerwasser zu schützen. Die skelettbildenden Ele- mente sind stets Zellen der Zwischenschicht. Nadelform. Trotz des Formenreichthums, dem wir beim Studium der Nadeln der Kalkschwämme begegnen, ist es leicht sämmtliche Gestalten auf “drei Grundformen zurückzuführen; Rhabde, Triactine und Tetractine. F Obwohl ausnahmsweise, wie z. B. im Wurzelschopf von Grantia capil- 4 osa 5 cm und darüber lange Nadeln vorkommen, so sind doch die "allermeisten Nadeln recht klein. Die dermalen Rhabde der Kammer- und Oscularkronen der Syconen sind bis zu 10, meistens 1—3 mm lang; fast alle übrigen Rhabde sowie die meisten Tri- und Tetractine "sind mikroskopisch klein. Zu den dicksten Nadeln gehören die 0,2 mm "im Durchmesser haltenden Rhabde von Leucandra cataphracta. x HazckeL nimmt die triactine Nadel als die Urform an, aus welcher "sich dann die übrigen Formen entwickelt hätten. Acceptiren wir die F. E. Scuusze’sche Nadelentstehungstheorie, so werden wir wohl eben- falls von den Triactinen auszugehen haben. Nach F. E. Scuuzze ist in e: en dünnen Wänden der Asconröhren zwischen den großen, ziemlich 384 R. v. Lendenfeld, nahe stehenden und regelmäßig vertheilten, kreisrunden Poren, gerade Raum für triactine Nadeln und darum entstanden hier Triactine. Die Triactine sind auch die bei Weitem häufigste Nadelform und fehlen verhältnismäßig wenigen Kalkschwämmen. Gegen die Annahme der Triactine als Urform der Kalkschwammnadeln sprechen aber zwei nicht unwichtige Thatsachen. Erstens giebt es einige höchst einfach gebaute Asconen mit ausschließlich rhabden Nadeln (denen die Triactine voll- kommen fehlen), und zweitens treten bei der Entwicklung von Sycandra raphanus, einem Schwamm, der im ausgebildeten Zustande rhabde, triactine und tetractine Nadeln besitzt, zuer st Rhabde, und erst später Triactine auf. Es scheint mir desshalb etwas zweifelhaft, ob wirklich das Triactin die Kalknadelurform darstellt, gleichwohl wollen wir aber hier mit der Besprechung der Triactine anheben. Triactine, Die verschiedenen Formen der Triactine lassen sich in drei Grup- pen ordnen: reguläre Triaetine mit kongruenten, geraden Strahlen und gleichen Winkeln; sagittale Triactine von bilateral symmetrischer Ge- stalt, einem Paar gegenüberliegender kongruenter und in Bezug auf den dritten, gleichgestellter Lateralstrahlen und einem unpaaren in der Symmetralebene der Nadel liegenden Strahl, den Sagittalstrahl; und irreguläre Triactine mit ungleichen Strahlen und gleichen oder un- gleichen Winkeln. Die regulären Triactine können zugespitzte konische. Strahlen haben; das ist ihre häufigste Form (Ascetta primordialis z. B.), oder es sind die Strahlen eylindrisch,. terminal abgestumpft und glatt (Ascetta clathrus z. B.), oder am Ende stachlig (Ascetta flexilis z. B.). Die sagittalen Triactine haben in der Regel etwas gekrümmte Lateralstrahlen, welche einen Winkel von mehr (selten weniger) als 120° einschließen. Der Sagittalstrahl ist meistens gerade. Seltener sind sagittale Triactine mit drei vollkommen geraden Strahlen und gleichen Winkeln, bei denen dann der Sagittalstrahl durch größere Länge ausgezeichnet ist (Sycandra tuba z. B.), oder Nadeln mit drei geraden kongruenten konischen Strahlen, bei denen zwei Winkel unter einander gleich und von dem dritten (Sagittal-) Winkel verschie- den sind (Vosmaeria corticata z. B.). Diese sagittalen Triactine mit ge- raden Strahlen sind durch zahlreiche Übergangsformen mit den regu- lären Triactinen von der gewöhnlichen Form (mit spitzkonischen Strahlen) verbunden und von diesen direkt ableitbar. Die sagittalen Triactine mit gekrümmten Lateralstrahlen sind zweierlei Art. Entweder sind die Lateralstrahlen gegen den Sagittalstrahl konkav oder konvex. Die Spongien der Adria. I. 2. 385 )ie erstere ist die häufigste Form, besonders bei den, dem Oscularrohr zunächst liegenden sagittalen Triactinen der gegliederten Tubarskelette der Syconinae und Uteinae (Sycandra villosa z. B.). Eine extreme Form dieser Art, von der Gestalt eines Ankers, kommt bei Leucetta pandora vor. In den Bistaltheilen der Kammerwände der Syconinae und Uteinae - sowie bei anderen Kalkschwämmen kommen häufig sagittale Triactine mit gegen den Sagittalstrahl konvexen Lateralstrahlen vor (Sycetta > [Syealtis Haeckel] glacialis z. B.). Eine extreme Form dieser Art, von der Gestalt einer Gabel kommt bei Leucetta pandora vor. Die Sagittal- - strahlen der Distaltheile der Kammerwände der Syconinae sind meistens gegen den anstoßenden Einfuhrkanal gekrümmt. Einen sehr hohen Grad erreicht diese Krümmung bei den die Rhabdenkrone am Kammerende ” umgürtenden Triactinen mit rudimentären Lateralstrahlen bei Sycandra 2 Humboldtii. Die sagittalen Triactine haben fast immer zugespitzte Strahlen; nur bei Ascandra angulata, Leucetta arctica und einigen wenigen anderen Formen findet man solche Triactine mit eylindrischen, terminal abgerundeten Strahlen. Tetractine. Nur selten sind die vier Strahlen der Tetractine kongruent und o ee 4 schließen mit einander gleiche Winkel von 180—2 arc sin - Solche »Chelotrope« finden sich zerstreut im Parenchym einiger Syllei- biden und Leuconiden (Leucandra aspera und Johnstoni z. B.). In allen anderen Fällen liegen drei, einem Triaectin ähnliche Strahlen annähernd "in einer Ebene, auf welcher der vierte Strahl mehr oder weniger "senkrecht steht. Die drei ersteren Strahlen, welche ich Basalstrahlen nenne, sind einem Triactin homolog, regulär, irregulär oder sagittal. "Im letzteren Falle wende ich die Bezeichnungen Sagittalstrahl und "Lateralstrahlen auf sie an. Den vierten Strahl nenne ich den Apical- "strahl. Am häufigsten sind die Tetraetine in der Gastralmembran ge- legen, in welcher sie ihre Basalstrahlen tangential ausbreiten, während der Apicalstrahl frei nach innen vorragt. In den meisten Fällen sind die Tetractine mit Triactinen associirt und es gleichen dann die drei "Basalstrahlen fast immer den gastralen Triactinen, zwischen denen sie liegen. Bei vielen Kalkschwämmen mit Triactinen und Tetrac- | ‚tinen in der Gastralmembran ist der Apicalstrahl der letzieren von schwankender Größe, während die Basalstrahlen stets die gleiche röße haben. Es finden sich alle Übergänge von Tetractinen mit angem Apicalstrahl und Triactinen (ohne Apicalstrahl). Solche Über- jänge finden sich auch gar nicht selten bei Spongien, welche sonst nur 386 R. v. Lendenfeld, Triactine oder nur Tetractine besitzen. Diese Thatsachen zeigen deut- lich, dass ein fundamentaler, zur Auseinanderhaltung von Gattungen hinreichend tief greifender Unterschied, zwischen den Triactinen und den Tetractinen nicht besteht. Leitet man die Tetractine von Triactinen ab, so wird man diesel- ben einfach als Triactine anzusehen haben, denen ein vierter Strahl, der Apicalstrahl, aufgesetzt wurde. Es ließe sich wohl denken, dass mit der Zunahme der Wanddicke der Asconröhren die Bedingungen zu Stande gekommen sein könnten, welche zur Bildung eines vierten Strahles führten, denn es sind die Tetractine der Asconidae und Homoderre- tinae derart angeordnet, dass ihre drei Basalstrahlen tangential, dicht unter der Oberfläche ausgebreitet sind und genau dieselbe Lage ein- nehmen, wie die Triactine bei Ascetta. Nehmen wir an, es verdicke sich die Wand der Asconröhre zwischen den Poren, so wird es natürlich sein, dass ein vierter, radial und centripetal orientirter Strahl sich bildet, während die drei ursprünglichen Strahlen fast unverändert blieben. Auch bei den höheren Kalkschwämmen behalten die aller- meisten Tetractine dieselbe Stellung (mit centripetalem Apicalstrahl) bei, und nur ausnahmsweise finden sich anders orientirte Tetractine. Oben ist auf chelotrope Tetractine hingewiesen worden. Die Tetractine mit differenzirtem Apicalstrahl und annähernd in einer Ebene ausgebreiteten Basalstrahlen sind von mannigfacher Form. Tetractine mit ziemlich gleich langen Strahlen und gegen den Apical- strahl konkaven Basalstrahlen sind häufig, besonders bei den Asconi- den und Homodermiden (Homandra [Ascandra Haeckell falcata z. B.) sowie bei den Amphoriseinae. Eine starke sagittale Differenzirung der Basalstrahlen wird bei jenen gastralen oder peristomalen Tetractinen der Syconidae angetroffen, welche dem Osculum zunächst liegen. Die Winkel zwischen den Lateralstrahlen dieser Nadeln betragen 180°. Noch stärker sagittal differenzirt sind die Basalstrahlen der sub- gastralen Tetractine von Sycandra setosa und Grantia capillosa, deren Lateralstrahlen ankerförmig zurückgebogen sind und Winkel von 220° und mehr mit einander bilden. In der Regel ist der Apicalstrahl ein- fach konisch. Dornigen Apicalstrahlen begegnet man bei Ascetta (Ascaltis Haeckel) cerebrum. Terminal keulenförmig verdickte Apieal- strahlen finden sich bei Leucandra aleicornis. Schwertförmige, abge- plattete Apicalstrahlen sind bei den gastralen Tetractinen von Ebne- rella (Amphoriscus Ebner) Buceichii und Vosmaeria corticata, sowie bei einigen Leuconiden beobachtet worden. Die kurzen Apicalstrahlen der gastralen Tetractine von Sycandra Schmidtii zeigen häufig eine Ein- schnürung unter der Spitze. Zumeist sind die Apicalstrahlen der Die Spongien der Adria, I. 2. 387 - gastralen Tetractine 1/,—Amal so lang als die Basalstrahlen. Kürzere, bloß 1/10 —!/s so lange Apicalstrahlen findet man bei Sycandra Schmidtii. Viel längeren Apicalstrahlen begegnet man bei den Tetractinen von " Sycandra raphanus und Ebnerella (Syculmis Haeckel) synapta, welche zwischen den Rhabden liegen, die am Hinterende des Schwammes | sitzen und diesen an seine Unterlage heften. Die Apicalstrahlen dieser “ Tetractine haben dieselben Dimensionen wie die Rhabde, zwischen deren sie liegen, sind aber häufig im Distaltheil (vom Schwamm aus) stark gekrümmt (A. synapta) oder dornig (S. raphanus). Die Basal- strahlen sind kurz und ankerförmig zurückgekrümmt. Rhabde. R Bezüglich der Entstehungsweise der Rhabde sind drei Alternativen > möglich: A) entweder sind sie spontan entstanden, oder B) sie haben “ sich aus Triactinen entwickelt, oder endlich C) sie haben sich aus - Tetractinen entwickelt. Für A spricht die Thatsache, dass sie bei der - Entwicklung von Sycandra raphanus früher auftreten als die beiden 2 anderen Nadelformen. Für B sprechen die sagittaten Triactine in den * Kammerkronen von Sycandra Humboldtii, bei denen die Lateralstrahlen - sehr klein sind, der Sagittalstrahl dagegen hypertrophisch erscheint, - und welche daher als Übergänge zwischen Triactinen und Rhabden in = Anspruch genommen werden könnten. Für G sprechen die Anker- - Tetraetine von Sycandra raphanus und Ebnerella (Syculmis Haeckel) synapta, welche oben beschrieben worden sind. Ich wage es nicht zu entscheiden, welche von diesen Alternativen die größte Wahrschein- lichkeit für sich hat. Ja es scheint mir gar nicht so unwahrscheinlich, - dass die Rhabde verschiedener Kalkschwämme, ja selbst verschiedene ” Rhabdenformen einer und derselben Art, auf verschiedenen Wegen zu ” Stande gekommen sein könnten. Wie dem auch sein mag, so ist doch so viel sicher, dass der Unterschied zwischen den Rhabden und Triac- tinen, sowie der Unterschied zwischen den Rhabden und Tetractinen _ ein viel tiefer greifender ist, als der Unterschied zwischen den Triac- - tinen und den Tetractinen. Während ich den Unterschied zwischen den letztgenannten nicht für hinreichend halte, um auf ihn allein hin Genera aus einander zu halten, so scheint mir, dass der Unterschied - zwischen den Triactinen und Tetractinen einer- und den Rhabden andererseits wohl wichtig genug ist, um ihn als Gattungsmerkmal zu ‚verwenden. Diese Anschauung findet in dem hier von mir angewende- ten Kalkschwammsystem ihren Ausdruck. Was die Formen der Rhabde anbelangt, so haben wir zunächst microsclere und megasclere Rhabde zu unterscheiden. Die ersteren u a ne a. = = 388 R. v. Lendenfeld, finden sich stets an der äußeren Oberfläche des Schwammes. Sie sind entweder gewunden, an beiden Enden zugespitzt, wie bei Leucandra Johnstoni, oder keulenförmig mit gesägten Kanten am Kopfe, wie bei Leucandra saccharata, oder lanzenförmig, wie bei Vosmaeria corti- cata etc. Die einfachste Form der rhabden Megasclere ist die eines gera- den oder schwach gekrümmten, an beiden Enden zugespitzten Stabes. Solche Nadeln sind in den meisten Familien der Kalkschwämme häufig. Sehr schlanke, cylindrische, an beiden Enden abgerundete, stricknadel- förmige Rhabde finden sich in den Oscularkronen der Syconidae. Bei den Doppelspitzern liegt der dickste Theil häufig nicht in der Längen- mitte. Recht auffallend ist dies bei Ascandra (Ascortis Haeckel) lacu- nosa. Besonders häufig bei den Asconidae sind die beiden Enden der Rhabde sehr verschieden gestaltet und durch einen schmalen, deutlich hervortretenden Verdickungsring von einander abgegrenzt. Bei diesen Nadeln, welche diactin sind, gleicht der kürzere Strahl einem geraden und scharfen Lanzenkopfe. Der längere Strahl ist häufig gewunden und abgestumpft. Bei Asceyssa acufera und anderen Formen sind diese Nadeln im Ganzen annähernd gerade, bei Ascandra echinoides und einigen anderen aber erscheint der eine Strahl gegen den anderen scharf hakenförmig zurückgebogen. Der kürzere Strahl der diactinen Rhabde von Leucyssa incrustans trägt Dornen. Die Rhabde von Ascan- dra angulata sind winkelig gebogene Stumpfspitzer. Die Rhabde von Leucyssa cretacea sind nähnadelförmig, mit einem öhrähnlichen Loch im dickeren Ende. Unregelmäßige, spindel- oder keulenförmige Rhabde finden sich in den Kammerkronen von Grantia compressa und mehre- ren Sycandra-Arten. Stark gebogene Stumpfspitzer oder Keulen wer- den auch bei Homandra falcata angetroffen. Nadelanordnung. Bei den dünnwandigen Asconidae (Ascetta, Ascandra, Ascyssa) sind alle Triactine und Rhabde tangential angeordnet, während die vorkommenden Tetractine ihre Basalstrahlen tangential in der Röhren- wand ausbreiten und mit dem Apicalstrahl frei ins Röhrenlumen hin- einragen. Zuweilen ragen die Distalenden der Rhabde schief über die äußere Oberfläche vor. Ascetta cerebrum besitzt eine, aus dickstrahli- gen, irregulären Triactinen zusammengesetzte Rinde. Bei den Homoderretinae (Hometta, Homandra) sind die Teiaeher und Tetractine gerade so angeordnet, wie bei den Asconidae. Die Rhabde der Homandra sind gleich Pflöcken der äußeren Oberfläche eingepflanzt. Bei den Homoderminae (Homoderma) und bei den Subfamilien + Die Spongien der Adria. 1. 2. 359 _Sycanthinae (Syeantha) und Syconinae (Sycetta, Sycandra) der Syco- "nidae bilden die Triactine die Hauptmasse des Skelettes. In der Gastral- - membran liegen sie tangential und sind, falls eine sagittale Differen- E zirung an ihnen wahrgenommen wird mit dem Sagittalstrahl aboralwärts ” orientirt. In den Kammerwänden wird ein gegliedertes Tubarskelett - angetroffen, welches aus über einander folgenden, meist sagittalen und - mit dem Sagittalstrahl centrifugal orientirten Triactinen besteht. Der _ Winkel zwischen den Lateralstrahlen nimmt von innen nach außen ab. - Häufig haben die proximalen, parenchymalen Triactine gegen den “ Sagittalstrahl hin konkave Lateralstrahlen. Diese Krümmung nimmt nach außen hin ab, und kehrt sich am distalen Kammerende nicht E- selten sogar um, so dass die äußersten Triactine gegen den Sagittal- strahl konvexe Lateralstrahlen besitzen. Von innen nach außen fort- “ schreitend beobachten wir auch nicht selten eine Längenabnahme der F Lateral- und eine Längenzunahme der Sagittalstrahlen. Die Sagittal- strahlen der äußersten Triactine sind stärker gekrümmt wie jene der proximalen und neigen sich mehr oder weniger gegen die anstoßenden r Einfuhrkanäle. Sind Tetractine vorhanden, so finden wir sie stets in - der Gastralmembran, wo sie ihre Basalstrahlen tangential ausbreiten und mit dem Apicalstrahl ins Oscularrohrlumen hineinragen. Die Basalstrahlen der gastralen Tetractine gleichen den gastralen Triactinen vollkommen. Nur selten werden, wie bei Sycandra Helleri, Tetraetine - in dem Parenchym beobachtet. Die Apicalstrahlen dieser Tetractine sind centrifugal orientirt. Subgastrale Tetractine mit centrifugalem \ Apicalstrahl finden sich bei mehreren Sycandra-Arten und bei Grantia -eapillosa. Die Rhabde sind stets dermal und ragen mit dem größeren Theil ihrer Länge frei über die Oberfläche vor. Wo sie vorhanden "sind, bilden sie Büschel auf den Distalenden der Kammern, die " Kammerkronen. Häufig umgiebt auch eine kelchförmige Rhabdenkrone © das Osculum, zu welcher zuweilen noch ein radförmiger, horizontal "senkrecht zur Schwammachse ausgebreiteter Kranz von Rhabden "kommt (doppelte Oscularkrone). Bei Sycandra raphanus sind den Rhabden der aboralen Kammerkronen einzelne ankerförmige Tetrac- _ tine beigemengt. Bei Grantia treffen wir die gleiche Nadelanordnung an wie bei den Syconinae, nur kommt bei dieser Form eine dünne, durch tangentiale Triaetine gestützte Rinde hinzu. R Grantessa unterscheidet sich von Grantia nur dadurch, dass zer- treut über die Oberfläche einzelne Büschel von großen abstehenden | Rhabden vorkommen. Bei Ute finden wir statt der abstehenden dermalen Rhabde einen, EDPLTR 390 R. v. Lendenfeld, aus großen tangentialen, longitudinal orientirten Rhabden bestehenden Hautpanzer. Die Anordnung der Nadeln von Grantia, Grantessa und Ute im Inneren gleicht jener der Syconinae. Ganz anders gebaut wie das Skelett aller dieser Formen ist das Skelett der beiden Amphoriseinae: Amphoriscus und Ebnerella. Bei einigen dieser Formen finden wir kleine Triactine oder Rhabde zer- streut im Parenchym. Ein gegliedertes, aus über einander folgenden sagittalen, centrifugal orientirten Triactinen zusammengesetztes Tubar- skelett fehlt diesen Spongien aber vollständig. Das ganze Stützskelett besteht aus Triactinen oder Tetractinen, deren Mittelpunkte in der Gastralmembran und Dermalmembran liegen. Die Sagittalstrahlen dieser Triactine und die Apicalstrahlen dieser Tetractine sind radial orientirt, jene der dermalen centripetal, jene der subgastralen centri- fugal. Diese radial orientirten Sagittal- beziehungsweise Apicalstrahlen durchsetzen die Körperwand mehr oder weniger vollständig, ja es kommt vor, dass die Apicalstrahlen der dermalen Tetractine nicht nur die ganze Körperwand durchsetzen, sondern mit ihren Spitzen noch in das Öseularrobrlumen hineinragen (Amphoriscus chrysalis z. B.). In der Gastralmembran finden sich häufig kleinere Tetractine mit centripetal orientirtem, frei ins Oscularrohrlumen hineinragendem Apicalstrahl. Das Skelett von Syeyssa besteht ausschließlich aus Rhabden. Es findet sich eine doppelte Oscularkrone. In der Gastralmembran liegen große, in der Dermalmembran kleine, tangential angeordnete Rhabde. Zwischen den Kammern stehen große radiale Rhabde, welche mit ihrem Proximaltheil die Gastralmembran mit der Dermalmembran ver- binden und mit ihrem Distaltheil frei über die äußere Oberfläche vor- ragen. An der äußeren Oberfläche findet sich zwischen diesen großen Nadeln ein dichter Pelz von feinen und kurzen radialen, in der Der- malmembran eingepflanzten Rhabden. Das Skelett von Leucopsis, Polejna und Leucetta besteht aus Triactinen oder Tetractinen, oder beiden Nadelformen. Im Parenchym sind diese Nadeln meist unregelmäßig zerstreut, in den Wänden der ausführenden Kanäle liegen die Triactine und die Basalstrahlen der Tetractine tangential. Die Apicalstrahlen der letzteren ragen frei ins Kanallumen hinein. Das Skelett von Leucyssa besteht ausschließlich aus rhabden Nadeln, welche im Parenchym unregelmäßig zerstreut sind, gegen die Oberfläche hin aber eine annähernd tangentiale Lage annehmen. Bei den meisten Arten von Vosmaeria und Leucandra besteht das Skelett aus allen drei Nadelformen. Sind Tetractine vorhanden, so finden sie sich fast immer in den Wänden der ausführenden Kanäle, Die Spongien der Adria. 1. 2. >91 “in deren Lumen ihre Apicalstrahlen hineinragen. Neben diesen Tetrac- _ tinen finden sich gastrale, tangential gelagerte Triactine. In der Wand - (Gastralmembran) des zu einem geräumigen Becher erweiterten Oscu- - larrohres von Leucandra (Eilhardia Polejaeff) Schulzei findet man einen _ Panzer etwas schief gegen die Oberfläche gelagerter kleiner Rhabde. "Das Skelett des Parenchyms besteht meistens aus zerstreuten Triac- tinen und Tetractinen. Häufig lassen dieselben einen gewissen Grad von centrifugaler Anordnung erkennen. Amphoriscusähnlich aus großen R Tetractinen mit radialen Apicalstrahlen zusammengesetzt ist das Paren- ehymalskelett in der ganzen Dicke der Leibeswand bei Leucandra 3 (Leuculmis Haeckel) echinus und im oberflächlichen Theile des Paren- ehyms von Leucandra cucumis. Zuweilen finden sich auch zerstreute - Rhabde im Parenchym. Viele Leucandren besitzen einen Pelz, der aus 3 abstehenden, der Oberfläche eingesenkten Rhabden besteht. Bei Leu- - candra cataphracta und Vosmaeria corticata dagegen wird ein aus \ großen tangentialen Rhabden zusammengesetzter Hautpanzer beob- “ achtet. Leucandra saccharata besitzt einen, aus sagittalen, radial _ orientirten Triactinen zusammengesetzten Hautpanzer. Bei Leucandra "bomba, nivea, Johnstoni, ochatensis, stilifera und saccharata trifft man dicht unter der äußeren Oberfläche eine dünne Lage sehr kleiner, ge- - krümmter oder keulenförmiger, microsclerer Rhabde, den u. - Stäbchenmörtel an. Bei Vosmaeria corticata ragen letie, lanzenförmige u - Rhabde frei über die Oberfläche vor. | Bei den Kalkschwämmen treten also folgende Skelettformen auf: Eine Lage tangentialer Triactine in der dünnen Wand des röhren- förmigen Schwammes, welche zum Theil, oder sämmtlich einen vierten centripetal orientirten Apicalstrahl Bilden und so in Tetractine über- gehen können (Ascetta, Hometta). Zu diesen Triactinen, beziehungsweise Tetractinen, oder beiden, - gesellen sich Rhabde (Askandil, Homandra). B Triactine und Tetractine schwinden ganz, und das Skelett besteht "ausschließlich aus Rhabden (Ascyssa). | E Triactine oder Tetractine oder beide sind in der mächtigeren "Zwischenschicht zerstreut oder theilweise radial angeordnet (Leucopsis, "Polejna, Leucetta). "In der Gastralmembran finden sich tangentiale Triactine, welche "zum Theil in Tetractine mit tangentialen Basal- und centripetalen, ins Oseularrohrlumen frei hineinragenden Apicalstrahlen übergehen kön- nen. In den en der a radialen se 392 R. v. Lendenfeld, Zu diesem Skelett gesellen sich Rhabde, welche stets Büschel auf den Gipfeln der Kammern und zuweilen einen oder zwei Kränze im Umkreis des Osculums bilden (Homoderma, Sycantha, Sycandra). Dazu kommt noch eine Dermalmembran mit eingelagerten tangen- tialen Triactinen (Grantia). An der Oberfläche finden sich zerstreute Büschel senkrecht ab- stehender, frei vorragender Rhabde (Grantessa). Das interne Skelett hat denselben Bau, aber an der äußeren Ober- fläche findet sich statt der abstehenden Rhabde ein Panzer großer, tan- gential gelagerter Rhabde (Ute). Das Skelett besteht aus Triactinen oder Tetractinen oder beiden. Die Festigung der Körperwand wird nicht durch ein gegliedertes Tubarskelett erzielt — obwohl zerstreute kleine Triactine in den Kammerwänden vorkommen können — sondern dadurch, dass die Centripetalstrahlen der großen Dermalnadeln, oder die Gentrifugal- strahlen der großen Gastralnadeln, oder beide, die Körperwand mehr oder weniger vollständig in streng radialer Richtung durchsetzen. In der Regel finden sich in der Gastralmembran auch noch Tetraetine mit centripetalem, frei ins Oscularrohrlumen vorragenden Apicalstrahlen (Amphoriscus, Polejna pars). Das Skelett hat den gleichen Bau wie bei Amphoriseus, aber es gesellen sich noch kleine Rhabde hinzu (Ebnerella, Leucandra pars?). Das Skelett besteht ausschließlich aus Rhabden. Die Festigung der Körperwand wird dadurch erzielt, dass große, radiale Rhabde die- selbe vollständig durchsetzen. Große und kleine Rhabde finden sich in tangentialer Lagerung in der Gastralmembran, während in der Dermalmembran kleine, theils tangentiale, theils radiale Rhabde ge- funden werden (Brcssaa). Das Skelett besteht aus zerstreuten Triactinen oder Tetractinen oder beiden, und Rhabden (Leucandra, Vosmaeria). Das Skelett besteht aus größtentheils zerstreuten, zuweilen auch, besonders an der Oberfläche, tangential angeordneten Rhabden (Leu- cyssa). Eine Anordnung der Nadeln in longitudinal oder radial verlaufen- den Bündeln, wie bei den Silicea die Regel ist, wird, abgesehen von Syeyssa, bei den recenten Kalkschwämmen nicht beobachtet, wohl aber kamen solche Nadelbündel — die nach Harckeı gar in Hornfasern ein- gebettet gewesen sein sollen — bei den fossilen Pharetronen vor. Dichte Verfilzung der Dermalnadeln führt bei manchen Kalk- Die Spongien der Adria. 1. 2. | 393 schwämmen zur Bildung eines festen Hautpanzers, an dessen Zusam- mensetzung Nadeln von ähnlicher Form, wie sie im Parenchym vor- kommen, oder auch anders gestaltete Nadeln Theil nehmen. Die letzteren sind häufig Microsclere (Subgenus Leucomalthe Haeckel). Bei den Silicea ist der Hautpanzer in den meisten Fällen bloß aus Mieroseleren zusammengesetzt. ; Während bei den Kalkschwämmen das Triactin die bei Weitem Ra häufigste Nadelform ist, werden bei den Silicea Triactine nur selten - (Plaeina) angetroffen. Die Tetractine der Calcarea sind den Triaenen der Silicea zu vergleichen. Monactine Rhabde kommen bei den Calca- rea viel seltener vor als bei den Silicea. Epithelien. Oben, im Abschnitt Kanalsystem, ist darauf hingewiesen worien, - dass die einfachsten Kalkschwämme die Gestalt eines Sackes mit - durchlöcherter Wand haben. Die Sackwand besteht aus drei Schich- ' ten: einem ektodermalen Plattenepithel an der Außenseite, einer - Zwischenschichtlage in der Mitte, und einem entodermalen Kragen- zellenepithel an der Innenseite. So einfach und selbstverständlich dies bei den einfachen Asconen ist, so schwierig ist die Beantwortung der _ Frage nach der blastologischen Natur der Epithelien bei den höheren - Formen mit komplicirterem Kanalsystem. Nach F. E. Scauzze’s Theorie sollten alle von Kragenzellen be- kleideten Höhlen, sowie die ausführenden Kanäle und Osceularrohre mit _ entodermalem, die äußere Oberfläche und das einführende Kanalsystem - aber mit ektodermalem Epithel bekleidet sein. Harcker dagegen be- - trachtete alle Zellen, mit Ausnahme der Kragenzellen, als ektodermal, © während Marsnarz umgekehrt alle Epithelien, mit Ausnahme jener der äußeren Oberfläche, für entodermal erklärte. Die Entwicklungsgeschichte ist nur von Sycandra hinlänglich genau - bekannt, 'um einen Schluss auf die Natur der Epithelien zu gestatten. Bei allen übrigen Formen sind wir auf die Ergebnisse morphologischer und phylogenetischer Vergleichungen angewiesen, um uns über diesen "Punkt Aufklärung zu verschaffen. Bei den einfachen Asconen besteht das Entoderm aus der, die -Röhreninnenwand bekleidenden Kragenzellenschicht, und das Ektoderm aus dem Plattenepithel der äußeren Oberfläche. Die Grenze zwischen Entoderm und Ektoderm liegt an den Rändern der Poren und des Osculums. i. Bei den komplicirteren Asconen, welche aus baumförmig verzweig- Zeitschrift f. wissensch, Zoologie, LIII. Bd. 96 394 R. v. Lendenfeld, ten oder netzförmig anastomosirenden Röhren bestehen, werden offenbar die gleichen Verhältnisse vorliegen, auch bei diesen wird die Kragen- zellenschicht das Entoderm, das Plattenepithel der Röhrenaußenwände das Ektoderm sein. Das Gleiche gilt natürlich auch für die am höchsten ausgebildeten Asconen mit Pseudogaster und Pseudosculum. Bei diesen ist der Pseudogaster mit ektodermalem Plattenepithel ausgekleidet und eben so alle Lücken in der Wand desselben. Verdickt sich nun die Zwischenschicht, wie dies bei den Leuco- psidae der Fall ist, so dass die Lücken zwischen den Asconröhren zu Kanälen verengt werden, so werden auch diese, sämmtlich, von Ekto- derm bekleidet sein. Bei den Leucopsiden ist der (bei den Asconiden kontinuirliche) kragenzellenbekleidete Hohlraum in unregelmäßige Kammern getheilt. Diese allein sind von Entoderm ausgekleidet. Wenn sich nun, wie ich annehmen zu sollen glaube, die Leuco- nidae durch weitere Ausbildung des Kanalsystems und Determinirung der Gestalt und Größe der kragenzellenbekleideten Hohlräume aus den Leucopsidae entwickelt haben, so wird auch bei ihnen das Epithel sämmtlicher Kanäle und des Oscularrohres (welches aus dem Asconen- pseudogaster hervorgegangen ist), eben so wie das Epithel der äußeren Oberfläche, ektodermaler Natur sein, während das Entoderm auf die Geißelkammern beschränkt ist. Wir kommen also zu dem Schlusse, dass bei den Asconidae, Leu- copsidae und Leuconidae sämmtliche Plattenepithelien in allen Kanälen, eben so wie jene der äußeren Oberfläche, ektodermaler Natur sind, während das Entoderm durch die Kragenzellen in den Asconröhren und den Kammern der Leucopsidae und Leuconidae repräsentirt wird. Anders verhält es sich bei den Homodermidae, Syconidae und Sylleibidae. Wir haben gesehen, dass bei den einfacheren, der Subfamilie Homoderretinae zugehörigen Homodermidae, welche, wie die Asconi- den, in Gestalt von Röhrennetzen auftreten, die durchaus mit Kragen- zellen bekleidete Gastralfläche (Röhreninnenwand) wabig ist, während die äußere Oberfläche glatt bleibt. Bei diesen Schwämmen werden Kanäle oder Lakunen in der Röhrenwand angetroffen, welche von den Poren in der äußeren Oberfläche herabführen zu den Poren in der Gastralfläche. Diese Kanäle kommen erst während des Wachsthums des Schwammes zur vollen Ausbildung. Sie sind von Plattenepithel bekleidet. Zweifellos ist die Kragenzellenschicht dieser Homoderre- tinae entodermaler, und das Plattenepithel ihrer äußeren Oberfläche ektodermaler Natur. Nach seiner Entstehungsweise zu urtheilen ist 4 | 4 Die Spongien der Adria. 1. 2. 395 auch das Plattenepithel der einführenden Kanäle und Lakunen dieser - Formen als eine Ektodermbildung anzusehen, welche gewissermaßen einen centripetal vorgeschobenen Theil des ektodermalen Plattenepi- thels der äußeren Oberfläche bildet. Ich nehme an, dass die Amphoriscinae durch weitere Ausbildung der bei den Homoderretinae gegebenen Verhältnisse aus diesen her- vorgegangen seien, und dass sich bei ihnen die Kragenzellen an den EEE # centripetal vorragenden Kämmen der Homoderretinae-Gastralfläche in f die Plattenzellen des Oscularrohres verwandelt hätten. { Nach einer anderen Richtung haben sich aus Homoderretinae-ähn- lichen Formen vermuthlich die Homoderminae entwickelt, bei denen die ganze Innenfläche mit entodermalen Kragenzellen bekleidet ist. Die äußere Oberfläche der radialtubenähnlichen, außen frei vorragen- den Gastraldivertikel dieser Form ist natürlich mit ektodermalem Plattenepithel bekleidet. Durch Verwandlung der Kragenzellen des Oscularrohres in Platten- zellen sind aus den Homoderminae die Syconinae entstanden, bei wel- chen dann die Kragenzellen der Kammern (Radialtuben) und die Plattenzellen des Oscularrohres entodermaler, die Plattenzellen der Kammeraußenseiten aber ektoderrnaler Natur sind. | Verwachsen die Kammern (Radialtuben) vier Längszonen entlang, = wie dies bei Sycocubus der Fall ist, so werden natürlich die hierbei zu Stande kommenden, vierseilig prismatischen, geschlossenen Ein- fuhrkanäle (Interradialtuben), sowie die frei vorragenden Distalkegel - der Kammern von ektodermalem Epithel bekleidet sein. Verschmel- zen nun, wie dies bei den Uteinae der Fall ist, die verdickten Kammer- köpfe zu einer kontinuirlichen Dermalmembran, so ändert dies natür- lieh nichts an der Sache. Bei den Sycanthinae liegen dieselben Verhältnisse vor wie bei den Syconinae. 24 Auch bei den Sylleibidae liegen die für die Syconinae maßgeben- den Verhältnisse vor. Das Oscularrohr der Sylleibidae ist dem Oseu- larrohr der Syconinae homolog und, wie dieses, mit entodermalen Plattenzellen ausgekleidet. Die ausführenden Kanäle, welche die mit Entodermzellen ausgekleideten Geißelkammern mit dem ebenfalls mit Entoderm bekleideten Oseularrohr verbinden, müssen eo ipso mit Entoderm bekleidet sein. Das Epithel der äußeren Oberfläche, der Subdermalräume und einführenden Kanäle, ist, wie bei den Uteinae, _ ektodermaler Natur. | Wir kommen also zu dem Schlusse, dass bei den Homodermidae, Syeonidae und Sylleibidae die äußere Oberfläche und die einführenden 26* 396 R. v. Lendenfeld, Kanäle mit Ektoderm, die Kammern, ausführenden Kanäle und Osceu- larrohre aber mit Entoderm ausgekleidet sind. Kragenzellenepithel. Die Röhreninnenwände der Asconidae, das Oscularrohr und seine Divertikel der Homodermidae, die unregelmäßigen Kammern der Leu- copsidae und die Geißelkammern der Syconidae, Sylleibidae und Leu- conidae sind mit Kragenzellenepithel ausgekleidet. Die Kragenzellen, aus welchen dieses Epithel besteht, sind im Leben langgestreckt, un- regelmäßig cylindrisch, konisch, oder auch sanduhrförmig gestaltet. Am freien Ende der Zelle sitzt der meist konische oder becher- förmige Kragen, welcher kurz, im normalen Zustande weniger denn halb so lang als der protoplasmatische Zellenleib ist. Die Geißel ist länger als der Zellenleib, und im basalen Theil von beträchtlicher Dicke. Gifte wirken in eigenthümlicher Weise verändernd auf die Gestalt des Kragens und der Geißel ein. Die meisten Gifte veran- lassen Einziehung und völligen Schwund dieser Anhänge, besonders des Kragens. Bei curaresirten Kalkschwämmen (Sycandra) ist der Zellenleib stark longitudinal kontrahirt kugelig, oder (bei stärkerem Gifte) brotlaibförmig, der Kragen lang eylindrisch, röhrenförmig, und der distale, über den Kragenrand hinausragende Theil der Geißel zu einem kugeligen Knoten zusammengezogen, der am Ende des kurzen Geißel- restes im Niveau des Kragenrandes liegt. Der Grundriss der Kragenzelle hat einen unregelmäßig polygona- len Kontour, und häufig gehen von dem unteren Ende der Zelle zipfel- förmige Fortsätze ab, welche sich im Grunde der Kragenzellenschicht tangential ausbreiten. Zuweilen sind benachbarte Kragenzellen durch diese Ausläufer verbunden, häufiger gehen sie jedoch in sehr feine Fäden über, welche sich zwischen den benachbarten Kragenzellen hindurchschlängeln. Bei Kalkschwämmen sind solche Ausläufer der Kragenzellen bisher noch nicht beschrieben worden. Ich habe sie bei allen Arten, die mir in hinreichend gut konservirten Exemplaren zur Verfügung standen, nachweisen können. Überdies habe ich, wenigstens bei Sycandra raphanus, Fortsätze beobachtet, welche von den Kragen- zellen centrifugal ausstrahlend in die dahinter liegende Zwischenschicht eindringen. Das Plasma der Kragenzellen ist grobkörnig und besitzt die Fähig- keit kleine Fremdkörper, wie Karminkörner und Milchkügelchen, welche mit demselben in Berührung kommen, aufzunehmen, eine Zeit lang zurückzubehalten und sie dann entweder auszustoßen (Karmin- körner) oder halbverdaut an die Elemente der Zwischenschicht abzu- Die Spongien der Adria, I. 2. 397 | 4 - geben (Milchkügelchen). Der im basalen Theile der Zelle liegende Kern ist kugelig und von relativ beträchtlicher Größe. F In jungen wachsenden Theilen der Kragenzellenepithelien, beson- : ders der Asconen, findet man einzelne, unregelmäßige, multipolare Zellen, deren Plasma jenem der Kragenzellen gleicht, und welche nicht selten mehr als einen Kern enthalten. Diese Zellen stehen durch ihre - Ausläufer in direkter Verbindung mit Kragenzellen. Vielleicht sind sie 2 als Kragenmutterzellen aufzufassen. Bei Sycandra raphanus habe ich gefunden, dass die ersten Anlagen der jungen Geißelkammern in der Umgebung des Osculums aus Gruppen von birnförmigen Zellen mit je _ einem starken, centrifugal in die Zwischenschicht ausstrahlenden - Fortsatz, der sich weithin verfolgen lässt, bestehen. ! In dem einschichtigen Kragenzellenepithel stehen die einzelnen - Elemente nicht dicht beisammen, sondern sind durch ziemlich breite - Zwischenräume von einander getrennt. Betrachtet man die Kragen- - zellenschicht von der Fläche, so erscheinen diese Zwischenräume als _ ein Netz von hyalinen Balken, dessen unregelmäßig polygonale Maschen - von den Kragenzellen gebildet werden. Im Grunde der blassen und - durchsichtigen Wände, welche die Kragenzellen von einander trennen, - verlaufen jene oben beschriebenen Fäden, welche von den Kragen- zellen abgehen. Ich betrachte diese Scheidewände zwischen den - Kragenzellen als eine Art Zellenkitt, welcher von den Kragenzellen secernirt wird. | Bei allen Silicea und auch bei allen Kalkschwämmen mit der ein- - zigen Ausnahme der Formen B, C, D von Ascetta elathrus ist das entoder- - male Kragenzellenepithel stets einschichtig. Bei den genannten Ascetten _ aber wird ein massives, vielschichtiges Entoderm angetroffen, welches aus unregelmäßig polyedrischen, gegenseitig abgeplatteten Zellen be- F steht, welche in Bezug auf Plasmastruktur und Kernform mit den Kragen- 1 zellen vollkommen übereinstimmen. Harck£L und METScHNIKoFF, welche - dieses vielschichtige Epithel schon früher beobachtet haben, sind ge- neigt eine Korrelation zwischen der Entstehung desselben und der _ Reifung der Sexualzellen anzunehmen. Ich selbst habe gegen diese Auffassung nichts einzuwenden, möchte aber die Form D von Ascetta -celathrus, bei welcher das Röhrenlumen von Entodermzellen mehr oder _ weniger erfüllt ist, als eine Art Ruhestadium betrachten. Plattenepithel. Die Plattenepithelien haben stets den gleichen Charakter. Ein Unterschied zwischen dem muthmaßlich entodermalen und dem muth- -& maßlich ektodermalen Plattenepithel lässt sich nicht nachweisen. Auch 398 | R. v. Lendenfeld, ist, so weit bekannt, bei allen Kalkschwammarten das Plattenepithel - gleich gebaut. Es ist ausnahmslos einschichtig, und besteht immer aus flachen, niedrigen, unregelmäßig polygonalen Plattenzellen. Über dem brotlaib- förmigen Kern, der in der Mitte, oder, seltener nahe dem Rande liegt, erhebt sich auf der Außenseite der Zelle eine buckelförmige An- schwellung. Nur selten füllt das Plasma die Zelle ganz aus. Meist erscheint es in Form eines Kernmantels, von welchem Fäden zu dem protoplasmatischen Wandbeleg der Zelle ausstrahlen. In der Regel wird angenommen, dass jede Plattenzelle eine Geißel besitze. Ob diese Annahme richtig ist, lässt sich schwer sagen, da diese Geißeln nur selten zur Anschauung gebracht werden können. Es kann jedoch mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, dass die Plattenzellen niemals mehr als eine Geißel tragen. Dies ist besonders desshalb her- vorzuheben, weil die entodermalen Epithelzellen der Gnidarier oft (oder immer?) zahlreiche Geißeln besitzen. Die Thatsache, dass sich die Grenzen der Plattenzellen durch Silberlösung in Form schwarzer Linien zur Anschauung bringen lassen, zeigt wohl, dass hier Kittsubstanz vorhanden ist. Selbstredend schmiegt sich das Plattenepithel der Unterlage genau an, wobei die einzelnen Zellen sehr verschiedene Gestalten annehmen. Zwischenschicht. Zwischen den Epithelien liegt ein Gewebe, welches von den neueren Autoren meist als Mesoderm bezeichnet wird. Da der Begriff des Mesoderms ein vielfach umstrittener ist, und da man viel zu wenig über die Entstehungsweise dieser Gewebelage im Spongienembryo weiß, um sie irgend einer, der von höheren Thieren bekannten Meso- dermformen direkt homologisiren zu können, so ziehe ich es vor den nichtssagenden Ausdruck Zwischenschicht für dieselbe zu gebrauchen. Bei den Asconidae ist diese Gewebelage sehr zart und so dünn, dass das äußere und innere Epithel überall, außer dort, wo Sexual- zellen oder Nadeln in der Zwischenschicht liegen, fast an einander stoßen. Bei den Homodermiden und besonders bei den Leucopsiden ist die Zwischenschicht bedeutend mächtiger. Bei den Syconidae tritt sie, besonders in der Gastralmembran, welche das Oscularrohr umgiebt, mächtig auf. Die Angehörigen der Subfamilie Syconinae haben durch- aus dünne Geißelkammerwände mit zarter asconartiger Zwischen- schicht. Die Uteinae zeigen häufig eine beträchtliche Verdickung der Zwischenschicht in der Dermalmembran. Besonders gilt dies für die Die Spongien der Adria. 1. 2. 399 Gattung Ute selbst. Bei den Sylleibidae ist die Zwischenschicht in den _ Wänden der abführenden Kanäle und in der Dermalmembran ziemlich stark, in allen anderen Theilen des Schwammes aber überaus zart. Am stärksten entwickelt ist die Zwischenschicht bei den Leuconiden, bei denen sie auch in der Kammerregion meistens eine beträchtliche Dicke hat. Obwohl die Zwischenschicht bei allen Kalkschwämmen so ziem- lich den gleichen Bau hat, so kommen doch bei den höheren Formen (Heterocoela) Elemente darin vor, welche den niederen Formen (Homocoela) zu fehlen scheinen. Stets besteht die Zwischenschicht aus einer vollkommen durch- sichtigen, hyalinen Grundsubstanz, in welcher Zellen und Nadeln ein- gebettet sind. Die Grundsubstanz der Zwischenschicht der Kalk- schwämme gleicht der Grundsubstanz des gallerligen Bindegewebes. Sie ist reich an Wasser und schrumpft bei der Entwässerung der Spon- gien durch Alkohol stark zusammen. In Freihandschnitten von tingirten Osmiumschwämmen in Wasser erscheint die Zwischenschicht daher mächtiger als in Schnitten von entwässerten Exemplaren. Beim Studium von Mikrotomschnittserien ist diese Schrumpfung der Zwischenschicht stets in Rechnung zu ziehen. Ich fasse die Grundsubstanz als ein, von | - den in derselben liegenden Sternzellen abgeschiedenes Sekret auf. Die Zellen der Zwischenschicht sind verschiedener Art. Ich bin geneigt sämmtliche Formen von Zwischenschichtzellen von amöboiden - Wanderzellen abzuleiten. Die letzteren halte ich für unveränderte - Nachkommen jener Elemente, welche die erste Anlage der Zwischen- schicht im Embryo bildeten. IE SE Amöboide Zellen. e Die Anzahl der amöboiden Zellen in der Zwischenschicht ist sehr verschieden. Zuweilen findet man große Mengen von amöboiden Zellen, zuweilen hält es schwer auch nur eine einzige zur Anschauung zu bringen. Die amöboiden Zellen sind von unregelmäßiger Gestalt und * bilden lappige Fortsätze. Ihr Plasma ist außerordentlich körnchenreich, © ihr Kern groß und kugelig. Den amöboiden Zellen kommt die Fähigkeit zu sich kriechend in der Zwischenschicht fortzubewegen. Am häufigsten werden amöboide Zellen an oder nächst der Grenze zwischen Zwischenschicht und Epi- thel angetroffen. Abgesehen von den Eiern sind die amöboiden Zellen die größten und auffallendsten Elemente der Zwischenschicht. In ge- härteten Präparaten erscheinen sie in der Regel unregelmäßig kugelig. 400 R. v. Lendenfeld, Jedenfalls bewirken Gifte eine Einziehung ihrer lappenförmigen Pseudo- podien. ‚91 Gerathen Fremdkörper (Karminkörner u. dgl.) bei verletzter Haut in die Zwischenschicht hinein, so werden sie von den amöboiden Zellen aufgenommen und dieserart unschädlich gemacht. Es haben also diese Elemente die Funktion der Phagocyten im Sinne Mrrscanikorr’s. Ich habe Sycandren mit baeillenreichem Fleischaufguss injieirt, und nach Methylenblautinktion die amöboiden Zellen in der Nähe der Injektions- stelle erfüllt von tiefblauen Stäbchen und Körnern gefunden, welche zweifellos Bacillen und Bacillentheile waren. Ob diese Bacillen aktiv in die amöboiden Zellen eingedrungen und im Begriffe waren die amöboiden Zellen aufzufressen, oder ob umgekehrt die amöboiden Zellen die Bacillen aufgenommen hatten und diese nun todt und in Zerfall waren, kann ich nicht entscheiden. Meine Präparate ließen sich eben so gut im Sinne von MErtscanikorr's Theorie (Alternative II) als im umgekehrten Sinne einiger neuerer Autoren (Alternative I) deuten. Zweifellos gehen die Eier und Samenballen aus amöboiden Zellen hervor, und ich halte es, wie oben erwähnt, für höchst wahrscheinlich, dass aueh die übrigen Elemente von ihnen abzuleiten sind. Stern- und Faserzellen. Von allen Elementen der Zwischenschicht weitaus am häufigsten sind blasse Zellen mit kugeligem oder ovalem Kern und Ausläufern, welche in lange und dünne Fäden übergehen. Diese Ausläufer er- scheinen als zipfelförmig ausgezogene Theile des Zellenleibes. Das Plasma dieser Elemente ist ziemlich durchsichtig. Jene von diesen Zellen, welche in der Mitte der Zwischenschicht liegen und allseitig gleichmäßig von Grundsubstanz umgeben werden, haben mehrere — durchschnittlich etwa fünf — Ausläufer, welche sie nach allen Rich- tungen entsenden. Je mehr wir uns der Oberfläche der Zwischen- schicht nähern, um so deutlicher ordnen sich die. Ausläufer dieser Zellen tangential an, und um so mehr nimmt die Zahl der Ausläufer ab. Die dieht unter dem Epithel gelagerten Elemente dieser Art besitzen häufig nur drei oder nur zwei Ausläufer, welche dann in einer geraden Linie liegen. Die letztgenannten bipolaren Elemente sind als Faser- zellen zu bezeichnen. Bei den Kalkschwämmen sind Faserzellen lange nicht so häufig wie bei den höheren Silicea. Sie finden sich vorzüglich in den Röhren, welche nicht selten die Oscula umgeben (Peristom) und‘ zu sphincterartigen Ringen vereint unterhalb der Eingänge in das ein- führende System der höheren Syconinae (Sycocubus). Solche Sphin- cteren kommen z. B. bei Sycandra arborea vor. Bei Sycandra setosa Die Spongien der Adria, 1.2. 401 habe ich in der Gastralmembran, dicht unter dem Oseularrohrepithel, eine Lage von großen, longitudinal orientirten abgeplattet spindelför- migen Zellen beobachtet, welche den oben erwähnten Faserzellen an E die Seite zu setzen sind. | Besonders zu erwähnen wären noch jene Elemente, welche bei — Sycandra raphanus dicht unter dem Epithel des distalen Endes des - Öseularrohres liegen, sich fest an dasselbe anschmiegen und einen - starken Faden in centrifugaler Richtung entsenden, der sich an das proximale Ende der Rhabde der Oscularkrone heftet. Man hat angenommen, dass die Sternzellen durch die dünnen - Fäden, in welche sich ihre Ausläufer ausziehen, mit einander in Eirekter Verbindung stehen und so ein Netz bilden, in dessen Knoten- punkten die Leiber dieser Zellen liegen, ein Netz, welches die ganze wischenschicht durchzieht. Ich habe gegen Hess Auffassung nichts _ einzuwenden, muss aber bemerken, dass ich selber einen solchen Zu- - sammenhang aller Sternzellen durch ihre Ausläufer nicht habe nach- _ weisen können. Allerdings gelingt es leicht einzelne Verbindungen dieser Art aufzufinden, damit ist aber, wie mir scheint, die Richtigkeit - der obigen Behauptung noch nicht erwiesen. | Allen diesen Zellen und ihren Ausläufern wird ein gewisser Grad von Kontraktilität zuzuschreiben sein. Die an Kalkschwämmen beob- . achteten Bewegungen, die Zusammenziehung der Sphincteren um die Poren, die Verkürzung des Peristoms, die Stellungsänderungen der - Oseularkrone etc., sind jedenfalls auf Kontraktionen dieser Zellen und - ihrer Ausläufer zurückzuführen. Es liegt auf der Hand, dass die eirku- - lären Faserzellen in den Porensphincteren die Porenkontraktion ver- "anlassen und die erwähnten Elemente im Oscularbezirk von Sycandra raphanus die Stellung der Rhabde der Oscularkrone regieren. Be- "kanntlich hat Sycandra setosa eine relativ ungemein große Oscular- -krone, und da könnte wohl angenommen werden, dass bei dieser die "longitudinalen Spindelzellen der Oscularrohrwand den Bewegungen der Oscularkrone vorstehen. Die übrigen Elemente der Zwischen- "schicht dürften an der Ausführung der genannten Bewegungen nur wenig oder gar nicht aktiv betheiligt sein. | Ich bin der Ansicht, dass den übrigen Elementen, die man - schlechtweg als lesente Sternzellen bezeichnen könnte, die Funk- ‚tion zufällt, die Grundsubstanz der Zwischenschicht zu secerniren. Die cd wäre demnach, eben so wie die Gallerte im Schirm der Medusen, als ein Sekret in ihr liegender Zellen aufzufassen. Der Theil der Grundsubstanz, welchen eine Zelle ausscheidet, ist einer Zellhaut dieses Elementes vollkommen homolog und verschmilzt mit 402 R. v. Lendenfeld, den Zellhäuten der benachbarten Sternzellen. So wäre denn die Grundsubstanz als ein Agglomerat von Zellhäuten der Sternzellen auf- zufassen. Sensitive Zellen. Bei manchen Heterocölen sind Zellen gefunden worden, welche ich als sensitive Elemente gedeutet habe. Es sind theils spindelförmige Zellen mit mehreren wurzelartigen Ausläufern am proximalen Ende, theils multipolare Zellen mit einem differenzirten, geraden und lang- gestreckten, centrifugal orientirten Fortsatz, und theils multipolare oder rundliche Zellen ohne differenzirten Fortsatz. Die Spindelzellen gleichen, in Bezug auf Gestalt und Plasmastruktur, den Sinneszellen der Medusen und Polypen; die multipolaren Zellen ohne differenzirten Fortsatz aber den Ganglienzellen dieser Cölenteraten. Die multipolaren Zellen mit differenzirtem, geraden Fortsatz werden bei anderen Cölen- teraten nicht angetroffen. Die Spindelzellen finden sich in Gruppen oder zerstreut, dicht unter der äußeren Oberfläche (Leucandra sac- charata z. B.) und an den Eingängen ins einführende System über den Sphincteren von Faserzellen (Sycandra arborea z. B.). Die einzelnen Zellen dieser Art stehen senkrecht zur äußeren Oberfläche, während jene, welche Gruppen bilden, distalwärts konvergiren. Alle diese Zellen erreichen mit ihren Distalenden die äußere Oberfläche. Die multipo- laren Zellen mit einem differenzirten, geraden Ausläufer liegen zu kleinen Gruppen vereint im Basaltheil schlanker und hoher konischer Vorragungen, welche sich frei über die äußere Oberfläche erheben. Ihr differenzirter, gerader Fortsatz durchzieht den konischen Aufsatz in seiner ganzen Länge und endet in der Spitze desselben (Grantia compressa z. B.). Die übrigen Fortsätze dieser Zellen verlaufen, eben so wie die wurzelartigen Ausläufer an den Proximalenden der spindel- förmigen Elemente, tangential und centripetal. C. Stewart, der Ent- decker dieser Gebilde, hat sie als Palpocils beschrieben. Ich habe die- selben nach StewArr’s Präparaten beschrieben und Synoeils genannt. Zuweilen findet man unterhalb der oben beschriebenen Spindel- und multipolaren Zellen mit differenzirtem Fortsatz gewöhnliche multipo- lare oder rundliche Elemente. Auch bei anderen Spongien kommen solche spindelförmige Zellen unter der äußeren Oberfläche vor. Während STEWART, SOLLAS, GRENTZENBERG und ich für die Existenz von sensitiven Elementen (Palpocils Stewart, Aestocyts SoLLas, Sinnes- zellen LENDENFELD) eingetreten sind, haben sich die anderen Spongien- forscher dieser Ansicht nicht zugewendet. a Die Spongien der Adria. I. 2. 403 Sicher ist es wohl, dass, falls die Kalkschwämme überhaupt sensi- ‚tive Elemente besitzen, diese oben beschriebenen Zellen es sein wer- - den, welchen die Sinnesfunktion zukommt. Die Ergebnisse meiner physiologischen Experimente an Spongien scheinen mir eher für als gegen die Existenz eines Nervensystems zu sprechen. Obwohl ich selbst noch an meiner früheren Deutung dieser Ele- _ mente festhalte, so will ich doch gern zugestehen, dass diese meine Meinung noch keineswegs bewiesen ist. Skelettbildende Zellen, $ Es ist oben bemerkt worden, dass sich jede Nadel in einer Zelle anlegt, dass aber ihr weiteres Wachsthum durch die Nadelsubstanz abscheidende Thätigkeit zahlreicher Zellen vermittelt wird. Vosmarr 5 nennt die ersteren sowohl als die letzteren Calcoblasten. Die Zellen, in welchen Nadeln sich anlegen, sind unregelmäßig. Die erste Nadelan- lage scheint eine blasse Kugel zu sein. Der wachsenden Nadel liegen - zahlreiche platte, von körnigem Plasma ganz erfüllte Zellen auf, welche _ entweder einzeln und zerstreut sind, oder in geschlossenen Beständen > größere oder kleinere Theile der wachsenden Nadel umhüllen. Die einzelnen Zellen dieser Art besitzen meistens fadenartige, verzweigte, E "zuweilen auch anastomosirende Ausläufer, welche sich der Nadel- - oberfläche anschmiegen. Auffallend ist es, wie selten man solche Zellen an den Nadeln findet. Es muss angenommen werden, dass die Nadeln sehr rasch wachsen, und dass diese Zellen verschwinden, sobald das Nadel- "wachsthum aufgehört hat. Es scheint, dass die Nadeln schubweise "wachsen, und dass nach jedem »Schub« die Zellen schwinden, um dann später, wenn ein neuer Wachsthumsschub eintritt, sich neuer- “dings zu bilden. Für diese Annahme spricht nicht nur die deutliche "Schichtung, welche man zuweilen in der Nadelsubstanz beobachtet, - sondern auch die Thatsache, dass man sehr häufig halb ausgebildete Nadeln ohne Belag von kalkabscheidenden Zellen findet. Wäre das _ Wachsthum der Nade!n ein kontinuirliches und nicht ein schubweises, so müssten die kalkabscheidenden Zellen so lange an der Nadelober- fläche zu finden sein, bis die Nadel ihre volle Größe erreicht hat. ® Drüsen, ° Drüsenzellen sind bisher bei Kalkschwämmen noch nicht aufge- fünden worden. Ich habe in der Umgebung des Oscularrohres bei Sycandra raphanus grobkörnige, multipolare Elemente, häufig mit 404 R. v. Lendenfeld, einem kleinen sekretartigen Tröpfchen im Protoplasma gefunden, welche durch einen starken und kurzen Fortsatz an das Oscularrohrepithel angeheftet sind. Es wäre wohl möglich, dass wir es hier mit Elemen- ten zu thun haben, welche den 'Hautdrüsenzellen anderer Spongien homolog sind. Eier. Junge Eizellen sind kugelig oder unregelmäßig massig und besitzen einen relativ ziemlich großen, kugeligen Kern. Bei den Asconen findet man sie mit Ausnahme der oberflächlichen Röhren in allen Theilen des Röhrennetzes dicht unter der Kragenzellenschicht. Bei den höheren Kalkschwämmen liegen sie in der Gastralmembran oder in den Kammerwänden. Die oberflächlichen Theile des Schwammes sind stets frei von Eiern. Bemerkenswerth ist es, dass bei Sycandra setosa und Grantia capillosa Ringe von jungen Eizellen die Kammermündungen umgeben, während gleichzeitig reifere Embryonen in halber Höhe der Körperwand in den Kammerwänden liegen. Hieraus ließe sich schließen, dass, einigermaßen wie bei den Hydroiden, die Eier proximal (in der Gastralmembran) gebildet würden und hernach centrifugal in den Kammerwänden emporwanderten, um in halber Höhe der letzteren angelangt, sitzen zu bleiben und sich hier zu entwickeln. Die Eier liegen frei in der Zwischenschicht. Sie werden entweder allseitig von Grundsubstanz umgeben oder stoßen auf der einen Seite an die Hinterwand der Kragenzellenschicht. Endothelkapseln, wie sie in der Umgebung der Eier gewisser Silicea vorkommen, fehlen den Kalkschwämmen. Das Ei entbehrt der Eihaut. Das Plasma wird um - so körnchenreicher, je mehr sich das Ei der Reife nähert. Der kugelige oder etwas unregelmäßige Kern liegt meist excentrisch. Bei Ascetta cerebrum beobachtete ich zuweilen schöne Nucleoli, zuweilen wurst- förmige Körper im Eikern, welch letztere auf Mitosen schließen lassen. Eier werden sehr häufig beobachtet. Ich bin der Meinung, dass jedes Kalkschwammindividuum Eier erzeugen kann. Sperma. Die männlichen Geschlechtsprodukte werden verhältnismäßig sel- | ten beobachtet. Vermuthlich erzeugt überhaupt nur eine beschränkte Anzahl von Individuen Spermatozoen. Wenn nun, wie oben behauptet wurde, alle Kalkschwämme Eier erzeugen, so hätten wir anzunehmen, dass die meisten von ihnen Weibchen, einige aber Zwitter wären. Männchen gäbe es demnach gar keine. Nach den Untersuchungen von Vosmarr und PoLzsaerr entstehen Die Spongien der Adria. 1. 2. 405 E/ die Spermatozoen aus amöhboiden Elementen. Es soll zunächst eine 'Zweitheilung der Zelle stattfinden. Die eine Tochterzelle erlangt die Gestalt einer Schale, in deren Höhlung die andere Tochterzelle liegt. Der Kern der letzteren theilt sich wiederholt und es entstehen zahl- "reiche kleine Kerne, die zu Spermatozoenköpfchen ‚werden. Gleich der Eizelle rückt der reifende Spermaballen an die Kragenzellenschicht heran und treibt diese lokal vor. Hier bleibt er bis die Spermatozoen reif sind, dann platzt die Hülle und es entsteht eine Öffnung in der -Kragenzellenkuppel, welche den Samenballen bekleidet, durch welche die Spermatozoen ausschwärmen. Die reifen Spermatozoen sind nur - 0,03 mm lang und haben einen abgerundeten Kopf. Entwicklung. Wir kennen den vollständigen Entwicklungsgang von Syeandra -raphanus, und außerdem liegen einige Angaben über die Entwicklung ‘von Ascetta, Grantia, Ute und Leucandra vor. Diese Angaben sind zu ‚spärlich, um darauf eine synthetische Darstellung der Kalkschwamm- entwicklung zu gründen. Ich begnüge mich daher an dieser Stelle auf die Schilderung der Entwicklung von Sycandra raphanus im analyti- ‚schen Theile dieser Arbeit zu verweisen. System. 41780 wurden zwei Kalkschwämme (Sycandra eiliata und Grantia compressa) von Faprıcıus (4780, p. 448) als Arten der Gattung Spongia beschrieben. (Spongia Fabricius 1780 = Sycandra + Grantia + Classis Silicea.) 4786 beschrieben Eıris und SoLANDER (1786, p. 190) zwei weitere Kalk- 'schwämme als Arten der Gattung Spongia. (Spongia Ellis u. Solander = Ascetta —+- Sycandra + Grantia + Classis Silicea.) 4842 führt Montacu (1842, p. 67) bereits sechs Kalkschwammarten auf, welche auch von ihm dem Genus Spongia zugewiesen wurden. (Spongia Montagu 48142 = ,. scetta 4 Ascandra + Sycandra + Grantia + Leucandra + Classis Silicea.) 1819 beschrieb ScuwEiGGER (1819, p. 80) einen Kalkschwamm ebenfalls als Spongia. (Spongia Schweigger 4819 = Sycandra + Classis Silicea.) ; 1821 beschrieb S. F. Gray (1821, Bd. I, p. 357) einen Kalkschwamm als Sey- phia. (Scyphia S. F. Gray 1821 = Sycandra.) 1826 führte Grant (4826, p. 166) ebenfalls sechs Kalkschwämme als Arten des Genus Spongia auf. Er kannte jedoch die Zusammengehörigkeit dieser Spongien und die Kluft, welche sie von allen anderen Spongien trennt, in ihrer vollen Be- Es. denn er (1827, p. 336) theilte die Spongien in drei Gruppen, deren weite die Spongiae calcariae umfasst. (Spongiae calcariae Grant 1826 = Classis Calcarea ; Spongia Grant 41826 = Ascetta + Ascandra + Sycandra + Grantia + anara —+- Classis Silicea.) | 1826 stellte Rısso (1826, Bd. V, p. 368) für zwei neue Kalkschwämme das Genus ycon auf, Dieser Name wurde von LIEBERKÜHN, 0. Scumipr und anderen Autoren, 3, 406 R. v. Lendenfeld, neuerdings auch von POLEJAEFF und VosMmAER benutzt. HAECKEL und ich verwenden den Gattungsnamen Sycon nicht. (Sycon Risso 4826 = Leucandra + Sycandra.) 1828 stellte FLemine (1828, p. 325) für sämmtliche ihm bekannte Kalk- schwämme den Gattungsnamen Grantia auf. Dieser Name ist von den älteren Autoren, nicht aber von HaAcEckeL benutzt worden. Ich behalte denselben im Ein- verständnis mit P@LEIAEFF und VOsMAErR für gewisse Syconen bei. (Grantia Fle- ming 1828 — Ascetta + Sycandra + Grantia 4 Leucandra.) 1828 führte DeLLe Carse (1828, Bd. II, p. 444) eine Sycandra als Spongia auf. (Spongia Delle Chiaje 1823 = Sycandra + Classis Silicea.) 41829 beantragte GRANT (HAEcKEL, 4872, Bd. 1, p. 57) alle Kalkschwämme Leu- calia zu nennen. Der Name Leucalia wurde von späteren Autoren nicht benutzt. (Leucalia Grant 41829 — Ascetta + Ascandra 4 Sycandra +4 Grantia 4 Leucandra.) 1833 theilte NArno (1833, c. 519) die Spongien in drei Ordnungen, deren dritte die Kalkschwämme umfasst. Allerdings waren die, damals von NArno dieser Ord- nung zugetheilten Organismen keine Kalkschwämme und überhaupt keine Spon- gien. (Ordo III. Nardo 1833 = Classis Calcarea.) 1834 errichtete BLAINVILLE (1834, p. 530) für die schon früher bekannten Kalk- schwämme das Genus Calcispongia und stellte für eine neue Art (Sycandra alcyon- cellum) das neue Genus Alcyoncellum auf. Von den neueren Autoren werden diese BraAimviLLe’schen Gattungsnamen nicht verwendet (Calcispongia Blainville 1834 = Ascetta + Ascandra + Sycandra + Grantia 4 Leucandra; Alcyoncellum Blain- ville 1834 — Sycandra partim.) 1842 theilte Hoce (1842, p. 3) die Spongien in fünf Gruppen, deren dritte die »Spongiae subcartilagineo-calcariae« die Kalkschwämme umfasst. (Spongiae sub- cartilagineo-calcariae Hogg 1842 — Classis Calcarea.) 1842 führt Joanston (1842, p. 472) acht Species von Kalkschwämmen, sämmt- lich als Arten von Grantia auf. (Grantia Johnston 4842 = Ascetta 4 Ascandra + Sycandra 4 Grantia + Leucandra.) 4844 gab NArDo (4844) ein neues Spongiensystem, in welchem er fünf Fami- lien unterscheidet. Die dritte davon, die Calcispongiae, umfasst die Kalkschwämme. Die fünfte »Corneo-Calcispongiae« dürfte wohl für Alcyonarien aufgestellt sein, welche NArno irrigerweise für Spongien hielt. (Caleispongiae Nardo 4844 — Classis Calcarea.) 1845 stellte BowErBAnK (1845, p. 297) für Sycandra elegans das neue Genus Dunstervillia auf. Scaumipr benutzte diesen Namen. Die neueren Autoren haben den- selben jedoch nicht verwendet. (Dunstervillia Bowerbank 1845 = Sycandra partim.) 1858 stellte Gray (4858, p. 143) für Leucandra alcicornis das neue Genus Aphroceras auf. Außer Carter hat Niemand diesen Namen benutzt. (Aphroceras Gray 1858 = Leucandra partim.) 1859 unterschied LiEBERKÜHN (1859, p. 372) zwei Gattungen von Kalkschwäm- men: Sycon für Syconen, und Grantia für Asconen. (Sycon Lieberkühn 4859 = Sycandra; Grantia Lieberkühn 1859 = Ascandra.) 1864 setzte GrAnT (1861) an Stelle seines früheren Gattungsnamens Leucalia den Namen Leuconia, welcher von mehreren Autoren, darunter neuerlich PoLE- JAEFF, benutzt wird. (Leuconia Grant 1864 = Ascetta + Ascandra + Sycandra + _ Grantia + Leucandra.) 1862 stellte O. Scamiot (1862, p. 43) für die Kalkschwämme eine eigene Gruppe auf, welche er Calcispongiae nannte und innerhalb welcher er die folgenden fünf Genera unterschied : Sycon für Syconen und eine Leucone (Leucandra aspera); Die Spongien der Adria. I. 2. 407 Dunstervillia, für eine Sycone; Ute nov. gen., für eine Sycone; Grantia, für Asconen _ und eine Leucone (Leucetta solida) und Nardoa nov. gen. für eine Ascone. Von Scamipr’s neuen Namen ist bloß Ute von den neueren Autoren und mir beibehalten worden. (Calcispongiae Schmidt 4862 = Classis Calcarea; Sycon Schmidt 4862 = Sycandra 4 Leucandra,; Dunstervillia Schmidt 4862 = Sycandra partim; Ute Schmidt 4862 — Grantia partim; Grantia Schmidt 1862 = Ascetta + Ascandra + Leucetta; Nardoa Schmidt 4862 = Ascandra partim.) 4864 machte KöLLIkEr (1864, p. 63) wichtige Angaben über die Histologie der Kalkschwämme. Er brachte die von ihm untersuchten Arten in zwei Gattungen, Nardoa und Dunstervillia unter und erkannte den Unterschied zwischen den Asconen und Syconen. (Nardoa Kölliker 4864 = Ascetta; Dunstervillia Kölliker 1864 — Sycandra.) 1864 änderte O. ScHamipr (1864, p. 22) die Diagnose der Gattung Ute, so dass die 1862 von ihm als Ute-Art beschriebene Spongie (U. capillosa) nicht mehr darin Platz findet und beschrieb zwei neue Ute-Arten, von denen eine dem Genus Üte in meinem Sinne, und die andere dem Genus Amphoriscus angehört. Außerdem be- schreibt er je eine alte und eine neue Art der Genera Sycon, Dunstervillia und Gran- tia. (Ute Schmidt 1864 = Ute + Amphoriscus; die übrigen Genera haben dieselbe - Bedeutung wie 1862 s. o.) 1864 giebt BowErLAnK (1864, p. 42, 455) eine, der GrantT'schen nachgebildete Eintheilung der Spongien in drei Ordnungen, deren erste, die »Calcarea«, die Kalk- schwämme umfasst. BOWERBANK (4864, p. 462) unterscheidet innerhalb dieser Ord- nung vier Genera: Grantia für Syconiden, Leucosolenia nov. gen. für Asconiden, Leuconia für Leuconiden, und Leucogypsia nov. gen. für eine Leucandra. BowER- BANK’S Name Calcarea für die ganze Gruppe ist von GrAy adoptirt und in seiner richtigen Bedeutung angewendet worden. Die neueren Autoren und ich haben den " Namen Calcarea im GrAy’schen Sinne benutzt. VosMAER, POLEJAEFF und CARTER be- 5 nutzen den Gattungsnamen Leucosolenia für sämmtliche Asconen. Der Name u Leucogypsia hat bei den neueren Autoren keine Anwendung gefunden, (Calcarea 4 Bowerbank 4864 = Classis Calcarea;. Grantia Bowerbank 4864 = Sycandra + Grantia 4 Ute; Leucosolenia Bowerbank 4864 = Ascetta 4 Ascandra; Leuconia - Bowerbank 4864 = Leucetta + Leucandra; Leucogypsia Bowerbank 1864 = Leu- a candra partim.) = 1865 gab Lieserkünn (4865, p. 734, 747) eine sehr gute Schilderung des Kanal- I systems der Asconen und Syconen. Er benutzt dabei die Namen Grantia und Sycon. IR: (Grantia Lieberkühn 1865 = Ascandra; Sycon Lieberkühn 1865 = Sycandra.) E 1866 veröffentlichte O. Scumıpr (4866, p. 7) eine Kritik der Gattungen BowER- W -BANK'S. Er sagt über die Bedeutung derselben Folgendes: Grantia Bowerbank 4864 = Sycon Lieberkühn 4859 + Dunstervillia Bowerbank 1845 + Ute Schmidt 1864; Leuconia Bowerbank 4864 = Grantia Lieberkühn 1859 ex parte + Leucogypsia Bowerbank 4864; Leucogypsia Bowerbank 14864 = Leuconia Bowerbank 4864 und E Leucosolenia Bowerbank 4864 = Nardoa Schmidt 14862 + Grantia Lieberkühn B 1859 ex parte. 1866 behielt BowErBAnK (14866, p. 17) die vier Genera Leucosolenia, Grantia, Leuconia und Leucogypsia im Sinne von 4864 unverändert bei. (Siehe die Bedeu- tung dieser Genera oben bei 1864 BOWERBANK.) 4867 stellte Gray (14867, p. 492) ein Spongiensystem auf, welches trotz der großen, darin enthaltenen Fehler in so fern einen beträchtlichen Fortschritt be- deutet, als hier zum ersten Male die Spongien in zwei große Gruppen, Subclassen, Rare 408 R. v. Lendenfeld, Calcarea und Silicea getheilt sind. Diese Eintheilung ist von allen neueren Autoren mit Ausnahme Harcker’s und theilweise auch F. E. ScHurze’s acceptirt worden, Innerhalb der Calcarea unterschied Gray drei Familien: Grantiadae, Aleyoncelli- dae und Aphrocerasidae mit elf Gattungen, darunter die drei neuen Artynes, Cla- thrina und Lelapia. Diese neuen Namen sind außer von Gray selbst bloß von Carter benutzt worden. Über die Gray’sche Eintheilung der Kalkschwämme sagt HaAEckEL (1872, Bd. I, p. 53): »Eigentlich ist vollständiges Ignoriren die einzige ge- rechte Strafe für solche wissenschaftliche Sünden, und zugleich das einzige Mittel, um den nutzlosen Ballast möglichst bald wieder aus der Litteratur zu entfernen.« Ich theile die Meinung Haezcker’s über das Gray’sche System vollkommen, (Sub- classis Porifera calcarea Gray 1867 = Classis Calcarea; Familia Grantiadae Gray 1867 = Classis Calcarea partim; Familia Alcyoncellidae Gray 1867 = Sycandra partim; Familia Aphrocerasidae Gray 4867 = Leucandra partim; Grantia Gray 1867 = Svcandra; Ute Gray 1867 = Ute + Grantia; Artynes Gray 1867 = Grantia; Leucosolenia Gray 1867 = Ascetta + Ascandra; Leuconia Gray 1867 = Leucetta —- Leucandra; Leucogypsia Gray 1867 = Leucandra partim; Clathrina Gray 1867 — Ascetta partim; Lelapia Gray 1867 = Leucandra partim?; Alcyoncellum Gray 1867 — Sycandra partim; Dunstervillia Gray 1867 = Sycandra partim; Aphroceras Gray 1867 = Leucandra partlim.) 1868 führte O. Scuuipr (1868, p. 29, 35) zweineue Gattungsnamen ein: Syco- nella für eine neue Sycandra-Art, und Sycinula für die von ihm selbst früher der Gattung Sycon zugetheilte Leucandra aspera. Überdies macht er Bemerkungen über Arten der Genera Leucosolenia, Ute und Sycon aus Cette. Die neuen Namen Syconella und Sycinula sind von anderen Autoren nicht benutzt worden. (Syco- nella ©. Schmidt 1868 = Sycandra partim; Sycinula 0. Schmidt 4868 = Leucandra partim ; Leucosolenia O. Schmidt 1868 —= Ascetta; Ute O. Schmidt 1868 = Sycyssa?; Sycon O0. Schmidt 1868 = Sycandra.) 4868 beschrieb MıkLucao-MAkLAY (1868, p.230) einen neuen Ascon als Guancha- Dieser Name wurde von den neueren Autoren nicht verwendet. (Guancha Miklucho- Maklay 1868 = Ascetita.) 1869 erschien HAEckEL’s (1869, p. 236) »Prodromus« eines Systems der Kalk- schwämme, in welchem 42 Gattungen von Kalkschwämmen unterschieden werden. Da drei Jahre später HAEckeu (4872, Bd. I, p. 36) selbst dieses System als eine Art Parodie auf die damals übliche systematische Methode bezeichnete und gänzlich umstieß, um dem phönixgleich daraus erstehenden natürlichen System von 1872 Raum zu geben, so glaube ich mich hier nicht weiter mit dieser Spongienromanze befassen zu sollen. Zu erwähnen wäre nur, dass das in diesem System von HAECKEL aufgestellte Genus Amphoriscus von VOSMAER, POLEJAEFF und mir beibehalten wor- den ist. Ich möchte hier noch die Bemerkung einfügen, dass ich es in meiner vor- liegenden Arbeit durchaus — mit der einzigen Ausnahme der historischen Bemer- kungen zum Genus Amphoriscus — unterlassen habe HaAcEcker’s Prodromus zu eiti- ren. Nach der obigen Bemerkung über diese Arbeit wird der Leser dies natürlich finden. | 1870 stellte MıxLucuo-MArLAY (4870, p, 46) für einige Leuconen den Genus- namen Baeria auf. Dieser ist von anderen Autoren nicht verwendet worden. (Baeria Miklucho-Maklay 1870 = Leucandra partim.) 1870 machte O. Scamipr (1870, p. 72) einige Angaben über Kalkschwämme von der grönländischen Küste. Er führt die Gattungen Leucosolenia, Leuconia, Sycinula, Ute und Sycon auf. (Leucosolenia Schmidt 4870 = Ascandra; Leuconia Die Spongien der Adria. I. 2. 409 "Schmidt 4870 = Leucandra; Sycinula O. Schmidt 4870 = Leucandra + Grantia; Ute 0. Schmidt 1870 = Grantia; Sycon O. Schmidt 1870 = Sycandra.) 1874 errichtete CARTER (1874, p. 4) für eine neue Leucone das Genus Tricho- ‚gypsia, welches jedoch von anderen Autoren nicht anerkannt wurde. (Trichogypsia Carter 4874 = Leucyssa.) : 1872 erschien die große Kalkschwammmonographie Hazckzr’s (1872), ein Werk, welches den Ausgangspunkt aller späteren Kalkschwammforschungen bil- _ dete. Harckeı theilte die Kalkschwämme je nach dem Bau des Kanalsystems in drei Familien: Ascones (mit einfachem Gastralraum), Sycones (mit langgestreckten, ‚sackförmigen, radial gestellter und direkt ins einfache Oscularrohr einmündenden Geißelkammern), und Leucones (mit verzweigtem Kanalsystem und kugeligen oder ovalen Geißelkammern). Je nach der Form der vorkommenden Nadeln unterschied er in jeder dieser Familien sieben Genera, wie folgt: : | Ascones Leucones Sycones Beridermeny. 2.2.0 Ascetta Leucetta Sycetta Be Tatrgetinen. 2. 220.200. Ascilla Leucilla Syeilla tabden ...0..21.0..2... vl Ascyssa Leucyssa Syceyssa Mit Triactinen und Tetractinen ..... Ascaltis Leucaltis Sycaltis Mit Triactinen und Rhabden........ Ascortis Leucortis Sycortis - Mit Tetractinen und Rhabden ...... Asculmis Leuculmis Syculmis - Mit Triactinen, Tetractinen und Rhabden | Ascandra Leucandra Sycandra Mehrere Forscher haben das Hazckzer’sche Werk und sein System mit wenig - Witz und viel Behagen angegriffen. Vor Allen hat sich PoL£Jarrr durch den Eifer ausgezeichnet, mit welchem er in diesem bahnbrechenden Werke nach Fehlern "suchte. Man gedachte mit keinem Worte der vortrefflichen Eintheilung in drei = Familien, welche jeder von diesen Kritikern acceptirte, nicht der Darstellungen der -Nadelformen, die sich größtentheils als sehr genau erwiesen haben und ließ kein ‚Lob laut werden für den Scharfsinn, mit welchem HaAcckeL in das Choas von For- Q en Ordnung gebracht. Dagegen verbreitete man sich über die Fehlerhaftigkeit der ‚Darstellung des Kanalsystems und der Histologie und verschwieg, dass hieran in ‚erster Linie die Mangelhaftigkeit der damaligen Untersuchungsmethode Schuld trägt. Die Haecker’sche Monographie ist voll von Fehlern. Gewiss. Welches Menschenwerk wäre fehlerfrei? Aber ist das ein Grund immer von den, größten- theils noch dazu unvermeidlichen Fehlern in demselben zu reden und seine Ver- Ei ienste todizuschweigen? Ein solches Vorgehen muss rückhaltlos verdammt wer- den, und ich ergreife diese Gelegenheit, um im Vollbewusstsein der in HAEckEL’S Y erk von PoLEJAEFF und Anderen aufgedeckten Fehler, und noch anderer bedeu- | ‚tenderer, welche diesen Herren gar nicht klar wurden, meine Bewunderung für diese Arbeit auszusprechen und auf den großen Fortschritt in der Erkenntnis der F8pongien hinzuweisen, welcher durch dieselbe zu Stande gebracht wurde, denn Pnichts ist mir so tief verhasst als jene kleinliche Kritelei, die gleich der Schmeiß- liege über alles Gute, Gesunde und Schöne gleichgültig hinwegeilt, um an den fehlerhaften Stellen verweilend, sich an dem faulenden Aase zu laben. Die Sycones Harcker’s acceptire ich unverändert. Aus den Ascones scheide ich die Formen mit wabiger Gastralfläche, und aus den Leucones die Formen mit treckt sackförmigen Geißelkammern aus. Oben, im Kapitel »Skelett«, habe ich gezeigt, dass der Unterschied zwischen Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIIL Bd. 27 410 ‘R. v. Lendenfeld, den Triactinen und Tetractinen ein sehr unbedeutender ist und keinesfalls zur Trennung von Gattungen verwendet werden kann. Jene von HaAEckEL's Gattungen, welche nur durch diesen Unterschied getrennt sind, müssen daher vereint werden, Viel tiefer greifend ist der Unterschied zwischen den Rhabden und den Triacti- nen und Tetractinen. Dieser Unterschied hat generellen Werth. Dem entsprechend sind die sieben Gattungen Hazcker’s in jeder Familie auf drei zu reduciren, und zwar die Gattungen auf etta, illa und altis zu je einem Genus (mit triactinen, oder tetractinen oder triactinen und tetractinen Nadeln), und die Gattungen auf ortis, ulmis und andra zu je einem Genus (mit triactinen und rhabden, tetractinen und rhabden, oder triactinen, tetractinen und rhabden Nadeln) zusammenzuziehen, während die Gattungen auf yssa unverändert bleiben (mit rhabden Nadeln). Wir hätten somit die 21 Genera HAEckEL’S auf neun reducirt. Nun aber berücksichtigt HacEckeL bei der Eintheilung seiner Familien in Gaf- tungen ausschließlich die Nadelform und nimmt keine Rücksicht auf Unterschiede im Bau des Kanalsystems und in der Anordnung der Nadeln. PoLEJAEFF und Vos- MAER haben auf diese Unterschiede hin Gattungen getrennt. Ich gehe noch weiter und unterscheide auf Grund solcher Differenzen nicht nur Genera, sondern auch Subfamilien und Familien. Die Familien Harcker’s sind allgemein, seine Genera theilweise von späteren Autoren anerkannt worden. (Familia Ascones Haeckel 41872 — Familia Asconidae + Familia Homodermidae partim; Familia Leucones Haeckel 1872 = Familia Sylleibidae + Familia Leuconidae; Familia Sycones Haeckel 1872 = Familia Syconidae ; Ascetta Haeckel 4872 = Ascetta partim + Ho- metta partim; Ascilla Haeckel 4872 = Ascetta partim + Hometta partim; Ascyssa Haeckel 1872 = Ascyssa; Ascaltis Haeckel 14872 = Ascetta pariim + Hometta par- tim; Ascortis Haeckel 1872 = Ascandra partim; Asculmis Haeckel 1872 — Ascan- dra partim; Ascandra Haeckel 14872 = Ascandra partim + Homandra; Leucetta Haeckel 1872 = Leucetta partim; Leucilla Haeckel 1872 = Leucetta partim + Polejna partim; Leucyssa Haeckel 41872 = Leucyssa; Leucaltis Haeckel 1872 = Leucetta partim + Polejna partim; Leucortis Haeckel 1872 — Leucandra partim; Leuculmis Haeckel 1872 = Leucandra partim; Leucandra Haeckel 1872 — Leu- candra partim; Sycetta Haeckel 4872 — Sycetta partim + Amphoriscus partim; Sycilla Haeckel 4872 = Amphoriscus partim; Sycyssa Haeckel 1872 = Sycyssa; Sycaltis Haeckel 1872 = Sycetta partim + Amphoriscus partim; Sycortis Haeckel 4872 = Sycandra partim + Grantia partim; Syculmis Haeckel 4872 = Ebnerella partim; Sycandra Haeckel 1872 = Sycandra partim + Grantia + Ute.) 1874 behielt BowErsAnk (1874, p. 4) die vier Genera Leucosolenia, Grantia, Leuconia und Leucogypsia in demselben Sinne bei, welchen er ihnen 1864 beileste. (Über die Bedeutung dieser Genera siehe 1864 BOWERBANK.) 1874 veröffentlichte METSCHNIKOFF (4874, p. 1) Mittheilungen über die Ent- wicklungsgeschichte einiger Kalkschwämme, wobei er die Gattungsnamen Ascetta und Sycandra HAEckEL’S benutzte. (Ascetta Metschnikoff 1874 — Ascetta partim; Sycandra Metschnikoff 1874 = Sycandra partim.) 1875 erschien die bekannte klassische Arbeit F. E. ScuuLze’s (4875, p. 247) über Sycandra raphanus, welche noch heute die Grundlage unserer Kenntnis der Morphologie und Ontogenie der Kalkschwämme bildet. (Sycandra F. E. Schulze 1875 = Sycandra partim.) 1875 machte O. ScHmipt (1875, p. 127) Mitiheilungen über das Larvenstadium zweier Syconiden, für welche er den HaAzcker’schen Gattungsnamen Sycandra ver- wendete, (Sycandra O0. Schmidt 1875 = Sycandra partim —+ Ute.) EEE EEE LTE aus 4 Se Ze Ze Te Die Spongien der Adria. I, 2. 411 41875 gab CARTER (4875) ein System der Spongien heraus, nach welchem diese Thiergruppe in acht Ordnungen zerfällt, deren letzte, die Calcarea, die Kalk- schwämme umfasst. (Ordo Calcarea Carter 1875 = Classis Calcarea.) 1876 veröffentlichte METSCHnIKoFF (4876, p. 275) eine Arbeit über die Blasto- logie der Kalkschwämme, in welcher er das HAEckerL’sche System benutzte. 1876 verwendete Barroıs (4876) die HAEckEL’schen Gattungsnamen Ascandra und Sycandra. (Ascandra Barrois 4876 = Ascandra partim; Sycandra Barrois 1876 = Grantia.) 4876 veröffentlichte KELLER (1876, p. 49, 27) eine Arbeit über den Bau und die Entwicklung einer Anzahl von Mittelmeerspongien, in welcher er die Gattungs- namen Ascetta, Ascandra, Leucaltis, Leucandra, Sycyssa, Sycortis und Sycandra HAEcKEL’s benutzte. (Ascetta Keller 4876 — Ascetta partim; Ascandra Keller 4876 = Ascandra partim; Leucaltis Keller 4876 — Leucetta partim; Leucandra Keller 1876 — Leucandra partim; Sycyssa Keller 1876 = Sycyssa ; Sycortis Keller 1876 = Sycandra partim; Sycandra Keller 4876 — Sycandra partim.) 4876 machte O. Scamior (1876, p. 551) weitere Angaben über die Entwick- lungsgeschichte der Kalkschwämme und benutzte dabei die HAEcker’schen Gat- tungsnamen Ascetta und Sycandra. (Ascetta O. Schmidt 4876 = Ascetta partim; Sycandra O. Schmidt 1876 — Sycandra partim.) 4877 beschrieb O. Scamıpr (4877, p. 249) einige Larvenstadien von Ascetla. (Ascetta O. Schmidt 1877 — Ascetta partim.) 4878 beschrieb CARTER (4878, p. 35) zwei neue Kalkschwämme, für welche er die neue Gattung Teichonella und die neue Familie Teichonellidae aufstellte. POLEJAEFF, VOSMAER und auch ich in meinen früheren Arbeiten, haben dieses Genus und diese Familie beibehalten. Jetzt bin ich zu der Ansicht gelangt, dass Teicho- nella Carter nichts Anderes ist als eine Grantia mit erweitertem Oscularrohr. (Familia Teichonellidae Carter 1878 — Familia Syconidae partim; Teichonella Carter 1878 = Grantia partim.) 1879 veröffentlichte METSCHNIKorFF (1879,p.358) einige Mittheilungen über den Bau und die Entwicklung von Kalkschwämmen. Er benutzte dabei die Haecker’schen Gat- tungsnamen Ascetta, Ascandra, Sycortis, Sycandra und Leucandra. (Ascetta Metschni- koff 41879 = Ascetta partim; Ascandra Metschnikoff 41879 = Ascandra partim;; Sycor- - tis Metschnikoff 4879 = Sycandra partim; Sycandra Metschnikoff 1879 = Sycandra Fe partim + Ute + Grantia; Leucandra Metschnikoff 4879 = Leucandra partim.) 1880 gab VosmAeEr (1880) die Ergebnisse seiner Untersuchung von Leucandra -aspera bekannt. (Leucandra Vosmaer 4880 — Leucandra partim.) 1882 machte PoLEJAEFF (1883) Angaben über die Entwicklung der Spermato- - zoen von Sycandra raphanus. (Sycandra Polejaeff 1882 = Sycandra partim.) 1882 veröffentlichte GrAEFFE (4882, p. 324 [sep. p. 9]) eine Liste der im Golfe N: von Triest vorkommenden Kalkschwämme. Er benutzte in derselben die Gattungs- namen Grantia, Sycon und Ute. (Grantia Graeffe 1882 = Ascetta 4 Homandra; Sycon Graeffe 1882 — Sycandra; Ute Graeffe 4882 = Grantia.) 1882 führt Norman (1882, p. 25, 225) die Kalkschwammgenera Grantia, Leuco- solenia, Leuconia und Leucogypsia im Sinne BowErBANK’s, und Ascetta, Ascaltis, Ascortis, Ascandra, Leucyssa, Leucaltis, Leucandra, Sycortis und Sycandra im Sinne Hazcker’s auf. (Grantia Norman 4882 = Sycandra + Grantia + Ute; Leuco- solenia Norman 1883 = Ascetta + Ascandra; Leuconia Norman 4882 — Leucetta + Leucandra partim; Leucogypsia Norman 41882 — Leucandra partim;; Ascetta Norman 1882 — Ascetta partim; Ascaltis Norman 1882 = Ascetta partim ; Ascortis a 412 R. v. Lendenfeld, Norman 4882 — Ascandra partim; Ascandra Norman 1882 —= Ascandra partim; Leucyssa Norman 4882 = Leucyssa; Leucaltis Norman 1882 = Leucetta partim; Leucandra Norman 4382 = Leucandra partim ; Sycortis Norman 1882 = Sycandra partim; Sycandra Norman 1882 = Sycandra partim + Ute + Grantia.) 1883 veröffentlichte PoLEsAEFF (1883) die Ergebnisse seiner Untersuchung der durch die Challenger-Expedition erbeuteten Kalkschwämme. Obwohl PoLEJAEFF das Kalkschwammsystem Hascker’s heftig angreift und ganz verwirft, so istihm doch der eigentliche Grundfehler desselben, die gleiche Werthschätzung des Unterschiedes zwischen den triactinen und tetractinen und diesen und den rhabden Nadeln nicht klar geworden. PoLEJAEFF theilt die Kalkschwämme in zwei Ordnungen, Homo- coela (mit einfachem Gastralraum) und Heterocoela (mit Kanälen und Geißelkam- mern). In der Ordnung Homocoela erkennt PoLEJIAEFF nur eine Familie: Asconidae (im Sinne Haczcker’s) und eine Gattung: Leucosolenia (im Sinne BOwERBANK’S) an. Er vereinigt also die sieben Asconengattungen HaAEcker’s zu einem Genus. Nach meinem unten vorgeschlagenen System zerfällt diese Gattung Leucosolenia in zwei Familien mit fünf Gattungen. Innerhalb der Heterocoela unterscheidet PoLEJAEFF drei Familien: Syconidae (mit Radialtuben und einfachem Oscularrohr im Sinne HAEckEL’s), Leuconidae (mit komplicirterem ausführenden System und kugeligen oder sackförmigen Kammern im Sinne Hazcker’s) und Teichonidae (von Becherform mit Einströmungsporen auf der Außen- und Ausströmungsporen auf der Innenseite = Teichonellidae Carter). Von diesen Familien sind die Syconidae (HAEckEL) naturgemäß und beizubehalten; die Leuconidae in zwei Familien zu spalten für Formen mit kugeligen oder ovalen, und für Formen mit gestreckt sackförmigen Kammern, und endlich die Teicho- nidae aufzulösen, denn die letzteren sind nichts Anderes als Syconen und Leuco- nen mit becherförmig erweitertem Oscularrohr. Innerhalb der Familie Syconidae unterscheidet PoLEJAEFF Sechs Gatlungen: Sycon (mit freien Distalkegeln und gegliedertem Tubarskelett), Grantia (mit Rinde, vorzüglich triactinen Nadeln und gegliedertem Tubarskelett), Ute (mit einem aus longitudinalen Rhabden zusammengesetzten Panzer und gegliedertem Tubarskeletf), Heteropegma nov. gen. (mit dermalen Triactinen und Tetractinen, welche in der Größe von den parenchymalen Nadeln wesentlich abweichen), Amphoriscus (mit ungegliedertem Tubarskelett) und Anamixilla nov. gen. (mit ungegliedertem tuba- rem Stützskelett und unregelmäßig zerstreuten, parenchymalen Triactinen). Von diesen Gattungen können Grantia und Ute im Sinne PoLEsarrr's beibehalten wer- den. Sycon muss in mehrere Gattungen zerspalten werden. Amphoriscus, Hetero- pegma und Anamixilla sind zu vereinigen, denn es sind die Unterschiede zwischen diesen Gattungen ganz unbedeutend. Die Leuconidae theilt PoLEJAEFF in vier Gattungen: Leucilla (mit gestreckt sackförmigen Kammern), Leucetta (mit Rinde), Leuconia (ohne Rinde) und Peri- charax (mit Subdermalräumen). Diese Genera sind ganz unhaltbar und entziehen sich theilweise sogar der Kritik. Zunächst ist es zu verurtheilen, dass POLEJAEFF die Haecker’schen Gattungsnamen Leucilla und Leucetta für Spongien verwendet hat, welche größtentheils nicht in diese Genera im Sinne Harcker’s, der diese Namen aufgestellt hat, gehören. Einige der Leucetta- und Leucilla-Arten PoLEJAEFF’S sind meiner neuen Familie Sylleibidae (mit sackförmigen Kammern) einzuverleiben. Der Rest sammt Leuconia ist in der Familie Leuconidae zu belassen und in drei Gat- tungen unterzubringen. Die neue Gattung Pericharax hat gar keinen Sinn. Die PoLEJAEFF'sche Art ist eine Leucaltis im Sinne HAEckEL’s, Die Spongien der Adria. I. 2. 413 Innerhalb der Teichonellidae unterscheidet PoLEJAEFF zwei Gattungen : Teichc- _ nella (mit Radialtuben) und Eilhardia (mit kugeligen Kammern). Beide Galtungen sind zu streichen. Teichonella ist mit Grantia, Eilhardia mit Leucandra zu ver- einigen. (Ordo Homocoela Polejaeff 1883 = Ordo Homocoela partim ; Ordo Hetero- coela Polejaeff = Ordo Heterocoela + Ordo Homocoela partim; Familia Asconidae Polejaeff 1883 = Familia Asconidae + Subfamilia Homoderretinae,, Familia Sycc- nidae Polejaeff 1883 = Familia Syconidae partim; Familia Leuconidae Polejaeff 1883 = Familia Sylleibidae + Familia Leuconidae partim; Familia Teichonidae Polejaeff 1883 = Familia Syconidae partim + Familia Leuconida partim; Leuco- solenia Polejaeff 1883 = Ascetta + Ascandra 4 Ascyssa + Hometta + Homandra; Sycon Polejaefi 1833 = Sycetta + Sycandra; Grantia Polejaeff 1883 = Grantia partim; Ute Polejaeff 1883 = Ute; Amphoriscus Polejaeff 41883 = Amphoriscus partim + Ebnerella; Heteropegma Polejaeff 4883 = Amphoriscus partim; Ana- mixilla Polejaeff 1883 = Amphoriscus partim; Leucetta Polejaeff 1883 — Leucetta partim + Polejna partim; Leucilla Polejaeff 4883 = Polejna partim; Pericharax Polejaeff 4883 — Leucetta partim; Leuconia Polejaeff 1883 — Leucetta partim + Leucandra partim + Leucyssa; Teichonella Polejaeff 1883 = Grantia partim; Eil- hardia Poiejaeff 1883 — Leucandra partim.) 1884 wachte VosmaAEr (1884, p. 483) einige Angaben über Leucandra. (Leu- candra Vosmaer 4884 = Leucandra.) 1885 veröffentlichte ich (1885a, p. 214) ein vorläufiges System der Kalk- - schwämme und beschrieb (1885 b, p. 1083) einige neue Gattungen. Ich adoptirte die Eintheilung der Kalkschwämme in die zwei Ordnungen Homocoela und Hetero- coela PoLEJAEFF’S, änderte aber die Bedeutung dieser Gruppen dahin ab, dass jene Kalkschwämme, welche keine plattenzellenbekleideten Kanäle und keine Kammern mit Kragenzellenauskleidung von bestimmter Gestalt besitzen, den Homocoela, jene aber, welche Geißelkammern von determinirter Gestalt und plattenzellenbekleidete, _ ausführende Kanäle besitzen, den Heterocoela zugetheilt werden. Innerhalb der Homocoela unterschied ich drei Familien, indem ich den Asconidae (mit glatter Gastralfläche und kontinuirlichem Gastralraum) noch die neuen Familien Homo- _ dermidae (mit divertikeltragendem, kontinuirlichem Gastralraum) und Leucopsidae (mit stärkerer Zwischenschicht, und durch Scheidewände in unregelmäßige Kam- _ mern getheilten Gastralraum) hinzufügte. In der Ordnung Heterocoela ließ ich die _ beiden Familien Syconidae und Teichonidae im Sinne PoLEJAEFF’s unverändert, - spaltete aber die Leuconidae in zwei Familien: Leuconidae (mit kugeligen oder ova- len Kammern) und Sylleibidae nov. fam. (mit langgestreckt sackförmigen Kammern). In der Familie Asconidae unterschied ich — nach Ausschluss der Formen mit _ wabiger Gastralfläche — die sieben Genera Hazcker’s. Die Homodermidae umfass- ten die Asconen HaAEckEL’s mit wabiger Gastralfläche und das neue Genus Homo- derma mit Divertikeln, welche den Radialtuben der Syconiden gleichen. Die — Leucopsidae umfassten das einzige (neue) Genus Leucopsis. | Die Syconidae theilte ich in drei Subfamilien ein: Syconinae (mit freien Distal- _ kegeln) ; Grantinae (mit Rinde und verzweigten Kammern) und Uteinae (mit Rinde und unverzweigten Kammern). Innerhalb der Syconinae unterschied ich sieben --Genera nach dem Princip Hazcker’s und benutzte für diese die sieben Syconen- _ gattungsnamen des genannten Autors. Die Grantinae umfassten die Genera Hetero- E pegma, Anamixilla und Grantia im Sinne POLEJAEFF’'S. Zu den Uteinae rechnete ich die Genera Ute und Amphoriscus im Sinne POLEJAEFF’S und das neue, durch zer- streule Büschel abstehender Rhabde ausgezeichnete Genus Grantessa. ec z£ «fi ze 1 Pr ’ ist a . 414 R. v. Lendenfeld,' Die Sylleibidae theilte ich in zwei Subfamilien: Vosmaerinae mit der einzigen Gattung Vosmaeria (mit einem Netz enger Ausfuhrkanäle zwischen den Kammern und dem Oscularrohr) und Polejnae mit der einzigen Gattung Polejna (mit weiten einfachen Ausfuhrkanälen, welche als un- oder wenig verzweigte Divertikel des Oscularrohres erscheinen). Das Genus Vosmaeria umfasste einen Theil der Leucetta- Arten POLEJAEFF’sS, und das Genus Polejna einen Theil der Leucilla-Arten PoLEJAEFF's. Die Leuconidae theilte ich in die sieben HaArcker’schen Gattungen. In der Familia Teichonidae unterschied ich die zwei Genera Teichonella und Eilhardia im Sinne PoLEJArrr's. (Ordo Homocoela Lendenfeld 4885 = Ordo Homocoela; Ordo Heterocoela Lendenfeld 4885 = Ordo Heterocoela; Familia Asconidae Lendenfeld 1885 = Familia Asconidae; Familia Homodermidae Lendenfeld 4885 = Familia Homodermidae; Familia Leucopsidae 1885 = Familia Leucopsidae; Familia Syco- nidae Lendenfeld 4885 = Familia Syconidae partim ; Familia Sylleibidae Lendenfeld 1885 = Familia Sylleibidae; Familia Leuconidae Lendenfeld 41885 = Familia Leuco- nidae partim; Familia Teichonidae Lendenfeld 4885 — Familia Syconidae partim —- Familia Leuconidae partim ; Subfamilia Grantinae Lendenfeld 4885 —= Subfamilia Uteinae partim; Subfamilia Üteinae Lendenfeld 1885 = Subfamilia Uteinae partim —- Subfamilia Amphoriscinae; Subfamilia Syconinae Lendenfeld 4885 — Subfamilia Syconinae; Subfamilia Vosmaerinae Lendenield 1885 — Familia Sylleibidae partim; Subfamilia Polejnae Lendenfeld 1885 = Familia Sylleibidae partim; Ascetta Lenden- feld 1885 — Ascetta partim; Ascilla Lendenfeld 1885 = Ascetta partim; Ascyssa Lendenfeld 4885 = Ascyssa; Ascaltis Lendenfeld 1885 — Ascetta partim; Ascortis Lendenfeld 41885 = Ascandra partim; Asculmis Lendenfeld 1885 = Ascandra par- tim; Ascandra Lendenfeld 1885 = Ascandra partim; Homoderma Lendenfeld 4885 = Homoderma ; Leucopsis Lendenfeld 4885 = Leucopsis; Sycetta Lendenfeld 4885 — Sycetia partim; Sycilla Lendenfeld 41885 = imaginär. Sycyssa Lendenfeld 4885. —= Sycyssa; Sycaltis Lendenfeld 1885 — Sycetta partim ; Sycortis Lendenfeld 1885 = Sycandra partim; Syculmis Lendenfeld 1885 = imaginär. Sycandra Lendenfeld 1885 — Sycandra parlim; Grantia Lendenfeld 1885 = Grantia; Ute Lendenfeld 1885 — Ute; Amphoriscus Lendenfeld 41885 = Amphoriscus partim; Grantessa Lendenfeld 1885 = Grantessa; Heteropegma Lendenfeld 4885 = Amphoriscus par- tim; Anamixilla Lendenfeld 4885 = Amphoriscus partim; Vosmaeria Lendenfeld 1885 = Polejna partim + Vosmaeria; Polejna Lendenfeld 1885 = Polejna partim; Leucetta Lendenfeld 41885 —= Leucetta partim; Leucilla Lendenfeld 1885 = Leu- cetta partim; Leucyssa Lendenfeld 1885 — Leucyssa; Leucaltis Lendenfeld 4885 = Leucetta partim ; Leucortis Lendenfeld 1885 = Leucandra partim ; Leuculmis Len- denfeld 1885 = Leucandra partim; Leucandra Lendenfeld 1885 = Leucandra par- tim; Teichonella Lendenfeld 1885 = Grantia partim; Eilhardia Lendenfeld 4885 = Leucandra partim.) 1886 beschrieb CARTER (1886, p. 34, 126; 1886a, p. 92) eine große Zahl neuer Kalkschwämme als Clathrina (Gray), Aphroceras (Gray), Leucaltis (Haeckel), Sycan- dra (Haeckel), Grantia (Fleming), Sycothamnus (Haeckel) , Teichonella (Carter), Heteropia (nov. gen.), Hypograntia (nov. gen.), Leuconia (Grant) und Lelapia (Gray). Da Abbildungen fehlen und die Beschreibungen mangelhaft und theilweise unverständlich sind, so lässt sich bei vielen von diesen Gattungen nicht mit Be- stimmtheit sagen, was CArtrr damit eigentlich gemeint hat. Die hier angegebenen Bedeutungen dieser Gattungsnamen müssen daher mehr oder weniger zweifelhaft bleiben. (Clathrina Carter 1886 — Ascetta + Leucopsis; Aphroceras Carter 1886 — Ascandra partiim + Ute + Ebnerella + Leucandra partim; Leucaltis Carter Die Spongien der Adria. I. 2. 415 'e 4886 — Leucandra; Sycandra Carter 4886 = Sycandra partim: Grantia Carter 4886 — Sycandra partim; Sycothamnus Carter 1886 — Sycandra partim; Teicho- Ei nella Carter 4886 = Grantia; Heteropia Carter 1886 = Grantia + Amphoriscus + — Ebnerella; Hypograntia Carter 1886 = Grantessa + Amphoriscus; Leuconia Car- | e ter 1886 — Leucetta + Leucandra; Lelapia Carter 1886 — Leucandra.) 41887 beschrieb Esner (4887a, p. 981) einen neuen Kalkschwamm als Ampho- riscus Bucecichii, der sich durch den Besitz von Rhabden vor den meisten anderen _ Amphoriscen auszeichnet. Diesen habe ich mit Syculmis synapta (Haeckel) zu dem neuen Genus Ebnerella vereint. (Amphoriscus Ebner 1887 = Ebnerella partim.) 1887 acceptirte VOsMAER (1887, p. 252, 369) die beiden Spongien-Hauptgrup- pen Grayv’s, welche er unter den Namen Porifera calcarea und Porifera non calcarea als Klassen aufführte. Er adoptirte das Kalkschwammsystem PoLEJAEFF’S (1883) mit der einzigen Änderung, dass er statt Leuconia den Namen Leucandra setzte. (Classis Porifera Calcarea Vosmaer 4887 = Classis Calcarea; Leucandra Vosmaer 4887 — Leucetta partim + Leucandra 4 Leucyssa; alle übrigen Namen wie bei 4883 POLEJAEFF, siehe dort.) 4887 drückte F. E. ScauLze (4887, p. 25) die Meinung aus, dass die Spongien in drei äquivalente Gruppen: Calcarea, Triaxonia und Tetraxonia zu theilen seien, (Calcarea F. E. Schulze 1887 — Classis Calcarea.) 1888 beschrieb ich (1888, p. 1) einige australische Kalkschwämme und be- nutzte dabei die von mir 14885 aufgestellte Eintheilung. (Die Bedeutung der in dieser Arbeit verwendeten Namen siehe unter 14885 LENDENFELD.) 1888 sprach sich SorLas (1888, p. XCVIII) für die Eintheilung der Spongien in zwei Gruppen im Sinne Gray’s aus. Er glaubte, dass die Kragenzellen der Kalk- schwämme stets viel größer seien als jene aller übrigen Spongien, und schlug dess- halb für die ersteren den Namen Megamistictora, für die letzteren den Namen Micromastictora vor. Diese Namen sind nicht gerechtfertigt und von anderen Autoren auch nicht benutzt worden. (Megamastictora Sollas = Classis Calcarea.) 1889 theilte auch ich (1889, p. 890—892) die Spongien in zwei Klassen, be- hielt für dieselben aber die alten (1867) Bezeichnungen Gray’s, Calcarea und Sili- cea, bei. Im Übrigen reproducirte ich mein Kalkschwammsystem von 1885. (Clas- sis Calcarea Lendenfeld 4885 = Classis Calcarea. Die übrigen Namen wie bei 1885 LENDENFELD, siehe dort.) 4889 proponirte HAEcKEL (1889, p. 87) ein neues Spongiensystem, Auch er unterscheidet zwei Klassen. Dieselben sind jedoch ganz anderer Art als die beiden Klassen GrAY’s und der anderen Autoren. HAECKEL nennt seine Klassen Proto- spongiae und Metaspongiae. Die Protospongiae sind Spongien mit einfacher, röhrenförmiger Gastralhöhle, während bei den Metaspongiae Kanäle und Geißel- kammern zu unterscheiden sind. In der Klasse Protospongiae finden die Asconidae (mit Kalkskelett) und die Ammoconidae (mit einem aus Fremdkörpern aufgebauten Skelett) Platz. In der Klasse Metaspongiae bringt HAEckEL die Syconidae, Leuco- nidae, Teichonidae und Pharetronidae (mit Kalkskelett) und alle mit Geißelkam- mern 'ausgestatteten Spongien unter, welche nicht Kalkschwämme sind. (Classis Protospongiae Haeckel 1889 — Familia Asconidae + Familia Homodermidae par- ® - tim + Classis Silicea partim ; Classis Metaspongiae Haeckel 1889 = Familia Homo- dermidae partim + Familia Leucopsidae — Ordo Heterocoela + Classis Silicea E; partim; Familia Asconidae Haeckel 4889 = Familia Asconidae + Subfamilia Homo- _ derretinae; Familia Syconidae Haeckel 1889 = Familia Syconidae partim; Familia Leuconidae Haeckel 1889 = Familia Leuconidae partim + Familia Sylleibidae; 416 R. v. Lendenfeld, Familia Teichonidae Haeckel 41889 = Familia Syconidae partim +4 Familia Leuco- nidae partim.) 1889 veröffentlichte ich (4889 a, p. 416) die Ergebnisse meiner physiologischen Experimente an Spongien, worunter drei Kalkschwämme, Ascetta, Ascandra und Sycandra. (Ascetta Lendenfeld 4889 = Ascetta partim; Ascandra Lendenfeld 4889 —= Homandra partim; Sycandra Lendenfeld 1889 —= Sycandra partim.) 4890 publicirte Hanıtsca (4890, p. 195) eine Liste der Spongien der Nord- küste von Wales und benachbarter Gebiete, in welcher auch die in den beiden früheren Reports über die Spongien des»L.M.B.C. Distriet« angeführten Schwamm- arten aufgenommen sind. Hanıtsch führt folgende Gattungen auf: Ascetta, Ascal- tis, Ascortis, Leucaltis, Leucandra, Sycortis, Sycandra und Aphroceras. (Aphro- ceras Hanitsch 4889 = Ebnerella partim. Alle übrigen Namen sind im Sinne HAEckEL’s verstanden; siehe Betreffs der Bedeutung derselben bei 4872 HAECKEL.) 1890 veröffentlichte ich (4890, p. 364—370) ein System der Spongien, in wel- chem mein Kalkschwammsystem von 1885 mit dem Unterschiede reprodueirt ist, dass ich die Subfamilien Grantinae und Uteinae zu einer Subfamilia, Uteinae, ver- einte. (Subfamilia Uteinae Lendenfeld 1890 = Subfamilia Uteinae + Subfamilia Amphoriscinae. Alle übrigen Namen haben dieselbe Bedeutung wie 1835. Siehe bei 1885 LENDENFELD.) Im analytischen Theile der vorliegenden Arbeit endlich sind die beiden Ordnungen Homocoela und Heterocoela in meinem Sinne von 1885 beibehalten worden. Die Homocoela werden in dieselben drei Familien, Asconidae, Homodermidae und Leucopsidae getheilt, welche ich 1885 in dieser Ordnung unterschied. Die Heterocoela theile ich jetzt in drei Familien (nicht in vier, wie früher), indem ich die Familia Teichonidae auflöse und ihre Mitglieder unter die Syconidae und Leuco- nidae vertheile.. Die Familie Sylleibidae wird unverändert beibe- halten. Innerhalb der Asconidae werden statt sieben bloß drei Genera unterschieden, weil ich dem Unterschied zwischen den Triaetinen und Tetractinen jetzt keinen generellen Werth mehr beimesse. Ascetta, Aseilla und Ascaltis vereinige ich zu Ascetta (mit Triactinen oder Tetrac- tinen, oder Triactinen und Tetractinen); Ascortis, Asculmis und Ascan- dra vereinige ich zu Ascandra (mit Rhabden und Triactinen, Rhabden und Tetractinen, oder Rhabden, Triactinen und Tetractinen) und Aseyssa bleibt unverändert. | Die Familie Homodermidae theile ich jetzt in die beiden Subfami- lien Homoderretinae (mit seichtwabiger Gastralfläche und glatter äußerer Oberfläche) und Homoderminae (mit radialtubenähnlichen Divertikeln des Gastralraumes, welche außen frei vorragen). Die erstere zerfällt in zwei neue Gattungen: Hometta (mit Triactinen oder Tetractinen, oder beiden) und Homandra (mit Rhabden und Triactinen, oder Rhab- den und Tetractinen, oder allen drei Nadelformen). Die letztere ent- Die Spongien der Adria. I. 2. 417 - hält die einzige Gattung Homoderma (Lenpenren 1885), welche ich _ unverändert beibehalte. Mit der Familie Leucopsidae ist keine Änderung vorgenommen Bi worden. Leucopsis bleibt die einzige Gattung derselben. Die Familie Syconidae theile ich jetzt in vier (nicht, wie früher, in 4 zwei) Subfamilien, indem ich die Syconinae unverändert beibehalte, die Uteinae aber in zwei Subfamilien: Uteinae (mit gegliedertem Tubar- skelett) und Amphoriscina@ (mit ungegliedertem Tubarskelett) theile, und noch die neue Subfamilie Sycanthinae, für Syconidae mit gruppen- weise vereint ins Oscularrohr einmündenden Kammern hinzufüge. Die F Sycanthinae umfassen die einzige Gattung Sycantha. Innerhalb der Syeoninae unterschied ich früher, dem Gattungseintheilungsprineip 7 Harcxkı’s gemäß, sieben Genera. Da ich jetzt dem Unterschied zwi- schen den triactinen und tetraktinen Nadeln keinen generellen Werth - mehr beimesse, und überdies alle Arten der Gattungen Sycilla, Syeyssa - und Syculmis im Sinne Harorzr’s zur Subfamilie Amphoriscinae gehö- ren, so redueirt sich die Zahl der Syconinae-Gattungen auf zwei: Sycetta und Sycaltis vereinige ich zu Sycetta (mit Triactinen oder Tetractinen, oder Triactinen und Tetractinen), und Sycortis und Sycandra vereinige _ ich zu Sycandra (mit Rhabden und Triactinen, oder Rhabden und - Tetractinen, oder Rhabden, Triactinen und Tetractinen). In den Uteinae verbleiben die Gattungen Grantia, Grantessa und Ute. Mit Grantia wird ein Theil der Familie Teichonidae, nämlich die Gattung Teichonella - vereint. Die Genera Grantessa und Ute bleiben unverändert. Die _ Amphoriseinae umfassen drei Gattungen: Amphoriscus, Ebnerella und Syeyssa. Amphoriscus, Heteropegma und Anamixilla sind so ähnlich, dass ich diese Genera jetzt zu einer Gattung, Amphoriscus, zusammen- - ziehe (mit Triactinen oder Tetractinen, oder Triactinen und Tetracti- nen). Für Amphoriscus Buceichii Ebner 1887, Syculmis synapta 4 Haeckel 1872 und eine neue Art errichte ich das neue Genus Ebnerella 4 (mit Rhabden und Triactinen, oder Rhabden und Tetractinen, oder Rhabden, Triactinen und Tetractinen). Syeyssa behalte ich im Sinne - Harcrer’s 1872 unverändert bei. Die Eintheilung der Familie Sylleibidae in zwei Subfamilien gebe - ich jetzt auf, behalte aber die beiden früheren Sylleibiden-Genera - Polejna und Vosmaeria — mit veränderter Diagnose — bei. Zu Polejna stelle ich jetzt alle jene Sylleibiden, welche Triactine oder Tetractine, - oder Triactine und Tetractine besitzen (alle zu den Sylleibiden gehöri- 3 gen Arten der Porzsarrr'schen [1883] Genera Leucetta und Leueilla und eine neue Art). Zu Vosmaeria stelle ich jene Sylleibiden, welche Triae- br 15% N = e tine und Rhabde, Tetractine und Rhabde, oder Triactine, Tetractine 418 R. v. Lendenfeld, 2 und Rhabde besitzen (Vosmaeria gracilis Lendenfeld 1885 und die neue Art Vosmaeria corticata). Die Zahl der Leuconiden-Genera verringert sich unzmeh eben so wie die der Asconiden-Gattungen von sieben auf drei, weil ich jetzt dem Unterschied zwischen den Triactinen und Tetractinen keinen generellen Werth mehr beimesse. Überdies vereinige ich auch einen Theil der Teichonidae, die Gattung Eilhardia Polejaeff 1883, mit Leu- candra. Ich ziehe also Leucetta, Leueilla und Leucealtis zu Leucetta (mit Triactinen oder Tetractinen, oder Triactinen und Tetractinen) zusam- men; vereinige Leucortis, Leuculmis, Leucandra und Eilhardia zu Leu- candra (mit Triactinen und Rhabden, Tetractinen und Rhabden, oder Triactinen, Tetractinen und Rhabden), und behalte Leucyssa (mit Rhab- den) unverändert bei. Überblicken wir den ganzen Thierstamm' der Spongien, suchend nach scharfen Grenzen zwischen größeren Gruppen, so werden wir zwei Organsysteme: das Kanalsystem und das Skelett, in Betracht zu ziehen haben. So mannigfach die Formen des Kanalsystems der Spon- gien auch sind, so werden doch alle durch zahllose Übergänge derart verbunden, dass eine wirklich scharfe Grenze hier nirgends gezogen werden kann. Anders verhält es sich mit dem Skelett. In Bezug auf dieses lassen sich fünf Gruppen unterscheiden: Skelettlos: Schwämme, Kalkschwämme, Kieselschwämme, Hornschwämme und endlich Schwämme mit einem aus Fremdkörpern bestehenden Skelett. Skelettlose Schwämme giebt es nur wenige, und diese sind durch Übergänge theils mit Horn-, theils mit Kieselschwämmen derart ver- bunden, dass dieselben als nahe Verwandte dieser Horn- und Kiesel- schwämme angesehen werden müssen. Wegen des hohen Differen- zirungsgrades des Kanalsystems dieser skelettlosen Formen können sie nicht als die Vorfahren der Horn- und Kieselschwämme betrachtet, ' sondern müssen als Abkömmlinge derselben mit rückgebildetem Ske- lett aufgefasst werden. In ähnlicher Weise enthüllen sich die Spongien mit Fremdkörperskelett als Abkömmlinge von Horn- und Kiesel- schwämmen. Alle neueren Autoren sind darüber einig, dass die Hornschwämme von Kieselschwämmen abgeleitet werden müssen. So erweisen sich denn alle diese Spongien als Angehörige einer einzi- gen Gruppe, welche von Kieselschwämmen abstammte; das ist meine Spongienklasse Silicea. Allen diesen Spongien schroff gegenüber, und 1 Dass die Spongien als ein eigener Thierstamm innerhalb der Cölenteraten aufzufassen sind, glaube ich mit hinlänglicher Sicherheit in meiner Monograph of the Horny Sponges, p. 880 ff., bewiesen zu haben. Die Spongien der Adria. I. 2. 419 urch eine ganz und gar unüberbrückte Kluft von ihnen getrennt, stehen die Spongien mit Kalkskelett, das ist meine Spongienklasse Calcarea. Ob die Pharetronen ein Kalk-Hornskelett besessen haben 4 oder nicht, wird sich wohl kaum mit Sicherheit entscheiden lassen, 4 aber gewiss ist, dass es unter den recenten Spongien — in Bezug auf den Bau des Skelettes — absolut keine Übergänge zwischen den Calca- # rea und Silicea giebt, während — in Bezug auf das Skelett — alle 7 möglichen Übergänge innerhalb dieser beiden Gruppen vorkommen. - Ich glaube aus diesen Gründen die neue Eintheilung der Spongien von Hazcrer 1889 verwerfen und meine frühere Eintheilung im Einklang — mit Gray, Vosmaer und Scauze (pars) aufrecht halten zu sollen. | : Wir theilen demnach den Spongienstamm in zwei Klassen, von denen eine, die Calcarea, alle Kalkschwämme und bloß die Kalk- 7 schwämme umfasst. Innerhalb der Klasse Calcarea giebt es überhaupt keine schärfer _ abgesetzte Gruppen. Sowohl in Bezug auf das Skelett, wie in Bezug - auf das Kanalsystem finden sich allenthalben Übergänge. Alle Gruppen, welche aufgestellt werden können, sind bloß durch mehr oder weniger - graduelle Unterschiede getrennt. E Genöthigt mit solchen uns zu begnügen, werden wir den wichtig- sten von ihnen, den Differenzirungsgrad des Kanalsystems, zur Unter- > scheidung der Hauptgruppen — Ordnungen — verwenden. Die Formen " mit einfacherem Kanalsystem, ohne Geißelkammern von determinirter - Gestalt, werden in der ersten Ordnung, Homocoela, untergebracht, - während jene, bei welchen Plattenzellen-bekleidete Ausfuhrkanäle und - Kragenzellen-bekleidete Kammern von determinirter Gestalt vorkom- - men, der zweiten Ordnung, Heterocoela, zugetheilt werden. Graphisch - dargestellt erscheint das phylogenetische Verhältnis dieser beiden Ord- nungen zu einander wie folgt: Heterocoela Homocoela. i Die einfachsten Formen der Homocoela haben einen kontinuirlichen Gastralraum und eine glatte Gastralfläche. Alle Homocoela, welche diese beiden Eigenschaften besitzen, vereinige ich zu einer Familie, - Asconidae, welche zugleich die gemeinsamen Stammeltern aller Kalk- schwämme in sich fasst. Die Betrachtung der höheren, nicht zu den Asconidae gehörigen - Homocoela zeigt deutlich, dass von den Asconidae zwei divergirende - Entwicklungsreihen ausgehen, welche beide zu einer Komplikation und höheren Differenzirung des Kanalsystems führen. Bei den einen bleibt 420 R, v. Lendenfeld, der Gastralraum kontinuirlich, es nimmt aber die Gastralfläche einen wabigen Charakter an, der sich dann weiter ausbildet. Diese Spongien finden in der Familia Homodermidae Platz. Bei den anderen wird der Gastralraum in unregelmäßige Kammern zertheilt, die Gastralfläche aber bleibt glatt. Diese Spongien sind in der Familie Leucopsidae unterzubringen. Die Ordnung Homocoela zerfällt demnach in die drei Familien Asconidae, Homodermidae und Leucopsidae, deren phylogene- tisches Verhältnis ein derartiges ist, dass die beiden letzteren in diver- girenden Richtungen aus der ersten hervorgehen. Eine Anzahl Heterocoela hat kleinere, rundliche oder kurzovale Geißelkammern, während bei allen übrigen die Geißelkammern größer und langgestreckt sackförmig sind. Die ersteren bilden eine wohl ab- gegrenzte Gruppe, die Familia Leuconidae. Bei den letzteren stehen die Kammern entweder radial und münden in das einfache Oscu- larrohr — jede für sich, oder gruppenweise vereint ein —, oder sie münden in abführende Kanäle, welche ihre Verbindung mit dem Oscularrohr herstellen. Danach lassen sich zwei Gruppen — Familien — von Kalkschwämmen mit langgestreckt sackförmigen Kammern unterscheiden: das ausführende System besteht aus einem einfachen Oseularrohr: Familia Syconidae; das ausführende System besteht aus einem Oscularrohr und mehr oder weniger verzweigten Kanälen: Familia Sylleibidae. Die Ordnung Heterocoela zerfällt demnach in drei Familien: Syconidae, Sylleibidae und Leuconidae. Die Syconidae sind offenbar von den Homodermidae abzuleiten. Die Sylleibidae betrachte ich als Abkömmlinge der Syconidae und die Leuconidae als Abkömm- linge der Leucopsidae. Die phyletischen Beziehungen der Kalk- schwammfamilien lassen sich demnach folgendermaßen graphisch dar- stellen: Sylleibidae Syconidae Leuconidae Homodermidae Leucopsidae Asconidae Innerhalb der Familien Homodermidae, Syconidae und Leuconidae werden beträchtliche Unterschiede im Bau des Kanalsystems und der Anordnung der Nadeln angetroffen, Unterschiede, welche die Aufstel- lung mehrerer Subfamilien vortheilhaft erscheinen lassen. Bei einigen Homodermidae ist die Gastralfläche seichtwabig und die äußere Oberfläche glatt, bei anderen sind die Einsenkungen der Gastralfläche sehr tief, den Radialtuben der Syconinae ähnlich und Die Spongien der Adria. 1. 2. 421 ragen wie diese nach außen frei vor, so dass an der äußeren Ober- "fläche die Distalkegel getrennt neben einander stehen. Die ersteren - werden in der Subfamilie Homoderretinae, die letzteren in der Sub- familie Homoderminae untergebracht. Es wird wohl anzunehmen sein, = dass aus den Homoderretinae die Homoderminae hervorgegangen sind, während die Homoderretinae direkt von den Asconidae abstammen. 4 Bei einigen Syconidae sind die Distalkegel der Kammern getrennt und ragen außen frei vor, bei anderen ist dies nicht der Fall, indem - die Kammern von einer mehr oder weniger deutlichen, glatten Dermal- — membran überdeckt sind. Unter den ersteren finden sich Formen, bei _ denen die Kammern gruppenweise vereint ins Oscularrohr münden: - Subfamilia Sycanthinae; und andere, bei denen die Kammern getrennt, = jede für sich, ins Oscularrohr münden: Subfamilia Syconinae. Unter - den letzteren haben einige ein gegliedertes Tubarskelett: Subfamilia - Uteinae, andere ein ungegliedertes Tubarskelett: Subfamilia Amphoris- - einae. Die Syconinae sind offenbar von den Homoderminae abzuleiten. Die Sycanthinae betrachte ich als Abkömmlinge der Syconinae, und zwar als diejenigen Formen, welche den Übergang von den Syconiden zu den Sylleibiden vermitteln. Nach einer anderen Richtung hin sich - entwickelnd sind auch die Uteinae aus den Syconinae hervorgegangen. - Die Amphoriscinae dagegen liegen abseits und scheinen mit den übri- _ gen Syconidae in keiner direkten Verbindung zu stehen, zeigen aber manche bedeutsame Ähnlichkeit mit den Homoderretinae, so dass ich geneigt, bin dieselben als Abkömmlinge der letztgenannten Subfamilie in Anspruch zu nehmen. | | ‘Obwohl ich, wie gesagt, der Ansicht bin, dass die Leuconidae in - Subfamilien zerlegt werden sollten, so wage ich es doch nicht auf Grund unserer spärlichen Kenntnis des Baues der Angehörigen dieser Familie = eine solche Eintheilung hier vorzuschlagen. “ Die Verwandtschaftsverhältnisse der Familien und Subfamilien der © Kalkschwämme lassen sich folgendermaßen graphisch darstellen: Sylleibidae Uteinae Sycanthinae \ “ a Syconinae Ed 4 Amphoriscinae Homoderminae Leuconidae F Homoderretinae Leucopsidae ie Asconidae 422 R. v. Lendenfeld, So sind wir denn zu einer Eintheilung der Kalkschwämme in zehn Gruppen gelangt, wobei wir in erster Linie Unterschiede im Bau des Kanalsystems und dann auch Unterschiede in der Anordnung der Nadeln als Anhaltspunkte zur Erkennung der Verwandtschaftsverhältnisse verwendet haben. Die Leucopsidae, Homoderminae und Sycanthinae umfassen vor- läufig nur je eine Gattung, Leucopsis, Homoderma und Sycantha. . Die Uteinae werden nach der verschiedenen Anordnung der der- malen Rhabde in drei Gattungen zerlegt: Grantia (mit radialen Rhab- denkronen auf jeder Kammer oder gleichmäßig über die Oberfläche vertheilten radialen Rhabden), Grantessa (mit zerstreuten Büscheln frei aufragender Rhabde an der äußeren Oberfläche) und Ute (mit einem, aus tangentialen Rhabden zusammengesetzten Hautpanzer). Die Unterscheidung der Gattungen in den sechs übrigen Gruppen beruht auf den Unterschieden in der Form der Nadeln. Es ist oben mehrfach darauf hingewiesen worden, dass ich dem Unterschied zwi- schen Triactinen und Tetractinen keinen generellen Werth beimesse, wohl aber halte ich den Unterschied zwischen diesen Nadeln und den Rhabden für hinreichend, um denselben zur Trennung von Gattungen zu verwenden. Nach diesem Princip könnten also in jeder Gruppe drei Gattungen unterschieden werden. Einige von diesen möglichen Gat- tungen, besonders viele von jenen mit ausschließlich rhabden Nadeln, sind jedoch nicht in der Natur vertreten, gewissermaßen imaginär. Dies ergiebt sich aus der folgenden tabellarischen Übersicht, in wel- cher auch die vier anderen Gruppen aufgeführt sind. Mit Rhabden anal Mit Triacti Triactinen oder oder Tetractinon |Rhabden und Te- Ausschließlich mit = a men | tractinen oder Rhabden oder beiden | allen drei Nadel- formen | Asconidae Ascetta Ascandra Ascyssa Homoderretinae Hometta Homandra = Homoderminae — Homoderma = Leucopsidae Leucopsis — == Sycanthinae — Sycantha — Syconinae Sycetta Sycandra = Uteinae — Grantia, Gran- = tessa, Ute Amphoriscinae || Amphoriscus Ebnerella Sycyssa Sylleibidae Polejna Vosmaeria — Leuconidae Leucetta Leucandra Leucyssa Es ergeben sich somit 21 Genera von Kalkschwämmen, und ich Die Spongien der Adria. 1. 2. 423 - möchte darauf aufmerksam machen, dass Hacker vor 49 Jahren eben- falls 21 Gattungen, welche, abgesehen von Ascyssa, Leucyssa und # _ Syeyssa, freilich ganz verschieden von den obigen waren, unterschied. Die Verwandtschaftsverhältnisse dieser Gattungen lassen sich gra- - phisch etwa folgendermaßen darstellen. 5: Vosmaeria & Ute Grantessa Polejna £ Grantia Sycantha Sycandra Sycyssa Leucyssa Sycetta Ebnerella Leucandra Homoderma Homandra Amphoriscus Ascyssa Leucetta Hometta Ascandra Leucopsis ER WEBE — ra Ascetta Auf Grund der Ergebnisse unserer phyletischen Betrachtungen ließen sich zwei alternative Kalkschwammsysteme entwerfen. Ent- weder ist bloß die Verzweigungsart des Stammbaumes zu berücksich- tigen, oder es sind auch die verschiedenen Grade der Differenzirung in Betracht zu ziehen. Ich thue das Letztere aus dem Grunde, weil unsere Kenntnis der Verzweigungsart des Stammbaumes doch immer nur eine sehr hypothetische ist. Gleichwohl will ich aber, ehe ich das System aufstelle, welches ich gegenwärtig als das richtigste ansehe, ein Projekt eines, ausschießlich auf die Verzweigungsart des Stammbaumes ge- gründeten Systems einschalten. Ein solches System hätte etwa folgen- dermaßen zu lauten: Classis Calcarea. 4. Ordo Ascones. Mit kontinuirlichem, durchaus mit Kragenzellen bekleidetem Gastralraum und glatter Gastralfläche. 1. Familia Asconidae, Genera Ascetta, Ascandra und Ascyssa. 2. Ordo Amphoriscinae. Mit kontinuirlichem Gastralraum. Gastral- fläche wabig oder divertikelbildend. Das Stützskelett der Leibes- wand besteht aus den Radialstrahlen der dermalen oder gastra- len Nadeln, oder beider. Ohne gegliedertes Tubarskelett. Mit glatter äußerer Oberfläche. 1. Familia Homoderretidae, Genera Hometta und Homandra. 424 R. v. Lendenfeld, 2, Familia Amphoriscidae, Genera Amphoriscus, Ebnerella und Sycyssa. 3. Ordo Sycones. Mit kontinuirlichem Gastralraum. Gastralfläche mit radialen, gestreckt sackförmigen Divertikeln, welche direkt, jeder für sich, in das Oscularrohr einmünden. Tubarskelett ge- gliedert. 1. Familia Homodermidae, Genus Homoderma. 2. Familia Syconidae, Genera Sycetta und Sycandra. 3. Familia Uteidae, Genera Grantia, Grantessa und Ute. 4. Ordo Sylleibida. Mit langgestreckt sackförmigen Geißelkam- mern, welche nicht direkt, jede für sich, in das Oscularrohr münden. 1. Familia Sycanthidae, Genus Sycantha. 2. Familia Sylleibidae, Genera Polejna und Vosmaeria. 5. Ordo Leucones. Mit unregelmäßigen, kugeligen oder ovalen Geißelkammern und verzweigten Kanälen. 1. Familia Leucopsidae, Genus Leucopsis. 2. Familia Leuconidae, Genera Leucetta, Leucandra und Leu- cyssa. Das System, welches ich für das, dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnis am besten entsprechende halte, lautet folgendermaßen: Typus Spongiae. Coelentera mit durchgehendem Kanalsystem und entodermalen Kragenzellen, deren in der Zwischenschicht liegende Organe nicht aus Zellen der Epithelien hervorgehen. Ohne Nesselzellen und bewegliche Anhänge. 1. (1) Classis Calcarea. Spongiae mit Kalkskelett. 1826, Spongiae calcariae Grant. 4875, Calcarea Carter. 1842, Spongiae subcartilagineo-calcariae 4882, Calcarea Norman. Hoge. 4886, Calcarea Carter. 4844, Galcispongiae Nardo. 4887, Porifera calcarea Vosmaer, 1862, Calceispongiae O. Schmidt. 1887, Calcarea F. E. Schulze. 1864, Calcarea Bowerbank. 1888, Calcarea Lendenfeld. 4864, Calcispongiae O. Schmidt. 1888, Megamastictora Sollas. 1866, Calcarea Bowerbank. 1889, Calcarea Lendenfeld. 1867, Porifera calcarea Gray. 41889, Protospongiae Haeckel partim. 1868, Caleispongise O. Schmidt. 1839, Metaspongiae Haeckel partim. 4870, Calcispongiae O. Schmidt. 4890, Calcarea Lendenfeld. 1874, Calcarea Bowerbank. 4890, Calcarea Hanitsch. staltet sind, - Kragenzellen ausgekleidet ist. 4883, Homocoela Polejaeff. 4885, Homocoela Lendenfeld. 1887, Homocoela Vosmaer. ae ER TEREE a ee Die Spongien der Adria. I. 2. 1. (1) Ordo Homocoela. Calcarea, deren Kragenzellen-bekleidete Höhlen unregelmäßig ge- oder bei denen die ganze Gastralfläche durchaus mit 1888, Homocoela Lendenfeld. 4889, Homocoela Lendenfeld. 425 1889, Protospongiae Haeckel partim, 41890, Homocoela Lendenfeld. 1. (A) Familia Asconidae. Homocoela mit zarter Zwischenschicht, kontinuirlichem Gastral- raum und glatter Gastralfläche!. 4 1872, Ascones Haeckel partim. 4883, Asconidae Polejaeff partim. - 4885, Asconidae Lendenfeld. - 4887, Asconidae Vosmaer partim. - 4844, Spongia Montagu partim. 4826, Spongia Grant partim. 1828, Grantia Fleming partim. - 4829, Leucalia Grant partim. - 4834, Caleispongia Blainville partim. ” 4842, Grantia Johnson partim. 4861, Leuconia Grant partim. 4862, Grantia O0. Schmidt partim. 4864, Nardoa Kölliker. 4864, Grantia OÖ. Schmidt partim. 4867, Leucosolenia Gray partim. 1867, Clathrina Gray. | 1868, Guancha Miklucho-Maklay. 2 4868, Leucosolenia O. Schmidt. 137, Ascetia Haeckel partim, | 1872, Ascilla Haeckel partim. 4872, Ascaltis Haeckel partim. 4874, Ascetta Metschnikoff. - 4786, Spongia Ellis u. Solander partim. 1864, Leucosolenia Bowerbank partim. 4866, Leucosolenia Bowerbank partim. 4874, Leucosolenia Bowerbank partim. Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LIII. Bd. 4888, Asconidae Lendenfeld. 4889, Asconidae Lendenfeld, 4889, Asconidae Haeckel. 1890, Asconidae Lendenfeld. 1. (1) Genus Ascetta. Asconidae mit triactinen oder tetractinen Nadeln oder beiden. 1876, Ascetta Keller. 1876, Ascetta O. Schmidt. 1877, Ascetta O. Schmidt. 1879, Ascetta Metschnikoff, 1882, Grantia Graeffe partim. 1882, Leucosolenia Norman parlim. 1882, Ascetta Norman. 1882, Ascaltis Norman. 1883, Leucosolenia Polejaeff partim. 1885, Ascetta Lendenfeld- 4885, Ascilla Lendenfeld. 1885, Ascaltis Lendenfeld. 1886, Clathrina Carter partim. 4887, Leucosolenia Vosmaer partim. 1888, Ascetta Lendenfeld. 1889, Ascelta Lendenfeld. 1889, Ascilla Lendenfeld. 1889, Ascaltis Lendenfeld. 1890, Ascetta Hanitsch. 1890, Ascaltis Hanitsch. 41890, Ascetta Lendenfeld. 4890, Ascilla Lendenfeld, 1890, Ascaltis Lendenfeld. 28 i Nur bei jenen Formen von Ascetta clathrus, deren Entoderm mehrschichtig ist, erscheint die Gastralfläche unregelmäßig, 426 Nee MeV Be $ ee 0 AR Re en -R. v. Lendenfeld, 2. (2) Genus Ascandra. Asconidae mit rhabden und triactinen, oder rhabden und tetrac- tinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. 2 48144, Spongia Montagu partim. 1826, Spongia Grant partim. 1829, Leucalia Grant partim. 1842, Grantia Johnson partim. 1859, Grantia Lieberkühn. 1864, Leuconia Grant partim. 1862, Grantia O. Schmidt partim. 1862, Nardoa O. Schmidt. 1864, Leucosolenia Bowerbank partim. 1865, Grantia Lieberkühn. 1866, Leucosolenia Bowerbank partim. 1867, Leucosolenia Gray partim. 1870, Leucosolenia O. Schmidt. 1872, Ascortis Haeckel. 1872, Asculmis Haeckel. 1872, Ascandra Haeckel partim. 1874, Leucosolenia Bowerbank partim. 1376, Ascandra Barrois. 1876, Ascandra Keller. 4879, Ascandra Metschnikoff. 4882, Leucosolenia Norman partim. 1882, Ascortis. Norman. 1882, Ascandra Norman. 41883, Leucosolenia Polejaeff partim. 1885, Ascortis Lendenfeld. 1885, Asculmis Lendenfeld. 1885, Ascandra Lendenfeld. 1886, Aphroceras Carter partim. 1887, Leucosolenia Vosmaer partim. 1889, Ascortis Lendenfeld. 1889, Asculmis Lendenfeld. 1889, Ascandra Lendenfeld. 4890, Ascortis Hanitsch. 1890, Ascortis Lendenfeld. 1890, Asculmis Lendenfeld. 1890, Ascandra Lendenfeld. 3. (3) Genus Ascyssa. Asconidae mit ausschließlich rhabden Nadeln. 1872, Ascyssa Haeckel. 1883, Leucosolenia Polejaeff partim. 1885, Ascyssa Lendenfeld. 1887, Leucosolenia Vosmaer partim. 1889, Asceyssa Lendenfeld. 1890, Ascyssa Lendenfeld. 2. (2) FamiliaHomodermidae. Homocoela mit kontinuirlichem Gastralraum, wabiger, oder diver- tikelbildender Gastralfläche und einführenden Kanälen. 1872, Ascenes Haeckel partim. 1883, Asconidae Polejaeff partim. 1885, Homodermidae Lendenfeld. 1887. Asconidae Vosmaer partim. 1889, Homodermidae Lendenfeld. 1889, Asconidae Haeckel partim. -4890, Homodermidae Lendenfeld. | 4 Subfamilia Homoderretinae. Homodermidae mit seichtwabiger Gastralfläche und glatter, äußerer Oberfläche, 1. (4) Genus Hometta. Homoderretinae mit triactinen oder tetractinen Nadeln oder beiden. 1872, Ascetta Haeckel partim. 1872, Ascilla Haeckel partim. 1883, Leucosolenia Polejaeft partim. 1887. Leucosolenia Vosmaer partim. Die Spongien der Adria. 1. 2. 427 2. (5) Genus Homandra. Homoderretinae mit rhabden und triactinen, oder haben und _ tetractinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. 1872, Ascandra Haeckel partim, 1883, Leucosolenia Polejaefi partim. 4882, Grantia Graeffe partim. 1887, Leucosolenia Vosmaer partim. 2 k; N Si 3 FH Er “ 2 br 3 1889a, Ascandra Lendenfeld. Il. Subfamilia Homoderminae. Homodermidae mit radialtubenähnlichen Divertikeln der Gastral- fläche, deren Distaltheile außen frei vorragen, und gegliedertem Tubar- skelett. „1. (6) Genus Homoderma. Homoderminae mit rhabden und triactinen, oder rhabden und tetractinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. 1885, Homoderma Lendenfeld. 1889, Homoderma Lendenfeld. 1890, Homoderma Lendenfeld. 3. (3) Familia Leucopsidae. Homocoela mit glatter Gastralfläche, deren Gastralraum in unregel- mäßige Kammern getheilt ist. In Folge der Verdickung der Zwischen- schicht sind die Maschen des netzförmigen Sun n zu kanalartigen Lücken verengt. 1885, Leucopsidae Lendenfeld. 1889, Leucopsidae Lendenfeld. 1890, Leucopsidae Lendenfeld. 1. (7) Genus Leucopsis. Leucopsidae mit triactinen oder tetractinen Nadeln oder beiden. 4885, Leucopsis Lendenfeld. 1889, Leucopsis Lendenfeld. - 1886, Clathrina Carter partim. 1890, Leucopsis Lendenfeld. 2. (2) Ordo Heterocoela. Calcarea mit Plattenepithel-bekleideten, ausführenden Kanälen und Geißelkammern von mehr oder weniger bestimmter Gestalt und Größe. 1883, Heterocoela Polejaeff. 4888, Heterocoela Lendenfeld. 1885, Heterocoela Lendenfeld. 1889, Heterocoela Lendenfeld. ® 51337, Heterocoela Vosmaer. 1889, Metaspongiae Haeckel partim. 4890, Heterocoela Lendenfeld. 1.(4) Familia Syconidae. Heterocoela mit radial gestellten, eylindrischen oder fingerhut- _ förmigen Geißelkammern, welche gruppenweise vereint, oder jede für Sich, direkt in das einfache, centrale Oscularrohr einmünden. 1872, Sycones Haeckel. 1883, Syconidae Polejaeff. 1878, Teichonellidae Carter. 1883, Teichonidae Polejaeff partim. 28* 428 R. v. Lendenfeld, 1885, Syconidae Lendenfeld. 41889, Syconidae Lendenfeld. 1885, Teichonidae Lendenfeld partim. 1889, Teichonidae Lendenfeld partim. 1887, Syconidae Vosmaer. 1889, Syconidae Haeckel, 1887, Teichonidae Vosmaer partim. 1889, Teichonidae Haeckel partim., 1888, Syconidae Lendenfeld. 1890, Syconidae Lendenfeld. 4890, Teichonidae Lendenfeld partim, I. Subfamilia Sycanthinae. Syeonidae mit lang röhrenförmigen, gruppenweise vereinten Kam- mern. Die Kammern jeder Gruppe stehen durch Öffnungen in ihren Wänden mit einander in Kommunikation. Jede Kammergruppe ist durch eine einzige größere Öffnung in der Gastralmembran mit dem centralen Oscularrohr in Verbindung. Die Distaltheile der einzelnen Kammern ragen frei vor. Das Stützskelett der Kammerwände besteht aus über einander folgenden, radial und centrifugal orientirten, sagit- talen Triactinen, die zu einem gegliederten Tubarskelett zusammen- treten. 1. (8) Genus Sycantha. Sycanthinae mit rhabden und triactinen, oder rhabden und tetrac- tinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. Il. Subfamilia Syconinae. Syconidae, deren Kammern direkt jede für sich in das Oscular- rohr einmünden. Die Distaltheile der Kammern ragen mehr oder weniger frei vor; ohne kontinuirliche Rinde. Das Stützskelett der Kammerwände besteht aus über einander folgenden, radial und centri- fugal orientirten, sagittalen Triactinen, welche zu einem gegliederten Tubarskelett zusammentreten. 1885, Syconinae Lendenfeld. 1889, Syconinae Lendenfeld. 1888, Syconinae Lendenfeld. 4890, Syconinae Lendenfeld. 1. (9) Genus Sycetta. | Syconinae mit triactinen oder tetractinen Nadeln oder beiden. 4872, Sycetta Haeckel partim. 1887, Sycon Vosmaer partim. 1872, Sycaltis Haeckel partim. 1889, Sycetta Lendenfeld. 1883, Sycon Polejaeff partim. 1889, Sycaltis Lendenfeld. 1885, Sycetta Lendenfeld. 1890, Sycetta Lendenfeld. 1885, Sycaltis Lendenfeld. 1890, Sycaltis Lendenfeld. 2. (10) Genus Sycandra. | | Syconinae mit rhabden und triactinen, oder rhabden und tetrae- tinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. 1780, Spongia Fabricius partim, 4844, Spongia Montagu partim. 1786, Spongia Ellis u. Solander partim. 4819, Spongia Schweigger partim. Die Spongien der Adria. 1. 2. 1824, Scyphia S. F. Gray. 1826, Spongia Grant partim. - 4826, Sycon Risso partim. - 4828, Grantia Fleming partim. 4 1 1828, Spongia Delle Chiaje partim. = 4829, Leucalia Grant partim. 4834, Calcispongia Blainville partim, 4834, Alcyonellum Blainville. 1842, Grantia Johnston partim. 4 1845, Dunstervillia Bowerbank. 1859, Sycon Lieberkühn. 1864, Leuconia Grant partim. 4862, Sycon 0. Schmidt partim. 4862, Dunstervillia O. Schmidt. - 4864, Dunstervillia Kölliker. 1864, Grantia Bowerbank partim. 1865, Sycon Lieberkühn. - 4866, Grantia Bowerbank partim. 4867, Grantia Gray. 1867, Alcyoncellum Gray. 1867, Dunstervillia Gray. 1868, Syconella O. Schmidt. 1868, Sycon O, Schmidt, 1870, Sycon OÖ, Schmidt. 1872, Sycortis Haeckel partim. 1872, Sycandra Haeckel- partim. 1874, Grantia Bowerbank partim. 1874, Sycandra Metschnikoff. 1875, Sycandra F. E. Schulze. 41875, Sycandra O. Schmidt partim. 1876, Sycortis Keller. 1876, Sycandra Keller, 1876, Sycandra O. Schmidt. 4879, Sycortis Metschnikoff. 4879, Sycandra Metschnikoff partim. 1882, Sycandra Polejaeff. 4882, Sycon Graeffe. 1882, Grantia Norman partim, 1882, Sycortis Norman. 1882, Sycandra Norman partim. 1883, Sycon Polejaeff partim. 1885, Sycortis Lendenfeld. 1885, Sycandra Lendenfeld. 1886, Sycandra Carter. 1886, Sycothamnus Carter. 1886, Grantia Carter, 1887, Sycon Vosmaer partim. 1888, Sycandra Lendenfeld, 4889, Sycortis Lendenfeld. 1889, Sycandra Lendenfeld. 4890, Sycortis Hanitsch. 41890, Sycandra Hanitsch partim. 4890, Sycandra Lendenfeld. 1890, Sycandra Lendenfeld. 429 Il. Subfamilia Uteinae. Syconidae, deren Kammern direkt, jede für sich, in das Oscular- 7 rohr einmünden. Die Distaltheile der Kammern sind durch eine kon- tinuirliche Dermalmembran mit einander verbunden. Das Stützskelett der Kammerwände besteht aus über einander folgenden, radial und | eentrifugal orientirten, sagittalen Triactinen, welche zu einem geglie- derten Tubarskelett zusammentreten. 4885, Uteinae Lendenfeld partim, 4 1885, Grantinae Lendenfeld. 4888, Uteinae Lendenfeld partim. 1889, Uteinae Lendenfeld partim. 1890, Uteinae Lendenfeld partim. 1. (11) Genus Grantia. 4 Uteinae ohne tangentiale Rhabde in der Dermalmembran; mit einer Krone radialer Rhabde auf jeder Kammer, oder einem Pelz gleich-. mäßig vertheilter, abstehender Rhabde an der Oberfläche. 4780, Spongia Fabricius partim. 1834, Galcispongia Blainville partim. 3 1826, Spongia Grant partim. 4842, Grantia Johnson partim. . en: 1828, Grantia Fleming partim, 4861, Leuconia Grant partim. 1829, Leucalia Grant partim, 1862, Ute O. Schmidt, 430 R. v. Lendenfeld, 1864, Sycon O0. Schmidt. 1882, Ute Graeffe, 4864, Grantia Bowerbank partim. 1882, Grantia Norman partim. 1866, Grantia Bowerbank partim. 1882, Sycandra Norman partim. 4867, Ute Gray partim. 4883, Grantia Polejaeff. 1867, Artynes Gray. 1883, Teichonella Polejaeff. 1870, Ute O. Schmidt. 1885, Grantia Lendenfeld. 1870, Sycinula O0. Schmidt partim. 1885, Teichonella Lendenfeld. 1872, Sycortis Haeckel partim. 1886, Teichonella Carter. 1872, Sycandra Haeckel partim. 1886, Heteropia Carter partim. 1874, Grantia Bowerbank partim. 41887, Grantia Vosmaer. 41876, Sycandra Barrois. 41889, Grantia Lendenfeld. 1878, Teichonella Carter. 1890, Sycandra Hanitsch partim. 1879, Sycandra Metschnikoff. partim. 1890, Grantia Lendenfeld. 2. (12) Genus Graniessa. Uteinae ohne tangentiale Rhabde in der Dermalmembran, mit zer- streuten Büscheln radialer, frei aufragender Rhabde an der äußeren Oberfläche. 1885, Grantessa Lendenfeld. 41888, Grantessa Lendenfeld. 1386, Hypograntia Carter partim. 1889, Grantessa Lendenfeld. 1890, Grantessa Lendenfeld. 3. (15) Genus Ute. Uteinae mit einem festen Hautpanzer, der aus mehreren Schichten tangential und longitudinal gelagerter großer Rhabde besteht. 1864, Ute O. Schmidt partim. 4882, Grantia Norman partim. 1864, Grantia Bowerbank partim. 41882, Sycandra Norman partim. 1866, Grantia Bowerbank partim. 1883, Ute Polejaeff. 1867, Ute Gray partim. 1885, Ute Lendenfeld. 41872, Sycandra Haeckel partim. 1886, Aphroceras Carter parlim. 1874, Grantia Bowerbank partim. 4887, Ute Vosmaer. 1875, Sycandra O. Schmidt partim. 1889, Ute Lendenfeld. 1879, Sycandra Metschnikoff partim. 1890, Ute Lendenfeld. IV. Subfamilia Amphoriscinae. Syconidae, deren Kammern direkt, jede für sich, in das Oscular- rohr einmünden. Die Distaltheile der Kammern sind durch eine konti- nuirliche Dermalmembran mit einander verbunden. Das Stützskelett der Kammerwände besteht nicht aus über einander folgenden, centri- fugal orientirten sagittalen Triactinen, sondern aus den Centripetal- strahlen der Dermalnadeln oder den Centrifugalstrahlen der Subgastral- nadeln oder beiden. 41885, Uteinae Lendenfeld partim. 1889, Uteinae Lendenfeld partim, 1890, Uteinae Lendenfeld partim, Die Spongien der Adria. I. 2. 431 1. (14) Genus Amphoriscus. Amphoriseinae mit triactinen oder tetractinen Nadeln oder beiden. - 4864, Ute O. Schmidt partim. 4873, Sycetta Haeckel partim. 4872, Sycilla Haeckel. 1883, Amphoriscus Polejaeff partim. - 4883, Heteropegma Polejaeff. - 4883, Anamixilla Polejaeff. a et _' % Pa DE Se 7 Er es a a a Ze ee 3 1885, Amphoriscus Lendenfeld partim. 1885, Heteropegma Lendenfeld. 1885, Anamixilla Lendenfeld. 1886, Hypograntia Carter partim. 1886, Heteropia Carter partim. 1887, Amphoriscus Vosmaer partim, 1887, Heteropegma Vosmaer. 1887, Anamixilla Vosmaer. 1889, Amphoriscus Lendenfeld partim. 1889, Heteropegma Lendenfeld. 1889, Anamixilla Lendenfeld. 1890, Amphoriscus Lendenfeld partim. 41890, Heteropegma Lendenfeld. 1890, Anamixilla Lendenfeld. 2. (15) Genus Ebnerella. Amphoriseinae mit rhabden und triactinen, oder rhabden und tetractinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. 1872, Syculmis Haeckel. 1883, Amphoriscus Polejaeff partim. 1885, Amphoriscus Lendenfeld partim. 1886, Heteropia Carter partim. 1886, Aphroceras Carter partim. 4887, Amphoriscus Vosmaer partim. 1887, Amphoriscus Ebner. 41889, Amphoriscus Lendenfeld partim. 1890, Aphroceras Hanitsch. 4890, Amphoriscus Lendenfeld partim. 3. (16) Genus Sycyssa. Amphoriscinae mit ausschließlich rhabden ‚Nadeln. 1868, Ute O. Schmidt. - 1872, Sycyssa Haeckel. 1876, Sycyssa Keller. 1885, Sycyssa Lendenfeld. 1889, Sycyssa Lendenfeld. 1890, Sycyssa Lendenfeld. 2. (56) Familia Sylleibidae. 3 Heterocoela mit langgestreckt welche nicht direkt in das Oscularrohr einmünden, sondern durch ab- > führende Kanäle mit demselben in Verbindung stehen. 4872, Leucones Haeckel partim. 4883, Leuconidae Polejaeff partim. 1885, Sylleibidae Lendenfeld. sackförmigen Geißelkammern, 1887, Leuconidae Vosmaer partim. 1889, Sylleibidae Lendenfeld. 1889, Leuconidae Haeckel partim. 1890, Sylleibidae Lendenfeld. 1. (17) Genus Polejna. Sylleibidae mit triactinen oder tetractinen Nadeln oder beiden. 4872, Leucetta Haeckel partim. 4872, Leucilla Haeckel partim. 4872, Leucaltis Haeckel partim. 1833, Leucetta Polejaeff partim. - 4883, Leucilla Polejaeff. 1885, Polejna Lendenfeld. 1885, Vosmaeria Lendenfeld partim, 1887, Leucetta Vosmaer partim. 1887, Leucilla Vosmaer. 1889, Polejna Lendenfeld, 1889, Vosmaeria Lendenfeld partim. 1890, Polejna Lendenfeld, 1890, Vosmaeria Lendenfeld partim. 432 R. v. Lendenfeld, 2. (18) Genus Vosmaeria. Sylleibidae mit rhabden und triaetinen, oder rhabden und tetrac- tinen Nadeln, oder allen, drei Nadelformen. 1885, Vosmaeria Lendenfeld partim. 1889, Vosmaeria Lendenfeld partim. 4890, Vosmaeria Lendenfeld partim. 3. (6) Familia Leuconidae. Heterocoela mit kugeligen oder eiförmigen Kammern und ver- zweigten Kanälen. 41872, Leucones Haeckel partim. 1883, Leuconidae Polejaeff partim. 1883, Teichonidae Polejaeff partim. 1885, Leuconidae Lendenfeld. 41885, Teichonidae Lendenfeld partim. 4887, Leuconidae Vosmaer partim. 1887, Teichonidae Vosmaer partim. 1888, Leuconidae Lendenfeld. 4889, Leuconidae Lendenfeld. 4889, Teichonidae Lendenfeld partim. 1889, Leuconidae Haeckel partim. 1889, Teichonidae Haeckel partim. 1890, Leuconidae Lendenfeld. _ 4890, Teichonidae Lendenfeld partim. 1. (19) Genus Leucetta. Leuconidae mit triactinen oder tetractinen Nadeln oder beiden. 1862, Grantia O0. Schmidt partim. 1864, Grantia O. Schmidt partim. 41864, Leuconia Bowerbank partiın. 1866, Leuconia Bowerbank partim. 1867, Leuconia Gray partim. 1872, Leucetta Haeckel partim. 1872, Leucilla Haeckel partim. 4872, Leucaltis Haeckel partim. 4874, Leuconia Bowerbank partim. 41876, Leucaltis Keller. 1882, Leuconia Norman partim. 1882, Leucetta Norman. 1882, Leucaltis Norman. 1883, Leucetta Polejaeff partim. 1883, Pericharax Polejaeff. 1883, Leuconia Polejaeff partim. 1885, Leucetta Lendenfeld. 1885, Leucilla Lendenfeld. 4885, Leucaltis Lendenfeld. 1886, Leuconia Carter partim. 1887, Leucandra Vosmaer partim. 1888, Leucetta Lendenfeld. 1889, Leucetta Lendenfeld. 1889, Leucilla Lendenfeld. 1889, Leucaltis Lendenfeld. 4890, Leucaltis Hanitsch. 4890, Leucetta Lendenfeld. 4890, Leucilla Lendenfeld. 1890, Leucaltis Lendenfeld. 2. (20) Genus Leucandra. Leuconidae mit rhabden und triactinen, oder rhabden und tetrac- tinen Nadeln, oder allen drei Nadelformen. 4844, Spongia Montagu partim. 1826, Spongia Grant partim. 1826,.-Sycon Risso partim. 1828, Grantia Fleming partim. 1829, Leucalia Grant partim. 1834, Galcispongia Blainville partim. 1842, Grantia Johnson partim, 1858, Aphroceras Gray. 1864, Leuconia Grant partim. 1862, Sycon O0. Schmidt partim. 1864, Leuconia Bowerbank partim. 1864, Leucogypsia Bowerbank. 1866, Leuconia Bowerbank partim. 1866, Leucogypsia Bowerbank. 1867, Leuconia Gray partim. 1867, Leucogypsia Gray. | 1867, Lelapia Gray. 1867, Aphroceras Gray, 4868, Sycinula O0. Schmidt. - 4870, Sycinula O0. Schmidt partim, 4870, Leuconia 0. Schmidt. 1872, Leucortis Haeckel. 41872, Leuculmis Haeckel. - 4872, Leucandra Haeckel. 4874, Leuconia Bowerbank partim. 1874, Leucogypsia Bowerbank. 4876, Leucandra Keller. 4879, Leucandra Metschnikoff, 1880, Leucandra Vosmaer. 1882, Leuconia Norman partim, 1882, Leucogypsia Norman. 1882, Leucandra Norman. 1883, Leuconia Polejaeff partim. 1883, Eilhardia Polejaeff. 1884, Leucandra Vosmaer. 1885, Leucortis Lendenfeld. Die Spongien der Adria. I. 2. 1885, Leuclumis Lendenfeld. 1885, Leucandra Lendenfeld. ' 4885, Eilhardia Lendenfeld. 4886, Leucaltis Carter, 1886, Leuconia Garter partim. 1886, Aphroceras Carter partim, 1886, Lelapia Carter, 1887, Leucandra Vosmaer partim. 1887, Eilhardia Vosmaer. | 4888, Leucortis Lendenfeld. 1888, Leucandra Lendenfeld. 4889, Leucortis Lendenfeld. 1889, Leuculmis Lendenfeld. 4889, Leucandra Lendenfeld. 1889, Eilbardia Lendenfeld, 4890, Leucandra Hanitsch. 1890, Leucortis Lendenfeld. 4890, Leuculmis Lendenfeld. 41890, Leucandra Lendenfeld. 41890, Eilhardia Lendenfeld. 3. (21) Genus Leucyssa. Leuconidae mit ausschließlich rhabden Nadeln. - 4874, Trichogypsia Carter. 4872, Leucyssa Haeckel. 1882, Leucyssa Norman. 1883, Leuconia Polejaeff partim. Innsbruck, im April 1894. 1885, Leucocyssa Lendenfeld, 1887, Leucandra Vosmaer partim. 1889, Leucyssa Lendenfeld, 1890, Leucyssa Lendenfeld. Die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane von Phyliodromia (Blatta) germanica L. Von . Dr. Richard Heymons aus Berlin. (Aus dem zoologischen Institut zu Berlin.) Mit Tafel XVII—XX. Einleitung. Über die Insektenembryologie ist in den letzten Jahrzehnten eine Reihe werthvoller und gründlicher Arbeiten erschienen, durch welche wir schon wichtige Aufschlüsse in Bezug auf die Keimblätterbildung und auf die. Anlage der einzelnen Organe erlangt haben. Die Entwicklungsgeschichte der Sexualorgane ist dagegen bei den Insekten bisher nur sehr wenig aufgeklärt worden, ja es liegen sogar noch die verschiedenartigsten und sich widersprechendsten Angaben auf diesem Gebiete vor. Aus diesem Grunde konnte es wohl als eine wünschenswerthe und nothwendige Aufgabe erscheinen, von Neuem die erste Ent- stehung und weitere Ausbildung der Sexualdrüsen bei einem Insekte in möglichst genauer Weise festzustellen. Als Untersuchungsobjekt wurde hierfür Phyllodromia germanicaL. gewählt, einmal weil wegen der ungünstigen Jahreszeit — es wurde die Untersuchung während des Winters begonnen — anderes Material nicht gut zu beschaffen war, besonders aber aus dem Grunde, weil die Blattiden als zu den einfachsten Insektenformen gehörig, die ursprüng- lichsten Verhältnisse in Bau und Entwicklung zeigen müssen. Von den Forschern, welche bisher ihr Interesse der Entwicklungs- geschichte von Phyllodromia germanica zuwandten, haben einzelne, wie RATHkE (55), PATTen (54) u. A. über die Entstehung des Genital- systems keine Angaben gemacht, während die übrigen dies nur in unzu- reichender Weise gethan haben. Dieser Umstand lässt sich wohl durch Beh. TR PR ER EER Day R Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 435 die mannigfachen Schwierigkeiten erklären, welche gerade das Stu- _ dium der Sexualorgane bei Phyllodromia mit sich bringt. Eine Dar- stellung der Entwicklungsgeschichte des gesammten Genitalsystems hat Jossrnu Nussaum für die nahe verwandte Periplaneta orientalis gegeben, sie findet sich in: The structure and life history of the cockroach (Peri- - planeta orientalis) by Miall and Denny. Leider ist diese Darstellung so - kurz und so allgemein gehalten, dass sie für die hier verfolgten Zwecke nicht weiter in Betracht kommen kann. Wurzrer (74) veröffentlichte 1889 eine Arbeit über die Embryologie von Blatta germaniea und - Doryphora decemlineata, in welcher die Sexualorgane aber auch nur _ eine äußerst geringe Berücksichtigung gefunden haben. Eine Reihe von Beobachtungen über die Entwicklungsgeschichte von Phyllodromia brachte CuoLopkovsky zur Kenntnis, und in einer neueren Mittheilung (18) macht er auch eine Angabe über die Entstehung der Geschlechts- zellen dieses Insektes. Der Vollständigkeit halber will ich noch eine Arbeit von Nussaum (51) erwähnen, welche die Entstehung der Aus- _ führungsgänge der Sexualdrüsen behandelt, und in welcher derselbe nach einer ausführlichen Schilderung der Verhältnisse bei den Pedieu- 4 linen auch einige Notizen über die Entwicklung dieser Theile beim - Männchen von Periplaneta orientalis macht. Endlich habe ich selbst - sehon einige kurze Angaben über die Entstehung der Genitalzellen sowie über die weibliche Keimdrüse in einer vorläufigen Mittheilung - über Hermaphroditismus beim Männchen von Phyllodromia germaniea 3 veröffentlicht (36). ” Das hauptsächlichste Ziel, welches bei der hier vorliegenden Arbeit ” angestrebt war, bestand einmal darin, das erste Auftreten der Ge- schlechtszellen festzustellen und sodann eine möglichst genaue Schilde- ” rung des weiteren Entwicklungsverlaufes der weiblichen Drüse zu geben. Den bisher noch offenen oder wenigstens doch strittigen Fragen nach der Bedeutung des Endfadens, sowie nach der genetischen Be- -ziehung der einzelnen Zellenelemente der Sexualdrüse habe ich dabei - meine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Entwicklung des ektodermalen Theiles des Geschlechtsapparates ist dagegen unberück- sichtigt gelassen und nur in so weit erwähnt, wie es für das Verständ- nis nothwendig war. & Schließlich will ich noch hervorheben, dass bei den geschilderten Embryonalstadien die Altersangabe fehlt. Die Angabe des Alters habe | ich mit Absicht unterlassen, weil die Bestimmung desselben an einem Insekt, welches eine so lang dauernde Embryonalentwicklung durch- macht wie Phyllodromia, nur zu leicht mit Irrthümern verknüpft sein ' kann, BET 436 ' Richard Heymons, Auch ist die Dauer der Embryonalentwicklung von der Tempera- tur abhängig, indem die Entwicklung je nach dem Wechsel derselben hald etwas rascher, bald etwas langsamer verläuft, und ferner findet man auch nicht selten, dass von den zahlreichen, in einem Kokon ein- geschlossenen Eiern im Anfang der Entwicklungsperiode einzelne etwas in der Ausbildung zurückgeblieben oder andere schon etwas weiter fortgeschritten sind, als dies bei der Mehrzahl der übrigen Eier der Fall ist. Diese ungünstigen Verhältnisse haben mich bewogen, von einer Bestimmung des Alters überhaupt abzusehen. Dagegen hielt ich es für wesentlicher, bei jugendlichen Embryonen eine Übersicht über den Entwicklungsgrad zu geben, welchen zu gleicher Zeit mit den Sexualorganen auch andere Organe des Körpers erreicht haben. Dies war um so nöthiger, als die verschiedenen Entwieklungsprocesse, welche in einem neu entstehenden Organismus sich neben einander abspielen, Anfangs sich gegenseitig sehr stark beinflussen. Bei der Betrachtung eines einzelnen Organs würden daher die Veränderungen, welche dasselbe erleidet, oft völlig unverständlich bleiben müssen, wenn der Überblick über die Gesammtheit verloren gegangen ist. Für die Förderung meiner Arbeit boten mir die reichen Hilfsmittel des Berliner, zoologischen Instituts eine wesentliche Unterstützung. Herrn Geheimrath Scuuzze spreche ich für die Überlassung derselben, wie auch ganz besonders für die lebhafte Theilnahme, die er stets meinen Untersuchungen schenkte, meinen aufrichtigen Dank aus. Auch den Herren Dr. KorscHerr und Dr. Hrıprr bin ich für ihr freundliches Interesse an meiner Arbeit zu herzlichem Danke ver- pflichtet. Untersuchungsmethoden. Die Behandlung der Eier von Phyllodromia bietet große technische Schwierigkeiten dar, die es in früherer Zeit geradezu unmöglich ge- macht haben, die Entwicklungsgeschichte dieses Insektes zu studiren. Zahlreiche Eier sind in einem festen chitinösen Kokon eingeschlossen und liegen in Fächern desselben, die durch Quersepten von einander abgetrennt sind. Versucht man es nun, einen Kokon ohne weitere Vorbereitungen zu öffnen, so fließt, falls nicht schon die Entwicklung sehr weit fortgeschritten war, eine breiig flüssige Masse aus, die aus dem zusammengelaufenen Dotter aller Eier besteht. Bei einer vor- herigen Behandlung mit Reagentien wird andererseits das Eindringen derselben wieder durch die starke Chitinwand des Kokons verhindert, so dass eine Konservirung -der Eier in demselben außerordentlich er- schwert ist. Eine Methode, um Eier in allen verschiedenen Entwick- 2 =; ‘8 Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ,L. 437 lungsstadien zu erhalten, hat Cuoronkovsky (17) angegeben. GuoLoD- kovsky empfiehlt, den Kokon nach vorhergegangener vorsichtiger - Öffnung an beiden Enden in die Prrznyr’sche-Flüssigkeit zu legen, in welcher er dann mehrere Stunden verbleiben soll. Darauf wird der Kokon in Alkohol gehärtet, und es lässt sich nun seine Wand abpräpa- riren und die Eier können isolirt werden. Nach den Angaben von CnuoLopkoysky habe ich eine ganze Reihe von Versuchen angestellt und kann bestätigen, dass die Isolirung der Eier sehr leicht gelingt. So weit es nur darauf ankommt, die äußere Gestalt und die allge- meineren Organisationsverhältnisse zu studiren, ist die beschriebene Konservirungsart stets zu empfehlen. Dagegen ist es mir aber nie ge- lungen, hiermit die feinere Struktur der Gewebe in befriedigender Weise zu erhalten. Um dieses Ziel zu erreichen, hat mir eine andere 4 Methode gute Dienste geleistet, welche ich daher bei der Untersuchung - jüngerer Embryonen fast ausschließlich angewendet habe. Es wurde zunächst der dem Weibchen soeben entnommene Kokon an dem Ende vorsichtig angeschnitten, welches: vorher im Körper des Weibchens verborgen war, da an dieser Stelle die Wand des Kokons am weichsten und nachgiebigsten ist. Nach erfolgter Öffnung habe ich den Kokon sofortin heißes Wasser von etwa 90 Grad Celsius gebracht, um ihn nach zwei Minuten in Chromosmiumessigsäure zu legen. In dieser Flüssigkeit wurde der Kokon nun vollständig geöffnet, und es ließen sich jetzt die - Embryonen verhältnismäßig leicht herauspräpariren. Nach kurzem Verweilen in der Chromosmiumessigsäure wurden die Embryonen in Wasser ausgewaschen und mit Alkohol allmählich gehärtet. Die eben beschriebene Konservirungsmethode gab aber kein be- 7 friedigendes Resultat mehr, sobald die Entwicklung der Embryonen weiter fortgeschritten war, und sich an ihrer Oberfläche schon eine feste Chitinhaut ausgebildet hatte. In diesem Falle ermöglichte es BE jedoch die starke Chitinbekleidung, dass die Embryonen noch lebend, in unversehrtem Zustande, aus dem Kokon herauspräparirt werden _ konnten. Die Embryonen mussten sodann einzeln konservirt werden, nachdem zuvor im Thoraxtheil ihres Körpers die für Reagentien un- ‚ durchlässige Chitinwand zerstört worden war. Als das einzig zuver- Fi lässige Konservirungsmittel erwies sich hier Pikrinschwefelsäure, die bei einer Temperatur von etwa 50 Grad Celsius angewendet wurde. Zum Auswaschen derselben wurde 630/,iger Alkohol benutzt. Auch diese Konservirungsmethode war nur für ein bestimmtes Entwick- lungsstadium, nur für ältere. Embryonen und für ganz junge Larven I brauchbar. Zum Konserviren älterer Larven eignete sich Sublimat oder Chromosmiumessigsäure am besten, doch war es auch hier unumgäng- 438 Richard Heymons, lich nöthig, den Flüssigkeiten durch Öffnen des Chitinpanzers einen möglichst ungehinderten Zutritt zu verschaffen. Zur Färbung wendete ich fast ausschließlich Boraxkarmin an, das nachher durch 63 %/,igen Alkohol mit einem Zusatz von Salzsäure ausgewaschen wurde. Das Einbetten geschah in Paraffın, und zwar bewährte sich solehes von möglichst hohem Schmelzpunkt (ca. 55° Celsius) am besten. Große Schwierigkeiten machte es, vollständige Schnittserien durch junge Embryonen zu erlangen. Sehr häufig zersplitterte nämlich beim Schneiden der durch die Konservirung außerordentlich spröde gewor- dene Dotter und zerstörte hierbei den ganzen Schnitt. Um diesen Übelstand zu verhüten, hat mir eine Methode wesentliche Dienste ge- leistet, die ich der Freundlichkeit des Herrn Dr. Karı Hrıper verdanke, und welche derselbe auch in seiner Arbeit über die Embryonalent- wicklung des Hydrophilus (32) erwähnt hat. Diese Methode besteht darin, dass aus Mastixkollodium, Alkohol absolut. und Äther eine farb- lose Flüssigkeit hergestellt wird, mit welcher jedes Mal vor dem Ab- nehmen eines Schnittes das im Paraffinblock befindliche Objekt vor- sichtig überstrichen wird. Während nun der Äther sich sogleich verflüchtigt, bleibt ein dünnes Häutchen von Kollodium auf dem Paraf- finblock zurück, das beim Durchziehen des Messers den Schnitt zu- sammenhält und das Ausspringen des Dotters verhütet. Die Geschlechtsorgane des ausgebildeten Insektes. Bevor ich die Entstehung der Geschlechtsdrüsen darstelle, will ich zunächst eine kurze Übersicht über den Bau der Fortpflanzungsorgane beim fertigen Insekt geben, weil es für das Verständnis der Entwick- lungsgeschichte der Genitalien von wesentlichem Vortheil sein wird, wenn die Organisation derselben im ausgebildeten Zustande bereits bekannt ist. Die weiblichen Fortpflanzungsorgane bestehen aus zwei längs- ovalen Ovarien. Dieselben liegen im Abdominaltheil des Körpers rechts und links vom Darmkanale und sind von dem Fettkörpergewebe ein- gehüllt. Sie erstrecken sich vom dritten bis zum fünften Abdominal- segment und nehmen dabei, je nach dem Reifegrad, den die in ihnen befindlichen Eier erreicht haben, bald einen größeren, bald einen ge- ringeren Umfang an. Ein jedes Ovarium setzt sich aus zahlreichen Eiröhren zusammen. Die Zahl derselben soll nach Wurzer (74) 16—24 betragen. Auch ich kann bestätigen, dass die Anzahl der Eiröhren keine fest bestimmte ist. Am häufigsten findet man 20—23 Eiröhren innerhalb eines Ovariums, doch nicht selten auch nur 16 oder 17, während ich in einem Falle sogar 29 auffinden konnte. An jeder Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L,. 439 i Eiröhre von Phyllodromia lassen sich, wie wohl bei den meisten Insek- ten, drei Abschnitte unterscheiden. Am weitesten nach hinten liegt _ ein kurzer ausführender Theil, in welchem sich nur vorübergehend Eier befinden. Auf diesen Abschnitt hat zuerst Leynıe (44) aufmerksam E gemacht, ich werde ihn als Eiröhrenstiel bezeichnen (Baısıanvs [3] pedicule de la gaine ovarique). : Auf den Eiröhrenstiel folgt weiter nach vorn der bei Weitem umfangreichste Abschnitt, die Eiröhre im engeren Sinne. In dieser liegen die einzelnen Eier perlschnurförmig hinter einander aufgereiht, und zwar in der Weise, dass das reifste und größte Ei im hinteren Theile der Eiröhre, dem Eiröhrenstiele zunächst, sich vorfindet, während nach vorn zu immer kleinere und unentwickeltere Eier auf einander folgen. Der dritte und vorderste Abschnitt wird als Endkammer bezeichnet, er ist der kürzeste Theil der Eiröhre, und in ihm befinden sich nur ganz unentwickelte Fortpflanzungszellen, welche keine bestimmte Anordnung in einer Reihe hinter einander erkennen lassen. An der Spitze der Endkammer geht die Eiröhre in einen feinen fadenförmigen Fortsatz, den sogenannten Endfaden über. Die Endfäden der einzelnen Eiröhren eines Ovariums konvergiren nach vorn und ver- einigen sich, um dann einen gemeinsamen Endfaden zu bilden, welcher eine Strecke weit durch die Fettkörpermasse hin sich verfolgen lässt. Sämmtliche Eiröhren eines Ovariums werden von einer gemeinsamen Hülle, der Tunica peritonealis, umschlossen, welche auch um jede ein- zelne Eiröhre eine allerdings nicht fest anliegende Hülle bildet. Die Tunica peritonealis stellt eine netzförmig durchbrochene Haut dar, in der sich zahlreiche helle und ziemlich große, runde oder ovale Kerne > befinden. Diese liegen in einer körnigen Protoplasmaschicht einge- bettet, in welcher man Zellgrenzen nicht deutlich erkennen kann. An der äußeren Oberfläche der Peritonealhaut findet sich eine feine zarte Grenzschicht, an die sich die einzelnen Fettkörperlappen anheften, und an welche aus dem Fettkörper noch zahlreiche größere und kleinere Tracheenästchen herantreten, von denen die ganze Peritonealhaut in Form eines dichten Netzwerkes rings umsponnen wird. Der feinere Bau der Eiröhre ist bei den Insekten schon so oft beschrieben worden, dass ich mich hier ganz kurz fassen kann. Die äußerste Schicht der - Eiröhre wird von einer dünnen, strukturlosen Tunica propria gebildet. Dieselbe ist eine cuticulare Ausscheidung und verdankt ihre Entstehung den Epithelzellen. Die letzteren liegen innerhalb der Tunica propria und umgeben rings die Eizellen, zu deren Ernährung und Ausbildung sie wesentlich beitragen. Auch der Endfaden ist außen von einer röhrenförmigen strukturlosen Tunica propria begrenzt. In seinem 440 Richard Heymons, Inneren liegen in einer Plasmamasse zahlreiche rundliche oder lang- gestreckte Kerne eingebettet. Die ausführende Partie des Geschlechtsapparates wird im proxi- malen Theil bereits durch die einzelnen Eiröhrenstiele repräsentirt. Die Stiele der Eiröhren eines Ovariums konvergiren und münden in den vordersten, erweiterten, auch als »Kelch« bezeichneten Theil des Oviductes ein. Die beiden Oviducte verlaufen nach hinten und unten, dabei nähern sie sich mehr und mehr der Medianlinie des Körpers, bis sie sich schließlich mit einander vereinigen und einen unpaaren End- abschnitt bilden. Dieser letztere lässt sich noch eine Strecke weit nach hinten verfolgen und mündet dann an der Dorsalseite einer tiefen und weiten Tasche ein, die an der Hinterleibsspitze der geschlechtsreifen weiblichen Schabe liegt und zum Aufnehmen des Kokons bestimmt ist. A. Das erste Auftreten der Geschlechtsdrüsen bis zum Eintritt der geschlechtlichen Differenzirung. I. Die Bildung der Genitalzellen. Ein junger Keimstreif von Phyllodromia stellt bald nach vollende- ter Gastrulation ein schmales zelliges Band dar, das einer umfang- reichen ovalen und seitlich komprimirten Dottermasse aufliegt. Der Keimstreifen bildet in diesem Stadium noch eine völlig gerade Linie und besitzt nur an dem Abschnitt, welcher dem späteren Kopftheil entspricht, zwei starke seitliche Erweiterungen, die beiden Scheitel- lappen. Eine kurze Strecke hinter denselben bemerkt man in der Medianlinie eine seichte Vertiefung, welche der Anlage des Stomodaeums entspricht (s. Fig. 2, welche einen Schnitt durch einen nur wenig älte- ren Keimstreifen darstellt). An dem jungen Keimstreifen lassen sich erst zwei verschiedene Zellenlagen erkennen. Eine Schicht von hoheh und schmalen Zellen liegt an der dem Dotter abgewendeten ventralen Seite und geht vorn und hinten ohne scharfe Grenze in die Amnionhaut über. Diese Schicht hat man als Ektoderm zu bezeichnen. Zwischen dem Ektoderm und dem Dotter liegt ein zweites Zellenlager, aus wel- chem Entoderm und Mesoderm hervorgehen. Dieses zweite Zellenlager hat von Kowaevsky (41) die Bezeichnung »unteres Blatt« erhalten. Viele Autoren haben demselben einfach den Namen »Mesoderm« gegeben, während von anderer Seite der Ausdruck »Entomesoderm« vorgeschlagen ist. GraBER (24) hat die betreffende Schicht »Hypoblast« oder »Entoblast« genannt und begründet neuer- dings (25) die nicht unberechtigte Bezeichnung »Ptychoblast «. In den folgenden Ausführungen werde ich mich speciell nur mit E Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 441 i dem Theil der in Rede stehenden Zellenschicht zu beschäftigen haben, welcher den Genitalzellen und den Ursegmenten den Ursprung giebt. Dieser Theil ist sicher rein mesodermaler Natur, und ich werde dess- halb in der Folge dieses zweite Zellenlager einfach als »Mesoderm« bezeichnen'!. 5 Das Mesoderm liegt als eine überall einfache Zellenschicht dem Ektoderm dicht an. Ektoderm und Mesoderm lassen sich leicht von einander unterscheiden. Das Ektoderm setzt sich aus dicht an einan- der gedrängten cylindrischen Zellen zusammen, welche senkrecht zur Oberfläche des Keimstreifens gestellt sind. Das Mesoderm besteht aus nur locker an einander gefügten Zellen von unregelmäßig rundlicher Gestalt. Während das Ektoderm an seiner Oberfläche sowohl gegen die Am- nionhöhle wie auch gegen das Mesoderm hin, einen glatten Kontour zeigt, ist dies bei der letzteren Zellenschicht nicht der Fall, sondern die ein- zelnen Kuppen der Mesodermzellen ragen bald etwas mehr, bald etwas weniger weit in die weiche Dottermasse hinein. Auch sind die Meso- dermzellen nicht alle von derselben Größe. Gerade die unregelmäßige Oberfläche, welche die Mesodermschicht besitzt, wird zum Theil da- durch bedingt, dass einzelne der Zellen derselben einen größeren Um- fang erreicht haben. Die vergrößerten Zellen müssen sich nämlich etwas weiter über das Niveau des Mesoderms emporheben, weil sie zu - einer stärkeren Ausdehnung nach den Seiten hin keinen Platz finden können (Fig. 1). ; Besonders in der hinteren Partie des Keimstreifens fallen einige “ derartige größere Zellen auf, und man bemerkt auch, dass einzelne F von ihnen sich sogar ein wenig von der Ektodermschicht fort und über 4 die benachbarten kleineren Mesodermzellen hinaus nach dem Dotter } ‚hin vorgeschoben haben (Fig. I gz). Es macht den Eindruck, als suche eine solche Zelle sich völlig über die Mesodermschicht hinaus zu er- heben, um Raum für eine noch weiter gehende Vergrößerung zu finden. Auch sieht man zuweilen eine umfangreichere Mesodermzelle, welche, a um sich Platz zu schaffen, eine benachbarte kleinere Zelle seitlich i 1 Wenn ich hier den Namen Mesoderm anwende, so zweifle ich damit natürlich | nicht daran, dass auch bei Phyllodromia aus diesem zweiten, unter dem Ektoderm befindlichen Zellenlager das Darmdrüsenblatt hervorgeht. Von dem von CHoLop- Kovskv (46) beschriebenen Bildungsmodus des Entoderms habe ich mich allerdings nicht überzeugen können, sondern ich möchte eher glauben, dass das erste Auf- treten desselben am Vorder- und Hinterende des Keimstreifens zu suchen sein wird, von welchen Stellen aus, ähnlich wie dies schon für andere Insekten beschrieben wurde, das Entoderm nach der Mitte des Körpers hinwächst, Zeitschrift f, wissensch, Zoologie, LIIL Bd, 39 442 Richard Heymons, emporgedrückt hat (Fig. 1 gz,). Doch hat es auch hier den Anschein, als strebe die vergrößerte Zelle dem Dotter zu, denn sie nimmt meist eine längliche Form an und überragt ebenfalls schon die Oberfläche der Mesodermschicht. In der Struktur gleichen die wenigen vergrößer- ten Zellen den übrigen Mesodermzellen noch vollkommen, höchstens zeigt sich der Kern bei den ersteren ein wenig schwächer gefärbt, sonst ist es hier nur das Zellplasma, welches eine Zunahme er- fahren hat. Bei einem etwas älteren Keimstreif tritt ein Fortschritt in der Ent- wicklung schon äußerlich sogleich hervor, indem der Keimstreif nicht mehr in Form einer geraden Linie verläuft, sondern, allerdings nur schwach ausgeprägte, wellenförmige Krümmungen aufweist(Fig.2). Diese Krümmungen sind das erste deutlich hervortretende Anzeichen der be- ginnenden Segmentirung. Die Mesodermschicht hat jetzt auch eine etwas größere Längsausdehnung gewonnen. Wie schon erwähnt, geht das Ekto- derm am vorderen und hinteren Ende des Keimstreifens vermittels einer Umbiegung ohne deutliche Grenze in die Amnionhaut über. Das Mesoderm - folgt jetzt am Hinterende des Keimstreifens dem Ektoderm. Es erstreckt sich über die hintere Umbiegungsstelle desselben hinaus und geht gleichfalls auf die ventrale Seite über. Der Keimstreif erscheint dess- halb jetzt anı seinem hintersten Ende nach der Ventralseite hin umge- bogen (Fig. 2). Bei einer genaueren Betrachtung der Mesodermschicht eines solchen Keimstreifens fällt es sogleich auf, dass sich in der hinteren Partie desselben einzelne Zellen vorfinden, die oberhalb des Mesoderm- lagers zwischen diesem und der Dottermasse liegen (Fig. 2 gz). Diese Zellen sind sowohl durch ihren Umfang wie auch durch ihr Aussehen von den Zellen innerhalb der Mesodermschicht unterschieden. Die letzteren besitzen zum weitaus größten Theil einen unregelmäßig rundlichen Kern, der sich sehr stark färbt und ein oder zwei dunklere Kernkörperchen in seinem Inneren erkennen lässt. Das Zellplasma ist an diesen Zellen nur als eine dünne schwächer gefärbte Schicht im Umkreis des Kernes sichtbar. Bei den einzelnen oberhalb des Meso- derms liegenden umfangreicheren Zellen ist es besonders das Zellplasma, das eine Zunahme erfahren hat und jetzt als ein breiter, fast ganz farb- loser Hof den Zellkern umgiebt. Auch der letztere unterscheidet sich von den Kernen der gewöhnlichen Mesodermzellen. Er ist schwächer gefärbt als diese, ist rund und lässt das Chromatingerüst, sowie einen kleinen dunklen Nucleolus sehr deutlich hervortreten. Die einzelnen größeren, zwischen dem Dotter und der Mesodermschicht befindlichen Zellen sind, wie sich zeigen wird, in späterer Zeit dazu bestimmt, in die Genitalanlagen eingeschlossen zu werden und die Fortpflanzungs- Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L, 443 produkte für den Organismus zu liefern, ich werde sie desshalb von nun an als Genitalzellen bezeichnen. Ä Es kann keinem Zweifel unterworfen sein, dass die Genitalzellen, welche jetzt zwischen der Mesodermschicht und der Dottermasse liegen, identisch mit den vergrößerten Zellen sind, welche in einem etwas früheren Entwicklungsstadium sich über die Oberfläche des Mesoderms erhoben hatten. Wir sahen oben, dass die sich vergrößernden Meso- dermzellen die Neigung zeigten, sich von dem Ektoderm fortzubewegen und über die Mesodermschicht hinaus nach dem Dotter sich vorzu- schieben. Dieses Ziel ist jetzt erreicht worden. Die Berührung der sich vergrößernden Zellen mit der Ektodermschicht hat aufgehört und die - Zellen sind an die Oberfläche des Mesoderms gewandert. Auch ein & anderer Umstand spricht dafür, dass die der Oberfläche des Mesoderms 2 aufliegenden Genitalzellen aus der Mesodermschicht herstammen und nicht etwa, wie man vielleicht vermuthen könnte, aus Dotterzellen - hervorgegangen sind und sich dem Mesoderm apponirt haben. Man _ bemerkt nämlich, dass eine Genitalzelle jedes Mal zwischen den Kuppen zweier neben einander liegender Mesodermzellen ihren Platz hat. Dieses Verhalten würde sich kaum so regelmäßig finden, wenn vom Dotter her die Genitalzelle an die Oberfläche des Mesoderms ge- langt wäre, denn in einem solchen Falle hätte sich die Genitalzelle ja - doch eben so gut der Kuppe einer Mesodermzelle au flagern können. Dagegen lässt sich die hier beobachtete Lage der Genitalzellen sehr | ungezwungen erklären, wenn man annimmt, dass eine sich vergrößernde - Zelle aus der Mesodermschicht emporgerückt ist. Sobald dann die be- nachbarten Mesodermzellen sich an einander fügen, um den durch das - Emporrücken der Genitalzelle frei gewordenen Raum auszufüllen, so muss die Genitalzelle ihren Platz zwischen den Spitzen dieser Meso- dermzellen einnehmen. ; Die Zahl der Genitalzellen ist anfänglich noch sehr gering. An ö einem Keimstreifen, welcher als Andeutung der Segmentirung erst wenig hervortretende Krümmungen zeigte, konnte ich an einer lücken- losen Serie von Längsschnitten nur neun auffinden. Doch ist hier- mit die definitive Zahl der Genitalzellen noch bei Weitem nicht er- reicht worden. Man sieht auch wieder einzelne Mesodermzellen, die sich vergrößert haben und über das Niveau der Mesodermschicht sich emporheben. Unter diesen Zellen trifft man auch Übergangsformen an, „welche in der Mitte stehen zwischen den kleineren Mesodermzellen mit ihren dunklen Kernen und den größeren Genitalzellen mit dem farb- losen Zellplasma und helleren Kernen. Bei weiter entwickelten Keimstreifen hat daher die Zahl der 29* Ai 444 Richard Heymons, Genitalzellen eine Zunahme erfahren. Bei solchen Keimstreifen zeigt sich dann auch die Segmentirung schon deutlicher ausgeprägt. Hinter dem viel tiefer gewordenen Stomodäum sind kleine paarige Aus- bauchungen entstanden, die die erste Anlage der Mundextremitäten darstellen. Auf diese kleinen Ausbauchungen folgen drei Paar etwas stärkere seitliche Vorwölbungen, welche den späteren Thoraxextremi- täten entsprechen. Den hinter der Anlage der Thoraxextremitäten folgenden Abschnitt können wir nun als Abdominaltheil bezeichnen. Innerhalb dieses Theiles zeigen sich die Extremitätenanlagen nur als ganz schwach hervortretende Krümmungen, welche noch keinen sicheren Anhalt zum Unterscheiden der einzelnen Segmente geben. In diesem Stadium hatte sich die Zahl der Genitalzellen schon auf 20 vermehrt. Wie früher haben die Genitalzellen ihre Lage zwischen dem Dotter und der Mesodermschicht, und zwar stets zwischen den Spitzen der Mesodermzellen ; sie finden sich im ganzen Abdominaltheil zerstreut vor, nur selten liegen zwei von ihnen dicht bei einander. Es verdient vielleicht auch hervorgehoben zu werden, dass sich stets bei Keim- streifen in diesem Entwicklungsstadium einige Genitalzellen am Hinter- ende des Abdominaltheiles nachweisen ließen, und zwar gerade an der Stelle, an welcher sich der Keimstreif nach der Ventralseite hin um- schlägt. Mit der allmählichen Ausbildung des Keimstreifens vergrößert sich nach und nach die Zahl der Genitalzellen. Die Vermehrung dieser Zel- len findet aber ausschließlich noch dadurch statt, dass sich einzelne Mesodermzellen in Genitalzellen umwandeln. Niemals kommt es zu einer Theilung der bereits ausgebildeten Genitalzellen. Diese letzteren haben inzwischen ein Aussehen angenommen, welches es ermöglicht, sie sehr leicht von den übrigen Mesodermzellen zu unterscheiden, Die einzelne Genitalzelle erreicht einen Umfang von 1% u, und damit oft die doppelte Größe mancher Mesodermzellen. Die Gestalt der Zellen ist sehr verschieden, bald kugelrund, bald polygonal oder längsoval. Das Zellplasma färbt sich nur sehr wenig und scheint im Inneren körnchen- reicher, als unmittelbar an der Oberfläche zu sein. Der Kern ist etwa 9 u groß, hat stets eine kugelige Gestalt und ist von einem starken, außerordentlich deutlich hervortretenden Chromatingerüst durchsetzt. | Im Centrum liegt ein großer und sehr stark sich färbender glänzender Nucleolus, in dessen nächster Nähe sich kein Chromatin vorfindet. Das Kernkörperchen erscheint desshalb von einem farblosen Hof umgeben, der an seiner Peripherie sich mit zackigen Fortsätzen in die Chroma- tinschicht des Kernes hineinerstreckt. Gerade diese Anordnung des Chromatins innerhalb des Kernes ist für die Genitalzellen außerordent- Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 445 _ lich charakteristisch und bildet ein wesentliches Unterscheidungsmerk- mal der Genitalzellen von den übrigen Körperzellen. Da die beschrie- bene Kernstruktur bei allen Genitalzellen in gleicher Weise deutlich hervortritt, so ist es vollkommen ausgeschlossen, dass etwa Theilungen der Genitalzellen hätten übersehen werden können. Die Veränderungen, welche der Keimstreif bei seiner Weiterent- wieklung durchmacht, bestehen darin, dass kurz vor seiner hinteren Umbiegungsstelle zuerst eine kleine nach der Ventralseite gerichtete Ausbauchung entsteht. Diese bildet sich in kurzer Zeit zu einer stär- keren Vorwölbung aus, deren Konvexität nach der Ventralseite hin in die Amnionhöhle hinein sieht, während ihre Konkavität dorsalwärts nach dem Dotter gerichtet ist. Bald darauf beschreibt die Vorwölbung eine Umdrehung nach dem Kopfende hin, so dass nach Vollziehung der- selben die konvexe Seite derselben dem Kopfende zugewendet ist und - in die Amnionhöhle hineinragt, während ihre konkave Seite nach hin- ten gerichtet ist. Auf diese Weise hat die hinterste Partie des Keim- streifens sich um einen Winkel von 90° geneigt und nimmt jetzt eine Lage ein, welche senkrecht zu dem vorderen viel längeren Abschnitt des Abdominaltheiles steht (Fig. 3). Aus der hinteren umgebogenen - Partie"des’Keimstreifens gehen die letzten Abdominalsegmente hervor. An dem hintersten Ende der Mesodermschicht, welches schon vorher nach der Ventralseite umgeschlagen war, tritt nunmehr eine starke Zellvermehrung ein. Durch den hier stattfindenden Vermehrungspro- cess entsteht bald eine Ansammlung von Zellen, welche in die Kon- kavität der Vorwölbung hineinragt und an ihrer Oberfläche einzelne Genitalzellen trägt (Fig. 3 922). Wie schon CuoLopkovsky (17) beschrieben hat, fällt die Umdrehung des hintersten Theiles des Keimstreifens in eine Zeit, in welcher das erste Bauchfußpaar entsteht. Gerade wie im Thoraxtheil des Keim- streifens drei Paar seitliche Vorwölbungen entstanden sind, welche den späteren drei Beinpaaren entsprechen, so bildet sich jetzt auch vorn im Abdomen jederseits eine kleine Ausbauchung, die Anlage der ersten Abdominalextremität. Der hinter diesen zwei Ausbauchungen folgende Theil des Abdomens lässt Anfangs noch keine deutlichen Extremitäten- anlagen erkennen. Doch sind die schon früher erwähnten wellenförmi- gen Krümmungen durch stärker markirte Vertiefungen von einander abgesetzt, und es wird hierdurch eine Segmentirung, namentlich im vorderen Theil des Abdomens schon deutlich sichtbar. Richtet man jetzt die Aufmerksamkeit auf die Vertheilung der Genitalzellen im Abdominaltheil des Körpers, so sieht man, dass im _ ersten Abdominalsegment sich keine Genitalzellen vorfinden, sondern 446 Richard Heymons, dass die vordersten erst auf der Grenze zwischen dem ersten und dem zweiten Abdominalsegment liegen. Auch in der auf das erste Segment weiter nach hinten folgenden Abdominalpartie bemerkt man, dass die Genitalzellen nicht innerhalb eines Segmentes sich befinden, sondern dass sie vorzugsweise ihre Lage an der Grenze zweier benachbarter Segmente haben. Diese intersegmentale Anordnung der Geschlechts- zellen tritt allerdings nicht sehr deutlich hervor, und zwar schon dess- halb nicht, weil die Segmente sich noch nicht sehr scharf von einander absetzen und die Zahl der Genitalzellen noch eine geringe ist. Gleich- wohl ist aber die Thatsache nicht zu verkennen, dass die Genitalzellen sich fast stets unterhalb einer Vertiefung befinden, welche zwei auf einander folgende Segmente trennt. Es ist ferner noch hervorzuheben, dass die Mittellinie des Keimstreifens frei von Genitalzellen ist. Sehr wesentliche Veränderungen gehen im Abdominaltheil vor sich, wenn in ihm die Extremitätenanlagen sich entwickeln, denn mit dem Auftreten der Extremitäten geht zugleich die Entstehung der Ur- segmente Hand in Hand. Wie schon erwähnt, zeigt sich die erste Anlage eines Extremi- tätenpaares darin, dass in einem Segmente rechts und links von der Medianlinie sich je eine kleine Vorwölbung des Keimstreifens bildet. Beide Vorwölbungen ragen in die Amnionhöhle hinein und werden - außen vom Ektoderm gebildet. Das Mesoderm betheiligt sich aber auch an der Extremitätenanlage, indem es der Ektodermschicht folgt und in einer kontinuirlichen Lage die Höhlung der sich allmählich immer tiefer ausbauchenden Vorwölbung auskleidet. Hierdurch ent- steht allmählich rechts und links in einem Segmente ein kleines Meso- dermsäckchen, welches in einer Ausstülpung des Ektoderms sich be- findet und zunächst noch nach der Dorsalseite, d. h. nach dem Dotter zu geöffnet ist (Fig. 3). Bald aber schließt sich dorsalwärts das Säck- chen, indem seine freien Ränder sich einkrümmen, gegen einander hinwachsen und mit einander verschmelzen. Hierdurch kommen im Abdominaltheil des Körpers zu den Seiten der Medianlinie befindliche, von einander isolirte, kleine Mesodermsäckchen zur Anlage, welche in entsprechenden vom Ektoderm gebildeten Vorwölbungen des Keim- streifens liegen. Die paarigen Vorwölbungen des Keimstreifens sind als die Rudimente der Abdominalextremitäten anzusehen, und die in ihnen liegenden Mesodermsäckchen stellen die Ursegmente dar. Die Wand eines jeden Ursegmentes besteht aus einer einfachen Schicht von Meso- dermzellen, welche dicht gedrängt in epithelialer Anordnung einen kleinen Hohlraum, das Cölom, umschließen. Die Entstehung der Urseg- mente geht übereinstimmend mit der Entwicklung der ‚kleinen sack- Die Entwieklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 447 - förmigen Abdominalextremitäten von vorn nach hinten vor sich. In den ersten beiden Abdominalsegmenten haben sich die ersten zwei — Paare von Mesodermsäckchen schon fertig ausgebildet, während das dritte und vierte Paar noch im Begriffe stehen sich zu schließen und in 3 der hintersten Partie des Abdomens sich noch gar keine Vorwölbungen angelegt haben (Fig. 3). | R Bei der Bildung der Ursegmente wird die ganze Mesodermschicht aufgebraucht. Ausgeschlossen hiervon bleiben im Abdominaltheile nur vereinzelte Mesodermzellen, die in der Medianlinie des Keimstreifens liegen bleiben (Fig. 5 und 6 m), sowie die vorhin erwähnte Anhäufung von Zellen am hintersten Ende des Körpers (Fig. #4). Der ganze übrige Theil des Mesoderms, welches früher in einer einfachen Schicht dem Ektoderm angelagert war, zerfällt jetzt in einzelne selbständige Theile und stellt die epitheliale Auskleidung der einzelnen Abschnitte der echten Leibeshöhle dar. Es wird nun von Interesse sein, zu untersuchen, welchen Einfluss der Zerfall der Mesodermschicht in die einzelnen Ursegmente auf die Genitalzellen ausgeübt hat. Wie wir sahen, besaßen früher die dem - Mesoderm aufliegenden Genitalzellen eine intersegmentale Anordnung. Da aber die Gölomsäcke nur innerhalb der Segmente entstehen, so ist es leicht erklärlich, dass die Genitalzellen bei der Einstülpung der Mesodermschicht nicht mit in die Tiefe des Mesodermsäckchens ge- langen, sondern immer zwischen zwei Säckchen ihre Lage einnehmen müssen. Sobald sich diese nun vollständig von einander abschnüren, indem sich ihre freien Ränder einkrümmen und mit einander verwach- sen, so liegen dann die Genitalzellen zwischen den benachbarten Zellen zweier auf einander folgender Gölomsäckchen eingekeilt, oder gelangen an das Ektoderm und lagern sich letzterem auf (Fig. 3 92, 921). Bei dem Verschluss der Cölomsäckchen haben die gegen einander wachsenden freien Ränder sich etwas nach dem Dotter, d. h. nach der Dorsalseite hin vorgewölbt. Gleich nach der Fertigstellung des Urseg- mentes besitzt dasselbe daher eine kleine dorsalwärts gerichtete Kuppe (Fig. 3), welche über die trennenden Einschnitte zwischen zwei Extre- mitäten hinausragt. Dieser kleine kuppenförmig vorragende Theil dehnt sich bald ziemlich stark nach der Seite, sowie dorsalwärts (Fig. %) aus und bildet hierdurch einen besonderen Abschnitt des Ursegmentes. Ein jedes Cölomsäckchen setzt sich daher nunmehr aus zwei Theilen - zusammen, aus einem etwas engeren ventralen, der im Inneren der Extremität liegt und einem weiteren dorsalen, welcher nach dem Dotter hin vorgewölbt ist. Beide Theile gehen ohne Grenze in einander über. Der ventrale, der Extremität zugehörige Theil wird schon sehr 448 Richard Heymons, frühzeitig, und zwar ungefähr dann wieder zurückgebildet, wenn der Fettkörper sich entwickelt. Der dorsale Theil des Ursegmentes um- schließt den Abschnitt der echten Leibeshöhle, welcher dem Körper selbst angehört und bleibt noch längere Zeit hindurch bestehen. An jedem Gölomsäckchen lassen sich ferner mehrere Wände unter- scheiden, die allerdings nicht scharf von einander getrennt sind, viel- mehr allmählich in einander übergehen. So besitzt ein jedes Ursegment eine vordere und eine hintere Wand, welche der Wand des benach- barten vorhergehenden oder nachfolgenden Ursegmentes zugekehrt ist. Die in dieser Weise an einander grenzenden Wände zweier auf einan- der folgender Ursegmente werden als Dissepimente bezeichnet. Die Dissepimente sind auf Längsschnitten sehr leicht aufzufinden (Fig. % diss). Auf Querschnitten werden natürlich die vordere und die hintere Disse- pimentwand eines Ursegmentes nur von Zeit zu Zeit getroffen werden können, und auch dann ist es nur schwer zu sagen, ob man die hintere Wand eines Ursegmentes oder die vordere des darauf folgenden vor sich hat. Dagegen kann man sich über die anderen Wände am besten Aufklärung verschaffen, wenn man Querschnitte anfertigt. An einem Querschnitte durch die Mitte eines Ursegmentes bemerkt man, dass dasselbe ungefähr die Gestalt eines Dreiecks hat, dessen Basis nach dem Dotter hin gerichtet ist, während die Spitze nach der Ventral- seite hin sieht (Fig. 5). Diejenige Wand des Ursegmentes, welche der Basis des Dreiecks entspricht, ist der Dorsalseite des Keimstreifens zugewendet (Fig. 5 dw). Von den beiden anderen Seiten, welche in der Spitze des Dreiecks zusammenstoßen, liegt die eine (Fig. 5 lo) late- ralwärts und ist dort einer Ektodermschicht angelagert, welche die Anlage der Hypodermis darstellt. Die andere Seite (Fig. 5 mw) liegt medialwärts davon und befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft von den im Ektoderm zur Anlage gekommenen Primitivwülsten des Bauchmarkes. An jedem Ursegment kann man somit, abgesehen von den Dissepimenten, drei Wände unterscheiden, eine dorsale, eine late- rale und eine mediale (Fig. 5). Diese Bezeichnungen sind streng ge- nommen allerdings in so fern nicht ganz zutreffend, als die einzelnen Wände nicht vollkommen nur den betreffenden Körperseiten zugekehrt sind. Es ist vielmehr die laterale Wand der Ventral- und Lateralseite, die mediale Wand der Medial- und Ventralseite zugewendet, und die dorsale Wand nimmt namentlich in den späteren Entwicklungsstadien eine mehr und mehr mediale Lage ein. Trotzdem will ich aber der besseren Übersicht halber die einfachen Bezeichnungen, dorsale, mediale und laterale Wand anwenden. Zum leichteren Verständnis für die folgenden Ausführungen will ich auch noch vorausschicken, dass Die en der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 449 die dorsale, dem Dokter zugewendete Wand des Ursegmentes es ist, _ von der in späterer Zeit die splanchnische Mesodermschicht sich ab- - spaltet, während die laterale Wand der somatischen Mesodermschicht - den Ursprung giebt. Sobald sich im Abdominaltheil die Ursegmente vollzählig ausge- bildet haben, tritt die Segmentirung im ganzen Körper deutlich hervor (Fig. 4). Im A donien finden sich jetzt zehn Segmente, von denen ein - jedes ein Extremitätenpaar besitzt. Auf diese zehn Segmente folgt als elfter Abschnitt noch das Telson. Die sieben ersten Abdominalsegmente liegen in der geraden Verlängerung des Thorax in einer Reihe hinter einander. Zwischen dem siebenten und achten Segment ist der Keim- streif im rechten Winkel umgebogen, so dass das achte Segment senk- recht zu den vorhergehenden steht und dorsalwärts gerichtet ist. Zwi- “ schen dem achten und dem neunten Segment findet abermals eine . Umbiegung statt; es verlaufen daher die letzten Abdominalsegmente 4 wieder parallel mit den ersten und es sieht das hinterste Ende des - Abdomens nach vorn. Wenn wir nun wieder unsere Aufmerksamkeit den Genitalzellen - zuwenden, so fällt es zunächst auf, dass gleich nach der Ausbildung der Ursegmente die Zahl der Genitalzellen sehr vergrößert ist, und fast - um das Doppelte zugenommen hat. Man trifft jetzt im Abdominaltheil - des Körpers außerordentlich viele Genitalzellen an, die theils in der _ Wand der Ursegmente liegen, theils in der Leibeshöhle sich befinden. Ferner zeigt es sich noch, dass die Genitalzellen ausschließlich in dem - dorsalen, dem Körper und nicht der Extremität zugehörigen Abschnitt - des Ursegmentes vorkommen und dass sie dort den Dissepimenten an- _ gelagert sind (Fig. 4). Die jetzt in der Leibeshöhle befindlichen Ge- nitalzellen sind nun auch in den Dissepimenten entstanden. Hierauf - deutet einmal der Umstand hin, dass man noch jetzt in den Dissepi- _ menten Genitalzellen bemerkt, welche dort zwischen den Mesoderm- 4 zellen liegen, die die epitheliale Auskleidung der Leibeshöhle bilden. - Ferner spricht noch hierfür, dass man in den Dissepimenten nicht sel- E ten Mittelformen zwischen Mesodermzellen und Genitalzellen antrifft. Man findet dort nämlich Zellen, die statt der eylindrischen Gestalt, _ welche die Epithelzellen der Leibeshöhle besitzen, eine rundliche Form angenommen haben. Auch die Kerne dieser Zellen sind nicht so stark gefärbt als die Kerne der Mesodermzellen und lassen das Chromatin- - gerüst deutlicher hervortreten. Von den ausgebildeten Genitalzellen unterscheiden sich derartige Zellen noch durch ihre geringere Größe — und den dunkleren Kern (Fig. 4 92). Wir haben hier Übergangsformen von Epithelzellen der Leibeshöhle zu Genitalzellen vor uns. 450 Richard Heymons, Gerade wieinden früheren Entwicklungsstadien sich einzelne Mesodermzellen in Genitalzellen umbildeten, so vollzieht sich auch nach der Bildung der Gölomsäcke dieser Umbildungsprocess noch weiter, indem auch jetzt noch Mesodermzellen, welche nunmehr in Form einer Epithelschicht einen Abschnitt der Leibeshöhle um- schließen, sich in Genitalzellen umwandeln. Schon vor der Bildung der Cölomsäcke fiel es auf, dass die Geni- talzellen vorwiegend an den intersegmentalen Einschnitten ihre Lage hatten und daher auch an der Grenze zweier Segmente entstanden sein mussten. Auch jetzt sehen wir wieder, dass die Genitalzellen intersegmental entstehen, indem sie aus den Epithelzellen der Dissepi- mente hervorgehen, welche zwei benachbarte Ursegmente von einan- _ der trennen. Gerade wie früher beobachtet man auch jetzt, dass eine Lageveränderung der fertigen Genitalzellen eintritt. Eine neu entstan- dene Genitalzelle schob sich damals sogleich über das Niveau der Mesodermschicht hinaus und befand sich dann zwischen dem Dotter und der Mesodermschicht. Auch jetzt suchen die Genitalzellen, welche in den Dissepimentwänden der Ursegmente entstanden sind, die Ur- segmentwände alsbald zu verlassen. Dies ist auch schon um desswillen nöthig, weil die Genitalzellen bei ihrer ziemlich bedeutenden Größe zwischen den dicht gedrängten Epithelzellen der Leibeshöhle gar keinen genügenden Platz finden könnten. Während früher die Genital- zellen, welche die Mesodermschicht verließen, zwischen Dotter und Mesoderm ihren Platz einnehmen mussten, so müssen jetzt die Genital- zellen bei dem entsprechenden Vorgang in die Leibeshöhle gelangen. Dies ist leicht verständlich, wenn man bedenkt, dass bei der Ein- krümmung der Mesodermschicht, welche zur Entstehung eines Urseg- mentes führte, diejenige Seite der Mesodermschicht, die vorher dem Dotter zugekehrt war, sich nun dem CGölom zugewendet hat. Bei der Betrachtung von Längsschnitten fällt es jedoch auf, dass nicht alle Genitalzellen, welche die Ursegmentwand verlassen haben, in der Leibeshöhle liegen, sondern dass auch in dem schmalen Raum zwischen den Dissepimentwänden zweier benachbarter Ursegmente sich noch Genitalzellen vorfinden (Fig. 4 gz,). Es sind dies diejenigen Genitalzellen, welche schon vor der Bildung der Ursegmente entstan- den waren und die bei der Entstehung der Gölomsäckchen nicht in Mitleidenschaft gezogen wurden, sondern ihre frühere intersegmentale Lage unverändert beibehalten haben. Eine Neubildung von Genitalzellen findet nach der Anlage der Ursegmente hauptsächlich in dem Raum vom zweiten bis zum sechsten Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ . 451 - Abdominalsegmente statt. Dort entsteht in den Dissepimenten vom Epithel der Leibeshöhle aus eine große Anzahl von Geschlechtszellen. Im ersten Abdominalsegment treten niemals Genitalzellen auf, während im siebenten Abdominalsegment sich weit weniger als in den vorher- gehenden Segmenten bilden. Auch scheint es mir, als ob im letzteren die Umbildung in Genitalzellen etwas später erfolge, als in den vorderen - Segmenten. Wenigstens konnte ich feststellen, dass in den Dissepimen- ten des siebenten Abdominalsegmentes erst einzelne Umbildungssta- dien von Mesodermzellen in Genitalzellen vorhanden waren, während weiter vorn, im zweiten bis zum sechsten Abdominalsegment schon fast sämmtliche Genitalzellen in die Leibeshöhle hineingerückt waren. In den Wandungen der hinter dem siebenten Abdominalsegment folgenden Cölomsäckchen entstehen keine Genitalzellen mehr. Trotz- dem kann man aber, wenngleich nur ganz vereinzelt, auch in den letz- ten Abdominalsegmenten noch Genitalzellen antreffen. Auf diese in der hintersten Partie des Abdomens befindlichen Genitalzellen machte ich schon oben aufmerksam. Sie sind schon sehr frühzeitig aufgetreten und liegen später in dem nach der Ventralseite umgebogenen Theil des Abdomens, wo man sie, wie schon erwähnt, neben der dort ent- standenen Zellanhäufung vorfindet (Fig. 3 g25). Die Zahl der im hin- tersten Körperabschnitt vorhandenen Genitalzellen bleibt aber immer nur eine äußerst geringe, weil zu den einmal gebildeten später nie- mals neue Zellen hinzuzutreten scheinen. Dieselben erreichen auch nicht völlig die Größe wie die weiter vorn liegenden Genitalzellen. Es ist daher schwer, sie in den fortgeschritteneren Entwicklungsstadien | noch aufzufinden, sobald in dem hintersten Abdominaltheil eine starke Vermehrung der Mesodermzellen eingetreten ist. Doch gelang es mir in einem Falle, eine derartige Genitalzelle noch später an der Seite _ des schon ziemlich weit ausgebildeten Enddarmes anzutreffen. Welches das spätere Schicksal dieser in der hintersten Körper- > partie befindlichen Genitalzellen ist, vermag ich leider nicht anzuge- F ben. Da die Genitalzellen anfänglich eine gewisse Beweglichkeit zeigen, 5 so ist es vielleicht nicht vollkommen ausgeschlossen, dass sie weiter - nach vorn rücken und im siebenten Abdominalsegment den Anschluss > an die übrigen Genitalzellen finden. Von einer derartigen Wanderung 4 habe ich allerdings nichts bemerken können, und sie erscheint auch > wohl um desswillen unwahrscheinlich, weil der Weg, den hierbei eine r einzelne Zelle zurücklegen müsste, doch ein verhältnismäßig zu weiter ' sein würde, 452 Richard Heymons, Il. Die Bildung der paarigen Genitalanlage. Nachdem die Genitalzellen in den Dissepimenten entstanden sind, gelangen sie in die Leibeshöhle hinein und liegen in derselben der Dissepimentwand zunächst noch angelagert. Diesen Platz behalten sie aber nun nicht dauernd bei, sondern bewegen sich fort und rücken an die dorsale Wand des betreffenden Ursegmentes hin. Für die Mehrzahl der Genitalzellen ist die eben beschriebene Lageveränderung nur eine sehr geringfügige. Es nahmen die Genitalzellen in dem (dorsalen) Kör- pertheil des Ursegmentes ihren Ursprung, und weil dort die Dissepi- mente an die dorsale Ursegmentwand angrenzen, so entstanden sie schon in der Nachbarschaft der dorsalen Ursegmentwände. Man sieht daher meistens, dass die Genitalzellen,, welche eben aus der Dissepi- mentwand hinausgetreten sind, schon mit einem Theil ihrer Oberfläche die dorsale Ursegmentwand berühren. Bei solchen Zellen kann natür- lich von einer eigentlichen Wanderung an die dorsale Ursegmentwand keine Rede sein, sondern es handelt sich hier nur um eine äußerst geringe Verschiebung, wenn sie später die Berührung mit dem Dissepi- ment ganz aufgeben. Nur ein Theil von Genitalzellen, welcher etwas weiter von den dorsalen Wänden entfernt entstanden ist, hat eine etwas größere Lageveränderung durchzumachen. Diese Zellen müssen sich an den Dissepimenten des betreffenden Ursegments fortbewegen, bis sie zur dorsalen Wand gelangen. Dabei lösen sie sich aber niemals von der Wand ab, um frei durch das Lumen des Ursegmentes hindurch zur dorsalen Wand zu kommen, sondern bleiben immer in Berührung mit der Zellenschicht desselben. Sobald die Genitalzellen an die dorsalen Ursegsmentwände gelangt sind, drängen sie die Zellen der letzteren aus einander und schieben sich zwischen sie ein /Fig. 5). Die Genitalzellen verlassen also wieder die Leibeshöhle, um sich in eine’andere Ursegmentwand einzulagern. Doch ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Einwanderung der Geni- talzellen nur längs der Mittellinie der dorsalen Ursegmentwände statt- findet, gleich weit von dem medialen, wie von dem lateralen Ende derselben entfernt. Dabei schieben sich dann die Genitalzellen oft zu mehreren an demselben Punkte ein. Durch das massenhafte Einwan- dern von Genitalzellen bekommen die dorsalen Wände der betreffen- . den Ursegmente ein ganz eigenartiges Aussehen. Die Zellen dieser Wände, die früher regelmäßig in einer Reihe neben einander lagen, sind jetzt an den Punkten, wo sich Genitalzellen hineingedrängt haben, vollständig aus einander gedrückt und über einander geschoben wor- den. Bei diesem Vorgange haben die Zellen auch häufig ihre frühere er BR Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 453 Gestalt eingebüßt, indem sie aus der eylindrischen in eine mehr abge- plattete, langgestreckte Form übergegangen sind, wobei sie sich dann x ; der Oberfläche einer Genitalzelle dicht anlegen. Die dorsalen Wände der einzelnen Ursegmente haben wegen der vielen großen Genitalzellen, welche sich in sie hineingedrängt haben, natürlich das Bestreben, sich nach allen Seiten hin auszudehnen. Eine solche Ausdehnung findet am stärksten am Vorder- und am Hinterende statt. Durch dieselbe gelangen jederseits die dorsalen Wände der ein- zelnen hinter einander liegenden Ursegmente außerordentlich dicht an einander und berühren sich beinahe gegenseitig mit ihren Enden. Fertigt man jetzt sagittale Längsschnitte an, welche durch die Mitte der einzelnen dorsalen Ursegmentwände gehen, so werden die Genital- zellen getroffen, und es zeigt sich, dass auf jeder Körperseite die in den Ursegmentwänden befindlichen Genitalzellen zusammen in einer langen, geraden Reihe liegen. Diese Reihe ist ununterbrochen und es liegen nicht, wie man vielleicht hätte vermuthen können, die Genital- zellen Segment für Segment in von einander isolirten Abtheilungen in den einzelnen dorsalen Ursegmentwänden. Dies ist desshalb nicht der Fall, weil die dorsalen Ursegmentwände, welche die Genitalzellen enthalten, durch ihre Ausdehnung gegenseitig sich sehr dieht an einan- der gefügt haben. Auch werden die zwischen zwei Segmenten etwa befindlichen Lücken noch durch diejenigen Genitalzellen ausgefüllt, welche vor der Bildung der Cölomsäckchen entstanden waren und intersegmental zwischen zwei Cölomsäckehen ihren Platz eingenommen hatten. Auf diese Weise ist es somit möglich, dass die Genitalzellen auf jeder Körperseite in einer langen ununterbrochenen Reihe hinter einander liegen und jederseits einen langen Strang formiren können. An der Bildung des letzteren betheiligen sich allerdings auch noch an- dere Zellen, welche ich weiter unten ausführlicher besprechen werde. Sobald die Genitalzellen in die dorsalen Ursegmentwände einwan- B dern, beginnen im Abdominaltheil des Körpers wichtige Umgestaltun- gen und Neubildungen einzutreten. An der Stelle der Ursegmente, ' an welcher die mediale und dorsale Wand an einander stoßen, sieht man zunächst eine kleine Zellengruppe sich loslösen, die sich später, I wie ich vermuthe, zum ventralen Längsmuskel ausbildet (Fig. 6 vm). F: Ferner beginnt nunmehr zwischen der medialen Ursegmentwand und ' dem Theil der lateralen Wand, welcher in der Extremität liegt, das 4 Lumen des Cölomsäckchens zu verschwinden, so dass der ventrale der Extremität zugehörige Theil der Leibeshöhle überhaupt vollkommen verloren geht. Außerdem kommt es jetzt noch zur Anlage des Fett- körpergewebes. Dasselbe verdankt auch seine Entstehung den Wan- 454 Richard Heymons, dungen der Ursegmente. An seiner Bildung betheiligt sich sowohl ein Abschnitt der dorsalen, wie ein Theil der lateralen Ursegmentwand. Durch den Eintritt der Genitalzellen in die Mittellinie der dorsalen Ur- segmentwände ist es möglich geworden, an einer jeden derselben zwei Abschnitte deutlich zu unterscheiden, von denen der eine lateral, der andere medial von den Geschlechtszellen sich befindet. Der laterale Abschnitt der dorsalen Ursegmentwand reicht von den Genitalzellen bis zum dorsalen Ende der Ursegmenthöhle, wo er in die laterale Ur- segmentwand übergeht (Fig. 6 epl). Der mediale Abschnitt der dorsalen Ursegmentwand erstreckt sich dagegen von den Geschlechtszellen bis zu dem oben erwähnten Punkte hin, von welchem sich der ventrale Längsmuskel losgelöst hat. Der mediale Abschnitt ist es nun, welcher einen großen Theil des Fettkörpers entstehen lässt. Man beobachtet hier zunächst eine Vermehrung der in ihm befindlichen Zellen. Zu- gleich verlieren die Zellen auch ihre regelmäßige: epitheliale Anord- nung, indem sie ihren früheren engen Zusammenhang aufgeben und nur noch in lockerer Verbindung unter einander bleiben. Der hier- durch entstandene Zellenkomplex muss natürlich einen verhältnismäßig großen Raum einnehmen und er findet nun auch in der betreffenden Ursegmentwand keinen hinreichenden Platz mehr, wesswegen er sich in die Leibeshöhle hinein vorschiebt (Fig. 6 fk). Denselben Process sieht man gleichzeitig sich an der gegenüberliegenden Stelle der latera- len Ursegmentwand abspielen, Auch dort beginnen die Zellen sich zu vermehren, und es tritt dann ebenfalls eine, allerdings nicht so um- fangreiche, Zellenmasse in das Cölom ein. Sowohl die in der dorsalen, als auch die in der lateralen Ursegmentwand gebildete Zellenmasse trägt schon die charakteristischen Merkmale des sogenannten Fettkörper- gewebes, indem sie beide aus unregelmäßig gestalteten, nur lose an einander gefügten Zellen bestehen. Innerhalb des Cöloms vereinigen sich beide Zellenmassen und verschmelzen zu einem einheitlichen Fettkörperkomplex, von welchem ein großer Theil des Cöloms ausge- füllt wird (Fig. 7 fk). Der ventrale, der Extremität zugehörige Theil der Leibeshöhle ging, wie wir gesehen, zuerst verloren. Es wird jetzt das darauf folgende Stück der Leibeshöhle vom Fettkörper ausgefüllt, und es bleibt somit nur noch die am weitesten dorsalwärts gelegene Partie derselben erhalten (Fig. 7 c). Der dorsale vom Fettkörper frei bleibende Abschnitt der Leibeshöhle wird dorsalwärts von dem Rest der dorsalen Ursegmentwand begrenzt. Dieser Rest ist der laterale Abschnitt der dorsalen Ursegmentwand, welcher von den Genitalzellen bis zur late- ralen Ursegmentwand sich erstreckt und der, ohne zur Fettkörper- 1 BER a en > el allen, De a > ” Die Entwieklung der weibl, Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 455 e bildung in irgend welche Beziehung zu treten, noch ganz das frühere - Aussehen beibehalten hat (Fig. 7 epl). Lateral stößt an die Leibeshöhle der Rest der lateralen Ursegmentwand an, der ebenfalls zur Bildung des Fettkörpers nicht beigetragen hat. An die dritte ventrale Seite des noch frei gebliebenen Abschnittes der Leibeshöhle grenzt keine Urseg- mentwand an, sondern es findet sich jetzt hier statt dessen das Fett- körpergewebe vor (Fig. 7 fk). Während der Rest der dorsalen Urseg- mentwand dasselbe Aussehen wie früher vollkommen bewahrt hat, ist dies bei dem Rest der lateralen Wand nicht der Fall, hier tritt vielmehr jetzt wieder eine starke Zellenwucherung ein, die zur Anlage der somatischen Schicht des Mesoderms führt (Fig. 7 sın). Bei den wesentlichen Umgestaltungen, die in den Ursegmenten vor sich gehen, behalten die Genitalzellen ihr früheres Aussehen und ihre frühere Lage vollständig bei. Man sieht jetzt an Querschnitten (Fig. 7), dass die Geschlechtszellen nicht mehr inmitten der dorsalen Ursegmentwand liegen, sondern dass sie an der medialen und dorsalen Kante des Fettkörperkomplexes sich befinden. Diese Lagerung ent- spricht aber ganz ihrem früheren Platz, da ja der mediale Abschnitt der dorsalen Ursegmentwand sich zum Feitkörpergewebe umgebildet hat, und die Genitalzellen daher nunmehr letzterem anliegen müssen. An Längsschnitten zeigt es sich, dass die Genitalzellen auf jeder Körperseite in einer langen Reihe hinter einander liegen, und dass hierdurch jederseits ein langer Zellenstrang gebildet wird, welcher der Oberfläche des Fettkörpers aufliegt. Doch sieht man jetzt sehr deut- lich, dass die beiden Zellenstränge nicht ausschließlich aus Genital- zellen bestehen, sondern dass sich an ihrer Bildung auch noch andere kleinere Zellen betheiligen, die zwischen den Genitalzellen sich befin- den und diesen sich überall dicht anfügen. Diese kleinen Zellen sind schon früher zu den Genitalzellen in Beziehung getreten, und zwar in dem Zeitpunkte, in welchem die Genitalzellen sich in die dorsalen Ursegmentwände eindrängten. Von den sich eindrängenden Genital- zellen wurden an der betreffenden Stelle der dorsalen Ursegmentwand die Zellen aus einander gedrückt und bei Seite geschoben, wobei dann einige Zellen der dorsalen Ursegmentwand eine abgeflachte Form an- * nehmen und der Oberfläche einer Genitalzelle sich anlegten. Diese Zellen sind auch ferner mit den Genitalzellen in einer festeren Verbin- dung geblieben (Fig. 6 und 7ff. ep) und stehen von nun an mit ihnen in dauerndem Zusammenhang. Sie sind es, die in späterer Zeit beim Weibchen das Follikelepithel der Eiröhren zu liefern haben und beim Männchen außerdem noch die epitheliale Hülle der Hodenbläschen bil- “ den. Ich werde sie desswegen von jetzt an als Epithelzellen bezeichnen. 456 Richard Heymons, Der rechts und links der Oberfläche des Fettkörpergewebes an- liegende Zellenstrang besteht somit aus Genitalzellen und Epithelzellen. Es stellt derselbe ein einheitliches Ganzes dar, und wir können ihn schon als Genitalanlage bezeichnen, da aus ihm später die Geschlechts- drüse hervorgeht. In der paarigen Genitalanlage lassen die Genitalzellen und die Epithelzellen noch durchaus keine regelmäßige Anordnung erkennen. Nur an ihrer Ventralseite ist dies schon in gewisser Beziehung der Fall. Bei Betrachtung von Querschnitten trifft man nämlich dort immer eine kleine Gruppe von Epithelzellen an (Fig. 7, Sff. cz). Wenn man die Herkunft dieser ventralwärts an der Genitalanlage befindlichen Epithelzellen verfolgt, so ergiebt es sich, dass sie eben so wie die übri- gen zwischen den Genitalzellen befindlichen Epithelzellen zurückzu- führen sind auf einzelne Zellen der früheren dorsalen Ursegmentwand. Während die übrigen Epithelzellen der Genitalanlage früher in der Mitte der dorsalen Ursegmentwand sich befanden, gehörten die an der Ventralseite der Genitalanlage liegenden Epithelzellen schon dem medialen Abschnitt der dorsalen Ursegmentwand an, obwohl sie nicht weit von der Mitte dieser Wand ihre Lage hatten. Bei der Einwande- rung der Genitalzellen in die Mitte der dorsalen Ursegmentwand haben diese Zeilen ihre Lage noch vollkommen beibehalten. Als dann später in dem medialen Abschnitt der dorsalen Ursegmentwand sich das Fett- körpergewebe entwickelte, nahmen sie an dessen Bildung keinen An- theil, sondern haben sich der Ventralseite der in ihrer unmittelbaren Nähe befindlichen Genitalanlage angefügt (Fig. 6, 7 cz). Eine solche Anlagerung von Zellen des medialen Abschnittes der dorsalen Urseg- mentwand hat in der ganzen Länge einer jeden Genitalanlage statt- gefunden. Die beiden Genitalanlagen lassen sich in der eben beschriebenen Zusammensetzung vom zweiten bis zum sechsten Abdominalsegment verfolgen. Auch durch das siebente Abdominalsegment erstrecken sie sich noch hindurch, aber in diesem bestehen sie nur noch aus Epithel- zellen. Wie ich früher erwähnte, haben sich nun aber auch in den Dissepimenten der im siebenten Abdominalsegment befindlichen bei- den Ursegmente noch einige Genitalzellen gebildet. Bald nach der Entwicklung des Fettkörpers sind jedoch sämmtliche Genitalzellen aus dem siebenten Abdominalsegment verschwunden. Oben habe ich bereits darauf aufmerksam gemacht, dass die Zahl der im siebenten Abdominalsegmente entstandenen Genitalzellen im Vergleich zu den in den vorhergehenden Segmenten gebildeten Zellen eine. sehr geringe ist. Die wenigen hier zur Ausbildung gekommenen Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 457 Genitalzellen sind nicht ausreichend gewesen, um auch im siebenten Abdominalsegment die typische Genitalanlage entstehen zu lassen. Die Genitalzellen sind im letzteren allerdings auch in die Leibeshöhle hin- eingelangt, scheinen aber dann ausschließlich im vordersten Theil des Ursegmentes in die dorsale Wand eingewandert zu sein. Dort haben sie sich an die zwischen dem sechsten und siebenten Abdominalseg- ment befindlichen Genitalzellen angeschlossen und stellen nun mit diesen zusammen das hinterste Ende der eigentlichen Genitalanlage dar. Man sieht daher, dass in den Genitalanlagen nur noch bis zur Grenze des sechsten und siebenten, oder höchstens noch im Anfangs- theil des siebenten Abdominalsegmentes Genitalzellen vorhanden sind. Der weiter hinten befindliche, durch das ganze siebente Abdomi- nalsegment hindurch sich erstreckende Theil einer jeden Genitalanlage besteht lediglich aus Epithelzellen und ist als Anlage des Ausführungs- ganges zu betrachten. Die Zellen des letzteren bilden die direkte Fortsetzung der an der Ventralseite der Genitalanlage liegenden Epi- thelzellen und sind auch wie diese von Zellen der dorsalen Ursegment- wand herzuleiten. Es betheiligen sich aber an der Bildung des Aus- führungsganges sowohl Zellen des medialen als auch solche des lateralen Abschnittes der dorsalen Ursegmentwand. Namentlich vom lateralen Abschnitt scheint eine ziemlich große Zahl von Epithelzellen geliefert worden zu sein, denn man beobachtet, dass nach der Anlage der bei- den Ausführungsgänge im siebenten Abdominalsegment die lateralen Abschnitte der dorsalen Ursegmentwände gewissermaßen erschöpft sind und verhältnismäßig wenige Zellen noch enthalten. Der Ausführungsgang ist anfänglich noch ein außerordentlich ein- fach gestaltetes Gebilde. Er besteht jederseits nur aus einem dünnen Strang, welcher sich aus rundlichen, dicht an einander gefügten Epi- thelzellen zusammensetzt, die noch kein Lumen zwischen sich lassen. Da der Ausführungsgang die unmittelbare Verlängerung der Genital- anlage darstellt, so hat er auch dieselbe Lage wie diese und ist eben- falls dem Fettkörpergewebe aufgelagert. Es ist jetzt noch von Wichtigkeit das Verhalten der beiden Aus- führungsgänge am Hinterende des siebenten Abdominalsegmentes kennen zu lernen. Zwischen dem siebenten und achten Hinterleibs- segment bildet, wie schon früher erwähnt wurde, der Körper einen Winkel. Es findet dort eine Umbiegung des Abdomens statt, so dass das achte Abdominalsegment senkrecht zu den sieben vorhergehenden gestellt ist. Die dorsalen Wände der im siebenten und achten Abdo- minalsegment befindlichen Ursegmente können sich desshalb nicht so unmittelbar berühren, wie die dorsalen Wände der vorhergehenden Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 30 458 Richard Heymons, Ursegmente, denn es schiebt sich zwischen dem siebenten und achten Ursegmente die Hypodermis weit empor. Der dem Fettkörper an- liegende Ausführungsgang gelangt daher am Hinterrande des siebenten Abdominalsegmentes in die unmittelbare Nähe der Hypodermis, und es zeigt sich dann in späterer Zeit, dass er an dieser Stelle einen Inser- tionspunkt gewonnen hat. Ill. Die weitere Entwicklung der Genitalanlagen bis zur geschlechtlichen Differenzirung. Bei der Weiterentwicklung des Keimstreifens tritt die Anlage der einzelnen Organe schon deutlicher hervor. Von dem Rest jeder late- ralen Ursegmentwand, welcher nicht zur Bildung des Fettkörpers beigetragen, hat sich nunmehr die somatische Mesodermschicht schon völlig abgetrennt. Die nach der Abtrennung derselben noch in der lateralen Ursegmentwand verbliebene Zellenschicht stellt die Anlage des Perikardialseptums dar (Fig. 8 ps). Medial stößt diese letztere un- mittelbar an das Gölom an. Lateral von ihr entwickelt sich noch eine neue Fettkörpermasse, aus welcher in späterer Zeit das Fettkörper- gewebe des Perikardialraumes hervorgeht (Fig. 8 pf). Während die laterale Seite des Göloms jetzt von der Anlage des Perikardialseptums begrenzt wird, liegt an seiner ventralen Seite noch der Fettkörper, und man findet auch noch an der dritten Seite desselben die Zellenschicht vor, die dem lateralen Abschnitte der früheren dorsalen Ursegment- wand entspricht (Fig. 8 epl). Diese Zellenschicht grenzt nun aber nicht mehr unmittelbar an den Dotter an, da sich jetzt zwischen beide eine neue Zellenschicht, das Darmfaserblatt (Fig. 8 sp/lm), eingeschoben hat, an dessen, dem Dotter zugewendeten Theile man noch eine wei- tere Schicht von blassen, länglichen Entodermzellen wahrnehmen kann (Fig. 8 eni). Dort, wo der laterale Abschnitt der früheren dor- salen Ursegmentwand mit der Anlage des Perikardialseptums zusammen- stößt, sieht man ferner auf Querschnitten eine kleine Gruppe von Zellen liegen, die später dazu bestimmt sind, das Herzrohr zu bilden (Fig. 8 h). Die beiden Genitalanlagen haben in diesem Entwicklungsstadium das frühere Aussehen noch vollkommen beibehalten. Nur beobachtet man jetzt zum ersten Male Genitalzellen, welche in Theilung begriffen sind. Trotzdem hat die Zahl der Genitalzellen aber nur unwesentlich zugenommen. Auf einem Querschnitt durch den Genitalstrang werden etwa zwei bis drei Geschlechtszellen getroffen, an deren Oberfläche sich einige Epithelzellen dicht anfügen. An der Dorsalseite der Geni- talanlage schließen sich an die Epithelzelien derselben andere Zellen Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 459 unmittelbar an, die dem lateralen Abschnitt der dorsalen Ursegment- wand angehören. Diese letzteren Zellen haben genau dasselbe Aus- sehen, wie die Epithelzellen der Genitalanlage. Es ist dies auch leicht verständlich, wenn man bedenkt, dass die Epithelzellen der Genital- anlage von Zellen der dorsalen Ursegmentwand abstammen. Wegen der vollständigen Übereinstimmung zwischen den Epithelzellen der Geschlechtsanlage und den Zellen, welche den lateralen Abschnitt der dorsalen Ursegmentwand bilden, kann man zwischen beiden Zell- formen eine Grenze nicht erkennen; sie gehen unmittelbar in einan- der über. In kurzer Zeit volizieht nunmehr der Keimstreif das Umwachsen des Dotters, indem seine freien Seitenränder sich immer weiter nach der Dorsalseite hin erstrecken. Die freien Ränder des Keimstreifens be- stehen zunächst aus einer Schicht der ektodermalen Hypodermis, an welche sich auf jeder Körperseite einige Zellen anschließen, die die Anlage des Herzens bilden. An Querschnitten (Fig. 9) lässt es sich leicht feststellen, dass auf diese Zellen jederseits weiter ventralwärts zwei Zellenstränge folgen, die auf Abschnitte der früheren Ursegment- wände zurückzuführen sind, welche sich sehr stark ausgedehnt haben. Der eine, laterale (Fig. 9 ps), von den beiden Zellensträngen lässt sich auf den Theil der lateralen Ursegmentwand zurückführen, von dem sich die somatische Mesodermschicht abgespalten hat, er stellt die Anlage des Perikardialseptums dar. Der mediale Zellenstrang (Fig. 9 enl) ent- spricht dagegen dem lateralen Abschnitt der früheren dorsalen Urseg- mentwand. Beide Zellenstränge liegen in ihrem dorsalen Theil dicht an einander, so dass dort das Lumen des Ursegmentes zwischen ihnen verschwunden ist. Weiter ventralwärts trennen sie sich aber und lassen noch den Rest der Ursegmenthöhle zwischen sich erscheinen, welche allerdings bei dem Emporwachsen des Keimstreifens stark ver- schmälert worden ist (Fig. 9 c). An jeder Körperseite folgt ventral- wärts auf die spaltförmige Ursegmenthöhle sogleich die Genitalanlage. Diese hat also bei dem Emporwachsen der freien Ränder des Keim- streifens ihre Lage nicht beibehalten, sondern ist mit nach dem Rücken- theil hin emporgezogen worden. Sucht man für das Emporrücken der Genitalanlage eine Erklärung, so wird man vielleicht zunächst geneigt sein, dem Fettkörpergewebe hierbei eine wesentliche Bedeutung zu- zuschreiben. Wie wir gesehen haben, war die Genitalanlage früher dem letz- teren aufgelagert. Man könnte sich nun denken, dass bei der Um- wachsung des Dotters die Genitalanlage von der nachwuchernden Fett- körpermasse in die Höhe gehoben worden ist. Es mag auch in der 30* 460; Richard Heymons, 3 That der Fettkörper das Emporrücken der Genitalanlage wesentlich unterstützt haben. Doch kann er es nicht allein gewesen sein, der die Lageveränderung der Genitalanlage hervorgebracht hat. Dies wäre einmal wegen seiner weichen, nachgiebigen Beschaffenheit unwahr- scheinlich und außerdem spricht noch dagegen, dass der am Hinter- ende der Genitalanlage befindliche Ausführungsgang nicht in demsel- ben Mabe wie diese nach dem Rückentheil des Körpers emporgezogen wurde, sondern von der nachwachsenden Fettkörpermasse einfach umhüllt worden ist. Es muss also ein anderer Faktor gewesen sein, der die Ver- schiebung der Genitalanlage nach dem Rücken bedingt hat, und es ist derselbe in dem medialen der beiden erwähnten Zellenstränge gege- ben. Der mediale Zellenstrang (Fig. 9 epl) entspricht dem lateralen Ab- schnitt der früheren dorsalen Ursegmentwand. Oben habe ich bereits erwähnt, dass die Epithelzellen der Genitalanlage unmittelbar in die unverändert gebliebenen Zellen des lateralen Abschnittes der dorsalen Ursegmentwand übergehen. Die Epithelzellen der Genitalanlage sind, wie wir gesehen haben, auf Zellen der dorsalen Ursegmentwände zu- rückzuführen. Da sie identisch mit den letzteren sind und in früherer Zeit mit ihnen in unmittelbarem Zusammenhange gestanden haben, so ist es ganz erklärlich, dass eine feste Verbindung zwischen der Geni- talanlage einerseits und den dorsalen Ursegmentwänden andererseits besteht. Während nun der mediale Abschnitt einer jeden dorsalen Ur- segmentwand sich in das Fettkörpergewebe umbildet, erhält sich der laterale Theil intakt und bleibt in festem Zusammenhang mit der Ge- nitalanlage. Als nun die Umwachsung des Dotters vor sich ging, ge- langten die lateralen Theile der einzelnen dorsalen Ursegmentwände sogleich mit nach dem Rückentheil hin, weil sie an ihren dorsalen En- den in Verbindung mit den lebhaft wachsenden freien Körperwänden standen. An ihrem ventralen Ende gingen sie dagegen in die Genital- anlage über und es musste daher auch diese mit nach dem Rückentheil hingezogen werden. Dass bei diesem Process die beiden Genitalanlagen nicht denselben Abstand wie früher von den freien Körperrändern beibehalten haben, sondern dass sich derselbe vergrößert hat, darf wohl bei einem Vorgange, welcher mit so außerordentlich starkem Wachsthum in allen Theilen verknüpft ist, nicht in Erstaunen setzen. Die größere Entfernung, welche jetzt die beiden Genitalanlagen von den freien Körperrändern zeigen, ist nur durch eine etwas größere Ausdehnung der in Rede stehenden lateralen Theile der dorsalen Ur- segmentwände bedingt worden, weil sich diese Theile bei dem Empor- rücken nach der Dorsalseite stark in die Länge gezogen haben. Dies Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 461 tritt auch schon äußerlich deutlich hervor, denn während früher in den betreffenden Theilen die einzelnen cylindrischen Zellen dicht neben einander lagen, sind jetzt in ihnen nur noch in größeren Zwi- schenräumen Kerne sichtbar. Die hohe Bedeutung, welche die lateralen Abschnitte der dorsalen Ursegmentwände für die Genitalanlage besitzen, kann keinem Zweifel unterworfen sein. Diese Abschnitte der dorsalen Ursegmentwände stellen einen Suspensorialapparat für die Genitalanlage dar. Sie be- festigen jederseits dieselbe an die freien, in lebhaftestem Wachsthum begriffenen Körperränder und ermöglichen es hierdurch, dass beide Genitalanlagen mit nach dem Rückentheil hin gelangen können. Auf jeder Körperseite wird nun von den betreffenden Wandtheilen der einzelnen dicht auf einander folgenden Ursegmente in ihrer Gesammt- heit eine dünne Platte zusammengesetzt. Dieselbe besteht aus sehr schmalen und langen Zellen und erstreckt sich in etwas gebogenem Verlaufe von der Dorsalseite der strangförmigen Genitalanlage bis zu dem dorsalen Ende des Perikardialseptums hin. Da aus dieser Zellen- platte in späterer embryonaler Zeit die Endfäden der einzelnen Ei- röhren hervorgehen, so will ich sie als Endfadenplatte bezeichnen. Während jederseits die Genitalanlage von der Endfadenplatte nach dem Rücken emporgezogen wird, gehen in ihr keine großen Ver- änderungen vor sich. Es kommt nur zu einer geringen Vermehrung der Zahl der Genitalzellen, indem sich einzelne derselben theilen. Doch nehmen die Genitalzellen nach der Theilung immer wieder das- selbe Aussehen und dieselbe Größe wie früher an. Auch die neben den Genitalzellen in der Genitalanlage vorhandenen Epithelzellen las- sen keine Veränderung ihrer Struktur erkennen. Nur die an der Ven- tralseite der Genitalanlage befindlichen Epithelzellen haben inzwischen ein etwas abweichendes Aussehen gewonnen. Sie besitzen jetzt statt der früheren rundlichen Form eine mehr gestreckte Gestalt, und zwar haben sie sich parallel zur Längsachse der Genitalanlage ausgedehnt. Diese Zellen befinden sich in mehrfacher Schicht an der Ventralseite der beiden Genitalanlagen und gehen am hinteren Ende derselben un- mittelbar in die Epithelzellen des Ausführungsganges über, welche dieselbe langgestreckte Gestalt angenommen haben. Der Ausführungsgang selbst zieht sich vom Hinterende der Genital- anlage jederseits nach der Hinter- und der Bauchseite des Körpers hin, wo er zwischen dem siebenten und achten Abdommalsegment sich an die Hypodermis ansetzt. Dabei liegt der Ausführungsgang nicht wie die Genitalanlage dem Fettkörper auf, sondern senkt sich in seinem Verlaufe nach dem Hinterende immer tiefer in denselben ein. Der 462 Richard Heymons, Ausführungsgang ist also, wie schon früher erwähnt, bei dem Empor- rücken der Genitalanlage nach der Dorsalseite nicht in demselben Maße wie diese nach dem Rücken emporgezogen worden, er behielt vielinehr seine Lage im Wesentlichen bei und wurde von dem Fett- körpergewebe umwachsen. Dass der Ausführungsgang ungefähr in seiner früheren Lage geblieben ist, wird nach den obigen Ausführungen nur dann als möglich erscheinen können, wenn er die Verbindung mit den lateralen Abschnitten der dorsalen Ursegmentwände eingebüßt hat. Dieselbe ist in der That auch aufgelöst worden, und zwar hat sich die Ablösung zuerst am hinteren Ende des Ausführungsganges vollzogen und ist von dort allmählich nach vorn fortgeschritten. Die Ablösung konnte um so leichter vor sich gehen, als im siebenten Ab- dominalsegmente die lateralen Abschnitte der dorsalen Ursegment- wände nach der Formirung der Ausführungsgänge nur noch verhält- nismäßig wenig Zellen enthielten. Die Zusammensetzung des Aus- führungsganges ist dieselbe wie früher geblieben. Er besteht aus länglichen Epithelzellen, welche noch kein Lumen zwischen sich lassen. Die beiden Genitalanlagen nehmen ihren definitiven Platz im Körper ein, kurz ehe die emporwachsenden Seitenwände des Embryo sich in der Mittellinie des Rückens berühren und dort mit einander verschmelzen. Die beiden Genitalanlagen sind dann jederseits von der Endfadenplatte so weit emporgezogen worden, dass sie sich dem Rückentheil ungefähr bis auf ein Drittel des dorsoventralen Körperab- standes genähert haben (Fig. 10). Jede Genitalanlage hat dann wie früher die Form eines runden langen Stranges, der der Fettkörper- masse unmittelbar aufliegt und aus Genitalzellen und Epithelzellen zusammengesetzt ist. Es zeigt sich aber, dass jetzt eine jede Genital- anlage nur noch vom zweiten bis zum fünften Abdominalsegment reicht und sich nicht mehr wie früher bis zum Beginn des siebenten Abdominalsegmentes erstreckt. Diese geringere Ausdehnung ist aber nicht etwa durch eine Verkürzung des Längsdurchmessers derselben eingetreten, sondern ist nur eine scheinbare, da sie lediglich durch ein starkes Wachsthum der einzelnen Körpersegmente bedingt worden ist, an welchem sich die Genitalanlage nicht betheiligt hat. Sobald die Genitalanlagen ihren definitiven Platz im Körper ein- nehmen, trifft man die ersten sexuellen Unterschiede an. Man be- merkt, dass jetzt die Genitalanlagen nicht mehr bei allen Embryonen das gleiche Aussehen haben. Bei einem Theil der Individuen stellen sie nämlich einen an allen Punkten gleichmäßig breiten Strang dar, während man bei anderen sieht, dass sich an vier Punkten der Geni- talanlage vier nach der Dorsalseite sich vorwölbende Anschwellungen Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 463 vorfinden. Diese letzteren werden dadurch hervorgerufen, dass an den betreffenden Stellen die Genitalzellen sich in größerer Zahl angehäuft haben als in den dazwischen gelegenen Abschnitten. Die vier Anhäu- fungen von Genitalzellen in der Geschlechtsanlage bilden die Anlage von einzelnen Hodenfollikeln, so dass nunmehr diejenigen Embryonen, welche solche Anhäufungen besitzen, als männliche bezeichnet werden können. In dem anderen Falle dagegen, in welchem die Genitalanlagen gleichmäßige runde Stränge sind, hat man die weiblichen Embryonen vor sich. Von nun an werden wir uns nur noch mit der Weiterentwicklung der weiblichen Geschlechtsanlage zu beschäftigen haben. Zuvor will ich jedoch noch auf die bisher bei anderen Insekten über die Entstehung der Geschlechtsdrüsen gewonnenen Ergebnisse eingehen. IV. Vergleichende Übersicht über die Bildung der Sexualdrüsen bei den Insekten. Über die Anlage der Fortpflanzungsorgane bei den Insekten sind schon eine ganze Reihe von Beobachtungen veröffentlicht worden. Die Mittheilungen, welche über diesen Gegenstand gemacht wurden, sind aber zum großen Theil so verschiedenartig und abweichend, dass es zur Zeit noch ganz unmöglich ist, ein zusammenhängendes und über- einstimmendes Bild von der Entstehung der Sexualdrüsen bei den Insekten zu entwerfen. Eine Zusammenstellung der bisher über die Bildung der Ge- schlechtsdrüsen vorhandenen Angaben ist bereits von Bausıant (6) und Wiırrzaczir (79) gemacht worden. Gleichwohl halte ich es aber für nöthig, nochmals eine möglichst vollständige und bis zur Gegenwart fortgeführte kurze Übersicht über die bisherigen Resultate zu geben. Eine solche dürfte, wie ich glaube, an dieser Stelle nicht unwillkom- men sein, und wird vor Allem zum besseren Verständnis des uns hier beschäftigenden Gegenstandes wesentlich beitragen. Sehr frühzeitig ist man schon zu dem Ergebnis gelangt, dass die Fortpflanzungsorgane sich bereits auf einer sehr niedrigen Entwick- lungsstufe bilden müssen. Schon Hrroı» (33) fand bei ganz jungen, erst vor Kurzem aus dem Ei geschlüpften, Raupen die Geschlechtsor- gane vor. Er erkannte sowohl Hoden als auch Ovarien, von denen die ersteren aus vier kleinen Säckchen, die letzteren aus vier kleinen Röhren bestanden. Beide Organe besaßen nach seinen Angaben schon einen Ausführungsgang, der im männlichen Geschlechte in der Mitte der Medianseite. beim weiblichen Geschlechte dagegen am Hinterende des Organs sich ansetzte. Aus dem frühzeitigen Vorhandensein so 464 Richard Heymons, entwickelter Genitalien bei jungen Raupen zieht Hrroın den Schluss, dass die Fortpflanzungsdrüsen bereits beim Embryo angelegt werden müssen. Nach Suckow (63) entstehen die Geschlechtsorgane bei Bombyx schon in den frühesten Zeiten des Embryonallebens. Zu einer Zeit, in welcher der Darmkanal soeben erst angelegt worden ist, soll an seinem Hinterende ein Knötchen hervorsprossen, »das sich späterhin durch eine Furche theilt und nach und nach vom Darmkanale abgestoßen als zwei seitlich verlaufende hohle Fädchen die Geschlechtsorgane im ersten Entwurf darstellt«. H. Meyer (48) stellte gleichfalls Untersuchungen über die Ge- schlechtsorgane der Raupen an, doch gelang es ihm nicht, die Ent- stehung derselben so weit wie HerroLp zurückzuverfolgen. Erst an Raupen, welche mehrere Wochen alt waren, konnte er die jüngeren Entwicklungsstadien der Geschlechtsdrüsen sehen und bezweifelt desshalb mit Unrecht die Zuverlässigkeit der Hrroıp’schen Unter- suchungen. | An Hrroıv schließt sich dann wieder Bessers (9) an, indem auch er wie Jener der Ansicht ist, dass sich die Sexualdrüsen bei den Lepi- dopteren bereits im Ei anlegen. Die jüngsten Entwicklungsstadien beobachtete Bzssens an einem schon ziemlich ausgebildeten Embryo von Zeuzera aesculi. Hier bestand die Genitalanlage jederseits aus einer Anzahl durchsichtiger Zellen, welche von einer strukturlosen Membran eingehüllt waren. Ein Ausführungsgang war schon vorhanden und setzte sich nach ihm aus »einer einfachen Kette« von Zellen zusammen. Darauf studirte Branpr (12) ältere Embryonen, sowie junge Raupen von Pieris brassicae. Da Branpr stets im Gegensatz zu BesseLs einen deutlich röhrenförmigen Ausführungsgang sah, und weil er ferner noch zu bemerken glaubte, dass die Zellen des Ausführungsganges in die Zellen der an seinem vorderen Ende befindlichen Genitaldrüse un- mittelbar übergingen, so zog Branpr daraus den Schluss, dass die Geni- taldrüse nur als eine Wucherung des vordersten erweiterten Theiles des Ausführungsganges zu betrachten sei. Bei Tinea crinella fand Baısıanı (3) ebenfalls die Genitaldrüse sehr frühzeitig angelegt. Schon bei einem sehr jugendlichen Embryo, der nur aus einem Keimstreifen (» Rudiment ventral«) ohne Spuren von weiteren Organen bestand, beobachtete er eine kleine, unpaare ovale Masse, die sich später in zwei Abschnitte zu theilen schien, und welche von ihm als Genitalanlage gedeutet wird. O. und R. Herrwıc (35, Taf. Il, Fig. 4) bilden einen Querschnitt durch einen Keimstreifen von Zygaena minos ab, und zwar in dem 5 Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 465 ‚Stadium, in welchem das Darmdrüsenblatt auftritt. Hier zeigt sich bereits als Anlage der Geschlechtsdrüse eine große Zelle, die sich in dem Winkel befindet, in welchem parietales und viscerales Blatt des - Mesoblast zusammenstoßen. An der linken Seite des Querschnittes sieht man, dass sich an die Genitalzelle kleinere (Epithel-)Zellen dicht "angefügt haben, die dem parietalen Blatte angehören. In Übereinstimmung mit den Gebrüdern Herrwıs leitet auch - Spıcuaror (61) die Genitalien bei Schmetterlingen vom Mesoblast ab, während Woopwortu (80) die Geschlechtsorgane von Euvanessa antiopa auf eine Einstülpung des Ektoderms zurückführt oder möglicherweise sogar auf einen Theil des Blastoderms, welcher später zum Ektoderm wird (!). \ Auch für die Dipteren wurde durch die entwicklungsgeschicht- liehen Untersuchungen von Weısmann (70) die frühzeitige Bildung der Sexualdrüsen bestätigt. Schon aus dem Grunde, dass die Geschlechts- drüsen bei den Muscidenlarven sich mitten im Fettkörper befinden, schließt Weısmann, dass dieselben bereits im Ei angelegt werden _ müssen, weil sie mitten im Fettkörper keine Verbindung mit anderen Theilen besitzen, denen sfe ihre Entstehuug hätten verdanken können. - Dieselbe Ansicht äußerte Weısmann auch in seiner Arbeit über die Metamorphose der Corethra (71), wo er p. 99 sagt: »Von besonderer Wichtigkeit scheint mir die Feststellung der Thatsache, dass auch hier, wie bei den Musciden, die Geschlechtsdrüsen bereits im Ei angelegt _ werden. Offenbar hat dieser Satz für alle Insekten Gültigkeit. « | Im Jahre 1862 hatte inzwischen Rosın (57) an dem einen Pole von - Chironomideneiern kleine Körper gefunden, die er »Globules polaires « nannte, und welche er mit den Richtungskörperchen zu vergleichen geneigt war. Diese Entdeckung ist durch Wrısmann bestätigt worden. _ Auch Weısmann (69) fand derartige Gebilde am hinteren Eipole von “ Chironomus und Musca, erkannte, dass es selbständige Zellen waren, und gab ihnen den Namen »Polzellen«. Weısmann stellte ferner noch fest, dass die Polzellen nicht den Richtungskörperchen entsprächen, ' sondern dass sie, nachdem sie sich zuvor durch Theilung vermehrt, wieder mit den Zellen des Embryo in Verbindung träten. Über das weitere Schicksal der Polzellen vermochte Wrısmann nichts anzugeben. Es gebührt MrrscuniKorr (45) das Verdienst, zuerst die Bedeutung | der Polzellen erkannt zu haben. Der genannte Forscher beobachtete bei Cecidomyienlarven, dass einer der Keimkerne am spitzen Pole des Pseudovums sich mit einer dunklen Dottermasse umgiebt, und mit dieser zusammen eine große membranlose Zelle darstellt. Nach Weris- MAnn’s Vorgange bezeichnete METscHnIKorFF diese Zelle auch als Polzelle. en a ar an D: ats Dun ke >= 25 466 Richard Heymons, Er beobachtete ferner, dass die Zelle sich in zwei, und darauf in vier einzelne Polzellen theilte, welche dann von den wachsenden Blasto- dermzellen umhüllt werden. Die Gruppe der Polzellen zerfällt nun- mehr in zwei Theile, welche von kleineren Embryonalzellen einge- schlossen werden. Mit diesen Embryonalzellen zusammen stellen auf jeder Körperseite die Polzellen die Anlage des Keimstockes der vivi- paren Cecidomyienlarven dar. Innerhalb eines Keimstockes sollen sich nun die Pseudova und die Nährzellen auf die Polzellen zurückführen lassen. Nach METscanIkorr gehen somit aus den Polzellen die Fort- pflanzungszellen hervor. Dieser Ansicht von MErscanikorrF schließt sich gleichzeitig auch Leuckarr (43) an. Merschnikorr fand ferner bei Simulia Polzellen vor, ohne aber ihren Übergang in den Genitalanlagen zu schildern. Doch giebt er ebenfalls an, dass sich die Geschlechtsanlagen bei diesem Insekt schon im Ei bilden müssen, weil sie bei eben ausgeschlüpften Larven bereits vorhanden sind. Die interessante Deutung, welche die Polzellen durch METSCHNIKOFF gefunden hatten, wurde dann von O. v. Grmm (27) bestätigt. Derselbe beobachtete bei parthenogenetisch sich fortpflanzenden Puppen einer Chironomusart, dass bei der Entwicklung der abgelegten Eier sich ebenfalls je eine Polzelle bildete. Diese soll sich ähnlich, wie es METScHNIKoOFF angegeben hatte, in zwei, und darauf in vier Polzellen theilen, welche in zwei Gruppen zerfallen. Jede Gruppe von Polzellen umgiebt sich dann mit gewöhnlichen Embryonalzellen und bildet mit diesen zusammen das Material zum Aufbau eines Fortpflanzungsorgans. Auch hier sollen die Keimzellen des letzteren, und wie v. Grimm später (28) noch angiebt, auch die Nährzellen direkt auf die Polzellen sich zurückführen lassen. Doch wurden nun auch bald Zweifel laut, ob denn den Polzellen wirklich eine so wesentliche Rolle bei der Bildung der Genitalzellen zuzuschreiben sei. So macht Branpr (12) darauf aufmerksam, dass die Polzellen durchaus nicht bei allen Insekten aufgefunden wären, wess- wegen die ihnen zugeschriebene Wichtigkeit noch sehr fraglich er- scheinen müsse. Auch von dem beschriebenen Durchbruch der ur- sprünglich frei am Eipole gelegenen Polzellen in das Innere des Eies und von dem darauf folgenden Eintritt derselben in die Genitalanlagen erklärt sich Brandt durchaus nicht überzeugt. Branpr ist eher geneigt die Polzellen als gewöhnliche Blastodermzellen zu betrachten, welehe ihre bedeutende Größe und regelmäßige rundliche Gestalt nur ihrer exceptionellen freien Lage am Eipole verdanken. In ähnlicher Weise äußerte sich dann Weısmann (72), welcher Eu‘ Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 467 'ebenfalls von einer Betheiligung der Polzellen an der Bildung der Ge- schlechtsdrüsen sich nicht überzeugen konnte. Die Richtigkeit der von METscHnikorr und LEucKART zuerst gemach- ten Angaben wurde erst durch die Untersuchungen von Barstant (5, 6) vollkommen bestätigt. Es gelang demselben sich bei Chironomus ganz genau von dem Bildungsmodus der Geschlechtsorgane zu überzeugen. ‘Am Hinterende des Eies von Chironomus bildet sich nach der Beschrei- bung von Barsranı zunächst eine Vorwölbung der peripheren Plasma- schicht. Während diese Vorwölbung noch an Größe zunimmt, entsteht unter ihr bereits eine zweite. Beide Vorwölbungen trennen sich voll- kommen von der Plasmaschicht ab, sobald sie eine gewisse Größe er- langt haben und je ein Kern in sie hinein gerückt ist. Es sind auf - diese Weise zwei Polzellen entstanden, die sich in vier und bald darauf "in acht Zellen theilen. Über das Durchtreten der Polzellen durch das _ Blastoderm in das Innere des Dotters vermag auch Baısıant nichts Ge- _ naueres anzugeben. Jedenfalls findet er später die Polzellen innerhalb des Eies liegen, wo sie an der Spitze eines in den Dotter hineinsehen- - den Vorsprungs vom Blastoderm sich befinden. Wenn sich dann der - Embryo weiter entwickelt, gelangen die Polzellen in den Caudaltheil des- - selben und nehmen später dort an dem vordersten Abschnitt des Prokto- däums ihren Platz ein. Der Haufen der Polzellen theilt sich sodann in zwei Gruppen, von welchen jede sich aber nur aus zwei Polzellen zu- N sammensetzen soll. Diese Erscheinung findet, wie Barsıanı vermuthet, dadurch ihre Erklärung, dass je zwei und zwei Polzellen mit einander 0 $ “ x h & h verschmolzen sein sollen. Nach dem Ausschlüpfen der Larve bildet - sich um jede Gruppe der Polzellen eine feine, zellige Umhüllungsmem- bran. Die beiden Gruppen von Polzellen stellen nunmehr die beiden _ Genitalanlagen der Larve dar, an welchen sich dann später sexuelle 5 Unterschiede zeigen. Die Mittheilungen von Baısranı, welche sich mit den früher ge- machten Angaben in vielen Punkten decken, stellen es außer Frage, dass aus den Polzellen wirklich die Genitalanlagen hervorgehen müssen. Dieser Auffassung ist auch Weısmann (73) beigetreten, und es hat die- selbe auch in neuester Zeit noch eine weitere Stütze durch die Unter- suchungen von Rırızr |56) erhalten. Rırrer verfolgte gleichfalls die Entwicklung der Geschlechtsorgane bei Chironomus und schildert die Entstehung der Polzellen ganz ähnlich wie Barsranı. Am hinteren Ei- pole bilden sich kurz hinter einander zwei Polzellen. Dieselben theilen Sich in vier und sodann in acht Zellen. Zu einer weiteren Theilung der Polzellen kommt es nicht, dagegen noch zu einer zweimaligen Theilung ihrer Kerne, so dass später sämmtliche Polzellen vierkernig 468 Richard Heymons, sind. Die Polzellen drängen sich sodann durch das Blastoderm in das Innere des Eies hinein und werden, wenn der Keimsireif über den hinteren Pol hinaus nach dem Rücken hinüberwächst, mit nach vorn vorgeschoben. Nach der Bildung des Enddarmes liegen die Polzellen in zwei Gruppen zu den Seiten desselben und gehen später in die Ge- schlechtsorgane über. Es wird nunmehr wohl keinem Zweifel mehr unterliegen, dass die Polzellen thatsächlich die Fortpflanzungszellen liefern. Hierbei ist aber hervorzuheben, dass das Vorhandensein von Polzellen bisher nur bei Dipteren beobachtet wurde. Das Auftreten der Sexualanlagen in einer so außerordentlich frühen Entwicklungsperiode, in welcher noch nicht einmal das Blastoderm gebildet ist, geschweige denn andere Organe schon vorhanden sind, scheint somit auf diese eine Insekten- gruppe beschränkt zu sein. Ehe ich auf die Entstehung der Geschlechtsorgane bei anderen Insektenformen eingehe, will ich zunächst noch zwei Arbeiten er- wähnen, welche ebenfalls die Bildung der Genitalien bei Chironomus behandeln. Auf Grund seiner Untersuchungen von Chironomus glaubte Jawo- ROWSKI (38) schließen zu können, dass sich die Geschlechtsdrüsen der Insekten aus einer Embryonalzelle entwickeln, in deren Innerem zahl- reiche Tochterzellen entstehen. Die Tochterzellen sollen dann zu Mutterzellen werden, die ihrerseits wieder in neue Tochterzellen zer- fallen. Auf diese Weise gelingt es schließlich Jaworowskı, sich in etwas komplieirter Weise die Endkammern, Endfäden etc. zu kon- struiren. Zu einem nicht minder seltsamen Resultate gelangte SchNEIDEr (58), welcher an Chironomus entdeckte, dass die Geschlechtsorgane von einer Muskelfaser herstammen. Über die den Dipteren nahe stehenden Aphanipteren sind aus- reichende Untersuchungen noch nicht angestellt worden. In einer kurzen Mittheilung über die Entwicklung von Pulex felis erwähnt Baısıanı (k), dass er nach Bildung der Embryonalhäute die Sexualan- lagen schon als zwei kleine, hinten an der Innenseite des Abdomens gelegene Zellenhaufen auffinden konnte. In Bezug auf die frühzeitige Entstehung der Sexualorgane scheinen den Dipteren manche Hemipteren am nächsten zu stehen. Hierauf deuten eine Anzahl von Beobachtungen hin, welche ziemlich überein- # stimmend von verschiedenen Forschern über die Entstehung der Sexualorgane bei den Aphiden gemacht worden sind. Die ersten An- gaben über die Entstehung der Geschlechtsdrüsen bei viviparen Aphiden Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L 469 verdanken wir Huxırv (37). Derselbe fand bei jugendlichen Embryo- nen an jeder Seite des Darmkanales eine Masse großer durchsichtiger Zellen, die sich in fünf ovale Lappen theilte und mit einer Membran umgab. Die erwähnte Zellenmasse war die Anlage des Pseudovariums. METSCHNIKOFF (45) giebt für die viviparen Aphiden an, dass sich sehr frühzeitig vom oberen Abschnitt des Keimhügels ein Theil ab- trennen soll, der die Genitalanlage darstellt. Dieser Theil wird von "ihm als Genitalhügel bezeichnet, und erlangt später, wenn er sich vom Keimhügel vollkommen abgeschnürt hat, die Form eines unpaaren, ovalen Zellenkörpers. Nachdem der letztere durch Zelltheilung an Umfang bedeutend zugenommen hat, gewinnt er eine hufeisenförmige Gestalt. Innerhalb dieses Organs gruppiren sich nun die Zellen in zehn rundliche Haufen, welche zusammen dem ganzen Gebilde ein rosettenförmiges Aussehen geben. Darauf tritt dann ein Zerfall des hufeisenförmigen Organs in zwei Hälften ein, von denen eine jede eine Genitalanlage darstellt, welche in den fünf Zellenhaufen schon die "Anlage der fünf Endkammern besitzt. | Fast zu derselben Zeit kam Bausıanı (2) zu ähnlichen Resultaten. Er beobachtete ebenfalls bei der Entwicklung der viviparen Aphiden, dass kurz nach der Blastodermbildung am hinteren Ende des Eies eine | Zelle auftrat, die frei im Inneren des Blastoderms sich befand. Durch einen Knospungsvorgang soll sich nun nach Barsıanı diese Zelle mit zahlreichen kleinen Zellen an ihrer Oberfläche bedecken. Die so ent- 'standene Zellenmasse theilt sich dann später in zwei symmetrische Gruppen, die im hinteren Theile des Körpers liegen. Jede Gruppe setzt sich aus einer kleinen Anzahl von Zellenhaufen zusammen, welche ‚den Endkammern des späteren weiblichen Organs entsprechen. Die Entwicklung desselben Organs bei den oviparen Individuen soll nach ‚Barsranı (2) in ganz analoger Weise vor sich gehen. | Auch bei der Entwicklung der viviparen Aphiden aus dem Winterei hat Baısıanı (3) die Entstehung der Geschlechtsdrüsen verfolgt. Als frühestes Entwicklungsstadium fand er hier eine einfache Zellenmasse von ovaler Gestalt vor, welche in transversaler Richtung verbreitert 'war und in der Medianlinie des Körpers an der Innenfläche des Abdo- Emens sich befand. Die unpaare mediane Masse schnürt sich später in der Mitte ein und zerfällt darauf in zwei Hälften. Bevor aber die Tren- nung der beiden Hälften vollständig eingetreten ist, theilt sich eine jede derselben schon in einzelne Unterabtheilungen, die die späteren Endkammern repräsentiren. | Ganz ähnliche Angaben, wie METscHniKkorF und BALBIANI, macht auch Wirraczu. (79), welcher ebenfalls bei der Entwicklung der viviparen 470 Richard Heymons, Aphidenweibchen die Entstehung der Genitalorgane beobachtete. Auch er sah am hinteren Eipole an der Innenseite des Blastoderms sich eine. Zelle loslösen, die sehr schnell an Größe zunahm und durch Theilungen. einen Haufen von ziemlich großen Zellen entstehen ließ. Der so gebil- dete Zellenhaufen stellt die unpaare Genitalanlage dar. Gerade wie dies Bıısıanı beschrieben hat, dehnt sich dann die Genitalanlage in. transversaler Richtung aus, schnürt sich in der Mitte biskuitförmig ein: und besteht nunmehr aus zwei anfänglich noch im Zusammenhang. hleibenden Lappen. Ehe die vollständige Durchschnürung eintritt, hilden sich an jedem der beiden Lappen Einkerbungen, die sich schnell. vertiefen und dann, wenn die Genitalanlage in zwei seitliche Hälften zerfallen ist, die einzelnen Endkammeranlagen von einander scheiden. Im Gegensatz zu WiırriczıL hebt dann freilich WırL (78) hervor, dass bei der Entwicklung der viviparen Aphiden er als erste Anlage der Geschlechtsorgane niemals eine einzelne Genitalzelle, sondern immer gleich mehrere antraf. Dieselben treten stets vor der Bildung des Mesoderms auf und sind durch ihre Größe ausgezeichnet. Nachdem sie sich durch Theilung weiter vermehrt haben, bilden sie die unpaare in der Medianlinie des Keimstreifens gelegene Genitalanlage. Die übri- gen Angaben von Wırı schließen sich an die von METSCHNIKOFF und. WITLACZIL an. Nach den in den wesentlichen Punkten übereinstimmenden Resul- taten der eitirten Autoren scheint demnach bei den Aphiden der Ur- sprung der Genitalanlage auf eine einzige unpaare, oder doch auf wenige median gelegene Zellen zurückzuführen zu sein, welche am hinteren Eipole von der Blastodermschicht sich loslösen. Sehr widersprechend lauten dagegen die Angaben, welche über die Entstehung der Sexualorgane bei den Hymenopteren gemacht wor- den sind. Nach Ganin (23) kommen beide Geschlechtsdrüsen bei Platy- gaster bereits zum Vorschein, wenn die erste Larvenform in die zweite übergeht. Sie sollen sich als paarige, von einander unabhängige Theile aus dem verdickten Ende des Keimstreifens in der Nähe des Enddarmes entwickeln, und aus den gewöhnlichen Embryonalzellen bestehen. Zwischen beiden Geschlechtsanlagen entsteht dann noch ein drittes unpaares Gebilde, welches Gann als Geschlechtshügel bezeich- | net. Mit diesem Genitalhügel, der mit der Außenwelt in Verbindung tritt, dann aber zurückgebildet werden soll, stehen die Genitalanlagen in Verbindung. Später sondern sich aber dieselben ab, indem sie sich in zwei Abschnitte differenziren, von welchen der eine lang ausge- zogene dem Ausführungsgange entspricht, der andere die Geschlechts- drüse selbst darstellt. Bei Polynema treten nach Ganın die Genital- Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 471 drüsen in der Höhle des letzten Segmentes auf und sind aus verhältnis- mäßig großen Embryonalzellen zusammengesetzt. Ganın bezweifelt nicht, dass die Genitaldrüse aus der noch nicht differenzirten zelligen Masse des sog. Schwanzanhanges hervorgehen solle, die mit dem Keim- streifen selbst in unmittelbarem Zusammenhange steht. Aysrs (1) lässt bei den Gyclopslarven von Teleas die Geschlechts- organe von einem Nervenstrange aus entstehen, der vom Subösopha- 'gealganglion ausgeht und am Ende des Mitteldarmes zu einer aufwärts gekrümmten Masse sich verbreitert. Aus dieser Masse soll das letzte Abdominalganglion angelegt werden, nachdem vorher sich an dieser Stelle zwei bis sechs Genitalzellen losgelöst haben. Dieselben sind in eine Protoplasmamasse eingebettet und sollen durch endogene Zellen- bildung sich weiter vermehren. | Dourx (21) fand bei jungen Larven von Ameisen als Anlage der | Ovarien einen breiten, birnförmigen Körper, dessen breite Fläche in acht _ fingerförmige Fortsätze ausgezogen war. Bei einem anderen Exemplar be- merkte Donrn, dass dieser Körper zwischen den Marpicur'schen Gefäßen dem Hinterdarm aufsaß und schließt daraus, dass die Fortpflanzungs- drüsen vom letzteren aus entstanden sein dürften. Bei einem ziemlich weit entwickelten Bienenembryo wurde von Bürscnri (13) eine längliche nicht weit von den Rückenrändern sich befindende Zellenmasse als Genitalanlage gedeutet. Eine Anlage des Ausführungsganges konnte er an dieser Zellenmasse aber nicht auf- finden. Auch die erste Entstehung der Sexualdrüsen hat Bürscatı nicht verfolgt. An anderer Stelle erwähnt er jedoch noch, dass am ' Keimstreif der Biene zwei Zellenschichten zu unterscheiden seien, und dass von der inneren dieser beiden Schichten (Entomesodermschicht) die Genitalien sich herleiten müssen. Nach Branpr (12) soll Ursanın (64) ähnliche Angaben machen. Derselbe traf als weibliche Genitalanlage bei Apis zwei nierenförmige Körper an, die zu den Seiten des Rückengefäßes lagen und in Verbin- dung mit einem Ausführungsgange standen. Einige Mittheilungen über das erste Auftreten der Geschlechts- Organe bei der Biene verdanken wir Grassı (26). Nach ihm sind die Geschlechtsdrüsen mesodermalen Ursprunges; sie entstehen dicht an der Grenze einer superficiellen (foglietto superfieiale) und einer unte- ren Mesodermschicht (foglietto profondo), und befinden sich den Zellen- Strängen dicht angelagert, aus welchen das Rückengefäß hervorgeht. Während der ganzen Embryonalzeit stellen sie dann zwei solide Zellen- Stränge dar, die ohne mit einander im Zusammenhang zu stehen, vom vierten bis zum achten Abdominalsegment sich erstrecken. 472 Richard Heymons, Auch nach einer kürzlich erschienenen Arbeit von CArrIERE (15) gehen bei der Mauerbiene (Chalicodoma muraria) die Geschlechtsorgane aus der mesodermalen Mittelplatte hervor. Die Anlagen der Ge- schlechtsdrüsen sind ungefähr von der Zeit an, in welcher das erste Paar von Marricurschen Gefäßen auftritt, deutlich erkennbar und be- finden sich median von der dorsalen Wand der Ursegmenthöhle im fünften und sechsten Abdominalsegment. Unsere Kenntnis von der Entstehung der Geschlechtsorgane bei den Insekten wurde wesentlich durch die Untersuchungen von Nus- paum und Pıım£n erweitert. Beide beschäftigten sich ausschließlich mit den Ausführungsgängen der Sexualdrüsen, und ihre Untersuchun- gen über diesen Gegenstand sind um so werthvoller, als sie, obwohl von verschiedenen Gesichtspunkten ausgehend, dennoch beide zu den- selben Ergebnissen geführt haben. Nussaum (54) studirte die Entwicklungsgeschichte der Ausführungs- gänge bei Pediculinen und kam zu dem Resultat, dass aus den Strängen, in welche die Sexualanlagen an ihrem hinteren Ende übergehen, nur die Vasa deferentia oder die Oviducte hervorgingen. Alle anderen Theile des Ausführungsapparates, wie beim Weibchen Uterus und Vagina, beim Männchen Ductus ejaculatorius und Penis, sowie die An- hangsdrüsen bei beiden Geschlechtern, entwickeln sich aus dem ekto- dermalen Hautepithel. Diese Theile sollen sich nach ihm als paarige Ektodermverdickungen am Hinterende des Körpers anlegen, erst später unpaar werden und sich mit den Samenleitern oder Oviducten ver- einigen. Ganz ähnliche Verhältnisse traf er auch beim Männchen von Periplaneta orientalis an, wo er gleichfalls die Entwicklung der Aus- führungsgänge der Sexualdrüsen verfolgte. | Hatte Nussaum dieses interessante Verhalten aufgefunden, indem er die Entwicklungsgeschichte der genannten Theile studirte, so ge- lang es gleichzeitig PıLm£n (52, 53) zu ganz übereinstimmenden Resul- taten zu kommen, indem er vergleichend-anatomisch die Ausführungs- gänge der Geschlechtsdrüsen bei Insekten untersuchte, Parmtn wies. bei einer Anzahl von Orthopteren an den Ausführungsgängen zwei heterogene Abschnitte nach. Er unterschied paarige innere Abschnitte, Vasa deferentia resp. Oviducte, welche mit den Sexualdrüsen selbst in inniger Verbindung stehen, und äußere Abschnitte, welche ein Derivat der Körperhaut sind und sich sekundär erst mit den inneren Abschnitten verbunden haben. Die äußeren Abschnitte der Sexualor- gane können nach Pırm£n bei manchen Insekten eine gewisse Paarig- keit zeitlebens zeigen, oder es kann auch aus ihnen auf verschiedene‘ Weise ein unpaarer Abschnitt hervorgehen. Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 473 Auch von späteren Beobachtern ist es vollkommen bestätigt wor- den, dass die Ausführungsgänge der Geschlechtsdrüsen bei den In- _ sekten aus zwei morphologisch ungleichwerthigen Abschnitten bestehen, die erst sekundär sich mit einander vereinigen. Hiernach finden auch vielleicht die so verschiedenartig lautenden Angaben, welche in frühe- rer Zeit über die Entstehung der Sexualdrüsen gemacht wurden, noch zum Theil eine Erklärung. Es ist bereits von Wırraczir (79) darauf aufmerksam gemacht worden, dass sehr wahrscheinlich Suckow, GANIN u. A. nur die Entstehung des ektodermalen Antheiles des Geschlechts- apparates gesehen und beschrieben haben dürften. Über die Entstehung der Sexualdrüsen bei den Coleopteren liegen nur wenige Beobachtungen aus neuerer Zeit vor. Nach VozLrzkow (65) entstehen die Geschlechtsorgane bei Melo- lontha vulgaris schon frühzeitig. Sie werden vom Mesoderm aus ge- bildet und liegen als zwei birnförmige Körper am Hinterende des Eies. Die beiden Genitalanlagen werden von einer starken ringförmigen Zellenmasse umgeben und befinden sich stets am Schlusse der letzten Segmenthöhle, welcher sie angelagert sind. Später rücken sie etwas nach dem Rücken hinauf und liegen dann zu den Seiten des Herzrohres. Heiner (32) hat in dem ersten Theil seiner Monographie über die Embryonalentwicklung von Hydrophilus piceus gleichfalls schon die Anlage der Sexualdrüsen berücksichtigt. Nach seinen Angaben ent- wickelt sich im Abdominaltheil des Körpers, und zwar vom vierten Segmente an, immer an einer bestimmten Stelle der Ursegmentwand eine Zellwucherung, welche die erste Anlage der Genitalorgane dar- stellt. Die erwähnte Zellwucherung findet sich stets in der der media- len Seite des Keimstreifens zugewendeten Ursegmentwand, und zwar zwischen einem Theil des Ursegmentes, von welchem aus das dor- sale Fettkörperband sich entwickelte, und zwischen einem anderen Theil des Ursegmentes, welcher das Darmfaserblatt geliefert hat. In seiner Arbeit über die Entwicklung von Blatta germanica und Doryphora decemlineata macht dann Warzrer (74) einige Mittheilungen über die Entstehung der Sexualorgane, welche sich ausschließlich auf das letztgenannte Insekt beziehen. Nach WnrELer entstehen die Sexualorgane als zwei paarige, längliche Verdiekungen der splanch- nischen Mesodermschicht, welche auf jeder Körperseite in die Leibes- höhle hinein vorspringen. In späterer Zeit sollen die Genitalorgane eine rundliche Gestalt annehmen, und dann auch mit einem feinen Ausführungsgange in Verbindung stehen, über dessen Ursprung WHEELER jedoch keine Untersuchungen angestellt hat. Die Angaben, welche bisher über die Bildung der Sexualdrüsen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 34 474 Richard Heymons, bei Käfern gemacht sind, lauten somit ganz übereinstimmend dahin, dass das Mesoderm die Genitalanlagen entstehen lässt. Die verschie- denen Beobachter deuten ferner noch übereinstimmend auf die Be- ziehung der Genitalanlagen zu den Ursegmenten hin. Am deutlichsten ist dies von HEIDErR und WHEELER ausgesprochen worden, indem sie erwähnen, dass die Genitalanlagen in der Wand der Ursegmente selbst, und zwar in Form von Verdickungen derselben, ihren Ursprung nehmen. In Bezug auf die Orthopteren verdanken wir Ayzss (1) die ersten Mittheilungen über die Entstehung der Sexualdrüsen. Ayers hat bei Oecanthus niveus die Anlagen der Fortpflanzungsorgane zu einer Zeit auftreten sehen, in welcher sich der Rücken des Embryo zu bilden begann. Die Genitalanlagen stellten zunächst zwei unregelmäßige Gruppen von amöboiden Zellen dar, welche der splanchnischen Meso- dermschicht angehörten und zu beiden Seiten des Rückengefäßes sich befanden. Diese beiden Zellenmassen nehmen bald eine ovale, dann eine eylindrische, und schließlich eine birnförmige Gestalt an. Das vordere Ende jeder Ovarialanlage zieht sich hierauf in einen feinen Fortsatz aus, der sich weiter vorn an die Mesodermzellen ansetzt, welche das Herz umgeben. Für Periplaneta orientalis sind von Nussaum (51) einige kurze An- gaben veröffentlicht worden. Die Genitaldrüsen stammen nach ihm vom Mesoblast ab. Bei beiden Geschlechtern bilden die Genitalanlagen länglichovale Körper, welche nach hinten in einen langen fadenförmi- gen Fortsatz übergehen und in der Leibeshöhle zu den Seiten des Ab- domens sich befinden. Ziemlich frühzeitig soll dann jede Genitalanlage in einzelne Unterabtheilungen zerfallen, die aber mit einander kom- municiren. Aus dem hinteren, fadenförmigen Fortsatz geht die Epithel- schicht des Oviductes, resp. des Vas deferens hervor. Nach einer Zeichnung von Grazer (25, Taf. X, Fig. 198) stellen sich die Genitalanlagen von Stenobothrus variabilis als spindelförmige An- schwellungen dar, die sich innerhalb des Darmfaserblattes (df) befinden. Während man nach den genannten Autoren das Mesoderm als Ursprungsstätte der Sexualdrüsen zu betrachten hat, ist neuerdings eine ganz andere und abweichende Ansicht über die Entstehung der Geschlechtszellen bei Phyllodromia germanica veröffentlicht worden. Es hat CuoLopkovsky (18) in einer kurzen Mittheilung angegeben, dass der Fettkörper und die Geschlechtszellen bei Phyllodromia aus Dotter- zellen entstünden, welche in gewissen Entwicklungsstadien in die Leibeshöhle einwandern. Es ist klar, dass diese Anschauung von der Herkunft der Genital- Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 475 zellen sich nicht mit dem vereinigen lässt, was ich früher von der Bildung der Genitalzellen bei Phyllodromia gesagt habe. Die Auffassung von CHoLoDKOVSKkY muss ich jedoch für eine irr- thümliche erklären. Ich erwähnte oben, dass die Genitalzellen, welche in der Mesodermschicht durch Umwandlung einzelner Zellen derselben entstanden sind, nicht in der Mesodermschicht verbleiben, sondern, um genügenden Platz für eine weiter gehende Größenzunahme zu ge- winnen, über das Niveau der Mesodermschicht hinaustreten. Vor der Ausbildung der Cölomsäckchen müssen nun derartige Genitalzellen, da eine Leibeshöhle noch nicht vorhanden ist, sich nach dem Dotter hin bewegen. Sie drücken sich gewissermaßen in die weiche Dotter- masse hinein und liegen dann je in einer kleinen, ihrem Umfange ge- nau entsprechenden, Vertiefung derselben eingebettet, wobei sie aber natürlich die Berührung mit der Mesodermschicht nicht verlieren. Diese Berührung wird jedoch leicht zerstört, wenn, wie es nicht selten ! 3 en. £ h | " b N f h v 2 geschieht, der Keimstreif sich bei der Präparation etwas von der Dottermasse abhebt. In diesem Falle bleibt die Genitalzelle häufig in der Vertiefung an der Oberfläche des Dotters sitzen. Hier kann es in der That dann den Eindruck machen, als hätte man eine Genitalzelle vor sich, die der Dottermasse allein angehörte, die aber mit dem Keim- streif selbst in keiner Beziehung stünde. Es ist wohl zweifellos, dass CHoLopkovsky derartige Zellen gesehen hat. Er hat sie für Dotterzellen gehalten und beobachtet, dass diese Zellen später mit dem Keimstreif _ in Verbindung traten und die Geschlechtsanlagen des jungen Embryo bilden. CuoLopkovsky ist zu seiner Auffassung vielleicht um so eher “ gelangt, als die wirklichen Dotterzellen in diesem Entwicklungsstadium fast sämmtlich in der unmittelbaren Nähe des Keimstreifens angehäuft sind. Doch kann auch diese Erscheinung nicht als eine Stütze für seine - Theorie in Anspruch genommen werden, denn es ist sehr erklärlich, dass die Dotterzellen sich dicht am Keimstreifen befinden müssen, weil dieser bei der lebhaften Entwicklung, in welcher er sich zu jener Zeit befindet, einer außerordentlich reichen Zufuhr von Nährmaterial be- darf. Dasselbe ist in der Dottermasse enthalten und wird dem Keim- streifen durch die Thätigkeit der Dotterzellen zugänglich gemacht. Eine Verwechslung der Genitalzellen mit den Dotterzellen dürfte _ um so entschuldbarer sein, als in dem in Rede stehenden Entwick- lungsstadium die Dotterzellen noch klein und wenig ausgebildet sind. Genitalzellen und Dotterzellen sehen sich daher ähnlich und stehen sich h Bu h "auch in Bezug auf ihre Größe sehr nahe. Bei genauerer Beobachtung zeigt es sich jedoch schon, dass die Dotterzellen einen etwas größeren Umfang besitzen, als die Genital- | 31* 476 Richard Heymons, zellen. Sowohl der Kern, als auch der Zellleib selbst ist bei den Genital- zellen kleiner als bei den Dotterzellen. Besonders sind es aber Eigen- thümlichkeiten in der Struktur, an welcher sich — bei gut gelungener Konservirung — die Genitalzellen und Dotterzellen leicht unterscheiden lassen. Bei den Genitalzellen färbt sich bei Anwendung von Borax- karmin das Zellplasma nur sehr schwach und bleibt beinahe farblos, während bei den Dotterzellen der Zellleib ziemlich viel Farbe annimmt und dann deutlich rosa gefärbt erscheint. Auch der Kern ist bei den Genitalzellen hell, und sein Chromatingerüst verhältnismäßig fein. Aus diesem Grunde tritt dann auch an den Kernen der Genitalzellen der sehr stark gefärbte Nucleolus sehr deutlich hervor. Anders verhält es sich bei den Kernen der Dotterzellen. Diese sind ausgezeichnet durch ein sehr stark ausgeprägtes Ghromatingerüst, welches in einer regel- mäßigen Anordnung den ganzen Kern gleichmäßig erfüllt. Die dicken Chromatinelemente, welche bei den Dotterzellen den Kern durchsetzen, verdecken einmal größtentheils das oder die Kernkörperchen desselben und geben andererseits dem ganzen Kern ein dunkleres Aussehen im Gegensatz zu den hellen Kernen der Genitalzellen. Von der Existenz sicherer Übergangsformen, welche von den Dotterzellen zu den Genitalzellen hinüberführen, habe ich mich nie- mals überzeugen können. Dagegen konnte ich solche zwischen den Mesodermzellen und den Genitalzellen mit aller Sicherheit nachweisen. Gerade dieser letzte Umstand berechtigt mich, im Gegensatz zu CHoLOD- Kovsky meine oben dargelegte Auffassung von der Entstehung der Genitalzellen aufrecht zu erhalten. Ich leite demnach bei Phyllodromia die Genitalzellen von Meso- dermzellen ab. Eine Umbildung von Mesodermzellen in Genitalzellen findet, wie wir gesehen haben, während einer verhältnismäßig langen Dauer der Entwicklung statt. Die ersten Genitalzellen entstehen be- reits in einer Zeit, in welcher die ersten Anzeichen der Segmentirung in Form von schwach ausgeprägten Krümmungen des Keimstreifens äußerlich hervortreten. Einige Zellen der noch unsegmentirten, dem Ektoderm anliegenden, Mesodermschicht bilden sich im hinteren Theile des Keimstreifens in Genitalzellen um. Durch Umwandlung immer neuer Mesodermzellen in Genitalzellen wächst die Zahl der letzteren allmählich an, bis die Segmentirung äußerlich ganz deutlich ausge- prägt ist, und nun auch die Mesodermschicht in segmentale Abschnitte, in die einzelnen Ursegmente zerfällt. Bereits etwas vorher konnte man schon wahrnehmen, dass die fertig gebildeten Genitalzellen vorwiegend eine intersegmentale Anordnung besaßen, und also auch intersegmen- tal zwischen zwei Segmenten entstanden sein mussten. Sobald im Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. A77 Abdominaltheil des Körpers die Ursegmente sich gebildet haben, kommt es zu einer sehr beträchtlichen Vermehrung der Zahl der Genitalzellen. Die nun gebildeten Genitalzellen entstehen auch aus gewöhnlichen Mesodermzellen, und zwar ebenfalls intersegmental, indem sie in den Dissepimenten der Ursegmente ihren Ursprung nehmen. Die Meso- dermzellen, welche sich jetzt, nach Bildung der Cölomsäckchen in Genitalzellen umgestalten, müssen nunmehr als Epithelzellen der Leibeshöhle bezeichnet werden, da sie die peritoneale Auskleidung derselben bilden. Ein principieller Unterschied zwischen den Epithel- zellen der Leibeshöhle und den Mesodermzellen, welche noch in einer einfachen Zellschicht dem Ektoderm anliegen, besteht natürlich nicht im geringsten, weil ja die letzteren unmittelbar in die ersteren über- gehen. Bei der Bildung der Cölomsäcke hat sich die einfache Meso- dermschicht in die einzelnen Ursegmente umgebildet, und die Zellen dieser Mesodermschicht werden damit zu Epithelzellen der Leibes- höhle. Wir sehen somit bei Phyllodromia, dass ein Theil der Genitalzellen aus den Epithelzellen der Leibeshöhle hervorgeht, ein anderer Theil der Genitalzellen geht ebenfalls aus den entsprechenden Zellen hervor, aber schon in einer früheren Zeit, in welcher noch keine Lei- beshöhle vorhanden ist, und in welcher wir die Epithel- zellen der Leibeshöhle noch als aualzlolie Mesoderm- zellen bezeichnen müssen. Die bisher über die Entstehung der Insektengenitalien gewonnenen Ergebnisse lassen einen Vergleich mit einigen anderen niederen Thier- formen von besonderem Interesse erscheinen. Ich will hier nur die Protracheaten und die Anneliden berücksichtigen, weil nach unserer heutigen Auffassung diese beiden Thiergruppen den muthmaßlichen Vorfahren der Insekten sehr nahe stehen dürften. Über die Entstehung der Genitalorgane bei Peripatus capensis liegen Angaben von Sengwick (59) vor. Derselbe fand als erste Anlage der Fortpflanzungsdrüsen große runde Kerne, die im Entoderm auf- traten, und sodann von dort in die splanchnische Mesodermschicht einwanderten. In derselben bekommen diese Kerne später eine proto- plasmatische Umhüllung, und es legen sich ihnen daselbst andere Kerne an, die der splanchnischen Mesodermschicht angehören und später zu den Kernen der Follikelzellen werden. Die Einwanderung der Genitalkerne findet nur in den dorsalen Theilen der Ursegmente Statt, und zwar nur innerhalb des 16. bis 20. Körpersegmentes. Die dorsalen Theile der betreffenden Ursegmente, welche in ihrer Wand die Sexualzellen enthalten, bilden sich direkt in die Genitaldrüsen um, 478 Richard Heymons, indem das Cölom dieser Theile unmittelbar zur Genitalhöhle wird. Aus den beiden Cölomsäckchen des 21. Körpersegmentes gehen die Aus- führungsgänge hervor. Die Genitaldrüsen rücken später nach dem Dorsaltheil des Körpers hinauf, bis sie sich in der Medianlinie unter- halb des Herzens berühren (Pl. XXXVI, Fig. 43). Ob das erste Auftreten der Genitaldrüsen bei Peripatus capensis wirklich im Entoderm zu suchen ist, dürfte wohl noch erst durch spä- tere Untersuchungen bestätigt werden müssen. Das Einwandern der großen runden Kerne in die splanchnische Mesodermschicht der dor- salen Ursegmentabschnitte erinnert dagegen sehr an den ähnlichen Vor- gang bei Phyliodromia, wo auch die Genitalzellen in eine bestimmte Wand des dorsalen Ursegmentantheiles hineinwandern. Auch die Bildung des Follikelepithels der Genitaldrüsen bei Peri- patus entspricht nach den Angaben von Sepgwick den Verhältnissen, welche wir bei Phyllodromia gefunden haben. Senewıck schildert die Entstehung des Epithels in folgender Weise (59, p. 390): » The follieu- lar nuclei are the nuclei of the splanchnic mesoderm, which closely apply themselves to the germinal nuclei as soon, as the latter emerge from the endoderm.« Auch bei Phyllodromia müssen die Epithelzellen der Geschlechtsanlagen auf Zellen der Ursegmentwände zurückgeführt werden. Nachdem die Genitalzellen bei Phyllodromia in die dorsalen Ursegmentwände eingewandert sind, schließen sich Zellen dieser Wände den Genitalzellen dicht an und bleiben von nun ab mit ihnen in dauerndem Zusammenhang, um später das Follikelepithel der Ei- röhren zu liefern. Eine wesentliche Übereinstimmung in dem Verhalten der Genital- drüsen bei Peripatus und dem der Genitalanlagen bei Phyllodromia zeigt sich ferner noch in dem Hinaufrücken dieser Organe nach dem Dorsaltheile des Körpers. Gerade wie bei Phyllodromia und zahlreichen anderen Insekten behalten auch schon bei Peripatus die Genitaldrüsen ihre ursprüngliche Lage nicht bei, sondern gelangen an die Rücken- seite des Körpers hin, wo sie erst ihren definitiven Platz einnehmen’ Sehr bedeutend ist dagegen ein anderer Unterschied, der sich in der Beziehung des Cöloms zur Geschlechtsdrüse äußert, und auf wel- chen schon Heıper (32, p. 75) mit Recht aufmerksam gemacht hat. Denn während bei den Protracheaten ein Abschnitt der echten Leibeshöhle direkt zur Genitalhöhle wird, hat bei den Insekten der Überrest des Cöloms seine frühere Bedeutung für die Genitaldrüsen vollständig ver- loren, und dient nicht mehr zur Aufnahme der Geschlechtsprodukte. Die Höhlung der Geschlechtsdrüsen entsteht vielmehr bei den Insekten auf eine andere Weise, und zwar, wie es scheint wohl überall, durch » Br v e Er Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 479 Auseinanderweichen der Zellen innerhalb einer ursprünglich völlig soliden Genitalanlage. Die Geschlechtszellen der Annelider entstehen, wie wohl allge- mein bekannt sein dürfte, innerhalb der peritonealen Auskleidung der Leibeshöhle, indem die Genitaldrüsen nur einfache Wucherungen der die Leibeshöhle auskleidenden Epithelschicht sind. Ich will hier nur auf die Untersuchungen von Bereu und E. Meyer Bezug nehmen. Beren (8) macht über die Entstehung der Genitaldrüsen bei Lum- brieus Angaben. Die Geschlechtsdrüsen des Regenwurms bilden sich nach ihm an den Septen, und zwar entstehen sie als Wucherungen des Peritoneums. Die Zellen des Peritonealepithels differenziren sich so- wohl bei den Hoden wie bei den Ovarien in eine periphere und in eine centrale Schicht. Die peripherische Schicht besteht aus dünnen Zellen mit abgeplatteten Kernen, während die centrale Masse sich aus größeren Zellen zusammensetzt. Diese größeren Zellen stellen die Ur- _ keimzellen dar und liefern später die Geschlechtsprodukte. Die Geni- a 1 a ii a a a EZ ra en ta a ha, 2 2m talzellen sind somit nur modifieirte Epithelzellen der Leibeshöhle. Ganz übereinstimmend damit schildert auch E. Meyer (46) die Bil- dung der Genitaldrüsen bei den Polychaeten. Hier entstehen die Geschlechtsdrüsen entweder von der peritonealen Umhüllung der Blut- gefäße aus, wie z. B. bei Amphitrite rubra, oder sie entwickeln sich, wie z. B. bei den Cirratuliden an den Dissepimentlamellen. Auch bei den Polychäten stellen die Genitaldrüsen einfache Wucherungen der die Leibeshöhle auskleidenden Epithelschicht dar. Die reifen Ge- schlechtszellen gelangen in die Leibeshöhle hinein und sind auch hier nur als modifieirte Epithelzellen derselben anzusehen. Wenn man dieBildung der Geschlechtszellen bei den Anneliden mit der Entstehung der Genitalzellen bei Phyllodromia vergleicht, so zeigt es sich, dass in beiden Fällen die Bildungsweise der Fortpflanzungszellen eine ganz ähnliche und sich entsprechendeist. Die Geschlechts- zellen der Anneliden sind von dem Peritonealepithel der Leibeshöhle herzuleiten. Einzelne Zellen dieser Epithelschicht wandeln sich an bestimmten Stellen direkt in die Geschlechtszellen um. Derselbe Vor- gang findet nun auch bei Phyllodromia statt. Hier besteht die Wan- dung eines jeden Ursegmentes aus einer Epithelschicht, welche einen Abschnitt der Leibeshöhle umschließt, und auch hier gehen aus den Zellen dieser Epithelschicht an bestimmten Punkten die Genitalzellen hervor. Gerade wie bei den Anneliden sind somit auch bei Phyllo- dromia die Geschlechtszellen als modifieirte Epithelzellen der Leibes- höhle zu betrachten. Dass bei Phyllodromia sich ein Theil der 480 Richard Heymons. Genitalzellen schon zu einem Zeitpunkt bildet, in welchem noch gar keine Leibeshöhle vorhanden ist, darf natürlich nicht als Einwand gelten. Ich habe schon oben darauf hingewiesen, dass die Mesoderm- schicht, von welcher vor der Ausbildung der Gölomsäcke die Genital- zellen herstammen, später sich in einzelne Ursegmente gliedert, und dass somit diese Mesodermschicht dem Leibeshöhlenepithel vollkom- men entspricht. Eine weitere Übereinstimmung zwischen Phyllodromia und den Anneliden zeigt sich ferner noch in der Vertheilung der Geschlechts- zellen. Bei einer großen Zahl von Anneliden bilden sich die Ge- schlechtsdrüsen in einem verhältnismäßig langen Abschnitt des Kör- pers, wobei sie Segment für Segment immer an einer bestimmten Stelle der Leibeshöhlenwand auftreten. Dasselbe Verhalten weisen auch die Genitalzellen von Phyllodromia auf. Auch sie entstehen in einem verhältnismäßig langen Abschnitt des Abdominaltheiles und lassen bei ihrem ersten Auftreten eine deutliche segmentale Anordnung erkennen. In größerer Zahl kommen die Genitalzellen bei Phyllodromia allerdings nur in dem Raum vom zweiten bis zum siebenten Abdomi- nalsegmente zur Ausbildung. Aber auch in den weiter nach hinten folgenden Abdominalsegmenten trifft man noch vereinzelt Genitalzellen an, über deren Verbleib ich jedoch nicht klar werden konnte. Wahr- scheinlich dürfte wohl das Vorhandensein dieser Genitalzellen darauf hindeuten, dass ursprünglich die Sexualzellen auch in den hinteren Segmenten des Abdomens noch in derselben typischen Weise auftraten, wie dies jetzt noch weiter vorn der Fall ist. Erst im Laufe der phylo- genetischen Entwicklung wird wohl die Ausbildung der Genitalzellen in größerer Zahl allein auf sechs Abdominalsegmente beschränkt wor- den sein. Es scheint sogar, dass in dieser Beziehung eine noch weiter gehende Beschränkung stattfinden soll, denn man beobachtet, dass im siebenten Abdominalsegmente weit weniger Genitalzellen zur Ausbil- dung kommen, als in den vorhergehenden fünf Segmenten. In den betreffenden Segmenten kommen die Genitalzellen nur an den Dissepimenten zur Entwicklung, resp. entstehen sie vor dem Vor- handensein von CGölomsäckchen nur an den intersegmentalen, den Dissepimenten entsprechenden Abschnitten der Mesodermschicht. Diese regelmäßige Anordnung der Geschlechtszellen bei Phyllodromia dokumentirt vorübergehend eine ursprüngliche segmentale Wieder- holung der Sexualzellen, wie sie bei den Anneliden zeitlebens noch erhalten bleibt. Sogar die Stelle, an welcher sich aus dem Leibes- höhlenepithel die Geschlechtszellen von Phyllodromia entwickeln, ist noch dieselbe wie bei einer großen Zahl von Anneliden. Gerade an Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L.. 481 den Dissepimenten bilden sich die Geschlechtsdrüsen der Anneliden - sehr häufig, und auch bei Phyllodromia sehen wir, dass die Dissepi- mente die Ursprungsstätte für die Genitalzellen sind. Vielleicht lässt sich dieser Vergleich auch noch weiter fortführen, denn es erinnert bei Phyllodromia das Hineinwandern der Genitalzellen in die Leibeshöhle außerordentlich an einen ähnlichen Vorgang bei Peripatus und bei den Anneliden. Auch bei diesen gelangen die reifen Geschlechtszellen in die Leibeshöhle, um von dort nach außen geführt zu werden. Bei Phyllodromia ist der Aufenthalt der Genitalzellen in der Leibeshöhle allerdings nur ein vorübergehender. Die Genitalzellen gelangen hier wieder in eine Ursegmentwand hinein, werden von Zellen derselben umhüllt und erreichen erst, nachdem sie in die Genitalanlagen einge- schlossen sind, ihre völlige Ausbildung. Das Entstehen der Geschlechtsdrüsen bei Phyllo- dromia erinnert ohne Zweifelin vielen Beziehungen an dieEntwicklung der Geschlechtsdrüsen bei einigen nie- deren Thierarten, von denen wir auch höchst wahrschein- lich die Insekten herzuleiten haben. Die Herkunft der Geni- talzellen aus den Epithelzellen der Leibeshöhle, das Auftreten der Genitalzellen in einer ganzen Reihe von Körpersegmenten, die regel- mäßige Segment für Segment sich wiederholende Bildung der Genital- zellen in den Dissepimenten und das, wenn auch nur vorübergehende, Verweilen der Genitalzellen in der Leibeshöhle, dies Alles sind Eigenthümlichkeiten, welche uns wohl von den Polychäten her be- kannt sind, welche aber bisher bei keinem Insekte beschrieben wurden. Unter den bisher auf die Entwicklung der Sexualdrüsen untersuchten Insekten dürfte daher Phyllodromia jedenfalls das primitivste und ursprünglichste Verhalten aufweisen. Bei genauerer Untersuchung wird sich vielleicht auch für viele andere Orthopteren noch eine ähnliche Entstehung der Sexualdrüsen ' nachweisen lassen, wie dies hier für Phyllodromia geschehen ist. Die Angaben von Avsss (1) für Oecanthus und von Nussaum (51) für Peri- planeta besagen vorläufig nur, dass die Geschlechtsdrüsen dieser In- sekten aus dem Mesoderm herstammen. Den Orthopteren werden sich vermuthlich die Coleopteren in mancher Beziehung eng anschließen. Nach den Untersuchungen von Heiner (32) an Hydrophilus und von Wnszier (7%) an Doryphora bil- den sich die Geschlechtsdrüsen gleichfalls von den Wänden der Ur- Segmente aus. Aber es scheinen sich hier bei den Coleopteren keine von einander isolirte Genitalzellen mehr zu entwickeln. Nach den Angaben von Heiper und WHEELER wenigstens entstehen die Genital- 482 Richard Heymons, anlagen sogleich als solide zellige Verdickungen an bestimmten Stellen der Ursegmentwände. Nach der Auffassung von O. und R. Herrwıc (35) sind die Ge- schlechtsorgane der Arthropoden vom Mesoblast herzuleiten; sie geben eine Abbildung, nach welcher dies für einen Schmetterling (Zygaena minos) ersichtlich ist. Ihnen schließt sich auch Srıicuarpr (61) an Für zwei Vertreter der Hymenopteren (Apis und Chalicodoma) ist es ebenfalls schon festgestellt worden, dass die Geschlechtsdrüsen von der Mesodermschicht abzuleiten sind. Man wird wohl mit Recht annehmen dürfen, dass das mittlere Keimblatt es ist, welches bei sämmtlichen Insekten die Genitaldrüsen entstehen lässt. Es ist bereits von Wırriczir (79) die Vermuthung ausgesprochen worden, dass sowohl der Polzelle bei den Dipteren, als auch der ersten Geschlechtszelle am hinteren Pole des Blastoderms bei manchen Aphi- den die Bedeutung von Mesodermzellen zukommen könne. | Eine andere Anschauung vertritt allerdings Wırr (78), der auf Grund seiner Beobachtungen an viviparen Aphiden die ersten Ge- schiechtszellen derselben eher für indifferente Elemente hält, die keinem Keimblatte direkt zuzurechnen seien. Auch Woopworrs (80) ist der Meinung, dass die Keimzellen »do not belong to any layer but are the product of some of the first divisions of the egg cell«. Wiırzaczir glaubt dagegen zu seiner Annahme um desswillen be- rechtigt zu sein, weil die Geschlechtszellen der Aphiden an der Seite des Blastoderms auftreten, von welcher später das Mesoderm zur Ab-- spaltung kommt. An seine Hypothese knüpft Wırzaczır dann noch ferner die Vermuthung, dass auch bei den anderen Insekten, bei wel- chen sich die Genitalzellen erst später differenziren, dies ebenfalls aus dem Mesoderm erfolge. Diese letztere Vermuthung hat sich, wie wir gesehen haben, inzwischen für eine Anzahl von Insekten in sehr schöner Weise bestätigt. Auch glaube ich der anderen Annahme von Wırzaczir beipflichten zu können, dass nämlich die ersten Geschlechts- zellen bei den Dipteren und Aphiden den Werth von Mesodermzellen haben dürften. Zur Begründung dieser Ansicht möchte ich aber den umgekehrten Weg einschlagen, den Wiıraczır beschritten hat. Hatte WırLaczır, von Dipteren und Aphiden ausgehend, für die übrigen Insekten den meso- dermalen Ursprung der Geschlechtszellen angenommen, so will ich jetzt als Basis die Orthopteren und Coleopteren benutzen, bei denen inzwischen die Herkunft der Sexualdrüsen aus dem mittleren Keimblatt Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 483 wohl zweifellos feststeht. Gerade die Orthopteren hat man als die am _ wenigsten modificirten und ursprünglichsten Insekten zu betrachten, von ihnen, oder doch von ihnen nahe stehenden Thieren, wird man die übrigen Insektenordnungen wohl sämmtlich herzuleiten haben. Die Entwicklungsgeschichte der Sexualzellen bei Phyllodromia ist ja mit ihren vielfachen Anklängen an ähnliche Verhältnisse bei niederen Thier- formen ein deutlicher Beweis für das phylogenetisch hohe Alter der Orthopteren. Zum Verständnis der Bildung der Sexualdrüsen bei höhe- ren Insektengruppen wird man daher stets von den Orthopteren aus- gehen müssen. | Bei der Entstehung der Genitalzellen von Phyllodromia zeigt sich nun schon eine Eigenthümlichkeit, welche uns vielleicht einen Finger- zeig dafür bieten kann, wie man sich die abweichende Bildung der Sexualdrüsen bei den Dipteren zu erklären haben wird. Während nämlich bei Phyllodromia ein Theil der Genitalzellen ähnlich wie bei den Würmern in den Wandungen der Cölomsäcke zur Ausbildung kommt, entsteht ein anderer Theil der Geschlechtszellen schon früher aus der noch unsegmentirten Mesodermschicht. Es wird vermuthlich erst im Laufe der phylogenetischen Entwicklung allmählich dahin ge- kommen sein, dass nicht mehr wie bei den Ahnenformen sämmtliche Genitalzellen aus der Wandung der Leibeshöhle her sich entwickelten, sondern dass bei Phyllodromia ein Theil dieser Genitalzellen schon auf- trat, ehe noch die Leibeshöhle angelegt war. Für den Organismus - scheint es überhaupt in vielen Fällen von irgend welchem, uns noch unbekannten, Vortheil zu sein, wenn gerade die Sonderung der Sexual- - drüsen in ein möglichst frühes Entwicklungsstadium hinein verlegt _ wird. Beispiele von einem sehr frühzeitigen Auftreten der Fortpflan- zungszellen sind wenigstens schon aus verschiedenen Thierkreisen be- - kannt geworden und dürften wohl für das Zweckmäßige einer solchen - Einrichtung sprechen. Ich. will hier besonders das interessante Ver- - halten erwähnen, welches iin dieser Beziehung die Chätognathen zeigen. Bei Sagitta findet nach den Angaben von Bürscati (1%) und O. HErT- wıc (34) die Anlage der Sexualdrüsen bereits auf einer Entwicklungs- "stufe statt, in welcher der Embryo sich noch im Gastrulastadium be- findet. Am Grunde der Urdarmeinstülpung treten hier zwei Zellen _ auf, die sich durch ihre Größe von den übrigen Zellen des Urdarmes ; unterscheiden; sie stellen schon die Anlagen der Sexualdrüsen dar, welche somit lange Zeit vor dem Entstehen sämmtlicher übrigen Organ- systeme zur Absonderung gelangen. Nicht weniger beachtenswerth ist die Bildung der Genitalanlagen von Moina. Nach den Untersuchungen von GRoBBEN (30) kann man bei a 4 A fiaeie, 484 Richard Heymons, Moina nach Ablauf der ersten Furchungsstadien am vegetativen Eipole eine große, central gelegene grobkörnige Zelle unterscheiden. Diese Zelle giebt später den Genitaldrüsen den Ursprung und tritt bereits während einer Entwicklungsperiode auf, in welcher neben einigen Ektoderm- und Mesodermzellen nur eine einzige Entodermzelle vorhan- den ist. Die frühzeitige Anlage der Geschlechtsorgane bei Moina ist um so interessanter, als bei einfacher organisirten und weit niedriger stehenden Phyllopoden z. B. bei Branchipus, nach den Beobachtungen von Craus (20) zu urtheilen, die Geschlechtsdrüsen erst viel später zur Absonderung gelangen. Das Verhalten von Branchipus wird man nun jedenfalls als das ursprünglichere betrachten dürfen. Es müssen dem- nach besondere Gründe maßgebend gewesen sein — über die sich vorab nur bloße Vermuthungen anstellen lassen —, welche allmählich dahin geführt haben, dass bei Moina die Bildung der Fortpflanzungsorgane jetzt schon so frühzeitig stattfindet. Bei Phyllodromia scheint nun die Entstehung wenigstens eines Theiles der Sexualzellen bereits in frühere ontogenetische Entwick- lungsstadien hinein verlegt worden zu sein. Hier entstehen aber diese Sexualzellen immer noch aus der deutlich differenzirten Mesoderm- schicht. Würde das erste Auftreten der Genitalzellen bei einem Insekte aber allmählich in immer noch frühere Entwicklungsstadien hinein- fallen, so wird schließlich einmal das erste Auftreten der Sexualdrüsen in einem Zeitpunkt stattfinden müssen, in welchem die Keimblätter noch nicht gesondert sind. Dieser Fall wird durch die Aphiden ver- anschaulicht, wo die Genitalanlage vom Blastoderm aus zur Absonde- rung gelangt, und zwar von jener Stelle desselben, an welcher später das Mesoderm entsteht. Bei den Dipteren zeigt die frühzeitige Sonderung der Geschlechtszellen noch einen weiteren Fortschritt. Hier entstehen die »Polzellen« schon, bevor noch das Blastoderm gebildet ist. Dass man in einer derartigen frühen Differenzirung der Geschlechts- drüsen aber kein einfaches primäres Verhalten vor sich hat, darauf deutet auch wohl die unpaare Anlage der betreffenden Theile hin. Sowohl bei den Dipteren wie bei den Aphiden ist das erste Auftreten der Geschlechtszellen unpaar oder führt doch wenigstens zur Bildung einer unpaaren Genitalanlage, welche erst später in zwei Theile zer- fällt. Eine derartige Erscheinung bei einem später paarigen Organe legt wohl jedenfalls die Vermuthung immer schon sehr nahe, dass hier bereits abgeleitete sekundäre Verhältnisse eingetreten sind. Es ist be- sonders von Grossen (29, 30) mit Recht darauf aufmerksam gemacht worden, dass bei den bilateralen Thieren die Genitaldrüsen von vorn herein paarig zur Anlage kommen werden. m „auf ar A Da SE 1 Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 485 In einer so frühzeitigen Bildung von Fortpflanzungszellen, wie wir sie bei Dipteren und Aphiden antreffen, wird man keinenfalls ein ur- sprüngliches Verhalten erblicken können, sondern es stellt diese früh- zeitige Abtrennung eine erst spät erworbene Eigenthümlichkeit dar. Die einfacher organisirten Orthopteren und Coleopteren, bei welchen die paarig auftretenden Geschlechtsdrüsen noch deutlich mesodermaler Herkunft sind, haben die ursprünglichen Verhältnisse beibehalten. Die weit höher stehenden Dipteren sind zweifellos von derartigen niederen Insektenformen abzuleiten, ihre Geschlechtsdrüsen werden ursprüng- lich wohl ebenfalls noch deutlich vom mittleren Keimblatt her entstan- den sein, und es wird die Differenzirung derselben erst nach und nach im Laufe der Zeit in immer früheren Entwicklungsstadien stattgefunden haben. Sofern wir diese, immerhin nicht ganz unwahrscheinliche An- nahme acceptiren, so wird es nun auch zulässig sein, noch heute den Polzellen in gewissem Sinne den Werth von Mesodermzellen zuzu- sprechen. | Es scheint demnach, dass man berechtigt ist, für die Genitaldrüsen sämmtlicher Insekten eine mesodermale Abkunft, wenn gleich auch oftin sehr modificirter Weise; anzunehmen. In so weit ich mit den vorstehenden Erörterungen versucht habe, die Entstehungsweisen der Sexualdrüsen bei den verschiedenen In- sektengruppen einmal von einem einheitlichen Gesichtspunkte aus zu- sammenzufassen, so will ich ausdrücklich erklären, dass meine Aus- führungen vorläufig nur die Bedeutung von Hypothesen haben können. Unsere Kenntnis von der Bildung der Insektengenitalien ist noch eine viel zu mangelhafte, als dass sich darauf hin schon sichere Schlüsse ziehen ließen. Vielleicht mag es jedoch nicht als ganz unberechtigt angesehen werden, wenn schon jetzt einmal der Versuch gemacht wird, eine so merkwürdige und eigenartige Erscheinung, wie sie in der Bil- dung der Polzellen uns entgegentritt, auf bekanntere Verhältnisse zu- rückzuführen. Die Sonderung der Genitalzellen vom mittleren Keimblatt, welche nach meiner Vermuthung sehr wahrscheinlich sämmtlichen Insekten, wenn gleich auch oft in stark abgeänderter Weise, zukommt, kann schließlich noch den Gedanken an die Auffassung nahe legen, nach welcher das Mesoderm überhaupt in letzter Hinsicht auf Genitalzellen zurückzuführen sei. Eine solche Auffassung ist in neuerer Zeit beson- ders von E. Mryer (47) vertreten worden. Die Thatsache, dass gerade bei den niederen Insekten die Genitalzellen noch ganz deutlich mesodermalen Ursprungs sind, dürfte jedenfalls nicht zu Ungunsten K% FB 486 Richard Heymons, der erwähnten Ansicht sprechen. Eine weitere Stütze für dieselbe wird sich freilich bei den Insekten wohl kaum finden lassen, denn das frühzeitige Auftreten eines Theiles der Geschlechtszellen von Phyllo- dromia innerhalb der noch ungegliederten und undifferenzirten Meso- dermschicht, welches als ein weiteres Argument vielleicht noch in Frage kommen könnte, möchte ich nicht für ein ursprüngliches Verhalten erklären, sondern eher darin eine sekundär erworbene Eigenschaft er- blicken. B. Die Entwicklung der weiblichen Genitalanlage beim Embryo. I. Die Genitalanlage nach dem Eintritt der geschlechtlichen Differenzirung. In dem Stadium, in welchem die ersten sexuellen Unterschiede an der bisher bei allen Individuen gleichartigen Genitalanlage auf- treten, besteht das nunmehr als weibliche Geschlechtsanlage zu be- zeichnende paarige Gebilde aus zwei langen runden Strängen, die an der Grenze zwischen dem ersten und zweiten Abdominalsegment be- ginnen und bis zum Hinterende des fünften Abdominalsegmentes sich erstrecken. Jede Genitalanlage liegt zwischen dem Mitteldarmepithel und dem Perikardialseptum und nimmt fast die ganze Breite des Kör- pers ein, der jetzt als ein noch außerordentlich schmales zelliges Band die mächtige Dottermasse umgiebt. An der Ventralseite wird der Genitalstrang vom Fettkörpergewebe begrenzt. An seine dorsale Fläche setzt sich die Endfadenplatte an, welche sich nach der dorsa- len Mittellinie hin erstreckt. Dort trifft sie sobald sich der Rücken ge- schlossen hat, mit der Endfadenplatte der anderen Körperseite zusam- men und heftet sich an die Unterseite des Herzrohres an. Der kleine Hohlraum, welchen man oberhalb der Genitalanlage zwischen dem Perikardialseptum einerseits und der Endfadenplatte andererseits vor- findet, stellt den Rest der Ursegmenthöhle dar. Aber nur dicht ober- halb der Genitalanlage ist noch ein Rest des Cöloms erhalten geblieben. Weiter dorsalwärts liegen das Perikardialseptum und die Endfaden- platte so dicht an einander, dass ein freier Raum zwischen beiden nicht mehr wahrzunehmen ist. Wenn wir jetzt zu einer genaueren Betrachtung der weiblichen Genitalanlage selbst übergehen, so zeigt es sich, dass die Genitalzellen innerhalb der ganzen Genitalanlage gleichmäßig vertheilt sind (Fig. 11). Wir haben dies schon als einen Unterschied gegenüber der männlichen Genitalanlage kennen gelernt. Es ist aber hierbei zu bemerken, dass das vorderste, spitz auslaufende Ende der weiblichen Genitalanlage En nn ANZ a ns Zn er a EZ er Zu an a a a Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 487 ausschließlich von Epithelzellen gebildet wird, so dass, während schon der Genitalstrang an der Grenze zwischen dem ersten und zweiten Abdominalsegment beginnt, erst in der hinteren Hälfte des zweiten Abdominalsegmentes sich Genitalzellen vorfinden. Die Epithelzellen haben vorzugsweise ihre Lage an der Peripherie des Genitalstranges und haben dort größtentheils eine längliche Form angenommen, indem sie sich parallel zur Längsachse des Organs gestreckt haben. Aber auch innerhalb der Genitalanlage liegen zwischen den Gecnitalzellen noch Epithelzellen, die eine mehr rundliche Form besitzen, oder auch länglich sind, dann aber meist senkrecht zur Längsachse der Genital- anlage stehen. In größerer Zahl treten die Epithelzellen wie früher an der Ventralseite auf (Fig. 11 cz). Dort bilden sie eine Schicht von etwa zwei bis drei Reihen über einander liegender, länglicher Zellen. Hinten setzen sich dieselben unmittelbar in die Zellen des Ausführungsganges fort, welcher jetzt als Oviduct bezeichnet werden kann. Der letztere lässt auf einem Querschnitt etwa drei bis vier Zellen erkennen, die noch kein Lumen zwischen sich lassen. Wie in den früheren Entwick- lungsstadien wendet sich der Oviduct nach hinten und unten und inserirt zusammen mit dem der anderen Seite in der intersegmen- talen Furche zwischen dem siebenten und dem achten Abdominal- segment. Die Veränderungen, welche gleich nach dem Verschluss des Rückens und der Ausbildung des Herzrohres die weibliche Genital- anlage betreffen, sind nur sehr geringfügig. Sie bestehen allein in einer Vermehrung der Zahl der Genitalzellen. Theilungsstadien der- selben sind daher jetzt außerordentlich häufig aufzufinden, doch zeigt sich bei ihnen nicht das typische Verhalten des Kernes mit der regel- mäßigen Anordnung der Chromatinschleifen, wie es sonst bei den Kerntheilungen der Fall zu sein pflegt. Der Grund, dass hier diese Erscheinungen nicht so deutlich auftreten, dürfte wohl ausschließlich der Konservirungsmethode zuzuschreiben sein, indem bei dem Ab- tödten der Eier mit heißem Wasser die feineren Strukturverhältnisse der in Theilung begriffenen Kerne zerstört worden sind. Ein Versuch die karyokinetischen Figuren in besserer Weise zu fixiren, scheitert jedoch an der Unmöglichkeit, die jungen dotterreichen Eier auf eine andere Art aus dem Kokon herauszupräpariren. Abgesehen von den in Theilung begriffenen Genitalzellen fallen nun aber noch einzelne Genitalzellen auf, welche ebenfalls ein fremd- artiges Aussehen angenommen haben. Auch bei diesen Zellen ist es zu einer Veränderung der Kernstruktur gekommen. Innerhalb des Kernes sind das Kernkörperchen und das Chromatingerüst nicht mehr 488 | Richard Heymons, zu erkennen, sondern die ganze chromatische Substanz hat sich im Centrum des Kernes in Gestalt einer stark liehtbrechenden und sich sehr stark färbenden Kugel zusammengeballt. Übergangsstadien zwi- schen den Genitalzellen mit typischen Kernen, welche ein deutliches Chromatingerüst besitzen, zu diesen Genitalzellen mit abweichend ge- stalteten Kernen finden sich ebenfalls vor, indem man häufig Kerne sieht, bei welchen sich die Hauptmasse des Kerninhaltes zu einem homogenen kugeligen Gebilde umgestaltet hat, in dessen Umgebung dann noch einzelne isolirte Chromatintheilchen sich befinden. Derartige, in so eigenthümlicher Weise umgestaltete Kerne von Genitalzellen trifft man schon bei etwas früheren Entwicklungsstadien an. Sogar schon vor dem Eintritt der sexuellen Unterschiede sind sie, wiewohl sehr ver- einzelt, gleichfalls schon nachzuweisen, und auch noch während des ganzen weiteren Entwicklungslaufes der weiblichen Genitalanlage finden sie sich vor. Selbst beim erwachsenen geschlechtsreifen Thier liegen solche abweichend gestaltete Kerne von Genitalzellen nicht selten in dem apikalen Theile der Eiröhren, in welchem sich noch keine Eier entwickelt haben (in Fig. 18 gz, ist ein derartiger Kern einer Genitalzelle abgebildet). Diese merkwürdige Kernstruktur einfach für ein Kunstprodukt zu erklären, ist nicht zulässig, da man sie auch bei Anwendung ganz ver- schiedener Konservirungsmethoden in den verschiedenen Entwick- lungsstadien stets wieder antrifft. Auch sind von anderer Seite bereits ähnliche Zusammenhäufungen des Chromatins in Kernen beschrieben worden. So hat Korscuerr (39) in den Endkammern der Eiröhren von Dytiscus Kerne von Keimzellen beobachtet, bei welchen sich die chro- matische Substanz zu intensiv roth gefärbten Kugeln oder Ballen zu- sammengehäuft hatte (p. 567—568). In einer späteren Arbeit (40) spricht dann KorsckeLr die Ansicht aus, dass eine derartige Umänderung der Kernstruktur durch beson- dere Ernährungszustände der Zelle bedingt sein könne. Dieser Ansicht möchte ich mich gleichfalls hier anschließen. Man beobachtet, dass jetzt in der Genitalanlage außerordentlich viel in Theilung begriffene Geni- talzellen liegen, und man wird annehmen dürfen, dass während der lebhaften Vermehrung der Genitalzellen auch eine sehr reichliche Auf- nahme von Nährsubstanzen seitens derselben stattfinden muss. Eine ähnliche intensive Aufnahme von Nährsubstanzen wird auch später noch vor sich gehen, wenn die Genitalzellen sich zu Eizellen aus- bilden. Dass nun bei der Assimilation von Nährstoffen der Zellkern eine wichtige Rolle spielt, und dass hierbei oft Änderungen seiner Struktur eintreten, darf wohl als zweifellos gelten. Eine wesentliche Betheiligung Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 489 des Zellkernes bei dem Vorgange der Assimilation ist besonders durch die Untersuchungen von KorscusLr (0) erwiesen worden, welcher auch zuerst in eingehender Weise auf diese Verhältnisse aufmerksam gemacht hat. In Folge der fortgesetzten Theilungen erfährt die Zahl der Geni- talzellen einen beträchtlichen Zuwachs. Da nun nach der vollzogenen Theilung die Genitalzellen immer wieder die frühere Größe erreichen, so ist es erklärlich, dass auch die ganze Genitalanlage selbst an Umfang bedeutend zunehmen muss. Dieselbe dehnt sich jetzt mehr nach den beiden Seiten hin aus und bekommt zugleich eine stärkere Ausdehnung nach der dorsalen und der ventralen Seite hin. Doch wird von dieser Größenzunahme nur der Querdurchmesser des Organs betroffen. Der Längsdurchmesser erleidet im Gegentheil sogar eine Verkürzung. Ungefähr in dem Zeitpunkt, in welchem die Verschmelzung des ersten Abdominalganglions mit dem letzten Thoraxganglion vor sich geht, und die Vasa Malpighi als kleine Ausstülpungen des Enddarmes schon deutlich erkennbar sind, scheint der Vermehrungsprocess der- Genitalzellen seinen Höhepunkt erreicht zu haben und hört bald darauf gänzlich auf. Die Struktur der Genitalzellen, wie die der Epithelzellen, hat sich dann noch in keiner Weise geändert. Die Epithelzellen haben jetzt ihre Lage fast sämmtlich an der Peripherie der Geschlechtsanlage eingenommen, und nur wenige von ihnen finden sich noch im Inneren derselben zwischen den Genitalzellen vor. Die langgestreckten Epithel- zellen, welche wir früher an der Ventralseite des Genitalstranges an- trafen, sind jetzt in noch größerer Zahl dort vorhanden. Auf Quer- _ sehnitten (Fig. 10 cz) sind sie leicht aufzufinden, man bemerkt auf denselben an der unteren Seite der Geschlechtsanlage, und zwar an _ ihrer medialen Kante, eine kleine Gruppe von sechs bis sieben runden Zellen, welche sich auch durch ihre etwas hellere Färbung von den übrigen Enpithelzellen unterscheiden. Diese runden Zellen sind die - quergetroffenen langgestreckten Zellen, und aus ihnen geht später der proximale Theil des Ausführungsganges hervor. Il. Die Entstehung der Endfäden. Bevor ich auf die weiteren Umgestaltungen der Sexualanlage ein- gehe und die Ausbildung der einzelnen Eiröhren aus der bis jetzt ein- heitlichen Zellenmasse der Genitalanlage schildere, wird es angebracht sein, zunächst die Veränderungen innerhalb der Endfadenplatte ins Auge zu fassen. Denn die Processe, die sich in dem Suspensorialapparate abspielen, geben gewissermaßen den ersten Anstoß zur Umbildung der einheitlichen Genitalanlage in einzelne von einander isolirte Abschnitte. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 39 490 Richard Heymons, Wie wir oben gesehen haben, war die Endfadenplatte zur Zeit, als die Umwachsung des Dotters von Seiten des Keimstreifens vor sich ging, ein aus langen schmalen Zellen bestehendes Gebilde, welches jederseits längs der dorsalen Seite des Genitalstranges sich ansetzte und bis zum oberen freien Ende des Perikardialseptums reichte. Die wesentliche Bedeutung der beiden Endfadenplatten liegt eben darin, dass durch dieselben die Genitalanlagen in Verbindung mit den freien Körperrändern stehen, welche ein außerordentlich lebhaftes Wachs- ihum zeigen und an den Seiten der Dottermasse emporwuchern, bis sie sich schließlich in der dorsalen Medianlinie vereinigen. Vermöge dieser Verbindung kann jederseits die Genitalanlage nach der Dorsal- seite des Körpers gezogen werden. Sobald aber einmal der Verschluss des Rückens, sowie die Ausbildung des Herzens vor sich gegangen sind, ist die Verbindung der Genitalanlage mit dem Perikardialseptum resp. mit dem Herzen nutzlos geworden, denn nun nimmt die Genital- anlage schon ihren definitiven Platz ein. Es ist daher ganz verständ- lich, dass jetzt diese Verbindung aufhört, indem sich beide Endfaden- platten in ihrer ganzen Länge von ihrer Befestigungsstelle an der Unterseite des Herzens ablösen. Mit der Genitalanlage bleibt dagegen jederseits die Endfadenplatte noch in festem Zusammenhang. | Die erste Veränderung, welche sich gleich nach der Loslösung der Endfadenplatte bemerkbar macht, besteht in einer starken Kontraktion derselben. Sie zieht sich von dem Rückentheil des Körpers zurück und liegt dann nur noch unmittelbar oberhalb der Genitalanlage (Fig. 10 epl). Zugleich mit dieser Verkürzung geht eine Veränderung der Zellen vor sich, welche die Endfadenplatte zusammensetzen. Die letzteren stellten früher lange zarte Gebilde dar, die senkrecht zu der Längsachse des Körpers und somit auch zu der der Genitalanlage ge- stellt waren. Bei der eintretenden Kontraktion der Endfadenplatte nehmen die Zellen nun zuerst in ihrem unteren Theile, dicht am Geni- talstrang, eine mehr kompaktere, rundliche Form an, um sich dann sogar im entgegengesetzten Sinne wie früher auszudehnen, indem sie sich jetzt parallel zur Längsachse des Genitalstranges strecken. | Dieser Vorgang lässt sich leicht an sagittalen Längsschnitten ver- folgen (Fig. 14). Man sieht zunächst bald nach Verschluss des Rückens dicht oberhalb des Genitalstranges in der Endfadenplatte längliche, parallel zur Längsachse der Genitalanlage gestreckte Zellen liegen, während weiter dorsalwärts die Zellen noch unregelmäßig gestellt sind und eine mehr rundliche Form haben. Bei etwas älteren Embryonen hat schon eine größere Zahl von Zellen eine längliche Gestalt angenommen und sich parallel zur Längsachse des Genitalstranges gerichtet. Schließ- Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. . 491 lich formt sich das ganze Zellenmaterial der Endfadenplatte in solche Zellen um. Hierbei kommt es denn auch noch zu einer ziemlich be- trächtlichen Vermehrung der Zellen, wie sich aus der Zunahme ihrer Zahl schließen lässt, und wie ich dies auch direkt an einzelnen Thei- lungsstadien beobachten konnte. Während ursprünglich die langgestreckten, parallel zur Längsachse der Genitalanlage gestellten Zellen der Endfadenplatte ziemlich unregel- mäßig an einander gelagert waren, oder doch wenigstens keine be- stimmte Anordnung erkennen ließen, tritt dieselbe bald in so fern hervor, als die Zellen der Endfadenplatte sich in Reihen anordnen. Die Ausbildung dieser Zellreihen geht ziemlich allmählich vor sich und lässt sich daher auch leicht beobachten. Von den unregelmäßig gelagerten, längsgestreckten Zellen lagern sich zunächst zwei bis drei so über ein- ander, dass sie sich nur mit ihren Längsseiten berühren, während ihre Enden frei bleiben. Die Zellen liegen jetzt ähnlich wie die einzelnen Münzen einer Geldrolle über einander geschichtet. Weitere Zellen treten bald hinzu und lagern sich entweder der obersten Zelle auf, oder schieben sich zwischen zwei der über einander geschichteten Zellen ein. Im letzteren Falle nehmen sie dann meist eine keilförmige Gestalt an und drängen mit ihrem spitzen Ende zwei an einander liegende Zellen aus einander (Fig. 12). Dieser Vorgang spielt sich in der ganzen Ausdehnung der Endfadenplatte ab. Das Resultat desselben ist, dass schließlich fast das gesammte Zellenmaterial derselben zur Bil- dung von einer ganzen Anzahl, durchschnittlich von etwa 20, Zellreihen verwendet wird, welche aus regelmäßig über einander geschichteten und dicht an einander gelagerten Zellen bestehen. Eine jede dieser Zellreihen entspricht einem Endfaden der späteren Eiröhren. Es ist jetzt somit ein Zerfall der bisher einheitlichen Endfaden- platte in einzelne Zellreihen, in die einzelnen Endfäden vor sich ge- gangen und es ist hiermit schon der Process eingeleitet, welcher später auch zum Zerfall der jetzw noch zusammenhängenden Zellenmasse des Genitalstranges in einzelne Reihen, in die Eiröhren, führt. Wir haben oben gesehen, dass in der Endfadenplatte die Umfor- mung der Zellen, welche zur Längsachse der Genitalanlage senkrecht stehen, in Zellen, welche parallel zu dieser Achse gerichtet sind, zuerst im ventralen Theil der Endfadenplatte vor sich ging. Dasselbe Ver- halten trifft man auch bei der Bildung der einzelnen Endfäden an. Auch hier ordnen sich die Zellen im ventralen Theile der Endfaden- platte, d. h. also in dem Theile, welcher der Genitalanlage zunächst liest, zuerst in Reihen an, während weiter dorsalwärts noch unregel- mäßig gelagerte, aber schon parallel zur Längsachse des Genitalstranges 33* 492 Richard Heymons, gestreckte Zellen sich befinden. Je mehr Zellen sich nun über einan- der schichten, und je mehr sich somit die einzelnen Endfäden ver- längern, desto geringer muss natürlich die Zahl der weiter dorsalwärts befindlichen noch unregelmäßig angeordneten Zellen werden. Wenn sich die Endfäden schon im ventralen Theile der Endfaden- platte entwickelt haben, wird anfänglich von diesen unregelmäßig ge- lagerten Zellen im oberen Theile der Endfadenplatte noch ein ziemlich breites Band gebildet. Da aber von diesen unregelmäßig angeord- neten Zellen sich immer mehr und mehr regelmäßig über einander schichten und die einzelnen Endfäden somit immer mehr verlängert werden, so muss hierdurch das erwähnte Zellenband auch immer weiter verschmälert werden. Schließlich bleibt von ihm nur noch ein schmaler Zellenstreifen übrig, der die einzelnen Endfäden dorsalwärts mit einander verbindet und aus sehr langen, parallel zur Längsachse der Ovarialanlage gestreckten, Zellen zusammengesetzt ist. Es sieht nun so aus, als ob die einzelnen Endfäden, welche ungefähr senkrecht zur Längsachse der Genitalanlage stehen, oben in einen sehr langen gemeinsamen Endfaden übergingen, welcher sie alle mit einander ver- knüpft und parallel zur Längsachse der Geschlechtsanlage gerichtet ist (Fig. 13). Dieser gemeinsame Endfaden ist nur der Rest der früheren einheitlichen Endfadenplatte. Die Hauptmasse der Endfadenplatte hat sich in zahlreiche Endfäden umgebildet und nur ihre am weitesten dorsalwärts befindliche Partie ist in Gestalt eines dünnen Zellen- streifens übrig geblieben. Der gemeinsame Zellenstreifen, welcher die Endfäden mit einan- der verknüpft, reicht vorn über die vordersten Endfäden hinaus, in- dem er dort in einen langen Fortsatz übergeht, welcher noch eine Strecke weit durch die Fettkörpermasse zu verfolgen ist. Dieses Ver- halten steht mit der schon früher angedeuteten Umgestaltung der Ova- rialanlage im Zusammenhang. Ich habe erwähnt, dass durch die Ver- mehrung der Zellen derselben nur eine größere Ausdehnung des Organs nach rechts und links, sowie nach oben und unten erzielt wird. Die Längsachse der Genitalanlage erfährt hierbei keine Vergrößerung son- dern im Gegentheil sogar allmählich eine starke Verkürzung. Während ursprünglich die Anlage der weiblichen Geschlechtsdrüse von der Grenze des ersten und zweiten bis zum Hinterende des fünften Ab- dominalsegmentes sich erstreckte, besitzt sie in späteren embryonalen Entwicklungsstadien nur noch eine Ausdehnung von der Mitte des dritten bis zur Mitte des fünften Abdominalsegmentes. Es ist beson- ders eine Verkürzung des vorderen Theiles der Genitalanlage einge- treten, indem sich dieselbe von vorn nach hinten zurückgezogen hat. Die Entwieklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 493 Die Verkürzung hat aber auch einen Einfluss auf die Endfadenplatte ausgeübt. Es begannen beim Eintritt derselben die Zellen sich schon im unteren ventralen Theil der Endfadenplatte regelmäßig zu gruppi- ren, wodurch die einzelnen Endfäden entstanden. Die letzteren sind nun mit der dorsalen Fläche der Genitalanlage außerordentlich innig verbunden. Zwischen den langgestreckten Zellen im untersten Theil der Endfäden und den ebenfalls in derselben Richtung ausgedehnten Zellen an der Peripherie der Genitalanlage ist durchaus kein Unter- schied zu bemerken. Beide gehen, wie schon früher gezeigt wurde, ganz allmählich in einander über und stehen mit einander in engem Zusammenhang. Somit ist es vollkommen verständlich, dass bei einer eintretenden Zusammenziehung der Genitalanlage die Endfäden mit ihrem unteren Theile folgen müssen. Man sieht demnach auch, dass die Endfäden und zwar besonders die vordersten, nicht genau senk- recht zur Längsachse der Genitalanlage stehen, sondern dass sie bei der eintretenden Verkürzung derselben allmählich eine schräge Lage einnehmen, indem sie von vorn und oben nach hinten und unten ver- laufen. Oben d. h. dorsalwärts gehen sie in ein noch ziemlich breites Band über, das aus den unregelmäßig gestellten Zellen besteht, welche, während sie sich umlagern, um Zellreihen zu formiren, nur ganz locker mit einander verbunden sind. Es ist daher erklärlich, dass bei der Zusammenziehung der Genitalanlage, bei der sowohl diese selbst, als auch die mit ihr verbundenen Endfäden ihre Lage verändern, das Zellenband in keiner Weise in Mitleidenschaft gezogen zu werden braucht. Wenn die Verkürzung der Genitalanlage noch weitere Fort- schritte macht, genügt es aber nicht mehr allein, dass die vorderen Endfäden eine schräge Lage einnehmen, vielmehr erfährt nun auch ihr oberes dorsales Ende eine Verschiebung nach hinten. Es werden mit anderen Worten bei einer noch weiter gehenden Verkürzung der Ge- nitalanlage die Endfäden in toto nach hinten gezogen, während das _ erwähnte Zellenband durchaus nicht beeinflusst wird. Dass trotzdem bei diesem Zurückziehungsprocess die Verbindung zwischen dem Zellenbande und den Endfäden nicht zerstört wird, erklärt sich wohl aus dem Umstand, dass bei der Zurückziehung der Endfäden immer neue Zellen des Zellbandes sich dem oberen Ende der einzelnen End- fäden anfügen und die Verbindung aufrecht erhalten. Sobald die Endfäden ihre endgültige Lage eingenommen haben, so besitzen sie auch — wenigstens für die embryonale Zeit — ihre definitive Länge, und es ist das Zellenband auf einen schmalen Streifen redueirt worden, der nach vorn bis in die vordere Hälfte des zweiten Abdominalsegmentes sich verfolgen lässt. Die Spitze des Zellenstranges 494 Richard Heymons, liegt dort der unteren Fläche des Perikardialseptums dicht an. Eine Verwachsung der Spitze mit den Zellen des Perikardialseptums findet aber nicht statt; ich habe mich wenigstens nie von einer festen Ver- bindung der beiden Theile überzeugen können und sie erscheint auch um desswillen unwahrscheinlich, weil nach dem starken Wachsthum des Körpers während der Larvenperiode der Zellenstrang das Peri- kardialseptum überhaupt nicht mehr erreicht, sondern frei in der Fett- körpermasse endigt. Ein histologischer Unterschied zwischen den Zellen der Endfäden und den Zellen des dorsalen Zellenstreifens, an welchen sich die End- fäden ansetzen, bleibt noch während der ganzen Dauer des Embryonal- lebens erhalten. Der dorsale Zellenstreifen besteht, wenn die End- fäden ihre normale Lage im Körper einnehmen, aus sehr langen und feinen Zellen, die dicht an einander geschlossen sind und weniger Neigung haben, sich zu färben wie die Zellen der Endfäden. Die letz- teren beginnen gegen Ende der Embryonalzeit ihre Gestalt zu verän- dern. Sie werden kürzer und breiter, indem sie aus der langgestreckten in eine ovale bis rundliche Form übergehen. Ill. Die Entstehung der Eiröhren. Wenn sich schon aus der Zellenmasse der Endfadenplatte die ein- zelnen von einander getrennten Endfäden entwickelt haben, besteht noch die Ovarialanlage selbst aus einem zusammenhängenden Zellen- haufen, der noch keine Sonderung in isolirte Abschnitte erkennen lässt. Es wird nunmehr meine Aufgabe sein zu zeigen, auf welche Weise diese einheitliche Zellenmasse sich in die einzelnen Eiröhren umbildet. Kurz nach der Entstehung der Endfäden beobachtet man, dass die dorsale Fläche der beiderseitigen Genitalanlagen nicht die glatte Kon- tour zeigt wie die ventrale oder die Seitenflächen. Man bemerkt, dass dorsalwärts, dort wo die einzelnen Endfäden inseriren, sich zunächst kleine Unebenheiten, dann kleine Vorsprünge bilden, an deren Spitze sich jedes Mal ein Endfaden ansetzt (Fig. 13). | Zugleich mit dem Auftreten der Vorsprünge an der oberen Fläche des Genitalstranges, macht sich eine Änderung in der Struktur der Geschlechtszellen bemerkbar, welche wohl wieder mit ihrer Vermeh- rung zusammenhängen dürfte. Dieselben nehmen zuerst im ventralen Theile der Ovarialanlage ein etwas anderes Aussehen an (Fig. 13 gz,) und zwar dort, wo sie an die ventralwärts befindlichen, langgestreck- ten Epithelzellen angrenzen, welche den proximalen Theil des Aus- führungsganges zu liefern haben. Es fällt an diesen Genitalzellen auf, dass die feinen Chromatinelemente, welche vorher gleichmäßig in Form 12 Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L, 495 eines Netzwerkes den ganzen Kern durchsetzten, jetzt nach und nach eine mehr centrale Lage innerhalb desselben einnehmen. Schließlich liegt in der Mitte des Kernes ein dichter aus Chromatinfasern bestehen- der Knäuel, während der übrige Theil des Kernes frei von Chromatin bleibt und von einer farblosen Flüssigkeit erfüllt ist. Der Nucleolus, welcher früher als rundes Bläschen im Centrum sich befand, liegt nun- mehr excentrisch außerhalb des Chromatinhaufens. Meist liegt er der Innenwand des Kernes an und hat dann eine abgeplattete Gestalt ange- nommen. Der ganze Kern erreicht eine Größe von A0—I1 u. Die eben beschriebenen Theilungsstadien der Genitalzellen schreiten all- mählich von der ventralen nach der dorsalen Seite der Genitalan- lage fort. | Während diese Umbildung der Genitalzellen vor sich geht, prägen sich die kleinen Vorsprünge an der dorsalen Fläche der Genitalanlage immer deutlicher aus. Die Vorsprünge werden allmählich zu kleinen Zapfen (Fig. 1%), die durch immer tiefer werdende Einschnitte von ein- ander getrennt sind. Schon früher habe ich erwähnt, dass die Epithel- zellen fast sämmtlich an die Peripherie der weiblichen Sexualanlage ge- rückt sind. Die Oberfläche der Genitalanlage ist auf diese Weise voneinem einschichtigen Lager von Epithelzellen bedeckt. Auch die an der Dorsal- seite der Genitalanlage entstandenen Zapfen zeigen daher eine Be- deckung von Epithelzellen, die auch die Einschnitte zwischen den Zapfen auskleiden. Nur wenige Epithelzellen haben ihre Lage zwischen den Genitalzellen im Inneren des Organs beibehalten. Wenn nun die Einschnitte zwischen den Zapfen immer tiefer werden und auf diese Weise die peripherischen Epithelzellen immer tiefer ins Innere der Genitalanlage hinein wuchern, so schließen sich die im Inneren zurück- gebliebenen Epithelzellen an die einwachsenden Epithelzellen an. Die im Inneren der Genitalarlage zurückgebliebenen Epithelzellen tragen also auch mit dazu bei, eine Epithelbedekung für die Zapfen zu bilden, die sich bei der Vertiefung der trennenden Einschnitte allmählich zu cylindrischen Zellensträngen umbilden (Fig. 15 eur). An ihrem ventralen Ende gehen die letzteren anfänglich noch in die zusammenhängende Zellenmasse der Genitalanlage über. Die Tren- nung der Zellenstränge nach der Ventralseite hin schreitet jedoch nach und nach immer weiter fort, so dass es schließlich, kurz vor dem Ab- schluss der embryonalen Entwicklungsperiode, zu einer völligen Durch- schnürung bis zur ventralen Fläche kommt. Die ganze Genitalanlage ist sodann in eine Anzahl vollständig von einander getrennter Zellen- stränge zerfallen, die schon als junge, unentwickelte Eiröhren ange- sehen werden müssen. Eine jede Eiröhre steht an ihrer etwas ver- 496 Richard Heymons, jüngten Spitze mit einem Endfaden im Zusammenhang, mit ihrer brei- teren Basis setzt sie sich an die langgestreckten Epithelzellen an, welche sich, wie schon öfter erwähnt, an der Ventralseite der Genitalanlage . hinziehen und später zum proximalen Theil des Ausführungsganges werden. Diese Schicht von langgestreckten Epithelzellen ist nicht in einzelne Abschnitte zerfallen, sondern stellt einen zusammenhängenden Zellenstrang dar, an dessen dorsale Seite sich die Basen der einzelnen Eiröhren anheften. Die einzelnen Eiröhren bestehen aus Genitalzellen und Epithelzellen. Die Epithelzellen liegen an der Peripherie der Ei- röhre und beginnen eine zarte strukturlose Haut, die Tunica propria nach außen abzuscheiden. In ganz entsprechender Weise ist auch schon bei anderen Insekten das Auftreten der Tunica propria beobachtet und beschrieben worden. Ihre Entstehung hat zuerst Weısmann bei Musciden verfolgt, wo sich ebenfalls um die cylindrischen Eiröhren eine strukturlose Membran bildet, welche als cuticulare Abscheidung seitens der oberflächlichen Zellenlage der cylindrischen Eiröhre anzusehen ist. Eben so wie die Epithelzellen der Eiröhren, scheiden bei Phyllo- dromia auch die innerhalb eines Endfadens liegenden Zellen eine feine strukturlose Schicht nach außen ab. Es ist daher später eine jede Ei- röhre mit ihrem zugehörigen Endfaden an der Oberfläche von einer zarten, kontinuirlichen Tunica propria bedeckt. Umgeben von den Epithelzellen liegen die Genitalzellen im Gen- trum der Eiröhre. Im untersten Theil derselben liegen sie stets in einer Reihe hinter einander. Der größte Theil von ihnen hat schon die oben geschilderten Umwandlungen der Kernstruktur durchgemacht und zeigt bereits die charakteristische Anhäufung des Chromatins im Centrum des farblosen Kernes. Nur im oberen, spitzen Theile der Ei- röhren findet sich noch eine Anzahl von Genitalzellen vor, welche noch fast völlig unverändert das Aussehen beibehalten haben, welches in früheren Embryonalstadien sämmtlichen Genitalzellen eigen war. Diese letztgenannten Zellen liegen auch noch nicht regelmäßig in einer Reihe hinter einander. | Die Entstehung der Eiröhren aus der zusammenhängenden Zellen- masse der Genitalanlage ist zuerst von Weısmann bei der Larve von Sarcophaga carnaria (70) beobachtet worden. Die Sexualanlagen be- stehen hier aus einer strukturlosen Kapsel, welche zahlreiche, kleine runde Zellen umschließt. Bei Anwendung eines geringen Druckes auf das Organ konnte Weısmann erkennen, dass bei der Larve die Anlage der Eiröhren bereits vorhanden war. In der oberen Hälfte des Ova- Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 497 riums erschienen dann cylindrische Schläuche, die in der Längsrichtung neben einander lagen und welche nach Weısmann: »nach oben zu sich allmählich verjüngen, ohne dass jedoch eine förmliche Spitze sichtbar würde, nach unten zu sich in die Zellenmasse (der Genitalanlage) ver- lieren«e.. Diese cylindrischen Schläuche bilden sich zu den Eiröhren aus, indem sich ihr aus den kleinen, runden Zellen bestehender Inhalt später in Genitalzellen und Epithelzellen differenzirt. Die Bildung der Eiröhren kommt also bei Sarcophaga entsprechend wie bei Phyllodromia dadurch zu Stande, dass von dem dorsalen Ende einer zusammenhängenden Zellenmasse sich die Eiröhren allmählich nach der Ventralseite hin durchschnüren. Doch wird nach Weısmann nicht, wie wir dies bei Phyllodromia sahen, das ganze Zellenmaterial der Genitalanlage zur Bildung der Eiröhren verbraucht, sondern es bleibt bei Sarcophaga ein Theil der kleinen runden Zellen außerhalb der Eiröhren liegen und soll später eine äußere Hülle um dieselben bilden. Ähnliche Angaben wie Wrısmanx macht auch Bessers (9) für Lepi- dopteren. Auch Bessers beobachtete, dass ein Theil des die Genital- anlage bildenden Zellenhaufens sich in ellipsoide, längliche Eiröhren umgestaltete, während ein anderer Theil des Zellenhaufens von durch- aus gleicher Beschaffenheit neben den ellipsoiden Eiröhren liegen blieb. Auf die in diesem Punkte völlig übereinstimmenden Angaben von Weıs- MANN und Bessers, dass die später funktionirende Genitaldrüse nur aus einem Theil der Genitalanlage hervorgeht, während ein anderer Theil von derselben Struktur, wie der erstere niemals zur Funktion gelangt, ist bisher noch sehr wenig Gewicht gelegt worden. Die anderen Autoren, welche über die Entstehung der Eiröhren Mittheilungen gemacht haben, schildern die Bildung derselben in ganz ähnlicher Weise, wie sie sich auch bei Phyllodromia vollzieht. So giebt Wirzaczir (79) für Aphis platanoides an, dass die Anfangs unpaare Ge- nitalanlage sich in zwei Lappen theilt, von denen jeder auf der lateralen Seite eine Anzahl Einkerbungen aufweist. Diese werden allmählich immer tiefer und haben schließlich den Zerfall der jederseitigen Geni- talanlage in fünf längliche Zellenkörper, die Anlagen der Endfächer, zur Folge. Denselben Vorgang schildert auch Bausıant (3) sehr anschaulich: »Elles (die Eiröhren) apparaissent d’abord comme de simples mamelons ou lobes arrondis A la surface de l’ovaire. Puis, A m&sure que les sillons qui les separent s’approfondissent davantage, ces lobes s’allongent et se iransforment en prolongements coniques, lesquels achevent eux- memes de se separer les uns des autres.« 498 Richard Heymons, Bei Aphis pelargonii und Pemphigus spirothecae soll dagegen nach Wirzaczir die ganze Zellenmasse der Genitalanlage auf einmal in eine Anzahl von Kluripen zerfallen, die oft von ungleicher Größe sind und sich dann sekundär noch weiter theilen können. Hiermit stimmen die Beobachtungen von Wirr (78) überein, dem zufolge ebenfalls bei vivi- paren Aphiden die hufeisenförmig gebogene Genitalanlage gleichzeitig in eine Summe rundlicher Zellenhaufen zerfällt, die sich rechts und links von der Medianlinie zu gleichen Theilen az und als die jungen Endkammern anzusehen sind. # Auch Baısrani (6) hat bei der Larve von Chironomus einen anderen Bildungsmodus beobachtet. Hier sollen die im Inneren der Genitalan- lage liegenden kleinen Zellen durch einen Knospungsvorgang Tochter- zellen um sich entstehen lassen, die sich radiär um die Mutterzelle an- ordnen. Eine jede Gruppe von Tochterzellen mit ihrer centralen Mutterzelle entspricht nach Bausranı dem Inhalt einer Endkammer der Eiröhre. IV. Die Entstehung der Peritonealhaut. Gegen Ende der Embryonalzeit kommt es noch zur Anlage eines Gebildes, das jederseits die nun von einander isolirten Eiröhren wieder zu einem einheitlichen Ganzen, zu einem »Ovarium« vereinigt. Es ist die peritoneale Tunika, welche sowohl jede einzelne Eiröhre mit einer schützenden Membran umsgiebt, als auch einen gemeinsamen Sack dar- stellt, in welchem alle Eiröhren eines Ovariums eingeschlossen sind. Über die Entstehung und die histologische Zusammensetzung der Peritonealhaut sind bereits von verschiedenen Forschern Angaben ge- macht worden. Das Vorhandensein einer besonderen äußeren Hüllhaut an den Ovarien der Insekten ist zuerst von Hrrorp (33) und MüLzer (50) fest- gestellt worden. H. Meyer (48) hat darauf die Peritonealhaut an Raupen genauer studirt. Er sagt, dass die gemeinschaftliche Hülle, welche beim Männ- chen die Hoden, sowie beim Weibchen den Eierstock umgiebt, »den Charakter eines Fettkörperlappens von der besonderen Art der um das Rückengefäß angelagerten Fettkörperlappen« trage. Die Peritoneal- hülle soll nach Meyer dadurch entstehen, dass sich helle Zellen an die Oberfläche der Ovarialschläuche anlegen, unter einander verschmelzen und so ein »äußeres Epithelium« bilden. Nach ihm hat Srem (62) die äußere Hülle an den Ovarien der Käfer untersucht und fand, dass sie ein von maschenartigen Zwischen- räumen und Lücken unterbrochenes Netzwerk von Muskelfasern sei. Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blaita) germ. LL. 499 Eine genaue histologische Beschreibung der Peritonealhaut von den Eierstöcken verschiedener Insekten lieferte Lxyvıe (4). Derselbe stellte fest, dass das Muskelnetz, welches Sıeın gesehen, sicht in, sondern unterhalb der Peritonealmembran sich befinde und auch nicht zu dieser gehöre, sondern eine Bildung sui generis sei. Bezüglich der Peritonealhaut selbst schließt michi Leypic im Wesent- lichen der Ansicht von Mxver an. Er rechnet sie zum »zellig-blasigen Bindegewebe« und sagt, dass sie mit dem sog. Fettkörper zusammenhänge und identisch mit demselben sei. Gerade wie der Darm, das Nerven- system etc. von einer äußeren Hülle umgeben wären, so treffe dies auch für das Ovarium zu. Alle diese Bildungen seien nur bindegewe- biger Natur und mit einander identisch. Es ist klar, dass wenn die Peritonealhülle dem Bindegewebe zuzu- rechnen ist, sie nicht denselben Ursprung haben kann, wie die Zellen innerhalb der Eiröhren. Zu einem gegentheiligen Ergebnis kommt je- doch Weısmann (70), der bei Sarcophaga die Peritonealhaut von der ur- sprünglichen Zellenmasse der Genitalanlage herleitet. Während nur ein Theil der ganz gleichartigen Zellenmasse der Sexualanlage zur Bil- dung der Eiröhren verwendet wird, soll von dem zurückbleibenden Theil eine äußere Hülle um die Eiröhren gebildet werden. Die Peri- tonealhaut verdankt also nach Weısmann dem Zellenmaterial der Geni- talanlage selbst ihre Entstehung. Ähnliche Verhältnisse hat auch Bessrıs (9) bei Lepidopteren gefun- den. Nach ihm bildet sich nach der ersten Häutung eine Verstärkungs- membran, von der er sagt, dass sie „wahrscheinlich aus dem Inhalt der Drüse, welcher nicht zum Aufbau der ellipsoiden Körper (Eiröhren) verbraucht wurde«, entsteht. Auch Branpr (12), der in einer früheren Arbeit (11) sich der Leyviıc- schen Auffassung angeschlossen hatte, ist geneigt, die Peritonealhülle als eine Abspaltung von der ursprünglichen Zellenmasse der Ovarial- anlage anzusehen, doch fügt er selbst hinzu, dass seine Beobachtungen für eine nähere Begründung dieser Ansicht noch nicht ausreichend wären. Hiernach haben dann noch Barrour (7) und Bausrant (3) Angaben gemacht, welche sich wieder mit denen von Leypıe in Übereinstimmung befinden. Bei Phyllodromia kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Ansicht von Meyer und Lryvıe zutreffend ist. Die Peritonealhaut ist bei Phyllodromia bindegewebiger Natur, ihre Entstehung geht nicht von der Zellenmasse der Genitalanlage aus vor sich, sondern sie bildet sich in ähnlicher Weise, wie dies Meyer für Lepidopteren beschrieben hat. 500 Richard Heymons, Im Laufe der Entwicklung ist bei Phyllodromia die Genitalanlage jederseits vom Fettkörpergewebe rings umwachsen worden. Bei fast reifen Embryonen, die sich kurz vor dem Ausschlüpfen befinden, sieht man nun sehr deutlich, dass sich einzelne der im Fettkörper zerstreuten Bindegewebszellen der Oberfläche der Genitalanlage angelegt haben. Die Bindegewebszellen im Fettkörper haben eine rundliche, oder un- regelmäßig zackige Gestalt, sobald sie sich aber der Genitalanlage an- fügen, nehmen sie eine langgestreckte flache Form an (Fig. 16 pt). Diese abgeflachten Zellen stellen nun die erste Anlage der Peritonealhülle dar. Zahlreiche andere Bindegewebszellen folgen später nach und be- decken an anderen Stellen die Oberfläche der Eiröhren, Endfäden ete. Indem alle diese Zellen zu einer zusammenhängenden Haut verschmel- zen, bilden sie die Peritonealhülle, die noch zeitlebens mit dem Fett- körper in innigem Zusammenhang bleibt. Die Hauptentwicklung der peritonealen Hülle geht erst in nach- embryonaler Zeit vor sich. Wenn die Embryonen den Kokon verlassen, besteht dieselbe noch aus vereinzelten Bindegewebszellen, welche sich hier und dort den Eiröhren angelagert haben, jedoch noch nicht zu einer zusammenhängenden Schicht unter einander verbunden sind. Jedenfalls ist es bemerkenswerth, dass schon während des Em- hryonallebens die wichtigsten Theile des Geschlechtsapparates sämmt- lich zur Anlage gekommen sind. Während der Larvenperiode besteht der Fortschritt hauptsächlich nur in der Größenzunahme der einzelnen Theile sowie in der Fertigstellung des ausführenden Kanalsystems. C. Die Entwicklung der weiblichen Genitalanlage bei der Larve. I. Die Entwicklungsvorgänge in den Eiröhren. Bei Embryonen, welche kurze Zeit vor dem Ausschlüpfen aus dem Kokon getödtet wurden und bei ganz jungen Larven, welche bald nach dem Ausschlüpfen zur Untersuchung gelangten, lassen die Kerntheilungs- bilder der Genitalzellen einen weiteren Fortschritt erkennen. Wieder sind es die Zellen, welche sich im basalen Theile der Ei- röhre befinden, an denen zuerst eine Veränderung wahrnehmbar ist. Das Chromatin, das sich vorher im Centrum des farblosen Kernes zu- sammengeballt hatte, erfüllt nunmehr den ganzen Kern und zwar in Gestalt eines mehrfach aufgewundenen Fadens. Da der Chromatin- faden nur verhältnismäßig schwach gefärbt ist, so hat jetzt der ganze Kern ein viel helleres Aussehen wie früher bekommen (Fig. 15 923). Diejenige Genitalzelle, welche sich jedes Mal unmittelbar an der Basis einer Eiröhre befindet, ist dann schon in das Ruhestadium ein- Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 501 getreten. Im Kern derselben tritt jetzt das Chromatin nicht mehr in Form eines Fadens auf, sondern das auffallend schwach gefärbte Chro- matingerüst durchsetzt wieder den ganzen Kern völlig gleichmäßig (Fig. 15 g92,). Kern und Zelle haben dabei bedeutend an Größe zuge- nommen, es erreicht allein der erstere einen Umfang von 10—15 u. In der Nähe der Spitze der Eiröhre finden sich kleinere Genital- zellen vor, bei welchen das Chromatin noch im Centrum des Kernes angehäuft ist (Fig. 15 gz,). und endlich unterhalb der Spitze der Ei- röhre selbst trifft man Genitalzellen an, bei denen überhaupt keine Strukturveränderung eingetreten ist, sondern welche noch ganz un- verändert auf ihrer früheren Entwicklungsstufe verblieben sind (Fig. 15 g2). Bei einer Larve von 5 mm Länge ist schon ein bedeutender Fort- schritt in der Ausbildung der Genitalzellen zu bemerken. Die ganz an der Basis einer jeden Eiröhre befindliche, also dem späteren Ausfüh- rungsgange zunächst liegende, Zelle hat bereits eine Entwicklungsstufe erreicht, die es möglich macht, sie als ein, allerdings noch unentwickel- tes, junges Ei zu bezeichnen. Zunächst ist der große Umfang für eine solche Genitalzelle charakteristisch. Derselbe ist auf eine Vergrößerung des Zellleibes zurückzuführen. Das Zellplasma besteht jetzt aus einer gleichmäßigen körnigen Masse, die sich verhältnismäßig nur schwach färbt und schon das Aussehen des Eidotters besitzt. Der Kern ist nur wenig vergrößert und auffallend blass und hell. Die Chromatinelemente wreten in ihm nur sehr undeutlich hervor. Im Centrum findet sich ein ziemlich großes Kernkörperchen von unregelmäßig rundlicher Gestalt, welches stets sehr stark gefärbt ist. An die so gestaltete junge Eizelle an der Basis einer jeden Eiröhre schließt sich nach der Spitze hin eine andere Genitalzelle an, die schon ähnliche Merkmale, nur noch in geringerer Ausbildung erkennen lässt. Der Zellleib ist hier noch nicht so stark vergrößert und auch nicht so reichlich mit Körnchen durchsetzt. Auch der Kern besitzt noch einen etwas größeren Reichthum an Chromatin. Noch weiter nach der Spitze der Eiröhre hin, folgen dann Genitalzellen, welche jetzt den Entwick- lungsgrad erlangt haben, den früher die unmittelbar an der Basis einer Eiröhre befindlichen Zellen inne hatten. An der Spitze der Eiröhre selbst liegen dagegen noch wie früher ganz unentwickelte Genitalzellen. In einer solchen Eiröhre zeigen sich somit alle Übergänge von einem jungen Ei bis zu ganz unentwickelten Genitalzellen, die noch keinerlei Anzeichen einer höheren Differenzirung erkennen lassen, son- dern noch ganz auf derselben Entwicklungsstufe stehen geblieben sind, welche sie schon in früher embryonaler Zeit erreicht hatten. 502 Richard Heymons, = Dabei haben die Zellen in der Eiröhre ihre frühere Anordnung ganz beibehalten, indem die kleinen und unentwickelten Zellen sich im apikalen Theil der Eiröhre befinden, während die größeren und ausgebildeten Genitalzellen den basalen Theil derselben ausfüllen. In dem basalen Theil der Eiröhre tritt die schon früher erwähnte regel- mäßige Lagerung der dort befindlichen Genitalzellen hervor; es ord- nen sich hier die Zellen in einer Reihe hinter einander an. An der Spitze der Eiröhre ist von einer derartigen regelmäßigen Anordnung nichts zu bemerken, sondern hier sind die Genitalzellen noch unregel- mäßig neben und über einander gelagert. Während mit der fortschreitenden Entwicklung ein großer Theil der Genitalzellen bedeutend an Umfang gewinnt und die Eiröhre selbst hierdurch allmählich eine immer beträchtlichere Länge erreicht, so be- halten doch sämmtliche Epithelzellen ihre frühere Größe fast unverändert bei. Gleichwohl kleiden sie aber noch die ganze, jetzt viel ausgedehn- tere, Innenfläche der Tunica propria aus und liegen auch zum Theil im Inneren der Eiröhre zwischen den an der Spitze derselben befindlichen unentwickelten Genitalzellen. Dies ist nur dadurch möglich, dass die Zahl der Epithelzellen eine bedeutende Zunahme erfahren hat. Aber trotz der starken Vermehrung, welche gerade bei jungen Larven die Epithelzellen zeigen müssen, ist es mir doch nie gelungen, Theilungs- stadien dieser Zellen aufzufinden. WHEELER (74), der die Vermehrung des Epithels in den reifen Ei- follikeln bei Phyllodromia studirte, nimmt an, dass die Epithelzellen sich durch direkte Theilung vermehren sollen. Ob dies bei den jungen, von mir untersuchten Larven der Fall ist, habe ich nicht mit Sicherheit festzustellen vermocht. Wenn aber hier die typischen Kerntheilungs- bilder sich nicht so leicht auffinden lassen, so hat dies vielleicht auch darin seinen Grund, dass die Theilungen außerordentlich rasch sich vollziehen mögen. Auch werden bei der Kleinheit der Zellen die karyokinetischen Figuren nicht sehr deutlich hervortreten können. Mit der Zunahme der Anzahl der Epithelzellen ist auch eine Ver- änderung ihrer Gestalt Hand in Hand gegangen. Sie sind aus der früheren flachen, langgestreckten Gestalt in eine mehr rundliche Form übergegangen und liegen jetzt dicht an einander gedrängt in einer ein- zigen kontinuirlichen Schicht der Innenfläche der Eiröhrenwand an. Nur im basalen Theile der Eiröhre, dort wo die Genitalzellen sich schon zu jungen Eiern umgebildet haben, ist die Gestalt der Epithelzellen wieder sekundär eine flachere, abgeplattete geworden. Die Veränderungen, welche die jungen Eizellen noch durchzu- machen haben, bestehen fast ausschließlich nur noch in einer starken Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L.. 503 Vergrößerung ihres Umfanges. Wenn die Eizellen aber allmählich mehr und mehr an Größe zunehmen, so können sie bald in dem engen Binnenraum der Eiröhre keinen genügenden Platz mehr finden, son- dern es wird dann eine Erweiterung der letzteren nothwendig. Eine solche geht nun auch thatsächlich an den Stellen der Eiröhre vor sich, an welchen sich ein Ei befindet und zwar wird sie einfach mechanisch durch das Wachsthum desselben hervorgerufen. Von der sich stark vergrößernden Eizelle wird nämlich die elastische Tunica propria all- mählich ausgedehnt und es wird hierdurch der ovalen Gestalt ent- sprechend, welche das Ei mit der Zeit annimmt, ein ovaler Raum geschaffen. Den letzteren, welcher selbstverständlich von dem Ei und den in seiner Umgebung befindlichen Epithelzellen vollständig ausge- füllt ist, bezeichnet man als »Eikammer«. An der zwischen zwei Ei- zellen befindlichen Partie der Eiröhre brauchte natürlich nicht eine solche Ausdehnung der Eiröhrenwand einzutreten. Im Gegentheil hat hier an diesen Stellen bei der Bildung der Eikammern eher eine kleine Zusammenziehung der Tunica propria stattgefunden. Es wechselt da- her jetzt immer eine weite, ausgedehnte und längere Partie der Ei- röhre mit einer schmalen, zusammengezogenen und kürzeren Strecke ab, und es kommt hiermit zur Bildung der bekannten perlschnurförmigen Gestalt, welche die Eiröhren in ihrem basalen Theil annehmen, sobald sich dort die Eier entwickelt haben. Bei einer völlig ausgebildeten Larve kann man im basalen Theile der Eiröhre etwa vier Eikammern unterscheiden. Die unterste, welche das am weitesten in der Entwicklung fortgeschrittene Ei enthält, ist die größte. Weiter nach der Spitze der Eiröhre hin werden die Ei- kammern immer kleiner und endlich im apikalen Theile der Eiröhre selbst lassen sich überhaupt noch keine Eikammern erkennen. Hier sind die Genitalzellen noch unentwickelt und klein. Wegen ihrer ge- ringen Größe haben sie die Eiröhrenwand nicht ausdehnen können; sie liegen auch noch nicht in einer Reihe hinter einander, sondern zei- gen unverändert noch ihre frühere, unregelmäßige Anordnung. Im apikalen Theile der Eiröhre scheint während der Larvenzeit auch noch eine Vermehrung der dort befindlichen Genitalzellen statt- gefunden zu haben. Theilungsstadien derselben habe ich allerdings nicht beobachtet, doch möchte ich es aus der verhältnismäßig großen Zahl von Genitalzellen schließen, welche sich bei erwachsenen Larven in diesem Theile der Eiröhre finden. Während der letzten Zeit des Larvenlebens geht allein noch die weitere Ausbildung der Eizellen vor sich. Es gelangt vor Allem das unterste Ei einer jeden Eiröhre allmählich zur völligen Reife. Dasselbe 504 Richard Heymons, erreicht nach und nach durch Zunahme des Dotters seine definitive Größe und an seiner Oberfläche wird durch die Thätigkeit der Epithel- zellen das Chorion ausgeschieden. Ein Theil der im apikalen Abschnitt der Eiröhre befindlichen un- entwickelten Genitalzellen bildet sich erst nach dem Eintritt der Ge- schlechtsreife zu Eiern aus. Es spielen sich daher an dieser Stelle der Eiröhre auch noch beim erwachsenen Thiere Entwicklungsprocesse ab. Der apikale Theil der Eiröhre wird beim geschlechtsreifen Insekt her- kömmlicherweise als »Endkammer« bezeichnet und man hat diesem Theile bisher eine ganz besondere, vielleicht aber unbegründete, Wich- tigkeit beigemessen. Auf eine genauere Besprechung der Endkammer bei Phyllodromia will ich jetzt noch nicht eingehen, sondern zunächst die Entwicklung der Ausführungsgänge und des Endfadenapparates während der Larvenzeit schildern. Il. Die Entwicklung der Ausführungsgänge. Da ich die Entwicklung des ausführenden Kanalsystems bei der Besprechung der übrigen Entwicklungsvorgänge gänzlich unberück- sichtigt gelassen habe, so muss ich auf ein frühes embryonales Ent- wicklungsstadium zurückgreifen. Zu der Zeit, in welcher die ersten sexuellen Unterschiede auf- treten, ist der ausführende Apparat erst durch eine Schicht von langgestreckten Epithelzellen dargestellt, die man jederseits längs der Ventralseite der Genitalanlage vorfindet und die sich hinten in einen Zellenstrang fortsetzen, welcher die Anlage des Oviductes bildet. Die beiden Oviducte verlaufen nach hinten, dabei nähern sie sich allmäh- lich der Ventralseite und neigen sich auch etwas medianwärts. Am Hinterende des siebenten Abdominalsegmentes angelangt, ändern die Oviducte ihren früheren Verlauf und gehen nun in fast gerader Rich- tung nach der ventralen Seite hin, um dort in der intersegmentalen Furche zwischen dem siebenten und dem achten Abdominalsegmente sich an die Hypodermis anzusetzen. Bei einer genauen Untersuchung der an der Ventralseite einer jeden Genitalanlage befindlichen Schicht von Epithelzellen zeigt es sich, dass diese Zellen nicht alle unter einander völlig gleichartig sind. An sagittalen Längsschnitten durch die Sexualanlage bemerkt man nämlich an der Ventralseite derselben unmittelbar unterhalb der dort liegenden Genitalzellen eine Reihe von Epithelzellen, welche vollständig identisch mit den Epithelzellen sind, die man innerhalb der Genitalanlage an- trifft, oder die an anderen Stellen ihrer Oberfläche z. B. an ihrer Dor- salseite sich befinden. Diese Zellen haben genau dieselbe Färbung, Die Entwicklung der weibl, Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. . 505 wie die übrigen Epithelzellen der Genitalanlage, sie haben auch wie viele der letzteren eine längliche Gestalt und zwar sind sie stets parallel zur Längsachse des Genitalstranges gestreckt. Weiter ventral- wärts, unterhalb der in Rede stehenden Schicht, sieht man noch zwei bis drei andere Zellreihen liegen, deren Zellen ebenfalls in demselben Sinne wie die unmittelbar unterhalb der Genitalzellen befindlichen Epithelzellen gestreckt sind. Doch sind diese Zellen noch etwas länger und schmaler und unterscheiden sich auch von den letzteren durch ihre etwas blassere Färbung. Es ist also jetzt an der an der Ventralseite einer jeden Genitalan- lage befindlichen Schicht von Epithelzellen eine Differenzirung deutlich sichtbar geworden. Ein Theil von ihnen und zwar derjenige, welcher den Geschlechtszellen zunächst liegt, hat noch ganz die Charaktere der übrigen Epithelzellen beibehalten, welche der Genitalanlage selbst an- gehören. Ein anderer, größerer Theil, welcher noch weiter ventral- wärts sich vorfindet, zeigt dagegen schon ein etwas verändertes . Aussehen. Der Oviduct stellt bezüglich der Struktur und der Gestalt seiner Zellen die unmittelbare Fortsetzung der schwächer gefärbten und schmaleren Epithelzellenschicht dar. Auf einem Querschnitt lässt er etwa drei bis vier Zellen erkennen, die anfänglich noch keinen Hohl- raum zwischen sich lassen. Kurz nach der erfolgten Umwachsung des Dotters tritt aber ein Lumen in der ganzen Länge des Oviductes deut- lich hervor. Die Zellen desselben haben sich dann vermehrt und sind aus einander gewichen. Die Veränderungen, welche der Ausführungsapparat während der späteren Zeit des Embryonallebens erfährt, sind nur äußerst geringe. Sie bestehen im Wesentlichen in einer Vergrößerung der einzelnen Theile durch Vermehrung der Zellen. Bei reifen Embryonen keigt der Oviduct auf Querschnitten etwa sieben bis acht Zellen, die sich im Kreise um das noch sehr enge Lu- - men herum gruppiren. Auch die an der Ventralseite der Genitalanlage _ befindlichen Epithelzellen sind jetzt in größerer Zahl vorhanden. Sie liegen nunmehr an der Basis der kurzen, cylindrischen Eiröhren und lassen noch deutlich zwei Zellenlager erkennen, von denen das ventrale wie früher aus etwas längeren, helleren Zellen sich zusammensetzt. Bei jugendlichen Larven, welche wenige Tage alt waren, war ein Fortschritt in der Entwicklung des ausführenden Apparates noch nicht zu bemerken. Erst bei einer Larve von 6 mm Länge zeigte sich eine wesentliche Veränderung. Hier hatte die unmittelbar unterhalb der Eiröhren befindliche Schicht von Epithelzellen denselben Zer- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 33 506 Richard Heymons, klüftungsprocess durchgemacht, den vorher die einheitliche Masse der Genitalanlage erfahren hatte. Die betreffende Schicht war in eine An- zahl von kurzeylindrischen Abschnitten zerfallen, welche die direkten Verlängerungen der einzelnen Eiröhren bildeten. Die cylindrischen Abschnitte repräsentirten die Anlagen der einzelnen Eiröhrenstiele, die auch bei der erwähnten Larve von 6 mm Länge schon ein feines, enges Lumen aufwiesen. Während die Eiröhrenstiele somit aus der Schicht von Epithel- zellen hervorgehen, welche unmittelbar unterhalb der Genitalanlage ihren Platz hatte, lässt das zweite, ventrale Zellenlager, das aus den blasseren Zellen bestand und sich hinten in den Ausführungsgang fort- setzte, den vorderen kelchförmig erweiterten Anfangstheil des Oviduc- tes entstehen, auf welchen ich schon öfter hingewiesen habe. Zugleich mit der Ausbildung der Eiröhrenstiele und mit der Ent- stehung des Kelchtheiles des Oviductes geht eine sehr wesentliche Lageveränderung des gesammten Ovariums vor sich. Während früher die Eiröhren von der dorsalen nach der ventralen Seite hin verliefen, so dass ihre Spitzen nach dem Rücken des Thieres, ihre Basen nach der Bauchseite gerichtet waren, tritt jetzt eine Verschiebung der Eiröhren in so fern ein, als sie sich nun parallel zur Längsachse des Thieres zu stellen beginnen. Diese Verschiebung geht Hand in Hand mit der starken Verkür- zung, welche das den Kelchtheil des Oviductes liefernde Zellenlager erfährt. Dasselbe stellte früher einen breiten Streifen dar, der längs der Ventralseite der Eiröhrenmasse sich befand. Später beobachtet man aber, dass der Zellenstreifen sich stark verkürzt hat und nur noch den mäßig erweiterten Anfangstheil des Oviductes formirt, in welchen die Eiröhrenstiele einmünden. Da der Oviduct, der die hintere Fortsetzung des erwähnten Zellenstreifens bildete, in seiner früheren Lage voll- kommen geblieben ist, so hat sich der Zellenstreifen demnach von vorn nach hinten hin verkürzen müssen. Die Eiröhrenstiele und die Eiröhren selbst, die mit dem Zellen- streifen in festem Zusammenhange standen, haben natürlich an dieser Bewegung auch Theil genommen. Weil nun die Verkürzung von vorn nach hinten hin erfolgte, so ist es leicht erklärlich, dass von derselben die vordersten Eiröhren am meisten in Mitleidenschaft gezogen werden mussten, während dies bei den mittleren weniger und bei den hinter- sten gar nicht der Fall zu sein brauchte. Wir sehen daher, dass die vordersten Eiröhren sich jetzt um einen Winkel von beinahe 90 Grad gedreht haben. Die Spitzen dieser Ei- Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 507 röhren, an die sich je ein Endfaden anheftet, sehen nach vorn, ihre Basen nach hinten. Durch die Drehung, welche die vordersten Eiröhren bei der Aus- bildung des Kelchtheiles des Oviductes haben ausführen müssen, sind jedoch auch die hintersten Eiröhren indirekt mit beeinflusst worden und zwar ist diese Beeinflussung seitens der Endfäden geschehen. Die Endfäden stehen einmal mit den Eiröhren in innigem Zusammenhange, denn es gehen sowohl die Epithelzellen der Eiröhre wie die Tunica propria derselben unmittelbar in die entsprechenden Theile des End- fadens über. Die einzelnen Endfäden stehen ferner dorsalwärts alle mit einem gemeinsamen Zellenstreifen, dem Rest der Endfadenplatte in Verbindung. Durch diesen dorsalen Zellenstreifen sind daher auch alle Endfäden unter einander fest verknüpft. Sobald nun die vordersten Eiröhren und mit ihnen die dazu ge- hörigen Endfäden sich parallel zur Längsachse des Körpers stellen, wird vermittels des dorsalen Zellenstreifens ein Zug auf die Endfäden der weiter hinten liegenden Eiröhren ausgeübt werden müssen, In Folge dieser Zugwirkung werden zugleich auch sämmtliche Endfäden der weiter hinten befindlichen Eiröhren und die mit den Endfäden in Verbindung stehenden Eiröhren selbst, gezwungen, eine zur Längs- achse des Körpers ungefähr parallele Lage einzunehmen (s. die schema- tische Abbildung Fig. 17). Die hintersten Eiröhren machen jedoch diese Bewegung nicht so- gleich in ihrer ganzen Länge mit. Nur in ihrem oberen Verlaufe rich- ten sie sich parallel zur Längsachse des Körpers. Ihr unterer Abschnitt, in dem sich inzwischen schon ein ziemlich umfangreiches Ei entwickelt hat, ist zu schwer, um folgen zu können, und behält seine Lage voll- kommen bei. Es erklärt sich so das beim ersten Anblick überraschende Bild, dass nämlich in einem bestimmten Entwicklungsstadium die vor- dersten Eiröhren fast völlig parallel zur Längsachse des Körpers ver- laufen, während die mittleren Eiröhren einen gebogenen Verlauf neh- men und die hintersten im rechten Winkel geknickt sind. Die vor- derste Partie dieser hintersten Eiröhren ist fast parallel zur Längsachse des Körpers gerichtet, die basale, welche ein großes Ei enthält, ist un- gefähr senkrecht zu ihr gestellt. Auf dem Schema Fig. 17 habe ich die eben geschilderten Verhältnisse zu veranschaulichen gesucht. Die Ab- bildung ist nach einer Reihe von sagittalen Längsschnitten zusammen- gestellt worden, die durch eine 8 mm lange weibliche Larve geführt wurden. Der besseren Übersicht halber habe ich auf der Figur nur den Verlauf von sieben Eiröhren angegeben. In späterer Zeit, wenn sich die Eier in den Eiröhren stärker ent- ' 33* 508 Richard Heymons, wickelt haben und wenn das ganze Ovarium an Umfang bedeutend zu- genommen hat, geht diese für eine bestimmte Zeit des Larvenlebens charakteristische Anordnung der Eiröhren wieder verloren. Die hin- tersten Eiröhren sind dann nicht mehr rechtwinkelig umgebogen, son- dern haben dann nur noch einen etwas schrägen Verlauf. Alle Ei- röhren sind dann ungefähr parallel zur Längsachse des Körpers gestellt. Ihre Spitzen sind dem Vordertheil des Abdomens zugewendet, ihre Basen sehen nach hinten und gehen dort in die Eiröhrenstiele über, welche hinten konvergiren und in den kurzen kelchförmigen Anfangs- theil des Oviductes einmünden. Über die Verbindung der mesodermalen Oviducte mit dem un- paaren ektodermalen Endabschnitt des ausführenden Apparates habe ich keine völlig ausreichenden Untersuchungen angestellt. Wie wir sahen, fand anfänglich die Insertion der beiden Oviducte an der intersegmentalen Falte zwischen dem 7. und 8. Abdominalseg- mente statt. Am Vorderrande dieser Falte setzten sich beide Oviducte rechts und links an die Hypodermis an. Dieser Insertionspunkt bleibt während der ganzen Dauer der Embryonalzeit und auch noch anfäng- lich während des Larvenlebens erhalten. Erst später rückt die Inser- tionsstelle tief ins Innere des Körpers hinein, wenn es am Hinterende des Abdomens zur Ausbildung der Genitaltasche kommt, welche beim geschlechtsreifen Thier dazu bestimmt ist, den Eikokon aufzunehmen. Die Entwicklung der Genitaltasche geht, wie dies schon von Haase (31) beschrieben worden ist, dadurch vor sich, dass die chitinösen Bauchplatten des 8. und 9. Abdominalsegmentes in den Körper hinein- wachsen. Es entsteht im Inneren des Körpers auf diese Weise ein tiefer, hinten offener Hohlraum, dessen Decke von der 8. und 9. Bauchplatte und dessen vorderes, blindes Fnde und dessen Boden von der Inter- segmentalhaut zwischen der 8. und der 7. Bauchplatte bekleidet wird. Bei einer Larve von 8 mm Länge sah ich, dass am Boden der Geni- taltasche dicht an ihrem vorderen, blinden Ende, die Hypodermis der Intersegmentalfalte sich nach vorn hin eingesiülpt hatte. Diese ekto- derniale Einstülpung, welche unpaar in der Medianlinie des Körpers lag, trug an ihrer Spitze die Insertionsstelle der beiden Oviducte, deren Lumen bereits mit der Höhlung der Einstülpung kommunicirte. Wie erwähnt, heften sich bei Phyllodromia die beiden Oviducte mit ihrem distalen Ende an die Intersegmentalhaut zwischen dem 7. und 8. Abdominalsegmente an. Diese Thatsache scheint ein außer- ordentlich primitives und einfaches Verhalten anzudeuten. Bei den meisten anderen Insekten findet sich die Geschlechts- öffnung erst hinter dem 8. Abdominalsegmente vor. Doch war es bereits k ; : E ; $ E ; E i Eu Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 509 durch die schönen Untersuchungen von Pııntn (53) bekannt geworden, dass bei einer kleinen Insektengruppe, bei den Ephemeriden, die Ovi- duete ebenfalls schon hinter dem 7. Sternite ausmündeten. Es hat PıLm£n (p. 84, 85) ausdrücklich auf das eigenartige Verhalten auf- merksam gemacht, welches die Ephemeriden in dieser Beziehung im Gegensatz zu den meisten übrigen Insekten zeigen. Die Übereinstimmung, welche in dieser Hinsicht zwischen Phyllo- dromia und den Ephemeriden besteht, muss nun aus einem anderen Grunde besonders interessant und erwähnenswerth erscheinen. Durch PırLm£n ist es nämlich festgestellt worden, dass die Ephemeriden in Bezug auf den Ausführungsapparat ihrer Geschlechtsdrüsen die nie- drigste Stufe unter allen Insekten einnehmen. Es kommt hier bei den Ephemeriden gar nicht zur Bildung eines unpaaren Endabschnittes des Ausführungsganges, sondern es münden (z. B. bei Baetis Rhodani, Poly- mitarcys virgo, Ephemera, Palingenia longicauda u. a.) die beiden Ovi- ducte getrennt von einander in der Intersegmentalfalte zwischen dem 7. und dem 8. Abdominalsegmente direkt nach außen. Die betreffende Falte darf auch nicht etwa als der Vagina morphologisch gleichwerthig erachtet werden, da sie gleichmäßig tief, rings um den ganzen Körper herumläuft. Die Ephemeriden besitzen daher zeitlebens paarige Ge- schlechtsöffnungen und schließen sich hiermit an niedere Thier- gruppen an. Den Ephemeriden stehen nach Pıımtn die Perliden am nächsten. Bei diesen münden im weiblichen Geschlechte die Oviducte nahe bei einander im Grunde einer mittleren, unpaaren Vagina aus. Die letztere öffnet sich gleichfalls zwischen dem 7. und dem 8. Abdominalsegment und wird von Pırm£n nur als ein taschenartig vertiefter mittlerer Theil der Intersegmentalfalte angesehen. Von den Perliden entfernt sich Phyllodromia nicht sehr weit, wenn wir von dem Hineintreten der Bauchplatten des 8. und 9. Abdominal- segmentes über die des 7. Abdominalsegmentes absehen wollen. Das Hineinwachsen der beiden Bauchplatten in den Körper stellt jedenfalls eine erst sekundär erworbene Eigenthümlichkeit dar und hängt mit der Ausbildung des Eikokons zusammen. Durch das Hineintreten der bei- den Bauchplatten wird die Intersegmentalhaut zwischen dem 7. und dem 8. Abdominalsegment stark ausgedehnt und bildet den Boden einer tiefen Höhlung, an deren Grunde es später zu einer mittleren, taschen- föormigen Einstülpung der Intersegmentalfalte zu kommen scheint, welche zum unpaaren Endabschnitt des Ausführungsganges wird. Sofern später meine Beobachtungen bestätigt werden sollten, welche allerdings gerade an diesem Punkte nicht zum Abschluss ge- 510 Richard Heymons, bracht wurden, so scheint es hiernach, als ob beim Weibchen von Phyllodromia der unpaare Endabschnitt des Ausführungsapparates in ähnlicher Weise wie bei den Perliden als modifieirte Intersegmental- falte aufzufassen sei. Jedenfalls dürfte essich schon jetzt behaupten lassen, dass während der ganzen Dauer des Embryonallebens das Verhalten der Oviducte bei Phyllodromia dem Verhalten ähnelt, welches die Oviducte der erwachsenen Ephe- meriden zeigen. Die weiblichen Embryonen von Phyllodromia re- präsentiren gewissermaßen ein Ephemeridenstadium mit paarigen Ge- schlechtsausführungsgängen, nur kommunicirt natürlich beim Embryo von Phyllodromia das Lumen des Oviductes nicht mit der Außenwelt, wie dies bei dem geschlechtsreifen Ephemeridenweibchen der Fall ist. Erst später, während der Larvenzeit, kommt es bei Phyllodromia zur Anlage des unpaaren Endabschnittes des Ausführungsganges und hiermit zur Anlage von Gebilden, welche phylogenetisch auch erst in späterer Zeit erworben sein werden. Ill. Die Ausbildung des Endfadenapparates. Über das Verhalten der Endfäden während der Larvenzeit ist nur Weniges zu bemerken. Am Ende der Embryonalperiode lassen die Endfäden in ihrem Inneren quer zur Längsachse des Fadens gestellte Zellen erkennen, welche dicht über einander geschichtet sind. An ihrem dorsalen Ende gehen die einzelnen Endfäden in einen Zellenstreifen über, der den letzten Rest der früheren Endfadenplatte darstellt und aus langen schmalen Zellen besteht. Vorn geht dieser Zellenstreifen in einen lan- gen Fortsatz aus, welcher sich weit über die vordersten Eiröhren ver- längert. Wenn während des Beginnens der Larvenperiode die Eiröhren außerordentlich an Ausdehnung gewinnen, so nehmen auch die End- fäden an Länge zu. Die in ihnen befindlichen Kerne besitzen dann eine runde oder sogar eine parallel zur Längsachse des Fadens gerich- tete, ovale Form. Auch die Kerne des gemeinsamen, dorsalen Zellen- streifens nehmen dieselbe Gestalt an, wie die Kerne der Endfäden, so dass nun der Zellenstreifen bezüglich seiner Struktur sich in nichts mehr von den einzelnen Endfäden unterscheidet. Eine größere Veränderung erfährt der Endfadenapparat erst dann, wenn die Eiröhren ihre dorsoventrale Lagerung aufgeben und sich parallel zur Längsachse des Körpers stellen. Dass den Endfäden hier- bei die Aufgabe zufällt, auf die Spitzen der hinteren Eiröhren einen Zug auszuüben, habe ich bereits vorhin erwähnt. Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 511 Sobald die Umlagerung der Eiröhren vor sich gegangen ist, ist scheinbar der gemeinsame dorsale Zellenstreifen, an den sich die ein- zelnen Endfäden ansetzten, vollkommen verschwunden. Es sieht jetzt so aus, als konvergirten vorn alle Endfäden, als setze sich dort ein End- faden an den anderen an und als bildeten die Endfäden, nachdem sie sich alle vereinigt, einen gemeinsamen Endfaden, der sich noch eine Strecke weiter nach vorn verfolgen lässt. Diese Erscheinung ist dadurch zu erklären, dass bei der Lagever- änderung, welche die vordersten Eiröhren erlitten, die vorderen End- fäden einen starken Zug vermittels des dorsalen Zellenstreifens auf die hinteren Endfäden ausgeübt haben. Die hinteren Endfäden haben dabei nun auch eine Richtung einnehmen müssen, welche der des dor- salen Zellenstreifens völlig gleich ist. Hierdurch wird nun der Eindruck hervorgerufen, als bilde die zwischen der Ansatzstelle zweier auf einander folgender Endfäden be- findliche Partie des dorsalen Zellenstreifens nur das vorderste Stück des hinteren der beiden Endfäden. Dass die histologische Struktur des dorsalen Zellenstreifens mit der der Endfäden völlig übereinstimmt, habe ich oben gesagt. Man kann daher jetzt nicht mehr von einem dorsalen Zellenstreifen reden, derselbe bildet nunmehr nur noch die vordersten Spitzen der einzelnen Eiröhren. Die Selbständigkeit des- selben ist verloren gegangen, oder doch nur noch in dem Theile erhal- ten geblieben, welcher über die vordersten Endfäden hinaus einen Fortsatz bildet, der nach vorn frei in den Fettkörperkomplex hinein sich erstreckt. Wenn der Endfadenapparat die eben beschriebenen Umänderungen durchgemacht hat, so hat er damit schon im Wesentlichen das Aussehen erreicht, welches er nun zeitlebens, auch beim erwachsenen Thiere, noch beibehält. Während der späteren Zeit des Larvenlebens kommt es allein noch zu einem weiteren Längenwachsthum der einzelnen Endfäden. Die Zahl der in ihnen befindlichen Kerne vermehrt sich dabei beträchtlich. Die Kerne liegen dann auch nicht mehr wie früher dicht über einander geschichtet, sondern befinden sich in weiteren Abständen von einander und sind in eine plasmatische Grundsubstanz eingebettet, in welcher Zellgrenzen nicht mehr wahrzunehmen sind. Fassen wir nunmehr noch die Endpunkte der Endfäden näher ins Auge, einmal die Stellen, an welchen sich die einzelnen Endfäden an die Spitzen der Eiröhren ansetzen und sodann das Ende, welches der nach vorn in den Fettkörper hinein sich erstreckende gemeinsame Endfaden findet. An der Stelle, an welcher der Endfaden sich an die Spitze der 512 Richard Heymons, Eiröhre anheftet, beobachtet man äußerlich eine ringförmige Einschnü- rung der Tunica propria, wodurch Endfaden und Eiröhre scharf von einander abgesetzt sind. An derselben Stelle beobachtet man ferner eine gebogene dunkle Linie, durch welche auch im Inneren der Inhalt des Endfadens von dem der Eiröhre abgeschlossen zu sein scheint. Es hat Levvig (44) bei einzelnen Insekten eine solche innere bogen- föormige Grenzlinie beschrieben, welche das Lumen des Endfadens von dem der Eiröhrenspitze resp. der Endkammer trennen soll. Dem gegenüber hat aber bereits Branpr (12), gestützt auf seine eingehenden Untersuchungen, mit Recht darauf aufmerksam gemacht, dass die bogenförmige Grenzlinie nur der optische Durchschnitt der an dieser Stelle eingeschnürten Tunica propria wäre. Dieser Meinung hat sich auch Korschzrr (39) angeschlossen, welcher speciell bei Phyllodromia diese Verhältnisse untersuchte. Auch ich kann die Ansicht von Branpr und KorschzLr nur bestätigen, und es scheint mir dieselbe auch noch. durch die Entwicklungsgeschichte der betreffenden Theile gestützt zu werden. Wir haben früher gesehen, dass die Epithelzellen der Eiröhren denselben Ursprung haben, wie die Zellen der Endfäden, beide stam- men von den dorsalen Wänden der Ursegmente her. Wir haben ferner gesehen, dass während der ganzen Dauer der Entwicklung sowohl während der Embryonalzeit, als auch während der Larvenzeit die untersten Zellen des Endfadens mit den dorsalwärts befindlichen Epi- thelzellen der Genitalanlage, welche später an der Spitze der Eiröhre liegen, stets in innigem Zusammenhange bleiben. Es ist daher nicht ersichtlich, wesswegen sich später beim erwachsenen Insekt die beiden Zellenarten durch eine Grenzschicht von einander abtrennen sollten. Der Eindruck einer Trennung des Inhaltes der Eiröhre von dem Inhalt des Endfadens könnte noch durch einen anderen Umstand her- vorgerufen werden, auf welchen KorscheLr (39, p. 562) aufmerksam macht. Man sieht nicht selten in einem Endfaden dicht oberhalb der Ei- röhrenspitze zur Längsachse des Fadens quer gestellte Kerne liegen, welche von den rundlichen Kernen der Epithelzellen, die sich an der Spitze der Endkammer befinden, sich scharf absetzen und so eine scheinbare Grenze hervortreten lassen. Schon Korscazrr hat darauf hingewiesen, dass hier eine wirkliche Trennung um desswillen nicht stattfinden könne, weil sich nicht an allen Endfäden im untersten Theile diese langgestreckten Kerne vorfinden. Ich habe oben gezeigt, dass in früherer Zeit sämmtliche Kerne eines Endfadens quer zur Längsachse des Fadens gestellt waren, und Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 513 dass sie erst später eine runde oder längsgerichtete Form annehmen. Wenn daher bei einzelnen Endfäden sich noch in späterer Zeit im unteren Theile einzelne quergestellte Kerne erhalten haben, so ist hierauf wohl kein großes Gewicht zu legen, es ist hierin nur ein Über- rest aus einem früheren Entwicklungsstadium zu sehen. Eine Trennung zwischen dem Inhalt des Endfadens und dem In- halt der Eiröhre findet nicht statt. Ich kann mich daher vollkommen der Ansicht von Korscu:ır (39, p. 672) anschließen, wenn er für die Orthopteren wie für Dytiscus, Bombus und die Hemipteren die Behaup- tung aufstellt, dass bei den genannten Insekten die Elemente des End- fadens in die der Endkammer übergingen. In Betreff des Endpunktes des gemeinsamen nach vorn gehenden Endfadens kann ich mich ganz kurz fassen. Es ließ sich gegen Ende der Embryonalzeit dieser gemeinsame Endfaden resp. die vordere Ver- längerung des dorsalen Längsstreifens durch das Fettkörpergewebe hin bis zu einer Stelle verfolgen, an welcher er sich an die Unterseite des Perikardialseptums ansetzte. Während der Larvenzeit findet dann bei der sehr starken Aus- dehnung des Körpers eine bedeutende Zunahme des Fettkörpers statt. Der Endfaden nimmt an diesem Wachsthum nicht in entsprechendem Maße Theil, sondern wird von der Fettkörpermasse völlig umhüllt und erreicht nicht mehr mit seiner Spitze das Perikardialseptum. Der ge- meinsame Endfaden endet daher später frei zwischen den Fettkörper- lappen. D. Endfaden und Endkammer. I. Die Entstehung der Endfäden an den Eiröhren der Insekten. Ausreichende und zufriedenstellende Untersuchungen über die Entwicklung des Endfadenapparates an den weiblichen Sexualdrüsen der Insekten sind leider bisher noch nicht angestellt worden. Ich muss mich daher hier darauf beschränken, die wenigen Mittheilungen anzu- führen, welche bis jetzt über die erste Entstehung der Endfäden ge- macht worden sind. Nach H. Mryer (48, p. 182—185) ist bei jungen Raupen sowohl der Hoden als auch das Ovarium von einem Fettkörperlappen umhüllt. Ein Zipfel dieses Fettkörperlappens geht regelmäßig nach vorn und heftet sich an das Rückengefäß an. Aus diesem Zipfel soll nach Meyer später beim Weibchen der Faden entstehen, welcher von dem vorderen Ende des Ovariums sich bis zum Rückengefäß erstreckt. Baıstanı (3) und Wirraczir (79) haben sodann einige Angaben ge- 514 Richard Heymons, macht, welche die Entstehung der Endfäden an den Eiröhren der Aphiden behandeln. Beide fanden übereinstimmend, dass von dem vorderen Ende einer jeden Endkammer aus sich ein solider Endfaden bilde. Die ein- zelnen Endfäden sollen dann nach der Darstellung von WirraAczir mit einander verwachsen. Bei Chironomus beobachtete Bausıant (6), dass sich um die beiden Genitalanlagen der Larve, bald nach ihrem Ausschlüpfen eine feine Umhüllungsmembran gebildet hatte, deren Ursprung er nicht genau anzugeben vermag. Diese Hüllmembran, welche die Oberfläche der Genitalanlagen bedeckte, bestand aus abgeflachten Zellen und ging an ihrem vorderen, wie an ihrem hinteren Ende in ein zartes Filament über. Das vordere der beiden Filamente stellt nach Baısıanı das fixi- rende Band der Geschlechtsdrüse dar. SCHNEIDER (58) lässt die Geschlechtsdrüsen von Chironomus aus einer Muskelfaser hervorgehen, welche vorn und hinten an der Hypo- dermis befestigt ist. In ihrer Mitte entsteht durch Anhäufung von Ker- nen eine eiförmige Anschwellung, die Genitalanlage. Später grenzt sich dann die ovoide Genitalanlage von dem vorderen, nicht verdickten Theil der Muskelfaser ab. Dieser vordere muskulöse Faden ist es nun, der nach Schneider dem Endfaden entsprechen soll. Bei den Käfern scheint die Herkunft des Endfadenapparates eine ähnliche zu sein, wie wir sie bei Phyllodromia kennen gelernt haben. Hierauf deuten wenigstens kurze Angaben hin, welche von Hrıprr und WHEELER gemacht worden sind. Nach den Beobachtungen von Hiper (32) entstehen, wie schon oben erwähnt worden ist, die Genitalorgane als Zellenwucherungen an einer bestimmten Stelle der medialen Ursegmentwand. Diese Stelle liegt zwischen einem Abschnitt der medialen Ursegmentwand, der weiter ventral- und medialwärts sich befindet und einen Theil des Fettkörpers hat hervorgehen lassen, und einem anderen weiter dorsal- und lateralwärts liegenden Abschnitt, welchem das Darmfaserblatt seinen Ursprung verdankt. Der letzterwähnte Abschnitt der medialen Urseginentwand, der die splanchnische Mesodermschicht geliefert hat, bildet nun in späterer Zeit: »eine Art dorsales Mesenterium, welches vom Perikardialdiaphragma zum Darm und zu den daran befestigten Genitalanlagen und dem Fettkörperbande hinzieht«. Nach Wurzrer (7%) bilden sich die Geschlechtsanlagen bei Dory- phora als Verdickungen der splanchnischen Mesodermschicht. In spä- terer Zeit nehmen dann die Genitalanlagen eine rundliche Gestalt an Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L., 515 und werden durch ein dünnes Band, das derselben Mesodermschicht angehört, befestigt. Sowohl Heiner, wie WurELer gehen bei ihrer Beschreibung von einem Entwicklungsstadium aus, in welchem die Geschlechtsanlagen noch innerhalb einer Ursegmentwand liegen. Dieses Entwicklungs- stadium entspricht ungefähr einem Stadium bei Phyllodromia, in wel- chem die Genitalzellen in die Mitte der dorsalen Ursegmentwand ein- gewandert waren. Bei Hydrophilus und Doryphora geht nun wie bei Phyllodromia das Befestigungsband für die Genitalanlagen aus einem Theil derjenigen Ursegmentwand hervor, in welcher die Genitalan- lagen sich befinden. Nach Warzrer sind die Genitalanlagen Verdickungen der splanch- nischen Mesodermschicht, und aus demselben Theile des Ursegmentes stammt auch das dünne Band, das später die Geschlechtsanlage von Doryphora befestigt. Noch deutlicher zeigt sich die Übereinstimmung von Hydrophilus und Phyllodromia. Bei Phyllodromia liegt die Geni- talanlage in der Mitte der dorsalen Ursegmentwand, bei Hydrophilus innerhalb einer Ursegmentwand, die von Hrıper ihrer Lage nach als mediale bezeichnet werden musste, die aber der dorsalen Ursegment- wand von.Phyllodromia vollständig zu entsprechen scheint. Aus einem Abschnitt dieser Ursegmentwand entwickelt sich bei beiden Insekten Fettkörpergewebe, aus einem anderen Abschnitt derselben Wand und zwar aus dem, welcher zwischen der Genitalanlage und der Anlage des späteren Perikardialseptums liegt, geht sowohl bei Hydrophilus wie bei Phyllodromia der Befestigungsapparat für die Genitalanlage hervor. Über die weitere Ausbildung der Endfädenanlage haben Heiner und WnszLer keine Angaben gemacht. Die Weiterentwicklung der Endfädenanlage bei Phyllodromia bis zur Ausbildung der einzelnen Endfäden habe ich oben bereits ausführ- lich behandelt, ich will hier nur noch in Kürze die wesentlichsten Punkte im Zusammenhang wiederholen. A) Jederseits wird durch die einzelnen hinter einander gelegenen Abschnitte der dorsalen Ursegmentwände eine Zellenplatte hergestellt. Für diese Zellenplatte habe ich die Bezeichnung Endfadenplaite vorge- schlagen, weil sie es ist, welche in späterer Zeit die einzelnen End- fäden liefert. 2) Ventralwärts steht die Endfadenplatte unmittelbar mit der Ge- nitalanlage in Verbindung, dorsalwärts reicht dieselbe bis zum freien Rande des Perikardialseptums. 3) Sobald die freien Seitenränder des Keimstreifens die Dotter- 516 Richard Heymons, masse umwachsen, rücken die beiden Endfadenplatten nach der Dorsal- seite empor und ziehen zugleich auch beide Genitalanlagen mit nach dem Rückentheil des Körpers hin. 4) Die Endfadenplatte dient also während der Umwachsung des Dotters als ein Befestigungsapparat für die Genitalanlage, der es zu- gleich möglich macht, dass diese ihre dorsale Lage im Körper einneh- men kann. 5) Nach dem Verschluss des Körpers in der dorsalen Mittellinie löst sich die Endfadenplatte vom Perikardialseptum ab und es entstehen in ihr durch eine regelmäßige Anordnung ihrer Zellen die einzelnen Endfäden. 6) Der gemeinsame Zellenstrang, welcher die einzelnen Endfäden an der Dorsalseite mit einander verknüpft, ist als letzter Rest der ur- sprünglichen zusammenhängenden Endfadenplatte zu betrachten. Dass dieser gemeinsame Zellenstrang nach vorn über die vordersten End- fäden hinausreicht, ist durch eine eingetretene Verkürzung der Längs- achse der Genitalanlage zu erklären. 7) Während der Larvenzeit hat der Endfadenapparat noch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, sobald es zur Umlagerung der Eiröhren kommt. Dieselbe geht dadurch vor sich, dass zugleich mit der Ver- kürzung des Ausführungsganges die vordersten Eiröhren aus der {rans- versalen in eine longitudinale Lage übergehen. Hierbei wird ver- mittels des Endfadenapparates ein Zug auch auf die hintersten Eiröhren ausgeübt, so dass diese dieselbe Lage wie die vorderen Eiröhren einnehmen müssen. 8) Nach dem geschilderten Vorgang hat zugleich der Endfaden- apparat seine definitive Ausbildung erreicht. Er besteht jetzt jeder- seits aus zahlreichen Endfäden, die von den Spitzen der Eiröhren aus- gehen, sich vorn mit einander vereinigen und dann einen gemeinsamen Endfaden bilden, welcher nach vorn in die Fettkörpermasse hinein sich erstreckt. | 9) Der gemeinsame Endfaden ist identisch mit der vorderen Ver- längerung des oben erwähnten Zellenstranges, welcher die Endfäden dorsalwärts verknüpfte. 10) Eine Insertion des gemeinsamen Endfadens an das Perikardial- septum ist nicht vorhanden. Il. Die Bedeutung der Endfäden. Über die Bedeutung der Endfäden an den Eiröhren der Insekten sind schon eine ganze Reihe von Ansichten aufgestellt worden. Es hat zuerst Jor. Mürzzr (50) den Endfäden eine besondere Wich- Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L.. 517 tigkeit zugemessen. Wie wohl schon allgemein bekannt sein dürfte, entdeckte Jon. MürtLer bei Phasma, dass die Endfäden dieses Insektes sich an das Herz ansetzen, und wurde hierdurch veranlasst, die End- fäden für Blutgefäße zu erklären, welche für die Ernährung der Ei- röhren von wesentlicher Bedeutung seien. Diese Annahme erwies sich jedoch nicht als haltbar. Waener (67) und Brancnarp (10) äußerten sich gegen dieselbe, und auch Jos. Mürzer selbst hatte schon zugeben müssen, dass bei Lucanus cervus eine solche Verbindung der Ovarien mit dem Herzen nicht vorhanden sei. Den feineren Bau des Endfadens hat zuerst Stein (62) studirt. Er bemerkte, dass jeder Endfaden aus zwei Theilen zusammengesetzt sei, aus einer äußeren Haut, die von Muskeln und Tracheen gebildet wird und aus einer inneren, welche eine Kapillarröhre darstellt. Diese letz- tere geht, wie Steıv richtig erkannte, unmittelbar in das Keimfach über. Über das vordere Ende der Kapillarröhre vermochte er nicht zu einem sicheren Resultate zu kommen, doch nahm er an, dass ein direkter Zusammenhang der Röhre mit der Höhlung des Rückenge- fäßes nicht stattfinde. Die Endfäden sind daher nach Srem nicht als Blutgefäße zu betrachten, sondern haben nur die Bedeutung von Liga- menten, welche die einzelnen Eiröhren entweder nur unter einander verbinden, oder sie im Brustkasten befestigen. Derselben Ansicht ist auch Durovr (22), der den Endfaden als »Ligament suspenseur« bezeichnet. Die genauesten und umfassendsten Untenehunzen über die feinere Struktur der Endfäden, so wie über ihre Beziehung zum Rückengefäß hat sodann Levvıe (4) angestellt. Auch Leyvıs unter- scheidet an den Endfäden, welche er »Verbindungsfäden der Eiröhre « nennt, zwei verschiedene Theile, einmal die homogene röhrenförmige Tunica propria mit ihrem Inhalt, mithin den Endfaden im eigentlichen Sinne und zweitens die Peritonealhülle, welche den Endfaden rings umhüllt. Der Zusammenhang dieser Theile mit dem Herzen ist von ihm an mehreren Insekten (Garabus, Osmia u. a.) genauer studirt wor- den. Lerypıs bemerkte, dass die einzelnen Endfäden gegen das Herz hin liefen, dass sie aber, ohne dasselbe zu erreichen, vorher sich ver- einigten, indem sie schlingenförmig in einander übergingen. Anders verhält es sich dagegen nach Leypıc mit der Tunica peritonealis. Die- selbe reicht nämlich über die Vereinigungsstelle der Endfäden hinaus und geht dann unmittelbar in die peritoneale Umhüllung des Herzens über. Die Bedeutung eines Ligamentes will daher Leynıe nicht dem Endfaden selbst zuschreiben, sondern allein auf den Theil der Peri- tonealhülle beschränken, der über die Endfäden hinaus reicht und 518 Richard Heymons, sich wirklich an das Herz ansetzt. Dieser Anheftung an das Rücken- gefäß ist aber nach Lryvie keine große Wichtigkeit beizumessen, weil sie in einzelnen Fällen überhaupt auch vollkommen fehlen kann, wie er selbst an Musca und Scatophaga beobachtet hatte. Da Leyvıe inner- halb des Endfadens die gleichen Zellenelemente liegen sah, die er auch im obersten Theile der Eiröhre erkannte, so zweifelte er nicht daran, dass die Zellen im Inneren des Endfadens wirklich die Homologa der Keimzellen im Eierstocke seien. In Bezug auf die Bedeutung des Endfadens gelangt Leypıs daher zu dem Schlusse, dass der Endfaden »nur eine jüngere, oder wenn man will, embryonal bleibende Partie des Eierstockes selber« sei. Zu einem anderen Ergebnis kommt Kramer (42), der bei Philopte- rus fand, dass die Endfäden nur solide Fortsetzungen der Tunica propria darstellten. Die einzelnen Endfäden vereinigen sich hier zu einem gemeinsamen Endfaden, der sich an das Herz anheftet. Kramer betrachtet aus diesem Grunde die Endfäden als Ligamente und schließt sich hiermit wieder Stein und Durour an. Im Gegensatz zu dieser Auffassung, nach welcher die Endfäden nur als mechanische Befestigungsapparate anzusehen wären, ist dann von anderer Seite, von Wagner (66, 67), v. SıesoLd (60) und von Wırı (77) die Ansicht aufgestellt worden, dass die Endfäden ein sehr wich- tiger Theil des Insektenovariums seien, ja, dass sie die eigentliche Keimstätte desselben bildeten, welche den in den Eiröhren stattfinden- den Verbrauch an Zellen zu decken hätte. Auch Branpr (12) ist nicht abgeneigt, dieser Annahme für viele Insekten Gültigkeit zuzumessen. Namentlich in den Fällen, wo die Endfäden von bedeutender Größe seien und ohne Grenze in die Endkammer übergingen, glaubt BrAnDT, dass man sie nicht bloß als Ligamente, sondern auch als keimbereitende Organe auffassen dürfe. In anderen Fällen sei es dagegen zweifellos, dass der Endfaden nur die Bedeutung eines Ligamentes haben könne. KorschHeLr (39) macht gleichfalls darauf aufmerksam, dass in vielen Fällen der Endfaden an einer Lieferung von Zellenelementen für die Eiröhren sich nicht betheiligen könne, sondern »dass er oft nur als ein rudimentäres Anhängsel der Eiröhre zu betrachten ist, welches mit der umgebenden Peritonealhülle höchstens ein Aufhängeband der Eiröhre darstellt«. Nach WirLowIEssky (75) ist es bei den Wasserwanzen sogar voll- kommen ausgeschlossen, dass der Endfaden sich an der Eibildung be- theiligen könne, weil der Endfaden hier nur eine Fortsetzung der Peri- tonealhülle der Eiröhre sei. Es kann hier natürlich nicht meine Aufgabe sein, ein Urtheil über Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 519 die verschiedenartigen und sich widersprechenden Ansichten bezüg- lich der Bedeutung des Endfadens abzugeben. Ein allgemeines Urtheil über die Funktion desselben wird sich erst dann mit Sicherheit fällen lassen, wenn die Entwicklungsgeschichte dieses Organs bei den ein- zelnen Insektenordnungen in gründlicher Weise studirt sein wird. Hierbei werden sich dann vermüthlich bei den einzelnen Insekten- gruppen verschiedene Bildungsmodi herausstellen. Es deuten hierauf schon die spärlichen Angaben hin, welche wir bis jetzt von der Ent- stehung der Endfäden besitzen. Sollte sich meine Annahme bestätigen, so würden die Endfäden bei den verschiedenen Insekten gar nicht alle unter einander morphologisch gleichartige Gebilde sein, und es würde ‚sich hierdurch ihre wechselnde Bedeutung für das Ovarium schr leicht erklären lassen. Ob wirklich der Endfaden in einzelnen Fällen an der Produktion von Eizellen theilnehmen kann, erscheint mir allerdings noch sehr zweifelhaft. Es könnte dies wohl allein in dem Falle stattfinden, wo der Endfaden sich lediglich von der Spitze der Eiröhre aus bildet und gleichsam bloß die verjüngte vordere Partie derselben darstellt. In sehr vielen Fällen jedoch dürfte dem Endfaden beim ge- schlechtsreifen Thier eine weitaus größere Wichtigkeit zugeschrieben worden sein, als er thatsächlich besitzt. Ich möchte mich der vorhin eitirten Ansicht von KorscHerr anschließen, dass der Endfaden oft nur als ein rudimentäres Anhängsel der Eiröhre zu betrachten ist. Diese Ansicht ist wenigstens für das erwachsene Weibchen von Phyllodromia zutreffend. Eine etwaige Lieferung von Eizellen seitens des Endfadens kann bei Phyllodromia schon um desswillen nicht in Frage kommen, weil der Endfaden Zellen enthält, welche nur den Epithelzellen innerhalb der Eiröhren genetisch gleichwerthig sind. Die Zellen des Endfadens stam- men wie die Epithelzellen des Ovariums von Zellen der dorsalen Ur- segmentwände ab, und sie behalten auch zeitlebens dieselbe Struktur wie die Epithelzellen in den Eiröhren bei. Mithin könnte nur daran gedacht werden, dass der Bedarf an Epithelzellen in der Eiröhre vom Endfaden aus gedeckt würde. Doch erscheint dies um desswillen nicht glaubwürdig, weil an der Spitze der Eiröhre sich immer eine hin- reichende Anzahl von Epithelzellen findet, und dann weil die untersten Zellen des Endfadens oft zeitlebens noch die charakteristische langge- streckte Form eines früheren Entwicklungsstadiums beibehalten. Es könnte aber vielleicht der Endfadenapparat beim geschlechts- reifen Weibchen von Phyllodromia den Zweck haben, das Ovarium im Körper zu befestigen. Um diese Frage zu entscheiden hat man nur nöthig, das Verhalten der vordersten Spitze des Endfadenapparates 520 Richard Heymons, klar zu legen. Ich habe nun schon oben darauf hingewiesen, dass die Spitze des Endfadens weder das Herz noch das Perikardialseptum er- reicht, sondern frei endigt. Der Endfadenapparat selbst kann also eine Befestigung des Ovariums im Körper nicht vermitteln. Diese Aufgabe könnte allein der Peritonealhülle desselben zufallen. Nach den An- gaben von Leyvie bildet in vielenFällen die Peritonealhaut des Ova- riums eine Verlängerung, welche über die vorderste Spitze des End- fadens hinausgeht und sich an das Herz anheftet. Ein derartiger Fort- satz der Peritonealhaut scheint aber bei Phyllodromia nicht vorhanden zu sein. Die Peritonealhülle ist überhaupt an dem gemeinsamen End- faden so dünn und fein, dass es mir sehr zweifelhaft erscheint, ob der vordere Abschnitt des gemeinsamen Endfadens noch von einer selbstän- digen bindegewebigen Haut umgeben ist. Jedenfalls lässt es sich mit Sicherheit behaupten, dass eine starke strangförmige Verlängerung der Peritonealhaut, welche als Fixirungsmittel doch allein von Bedeutung sein könnte, nicht über das vorderste Ende des gemeinsamen End- fadens hinausreicht. Hieraus geht hervor, dass der Endfadenapparat bei Phyllodromia auch nicht einmal die Funktion haben kann, die Ge- schlechtsdrüse im Körper zu fixiren. Eine Vorrichtung, welche das Ovarıum an einen festen Punkt im Körper anheftet, ist für Phyllodromia meiner Ansicht nach überhaupt vollkommen überflüssig. Das Ovarium wird in seiner Lage schon allein durch die Fettkörpermasse erhalten, welche die ganze Leibeshöhle aus- füllt und wesentliche Verschiebungen der einzelnen Organe verhin- dert. Durch den Fettkörper findet das Ovarium eine hinreichende Stütze und die Bindegewebsstränge und Tracheenäste, welche aus dem- selben an die Oberfläche der Peritonealhaut herantreten, hat man als die eigentlichen Befestigungsmittel des Ovariums anzusehen. Von wesentlicher Bedeutung für die Geschlechtsdrü- senist beiPhyllodromia der Endfadenapparat nurinder embryonalen und larvalen Entwicklungsperiode. Wäh- rend dieser Zeithater die Aufgabe, dieLageveränderun- gen der Genitalien zu ermöglichen. Beim erwachsenen Thiere dürfte der Endfadenapparat dagegen seine Be- deutung gänzlich verloren haben. Ill. Die Endkammer. Der vordere apikale Theil der Eiröhren bei Phyllodromia und bei anderen Orthopteren, der von der Ansatzstelle des Endfadens bis zum ersten deutlich ausgeprägten Ei reicht und welcher selbst noch keine typischen Eizellen enthält, ist von den früheren Autoren zumeist als »Endkammer« benannt worden. Den Abschnitt der Eiröhre dagegen, in Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L 521 welchem sich schon deutlich entwickelte Eizellen vorfinden, hat man als die Eiröhre im engeren Sinne bezeichnet. Sobald man aber die Ent- wicklungsgeschichte der betreffenden Theile berücksichtigt, so ergiebt es sich, dass die Bezeichnung Endkammer recht wenig empfehlens- werth ist. Es ist schon seit längerer Zeit bekannt, dass die Endkammer eines alten Weibchens weit kleiner als die bei einem jungen ge- schlechtsreifen Weibchen ist (vgl. die Figg. 18 und 19). Dies ist da- durch zu erklären, dass die im basalen Theile der Endkammer liegen- den Zellen sich nach und nach in typische Eier mit ihrem Follikel- epithel umgestaltet haben. Man kommt nun, wenn man der früheren Auffassung getreu bleiben will, in die unangenehme Lage eingestehen zu müssen, dass die Endkammer bei einem alten Weibchen nur einem Theil der Endkammer bei einem jungen Weibchen entspricht, und dass man mithin bei den verschiedenaltrigen Individuen ganz verschiedene Abschnitte der Eiröhre als »Endkammer« in Anspruch nimmt. Diese Thatsache dürfte gerade nicht für die Korrektheit des Ausdruckes »End- kammer« sprechen. Noch augenscheinlicher zeigt sich übrigens das hier in Rede stehende Verhalten, wenn man einmal die Eiröhren während der Lar- venzeit mit berücksichtigt, Sehen wir uns zum Beispiel diese Verhält- nisse vergleichsweise bei einer jungen weiblichen Larve an, bei wel- cher sich erst ein einziges Ei in jeder Eiröhre vorfindet. Wenn wir uns hier an die alte Definition der Endkammer halten wollen, so müssen wir nun unter Endkammer wieder ein ganz anderes und ver- hältnismäßig viel längeres Stück der Eiröhre verstehen, als früher. Jetzt sehen wir schon als Endkammer beinahe die ganze Eiröhre an und nehmen nur ihre basalste Partie aus, in welcher die eine junge Eizelle liegt. Geht man aber noch einen Schritt weiter in der Entwicklung zu- rück, so trifft man Eiröhren an, welche überhaupt noch keine deut- lichen Eier enthalten, sondern deren Inhalt nur aus Genitalzellen (und Epithelzellen) besteht. Wenn man konsequent bleiben will, so muss man jetzt als Endkammer die ganze junge Eiröhre bezeichnen, während .der früheren Auffassung gemäß eine eigentliche Eiröhre hier überhaupt noch nicht vorhanden ist. Mithin ist man in einem solchen Fall ge- zwungen, ein Gebilde als Endkammer d. h. als das Ende einer Eiröhre anzusehen, obgleich die dazu gehörige Eiröhre selbst gar nicht existirt. Es hat auch bereits v. WıELowıIE)sky (76) darauf aufmerksam ge- macht, dass bei vielen Insekten von einer eigentlichen Endkammer nicht gesprochen werden dürfe, da dieselbe bei alten Individuen voll- ständig zur Eibildung aufgebraucht würde. Ob diese Auffassung auch Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 3, 522 Richard Heymons, für Phyllodromia zutreffend ist, vermag ich nicht bestimmt anzugeben, da ich niemals bei alten Thieren den völligen Schwund des apikalen Theiles der Endkammer bemerkt habe. Jedenfalls glaube ich aber nicht, dass man — wenigstens bei Phyl- lodromia — berechtigt ist, die Endkammer als einen ganz besonderen, distinkten Theil der Eiröhre zu betrachten, welcher, wie man früher meistens annahm, für das Ovarium von wesentlichster Bedeutung ist. Trotzdem will ich jedoch den Ausdruck Endkammer noch beibe- halten, weil derselbe einmal sehr gebräuchlich ist und dann weil eine genauere Definition der Endkammer erst auf Grund von vergleichen- den Untersuchungen möglich wäre, welche sich nothwendig auf eine größere Zahl von Insekten zu erstrecken hätten. Der Inhalt der Endkammer bei Phyllodromia ist prineipiell völlig identisch mit dem Inhalt der gesammten Eiröhre. Es finden sich in der Endkammer nur Genitalzellen und Epithel- zellen vor, mithin nur die beiden bekannten Zellenarten, die wir auch in der eigentlichen Eiröhre antreffen und mit denen wir uns schon während des ganzen Entwicklungsverlaufes der Genitaldrüse zu be- schäftigen hatten. An frischen in Kochsalzlösung betrachteten Eiröhren tritt in den Endkammern ein Unterschied zwischen den Genitalzellen und Epithel- zellen nicht deutlich hervor. Es ist erst die Anwendung der Schnitt- methode nöthig, um diese beiden verschiedenen Zellenarten als solche deutlich sichtbar zu machen. Am besten bewährte sich für diesen Zweck die Konservirung der Eiröhren mit Sublimat. Bei einer gelungenen Konservirung mit diesem Fixirungsmittel ist es nicht schwer Genitalzellen und Epithelzellen von einander zu unter- scheiden. Die Kerne der Epithelzellen erscheinen homogen, -gleichmäßig gefärbt. Da sie die Farbe in ziemlich hohem Maße annehmen, so sehen sie ziemlich dunkel aus, und es tritt das Chromatingerüst in ihnen nicht sehr klar hervor. Die Kerne der Genitalzellen sind größer als die Kerne der Epithelzellen und sind stets schwächer gefärbt als diese letzteren. Auch besitzen die Kerne der Genitalzellen ein starkes sehr deutlich differen- zirtes Chromatinnetzwerk mit dunklem, meist centralem Nucleolus (Fig. 18 und 19). Die Genitalzellen und die Epithelzellen, welchein den Endkammern liegen, haben somit noch genau dasselbe Aussehen beibehalten, das in früheren Entwicklungsstadien, lange bevor es zur Bildung der Eiröhren kam, noch sämmtliche Genitalzellen und Epithelzellen der Genitalan- lage besaßen. Die Struktur und die Gestalt der in den Endkammern befindlichen Genitalzellen und Epithelzellen ist seit jener Zeit immer Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. L. 523 unverändert dieselbe geblieben. Es stellt daher der Inhalt der End- kammern bei Phyllodromia einen auf tiefer embryonaler Stufe ver- bliebenen Rest der Genitalanlage dar. Was die Lagerung der Genitalzellen und der Epithelzellen in der Endkammer betrifft, so haben die ersteren vorzugsweise im Inneren der- selben ihren Platz und berühren nur an wenigen Stellen die Tunica propria.. Die Epithelzellen liegen dagegen zum größten Theil der Wand der Endkammer an, doch befinden sich auch Epithelzellen im Innenraum der Endkammer, wo sie zwischen den Genitalzellen ver- theilt sind. Ferner sind es Epithelzellen, die stets die äußerste Spitze der Endkammer einnehmen, an welcher Stelle, wie dies schon von KorscHELt (39) hervorgehoben wurde, die Elemente (Epithelzellen) der Endkammer in die Zellen des Endfadens sich unmittelbar fort- setzen. Auch an der Basis der Endkammer, dort wo diese in den Ei- röhrentheil übergeht, sieht man häufig eine kleine Anzahl von Epithel- zellen liegen (Fig. 19). Mit der Behauptung, dass der Inhalt der Endkammer bei Phyllo- dromia nur aus deutlich von einander zu unterscheidenden Genital- zellen und Epithelzellen besteht, trete ich in Widerspruch zu den früheren Angaben, welche bisher über den Inhalt der Endkammer sowohl bei Phyllodromia als auch bei allen anderen Insekten gemacht worden sind. Es ist gegenwärtig eine wohl allgemein verbreitete Anschauung, dass in den Ovarien der Insekten sowohl die Epithelzellen, wie die Eizellen (resp. auch die Nährzellen) zurückzuführen sind auf gleich- werthige embryonale Zellen. Ein großer Theil dieser embryonalen Zellen, welche noch völlig indifferent sind, wandelt sich bereits wäh- rend der Embryonalzeit in Eizellen oder Epithelzellen um. Ein an- derer Theil der indifferenten Zellenelemente findet sich dagegen noch in den Endkammern der Larve und des geschlechtsreifen Thieres vor. Aus diesen in den Endkammern liegenden indifferenten Elementen soll nun selbst noch während des Imagolebens eine Umbildung in neue Eizellen und Epithelzellen von statten gehen. Die verschiedenen Zellenarten der Eiröhre trifft man also nach dieser Auffassung noch nicht gesondert in den Endkammern der In- sekten an, sondern es liegen in denselben noch völlig gleichartige Ele- mente, die sich erst nach und nach in Eizellen (Nährzellen) und Epithelzellen differenziren. Angaben in diesem Sinne, welche speciell auf Orthopteren Bezug haben, sind in neuerer Zeit von mehreren Auto- ren gemacht worden. In Betreff der anderen Insektengruppen ver- weise ich auf die ausgedehnten Untersuchungen von KorschzLr (39). 34* 524 Richard Heymons, Derselbe hat zugleich in seiner grundlegenden Arbeit über die Ent- stehung und Bedeutung der verschiedenen Elemente des Insektenova- riums eine kritische Übersicht sämmtlicher Ansichten gegeben, welche bisher über diesen Gegenstand aufgestellt worden sind. Auf dieselben näher einzugehen ist mir um desswillen nicht möglich, weil ich mich bei meinen Untersuchungen nur auf ein einziges Insekt be- schränkt habe. Doch glaube ich schon jetzt die oben erwähnten Angaben für sehr zweifelhaft erklären zu können, nach welchen der Inhalt der End- kammer bei Orthopteren aus einem indifferenten Zellenmaterial be- stehen soll. Für Phyllodromia ist diese Ansicht auf keinen Fall zu- treffend. Zum Verständnis der Endkammer der Orthopteren hat man bisher wohl immer als Ausgangspunkt die Endkammer anderer, höherer In- sektenformen genommen, für welche die Existenz von indifferenten Zellen fast allgemein behauptet worden ist. Man konnte nun vielleicht um so eher zur Annahme von solchen Zellen auch für die Orthopteren gelangen, als sich hier — wenigstens bei Phyllodromia — die Genital- zellen und Epithelzellen in den Endkammern ähneln und leicht mit einander zu verwechseln sind. Auf den hier zwischen Genitalzellen und Epithelzellen vorhandenen Unterschied musste man am leich- testen durch eine entwicklungsgeschichtliche Untersuchung aufmerk- sam werden. Derartige Beobachtungen fehlten jedoch bisher für die Orthopteren vollständig. Die entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen, welche bei anderen Insektengruppen über die Bildung der einzelnen Zellen- arten in den Sexualdrüsen angestellt waren, schienen fast sämmtlich die Annahme einer ursprünglich indifferenten Zellenmasse zu be- günstigen. Zur besseren Orientirung werde ich hier einen kurzen Überblick über die Ergebnisse dieser Untersuchungen folgen lassen. Zuerst war es Weısmann (70), der auf Grund seiner Studien über die Entwicklung der Musciden sich dem von Craus (19) aufgestellten Satz anschloss, dass: »Dotterbildungszellen, Epithelzellen und Eier nur Modifikationen ursprünglich gleichartiger Elemente seien«. Wenige Jahre darauf kam Besseıs (9), der die Entwicklung der Sexualdrüsen bei Lepidopteren verfolgte, zu dem gleichen Resultate, obwohl in früherer Zeit von H. Meyer (48) behauptet worden war, dass sich die Epithelschicht von außen her dem Eierstocksschlauche auf- legen solle. Dieselbe Ansicht vertritt auch Leuekarr (23) indem er angiebt, Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. ı. 525 dass in den sogenannten Keimballen der Gecidomyienlarven, gerade wie bei den Keimfächern der weiblichen Insekten die Ei-, Nähr- und Epi- thelzellen aus einer ursprünglich ganz gleichartigen Zellenmasse sich entwickeln. Es hat sodann MErtscunikorr (45) bei seiner Untersuchung über die Entwicklung der viviparen Gecidomyienlarven sein Augenmerk auf diesen Gegenstand gerichtet. Wie schon erwähnt, leitete M£TscHNIKkorF die Geschlechtsorgane von einer Polzelle ab. Durch wiederholte Thei- lungen entstand aus der einen Polzelle eine kleine Anhäufung von Zellen, welche wieder in zwei Gruppen zerfiel. Eine jede Gruppe von Polzellen wird darauf von kleinen Embryonalzellen umhüllt, und wäh- rend nun nach MErscunikorr aus den Polzellen die Keimzellen resp. die Nährzellen hervorgehen, liefern die Embryonalzellen die Epithelschicht und den rudimentären Ausführungsgang. METScHNIKoFF zieht aus die- sem Verhalten den Schluss, dass »die Keimzellen in keiner genetischen Beziehung zu den Epithelzellen stehen, und dass nur die Keim- und die Dotterbildungszellen eines gemeinschaftlichen Ursprungs sind«, Bei den Aphiden kam freilich Mrrscanıkorr wieder zu einem anderen Ergebnis, indem hier die Geschlechtsanlage bei ihrem ersten Auftreten aus einer Anzahl von kleinen Embryonalzellen besteht, welche sich später in Keimzellen, Nährzellen und Epithelzellen umbilden. Die Angaben, welche darauf von O. von Grınm (27) gemacht wur- den, sind etwas unklar und schwankend. v. Grimm studirte die unge- schlechtliche Fortpflanzung einer Chironomusart und behauptet anfäng- lich, dass die Keimzellen von den Polzellen herstammten, während er außer den Epithelzellen noch die Nährzellen von gewöhnlichen Em- bryonalzellen herleitet. In einer späteren Mittheilung (28) korrigirt er sich und stimmt nun mit Mrrschnikorr überein, indem er annimmt, dass die Keimzellen und Nährzellen gemeinschaftlichen Ursprungs wären. Barsıanı (6) fand bei Chironomus, dass um die beiden Genitalan- lagen der soeben ausgeschlüpften Larve sich eine feine epitheliale Um- hüllung gebildet hatte. Bezüglich der Genese dieser Epithelschicht konnte Barsranı nicht zu sicherem Resultate gelangen, weil es ihm nicht gelungen war die Bildung derselben genauer zu verfolgen. Doch neigt ‚sich Baısıanı der Ansicht zu, dass die Epithelschicht entstanden wäre: »par condensation des cellules peripheriques de la masse sexuelle en une couche membraneuse«, womit er dann gleichfalls sich dem von Craus aufgestellten Satz anschließen würde. Wiırzaezir (79) giebt für die Aphiden ebenfalls an, dass die peri- pherischen Zellen der Genitalanlage das Epithel bilden und dass somit Eizellen, Nährzellen und Epithelzellen denselben Ursprung haben. 526 Richard Heymons, Wırı (78) vermag über die Herkunft der Epithelzellen bei Aphi- den keine durchaus bestimmten Angaben zu machen. Die Beobachtun- gen von Wırzaczin werden von ihm bezweifelt, doch hält er es gleichfalls für das wahrscheinlichste, dass die Epithelzellen auf die ur- sprünglichen Keimzellen (d. h. auf die noch indifferenten Zellen der Genitalanlage) sich zurückführen lassen. Auch v. WıELowIEJsky (76) macht in einem deutschen Resume zu seiner polnisch geschriebenen Arbeit die kurze Mittheilung, dass die ursprüngliche Anlage der weiblichen Sexualanlage aus ganz identischen Zellen bestehe, die erst im Laufe der Zeit in »Epithel-, Dotter- und Eizellen« differenzirt würden. Wie aus dieser Übersicht hervorgeht, hat sich somit die Mehrzahl der Autoren für eine gemeinsame Herkunft der Eizellen (Nährzellen) und Epithelzellen ausgesprochen. Die abweichenden Angaben, welche H. Meyer gemacht hatte, konnten nicht ins Gewicht fallen, weil ihm bei seinen Untersuchungen nur unzulängliche Hilfsmittel zu Gebote gestanden hatten, und auf die unsicher lautenden Mittheilungen von v. Grimm konnte wohl ebenfalls kein großer Werth gelegt werden. Aber auch den Ergebnissen von Merscuxikorr wurde — vielleicht mit Un- recht — kein Glaube geschenkt, und zwar geschah dies um so weniger, weil ihnen die Resultate Leuckirr’s (43) gegenüber standen und weil METScHnIiKkoFrF nur bei den Cecidomyienlarven zu diesem unbequemen Resultate gekommen war, während er bei den Aphiden ebenfalls eine gemeinsame indifferente Zellenmasse gefunden hatte, aus welcher spä- ter sowohl die Keimzellen und Nährzellen, wie auch die Epithelzellen hervorgingen. Nach meinen an Phyllodromia angestellten Unter- suchungen kannes nun keinem Zweifelunterworfensein, dass bei diesem Insekte die Genitalzellen und Epithel- zellen in den Geschlechtsdrüsen von vorn herein voll- ständig unabhängig neben einander vorhandensind. Die einzelnenisolirten Genitalzellen treten hier bereits sehr frühzeitig an verschiedenen Punkten des Keimstreifens auf, lange bevor von einer zusammenhängenden mit Epithelzellen vermischten Geschlechtsanlage die Rede sein kann. Erstin späterer Zeit, wenn die Genitalzellen in die dorsalen Wände der einzelnen Ursegmente ein- wandern, schließen sich Zellen dieser Ursegmentwände den Genitalzellen dicht an und werden zu den Epithel- zellen der Genitalanlage. Die beiderseitigen Genital- anlagen werden nur von Genitalzellen und Epithelzellen Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 5297 zusammengesetzt und beide Zellenarten lassen sich wäh- rend des ganzen Verlaufes der Entwicklung deutlich von einander unterscheiden. Der in den Endkammern der Eiröhren von Phyllodromia eingeschlossene Inhalt stellt, wie ich gezeigt habe, einen aufembryonaler Stufe verbliebenen Überrest der Genitalanlage dar. Dieser Inhalt der Endkammer besteht demgemäß auch nur aus Genitalzellen und Epithelzellen, ohne dass indifferente Elemente überhaupt in Frage kommen könnten. Genitalzellen und Epithelzellen von Phyllodromia kommen nicht einmal an demselben Theile eines und desselben Ursegmentes zur Aus- bildung, sie sind nur in so fern eines gemeinsamen Ursprunges, als sie beide von Epithelzellen der Leibeshöhle abstammen. Die epitheliale Auskleidung der letzteren darf natürlich aber nicht als eine »indiffe- rente embryonale Zellenmasse« im Sinne der oben eitirten Autoren angesehen werden, da ja aus ihr nicht allein die Genitalanlagen, son- dern auch noch zahlreiche andere Organe des Körpers, wie Fettkörper- gewebe, Muskulatur u. A. hervorgehen. Die Geschlechtszellen von Phyllodromia stellen sehr stark veränderte und viel weiter ausgebil- dete Epithelzellen der Leibeshöhle dar. Die Epithelzellen in den Ge- nitalanlagen und den späteren Eiröhren bei Phyllodromia sind dagegen nur relativ wenig modificirte Zellen der Epithelschicht der Leibeshöhle. Ähnlich liegen die Verhältnisse auch bei. niederen Thieren, bei Peripatus und bei den Anneliden. Hier schließen sich an die viel weiter entwickelten Genitalzellen nur wenig oder gar nicht veränderte Epithelzellen der Leibeshöhle dicht an. Diese letzteren dürften wohl den Epithelzellen in den Eiröhren der Insekten entsprechen, da sie gleich wie diese eine Umhüllung für die Genitalzellen liefern und viel- leicht auch noch zu ihrer Ernährung beitragen werden. Da die Epithelzellen in den Eiröhren von Phyllodromia und wohl auch bei vielen anderen Insekten noch verhältnismäßig unverändert ihre ursprünglichen Charaktere beibehalten haben, die sie früher als Epithelzellen der Leibeshöhle besaßen, so gewinnen damit auch manche frühere Angaben von Huxrey (37), Craus (19), WALDEYER (68) u. A. erneutes Interesse, denen zufolge die Genitalzellen nichts Anderes als stark modificirte Epithelzellen des Eierstockes selbst repräsentiren. Allerdings stellen die beiden letztgenannten Autoren damit die Existenz gleichartiger indifferenter in den Endkammern befindlicher Elemente nicht in Abrede. Hierin liegt aber, wie schon Branpr (12) bemerkt, keineswegs ein Widerspruch, sobald sie dieselben mit den Epithelzellen des Eierstockes identificiren, mit welchen, wie dies von Korscnerr (39) 528 Richard Heymons, hervorgehoben wurde, die indifferenten Elemente überhaupt große Ähnlichkeit haben. Sofern sich bei höheren Insekten thatsächlich vollkommen in- differente Zellen in den Endkammern vorfinden, so braucht damit auch noch nicht nothwendig ein durchaus principieller Gegensatz zu Phyllo- dromia ausgesprochen zu sein. Man würde dieses Verhalten vielmehr so aufzufassen haben, dass die Differenzirung der gleichartigen Meso- dermzellen in die Epithelzellen und Genitalzellen der Geschlechtsdrüse, welche bei Phyllodromia bereits in früher Embryonalperiode statt- findet, bei vielen anderen Insekten sekundär erst in sehr späte Ent- wicklungsstadien hinein verlegt ist und zum Theil erst dann beim ge- schlechtsreifen Thiere vor sich geht. Berlin, im Juni 1891. Nachschrift. Nachdem bereits die vorliegende Arbeit druckfertig gemacht war, erschien die neueste Publikation von CuoLopkovsky über die Embryo- nalentwicklung von Phyllodromia (Blatta) germanica (M&m. de l’Acad. Imp. d. sc. de St. Petersb. VII. serie. Tom. XXX VII No. 5. 1891). CGuo- LODKOVSkY hat in derselben seine frühere Angabe (18), dass die Ge- schlechtszellen aus Dotterzellen hervorgingen, dahin modifieirt, als er jetzt erklärt, die Frage nach der Herkunft der Genitalzellen nicht de- finitiv entscheiden zu können. Gleichwohl hält er aber immer noch den Ursprung der Genitalzellen aus Dotterzellen für sehr wahrscheinlich. Diese Annahme steht in völligem Widerspruch zu meinen Beobachtun- gen, selbst wenn CHoLopkovsky die Genitalzellen von sog. »kleinen Dotterzellen« ableitet. Diese letzteren sind überhaupt nicht als solche, sondern als Mesodermzellen zu deuten und haben zu den Genitalzellen keinerlei Beziehung. CHoLopkovsky ist auch nicht im Stande gewesen, die Geschlechtszellen vor dem Beginn der Differenzirung der Somiten- höhle zu sehen. Hieran dürfte jedoch allein seine Konservirungs- methode Schuld sein, da sich auf meinen Präparaten die Genitalzellen schon in frühen Entwicklungsstadien sogar vor der Entstehung der Cölomsäcke mit Leichtigkeit auffinden lassen und, wie früher erwähnt, sich auch sehr deutlich durch ihre Struktur von Dotterzellen und Meso- dermzellen unterscheiden. Nicht zutreffend ist ferner die Behauptung CuoLopkovsky’s, dass die Geschlechtsanlage »stets in der Mitte oder in der hinteren Hälfte« Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blaita) germ. L. 529 des Abdomens liegen solle. Dies gilt allein für ältere Embryonen nach erfolgter Geschlechtstrennung, und zwar ist ersteres nur bei weib- lichen, letzteres bei männlichen Individuen der Fall. Bei jüngeren Em- bryonen, nach Verschluss des Rückens, erstrecken sich dagegen die Genitalanlagen immer vom zweiten bis fünften Abdominalsegmente, was CHOLODKOVSKY mit Unrecht in Abrede stellt, wovon man sich aber ohne jede Schwierigkeit überzeugen kann. Die von mir in einer vorläufigen Mittheilung (36) gemachte Angabe, dass die Genitalzellen und die Zellen des Follikelepithels verschiedenen _ Ursprungs seien, erscheint CmuoLopkovsky »sonderbar«. Eine solche Bemerkung ist mir nun aber von Seiten CHoLoDKoYSskY’S um So unver- ständlicher, als erselbst über den betreffenden Punkt nur unvollkommene Beobachtungen zu besitzen scheint. Wenigstens ist es mir unmöglich gewesen, weder aus seiner Beschreibung, noch aus seinen Figuren seine eigene Ansicht hierüber mit genügender Klarheit zu entnehmen. Er behandelt diese Verhältnisse nur ganz kurz auf p. 57 wo er sagt: »In- dem der Embryo den Nahrungsdotter umwächst, bekleidet sich die Geschlechtsanlage mit kleinen Mesodermzellen, welche um die ganze Geschlechtsanlage und um die Unterabtheilungen derselben follikuläre Hüllen bilden.« Es geht aus der Darstellung nicht hervor, ob Guoron- Kovsky vielleicht den Ausdruck »follikuläre Hülle« fälschlich statt Peri- tonealhaut gebraucht hat. Doch ist dies unwahrscheinlich, weil die Peritonealhaut erst in späten Entwicklungsstadien zur Anlage kommt, bei welchen, wie CuoLopkovsky selbst zugiebt, seine Beobachtungen nur sehr dürftige sind. Auch würde in diesem Falle seine Beschrei- bung in so fern unrichtig sein, als die betreffende Haut eine Fettkörper- bildung ist und sich auch thatsächlich erst in einer Zeit anlegt, wenn der Embryo längst den Nahrungsdotter umwachsen hat. Wenn dagegen andererseits (HOLODKoYsky unter der »follikulären Hülle« wirklich die Zellen des Follikelepithels versteht, so würde er die letzteren allerdings richtig vom Mesoderm ableiten. Da er nun aber geneigt ist, die Genital- zellen auf Dotterzellen zurückzuführen, so kann er doch unmöglich einen gemeinsamen Ursprung der Epithel- und Geschlechtszellen annehmen, sondern muss dann gerade um so mehr zu meiner, von ihm aber be- zweifelten Ansicht gelangen, dass die Genitalzellen unabhängig von den Epithelzellen entstehen! Irrthümlich ist es auch, wenn CHoLopkovskv behauptet, dass die Mesodermhülle der Genitalanlage mit der mesodermalen Lamelle des Darmes verwachsen solle. Eine solche »innige Verwachsung« zwischen Geschlechtsanlage und Darmkanal habe ich durchaus nicht konstatiren können. 930 Richard Heymons, Auch in anderer Hinsicht scheinen mir die Untersuchungen Cno- LODKOVSKYS noch mancher Berichtigungen zu bedürfen, doch ist hier nicht der Ort darauf näher einzugehen, wie ich mir auch vorbehalte auf seine Äußerungen über den von mir beim Männchen von Phyllo- dromia nachgewiesenen Hermaphroditismus an anderer Stelle zurück- zukommen. Litteraturverzeichnis. 4. How. Ayers, On the development of Oecanthus niveus and its parasite Teleas. Memoirs of the Boston society of natural history. Vol. Il. Number VII. Boston 1884. | 3. E. G. Batsranı, Sur la reproduction et ’embryogenie des Pucerons. Comptes rendus de !’Acad. des sciences. Tom. LXII. 1866. Premiere note p. 1234 —1235; Deuxieme note p. 1285—1289; Troisieme note p. 4390—1394, 3. E. G. Bausıanı, Memoire sur la generation des Aphides. Ann. dessc.nat. 5 serie. Tom. XI, 1869; Tom. XIV, 1870; Tom. XV, 4872. 4. E. G. BAısıanı, Sur l’embryog£nie de la Puce. Comptes rendus de l’Acad. des sciences. Tom. LXXXI. 1875. 5. E. G. BALBıAnı, Sur la signification des cellules polaires des Insectes. Gomptes rendus de l’Acad. des sciences. Paris 1882. 6. E. G. Bausıanı, Contribution a l’etude de la formation des organes sexuels chez les Insectes. Recueil zoologique suisse. Tom. II. No. 4. Geneve-Bäle 1885. 7. F. BaLrour, Handbuch der vergleichenden Embryologie. Aus dem Englischen übersetzt von Dr. B. VETTErR. 2 Bde. Jena 1880. 8. R. S. Ber6H, Untersuchungen über den Bau u. die Entwicklung der Geschlechts- organe der Regenwürmer. Diese Zeitschr. Bd. XLIV. 2. Heft. 1886. 9. E. BesseLs, Studien über die Entwicklung der Sexualdrüsen bei den Lepidopte- ren. Diese Zeitschr. Bd. XVII. 4. Heft. 1867. 10. E. BLAncHARD, De la circulation chez les Insectes. Ann. des sc. nat. 3. serie. Tom. IX. 1848. 14. Ar. Branpt, Über die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. M&moires de ’Acad. Imp. des sc. de St. Petersbourg. VII. serie. Tom. XXI. No. 12. St. Petersburg 1874. 12. Ar. BrAnDT, Über das Ei und seine Bildungsstätte. Leipzig 1878. 13. O. BürscaLı, Zur Entwicklungsgeschichte der Biene. Diese Zeitschr. Bd. XX. 4, Heft. 1870. i 14. ©. BürscaLı, Zur Entwicklungsgeschichte der Sagitta. Diese Zeitschr. Bd. XXI. 1873. 45. J. CARRIERE, Die Entwicklung der Mauerbiene (Chalicodoma muraria Fabr.) im Ei. Archiv f, mikr. Anat. Bd. XXXV. 2. Heft. Bonn 4890. 16. N. CHOLODKOVSKY, Über die Bildung des Entoderms bei Blatta germanica. Zool. Anzeiger. Nr. 275. 1888, 47. N. CHoLoDKOvsky, Studien zur Entwicklungsgeschichte der Insekten. Diese Zeit- schrift. Bd. XLVIIlL, 4. Heft. 1889. 21. 22. 25. 26. all. 28. 29. 30. 3A. 32. 33. 34, 35. 36. 37, R. Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L.. 531 . CHOLODKOVSKY, Zur Embryologie von Blatta germanica. Zool. Anz. Nr. 330. 1890. . Craus, Beobachtungen über die Bildung des Insekteneies. Diese Zeitschr. Bd. XIV. 4. Heft. 1864. . CrAus, Zur Kenntnis des Baues und der Entwicklung von Branchipus stag- nalis und Apus cancriformis. Abhandl. der königl. Ges. der Wissensch. zu Göttingen. Göttingen 4873. . Dourn, Notizen zur Kenntnis der Insektenentwicklung. Diese Zeitschr. Bd. XXV]. A. Heft. 4876. . Durour, Recherches anatomiques et physiologiques sur les Orthopteres, les Hymenopteres et les Neuropteres. M&moires pres. par. div. sav. a lacad. roy. d. sc. de l'inst. de France. Tom. IV, 1833. Tom. VII, 4844, Paris. . GAnIn, Beiträge zur Erkenntnis der Entwicklungsgeschichte der Insekten. Diese Zeitschr. Bd. XIX. 3. Heft. 4869. . GRABER, Über die primäre Segmentirung des Keimstreifens der Insekten. Morphol. Jahrbuch. Bd. X1V. 1888. . GRABER, Vergleichende Studien über die Embryologie der Insekten und ins- besondere der Musciden. Denkschriften der kais. Akad. der Wissensch. Bd. LVI. Wien 4889. . Grassı, Studi sugli arthropodi intorno allo sviluppo delle api nell’ uovo. Atti dell’ Acad. Gioenia di Scienze Naturali in Catania. Ser. 3. Vol. XVII. 1884, . V, GRIMM, Die ungeschlechtliche Fortpflanzung einer Chironomusart und deren Entwicklung aus dem unbefruchteten Ei. Mem. de l’Acad. imper. des sciences de St. Petersbourg. VII.ser. Tom. XV. St. Petersbourg 1870. . v. GrImM, Beiträge zur Lehre von der Fortpflanzung und Entwicklung der Arthropoden. Mem. de l’Acad. imp. des sciences de St. Petersbourg. VII. ser. Tom. XVII. St. Petersbourg 1874, . GROBBEN, Beiträge zur Kenntnis der männlichen Geschlechtsorgane der Deca- poden. Arbeiten aus dem zool. vergl.-anat. Institut in Wien. Bd. I. Wien 1878. . GROBBEN, Die Embryonalentwicklung won Moina rectirostris. Arbeiten aus dem zool. vergl.-anat. Institut in Wien. Bd. II. Wien 1879. . Haase, Die Zusammensetzung der Körpers der Schaben (Blattidae). Sitzungs- bericht der Gesellsch. naturforsch. Freunde zu Berlin von 18. Juni 1889. . HEıDEer, Die Embryonalentwicklung von Hydrophilus piceus L. I. Theil. Jena 4889. . Herorp, Entwicklungsgeschichte der Schmetterlinge, anatomisch u. physio- logisch bearbeitet. Kassel und Marburg 4815. . HErTwıG, Die Chätognathen. Jen. Zeitschr. f. Naturw. Bd. XIV. 1880. 0. u.R. Hertwie, Die Cölomtheorie. Versuch einer Erklärung des mittleren Keimblattes. Jena 1884. Heynmons, Über die hermaphroditische Anlage der Sexualdrüsen beim Männ- chen von Phyllodromia (Blatta L.) germanica. Zool. Anz. Nr. 342. 4890. Ts. H. Huxrey, On the agamic reproduction and morphologie of Aphis. Trans- actions of the Linnean Society. Part. III. 1858. London 4859. 38. A. Jaworowskı, Vorläufige Resultate entwicklungsgeschichtlicher und anatomi- scher Untersuchungen über den Eierstock bei Chironomus und einigen anderen Insekten. Zool. Anz. Nr. 127. 1882. 532 Richard Heymons, 39. E. KorscHeLr, Über die Entstehung und Bedeutung der verschiedenen Elemente des Insektenovariums. Diese Zeitschr. Bd. XLIII. 4. Heft. 1886. 40. E. KorscHeLt, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkernes.. Zool. Jahrbücher. Bd. IV. A. Heft. Jena 1889. 44. A. KowALevskv, Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. St. Petersburg 1874. 42. P. Kramer, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Gattung Philopterus Nitsch. Diese Zeitschr. Bd. XIX. 1869, 43. R. LEUCKART, Die ungeschlechtliche Fortpflanzung der ride Arch. f. Naturgeschichte. Bd. I. Berlin 1865. 44. F. Leyvıs, Der Eierstock und die Samentasche der Insekten. Zugleich ein Bei- trag zur Lehre von der Befruchtung. in: Nova Acta Acad. Leop. Car, Bd. XXXII. Dresden 1866. 45. E. METSCHNIKOFF, Embryologische Studien an Insekten. Diese Zeitschr. Bd. XVI. 1866. 46. E. Meyer, Studien über den Körperbau der Anneliden. Mitth. aus der Zool. Stat. zu Neapel. Berlin. Bd. VII, 1886—4887. Bd. VII. 1888. 47. E. Meyer, Die Abstammung der Anneliden. Der Ursprung der Metamerie und die Bedeutung des Mesoderms. Biol. Centralbl. Bd. X. Nr. 10. 1890. 48, H. Meyer, Über die Entwicklung des Fettkörpers, der Tracheen und der keim- bereitenden Geschlechtstheile bei den Lepidopteren. Diese Zeitschr. Bd.1. 4849. 49. J. C. MiaLL and A. Denny, The structure and life history of the cockroach (Peri- planeta orientalis). London 1886. 50. Jos. MüLLer, Über die Entwicklung der Eier im Eierstock bei den Gespenst- heuschrecken und eine neu entdeckte Verbindung des Rückengefäßes mit den Eierstöcken bei den Insekten. Nova Acta Acad. Leop.-Carol. Tom. XI. Pars 2. 1825. 54. J. Nussaum, Zur Entwicklungsgeschichte der Ausführungsgänge der Sexual- drüsen bei den Insekten. Zool. Anz. Nr. 126. 4882. 52. J. A. PıALmEn, Zur vergleichenden Anatomie der Ausführungsgänge der Sexual- organe bei den Insekten. Morphol. Jahrb. Bd. IX. Leipzig 1883. 53. J. A. PaLmen, Über paarige Ausführungsgänge der Geschlechtsorgane bei In- sekten. Eine monographische Untersuchung. Helsingfors 1884. 54. W. Pırren, The development of Phryganids witk a preliminary note on the development of Blatta germanica. Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. XXIV. 1884. 55. H. RArake, Zur Entwicklungsgeschichte der Blatta germanica. Arch. für Anat. und Physiol. Leipzig 1832. 56. R. RırtEer, Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei Chiro- nomus. Diese Zeitschr. Bd. L. 3. Heft. 1890. E 57. Ca. Rosın, M&emoire sur la production des cellules du blastoderme sans segmen- 4 tation du vitellus chez quelques articules. Compt. rendus de l’Acad. des sciences. Tom. LIV. Paris 4862. 58. A. SCHNEIDER, Die Entwicklung der Geschlechtsorgane bei den Insekten. Zool. Beiträge. Bd. I. Breslau 1885. 59. A. SEDGwick, The development of the Cape species of Peripatus. Quart. Journ. Microsc. Sc, Vol. XXVIII. 1888, 4 | 60. C. Tu, v. SızsoLp, Beiträge zur Parthenogenesis der Arthropoden. Leipzig 1871. Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ. LL. 533 64. C. SpicHARDT, Beitrag zu der Entwicklung der männlichen Genitalien bei Lepi- dopteren. Inaugural-Dissertation. Bonn 1886. 62. F. Sıeın, Vergleichende Anatomie und Physiologie der Insekten. I. Die weib- lichen Geschlechtsorgane der Käfer. Berlin 4847. 63. F. W. L. Suckow, Geschlechtsorgane der Insekten. Heusınger's Zeitschrift für die organische Physik. Bd. II. Eisenach 1828. 64. W. Ursanın, Notizen über die postembryonale Entwicklung der Biene. Russisch in: Iswästija Imp. Obschtsch. Ljubit. Estestwosn. Bd. X. Moskau 1872. 65. A. VoELTZKOw, Melolontha vulgaris. Ein Beitrag zur Entwicklung im Ei bei Insek- ten. Arbeiten a. d. zool.-zoot. Institut der Univ. Würzburg. Bd. IX. Wies- baden 1889. 66. R. WaAcner, Prodromus historiae generationis. Lipsiae 1836. 67. R. Waener, Beiträge zur Geschichte der Zeugung und Entwicklung, Abhandl, der math.-physik. Klasse der königl. Bayerischen Akademie. II. 1837. 68. W. WALDEYER, Eierstock und Ei. Ein Beitrag zur Anatomie und Entwicklungs- geschichte der Sexualorgane. Leipzig 1870. 69. A. WeısmAann, Die Entwicklung der Dipteren im Ei, nach Beobachtungen an Chironomus spec., Musca vomitoria und Pulex canis. Diese Zeitschr. Bd. XIII. 4, u. 2, Heft. 1863. 70. A. Weismann, Die nachembryonale Entwicklung der Musciden nach Beobach- tungen an Musca vomitoria und Sarcophaga carnaria. Diese Zeitschr. Bd. XIV. 3. Heft. 4864. 74, A. WeEısmAann, Die Metamorphose der Corethra plumicornis. Diese Zeitschr. Bd. XVI. A. Heft. 1866. 72. A. WEısmann, Beiträge zur Kenntnis der ersten Entwicklungsvorgänge im In- sektenei. In den Beiträgen zur Anatomie und Physiologie. J. HENnLE von seinen Schülern als Festgabe dargebracht. 1882. 73. A. WEIsMAnNn, Die Kontinuität des Keimplasmas als Grundlage einer Theorie der Vererbung. Jena 1885, 74. W. U. WHEELER, The Embryologie of Blatta germanica and Doryphora decem- lineata. Journ. of Morphologie, Vol. II. No. 2. Boston 1889. 75. H. v. WıELowıEJssky, Zur Morphologie des Insektenovariums. Zool. Anz. Nr, 247, 1886. 76. H, v. WIELowIEIsskv, Über den Bau des Insektenovariums. Der k. k. Akademie der Wissensch. in Krakau vorgelegt am 20. Mai 4885. Polnisch. Mit deut- schem Resume und Tafelerklärung. 77, L. Wırr, Bildungsgeschichte und morphologischer Werth des Eies von Nepa cinerea und Notonecta glauca. Diese Zeitschr. Bd. XLI. 3. Heft 1885. 78. L, WırL, Entwicklungsgeschichte der viviparen Aphiden, Zool. Jahrbücher. Abth. für Anat, und Ontog. der Thiere. Bd. III. 2. Heft. Jena 1888. 79. Em. Wırraczır, Entwicklungsgeschichte der Aphiden. Diese Zeitschr, Bd. XL, 4. Heft. 1884. 80. Ca. W. WoopwortnH, Studies on the embryological development of Euvanessa Antiopa. in: »The butterflies of the Eastern United States and Canada with special reference to New England.« 4889. Cambridge Mass. U. S, 534 Richard Heymons, Erklärung der Abbildungen. Tafel XVIII. Fig. 1. Theil eines sagittalen Längsschnittes durch einen jugendlichen Keim- streifen. Es sind einige Zellen aus der hinteren Partie des Keimstreifens abgebildet. Vergr. 450. ek, Ektodermzellen ; ms, Mesodermzellen;; 92 und gzı, vergrößerte Meso- dermzellen, welche sich in Genitalzellen umbilden. Fig: 2. Sagittaler Längsschnitt durch einen Keimstreifen, welcher schon die erste Andeutung der Segmentirung erkennen lässt. Im hinteren Theile desselben sieht man oberhalb der Mesodermschicht drei Genitalzellen liegen. Vergr. 145. am, Amnionhaut; d, Dotter; ek, Ektoderm; gz, Genilalzelle; ms, Mesoderm; st, Stomodäum. Fig. 3. Sagittaler Längsschnitt durch den Abdominaltheil eines Keimstreifens. Es beginnen sich im Abdomen die Extremitätenanlagen und die Ursegmente zu entwickeln. In den ersten beiden Segmenten haben sich die Mesodermsäckchen schon geschlossen, in den drei darauf folgenden sind sie noch nach der Dorsalseite hin geöffnet. Vergr. 200. am, Amnionhaut; c, Gölom; d, Dotter; ek, Ektoderm; 9z, 921, 925, Genitalzellen; ms, Mesoderm; msı, Epithel der Leibeshöhle. Fig. 4. Sagittaler Längsschnitt durch den Abdominaltheil eines Keimstreifens nach Beendigung der Ursegmentbildung. Vergr. 200. am, Amnionhaut; c, Cölom; d, Dotter; diss, Dissepimentwand; dw, dorsale Ursegmentwand; ek, Ektoderm; gz, Genitalzelle; gz,, Genitalzelle, welche schon vor der Bildung der Ursegmente entstanden war; gz2g, unfertige Genitalzelle noch innerhalb des Dissepimentes lie- gend ; ms, epitheliale Auskleidung der Leibeshöhle. Fig. 5. Querschnitt durch das dritte Abdominalsegment. Die Genitalzellen wandern in die Mitte der dorsalen Ursegmentwand ein. Vergr. 200. am, Amnion- haut: c, Gölom; d, Dotter; dw, dorsale Ursegmentwand; ek, Ektoderm; gz, Geni- talzelle; lw, laterale Ursegmentwand; m, Mesodermzelle, welche sich an der Bil- dung der Cölomsäckchen nicht betheiligt hat; mw, mediale Ursegmentwand; pr, Primitivwülste des Bauchmarks. Fig. 6. Querschnitt durch die Mitte einer Abdominalextremität. Innerhalb der Extremität beginnt das Lumen des Ursegmentes zu verschwinden. In dem dar- auf folgenden Abschnitt des Ursegmentes entwickelt sich der Fettkörper. Vergr. 280. am, Amnionfalte; c, Cölom; cz, Zellen des medialen Abschnittes der dorsalen Ur- segmentwand, welche sich der Ventralseite der Genitalanlage anfügen; d, Dotter; ek, Ektoderm; ep, Epithelzelle; epl, der laterale Abschnitt der dorsalen Ursegment- wand; fk, Fettkörper; gz, Genitalzelle; m, Mesodermzelle, die an der Bildung der Cölomsäckchen nicht Theil genommen hat; pr, Primitivwülste des Bauchmarkes; vm, ventraler Längsmuskel. Fig. 7. Querschnitt durch das zweite hd ement. Der Fettkörper hat einen Theil der Leibeshöhle ausgefüllt, so dass diese nunmehr auf ein kleines, dor- sales Stück c reducirt ist. Vergr. 280. sm, somatische Mesodermschicht. Die übri- gen Bezeichnungen sind dieselben wie in Fig. 6. Die Entwicklung der weibl. Geschlechtsorg. von Phyllodromia (Blatta) germ.L. 535 Tafel XIX. Fig. 8, Querschnitt durch den Abdominaltheil eines etwas älteren Keimstrei- fens. Vergr. 280. ent, Entoderm; h, Anlage des Herzens; ps, Anlage des Perikar- dialseptums; pf, Fettkörper des späteren Perikardialraumes; splm, Darmfaserblatt. Die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. 6. Fig. 9. Querschnitt durch den Abdominaltheil des Körpers. Der Keimstreifen beginnt den Dotter zu umwachsen. Vergr. 200. c, Rest der Ursegmenthöhle ; cz, die langgestreckten Epithelzellen an der Ventralseite der Genitalanlage; d, Dotter; ek, Hypodermis; ent, Entoderm; epl, Endfadenplatte (lateraler Abschnitt der dor- salen Ursegmentwand); fk, Fettkörper; ggl, Ganglienknoten des Bauchmarkes ; 923, Genitalzellen; pf, Fettkörper des Perikardialraumes; ps, Perikardialseptum ; splm, Darmfaserblatt; vm, ventraler Längsmuskel. Fig. 40. Querschnitt durch den Abdominaltheil des Körpers nach dem Ver- schluss des Rückens. Vergr. 445. h, Herz; s, Stigma; die übrigen Bezeichnungen sind dieselben wie in Fig. 9. Fig. 44. Die weibliche Genitalanlage bald nach dem Eintritt der sexuellen Differenzirung im Längsschnitt. Nach einer Anzahl auf einander folgender Sagittal- Schnitte zusammengestellt. Vergr. 145. cz, Kerne der langgestreckten Epithelzellen an der Ventralseite der Genitalanlage ; ep, Kerne der Epithelzellen; epl, Endfaden- platte; 92, Kerne der Genitalzellen; ovid, Anhangstheil des Oviductes. Fig. 12. (Siehe Taf. XX.) Fig. 13. Die weibliche Genitalanlage im Längsschnitt. Nach einer Serie von Sagittalschnitten zusammengestellt. Die Endfadenplatte ist in eine Anzahl von ein- zelnen Endfäden ef zerfallen, die nur noch dorsalwärts durch einen gemeinsamen Zellenstrang, den Rest der Endfadenplatte, mit einander in Verbindung stehen. Vergr. 380. ef, Endfäden; ep, Kerne der Epithelzellen ; 93 und gz|, Kerne der Geni- talzellen ; ovid, der Anfangstheil des Oviductes. Tafel XX, Fig. 42. Sagittaler Längsschnitt durch einen Theil der Endfadenplatte. Man sieht, dass die Zellen derselben sich regelmäßig in Reihen über einander schichten. Vergr. 400. ep, Epithelzellen ; ez, Zellen der Endfadenplatte; gz, Genitalzellen. Fig. 13. (Siehe Taf. XIX.) Fig. 14. Sagittaler Längsschnitt durch einen Theil der weiblichen Genitalan- lage. An ihrer dorsalen Fläche sind durch Einschnitte zapfenartige Vorsprünge von einander abgetrennt worden, an deren Spitze sich je ein Endfaden ansetzt. Vergr. 390. cz, Kerne der an der Ventralseite der Genitalanlage befindlichen Epi- thelzellen; ef, Endfaden;; ep, Kerne der Epithelzellen; gz, Kerne der Genitalzellen. Fig. 15. Sagittaler Längsschnitt durch einen Theil der weiblichen Genitalan- lage von einem fast völlig ausgebildeten Embryo. Vergr. 390. eir, Anlage einer Ei- röhre; 92, 921, 923, 923, Kerne der Genitalzellen. Die anderen Bezeichnungen wie in Fig. 44. Fig. 46. Querschnitt durch das Abdomen eines weiblichen Embryo. Die ven- trale Hälfte des Querschnittes ist fortgelassen. Vergr. 145. ef, Endfaden; ent, Darm- epithel; ep, Epithelzelle; fk, Fettkörper; gz, Genitalzellen; h, Herz; hyp, Hypoder- mis; m, Muskeln ; mal, Marrıcai'sche Gefäße; per, Perikardialraum ; ps, Perikardial- septum; pt, Bindegewebszellen, die sich der Oberfläche der Genitalanlage anfügen (Bildung der Peritonealhaut) ; splm, Muskelschicht des Darmes. 536 Richard Heymons, Die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane etc. Fig. 47. Schematischer Längsschnitt durch das Ovarium einer 8 mm langen weiblichen Larve. Es soll die Lageveränderung der einzelnen Eiröhren gezeigt werden. Vergr. 60. cz, Kelchtheil des Oviductes; ef, Endfäden; ef}, dorsaler Zellen- strang (gemeinsamer Endfaden); ep, Eiröhrenepithel; esi, Eiröhrenstiel; ov, Eizelle; ovid, Anfangstheil des Oviductes. Fig. 18. Längsschnitt durch die Eiröhrenspitze eines jungen geschlechtsreifen Weibchens. Vergr. 445. ef, der untere Theil des Endfadens; endk, sog. Endkam- mer; ep, Epithelzellen ; 92, Kerne der Genitalzellen ; gz,, Kern einer Genitalzelle, in welchem sich das Chromatin zusammengeballt hat; kbl, Keimbläschen;; ov, Eizelle; ip, Tunica propria. Fig. 49. Längsschnitt durch die Eiröhrenspitze eines alten Weibchens. Vergr. 445. Die Bezeichnungen sind dieselben wie in Fig. 18. Das Auge des Grottenolmes (Proteus anguineus). Von Dr. K, W. Schlampp in München. Mit Tafel XXI, Einleitung. Keine Thatsache des anatomischen Baues der Thiere ist leichter verständlich als die Anwesenheit von Sinnesorganen, welche die Em- pfindung des Lichtes und die Vorstellung von der Außenwelt vermit- teln. Es ist sehr auffällig, dass in der Thierreihe eine Anzahl von Bei- spielen gefunden wird, welche die Verkümmerung dieses wichtigen, für die ganze Existenz nöthigen Organs zeigen. Da augenlose Thiere entweder in dunklen Erdhöhlen oder parasitisch im Inneren anderer Thiere lebend gefunden werden, liegt die Erklärung nahe, die Ab- wesenheit des Sehorgans mit dem Lichtmangel in Beziehung zu setzen, und den Schwund des Auges als Anpassung des Organismus an die Lebensbedingungen zu betrachten. Das Vorkommen blinder Höhlen- bewohner stützt so die Behauptung, dass die Dunkelheit das Auge zer- störe. An Thieren, die uns jetzt völlig blind, d. h. augenlos, entgegen- treten, lässt sich der Weg, welchen die phylogenetische Verkümmerung eingeschlagen hat, nicht mehr entscheiden. Wichtiger sind solche Thiere, die in Höhlen leben und verkümmerte Augen besitzen, wie der Grottenolm. | Zum ersten Male wandte Ruscont (1) seine Aufmerksamkeit dem - Sehorgane dieses Thieres zu in seiner 1819 zu Pavia erschienenen »Monografia del Proteo anguineo di Laurenti«. Er lieferte folgende Be- _ schreibung des makroskopischen Befundes auszugsweise: »Die Augen sind ganz bedeckt von der ’Haut. Sie liegen, und man könnte sagen _ gleichsam begraben, zwischen dem vorderen Rande des Masseters und dem hinteren Rande des Nasenkanales. Sie sind klein und liegen nicht Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LII. Bd. Br 538 K. W, Schlampp, in Augenhöhlen, weil der Proteus keine wahren Orbiten hat, sondern sind eingebettet in verschiedene Massen, gebildet von Venen und Nervenästen. Es sind weder Muskeln noch ein Opticus zu sehen. Die Selerotiea ist nicht weiß, sondern schwärzlich; über die Beschaffenheit der inneren Organe konnte nicht mehr angegeben werden, weil in Folge der Kleinheit des Auges es zu schwer ist, darüber mit Sicherheit zu sprechen.« Ruscont kann nur sagen, »dass ihm die Augen dieses Thieres sehr unvollkommen erschienen sind und vergleichbar mit den Augen der jüngsten Embryonen, welche als zwei schwarze Flecken durch die Haut schimmern .«. Die ersten mikroskopischen Untersuchungen stammen von LEyDie (2), welcher die Abwesenheit einer Krystalllinse behauptete und aus diesem Befunde Veranlassung nahm, das Proteusauge mit dem rudimen- tären Sehorgan anderer Thiere in Vergleich zu bringen, so namentlich mit jenem von Talpa europaea, Amblyopsis spelaeus, Myxine und Cae- cilia. Bei allen diesen Thieren fand er jedoch eine Linse, welche aber nicht zur Entwicklung von Linsenfasern kommen konnte, sondern ledig- lich embryonalen Charakter beibehält, d. h. eine zellige Struktur besitzt. Nur beim Olme fehlt nach seiner Angabe auch diese Andeutung einer embryonalen Anlage. Außerdem machte er Angaben über die Sclero- tica und Netzhaut, in welch letzterer er die Stäbchenschicht, auch im ganz frischen Auge, vollständig vermisste und die Retina lediglich als aus Kernen und Molecularmasse bestehend ansah. Wirpersueim giebt in seinem Lehrbuche der vergleichenden Ana- tomie der Wirbelthiere lediglich an, dass Linse und Glaskörper voll- ständig fehlen. Eingehendere Mittheilungen über den histologischen Aufbau des Proteusauges besitzen wir von SEMPER (3), nach dessen Be- funden dasselbe alle charakteristischen Theile enthält, die im annähernd embryonalen Stadium verharren, mit Ausnahme der Linse, von welcher jede Spur fehlen soll. In der beigegebenen Abbildung unterscheidet er eine Sclerotica, die dicken Zellschichten der Retina nebst Nervus opticus und eine kaum zusammenhängende Pigmentschicht der Netzhaut, welche nur aus einzelnen zerstreuten Pigmentzellen besteht ;" ferner bildet er ein Corpus ciliare retinae ab, dessen innere Theile an einan- der stoßen, weil dieLinse fehlt. Das Augeninnere nimmt eineKavität ein, welche Semper als »innere Augenhöhle, aber ohne Glaskörper « bezeich- net. Dssrosszs (4) geht weiter und differenzirt in drei Membranen: eine außen gelegene Sclerotica, eine Chorioidea und die Retina, die er in sieben Schichten eintheilt. Außerdem bespricht der Autor die histo- logischen Veränderungen, welche die Netzhaut in ihren vordersten Abschnitten in der Nähe des Augenpoles erfährt, indem sie sich zur Das Auge des Grottenolmes, 539 »region ciliaire de la retine« umbildet. An der Linsenlosigkeit des a Auges, welches er als auf dem Standpunkte der eingestülpten sekun- dären Augenblase persistirend ansieht, hält er eben so fest wie Hess (6), weleher sonst die positiven Befunde der vorausgehenden Beobachter so ziemlich bestätigt. Die Einzelheiten seiner Arbeit sollen im Yes laufe meiner Auseinandersetzungen berührt werden. Hierzu kommen in neuester Zeit die beiden Mittheilungen von Kon (12 und 13), von welchen die letztere erst nach Abschluss meiner Arbeit erschien. Durch die Güte des Herrn Professor Dr. SELenkı konnte ich eine größere Anzahl von Olmen verwenden, welche in Schwefel-Pikrinsäure oder Spiritus konservirt waren. Die Köpfe derselben wurden auf die gewöhnliche Weise in Schnittserien zerlegt, um Situationsbilder zu er- halten. Die Präparate, an welchen ich die feinere histologische Struktur studiren wollte, wurden vom lebenden Thiere durch Fixirung in 4/,iger Salpetersäure und Nachhärtung in Spiritus von steigender Koncentration oder durch Behandlung mit dem Hermann’schen Gemisch gewonnen. Letztere Methode, welche Hermann für das Studium der Spermatogenese empfohlen hat, lieferte mir auch für das Auge sehr deutliche und brauchbare Bilder. Sie wurde in der Weise geübt, dass die das Auge tragenden, dem frisch getödteten Proteus entnommenen Kopfstücke in eine Mischung von 15 g einer 1°/,igen Platinchloridlösung, 2 g 2°/,iger Osmiumsäure und 1 g Eisessig auf 24 Stunden eingelegt, dann eben so lang gewässert wurden, um hinterher durch steigende Spirituskoncentrationen durchgeführt und durch 42 Stunden langes Liegen in Holzessig redueirt zu werden. | Diese Untersuchungen wurden im zoologischen Institute der Fried- rich Alexander-Universität zu Erlangen auf Anregung und unter den Augen des Herrn Professor Dr. SELEnka gemacht, welcher mir erlauben möge, ihm auch an dieser Stelle für die von ihm erwiesene liebens- würdige Unterstützung bei meiner Arbeit und freundliche Aufnahme in seinem Institute meinen eben so ehrerbietigen wie herzlichen Dank erstatten zu dürfen. Topographisches. Das Proteusauge erscheint als ein symme&frisch im Kopfe gelager- tes Organ, welches 6—8 mm vom vorderen Kopfende entfernt in einer seitlich gelagerten, der Kopfachse parallel verlaufenden und ganz seichten Furche liegt. Es wird von der Körperhaut überzogen und scheint als ein schwärzlicher Pigmentflecken etwa von der Größe eines schwachen Stecknadelkopfes durch dieselbe hindurch. Bei jugend- 35* 540 | K.W. Schlampp, lichen Individuen hebt es sich durch seine intensivere Farbe deutlicher ab als bei alten Thieren, wohl weil bei letzteren die Haut dieker und deren Gewebe undurchsichtiger wird. Betrachtet man diesen pigmen- tirten Augenfleck mit der gewöhnlichen Lupenvergrößerung, so wird derselbe zu einem etwa mohnkorngroßen Bläschen aufgelöst, welches von der Kugelgestalt in so fern etwas abweicht, als es in der Richtung der Augenachse (nämlich nach auf- und etwas auswärts) schwach ver- längert erscheint. Doch ist die Richtung der Augenachse nicht stets die gleiche. Während der Augeninhalt sich vollständig aufhellen lässt, z. B. in Toluol, markirt sich die Kugeloberfläche als eine dunklere, pigmentirte Schale oder Hülle, deren Pigmentreichthum gegen den hinteren Augenpol zunimmt, wo er am bedeutendsten ist. Ja, in ein- zelnen Fällen kann das so weit gehen, dass ein Aussehen vorgetäuscht wird, als säße dem hinteren Augensegmente ein schwarzes Häubchen auf. Besondere Hilfs- oder Schutzapparate fehlen dem Auge; accesso- rische Organe, wie wir sie am Sehorgane der Vertebraten sonst regel- mäßig vorfinden, sind auch nicht spurweise angelegt. Querschnitte zeigen, dass der Augapfel — wie bei allen Amphi- bien — vollständig in Weichtheilen eingebettet liegt. Von der allge- meinen Körperdecke scheidet ihn eine durchschnittlich 0,0%4—0,07 mm dicke Bindegewebsschicht, welche die Fixation des Augapfels an die Cutis besorgt. Nasalwärts findet sich die Gehirnhöhle, allseits einge- schlossen durch eine dünne Knochenlamelle, welcher gegen den Bulbus zu eine breite, konvex vorspringende Schicht gestreifter Muskelbündel aufliegt. Ventralwärts wird der Augapfel durch ein 0,05 mm breites Stra- tum dichten, reichlich mit Kernen versehenen Bindegewebes von der oberen Wand der Mundhöhle geschieden, die als eine schmale, auf- und lateralwärts ziehende Spalte in der Nähe des hinteren Augenpoles oder seitlich, temporalwärts vom Auge endet. So wird der Augapfel durch Vermittelung des Bindegewebes nach allen Richtungen an seine Umgebung festgeheftet und immobil gemacht. Lateral und medial vom Auge und ganz dicht daneben treffen wir den Querschnitt je eines Nervenfaserbündels, die durchschnittenen Äste des hier vorüberziehenden fünften Gehirnnerven. Außerdem er- kennt man zwischen hinterem Augenpole und der Mundhöhlenwan- dung in Bindegewebe eingebettet ein ziemlich bedeutendes quer getroffenes Blutgefäß. ; Der Augapfel besitzt bei der Larve einen vom vorderen zum hinteren Pole gelegten Durchmesser von 0,27 mm und einen Äqua- torialmesser von 0,24—0,26 mm, beim erwachsenen Tbier von 0,46 mm, Das Auge des Grottenolmes. 541 4 & .. _ resp. 0,38 mm, es verhält sich mithin der Längsmesser zum Aquatorial- - messer wie 9:8. Die schon bei Lupenbetrachtung auffallende Hülle lässt sich bei - stärkerer Vergrößerung als eine gegen den Augeninhalt scharf abge- grenzte, ihn gleichmäßig umschließende, bindegewebige Membran - differenziren — die Augenkapsel. Dieselbe stellt die der Sclera in - den völlig entwickelten Augen der Vertebraten analoge Bildung dar, _ wenn auch ihre Stärke eine selbst relativ geringe, und ihre Textur im Vergleiche sehr einfach ist. Sie wird lediglich von einigen wenigen Bindegewebsfibrillen komponirt, welche sich aus umliegenden Meso- dermzellen bildeten und den Augapfel an seiner Oberfläche umfassten. Ä Noch auffallender weicht der Inhalt des Bulbus z.B. von jenem - des Salamanders oder Frosches ab. Wir würden vergeblich nach dem - großen centralen Hohlraum für den Glaskörper suchen, um welchen - sieh die Augenhäute wie koncentrische Schalen bei anderen Thieren - legen; und vermissen weiter alle Organe, die als brechende Medien im Auge wirken — vorläufig von der Linse abgesehen. Die Ausfüllung des Binnenraumes innerhalb der Kapsel ist eine solide und vollständige, der Inhalt repräsentirt sich als eine aus dicht gedrängt liegenden zel- ligen Elementen gebildete Kugel (Fig. I). Durchschnitten zeigt sie nicht lediglich eine regellos gehäufte Summe von Kernen und Molecu- larmasse, wie Leypıe annahm. Die Zellen gruppiren sich in bestimmter Weise, dass unschwer ihre Anordnung zur Netzhaut erkannt wird. Das innere kugelförmige Lager ist die nervöse Schicht, zwischen welche und die Augenkapsel schalenförmig die Pigmentschicht sich ein- lagert. Gegen den vorderen Augenpol verdickt sich diese letztere, sonst _ allerorts einreihige Zellschicht zu einem ringförmigen Wulste, dem 2 noch näher zu beschreibenden Stratum ciliare retinae. So füllen _ die Elemente der Netzhaut den Raum innerhalb der Augenkapsel völlig _ und lückenlos aus und grenzen mit der Außenfläche nicht, wie eine Zeit lang angenommen, an die Augenkapsel. Zwischen Pigmentschicht E der Netzhaut und die letztere eingelagert findet sich vielmehr das ' Ehorioidealstratum; eine Gewebsschicht, welche alle zum Begriffe E3 der Aderhaut erforderlichen morphologischen Bestandtheile — Binde- - gewebe, Pigment und Blutgefäße — besitzt. Zu diesem Augapfelinhalte kommt noch, aber nur während einer gewissen Zeit, ein ektodermales Gewebe — die Linse. Sie fügt sich, gemäß ihrer Abschnürungsstelle vom inneren Blatte des Ektoderms, F am vorderen Pole des Auges in dasselbe ein und liegt mit ihrer dista- len Fläche der Augenkapsel direkt an. Alle weiteren Details sollen bei ® der Besprechung dieses Organs gegeben werden. 542 K. W. Schlampp, Augenkapsel. Die äußere Hüllmembran des Augapfels wird durch eine häutige — der Sclera bei den übrigen Thieren entsprechende — sackartige Kapsel gebildet, welche am hinteren Augenpole der Sehnervy perforirt, bevor er in die retinalen Schichten einstrahlt. Die Oberfläche der Kapsel wird durch engmaschige Bindegewebsstraten befestigt, zwi- schen welche ab und zu Fettzellen in Form von Klümpchen eingestreut liegen. Dadurch erscheint jede Bewegungsmöglichkeit für den Aug- apfel völlig ausgeschlossen. Diese Umhüllungsmembran umgiebt in continuo den ganzen Augapfelinhalt und hat insbesondere in der Ge- gend des vorderen Augenpoles ganz genau dasselbe Aussehen und die- selbe Gewebsstruktur wie anderwärts; Andeutungen über eine Um- wandlung in Hornhautgewebe an dieser Stelle habe ich nirgends gesehen. Sie wird vielmehr allerorts durch eine durchschnittlich etwa 0,007—0,0412 mm breite Bindegewebsschicht gebildet, deren größte Dicke in die Gegend des hinteren Augenpoles bis gegen den Augen- äquator fällt, von wo ab sie allmählich schwächer wird und in der Nähe des vorderen Augenpoles, also wo wir bei anderen Thieren die Hornhaut vorfinden, ihre dünnste Stelle besitzt. Stärkere Systeme lösen dieses bindegewebige Stratum in eine feine Längsstreifung auf und lassen eine leichte Wellung der einzelnen Faserzüge erkennen, zwischen welche langgestreckte, spindelförmige Kerne eingestreut liegen. Daneben wird innerhalb der Augenkapsel noch eine andere Ge- websart angetroffen; das Vorkommen von Knorpelgewebe, in jüng- ster Zeit von Hess (l. c.) geleugnet, wurde schon von Leyvic und Des- Fosszs festgestellt. Leypıc giebt in seiner Histologie des Menschen und der Thiere (p. 230) an: »In der Klasse der Amphibien ist die Sclerotica häufiger hyalinknorpelig, die Knorpelzellen fast ohne gekörnelten In- halt und dicht stehend, so bei Fröschen ..... ; beim Proteus ist das hinterste Segment der Sclerotica hyalinknorpelig. die Zellen mit einigen Fettkügelchen neben dem Kerne, vorn besteht sie aus Bindegewebe. « Und Desrosses bestätigt diesen Befund Lryvıe’s mit den Worten: »L’oeil est constitu@..... 1° Par une membrane d’enveloppe externe; que l’on peut assimiler ä la sclerotique et qui contient dans son epaisseur quelques noyaux cartilagineux.« Diese Angaben beider Autoren kann ich aus meinen Präparaten bestätigen und dahin erweitern, dass die Augenkapsel nicht eigentlich knorpelig wird, sondern lediglich eine Einlagerung von Knorpel zwischen die bindegewebigen Faserzüge an einzelnen Stellen erfolgt. Bei jüngeren Exemplaren tritt das Knorpel- Das Auge des Grottenolmes. 543 - gewebe in Form nur einiger weniger Knorpelzellen auf, bei älteren Individuen wird es reichlicher und ist in Gestalt von Knorpelplättcehen in die Gewebselemente der Augenkapsel eingestreut. Ihre gewöhn- lichste Lage sind die Scleralsegmente in der Gegend des hinteren Augenpoles und des Augenäquators. Ein solches Plättchen lässt sich etwa durch sechs bis acht Schnitte der Serie hindurch verfolgen und ‚ist zwei- bis dreimal so lang (0,08—0,15 mm) als breit (0,04—0,08 mm) und wendet seine innere konkave Fläche dem Augeninneren, seine äußere Konvexität der äußeren Scleralbegrenzung zu. Dabei erscheint es in der Weise in die Scleralkapsel eingefügt, dass deren zarte Binde- gewebsfibrillen sich vor dem Plättchen in eine äußere und innere Faserlage theilen und dergestalt den Knorpel vollständig umfassen, welcher sich von seiner Umgebung scharf absetzt. Ein heller, scharf doppeltkontourirter Saum, der seine Berandung rings umzieht, ist als das Perichondrium aufzufassen, und dieses schließt .die glasartige, völlig homogene Grundsubstanz ein, in welcher zahlreiche, zum Theil in Knorpelkapseln eingebettete, große, polymorphe und stark ge- körnelte Zellen liegen. Solcher Knorpelzellen kann man in einem Plättchen 20 bis 30 zählen (Fig. 2). Außer den hyalinen Knorpelstücken konnte ich anderweitige Gewebselemente, wie sie in der Sclera der Vertebraten auftreten, als z. B. elastische Fasern, nicht finden; wohl aber reichen dort, wo Sclera und Chorioidea sich angrenzen, vom Pig- mente der Aderhaut einzelne Körnchen in die innerste Faserlage herüber. Chorioidea. Die frühesten Untersucher thun in ihren Mittheilungen über den Bau des Augapfels der Aderhaut nicht Erwähnung, so dass wir keinen positiven Anhalt über ihre Kenntnis derselben haben. Desrosses spricht das erste Mal dem Proteusauge eine Chorioidea zu, in welcher er die histologischen Elemente wie bei den anderen Thieren vorfand. Er be- schreibt sie folgendermaßen (l. e.): »L’oeil est constitue...... 2% Par la choroide: cette membrane est formee par une trame celluleuse läche, contenant des capillaires röduits A une simple couche epitheliale et un certain nombre des corps fibro-plastiques pigment6ös; enfin une mem- brane anhiste limite sa face interne.« Konz (Zool. Anzeiger Nr. 312, 313 u. 359) bestätigt die Anwesenheit der Aderhaut und berichtet über ihren Gehalt an Blutgefäßen mit den Worten: In dem von diesen beiden Pigmentschichten begrenzten Raume ist eine große Menge von Blut- gefäßen anzutreffen. Dieselben sind zwar sehr klein, aber stets zweifel- los als Blutgefäße zu erkennen. 544 K. W. Schlampp, Im Gegensatz zu ihnen setzte sich Hess, welcher auf Grund seiner Präparate das Vorkommen der Aderhaut als einer besonderen, sich deutlich von der Umgebung abgrenzenden Membran in seiner Mitthei- lung negirt: »In den inneren Partien dieser Gewebsschicht (nämlich dem einer Selera entsprechenden bindegewebigen häutigen Sack) findet man ab und zu Pigment in wechselnder Menge in die langen Spindel- zellen eingelagert, am hinteren Pole reichlicher als vorn ; man muss in ihnen die Andeutung eines Chorioidealstratum sehen; von der geson- derten Entwicklung einer wirklichen Chorioidea, wie sie bisher allge- mein beschrieben worden, kann — schon wegen des Fehlens jeglicher Gefäße — durchaus nicht die Rede sein; der auf den ersten Blick be- fremdliche Gefäßmangel wird weniger wunderbar erscheinen, wenn man bedenkt, dass der Durchmesser des Auges nur etwa 15—20mal den eines rothen Blutkörperchen des Thieres übertrifft,« und a. a. O. ergänzt er seine Mittheilung über die Augengefäße mit den Worten: »Das Innere des Auges ist so wie dessen Kapsel vollständig gefäßlos; ein kleines Gefäß zieht ventral zwischen Mundhöhle und Bulbuswand vorüber. « Im Wirbelthierauge fallen der Aderhaut zweierlei Aufgaben zu; sie stellt durch ihren Reichthum an eingestreutem Pigmente eine Tapete dar, in ihrer Wirkung vergleichbar der inneren schwarzen Auskleidung einer Dunkelkammer. Und dann bildet sie die Einbettungsmasse für die Blutgefäße des Auges. Das angeblich absolute Fehlen von Blutgefäßen im Proteusauge muss schon bei einfacher physiologischer Erwägung recht merkwürdig erscheinen. Die Retina ist im Verhältnis zur Größe des Bulbus sehr entwickelt und weicht in der Komplicirtheit der histologischen Struk- tur nicht auffällig, z. B. von der Netzhaut des Frosches ab. Es muss bezweifelt werden, ob sie durch Lymphströme von außerhalb des Auges her quantitativ und qualitativ genügend er- nährt werden kann; jedenfalls müssten die innerhalb der Lymphräume möglichen und häufig auftretenden Störungen und Stockungen die Er- nährung der Membran ungünstig beeinflussen. Gerade bei den zarten nervösen Gewebselementen führt schon die geringste Änderung der Ernährungsweise zu schweren Störungen der vitalen Zellthätigkeit. Wir sehen desshalb, dass bei allen Thieren, deren Netzhaut die Blut- gefäße gänzlich mangeln, oder die nur ein sehr spärliches und unge- nügendes Netzhautgefäßsystem besitzen, wie z. B. beim Pferde, die Choriocapillaris mächtig entwickelt ist. Sie übernimmt in diesem Falle die Netzhauternährung, indem Diffusionsströme von dem dichten Kapil- larnetze in die Netzhaut eindringen. Das Auge des Grottenolmes. 945 Ein gleiches Verhältnis finden wir auch hier vor. Das Auge des erwachsenen Proteus besitzt ein gesondertes, deutlich abgegrenztes Ghorioidealstratum, und in demselben Blut führende Gefäße in kapillärer Anordnung. An in Alkohol gehärteten Präparaten lassen sich diese Verhältnisse nicht gut studiren; Chorioidea und Pigmentepithel schrumpfen zu einem nicht weiter differenzirbaren Streifen zusammen. Sehr brauchbar da- gegen fand ich die Fixirung in A P/,iger Salpetersäure und Tinktion mit Eosin-Methylenblau. Zwischen Pigmentepithel und Augenkapsel eingeschaltet, aber deutlich von ihnen abgegrenzt, sehen wir an diesen Präparaten eine Lage sehr feiner, nur mit starken Systemen deutlich erkennbarer Bindegewebsfasern, welche in ihrer Hauptrichtung parallel mit den Fasern der Augenkapsel verlaufen. Sie sind dicht mit feinsten Körn- chen schwarzen Pigmentes beladen. Indem diese zarten Fibrillen nicht genau parallel unter einander angeordnet sind, sondern sich fortwäh- rend unter sehr spitzen Winkeln kreuzen, entsteht ein enges Geflecht, welches feine Maschen unter sich lässt (Fig. 3). Also ein Bild, wie es in anderen Augen die Lamina fusca (Suprachorioidea) bietet. Beson- ders deutlich wird der maschige Bau an stellenweise leicht gezerrten oder gequetschten Schnitten, wo das Maschenwerk in Folge der Über- dehnung einreißt und einzelne Fibrillen dann isolirt verlaufen (Fig. 4). Nach einwärts von diesem Flechtwerk, dessen Zwischenräume wohl als Lymphspalten aufzufassen sind, liegt das kapilläre Blutgefäßsystem. Die beiden Abbildungen (Fig. 3 und 4) zeigen uns durchschnittene Kapillaren, zum Theil leer und eollabirt, anderentheils dicht angefüllt und vollgepfropft mit den großen scheibenförmigen Blutkörperchen. Letztere unterscheiden sich bei der gewählten Tinktionsmethode sehr scharf von der Umgebung durch ihren rosarothen Leib und den tief- blauen Kern. Die Kapillarenwandung wird aus platten, länglichen Kernen gebildet, welche gelegentlich zwischen den Pigmentkörnchen auftauchen. Von der Kapillarschicht nach einwärts liegen direkt die ‚Zellen der Pigmentepithelschicht an. Retina. Die Netzhaut füllt beim reifen Proteus-Individuum, weil das Glas- körpergewebe fehlt, den ganzen Raum innerhalb der Augenkapsel aus. Dort lässt sie sich — entsprechend und in Übereinstimmung mit ihrer embryonalen Entwicklung aus der proximalen und distalen Wand der primären Augenblase — in die der Innenfläche des Chorioidealstratums direkt anliegende Pigmentschicht und die einwärts davon gelegene, 546 K. W, Sehlampp, um Vieles breitere und komplieirter gebaute nervöse Schicht diffe- renzir’en. 1) Die Pigmentschicht wurde schon frühzeitig gesehen und als ein der Netzhaut angehöriges Stratum aufgefasst. SemrEr giebt an, »die Pigmentschicht der Retina ist kaum zusammenhängend und be- steht nur aus einzelnen zerstreuten Pigmentzellen«e. Eingehender spricht sich Desrosses aus: »L’epithelium pigmente retlinien est forme& d’un seul rang de cellules, offrant un degr& de pigmentation d’autant plus prononc& quelles sont plus approch6es de l’entr&e du nerf optique, et depourvues de prolongements protoplasmiques, analogues A ceux des autres Vertebres; au pöle anterieur de l’oeil, elles deviennent plus serrees, s’allongent, et se continuent avec les cellules du feuillet re- flechi.« Hess fand lediglich »eine Pigmentepithelschicht in Gestalt läng- licher Zellen von sehr verschiedenen Höhendimensionen, die in ziemlich unregelmäßiger Anordnung die innere Wand des Sackes austapezirt«. Ihr charakteristisches Gepräge verleiht der äußeren, proximalen Netzhautschicht das reichlich darin vorhandene Pigment, welches am dichtesten in der Nähe der Durchtrittsstelle des Sehnervenstammes, also in der Gegend des hinteren Augenpoles angehäuft liegt. Nach vorn zu sich allmählich vermindernd verliert es sich jenseits des Augenäqua- tors in der Nähe des vorderen Augenpoles gänzlich, so dass an dieser Stelle eine Pigmentlosigkeit der Gewebe besteht. Ein derartiger Mangel des Pigmentes gerade in dieser Gegend muss den Durchtritt von Licht- strahlen zum nervösen Theile der Netzhaut ermöglichen und begünsti- gen, und es darf so diese Einrichtung in ihrer physiologischen Wirk- samkeit mit der Pupille höherstehender Augen verglichen werden. Das Pigment wird gebildet aus amorphen, auch bei bedeutenderen Vergrößerungen noch sehr kleinen Körnchen von gelb-brauner oder, dort wo sie dicht gehäuft liegen, braun-schwarzer bis schwarzer Farbe. Innerhalb dieses zwischen nervöser Schicht und Aderhaut eingescho- benen Streifens treffen wir auf die zelligen Elemente: eine einfache, kontinuirliche Lage von Zellen mit ellipsoiden Kernen, welche mit ihrem Längsdurchmesser tangential zur Augapfeloberfläche gestellt sind. Den Zwischenraum zwischen je zwei Zellen füllt das Pigment aus, wobei die Pigmentkörnchen am dichtesten direkt um die Kerne herum liegen, während ihre Anhäufung im Intercellularraume eine viel weni- ger intensive ist, wodurch letztere Räume heller erscheinen. Daneben tritt das Pigment noch in der Weise zur nervösen Netzhautschicht in Beziehung, dass deren Endapparate in das Stratum pigmentosum ein- tauchen und so von Pigmentkörnchen umhüllt werden. Solchergestalt werden beide Schichten mit einander verbunden. Das Auge des Grottenolmes, 947 Nach vorn vom Augenäquator und etwa an der Grenze des Pig- mentes, wo die vielmals breitere nervöse Netzhautpartie sich von der Augenkapsel abwendet und nach innen umbiegend in die Ganglien- zellenschicht übergeht, verliert das Pigmentepithel den Charakter einer einschichtigen Zelllage. Die Zellen beginnen reichlicher neben einan- der aufzutreten und stehen hier nicht mehr tangential zur Bulbusober- fläche, sondern neigen sich mit ihrem Längsmesser allmählich der Augenachse zu (Fig. 5). Dadurch entsteht ein Zellenhaufen, welcher den dreieckigen Raum zwischen Augenkapsel und der Umbiegungsstelle der Nervenschicht ausfüllt, plastisch gedacht ein Zellring, dessen Mittel- punkt die Augenachse sein würde, auf der er senkrecht steht. Dass diese Zellmasse nicht, wie es auf Tangentialschnitten gelegentlich aus- sehen könnte, aus der nervösen Retinalschicht hervorgeht und einen Ausläufer derselben bildet, geht aus verschiedenen Erwägungen her- vor. Einmal ist der Bandring auf Schnitten durch die Augenachse durch einen deutlichen spaltförmigen Raum von der nervösen Schicht getrennt, welche sich mit scharfer Grenzlinie gegen ihn absetzt und ‚von einer Glaslamelle begrenzt wird. Dann besitzen die Zellen im Bande eine ganz andere Form als die Körner des Stratum nervosum, sie sind länger und schmäler, haben also mehr den Typus der Zellen der Pigmentschicht, gleich welchen sie sich auch etwas dunkler (Borax- karmin) färben als die Körnerzellen. Endlich sieht man an einzelnen Präparaten, namentlich im Larvenauge, wo die Linse von der Zellen- masse umfasst wird, diese Zellen direkt aus jenen der Pigmentschicht hervorgehen. ‚Wie bei allen Wirbelthieren verdickt sich demnach auch beim Proteus der Augenbecherrand wulstig und lässt auf diese Weise ein Zelllager entstehen gleich dem, aus welchem sich bei den übrigen Amphibien unter Dazwischenwachsen von Mesodermzellen der Giliar- ‚körper und die Iris bilden. Dazu kommt es im Olmenauge aber nicht; der Ciliarkörper hätte keine Linse im Auge des erwachsenen Thieres mehr zu tragen und die Accommodation nicht zu besorgen, die Iris ist bei dem Mangel jeglicher brechender Medien obsolet. Wie das ganze Auge kommt auch der vordere Theil des Augenbecherrandes, den ich als Stratum ciliare retinae bezeichnete, in seiner Entwicklung nicht über den sekundären Augenbecher hinaus. Darin weicht es von der gleichen Bildung bei anderen Thieren ab, dass es lediglich aus der Pigment- schicht hervorgeht, während sonst beide Blätter der Retina zu seinem Zustandekommen beitragen. 2) Nach innen von der Pigmentschicht treffen wir auf die annähe- Tungsweise kugelförmig gestaltete nervöse Schicht, welche ihrer 548 K. W. Schlampp, Hauptmasse nach zelliger Natur ist (Fig. 1). Ihre Zellmassen sieht man auf meridional und durch die Augenachse geführten Schnitten in kon- centrischen Lagen verlaufen, welche distal vom Augenäquator konver- giren und schmäler werden und, noch bevor sie den Augenbecherrand erreicht haben, zu einer einzigen Schicht zusammenfließen. Dieses einreihige Zellenstratum biegt sich dort gegen die Augenachse zu um und verläuft in gerader Richtung nach rückwärts. Indem diese Um- biegung in allen Meridianen erfolgt, entsteht ein vom vorderen Augen- pole in der Augenachse nach rückwärts verlaufender Zellstrang von cylindrischer Form, in dessen Achse die Fasern des Sehnerven einge- bettet sind. Dieser Zellstrang reicht jedoch nicht so weit zurück, dass er die koncentrischen Zelllagen wieder erreichen oder berühren würde. Es ist vielmehr dicht um diesen Zellzapfen herum und den ganzen freien Raum zwischen ihn und den (Körner-) Zelllagen ausfüllend mit einem weiteren Gewebe umgeben, welches histologisch mit der grauen Hirnrinde die größte Ähnlichkeit besitzt — die granuläre Schicht der Netzhaut. Die Struktur der Proteusnetzhaut wird sofort verständlich, wenn wir uns die Retina eines anderen Vertebraten unter Ausschaltung. des Glaskörpers, statt flächenhaft ausgebreitet, in der Sehachse Zu- sammengelegt denken: Axial verlaufend treffen wir den Sehnerven, dessen äußerst feine Nervenfibrillen noch neben einander als Stamm verlaufen und fortwährend zarteste Fasern radiär nach allen Richtungen hin in die Netzhautkugel abgeben (Fig. 6). Direkt um die (erste) Schicht der Nervenfasern herum sehen wir die (zweite) Ganglienzellen- schicht, von dieser auswärts die (dritte) granuläre Schicht; zwischen ihr und dem Pigmentepithel hat ihren Platz die sehr breite (vierte) Lage der Körnerzellen, nach außen von der Limitans externa begrenzt. Ihr sitzen (fünfte Schicht) die specifischen Endapparate der Netzhaut auf, an welchen eine Differenzirung in Stäbchen und Zapfen aber nicht mög- lich ist. Eine kleine, bikonvexe Cuticularbildung, welche den Körnern aufsitzt, hat die größte Ähnlichkeit mit einem frühen Stadium, welches wir in der Entwicklung der Netzhaut bei der Salamanderlarve treffen. Linse. Die Linse ist von allen bisherigen Untersuchern des Proteusauges vermisst worden, wie in der kurzen historischen Einleitung bereits dargethan wurde. Ein kleines, innerhalb des Auges vorhandenes Körperchen, welches Leyvıe ein einziges Mal sah, war ihm selbst zu wenig charakteristisch, als dass er diesen Befund mit Sicherheit als eine Linse zu deuten wagte. Er berichtet darüber (l. c.): »In der Regel fehlt die Linse, nur bei Einem Individuum konnte in der Augenflüssig- Das Auge des Grottenolmes. 949 keit ein Körper unterschieden werden, der wie eine runde, homogene und dabei feste Eiweißmasse sich ausnahm. Will man ihn als Linse ansprechen, so wäre er seiner Strukturlosigkeit nach nur der Linse mancher niederer Thiere, z. B. jener der Schnecken zu vergleichen. « Der Mangel der Augenlinse war den Forschern so merkwürdig, dass sich alle ihre Mittheilungen hauptsächlich auf die Linse bezogen, resp. deren Fehlen konstatirten. Schon eine oberflächliche Betrachtung des Sehorgans vom Olme lehrt, dass hier kein fertig entwickeltes Organ vorhanden ist, sondern dass ihm eine Anzahl von integrirenden Organtheilen gänzlich fehlt, ein anderer Theil wohl angelegt ist, ohne aber zu einem definitiven Abschluss bezüglich der Form und des histologischen Baues gelangt zu sein. Vergleicht man es morphologisch mit den Formstadien, die jedes Wirbelthierauge während seiner embryonalen Bildungsperiode durch- zumachen hat, so lässt sich leicht und mit Sicherheit ein Stadium finden, auf welchem das embryonale Auge der Vertebraten die größte Ähn- lichkeit in seinem Bau mit dem Proteusauge zeigt. Namentlich die Betrachtung der Netzhaut liefert den Beweis für die Analogie mit dem sekundären Augenbecher, dessen Form das Proteusauge lebenslang beibehält. Es muss dasselbe dem zufolge, bis es die Becherform erreichte, alle vorausgehenden Zwischenstadien durchlaufen haben. Mit dieser Erkenntnis wird aber die allgemein bestätigte Abwesenheit der Linse im Olmenauge noch um Vieles unver- ständlicher. Die Umwandlung des vom Vorderhirn gebildeten, hohlen primären Augenbläschens in den Augenbecher wird durch zwei Bildungsvor- gänge gekennzeichnet: Die von der Seite und unten her erfolgende Einstülpung der distalen Wand des Bläschens und Anlagerung an das proximale Blatt, wodurch aus der früheren Kugelform die spätere des Bechers entsteht. Ungefähr zu gleicher Zeit schnürt sich vom inneren Blatte des Ektoderms die Linse als ein zuerst säckchen-, dann bläschen- - förmiger Körper ab und wächst in die Becheröffnung hinein. Von deren Rande wird die embryonale Linse in der Folge, wenn sie vom Ekto- derm losgelöst ist, umfasst und in die innere Höhlung des Auges hin- eingezogen. Beide Vorgänge, der Bechereinstülpung und der Linsen- sprossung spielen sich konstant gleichzeitig zusammen ab, ohne dass die unwahrscheinliche Annahme einer mechanischen Wirkung des Linsenkörpers auf die Becherbildung nöthig wäre. Viel wahrschein- licher geht der Anstoß von beiden Geweben aus, und das Ganze ist das Produkt einer speeifischen Zellthätigkeit. Ein Vorgang ohne den anderen 550 K. W. Schiampp, ist bislang nicht denkbar gewesem. Demnach muss die Frage nach der Linse am embryonalen Proteusauge entschieden werden. So wünschenswerth es gewesen wäre, das Sehorgan des Proteus von der allerersten Anlage durch alle weiteren Bildungsstufen zu ver- folgen, so unmöglich ist es mir bedauerlicherweise, Eier mit ganz jungen Entwicklungsstadien zu erhalten. Dies erklärt sich durch den Umstand, dass der Proteus in der Gefangenschaft, wie ZEILER und Fräulein v. CHauvin, die sich um seine Zucht besonders bemühten, an- geben, nur nach langer Zeit und unter Berücksichtigung einer ganzen Reihe von Kautelen ausnahmsweise zur Paarung zu bringen ist. Die großen pigmentlosen Eier sind äußerst leicht verletzbar und gehen in der Regel kurze Zeit nach ihrer Ablage zu Grunde, oder die Embryonen werden nach Zrııer’s Ansicht von den alten Thieren aufgefressen. Fehlt mir in meinem Materiale aus diesen Gründen das eigentliche embryonale Stadium, so bin ich doch durch die entgegenkommende Liebenswürdigkeit des Herrn Direktor Dr. ZeLLer in Winnenthal, für die ich ihm geziemenden Dank weiß, in den Besitz eines Larvenkopfes ge- langt. Derselbe stammt von einer der beiden einzigen Larven, welche er bei seiner Züchtung erhielt. Durch die sehr eingehende Arbeit von SchößeL über » al post- embryonale Entwicklung des Auges von Amphibien« sind wir bezüg- lich der Entwicklung des Amphibienauges des Näheren belehrt wor- den, dass dasselbe mit Beendigung des Embryonallebens seine endliche Gestalt noch nicht erreicht hat. Es gilt als Gesetz für diese ganze Thierreihe, dass das Auge beim Übertritte in das Larvenstadium auf der Stufe des »Augenbechers« steht. Es war von vorn herein wahr- scheinlich, dass, falls überhaupt zur Zeit der Einstülpung der Augen- blase eine Linse sich formt und späterhin der Augenbecheröffnung entgegenwächst, diese Linse wenigstens zu Beginn des Larvenlebens noch auffindbar sein muss. Und das ist in der That der Fall. Die Linse ist im Auge der Proteuslarve vorhanden und kann andeutungsweise auch bei ganz kleinen, bis I0 und 12cm langen erwachsenen Exemplaren noch angetroffen wer- den. Nur größeren undälteren Individuen fehlt sie voll- ständig. 1) Das Larvenauge. Die von mir untersuchte Larve stammt, wie oben schon erwähnt, von Zrıter. Nach 90tägigem Eileben ausge- schlüpft, lebte sie noch gegen vier Wochen, wo sie wegen durch Futter- thiere erlittener Verletzungen zu kränkeln begann und in Spiritus ge- setzt werden musste. Über den makroskopischen Befund des Auges schreibt Zeızer (l. c.): »Schon sehr frühzeitig begann bei meinen Em- Das Auge des Grottenolmes. Sol bryonen unter dem Einfluss des Lichtes (die Eier waren dem diffusen Tageslichte ausgesetzt) eine Pigmentirung der Haut, aber erst gegen Ende der zwölften Woche (also wenige Tage vor dem Übertritte in das Larvenstadium) ließ sich die erste Anlage der Augen auffinden in Form einer dünnen und noch wie verwaschen aussehenden, einen nach unten offenen Halbkreis bildenden Linie von hellgrauer Farbe. Diese Linie wird in der Folge schärfer und dunkler, und ihre Enden wachsen nach unten weiter und gegen einander, während zugleich auch ein Fort- schreiten der Pigmentablagerung nach einwärts stattfindet, so dass zu- letzt die Rundung geschlossen und ausgefüllt erscheint bis auf die eben erwähnte, vom unteren Umfange ausgehende und bis zur Mitte eindringende schmale Spalte. « Auf Meridionalschnitten durch das Larvenauge (Fig. 7) finden wir die Linse an der charakteristischen Stelle, welche sie nach ihrer Ab- schnürung und Ablösung von der inneren Schicht des Ektoderms regel- mäßig einnimmt. Sie zeigt sich innerhalb des geschlossenen Augen- bechers an seinem distalen Pole, der Innenfläche der Augenkapsel direkt anliegend; diese ist durch zwischen Ektoderm und Augenbecher geschobene Mesodermzüge ziemlich frühzeitig entstanden. Wie eine Kombination von Vertikal- und Horizontalschnitten ergiebt, stellt die Linse eine aus Epithelzellen gebildete, solide Kugel dar, welche an ihrer Oberfläche durch eine scharf kontourirte, glashelle und sehr zarte Hülle begrenzt ist. Während sie mit ihrem distalen Pole der Innen- fläche der Augenkapsel unmittelbar anliegt, wird sie seitlich ringsum vom Stratum ciliare retinae umfasst, jenem ringförmigen, aus der Fort- setzung der Pigmentschicht entstandenem zelligen Wulste, der sie so in der Lage erhält. Mit ihrem hinteren Pole grenzt die Linse an die Oberfläche der Retina, resp. an die nervöse Schicht derselben, welche sich an dieser Stelle umbiegt in die Ganglienzellenschicht. Der Durch- messer des ganzen Organs beträgt etwa 0,085 mm. Eine besondere typische Anordnung der Zellen innerhalb der Linse konnte ieh: nicht erkennen; lediglich auf einigen Schnitten konnte es den Anschein er- wecken, als ob gegen die Oberfläche der distalen Linsenhälfte zu die Epithelien der äußersten Lage radiär zum Linsencentrum gestellt wären, das aber gleichfalls durch keine histologischen Besonderheiten ausge- zeichnet ist. Die übrigen Epithelzellen besitzen eine annäherungsweise kubische Gestalt mit durch gegenseitigen Druck mannigfach entstan- denen Abplattungen. Der Durchmesser der einzelnen Zellen schwankt zwischen 0,007 und 0,012 mm. Die Kapsel, welche die Linse über- zieht, repräsentirt sich, wie schon kurz erwähnt, als eine sehr feine, scharf kontourirte Membran von homogener Struktur, in welcher 559 K. W. Schlampp, nirgends Andeutungen etwa früher vorhanden gewesener Kerne zu finden sind. Studien am Kerngerüste der Epithelien, die angezeigt ge- wesen wären, ließen sich in Folge der Konservirungsart nicht mehr ausführen. z | 2) Das Auge des erwachsenen, bis 40 oder 12 cm langen Proteus. Während im Augeninhalte des jungen, aber erwachsenen Proteus eine weitere Differenzirung nicht erfolgt ist, hat die Linse be- reits eine Rückbildung erfahren, die sich als eine Verkleinerung des Gesammtumfanges und eine Abnahme der zelligen Elemente zu er- kennen giebt. Sie besitzt noch Kugelform und die Lage der embryo- nalen Linse, besteht aber auf dem durch ihr Centrum gelegten Durch- schnitte lediglich noch aus sieben bis acht durch die Glaslamelle zusammengehaltenen Epithelzellen; von diesen haben die zwei oder drei central gelegenen rundliche Form, die übrigen um sie herum ge- lagerten Epithelien sind sichelförmig und kehren ihre Konkavität dem Centrum zu (Fig. 1). Der leere Raum, welcher durch die Schrumpfung der Linse entstehen müsste, zwischen dieser und dem Stratum ciliare retinae, wird durch zelliges Wachsthum und Vorrücken des letzteren ausgeglichen. Hauttheil der Augengegend. Die allgemeine Decke überzieht auch jene Gegend des Kopfes, in welcher das Auge liegt und dieses selbst vollkommen, ohne eine Lücke oder Spalte zum freien Durchtritte der Lichtstrahlen zu lassen. Die völlig pigmentlose Haut ist von jener der übrigen Amphibien in ihrem histiologischen Aufbau, wie ihn besonders Levvic (10) und Pritzner (11) eingehend beschrieben haben, nicht verschieden. Sie scheidet sich in zwei über einander gelegene Strata, die Cutis und die Epidermis, wozu noch ein äußerst spärliches, subcutanes Bindegewebe kommt. Deren tiefere Schicht, die Gutis, stellt eine etwa 0,045 mm breite, aus feinen und meist parallel laufenden Bindegewebsfibrillen gebildete Faserlage mit zahlreich eingestreuten Kernen dar, in welche eine An- zahl von Drüsentäschchen sich einsenken. Die Epidermis als obere Schicht baut sich aus großen, kernhaltigen Epithelzellen auf, welche in vier bis fünf aber nicht immer scharf abgrenzbaren Lagen über einan- _ der gehäuft sind. Die Form der einzelnen Epithelzellen ist verschieden nach der Lage, welcher sie angehört in der Weise, dass sie in der untersten Lage einen eylindrischen Bau und demgemäß schmale und in die Höhe strebende Kerne besitzt, gegen die mittleren Lagen poly- gonal mit rundlichen Kernen wird, während in den oberflächlichsten Schichten ihr Breitendurchmesser zu Ungunsten des Höhendurchmessers Das Auge des Grottenolmes, 553 erheblich wächst, wie beim Pflasterepithel. Nach der Außenwelt hin bildet eine den Zellen der obersten Lage aufsitzende, ziemlich breite Cuticula den Abschluss. So weit kann die Epidermis, wie sie die Augengegend überkleidet, von der anderer Körperstellen nicht unter- schieden werden. Außer diesen Epithelzellen finden sich in der Amphibienepidermis noch anderweitige, auffällig große und in die Augen springende Ge- bilde, die von Leyvic erstmalig beschrieben und als Schleimzellen benannt wurden. Sie fehlen weder dem Larvenstadium des Proteus, noch dem ausgewachsenen Thiere und lassen sich in jedem Lebensalter finden. Ihre bedeutende Größe wie ihr Zellinhalt geben diesen Lerypvic- schen Zellen ein so besonderes Gepräge, dass sie sich von allen übrigen Epidermiszellen, inmitten deren sie liegen, außerordentlich deutlich unterscheiden. Sie um das Drei- bis Vierfache an Umfang übertreffend, besitzen sie einen Breitendurchmesser von ungefähr 0,045 mm gegen- über dem bedeutenderen Höhendurchmesser von 0,055—-0,06 mm, mit welch letzterem sie senkrecht zur Hautoberfläche gestellt sind. Ihre Lage ist eine regelmäßige und stets dieselbe zwischen den Epithelzellen der mittleren Schichten der Epidermis; diese weichen seitlich aus ein- ander und bilden eine Lücke, in welche die elliptische oder ovale Schleimzelle eingelassen ist. Distal und proximal geht die äußerste plattenförmige und die innerste eylindrische epidermoidale Zellschicht tiber die Schleimzelle hinweg. Diese setzt sich mit einer sehr scharf doppelt kontourirten, überall gleich dieken Hülle gegen ihre Umgebung ab. Die weniger als eine Membran, denn als an der Oberfläche der Zelle verdichtetes Protoplasma aufzufassende Grenzschicht umschließt den auffallend hellen und im Vergleiche zu den umliegenden Epithel- zellen sehr stark lichtbrechenden Zellleib. Er erscheint bei Anwendung stärkerer Vergrößerungen äußerst feinkörnig geronnen und verhält sich Färbungsversuchen gegenüber negativ; lediglich durch Einlegen in Nigrosinlösung konnte eine Tinktion des Protoplasmas erzielt werden und schwärzte sich dasselbe schon nach ganz kurzer Zeit. Der sich mit Boraxkarmin lebhaft färbende Kern liegt entweder in der Mitte des Protoplasmas, oder er ist nach dem unteren Pole der Schleimzelle, oft bis ganz nahe an die Zellgrenze gerückt. Mehr Aufschluss bezüglich der feineren Struktur und damit gleichzeitig über die physiologische Bedeutung dieser Oberhautgebilde konnte ich von meinen Spiritus- präparaten nicht verlangen. Jedenfalls sah ich nichts, welches gegen die Annahme Prırzuer’s gesprochen hätte, diese sog. Schleimzellen als Sekretionsorgane zu deuten. Auch die Epidermis jenes Hauttheiles, welcher das Auge über- Zeitschrift f, wissensch, Zoologie, LIII, Bd, 36 554 'K. W, Schlampp, deckt, enthält solche Levvie’sche Zellen von gleicher histiologischer Be- schaffenheit. Dabei ist in dieser Region ihre Anzahl eine so überraschend große und ihre Gruppirung eine so merkwürdige, dass dem Beobachter dieser Umstand sofort auffallen muss. Während in der Haut aller übrigen Körperpartien die Schleimzellen vereinzelt und zerstreut auftreten und durch bedeutende Epithelmassen von einander geschieden sind, be- sitzen sie hier eine ganz typische Anordnung. Sie erscheinen über dem Auge in der Vielzahl, etwa zehn bis fünfzehn im Schnitte und rücken so nahe zusammen, dass in den mittleren epidermoidalen Lagen die Epithelien völlig verdrängt werden; in Folge dessen berühren sich die wie perlschnurartig an einander gereihten Lrypie’schen Zellen in der Gegend ihrer größten Breite (Fig. 8). Nur von der über das Schleimzellenlager hinwegziehenden proximalen und distalen einzelli- gen Epithelschicht werden Ausläufer zur Ausfüllung des Raumes zwi- schen den polaren Segmenten der Levvie’schen Zellen hineingeschickt. Und dieses Verhalten ist so bezeichnend, dass ich auf irgend einem Kopfserienschnitte allein aus der Betrachtung der Epidermis die Haut- stelle über dem Auge auffinden konnte. Weil aber Vertikal- und Horizontalschnitte durch die Augengegend das gleiche Bild geben, so lässt sich der Schluss ziehen, dass über dem Auge eine Hautplatte existirt, deren Epidermis die Schleimzellen zu einem zusammen- hängenden Stratum vereinigt, und so ein besonderes Organ ge- bildet wird. Diese auffallende Thatsache konnte ich nicht bloß an einem oder zwei, sondern an einer Reihe von Proteusköpfen verfölgen. Diese Anhäufung und eigenartige Aneinanderlagerung der Schleim- zellen muss einen besonderen Zweck haben! Die beiden hauptsäch- lichsten Eigenschaften des Zellleibes sind sein auffallend starkes Licht- breehungsvermögen und seine Pellueidät. Es werden durch die Leypie’schen Zellen Lichtstrahlen leichter durchtreten können, als durch das geschichtete Lager von viel weniger durchscheinenden Epi- thelien. Die Passage von Licht durch die Haut wird da am wenigsten behindert sein, wo die meisten dieser hellen Zellen vorhanden sind. So glaube ich, dass dieses Organ, welches ich »accessorische Horn- haut der Epidermis« benennen will, dazu bestimmt sei, die licht- mindernde Wirkung der Haut einigermaßen zu kompensiren. Wir hätten es dieser meiner Ansicht nach mit einem Funktionswechsel zu thun, der in der ganzen Thierreihe gar nicht selten vorkommt, indem sich ein Organ unter Beibehaltung seiner anatomischen Charaktere zu anderen physiologischen Leistungen bereit findet. re Ben TEN FIT 1 = £ (1: Das Auge des Grottenolmes. 5955 Rückblickende Betrachtungen. Die Ergebnisse der vorstehenden Untersuchungen lassen sich kurz folgendermaßen zusammenfassen : 1) Das Sehorgan von Proteus anguineus erfährt die erste Anlage wie jedes Wirbelthierauge ; es entwickelt sich aber nicht fort bis zum fertigen Augapfel, sondern bleibt auf einer gewissen Morphe der embryo- nalen Bildung stehen und behält lebenslang die Gestalt des »sekun- dären Augenbechers « bei. 2) Die beiden Blätter des Augenbechers folgen dem allgemeinen Bildungsgesetze; sie entwickeln sich zur Netzhaut, indem das proximale Blatt zur Pigmentschicht, das distale zur nervösen Schicht wird. Die Retina breitet sich, Mangels des centralen Glaskörperraumes, nicht flächenhaft aus, sondern wird eine solide Kugel, welche axial vom Seh- nerven durchzogen wird. In ihrem histiologischen Baue weicht sie nicht wesentlich von der Netzhaut der Amphibien ab, die Endapparate er- reichen aber die endgültige Form nicht, wie z. B. beim Salamander, sondern bleiben auf der Bildungsstufe seiner Larve stehen. Am Augen- becherrande bildet die Retina ein Stratum ciliare; Mesodermmassen wachsen nicht in dasselbe ein, und dadurch kommt eine höhere Ent- wicklung und Differenzirung dieser Gegend in Ciliarkörper und Iris nicht zu Stande. 3) Umhüllt wird die kugelige Retina durch zwei in Folge Differen- zirung der umliegenden Mesodermschichten entstandene Membranen: die bindegewebige Augenkapsel und die fibröse, pigmentirte und kapil- läre Blutgefäße führende Chorioidea. Die bindegewebige, zum Theil > durch Knorpelplatten verstärkte Skleralhülle umspannt den Augapfel v4 in seiner ganzen Cirkumferenz, die Aderhaut reicht nur bis in die Nähe = des Stratum eiliare retinae, ohne sich an dessen Aufbau zu be- | theiligen. 4) Brechende Medien (Hornhaut, Augenkammer, Linse und Glas- “ körper) fehlen dem Auge des erwachsenen Thieres vollständig. Die Linse wird gleichzeitig mit der Einstülpung der primären Augenblase angelegt, wächst in den sekundären Augenbecher hinein, wo sie bei - der Larve noch in der Gegend des vorderen Augenpoles zu finden ist. Sie kommt aber über die zellige Struktur der embryonalen Linse nicht hinaus, erleidet vielmehr durch Nichtgebrauch alsbald eine Rückbil- dung, so dass sie bei ganz jungen Thieren an Größe und Zellmasse schonbedeutend redueirt ist, im späteren Leben aber resorbirt wird und spurlos verschwindet. Andeutungen über die Entwicklung des Glaskörpers bietet auch das Larvenauge nicht. 36* 556 K. W, Schlampp, 5) In dem Hauttheil über dem Auge entsteht durch räumliche Admassirung der Lewvie’schen Zellen ein besonderes Organ, von dem ich annehmen zu dürfen glaube, dass es den Durchtritt der Lichtstrahlen durch die Haut günstig beeinflusst. München, im Juli 1891. Litteratur. 4, Rusconı, Del Proteo anguineo di Laurenti. Monografia. Pavia 4819. p. 92. 2. Levpis, Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere. 1857. p. 244. 3, SEMPER, Die natürlichen Existenzbedingungen der Thiere. Internat. wissensch. Bibliothek. Bd. XXXIX. 4880. p. 95—97. 4, DESFOSSEs, De l’oeil du Prot6e. Compt. rendus. Tome XCIV. Janv. — Juin 1882. p. 1739—1 731, 5. Krause, Die Nervenendigung in der Retina. Archiv für mikr. Anat. Bd. XII. p. 758—764 und Archiv f. Ophthalm. Bd. XXI. 6, Hzss, Beschreibung des Auges von Talpa europaea und von Proteus anguineus. Archiv f. Ophthalmologie. Bd. XXXV. A. 7. ZELLER, Über die Fortpflanzung von Proteus anguineus und seine Larve. Jahres- hefte des Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württemberg. 4889. 8. Frl. v. CaAuvis, Die Art der Fortpflanzung des Proteus anguineus. Diese Zeit- schrift Bd. XXXVIH. p. 679. 9, ScHöBEL, Zur postembryonalen Entwicklung des Auges der Amphibien, Inaug.- Dissert. Jena 1890. 40. LeyDıg, Über die allgemeinen Bedeckungen der Amphibien. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XII. 4876. 44, PriTzneEr, Die Epidermis der Amphibien. Morphol. Jahrb. Bd. VI. 1880. 412, C. Kon, Einige Notizen über das Auge von Talpa europaea und Proteus angui- neus. Zool. Anzeiger. Nr. 312 u. 313. 1889, 43, C. Konr, Vorläufige Mittheilung über das Auge von Proteus anguineus. Zool. Anzeiger. Nr. 359. 4894. 14. K. W. ScaLampp, Die Augenlinse des Proteus anguineus. Biol. Centralbl. Nr. 2. 15. Febr. 1894. Das Auge des Grottenolmes. 597 Erklärung der Abbildungen. Tafel XXI. Fig.4. Durchschnittdurch dasAugeeinesca.40cmlangenPro- teus anguineus in seiner Achse. Der hintere Augenpol ist durch die Ein- trittsstelle des Sehnerven, der vordere Pol durch die bereits stark rückgebildete Linse gekennzeichnet. Fig. 2. Ein Segment der Augenkapsel aus der Gegend des hin- terenAugenpoles voneinem völligerwachsenenProteusanguineus, ak, die bindegewebigen Züge der Augenkapsel, welche sich theilen und den hyalinen Knorpel (k) zwischen ihren Fasern einbetten; r, Pigment- schicht und einzelne Zellen der Körnerschicht der Retina. Fig. 3. Schnitt durch die Augenhäute. ak, Augenkapsel; ch, Chorioidea; c, die einzellige, rothe Blutkörperchen enthaltende Kapillarschicht der- selben (Choriocapillaris), welcher nach dem Augeninnern zu das Pig- mentepithel (p) anliegt. Fig. 4. Wie Fig. 3 (schwächere Vergrößerung). Die bindegewebigen, mit Pig- ment beladenen Faserzüge der Chorioidea sind aus einander gezerrt. Fig. 5. Schnitt durch dasStratum ciliare retinae. Von links nach * rechts gesehen zuerst das den Bulbus umhüllende und fixirende maschige Binde- gewebe, dann die Augenkapsel und Chorioidea, und dieser liegt nach innen die _ Pigmentschicht der Netzhaut an, welche sich (unterer Theil der Figur) zum Stratum - eiliare retinae verdickt; nach oben die nervöse Partie der Netzhaut. Fig. 6. Äquatorialer Schnitt durch die nervöse Schicht der Netzhautkugel des Proteusauges. Im Centrum lässt sich der Querschnitt des Sehnerven (7) erkennen, welcher eine Reihe von feinen Ästchen radiär gegen die granulirte Schicht zu entsendet. Zwischen der Verästelung des Opticus die Ganglienzellschicht (2), ihr folgen nach außen die granulirte Schicht (3) und jene der Körnerzellen (#). Die Stäbchenzapfenschicht hatte sich abgelöst und fehlt. Fig, 7, Schnitt durch das Larvenauge von Proteus anguineus (Präparat des Herrn Dr. ZeLLer). Annähernd durch die Augenachse gelegt. Das Prä- parat war durch Alkoholwirkung etwas geschrumpft, Fig. 8. Der Hauttheil über dem Bulbus von Proteus anguineus. Bulb, der Augapfel; Bg, das den Bulbus umhüllende und an die Haut anheftende Binde- gewebe; C, Cutis; E, Epidermis, und zwar: oL, obere Lage derselben; mL, mittlere Lage; tL, tiefe Lage; LZ, Leyoig’sche Zellen. as IR I Zum feineren Bau der Trematoden. Von Dr. &. Brandes, Privatdocent und Assistent am zool. Institut Halle a/S. Mit Tafel XXIl. Über den feineren Bau der Trematoden sind bisher von den ver- schiedenen Forschern die widersprechendsten Angaben gemacht wor- den. Mir scheint dies in der Natur der Sache zu liegen, da die be- treffenden Beobachtungen meist bei irgend einem gelegentlichen parasitischen Funde gemacht wurden, oder aber sich ergaben bei der Untersuchung von einzelnen für den Medieiner oder den Landwirth wichtigen Parasiten. Vergleichende Untersuchungen über die einzelnen Organe und Gewebe fehlen fast gänzlich , und nur durch solche wer- den wir Klarheit über die verschiedensten Punkte erhalten können. Vor Allem will es mir nöthig scheinen, dass man sein Augenmerk darauf richtet, für den jedesmaligen Zweck auch das passende Objekt zu finden. Wenn man dann an diesem günstigen Material die betreffenden Unter- suchungen angestellt und sich Klarheit verschafft hat, wird man mit weniger Schwierigkeit und mehr Sicherheit als sonst auch an unvor- theilhaften Objekten die homologen Verhältnisse entziffern können. Allerdings muss ich gestehen, dass man auf diese Weise leicht in die Gefahr geräth, das Resultat der ersten Untersuchung als Schema aufzu- stellen und in dieses alles Andere ohne weitere Studien hineinzu- zwängen: entsprechende Vorsicht ist hier, bei parasitisch lebenden Thieren, vielleicht mehr als irgendwo geboten. Schon seit geraumer Zeit bin ich nun mit der Untersuchung der 1 Die Arbeiten von MonrticeuLı (Saggio di una Morfologia dei Trematodi) und von Braun (Broxn’s Klassen und Ordnungen: Vermes) sind doch immerhin mehr kritisch-kompilatorischer Art, womit ich natürlich nicht etwa in Abrede stellen will, dass dieselben auch eine ganze Reihe werthvoller Originaluntersuchungen enthalten. Zum feineren Bau der Trematoden. 559 | Trematoden in der angedeuteten Weise beschäftigt und will hier einige Resultate, die mir schon jetzt der Veröffentlichung werth scheinen, mit- theilen. ; Cutis, Epidermis, Grenzmembran, Hautschicht, Rindenschicht, Basementmembran, Sistema tegumentario, Investing membrane, Guti- cula und Pseudocuticula: Alles das sind Benennungen für denselben Gewebstheil der Trematoden; dies lässt schon schließen, wie weit die Ansichten der Forscher über die histologische und genetische Natur dieses Gewebsabschnittes aus einander gehen. Wohl fast alle Beobachter stimmen darin überein, dass die äußerste Bedeckung des Trematodenkörpers von einer homogen erscheinenden Schicht gebildet wird, die bei einer Anzahl der hierher gehörigen For- men von Poren durchsetzt sein soll. Widersprüchen begegnen wir aber sofort, wenn wir die Ansichten der Autoren über die Herkunft dieser Schicht nachlesen. In dem neuesten größeren Werke!, welches die Trematoden ein- gehend behandelt, äußert sich Braun ? über diesen Punkt folgender- maßen: »Es wird weiteren Untersuchungen vorbehalten sein, zu ent- scheiden, ob vielleicht die Grenzmembran der Monogenea das Epithel ist, wie neuere Autoren für die gleiche Schicht bei den Digenea an- geben, was nach Allem wahrscheinlich genug ist.« Die kernlose und homogene Körperbedeckung wäre danach also .als ein metamorphosirtes Epithel aufzufassen, aber der Beweis hierfür ist nirgends erbracht. Der Erste, der diese Ansicht äußert, ist meines Wissens Zıserer ?, der aber weit davon entfernt ist, zu meinen, diese Vermuthung bewiesen zu haben, schreibt er doch am Schluss seiner Betrachtungen: »später, wenn genetisch nachgewiesen ist, dass die Hautschicht aus dem Ekto- derm auf die angegebene Weise entsteht, dürfte die Bezeichnung „Epidermis“? zu empfehlen sein«. Seine Untersuchungen haben ihm als feststehend nur ergeben, dass bei Distomum cylindraceum und hepa- licum, Gaslerostomum fimbriatum und Amphistomum conicum die homo- gene Hautschicht direkt der Ringmuskellage aufliegt, also keinesfalls von einer direkt unter ihr liegenden Matrix abgeschieden sein kann. Im Anschluss hieran spricht er dann die schon erwähnte Hypothese aus, zu deren Gunsten er Kerserr’s® Schilderung von dem eigenthüm- 1 Bronn’s Klassen und Ordnungen: Vermes. 2 a.2.0.p. 424. 3 Bucephalus und Gasterostomum. Diese Zeitschr, Bd. XXXIX. 4 a.a. 0. (Sep.-Abdr. p. 15). Nicht »Pseudocuticula«, wie Braun angiebt. (cf. Centralbl. für Bakteriol. u. Parasitenkunde.' 4890. Bd. VII. p. 595.) 5 Kersert, Beitrag zur Kenntnis der Trematoden. Arch. f. mikr, Anat. Bd. XIX. 560 6. Brandes, lichen Bau der Körperbedeckung des Distomum Westermanni anführt, die aber jetzt nicht mehr aufrecht zu erhalten sein dürfte, da neuer- dings von LeuckArr! die Cuticula dieses Lungenegels ebenfalls als eine einzige zellenlose Membran von homogener Beschaffenheit be- schrieben wurde. | Eine weitere Stütze für seine Ansicht sieht ZıwcLer in dem Vor- 'handensein von Kernen in der Hautschicht von Bucephalus, das er ein einziges Mal zu beobachten Gelegenheit hatte. Seitdem sind nun durch die Untersuchungen BieHrINGER’S 2, SCHWARZES und HEcKERT’S? nicht nur derartige Kernfunde mehrfach gemacht, sondern selbst die Herkunft der Kerne sammt der zu ihnen gehörigen Zellen genau festgestellt. Über die Bedeutung dieser Befunde für unsere augenblickliche Frage weiter unten. Einige Jahre nach dieser Veröffentlichung Zieerer’s spricht Bıen- RINGER 5 auf Grund seiner Studien über die Bildungsweise der Cercarien die Behauptung aus, »die Guticula der Trematoden ist die Epidermis selbst, sie ist der „Hypodermis‘“ der übrigen Würmer gleichzusetzen «. Fragen wir uns aber, ob die Beobachtungen Biernringer’s beweiskräftig sind, und ob Zıesuer’s Postulat — Nachweis der Genese der Cuticula — erfüllt ist, so können wir, meine ich, nur eine verneinende Antwort geben. BirHrInger hat nur häufiger gesehen, was schon ZıecLer beob- achtet hatte, das Vorhandensein von Kernen in der äußeren Körper- bedeckung der Gercarien. Ich gebe gern zu, dass durch diese Beob- achtung eine Entstehung aus Zellen, die mit einander verschmelzen, nachgewiesen ist, wie ja denn auch die Arbeiten von ScHwarzE und Heckerr dies mit Sicherheit darthun; dass aber die »glashelle, doppelt kontourirte Haut« der Gercarien identisch ist mit der oft sehr ansehn- lichen Schicht, die den Körper der ausgewachsenen Trematoden um- giebt, vermag ich nicht zuzugeben, denn es müsste sonst an ganz jungen Trematoden in der Hautschicht ein lebhaftes Dickenwachsthum ein- treten und damit keine Abnahme und kein Verschwinden der Kerne, sondern im Gegentheil eine noch lange über das Cercarienstadium hinausdauernde kräftige Kernvermehrung mit Leichtigkeit nachzu- weisen sein. 1 LEUCKART, Parasiten. 2. Aufl. Bd. I. 4. Lief. p. 440. 2 Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Tromateden Arb. des zool.-zoot. Instituts Würzburg. 1883, Bd, VIl. p. 1—28, 3 Die postembryonale Entwicklung der Trematoden. Diese Zeitschr. 1885. Bd. XLII. p. 4186, 4 Untersuchungen über die Entwicklung und Lebensgeschichte des Distomum macrostomum. L&EuckArT’s Bibl. Zool. 4. Heft, 1889. 52.2.0.p. 6, Zum feineren Bau der Trematoden. 561 Braun nimmt die Metamorphose des Epithels in die Guticula für die entoparasitischen Formen scheinbar als erwiesen an und versucht nur, für die Ektoparasiten neue beweisende Thatsachen aufzufinden. Meiner Ansicht nach hat aber der Befund von kernhaltigen Zellen am Grunde der großen Haken von Polystomum für die Beantwortung dieser Frage eben so wenig Gewicht, wie der Nachweis von Epithelzellen in den Sauggruben von Nitzschia, denn in beiden Fällen haben wir es “mit besonderen Bildungen zu thun, die vielleicht gar nichts mit der äußeren Hautschicht gemein haben: wenn ‚die Cuticula an einer Stelle des Körpers fehlt, so kann man doch daraus nicht schließen, dass die an dieser Stelle befindlichen Zellen einstmals den ganzen Körper be- deckten, später aber größtentheils zu einer homogenen Schicht ver- schmolzen. Braun selber traut diesen Beobachtungen nicht volle Be- weiskraft zu, da er am Schlusse seines Aufsatzes nur behauptet, die Wahrscheinlichkeit sei groß, dass auch die Monogenea als »Außen- schicht des Körpers ihr metamorphosirtes Epithel mit sich herum- trügen «. Der bisher besprochenen Auffassung von der Genese der Cuticula verwandt ist die von Schneider ! und von Minor, in so fern dieselben sich ebenfalls gegen die Anwesenheit einer Subeuticula, die als Matrix zu funktioniren vermöchte, aussprechen. Über die Schwierigkeit der homogenen Außenschicht versuchen die betreffenden Forscher aber auf ganz andere Weise hinwegzukommen, indem sie nämlich annehmen, die Trematoden hätten eine Körperbedeckung wie die Planarien gehabt, das Epithel sei aber in Folge des Parasitismus verloren gegangen, und nun bilde die Basementmembran die äußere Körperbedeckung. Scunzı- DER meint einen Beweis’ für diese Ansicht darin zu finden, dass die Cuticula der Ringmuskellage fest anliegt, wie bei den Planarien die Basalmembran der äußeren Muskelschicht, während Minor für sie den Umstand geltend zu machen sucht, dass sich die Gutieula nicht über das Endothel erstreckt. Es wird wohl kaum Jemand diese Deutung als eine glückliche bezeichnen wollen, und es erührigt wohl nicht, näher auf dieselbe einzugehen, zumal wir im weiteren Verlaufe der Abhand- lung die einschlägigen Fragen mehrfach berühren werden. Diesen, Ansichten direkt entgegengesetzt ist endlich die dritte, welche nicht nur die älteste, sondern auch die am weitesten verbreitete sein dürfte. Schon im Jahre 1863 äußerte sich LeverArr in der ersten ! Untersuchungen über Plathelminthen. XIV. Bericht d. oberhess. Gesellsch. f. Natur- u. Heilkunde. Gießen 1873. p. 69. 2 On Distomum crassicolle with brief notes on Huxuey’s proposed classification of worms. Memoirs of the Boston Society of Natural History. Vol. II. 4879, 562 6. Brandes, Auflage seines einzigen Parasitenwerkes dahin, dass der Körper der Trematoden von einer Quticula bedeckt sei, dem Produkte einer unter ihr gelegenen nicht scharf begrenzten Körnerschicht mit undeutlicher Zellenstruktur. Diese Deutung hält der berühmte Forscher auch in der zweiten Auflage! völlig aufrecht, nur erklärt er die undeutliche Zellen- struktur der Subcuticula als auf Irrthum beruhend und spricht jetzt von einer »Substanzlage von hellerem Aussehen und geringerem Licht- . brechungsvermögen, die wohl dazu dient, die darüber hinziehende Schicht zu verdicken und der peripherischen Abnutzung das Gleich- gewicht zu halten«. Dass dieser von so kompetenter Seite vertretenen Anschauung wider- sprochen wurde, rührt — wie wir schon gesehen haben — daher, dass die Subcuticularschicht nicht überall nachzuweisen war, ein Umstand, der, von Leuckarr selber bestätigt wird, da er im Gegensatz zu SOMMER bei Distomum hepaticum? und außerdem noch bei mehreren anderen Formen, z. B. Distomum spathulatum?, das Fehlen der Subeuticula aus- drücklich erwähnt. Auffallend ist es, dass Leverart bei der Mittheilung dieser Be- funde sich nicht über die Genese der Cuticula auslässt, da doch das Fehlen der Matrix eine andere Entstehung voraussetzen lassen muss. Dies Schweigen glaube ich dahin deuten zu dürfen, dass auch LEuckART von dem Vorhandensein einer wahren Subcuticula nicht völlig überzeugt ist, andererseits aber auch nicht die feste Überzeugung von dem Vorhandensein einer wahren Cuticula aufzugeben gesonnen ist. Erwähnen möchte ich noch, dass auch schon das eingeschobene Wört- chen »wohl« in der oben eitirten Erklärung derselben den Charakter einer Vermuthung giebt. Ich bin nun in der Lage Beobachtungen mittheilen zu können, welche — wie ich hoffe — alle bestehenden Widersprüche mit einan- der versöhnen werden. Um das Resultat gleich vorauszunehmen — ich halte dafür, dass wir bei den Trematoden keine Subeuti- culaindem gewöhnlichen Sinne des Wortes zu verzeich- nenhaben; was man bisher so zu nennen pflegte, ist nichts wie ein Theil des parenchymatischen Bindegewebes; trotz- dem ist aber die äußere Körperbedeckung eine wahre Cutieula, und zwar das Produkt derbei allen Trematoden vorhandenen Hautdrüsenschicht*. ! Bd. I. Abth. II. p. 410 u. 11. (14886) 2a.a.0.p.189. 3a.a.0.p. 340. 4 Während der Korrektur kann ich noch hinzufügen, dass JÄGERSKIÖLD in einer mir gütigst übersandten Abhandlung über Ogmogaster plicatus Crepl. (Monost. plica- tum Crepl.) eine ähnliche Vermuthung ausspricht, auf die ich an anderer Stelle näher eingehen werde. Zum feineren Bau der Trematoden. 563 Und nun zu den einzelnen Beobachtungen. Das erste Objekt, bei dem ich die soeben ausgesprochenen Verhältnisse deutlich erkannte, war Amphistomum conicum, das eine starke Guticula, Subeuticula, Muskel- und Drüsenschicht aufweist. Meine Befunde in Bezug auf die Subeuticula stehen hier im Widerspruch mit denen Ziesrer’s, der die Cutieula den Ringmuskeln direkt aufliegen lässt; aber ich hoffe, dies wird nicht zu sehr ins Gewicht fallen, wenn man in Erwägung zieht, dass der zuverlässige Beobachter seine Untersuchung an Srıepa’s alten — mit noch unvollkommenen technischen Hilfsmitteln hergestellten — Schnitten vorgenommen hat. Er giebt auch keine Abbildung der Körperbedeckung von Amphistomum, während er von Gasterostomum, Distomum hepaticum und cylindraceum, die er selber konservirt und ge- schnitten hat, ganz hervorragend deutliche Bilder zeichnet — dies lässt schon schließen, dass die Verhältnisse nicht allzu klar zu erkennen ge- wesen sein mögen. Ich finde bei dem erwähnten entoparasitischen Trematoden (Taf. XXI, Fig. 1) unter einer 0,02—0,03 mm starken homogenen Gutieula eine bei Boraxkarminfärbung ganz hell erscheinende 0,005—0,02 mm dicke Schicht, die sich aber noch tiefer ins Innere erstreckt, da man sie auch zwischen der mehrfachen Lage von Ringmuskeln und der dar- auf folgenden Längs- und Diagonalmuskelschicht vorfindet. Unter den letzteren liegen dann in dicht gedrängten Haufen große einzellige Drüsen, deren Kerne besonders distinkt gefärbt erscheinen. Diese Drüsen entsenden zwischen die Muskelschichten hindurch Ausführungs- gänge, die sich fast überall bis zur Cuticula verfolgen lassen, und zwar sieht man sie an ihrem äußeren Ende oft eine ganze Strecke weit stark mit Sekret angefüllt. Ich möchte diese Drüsen »Subcuticulardrüsen« nennen, um damit anzudeuten, dass sie die Mutterzellen der Cuticula sind. Was nun die Cuticula selber angeht, so macht sie — besonders in ihrem unteren Theile — den Eindruck, als ob sie von Porenkanälen durchsetzt sei; ich glaube, dass diese Erscheinung der Ausdruck der prismatischen Sekretabsonderung ist. Auch auf tangentialen Schnitten kann man die Ausführungsgänge der Subeuticulardrüsen recht gut bis an die Guticula verfolgen, während in letzterer nichts Derartiges auf- zufinden ist. Dagegen zeigt aber die Cutieula auf solchen Tangential- schnitten eine Menge nicht weit von einander entfernter Vacuolen; man könnte auch diesen den Eindruck der Porenkanäle auf Ola und Längsschnitten zur Last legen. Was die Abstammung dieser Vacuolen betrifft, so kann man die- selbe ganz zwanglos aus der von mir angenommenen Art und Weise der Guticulabildung herleiten. Die Absonderung des Sekretes muss ja 564 G. Brändes, naturgemäß in Prismen oder Säulen — wenn auch unregelmäßigen — erfolgen, die besonders Anfangs zwischen sich sehr kleine Lücken lassen werden und erst allmählich zu einer ganz homogenen Masse verschmelzen. Wie man sieht, ist es also im Grunde genommen das- selbe, ob ich sage, die feine Strichelung in der Cutieula rührt von den Vacuolen her, oder ob ich sie für den Ausdruck der prismatischen Sekretabsonderunghalte. Wir werden weiter unten bei der Besprechung von Temnocephala nochmals auf diesen Punkt zurückkommen. Jetzt wollen wir noch einen Blick werfen auf das, was frühere Forscher über diese Verhältnisse geurtheilt haben. Brumsere! ist der Einzige, der die Anatomie von Amphistomum conicum ausführlich geschildert hat. Schon er hat die Subeuticulardrüsen in ihrer Verbreitung über den ganzen Körper gefunden, will aber die Ausführungsgänge derselben nicht nur in der Subeuticularschicht, sondern sogar in der Cuticula, und zwar außer der — auch für andere Formen gemeldeten — feinen Quer- strichelung gesehen haben. Seine Abbildungen lassen nichts an Deut- lichkeit zu wünschen übrig, sind meines Erachtens aber etwas allzu sehr schematisirt, und ich glaube daher mit gutem Gewissen die Rich- ligkeit der letzten Beobachtung leugnen zu können, wie ich denn Brumgere’s Angaben über die gesammte Anatomie von Amphistomum conicum demnächst an anderer Stelle vielfach zu berichtigen in der Lage sein werde. Hier möchte ich nur noch darauf hinweisen, dass auch Brumsere’s Angabe über die Grenze der Subeuticularschicht un- richtig ist. Ich erkenne diese ja überhaupt nicht als selbständige Schicht an, sondern betrachte sie als einen Theil des Parenchyms, auf keinen Fall aber ist die scharfe Grenze vorhanden, die BLumsEre an- giebt?, und noch viel weniger liegt dieselbe in der Höhe der Ring- muskeln. Die Zellen der Subeuticula sollen nach Bruusere eine cylin- drische Form besitzen und an dem basalen Ende einen kleinen Kern aufweisen. Da dieser wichtigen Bemerkung keine bezügliche Abbil- dung gewidmet ist, glaube ich derselben keinen Werth beilegen zu müssen. Um gleich hier auf die gewöhnlich als Subeutieula betrachtete Schicht näher einzugehen, so kann ich bestätigen, dass dieselbe bei einer ganzen Reihe von Trematoden fehlt, wenigstens in so fern, als auf die Ringmuskeln unmittelbar die Cuticula folgt, das Gewebe aber, in welches die Ring-, Längs- und Diagonalmuskeln eingebettet sind, unterscheidet sich bei genauer Untersuchung in nichts von der soge- nannten Subcuticula, und wenn man an günstigen Objekten — z. B. 1 Über den Bau des Amphistoma conicum. Inaug.-Diss. Dorpat 1874. 2 a.a. 0. Fig. 2. 3 2.2. 0:p. 15. Zum feineren Bau der Trematoden. 565 Tristomum papillosum — genau hinsieht, wird man auch ganz deutlich den ganz allmählichen Übergang dieser” Schicht in das Körperparen- chym verfolgen können. Auch Braun kommt für die Ektoparasiten zu diesem Schlusse und schlägt die Bezeichnung »intermuskuläre Außen- schicht des Parenchyms« vor, ich meine, man könnte besser und ein- facher die Schichten als »Ekto- und Entoparenchym« unterschei- den. Das negative Verhalten des Ektoparenchyms gegen Farbstoffe scheint mir darauf hinzudeuten, dass eine gewisse Veränderung mit dem ursprünglichen Parenchym vor sich gegangen ist, womit auch das völlige Fehlen von Kernen übereinstimmt. Charakteristisch hierfür ist auch die mannigfaltige Art und Weise, in welcher diese Schicht von den Autoren geschildert ist. Bald soll sie faserig, bald granulös, bald beides sein, auch als homogen wird sie angesehen, und nach Wrıcur! soll bei Sphyranura gar an ihrer Stelle ein schmaler mit Flüssigkeit gefüllter Hohlraum nachgewiesen sein. Weitere Untersuchungen sind meines Wissens an Amphistomum conicum nicht angestellt, abgesehen von denen ZiesLer's, die ich schon besprochen habe. Aber wir finden bei verschiedenen Autoren Beob- achtungen mitgetheilt, die an anderen Formen gemacht sind, aber genau mit unseren Funden übereinstimmen, allerdings eine andere Deutung erfahren haben. Es würde zu weit führen, wollte ich hier auf alle ein- zeln gemeldeten Thatsachen eingehen — ich will nur unter Hinweis auf Poırıer’s? und Looss’3 Arbeit erwähnen, dass LeuckArr bei der Be- sprechung über die Körperhaut der Trematoden Verhältnisse schildert, die sich unter dem von mir aufgestellten Gesichtspunkte zwanglos er- klären lassen. »In der Regel — schreibt Leverarr? — ist die Guticula, nur von geringer Stärke, doch finden sich auch Fälle, besonders bei den Arten mit derber Cuticula (Dist. irigonocephalum, Dist. clavatum), in denen dieselbe zu einer beträchtlichen Entwicklung kommt. In sol- chen Fällen besitzt die Unterfläche der Cuticula gewöhnlich ein un- ebenes Aussehen, Erhebungen und Vorsprünge, die in der unterliegen- den Schicht sich abmodelliren und als Ansatzpunkte für feine Fasern dienen, welche aus der Tiefe auftauchen und die Subeuticula durch- setzen.« Ich brauche kaum besonders zu betonen, dass diese Fasern 1 Sphyranura Osleri, a contribution to american helminthology. Journ. of Morphology. Vol. I. Boston 4887, 2 Contributions A l’histoire des Trematodes. Arch. zool. exper. 4885. T. III. p- 465. 3 Beiträge zur Kenntnis der Trematoden. Diese Zeitschr, 4884, Bd. XLI, p- 390. * Parasiten, II, Aufl, Bd. I. Abth. 2. p. 41. 566 | G. Brandes, die von mir bis zu den Drüsen verfolgten Ausführungsgänge sind; warum diese Kanäle gerade bei Formen mit derber Cutieula beobachtet wurden, dürfte ohne Weiteres einleuchten: die Cutieula verlangt hier viel Material, die Drüsen und mit ihnen ihre Ausführungsgänge müssen dem entsprechend kräftig entwickelt sein. Was nun das Vorkommen der Subeuticulardrüsen anbetrifft, so glaube ich schon jetzt mit Sicherheit behaupten zu können, dass sie nirgends fehlen werden. Denn erstens haben alle von mir daraufhin vorgenommenen Untersuchungen ein positives Resultat ergeben, außer- dem wird von zuverlässigen Forschern für eine ganze Reihe von For- men das Vorkommen von Hautdrüsen gemeldet, und endlich schreibt Leuckart!, »wo die Hautdrüsen einmal vorkommen, da sind sie in der Regel auch gleichmäßig über die ganze Körperoberfläche verbreitet« — ein Satz, den ich mir so auslege, dass diese Drüsen leicht übersehen werden können und von manchen Forschern auch übersehen sind, dass dagegen derjenige, der sie erst einmal beobachtet hat, dieselben nun auch über den ganzen Körper hin vorfindet. Sollten diese Drüsen aber wirklich trotz eingehender Untersuchung irgendwo nicht aufzufinden sein, so bin ich überzeugt, dass auch die Cuticula des betreffenden Trematoden eine außerordentlich geringe Ausbildung zeigen wird: sie wird gewissermaßen den larvalen Typus, wie wir ihn durch ZiesLer, BiEHRINGER etc. kennen lernten, behalten haben. Hier ist wohl auch der Ort, einmal die Frage zu erörtern, was denn aus der zarten glashellen Cuticula der Trematodenlarve wird, die aus metamorphosirten Meristemzellen ? hervorgegangen ist. Meines Erach- tens stehen uns zwei Wege der Erklärung offen. Entweder wird sie durch das heraustretende Drüsensekret von der bisherigen Körper- oberfläche abgehoben, oder aber sie bleibt dem Körperparenchym fest anliegen und wird von den Drüsenausführungsgängen durchbohrt. Im letzteren Falle wäre es möglich, dass sie zufällig einmal als zartes Häutchen an günstigen Präparaten nachgewiesen wird, während ihr Auffinden im ersteren Falle ziemlich aussichtslos sein dürfte, wenn anders die bisherige Annahme von der fortdauernden Abhutzui “ Cuticula richtig ist. Es sei mir nun gestattet, in Kurzem auf die von mir noch ferner untersuchten Formen hinzuweisen. Bei den Amphistomen, von denen ich eine ganze Reihe zur Verfügung hatte, fand ich im Großen und Ganzen stets die gleichen Verhältnisse. Amph. subelavatum eignet sich 12. 2.0. p. 33} 2 SchWARZE, Die postembryonale Entwicklung der Tremalbnen Diese Zeit- schrift. Bd. XLIII. 1886, Zum feineren Bau der Trematoden. 567 nicht besonders gut zur Untersuchung, da die einzelnen Schichten bei ihm nicht gerade kräftig entwickelt sind, dagegen zeigen Amph. eru- meniferum Crepl. (Gastrothylax Poirier), A. giganteum Dies. und grande Dies. die geschilderten Strukturverhältnisse sehr klar, nur sind die Ausführungsgänge der Drüsen selten zu verfolgen. Dies liegt wahr- scheinlich an ungünstiger Konservirung ; Amphistomum conicum erhielt ich nämlich ziemlich frisch von Herrn Professor Grassı gelegentlich eines Besuches in Catania, während mir das übrige Material aus den Sammlungen der Museen zu Wien und Berlin zur systematischen Bear- beitung überwiesen wurde. Letzteres ist größtentheils schon recht alt und daher nicht mit der jetzt üblichen Vorsicht konservirt. Ich durfte mich nun natürlich nicht etwa unterfangen, von den bei dieser einen Familie eruirten Thatsachen auf gleiche Verhältnisse bei allen übrigen Trematoden zu schließen, ich untersuchte daher die ver- schiedensten ento- und ektoparasitischen Trematoden, und zwar — wie ich gleich vorausschieken will — alle mit verhältnismäßig günsti- gem Resultate. Ich beginne mit dem von TascHengere! kurz beschriebenen Didy- mozoon Sphyraenae, eine bisher noch wenig bekannte Form, die man in Neapel ungefähr bei jeder Sphyraena unter der Gaumenschleimhaut in mehreren Exemplaren finden kann. Die ganz homogen erscheinende Cuticula (Taf. XXI, Fig. 3 und 4) ist nur dünn — etwa 0,003 mm — und liegt einem feinmaschigen Ektoparenchym auf, das in der ganzen “Peripherie von schwächeren und stärkeren Längsmuskeln durchsetzt ist. Ringmuskeln fehlen gänzlich, eben so die Diagonalmuskeln, jedoch ist auf tangentialen Schnitten das Vorhandensein von etwas schräg ver- laufenden Fasern zu konstatiren (Taf. XXI, Fig. 2). Die Subeuticular- drüsen liegen zwischen und unter den Muskeln, ihre Ausführungsgänge sind auf Quer- und Längsschnitten nicht weit zu verfolgen, während man sie auf Tangentialschnitten hart unter der Cuticula im Querschnitt deutlich nachzuweisen im Stande ist (Fig. 2). | Schon bedeutend deutlicher erscheinen die Verhältnisse bei einem -Trematoden, den ich im Kopenhagener Museum als Amphistomum selero- porum Rud. (?) aus Chelonia edulis bezeichnet fand, einer neuen Mono- stomumspecies, die wegen ihrer wechselnden Form Monost. proteus genannt werden möge?. Im Gegensatz zu Didymozoon finden wir hier 1 Didymozoon, eine neue Gattung in Cysten lebender Trematoden. Zeitschr, f. ges. Naturw. Bd. LII. 4879. p. 606—617. ‘ 2 Im Laufe des Sommers fand ich dieselbe Form in großer Menge im Darm einer hier geschlachteten Chelonia viridis. Die interessante Form wird in nächster Zeit ausführlich beschrieben werden, 568 G. Brandes, eine sehr kräftig entwickelte Hautmuskulatur (Taf. XXI, Fig. 5). Auf eine zarte Ringmuskellage folgen kräftige Längsmuskeln, dann nochmals eine ansehnliche Ringmuskelschicht, und nun erst die Diagonalmuskeln. Sämmtliche Muskelpartien sind von einander getrennt durch das Ekto- parenchym, das auch zwischen äußerer Ringmuskellage und Cutieula nachzuweisen ist. Die Subeuticulardrüsen liegen unterhalb und in der Höhe der Diagonalmuskeln, ihre Ausführungskanäle lassen sich hier und da bis zur Cuticula verfolgen. An einer Stelle hatte sich die Cuti- cula abgehoben, und man konnte hier erkennen, dass die Unterseite derselben eine Menge kleiner spitzer Erhebungen aufweist, die Aus- güsse des oberen Theiles der Drüsenkanäle. | Ganz vorzügliche Objekte für die Beantwortung unserer Frage sind die Arten des Genus Apoblema!. Bei der von mir untersuchten Form aus dem Darm von Alosa finta (Taf. XXII, Fig. 7) hat sich die Guti- cula sammt der darunter gelegenen Ringmuskulatur regelmäßig große Strecken weit — zumal am vorderen Körperende — abgehoben; hier- bei sind naturgemäß die Ausführungsgänge der Subeuticulardrüsen zerrissen, und zwar so, dass sie über die Längsmuskulatur hinaus frei hervorragen, sodann aber auch an der Unterseite der Cuticula nachzu- weisen sind. Dass uns hierbei an die Cuticula herantretende Fasern täuschen könnten, scheint mir ausgeschlossen zu sein, denn man sieht — wie dies auch schon bei Amphistomum conicum beobachtet wurde — deutlich die Substanz der Cuticeula in die Kanäle wie in einen Trichter hineintreten. Auch auf Tangentialschnitten vermochte ich die Aus- führungsgänge innerhalb des Ektoparenchyms aufzufinden, während die Cuticula keine Durchbohrung, sondern wieder das schon geschilderte schwach blasige Aussehen zeigte. Jedoch ist noch zu bemerken, dass die Cuticula bei einem Theil der Apoblemaformen — so auch bei der unsrigen — sich in starken ringförmigen Leisten erhebt, die dachziegel- artig über einander greifen und daher im optischen Querschnitt die Körperwandung gesägt erscheinen lassen (Fig. 7 und 9). Bei den ektoparasitischen Trematoden habe ich im Großen und Ganzen die gleichen Verhältnisse gefunden. Allerdings ist es mir nicht geglückt, so deutliche Bilder zu erhalten, wie sie sich bei Amphistomum 1 Die Arbeit von JueL, Beiträge zur Anatomie der Trematodengattung Apo- blema (Bihang till k. svenska Vet.-Akad. Handlingar. Bd. XV. Afd. 4. Nr. 6. Stock- holm 4889) ist mir nicht zugänglich gewesen, scheint aber für die von uns be- sprochenen Verhältnisse nach dem Referate Braun’s ohne Belang zu sein, eben so wie auch die mir soeben zu Händen gekommene Abhandlung MonTicELLY’s, Össervazioni intorno ad alcune forme del Gen. Apoblema. Atti della R. Accad. d. Scienze di Torino. Vol. XXVI, 1894. Zum feineren Bau der Trematoden. 569 und Apoblema ergaben, aber ich habe doch bei allen von mir unter- suchten Formen die Subeuticulardrüsenschicht aufgefunden und deren Ausführungsgänge zum Theil bis an die Cuticula verfolgen können. Das Ektoparenchym ist hier stärker entwickelt, und besonders dessen parenchymatische Natur leichter zu erkennen. Bei Trisiomum papillo- sum, welches eine sehr eigenthümliche Muskelanordnung zeigt (Fig. 10) (auf eine äußere Diagonalschicht folgen Längs-, Ring- und dann nochmals Diagonalmuskeln), konnte ich die Ausführungsgänge bis zur Cuticula verfolgen. Onchocotyle appendiculata und Pseudocotyle squatinae ge- währen nicht so deutliche Bilder. Auch bei diesen Formen ist die Muskelvertheilung bemerkenswerth. Pseudocotyle hat äußerlich zwei in kleinen Abständen liegende Ringmuskelschichten (Fig. 12), sodann eine starke Lage von Längsmuskeln, von denen auch manche etwas schräg verlaufen, eine eigentliche Diagonalmuskelschicht fehlt aber. Auch bei Onchocoiyle scheint dieselbe Muskulatur zu fehlen (Fig. 11); dies rührt von dem weiten Abstande her, den diese Schicht von den Ring- und Längsmuskeln besitzt: die Subeutieulardrüsen sind nämlich hier in das Ektoparenchym zwischen Längs- und Diagonalmuskeln ein- gebettet. Auch die noch ferner von mir untersuchten Formen ergaben in Bezug auf die uns hier interessirende Frage die nämlichen Thatsachen, so dass es wohl nicht ungerechtfertigt sein dürfte, die bei den digene- tischen Trematoden nachgewiesenen Strukturverhältnisse auch für die monogenetischen gelten zu lassen: Eine Drüsenschicht ist überall vor- handen, die Ausführungskanäle der Drüsen sind gegen die Guticula gerichtet und bisweilen bis zu dieser zu verfolgen; letztere ist aber nicht von Poren durchsetzt, wie dies auch schon von TascHEnBERG! mit aller Entschiedenheit behauptet ist. Man könnte diesem nun entgegen- halten, dass es eine besondere Schwierigkeit sei, Drüsenausführungs- gänge in der Cuticula mit Sicherheit nachzuweisen und sie bis zu ihrer Ausmündung an der Körperoberfläche zu verfolgen. Ich müsste dies zugeben, wenn ich nicht in der Lage wäre, einige einschlägige Fälle mitzutheilen, bei denen Porenkanäle in der Cuticula sehr deutlich zu erkennen sind. Über alle Maßen deutlich habe ich diese Ausmündung bei dem Drüsenkomplex beobachten können, der um die Genitalmündung von Temnocephala brevicornis gelegen ist und wahrscheinlich dazu dient, die Eier, welche ohne besondere Anhänge den Uterus verlassen, mit 1 Beiträge zur Kenntnis ektoparasitischer mariner Trematoden. Abhandl. d. naturf. Ges. Halle. 1879. Bd. XIV. Weitere Beiträge zur Kenntnis ektoparasitischer mariner Trematoden. Festschrift der naturf. Ges. zu Halle. 1879. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LIII. Bd, 37 570 6. Brandes, langen Fäden ! zum Aufhängen oder auch mit ungeformter Klebmasse ? zu versehen. Die Ausführungsgänge scheinen sich hier und da baum- artig zu verästeln (Fig. 8); es wäre aber möglich, dass diese Erschei- nung auf Täuschung beruht und dadurch hervorgerufen wird, dass die Kanäle sehr dicht neben einander liegen und auf den Schnitten nicht in ihrer ganzen Länge, und damit auch nicht in ihrem wahren Zu- sammenhange getroffen wurden: jedenfalls sieht man den Porenkanal mit großer Deutlichkeit die Cuticula durchsetzen. Ähnliches — wenn auch der geringeren Größe der bezüglichen Elemente wegen nicht ganz so klar — sehen wir bei Monostomum pro- teus. Hier finden wir nämlich die Bauchseite mit mehreren Reihen nicht ganz regelmäßig angeordneter Warzen besetzt, die sich schon bei Lupenvergrößerung erkennen lassen. Auf Schnitten stellen sich diese Gebilde meist als Erhebungen, hier und da aber auch als Einsenkungen heraus, unter denen ein Haufen einzelliger Drüsen liegt, deren Aus- führungsgänge nach außen führen und der Cuticula dadurch ein ganz verändertes Aussehen geben (Fig. 6). Derartige Drüsen werden bei genauer Untersuchung wahrscheinlich mehrfach gefunden werden; ich vermuthe, dass sie für ein ganzes Genus charakteristisch sein wer- den. Einen solchen Fall will ich hier noch mittheilen, da er zugleich einen bisher ziemlich allgemein verbreiteten Irrthum aus der Welt schaffen wird. Wer sich mit Trematoden näher beschäftigt hat, kennt auch wohl die eigenthümliche Form, die von Dissine als Notocotyle tri- serialis beschrieben wurde. Nach Dizsıne sollen — wie schon der Name sagt — auf dem Rücken drei Reihen von Saugnäpfen vorhanden sein. Trotzdem von verschiedenen Seiten darauf aufmerksam gemacht ist, dass die Dissine’schen Beobachtungen durchaus nicht zuverlässig sind, und dass die fraglichen Bildungen gar nicht dem Rücken, sondern der Bauchseite angehören, auch keine Saugnäpfe, sondern "vielleicht Aussackungen der Dotterstöcke darstellen, hat sich die Bezeichnung Notocoiyle bis heute erhalten, ja MonriceLı ® vertheidigt ihn sogar neuer- dings in seiner Zusammenstellung gegen die Bedenken Wenr’s und VAN BENEDEN’S. Ich kann nun zuversichtlich behaupten, dass wir es in dem vor- liegenden Falle nicht mit Saugnäpfen, sondern mit Drüsenausmün- dungsstellen zu thun haben, und zwar liegen dieselben auf der ! ef. MostıiceLLı, Breve nota sulle uova e sugli embrioni della Temnocephala chilensis Blanch. Atti societ. ital. scienz. natur. Vol. XXXII. Milano 1889, 2 cf. Weser, Über Temnocephala Blanch. Zoolog. Ergebnisse einer Reise in Ostindien. Leiden 4889. 3 Saggio etc. p. 93. a EB 55 Zum feineren Bau der Trematoden. 571 Bauchseite wie bei Monostomum proteus. Auf Schnitten sind die Elemente ihrer Kleinheit halber nicht ganz leicht nachzuweisen, aber mir wurde diese Untersuchung bedeutend erleichtert, da ich schon am lebenden Thiere die Verhältnisse deutlich erkannt hatte. Wenn ich die Individuen, die dem Coecum der Hausente entstammten, in einem Wassertropfen ohne Deckglas untersuchte, vermochte ich die drei Reihen als kleine warzenartige, häufig ihre Kontouren ändernde Er- hebungen von oben und von der Seite deutlich zu erkennen (Fig. 13). In Bezug auf Größe, Begrenzung und Farbe zeigten sich vielfach Ungleichheiten, meist hatten sie aber ein gelbliches Aussehen, das von etwa 20 bis 30 einzelligen Drüsen herrührt, die gegen die Oberfläche der Papille gerichtet sind. Sobald ich ein Deckglas benutzte, wurden die Warzen ganz undeutlich und die gelbe Farbe sehr diffus, nur ein- zelne kleine fettartige gelbe Kügelchen ließen sich noch nachweisen. Diese Papillen können auch eingestülpt werden: sowohl am lebenden Thiere als auch auf Schnitten habe ich mehrfach derartige unregel- mäßige Einstülpungen, die den Papillea entsprechen, zu beobachten Gelegenheit gehabt (Fig. 13 und 15). Die Drüsen scheinen durch die Sublimat-Essigsäurebehandlung stark -alterirt zu werden; sie waren zwar auf Schnitten mit Sicherheit nachzuweisen, zeigten aber eine undeutliche Begrenzung (Fig. 14). Die Ausführungsgänge waren eben- falls zu verfolgen und ließen auch hier wieder das Bild der homogenen Cutieula auffallend differenzirt erscheinen. Und nun endlich zu einem bereits mehrfach erwähnten, sehr interessanten Objekte, das von den Anhängen des » metamorphosirten Epithels« als Paradigma aufgestellt ist, zu Temnocephala. Ich habe nur eine Species zur Verfügung gehabt, und zwar die bisher noch nicht näher studirte, von Monriceriı! Temmocephala brevicornis benannte Form von einer Süßwasserschildkröte Brasiliens, die ich der Liebens- würdigkeit der bezüglichen Verwaltung des Kopenhagener Museums verdanke. Wenn nun meine Beobachtungen über die Körperbedeckung dieses „abweichend gebauten Trematoden« mit den Angaben der bis- herigen Forscher nicht übereinstimmen, so liegt dies nur zum gering- sten Theile daran, dass ich eine andere Species untersucht habe, denn aus dem Vergleich meiner Befunde mit den veröffentlichten Thatsachen glaube ich mit Sicherheit schließen zu können, dass die neue Form mit der bisher beschriebenen in den wesentlichsten Punkten wenigstens übereinstimmt, und dass die bezüglichen Verhältnisse eine falsche Deutung erfahren haben. ! Di una nuova specie delgenere Temnocephala Blanch., ectoparasita del Che- loniani. Napoli 1889. 37% 572 G. Brandes, Nach HaswerL! soll bei Temnocephala fasciata auf eine 0,006 mm starke, von Porenkanälen durchsetzte Oberflächenschicht — der Guti- cula — eine eben so starke Protoplasmaschicht mit Kernen, aber ohne eine Spur von Zellgrenzen? folgen — die »Epidermis« — und diese wiederum einer gleich dicken, ganz homogenen Schicht — der »Basal- membran« — auflagern. Die Abbildung, die Hıswerr von diesen Ver- hältnissen giebt, und die auch Braun reproduceirt, ist etwas sehr sche- matisch gehalten; unter dem Mikroskop wird man derartige Bilder kaum zu Gesicht bekommen. Ja — ich meine, dass man — ohne die Form untersucht zu haben — lediglich auf Grund der von HaswELL ge- gebenen Abbildung und dem dazu gehörigen Texte der Abhandlung sehr wohl berechtigt ist, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Denn Abbildung und Text stimmen durchaus nicht zusammen. So schreibt unter Anderem Hasweıı, dass die Epidermis auf Querschnitten »into a series of vertical columns« durch eine Anzahl von Parallellinien getheilt zu sein scheine, und dass dieses Aussehen durch eine große Menge von Porenkanälen hervorgebracht werde, die sowohl Epidermis als auch Guticula durchsetzen. Vergleichen wir mit dieser Schilde- rung die Abbildung (Taf. XXI, Fig. 1), so finden wir, dass die Poren- kanäle der Cuticula und die der Epidermis ein ganz verschiedenes Aussehen haben, die letzteren sind außerordentlich viel voluminöser, sodann bilden die einen gar nicht die Fortsetzung der anderen, sondern sind ganz unabhängig von ihnen. Außerdem muss es aber auch auf- fallen, dass die kräftigen Kanäle sich nicht weiter in die homogene » Basalmembran« verfolgen lassen. Auch ich finde bei der von mir studirten Temnocephala brevicor- nis eine Körperbedeckung, die aus drei Schichten aufgebaut zu sein scheint (Fig. 18}. Aber es gelang mir nicht, diese mit Sicherheit aus ein- ander zu halten. Die oberflächliche Partie — die Cuticula HAsweLr’s — könnte man meinen Präparaten nach eben so gut als äußersten Theil der ganzen Quticularschicht ansprechen, die in Folge der Berührung mit dem Wasser eine gewisse Differenzirung erlitten hat, und die unterste Schicht — die Basalmembran — ließe sich ebenfalls als Theil der Cuticula oder als zarte Ektoparenchymlage, oder endlich als Ring- muskulatur unterbringen. Aber es mag für diesen Fall das ungünstige Objekt, dessen bezüglichen Elemente zu klein und auch nicht gut 1 On Temnocephala, an aberrant monogenetic Trematode. Quart. journ. micr. scienc. Vol. XXVI1l. 1888. 2 Ich muss es als einen Irrihum erklären, wenn Braun (a. a. O. p. 422) HısweLı von »undeutlichen Zellgrenzen« sprechen lässt; HAswELL sagt aus- drücklich (a. a. O. p. 285): »wiihout a {race of cellboundaries «. Zum feineren Bau der Trematoden. 513 ‚genug erhalten sind, Schuld an dem negativen oder doch zweifel- haften Resultate sein. Wie dem aber auch sei, jedenfalls bin ich in der > Lage, über den Bau der mittleren Schicht — das Epithel Brauw’s — einige sichere Beobachtungen mittheilen zu können. HaswErtr, WEBER und Braun lassen diese Partie von vielen Poren durchsetzt sein!. Die dazu gehörigen Abbildungen stimmen aber — wie schon bemerkt — durchaus nicht mit diesen Angaben überein; und zwar ist der Fehler bei Deutung der Bilder gemacht worden. Wenn auch die Skizze Hısweır’s außerordentlich schematisch ist, so deutet sie doch die eigenthümliche Bildung der Schicht immerhin an, jedenfalls würde eine Protoplasmalage mit Porenkanälen anders zu zeichnen sein. In Wirklichkeit sieht man eine schwer zu beschreibende Struktur (Fig. 18 und 19): ich glaube das Bild am richtigsten zu schil- dern, wenn ich es mit einer mehrfachen Reihe unregelmäßig neben einander stehender, ungleich geformter, aber ziemlich gleich langer Holzscheite vergleiche. Den Eindruck von Porenkanälen hat mir diese Art der Querstreifung niemals gemacht, aber eine plausible Erklärung dafür zu finden, wollte mir durchaus nicht gelingen. Erst auf Tangen- tialschnitten erhielt ich einen besseren Einblick in diese Verhältnisse. Auf solchen zeigt sieh nämlich ein eigenthümliches musivisches Bild: in der gefärbten Grundmasse sieht man ganz helle Figuren in den ver- schiedensten Formen — auf der Bauchseite sind sie einfacher gebaut, meist kreisrund (Fig. 16), während sie auf der Rückseite sehr mannig- faltige, langgestreckte und gekrümmte Formen zeigen (Fig. 17). An einer günstigen Rissstelle (Fig. 16) vermochte ich nun zu erkennen, dass diese helleren Bezirke Vacuolen darstellen, die sich in einen feinen Porenkanal fortsetzen, der an der Körperoberfläche ausmündet. Wäh- rend ich diesen Kanal an günstigen Querschnitten durch die Haut- schicht wohl aufzufinden im Stande war, habe ich seinen Zusammen- hang mit den Vacuolen nur auf Tangentialschnitten, bei denen gerade die äußere Körperfläche die obere Seite des Schnittes bildete, nach- weisen können. Bei hoher Einstellung sieht man unter diesen Umständen die Fläche der Cutieula mit den kleinen Poren, die man dann durch allmähliche tiefere Einstellung bis in die ziemlich weiten Vacuolen verfolgen kann. Einen Zusammenhang dieser Vacuolen mit anderen Gebilden der tiefe- ren Schichten vermochte ich nicht aufzufinden. Trotz eifrigen und sorgsamen Nachforschens ist es mir auch nicht gelungen Subecuticular- 1 Ich muss übrigens noch bemerken, dass ich nicht in der Lage war, WEBER’S Arbeit in die Hand zu bekommen; ich kann mich daher in dieser Beziehung nur auf Braun’s Angaben berufen. 574 6. Brandes, drüsen bei dieser »aberranten« Form aufzufinden; denn die großen, fast über den ganzen Körper verbreiteten Drüsen von Temnocephala sind durchaus anderer Natur als die bisher beschriebenen, auch scheint deren Sekret nicht gesondert in der Nähe ihrer Lagerung, sondern in langen gemeinsamen Kanälen an einzelnen Körperstellen auszumünden. So z. B. ergießen sich eine Anzahl von Kanälen in die Mundhöhle. Er- wähnen muss ich hierbei, dass die oben geschilderten Verhältnisse sehr auffällig erinnern an die für rhabdocöle Turbellarien bekannten Ver- hältnisse. Erst jüngst hat Bönmie! gefunden, dass die längst bekannten »„wasserklaren Räume«, die er hier und da auch »Vacuolen « nennt, mit dem umgebenden Medium durch Porenkanälchen in Verbindung stehen. Er hat auch fernerhin einen feinen Porenkanal gefunden, der die Basal- membran in schräger Richtung durchsetzt, aber dies nur bei einer Form, bei der diese Membran sehr dick ist. Danach hätten wir also keine Aussicht, eine ähnliche Beobachtung an unserer Temnocephala zu machen, denn hier ist die der Basalmembran entsprechende Schicht sehr gering entwickelt. Es sind noch eine ganze Reihe von Ähnlich- keiten mit den rhabdocölen Turbellarien zu verzeichnen, so vor Allem das von allen Forschern genügend betonte Vorkommen von Kernen in der Vacuolenschicht. Ohne hierauf und auf die mannigfachen weiteren Beziehungen zwischen Temnocephala und Turbellarien einzugehen, will ich nur auf einen Punkt hinweisen, der bisher noch nicht bekannt ge- worden sein dürfte. Ich kann nämlich das Vorhandensein zweier Sphineteren im Pharynx melden. Für Trematoden ist eine solche Bildung meines Wissens neu, während für Turbellarien ein ähn- licher Fall bekannt ist. Bönmıc theilt uns mit?, dass der Pharynx von Plagiostoma Lemani Graff nahe an seinem Vorderende einen Sphincter aufweist, Der Skizze nach bleibt diese Ringmuskulatur aber bei Weitem hinter den beiden kräftigen Sphincteren von Temnocephala zurück. Ich weiß nicht, ob diese Muskelbildung bei allen Arten sich vorfindet, glaube es aber kaum annehmen zu dürfen, da von den betreffenden Autoren nur gemeldet wird, dass die Ringmuskeln stark entwickelt sind, und auch Haswerr’s Abbildung eines kleinen Pharynxtheiles nichts zeigt, was dem von mir gefundenen an die Seite zu setzen wäre. Der Pharnyx unserer Temnocephala (Fig. 20) besteht aus einem parenchymatischen Bindegewebe, in das eine ziemliche Anzahl zarter Radiärmuskelfasern eingebettet sind; an seinem Vorderende nun liegt ! Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. Plagiostomina und Cylindrostomina. Diese Zeitschr. Bd. LI. p. 42. 2 a.a.0.p. 53. Holzschnitt VIII und p. 249—250. MR DIR: ir. Y # \ N ur Hu w ce AN 0 Pi * Zum feineren Bau der Trematoden. 575 ein 0,08 mm starker ringförmig angeordneter Muskel, der aus dicht neben einander liegenden hohlen Muskelfasern besteht und auf Quer- sehnitten den Eindruck eines Netzwerkes macht. Eine gleiche nur be- deutend größere Muskelpartie nimmt den ganzen hinteren Theil des Pharynx ein, der Sphincter ist hier nicht so regelmäßig ringförmig, sondern gleicht mehr einem Cylinder mit starken Wandungen und ganz geringem Hohlraum, er misst 0,2 mm in der Höhe und 0,12 mm in der Breite. Was für eine Bedeutung diese Sphincteren haben, dürfte nicht schwer zu entscheiden sein: mir will wenigstens nichts einleuchtender erscheinen, als dass dieselben als Kaumuskeln zu funktioniren haben. Bei Thieren, welche Daphnien fressen, kann man eine solche Bildung wohl erwarten. Um nun nochmals auf die Muskelfasern zurückzukommen, von denen ich den Ausdruck »hohl«! gebrauchte, so will ich nicht etwa behaupten, dieselben seien im wahren Sinne des Wortes »hohl«, son- dern ich will nur andeuten, dass durch Anordnung der kontraktilen Substanz im Umkreise der ursprünglichen Zelle der Eindruck einer Röhre hervorgerufen wird. Übrigens scheinen fast alle Muskelfasern der Temnocephala mehr oder minder ähnlich gebaut zu sein. Beson- ders deutlich wird dies an der Längsmuskulatur, die HaswsıL ? durch- aus falsch abbildet und schildert. Auch hier treten die kontraktilen Röhren zu einem auf Querschnitten netzartig erscheinenden Gewebe zusammen, das sich ganz allmählich in das parenchymatische Binde- gewebe fortsetzt (Fig. 19). Mir scheint der letztere Umstand für die Genese des Trematodenparenchyms, die meines Erachtens durchaus noch nicht aufgeklärt ist, beachtenswerth zu sein; ich werde bei an- derer Gelegenheit darauf zurückkommen. Auch bezüglich der vorkommenden Muskelschichten kann ich unsere Kenntnisse erweitern. Die bisher geleugneten Diagonalmuskeln sind auf Rücken- und Bauchseite vorhanden, auf letzterer sind sie stärker ausgebildet und liegen der Längsmuskellage direkt an, während auf dem Rücken nur einige starke Stränge in geraumer Entfernung von den Längsmuskeln verlaufen. | Nach Allem, was ich über Temnocephala mitzutheilen in der Lage war, glaube ich mich dahin äußern zu sollen, dass Temnocephala für die Beurtheilung der Natur der Körperbedeckung bei den Trematoden nicht herangezogen werden darf; die histologische Struktur dieses 1 Herr Geheimrath LeuckArr theilt mir mit, dass er auch bei Bilharzia, und zwar nur an der Rückenseite des 5, derartige Hohlmuskeln gefunden habe. 2 a.a, ©. Taf. XXI, Fig. 4, Taf. XXI, Fig. 47. Beide Male sind. die Muskeln verschieden gezeichnet, aber beide Male unrichtig. 576 - G. Brandes, eigenthümlichen Plathelminthen ist auch durchaus noch nicht genügend eruirt und scheint so viel von dem Bau der Trematoden Abweichendes aufzuweisen, dass wir vielleicht besser thun, ihn ws als fest- sitzende Form den Turbellarien anzureihen. Zum Schluss will ich nicht versäumen, den Herren Geheimrath Möpıus in Berlin, Geheimrath STEINDACHNER und Dr. v. MARENZELLER in Wien, Dr. Levinsev in Kopenhagen und Professor Gaassı in Catania meinen verbindlichsten Dank für die Überlassung von werthvollem Material zu sagen, eben so Herrn Professor O. TAscHEnBERG für die mir liebenswürdigst gestattete Einsicht in seine Präparate mariner ekto- parasitischer Trematoden. Halle a/S., im Juli 1891. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXL. Fig. 1. Amphistomum conicum, median. Boraxkarmin. Zeiss GC, 2. Prisma. Gelb : Muskulatur. Roth: Cuticula und Subcuticulardrüsen. Fig. 2. Didymozoon sphyraenae,tangential. Boraxkarmin. ZEıss, homo- gene Imm. 4/12, Oc. 4. Prisma. Roth: Querschnitte der Ausführungskanäle der Subcuticulardrüsen. Fig. 3. Dasselbe, median. Roth: Cuticula und Subcuticulardrüsen. Fig. 4. Dasselbe, quer. Farben : Wie vorher. Fig. 5. Monostomum proteus.n. sp., quer. Rückenseite. Boraxkarmin. Zeiss, F. 2. Prisma. Farben: Wie vorher. Fig. 6. Dasselbe, Bauchseite. Zeıss, C. 2. Prisma. Drüsenpapille, Roth: Cuticula, Subcuticulardrüsen und Bauchdrüsenkomplex. Fig. 7. Apoblema aus Alosa finta, median. Boraxkarmin. Zeıss, 4/42, 2, Prisma. . Roth: Cuticula und Subcuticulardrüsen. Fig. 8. Temnocephala brevicornis Montic., quer. Genitalmündung mit den Kittdrüsen (roth). Fig. 9. Apoblema aus Alosa finta, tangential. Boraxkarmin. Zeıss, 4/42, 2. Prisma. Roth: Cuticula und Querschnitte der Ausführungskanäle der Subcuticu- lardrüsen. Fig. 40. Tristomum papillosum, median, Zeıss, C, 2. Prisma. Roth: Cuticula und Subeuticulardrüsen. Zum feineren Bau der Trematoden. 577 B Fig. 11. Onchocotyle appendiculata, quer. Zeıss, F, 2. Prisma. Farben: Wie vorher. ee Fig. 12. Pseudocotyle squatinae, quer. Zeıss, F, 2. Prisma. 4 Farben: Wie vorher. _ Fig. 13. Notocotyle triserialis Dies. Drüsenpapillen von der Bauchseite erschiedenen Lagen am lebenden Thier von oben und von der Seite. Fig. 414. Dasselbe, quer. Eine Drüsenpapille. Fig. 45. Dasselbe. Papille eingestülpt, Drüsen nicht gezeichnet. Fig. 16. Temnocephala brevicornis Montic., tangential. Bauchseite von ıBen. Zeıss, 4/12, 2. Cuticula (roth) mit den hellen Hohlräumen und den dunkleren kernarti- gen Gebilden. Zwischen den Diagonalmuskeln die Ausführungskanäle der Kittdrüsen. Fig. 47. Dasselbe. Rückenseite von innen. Wie vorher. Fig. 48. Dasselbe, median. F. 2. Wie vorher. Fig, 49. Dasselbe, quer. F. 2, Wie vorher. Fig. 20. Dasselbe, frontal. Pharynx mit den Kaumuskeln. C. 2. Fig. 24. Dasselbe. Große Drüsen mit Ausführungskanälen, die gegen das orderende ziehen. C. 2. Fig. 22. Dasselbe. Vordere Partie des hinteren Kaumuskels. Vgl. Fig. 20. omog. Imm. 4/12, 2. Beiträge zur Kenntnis der Mollusken. von Johannes Thiele. (Dresden.) Mit Tafel XXI. Anatomische Untersuchungen an Mollusken, die mich seit mehreren Jahren beschäftigen, haben eine Anzahl von Thatsachen zu Tage ge- fördert, die ich zum Theil zwar gern noch weiter verfolgt hätte, bevor ich sie veröffentlichte, indessen da ich gegenwärtig dazu nicht in der Lage bin, so mögen sie, so weit die Untersuchungen darüber einiger- maßen abgeschlossen sind, vorläufig in Kürze mitgetheilt werden. Zu einigen dieser kleinen Abhandlungen, so zur vorliegenden ersten, haben den unmittelbaren Anstoß neuere Publikationen gegeben, welche durch meine Beobachtungen berichtigt oder ergänzt werden. I. Über das Epipodium. Nachdem ich mich vor einiger Zeit über das Epipodium von Halio- tis ausgesprochen hatte und bei Amphineuren sowie Lamellibranchiern homologe Bildungen zu finden glaubte (i0)!, hat ganz neuerdings PELSENEER gegen einige meiner Ansichten polemisirt (6). Das giebt mir Veranlassung, nochmals auf die Frage nach der morphologischen Be- deutung des Epipodiums einzugehen, zumal da verschiedene Behaup- tungen des genannten belgischen Forschers nach meinen Untersuchun- gen unhaltbar sind. Zunächst und hauptsächlich ist es PeLsenser’s Ansicht, dass das Epipodium zum Fuße gehöre, welche der Revision bedarf. PELsenzer schließt das in erster Linie daraus, dass das Epipodium von den Pedal- strängen innervirt wird, und führt gelegentlich auch an, dass dasselbe bei Gegenwart eines Deckels, der doch zum Fuße gerechnet würde, 1 Die Zahlen beziehen sich auf das Litteraturverzeichnis am Ende der Ab- handlung. > Beiträge zur Kenntnis der Mollusken. 579 unter diesem verlaufe. Diese Thatsachen sind unzweifelhaft richtig, richtig ist auch, dass die Pedalstränge nicht aus zwei über einander % gelegenen getrennten Theilen bestehen, sondern einheitlich sind. Trotzdem muss ich die Zugehörigkeit des Epipodiums zum Fuße mit # Entschiedenheit bestreiten. Der Hauptgrund liegt in der gleichfalls 4 unbestrittenen Thatsache, dass die vorderen Theile des Epi- podiums von den Cerebralganglien innervirt werden. Ich habe das bei Haliotis beschrieben (10, p. 399, Fig. 2 k) und kann daher _ annehmen, dass Pzrsznekr diese Thatsache kennt, er scheint sie aber _ für wenig wichtig zu halten, da er ihrer gar nicht Erwähnung thut. _ Diese scheinbar unbedeutende Thatsache allein ist indessen meiner Ansicht nach vollkommen hinreichend, Persenzer’s bezeichnete Auffas- sung über den Haufen zu werfen. Dass die Cerebralganglien von E Haliotis, wie man vielleicht annehmen könnte, Theile der ursprünglich ; ventralen Ganglienmasse enthalten, wird durch nichts bewiesen, da - dieselben nur Theile des Kopfes innerviren und da die Pleuralganglien, _ die bei manchen anderen Mollusken sich den Cerebralganglien ange- schlossen haben, bei Haliotis noch durchaus Theile der Bauchstränge sind. Der vordere Theil des Epipodiums gehört nach der Innervirung also offenbar zum Kopfe. Auch von den Epipo- dialnerven, die von den Cerebropedaleonnectiven abgehen, kann man "doch nicht so ohne Weiteres ihre Pedalnatur behaupten. & Weiterhin werde ich auf die Verhältnisse des Nervensystems zu- “ rückkommen, und will nun zunächst kurz die äußere Lage und einige Einzelheiten des Epipodiums bei verschiedenen Prosobranchiern be- sprechen. Die primitivsten unter diesen sind ohne Zweifel die mit Spiralschale versehenen Zygobranchier. Von Pleurotomaria hat Dauz (2) unlängst eine freilich wenig eingehende Beschreibung des Epipodiums gegeben, es besteht hier aus zwei hinten getrennten Lappen, welche breit, dünn und am Rande gefranst sind, deutliche Tentakel oder an- dere Fortsätze sind nicht vorhanden; die beiden Lappen werden im Leben der Schale angelegt, als dienten sie dieser zur Stütze. Bei Seis- surella ist das Epipodium mit wenigen langen Tentakeln besetzt, _ ähnlich wie bei Trochiden. Bei Haliotis ist es eingehend untersucht, es ist mächtig entwickelt, eine starke Falte, die am Rande mit zahl- _ reichen unregelmäßig geformten Fortsätzen und vielen Tentakeln, hauptsächlich an der unteren Kante, besetzt ist; bei Haliotis tubereu- _ data sind die ersteren braun, die letzteren grün, und sie heben sich _ dadurch sehr deutlich ab. Vorn ziehen die beiden Hälften, indem sie | u unmittelbar an den großen Kopftentakeln, die ich morphologisch mit | zur Krause zähle (10, p. 406), beginnen, an den Seiten des Kopfes sich 580 Johannes Thiele, verhbreiternd nach hinten, indem sie zwischen Fuß und Mantel ver- laufen. | Bei Fissurella- und Emarginula-Arten sind die Falten rückgebildet; damit hängt es zusammen, dass die Zugehörigkeit des vorderen Theiles des Epipodiums zum Kopfe nicht so deutlich ist; es besteht aus einer Reihe von mehr oder weniger zahlreichen Tentakeln, die an derselben Stelle wie bei Haliotis, also zwischen Fuß und Mantel liegen (Fig. 1). Als Fuß bezeichne ich den lokomotorischen Theil des Körpers, der an den Seiten verbreitert zu sein pflegt und vorn mehr oder weniger vorgezogen ist, während ich für die seitliche Körperwand, in welcher bei Fissurelliden die Schalenmuskeln (Retraktoren) verlaufen, keinen Grund einsehe, warum sie zum Fuße zu rechnen sein sollte. PELSENEER ist allerdings dieser Ansicht, indessen halte ich es für ganz unberech- tigt, den Begriff des Fußes bis zum oberen Ende der Retraktoren aus- zudehnen; PELseneer wird doch z. B. seine Hand nicht bis zum Ende der sie bewegenden Muskeln rechnen. Da die Fußretraktoren auch den Mantel durchsetzen, so käme man bei solcher Auffassung folgerichtig zu dem überraschenden Resultate, dass selbst der Mantel ein Theil des Fußes ist, und das ist doch nicht PrLseneer’s Ansicht. Bei Trochiden ist der vordere Theil der Falten des Epipodiums erhalten und hat dieselbe Lage wie bei Haliotis; an den Seiten des Körpers sind die Falten meist rückgebildet, während mehrere Tentakel jederseits ihren Verlauf andeuten. Bei Neriten wird das Epipodium durch schmale Falten ersetzt, so auch bei Navicella. Janthina hat ziem- lich breite und dünne, am Rande etwas gezackte Falten, die nach ihrer Lage dem Epipodium von Haliotis homolog sein können (Fig. 2). Unter den Tänioglossen ist der vordere lappenförmige Theil erhalten bei den Calyptraeiden, und diese Falten wird gewiss Niemand nach ihrer äußeren Lage zum Fuße zählen; ähnlich ist es bei Ampullaria. Bei Lacuna, die PELSENEER auch unter den Besitzern eines Epipodium nennt, sind doch wohl die »Deckellappen « mit ihren Anhängen gemeint, welche von Meyer und Mösptus (4) abgebildet und beschrieben sind. Ob die beiden hinteren Fäden am Fuße von Nassa hierher zu rechnen sind, kann zweifelhaft erscheinen. Für das typisch ausgebildete Epipodium ist außer der beschrie- benen Lage zwischen den Kopffühlern und dem Deckel, falls ein sol- cher vorhanden ist, und zwischen Fuß und Mantel charakteristisch ein reicher Besatz mit Tentakeln, die bei Haliotis und Trochiden zahlreiche Zöttehen tragen, gleich den Kopftentakeln. Sodann sind bei den meisten Rhipidoglossen, die darauf hin untersucht worden sind, was bei den Neriten leider noch nicht geschehen ist, eigenthümliche Sinnesorgane Beiträge zur Kenntnis der Mollusken. 581 gefunden, die B£r4 Harzer, ihr Entdecker bei Fissurellen und Trochi- den, Seitenorgane genannt hat; von Haliotis habe ich solche beschrieben i 4 (10, p. 405, 406), die nach ihrer Verbreitung über einen großen Theil des i - Körpers jedenfalls den niedersten Zustand zeigen, und hier will ich = noch hinzufügen, dass Emarginula elongata entsprechende Organe be- sitzt, die aber nicht wie bei Fissurella am Grunde der Tentakel, sondern etwa in der Mitte der Unterseite derselben liegen (Fig. 5). Vermuth- lieh werden auch die keulenförmigen pigmentirten Organe unter den - Epipodialtastern von Margarita-Arten, die Prısenezr kurz beschreibt (6, p. 442, Fig. 14—17), zu den Seitenorganen zu stellen sein. Endlich _ verläuft in der Ansatzlinie des Epipodiums über dem Fuße ein starkes Gefäß (Fig. 5), das die Organe desselben versorgt. r Demnach ist das Epipodium durch eine ganze Reihe von Eigen- j schaften charakterisirtt, welche man bei Homologisirungsversuchen ohne Zweifel mit in Rechnung ziehen muss. Ich will daraufhin nun zunächst zusehen, ob einige von PELSENEER 3 aufgeführte Fälle damit in Einklang zu bringen sind. Bei einigen Gattun- gen der Patelliden (Patina, Patinastra, Nacella, Patinella) findet sich am Fuße ein Fältchen, wie längst bekannt ist, und dieses hält Peıseneer für ein E Epipodium und behauptet, dass dasselbe bei Nacellen gefranst sei (5). | - Da ich mit anderen Forschern die Docoglossen von den Rhipidoglossen ableite (12), so war ich so lange von der Richtigkeit dieser Angabe - Periseneer’s überzeugt, bis ich mich durch eigene Untersuchung über- zeugen musste, dass hier offenbar eine ganz andere Bildung vorliegt. Die Lage dieser Falte ist nicht, wie es bei dem Epipodium der Fall ist, - über dem Fuße, sondern auf demselben, daher befindet sich das _ Vorderende unter dem Kopfe. Die Falte ist niemals gefranst, son- dern nur — jedenfalls in Folge der Kontraktion des Fußes — etwas _ wellig gebogen (Fig. 3). Ferner überzeugte ich mich durch Studium von Querschnitten durch Patina pellucida, dass weder ein Gefäß unter der Falte hinzieht, noch dass diese mit irgend welchen Sinnesorganen besetzt ist; überhaupt tritt die Falte nur in Folge des Einschnittes _ unter derselben deutlich hervor. In diesen Einschnitt münden große - subepitheliale Drüsen aus (Fig. 6); die Art derselben konnte ich nicht feststellen, da sie fast sämmtlich in Folge der Konservirung entleert - waren, so dass wenig mehr als die Hohlräume, welche die Drüsenzellen eingenommen hatten, zu sehen waren, ich halte es indessen für wahr- scheinlich, dass diese Drüsen mucöser Natur sind. Bei einigen großen Exemplaren der südamerikanischen Arten sah ich übrigens den her- vorgequollenen Schleim sehr deutlich schon ohne weitere Unter- suchung. Wir haben es hier also mit einer ganz eigenartigen Bildung 582 Johannes Thiele, zu thun, der man die drüsigen »parietalen Krausen«, die jüngst Brum- rıch (1) in der Mantelhöhle mehrerer Chitonen beschrieben hat, an die Seite stellen kann, ohne dass jedoch mit diesen mehr als eine physio- logische Analogie anzunehmen ist. Ferner behauptet PELsenger (5), dass bei Pectunculus ein Epipo- dium vorhanden sei. Ich habe schon früher die Existenz eines solchen bestritten, da aber PELsenerr trotzdem an seiner Behauptung festhält, so muss ich hier noch näher darauf eingehen. Bei zahlreichen Exem- plaren von Pectuneulus pilosus und glycimeris, die ich früher in Neapel konservirt habe, sehe ich, dass der eigentliche Fuß, der sich nach vorn in eine Spitze auszieht, wie bei den meisten Lamellibranchiern, im oberen Theile breiter ist als der darüber gelegene Theil, und dass er sich von diesem manchmal scharf absetzt, jedoch nicht immer. Nach unten hin ist indessen gar keine Begrenzung dieses dickeren Theiles vorhanden (Fig. 4 und 7), vielmehr geht dieser durchaus in die Fuß- ränder über. Ich hebe ausdrücklich hervor, dass der Schnitt, dessen Umriss in Fig. 7 durchaus getreu mit dem Zeichenapparate dargestellt ist, durch den Fuß eines Thieres gemacht worden ist, bei dem die Kan- ten ganz ausnahmsweise stark hervortraten. Psisenzer hatte zuerst: einen schematischen Querschnitt durch Peetunculus mit sehr großem » Epipodium « dargestellt (5, Fig. 11), dann hat er einen den natürlichen Verhältnissen näher kommenden Querschnitt abgebildet (6, Fig. 18), indessen stimmt auch dieser noch nicht ganz mit dem von mir beob- achteten Verhalten überein, womit ich nicht sagen will, dass nicht ge- legentlich der Fuß einen ähnlichen Querschnitt zeigen kann. Es ist also zuerst zu betonen, dass die Lage dieser Kanten voll- kommen verschieden ist von der des Epipodiums; ein solches würde eher dort zu erwarten sein, wo ich in Fig. 4 die punktirte Linie ge- zogen habe. Sodann ist das verschieden starke Hervortreten der frag- lichen Bildung zu erwähnen, und das Fehlen von Sinnesorganen und des Blutraumes. Die Wülste von Pectunculus sind in keiner Hinsicht vom Fuße verschieden, zu dem sie vielmehr nach Allem, so auch nach dem Bau des Epithels, unter welchem Drüsenzellen liegen, und der Muskulatur gehören. Psusznzer will besondere Muskeln des »Epipo- diums« gefunden haben, ich gebe das nicht zu, denn horizontale Bün- del finden sich eben so gut über und unter der Verdiekung, und einige wenige Fasern, welche die Kante in vertikaler Richtung durchziehen, sind in dem Gewirre sich in den verschiedensten Richtungen kreuzen- der Fasern bedeutungslos. Die großen im Fuße inserirenden Retrak- toren können sicherlich durch ihre Zusammenziehung nicht nur die kleinen Faltungen, die in Fig. 7 sichtbar sind, sondern auch die große Beiträge zur Kenntnis der Mollusken. 583 - Falte hervorbringen, die Prısenesr für ein Epipodium hält. Eben so gut wie hier könnte Psıseneer bei zahlreichen Lamellibranchiern ein Epipodium entdecken, wenn er den verdickten und nach oben abge- setzten Fuß für ein solches nimmt. Übrigens nimmt er doch an, dass % Nucula der Urform der Lamellibranchier am nächsten steht, danach müsste man bei dieser noch eher ein Epipodium erwarten, wo es doch nach PELSEnEER fehlt; indessen geht aus PeLsexerr’s Fig. 19 (6) hervor, dass auch bei Nucula der Fuß verdickt und durch eine Furche abge- setzt ist. Bei einem großen Exemplar von Pectunculus pilosus in meinem Besitze ist die Verdickung des Fußes relativ noch erheblich geringer als nach PrLszneer’s Fig. 19 bei Nucula. Endlich erklärt Prıseneer den Trichter der Cephalopoden für ein Homologon des Epipodiums und glaubt, dass die Arme aus dem Gastro- podenfuße entstanden sind (8). Ich habe mich schon an anderem Orte dagegen erklärt (11, p. 541, 512), will aber hier noch Einiges zur Er- gänzung hinzufügen. Prisexzer’s ganze Homologisirung scheint mir nur dadurch ermöglicht zu sein, dass er die Gephalopoden auf den Kopf stellt und sie in dieser Lage mit den Gastropoden vergleicht. Das halte ich für ganz verfehlt, denn es kann schwerlich bestritten werden, dass die Ventralseite der Gephalopoden diejenige ist, welche den Trichter und den After trägt, die Arme stehen nicht unter, sondern vor dem Trichter. Ich könnte, wie es PELsenzer zu thun liebt, zahlreiche Aus- sprüche von Autoren anführen, welche derselben Ansicht sind, doch scheint mir, dass durch den Glauben an Autoritäten wenig für die Er- kenntnis gewonnen wird. | PELSEnEER sucht sich unter den Gephalopoden diejenigen heraus, die mit den Armen zu kriechen vermögen, und vergleicht diese mit den kriechenden Gastropoden. Das halte ich für unerlaubt, man muss vielmehr die primitiven Verhältnisse zum Vergleich mit anderen Klassen auswählen. Dass Nautilus in Bezug auf Arme und Trichter die ursprünglichsten Verhältnisse aufweist, ist unbestreitbar, und so ist auch die Lebensweise des Nautilus aller Wahrscheinlichkeit nach für die ältesten Gephalopoden charakteristisch gewesen, d. h. diese waren durch Hilfe ihrer luftgefüllten Schale freischwimmend. An diese Lebensweise hat sich der Fuß der Urformen angepasst und hat die Gestalt angenommen, die der Trichter von Nautilus zeigt. An seiner Vorderseite entwickelte sich jedenfalls zum Ergreifen der Nahrung eine propodiumähnliche Bildung, der man auch die ventralen Fühler von Vermetus an die Seite stellen kann; dass die Arme ursprünglich zur Unterstützung des Fußes beim Kriechen dienten (9, p. 92), halte ich einmal wegen der pelagischen Lebensweise, sodann auch wegen der 584 Johannes Thiele, Lage der Saugnäpfe auf der oralen Seite der Arme für sehr unwahr- scheinlich. Wenn höhere Gephalopoden, wie Octopus, welche der Schwimmschale verlustig gegangen sind, ihre mächtig entwickelten Arme, ein Universalwerkzeug ähnlich der ınenschlichen Hand, neben anderen Verrichtungen auch zum Kriechen gebrauchen, so folgt daraus durchaus nicht ihre Homologie mit dem Gastropodenfuße. Die Verhältnisse von Nautilus lassen sich schlechterdings nicht mit PELSENEER’S Ansicht vereinigen; es wird schon äußerlich gewiss Nie- mand die Tentakel für einen Fuß, den Trichter für ein Epipodium hal- ten; keine der für ein Epipodium charakteristischen Eigenschaften findet sich hier. Die Muskulatur stimmt sicherlich auch zu der Homo- logie des Trichters mit dem Protopodium. So ist endlich das Nerven- system von Nautilus beweisend; es stimmt recht gut mit dem von Arca und von Dentalium überein, indem in all diesen Fällen von den mit den Pleuralganglien vereinigten Cerebralganglien zwei Ringe um den Verdauunsstract ausgehen; diese Ringe sind bei Nautilus am kürzesten, namentlich der hintere. Der vordere innervirt immer den Fuß, der hintere ist die »Visceralkommissur«. Bei Nautilus ist von den Präpe- dalganglien (Brachialganglien der Autoren) noch keine Spur vorhanden, und wenn sich solche bei höheren Cephalopoden aus dem vorderen Theile der Pedalganglien differenziren, so ist das der Sonderung der Pedalstränge von Rhipidoglossen in zwei über einander gelegene und durch eine Furche getrennte Theile unmöglich äquivalent; die Präpe- dalganglien sind der sekundäre, der untere Abschnitt der Pedalstränge der primäre Theil. Ich habe früher die Seitenstränge (Palliovisceralnerven) von Amphi- neuren für ein Homologon des Nervenplexus im Epipodium von Haliotis erklärt und die Kiemen von Chitonen als entstanden aus epipodialen Cirren, das will sagen, Cirren in der Seitenlinie, und ich bin auch jetzt davon überzeugt, dass die Seitenstränge keinem anderen Theile des Nervensystems von Haliotis homologisirt werden können. PELSENEER’S Ansicht, nach welcher die Seitenstränge von Chitonen den Pleuralgan- glien mit den vorderen Mantelnerven entsprechen, halte ich für ganz verfehlt, denn einerseits entwickeln sich die Pleuralganglien der Proso- branchier sehr deutlich erst allmählich aus den Bauchsträngen und fehlen bei den Chitonen noch gänzlich, andererseits entspricht, wie ich demnächst zeigen werde, das Pallium der Chitonen, d. h. der stachel- tragende Körperrand, nicht dem von Haliotis; das letztere (die Mantel- falten) ist vielmehr eine Neubildung, daher sind auch die von der ventralen Ganglienmasse abgehenden Mantelnerven neugebildet und können nicht den von den Cerebralganglien ausgehenden Lateral- Beiträge zur Kenntnis der Mollusken. alch & strängen entsprechen. Eben so können diese nicht der Visceralkommis- sur homolog sein, wie SpEnGzL annahm, da die letztere von der ventralen - Ganglienmasse ausgeht und da sie auch hinten ventral liegt; diese i Auffassung ist daher schon von mehreren Forschern (BürscuLı, PELSENEER) aufgegeben worden. Es bleibt demnach gar nichts Anderes übrig, als den epipodialen Plexus zum Vergleiche heranzuziehen, was nach der Verbindungsart mit dem übrigen Nervensystem, wie mir scheint, am allernächsten liegt. Bei Proneomenia und bei Chiton rubicundus hängen die Seitenstränge vorn unmittelbar mit den Gerebralganglien, weiter hinten durch zahl- reiche Connective mit den Ventralsträngen zusammen, eben so bei Haliotis der Plexus des Epipodiums. Bei anderen Chitonen haben sich — die Richtigkeit der hierauf bezüglichen Angaben vorausgesetzt — die Lateralstränge durch Rückbildung der Connective zu einem selb- ständigeren Theile des Nervensystems ausgebildet, was ihnen durch die unmittelbare Verbindung mit dem Schlundringe ermöglicht wurde. Dagegen ist der epipodiale Plexus von Haliotis auf einer etwas nie- deren Stufe verblieben, wenn auch, wie ich glaube, von ihm die Muskeln des Epipodiums innervirt werden dürften, so dass er auch motorische Bestandtheile enthält; jedenfalls ist es unbewiesen, dass die ventralen Stränge die Epipodialmuskein versorgen. Ich muss immer wieder die Verhältnisse bei Polychaeten zum Vergleiche herbeiziehen, von denen die Ganglien der Seitenlinie, Seitenorgan- und Parapodial- ganglien, sich dem epipodialen Plexus einerseits und den Lateral- strängen von Chiton andererseits aufs beste an die Seite stellen. Gründe gegen die Homologie dieser Theile des Nervensystems hat PELSENEER überhaupt nicht vorgebracht, sondern einfach seine Behaup- tung der meinigen gegenübergestellt (7, p. 286 und 6, p. 443). Ich werde daher, bis entscheidende Gründe gegen meine Auffassung bei- gebracht werden, diese aufrecht erhalten dürfen. Es stellt danach das Epipodium ein Organ der Seitenlinie dar, welche der von Polychaeten homolog ist, eben so der Mantel mit den Kiemen von Chiton. PELSENEER scheint es als einen Grund gegen diese Anschauung be- züglich der Chitonkiemen anzusehen, dass diese sich bei sekundär modificirten Formen im vorderen Theile rückbilden, das Epipodium dagegen im hinteren Theile; einmal würde hieraus für ihre Homologie gar nichts folgen, sodann ist es für das Epipodium nicht durchweg richtig, weil bei Lacuna doch der hintere Theil erhalten geblieben ist. Der andere Grund, dass die Chitonkiemen am Grunde der Mantelfalten, das Epipodium zwischen Fuß und Mantel angeheftet sind, ist darum Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 38 586 Johannes Thiele, hbedeutungslos, weil der Mantel von Haliotis nicht dem von Chiton homolog ist, wie ich schon erwähnte. Dass endlich die Struktur der Chitonkiemen und ihre Beziehung zum Herzen ähnlich ist wie bei an- deren Mollusken, scheint mir nur natürlich, da das Bindegewebe eine dünne und darum erhärtete Schicht unter dem Epithel bilden muss, um der Respiration nicht hinderlich zu sein, und da das arterielle Blut möglichst direkt zum Herzen strömen muss, um von dort weiter be- fördert zu werden. Ein Unterschied ist sicher zwischen der Struktur der Kiemen von Chitonen und der von Gastropoden und Lamellibran- chiern darin begründet, dass jenen die Spexger’schen Organe fehlen, denn was Biuxrıch als Geruchsorgane gedeutet hat (1), ist ganz be- stimmt nicht hierher zu rechnen. Dass dieser Unterschied der einzige ist, wage ich überhaupt zu bezweifeln. Die Placophoren mit einer geringeren Kiemenzahl, die P£LsEnEEA zum Vergleiche mit Nautilus heranzieht, sind sekundär modifieirte Formen, welche daher nicht direkt mit den Mollusken verwandt sind. Bei Chiton siculus sind jederseits 28 Kiemen vorhanden; vielleicht ist es kein Zufall, dass auch die Zahl der Copnective zwischen Bauch- und Seitensträngen bei Chiton rubicundus 28 beträgt. Bei anderen echten Chitonen habe ich eine noch größere Zahl von Kiemen beobachtet, sie scheint also ziemlich wechselnd zu sein. Endlich möchte ich an PELsEnEER die Frage richten, wie er die Homologie zwischen den Kiemen von Chiton und denen von Gastropoden mit seiner Ansicht vereinigen will, dass die Seitenstränge den vorderen Mantelnerven homolog sind; schon darin scheint mir ein unlösbarer Widerspruch zu liegen. Die Kiemengefäße der Chitonen dürften den Epipodialgefäßen der Rhipidoglossen entsprechen. Der Fuß der Gastropoden ist meiner Auffassung nach aus dem ventralen Hautmuskelschlauche der proneomeniaähnlichen Urformen hervorgegangen (11, p 510) und erstreckt sich demnach nicht über die Seitenlinie, also das Epipodium, hinaus. Für dieses liegt hiernach gar kein Grund vor, es zum Fuße zu rechnen. Auch geht aus dieser Ansicht über das Epipodium hervor, wie ich schon hervorgehoben habe (11, p. 509), dass der Deckel als eine dorsale Bildung aufzufassen ist, homolog oder doch analog einem Theile der Chitonschale. Die Bauchstränge der Chitonen können ohne Zweifel als die pri- mitive Form bei Mollusken angesehen und von ihrem Verhalten das von Haliotis abgeleitet werden. Der vorderste Theil derselben ist bei Chiton rubieundus connectivartig verdünnt (10, Fig. 4 /, g), er ent- spricht dem Cerebropedalconnectiv von Haliotis; wo die erste Kom- Beiträge zur Kenntnis der Mollusken. 987 missur zum anderen Bauchstrange und das erste Connectiv zum Lateral- strange abgeht (10, Fig. 1 k), ist der Strang bedeutend stärker geworden und bleibt im Wesentlichen bis zum Hinterende gleich dick. Die Kom- missuren gehen vom unteren Theile, die Connective vom oberen ab. Ganz ähnlich ist es bei Haliotis, der obere Theil, von dem die Connective ausgehen, hat sich vom unteren durch eine laterale Furche abgegrenzt; nur der vorderste Abschnitt zeigt eine wesentliche Um- gestaltung. Diese hängt mit der Neubildung mehrerer Organe zu- sammen, die von hier aus innervirt werden. Diese Organe sind: 4) die Visceralkommissur, 2) die Mantelfalten und 3) die Otocysten. Die Visceralkommissur zeigt ähnliche Charaktere wie die Bauchstränge, was sich namentlich in der Innervirung von Fußretraktoren ausdrückt. Wie dieselbe entstanden ist, scheint mir sehr schwer zu entscheiden, ich habe die Ansicht ausgesprochen, dass Theile der primitiven Bauch- stränge mit dazu beigetragen haben. Jedenfalls ist Anfang und Ende der Visceralkommissur ursprünglich ventral. Die Mantelnerven sind nach ihrem Ursprunge vom oberen Theile der Bauchstränge denen des Epipodiums sehr ähnlich. Die Otocysten sind ventral gelegene Sinnesorgane; bei Haliotis habe ich die Nerven derselben beschrieben (10, p. 401), welche seit- wärts und etwas nach hinten gerichtet sind und in die Pleural- ganglien hineintreten. Dasselbe Verhalten ist von PrLsEnEEr (6) auch bei anderen niederen Prosobranchiern beschrieben, so dass es nicht mehr zweifelhaft sein kann. Ps1senter beschreibt zwar Faserzüge von der Eintrittsstelle der Otocystennerven, welche in das Cerebral- connectiv hinein verlaufen, indessen halte ich trotzdem die Pleural- sanglien für die primitiven Gentren der Otocysten, da es doch höchst wahrscheinlich ist, dass diese ventralen Organe auch im Anfange von ventralen Ganglien innervirt werden; wenn sich dann Faserzüge zu den Gerebralganglien herausbilden, so wird das jedenfalls eine sekundäre Erscheinung sein, ähnlich wie es von PELSEnEER auch für die Kiemen- ganglien (Ösphradien) von Mactra beschrieben ist, die doch sicherlich ursprünglich nichts mit den Cerebralganglien zu thun haben. Anders liegt die Sache natürlich bei denjenigen Mollusken, bei denen die Pleuralganglien sich mit den Cerebralganglien vereinigt haben. Die Pleuralganglien sind also aus dem dorsalen Abschnitte des Anfangstheiles der Bauchstränge entstanden; das wird auch von B£rA HALLER angenommen und von PeLsenger zugegeben. Bei Haliotis sind sie aber noch nicht losgetrennt, Pleuropedalconnective giebt es nicht, wie ich ausdrücklich betonen muss; die von mir gezeichneten Quer- Schnitte (10, Fig. 3 a—e) lassen darüber keinen Zweifel. 38* 588 Johannes Thiele, Es haben sich ferner die dorsalen Theile der beiden Bauchstränge durch eine sehr starke und gangliöse Brücke mit einander verbunden. Diese ist mit Chiton verglichen Neubildung. Ich hatte sie als Pleural- kommissur bezeichnet; das mag, wie ich PELSENEER zugebe, eine etwas ungeschickte Bezeichnung gewesen sein, da die Pleuralganglien höherer Formen nicht unmittelbar unter einander durch eine entsprechende Kommissur zusammenhängen, und da diese Kommissur der Pedal- kommissur anderer Prosobranchier entspricht. Von der Frage, ob Faserzüge aus den Pleuralganglien diese Kommissur durchziehen, sehe ich hier ab. Ich wollte durch den Namen hauptsächlich den Gegensatz zu den folgenden Kommissuren ausdrücken, die wie bei Chiton von den ventralen Theilen der Bauchstränge ausgehen. Ich möchte nun, da diese letzteren (von PELSENEER als Anastomosen bezeichnet, ein Name, der mir kaum empfehlenswerth erscheint) die primitiven sind, für diese die Bezeichnung primäre Pedalkommissuren, für die von mir Pleuralkommissur genannte (Bir Haızer’s vordere Querfaserung) sekundäre Pedalkommissur vorschlagen. Bei höheren Proso- branchiern sind die ersteren vollständig rückgebildet. Mit den Pleuralganglien hat sich endlich auch ein paar Gonnective zu den Cerebralganglien ausgebildet, jedenfalls ganz ähnlich, wie bei Gephalopoden nach PrLsznzer die Connective von den Präpedalganglien zu den Cerebralganglien; in beiden Fällen mögen diese neu ent- standenen CGonnective von den primitiven Gerebropedalconnectiven ab- gelöst sein, bei Gastropoden vom oberen und hinteren Theile der- selben, bei Gephalopoden dagegen vom vorderen Theile. Aus dieser sekundären Entstehungsart der Pleuralganglien und der Gerebropleural- connective ist es auch verständlich, dass nicht von ihnen, sondern von den Gerebropedalconnectiven die Nerven zum Epipodium abgehen, diese haben schon vor Entstehung der Pleuralganglien existirt. Ich nehme also gegenüber der Auffassung von LAcAzz-DUTHIERS an, dass die Bauchstränge der Prosobranchier nicht durch Verwachsung ursprünglich getrennter Theile entstanden, sondern dass sie von Anfang an einheitlich gewesen sind, dass die dorsalen Abschnitte mit den Abgangsstellen der Epipodialnerven, sowie die Pleuralganglien Diffe- renzirungserscheinungen sind, ähnlich der Sonderung dreier über einander gelegener Abschnitte, die ich von den Gerebralganglien von Haliotis beschrieben habe. Bei Haliotis scheint es mir noch unmöglich, die Grenze zwischen Pleural- und Pedalganglien zu bestimmen; die Pallialnerven liegen in der seitlichen Fortsetzung der sekundären Pedalkommissur, so dass eine Beziehung der letzteren zu den Pleural- EL . REEREHUDEWUN RT gen; Beiträge zur Kenntnis der Mollusken. 589 ganglien ziemlich nahe liegt. Ich möchte auch erwähnen, dass nach GARNAULT (3) die Mantelnerven von Cyclostoma den größten Theil ihrer Fasern aus den Pedalganglien erhalten. Da die Mantelnerven der Prosobranchier ursprünglich aus den Bauchsträngen entspringen, so folgt daraus, dass diese im Anfange der phyletischen Entwicklung der Prosobranchier nicht rein pedaler Natur sind. Ähnlich verhält es sich mit den Epipodialnerven; da das - Epipodium, wie ich im Anfange dieser Abhandlung ausführte, nicht zum Fuße gerechnet werden darf, so ist auch hieraus der Schluss zu ziehen, dass die Bauchstränge bei den ältesten Prosobranchiern mehr sind als dieInnervationscentren desFußes. Ich halte sie für ein Homo- logon. des Bauchmarkes der Anneliden, gleich diesem sind sie das Hauptcentrum des Rumpfes und erst durch Ablösung der Pleural- ganglien und Rückbildung des Epipodiums werden sie mehr auf die Innervirung des Fußes beschränkt. Allerdings suche ich die Ganglien des Epipodiums, d. h. die unmittelbaren Innervirungscentren, nicht wie Lacaze-Durniers in den Bauchsträngen, sondern im epipodialen Plexus, doch sind durch die Verbindung mit diesem auch gewisse Ver- änderungen im Hauptcentrum, eben den Bauchsträngen, bedingt, eine Differenzirung, die sich morphologisch in der stärkeren Ausbildung des dorsalen Theiles und der Sonderung desselben durch die Lateral- furche ausspricht. Bezüglich des Mantels von Lamellibranchiern will ich nur hervor- heben, dass ich nicht, wie PELSEnEER sagt, das Epipodium allein, sondern die Summe des Epipodiums und des Mantels von Haliotis demselben homologisirt habe, wie aus meinen Ausführungen (10, p.394 und 406) hervorgeht, und dass der große Scheibentheil des Mantels von Muscheln bei Haliotis kein Äquivalent hat, hier sitzt der Mantel- rand unmittelbar dem Körper an. Danach fallen PrrLsenzer’s Aus- einandersetzungen (6, p. 441) in sich zusammen. Endlich noch ein paar Worte der Erwiederung auf PELSENEER'S aggressive Äußerung, dass ich meine Theorien auf eine zu geringe Zahl beobachteter Thatsachen gegründet habe. Ich bin der Ansicht und glaube noch nirgends etwas dem Widersprechendes gelesen zu haben, dass die verschiedenen Ordnungen der Mollusken: Amphineuren, Prosobranchier, Scaphopoden, Lamellibranchier, Gephalopoden (von den Opisthobranchiern erscheint es mir zweifelhaft) nicht aus einander her- vorgegangen sind, sondern dass sick diese Äste schon an ihren Ur- Sprüngen von einander getrennt naben. Demnach scheint es mir nur erlaubt zu sein, bei Homologisirungen von Körpertheilen in den ver- schiedenen Ordnungen die phyletisch ältesten Formen zu berück- 590 Johannes Thiele, Beiträge zur Kenntnis der Mollusken. sichtigen, wie ich es gethan habe, während die sekundären Verände- rungen in den einzelnen Entwicklungsreihen für solehe Homologien bedeutungslos sind. Dagegen halte ich einen Vergleich mit gewissen Würmern, den Polycladen als den Stammformen der Mollusken und besonders den Polychaeten als nächsten Verwandten der Amphineuren, für sehr werthvoll, und ich kann Prrsznger den Vorwurf machen, dass er diesen von mir durchgeführten Vergleich ganz unberücksichtigt ge- lassen hat. | Kötzschenbroda bei Dresden, im November 1891. Litteraturverzeichnis. 4. J. BLunrıcH, Das Integument der Chitonen. Diese Zeitschr. Bd. LI. . W. H. Darr, Report on the Mollusca. Bull. Mus. comp. Zool. Harv. Coll. Vol. XVII. ‘3. P. GARNAULT, Recherches anatomiques et histologiques sur le Gyclostoma ele- gans. Act. Soc. Linn. Bordeaux. XLI. 4. MEyEr und Mösıvs, Fauna der Kieler Bucht. | 5. P. PELSENEER, Sur l’eEpipodium des Mollusques (Deuxieme Note). Bull. sc. Fr. Belg. XXI. p. 138—157. [SS] 6. —— Dasselbe. Troisieme Note. Ibid. XXIII. p. 437—466. 7. —— Contribution a l’e&tude des Lamellibranches. Arch. Biol. XI. 8. —— Sur la valeur morphologique des bras et la composition du systeme ner- veux central des Gephalopodes. Ibid. VII. 9. H. Sımrora, Über einige Tagesfragen der Malokozoologie, hauptsächlich Konver- genzerscheinungen betreffend. Zeitschr. f. Naturw. LXI. 10. J. TuıeLe, Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mol- lusken. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. p. 385—432. 44. —— Die Stammesverwandischaft der Mollusken. Jen. Zeitschr. Bd. XXV. 42. TrosCHEL-THIELE, Das Gebiss der Schnecken. II, 7. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXIII. Fig. 4. Glyphis graeca, von der Seite gesehen, unter dem emporgeschlagenen Mantel ist das Epipodium sichtbar. Fig. 2. Janthina bicolor. T, Tentakel; M, Mantel; F, Fuß; ep, Epipodium. Fig. 3. Patinella deaurata, Vordertheil schräg von unten. M, Mantel; K, Kie- men; F, Fuß; Df, drüsige Falte; s, Sinnesorgan. Fig. 4. Pectunculus pilosus, untere Hälfte. Aa, vorderer Schalenschließer; Mi, Mundlappen;; K, Kieme; M, Mantel; an, Anus. Fig. 5. Emarginula elongata, Querschnitt. SEIBERT, I, 4. M, Mantel; F, Fuß; b, Bauchstränge;; ep, Epipodialtaster mit s, Seitenorgan;; v, Epipodialgefäß. Fig. 6. Patina pellucida, Querschnitt. SEIBERT, I, A. Df, Falte; dr und dr,, Drü- sen; K, Kieme; M, Mantel. Fig. 7. Querschnitt des Fußes von Pectunculus glycimeris, schwach ver- größert. dr, Drüsen. Myxosporidium bryozoides. Von Professor A. Korotneff aus Kiew. Mit Tafel XXIV. Bei der Untersuchung einer Süßwasser-Bryozoe (Aleyonella fun- gosa) in der Umgebung von Moskau bin ich zufällig auf einen Parasiten gestoßen, der den Binnenraum des Alcyonellazooides bewohnt; es ist das eine Amöbenform, die als zu den Myxosporidien gehörig anzu- sehen ist. Wenn man Anfangs Sommer die erwähnten Zooide untersucht, so findst man häufig kleine kugelartige Klumpen, die sich in einer oft bedeutenden Anzahl an den Funiculus ansetzen; ihr Vorkommen steht im Zusammenhang mit der Entwicklung der männlichen Geschlechts- produkte am Funiculus, welche in unserer Gegend gewöhnlich Ende Mai anfängt. Die Zahl der Myxosporidienklumpen wächst in gleichem Verhältnis mit der Ausbildung der Spermatoblasten. An- fänglich ist ihre Anwesenheit nur mikroskopisch zu konstatiren, aber schon bald (im Juli) sind sie mit bloßem Auge zu erkennen, da dann der untere Theil des Zooidenschlauches seine Durchsichtigkeit verliert und milchweiß erscheint. Solche Veränderung wird im August sehr ausgeprägt; dann ist die Höhle des Zooides ganz von Plasmaklumpen Pr ausgefüllt und das Zooid sieht daher vollständig opak aus. Diese massen- _ hafte Infieirung übt eine direkte, aber nur mechanische Wirkung auf das Polypid, indem es mehr und mehr atrophirt, bis es Ende August gänzlich verschwindet. In Folge dessen bildet das Zooid dann einen an beiden Enden geschlossenen Schlauch, der von Myxosporidien ausge- füllt ist. Zu dieser Zeit bilden die kleinen Myxosporidienklumpen, welche in Fig. I abgebildet sind, durch Wachsthum oder Zusammen- fließen große Plasmodien (Fig. 2). Diese Infektion breitet sich in der Kolonie so aus, dass sich kaum ein einziges Zooid ihr entzieht und die . En u #5, 592 A. Korotnefl, Myxosporidien viel früher, als es die eintretende Kälte thun würde, das Zugrundegehen der Kolonie herbeiführen: es platzen die Wände des Zooids und die Myxosporidien kommen direkt in die Chitinbekleidung des Zooides. Wahrscheinlich wird ihnen dann der direkte Einfluss des Wassers schädlich, und verursacht ein Auseinanderfallen der Plasmo- dien und damit eine Befreiung der Sporen, welche dann die schwam- mige Chitinmasse der atrophirten Kolonie erfüllen. In diesem Zustande bleiben die Sporen den ganzen Winter über, und im April erfolgt wahrscheinlich die Infieirung der jungen aus den Statoblasten heraus- gekrochenen Alcyonellen durch die junge aus den Sporen entstandene _ Amöbenbrut. Über das Biologische wäre noch zu erwähnen, dass diese Myxo- sporidieninfektion der Bryozoen eine lokal beschränkte Erscheinung ist, da ich sie im Süden Russlands nicht beobachtet habe; in gleicher Weise fehlt sie wohl auch in Westeuropa. —_. Nach den Angaben von Bürscuıi! sind bis jetzt sehr wenige Beob- achtungen über Myxosporidien bei Wirbellosen gemacht: nur LIEBERKÜHN hat Myxosporidien aus Nais erwähnt und Bausıanı hat in der Leibes- höhle von Pyrolis Gysten gesehen, welche von myxosporidienähnlichen Sporen erfüllt waren. Dagegen sind in Fischen die Myxosporidien höchst gemeine Parasiten und als klassisches Objekt kann in dieser Hinsicht gewiss die Hechtharnblase dienen. Die Größe der Myxosporidienklumpen der Aleyonella ist ganz ver- schieden: in der Fig. I finden wir solche abgebildet, die im Durch- messer kaum 0,02 mm haben, dagegen trifft man auch solche, die 0,2 mm messen. Mit dem Wechsel der Größe ändert sich auch erheb- lich die Form: die kleinsten Kiumpen erscheinen als Kügelchen, größere werden oval oder lappenartig; die Form der größten passt sich wahr- scheinlich den äußeren Verhältnissen an: da die Myxosporidien die Leibeshöhle des Zooides vollständig ausfüllen, so werden sie gegen einander in der Art gepresst, dass sie einerseits eine mannigfaltig wechselnde Gestaltung annehmen, andererseits aber auch zusammen- fließen können. Der Hauptsitz einer Myxosporidie ist, wie gesagt, die Leibeshöhle, und ihr Ausgangspunkt der Funiculus, um den die kleinen Klumpen sich gruppiren ; die Bevorzugung dieses Aufenthaltsortes ist dadurch veranlasst, dass die Spermatoblasten, die um den Funiculus entstehen, für die jungen Myxosporidien einen Ernährungsboden bilden. ! Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Bd. I. Protozoa von Bürscauı. 1880—1882. Myxosporidium bryozoides. 593 Mit dem Alter werden die Myxosporidien von hier verschoben und dann nehmen sie die ganze Leibeshöhle ein. Als charakteristisch für die innere Verbreitung dieser Myxosporidien muss angenommen werden, dass nur die Spermatoblasten von ihnen angegriffen werden, alle übri- gen Gewebe des Körpers dagegen völlig frei von ihnen bleiben; wieder- holte sorgfältige Untersuchung hat mir bewiesen, dass weder das Poly- pid, noch die Wände des Zooecium Myxosporidien einschließen. Wenn dem ungeachtet das Polypid zu Grunde geht, so ist, das, wie gesagt, durch mechanische Ursachen, die von der Massenanhäufung der Plas- modien herbeigeführt werden, veranlasst. Die feine Struktur der Myxosporidien zeigt Folgendes: es sind nackte hüllenlose und amöboid-veränderliche Plasmakörper, an wel- chen man ein sehr körniges Entosark und ein ganz durchsichtiges und hyalines Ektosark unterscheidet. Das Ektosark bildet, wie es BürscaLı beschrieben hat, zarte, haarartige und sehr feine Fortsätze, Pseudopo- dien, die selten die ganze Oberfläche des Myxosporidienkörpers be- decken (Fig. 3), sondern sich gewöhnlich auf einen Theil davon be- schränken (Fig. 4), oder, wie bei einigen Amöben, alle an einem Körperende vorkommen (Fig. 2). Oft bilden die Fortsätze auch ver- zweigte, kleine Büschel. Ob die Pseudopodien zum Anheften dienen, kann ich nicht sagen; es scheint aber bei kleinen Myxosporidien ihre Befestigung am Funiculus der Bryozoen durch Pseudopodien wirklich vorzukommen. — Pseudopodien, an deren Entstehung sich das Ento- sark betheiligt, habe ich nie gesehen. Das Entosark enthält verschiedene Bildungen: erstens kleine Zell- kerne, die in einer großen Anzahl vorkommen, und zweitens besondere Sporen, die auch massenhaft angesammelt sind. Die Kerne (Fig. 12) sind runde Bläschen, an welchen man, in frischem Zustande, runde Nucleoli unterscheiden kann. An jedem Nucleolus befindet sich ein kleines, glänzendes Kügelchen, das nie ins Innere des Nucleolus ge- langt, sondern stets außen an ihm anliegt; der Nucleolus mit dem Kügelchen sind von einer hellen Umgebung, die vacuolenartig aussieht, umschlossen. Es wäre noch zu erwähnen, dass das Entosark von glän- zenden Körperchen dicht gefüllt ist, die dem Kügelchen der Nucleoli sehr ähnlich sind. Über die Sporen sind meine Erfahrungen leider sehr dürftig: ihr Bau lässt sich wegen der Resistenz der Schale nur ungenügend er- kennen. In der äußeren Form sind diese Sporen dem Melonensamen sehr ähnlich; das heißt, wir haben es in ihnen mit länglich-ovalen Körpern zu thun, die an einem Pole zugespitzt, an dem anderen aber "abgerundet sind. Ihre Schale ist äußerst fest und giebt der ganzen 594 A. Korotneft, Bildung ein glänzendes Aussehen. Im Inneren der Sporen sind nicht immer, aber oft zwei Vacuolen zu sehen (Fig. 11). Es scheint, dass sich an ihrem zugespitzten Ende eine Öffnung befindet; eine Sprengung der Schale in zwei Hälften, wie es sonst bei allen Myxosporidien vorkommt, habe ich nie beobachtet, obschon leere Sporen nicht selten vorkommen. Mit Methylenblau wird das Innere der Sporen gefärbt, wobei ein oder zwei runde Flecken, die dem stumpfen Ende der Spore näher liegen, sichtbar werden. Im Frühling gelang es mir, in der Spitze der Spore einen glänzenden Punkt zu unterscheiden, dessen Bedeutung mir un- bekannt blieb (Fig. 11). Es wäre möglich, dass es eine Nesselkapsel ist, wie sie bei anderen Myxosporidien häufig vorkommt. Die Entstehung der Sporen blieb mir fast unbekannt. BürscerLı hat konstatirt, dass _ die Sporenbildung nicht beim Abschluss des Lebenscyklus auftritt, sondern, dass man schon bei sehr kleinen und allem Aussehen nach jugendlichen Formen ganz entwickelte Sporen findet. Ich kann diese Behauptung nur bestätigen, möchte aber für das Myxosporidium bryo- zoides hinzufügen, dass es doch ein bestimmtes Lebensalter giebt, in welchem die Sporenbildung erscheint. en Wie und woraus entstehen die Sporen? Jedenfalls ist die Ent- stehung eine endogene (im Entosark) und geschieht wahrscheinlich in der Art, wie,es von BürscauLı beim Myxosporidium des Hechtes beob- achtet wurde; dort bildet sich eine Sporenhülle um eine dreikernige Kugel. In unserem Falle findet man im Plasmodium sehr oft Kerne, die sich im Zustande einer Zweitheilung befinden. Um solche Zwei- kerne, die noch von Spindelfaden unter einander verbunden sind, schien mir oft eine resistente Schale vorhanden zu sein. Wäre das eine Spore? Für die Entwicklung der Myxosporidie bieten die Spermatoblasten der Bryozoen ein sehr reiches Material, in dem man alle Stufen der Veränderung einer Myxosporidie vorfindet. Das allerfrüheste Stadium ist in der Fig. 5 abgebildet: eine gesunde, wohlerhaltene Zelle, die einen großen, runden Kern besitzt, schließt noch einen kleinen, ovalen Kör- per ein, der sich dunkel färbt und dem Zellkern nahe anliegt; ich ‚ möchte sagen, es wäre ein Nebenkern,*wenn es nicht von ihm eine volle Reihe von Veränderungen gäbe. Der Körper ist länglich-oval und besitzt einen dunklen Fleck, einen Nucleolus. Diese Bildung ist nichts Anderes als der Kern einer Myxosporidie, das zu ihm gehörige Zellen- plasma der;Parasiten ist vom Plasma der Wirthzelle nicht zu unter- scheiden, und ich bin geneigt zu glauben, dass die beiden Plasmamassen vom Momente des Eindringens des Parasiten in die Bryozoenzellen sich so vollständig mischen, dass schon dann von einer Plasmadifferenzirung Myxosporidium bryozoides. 995 keine Rede mehr sein kann, und dass man weiterhin nur die parasi- - sären Myxosporidienkerne und die Kerne der Wirthzellen von einander unterscheidet. — Das nächste Stadium der Entwicklung äußert sich in der Theilung der Myxosporidie, welche mit einer Mitose verbunden ist (Fig. 6); zu gleicher Zeit theilt sich auch der Kern der Zelle. Bei ‘dessen Theilung habe ich nie Mitosen beobachtet, und desswegen ist ; diese Theilung mehr als eine künstlich hervorgerufene, eine Fragmen- R: tirung, anzusehen. Bisweilen tritt die Theilung des Zellkernes wohl 2 etwas später als die des Parasiten ein; so finden wir in der Fig. 7 eine - lebhafte Theilung des Parasiten: es sind bereits hier vier Tochterkerne vorhanden, von denen einer einer weiteren Theilung unterliegt; der 3 Kern der Zelle hat sich aber dabei unverändert erhalten. Mit immer 4 weiter fortschreitender Theilung sowohl der Myxosporidien wie auch der Zellkerne, und bei fortgesetztem Wachsthum des Zellkörpers ver- _ wandelt sich dann die ursprünglich einfache Zelle in ein Plasmodium. In solcher Weise stellt uns die Fig. 9 ein junges Plasmodium vor, in _ dem einer der zwei Tochterkerne der Wirthszelle in zwei Enkelkerne - zerfallen ist, während die Myxosporidienkerne sich zu gleicher Zeit - bedeutend vermehrt haben. Dass die Vermehrung der Zellkerne eine - künstliche ist, geht daraus hervor, dass die Größe der Zellkerne nach der Theilung eine verschiedene ist; es scheint daher, dass die Kerne _ die Fähigkeit zum Wachsen verloren haben. Überhaupt sehe ich die Sache so an, dass die in die Zelle hineingedrungene Myxosporidie einen E Reiz hervorruft, oder besser einen Impuls zur Theilung des Kernes der Wirthszelle giebt, und später das Wachsthum des Plasmodiums verur- 3 sacht. In dieser künstlichen Steigerung der Kräfte der durch den Para- 4 siten inficirten Zellen besteht die eigenartige Wirkung des Parasiten: _ er bereitet sich in solcher Weise einen künstlichen Boden, ohne welchen seine eigene Existenz unmöglich wäre. In den nächsten Entwicklungsstufen des Plasmodiums steigt die Zahl der Kerne sehr rasch, und damit wird ihre Kraft erschöpft: die _ Nucleoli verschwinden und das Plasmanetz des Kernes erscheint als _ eine feinkörnige Granulation. Endlich schrumpft die Kernmembran _ und bekommt einen unregelmäßigen Kontour. Diese Erscheinungen sind am Plasmodium, das in Fig. 10 abgebildet ist, gut zu sehen, da hier alle Übergangsformen von einem gewöhnlichen zu einem pathologischen Kerne vorkommen. Bald schwinden dann die Zellkerne gänzlich und wir bekommen ein Plasmodium, in dem sich nur Myxosporidienkerne befinden, und jetzt erscheinen die schon besprochenen Myxosporidien- _ sporen. Kiew, im December 4891. TEN 596 A. Korotnefl, Myxosporidium bryozoides. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXIV. atk, atrophirte Kerne; pk, parasitische Kerne; K, Zellkern; Sp, Sporen; M&xs, Myxosporidium; Spz, Spermatozoiden ; N, Nesselkapseln (?); Z, Zooidwände einer Alcyonella. Fig. 1. Funiculus einer Alcyonella mit den an ihr entwickelten Spermato- zoidenhaufen (spz) und den daneben vorkommenden Myxosporidien (Mxs). Ver- größerung 350. 3 Fig. 2. Eine im Alcyonellazooide eingeschlossene Myxosporidie. Vergr. 350. Fig. 3 und 4. Kriechende Myxosporidien mit Kernen und Sporen. Vergr. 750. Fig. 5. Haufen von Spermatoblasten, von denen zwei ganz junge Myxospo- ridien enthalten. Vergr. 900. Fig. 6, 7 und 8. Verschiedene Stufen der Verwandlung eines Spermatoblasten in ein Plasmodium, in dem Zellkerne und Myxosporidienkerne zu unterscheiden sind. Vergr. 900. Fig. 9. Myxosporidie. Plasmodium, in dem ein Tochterkern und zwei Enkel- kerne sichtbar sind; die parasitären Kerne sind zahlreich. Vergr. 900. Fig. 40. Ein Plasmodium, in dem die Zellkerne atrophiren und zackige Kon- touren bekommen. Verer. 900. Fig. 44. Sporen, in denen Vacuolen und Nesselorgane zu unterscheiden sind. Vergr. 900. Fig. 12. Zellkerne einer lebendigen Myxosporidie (Fig. 3). ee ee Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. Von Dr. Arnold Spuler. Mit Tafel XXV und XXVl. Diese Arbeit soll zunächst die Beziehungen zwischen Phylogenie Ki x 4 und Ontogenie des Schmetterlingsgeäders darlegen; außerdem ver- Ei folgt sie aber auch einen mehr praktischen Zweck. Jedem, der sich eingehender mit den Hexapoden beschäftigte, ist gewiss die große Verwirrung und Willkür, welche in der Nomenklatur des Geäders herrscht, in unangenehmer Weise zum Bewusstsein ge- kommen, denn es ist sehr schwierig, sich in diesen verschiedenen Be- zeichnungsweisen zurechtzufinden. Das ganze Unheil kommt daher, dass die Specialisten, ohne sich um ihre Nachbarn zu kümmern, für ihr Gebiet die Bezeichnungen wählten, wie es ihnen gut dünkte. Bei den Schmetterlingen ist es allgemein üblich die Adern, welche zum Flügelrand laufen, vom Innenrand angefangen mit fortlaufenden Ziffern zu bezeichnen. Dies Verfahren ist unwissenschaftlich, da vielfach durch diese mechanische Bezeichnungsweise für einander nicht entsprechende Aderbildungen die gleichen Ziffern gesetzt werden. In dieser Arbeit soll nun eine Bezeichnungsweise eingeführt werden, welche sich auf die Resultate der Stammes- und Entwicklungsgeschichte stützt und daher die genetischen Beziehungen der Adern zum Ausdruck bringt. Naturgemäß ist diese Bezeichnungsweise mit kleinen Anpassungen bei allen Insekten anwendbar; von ihrer Brauchbarkeit für die Schmetter- linge wird man sich, so hoffe ich, durch die Ausführungen des speciel- len Theiles dieser Studien überzeugen. Indem ich davon ausging, dass Vorder- und Hinterflügel der In- sekten ursprünglich gleich gewesen sein müssen, untersuchte ich die gesammten Insekten, zunächst die nach dieser Voraussetzung primitiven IE 598 Arnold Spuler, Orthopteren, Odonaten, Neuropteren, Rhynchoten, dann genau die Triehopteren und namentlich die Lepidopteren, ferner auch die Dip- teren. Ich ging an die Untersuchung heran, ohne die in der Litteratur vorliegenden Arheiten, in welchen versucht worden ist, das Insekten- geäder einheitlich aufzufassen, anzusehen; ich wollte mich so einerseits davor bewahren, in die etwaigen Irrthümer der Autoren zu verfallen, andererseits es mir ermöglichen, die Ergebnisse meiner Untersuchun- gen an der Hand der Autoren zu prüfen. Nachdem ich mir mein Schema abgeleitet hatte und seine Anwendbarkeit geprüft, kontrollirte ich die Richtigkeit meiner Resultate, indem ich die Ontogenie des Ge- äders aus verschiedenen Faltergruppen studirte. Die Ontogenie be- stätigte meine phyletische Ableitung. Wir werden, nachdem wir unsere Bezeichnungsweise des Geäders dargelegt haben, 1) das Lepidopteren- geäder durch Vergleichung stammverwandter Insekten ableiten, 2) die Ontogenie des Schmetterlingsgeäders betrachten und 3) nachdem wir festgestellt, welcherlei Bildungen bei den Geädern vorkommen, für eine Reihe von Familien feststellen, wie wir nach den in den beiden ersten Abschnitten gewonnenen Resultaten die Aderungen zu deuten haben. Es wäre sehr verlockend, die Umwandlungen des Geäders durch das ganze System hindurch darzustellen, doch glaube ich, dass so specielle Ausführungen die meisten Zoologen zu wenig interessiren würden, ich beschränke desshalb den speciellen Theil dieser Studie auf einige der interessanteren Familien. Schon seit langer Zeit ist das Flügelgeäder der Insekten zur Ein- theilung derselben, namentlich zur Abgrenzung der Genera herbeige- zogen worden. Herrıca-ScHÄrrer hat in seiner klassischen systemati- schen Bearbeitung der Schmetterlinge ' das Geäder zur Sonderung der Gruppen in ausgedehntester Weise benutzt. Am wichtigsten schien ihm, gewiss mit Recht, für die Stellung eines Falters dessen Habitus zu sein; das Geäder zog er herbei, weil er fand, dass es innerhalb offenbar verwandter Gruppen viel einheitlicher ist, als andere Merk- male, die als Unterlage für die Systematik in Betracht kommen konnten, wie z. B. die Mundwerkzeuge. Principiell müssen wir gewiss dem Geäder oder, genauer gesprochen, der Verzweigungsweise der Adern eine große Bedeutung beimessen, wenn es sich darum handelt, die phyletischen Beziehungen der Falter aufzufinden, denn sie ist im Kampf ums Dasein von untergeordneter Bedeutung; wir dürfen desshalb un- bedenklicher als bei Theilen, die den Einwirkungen dieses Princips ! Systematische Bearbeitung der Schmetterlinge von Europa. Von Dr.G.A.W. HERRICH-SCHÄFFER. Bd. I. Regensburg 4843, Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 599 direkt ausgesetzt sind, etwaige gemeinsame Befunde, als Beweise eines _ phyletischen Zusammenhanges verschiedener Formen auffassen. 5 Fossil sind die Geäder meist eigentlich das einzig Erhaltene, für = den Paläontologen ist daher die Kenntnis der Geäder von Wichtigkeit. Für die Schmetterlinge hat das bis jetzt vorliegende paläontologische | Material nur ganz geringe Bedeutung. Di + Das Schema des Lepidopterengeäders. Um das Verständnis der folgenden, induktiv gehaltenen Ausfüh- zungen zu erleichtern, schicke ich eine Beschreibung des Schemas des Schmetterlingsgeäders, welches ich glaube aufgefunden zu haben, vor- aus. Dieses Schema stellt eine Entwicklungsstufe dar, _ welche sämmtliche Lepidopteren durchlaufen haben, und es gilt mit nur geringen Abänderungen auch für deren | ; Stammverwandte, also namentlich die Neuropteren, Panorpaten, = Triehopteren und Dipteren. Bei Neuropteren, Trichopteren, - Panorpaten und zwei Schmetterlingsfamilien ist es das _ gleiche für Vorder- und Hinterflügel (Fig. I und 2, Taf. XXV]), _ bei der weitaus größten Zahl der Schmetterlinge aber = hat eine Reduktion des Hinterflügelgeäders stattgefun- = den (Fig. 3, Taf. XXV]). 3 In jedem Flügel unterscheide ich einen »Spreitentheil« und einen »Faltentheil«; die in dem ersteren verlaufenden Adern be- zeichne ich mit römischen Ziffern, eventuell mit arabischen Indices, die in dem letzteren mit griechischen Buchstaben, indem ich die Bezeich- nung am Vorderrand beginne. Der Spreitentheil (Fig. I und 2, Taf. XXVI, schraffirt) zeigt fünf von der Flügelwurzel ausgehende »Aderstämme«. Die vorderste - Ader (7) und die hinterste (V), welche die Grenze gegen den Falten- _ theil bildet, verlaufen ungetheilt. Von der vordersten geht nahe der Basis ein kurzer Ast zum Vorderrand. Die zweitvorderste Ader giebt _ einen Ast (//,) zum Vorderrand ab, dann gabelt sie sich. Die dadurch gebildeten beiden Gabeläste erster Ordnung theilen sich je ein- mal dichotomisch. Die hierdurch entstehenden Endäste bezeichne ich mit II, bis II, die Gabeläste erster Ordnung nach den aus ihnen ent- springenden Endästen mit //a,;, und IIa, 5). Die nächste Ader (III) gabelt sich ebenfalls in zwei Äste (I/I«, >, und ///,), deren vorderer sich nochmals verzweigt. Es gelangen somit drei Endäste von I/II zum Rand des Flügels, //I,, IIL,, III,, und diese verlaufen stets zum Saum. Der folgende Stamm /V ist nur einmal gegabelt in /V, und /V,. Fällt sekundär ein Endast mit einem anderen zusammen, so \ 600 Arnold Spuler, bezeichne ich die resultirende Ader, wenn die zusammengefallenen zu einem Gabelast erster Ordnung gehörten, mit der diesem zukommen- den Bezeichnung, also z. B. mit //«,;,, wenn /J, und //, verschmolzen sind resp. ontogenetisch nie getrennt waren; verschmelzen dagegen nicht zu einem Gabelast erster Ordnung gehörige Endäste, so be- zeichne ich die entstandene Ader mit der durch ein 4 Zeichen verbun- denen Bezeichnungen, welche den Komponenten zukamen, z.B. (//,;, + IIl,); gehörten dieselben einem Hauptstamme an, so werden die Indices mit — verbunden, z. B. Us +9. Im Faltentheil des Lepidopterenflügels sind zwei Adern, deren hintere getheilt sein kann; die eine bezeichne ich mit «, die andere mit £, ohne Berücksichtigung der eventuellen Theilung;; Letzteres ledig- lich aus praktischen Gründen. (Diese Abänderung der in meiner Papi- lionidenstudie gegebenen Bezeichnungsweise glaube ich eintreten lassen zu müssen, um durch die Bezeichnung schon hervorzuheben, dass diese Adern einem ganz anderen Flügelbezirk angehören, als die mit römi- schen Ziffern bezeichneten.) Die Abweichung des Hinterflügelschemas von dem des Vorder- flügels (Fig. 3, Taf. XXVI) bei der großen Mehrzahl der Schmetterlinge besteht darin, dass //, nachdem sie den Ast //, abgegeben hat, unge- theilt verläuft; dieses Endstück bezeichne ich als I/ (ohne Index). Meist ist die Ader I//, mit J verschmolzen, auf Fig. 3, Taf. XXVI ist der nicht verschmolzene Theil gestrichelt eingezeichnet. Die zumeist vorhandene Haftborste des Hinterflügels ist auf Fig. 3 punktirt eingezeichnet. Fehlt die Haftborste, so ist der Vorderrandast von / stark entwickelt (nament- lich Rhopaloceren). Von den bis jetzt aufgestellten weicht dieses Schema vielfach ab. Zuerst hat meines Wissens Hagen! ein bestimmtes Schema für die Ade- rung des Insektenflügels zu geben versucht. Er zählt? »sechs Längs- adern, zwei Hauptadern (Mediana und Submediana), jede mit einem vorderen und hinteren Zweige«. »Der nächste Fortschritt in der Ver- zweigung des Geäders ist eine Gabelung der Enden der erwähnten sechs Adern, und zwar tritt sie zunächst bei den beiden Zweigen im Felde zwischen Mediana und Submediana ein, dann in steter Reihen- folge bei der Submediana, Mediana, Posteosta und Subcosta. Man kann diese einfachste Form trefflich bei Phryganiden (Rhyacophiliden), eini- gen Microlepidopteren und Dipteren (Tipularien) studiren. Eine weitere Folge ist die fernere Gabelung (Bisbifurcatio) einiger oder aller Zweige, ! Über rationelle Benennung des Geäders in den Flügeln der Insekten. Von Dr. Hasen. Stett. entom. Zeitung. 1870. p. 316 ff. 2.126. pP. 318. Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 601 F die bei den Gattungen mit stark verzweigtem Geäder ins Vielfache | steigt. « ® Nach meiner Ansicht hat Hagen darin Recht, dass er Phryganiden, 4 Tipularien und einige Microlepidopteren als Formen mit schemati- schem, d. h. primitivem, Aderverlauf bezeichnet. Eben so hat er rich- # tig erkannt, dass die Queradern, die das Bild nur komplieiren, keine tiefergehende Bedeutung haben. 2 Die Art und Weise aber, wie er das Geäder aus zwei Hauptstäm- men ableitet, zeigt, dass er keine richtige Vorstellung vom Bau des primitiven Flügels hatte, denn das Ursprüngliche ist gerade nicht die Vereinigung aller Adern in zwei Stämme (ein Verhalten, das durch die dadurch bedingte größere Flugfähigkeit seine Erklärung findet), son- | E dern ursprünglich wird der Flügel von mehreren ungefähr gleich star- & ken Stämmen durchzogen. Auch die Art und Weise, wie er die End- adern seiner sechs Hauptlängsadern zutheilt, kann ich nicht für richtig halten (siehe die Kopie seiner Fig. I auf Taf. XXV, Fig. I). Der Beweis | i hierfür ergiebt sich aus der Ableitung meines Schemas. Eine wahre Verwandtschaft von Trichopteren und Lepidopteren hatte A. Spryer ! schon 1839 behauptet und in den Micropteryginen i Übergangsformen zwischen beiden zu sehen geglaubt. In seinem Auf- S 4 satz: »Zur Genealogie der Schmetterlinge «? hat er die Beziehungen der beiden Insektengruppen in ausgezeichneter Weise behandelt. Die vie- len gemeinsamen Vorkommnisse bei ihren Flügeln betont er; die » Zahl, _ Richtung und. Verästelung der Adern, — in der Regel, doch nicht immer, - bei den Phryganiden größer und komplieirter als bei den Schmetter- 3 lingen —, folge einem im Ganzen analogen Schema«. Die Costa der - Neuropteren sei »bei sehr vielen Heteroceren, ganz wie bei den Phry- _ ganiden, deutlich‘ausgebildet, mit sehr schönem Lumen, zuweilen die stärkste Ader des ganzen Flügels«. Wie Frırz Mürtrr von Termiten >, BrAUER und ReprEnsacHer von Libellen!, Er. Hasse von Papilioniden ® angeben, ist die Costa aber eine Hypodermisbildung, der keine Trachee als erste Anlage vorausgeht, welche also mit den Adern nichts zu thun hat. Dieser Punkt der Vergleichung von Lepidopteren mit Trichopteren 1 Oxen’s Isis. 4839. p. 94. 2 Stett. entom. Zeitung. 1870. p. 202 ff. 3 Fr. MÜLLER, Beiträge zur Kenntnis der Termiden. Jenaische Zeitschr. für Naturw. 1875. 4 F. BRAUER und J. REDTENBACHER, Ein Beitrag zur Entwicklung des Flügel- geäders der Insekten. Zool. Anz. 1888. Nr. 286. 5 E. Hase, Zur Entwicklung der Flügelrippen der Schmetterlinge, Zool. Anz. 1894. Nr. 360. Zeitschrift f, wissensch, Zoologie, LIII, Bd, 39 602 ‚Arnold Spuler, ist somit für die Geäderbeurtheilung irrelevant. Wir sind auch der Ansicht, dass in der Regel die Schmetterlinge, und nicht die Trichopte- ren, die komplieirteren Aderverhältnisse aufweisen. SPEYER weist ferner sehr richtig darauf hin, dass bei Micropteryginen, Hepialiden, Cossiden und auf den Hinterflügeln der Psychiden eben so wie bei den Trichopteren in der Regel mehrere Discoidalzellen sich finden. Auch auf analog gerichtete Abweichungen vom gewöhnlichen Flügelbau verweist er. Die Falter, welche uns den Schlüssel geben für das Verständnis des Flügelgeäders der Schmetterlinge überhaupt, hat Speyer richtig be- zeichnet, eben so halte ich seine Parallelen zu den Phryganiden für glücklich. Welches nun aber das Schema des Aderverlaufes bei Trichopteren und Lepidopteren sei, das lag ihm fern zu eruiren ; natür- lich hatte er noch weniger Veranlassung, specieller auf die Verhältnisse des Schmetterlingsgeäders einzugehen, da ja seine Arbeit nur den Zweck hatte, die Verwandtschaft von Trichopteren und Lepidopteren zu beweisen. Die erste mir bekannte Arbeit, welche sich in eingehender Weise mit den Beziehungen der Insektenflügeladerungen zu einander beschäf- tigt, ist die verdienstvolle Studie G. Anoıpn’s »Über Insektenflügel«'. Er hat seine Resultate nicht scharf zusammengefasst, auch kein Schema des Urflügelgeäders abgeleitet, dennoch haben unsere Kennt- nisse durch diese Arbeit eine große Erweiterung erfahren. Bei den Lepidopteren? hat er die Bedeutung gewisser Falten im Discoidalfeld richtig erkannt, indem er sie dem im Discoidalfeld der Hepialiden ver- laufenden Rippen gleichsetzt. Wenn er aber dann sagt: »Mögen nun diese Linien als bloße Falten, oder als echte Venen auftreten, regel- mäßig setzen sie sich von der Rippe aus nach dem Saume fort, indem sie entweder in eine konkave Vene, oder in eine jener Saumfalten übergehen«, so können wir dem nicht beipflichten, denn wir können in den bei den Hepialiden die Fortsetzung bildenden Adern keine »konkaven« erkennen. Das. Wichtigste an Apoıpn’s Arbeit ist aber un- streitig die Herbeiziehung der Ontogenie zur Beurtheilung der Ader- verhältnisse, wenn auch leider seine Vorstellung von den abwechseln- den Konvex- und Konkavadern — zu der er theils durch die auch meiner Anschauung entsprechende Annahme eines Fächers als Urform des Flügels, theils durch die verfehlten Analogien gelangte, die er zwischen den peripheren konkaven Falten im Flügel und den jeden- 1 G. E. AnoLpn, Über Insektenflügel. Nova Acta d. k. Leop.-Carol. Deutsch. Akademie der Naturforscher. T. XLI. pars Il. Nr. 3. 4879. ale. DD. 231 ft. Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 603 falls richtig gedeuteten Falten im Discoidalfeld sammt Analfalte auf- stellte —, ihn an der richtigen Deutung verhindert hat. Die bedeutungsvollste und in vielen Punkten grundlegende Arbeit auf unserem Gebiete sind die » Vergleichenden Studien über das Flügel- = geäder der Insekten « von Joser REDTENBACHER !. Ihm kamen die geist- wollen Ausführungen F. Brauer’s? über die Verwandtschaft der Insek- e ten zu Gute. Die maßgebenden Gesichtspunkte sind in dem allgemeinen E ‚Theil der Reptensacner’schen Arbeit treffend hervorgehoben. Ich kann - mir nicht versagen, den Inhalt derselben theilweise hier anzuführen, - zumal der gleiche Gedankengang mich ganz unabhängig von REDTEn- BACHER bei meinen Untersuchungen geleitet hat. Nachdem er die Kala- mität der heute bestehenden verschiedenen Nomenklaturen uns vor Augen geführt, weist er GraBer’s® Ausspruch: »dass Versuchen einer einheitlichen Deutung des Insektengeäders von vorn herein eine wissen- schaftliche Bedeutung nicht beigelegt werden könne«, gebührend zu- _ rück, »denn durch die Untersuchung der Ontogenie hat die Ader- * bezeichnung aufgehört eine willkürliche zu sein«. — Bedenkt man, dass die geologisch älteren Orthopteren und Neuropteren ein viel reicheres Geäder zeigen als die Coleopteren, Lepidopteren, Dipteren und Hymenopteren, dass eben so unter den Rhynchoten die uralten Cicaden und Fulgoriden viel zahlreichere Adern besitzen als die Hemi- pteren, so scheint es unzweifelhaft, »dass die ältesten Insektenformen gewissermaßen mit einem Überschuss von Adern versehen waren, dass dagegen im Laufe der Entwicklung durch Reduktion alles Überflüssige entfernt und auf diese Weise ein einfacheres System des Flügelgeäders geschaffen wurde«. »Eben so leicht lässt es sich erkennen, dass auch die Größe des Flügels von bedeutendem Einfluss auf die Zahl der - Adern ist, wesshalb kleine Formen fast ausnahmslos ein viel spär- 3 licheres Geäder besitzen als Insekten mit großen Flügeln. « REDTENBACHER vermuthet, »dass man den normalen Typus eines differenzirten Flügels bei solchen Insekten finden wird, deren Vorder- und Hinterflügel einander an Größe und Gestalt am ähnlichsten sind(«. Auch die Bedeutung des Geäders für die Beurtheilung der verwandt- schaftlichen Beziehungen der Insekten zu einander hat er nach meiner Meinung richtig gekennzeichnet, wenn er einerseits sagt: »dass das 1 Josepu REDTENBACHER, Vergleichende Studien über das Flügelgeäder der In- sekten. Annal. des k. k. naturhist. Hofmuseums Wien, 1886. I. E. 2 F. BRAUER, System. zoologische Studien. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien. Bd. XCI. 4885. — Ansichten über die paläozoischen Insekten und deren Deutung. Annal.d.k.k. naturhist. Hofmuseums Wien. 1886, I. 3 GRABER, Die Insekten. Theil I, Naturkräfte. Bd. XXI. p. 196. 39* 604 Arnold Spuler, Flügelgeäder zu einer scharfen Charakteristik der Ordnungen über- haupt unbrauchbar ist, dass man im besten Fall Familien oder Unter- ordnungen mit Hilfe desselben von einander trennen kann«, und: » an- dererseits wird man das Flügelgeäder nie außer Acht lassen können, wenn es sich darum handelt, die Verwandtschaft eines Insektes festzu- stellen«. Leider stand ReprengacHer bei Abfassung seiner Arbeit auf dem Boden der Anorp»’schen Theorie von Konvex- und Konkavadern, und desshalb können wir seinen Detailausführungen in vielen Punkten nicht beistimmen. Lassen wir seine mit geraden Ziffern bezeichneten Adern einfach weg und ändern wir die Bezeichnung der vordersten Ader, welche er als konkav aufgefasst und desshalb mit // bezeichnet hat, in I, so können wir uns mit seiner Identificirung der Adern von Ortho- pteren — Neuropteren, Plecopteren, Panorpaten, Trichopteren, Dipteren, Coleopteren und Hymenopteren zumeist einverstanden erklären. Nicht so mit seinen Deutungen des Schmetterlingsgeäders. Diesen gegenüber werde ich meine Ansicht ausführlich begründen in den specielleren Ausführungen!. Die von mir beanstandeten Punkte, so weit sie mit der Konkav-Konvexadertheorie zusammenhängen, hält REDTENBACHER selbst nicht mehr aufrecht, sagen doch REDTENBACHER und BRrAUER ? 1886, dass an der Äschniden-Nymphe nachzuweisen ist, dass aus der gleichen Stammanlage Konvex- und Konkavadern entstehen und desshalb die principielle Trennung, wie sie AnorpH aufgestellt, nicht zu halten ist. Eben so wird er wohl mit meiner Deutung der Schmetterlingsgeäder im Großen und Ganzen einverstanden sein, da er in der gleichen Mit- theilung hervorhebt, dass die Homologisirung zweier Flügelrippen ent- fernt stehender Insekten nur aus der Entwicklung des Geäders, nie- mals aus dem fertigen Flügel möglich sei; die Ontogenie ist eine wesentliche Stütze meiner Deutung. Phyletische Ableitung des Schemas des Schmetterlingsgeäders durch Vergleichung des fertigen Geäders von Orthopteren, Trichopteren und Lepidopteren. Die Arthropoden stammen alle von segmentirten Thieren, deren Rumpfsegmente ziemlich gleichwerthig waren. Gleichwerthig sind noch bei den Hexapoden vielfach die Thorakalsegmente, wie dies schon äußerlich das Vorkommen der Extremitäten an diesen beweist. Über- haupt und speciell im zweiten und dritten Thoraxsegment verhalten sich die Tracheen entsprechend. Nach einer schon früh aufgestellten ! Siehe hinten die Ausführungen über Hepialiden und Cossiden. ? F. BrAuUER und J. REDTENBACHER, Ein Beitrag zur Entwicklung des Flügel- geäders der Insekten, Zool. Anz. 1888. Nr. 286. Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 605 Hypothese, welche viele neuere Autoren für begründet ansehen, haben wir in den Flügeln der Insekten Homologa der Tracheenkiemen der Abdominalsegmente, wie sie z. B. die Jugendstadien der Ephemeriden zeigen, zu erblicken. Wir erwarten demnach bei den primitiv gebau- ten Insekten, dass Vorder- und Hinterflügel gleich gebaut seien; eben so wird man a priori vermuthen, dass bei allen Insekten die Aderung nach einem gemeinsamen Plane angelegt sei. Zunächst versuchen wir nun, aus dem vergleichenden Studium derselben dieses gemeinsame Schema und dann das für die stärker differenzirten, namentlich für die Trichopteren und weiterhin für die Lepidopteren gültige abzu- leiten. Die in den allgemeinen Merkmalen niedersten geflügelten Insek- ten sind die genuinen Orthopteren. Die Thysanuren sind ungeflügelt, der Forfieulidenflügel repräsentirt einen Typus für sich. Wir betrachten von den Orthopteren die Blatta germanica, und zwar den Vorderflügel (Taf. XXV, Fig. 2). Der ganze Flügel zer- fällt in zwei Theile, den vorderen nennen wir den »Spreitentheil«, den hinteren wegen seines Verhaltens bei den meisten Insekten, speciell am Unterflügel, den »Faltentheil«e. Im Spreitentheil verläuft zu- nächst ein kurzer Stamm zum Vorderrande (/). Bei anderen Blat- tiden, z. B. der Periplaneta americana, gehen von ihm Nebenzweige zum Vorderrand. Nach hinten schließt sich der Aderbezirk /I an. Er entsendet viele Äste zum Vorderrande, die eventuell gegabelt sind. Gegen den Außenrand zu gabelt er sich. Der hintere Gabelast ver- läuft ungetheilt zum Außenrand, der vordere giebt Äste zum Vorder- rand ab und gabelt sich nochmals. Der vordere von diesen sekundären Gabelästen sendet ebenfalls Äste zum Vorderrand, eben so wie der hintere geht er sich theilend zum Flügelrand. Die Endzweige stützen die Flügelspitze. Der dritte Hauptast (IIT) theilt sich dichotomisch, die so entstehenden Gabeläste wiederholen dies Verhalten (der vordere viel näher der Flügelbasis als der hintere), so dass von diesem Ader- bezirk vier Endadern zum Außenrande gelangen. Der vierte Haupt- ast (IV) theilt sich in zwei ebenfalls zum Außenrand verlaufende Zweige. Die folgende Ader (V) trennt den Spreitentheil des Flügels vom Faltentheil. Von ihr gabelt sich ein zum hinteren Winkel des Außenrandes ziehender Ast ab. Ist diese Grenzader als Nebenast von IV aufzufassen, oder als den anderen gleichwerthiger Hauptstamm V? Wenn wir ihre physiologische Bedeutung und dem entsprechend ihr Verhalten bei weiterer Differenzirung in Betracht ziehen, so möchte ich das Letztere bejahen; andererseits lässt sich nicht bestreiten, dass sie ınit IV sehr oft in engeren Beziehungen steht, indem sie dicht bei 606 Arnold Spuler, deren Ursprung, oder gar von ihr entspringt. Bei dem fertigen Papilio- geäder, wie auch bei der ersten Anlage der Haupttracheen dieser Form (siehe hierüber den folgenden Theil) liegt ihr Basaltheil so, dass man sie als hintersten Nebenast von /V wohl auffassen könnte, wie dies Erıcn Haase ! gethan hat. Zieht man jedoch die Orthopteren, Plecopte- ren, Neuropteren, Trichopteren, und die Mehrzahl der Lepidopteren (s. die Abbildungen) zum Vergleich herbei, so kommt man zu der Überzeugung, dass es nicht zulässig ist, sie den beiden Endästen gleichwerthig als dritten anzuschließen. Dieser Erwägung Rechnung tragend habe ich in meiner Studie zur Phylogenie der Papilioniden ? diese Ader, trotz ihren Beziehungen zu Ader IV gerade bei den Papi- lioniden, als Y den anderen Hauptstämmen gleichwerthig gesetzt. Man könnte vielleicht im Zweifel sein, ob die fragliche Ader zum Spreitentheil des Flügels gehört oder zum Faltentheil. Nach ihrer Ver- bindung durch Queradern mit der Ader /V bei Orthopteren, Odonaten, Plecopteren, Neuropteren müssen wir sie zum Spreitentheil rechnen. Im Faltentheil des Blattaflügels sehen wir eine Reihe von Längs- adern, welche auf dem Vorderflügel stark modifieirt, auf dem Hinter- flügel sehr schön ausgebildet sind. Hier zerfallen sie in zwei Gruppen, eine vordere aus Adern bestehend, welche sich von einem Basalstück allmählich abspalten, und in eine hintere, welche von Adern gebildet wird, die ziemlich von einer Stelle radiär ausstrahlen. Mit dem Falten- theil werden wir uns nur wenig zu beschäftigen haben, da ihm phyle- tische Bedeutung nur in geringerem Grade zukommt. Im Spreitentheil des Flügels haben wir vier Hauptaderstämme unterschieden. Wir sahen bei Blatta, dass die Hauptverzweigung der Stämme II und I/II nicht gleichmäßig ist, sondern dass der untere Hauptgabelast sich erst später theilt als der obere (bei III), oder gar nicht (bei I/). In diesen Abweichungen von einer regelmäßigen dicho- tomischen Theilung haben wir eine Modificirung des Blattaflügels zu erkennen, wie denn überhaupt die Flügelbildung von Blatta keine ganz ursprüngliche ist, denn Vorder- und Hinterflügel sind zwar ähn- lich aber doch deutlich verschieden gebaut (Taf. XXV, Fig. 2). Der Über- gang aus der symmetrischen dichotomen zur modifieirten Dreitheilung bei den Blattiden steht nicht vereinzelt. Er findet sich typisch bei ZI der uralten Fulgoriden (Taf. XXV, Fig. 3) und bei /1J derselben umgekehrt wie bei Blatta. Bei den jüngeren Formen ist die Dreitheilung von ! Er. Haase, Zur Entwicklung der Flügelrippen der Schmetterlinge. Zool. Anz, 1894, Nr, 360. 2 A. SpuLer, Zur Phylogenie der Papilioniden. Zool. Jahrbücher, 4892, Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 607 III sehr verbreitet, bei Trichopteren fastimmerund bei den E er idopieren ausnahmslos vorhanden. ' Da die Differenzirung des Lepidopterenflügels in ganz anderer | - Richtung erfolgt, ist ein Eingehen auf die Hinterflügel der Blattiden unnöthig. Eine Besprechung anderer Orthopterenformen würde uns | - ebenfalls nicht weiter führen. Bei den Plecopteren sind die Verhält- - nisse wegen der Queradern etwas komplieirt , wir wenden uns dess- halb gleich den Trichopteren zu. Die Trichopteren müssen wir etwas ausführlicher betrachten, 4 denn sie haben im Flügelbau die sein Beziehungen zu den - Lepidopteren. Wir nehmen zum Ausgangspunkt das Geäder von Philopota- 4 musscopulorum (Taf. XXV, Fig. 4). Bei diesem sind Vorder- und - Hinterflügel ganz auffallend gleich gebildet. Stamm I ist durch einen Spross nahe der Basis mit dem Vorderrand verbunden. Am Ende 3 giebt / des Vorderflügels noch einen kleinen Seitenzweig zum Vorder- _ rand ab. Von // zweigt sich nahe der Basis ein starker Ast zum Vorder- rand ab (IZ,). Der Stamm // theilt sich sodann ungefähr in der Flügel- mitte in Ile, ;, und IIı,;).. Diese beiden gabeln sich und die hierdurch entstehenden vier Endäste (IR bis IJ,) stützen die Flügelspitze. Ader IIT spaltet sich in zwei sich wieder gabelnde Äste, so dass von dem Bezirk III vier Endäste, und zwar alle in den Außenrand, auslaufen (/TI, bis III,). Ebendahin gelangen die beiden Endäste IV, und IV;; Ader V verläuft auf dem Vorderflügel zum Innenrand, auf dem Hinter- flügel zum Saum. Der Flügelkontour wird auf beiden Flügeln durch V nicht unterbrochen, was sich sonst recht häufig vorfindet. Die Adern im Faltentheil sind auf Vorder- und Hinterflügel naturgemäß ver- schieden. Der Flügelanhang (Clavus) ist bei beiden Flügeln wohl ent- wickelt. Queradern finden wir auf dem Vorderflügel zwischen Io, 5) und //,, Ha, ;, und I/Ja,9, [IIa,a) und /IIs, ,,, zwischen der Gabelungs- stelle von //] und dem Stamm von IV, schließlich zwischen /V und V ziemlich nahe der Basis. Auf dem Hinterflügel treffen wir Queradern zwischen II, und IIa,;,, IIe,;, und la :),, IIa,s; und IIl«,a,, endlich zwischen II] und IV. Der Philopotamusflügel zeigt uns das Trichopterengeäder gewissermaßen in schematisch re- gelmäßiger Ausbildung; in keiner Weise ist die Zugehörigkeit der Endäste zu den Aderbezirken durch die Queradern undeutlich oder zweifelhaft gemacht. Fast genau wie bei Philopotamus ist das Geäder bei Rhyacophila, eben so das der Vorderflügel von Hydropsyche, während deren Hinter- flügel in den Endästen einen abgeänderten Verlauf zeigen. 608 Arnold Spuler, Stenophylax econcentricus (Taf. XXV, Fig. 5) zeigt die Ader- bezirke / und // in normaler Ausbildung, nur dass die Querader zwischen IIo,;), und II4, 5, eben so stark entwickelt ist wie die Längs- adern. Durch die sekundäre Verbindung der Endzweige des Bezirkes IT entsteht so eine sog. Anhangszelle, resp. die vordere Discoidalzelle, eine Bildung, die wir mit wenig Ausnahmen (Lep toceriden) bei allen Trichopteren antreffen, die auch bei den Lepidopteren sehr verbreitet ist (Lithosiiden, Arctiiden, Notodontiden, Noctuiden, Tortrieinen, Tineinen). Die Ader //I besitzt nur noch drei Endäste, indem der untere primäre Gabelast sich nicht mehr theilt. Durch eine Querader zwischen /J, und 11], ist der Theil der Flügelfläche zwischen // und 71 abgekammert: es entsteht so die mittlere Discoidalzelle. Durch die Querader von II], zu IV, wird die Abgrenzung der hinteren Discoidal- zelle vollendet. Stamm /V verläuft wie gewöhnlich, die Faltenadern so- wie Ader V des Hinterflügels zeigen nichts Besonderes. Dagegen ist Vdes Vorderflügels kurz vor ihrem Ende scharf gegen den Innenrand gebogen und zieht zu «. An der Biegungsstelle ist sie mit /V, durch eine Quer- ader verbunden. Derartige Verbindungen von /W, mit V finden wir vielfach bei Phryganiden, nie aber bei Lepidopteren. Die meisten Trichopteren lassen sich leicht auf die schematische Aderfigur von Philopotamus zurückführen, doch giebt es auch Formen, welche Schwierigkeiten bereiten. Ein Eingehen auf dieselben würde uns zu sehr von unserer Aufgabe abziehen, für diejenigen, die sich hierfür interessiren, habe ich in Fig. 6 und 7 der Taf. XXV die Adernetze von Leptocerus und Malona abgebildet und meine Deutung durch die beigeschriebenen Ziffern ausgedrückt. Auf das Verhalten von IV, V und « bei Malona werden wir später bei Betrachtung der Nepticuliden zurückkommen (siehe p. 63%). Mit dem schematischen Verhalten von Philopotamus wollen wir jetzt das einer in vieler Beziehung primitiven Lepidoptere, der Miero- pteryx aureatella vergleichen (Taf. XXV, Fig. 8). Die Ähnlichkeit der Adern ist so groß, wie schon der erste Blick auf die Figuren lehrt, dass eine Beschreibung fast unnöthig erscheinen möchte. - Wir werden darum hauptsächlich die Punkte besprechen, durch welche sich beide unterscheiden. Zunächst ist bei Mieropteryx nur die hintere Verbindung von / mit dem Vorderrande vorhan- den, was übrigens auch bei den meisten Trichopteren der Fall ist. Ader / ist mit II, durch eine Querader verbunden, eine Verbin- dung, welche sich deutlich auf dem Vorderflügel eigentlich nur bei niederen Micropteryginen findet, dagegen auf den Hinterflügeln bei der großen Mehrzahl der Lepidopteren von größter Bedeutung ist, denn Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 609 - TZund II, sind bei diesen mehr oder weniger weit zu einer Ader ver- schmolzen. Zwischen /J, und II, , eben so zwischen II, und Ill, ver- laufen Queradern. Die basale Verbindung von //, und II, besteht aus verzogenen Längsaderstücken, ist also genetisch scharf von den vorher genannten zu trennen. Der Stamm III gabelt sich in //I«,.) und IIR; ; IIla,>, ist getheilt, so dass also drei Endäste von /// zum Außenrand ziehen. Wir haben uns über die Entstehung dieses Verhaltens oben bei Blatta geäußert. III, ist auf dem Vorderflügel deutlich, auf dem Hinterflügel ganz schwach mit IV durch eine Querader verbunden. Die Wurzel von « ist auf beiden Flügeln »doppelt«, der vordere Theil dieser »Wurzelschlinge« ist das basale Stück von «, der hintere, welcher einen Spross gegen den Innenrand zu entsendet, ist #, wovon später genauer die Rede sein wird. Die vielen Faltenadern des Tri- chopterenhinterflügels treffen wir also nicht bei Micropteryx. Der Flügelanhang (Glavus), den wir bei Orthopteren, Rhynchoten, Trichopteren etc. oft wohl ausgebildet sehen, ist bei allen Miero- pteryginen sehr gut entwickelt. An dem Vorderflügel bildet er einen mehr oder weniger gekrümmten Haken, welcher von dem Falter nach unten umgeklappt, so dass er der Flügelunterseite anliegt, getragen wird, der Kontour des Hinterflügelanhangs springt nicht hakenförmig vor (Taf. XXV, Fig. 8). Das Gebilde habe ich außer von Fr. Mürzer ! von Hepialiden nirgends, auch bei Speyer nicht, erwähnt ge- funden; es ist für den Micropteryxflügel sehr charakteristisch und zeigt, wie nahe diese Form noch dem Trichopterenstadium steht, worauf die Gleichheit von Vorder- und Hinterflügel und der ganze Geädertypus hinweisen. Wir wollen nun noch das Geäder einer anderen primitiven Schmet- terlingsform, das des Hepialus sylvinus, mit dem des Philopota- mus resp. der Micropteryx vergleichen (Taf. XXV, Fig. 9). Auch bei den Hepialiden sind Vorder- und Hinterflügel gleich ge- bildet. Außer bei diesen und den Micropteryginen ist dies bei keiner Schmetterlingsfamilie der Fall, wie HerrıcH-SchÄrrer richtig erkannt und betont hat. Die Adern / und // verlaufen wie normalerweise bei den Trichopteren, es erfolgt jedoch die Gabelung von II, ;, viel später als die von I/Iu, 5. III zeigt naturgemäß drei, IV zwei Endäste; V zieht wie gewöhnlich. An Faltenadern ist auf dem Vorderflügel eine und die Spur einer zweiten, auf dem Hinterflügel nur eine zu sehen. Die Querader zwischen /J, und //, fehlt, diejenigen zwischen //, und 1 Siehe Phryganidenstudien von H. u. Fr. MÜLLER in Kosmos. 3, Jahrg. Bd.IV. 1878/79. 610 - Arnold Spuler, III, , II, und II], sind wie die bei Philopotamus, die Ze ch a. und /V, ganz ähnlich der bei Micropteryx. Die Micropteryginen und Hepialiden zeigen sonst gar keine Ver- wandtschaft mit einander, gleichwohl ist die Anordnung und Ver- zweigung der Hauptadern bei beiden fast genau dieselbe. Diese Artder Aderung ist das Schema, auf dassich die Ader- verhältnisse aller Schmetterlinge in mehr oder weniger einfacher Weise zurückführen lassen. Das Zustandekommen der für das Lepidopterengeäder vielfach wichtigen sog. Discoidal»zelle« wollen wir nun noch kurz besprechen. Diese entsteht bei den Formen, bei welchen die Queradern das Ver- halten von Hepialus zeigen, durch die Verkümmerung resp. das Aus- fallen der basal von den Queradern gelegenen Theile von I/II (durch sekundäre Verbindung von /]; mit I], entsteht dann oft bei diesen die »Anhangszelle«), während bei anderen, deren Queradern wie bei Micropteryx gestaltet sind, zwischen den primären Gabelästen von II gelegene Flügeltheile in das Discoidalfeld aufgenommen werden, in- dem IYa,;; schwach wird oder ausfällt. Zumeist kommt es auch bei den nach diesem Typus gebildeten Discoidalfeldern zu einer Quer- verbindung von Ill, zu III,, der dadurch abgegrenzte, zwischen IIIa,a und Ill, gelegene Flügelwinkel ist dann in das Discoidalfeld mit einbezogen. Die Ausdehnungen des Discoidal»feldes«, wie wir richtiger sagen, da mehrere Flügel»zellen« in ihm enthalten sind, ent- sprechen einander also nicht bei den verschiedenen Schmetterlingen. Sie sind für Hepialus und Micropteryx in den Fig. 9 und 8 der Taf. XXV durch Schraffirung angegeben. Die Hinterflügel weichen bei allen Schmetterlingen, mit Ausnahme der Angehörigen der eben besprochenen beiden Familien dadurch von den vorderen ab, dass von den Endästen des Stammes // nur I], vor- handen ist. Dieser einzige Endast ist meist mit / verschmolzen. Der Beweis hierfür wird durch den folgenden Abschnitt geliefert. Ableitung des Schemas des Flügelgeäders der Schmetterlinge mit Hilfe der Ontogenie. Dass die in dem vorhergehenden Abschnitte niedergelegte, durch vergleichendes Studium der Imagines von Insekten gewonnene Ab- leitung der ursprünglichen Aderung aller Schmetterlinge richtig ist, wird bewiesen durch die Entwicklungsgeschichte des Schmetterlings- flügels. Über diesen Gegenstand sind schon mancherlei Arbeiten er- Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 611 schienen. In der ältesten, derjenigen Semper’s !, sind hauptsächlich die Hypodermis und die aus ihr entstehenden Gebilde berücksichtigt. | 4 Lanpoıs’? Verdienst ist es, die Entwicklung des Flügels in der Raupe ’ genauer verfolgt zu haben. Seine Angaben über die Entwicklung in der Puppe sind vielfach nicht so brauchbar, wie die Seuper’s. Über die "Lage der Tracheen des Flügels im Verhältnis zu dem Laufe der Adern ä beim Imago sagt er?: »Beim Abstreifen der Haut zur Puppe haben die fein geknäuelten Tracheen bereits genau die Lage, welche die späteren Flügelrippen des Schmetterlings bilden, natürlich in verjüngter Ge- stalt.« Dass dem nicht so ist, ergiebt sich aus diesem Abschnitte meiner x Arbeit. z Pancrıtius? bringt keine bemerkenswerthen und Scuärrer® über- haupt keine Angaben über die Lage der Tracheen im Verhältnis zu der - Lage der Adern im Flügel des Imago. Beide haben sich mehr mit der ersten Entstehung des Flügels und mit seiner Histiologie beschäftigt. - ScHÄFFER fielen wohl die Aderungsverhältnisse nicht auf, weil sich seine ganze Aufmerksamkeit, welche er phyletischen Fragen zuwandte, _ auf die Eruirung etwaiger Beziehungen zwischen den einzelnen Stadien der Zeichnungsentwicklung erstreckte. 4 Das Verdienst, die Bedeutung ‘der Ontogenie für die Phylogenie zuerst auch bei diesen Fragen hervorgehoben zu haben, gebührt Avorpu®, wie oben schon erwähnt wurde. Über die Wichtigkeit der ontogenetischen Untersuchung haben sich Brauer und REDTENBACHER” dahin ausgesprochen, dass »die Homologie zweier Flügelrippen ent- - fernt stehender Insekten nur aus der Entwicklung des Geäders, nie- mals aus dem fertigen Flügel möglich« sei und dass »nur bei nah ver- wandten Insekten einer Ordnung oder Familie das fertige Geäder einen Maßstab abgeben« kann. Gewiss ist die Bedeutung der Ontogenie sehr groß, aber doch scheinen mir die beiden Verfasser dieselbe in dem eitirten Satze etwas übertrieben zu haben, denn die von REDTENBACHER re en 5 u ee zu 1 C. Semper, Über die Bildung der Flügel, Schuppen und Haare bei den Lepi- E - dopteren. Diese Zeitschr, Bd. VIII. 1857. va 2 H. Lanooıs, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Schmetterlingsflügels in Raupe und Puppe. Diese Zeitschr. Bd. XXI. 1871. Suah Lens nn ä 4 P, Pancrırıus, Beiträge zur Kenntnis der Flügelentwicklung bei den Insek- ten. Diss. Königsberg 1884. 5 (C, ScHÄFFER, Beiträge zur Histologie der Insekten. III. Zool. Jahrbücher, Bd. III, 1889. ke: 7 F, BrRAUER und J. REDTENBACHER, Ein Beitrag zur Entwicklung des Flügel- geäders der Insekten. Zool. Anzeiger 4888. Nr. 286, 612 Arnold Spuler, gegebenen Homologisirungen scheinen mir vielfach auch bei Gliedern verschiedener Familien richtig zu sein; allerdings hätte ihn die Kennt- nis der Entwicklung des Schmetterlingsflügels vor den bei der Homo- logisirung des Geäders begangenen Irrthümer bewahrt. Nach meiner Ansicht kann“ eine Ableitung bei wenig differenzirten Geädern oder, wenn die genügende Anzahl Übergangsformen aufzufinden ist, auch bei stark differenzirten Geädern sehr wohl in richtiger Weise auf ver- gleichendem Wege gewonnen werden; absolut gesichert wird sie, wenn die ontogenetischen Befunde mit der phyletischen Ableitung übereinstimmen. Wir werden aber sehen, dass sehr wohl in der Ontogenie auch Bildungen vorkommen, die wir als cenogenetisch zu betrachten haben, und dies scheint nur natürlich, wenn man bedenkt, welche Umwandlungen von der Raupe zum Imago in oft nur wenigen Tagen von dem Thierchen durchgemacht werden. Also allein maß- gebend kann die Ontogenie nicht sein. Den Unterschied zwischen dem definitiven Flügelgeäder und dem im Puppenstadium hat uns bei Schmetterlingen, und zwar den Va- nessen, zuerst van BEMMELEN! etwas eingehender beschrieben. Seine Angaben kann ich bestätigen. Er verweist richtig darauf, dass die hasalen Theile von //I bei Cossiden, Hepialiden und Micropteryginen erhalten seien, worauf ja schon von den verschiedensten Seiten auf- merksam gemacht worden war. Eingehender mit der Vergleichung der Befunde bei Vanessa mit den Geädern dieser uralten Formen scheint er sich nicht beschäftigt zu haben, denn einmal entsprechen einander keineswegs die von ihm mit den gleichen Zahlen von 7 an aufwärts bezeichneten Hinterflügel- adern auf seinen Figuren. Dann hätten, wenn er die Identität der Vorder- und Hinterflügeladerung der primitiven Familien erkannt hätte, die Versehen in seinen Fig. 40, 11 und 1% (nach der Tafelerklärung, auf der Tafel mit 8, 9 und 4 bezeichnet) — welche nicht wohl nach der Natur gezeichnet sein können, da sie die Aderverhältnisse ganz verzerrt wiedergeben —- nicht wohl vorkommen können. In Fig. 10 ist nämlich kein Theil des Gebietes von // in die Schraffur einbezogen, mit der das Discoidalfeld bezeichnet ist. Bei Fig. 11 und 1% ist dies geschehen, die schraffirten Theile entsprechen also einander nicht, worauf im Texte nicht hingewiesen ist. Eine Micropteryx, deren Flügel Form oder Aderung besitzen, wie sie die van BENMELEN- 1 J.F. van BEmmELEn, Die Entwicklung der Farben und Adern auf den Schmet- terlingsflügeln. Nederl. dierk. Vereeniging. Deel II. Afl. 4. 1889. — De ontwikke- ling der vlinderfleugels in de pop. K. Natuurk. Vereeng. in Nederlandsch-indie. No. 6. 4890. Mit 4 Tafel. E Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 613 sche Fig. 11 zeigt, ist mir nicht bekannt und existirt sicher nicht, denn alle von mir untersuchten Arten zeigen einen meiner Abbildung (Taf. XXV, Fig. 8) sehr ähnlichen Aderverlauf und stets eine große Über- einstimmung von Vorder- und Hinterflügel. Aber auch die Geäder der Imagines der Vanessen hat vav BEMMELEN offenbar nicht hinlänglich genau angesehen, denn die Fig. 5, 9, 413 und 14 (nach der Tafel- erklärung, mit 3, 1, 2 und 4 auf der Tafel bezeichnet) sind sämmtlich mehr oder weniger unrichtig. Es ist nämlich bei allen eine Ader zu wenig gezeichnet, was offenbar nicht auf einem Versehen des Litho- graphen beruht, da auch nur 11 Adern mit Ziffern bezeichnet sind; höchst wahrscheinlich hat van Bemmeren Ader //, nicht gesehen, und doch kann man sie am entschuppten Flügel sehr gut mit der Lupe er- kennen. Die Ursprungsverhältnisse der Adern II]; und /II, (und diese sind principiell sehr wichtig) sind durchweg unrichtig dargestellt. In Fig. 9 ist II, und III, zu einer Endgabel fälschlich verbunden, statt /l, und /J,, während dies sonst richtig abgebildet ist. In einer vorläufigen Mittheilung hat jüngst E. Haase! die Ergeb- nisse von Untersuchungen über die Ontogenie des Papilio machaon veröffentlicht. Zunächst bestätigt er Brauer und REDTEnBAcHer’s Angabe über die Entstehung der sog. »Costa« für den Schmetterling. Den Cubitus bezeichnet er als dreizinkig, indem er die Ader V als einen Ast desselben anspricht. Wir haben schon weiter oben, bei Dar- stellung des Blattaflügelgeäders, ausgeführt, wesshalb wir V als den anderen Hauptstämmen gleichwerthige Ader auffassen. Zu Haase’s An- gabe, dass die sog. »Costa« der Hinterflügel bei Papilio aus der Ver- wachsung der Subecostalen (7) mit dem ersten Radialast (I/) hervorgehe, ist zu bemerken, dass dies nur für den peripheren Theil gilt, denn an der Basis bleiben sie getrennt, wodurch die vordere Wurzelzelle ge- bildet wird. Die Ontogenie anderer Falter scheint Haase nicht bekannt gewesen zu sein, denn sonst müssten wir über die Verhältnisse von // des Vorderflügels vergleichende Bemerkungen finden. Zum Schlusse dieses Abschnittes habe ich noch Angaben Frırz Mür- LERS? zu erwähnen. Gewissermaßen als Ergänzung zu Spever’s Arbeitlegt er die von diesem behauptete Übereinstimmung des Geäders von Tricho- pteren und Lepidopteren an zwei Beispielen genauer dar, indess nur die Verhältnisse des Spreitentheils, indem er auch darauf hinweist, dass Vor- der- und Hinterflügel bei den Hepialiden gleich gebildetsind. Hervorzu- 1 Er. Haase, Zur Entwicklung der Flügelrippen der Schmetterlinge. Zool. Anz. 1894. Nr. 360. 2 Phryganidenstudien von H. und Fr. MÜLLER, Kosmos. 2. Jahrgang. Bd. IV, 1878/79. 614 Arnold Spuler, heben ist außer der oben erwähnten Bemerkung über den Flügelanhang bei Hepialus ', dass Fr. Mürzrr die Übereinstimmung des Phryganiden- geäders mit dem Puppengeäder der Schmetterlinge bekannt ist, und dass er das Subimaginalstadium sehr richtig namentlich zur Deutung des Tagfaltergeäders heranzieht. Ich hebe hervor, dass dieser vor- zügliche Forscher somit uns bereits eine richtige Auffassung des Schmetterlingsgeäders lehrt, — hätte ich auch diese Ausführungen, die ich erst, nachdem ich die Arbeit vollständig abgeschlossen hatte, kennen lernte, früher angesehen, so wäre mir manche Mühe erspart geblieben, indessen bereue ich den eingeschlagenen Weg nicht, da er mich zum richtigen Ziele geführt hat. Die allgemeinen Resultate dieser Arbeit sind also großentheils durch Fr. MürLzer schon früher kurz ausge- sprochen worden —; ich glaube indess, dass ich doch so viel Neues und Wissenswerthes hier beibringe, dass es nicht ohne Nutzen namentlich für die Schmetterlingssystematik sein wird, wenn ich diese Arbeit in ihrem vollen Umfang veröffentliche. Nach dieser Übersicht über die Litteratur? mögen, bevor wir uns der Betrachtung einzelner Geäder zuwenden, zuvor kurz die Untersuchungsmethoden angegeben werden. Wenn die Raupen- haut abgestreift wird, ist die Anlage der großen definitiven Tracheen- stämme vollendet. Sie sind das erste, was von den definitiven Adern angelegt wird. Hier hat nun unsere Untersuchung einzusetzen. Auf Schnittserien den Tracheenverlauf zu verfolgen, ist nicht zu empfehlen, dazu giebt es weit bequemere und bessere Methoden. Am besten ist es natürlich die Verhältnisse am lebenden Thier zu beobachten. Dies geschieht, indem man die lebenden Puppen in Wasser bringt, und dann, da die Trübung des Bildes durch die Unregelmäßigkeiten der Puppenoberfläche jetzt verhindert ist, mit schwachen Vergrößerungen die mit Luft gefüllten und desshalb leicht sichtbaren Tracheenstämme verfolgt. Natürlich ist dies Verfahren nur bei Puppen mit durchschei- nender Flügelhülle anwendbar, deren giebt es jedoch, außer bei den Bombyeiden und Noctuiden, nicht zu viele. Puppen aber, die eben die Raupenhaut abgestreift haben, sind stets ziemlich durchsichtig, die Be- standtheile der Puppenhülle werden ja erst nach dem Abstreifen der Raupenhaut abgeschieden. Diese sind also das geeignetste Objekt zur Beobachtung. Bei undurchsichtigen Puppen empfiehlt es sich folgender- ! Siehe vorn p. 609. ? Die in der Unmasse der entomologischen Litteratur sich hier und da vor- findenden kleineren Notizen kann ich nicht alle erwähnen, es stand mir auch „keineswegs die ganze Litteratur, die in so vielen Vereinszeitschriften zerstreut ist, zur Verfügung. Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 615 - maßen die Flügel bloß zu legen. Man schneidet an der Schulter des - Vorderflügels ein, schneidet dann einwärts vom Vorderrand des Flügels - fort bis zu dessen Ende, dann nach außen dem Saum entlang. Wenn der Schnitt tief genug geführt ist, kann man nun Vorder- und Hinter- flügel zusammen aufklappen und dann den Innenrand und die Ur- 2 sprungsstellen der Flügel ganz lostrennen. Man erhält so beide Flügel in.situ und kann bei der Durchsichtigkeit junger Flügel die Adern B bequem verfolgen. Ältere Flügel, welche nicht mehr so zart sind und bei welchen der Vorderflügel nicht mehr fest mit der Puppenhülle ver- ‚bunden ist, können aus der Puppe herauspräparirt werden. Bei kleinen Faltern ist die Präparation oft recht schwierig. Wir beginnen naturgemäß unsere Darstellung mit Formen, bei welchen die Tracheenlage genau das Schema wiedergiebt, um uns dann solchen zuzuwenden, bei denen geringere Modifikationen ‚vorliegen, und schließlich stark abweichende Bildungen zu besprechen. Zunächst betrachten wir Mamestra brassicae (Taf. XXV, Fig. 12), welche mit vielen anderen Noctuiden, entsprechend der Übereinstimmung des definitiven Geäders, genau übereinstimmende Vorkommnisse zeigt. Wir sehen nur Längsadern, /, II, bis IJ,, III, bis III;, IV, und IV}, V, « und £, welche gegabelt verläuft, genau, wie wir es nach dem Schema erwarten mussten. (Die Gabelung von £ findet sich auch bei Micropteryx, wir sehen nämlich von dem Theil, - welcher sich an «, die Wurzelschlinge bildend, anschließt, eine Ader gegen den Innenrand des Flügels verlaufen; der Einfachheit halber werden wir die beiden Endäste von £ nicht gesondert bezeichnen, da eine phyletische Bedeutung der Ader ß nur in sehr geringem Maße zu- kommt —). Das definitive Geäder (Taf. XXV, Fig. 13) geht aus diesem Subimaginalstadium, wie ich es in einer früheren Arbeit, in der ich meine Ansichten kurz berühren musste, genannt habe!, da- durch hervor, dass II], sich mit II/«, ;) verbindet und in der Nähe der Gabelungsstellen 7/7, mit II/, und I/II, mit IV, durch Queradern ver- bunden werden, wodurch die Umgrenzung des Discoidalfeldes voll- endet wird; indem II, und II, sich auf eine kurze Strecke an einander legen, wird die sog. Anhangszelle abgeschlossen. Die basalen Theile von III verschwinden, eben so #; V ist nur eine schmale Falte im fertigen Flügel. Die Begrenzung des Discoidalfeldes wird außer zwischen III, und IV, durch verzogene primäre Längsadern gebildet. Die Begrenzung des Discoidalfeldes besteht somit gegen den Außen- - rand zu auch aus Theilen von Längsadern, die einzelnen Bestandtheile 1 A. SpuLer, Zur Phylogenie der Papilioniden. Zool. Jahrbücher 1892. 616 Arnold Spuler, seiner Außengrenze sind also nach ihrem Ursprung nicht gleichwerthig. Wenn die basalen Theile von /// verschwinden, so müssen die Endäste dieses Stammes mit anderen Basaltheilen in Verbindung treten. Die Tracheen von /IJ, und III, werden an I//, die von III, an IV ange- schlossen, wie es die wellenförmigen Linien auf Fig. 13 angeben. Auf die Unterflügel werde ich alsbald zu sprechen kommen. Gerade so schematisch ist die Anlage bei allen Noctuiden, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, ferner bei Phalera bucephala (Taf. XXV, Fig. 14), einer Notodontide. Auch das definitive Geäder ähnelt dem der Noctuiden, jedoch sind die Endäste von III stärker aus einander gezogen. Eben so konnten wir es noch bei vielen Schmetterlingen konstatiren, auch bei Tortriciden und auch bei Gracilariden (Taf. XXVI, Fig. 25). Bei all diesen ist auch das Definitive nicht stark vom Einheits- stadium abweichend. Ein recht instruktives Beispiel um zu zeigen, dass auch schon recht bedeutend modifieirte Geäder genau das Schema im Subimaginalstadium wiederholen können, ist Harpyia. In Fig. 15, Taf. XXV gebe ich eine Abbildung der Puppenflügel von H. vinula, in Fig. 15a, Taf. XXV bilde ich das definitive Geäder von H. ereminea ab, welches sich genau wie das von H. vinula verhält. In dem Verlauf der schematisch sich verzweigenden Tracheen (Fig. 15) ist der definitive Zustand dadurch angebahnt, dass II,, Il,, III, und III, gegen die Flügelspitze zu verzogen sind und //, ganz bedeutend IT, genähert ist. Im definitiven Flügel (Fig. 15«) entspringen /J;,, 1], und II, von einem Stiel, welcher gleich ZI; + IIa, 5), resp. + II, ist. Die vordere Be- grenzung der ein ausgezogenes Parallelogramm bildenden Anhangszelle bildet IIa, 3), diejenige gegen die Spitze des Flügels I,, die dem Flügelsaum gegenüber liegende Grenze wird von IIa, 5, + III, gebildet und endlich die Basale von I/a 5. III; ist der Ader IV, genähert. Nur das Verbindungsstück von III; mit IV, ist eine Querader, sonst wird die ganze Umgrenzung des Discoidalfeldes und der Anhangszelle von verzogenen Längsadern gebildet. Der Hinterflügel zeigt uns die Adern I, III, IV, V, « und ß wie der Vorderflügel, /J/ entsendet nahe der Wurzel einen Ast, welcher der Ader / genähert hinzieht. Sonst ver- läuft II ungetheilt. Dies ist das modificirte schematische Verhalten des Hinterflügelgeäders. Dadurch dass II, größtentheils mit I verschmilzt, III, ein Stück weit mit II, III, eben so mit IV, sich verbinden, ent- steht das definitive Geäder (vgl. Fig. 15 mit Fig. 16). Den gleichen Ader- verlauf zeigt uns der Hinterflügel von Vanessa Io (Taf. XXV, Fig. 18), eben so der von CGoriscium cuculipenellum (Taf. XXVI, Fig. 26). Diese Beispiele mögen genügen; wir sehen daraus, dass in den ver- ee ein ra Sn 22a Fit Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 617 schiedensten Schmetterlingsfamilien die Adern nach einem Schema angelegt werden. Aber so genau, wie die bis jetzt angeführten Falter kopiren nicht alle das Schema. Vielfach existiren Modifikationen, und wir wollen die wesentlichsten kennen lernen. Wir haben dabei zuzusehen, ob sieh nicht Vorkommnisse finden, welche einer allgemeinen und aus- nahmslosen Gültigkeit unseres Schemas zu widersprechen scheinen - und müssen dann die scheinbaren Widersprüche aufklären. Auf Taf. XXV, Fig. 26 gebe ich eine Abbildung des Puppengeäders von Teraslogianum. Von Ader IV, aus sehen wir einen Nebenast gegen I/II, ziehen. Wir werden später dies Vorkommnis wiederfinden und dann es diskutiren. Interessant ist vor Allem der Nebenast von //I,, welcher sich bei dem abgebildeten Exemplar vorfand. Wir haben oben im Anfang der vergleichenden Ableitung des Lepidopterenschemas gezeigt, dass Stamm III desshalb nicht vier, sondern nur drei Endäste zum Saume schickt, weil schon sehr früh (bei Formen im Orthopterenstadium) der hintere primäre Gabelast dieses Systems sich nicht mehr spaltet. Erinnern wir uns an dies, so werden wir in dem Verhalten des abgebildeten Terasflügels eine individuelle Rückschlagsbildung sehen. Der fertige Flügel, welcher sich aus dieser Anlage entwickelte, war ganz normal. Die Adern //J und /V werden, mit Ausnahme der Falter mit ganz verkümmertem Geäder, fast immer mit drei bezw. zwei Endästen an- gelegt, dagegen finden sich Abänderungen im Bereich von /] ziemlich oft, auch individuelle Schwankungen sind nicht selten. Die Abbildung Taf. XXV, Fig. 16 von Dasychira pudibunda, einer Eiparide, zeigt uns /J in der Weise ausgebildet, dass I/«, ;, früher vom Hauptstamme sich abzweigt als //,. Bei Rhopaloceren findet sich dies vielfach. Schon bedeutend der Flügelbasis genähert ist die Trennungs- stelle bei Papilio machaon (Taf. XXV, Fig. 17), um bei Vanessa eventuell fast bis zur Flügelwurzel zu rücken (Taf. XXV, Fig. 18 von Vanessa !o). Als Falte im Discoidalfeld, eventuell sehr deutlich in der Zeichnung angegeben, ist der basale Theil von //«,;, bei dem defini- tiven Rhopalocerengeäder zu erkennen; eben so verhalten sich die rückgebildeten Theile von Stamm /// (Taf. XXV, Fig. 19). Eine andere abweichende Bildung von // zeigt uns Earias chlo- rana (Taf. XXV, Fig. 20), eine Nycteolide. Hier bleibt /I«, s, sehr lange an den Stamm angeschlossen, erst nachdem sich auch II, gegen die Flügelspitze ziehend abgezweigt hat, löst sich der Stamm in /], und Ila,;, auf. Bei Acronycta auricoma fand ich eine ganz schematische Anlage des Geäders, dagegen bei einer Puppe von Acr. rumiecis Zeitschrift f, wissensch, Zoologie, LIII, Bd, A) 618 Arnold Spuler, merkwürdigerweise //ı,;, an I/1I, angeschlossen (Taf. XXV, Fig. 21), dieser Fall ist als individuelle Abweichung aufzufassen. Wir haben bis jetzt nur Formen erwähnt, bei weichen sämmtliche Endäste vorhanden waren. Es kommt indessen vor, und zwar nur bei Formen, welche im definitiven Geäder auch nicht alle Endäste besitzen, dass schon bei der ersten Anlage der definitiven Adern in Form von Tracheenstämmen eine fehlt. Als Beispiel mögen die Sphingiden dienen (Taf. XXV, Fig. 22 von Smerinthus ocellata). Wir sehen da nur vier Endäste von /I; der Ausfall kommt dadurch zu Stande, dass IIa,3) sich nicht mehr gabelt; dass dem so ist, ergiebt sich durch die Vergleichung der Lageverhältnisse der Äste von II bei den Sphingi- den mit denen bei den anderen Formen. //, und //, stützen nämlich bei den meisten Großschmetterlingen den vordersten Theil des Saumes, II, und /I, den geschwungenen Endtheil des Vorderrandes und die Flügelspitze. Bei den Sphingiden (Taf. XXV, Fig. 22a) ist der Saum ziemlich groß und seine Ausspannung durch zahlreiche Adern nur vor- theilhaft. Wir können uns daraus erklären, warum /], und /7, erhalten sind. ZI, stützt gewöhnlich den geschwungenen letzten Theil des Vorderrandes. Nun ist aber dieser bei den Sphingiden sehr wenig ge- schwungen, also die besondere Stütze des-sonst geschwungenen Theils ziemlich überflüssig. Der Vorderrand ist dadurch sehr verstärkt, dass I, II, und /Ia, 3, ganz dicht an einander liegen, für Ader I], ist so zu sagen gar kein Platz mehr. Diese Betrachtung erklärt uns, warum ein Endast ausfallen konnte, sie sagt uns aber auch, dass //, und nicht etwa II, der ausgefallene Endast ist, während wir aus der Ontogenie nur entnehmen konnten, dass ein Endast von /Io, ;, ausgefallen sei. Dies eine Beispiel schon zeigt, wie wichtig die phyletische Betrachtung ist, und dass sie zu viel detaillirteren Resultaten führt als die Ontogenie. Einer unserer gewöhnlichsten Schmetterlinge, Pieris brassicae zeigt einen Verlauf der Tracheen, der ganz von unserem Schema ab- zuweichen scheint. Nur wenn es uns gelingt, diesen Fall in überzeu- gender Weise mit dem Schema in Einklang zu bringen, kann dieses allgemeine Gültigkeit beanspruchen. Gewöhnlich bietet das Geäder jüngerer Puppen von P. brassicae das Bild, das in Fig. 23, Taf. XXV wiedergegeben ist, seltener das der Fig. 24, welches sich in der Regel bei Flügeln von Raupen der P. brassicae, welche sich zur Verpuppung festgesponnen haben, und gewöhnlich bei Puppen von P. rapae findet. Das Geäder ist auf Fig. 23 folgendermaßen angeordnet: Stamm II entsendet sechs Endäste, /I/ einen bis zum Saum und einen be- deutend kürzeren, IV hat außer den zwei stets vorkommenden noch einen kurzen Ast, welcher bis dicht an III zieht. In diesem Verlauf Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 619 ben wir das Vorwegnehmen eines späteren Stadiums zu erblicken. _ Dass die Anlage von // von dem Schema abweicht, haben wir bei ver- - schiedenen Familien gesehen , so bei Nyeteoliden, Sphingiden, Papilio- _ niden, Nymphaliden. Bei allen ist die Abweichung derart, dass die erste Anlage eine Zwischenstufe zwischen dem | f Schema und dem definitiven Geäder repräsentirt; wir 7 haben es also stets mit der Vorausnahme eines späteren Zustandes zu thun. Dass solche cenogenetische Vorgänge vorkommen, erscheint nur natürlich, wenn man bedenkt, wie groß die Umwandlungen sind welche die Thiere in der kurzen Puppenzeit von der Raupe zum Imago _ durchmachen und wie da jede Abkürzung des Verlaufes resp. Verein- - fachung der Umlagerungen von Vortheil sein muss; man muss sich nur - darüber wundern, mit welcher Konstanz bei den meisten Faltern das - Schema wiederholt wird. Dass von IV, ein stärkerer Ast zu III, hin- - zieht, was wir auch sonst finden (siehe Taf. XXV, Fig. 26), ist ebenfalls _ eine Vorausnahme. Es ist die frühzeitige Anbahnung des Anschlusses F der Ader /I/, an IV, ,, welchen wir bei den meisten fertigen Schmetter- - lingsgeädern treffen (siehe Taf. XXV, Fig. 13). : In welcher Weise können wir nun zeigen, dass die auffällige Bil- - dung von // und I//I bei Pieris auch nur als cenogenetische Vorweg- E nahmen zu deuten sind, dass also die Verhältnisse der Pieris nicht - prineipiell sondern nur graduell von den sonstigen verschieden sind? Erstens indem wir in der Ontogenie des Pierisgeäders nach Vorgängen ; suchen, welche uns zeigen, in welcher Weise die jetzige Form aus dem Schema hervorgegangen ist, zweitens indem wir nachweisen, dass, phyle- - tisch betrachtet, das Pieridengeäder auf das Schema zurückführbar ist. ; Gehen wir in der Ontogenie weiter zurück, indem wir uns einen - Flügel ansehen, welcher aus einer Raupe herauspräparirt ist, welche sich zur Verwandlung angeheftet hat, so finden wir den in Fig. 24 ab- gebildeten Verlauf der Flügeladern, wie auch bei jungen Puppen von 3 Pieris rapae. /1] besitzt noch zwei vollständige Endäste. Hieraus geht das Verhalten der Fig. 23 dadurch hervor, dass //I, an II angeschlossen _ wird. Denken wir uns, dass dieser Vorgang sich, bevor die Anlage der definitiven Tracheen beendet ist, latent schon einmal abspielte, fassen - wir demnach den vor I/II, gelegenen Saumast als ///, auf, so verstehen _ wir in welcher Weise das Bild der Fig. 24 aus dem Schema hervor- ging. Es ist dieser Anschluss der Tracheen von //I, und /I/I, an II in - der That ein Vorgang, der sich später vielfach vollzieht (Taf. XXV, - Fig. 13 und 26); dass er bei Pieriden so früh auftritt, können wir - vielleicht dadurch erklären, dass bei ihnen, wie SchäÄrrer ! gezeigt hat, ı l.c.p. 643, BEE TENTEBESE 40* 620 Arnold Spuler, eine vollständige Rückbildung der Tracheen statthat. Diese ganzen Betrachtungen sind aber nur dann einwurfsfrei, wenn wir nachweisen können, dass zu //I bei den Pieriden wirklich drei Endäste gehören. Wir haben noch Pieriden, bei welchen alle dreizehn zum Vorder- und Außenrande ziehenden Äste vorhanden sind, also auch die drei von /II,, denn mehr als dreizehn haben wir bei keinem Schmetterling, wenn wir von einzelnen Micropteryx absehen, bei welchen (z. B. Fastuosella) der oder jener Endast von /I noch eine kurze Endgabel besitzen kann. Eine derartige Pieride ist Leucophasia sinapis (Taf. XXV, Fig. 25, nach Herrıch - ScHÄrrer). Die nächsten Verwandten der Pieri- den sind außer den Lycaeniden die Papilioniden und die Nymphaliden. Bei allen diesen sind drei Endäste von I/// vorhanden (Taf. XXV, Fig. 17, 18, 19, 27); das definitive Pieridengeäder unterscheidet sich von diesen nur durch das Fehlen eines Endastes von // (Taf. XXV, Fig. 23a). Dieser fehlt auch der ersten Anlage desselben dadurch, dass IIo, 5, un- gegabelt bleibt, ein Verhalten, das wir bei den Sphingiden ausführlich besprochen haben. Vereinzelt steht diese unvollständige Anlage von /J bei den Pieriden nicht unter den Rhopaloceren, wie man sich an der Abbildung (Taf. XXV, Fig. 27) von Lycaena Amphidamas (Helle) überzeugen kann. | Nachdem ich diese Ausführungen niedergeschrieben hatte, fand ich zufällig eine anormale Pieris brassicae- Puppe, bei welcher IJJ die schematische Theilung in drei Endäste zeigt (Taf. XXV, Fig. 28), welche die vorstehenden Ausführungen somit hübsch bestätigt; offenbar haben wir es hier mit einer atavistischen Bildung zu thun. Von dem Pieriden- unterflügel muss ich bemerken, dass das Verhalten von II/ sich bei ihm gerade so wie bei dem Vorderflügel erklärt und, dass es mir nicht gelungen ist die Anlage von //, aufzufinden (Taf. XXV, Fig. 24). In vorstehenden Ausführungen glaube ich nachgewiesen zu haben, dass die Pieriden in keiner Weise Veranlassung geben, die Gültigkeit des Schemas anzuzweifeln. Auch sonst finden sich hier und da ab- weichende Bildungen, doch kann stets in der Weise, wie wir es für die Pieriden durchgeführt haben, nachgewiesen werden, dass sie der Gül- tigkeit des Schemas keinen Abbruch thun. Feststellung des Begriffs »Flügelader« bei den Schmetterlingen. In den folgenden speciellen Ausführungen werden meine Angaben und Abbildungen denen Herrıch- Scuärrer’s, ZELLER’S und v. HEINEMANN- Wockr’s vielfach widersprechen. Ich werde nicht auf die einzelnen Differenzpunkte eingehen; ich muss jedoch hervorheben, dass sich oft recht bedeutende Unterschiede zwischen dem thatsächlichen Verlauf Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 621 “ des Geäders und den Abbildungen der Autoren finden, wovon man sich = $: 4 kr RN ‚8 2 B- . e.. Er va Ir - durch Vergleichung der Abbildungen von Gemiostoma spartifoli- _ ella nach Hrrrıcn-ScHÄrrer und ZeıLrer (Taf. XXVI, Fig. 33 und 34) und der nach meinen Befunden (Taf. XXVI, Fig. 31 und 32) überzeugen kann. - Den Grund für die oft bedeutenden Differenzen sehe ich einmal darin, dass es bei den kleinsten Faltern oft nicht leicht ist, den Aderverlauf festzustellen (und die angeführten Autoren scheinen vielfach nur mit der Lupe gearbeitet -zu haben), zweitens darin, dass die Autoren nicht all das als Adern (resp. »Rippen«, wie sich die Lepidopterologen meist ausdrücken) angesehen haben, was ich als solche auffasse. Es dürfte daher zweckmäßig sein, an dieser Stelle aus einander zu setzen, was wir als »Ader« bezeichnen. Die vollständige Ader des Schmetterlingsflügels besteht aus - einer mehr oder weniger von der Flügelfläche abgegrenzten, mit Hypo- dermis ausgekleideten, aus zwei Theilen bestehenden Chitinröhre, in welcher die Trachee und die sog. »Rippe« verlaufen. Auf Querschnitten 3 (s. Taf. XXV, Fig. 29 von Triphaena pronuba) sieht man, dass das Chitin aus zwei Schichten besteht, einer wirklichen Chitinschicht und einer - anderen, welche der Hypodermis (hy) direkt angelagert ist, einer Schicht, welche sich noch deutlich mit den Reagentien färbt, also wohl aus einer - noch nicht vollständig in Chitin umgewandelten Substanz besteht. In der Regel springen die Adern nach der Unterseite (Us) bedeutend _ weiter vor als nach der Oberseite (Os). Besonders stark verdickt ist das Chitin an den Stellen, an welchen die Ader an die Unterseite der - Flügelfläche anstößt (l), so dass hier also zwei dickere Chitinleisten - verlaufen. In dem Lumen der Ader sehen wir eine Trachee (tr), welche mehr oder minder deutlich sog. »Spiralringe« zeigt. Da die - Zellkerne ungefähr in Ringen um die größeren Tracheen angeordnet sind, dürfen wir bei der Bedeutung, die wir gegenwärtig dem Zellkern bei der Sekretion zumessen, Beziehungen zwischen der Lagerung der Kerne und der ungefähr in Ringen gelegenen Verdickungen der Tra- - eheenwand vermuthen, auf jede Kernreihe kommen viele Chitinver- _ diekungen; dass die Verdickungen nur durch die Lagerung der Kerne bedingt seien, will ich damit natürlicherweise nicht behaupten. Außer der Trachee sehen wir noch die sogenannte »Rippe« Srmrer’s (r) und Blutkörperchen (bik) , welche uns beweisen, dass auch im ausgebilde- ten Flügel die Adern als Blutbahnen funktioniren. Dies gilt indess nicht für alle Schmetterlinge mit harten Flügeln. Von den Bestandtheilen der Ader werden zuerst die großen Tracheenstämme angelegt (Ir, Taf. XXV, Fig. 30, von einer ganz jungen Puppe von Pieris brassicae), welche in Bahnen zwischen: den Proto- 623 Arnold Spuler, plasmaverbindungen der beiden Hypodermisschichten (hy) verlaufen. In dem jungen Flügel finden wir eine Masse von Stoffpartikeln zum Theil in Form sog. »Körnchenkugeln« an Blutzellen (blk) gebunden. Auf der Oberseite stehen die Hypodermiskerne viel dichter (sie haben die Puppenhülle abzusondern) als auf der Unterseite. Hier sehen wir gegenüber von solchen Tracheenstücken, welche ihre definitive Lage im Flügel schon eingenommen haben, als erste Andeutung der Hypodermis- bildungen der zukünftigen Ader eine Anhäufung der Hypodermiskerne (hy!). Den Tracheen folgend wachsen dann, wie schon SEmPpeEr |! ange- geben, die »Rippen« in den Flügel ein. Sehr früh schon finden sich im Flügel neben den senkrecht zur Oberfläche verlaufenden auch unge- fähr parallel zu derselben in Bogen angeordnete Plasmastränge. Indem diese zunehmen, werden die zwei Hypodermisschichten von einander abgegrenzt. Gleichzeitig rücken die beiden Lamellen näher aneinander, während das Lumen an den Adern weiter bleibt, und je mehr das Lumen zwischen den Flächen des Flügels schwindet, desto mehr loka- lisirt sich der Blutstrom in den Adern. Die Haupttracheen zeigen deutlich eine Menge von Nebenästchen, welche nach beiden Seiten wie die Fiedern einer Feder in die Flügel- fläche verlaufen, an ihrem Ende eine Zelle mit intracellulärer Tracheen- bildung zeigend; später verästeln sich diese Nebentracheen. SENPER hat sie offenbar gesehen, bei Lanpoıs finde ich sie nicht erwähnt. Ob sich einige etwas allgemein gehaltene Sätze in Schärrer’s Arbeit? auf die Nebentracheen beziehen, ist mir nicht klar geworden. Woher sie kommen, konnte ich nicht sicher feststellen, es scheint mir jedoch nicht unwahrscheinlich, dass sie mit den Knäueltracheen in Zusammenhang stehen, welche bei der Auftreibung der Flügel zur Zeit der Umwandlung der Raupe in die Puppe sich strecken. Diese Knäueltracheen ständen dann also in innigen Beziehungen zu den sekundär entstandenen Haupttracheen. Die dieser Deutung wider- sprechende Angabe Lanpoıs’ (l. c. p. 310), dass nur so viele Tracheen die Tracheenknäuel bildeten, als später sich Haupttracheen im Flügel befänden, ist unrichtig, wie man leicht an einer ganz frischen Puppe konstatiren kann, denn man sieht eine Menge feiner Tracheen in Zügen den Haupttracheen ungefähr parallel verlaufen. Die Nebentracheen gehen oft zu Grunde, doch giebt es nicht wenig Heteroceren, bei denen sie zeitlebens erhalten bleiben. Da ich nirgends eine Angabe über dieses Vorkommen finden konnte, bilde ich sie ab und zwar von La- verna vanella (Taf. XXV, Fig. 34). Das, wiedergegebene Stück stammt 2 ]l.c.p. 330. 2 ]. c. p, 642, Ende. Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 623 rom Innenrand des Vorderflügels, an welchem sie, eben so wie am ‘ Vorderrand, am besten entwickelt zu sein pflegen. Man sieht aus der = Figur, wie sie ziemlich scharf von der Haupttrachee abbiegend den - Ansatzlinien der Schuppenreihen ungefähr parallel verlaufen und sich - in mehrere unregelmäßig ziehende Endäste auflösen. Am Vorderrand - sieht man hier und da eine von / stammende Nebentrachee eine längere Strecke von Spitze gegen Basis in der sog. Costa verlaufen, woraus - sich schon ergiebt, dass die Costa keine den anderen Adern homologe - Bildung ist. Nur selten und bei robust gebauten Faltern begleiten die _ Nebentracheen Chitinverdickungen, so z. B. bei Cossus ligniperda. Da sich aus solchen Nebentracheen die Querverbindungen im Schmetter- - lingsgeäder entwickeln, so können wir in ihnen nur die Homologa der Netzadern bei reticulären Flügelgeädern sehen. Einen scharfen Gegen- ; satz zwischen reticulärem Geäder und nicht reticulärem Geäder können wir in Folge dessen nicht annehmen; dass ein genetischer Gegensatz zwischen den beiden Geäderformen nicht existirt, wird z. B. schon durch das Vorkommen echter Blattiden mit und ohne Netzgeäder bewiesen. “ Die Adern zeigen nun nicht immer die vollständige F Ausbildung, welche wir oben beschrieben haben (Taf. XXVI, Fig. 1). Sehr oft, namentlich bei distalen Adertheilen fehlen die Rippen, das = Chitin der Oberseite kann kaum noch oder gar nicht mehr verdickt ' sein. In ihren Chitintheilen wohl ausgebildeten Adern kann Rippe, Trachee oder Rippe und Trachee fehlen, es verlaufen aher auch namentlich in basalen Flügeltheilen häufig Tracheen, ohne von beson- _ deren Chitinbildungen begleitet zu sein. Schließlich kann die Ver- 3 kümmerung einer Ader so weit gehen, dass nur noch meist konkave Falten — konkav, weil ja die Aderbildungen größtentheils auf der - Unterseite des Flügels gelegen sind — uns anzeigen, dass an den be- treffenden Stellen Adern angelegt worden sind. Alle Bildungen, welche Theile von vollständigen Adern repräsentiren, werden wir ebenfalls als »Adern« bezeichnen, denn sie sind gerade so, wie die vollständig - erhaltenen von Wichtigkeit zum Verständnis eines Geäders. Eben so - haben wir die Falten, welche nicht entwickelten oder rückgebildeten - Aderanlagen entsprechen, stets bei der Deutung heranzuziehen; auf den Figuren sind sie eingezeichnet; wenn sie nur ganz undeutlich sind, so ist dies durch Punktirung angegeben. Von den Falten, die an Stelle ausgefallener Tracheenanlagen von Adern verlaufen, müssen wir die zwischen den Saumästen gelegenen wohl unterscheiden; die letzte- - ren haben mit Adern nichts zu thun und sind im Interesse des Flug- _ Vermögens entstanden. Ban ne 624 Arnold Spuler, Specielle Betrachtung einiger Lepidopterenfamilien. Wir wenden uns nunmehr den Aderverhältnissen der einzelnen Familien zu. Nachdem wir kurz die Micropteryginen, diese interessan- ten Falter, betrachtet, werden wir, im Wesentlichen dem v. HEınz- MANN schen System folgend, die Tineiden und die Mehrzahl der hinter diesen aufgeführten Familien besprechen. Wir werden unser Augen- merk namentlich auf die Formen richten, welche Geäder besitzen, die nicht ohne Weiteres auf das Schema zurückgeführt werden können. Eine Kritik an dem heute gebräuchlichen System wollen wir nicht üben, dazu genügt der eine Gesichtspunkt, den wir hier verfolgen, nicht; wir werden indess hier und da auf die systematische Stellung von Faltern bezügliche Bemerkungen nicht umgehen können. Auf den ersten Blick wird man in den goldschimmernden kleinen Mieropteryx-Arten keine primitiven Thiere vermuthen, In der That sind sie es aber in vielen Beziehungen, wie Speyer ! ausgeführt hat. Die Raupen zeigen einen eigenthümlichen, von allen anderen Lepidopteren abweichenden Habitus. Die Puppe ist eine sog. »puppa libera«, d.h. die die einzelnen Theile des Insektes umgebende Cuticula bleibt unverschmolzen. Ähnlich wie Mieropteryx verhalten sich niedere Kleinschmetterlinge (Adela, Nematois) und bei den Spinnern stehende Typen (Heterogenea). Übergänge zu den typischen Lepidopterenpuppen finden sich vielfach (Pterophorinen, Tineinen, niedere Psychiden, Hepialiden, Cossiden, Sesiarier). Die Puppenform der Micropteryginen ist desshalb als diejenige zu betrachten, die den Vorfahren der ver- schiedenen Schmetterlingsstämme eigenthümlich war. Die Mundwerk- zeuge sind namentlich bei den niederen Micropteryxarten noch sehr primitiv, kommen doch bei den Imagines noch bezahnte Mandibeln vor?. Rudimentäre Mandibeln finden sich noch vielfach bei den Tine- inen. Auch der eigenthümliche Thoraxbau ist den Tineinen und Micropteryginengemeinsam. Wiesehr das Geäder der letzteren dem von Trichopteren gleicht, haben wir oben bei Ableitung des Lepidopteren- schemas dargelegt. Auch die Schuppen sind recht ursprünglich in Form und Anordnung. Nach all dem bilden sie den natürlichen Aus- gangspunkt für unsere Betrachtungen. Micropteryx aureatella Se. istdie abgebildete Form (Taf. XXV, Fig. 8). Ganz ähnlich sind alle anderen und alle zeigen deutlich den Clavus (*), von welchem auf p. 609 schon die Rede war. Der Zweig von ! SpEYEr, Zur Genealogie der Schmetterlinge. Stett. entom. Zeitung 1870. ? A. WALTER, Beiträge zur Morphologie der Schmetterlinge. Mit 2 Tafeln. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Jena 1885. Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 625 | 3 Ader /zum Vorderrand kann nur noch angedeutet sein (Semipurpurella), Ih einen Nebenast haben (Fastuosella). Von den vier Gabelendästen von - Isind die beiden mittleren nicht immer an derselben Stelle durch die Querader verbunden; einer derselben kann nochmals gegabelt sein (Anderschella), es fehlt aber auch eventuell ein Endast (Semipurpurella). Die Zugehörigkeit der Endäste von II/ ist bei Allen gut zu erkennen. _ Ader I V, welche zwei Endäste zum Außenrand sendet, ist mit //I, durch eine Querader verbunden, welche bald vom Hauptstamme von /V (Cal- thella), bald von dessen Gabelungsstelle (Aureatella), bald von /V, aus- geht (Anderschella). An der Basis ist /V mit der wohlentwickelten Ader - V meist dadurch verbunden, dass eine Nebentrachee von V zu IV zieht 3 und in dem Bezirk dieser letzteren eine Strecke weit verläuft. Über die Aderverhältnisse der Hinterflügel möchte ich Folgendes bemerken. - I verläuft stets ungegabelt; /J, ist mit / entweder durch eine Quer- - ader (Calthella) verbunden, oder wie bei Aureatella bis dicht an / an der Verbindungsstelle herangezogen. Dies Verhalten leitet über zu dem der meisten Schmetterlinge, bei denen, wie früher schon gezeigt wurde, _ II, mit I mehr oder weniger vollständig verschmolzen ist. Von den vier Gabelendästen von // kann einer fehlen (z. B. Unimaculella). So bahnt sich auch hier das Verhalten der übrigen Lepidopteren an, bei n - denen II stets ungegabelt zum Vorderrand des Hinterflügels verläuft. © Für III, IV und V gilt das vom Oberflügel Gesagte. $ bildet auf beiden ” Flügeln den unteren Theil der » Wurzelschlinge «. | Der basale Theil von /// ist nie so stark wie der von // und IV. - In diesem Verhalten haben wir den ersten Anfang der Discoidalfeld- - bildung vor uns. Verschwindet der basale Theil von III ganz und wer- - den die Verbindungen durch Queradern an den Ursprungsstellen der Endäste gerade so wie die dort gelegenen Stücke von den Längsadern, - so können Zweifel über die Zugehörigkeit der Endäste entstehen. Mit f Sicherheit können also die Endäste zugetheilt werden, wenn //«,;, und II erhalten sind, wir werden desshalb, so weit solche vorkommen, 4 immer die Arten von verwandten Gruppen heraussuchen, bei denen dies der Fall ist, durch Analogieschlüsse werden wir dann die Zuge- a4 hörigkeit der Endäste bei den anderen feststellen können. Von allen Lepidopteren, deren Geäder mir bekannt sind, sind die Micropteryginen die einzige Familie, außer den Hepialiden, bei welcher II der Vorder- und Hinterflügel gleich gebildet ist. Bei allen anderen ist auf dem Hinterflügel //, der einzige Nebenast von //, während auf dem - Vorderflügel die Endäste von II bei größeren Faltern verhältnismäßig - viel mehr modifieirt sind als bei den kleinen, aber doch die Reduktion _ der Endäste niemals so weit geht wie auf den Hinterflügeln aller ® 6285 Arnold Spuler, Schmetterlinge mit Ausnahme der oben erwähnten beiden Familien. Dass die Endäste von // der Hinterflügel auch in der Ontogenie nur wenig vollständiger angelegt werden als sie es bei den Imagines sind, haben wir oben gesehen (siehe p. 616). Von den Tineiden habe ich auf Taf. XXVI, Fig. 4 das Geäder der Tinea parasitella H. abgebildet. Da IIa 5, IT, >, und III, inner- halb des Discoidalfeldes erhalten sind, so können wir absolut sicher die Endäste den Aderbezirken in der Weise zutheilen, wie es die beigeschriebenen Ziffern angeben. Die Adern des Analfeldes bilden auf den Vorderflügeln eine Wurzelschlinge. Der von dieser aus- gehende distale Stamm ist als « aufzufassen und nicht als (@ + P), weil er mehr in der Verlängerung von « gelegen ist als in der des End- stückes von ß, und weil bei vielen Formen diese Ader £ vor der Ver- bindung ganz schwach wird (siehe Fig. 5, Taf. XXV]). Den an der Flügelbasis gelegenen Theil der vordersten Ader des Hinterflügels fassen wir als /, den peripheren Theil derselben als 7 + II, auf. Ander abgebildeten Species ist dies nicht wohl zu erkennen, weil der punktirt eingezeichnete Theil von //, kaum erkennbar ist. Unsere Deutung wird aber dadurch gesichert, dass bei verwandten Arten die als /J, anzu- sehende Verbindungsader wohl entwickelt ist; dass bei sonst ganz übereinstimmenden Geädern verwandter Formen II, das eine Mal deutlich vorhanden sei, das andere Mal ganz fehle, ist bei dem allge- meinen Vorkommen der Verschmelzung von //, mit / nicht anzunehmen. Bei den meisten Tineiden, den Adeliden und Acrolepiden ist das Geäder leicht und sicher zu deuten, da //«a, ;, und die basalen Theile von III mehr oder weniger deutlich sich finden. Blabophanes rusticellaH. (Fig. 5, Taf. XXVI) aber zeigt uns Modifikationen, die wir sonst nicht mehr antreffen werden. Ader /J, ist hier eine Strecke weit zur Grenze des ungewöhnlich kurzen Discoi- dalfeldes geworden. II selbst ist als Trachee gut verfolgbar. Sie theilt sich eventuell in IJa,s, und I/«,;),, deren erstere sich an der vorderen Ecke des Discoidalfeldes wieder mit //, verbindet, 1/«, ;, verliert sich in dem großen Stigma, welches auf der Figur durch Punktirung markirt ist. Aus der äußeren Grenze dieser Flügelstelle, welche mit eigen- thümlich kleinen, verkümmert erscheinenden Schuppen bedeckt ist, entspringen die vier Endgabeläste, wobei /Ia, ;), wie so oft, noch eine längere Strecke außerhalb des Diseoidalfeldes ungetheilt bleibt. Die Trachee, durch welche der basale Theil von //] repräsentirt wird, mün- det in ganz eigenthümlicher Weise noch vor dem Stigma in IV. Das Endstück müssen wir als IIT,; ansprechen, //I«,2 ist entweder nicht erhalten, oder verliert sich, Nebenäste abgebend, im Stigma. III, und BR a 5 Zur ut und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 627 2 I, kommen aus dem Stigma; IIT, verläuft zur Flügelspitze, ein Ver- 3 halten, das ganz isolirt steht und wohl durch eine Rotation der Adern - nach vorn, welche durch die Verkümmerung von // und I/II veranlasst ist, erklärt werden kann. III, löst sich erst von /V, als selbständiger ; Ast ab, was gewiss mit dem merkwürdigen Verhalten des basalen 3 Stückes III, in Beziehung steht. IV gabelt sich erst spät. Der Hinter- - flügel unterscheidet sich von Tinea namentlich durch die späte Gabe- Jung von I/I«,., durch den Verlauf von //Z, zur Flügelspitze und das - Fehlen des basalen Theiles von //I,, welche analog der des Vorder- - flügels von /V, entspringt. Die Unterschiede zwischen den Geädern 4 von Tinea und Blabophanes sind weit größer als die gewöhnlich inner- - halb einer Familie aufzufindenden, und das Verhalten von Blabophanes - steht unter den Microlepidopteren so einzig da, dass eine isolirtere Stel- lung der Besitzer dieser Aderungsform vielleicht gerechtfertigt wäre. : Die Vorderflügel der Hyponomeutiden sind leicht verständlich. Die _ Adern II, ;, und /I// (basal) fehlen oft, die Wurzelschlinge « ß ist meist klein. Auf den Hinterflügeln vieler Arten fehlt eine Ader, nämlich /T/,, _ welche vollständig mit /T verschmolzen sein kann. Dass diese Ader - IM, ist, wird bewiesen durch das Verhalten von Atemelia torqua- _ tella ZIl. (Taf. XXVI, Fig. 6). Bei dieser sehen wir nämlich im Diseoi- 7 dalfeld sich eine Ader abzweigen, die schräg nach vorn und außen zu Il zieht. Dieser Zweig ist I//ı,a, denn eine andere Ader, welche - sich von /I/ nach vorn abzweigen könnte, giebt es nicht. Interessant - ist ferner bei Atemelia, dass « und £ der Hinterflügel noch eine Art - Wurzelschlinge bilden (vgl. Gelechiden und Butalis!). Den Anschluss - von /II, finden wir auch auf den Hinterflügeln von Plutelliden, wie aus der Abbildung von Gerostoma radiatellum Dr. (Taf. XXVI, Fig. 7) ersichtlich ist. An den Chimobaechiden mit ihren primitiv geformten Schuppen interessirt uns Ader £ der Hinterflügel. Da das - Analfeld, besonders auch der innerste Theil desselben verbreitert ist, - so bedarf er einer Stütze, und diese erhält er dadurch, dass £ nicht _ wie gewöhnlich dicht an der Falte, in welcher der letzte Theil des h Analfeldes von dem übrigen beim Zusammenlegen der Flügel abge- 4 knickt wird, sondern mitten in diesem letzten Theil verläuft. Ähnliches - findet sich auch bei Gelechiden, z. B. bei Psecadia. ; Aus der großen Menge von Formen, welche im v. Hrınemann’schen System »noch« als Gelechiden zusammengefasst werden, will ich nur - wenige herausgreifen, zumal in dem Buche y. Hrınzmann’s die Aderver- - hältnisse für die größeren Gruppen übersichtlich beschrieben sind und - sie der Deutung Schwierigkeiten nicht darbieten. In Fig. 8, Taf. XXVI i ; gebe ich eine Abbildung von Depressaria, um zu zeigen, wie auch te Pas: 628 Arnold Spuler, bei diesen die Querader von Stamm /V zu //l, verlaufen kann, so dass die Gabelung in IV, und IV, außerhalb dieser das Discoidalfeld abgren- zenden Querader liegt. Bei Teleia dodecellaL. (Taf. XXVI, Fig. 9) ist /II, bedeutend dem Bezirk /I genähert; /IL, und III, entspringen an der -unteren Ecke des Discoidalfeldes dicht bei einander. Das Ver- halten von /IT, leitet uns über zu den Formen, bei welchen diese Ader eine Strecke weit mit Theilen. von zu Bezirk // gehörigen Adern ver- bunden ist, wie uns dies z.B. Parasia neuropterellaZIl. (Taf. XXVI, Fig. 10) zeigt. Von I/«,;, oder den basalen Theilen von /// ist bei die- ser Form keine Spur mehr zu sehen. Bemerkenswerth ist ferner das Vorhandensein des Nebenastes von /. Derselbe nähert sich an seinem letzten Ende wieder der Ader /. Bei vielen Formen kommt es zu einer sekundären vollständigen Vereinigung, so dass eine Schlinge in den Verlauf von / eingeschaltet erscheint, wie es uns die Abbildung von Cleodora striatella V. (Taf. XXVI, Fig. I1) zeigt. In der HEINEmANnN- schen Beschreibung ist diese Bildung nicht erwähnt, eben so nicht die Schlingenbildung im Analfeld der Hinterflügel, welche sich viel- fach gleichzeitig vorfindet. Ich glaube, die systematische Verwerthung dieser Vorkommnisse dem zukünftigen Bearbeiter der Gelechiden em- pfehlen zu müssen. Es würde eine Neubearbeitung dieser Formen gewiss eine dankbare Aufnahme bei den Microlepidopterologen finden. Jedenfalls wäre dann darauf zu achten, den Stagmatophora, Pancalia und Butalis eine ihrer Verwandtschaft entsprechende Stellung anzuweisen. Bei den Gelechiden mit vorgezogener Spitze der Hinterflügel finden wir zwei von der Basis ausgehende, eigenthümlich verlaufende Faltenzüge, den einen gegen das Ende von I//,, den anderen gegen Mitte oder Ende von /IJ; gerichtet, wie sie auf Taf. XXVI, Fig. 12 von Anarsia spartiella Schr. dargestellt sind. Bei diesen Arten ist II], mehr oder weniger an /I angeschlossen; der Vortheil dieses Anschlusses scheint mir darauf zu beruhen, dass dadurch der verlängerte vordere Flügeltheil resp. die ihn durchziehende Ader // verstrebt wird. Ader II, entspringt in der Regel dicht bei IV, : der untere Theil des Flügels, namentlich der Winkel, ist so ebenfalls gut gestützt. Durch die Ein- buchtung der Verbindung von // +- III, und III, an der Stelle, wo IIlı,., einmündet resp. einmündete, ist ein locus minoris resistentiae für die durch diese Verbindungsader bedingte gleichmäßige Ausspan- nung des Discoidalfeldes gesetzt. Das Gleiche gilt für die Biegung, welche die Verbindung von I/II, und III, an der Stelle zeigt, an wel- cher der hintere Faltenzug durchgeht, eine Verbiegung, welche jeden- falls durch den früheren Verlauf des basalen Theiles von III, bedingt ist. Ich glaube, dass, wie die eben geschilderten Verhältnisse liegen, | Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 629 ‚die Entstehung der Faltenzüge zu erklären ist aus der Spannung des mittleren Flügeltheiles, welche nach dem Ausschlüpfen des Imago = durch die intensivere Ausdehnung der Flügeltheile, in welchen reich- liche Adern verlaufen, also des vorderen und des hinteren entsteht. - Die Falten gehen daher von dem festgelegten Basalwinkel des -Discoi- dalfeldes aus und ziehen die durch das Ausfallen der basalen Theile won III zur Faltenbildung prädisponirten Flügelstellen und die loca minoris resistentiae der äußeren Discoidalfeldgrenze benutzend, zu den die Spannung bedingenden Punkten, der vordere Faltenzug also zu dem Ende von /II,, der hintere zu dem am weitesten gegen die Mitte des - Flügels vorspringenden Punkt von III,. Bei den Faltern mit oval ge- - formten Hinterflügeln und regelmäßiger Vertheilung der Endäste von - If finden wir naturgemäß (nach der eben gegebenen Erklärung ihrer | - Entstehung) die Faltenzüge nicht, und dies spricht für die Richtigkeit der gegebenen Erklärung (siehe Taf. XXVI, Fig. 13 von Pleurota rostrella H.). Wir überspringen die Glyphipteryginen, von denen auffallende Bildungen nicht zu erwähnen sind. 4 Bei den Chauliodiden zeigt uns der abgebildete Chauliodus 7 ehaerophylellus Goeze (Taf. XXVI, Fig. 14) ein recht vollständiges = Adernetz. II, und II, umfassen die Flügelspitze. Ader /V theilt sich u auffallend früh. Die untere Discoidalfeldgrenze wird daher von IV, IV, - und sogar III, gebildet, welche an /V, angeschlossen ist. Das Gleiche ist auf dem Hinterflügel der Fall. Auf diesem ist I/II, an II, III, an III, 7 und III, an IV, angeschlossen, worüber früher schon gesprochen wurde. = Hervorzuheben ist, dass auf dem ganzen Hinterflügel keine einzige sekundäre Querader vorhanden ist, und dass auf ihm die Analadern verkümmert sind. Bi Als Repräsentanten der Laverniden bilde ich Stagmatophora F pomposella ZIl. (Taf. XXVI, Fig. 15) ab. Reste des Nebenastes von / - sind vorhanden, außerdem sämmtliche Endäste; die von I/ verlaufen “ alle in den Vorderrand. Die Ursprünge der aus dem Außenrand des 1 Discoidalfeldes entspringenden Endäste sind zusammengerückt oder verschmolzen. Die Flügelspitze ist verlängert. Diese Verlängerung der Spitze und die Verschmelzung der basalen Theile der aus dem vorde- ren Theil der äußeren Discoidalfeldgrenze entspringenden Adern finden sich stets gleichzeitig (siehe die Fig. 15, 17, 29, 38, Taf. XXVD); es wird ‚daher nicht falsch sein anzunehmen, dass die beiden Erscheinungen in ursächlichem Zusammenhang stehen. IR Die Butaliden zeigen auf dem Vorderflügel da, wo die von / und B ihrem Nebenästchen gebildete Schlinge bei Cleodora und Verwandten sich findet, eine Verdickung von / als letzten Rest der betreffenden 630 | Arnold Spuler, Bildung. Die Endäste von // sind meist alle da, //, und II, umfassen die Spitze. 1/1; der Vorderflügel ist meist mit /V, verschmolzen, wozu das Verhalten von Butalis fallacella Schl. (Taf. XXVI, Fig. 16) die Vorstufe bildet. Von dem Wurzeltheil von « ist oft nur die Trachee erhalten. Auf dem Hinterflügel sind I/II, und I/I, getrennt (z. B. B. fallacella), oder eine Strecke weit (z. B. B. chenopodiella H.), oder endlich ganz verschmolzen (z. B. B. scopolella H.). Die Analadern bil- den auch auf dem Hinterflügel eine Schlinge, worauf wir oben schon verwiesen haben (s. Atermelia torquatella). Elachista perplexella St. (Taf. XXVI, Fig. 17) besitzt auf dem Vorderflügel alle fünf Endäste von /I; III, trennt sich erst spät von I/a 5. Außerdem gehen noch drei Endäste in den Saum. Dass ein Endast von /V fehlt, haben wir bis jetzt noch nicht konstatirt, wohl aber das Fehlen solcher von I/II. Man wäre daher wohl geneigt an eine Verschmelzung von II], mit IJ];, zu denken. Bei genauer Durchmusterung der Flügel findet man in- dessen gerade bei El. perplexella einen Rest des basalen Theils von /IJ,, nämlich das Stück, welches in die Discoidalfeldgrenze einmündet. Die drei vor ihm gelegenen Saumäste müssen als //Z,, III, und III, be- trachtet werden. Dass IV sich nicht gabele, ist bei der Vollständigkeit des Geäders nicht anzunehmen. Wir müssen desshalb den vorletzten Saumast als durch Verschmelzung von //], mit IV, entstanden deuten, eine Bildung, welche wir soeben bei Butalis fallacella im Entstehen ge- sehen haben. Für die Erklärung des Hinterflügelgeäders dürfen wir auch die Butaliden herbeiziehen, da eine Verwandtschaft beider Fami- lien sicher besteht und kommen dadurch zur Annahme, dass I/1/, und II], verschmolzen sind (Taf. XXVI, Fig. 17a von El. pollinariella ZU.). Von den Douglasiden erwähne ich nur, dass auf dem Hinterflügel (Taf. XXVI, Fig. 18, von Douglasia ocnerostomella St.) //, sich sehr spät von ZJ abzweigt, dass nur zwei Endäste von /JI da sind und /V ungetheilt verläuft, indem /V, ausgefallen ist. Von dem v. Hzınemann’schen System abweichend wenden wir uns zunächst den Coleophoriden zu. Bei diesen sind auf den Vorderflügeln die Aderbezirke //J und /V meist zu Gunsten von // verkümmert. Relativ sehr vollständig ist das Vorderflügelgeäder von Coleophora otitae ZI. (Taf. XXVI, Fig. 19) und das Hinterflügelgeäder von C. orna- tipenella H. (Taf. XXVI, Fig. 20). Ader IIa,:, war bei keiner der von mir untersuchten Formen gegabelt. Von I/II fehlt auf dem Vorder- flügel konstant ein Endast. Nach dem Verlauf des basalen Theils von I1I, wenn er gut kenntlich ist, wie bei C. auricella F. (Taf. XXVI, Fig. 21), können wir nicht annehmen, dass I/II, ausgefallen sei; an eine Verschmelzung mit IV, ist nicht zu denken, denn IV verläuft, wie aus _ Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 631 Figur ersichtlich, ungetheilt, indem IV, bei dieser Art ausgefallen wie sich aus einem Vergleich von C. auricella mit C. otitae ergiebt. Somit kann nur II], ausgefallen sein, indem sie mit //I, oder mit IIT, verschmolzen ist. Auf dem Hinterflügel von C. ornatipenella (Taf. XXVI, Fig. 20) sehen wir alle Endäste von II/ und von IV, jedoch ist I/T, sehr F schwach entwickelt. So vollständig sind die Endäste des Hinterflügels nur selten zu sehen, dagegen findet sich öfters eine weitgehende Reduk- tion so z. B. bei C. limosipenella Dp. (Taf. XXVI, Fig. 22). In Folge der - starken Verschmälerung des Hinterflügels ist /V, nicht ausgebildet und - UI, mit II, verschmolzen. Weiter auf die Beschreibung und Begrün- dung der Deutung der Geäder dieser, namentlich auch biologisch, so 4 interessanten Familie einzugehen scheint uns nicht rathsam, um die - Geduld unserer Leser nicht zu sehr auf die Probe zu stellen. Die drei Familien, deren Besprechung wir hier anschließen, schei- nen mir näher verwandt als ihre jetzige Einreihung im System vermuthen - lässt, ich bitte damit die Abweichungen vom System zu entschuldigen. j Die mit den Hyponomeutiden verwandten Argyresthiden ermög- _ lichen uns bei der aus Taf. XXVI, Fig. 23 von Arg. GoetardellaL. er- sichtlichen Vollständigkeit des Adernetzes eine absolut sichere Deutung. | Bei den 6raeilariden sind auf dem Vorderflügel 4,5, und III R. innerhalb des Discoidalfeldes nicht erhalten. Wenn wir das Geäder "mit dem der vorhergehenden Familie vergleichen, so gelingt die Fest- 4 stellung seiner Bezeichnung ohne jede Schwierigkeit. Bestätigt wird - das Resultat durch die Ontogenie (vgl. Taf. XXVI, Fig. 24 und 25 von Grace. syringella F.). Bemerkenswerth sind die Hinterflügel der Graci- lariden. 11, ist am definitiven Geäder eventuell gut zu sehen (Taf. XXVI, F Fig. 27, von Coriscium cuculipenellum H.); ihr basaler Theil ist nur - als Trachee vorhanden. Durch eine Querader ist // mit /1/ verbunden, E IIlı,>) gabelt sich spät, //], ist an /V, angeschlossen. Die Ontogenie bestätigt die Richtigkeit der Deutung (vgl. Taf. XXVI, Fig. 26 mit Fig. 27). K Modificirter ist der Aderverlauf bei Ornix (Taf. XXVI, Fig. 28, von _ Ornix betulae St.). Das Discoidalfeld der Vorderflügel ist außen ver- - schmälert, III, darum an I]; angeschlossen. Ein Endast von /// fehlt, _ wahrscheinlich ist /II;, mit IV, verschmolzen, man kann jedoch der onfizuration der betreffenden Adern bei Di dies nicht sicher ent- E _mehmen. Da aber bei den vorher besprochenen Forinen die Adern II, IH, und IV, oft sehr zusammengedrängt sind und eine auch fehlen kann, ; indem /1], mit IV, verschmilzt, so wird sich auch bei Ornix die Sache so 3 verhalten. //, des Hinterflügels von Ornix ist basal sehr undeutlich; vor - der Mitte des Vorderrandes ist sie mit // auf eine kurze Strecke ver- - bunden. /1/, und /17, entsprechen denen von Gracilaria, 11], ist mit ! KM i | f 4 j , El 632 Arnold Spuler, IV, verschmolzen, was einmal aus dem weit gegen die Spitze zu ver- zogenen Verlauf von /V,, dann daraus hervorgeht, dass der Endtheil der fraglichen Ader gegen den Flügelrand einen konvexen Bogen be- schreibt, in dessen basaler Verlängerung eine Wölbung der Flügelfläche zu III geht, die als letzter Rest des basalen Stückes von III, zu betrach- ten ist. Hinter IV liegt wie bei vielen anderen kleinen, schmal- Nlügeligen Formen nur noch eine deutliche Ader. Soll man diese als V betrachten oder als «? Jedenfalls muss V in der Bildung eingeschlos- sen sein, denn von einem Schwächerwerden von V bei Formen mit schmalen Flügeln, bei welchen sie unzweifelhaft kenntlich ist, kann im Allgemeinen nicht die Rede sein, im Gegentheil, sie ist namentlich gegen den Rand zu bei solchen Formen oft auffallend stark. Nach der Entwicklungsgeschichte der Gracilariden glaube ich, dass der distale Theil der fraglichen Ader rein V entspricht, dass dagegen bei der Bil- dung des proximalen Theiles wohl auch « betheiligt ist. Von den Cosmopterygiden zeigt die abgebildete Cosmopteryx Druryella ZIl. (Taf. XXVI, Fig. 29) das vollständigste Geäder. Auf dem Vorderflügel sind sämmtliche Endäste von /J vorhanden: die Adern //,, II;,, III, und III, in Folge der langgestreckten Flügelform und der starken Ausziehung der Flügelspitze in ihren basalen Partien verschmolzen. Im Hinterflügel gelingt es die Anwesenheit von J, II, II, III, IV,, IVa und V festzustellen. //, ist im basalen Theil nur als Trachee da, welche sich in dem abgebildeten Flügel an der Stelle, an welcher die Chitinleiste deutlich wird, zurückbiegt; /I/, bleibt sehr lange mit /I verbunden; 11]; und Il], sind, wie aus der großen Lücke zwischen /II, und /V, zu schließen ist, ausgefallen. Außer der Ader, in welcher V enthalten ist, finden sich noch Spuren einer Analader. Die anderen Cosmopteryxarten unterscheiden sich von Cosm. Druryella durch das Fehlen von Endästen, namentlich auf dem Vorderflügel. Die Familien der Lithocolletiden, Lyonetiden und Phylloenistiden des Hrınemann’schen Systems sind nach meiner Ansicht keine natür- lichen Gruppen. Es würde mich indess zu weit führen, wenn ich hier eine neue Anordnung der Genera veröffentlichen wollte, denn ich müsste zur Begründung zuerst den systematischen Werth der einzelnen Merkmale diskutiren und namentlich die Zeichnung mit in den Kreis unserer Betrachtungen hereinziehen. So weit die Aderverhältnisse in Betracht kommen, wird man aus den folgenden Beschreibungen meine Ansicht erkennen können. Ä Wir betrachten zuerst Tischeria (Taf. XXVI, Fig. 30 von T. com- planella H.). Ader IT ist so vollständig erhalten wie nur irgend wo, alle fünf Endäste gehen in den Vorderrand. III ist von der Flügelbasis an Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 633 deutlich erkennbar. Sie ist nur in zwei Endäste gespalten IIJa,> und - III,. Von IV sind beide Endäste angelegt, der vordere ist mit II], ganz - verschmolzen, die Analader zeigt keine Wurzelschlinge. Das Hinter- - flügelgeäder ist stark redueirt. Von Cemiostoma spartifoliella Hb. - bilde ich in Fig. 31, Taf. XXVI den Verlauf der die Tracheen begleiten- den Chitinbildungen, in Fig. 32 den Verlauf der Tracheen ab. Daneben gebe ich noch Zeızer’s und Herrıich-SenÄrrer’s Abbildung (Taf. XXVI, - Fig. 33 und 34). Der Unterschied zwischen den verschiedenen Figuren - ist beträchtlich. Jedenfalls sind die Abbildungen unserer Meister leider nicht geeignet, uns eine richtige Vorstellung des Geäders zu geben. - Das Geäder von Gemiostoma lässt sich von dem der Tischeria ableiten. - H«a,s, bleibt bei ersterer ungetheilt. Die Querader zwischen /J, und - IIa,;, ist ausgefallen. Das Discoidalfeld von Gemiostoma ist also nur - gleich einem Theile desjenigen von Tischeria, hieraus erklärt sich die - Konfiguration des Discoidalfeldes von Cemiostoma, die von dem aller - anderen abweicht. Aus dem Tracheenverlauf ergiebt sich, dass I/II zwei Endäste, III4,9 und III,, abgiebt, IV hat ebenfalls zwei Endäste, IV, _ und Ill, sind verschmolzen. Die Angabe der Autoren, dass die Anal- - ader keine Wurzelschlinge besitze, ist falsch. Ob Opostega hier anzu- schließen sei, kann ich leider nicht entscheiden, da mir unglücklicher- 7 weise kein Material davon zur Verfügung steht. Von dem Tischeriageäder ausgehend können wir das von Buccu- -_ latrix (Taf. XXVI, Fig. 35 von Buceulatrix gnaphaliella Tr.) verstehen, _ indem wir uns vorstellen, dass das Discoidalfeld in Folge der Streckung - der Flügelspitze in eine Ecke ausgezogen wurde. Ob IV einfach ist, - oder ob.der etwaige vordere Endast mit 1/I, verschmilzt, kann ich an dem definitiven Geäder nicht entscheiden, doch ist das Letztere sehr - wahrscheinlich. An Buceculatrix schließen wir Oenophila V. Fla- ” vum Hw. an. Der Faltentheil ist sehr verkürzt (Taf. XXVI, Fig. 36). # Selten sind II, und IV; erhalten, so wie es in Fig. 36 abgebildet ist, 5 meist fehlt /], ganz, und von IV; ist nur die Ursprungsstelle kenntlich - (Taf. XXVI, Fig. 37). Der Hinterflügel von Oenophila zeigt von allen den hier zusammen besprochenen Familien resp. Gattungen das voll- - ständigste Geäder, indem alle Endäste von //I und IV sicher, wenn auch nicht ganz leicht, erkennbar sind; bei Bucculatrix sind zwei Endäste von III vorhanden, /V verläuft ungegabelt, V ist deutlich, was bei Oenophila nicht der Fall ist. | Phylloenistis saligna ZIl. (Taf. XXVI, Fig. 38) besitzt auf dem - Vorderflügel alle fünf Endäste von //, aber nur drei Äste zum Saum. - Es sind dies die gleichen, wie die von Tischeria. Bei Lithocolletis - (Taf. XXVI, Fig. 39 von Lithocolletis cramerella F.) bleiben I/,, 5) und Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. A 634 Arnold Spuler, IIa,;); ungegabelt, IIIa, >), ist ausgefallen, resp. trennt sich nicht mehr von II«4,s, an die sie bei den vorhergehenden Gattungen angeschlossen ist. Bei Lyonetia ist die Wurzelschlinge « 6 erhalten, der Faltentheil des Flügels verhältnismäßig breit (worin wohl die Ursache für die Er- haltung der Wurzelschlinge zu sehen ist), die Flügelspreite sehr schmal, woraus sich erklären dürfte, dass //J; + IV, verkümmert ist. II/«, 3 ist erhalten; /I/ wie bei Lithocolletis. Bei allen in diesem Absatz be- sprochenen Formen sind Y und die Faltenadern der Hinterflügel ganz rudimentär, IV ist ungetheilt, 1/] bei Phyllocnistis gegabelt, sonst nicht; II, konnte ich bei frisch ausgeschlüpften Phyllocnistis gut erkennen; sie ist wie gewöhnlich an der Basis nur als Trachee da; bei den ande- ren wird sie jedenfalls auch angelegt werden, und vermuthlich früher rückgebildet, so dass im fertigen Thier nichts auffindbar ist. Vielleicht werden frisch ausgeschlüpfte Thiere (die mir leider nicht zur Hand waren) noch Spuren zeigen. Bei den Nepticuliden giebt es bekanntlich, abgesehen von Trifur- cula und ev. Opostega, zwei Haupttypen, die allmählich in einander übergehen, der eine ist der Schlüssel zum Verständnis des anderen. Auf der Abbildung von Nepticula argyropezaZll. (Taf. XX VI, Fig.40) sehen wir außer / vier Adern in den Vorderrand des Vorderflügels verlaufen. Wir haben gefunden, dass bei all den kleinen Faltern mit ihren stark modifieirten Geädern Ader // stets relativ vollständig die Zahl der Endäste beibehält. Daher kann es uns nicht wundern, dass hier noch vier Endäste von IJ angetroffen werden; dass Äste von III in den Vorderrand verlaufen, kommt niemals vor, so dass an der Zugehörigkeit der fraglichen Adern nicht gezweifelt werden kann. /Ia, 5) verläuft un- getheilt und die Querader zwischen ihr und //, ist ausgefallen, worin wir eine bemerkenswerthe Beziehung zu Gemiostoma zu erblicken haben. An der Basis sind I/II und IV verschmolzen. Nach ihrer Trennung ver- läuft II] schräg auswärts und vorwärts zu II, um erst nach längerem Verlauf sich wieder von dieser zu trennen und in den Saum zu ziehen. IV geht nicht zum Flügelrand, sondern biegt kurz vorher im stumpfen Winkel ab und ist mit dem Endtheil von //I verbunden; in dieser Ver- bindung ist wohl IV, enthalten. Man beachte die zu den Nepticulen überleitende Konfiguration der betreffenden Flügelpartie bei Tischeria (Taf. XXVI, Fig. 30). Der Endast IV, ist bei der abgebildeten N. argyro- # peza nur angedeutet, kommt aber auch ausgebildet vor. Ganz merk- würdig ist die Verbindung der Ader « mit IV, wodurch eine Schlinge gebildet wird, in welcher V verläuft, die also vom Flügelrand abge- schlossen ist. Ein analoges Verhalten hat uns die Trichoptere Malona gezeigt (Taf. XXV, Fig. 7). Dass dies gemeinschaftliche Vorkommen Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 635 E nicht als Ausdruck einer näheren Verwandtschaft zwischen der Tricho- E pterenfamilie, welcher Malona angehört, und den Nepticuliden aufge- fasst werden darf, brauche ich nicht besonders hervorzuheben. Als Vertreter des zweiten Geädertypus der Nepticula-Arten bilde ich Nept. plagicolella A. ab (Taf. XXVI, Fig. 41). Bei ihr ist von - Ader IV nur das mit II] gemeinsam verlaufende Stück erhalten. Mit dem Ausfall von /V fallen natürlich auch die merkwürdigen Verbin- dungen ihres Endtheiles fort, resp. sind wohl gar nie zur Ausbildung gekommen. II schiekt nur noch drei Äste zum Vorderrand, II, ;) und Hr, s) bleiben beide ungegabelt. III verhält sich wie bei dem anderen Typus. Auf dem Hinterflügel von Nepticula bleiben III und IV unge- - theilt. Das Geäder von Trifurcula (Taf. XXVI, Fig. 42 von Tr. palli- della ZIl. nach Hrrrıcn-ScHÄrrer) können wir mit Hilfe des zuerst be- - sprochenen Nepticulatypus deuten. Die Adern II/ und IV sind (wohl erst sekundär) ganz verschmolzen; der eine Endast ist nach Analogie mit den Nepticula-Arten dem Bezirk /IJ, der andere IV zuzutheilen. Der Gabelast 1/4, 5, welcher bei Nepticula eine Gabel bildet mit dem End- ast von III, steht bei Trifurcula basal nur mit /// in Verbindung. Das zwischen /I/a,;), und dem Endast von III gelegene Stück von Il«, 5) ist = mach den Abbildungen der Autoren ausgefallen, wahrscheinlich wird es . als Trachee noch aufzufinden sein. Der Hinterflügel unterscheidet sich E von dem der Nepticula-Arten dadurch, dass III gegabelt ist. a Auf die anderen Familien der Microlepidopteren gehe ich nicht ein, ich habe mich überzeugt, dass die Aderverhältnisse bei ihnen Allen sich auf das Schema zurückführen lassen, auch bei den zu den Pyralo- crambiden gehörigen Pterophorinen. Damit verlassen wir die »Kleinschmetterlinge« und wenden uns den ursprünglichsten Typen zu, welche unter den »Großschmetter- lingen« stehen, den Hepialiden und Cossiden, um dann nur noch die Psychiden zu besprechen. Bei Betrachtung der Hepialiden und _ Cossiden werden wir Gelegenheit haben, die Unrichtigkeiten in den Reprexpacner’schen Deutungen aus einander zu setzen, die Psychiden _ wählen wir einmal wegen der großen Schwierigkeiten, welche ihrer _ Deutung entgegenstehen, und dann, weil sie in vielen Beziehungen den Ausgangsformen anderer Falterfamilien nahe stehen. Einer Be- handlung von mehr Familien glauben wir desshalb enthoben zu sein, weil wir in dem Abschnitte über die Ontogenie des Geäders Repräsen- tanten der verschiedensten Familien herangezogen haben. Das Hepialiden-Geäder haben wir oben bei Ableitung des Schemas auf phyletischem Wege auf das der Trichopteren zurückgeführt und hervorgehoben, wie genau Vorder- und Hinterflügel bei diesen Formen 44* 636 ‘Arnold Spuler, noch übereinstimmen. REDTENBACHER deutet das Geäder derselben ! folgendermaßen: Der Cubitus (unser Hauptstamm IV) theile sich nach seinem Ursprung in zwei Äste, deren hinterer sich nochmals gabele. Aus dem vordersten dieser drei Gubitaläste entspringe eine zarte Kon- vexader, die sich in ihrer Mitte gabele und die Ader V (unsere Ader 17]) darstelle. Diese Deutung halte ich nicht für richtig und halte ihr gegenüber meine oben gegebene Darstellung des Hepialidengeäders (Taf. XXV, Fig. 9) aufrecht, weil durch dieselbe erstens die Verhält- nisse der Hepialiden in vollständige Übereinstimmung mit den Miero- pteryginen und den Trichopteren gebracht werden, und zweitens, weil uns die Ontogenie sämmtlicher nicht hochgradig modifieirter Flügel- geäder gezeigt hat, dass Ader /V mit zwei, Ader /1/ mit drei End- ästen angelegt wird. Aber auch der Verlauf der Adern im Hepialiden- flügel an und für sich muss uns zu der von mir gegebenen Deutung führen. Wir werden doch gewiss eher annehmen, dass die Haupt- stämme sich bei primitiven Faltern, und solche sind unbestritten die Hepialiden, näher der Basis von einander trennen, als dass von dem Endaste eines Stammes ein anderer Hauptstamm entspringe. So liegen aber die Verhältnisse bei unserem Falter (Taf. XXV, Fig. 9). Es ist die REDTENBACHER’Sche Deutung um so merkwürdiger, als er das Geäder von Limnophilus noch ganz richtig interpretirt hat. Reduktionen des Geäders finden sich des öftern bei den Hepialiden, so bleibt Ader IIo,s, häufig ungegabelt. Wir schließen hieran die Cossiden und wählen zur Betrachtung den Cossus ligniperda (Taf. XXV, Fig. 10). Der Habitus ähnelt viel mehr dem der anderen Schmetterlinge, als dies derjenige der Hepialiden thut, vor Allem desshalb, weil die vollständige Reduktion der Endäste 1], bis /J, zu einer Ader auf dem Hinterflügel eingetreten ist. Bei den Cossiden kommt es zur Ausbildung eines richtigen Discoi- dalfeldes, auf dem Vorderflügel deutlicher als auf dem Hinterflügel, wie zumeist bei den Schmetterlingen. Dies erklärt sich aus der ver- schiedenen Funktion der Flügel, die vorderen dienen zur aktiven Fort- bewegung, die hinteren mehr als Fallschirm und als Steuer, für die vorderen ist daher die Ausbildung eines gleichmäßig gut ausgespannten Flügeltheiles (dies ist die Bedeutung der Discoidalfeldbildung, wir haben desshalb das Discoidalfeld als physiologisch, nicht als morphologisch einheitlichen Begriff aufzufassen) in hohem Grade nöthig, für die hinte- ren viel weniger. Der schwirrende Flug ist eine Folge der Nichtausbil- dung eines Discoidalfeldes, wie wir dies am besten bei den männlichen 1]. e. p. 19. Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 637 1 4 Gastropacha sehen resp. hören können; wegen des kräftigen Flügel- - baues haben diese einen zwar schnellen, aber wegen der Nichtausbil- dung des Discoidalfeldes einen unstäten Flug. Dagegen haben die Fal- 3 ter, welche ein großes Discoidalfeld besitzen, wie die meisten Papilios, _ einen ruhigen, schwebenden Flug. Der unstäte ist bei solehen Formen Em finden, welche im Gebüsch fliegen, von der Schwebfähigkeit könn- _ ten diese Thiere keinen Gebrauch machen. Dahingegen zeigen die - Thiere, welche über weite Striche dahinziehen, natürlicherweise den schwebenden Flug. So stehen Ausbildung des Discoidalfeldes und die dadurch bedingte Flugweise in den engsten Beziehungen zur Lebens- _ weise des Trägers, und man wird diese bis zu einem gewissen Grade - aus dem Bau des Flugorgans erschließen können. Zum Beispiel können wir bei den Papilios aus der Flügelbildung der Vertumnusgruppe sehen, dass die Thiere im Walde fliegen, aus der des Segelfalters und seiner - Verwandten, dass sie über offene Strecken, resp. über den Wald da- - hinziehen. Dass die Hinterflügel als Steuer dienen, kann man einmal - dadurch nachweisen, dass man sie einem Thiere mehr oder weniger vollständig wegnimmt und die Folgen dieser Manipulation für das Flug- - vermögen beobachtet, dann daraus, dass die guten Flieger mit kleinen - Hinterflügeln, wie die Macroglossen, den Ausfall der Hinterflügelsteue- rung durch die Ausbildung von Haar- und Schuppenbüschel am Ende des Abdomens ersetzt haben. Dabei kommt es also gar nicht auf die | 3 Nachahmung eines Vogelschwanzes, um sich durch Mimicry zu schützen, _ an, sondern darauf, die nachtheiligen Wirkungen der abgestutzten - Form der Hinterflügel auf die Lenkbarkeit des Fluges zu paralysiren. Bei dem Flug der Schwärmer sind Beziehungen zwischen Ausbildung der Flugorgane und der Art des Fluges ebenfalls aufzufinden. Die - kräftigen Thiere haben einen ausdauernden und reißend schnellen Flug, die Bewegung erfolgt ziemlich geradeaus in Stößen, oder in - flachen Bogen, wozu die Steuerwirkung der Hinterflügel bei den Sphin- ges ausreicht. Stärkere Drehungen werden auf der Stelle ausgeführt, indem das Thierchen durch einen Ruck seine Körperstellung, und damit die Richtung des Flügelschlages ändert, und bei diesem Ruck _ kommen die Büschel am Abdomen der Macroglossen namentlich zur Wirkung. Die Drehung durch die Wirkung eines durch seine Stellung 2 gegen die Luft wirkenden Steuers kann nur bei einer Vorwärtsbewe- gung des Thieres ausgeführt werden. Dazu haben die beim Saugen dicht vor der Blume so zu sagen in der Luft stehenden Falter keinen Raum. Für sie sind nur Flugorgane brauchbar, welche ihnen die Dre- _ hung auf der Stelle gestatten. Als Steuerorgan waren somit große - Hinterflügel werthlos. Da sie aber der freien Bewegung. der Vorder- 635 Arnold Spuler, flügel, wenn sie groß sind, nur hinderlich sein können (sie werden zum Theil von den Vorderflügeln, an die sie durch Haftapparate angeheftet sind, mitbewegt, da ihre Muskulatur nur schwach ist), so war ihre Ver- kleinerung ein Vortheil für die Schwärmer. Wie die Flugfähigkeit und Flugweise genau mit Flügelbau und Lebensweise zusammenhängen, kann man namentlich auch schön durch Vergleichung von Sph. convol- vuli mit Smerinthus populi sehen. Doch wir wenden uns dem Thema wieder zu. REDTENBACHER zählt bei den Cossiden zu dem Bezirke III (V nach seiner Nomenklatur) nur noch eine Endader, nämlich III, (Taf. XXV, Fig. 10), denn er theilt fälschlich dem sog. Sector Radii fünf, dem Cubitus drei Endäste zu. Die falsche Deutung REDTENBACHER’S ist bei Ader /V dadurch bedingt, dass REDTENBACHER durch die unrichtige Interpretation von Hepialus dazu ge- kommen ist, bei allen Schmetterlingen der Ader /V (dem Cubitus) drei Endäste zuzutheilen. Bei der unrichtigen Zutheilung der Endäste zu I/ mag wohl die Auffassung der peripheren Flügelfalten als Konkavadern die Schuld tragen. Zwischen //a, ;, und III, zwischen II und III, und eben so zwischen /I], und IV, sind Queradern zur Ausbildung ge- kommen. Die basalen Theile von //I sind schwach, die Endäste finden daher in ihnen keine genügende Stütze und sind desshalb auf IAa, 5) resp. IV, verstrebt. In Folge dessen wird der basale Theil von /IT, nach vorn, der von /Il, nach hinten verzogen. Die Konfiguration dieser Aderstücke ist also die Folge der schwachen Ausbildung der basalen Theile von I/II und der Vortheil der neuen Anordnung ist darin zu sehen, dass durch die Verziehung der basalen Theile von ///, und III das Discoidalfeld eine Begrenzung gegen den Saum zu erhält, welche geeigneter ist, dasselbe gespannt zu halten als die frühere es war, bei welcher die einzelnen Bestandtheile der Umgrenzung in spitzern Winkeln auf einander stießen. Die Anordnung des Geäders, wie sie die Hepialiden zeigen, musste aufgegeben werden, um der Flügelspitze, resp. dem Vorderrand durch Zusammendrängung der Adern an den- selben einen stärkeren Halt zu geben. Die gleiche Wirkung dürfte wohl auch die Anhangszellenbildung haben, welche REDTENBACHER richtig morphologisch dadurch erklärt, dass die primären Gabeläste IIa,;, und II«, ;, auf eine Strecke weit verschmelzen. Nachdem nach- gewiesen ist, dass die Costa mit den Adern morphologisch nichts zu schaffen hat, fällt auch die Hypothese ReDTENBACHER'S, dass sie bei Cossus auf dem Hinterflügel einwärts gewandert sei. Ader //, kann so ausgebildet sein, wie es Taf. XXV, Fig. 10 zeigt; die durch Punkte angegebene Falte kann indessen auch fehlen und //, direkt zu I verlaufen. Wir sehen auch hier, wie schon oben bei Mieropteryx, Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 639 > in welcher Weise das bei den Schmetterlingen zumeist sich findende ee Verhalten, dass nämlich /I mit I durch eine scheinbare Querader ver- bunden ist, zu Stande kommt. An Hepialus und Cossus glaube ich zur : Genüge gezeigt zu haben, dass und durch welche Umstände veranlasst REDTENBACHER’S Deutung des Schmetterlingsgeäders in manchen Punkten verfehlt ist. Da es durchweg fast die gleichen Dinge sind, durch welche REDTENBACHER’S Ansicht von meiner abweicht, so hatte ich keine Ver- anlassung, bei jeder Familie, über welche Angaben REDTENBACHER’S Vor- liegen, diese zu diskutiren. Das Geäder von Zeuzera ist stärker differenzirt als das von Cossus, dasjenige von Z. arundinis noch mehr als das von Z. aesculi, welches wir jetzt ansehen wollen (Taf. XXV, Fig. 11). Der Ast von /zum Wurzel- theil des Vorderrandes, welchen wir bei Cossus nicht finden, ist vorn und hinten entwickelt. Die Bildung der Anhangszelle weicht dadurch von der bei Cossus ab, dass II, ;, nicht mit IIo, 5, sondern, wie zumeist bei den Faltern, mit I], verschmolzen ist. 1], ist durch eine Querader mit IIa, 5, II, eben so mit II], verbunden. Während aber bei Cossus die Querader eben so wie die zwischen I/II, und IV, wohl zu erkennen ist, liegen bei Zeuzera aesculi der Anfangstheil von IV,, dann die Quer- ader zu /I];, weiter ein Stück von III, und endlich die Querader von II]; zu II], fast in einer Richtung, so dass nur durch die Analysirung des Geäders festgestellt werden kann, welche Abschnitte dieses Zuges als Quer- und welche als Längsadern aufzufassen sind. Faltenadern sind wie bei Cossus auf Vorder- und Hinterflügel je zwei. Die Ader IT, des Hinterflügels ist stets in ihrem distalen Theil mit / verschmol- zen. Sonst möchte ich nur noch hervorheben, dass im Bereich der Adern III und /V auf Vorder- und Hinterflügel in der gleichen Richtung die Differenzirung erfolgt ist. Die anderen Cossiden lassen sich ohne Schwierigkeit nach dem Ausgeführten aus dem Verhalten von Cossus und Zeuzera verstehen. Die Psychiden sind eine Faltergruppe, welche aus verschiedenen Gründen unser Interesse erwecken. Einmal können wir in dem Leben der Raupen in Säcken nicht etwas sekundär Erworbenes erblicken, sondern wir glauben, dass SpEyEr ganz Recht hat, wenn er annimmt, dass diese Eigenthümlichkeit ein bestehen gebliebener gemeinsamer Charakter der Psychiden wie der Trichopteren sei. Das Vorkommen von den Trichopterenhaaren ähnlichen Bildungen an Stelle richtiger Lepidopterenschuppen bei der Mehrzahl der Formen lässt uns einen recht primitiven Flügelcharakter vermuthen. Dem ist in gewissen Punkten in der That so: durchweg ist der gemeinsame Basaltheil des Systems //1 als deutliche Ader erhalten, bei manchen auch der hintere 640 Arnold Spuler, primäre Gabelast von //. Wir gehen auch bei dieser Familie natur- gemäß von den niedersten Formen aus, den Talaeporiden. TalaeporiapseudobombycellaHb. zeigt uns ein typisches Tineinengeäder (Taf. XXVI, Fig. 43). Da die basalen Theile von /7J wohl erhalten sind und eben so II«a,5,, so können wir mit Sicherheit die vorhandenen Endäste des Vorderflügels folgendermaßen bezeichnen: I; IL, Ib, IL, IL, 15; IL, II, IL; IV,, IV; V; @ und, den unteren Theil der Wurzelschlinge bildend, $#. Der Hinterflügel weist Haftborste, / mit II, verschmolzen; II; III,, IIL, ILL; IV,, IV; V; a und $ auf. II, und ZI], des Oberflügels können zu einer Ader ver- schmolzen sein (Solenobia pineti Z.). Kleine individuelle Variationen im Aderverlauf finden sich nicht selten. Der Übergang zu den höheren Formen wird durch die Fumea- und Epichnopteryxarten gebildet. Im Habitus des Mänuchens gleichen sie den differenzirten Psychiden, doch findet sich I/a, 5) hier und da angedeutet (Fumea intermediella Brd. Taf. XXVI, Fig. 44), und meist sind « und ß zu einer Wurzelschlinge verbunden. Bei vielen hierher gehörigen Arten ist der basale Theil von III sowie I/Iı,a2, und der Wurzeltheil von III; erhalten, was für die Feststellung der Verhältnisse von /1/ der Hinterflügel von Psychiden von Wichtigkeit ist (siehe Fig. 49, Taf. XXVI von Fumea betulina). Charakteristisch ist für die Flügel der Arten des Genus Psyche, dass Ader « verhältnismäßig sehr lange nach ihrem Ursprung einen Ast zum Innenrand sendet. Offenbar ist dies Ader f, welche in ihrem basalen Theil lange mit « verwachsen ist, während sie bei den niede- ren Formen den hinteren Theil der Wurzelschleife bildet, ein Verhalten, das auch bei den Arten des Genus Psyche ab und zu noch angedeutet ist. In System I/ unterscheiden sich die anderen Genera von den Talaeporiden. Gewöhnlich sind nur vier Endäste ausgebildet; kommt ein fünfter vor, wie beiPs. febretta Boyer d. Fonscolombe (Taf. XXVI, Fig. 45), Ps. apiformis Rossi (Taf. XXVI, Fig. 46) und anderen, so bildet er mit dem dritten eine Endgabel. Wir haben demnach bei den Formen mit vier Endästen den dritten als durch Verschmelzung von II; mit II, entstanden aufzufassen. Für die Richtigkeit dieser Deutung spricht, dass die mit den Psychiden in Beziehung stehenden Macrole- pidopterenfamilien alle die Anhangszellenbildung oder die basale Ver- schmelzung der einander benachbarten Äste der beiden Endgabeln zeigen, was sich leicht aus der Anhangszellenbildung herleitet, denn die Verbindung durch eine sekundäre Querader prädisponirt, wie wir schon früher gesehen, zur Verschmelzung der verbundenen Adern. Geht der Einschmelzungsprocess weiter, so kann der vierte Endast (II,) vom dritten (/Ig..4)) entspringen z. B. beiFumea intermediella Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 641 (Taf. XXVI, Fig. 44) oder Psyche hirsutella,Hb., oder es können, indem auch diese verschmelzen, gar nur noch drei Endäste von 1] vor- - handen sein, wie bei Psyche albida Esp. (Taf. XXVI, Fig. 47). Die Be- q zeichnung der Endäste von // wäre demnach für diesen letzten Fall E" Il, I +4, 9- j Da, wie wir oben gesehen haben, ausgefallene Adern in der Onto- genie vielfach nicht wiederholt werden, so wtirde jedenfalls diese mit der phyletischen Ableitung nicht übereinstimmen; denn wenn die Adern ebenfalls nur in Form von drei Tracheen aneelacı würden, so ' müssten wir sie als II), IIa,s), und IIa,s) auffassen. Sowie irgendaee bedeutendere Abweichungen in der Ontogenie vorliegen, so dürfen wir ; sie nicht allein als maßgebend betrachten, die vergleichende Ableitung 4 verdient in diesen Fällen, in denen cenogenetische Processe sich mit | abspielen, unbedingt den Vorzug. 4 Auch im Bereich des Systems III finden wir zum Theil beträcht- liche Umwandlungen, wenn auch natürlich meist die typischen drei 2 - Endäste vorhanden sind. Die Adern II], und I/II, können auf eine f Strecke mit einander verschmolzen sein; für gewöhnlich sind sie durch eine sekundäre Querader verbunden, die eben zur Verschmelzung auf _ eine kürzere oder längere‘ Strecke prädisponirt. Man könnte ja auch } 4 - versucht sein, zur Erklärung des fraglichen Verhaltens anzunehmen, u _ dass bei diesen Schmetterlingen zuerst //I, vom Hauptstamme ent- ; spränge, der sich dann in III, und III, gabelte. Bedenken wir aber, dass bei den meisten Psychidenformen auf dem Hinterflügel, bei man- B Ehen auch auf dem Vorderflügel (Psyche vieiella Schiff. Taf. XXVI, - Fig. 50) der Stammtheil von III, resp. das Ill, a) entsprechende Stück - desselben, mit dem System II durch eine Querader verbunden und dadurch dem Vorderrand näher gerückt ist als selbst III), so ergiebt - sich daraus in Folge der Lage, die der basale Theil von /II, einnehmen 4 muss, eine Prädisposition zur Verschmelzung von Theilen der Ader II], mit IIJ,. Durch dieses Verhalten wird die Annahme einer Änderung | R der Ursprungsstellen der Endäste von III schon sehr unwahrscheinlich. Alle Befunde aus der Ontogenie, die wir kennen gelernt haben, recht- ; fertigen eine derartige Hypothese nicht, und das Verhalten der basalen Theile von III bei Fumea (Taf. XXVI, Fig. 49) widerspricht ihr. Wir müssen demnach unsere Erklärung, nämlich dass die Endgabelbildung durch partielles Verschmelzen von II], und III, zu Stande kommt, für die richtige halten. Die Verschmelzung kann vollständig werden, so dass also nur noch zwei Endäste von IJI vorhanden sind, wie uns oft Psyche hirsutella und normalerweise Ps. albida (Taf. XXVI, Fig. 47) zeigen. Dass wir es wirklich mit einer Verschmelzung zweier Adern 642 Arnold Spuler, zu thun haben, wird, abgesehen davon, dass wir sie bei vielen Formen vorbereitet sehen, einmal durch das Vorkommen von Varietäten, bei denen die betreffende Ader sich vor dem Ende gabelt (oft bei Ps. hir- sutella), dann durch das analoge Verhalten des en bei vielen Arten bewiesen. Leicht verständlich ist das Verhalten der Aderung de s Hinter- flügels von Ps. Febretta (Taf. XXVI, Fig. 45) nach dem Bau von Zeu- zera aesculi (Taf. XXV, Fig. 11). IIR und II], sind, wie beim Ober- flügel, auf eine Strecke verschmolzen. Bei Ps. viciella Schiff. (Taf. XXVI, Fig. 50) oder Ps. apiformis (Taf. XXVI, Fig. 46) sehen wir, dass nicht mehr /I/I, sondern der Stamm III, resp. IIIa,>) durch eine Querader mit System // verbunden und dadurch mehr dem Vorderrand genähert ist; alle drei Endäste sind erhalten. Indem I/II, und III, ganz ver- schmelzen, kann dann /// nur noch zwei Endäste zeigen: /IJ, und IIIa + 3, (Ps. graminella Schiff. Taf. XXVI, Fig. 51). Vergleicht man bei Fumea betulina die Beziehungen der Bil adern zu den im Discoidalfeld liegenden Theilen von ///, so wird man annehmen, dass /I], ausgefallen ist, die restirenden Adern also für III, und III, ansprechen. Würde man: dann hier Ps. graminella (Taf. XXVI, Fig. 51) anschließen, so müsste man die hier vorhandenen zwei Endäste als II}, und III, auffassen und annehmen, dass II, ausgefallen oder mit // verschmolzen sei. Dies wäre ein falscher Ana- logieschluss, denn für die höheren Psychiden ist eben charakteristisch, dass sehr oft Stamm III näher bei // liegt als die Endäste, namentlich aber tritt dies bei den Formen, welche Reduktionen im Geäder aufweisen, klar in den Verlauf des basalen Theiles von 11/ zu Tage (siehe Taf. XXVI, Fig. 51 von Ps. graminella). Da wir bei den Formen mit drei Endästen von II] fast immer III, und III, ein Stück weit vereinigt sehen, so müssen wir annehmen, dass durch ihr vollständiges Verschmelzen eine Ader ausfällt, die noch vorhandenen also als IIT, und Ile +) gedeu- tet werden müssen. Geht dieser Process weiter, so können, wie bei Ps. viciella v. stetinensis Hering (Taf. XXVI, Fig. 48) oder villosella O., die zwei Endäste ein Stück weit verbunden sein; dass nach ihrer Her- kunft nicht parallel verlaufende Bestandtheile so zusammengetreten sind, zeigt der oft auffallend divergente Verlauf der Gabelenden (Taf. XXVI, Fig. 50) und dies weist uns wiederum darauf hin, dass IH, es ist, die hier an IIIa + 3, herangezogen wird, denn dass I/II, II und /II, angelegt werden, beweist deren Vorkommen bei der der Stammform näher stehenden vieiella. Schließlich kann nur noch ein Endast übrig bleiben, wie die Figur von Ps. albida zeigt, bei welcher anormalerweise jedoch ein in der Verlängerung des Stammtheiles Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 643 4 von III gelegener Ast vorhanden sein kann; es ist dieser dann als die durch Rückschlag wieder aufgetretene Ader III, aufzufassen. Dies Workommen beweist zugleich, dass wir auch bei Ps. albida trotz der R 3 Konfiguration des Geäders, keine Verschmelzung von I/II, mit II an- nehmen dürfen. ” Eine auffällige Annäherung von IT an III kommt vor z. B. bei 17 Graslinella B., welche übrigens alle drei Endäste von I/II besitzt; in der 4 Regel jedoch verläuft IT der Ader / genähert, wie es der Verschmel- zung von I], mit J entspricht. Es kann nun auch der basale Theil von _ IH mit I verbunden sein (siehe Taf. XXVI, Fig. 46 von Ps. apiformis). Ja, sie können sogar von Anfang bis Ende zu einer Ader verschmolzen sein; wiederum ist es Ps. albida, welche uns diese Enddifferenzirung zeigt (Taf. XXVI, Fig. 47). = Zur Zeit stehen in dem gebräuchlichen Schmetterlingssystem die - "Talaeporiden bei den Tineinen, die Psyche, Epichnopteryx und Fumea- Arten als Psychiden bei den Bombyces. Dieses Auseinanderreißen - einer Familie ist zu verwerfen, namentlich aber die Art der Trennung. - Wenn wir im System den Sammlern entgegenkommen wollen, und das ist der einzige Grund, der für die heute übliche Trennung der 7 Familie geltend gemacht werden könnte, so müssen wir die Grenze = zwischen Psyche undgewissen Fumea-Arten einerseits und allen übrigen 1‘ andererseits durchlegen. Durch die Bildung der Flügel gehören die - Talaeporiden zu den Tineinen, die Wurzelschlinge von « allein genügte 4 schon, um Fumea und Epichnopteryx ebenfalls dahin zu stellen. Dazu kommt aber, dass in Habitus und Lebensweise die Weibchen mancher - Fumea- und die der Epichnopteryxarten und der Talaeporiden mit einander viel näher verwandt sind, als irgend welche von beiden E Gruppen mit denen der Gattung Psyche und des anderen Theiles der ne Fumea-Arten. Aber ich wiederhole: jede Trennung, bei welcher die - einen Formen zu den Macro-, die anderen zu den Microlepidopteren >. gestellt werden, ist unnatürlich. Die Psyche-Arten selbst wieder re- präsentiren nicht nur eine Formenreihe. Sie zerfallen in zweiGruppen: Bei der einen ist der Stammtheil von /I/ auf Vorder- und Hinter- flügel näher an II gerückt als einer der Endäste (Viciella ete.), bei der anderen ist //Z, der Vorderflügel mit ZI durch eine Querader verbun- den und sucht also dort seine Stütze zu gewinnen; zum Theil ist III der Unterflügel // mehr genähert als I/II, (Graminella), bei anderen aber zeigt das Geäder auch hierin den gewöhnlichen Verlauf (Febretta) und diese letzteren Formen sind die nächsten Verwandten des Typus, von dem die Zygaeniden einer- die Arctiiden und Lipariden anderer- seits abzuleiten sind. Die Lithosiiden sind vielleicht auch anzuschließen 644 Arnold Spuler, und zwar an einen Zweig, der sich von den Talaeporiden zu den Cram- biden und Phycideen hin erstreckt. In Anbetracht der großen Menge von Variationen, namentlich auch individuellen, welche das Psychidengeäder darbietet, und mit Rück- sicht auf die phyletische Bedeutung dieser Familie wird man es ge- rechtfertigt finden, dass wir ausführlicher auf die Psychiden einge- gangen sind. Zum Schlusse dieser Arbeit, die hoffentlich manche Anregung zur Erforschung der phyletischen Beziehungen der Schmetterlinge und überhaupt der Insekten zu einander geben wird, spreche ich meinem hochverehrten Lehrer Herrn Geh. Rath Weısnann für das warme Inter- esse, das er, wie während meines ganzen Studienganges, so auch diesmal meiner Arbeit entgegenbrachte, meinen wärmsten und besten Dank aus. Herrn Prof. Gruser und Herrn Prof. H. E. ZıesLer bin ich nament- lich für ihren freundlichen Rath, den sie mir vielfach bei Anordnung und Darstellung des Stoffes zu Theil werden ließen, zu größtem Danke verpflichtet. Mein verehrter Lehrer in der Entomologie, Herr G. Reurtı und eben so Herr A. Mezss haben mich in der freigebigsten Weise mit Material versorgt; ich verdanke ihrer Liebenswürdigkeit den größten Theil der untersuchten Microlepidopteren. Auch an dieser Stelle sage ich ihnen hierfür und für das alle Zeit mir bewiesene Wohlwollen meinen herzlichsten Dank. Freiburgi. Br., Oktober 1891. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXV. Fig. 4. Kopie nach Hasen, 1. c. Fig. 4. Man sieht, in welcher Weise der Autor die Endäste zu Gruppen vereinigte. Man vergleiche die Fig. 49, welcher unsere Deutung beigeschrieben ist. Fig. 2. Flügelgeäder von Blatta germanica. Fig. 3. Flügelgeäder von Fulgora laternaria nach REDTENBACHER. Fig. 4. Flügelgeäder von Philopotamus scopulorum. Fig. 5. Flügelgeäder von Stenophylax concentricus. Fig. 6. Flügelgeäder von Leptocerus. Fig. 7. Flügelgeäder von Malona. Fig. 8. Flügelgeäder von Micropteryx aureatella. Mit x ist der Flügelanhang bezeichnet. Fig. 9. Flügelgeäder von Hepialus sylvinus. Fig. 40. Flügelgeäder von Cossus ligniperda. Fig. 41. Flügelgeäder von Zeuzera aesculi. Fig. 12. Flügelgeäder von Mamestra brassicae. Subimaginalstadium. Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. 645 ? Fig. A3.Flügelgeäder von Mamestra brassicae, definitives Geäder, die ge- ‚schlängelten Linien geben den Tracheenverlauf an. “ Fig. 14. Flügelgeäder von Phalera bucephala. Subimaginalstadium. B Fig. 45. Flügelgeäder von Harpya vinula. Subimaginalstadium. Fig. 15a. Flügelgeäder von Harpya ereminea. Definitives Geäder. Fig. 416. Flügelgeäder von Dasychira pudibunda. Subimaginalstadium. Fig. 47. Flügelgeäder von Papilio machaon. Subimaginalstadium. Fig. 18. Flügelgeäder von Vanessa Io. Subimaginalstadium. Fig. 19. Flügelgeäder von Vanessa Io. Definitives Geäder. Fig. 20. Flügelgeäder von Earias chlorana. Subimaginalstadium. L. Fig. 21. Flügelgeäder von Acronycta rumicis. Subimaginalstadium. Variation. n Fig. 22. Flügelgeäder von Smerinthus ocellata. Subimaginalstadium. Fig. 22a. Flügelgeäder der Sphingiden. Definitives Geäder. “ Fig. 23. Flügelgeäder von Pieris brassicae. Subimaginalstadium. 5 Fig. 23a. Flügelgeäder von Pieris brassicae. Definitives Geäder. % Fig. 24. Flügelgeäder von Pieris rapae. Subimaginalstadium. Fig. 25. Flügelgeäder von Leucophasia sinapis. Definitives Geäder. Fig. 26. Flügelgeäder von Teras logianum. Subimaginalstadium. % Fig. 27. Flügelgeäder von Lycaena amphidamas. Subimaginalstadium. f Fig. 28. Flügelgeäder von Pieris brassicae. Atavistische Varietät des Sub- _ imaginalstadiums. 4% Fig. 29. Querschnitt durch eine Ader desfertigen Flügels von Triphaena pronuba. 3 Fig. 30. Querschnitt durch eine Flügelader einer jungen Puppe von Pieris brassicae. | Fig. 34. Theil der Innenrandzone des Vorderflügels von Laverna vanella. Die Bezeichnungen in den Fig. 29—34 bedeuten: 08, Oberseite des Flügels; hy, Hypodermis; - Us, Unterseite des Flügels ; hy’, dichte Anhäufung der Hypodermis- 2 ch, äußere Chitinschicht; kerne gegenüber der Trachee; 4 isch, innere, ehikinähnliche Schicht; r, Flügelrippe ; Bi, leistenförmige Verdickung des Chitins ir, Tracheen; 3 an der Us des Flügels; nir, Nebentrachee; E bik, Blutkörperchen ; sch, Ansatzstellen der Flügelschuppen. Tafel XXVI, Fig. 4. Schema des Vorderflügelgeäders der Schmetterlinge. ii Fig. 2. Schema des Hinterflügelgeäders der primitivsten Schmetterlinge, der | Mieropteryginen und Hepialiden. a Fig. 3. Modificirtes Schema des Hinterflügels, /A ist, wie dies zumeist der Fall ist, mit / verschmolzen gezeichnet, der seltene getrennte Verlauf ist gestrichelt . eingezeichnet, eben so die Konfiguration der Basis von /bei Vorhandensein der . Flügelgeäder von Tinea parasitella H. . Flügelgeäder von Blabophanes rusticella H. . Flügelgeäder von Atemelia torquatella ZIl. . Flügelgeäder von Cerostoma radiatellum Dr. . Flügelgeäder von Depressaria liturella S. V. . Flügelgeäder von Teleia dodecella L. 0, Flügelgeäder von Parasia neuropterella ZIl. 646 Arnold Spuler, Zur Phylogenie und Ontogenie des Flügelgeäders der Schmetterlinge. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig, Puppe. Fig. Geäder. Fig. 44, 12. 13. Ah, 45. 16. AT. Flügelgeäder von Cleodora striatella V. Flügelgeäder von Anarsia spartiella Schr. Flügelgeäder von Pleurota rostrella H. Flügelgeäder von Chauliodus chaerophyllellus Goeze. Flügelgeäder von Stagmatophora pomposella ZIl. Flügelgeäder von Butalis fallacella Schl. Flügelgeäder von Elachista perplexella St. 47a. Flügelgeäder von Elachista pollinariella ZI. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. der Puppe. Fig. 27. tives Geäder. Fig. Fig. ‚Fig. Fig. 28. 29. 30. 31. bildungen. Fig. Fig. Fig. Fig. . 36. „Bl, . 38. Arad: A AH 32. 33. 34. 35. 42. 43. 44, „4b. SCHÄFFER. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 46. 47. 48. 49. 50, 51, Flügelgeäder von Douglasia ocnerostomella St. Hinterflügel. Flügelgeäder von Coleophora otitae ZIl. Vorderflügel. Flügelgeäder von Coleophora ornatipenella ZIl. Hinterflügel. Flügelgeäder von Coleophora auricella F. Vorderflügel. Flügelgeäder von Coleophora limosipenella Dp. Hinterflügel!. Flügelgeäder von Argyresthia goedartella L. Flügelgeäder von Gracilaria syringella F. Vorderflügel, Geäder der Flügelgeäder von Gracilaria syringella F. Vorderflügel, definitives Flügelgeäder von Coriscium cuculipenellum H. Hinterflügel, Geäder: Flügelgeäder von Coriscium cuculipenellum H. Hinterflügel, defini- Flügelgeäder von Ornix betulae St. Flügelgeäder von Cosmopteryx Druryella Z1. Flügelgeäder von Tischeria complanella H. Flügelgeäder von Cemiostoma spartifoliella Hb. Verlauf der Chitin- Flügelgeäder von Cemiostoma spartifoliella Hb. Verlauf der Tracheen. Flügelgeäder von Cemiostoma spartifoliella Hb. Nach ZELLER. Flügelgeäder von Cemiostoma spartifoliella Hb. Nach Herrıca#-ScHÄFFER, Flügelgeäder von Bucculatrix gnaphaliella Tr. Flügelgeäder von Oenophila Vflavum Hw. Seltene Form. Flügelgeäder von Oenophila Vflavum Hw. Gewöhnliche Form. Flügelgeäder von Phyllocnistis saligna ZI. Flügelgeäder von Lithocolletis cramerella F. Flügelgeäder von Nepticula argyropeza Zll. . Flügelgeäder von Nepticula plagicolella St. Flügelgeäder von Trifurcula palidella Zi. Nach HErrıca-SCHÄFFER. Flügelgeäder von Talaeporia pseudobombycella Hb. Flügelgeäder von Fumea intermediella Brd. Flügelgeäder von Psyche febretta B. d. Fonscolombe. Nach HERRIcH- Flügelgeäder von Psyche apiformis Rossi. Nach HERRICH-SCHÄFFER. Flügelgeäder von Psyche albida Esp. Nach HERrRICH-SCHÄFFER. Flügelgeäder von Psyche v. stetinensis Hering. Nach HERRICH-SCHÄFFER. Flügelgeäder von Fumea betulina. Flügelgeäder von Psyche viciella Schiff. Nach HErRIcH-SCHÄFFER. Flügelgeäder von Psyche graminella Schiff. “Beiträge zur Anatomie und Histologie der Gestoden | der Sülswasserfische. Von E, Adolph Kraemer w { | in Basel. Mi Mit Tafel XXVII und XXVIII. Einleitung. Obgleich in der Neuzeit, der Zeit der vervollkommenden mikro- skopischen Technik, die Arbeiten auf dem Gebiete der Helminthologie in erfreulicher Weise sich mehren, und durch größere und kleinere Aufsätze aus berufener Feder mehr und mehr Licht geschaffen wurde _ über den anatomischen und histologischen Bau verschiedener Genera | der Plathelminthen, so blieb doch bis dahin eine kleine, sehr beachtens- _ werthe Gruppe des großen Genus Taenia, die Tänien unserer Fische, _ eine » Terra incognita«. F Wie aus den speciellen Litteraturverzeichnissen ersichtlich ist, - haben bereits die ältesten Helminthologen eine Anzahl dieser Entopara- siten gekannt, aber ihr Wissen blieb zumeist auf die äußere Form des - Bandwurmkörpers beschränkt. \ Die Kenntnisse über die Tänien der Fische wurden sehr langsam und spärlich, oft nach jahrzehntelangen Zwischenpausen, von Beginn | “ dieses Jahrhunderts bis zur Jetztzeit vermehrt. 4 Die älteren Diagnosen von Bartsch, RupoLpaı, Dusarnın und DiesinG 3 wurden nach den 50er Jahren von einem oder dem anderen Beobachter _ um eine neue Erfahrung ergänzt. Besonders war es von Lınstow, wel- cher, wie auf so vielen Gebieten der Helminthologie, auch hier manchen Baustein hinzufügte. Im Jahre 1884 unterzog ZscHokkE in seinen Recherches eine Anzahl Fischtänien (Taenia ocellata, T. filicollis, T longicollis und T. torulosa) einer erneuten Untersuchung, die zum Theil am lebenden Objekt, zum Theil an hellen Totopräparaten gemacht, manchen erwünschten neuen Aufschluss gab. Ba Mh ne 648 Adolph Kraemer, Auf Wunsch meines Lehrers, Herrn Professor ZscHokkE, unterzog ich, da eine anatomisch-histologische Untersuchung der Fischtänien sehr wünschenswerth erschien und noch für keine Form gegeben war, einige mir zugängliche Arten einer neuen Bearbeitung. Durch einen glücklichen Zufall gelangte ich gleich zu Anfang meiner Arbeit in den Besitz eines ziemlich seltenen, sehr ungenügend bekannten Parasiten, des Gyathocephalus truncatus Kessler. Ich benutzte die günstige Gelegenheit diese eigenthümliche Cesto- dengattung eingehender zu studiren und habe mit ihrer Beschreibung meine Arbeit begonnen. Mitte dieses Sommers erschien eine neue Arbeit von v. Linstow, »Über den Bau und die Entwicklung von Taenia longicollis Rud.c. Sie war die erste anatomisch-histologische Beschreibung einer Fischtänie. Ich hatte diese Form ebenfalls bereits zu bearbeiten begonnen, da aber meine Präparate die v. Linstow’schen Untersuchungen nur bestätigen konnten, wurde ein Weiterarbeiten meinerseits unnöthig. Es würde mich freuen, wenn es mir gelungen ist, in folgenden Blättern ein bis jetzt dunkles Gebiet besser beleuchtet zu haben. Es sei mir an dieser Stelle noch erlaubt Herrn Prof. Dr. Zscuokke meinen verbindlichsten Dank auszusprechen für die Liebenswürdigkeit, mit der er mir stets begegnete und für sein Interesse, welches er meinen Arbeiten entgegenbrachte. Cyathocephalus truncatus (Pallas) Kessler. (Trutta fario.) (Taf. XXVIl, Fig. ı—14.) Litteratur. 4. Taenia truncata Pallas. 4784. Neue nordische Beiträge. I. p. 405. Taf. III, Fig>A. 2. Taenia truncata Pallas. 1786. Bartsch, Naturgesch. der Bandwürmer, p. 213. Fig. 474, 3. 1803. ZEDER, Naturgesch. p. 294. in nota Echinorhynchus. 4. Entozoon dubium Esocis lucii Rud. 4809. Ruporraı, Entoz. hist. nat. Vol. I. Pars 2. 5. Entozoon dubium Esocis lucii. 4849. RupoLpaı, Entoz. Synopsis. p. 196, 6. Cephalocotyleum Dies. 4850. Dıesine, Systema Helminthum. I. p. 620. 7. Cyathocephalus truncatus Kessler. 4868. KessLer, Beiträge zur Fauna des Onega-Sees. p. 435. Taf. VIII, Fig. 3. 8. Cyathocephalus truncatus Kessler. 4874. Grimm, Zur Anatomie der Binnenwür- mer. in: Diese Zeitschr. Bd. XXI. p. 502—504. 9. Cyathocephalus truncatus Kessler. 1884. ZscHoKKE, Recherches sur les vers parasites des poissons d’eau douce. p. 37, 40. Pl. IX, Fig, 9. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische, 649 . Cyathocephalus truncatus Kessler. 4889. E. LönngEre, Bidrag till Kännedomen om i Sverige förekommande Cestoder. in: K, Svenska Vet.-Akad. Hand- lingar. Bd. XIV. Afd. 4. Nr. 9. Bis jetzt bekannte Wirthe. Perca fluviatilis L. Lota vulgaris Cuv. Ventric. Trutta trutta L. Append. pylor. Coregonus Widegreni Malmg. Append. pylor. Esox lueius L. Pylorus. Coregonus fera Jur. Append. pylor. Salmo Umbla. Append. pylor. Trutta fario L. (neu). Append. pylor. Lucioperca sandra (neu). Append. pylor. Geschichtliches. 3 Cyathocephalus truncatus Kessler wurde 1780 von Parras (1) in - Esox lueius entdeckt und von ihm unter dem Namen Taenia truncata _ beschrieben. In ihrem Wesen vergleicht er sie mit dem knotigen Fisch- - bandwurm (Taenia nodulosa), nur seien sie dicker und plattrund. _Parras will in ihnen einen Übergang erblicken von den Gattungen | ; Taenia nodulosa, T. cystica zu seinen »Darmketten« (Taenia laticeps, T. hirudinacea, lumbricalis ete.). | Bartsch (2) ergänzt diese von Paris gelieferte Beschreibung nicht _ wesentlich. Beide geben bereits an, dass sich auf jeder Fläche des - Wurmes zwei Punkte, einer hinter dem anderen, erkennen lassen, die ziemlich gleich weit von einander entfernt liegen und so auf der ven- _ tralen und doralen Mitte des Thieres eine fortlaufende Linie bilden. - Der vordere Punkt wird als der größere bezeichnet. Eine Deutung, dass diese Punkte die Öffnungen der Geschlechtsorgane repräsentiren, _ vermochten sie nicht zu geben. 4 GueLın hielt Taenia nodulosa Pallas (junge geschlechtslose Exem- plare von Triaenophorus nodulosus Rud.) und Taenia truncata Pallas ftir identisch. (3 ZEDER (3) glaubte in unserem Parasiten einen Echinorhynchus mit eingezogenem Rüssel zu erblicken. @ Ruporpaıi (%, 5) und Dissıng (6) haben Cyathocephalus selbst nicht - gesehen und neigen nach den mangelhaften vorausgegangenen Beschrei- _ bungen zu der Ansicht, dass dieses Thier nichts Anderes als ein von seinem Wirth verschluckter Theil eines Bandwurms sei, und stellen ihm daher unter die »zweifelhaften Arten« (Entozoon dubium, Esoeis lueii Rud.). Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 49% ee 650 Adolph Kraemer, Kzsser (7) hatte das Glück mehrere Exemplare dieses Parasiten in Salmo trutta aus dem Onega-See zu finden; er hat den Gattungs- namen Cyathocephalus aufgestellt und die erste genauere Beschreibung gegeben. Grimm (8) fand Cyathocephalus in den Appendices pyloricäe von Perca fluviatilis und Coregonus Widegreni. Das größte von ihm aufge- fundene Exemplar war 18 mm lang und 2 mm breit. In seiner anato- mischen Beschreibung berücksichtigt er die Muskulatur, das Parenchym, sowie die männlichen und weiblichen Zeugungsorgane. Nach ihm be- steht die Muskulatur aus drei Systemen, einer äußeren Ringmuskulatur, auf welche eine 0,06 mm dicke Längsmuskulatur folgt; das dritte System wird von den dorsoventralen Muskeln dargestellt. Das männliche Zeugungsorgan ist nach Grimm in der Mitte des Gliedes gelegen und besteht aus dem Cirrusbeutel und etlichen Hoden, die als eine Reihe runder Körperchen hinter dem stumpfen Ende des Cirrusbeutels gelegen sein sollen, und endlich mit einem gemeinsamen Ausführungsgang in diesen einmünden. Aus seiner Beschreibung geht hervor, dass er fälschlich das varicös erweiterte und verschlungene Vas deferens, welches stets mit Samenfäden erfüllt ist und als Samen- blase fungirt, für die Hoden selbst gehalten hat, was bei dem blasen- förmigen Aussehen des Vas deferens leicht möglich war. Das weibliche Geschlechtsorgan besteht aus einem vielfach ge- schlängelten Kanal, welcher als Verschmälerung des Keimstockes den Uterus darstellt, und in einer Öffnung unterhalb des Cirrusbeutels nach außen mündet. Auf Grund seiner Untersuchungen zieht Grınm den Schluss, dass Cyathocephalus zu den Bothriocephaliden gehört und einen Übergang darstelle zwischen diesen und den Trematoden. Den von Kzsszer gegebenen Gattungsnamen Cyathocephalus möchte er in Monobothrium verändert haben. ZScHokkE (9) fand den Cyathocephalus in den Appendices pyloricae von CGoregonus fera, Salmo Umbla und Lota vulgaris. Coregonus fera und Salmo Umbla waren bis dahin unbekannte Wirthe. Die größten von ihm gefundenen Exemplare waren 12 mm lang und 1.5 mm breit. Seine an der Hand eines hellen Totopräpa- rates gegebene Beschreibung ergänzt in einigen Punkten das von Grimm Gegebene und giebt uns eine gute Charakteristik unseres Parasiten. ZSCHOKKE verwirft den Vorschlag von Grıum, den von Kesser gegebenen Gattungsnamen in Monobothrium umzuwandeln. E. Löxnserc (40) erwähnt kurz den Cyathocephalus in seiner fau- nistischen Arbeit. Er hatte das Glück,-Exemplare von 40 mm Länge Beiträge zur Anatomie und Histologie der Oestoden der Süßwasserfische. 651 "und 4 mm Breite in Perca fluviatilis aus dem See Glan in Östergötland zu beobachten. : Allgemeines und äußere Körperform. Die so isolirte Cestodengattung Cyathocephalus Kessler scheint F vornehmlich bei den räuberisch lebenden Salmoniden vorzukommen - und zwar im Norden wohl etwas häufiger als in südlichen Gegenden. - KesstLer und Grinm sammelten den Wurm in mehreren Bezirken Russ- _ lands, Lönnsere in Ostgothland, Zscuorke’s Exemplare stammen aus - Salmoniden der westschweizerischen Seen und ich fand zwei Exem- E plare in Trutta fario aus der Gegend von Basel. Im August fand ich - abermals drei Exemplare in einem bis dahin unbekannten Wirthe, - Lueioperca sandra. | Am häufigsten findet er sich fest angesaugt in kleinen Vertiefun- - gen der Schleimhaut der Appendices pyloricae oder im Pylorus selbst, seltener im Magen. Wie es scheint bewohnen nur wenige Exemplare - denselben Wirth zu gleicher Zeit. | Das Auffälligste in der äußeren Form ist das vordere Körperende, - der sogenannte Seolex; dieser tritt uns nicht in der für die Cestoden - charakteristischen Gestalt entgegen, sondern ist in einen Trichter um- gewandelt, welcher am meisten an den Mundsaugnapf der Holostomiden - erinnert und vom Scheitel betrachtet, einem auf den Deckel gestellten - Filzhut mit seinem gebogenen Rande nicht unähnlich erscheint. — Eine 4 Hakenbewaffnung geht diesem so modificirten Scolex vollkommen ab. Er besitzt eine Länge von 0,5 mm, bei einer Breite von 1,140 mm. - Die trichterförmige Einstülpung ist innen von der äußeren Körper- - euticula ausgekleidet, welche sich als eine direkte Fortsetzung der letzteren erweist. Auf seinem Grunde ist der Trichter zum Theil mit zelligem Material ausgefüllt, so dass seine durchschnittliche Tiefe nur etwa 0,3 mm beträgt. e Vermöge einer aus verschiedenen Systemen bestehenden Scolex- - muskulatur vermag sich der Parasit außerordentlich fest an die Darm- _ wand seines Wirthes zu fixiren und kann er eine Hakenbewaffnung desshalb leicht entbehren. Auf den Trichter folgt ein 1,33 mm langer Halstheil von walzen- R ge miser Gestalt, dessen Breite 0,665 mm beträgt ; dieser ist gefolgt - von einer Proglottidenkette, wenn wir diesen Ausdruck hier gebrauchen 3 dürfen, von 10—20, in selteneren Fällen bis gegen 60 Gliedern. Die a Glieder sind etwa zweimal so breit als lang und sehr innig mit einander - verbunden. Ihre Grenzen sind schwer sichtbar, an beiden Seiten sind sie durch eine leichte Einziehung angedeutet, während ihre Abgren- | 49% 652 Adolph Kraemer, zung auf der dorsalen und ventralen Fläche nur durch eine Linie ge- kennzeichnet wird, so dass der Körper eher segmentirt als wirklich gegliedert erscheint. Der Leib ist im Allgemeinen spindelförmig, er ist am Vorderende 0,760 mm breit, verschmälert sich dann in den 0,665 mm breiten Halstheil, um in der Mitte zu seiner größten Breite 3—4 mm anzusteigen und nimmt schiießlich nach hinten zu wieder etwas ab, um endlich in ein stumpfes, mit einer leichten Ausbuchtung versehenes Ende auszulaufen. Die Gesammtlänge des Körpers schwankt zwischen 12 und 40 mm, die größte Breite in der Mitte zwischen 1,5—4 mm. An den Seitenrändern lassen sich zahlreiche einfache Chitin- häkchen erkennen, die mit einer breiten Basis der Cuticula aufsitzen und so gestellt sind, dass ihr spitzes Ende nach hinten gerichtet er- scheint. Die äußeren Geschlechtsöffnungen liegen sowohl auf der dorsalen als ventralen Fläche des Körpers etwa in der Mittellinie, im Grunde einer Vertiefung der Körperecuticula (Sinus genitalis) und zwar so, dass der kleinere sternförmige männliche Geschlechtsporus vor der größe- ren schlitzförmigen, dem hinteren Rande des betreffenden Gliedes ge- näherten, weiblichen Öffnung zu liegen kommt. Beide Öffnungen sind von Cirkulärmuskelfasern, Sphincteren, umgeben. Der Abstand der männlichen Geschlechtsöffnung vom vorderen Gliedrande beträgt etwa 0,228 mm, derjenige vom männlichen zum weiblichen Geschlechts- porus durschschnittlich 0,170 mm, indessen drücken diese Zahlen kei- nen absoluten Werth aus, da die Lage, wie auch die Form der äußeren Geschlechtsöffnungen, je nach den Kontraktionszuständen des Körpers und der Öffnungen selbst, eine durchaus wechselnde sein kann, so dass beide Öffnungen zuweilen dicht neben einander zu liegen kommen. Das Verhalten, dass die Geschlechtsorgane alternirend dorsal und ventral nach außen münden, erinnert in gewisser Beziehung an die alternirenden marginalen Geschlechtsöffnungen verschiedener Fisch- und Vogeltänien, und wurde bereits von den ersten Beobachtern, Paızas und Bartsch erkannt, d. h. sie hatten auf beiden Flächen die fort- laufende Reihe der »Punkte« wahrgenommen, ohne sie indessen als Ausmündungen der Sexualorgane zu deuten. Die neueren Beobachter haben sämmtlich dieses oben beschriebene Verhalten übersehen, und geben die Geschlechtsöffnungen als ventral gelegen an. Cuticula, Parenchym und Stützelemente,. Wir trennen das Parenchym oder Reticulum in zwei gesonderte Schichten oder Zonen, in eine centrale oder Mittelschicht und eine Beiträge zur Anatomie und Histologie der Gestoden der Süßwasserfische. 653 # peripherische oder Rindenschicht. Die letztere gliedert sich von außen nach innen fortschreitend in folgende Elemente: die Cuticula, die Matrix der Cuticula, die subeutieulare Schicht, in welcher verschiedene Muskelelemente liegen, und zu innerst die Zone der Dotterstöcke. Die Cuticula, deren Dicke 0,049 mm beträgt, besteht aus zwei Schichten, einer äußeren, sich durch Karmin und Hämatoxylin stark “ tingirenden, kräftigeren Lage und einer inneren, schwächeren, die Farbstoffe weniger aufnehmenden Lamelle. Sie ist ausgezeichnet durch feine Kanälchen, welche ihre Substanz senkrecht von innen nach außen durchziehen. Diese bereits von Sommer und Lanvoıs, dann auch von Levekarr für Bothriocephalus latus beschriebenen »Porenkanälchen « - lassen sich in der Cuticula von Cyathocephalus bei Anwendung starker Vergrößerungen leicht konstatiren. Dass die Existenz solcher Kanäl- chen von einigen Forschern für die Gestoden überhaupt geleugnet wird, dürfte wohl zum Theil darauf beruhen, dass bei Anwendung starker | 4 Färbung die Kanälchen durch die Farbstoffe zugedeckt werden. Auch "bei meinen Präparaten konnte ich ihr Vorhandensein immer nur an 3 solchen Schnitten konstatiren, die ganz schwach mit Lithionkarmin ge- “ färbt waren, während die Färbungen mit Hämatoxylin die Cutieula © Meist zu dunkel machen, als dass man noch diese sehr feinen Poren - wahrnehmen könnte. Diese Kanälchen haben wohl keine andere Aufgabe, als die Auf- nahme der den Parasiten umgebenden Nährflüssigkeit zu erleichtern. a ee I ER 4 Außen ist die Guticula von einem 0,005 mm breiten zottigen, körnigen Belage bedeckt, welchen Belag ich als den Ausdruck eines Häutungs- processes ansehe; die körnigen Massen sind die Überreste einer älte- ren, abgestoßenen Cuticula. Diese Auffassung wird dadurch erhärtet, dass sich an einigen Stellen dieser Belag nicht findet, dafür eine junge - homogene Cuticula. Außerdem ist, wie bereits oben bemerkt, die ; Cuticula mit sehr kleinen, rosenstachelnähnlichen Chitinhäkchen be- wafinet, welche mit ihrer Spitze nach abwärts d. h. nach hinten ge- richtet sind und so leicht ein Fortgleiten des Wurmes im Darm verhin- dern können. — Außer der Aufgabe, den weichen Körper nach außen schützend zu _ bedecken, kommt der Cuticula auch die Rolle eines Stützorgans zu, sie dient den dorso-ventralen Muskeln als fester Punkt, als Anheftungs- lamelle. Nach innen schließt sich der Cutieula die 0,005 mm breite Matrix der Cutieula an, deren niedere Zellen sich vornehmlich durch ihren Kern markiren, während ihre Grenzen nicht immer sichtbar sind. Auf die Matrix folgt eine 0,038 mm breite subeutieulare Schicht, 654 Adolph Kraemer, in ihr liegt die äußere Ring- und Längsmuskulatur, sie wird senkrecht durchzogen von den Dorsoventralmuskeln und setzt sich aus rundlich ovalen, blassen Parenchymzellen zusammen, die durch eine feine mole- kuläre Intercellularsubstanz verbunden werden. Diese Parenchymzellen haben einen Durchmesser von 0,019 mm und enthalten einen bis zwei sich stark tingirende 0,006 mm große Kerne mit mehreren Kernkör- perchen. Nur sparsam sind der subeuticularen Schicht Kalkkörperchen eingelagert, welche sich leicht von den Parenchymkörnern unterschei- den. Die Kalkelemente sind viel größer, sie haben einen Längsdurch- messer von 0,030 mm und einen Querdurchmesser von 0,018 mm, doch sind diese Zahlen nicht genau, da die Gestalt der Kalkkörper eine variirende ist. Es finden sich länglich-ovale, birnförmige, und poly- sonale Formen; sie zeigen eine koncentrische Schichtung und lassen meist in ihrer Mitte einen dunklen Kern, das Schichtencentrum, er- kennen, welcher etwa einen Durchmesser von 0,007 mm besitzt. Zu- weilen finden sich Formen, welche zwei Schichtencentren aufweisen und lebhaft an zusammengesetzte Stärkekörner gewisser Pflanzen er- innern. Die äußerste Schicht, die jüngste, sowie der Kern färben sich mit Hämatoxylin stark dunkelblau, während die übrigen Schichten heller erscheinen. In den Gliedern sind diese Kalkelemente sowohl in der Rinden- als in der Mittelschicht nur in geringer Zahl vorhanden, und zeigen durchaus keine regelmäßige Vertheilung, sondern sind ein- zeln und unregelmäßig zwischen den Parenchymkernen eingestreut. Anders ist es im Scolex, hier treten sie sehr reichlich auf; außer den 0,030 mm großen Kalkgebilden, wie sie den Gliedern eigen sind, finden sich sehr viele kleine, nur 0,010 mm messende, überall im Parenchym zerstreut, treten jedoch sowohl an der äuberen Peripherie, wie um die Trichterhöhle zu einer gürtelförmigen Zone zusammen. Die äußere Zone hat eine Breite von 0,038 mm, während der Ring um den Trichter etwa doppelt so breit ist. Die an sind im Scolex weniger zahlreich. Kehren wir nun zu den Parenchymzonen zurück, wie wir sie in den Gliedern unterschieden haben, so würde auf die Subeuticula die 0,152 mm breite Zone der Dotterfollikel folgen. In dieser Zone zeigt das Parenchym im Wesentlichen keine Verän- derung, seine Zellen haben dieselbe Beschaffenheit wie in der sub- ceuticularen Schicht, sie ziehen sich zwischen den Lücken, die die Dotterkammern lassen, hindurch, und helfen diese begrenzen. Durch diese Spalten ziehen auch die zarten Bündel der dorso-ventralen Mus- keln. Im Übrigen wird diese Zone, die wir der Rindenschicht beizäh- len müssen, ganz von den Dotterfollikeln eingenommen. Durch die Beiträge zur Anatomie und Histologie der Gestoden der Süßwasserfische. 655 terstöcke wird die Rindenschicht von der nun folgenden Mittel- shicht des Parenchyms abgegrenzt. " Diese Mittelschicht erstreckt sich also von der auf nes fortlaufenden Reihe der Dotterfollikel der einen Seite zu der gegen- überliegenden, nimmt somit, wie der Name ausdrückt, das ganze Mittelfeld ein. | } Das Gewebe der Mittelschicht trägt keinen besonderen Charakter. | 4 Die Parenchymzellen nehmen etwas an Größe zu, werden durch gegen- 3 seitigen Druck oft polyedrisch, schließen nur kleine Intercellularräume e zwischen sich lassend, dieht an einander und bilden so ein Maschen- werk, in dem von außen nach innen fortschreitend, die innere mächtig. ; entwickelte Längsmuskulatur, die Hauptstämme des Exkretionssystems, die Nervenstränge, und endlich in der Mitte die männlichen und weib- - lichen Geschlechtsapparate mit ihren Keimdrüsen eingebettet sind. 4 Kalkkörper finden sich zwischen den Parenchymkernen einzeln ein- gestreut. | Muskulatur. Die Muskulatur des Scolex. N E Der Scolex zeigt einen außerordentlichen Muskelreichthum. Die Nertheilung der Muskulatur ergiebt sich folgendermaßen. Wir haben zu äußerst eine 0,008 mm breite Ringmuskelzone, deren einzelne - Fibrillen geflechtartig unter einander verbunden sind, sodann folgt eine - den ganzen Seolex durchziehende, stark entwickelte Längsmuskulatur, welche nicht mehr wie in den Gliedern, in regelmäßiger Gruppirung auftritt, sondern das Reticulum von der Cuticula bis zur Muskulatur - der Trichterhöhle durchzieht. Sie inserirt sich an den äußeren wul- K ‚stigen Rändern des Trichters, andere Fibrillen treten in anastomotische Beziehung zu dem 0,019 breiten Cirkularmuskelring, welcher den inne- ren Trichtersack umspinnt. Wie diese Längsmuskeln wirken ist selbst- verständlich, sie verkürzen bei ihrer Kontraktion den Körper und den - Scolex in der Längsachse. Ein drittes, bei Weitem schwächer ausgebil- n detes System wird durch die Transversalmuskeln gegeben, welche den Scolex in transversaler Richtung in Form äußerst feiner (0,002 mm) & dicker Fibrillen in einem Abstand von 0,009 mm von einander durch- ziehen; sie verlaufen stets einzeln und treten nirgends zu Bündeln zusammen. Eine weitere Gruppe wird durch die ebenfalls nur schwach entwickelten dorso-ventralen Muskelfasern repräsentirt; sie anastomo- siren im Bezirke des Trichtersackes mit sich abzweigenden Fasern, der diesen zukommenden Ringmuskulatur. Diese Ringmuskelfasern schnü- ren die Trichterhöhle als Konstriktor zusammen, dadurch wird die Luft 656 Adolph Kraemer, zwischen der Darmwand und dem Hohlraum des Trichters verdünnt, so dass sich der Scolex fest an die Schleimhautfläche ansaugt. Als Antagonisten dieser Muskeln wirken die mit ihnen in Be- ziehung tretenden Dorsoventralmuskeln, welche, wenn sie sich kontra- hiren, die Trichterhöhle wieder erweitern und so ein Ablösen des Sco- lex von der Darmfläche bewirken. Muskulatur der Glieder. Hautmuskelschlauch. Im Gegensatz zu der schwerer zu analysirenden Muskulatur des Scolex tritt uns in dem übrigen Körper eine gewisse Regelmäßigkeit in der Anordnung der muskulösen Elemente entgegen. Zu äußerst in der Rindenschicht haben wir ein sehr schwach entwickeltes System einer Ringmuskulatur, der eine doppelt so starke (0,046 mm) äußere Längsmuskellage folgt. Die äußerst feinen (0,003 mm) Fasern dieser heiden Systeme sind meist isolirt und treten nur zuweilen zu kleinen bündelförmigen Faserzügen zusammen. Ihrer Lage nach gehört diese Muskulatur der subcuticularen Zone an und ist als kontinuirlicher Haut- muskelschlauch aufzufassen. Oberflächliche Längsschnitte jüngerer Glieder lassen an dieser Auffassung nicht zweifeln. Am kräftigsten ist das der Mittelschicht angehörende (0,076 mm) System der inneren Längsmuskeln entwickelt. Es beginnt an der inneren Grenze der Dotterfollikelzone und wird nach dem Centrum des Gliedes zu durch die das Mittelfeld einnehmenden Geschlechtsorgane abgegrenzt und bildet so gewissermaßen einen inneren Muskelschlauch um die die cen- trale Achse des Körpers einnehmenden Geschlechtsorgane. Transversalmuskeln sind vorzugsweise an der Innenseite der inneren Längsmuskellage entwickelt, sie strahlen gegen die Cuticula der Seitentheile aus, um sich hier anzuheften. Trefflich entfaltet ist die dorso-ventrale Muskulatur. Am regel- mäßigsten ist ihre Anordnung im Halstheil und in den ersten Gliedern, in denen die Geschlechtsorgane noch nicht völlig entwickelt sind. Hier ziehen ihre Faserzüge (0,040 mm) ziemlich parallel in fast regel- mäßigen Abständen von einander, von der dorsalen zur ventralen Körperfläche, um sich an der Cuticula, als festem Punkte, zu inseriren. Durch das Auftreten der ausgebildeten Geschlechtsorgane in den reifen Gliedern werden diese dorso-ventralen Muskeln in ihrem regelmäßigen Verlauf vielfach gestört, sie müssen sich auf ihrem Wege der Lage der Organe anpassen. Wenn wir sie von der einen zur anderen Seite ver- folgen, so ergiebt sich ihr Verlauf folgendermaßen: Von dem An- heftungspunkt der Cuticula der dorsalen Seite durchziehen die Muskel- bündel in regelmäßigen Abständen von 0,006 mm die subcutieulare Beiträge zur Anatomie und Histologie der Oestoden der Süßwasserfische. 657 E Schicht, schieben sich zwischen engeren oder weiteren Spalten, die die E Dotterfollikel zwischen sich lassen, hindurch, durchbrechen senkrecht - die innere Längsmuskellamelle und suchen sich nun unter vielfachen = Bogen, Schlängelungen und Verzerrungen einen Weg durch die Ge- 3 g schlechtsorgane zu bahnen, um endlich zur Cuticula der ventralen Fläche zu gelangen. i In ihrem histologischen Bau schließen sich die Muskelfasern aller - Systeme dem allgemeinen für die Gestoden charakteristischen Typus - an. Sie bestehen aus einem homogenen, stark lichtbrechenden Proto- - plasma, das nach außen von einem zarten Häutchen begrenzt wird. 4 Ihr Kern ist sehr klein und erscheint wie der Umhüllung angeklebt. - In der Mitte etwas breiter (0,006 mm) verjüngen sie sich nach beiden - Enden spindelförmig. So viel über die Muskulatur des Körpers im All- gemeinen. Auf die Muskulatur der einzelnen Organe, so weit denselben _ eine zukommt, werden wir bei Besprechung des betreffenden Ab- - schnittes zurückkommen. 3 Um sich das Muskelsystem in geeigneter Weise zur Anschauung - zu bringen, benutzt man am besten folgende Färbungen: Entweder - Durchfärben mit Enruicn’s Hämatoxylin und nachherige Nachfärbung _ mit Ponceau-Orange, welcher Farbstoff die Muskelelemente schön gelb- A orange färbt; oder Durchfärben mit Borax- oder Lithionkarmin mit = Nachfärbung von Nigrosin, welches Bindegewebe und Muskulatur - sehwarzblau färbt und kombinirt mit Karmin außerordentlich klare -_ und prägnante Bilder giebt. Nervensystem. 3 Das Nervensystem zeigt ein einfaches Verhalten. Zwei 0,345 mm dieke Längsstämme durchziehen in ziemlich geradlinigem Verlauf den K Körper von vorn nach hinten. 4 Sie sind von der äußeren seitlichen Körperperipherie weit abge- rüekt und in die Mittelschicht verlagert und zwar so, dass sie zwischen Be Hoden und Keimstöcke zu liegen kommen, eine Lage, in der man sie anfänglich nicht vermuthet. : Auf der Innenseite wird jeder Nervenstrang von einem sich schlängelnden Längsstamme des Exkretionssystems begleitet. Im Hals- theile rücken diese beiden Längsnerven einander näher, ziehen bis dicht unter die Trichtereinsenkung des Scolex, schwellen hier etwas an und verbinden sich durch eine quere Kommissur. Wie es scheint, gehen von den seitlichen Anschwellungen Zweige nach vorn, zu beiden Seiten des Trichtersackes entlang. Eine besondere Umhüllung geht den Nerven ab. Über ihre histo- 658 Adolph Kraemer, logische Beschaffenheit lässt sich mit Sicherheit nur sagen, dass sie eine feinmaschige, fibrilläre Textur zeigen. Diesen feinen Maschen und Fibrillen sind äußerst kleine rundliche Zellen mit nicht sichtbarem Kern eingestreut, die wohl nervöser Natur sind. Etwas reichlicher und größer (0,003 mm) erscheinen diese, wohl als Ganglienzellen zu betrachtenden Elemente, in den angeschwollenen Enden der Längsstämme, sowie in der Querkommissur; hier zeigen sie einen Kern und nehmen meist eine dreieckige Gestalt an. Exkretionssystem. Das Exkretionssystem von Gyathocephalus hat einen durchaus bothriocephalen Charakter. Wir begegnen sechs Längsstämmen, welche den ganzen Körper des Thieres durchziehen und durch vielfache, jeder Regelmäßigkeit entbehrende Anastomosenbildung, ein verzweigtes Kanalsystem schaffen. Sowohl auf der dorsalen als ventralen Fläche des Körpers verlaufen an der Innenseite der inneren Längsmuskulatur, zwischen Faserbün- deln transversaler Muskeln, je zwei 0,020 mm weite, auf Querschnitten länglich-ovale, durch ihre euticulare Wandung (0,002 mm) sich deut- lich markirende Gefäße. Gentralwärts liegen diese Gefäße den hier auftretenden Hoden dicht an. Zwei weitere, etwas größere Gefäße (0,025 mm) durchziehen mehr die Mitte des Körpers. In ihrem Bau von den vorigen nicht verschieden, verlaufen sie, umgeben von einem Ring maschigen Bindegewebes, dicht an der Innenseite der Nerven- stämme, centralwärts zum Theil von den Hoden, zum Theil vom Keim- stocke umlagert. Diese sechs Gefäße durchziehen von nahe dem hinteren Körper- ende, wo sie durch eine Endblase nach außen münden, worauf wir gleich zurückkommen werden, unter vielfachen Schlängelungen den Körper von hinten nach vorn. Sie treten, sich einander nähernd in den Halstheil ein und bilden, unter bedeutender Abnahme ihrer Wan- dung, einen Gefäßring um das untere Ende des Trichtersackes, so zwar, dass die vier äußeren kleinen Gefäße den Ring formiren, während die beiden inneren größeren sich im Scolex in ein reich verzweigtes Kapillarnetz auflösen, das mit dem Ring in Beziehung steht. Auf ihrem ganzen Verlaufe haben diese Hauptstämme des exkre- torischen Apparates, wie schon erwähnt, reichliche, oft diechotomisch verzweigte Anastomosen gebildet, deren Weite je nach dem Füllungs- und Kontraktionszustand wechselt, wie die der Hauptgefäße selbst. Es hat den Anschein, als ob manche dieser Verzweigungen, welche über und zwischen den Organen hindurchziehen, nicht bloß mit einem Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische. 659 ” benachbarten Stamme eine Anastomose bilden, sondern wiederum sich theilend, aus einer tiefer liegenden Zone in eine höhere sich ausbreiten. _ Ich vermuthe, dass auch hier, wie bei den meisten Cestoden, ein reich verzweigtes, peripheres Kapillarnetz besteht mit exkretorischem Cha- rakter, das Sammelgebiet der größeren Leitungswege. ; Kommen wir nun auf die caudale Ausmündung des Apparates zu- rück, so treffen wir zunächst folgendes Verhalten. Etwa 0,069 mm vom - hinteren Körperende entfernt, in welchem Theile keine Geschlechts- organe mehr zur Ausbildung kommen, bilden die vier äußeren Gefäße eine Rineanastomose, in welchen Ring die beiden inneren Gefäße ein- münden. Unter Bildung vier gabliger Schenkel tritt aus diesem Endring abermals ein Gefäßbogen, welcher im Ganzen die Gestalt des konischen hinteren Körperendes nachahmt, und etwa 0,483 mm weit vom hinte- - ren Pole des Caudaltheils sich nach unten in eine flaschenförmige End- - blase erweitert, deren schmaler Hals die Cuticula im Grunde einer _ seichten Einziehung durchbricht und so den Exkretionsapparat mit der _ Außenwelt in Kommunikation setzt. Ich kann nicht mit Sicherheit - sagen, ob dieser Endblase ein Pulsationsvermögen zukommt, doch habe - ich bei zwei hellen Totopräparaten aus Prof. Zscuokke's Sammlung den Eindruck empfangen, als ob die Blase ein wenig aus dem hinteren - Körperende hervorgestülpt sei. Muskulöse Elemente konnte ich an _ ihr nicht entdecken, überhaupt sind ihre Grenzen nicht leicht sichtbar, - da sie von zelligem Material dicht umlagert werden. E Eine Ausmündung der Gefäße durch eine Endblase kommt, wie 4 es scheint, den meisten kurzgliederigen und besonders denjenigen ‘ Cestoden zu, welche keine Endglieder abwerfen, und wurde bereits bei einigen Fischtänien (Taenia ocellata, torulosa, osculata) und bei (aryophyllaeus von verschiedenen Forschern konstatirt. B. Im höchsten Grade wahrscheinlich ist, dass die Hauptgefäße unter - dem Einfluss der Muskulatur stehen. Die Lage, wenigstens der äußeren Gefäße, zwischen den Transversalmuskeln und an der Grenze der | F inneren Längsmuskeln, würde sehr zu Gunsten dieser Annahme spre- ehen. Ein direkter Ansatz an die Wand der Gefäße ist bei der außer- ordentlichen Feinheit der Enden der Muskelfibrillen schwer zu kon- | statiren. Be: LeuckART nimmt eine Insertion von Muskelfibrillen an die Wände der Gefäße für die Gestoden im Allgemeinen an: »Hier und da sieht man übrigens einzelne Fasern an der Gefäßwand sich festsetzen. Die Verbindung geschieht mittels eines kleinen flügelförmigen oder koni- schen Endstückes, das mit dem sogenannten terminalen Dreieck der 660 Adolph Kraemer, motorischen Nervenfasern einige Ähnlichkeit besitzt. Ich zweifle kaum, dass diese Fasern eine muskulöse Beschaffenheit haben und auf die Weite des Gefäßes einzuwirken im Stande sind, zumal sie ziemlich rechtwinkelig demselben aulsitzen. « Übrigens ist es auch denkbar, dass der innere Muskelschlauch, ohne dass sich selbst Fasern an die Gefäße begeben, je nach seinen Kontraktionszuständen, einen entsprechenden Einfluss auf die Gefäße geltend macht und so eine Art Peristaltik zu unterhalten im Stande ist, wodurch Stauungen im System vermieden werden und der kontinuir- liche Abfluss der Exkretionsprodukte durch die Endblase erleichtert und unterhalten wird. Die Geschlechtsorgane im Allgemeinen und ihre Entwicklung. Die Anlage der Geschlechtsorgane macht sich schon, wie dies bei der nicht bedeutenden Körperlänge zu erwarten ist, frühzeitig bemerk- bar. Das erste Zeichen einer beginnenden Differenzirung wird, etwa 21/, mm vom Scheitel des Scolex entfernt, dadurch gegeben, dass die Parenchymkerne in einer schmalen Zone der Rindenschicht (der späte- ren Dotterfollikelzone) vermehrt erscheinen und an Größe zunehmen, ohne bis jetzt eine besondere Gruppirung erkennen zu lassen. Etwas weiter von dieser Stelle entfernt stellt sich in der Mitte der Mittelschicht eine eigenthümliche Umbildung des Parenchyms ein, es treten vier kleine Zellkernhaufen inmitten eines maschigen, mit feinen fibrillären Schleifen durchsetzten rundlich-ovalen Parenchymkomplexes auf, die erste Anlage der Vagina und des Uterus, des Cirrusbeutels und des Vas deferens. Während die für Vagina und Uterus bestimmten Zellgruppen längere Zeit scheinbar unverändert bleiben, gehen die beiden anderen einen Schritt weiter. Zuerst treten die für das Vas deferens bestimmten Kerne aus einander, gruppiren sich in einem be- sonderen Zuge; sie liefern die Wandung des Vas deferens, während die fibrillären, diese Kerne umgebenden Massen, die Muskulatur des Samenleiters bilden. Sobald sich diese ersten Veränderungen vollzogen haben, macht sich eine weitere Differenzirung des Kernstranges be- merkbar. Die bis jetzt einen soliden unregelmäßigen Strang darstellen- den Kerne ordnen sich regelmäßig um ein im Centrum sich bildendes Lumen; gleichzeitig beginnt der nun geformte Kanal eine 8-förmige Windung zu beschreiben. Auf diesem Stadium der Anlage des Samen- leiters beginnt auch die erste Anlage der Hoden, und zwar vorerst nur einseitig, in Form eines rundlichen Haufens, stäbchenförmiger, sich stark tingirender Kerne, die sich durch lebhafte Theilungsprocesse rasch vermehren und sich nach außen allmählich durch eine zarte Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische. 661 “ Membran abgrenzen. Bald tritt, unabhängig von dieser ersten Hoden- anlage, die Anlage eines zweiten Hodens auf derselben Seite aus dem © Parenchym hervor; gleichzeitig wird die Entwieklung der männlichen — Keimdrüsen auf der anderen Seite wachgerufen und zwar in gleicher Weise wie hier. Indessen treten in dieser Gegend im Parenchym feine 2 Spalten auf, die erst unregelmäßig, dann regelmäßig von Kernen be- "grenzt werden. Es entstehen aus diesen von Kernen begrenzten Spal- - ten die Sammelkanälchen und die seitlich außerhalb der späteren Samenblase gelegenen engen Abschnitte des Vas deferens. Die Spal- ten stellen das spätere Lumen der Kanälchen dar, während die Kerne die Wandung liefern. Die so gebildeten Kanälchen treten sowohl mit den Hodenblasen als mit dem Hauptsamenleiter in Verbindung. Die weitere Entwicklung aus der primären Kernanlage des Cirrus- - beutels erfolgt in ähnlicher Weise, wie dies von Scanmr für Bothrio- eephalus latus beschrieben wurde. : Während die äußere Schicht der Kernmasse sich eiförmig gestaltet - und langsam an Umfang zunimmt, streckt sich die centrale, größer 4 körnige Masse in die Länge, ihre Kerne rücken aus einander und bil- 3 den die Wandung des innerhalb des Cirrusbeutels gelegenen Theiles - des Samenleiters, des späteren Cirrus, welcher mit dem hinter dem stumpfen Ende des sich weiter entwickelnden Cirrusbeutels gelegenen, bereits angelegten Abschnitt des Vas deferens, in Zusammenhang tritt. - Die äußere, den axialen Kernstrang umhüllende Masse der Cirrus- _ beutelanlage wird zum Theil zur Bildung der Muskulatur, theils zu - Bindegewebselementen des Organs verwendet. Die zarten Muskel- “ fasern lassen sich bereits erkennen, ehe der Cirrusbeutel mit der Außenwelt in Kommunikation getreten ist. Diese Kommunikation - kommt in folgender Weise zu Stande. Während der sich differenzi- rende Cirrusbeutel dicht unter die Körperoberfläche rückt, macht sich eine Abflachung und Verdickung der über dieser Stelle hinziehenden @uticula bemerkbar. Bald tritt hier eine flache Einziehung auf, die sich immer mehr vertieft, bis sie das im Cirrusbeutel gelegene, jetzt _ mit einem Lumen versehene Ende des Vas deferens erreicht hat, welch letzteres von hinten in den so gebildeten Geschlechtssinus durchbricht. Hiermit könnten wir, da es hier nicht auf eine erschöpfende Dar- stellung der Entwicklungsvorgänge abgesehen ist, die Anlage des männlichen Apparates verlassen und uns der Entstehung der weib- lichen Geschlechtsorgane zuwenden. Die Vagina und der Uterus werden in der primären Genitalanlage durch zwei undeutlich von einander getrennte Kernanhäufungen ge- geben, welche hinter der primären Anlage des Cirrusbeutels und Vas AR! a be j Ak EX ar ” 662 Adolph Kraemer, deferens gelegen sind. Die für die Vagina bestimmte vordere Abthei- lung des doppelten Kernhaufens beginnt auf Längsschnitten hinter dem stumpfen Ende der Cirrusbeutelanlage und setzt sich fort, bis zu der, für den Uterus bestimmten, rundlich gruppirten Kernmasse. Die Ausbildung des Vaginalrohres und seine Verbindung mit der Außenwelt resp. dem weiblichen Genitalsinus geht in ähnlicher Weise vor sich, wie dies für das Vas deferens geschildert wurde. Die Elemente der anfänglich diffusen Kernmasse sondern sich zu einem geordneten Strang, dessen Kerne zur Wandung der Vagina werden, während das Lumen durch Resorption centraler Zellenmassen entsteht. Eine den Kernstrang umgebende protoplasmatische fein granulirte Schicht liefert die Muskulatur der Vagina. Während diese Entwicklungen ablaufen, nimmt auch die für den Uterus vorgesehene Kernanhäufung eine deutlichere Formirung an. Es kommt durch fortlaufende Veränderungen zur Ausbildung eines Rohres, Veränderungen, die durchaus mit der Entwicklung des Vas deferens parallel gehen. Nachdem dieses Uterusrohr mit dem Geschlechtssinus in Verbindung getreten ist, beginnt es, sich mächtig ausdehnend, eine Anzahl von Windungen zu beschreiben, ein Charakteristicum, welches wir am ausgebildeten Uterus in noch prägnanterer Form wiederfinden. In diesen Schlingen lagern in geschlechtsreifen Gliedern die Eier. Diese Schlingen stellen den Uterus dar, der, wenn er von Eiern total erfüllt, den Eindruck eines Sackes macht und nur durch die Gruppirung der Eier noch in seine ursprüngliche Form aufzulösen ist. Die Anlage der Ovarien macht sich schon frühzeitig, jedoch später als die Hodenanlage, an der Stelle im Parenchym bemerkbar, an der wir sie im ausgebildeten Zustande treffen, nämlich zwischen Hoden und Uterus. Die Hodenbläschen haben bereits eine ziemliche Ausbil- dung erfahren, ehe die weiblichen Keimstöcke zur Anlage kommen. Auch die letzteren entstehen wie die Hoden aus Elementen des Paren- chyms, und zwar, wie es scheint, durch eine Auflösung, einen Zerfall, der Parenchymkerne, aus denen sich neue, den Parenchymkernen ähn- liche, aber kleinere Gebilde entwickeln, welche die ersten Anfänge einer Organanlage repräsentiren. Es ist gewiss, dass die Kalkkörper bei diesem Entwicklungsprocess eine nicht unwesentliche Rolle spie- len. Sie sind vermehrt während dieser Zeit, erscheinen größer und in ihrer Zusammensetzung verändert. Häufig habe ich direkt in der un- mittelbarsten Nähe der Anlage eines Hodens mehrere große Kalkkörper im Zerfall getroffen und ihre scholligen Partikel zwischen den embryo- nalen Hodenkernen gesehen. Dass die Kalkkörper der Platoden nicht nur die Rolle eines Stütz- Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische. 663 | _ elementes spielen, sondern dass ihnen auch andere Aufgaben zukom- En; ist bereits allgemein angenommen. Sie sind nicht stationäre Gebilde, sie werden nach Bedarf vermehrt oder verbraucht. j Die Anlage der Keimstöcke ist nicht leicht mit der Hodenanlage 4 zu verwechseln. Sobald sich die Kerne mit Protoplasma umgeben haben, nehmen sie rasch an Größe zu, treten durch die Farbstoffe, die sie intensiv aufnehmen, stark hervor und stellen, da sie zu Schläuchen zusammenfließen, auf Schnitten scheibenförmige Massen dar, die viel- fach gewundenen Ovarialschläuche. n Die Hoden sind heller, sie haben nicht ein so reichliches fein &. granulirtes Protoplasma und bleiben stets isolirt. E Was die Anlage der Dotterzellen betrifft, so ist dieselbe wegen der E bestimmten Lage und der einfachen Verhältnisse leicht zu erkennen. Sie treten als rundliche Zellen in einer kontinuirlichen Zone der Rin- ; denschicht, etwa zu gleicher Zeit mit der Anlage der Hoden auf. Diese Zellen machen verschiedene Veränderungen durch, die sowohl den - Kern als das Protoplasma betreffen, welch letzteres auf gewissen Sta- - dien so stark getrübt durch körnige Einlagerungen erscheint, dass der Kern gänzlich unsichtbar wird. 3 Mehrere solcher primärer Dotterzellen treten später zu einem Dotterfollikel zusammen, der nach außen von einer deutlichen Mem- _ bran umgeben wird. Wie aus dem Gesagten ersichtlich ist, entwickelt sich der ge- - sammte Geschlechtsapparat, sowohl die drüsigen Elemente, als ihre Leitungswege aus dem bildungsfähigen Parenehym der jugendlichen - Glieder, und zwar erfolgt die Anlage der Hoden, Ovarien und Dotter- - stöcke unabhängig von der primären Genitalanlage, Vas deferens, @irrusbeutel, Vagina und Uterus. Die Anlage und Ausbildung der _ männlichen Theile geht auch hier derjenigen der weiblichen voraus. 4 Der Genitalsinus ist eine Einsenkung der äußeren Quticula, welcher nicht weit von der Körperperipherie entfernt, mit dem Vas deferens oder den weiblichen Leitungswegen in Verbindung tritt. B- Die Muskulatur der Organe und des Körpers verdankt ihre Ent- stehung ebenfalls Elementen des embryonalen Parenchyms. — % Nachdem wir so die Anlage der Geschlechtsorgane in groben Zügen verfolgt haben, wodurch wir vor Allem ein besseres Verständ- nis dieses Organsystems im ausgebildeten Zustand gewinnen wollen, können wir uns seiner Darstellung im Allgemeinen und Speeiellen zu- wenden und wollen mit der Beschreibung der äußeren Geschlechts- öffnungen beginnen. Diese liegen, wie bereits oben hervorgehoben wurde, als zwei, je nach ihren Kontraktionszuständen ihr Lumen und RR 664 Adolph Kraemer, ihre Lage wechselnde Öffnungen, hinter einander abwechselnd auf der dorsalen und ventralen Fläche der reifen Glieder in der Mittellinie des Körpers. Ihr gegenseitiger Abstand kann 0,180 mm betragen, in an- deren Fällen rücken die beiden Öffnungen so nahe an einander, dass ein Überfließen von Sperma aus der vorderen kleineren Öffnung, die sich bei näherer Untersuchung als die männliche erweist, in die ihr zuweilen dicht anliegende, größere, hintere weibliche Genitalöffnung leicht möglich wäre; ja es wäre denkbar, dass eine Immissio penis bei leichter Biegung des Körpers stattfinden, und so eine Selbstbefruchtung eintreten könnte. Nicht selten sieht man den an seinem basalen Theil konischen, sich gegen die Spitze stumpf verschmälernden Cirrus aus der sternförmigen männlichen Öffnung etwa 0,025 mm weit hervor- ragen. Bei stärkeren Vergrößerungen lassen sich zahlreiche Papillen erkennen, welche ringförmig den männlichen Geschlechtsporus direkt umstellen; mit breiter Basis von der Cuticula entspringend, endigen sie in eine stumpfe Spitze aus. Ich will es dahingestellt sein lassen, welchen Charakter diese Erhebungen haben. Von Lruckırr werden ähnliche Papillen für Bothriocephalus latus, als besonders zwischen beiden Geschlechtsöffnungen gelegen beschrieben und von ihm als Ge- fühlspapillen in Anspruch genommen, eine Deutung, die sehr nahe liegt. Nach außen wird dieser Papillenkranz, welcher übrigens der weiblichen Öffnung abgeht, von einer schmalen, sich von der Körper- muskulatur abzweigenden Ringmuskellage umgeben, welche in einem Abstand von 0,030 mm abermals von einer etwas mächtigeren (0,038 mm) Ringmuskelschicht kreisföormig umzogen wird. Beide Muskelringe, welche als Sphincteren aufzufassen sind, ergeben sich bei oberfläch- lichen Flächenschnitten als Abzweigungen der starken inneren Längs- muskelschicht. Durch diese Muskelringe, welche sich schon bei schwachen Ver- größerungen erkennen lassen, wird die Täuschung hervorgerufen, als ob die vordere Öffnung größer sei als die hintere ; die eigentliche stern- förmige männliche Öffnung liegt in einer leichten Vertiefung der Guti- cula, die Muskelringe heben sich gegen die Oberfläche stark ab und wird bei oberflächlicher Betrachtung der eine oder andere Ring leicht für die Grenze der Genitalöffnung selbst gehalten. Die weibliche Öffnung hat mehr ein schlitzförmiges Aussehen, in- dessen ist auch ihre Gestalt sehr wechselnd; der Schlitz kann mehr ein rundlicher, mit unregelmäßigen Ausbuchtungen sein, oder sich spaltförmig in die Länge ziehen. Der Längsdurchmesser beträgt durch- schnittlich 0,038 mm, der Querdurchmesser 0,076 mm. Der weib- lichen Öffnung geht sowohl ein Papillenring wie eine innere Ring- Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische. 665 _ muskelschicht ab, während sie von einem schwachen, dem äußeren - Muskelring der männlichen Öffnung entsprechenden Sphincter um- geben wird. F Der Cirrusbeutel. Zur genauen Orientirung über die Form und - die histologische Beschaffenheit des Cirrusbeutels eignen sich am besten - Querschnitte. Auf solchen erscheint derselbe als ein Hohlmuskelapparat von fast regelmäßiger Eiform, dessen spitzes Ende der Gliedfläche zu- - gewendet ist und bis zum Sinus genitalis reicht, während das basale stumpfe Ende der Mitte des Gliedes zugekehrt erscheint. Der Kanal, - welcher den Cirrusbeutel schlängelnd durchzieht, ergiebt sich als die direkte Fortsetzung der Samenblase, d. h. des Vas deferens, welches, > ehe es den Cirrusbeutel erreicht, sich bedeutend erweitert und unter _ wielfachen, sich deckenden Windungen zu einem Knäuel zusammen- legt. Dieser wird von einem bindegewebigen Sack umschlossen, der bei reifen Gliedern fast die ganze Mitte einnimmt. Das von diesem Sack eingeschlossene, stark erweiterte Vas defe- 7 rens, spielt die Rolle einer Samenblase, die überall von Samenfäden - dicht erfüllt erscheint. Ehe das Vas deferens von hinten in den Cirrus- - beutel eintritt, schwillt es noch einmal zu einem bulbusartigen Gebilde an, das im Ganzen und Großen dem Cirrusbeutelbulbus ähnlich er- F scheint, indem es, wie dieser, schlauchartig von einer in seiner Längs- - richtung verlaufenden Muskulatur umgeben wird. In seinem Inneren erscheint es von Sperma erfüllt und stellt, wenn wir es so ansehen _ wollen, nochein besonderes Receptaculum seminis dar. Aus dieser Erwei- - terung tritt dassich nun bedeutend verengernde Vas deferens von hinten - in den Cirrusbeutel ein, welchen es unter zickzackförmigen Windun- gen durchzieht, bis nahe unter den Sinus genitalis. Hier nimmt es - einen mehr gestreckten Verlauf, erweitert sich abermals ein wenig und tritt, den Sinus genitalis durchsetzend, als eigentlicher Cirrus zu - Tage. Die letzte geringe Erweiterung stellt das basale Ende des Cirrus - dar, dessen distales Ende stumpf und schmäler ist und vom Lumen des - Samenkanals durchsetzt wird. IK Dieser Endabschnitt des Vas deferens ist es, welcher unter der _ Wirkung der Muskulatur des Cirrusbeutels sich ausstülpt und mit sei- ner bindegewebigen Umhüllung den nun zur Begattung befähigten - Cirrus repräsentirt. Nach den nur mäßigen Windungen, welche der Cirrus im Cirrus- beutel beschreibt, ist zu schließen, dass er nicht weit aus der Ge- _ schlechtsöffnung hervorgeschoben werden kann, dagegen dürfte er bei | der nicht bedeutenden Länge und der ceutieularen Beschaffenheit seiner ee _ Zeitschrift f. wissensch. Zoologte. LIII. Ba. 43 ag 666 | Adolph Kraemer, Wandung eine genügende Steifigkeit besitzen, um leicht in die Vagina eindringen zu können. Die ceuticularen Wandungen des im Cirrusbeutel gelegenen Ab- schnittes des Vas deferens sind von einer undeutlichen, trüben Zellen- schicht (0,005 mm) umgeben, welche sich bis gegen das vordere Ende des Cirrusbeutels verfolgen lässt, dann aber verloren geht. Nach außen wird diese Zellenlage allseitig von einem sehr zarten, äußerst fein- maschigen Grundgewebe umschlossen. Verfolgen wir die histologische Zusammensetzung des Cirrusbeutels weiter, so folgt, wenn wir von innen nach außen fortschreiten, auf das feinmaschige Grundgewebe, welches das Vas deferens umgiebt, zunächst eine schmale, nur aus wenigen Faserzügen bestehende Schicht einer in der Längsrichtung des Bulbus verlaufenden Muskulatur, welche vom basalen stumpfen Ende herkommend, gegen das schmälere vordere Ende hinzieht; hier inseriren sich die Muskelfasern an den Rändern des. Geschlechtssinus, — sie stellen die innere Muskelschale des Cirrusbeutels in der Längs- richtung dar. — Nach außen wird diese Muskulatur von einem regel- mäßigen, in derselben Richtung verlaufenden Zuge von Parenchym- kernen begleitet, die großmaschigen Parenchymzellen angehören. In einem Abstand von 0,057 mm, welche Zone von Parenchym mit nur spärlichen Kernen ausgefüllt ist, folgt eine zweite, weit mächtigere (0,040 mm) Schicht in der Längsrichtung des Bulbus verlaufender Muskulatur, welche kräftige Fibrillen zeigt und den Cirrusbeutel als äußere Muskelschale umgrenzt. Im distalen Pole biegen diese Muskel- fasern zum Theil ab, ihre Fibrillen mischen sich der Längsmuskulatur des Hautmuskelschlauches bei; andere verzweigen sich in einem System von Muskelfasern, welches den Cirrusbeutel eirkulär umspinnt. Diese Cirkulär- oder Ringmuskellage, welche beträchtlich entwickelt ist, umgiebt den Beutel nicht in so regelmäßiger Weise wie die Längs- muskelzüge, ihre Fasern umspinnen den Apparat wie ein Flechtwerk, verbinden sich selbst unter einander, verflechten sich mit der Längs- muskulatur und stehen in Beziehung zu dem umgebenden großblasigen Bindegewebe. Höchst wahrscheinlich kommen dem Cirrusbeutel auch besondere Retraktoren zu, die als dorso-ventrale Fasern von der gegen- überliegenden Körperfläche entspringen und sich an die muskulöse Umhüllung des Beutels anheften, indessen lassen sich diese Fasern schwer in ihrem ganzen Verlauf verfolgen. — Der Samenleiter selbst ist in seinem oberen Verlauf von einer Ringmuskulatur umgeben. Die vor dem Eintritt in den Cirrusbeutel befindliche und als Receptaculum seminis in Anspruch genommene Erweiterung hat indessen auch Muskelfasern, die sie in der Längsrichtung und in diagonaler Richtung Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische, 667 _ umgeben. Diese Erweiterung habe ich immer vollgestopft von Sperma- tozoen gefunden, während der im Cirrusbeutel verlaufende, enge, ge- _ wundene Theil meist leer erscheint. F Dem varicös erweiterten Theil des Vas deferens, der als Samen- _ blase anzusprechen ist, kommt keine Muskulatur zu; seine Wandungen _ sind sehr dünn. Die Weite des Kanals beträgt hier 0,133 mm, etwa achtmal so viel wie bei dem in den Cirrusbeutel eintretenden Theil. Der in der Samenblase enthaltene Samen entstammt den beiden rechts und links in sie einmtindenden Zuleitungskanälen (Vas deferens), welche selbst wieder durch verzweigte Sammelkanälchen mit den männlichen Keimdrüsen, den Hoden, in Verbindung stehen. Die Hodenbläschen sitzen wie eine Beere an ihrem Stielchen den feinen Enden der Sammel- kanälchen auf, welchen stets eine zarte Wandung zukommt, wenn auch ihr Lumen gegen die Hoden zu immer enger wird. / Die Hoden stellen helle Blasen von fast regelmäßiger Kugelform dar; sie nehmen die Seitentheile der Mittelschicht ein und reichen bis nahe an den bindegewebigen Sack der Samenblase heran. Sie werden durch den zwischen ihnen durchziehenden Längsnerven und das diesen - nach innen begleitende Gefäß in zwei Partien gespalten, eine, die vor dem Nerven liegt und bis zu den beiden äußeren kleineren Gefäßen reicht, und eine hinter dem Nerven liegende Partie, die bis nahe an die Samenblase und den Keimstock grenzt. Sie fallen vor Allem durch ihre ansehnliche Größe auf; sie haben einen Durchmesser von 0,288 mm und sind nicht gerade in beträcht- licher Zahl vorhanden; ich schätze sie etwa auf 15—20 auf jeder Seite auf einem !/,; mm dicken Querschnitte. Sie sind umgeben von einer _ doppeltkontourirten Membran, deren Innenfläche flache Kerne anliegen. Ihr Inneres ist erfüllt von einer äußerst feinen, sich nicht tingirenden molekularen Masse, in der zahlreiche, den Parenchymkernen ähnliche, nur etwas kleinere Kerne liegen, aus denen durch eine Karyokinese die - Spermatozoen hervorgehen. Diese sind fadenförmig, 0,095 mm lang und an einem Ende zu einem kleinen Köpfchen verdickt. Häufig gruppiren sich die Samenfäden zu Ballen oder Strängen zusammen, so dass es den Eindruck macht, als ob sie um eine Rachis angeordnet wären; auch in der Samenblase wird ein solches Verhalten der Spermatozoen ge- troffen. Weiblicher Geschlechtsapparat. Die weiblichen Geschlechtsorgane zeigen eine gewisse Ähnlich- keit in der Lage und dem groben anatomischen Bauplan mit den männ- lichen Theilen. 43* 668 | Adolph Kraemer, Eine unterhalb des männlichen Geschlechtsporus sich öffnende Vagina setzt sich nach innen, eine Anzahl Windungen beschreibend, fort, und tritt unterhalb der Schlingen des Uterus verlaufend, mit der einen Seitenpartie des Ootyps in Verbindung. Unterhalb der Vaginal- öffnung, aber in demselben Geschlechtssinus, öffnet sich ein zweiter Kanal, der Uteruskanal, welcher über der Scheide hinlaufend, nach der Mitte des Gliedes zieht und sich hier in ein Konvolut von Schlingen, den eigentlichen Uterus legt, der wie das varicös erweiterte Vas defe- rens von einem aus Bindegewebe und dorso-ventralen Muskelfasern gebildeten, rundlichen Sack oder Rohr umschlossen wird. Der die reifen Eier bergende schlingenförmige Uterus füllt den das Centrum des Gliedes einnehmenden Beutel vollkommen aus. An der der Vagi- naleinmündung entgegengesetzten Seite tritt der Uterus seitlich mit dem am distalen Ende des Uterus gelegenen Ootyp in Kommunikation, resp. geht aus diesem hervor. Das Ootyp ist ein rundlich ovaler Behälter mit einem Längsdurch- messer von 0,076 mm und einem Querdurchmesser von 0,190 mm, dem eine deutliche Wandung zukommt. Ferner nimmt das Ootyp den Ausführungsgang einer schlauchförmigen, an der Grenze der Mittel- schicht gelegenen Schalendrüse auf, so wie dieDottergänge, dieSammel- kanälchen der Dotterfollikel, welche die Peripherie als kontinuirlicher Ring umgeben und nur da eine Spanne weit fehlen, wo die Geschlechts- organe dorsal oder ventral nach außen münden. Wir wollen nun die einzelnen weiblichen Organe etwas genauer betrachten und mit der Vagina beginnen, welche, wie oben erwähnt, in dem weiblichen Genitalsinus vor der Uterusöffnung nach außen mündet. Die äußeren Lippen der Vagina ragen etwas in den Sinus genitalis vor, sie sind abgerundet und ergeben sich als eine Fortsetzung der auch den Geschlechtssinus bildenden Körpercuticula, welche sich noch eine Strecke weit in den ziemlich engen Scheidenkanal (0,0418mm) fortsetzt. Dieser ist zunächst, wie das Vas deferens von dem Cirrus- beutel von einem aus Bindegewebe und Muskulatur gebildeten, flaschenförmigen Sack umgeben, welcher mit breiterer Basis central- wärts beginnt und sich gegen die Geschlechtsöffnung verschmälert. Dieser eigenthümliche Vaginalbeutel ist viel schlanker als der Cirrus- beutel, seine Muskulatur ist schwächer entwickelt; er besitzt Fasern, die oberflächlich in seiner Längsachse verlaufen und tiefer liegende Ringmuskelfasern. Die Vagina durchsetzt ihn in geradem Verlauf und tritt durch einen Schlitz an seinem hinteren Pole durch. Der Uteruskanal tritt nicht in diesen Beutel ein, sondern zieht seitlich an ihm vorbei und öffnet sich im Geschlechtssinus, den wir als Beiträge zur Anatomie und Histologie der Gestoden der Süßwasserfische. 669 i eine weibliche Geschlechtskloake bezeichnen können, hinter der Vagi- E nalöffnung. 2 Welche Aufgabe diesem Vaginalbeutel zukommt ist schwierig zu sagen. Er ist sicher muskulös; vielleicht ist er im Stande den vorde- - ren Theil der Vagina, ähnlich wie der Cirrusbeutel den Cirrus, etwas _ mach außen vorzuschieben, oder spielt eine Rolle beim Begattungsakte in der Weise, dass er durch die Wirkung seiner Muskulatur den Cirrus weit in die Vagina hineinzieht. — Nachdem die Vagina diese Bursa verlassen hat, weicht sie von - ihrem geraden Verlauf ab und strebt unter Biegungen von rechts nach links dem Ootyp zu. Ihre Wandung zeigt auch in diesem Abschnitt - einen euticulaähnlichen Charakter und wird nach außen von spärlichen - Ringmuskeln umgeben. Eine Erweiterung an irgend einer Stelle be- sitzt sie nicht, ihr Lumen hält sich immer auf dem gleichen Durch- 4 messer (0,018 mm). Nicht selten erblickt man in ihrem Inneren Spermatozoen, die durch die Wirkung der Ringmuskeln gegen das Ootyp zu weiter befördert werden. Das Ootyp ist ziemlich geräumig und in seinem Inneren mit Eiern erfüllt. Von der unteren Seite her münden die beiden Eiergänge von - dem rechts und links vom Uterus gelegenen Ovarium ein, sie machen - je einen Bogen um den seitlichen und unteren Theil des Uterusbehäl- _ ters, um zum Ootyp zu gelangen. Die Eiergänge beginnen mit einem erweiterten Theile in dem jeder- - seitigen Keimdrüsenkomplex und verschmälern sich allmählich gegen das Ootyp zu (0,128 mm). Sie besitzen wie das Ootyp eine deutliche dehnbare Wandung und sind von den, aus den Ovarien in sie gelangten, aber noch nicht befruchteten Eiern dicht erfüllt. | Von derselben Seite, von welcher die Eiergänge einmünden, nimmt das Ootyp den Ausführungsgang der Schalendrüse auf, welche als langgestreckte schlauchförmige Drüse mit einer Hälfte jederseits in der Gegend der Hoden beginnt; beide Hälften vereinigen sich unter- halb dem Ootyp zu einem gemeinsamen Stück, welches den Aus- führungsgang repräsentirt. Die Schalendrüse ist im Ganzen schwach entwickelt, der erweiterte schlauchförmige, secernirende Theil der Drüse hat einen Querdurchmesser von nur 0,049 mm und zeichnet sich durch seine trüben feinkörnigen Sekretmassen aus, die er ein- schließt, während die Grenzen der secernirenden Zellen nicht zu er- kennen sind. Der Ausführungsgang besitzt eine zarte Wandung und ein äußerst feines Lumen. Um endlich die in das Ootyp einmündenden Kanäle zu erschöpfen, müssen wir noch die Ausführungsgänge der peripheren Dotterstöcke 670 Adolph Kraemer, erwähnen, welche als feine Kanälchen an den Dotterfollikeln beginnen, schließlich von beiden Seiten des Körpers her zu einem weiteren Dottergang sich vereinigen, welcher unterhalb des Ausführungsganges der Schalendrüse verlaufend, in das Ootyp von hinten eintritt und hier das Dottermaterial für die Eier zusammenträgt. In das Ootyp münden also ein: die Vagina, die beiden Eiergänge, die Schalendrüse und die Dottergänge, während andererseits der schlin- senförmige Uterus aus ihm hervorgeht. Im Ootyp werden die ent- wicklungsfähigen Eier befruchtet, mit Dottermasse versehen und mit einer schützenden Schale umgeben. Die Ovarien repräsentiren in ihrem Gesammteindruck zwei flügel- föormige Gebilde zu beiden Seiten des Uterusbehälters, welchem sie dicht anliegen, mit ihrem breiteren Theile nach oben, mit ihrem schmä- leren Abschnitt, aus dem der Eiergang hervorgeht, nach unten vom Uterusbehälter gelegen; nach den Seiten zu grenzen sie an die Hoden an. Sie besitzen eine ansehnliche Entfaltung und ergeben sich als zahlreiche dicht neben und auf einander gelagerte, gewundene Blind- schläuche, welche etwa eine Dicke von 0,217 mm besitzen und von einer strukturlosen Hülle umgeben werden, die sich in den eigentlichen Eiergang fortsetzt und auch dessen Wandung bildet. In den Ovarial- schläuchen sind die Eier nichts als ein dunkler Kern (0,007 mm) mit Kernkörperchen, der von einem trüben Protoplasma umgeben ist. In den Eiergängen erscheinen die Eier vergrößert (0,040 mm) und sind mit reichlichem Protoplasma umgeben. Im Ootyp, nachdem sie be- fruchtet, mit Dotter und Schale versehen sind, stellen sie runde, helle, 0,015 mm messende Bläschen dar, mit kleinem, aber scharf hervor- tretendem Kern. Nachdem sie im Ootyp diese Phasen durchlaufen haben, können sie in den eigentlichen Fruchtbehälter, den Uterus eintreten, welcher auf der der Scheidenmündung gegenüberliegenden Seite des Ootyps seinen Ursprung nimmt. Ähnlich wie bei Bothriocephalus latus stellt der Uterus einen einfachen gewundenen Kanal dar, der in der Mittel- schicht der Glieder vom Ootyp gegen den weiblichen Geschlechtssinus emporsteigt und in seiner ausgebildeten Form die ganze centrale Partie der Mittelschicht einnimmt. Anfangs, auf einem Stadium, wo noch keine Eier im Uterus enthalten sind, ist der Kanal ziemlich eng (0,020 mm) und lässt sich leicht in seinem ganzen Verlauf verfolgen. Mit Eintritt der Eier in ihn wächst seine Weite (0,038 mm), erreicht aber selten eine solche Ausdehnung, dass mehrere Eier neben einander ihn passiren könnten. In der Regel folgt ein Ei dem anderen, so dass der Uterus mit seinen Eiern einer zusammengelegten Perlschnur nicht un- Beiträge zur Anatomie und Histologie der Gestoden der Süßwasserfische. 671 ” ähnlich erscheint. Eine Regelmäßigkeit in der Lage der Schlingen - lässt sich nicht erkennen, sie nehmen an Zahl zu, je mehr Eier in sie “ eintreten. Das vom Ootyp ausgehende Ende zeigt, da hier die Eier ihre _ endsültige Größe noch nicht erreicht haben, stets ein engeres Lumen als die mittleren Uteruspartien. Die Wandung des Uterus wird von einer jedenfalls sehr dehnbaren Hülle gebildet. Auf dem höchsten - Grade der Ausbildung liegen die großen Eier der Wand so dicht an, dass sie überhaupt nicht mehr wahrzunehmen ist und nur noch die Lage der Eier uns ein ungefähres Bild von dem Verlauf des Uterus giebt. Eine eigene Muskulatur kommt ihm nur in seinem oberen, nahe der Ausmündung gelegenen Abschnitt in Form von Ringmuskelfasern zu. Die Weiterbeförderung der Eier im mittleren Theil scheint durch die Aktion der Körpermuskeln bewerkstelligt zu werden. Die Gesammtheit der Uterusschlingen ist umgeben von einem aus - Bindegewebe und dorsoventralen Muskeln gebildeten rundlichen Sack, _ den wir Uterusbehälter nennen wollen. Die Ausmündung des Uterus- kanales befindet sich, wie schon oben geschildert wurde, unterhalb . der Vaginalöffnung und mit dieser gemeinschaftlich in der weiblichen Geschlechtskloake. | Die Dotterfollikel sind in der Rindenschicht gelegen, sie ziehen als _ kontinuirliche Lage unterhalb der subcutieularen Schicht hin und be- gleiten die ganze Körperperipherie, sowohl an der Rücken- als Bauch- fläche, besonders in den seitlichen Partien, während sie in der Mitte, 4 wo die Geschlechtsorgane ausmünden, fehlen; indessen treten sie auch hier in denjenigen Abschnitten des Körpers kontinuirlich auf, die zwi- schen den Geschlechtsöffnungen des einen und des nächstfolgenden Gliedes liegen. Sie besitzen eine nach innen gestreckte Eiform und - eine deutliche eigene Wandung. Ihr drüsiger Charakter ist leicht zu erkennen; um ein centrales längliches Lumen gruppiren sich im Kreise zahlreiche, den Dotter secernirende trüb aussehende Zellen (0,189 mm - im Längsdurchmesser, 0,081 mm im Querdurchmesser), ohne deutliche - Wandung, mit einem oder zwei schön hervortretenden Kernen (0,052 mm) mit Kernkörperchen; diese Kerne werden allseitig von feinkörnigen Dottermassen umgeben. Auf einem !/,; mm dicken Querschnitte zähle ich etwa A3 solcher Dotterfollikel. Sie liegen stellenweise dicht an einander, andere wieder lassen ziemlich breite Spalten zwischen sich, durch welche die dorsoventralen Muskelfasern hindurchziehen, um sich an der Cuticula zu inseriren. An ihrem dem Mittelfeld zugekehrten Ende stehen die Dotterfollikel mit feinen Ausführungsgängen in Ver- bindung, die in der Rindenschicht noch reich verzweigt, allmählich zu größeren Sammelkanälchen zusammenfließen, welche die innere Längs- 672 Adolph Kraemer, muskelschicht durchsetzen und schräg dem Ootyp zu ziehen. Die größeren Sammelkanälchen besitzen eigene Wandungen und sind leicht durch die in ihnen enthaltenen Dottermassen zu erkennen, während die feinen, mit den Drüsen in Verbindung stehenden Zweige sich nur durch ihren Dottergehalt von dem umgebenden Gewebe abheben, während eine eigene Wandung ihnen abzugehen scheint. Nach den Ausführungsgängen zu urtheilen scheint das Dottermaterial besonders von den an den Seitenpartien gelegenen Dotterfollikeln zugeführt zu werden, während die mehr in der Mitte der Rücken- und Bauchfläche gelegenen Drüsen weniger ausgiebig funktioniren; indessen zeigt ihre histologische Beschaffenheit durchaus keine Differenzen von den seit- lich gelegenen. Die Ausführungsgänge der auf der dorsalen Seite ge- legenen Dotterfollikel müssten die Mittelschicht durchsetzen, um zu dem an der Ventralseite gelegenen Ootyp zu gelangen, ein Weg, den sie schwerlich machen können, da sie sich zwischen den Organen durch- drängen müssten. Ich nehme an, dass sie die Seitentheile der Mittel- schicht bogig umgreifen, um zur Ventralfläche zu gelangen. Eben so werden sich die Ausführungsgänge der ventralen Drüsen verhalten, wenn das Ootyp in einem anderen Gliede dorsal auftritt. Die Sekret- massen in den Dotterfollikeln selbst und in den Sammelkanälchen er- scheinen als durchschnittlich 0,015 mm große stark lichtbrechende Tröpfehen mit dunkler Umrandung. Denselben Charakter zeigen sie noch nachdem sie im Ootyp die aus den Eiergängen zugeführten Eier ° umlagert haben. | | Das Ei im Ootyp hat noch eine rundliche Form und lässt in seiner Mitte das runde Keimbläschen (0,009 mm) mit Keimfleck erkennen, es ist allseitig von den Dottermassen umlagert. Die Schale ist noch sehr schwach und nur einfach. Nachdem die so gestalteten Eier in den Uterus eingetreten sind, vergrößern sie sich allmählich und nehmen eine »Eiform« an. Die reifen Uteruseier haben einen Längsdurchmesser von 0,095 mm bei einem Querdurchmesser von 0,076 mm. Am stum- pfen Pol besitzt die jetzt zwei Schichten zeigende starke Schale einen Deckel, der indessen nicht immer leicht zu sehen ist. Der Embryo scheint seine Ausbildung erst nach Entleerung der Eier im Wasser zu erreichen, im Uterus ist derselbe noch nicht zu er- kennen. x Häufig sieht man die immerhin biegsame Chitinschale der Uterus- eier von der Seite her eingedrückt, so dass man auf den ersten Blick leicht verleitet ist, in diesem Bild einen seitlichen Deckelapparat zu erblicken. Es ist noch zu bemerken, dass die Uteruseier durchaus nicht immer Beiträge zur Anatomie und Histologie der Gestoden der Süßwasserfische. 673 die gleiche Form haben, es finden sich solche, die mehr schlank als ge- _ wöhnlich, andere dagegen sind viel breiter, so dass sie fast kugelig _ erscheinen. Fassen wir nun kurz die Ergebnisse der Untersuchung zusammen. 5 Cyathocephalus ist ein Cestodengenus, dessen Scolex zu einem - Trichter umgewandelt ist; dieser Trichter besitzt eine kräftige Musku- - latur und entbehrt jeder Bewaffnung, er fungirt wie ein endständiger - großer Saugnapf, vermöge dessen sich der Wurm festsaugt. Eine äußere Gliederung des Körpers ist kaum angedeutet, dagegen -_ eine innere durch die sich wiederholenden Geschlechtsorgane ausge- - sprochen. Ein Abwerfen der Endglieder findet nicht statt. Im letzten - Gliede sind keine Geschlechtsorgane entwickelt. r Die Geschlechtsorgane münden alternirend sowohl auf der dorsa- 4 len als ventralen Fläche aus, und zwar liegt die männliche Geschlechts- - öffnung vor der weiblichen. Die eigentlichen Mündungen der Ge- - schlechtsorgane liegen in einer Einsenkung der äußeren Körperecutieula, -_ einem Geschlechtssinus. Im weiblichen Sinus genitalis münden sowohl - die Vagina wie der Uterus nach außen. Die Vaginalöffnung liegt vor - der Uterusöffnung, also nach der männlichen Genitalöffnung zu. | Die Muskulatur setzt sich zusammen aus einem äußeren Haut- _ muskelschlauch, der aus einer äußeren Ring- und inneren Längsmuskel- schicht besteht, sich kontinuirlich über den ganzen Körper erstreckt -_ und nirgends eine Unterbrechung zeigt; aus einer zwischen Rinden- ; "und Mittelschicht gelegenen inneren Längsmuskulatur, welche mächtig _ entwickelt ist und ebenfalls den Körper ohne Unterbrechung durch- setzt; sowie aus dorsoventralen und transversalen Muskeln. Ä Das Nervensystem besteht aus zwei kräftigen spongiösen Längs- - stämmen, die in den Seitenpartien zwischen den Hoden hinziehen und 2 sich im Scolex unterhalb der Trichterhöhle durch eine einfache Quer- _ kommissur verbinden. Von den seitlichen angeschwollenen Partien - der Querkommissur geht je ein Ast nach vorn zu beiden Seiten des - Trichtersackes entlang. Das Exkretionssystem wird gebildet durch sechs Längskanäle. Die vier kleineren liegen in den Seitenfeldern, je eines dorsal, das andere entral an der äußeren Grenze der Mittelschicht, sie bilden im Scolex einen Gefäßring, der das untere Ende des Trichtersackes umgreift. Die r beiden anderen, etwas größeren Gefäße, verlaufen in der Mittelschicht _ dieht an der inneren Seite des Längsnerven entlang, sie lösen sich im Seolex in ein Netz auf, das mit dem Gefäßring in Verbindung steht. Sämmtliche Längsstämme sind auf ihrem ganzen Verlauf anastomotisch - mit einander verbunden, wodurch ein unregelmäßiges, großmaschiges 674 Adolph Kraemer, Gefäßnetz zu Stande kommt, welches in seinem Charakter durchaus an dasjenige der Bothriocephalen erinnert. Charakteristisch ist die Ausmündung des Exkretionsapparates am hinteren Körperende. Am Ende des vorletzten Gliedes, in dem noch Geschlechtsorgane entwickelt sind, bilden die vier kleinen Gefäße einen Ring, in dessen vordere Hälfte die beiden größeren Gefäße einmünden. Aus diesem Ring ent- springt ein Gefäßbogen nach hinten, der sich mit einer Endblase in Verbindung setzt, welche am hinteren Körperpole nach außen mündet. Seitliche Ausmündungen, wie sie Fraıont als »Foramina secundaria « für Bothriocephalus punctatus beschrieben hat, existiren nicht bei Cyathocephalus. Die Geschlechtsorgane kommen bereits etwa 11), mm weit vom Scolex entfernt zur Anlage. Der ausgebildete männliche Apparat be- steht aus den die Seitentheile der Mittelschicht des Körpers einnehmen- den blasenförmigen Hoden von ziemlich beträchtlicher Größe. Sie entleeren ihren Inhalt in feine Sammelkanälchen, welche sich zu einem Vas deferens vereinigen, das sich innerhalb eines von Bindegewebe und Muskelfasern gebildeten Sackes varicös zu einer verschlungenen Samenblase erweitert. Aus dieser Samenblase tritt das Vas deferens, nachdem es noch einmal eine bulbusförmige Anschwellung erfahren hat, sich beträchtlich verschmälernd, von hinten in den eiförmigen Cirrusbeutel ein, durchsetzt diesen schlängelnd, um schließlich als eigentlicher Cirrus im männlichen Genitalsinus hervorzutreten. Der Cirrus ist an seiner Basis etwas verdickt und besitzt keine Wider- haken. Der weibliche Geschlechtsapparat. Die Keimstöcke repräsen- tiren drüsige Blindschläuche, die nach innen von den Hoden gelagert sind. Sie stehen je durch einen Eiergang mit einem an der Basis des Uterusbehälters gelegenen Ootyp in Verbindung, in welches sie die Eier befördern, die hier ihrer Befruchtung harren. Diese geschieht durch die Vagina, welche sich von der weiblichen Geschlechtsöffnung aus als ziemlich enger Kanal unterhalb der Uterusschlingen schlängelnd zum Ootyp begiebt; hier werden auch die Eier mit Dotter und Schale versehen. Die Schalendrüse liegt als langgestreckte einfache, schlauchförmige Drüse entlang der äußeren Grenze der Mittelschicht, ihr Ausführungs- gang tritt von hinten her in das Ootyp ein. Das Dottermaterial wird dem Ootyp durch mehrere Dottergänge von den in der Rindenschicht gelegenen Dotterfollikeln zugeführt. Aus dem Ootyp gelangen die ausgebildeten Eier in den Uterus. Dieser beginnt als Anfangs enger, allmählich sich erweiternder Kanal Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische. 675 vom Ootyp aus, legt sich ähnlich, wie das für das Vas deferens der Fall ist, innerhalb einer sackartigen Umhüllung, dem Uterusbehälter, in zahlreiche Schlingen und tritt endlich mit einer besonderen Öffnung "hinter der Vaginalöffnung im weiblichen Genitalsinus mit der Außen- welt in Verbindung. | Aus diesen Resultaten geht hervor, dass das Genus Gyathocepha- us den Bothriocephaliden anzureihen ist. Für diese Stellung im System sprechen vor Allem die Beschaffenheit des Nervensystems und des Exkretionssystems, sowie der Geschlechtsapparat in vielen wesentlichen Punkten — schlingenförmiger Uterus, eigene Vaginal- und Uterus- Öffnung etc. 4 An die Trematoden erinnert Gyathocephalus durch das Vorhanden- sein eines Ootyp, den Uterus und die Beschaffenheit der Eier. Indessen ist das Ootyp der Trematoden nicht ganz gleichwerthig mit demjenigen “von Cyathocephalus. 4 Obgleich hier wie dort sowohl Eiergang als Schalendrüse und Dottergänge in das Ootyp einmünden und der Uterus andererseits aus ihm hervorgeht, so ist doch die Vagina von Cyathocephalus nicht dem Laurer’schen Kanal der Trematoden gleichwerthig. Die Vagina mündet "mit dem Uterus in demselben weiblichen Genitalsinus, während der "Laurer’sche Kanal der Trematoden weit von der Ausmündung des Uterus und des Vas deferens entfernt sich öffnet. Bei Cyathocephalus dient die Vagina offenbar zur Aufnahme des Cirrus und mithin zur Befruch- tung der im Ootyp abgelagerten Eier. Hierfür spricht die Anwesenheit "von Samenfäden in ihrem Inneren. Ob der Laurzr’sche Kanal der Tre- "matoden bei der Begattung und der Befruchtung überhaupt eine Rolle spielt, ist noch sehr fraglich und wird wohl mit Recht von neueren Beobachtern, wie Pıntner, verneint. 4 Verschieden von dem allgemeinen Bothriocephalentypus ist Cyatho- Cephalus durch seinen zu einem Trichter modifieirten Scolex, der aber immerhin noch diese letztere Bezeichnung verdient, da in ihm die als ehirn aufzufassende Kommissurenverbindung der beiden Längsstämme liest; so wie durch das Verhalten der Geschlechtsöffnungen, welche cht nur, wie bei dem Genus Bothriocephalus, auf der ventralen Fläche egen, sondern auch dorsal mit den ventral gelegenen Öffnungen alter- _ Dirend auftreten. | Diesem Verhalten ist wohl nicht ein zu großer Werth beizulegen, _ da es ja auch Formen unter den Bothriocephaliden giebt, die marginal gelegene Geschlechtsöffnungen besitzen (z. B. Bothr. rugosus Rud.) und _ andererseits Tänien mit flächenständiger oder marginal alternirender - Geschlechtsöffnung. 676 Adolph Kraemer, Wir müssen nun noch zum Schluss einer wichtigen Frage näher treten. Ist Cyathocephalus eine polyzoische oder monozoische CGesto- dengattung? Wäre er polyzoischer Natur, d. h. würde jedes Glied einem Einzelthier entsprechen und die ganze Reihe der Glieder vom Scolex aus durch Strobilation sich gebildet haben, so wäre es natür- lich, dass das letzte Glied das älteste repräsentirt und somit die reifsten Geschlechtsprodukte enthielte, sich nach Analogie polyzoischer Formen gelegentlich allein oder im Verbande mit vorhergehenden ablöste, um vom Wirth durch die Exkremente nach außen befördert zu werden, wodurch eine neue Infektion und die Erhaltung der Art unter Umstän- den begünstigt wird. Bei unserem Parasiten ist dagegen von einer äußeren Gliederung kaum oder nicht zu sprechen, ein Glied ist innig und ohne scharfe Grenze mit dem anderen verbunden. Nur die im Inneren des Körpers sich wiederholenden Geschlechtsorgane würden für eine Gliederung sprechen; es ist nun aber sehr fraglich, ob die Gliederung der Ge- schlechtsorgane der Cestoden allein hinreicht, um einem jeden Gliede den Werth eines gewissermaßen selbständigen Organismus beizulegen. Müssen nicht andere Organe des Körpers auch so beschaffen sein, dass sie in jedem Gliede eine gewisse Selbständigkeit haben? Wir wollen sehen, ob eine solche Selbständigkeit anderer Organe bei Cyatho- cephalus ausgesprochen ist. .Was die Ausbildung der Geschlechtsorgane und ihrer Produkte betrifft, so sind diese bei unserer Form etwa in der Körpermitte am weitesten entwickelt, während das hintere Körperende von ihnen ganz frei bleibt und als echter Caudaltheil angesehen wer- den darf, der sich niemals vom Körper ablöst, was schon daraus zur Genüge hervorgeht, dass hier das Exkretionssystem unter Bildung eines komplieirten Endapparates nach außen mündet. Der Hautmuskelschlauch sowie die innere Längsmuskulatur tragen durchaus keine Gliederung zur Schau, wie dies bei gegliederten Bothriocephalen und Tänien der Fall ist, sie setzen sich vielmehr als einheitliche Muskellagen ohne Unterbrechung über den ganzen Körper fort, ein Verhalten, welches auch für die monozoischen Formen, wie Ligula und Schistocephalus, bekannt ist und sehr zu Gunsten eines ganzen unzertrennbaren Körpers spricht. Mit aller Bestimmtheit scheint das Nervensystem für die mono- | zoische Natur des Cyathocephalus, wenn nicht der Cestoden überhaupt, zu sprechen. Wir finden hier, wie bei den anderen Bothriocephalen, eine im Scolex gelegene ganglionäre Nervenmasse, welche die beiden den ganzen Körper durchziehenden Nervenstämme verbindet, und als ein Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische. 677 - Centralorgan des Nervensystems, als ein »Gehirn« angesehen werden - darf. Das Nervensystem ist also ein einheitliches, daraus geht aber nothwendig die Einheit des ganzen Körpers hervor. Auch der Exkretionsapparat zeigt nirgends eine Gliederung, er - besteht, wie bei anderen Bothriocephalen, aus einer Anzahl den Körper in der Längsrichtung durchziehender Gefäße, die unregelmäßig durch - Anastomosen verbunden sind, um schließlich bei Cyathocephalus durch - eine terminale Endblase nach außen zu münden. Diese Beschaffenheit des exkretorischen Apparates lässt, wie das - Nervensystem, auf einen einheitlichen Körper schließen. Messen wir in Anbetracht der parasitischen Lebensweise, mit der Nothwendigkeit _ einer massenhaften Eierproduktion, den sich wiederholenden Ge- - schlechtsorganen keine höhere Bedeutung bei, wie wir dies für die - Nephridien der segmentirten Annulaten gewohnt sind, so ist kein - Grund vorhanden, eben so wenig wie wir die Anneliden obiger _ Organe wegen, die in jedem Segment wiederkehren, als einen Thier- stock auffassen, Cyathocephalus als polyzoisch zu betrachten, sondern haben vielmehr allen Grund ihn als ein segmentirtes Thier an die _ Seite anderer monozoischer CGestoden, wie Schistocephalus, Ligula, - Caryophyllaeus, Amphilina und Archigetes ete., zu stellen. Taenia filicollis Rud. (Coregonus fera.) (Taf. XXVIL und XXVIII, Fig. 45—32, 39—42.) Litteratur. 4. 4809. Ruporpaı, Entoz. Hist. Vol, II. Pars 2. p. 106. 2. 1849. Dusarpın, Hist nat. des Helminth, p. 583. 3, 4844. BELLINGHAM, Annals of nat. hist. Vol. XIV. p. 319. 4. 4850. Dissing, Syst. Helminthum. I. p. 512. { F 5. 41856. CosBBoLD, Transact. Linn. Soc. XXII. p. 156, 469. Tab. XXXI, Fig. 4. = 6, 1864. Diesing, Revis. d. Cephalocot. Abth. Cyclocot in: Sitzungsber. d.k, Akad. 4 Wien. Bd. XLIX. (1. Abth.) p. 377. K 7. 1884. ZSCHOKKE, Rech. sur les vers part. p. 46. Fig. 14, Bund C. 8, 4889. LÖNNBERG, p. 15. Wirthe. Gasterosteus aculeatus L. Gasterosteus pungitius L. Perca fluviatilis L. Intest. Coregonus fera Iur. Intest. Sowie die bisher für »Taenia ocellata Rud.« angeführten Wirthe. 678 Adolph Kraemer, Geschichtliches. Ruvorpat (1) giebt folgende Diagnose seiner Taenia filieollis. Capite subgloboso, discereto, collo longissimo, filiformi, artieulis ovariisque quadratis. Caput subglobosum, discretum, -osculis orbicularibus, majuseulis, binis tam superioribus, quam inferioribus. Collum filiforme, longissi- mum, Corpus planum articulis antieis minoribus, reliquis subquadra- tibus, quadratis, ultimo rotundato. Ovaria quadrangularia, angulis acutis productis, opaca, ut articulorum tantum partes interangulos sitae pellueidae sint. Vermis inde aspectus lepidus, inter quoslibet enim articulos maculae pellucidae, et simul canalis lateralis pellucidi species oboritur. Foramina non visa. Vermes duos tresve pollices longi fere lineam lati, candidissimi. BeitineHam (2) fand mehrere Exemplare der Taenia filicollis in Gasterosteus aculeatus im Juli 1839. Er konnte sie einige Zeit im Wasser lebend erhalten und bemerkte, dass ein Exemplar die Eier durch einen seitlichen »Porus« mit Gewalt in einem kontinuirlichen Strom entleerte. Er giebt die Eier als weiß, sphärisch und klein, aber mit bloßem Auge sichtbar, an. Dusarvın (3) fügt zu den Angaben Ruporrars nichts wesentlich Neues hinzu. Nach ihm beträgt die Länge der Tänie 50—80 mm, ihre Breite ungefähr 2 mm. Die Eier haben eine doppelte Hülle, eine äußere schleimige und eine innere körnige. Cossorn (5) vergleicht die Tänie nach ihrem äußeren Habitus mit Schistocephalus dimorphus Crep. und dem Jugendstadium eines klei- nen Trematoden, welchen er für Monostoma caryophyllinum hält. Nach ihm durchziehen vier Wassergefäße, die leicht von außen sichtbar, die ganze Gliederkette, im Seolex sollen sie dicht an die vier Saugnäpfe herantreten, dass es schwer sei zu entscheiden, ob sie nicht in diese einmünden. ZSCHOKEE (7) entdeckte den Wirth Perca fluviatilis. Er giebt zuerst eine Abbildung des Kopfes und macht an der Hand einer Abbildung - eines hellen Totopräparates die ersten Angaben über die Geschlechts- organe. Die Geschlechtsöffnungen liegen ungefähr in der Mitte des Gliedrandes und zwar unregelmäßig rechts und links alternirend. Der Cirrus ist kurz und konisch. Die »Ovaria quadrangularia« Rupor- pa’s sind nach Zschokke die birnförmigen Hoden, deren jeder einen feinen Ausführungsgang besitzt, die zu einem gemeinschaftlichen Kanal zusammenfließen. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische. 679 Die Vagina ist kurz, sie erweitert sich etwa gegen die Mitte des Gliedes in eine Samenblase. Der Uterus nimmt als eine weite Röhre die Mittellinie der Pro- glottis ein und begiebt sich, einige schwache Biegungen beschreibend, nach dem Hinterrande des Gliedes. Hier spaltet er sich in zwei Theile, welche rechts und links mit einem gelappten Ovarium in Verbindung treten. Die Dotterstöcke finden sich zwischen den Ovarien, am hinteren Gliedrande, sowie an den beiden seitlichen Rändern der Proglottis. LönngerG (8) fand Taenia filicollis in Gasterosteus pungitius zu Upsala. Allgemeines und äußere Körperform. Taenia filicollis bewohnt vornehmlich die verschiedenen Arten ‚von Gasterosteus, welcher Wirth schon den älteren Beobachtern be- kannt war; indessen ist ihr Verbreitungsbezirk nicht ausschließlich auf diese Fischgattung beschränkt. Zscuokke fand sie in Perca fluviatilis, während meine Exemplare aus Coregonus fera (Vierwaldstätter See) stammen. Man findet sie gewöhnlich in den Appendices pyloricae oder in dem Anfangstheil des Darmes in ziemlich beträchtlicher Anzahl (10 —20). Die Geschlechtsreife erstreckt sich, wie es scheint, von den ersten Monaten des Frühlings bis in den Spätherbst. Zscuokke fand sie reif im Februar und zweimal im März, BELLIn6HAMm im Juli, eben so standen meine Exemplare, die ich im Juli sammelte, auf der Höhe ihrer ge- schlechtlichen Reife. Im Allgemeinen darf man wohl mit Zscuhokke annehmen, dass die Reife der Geschlechtsprodukte der Fischtänien in die Sommermonate fällt. Diese Annahme wird bestätigt durch den Umstand, dass ich im Laufe dieses Sommers die Taenia filicollis, T. longicollis, T. torulosa mit reifen Proglottiden fand, während von Lınstow im Winter eine größere Anzahl von Fischtänien sammelte ohne jemals unter ihnen geschlechtsreife Formen zu finden. Die Gesammtlänge von Taenia filicollis schwankt zwischen 4 und 8 cm, meine größten Exemplare hatten eine Länge von 6 cm. Die Breite ist je nach dem Körperbezirk verschieden. Der ungegliederte, fadenförmige Halstheil misst 0,076 mm, die ersten länglichen Glieder 0,228 mm, die quadratischen Vorderglieder 0,532 mm, die geschlechts- reifen Mittelglieder kaum 2 mm, die reifsten Endglieder steigen bis auf eine Breite von 2 mm an. 680 Adolph Kraemer, Der Scolex ist klein, rundlich und gerade noch mit bloßem Auge sichtbar, er ist deutlich, wenn auch nicht scharf, gegen den Hals ab- gesetzt und besitzt einen Querdurchmesser von 0,114 mm. Seine Scheitelgegend ist versehen mit vier runden, mit einer kräftigen Muskulatur ausgestatteten Saugnäpfen, deren Stellung je nach den Kontraktionszuständen des Scolex eine wechselnde sein kann. Im ruhenden Zustande stehen zwei dieser Saugnäpfe nahe dem Scheitel auf der ventralen, zwei auf der dorsalen Fläche des Kopfes. Bisweilen aber sind alle vier Saugnäpfe um den Scheitel stehend von einer Seite her sichtbar und der Scolex nimmt bei diesem Stande seiner Fixations- organe eine eigenthümliche gelappte Form an. Nicht selten richten sich die Saugnäpfe vermöge ihrer Muskulatur so auf, ‘dass sie dem Auge als kleine hervorragende Tuben erscheinen. Ihr Querdurch- messer beträgt 0,038 mm. Ich komme am Schlusse der Arbeit auf Taeniafilicolliszurück. Vergleiche den Abschnitt »Taenia ocellata Rud.c«. ZSCHOKKE giebt uns in seinen Recherches von der wechselnden Stellung der Saugnäpfe ein getreues Bild. Auf den Scelex folgt ein fadenförmiger, langer, abgeplatteter Halstheil, der ungefähr ein Fünftel oder ein Viertel der Gesammtlänge des Thieres einnimmt und vor Allem der äußeren Form der Tänie ihr charakteristisches Gepräge giebt, so dass man T. filicollis nicht leicht mit einer anderen Tänie verwechseln könnte. Aus diesem schmal-bandförmigen Halstheil schnüren sich allmählich distalwärts die ersten erkennbaren Proglottiden ab. Sie sind schmal (0,228 mm) viel länger als breit (Längsdurchmesser 0,342 mm) und können bei schwacher Lupenvergrößerung noch als Halstheil erscheinen. Allmählich verkürzen sich diese Proglottiden, ihr Breitendurchmesser nimmt zu (0,380 mm) ; wenige Glieder weiter treffen wir solche, deren Längs- und Querdurchmesser nahezu der gleiche ist, sie erscheinen dess- halb quadratisch. Solche Glieder sind etwa vier bis sechs vorhanden. Der Cirrusbeutel und die übrigen männlichen Theile, auch die Ovarien, sind in diesen quadratischen Gliedern bereits entwickelt. Sie werden nach hinten gefolgt von Gliedern, deren Längsdurchmesser etwa ein und ein Viertel des Querdurchmessers beträgt, welch letzterer dem der quadratischen Glieder ungefähr gleich bleibt. In diesen Gliedern haben auch die weiblichen Organe ihre definitive Ausbildung erreicht. Nun ziehen sich die Proglottiden in die Länge, der Längsdurchmesser über- trifft den Breitendurchmesser um das Doppelte und wenige Glieder weiter nach hinten bis um das Dreifache (%—3 mm). Dieses sind die’ reifen und reifsten Glieder der Kette, deren Endglied etwas kürzer, hinten abgerundet, aber ohne Ausbuchtung ist. | Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische. 681 Die ganze Proglottidenkette ist zusammengesetzt aus 50-120 Gliedern, die fest mit einander verbunden sind. Die Seitentheile der Glieder erscheinen ein wenig nach innen gebogen, die Kanten oder - Winkel abgerundet und kaum etwas vorstehend. Die Kette zeigt daher durchaus keine Zähnelung. Die Seitenränder der Glieder erscheinen gegenüber dem Mittelfeld etwas dicker und sind weniger durchschei- nend als dieses. Der Verlauf der vier Exkretionsgefäße lässt sich leicht von außen durch das Parenchym hindurch als vier helle Linien erken- nen. Die Geschlechtsöffnungen liegen unregelmäßig abwechselnd mar- ginal, etwa in der Mitte des Gliedrandes, welcher an dieser Stelle etwas vorgewölbt erscheint, und zwar liegt die Öffnung der Vagina vor der des Cirrusbeutels. Ein gleiches Verhalten der äußeren Geschlechts- öffnungen finden wir bei Taenia longicollis. Ein eigentlicher Genitalsinus kommt Taenia filicollis nicht zu, beide Geschlechtsöffnungen erreichen den Gliedrand direkt, während bei T. longieollis ein seichter Genitalsinus zu erkennen ist. Von Farbe erscheint die Tänie rein weiß. Cuticula, Parenchym und Kalkkörper. Die äußere Körperbedeckung lässt von außen nach innen fort- schreitend folgende Gewebselemente erkennen. Eine.0,003 mm breite, sich stark tingirende Cuticula, welche von feinen, aber immer sehr deutlichen Porenkanälchen senkrecht durchsetzt wird, wird nach innen - von einer sich schwächer färbenden jüngeren Cuticula begrenzt; auf diese folgt eine 0,005 mm messende Gewebsbildung, welcher nicht der Charakter einer Epidermis zukommt; sie besteht durchaus nicht aus Zellen, sondern zeigt eine feine senkrechte Streifung, in der keinerlei | Kernelemente zu erblicken sind. Man könnte versucht sein, diese Bildung für äußerst feine Sehnen- fäden von Dorsoventralmuskeln zu halten, allein diese Deutung ist nicht zulässig, da diese Muskeln bei Weitem nicht so reichlich ent- wickelt, als hier Endsehnen vorhanden wären, ferner ist die betreffende Gewebsbildung sowohl nach der Cuticula als nach innen durch eine - Linie.deutlich abgegrenzt. Von Linstow, welcher die gleiche Bildung für Taenia longicollis nachgewiesen hat, belegt sie mit dem Namen Gutis. Sie ist nach ihm schmutzig gelb von Farbe und für Farbstoffe un- tingirbar. Letzteres kann ich nicht ganz bestätigen, bei meinen Prä- - paraten sehe ich die Cutis sowohl bei Taenia longicollis als bei T. fili- -eollis schwach gefärbt durch eine Eurricn'sche Hämatoxylinlösung. Auf diese Qutis folgt bei beiden Tänien eine schwache Ring- darunter Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 44 682 Adolph Kraemer, FI eine etwas kräftigere Längsmuskelschicht. Die auf Längsschnitten quer getroffenen Fasern der Ringmuskelschicht bilden eine fortlaufende Reihe von Punkten, die nicht dicht an einander schließen, sondern kleine Spalten zwischen sich lassen. Die Ringmuskulatur ist also keine zusammenhängende Muskellage, sie bildet vielmehr mit ihren Fibrillen Reife um die unter ihr liegende zusammenhängende äußere Längs- muskelschicht. Beide Muskellagen bilden zusammen den äußeren Hautmuskel- schlauch. Die Längsmuskulatur wird nach innen gefolgt von einer mächtigen Schicht dicht gedrängter, sich stark tingirender, zapfenför- miger Zellen, die mit breiter Basis unterhalb der äußeren Längsmusku- latur entspringen und sich allmählich nach unten verschmälern. Diese Zellen haben einen durchschnittlichen Längsdurchmesser von 0,057 mm hei einem Breitendurchmesser an der Basis von 0,020 mm, sie besitzen einen bis mehrere rundliche Kerne (0,008 mm) mit scharf hervor- tretendem Kernkörperchen; sie nehmen eine Zone von 0,060 mm ein und werden von von Linstow für Taenia longicollis, bei welcher sie in der gleichen Weise wie bei ’T. filicollis entwickelt sind, als Hypodermis bezeichnet. Ob diese Zellen wirklich eine Hypodermis in ihrer wahren Bedeutung darstellen, ist mir sehr zweifelhaft, ihre Lage spricht ent- schieden dagegen. Sie sind von der Cutis und Cuticula getrennt durch die äußere Ring- und Längsmuskulatur und dürften somit nicht die Eigenschaft haben eine neue Cutis resp. Cuticula zu bilden, während man doch gewohnt ist, mit dem Begriff einer Hypodermis jene Funk- tionsfähigkeit zu vereinigen. Dieser subcutanen resp. submuskularen Zellenschicht kommt bei ihrer mächtigen Entwicklung jedenfalls eine bestimmte physiologische Bedeutung zu; welche, ist mir indessen nicht recht klar, es wäre mög- lich, dass sie digestive Eigenschaften hat. — | Wir gliedern, wie üblich, das Parenchym in eine Rindenschicht und eine Mittel- oder Centralschicht. Der Rindenschicht gehören an die Cuticula, die Cutis, der Hautmuskelschlauch und die mächtig ent- wickelte submuskulare Zellschicht. In der Mittelschicht liegen die innere Längsmuskulatur, das Ner- ven- und Exkretionssystem sowie die Geschlechtsorgane; sie wird quer durchzogen von den dorso-ventralen Muskeln. Die Trennung des Parenchyms ist hier nur eine willkürliche, durch die Topographie der Organe gegebene. Die Elemente beider’ Parenchymschichten sind in ihrem Bau nicht von einander verschieden. Sie repräsentiren auf Flächenschnitten ziemlich dicht an einander gelagerte, stark färbbare, polygonale Zellen mit einem Durchmesser Beiträge zur Anatomie und Histologie der Oestoden der Süßwasserfische. 633 von 0,005 mm. Sie enthalten in ihrer Mitte einen runden Kern 4 (0,002 mm) mit Kernkörperchen und ein homogenes Protoplasma. Von - dem Kern aus sieht man nicht selten einige feine einfache Ausläufer - gegen die Winkel der polygonalen Zelle ziehen. Die Zellmembran der - Parenchymzellen ist ziemlich dick, ihre Ecken sind in längere oder _ kürzere Zipfel ausgezogen, die sich in den Intercellularräumen, den Parenchymmaschen, zuweilen erreichen und verbinden. Die Inter- _ cellularräume erscheinen gegenüber den Zellen hell, doch sind sie nicht ganz leer, sondern meist iheilweise von einer äußerst feinkörnigen sieh mitfärbenden Intercellularsubstanz erfüllt, ein Ausscheidungspro- 3 - dukt der Zellen des Parenchyms. 3 Zerstreut im Parenchym finden sich spärlich Kalkkörper von rund- - licher oder länglicher Form eingelagert. Sie sind ziemlich groß (0,003 bis 0,005 mm) und scheinen momentan nur in den reifen Proglottiden anwesend zu sein, im Scolex und Halstheil habe ich sie nie gefunden. 4 Nach von Linstow fehlen sie bei Taenia longiecollis gänzlich. Die Körper sind geschichtet und weichen in ihrem Aussehen in nichts von den- jenigen anderer Cestoden ab. Muskulatur. Die Muskulatur des Scolex setzt sich zusammen aus einem System in drei verschiedenen Richtungen des Raumes. Vorwiegend sind die 4 Längsmuskeln, die Fortsetzung der Längsmuskulatur des Körpers. Ihre zarten Fibrillen inseriren sich am Scheitel oder heften sich lateral, _ ventral oder dorsal zwischen den Saugnäpfen an. Vereinzelte dorso- “ ventrale Fasern schneiden das System der Längsfasern rechtwinklig, während sagittale Fibrillen die linke Seite des Kopfes mit der rechten verbinden. Alle Muskelfibrillen sind bei der außerordentlichen Klein- 4 heit des Scolex sehr zart und der Wahrnehmung nicht leicht zu- e gänglich. g Die Muskulatur der Saugnäpfe besteht aus Äquatorialmuskeln, - Meridionalmuskeln und einer inneren Radiärmuskelschicht. Ausge- _ kleidet sind die Höhlungen der fünf Saugnäpfe von einer feinen Cu- tieula. y Der Hautmuskelschlauch besteht aus einer äußeren Ringmuskel- — schicht, die unterhalb der Cutis verläuft und einer auf diese nach innen enden äußeren Längsmuskellage, welche bis zur Basis der zapfen- _ förmigen Zellen der submuskularen Zellschicht reicht; sie ist kräftiger , entwickelt als das System der Ringmuskeln und bildet eine zusammen- = hängende Lage, während die Ringmuskulatur keine zusammenhängende ® Schicht darstellt. Die zarten Fibrillen derselben verlaufen einzeln und 44% 684 Adolph Kraemer, x lassen Zwischenräume zwischen sich, so dass sie wie viele isolirte Reife das System der äußeren Längsbündel von außen umfassen. Nach innen von der submuskularen Zellschicht ist ein kräftiges System einer inneren Längsmuskulatur entwickelt, welches bis zu den peripheren Grenzen der Mittelschicht reicht. Seine Fibrillen besitzen eine beträchtliche Länge und sind erheblich breiter als diejenigen der äußeren Längsmuskulatur. Sie sind umgeben von einem Sarkolemm, enthalten ein homogenes Protoplasma, in dem ein deutlicher Kern etwa in der Mitte der spindelförmigen Faser gelagert ist, welche hier ihre größte Breite 0,007 mm besitzt. In der inneren Längsmuskulatur verlaufen die Längsstämme des Nervensystems sowie jederseits zwei Längsgefäße des Exkretions- apparates. Nervensystem. Die dicht unterhalb des Scheitels zwischen den Saugnäpfen ge- legene Gehirnmasse stellt einen länglichen, aus unipolaren Ganglien- zellen bestehenden Zellenkomplex dar, aus dessen etwas angeschwolle- nen seitlichen Theilen jederseits ein spongiöser Nervenlängsstamm seine Entstehung nimmt. Diese beiden Nervenstämme durchziehen in fast geradem Verlauf den Körper vom Scolex bis zum konischen Endgliede. Sie verlaufen an der inneren Grenze der inneren Längsmuskulatur, nach außen von den Dotterstöcken und den beiden Gefäßen. Auf Querschnitten erscheinen die Nervenstämme oval und besitzen einen Breitendurchmesser von 0,044 mm. Ihre Lage zu den beiden Gefäßen ist eine sehr regelmäßige. Ver- bindet man auf einem Querschnitt die beiden Gefäße einer Seite durch eine gerade Linie mit einander, sowie mit dem Querschnitt des Ner- ven, so entsteht ein gleichschenkeliges Dreieck, an dessen Spitze der Nerv, in dessen Basiswinkeln die Querschnitte der Gefäße liegen. Fast geometrisch genau ist diese gegenseitige Lage in dem ungegliederten Halstheil. Es ist anzunehmen, dass das Gehirn Seitenzweige an die vier Saugnäpfe abgiebt, allein es dürfte fast unmöglich erscheinen, diese feinen Äste in der parenchymatösen Grundmasse, die noch von zahl- reichen Muskelquerschnitten durchsetzt ist, nachzuweisen. Exkretionssystem. Das Exkretionssystem besteht, der Zahl der Haupt-Saugnäpfe entsprechend, aus vier gleich weiten, die Seitentheile des Körpers vom Scolex bis zum letzten Gliede durchziehenden Längsgefäßen, von denen je zwei dorsal nnd zwei ventral gelegen sind. Sie verlaufen nach Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserlische. 685 _ außen von den Dotterstöcken, aber nach innen von den Nervenstämmen, an der inneren Grenze der inneren Längsmuskulatur. Sie sind nicht stark geschlängelt, streckenweise ist ihr Verlauf fast geradlinig. ; Im Scolex treten diese Gefäße, die eine cuticulare Wandung be- sitzen, nach innen umbiegend, dicht unterhalb der Saugnäpfe zu einer ovalen Ringkommissur zusammen; indessen gestaltet sich das Ver- hältnis des Gefäßsystems im Scolex und dem fadenförmigen Halstheil noch weit kompliecirter. Außer dieser Ringkommissur finden wir einen Gefäßplexus, der aus weiteren und engeren Kanälchen besteht, denen eigene Wandungen zukommen; sie stehen mit der Ringkommissur der Hauptstämme durch viele Anastomosen in Verbindung und kommuniciren, was merkwürdig erscheint, andererseits durch feine Kanälchen, die die Cuticula senkrecht durchsetzen, mit der Außenwelt. Diesen nach außen führenden Kanäl- chen kommen ebenfalls eigene, deutliche Wandungen zu, sie besitzen einen Durchmesser von 0,002 mm, und sind kurz vor der Ausmündung _ ein wenig ampullenförmig erweitert, zuweilen stehen diese Röhrchen sogar ein wenig über den äußeren Rand der Cuticula hervor. An gut - konservirten Präparaten bemerkt man einen kleinen Büschel feinster - Härchen oder Cilien, die die äußeren Öffnungen dieser Kanälchen um- - stellen. Man denkt bei diesem Anblick unwillkürlich an die Flimmer- trichter des oberflächlichen, die Exkretionsprodukte sammelnden Ex- 7 kretionsnetzes, wie es für Bothriocephalus punctatus, Tänien, Trema- E toden und Planarien von verschiedenen Forschern mit Sicherheit nach- MN gewiesen ist; nur mit dem Unterschiede, dass diese Trichter kompli- eirter gebaut sind und nicht mit der Außenwelt in Verbindung stehen. Ob diesen Härchen eine Flimmerbewegung zukommt, vermag ich nicht zu sagen, da ich sie am lebenden Thiere nicht beobachtet habe. Sommer und Lanpoıss haben bei Bothriocephalus latus und zum Theil auch bei Taenia saginata ein »plasmatisches Gefäßsystem« be- schrieben, welches unter der sogenannten Subecuticula hinzieht. Sie schildern diese Gefäße als feine äußerst zartwandige Gänge, die sowohl _ peripherisch, wie auch centralwärts sich verästeln und durch einen Theil der Porenkanälchen der Cuticula mit der Außenwelt in Verbin- - dung stehen. SomMmEr-Lanpoıs haben nach ihrer Darstellung in diesem Kanäl- chen eine Einrichtung zur Nahrungsaufnahme erblickt und dieser Auf- fassung haben sich später noch andere Beobachter angeschlossen. Es ist wohl als sicher anzunehmen, dass das plasmatische Gefäßsystem SOMMER-Lannoıs’ identisch ist mit dem oberflächlichen Exkretions- kapillarnetz und mit der Nahrungsaufnahme nichts zu thun hat. Die 656 | Adolph Kraemer, Porenkanälchen der Cuticula, die in der That als eine Einrichtung zur Erleichterung der Nahrungsaufnahme anzusehen sind, stehen mit dem Exkretionsapparat, sowohl bei vorliegender Form, als bei anderen Ce- stoden, durchaus in keinem Zusammenhang. Ich muss noch ausdrücklich hervorheben, dass bei Taenia filicollis jene nach außen mündenden feinen Kanälchen nur am ungegliederten Halstheil, besonders in seinen dem Scolex am nächsten gelegenen Par- tien, sich vorfinden, weiter abwärts sind sie verschwunden, während die gewöhnlichen Porenkanälchen auch hier überall vorhanden sind. Ich glaube in diesen Kanälchen nur einfache periphere Ausmün- dungen des Exkretionssystems zu erblicken, zur Erleichterung und Be- schleunigung der Ableitung der Endprodukte des Stoffwechsels. Die Härchen spielen vielleicht nur die Rolle einesKlappen- oder Schutzappa- rates, wie ähnliche Gebilde am Rande der Stigmata gewisser Insekten. Auf ihrem Verlauf durch die Gliederkette verbinden sich die vier Längsstämme am Hinterrande eines jeden Gliedes durch eine ringför- mige Kommissur, deren Lumen ungefähr das gleiche bleibt wie das der Stämme selbst (0,013 mm). Dass wir es mit einer Ringkommissur, welche alle vier Stämme mit einander verbindet, zu thun haben, und nicht wie von Einigen beim Vorhandensein von vier Gefäßen ange- nommen wird mit einfachen, je zwei ventrale und zwei dorsale Stämme verbindenden Querkommissuren, beweisen günstige Querschnitte in der Gegend des hinteren Gliedrandes, wo man nicht selten das Glück hat den seitlichen Bogen in dem Schnitte zu treffen. Weitere Anastomosen und Verzweigungen außer diesen Ring- kommissuren bestehen nicht bei Taenia filicollis. Die vier Längsgefäße münden am Ende des abgerundeten Schluss- gliedes der Kette in eine herzförmige Endblase, die dem Gliede ihre breite Basis zukehrt, während die Spitze des Herzens die nach außen führende Öffnung der Endblase darstellt. Die Einmündung der Gefäße in die Endblase geschieht so, dass zwei Gefäße gerade an der Umbiegung der Basis der Blase nach den Seitentheilen, die beiden anderen etwas tiefer, also mehr seitlich münden. Die Endblase schiebt sich zwischen den Zellen der submuskularen Schicht hindurch, sie besitzt eine Länge von 0,062 mm und ragt mit ihrer Basis über die innere Grenze der submuskularen Zellschicht hinaus. Eine deutliche Wandung ohne Muskulatur grenzt sie scharf von der Umgebung ab. Ihr Querdurchmesser an der Basis beträgt 0,041 mm, derjenige der äußeren Öffnung 0,009 mm. Sie mündet Beiträge zur Anatomie und Histologie der Öestoden der Süßwasserfische, 687 E nicht in eine Vertiefung, sondern frei an der Spitze des abgerundeten - Endgliedes. Geschlechtsorgane. Zu einer Untersuchung der männlichen Geschlechtsorgane, deren - Reife, wie bei den meisten Cestoden, auch bei Taenia filicollis der Reife der weiblichen Organe vorausgeht, eignen sich am besten die quadra- tischen Glieder der Kette, in denen die Hoden und männlichen Lei- tungswege ihre schönste Entfaltung zeigen. Zum Studium des weiblichen Apparates, in Gemeinschaft mit den männlichen Theilen, wählen wir am besten die ersten längeren Glieder, die auf die quadratischen folgen, deren Längsdurchmesser etwa 11/, — 2mal den Querdurchmesser übertrifft. Wenige Glieder weiter nach hinten hat die weibliche Reife eine solche Stufe erreicht, dass der mit Eiern gänzlich erfüllte, das ganze Mittelfeld des Gliedes einnehmende Uterus zur Degeneration der Hoden- - bläschen, des Cirrusbeutels, zum Theil der Vagina und selbst des - Keimstockes geführt hat, welch letzterer in solchen Gliedern durch den zunehmenden Druck des ‚sich ausdehnenden Fruchtbehälters bis zu einem schmalen Streifen reducirt oder gänzlich rückgebildet wird. Die äußeren Geschlechtsöffnungen liegen seitlich, unregelmäßig rechts und links alternirend. Streckenweise liegen zwei bis drei Öffnungen auf einander folgender Proglottiden auf derselben Seite, oder die Geschlechtspori wechseln einige Glieder regelmäßig ab, bis sich wieder eine neue Unregelmäßigkeit in der Alternation einstellt. Ein eigentlicher Genitalsinus ist nicht entwickelt, Cirrusbeutel und Vagina münden fast direkt nach außen, wenn auch die Umgebung der Ausmündung ein wenig verflacht erscheint. ' Ist diese Ausmündung rechts oder links gelegen, immer findet sie sich etwain der Mitte des Seitenrandes oder um ein Geringes darunter. Der Rand der Proglottis erscheint um die Ausmündungen etwas ver- dickt und nach außen vorgezogen. ja Die Öffnung der Vagina liegt dicht neben und vor der männlichen 5 Öffnung, wie dies in gleicher Weise bei, Taenia longicollis der Fall ist. “ Beide Öffnungen sind ungefähr gleich weit, die Vaginalöffnung hat ein Lumen von 0,014 mm Querdurchmesser. Besondere Muskelbildungen zur Erweiterung und Verengerung scheinen diesen äußeren Öffnungen nicht zuzukommen. Es scheint indessen höchst wahrscheinlich, dass sie ihre Weite und Lage durch die Aktionen des Hautmuskelschlauches etwas zu ändern im Stande sind. 683 Adolph Kraemer, Aus der männlichen Öffnung ragt bei einigen Gliedern das Be- gattungsorgan, der Cirrus, um 2—3 mm hervor. Wir wenden uns dem zuerst ausgebildeten männlichen Apparate zu und beginnen unsere Beschreibung mit dem Cirrus und Cirrusbeutel. Letzterer ist keulenförmig; vorn an seiner Ausmündung schmal sich nach hinten allmählich erweiternd, erreicht er mit seinem abgerundeten basalen Ende die Mitte des Gliedes. Verfolgen wir seine Lage auf Querschnitten, so sehen wir, dass er nicht geradlinig in das Innere des Gliedes hineinzieht, sondern schräg und mit seinem basalen Theile gegen die dorsale Fläche des Gliedes gerichtet ist und hier nur durch einen geringen Abstand von den dorsalen Muskelzügen der inneren Längsmuskulatur getrennt bleibt. In gleicher Weise ist, wie mir aus eigener Untersuchung be- kannt ist, das basale Ende des Cirrusbeutels von Taenia longicollis gegen die Rückenfläche des Gliedes gehoben, und Lzuckarr beschreibt eine solche Lage des Cirrusbeutels für Bothriocephalus latus. Die Wand des Cirrusbeutels wird umsponnen von Längs- und Ringmuskeln. Die Längsmuskelschicht besitzt eine kräftige Entfaltung, sie erreicht eine Dicke von 0,007 mm. Die Ringmuskeln umgreifen von außen die in der Längsrichtung des Organs verlaufenden Muskel- züge. Außerdem kommen dem Cirrusbeutel noch kräftig entwickelte Retraktoren zu, Muskelfibrillen, die sich aus der Körpermuskulatur abzweigen und in Form zweier oder dreier Büschel an die Basis des Cirrusbeutels anheften und mit dessen Muskelbelag verflechten, so dass sie wie Büschel faseriger Wurzeln an einem Bulbus sitzen. Die Mus- kelfasern sind spindelförmig, haben einen Kern und sind durch einander geflochten. Zur Darstellung dieser Retraktoren eignen sich vornehmlich oberflächliche dorsale Flächenschnitte. Es ist anzunehmen, dass dem Cirrusbeutel auch besondere Protraktoren zukommen, denn an einigen Gliedern fand ich das vordere schmale Ende desselben über den äußeren Gliedrand hinausgeschoben, aus welchem dann der Cirrus 2 mm weit hervorragte. Der Wand des Cirrusbeutels liegen nach innen zwei Reihen Binde- gewebskerne kontinuirlich an, der Zwischenraum zwischen ihr und dem Cirrus ist von polygonalen zarten Bindegewebszellen erfüllt. Die eigentliche Wandung des Cirrusbeutels, der nach außen die Längsmuskeln aufliegen, hat einen eutieularen Charakter und ist wohl zum Theil als eine direkte Fortsetzung der äußeren Cuticula anzusehen. Der Cirrus, wohl eine direkte modificirte Fortsetzung des Vas deferens, welches den Cirrusbeutel in der Mitte des basalen Poles durchbricht, legt sich im basalen weiteren Abschnitte seines musku- Beiträge zur Anatomie und Histologie der Üestoden der Süßwasserfische. 689 lösen Umhüllungsapparates in mehrere kurze bogige Schlingen, aus Ä denen er bald als gestrecktes Gebilde hervorgeht und in diesem gerad- linigen Verlauf die weiteren drei Viertel des Cirrusbeutels durchzieht. Die hintere Partie des gestreckten Theiles zeigt eine eigenthümliche Bil- - dung, sie ist fernrohrartig gegliedert und die einzelnen Glieder können sich in ihrer Gesammtheit höchst wahrscheinlich fernrohrartig aus- 4 ziehen oder zusammenschieben. Der hintere Theil jedes Gliedes ist 4 ringförmig verdickt und greift mit seinen Seitenrändern über den ein- -geschobenen Theil des nächstfolgenden Gliedes. Im Ganzen sind etwa - fünf oder sechs solcher durchschnittlich 0,010 mm langer Glieder vor- "handen. Ihre Länge ist nicht die gleiche, da ein Glied etwas mehr eingeschoben ist als ein anderes. Wir haben wohl in dieser Bildung eine Einrichtung zu erblicken, 5 die dahin geht, den Cirrus bei der Begattung zu verlängern. Auch die in dem Cirrusbeutel liegenden Schlingen des Kopulationsorgans werden "bei diesem Akte durch den Druck der Muskulatur des Cirrusbeutels "ausgeglichen und kommen dann der Länge des Cirrus zu Gute. | Die Wandung des fernrohrartig gegliederten Abschnittes, der eine 4 Länge (im gegenwärtigen Zustande) von 0,045 mm besitzt, ist äußerlich glatt und zeigt keinerlei Anhangsgebilde, während der nun auf dieses "Stück folgende vordere Theil des Cirrus mit zahlreichen nach hinten gekrümmten Chitinhäkchen bewaffnet ist, die 0,003 mm lang sind und "mit breiter Basis einer strukturlosen Hülle aufsitzen. Sie lassen sich sowohl auf Flächenschnitten der Proglottis, aber weit schöner auf Sagittalschnitten, die also den Cirrusbeutel und Cirrus quer treffen, erkennen (Taf. XXVIII, Fig. 26). Solche Schnitte geben uns auch den besten Aufschluss sowohl über die Wandungen des Cirrusbeutels, als über diejenigen des Cirrus ‚selbst. Über den Cirrusbeutel ist dem bereits Gesagten nichts mehr hinzuzufügen. Die Wandung des Cirrus besteht von außen nach innen fortschrei- tend: aus einer strukturlosen Hülle, welche eine nach innen folgende 0,013 mm breite Ringmuskulatur des Organs nach außen abgrenzt; ‘ ihr sitzen die erwähnten Widerhaken allseitig auf. Die Fibrillen der _ Ringmuskulatur sind äußerst fein und geflechtartig um die innere, euticulare eigentliche Wandung des Penis gewunden. Das centrale Lu- - men führte meist Spermatozoen und besitzt einen Querdurchmesser von 0,005 mm, es setzt sich bis an das vordere abgerundete Ende des Cirrus fort, um sich hier zu öffnen. So weit mir die Litteratur bekannt ist, ist eine ähnliche fernrohr- _ artige Bildung am Kopulationsorgan der Cestoden nirgends beschrieben. : 690 Adolph Kraemer, Nach Meznez soll der Penis mancher Chernetiden auz sein, sich fernrohrartig zu verlängern. Das Vas deferens liegt als ein rundliches oder mehr längliches Schlingenkonvolut hinter dem Cirrusbeutel in der Mitte des Gliedes. Seine Wandung ist von derjenigen des Cirrus wesentlich verschieden. Sie besteht aus einer sehr zarten strukturlosen Hülle und entbehrt einer besonderen Ringmuskulatur. In diese zarte Wandung eingesetzt finden sich auf dem ganzen Verlauf des Vas deferens 0,003 mm große gekernte längliche Zellen, wie sie auch LeuckArr für Taenia saginata beschreibt. Diese Zellen gehören zweifellos der Wand des Samenleiters an und sind nicht, wie LeuckArr richtig hervorhebt, mit Bindegewebs- zellen zu verwechseln, die eine andere Form haben und größer sind als unsere in Frage stehenden Gebilde. Man kann sich bei genügender Sorgfalt davon überzeugen, dass diese länglichen Kernzellen thatsächlich der Hülle des Samenleiters selbst angehören und dieser stets in gleicher Weise von außen ein-. gefügt sind. Sie liegen nicht dicht neben einander, sondern in un- regelmäßigen, größeren oder kleineren Zwischenräumen, so dass ihnen ein epithelialer Charakter nicht wohl zukommt. Eine als Samenblase funktionirende Erweiterung besitzt das Vas deferens nicht, dagegen ist der zu einem Knäuel verschlungene, die Mitte des Gliedes einnehmende Theil desselben strotzend mit Samen- fäden erfüllt. Die sehr feinen und vielfach kaum von gewöhnlichen Spalten im Parenchym zu unterscheidenden Vasa efferentia leiten die Spermato- zoen in diesen Abschnitt des Vas deferens. Am besten kann man sich von der Anwesenheit besonderer Vasa efferentia durch ihren Zusammenhang mit den Hoden überzeugen. Die Hülle des Hodenbläschens ist an dieser Stelle zipfelförmig vorgezogen und der Hoden sitzt so dem Leitungskanälchen knopfartig auf. Die Hoden nehmen als große rundliche Drüsen das ganze Mittelfeld innerhalb der Dotterstöcke, vom oberen Gliedrande bis gegen den Keimstock ein. Bei ihrer Größe von 0,057 mm im Durchmesser sind sie nicht zahlreich, es finden sich etwa 27—30 in jeder Proglottis. Sowohl auf Flächenschnitten, wie auf Querschnitten, machen sie den Eindruck, als ob sie in ihrem Inneren durch Septa in vier bis fünf Kammern getheilt wären. Die Scheidewände ziehen bogig von der Peripherie nach dem Mittelpunkt, wo sie sich vereinigen. In diesen Kammern, aber besonders an den sie bildenden Wänden, sitzen die Bildungszellen der Spermatozoen auf verschiedenen Stadien ihrer Ent- Beiträge zur Anatomie und Histologie der Öestoden der Süßwasserlische, 691 _ wieklung wie an einer Rachis. Meist sind es 0,003 mm große runde i Bläschen mit deutlicher Membran und 0,002 mm großem centralem Kern, der durch seine starke Färbung hervorleuchtet. Im Übrigen sind - die einzelnen Kammern zum Theil von diffusen Massen von Samen- - fäden erfüllt. Weiblicher Apparat. Die vor dem Cirrusbeutel ausmündende Vagina ist in ihrem An- T fangstheil eng (0,007 mm), etwa 0,044 mm von der Öffnung entfernt _ wird sie von einer ovoiden Sphincterenbildung umgriffen. Hinter n diesem Sphincter erweitert sie sich zu einer stumpf-eiförmigen Samen- blase, wenn wir diese Auftreibung so nennen wollen. Aus dieser, also nahe der Ausmündung gelegenen Samenblase, steigt die Vagina als gleich weiter Schlauch sanft bogig gegen das basale Ende des Cirrus- _ beutels an, geht über dieses nach der Mitte und hinten ziehend mit _ nach dem stumpfen Pole des Cirrusbeutels gerichteter konkaver Bie- E gung dicht vorbei, während sie mit der konvexen Seite an den Knäuel ! des Vas deferens grenzt. Von hier an ist ihr Verlauf ein Stück gerad- _ linig, schräg nach der gegenüberliegenden Seite des Gliedes gerichtet, _ um dann im letzten Drittel der Proglottis abermals eine starke Biegung - zu beschreiben, deren Konkavität derselben Seite zugekehrt ist wie die der ersten Biegung, nämlich nach der, an welcher die Vagina gerade - ausmündet. Nun zieht sie, wieder genau in die Medianlinie zurück- - kehrend, gegen das Ootyp zu, geht an diesem vorbei und bildet dicht neben und unter der Schalendrüse als beträchtlich verengter Kanal (0,006 mm) ein in mehrere Schlingen gelegtes Receptaculum seminis, um dann endlich von unten und hinten her in das Ootyp einzumünden. _ facher Drüsen mit einem Durchmesser in der Breite von 0,006 mm, - deutlichem Kern (0,003 mm) eigener Umhüllung und einem feinen - - Ausführungsgang, der die übrigen Schichten und Hüllen der Vagina durchsetzt um an deren Innenfläche zu münden. Diese Drüschen um- = geben das Rohr der Vagina allseitig und stehen vornehmlich in ihrem vorderen Abschnitte dicht gedrängt. Sie finden sich in gleicher Weise bei Taenia longicollis und wie mir aus Zscuorke's großer Arbeit bekannt ist, besonders schön am Anfangstheil der Vagina bei Galliobothrium - vertieillatum Rud. und verschiedener anderer Gestoden. Dieser Drüsenlage folgt nach innen eine äußerst zarte Tunica - Ppropria externa, welche eine 0,014 mm mächtige Ringmuskelschicht der Vagina, der auch diagonal verlaufende Fasern beigemengt sind, 692 Adolph Kraemer, nach außen abgrenzt. Auf diese Muskulatur folgt eine kräftige Tunica propria interna, die das eigentliche Rohr der Vagina bildet, ihr sitzt. nach innen ein niedriges Epithel auf, welches einen Wimpersaum dicht gedrängter, wellig-gebogener, gegen die Ausmündung der Vagina zugekehrter Cilien trägt, die eine beträchtliche Länge besitzen, so dass sie sich in der Mitte des Lumens mit ihren Spitzen fast berühren. Auffallend ist die stark entwickelte Ringmuskulatur, die etwa dreimal so mächtig ist als diejenige des Cirrus. Das Lumen ist von der Aus- mündung bis gegen das Ootyp leer, dagegen führen die als Receptacu- lum seminis funktionirenden Schlingen in der Gegend der Schalen- drüse massenhaft Spermatozoen. Bevor das Receptaculum in das Ootyp einmündet, erweitert sich sein Lumen wieder etwas. Die Ovarien liegen als zwei flügelartige Gebilde am Hinterrande des Gliedes. Sie repräsentiren drüsige Blindschläuche, die in ihrer Gesammtheit von einer besonderen strukturlosen Hülle umgeben werden. Mit ihrem breiten abgerundeten Theil sind sie dem unteren Gliedrande und dessen beiden Winkeln zugekehrt, während sie sich nach vorn allmählich verschmälern. Diese schmäleren Theile berühren sich resp. vereinigen sich in der Medianlinie der Proglottis zu einer queren unpaaren, gebogenen Spange, aus welcher ein für beide Ova- rien gemeinschaftlicher Eiergang hervorgeht. Bei älteren Gliedern sind die seitlichen Flügel schmäler, und beide mit einander verbundene Ovarien lassen sich am passendsten mit einer Frucht von Acer plata- noides vergleichen. Der brückenartige Verbindungsbogen erscheint bei solchen Gliedern, in denen der Uterus schon mit Eiern gefüllt ist, weniger gewölbt, er ist flacher und schmäler und der zwischen beiden Ovarien und dem hinteren Gliedrande eingeschlossene Raum, in dem das Ootyp, das Receptaculum seminis und die Schalendrüse liegen, vergrößert sich. Diese Erscheinungen sind in Einklang mit der fort- schreitenden Ausbildung des Fruchtbehälters zu bringen und als be- ginnende Reduktionsvorgänge durch den Gegendruck des reifen Uterus anzusehen. Bei jugendlichen Gliedern sind die Basaltheile der beiden Keimstöcke breiter, der Verbindungsbogen gewölbter und derZwischen- raum kleiner. Der vertikale Abstand der unteren Grenze des Bogens von dem hinteren Gliedrande beträgt bei solchen Gliedern 0,069 mm, der Ab- stand zwischen beiden Ovarialflügeln nächst dem hinteren Gliedrande 0,138 mm. Glieder mittlerer Reife gewähren als helle Totopräparate den An- blick, als ob sich die Vagina kurz vor dem Ovarium in zwei Kanäle Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische, 693 theile, die divergirend nach hinten ziehen und je mit einem gelappten - Ovarium in Verbindung treten würden. | Es sind dies Trugbilder, wie sie bei etwas dicken Totopräparaten gar zu leicht vorgetäuscht werden können. Das Vaginalrohr spaltet - sich nicht, die vermeintlichen, nach hinten divergirenden Kanäle sind " Bindegewebszüge oder bei reiferen Gliedern zum Theil Kontouren, die - durch Ausbuchtungen des Uterus bedingt werden. Ein einziger gut > angelegter Flächenschnitt kann uns von dem Irrthum überzeugen. 5 Beide Keimstöcke sind mit Eiern erfüllt, deren Reife von der Basis gegen den schmäleren Theil fortschreitet. Sie sind rundlich und be- sitzen einen Querdurchmesser von 0,005 mm. Es muss ihnen bereits im Keimstock eine zarte Umhüllung zukommen. Sie enthalten ein 3 heller hervortretendes Keimbläschen (0,003 mm) mit sich intensiv fär- " bendem rundem Kern (0,002 mm) mit Kernkörperchen, sowie ein . 4 zweites längliches kernartiges Gebilde, welches wir als Nebenkern, : oder nach van BENEDEN als corps lenticulaire zu bezeichnen pflegen. Ü Das umgebende Protoplasma ist trüb und zeigt zuweilen feine moleku- " lare Körnchen, die auch oft innerhalb desKeimbläschens zu erkennen sind. \ Bei Imbibitionspräparaten nehmen die Keimstöcke die Farbstoffe, > besonders Hämatoxylin, noch intensiver als die Hoden auf und treten > dadurch vor allen übrigen Organen als dunkle kompakte flügelartige - Gebilde lebhaft hervor. Genau in der Mitte des unpaaren Verbindungsstückes der beiden - Keimstockflügel liegt an dessen Hinterrande, dem Ootyp zugekehrt und mit diesem in einer Ebene, d.h. genau in der Medianlinie der Proglot- tis ein eigenthümlicher Apparat, der beim ersten Blick als eine rund- liche muskulöse Scheibe erscheint; es ist ein Schluckapparat, in den der aus dem unpaaren Wthlatlungsbani entspringende für beide - Keimstöcke gemeinsame Eiergang von oben her einmündet. Nach Pınrner ist: »dieser Schluckapparat im Leben in rhythmi- * schen auf einander folgenden Kontraktionen begriffen, durch welche, n wie bei einer Schlingbewegung, die Eier aus dem Keimstock und dessen unpaarem Mittelstück herausgesaugt und rasch durch den Appa- rat hindurchgetrieben werden«. Dieses gilt zunächst für Calliobothrium ; corollatum und Anthobothrium Musteli, bei welchen Pınryer einen be- - sonders in der Anordnung der muskulösen Elemente komplieirt ge- "bauten Schluckapparat nachgewiesen hat, aber auch wie dieser For- Scher am Schlusse seiner sorgfältigen Arbeit hervorhebt, für zahlreiche, wenn nicht für alle anderen Cestoden. Bei unserer Tänie erlangt dieser Schluckapparat bei Weitem nicht - jene hohe Ausbildung wie bei Calliobothrium corollatum. 694 Adolph Kraemer, Auf Flächenschnitten, welche die muskulöse Hohlkugel, denn als solche ergiebt sich der Apparat bei genauerer Untersuchung, oberfläch- lich treffen, findet man, dass ziemlich kräftige, zu kleinen Bündeln zu- sammengefügte Muskelfibrillen den Apparat eirkulär umspinnen. Dieses sind indessen nicht die einzigen Muskeln, denn schneidet man durch tiefer gehende Schnitte der gleichen Richtung den Apparat in der Mitte durch, so sieht man in ähnlicher Weise wie dies nach Pınrner bei Anthobothrium Musteli der Fall ist, eine dichte radiäre Streifung, die offenbar ebenfalls von zarten Muskelfibrillen herrührt. Weitere Muskel- elemente vermag ich indessen nicht zu entdecken. Die Umhüllung des Eierganges des Keimstockes ist die direkte Fortsetzung der Membran des Keimstockes und zieht sich unverändert, den 0,009 mm weiten Ausführungsgang bildend, bis in das Lumen des Schluckapparates; hier erscheint sein Ende etwas trompetenförmig er- weitert. An der entgegengesetzten Seite, d. h. der dem hinteren Glied- rande zugekehrten, entspringt der eigentliche Eiergang aus dem Muskel- apparat, ihm kommt ein niedriges mit großen Kernen versehenes Innenepithel zu; er mündet nach kurzem Verlauf, eine Biegung nach links beschreibend, von vorn und ventral in das Ootyp ein. Der Gang besitzt eine Weite von 0,014 mm. Ein das Lumen des Schluckappara- tes auskleidendes Innenepithel habe ich nicht gefunden, es scheint bei Taenia filicollis nur eine einfache cuticulare Wandung vorhanden zu sein. Der durch eine feine Tunica externa nach außen abgegrenzten Muskulatur des Schluckapparates liegen dicht im Umkreise kleine rundliche Kerne an, wie sie in ähnlicher Weise auch den Eiergang äußerlich begleiten. Ich kann in ihnen weder einen drüsigen Charak- ter, noch ein Epithel erblicken und halte sie für regelmäßig gelagerte Bindegewebskerne, zumal zugehörige Zellgrenzen nicht sichtbar sind. Der Schluckapparat hat einen Gesammtdurchmesser von 0,028 mm, derjenige seines Lumens beträgt 0,009 mm, seine Entfernung vom Ootyp 0,035 mm. Dass der Apparat in der angegebenen Weise funk- tionirt, erscheint unzweifelhaft, ich hatte wiederholt das Glück ein oder mehrere verschluckte Eier im trompetenförmigen Theil des Ausfüh- rungsganges des Keimstockes und im Lumen des Apparates selbst zu sehen (Fig. 22). Schalendrüse und Ootyp. Im Centrum der Schalendrüse, welche als ein Aggregat zahlreicher, einfacher schlauchförmiger Drüsen fast den ganzen intraovarialen Raum ausfüllt, liegt das Ootyp als runder Körper. In dieses Centralorgan für * Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische. 695 ‘den weiblichen Geschlechtsapparat mündet die Vagina, der aus dem -Schluckapparat kommende Eiergang, sowie die beiden Ausführungs- - gänge der paarigen Dotterstöcke, während der Oviduct, welcher die - Verbindung mit dem Uterus herstellt, andererseits aus ihm hervorgeht. - Die Art und Weise der Einmündung und die gegenseitige topographische Lage dieser Gänge wurde zum Theil schon berührt und wird am besten aus Fig. 20 ersichtlich. Die Eier, die zum Theil lose in den beiden - oberen Partien der Keimstöcke und dessen unpaarem Mittelstück liegen, ‘ werden durch die Schlingbewegungen des muskulösen Schluckappara- - tes herausgesogen und durch den Eiergang in das Ootyp übergeleitet. i hier werden sie durch den aus der Vagina resp. dem Receptaculum - seminis zugeleiteten Samen befruchtet, mit dem aus den Dotterstöcken - durch die beiden Dottergänge zugeführten Dottermaterial versehen, ” durch das Sekret der Schalendrüse mit einer schützenden Schale aus- - gestattet und können, nachdem sie so ihre definitive Ausbildung er- langt haben, durch den Oviduet in den Fruchtbehälter übertreten, in - dem sie ihrer völligen Reife entgegengehen. Die Wandung des Ootyp besteht aus einer 0,007 mm dicken -_ Ringmuskulatur, die äußerlich von einem Kreis runder Bindegewebs- kerne umlagert wird, während sie nach innen der eutieularen Innen- _ wandung des Ootyp anliegt. Muskulatur und Innenwand werden - durchsetzt von den 0,048 mm langen zahlreichen Ausführungsgängen - der Schalendrüse. Die einzelnen Drüsen dieses Organs sind einzellig; - von Form schlauch- oder sackförmig, lagern sie ziemlich dicht neben - einander im Parenchym rund um das Ootyp. Hinten 0,028 mm breit, ] verschmälern sie sich gegen das Ootyp zu allmählich zu einem 0,004 mm E weiten Ausführungsgang. Sie besitzen einen großen (0,013 mm) sich stark färbenden Kern mit lebhaft hervortretendem, die Farbstoffe noch intensiver aufnehmenden Kernkörperchen (0,003 mm). . In der Regel - bemerkt man außer dem Kernkörperchen noch zahlreiche, sehr kleine andere Körnchen, die nahe der Kernmembran im Plasma des Kernes lagern. Wolkige, körnige Sekretmassen erfüllen den übrigen Basaltheil 4 der einzelligen Drüse und zum Theil auch ihren Ausführungsgang. Die Drüsenwand ist ein einfaches zartes Häutchen, ohne besondere Struktur. i Die Gesammtzahl der Drüsen dürfte etwa 20—24 betragen. Die Dotterstöcke. Die beiden Dotterstöcke nehmen die Seiten- theile der Proglottis ein, sie liegen nach innen von den Gefäßen und _ reichen von nahe dem vorderen Gliedrande bis gegen die breiten Par- F ; = tien der Keimstocksflügel. Die einzelnen Drüsen sind follikulär mit centralem Lumen und wandständigen Sekretionszellen. Die Follikel- wand ist vorhanden, aber bei Weitem nicht so deutlich und scharf aus- 696 Adolph Kraemer, gebildet, wie bei den Dotterfollikeln von Cyathocephalus, mit denen ihr Bau sonst ziemlich übereinstimmt, nur dass bei Taenia filicollis alle Ver- hältnisse kleiner und nicht so klar ausgeprägt sind. Die einzelnen Follikel liegen nicht in einer regelmäßigen Reihe hinter einander, sondern oft zwei oder drei neben einander, so dass die Dotterstöcke seitliche Buckel und Einschnürungen zeigen und so in Form eines un- regelmäßigen schmalen, dunklen Zellenkomplexes die Seitenränder hinabfließen. Sämmtliche Ausführungsgänge der einzelnen Follikel ver- einigen sich in der gegen den Keimstock zu gelegenen Partie zu einem gemeinsamen Dottergang jederseits, welcher mit zwei Wurzeln aus dem Dotterstock hervorgeht und schräg nach innen und hinten gegen das Ootyp verläuft, in welches beide Gänge seitlich einmünden. Sie machen sich vornehmlich durch ihren Sekretgehalt dem Auge bemerkbar. Die Dotterzellen sind rund, 0,003 mm groß, mit centralem rundem Kern (0,002 mm), der sich intensiv färbt. In dieser Gestalt treten uns auch die Dotterzellen in den noch unreifen Uteruseiern entgegen. Der Uterus nimmt in reifen Gliedern das ganze Mittelfeld ein, er erstreckt sich als ein Sack mit sechs bis acht seitlichen Ausbuchtungen vom vorderen Gliedrande bis an den Keimstock. Seine Hülle ist eine einfache dehnbare Haut ohne Muskulatur. Die gegen die Mitte der Proglottis vorspringenden, ihn gliedernden Septa sind gablig getheilt, ihre äußersten Enden etwas verdickt, stumpf und führen in ihrem Inneren Bindegewebszellen. Die Wandkontouren sind in denjenigen Gliedern, in denen der Fruchtbehälter noch nicht buchstäblich von Eiern erfüllt, stets scharf hervortretend. In sehr reifen Gliedern werden die einzelnen Kammern weiter, ihre Kontouren mehr verwischt, die Septa atrophisch, durch die massenhafte Anhäufung der Eier. Cirrus- beutel und Vagina sind oft schon rückgebildet, während das geknäuelte Vas deferens oft noch, anscheinend unverändert, in der Mitte des Glie- des erhalten ist. Auch die Dotterstöcke fallen meist frühzeitig einer ganzen oder theilweisen Reduktion anheim. Zuletzt macht sich diese, mehr und mehr fortschreitend, auch an den Keimstöcken in bereits besprochener Weise geltend. Endlich wird auch die Schalendrüse ergriffen und der von ihr ausgefüllte Raum erscheint ganz oder theilweise leer. Die jüngeren Uteruseier bestehen aus einer Schale, dem Keim- bläschen (0,005 mm) mit Kern und Nebenkern und den runden kern- haltigen Dotterzellen. Sie sind fast rund und besitzen einen Durch- messer von 0,024 mm. Die reiferen Eier mit vorgeschrittener Embryonalentwicklung EEE VEN AIRES: ae TE a Sen am nn nun Dec Z una ml ul na zu Zn al ba Luigi Kuala US m u nid ae tn u nn en Beiträge zur Anatomie und Histologie der Gestoden der Süßwasserfische. 697 zeigen eine kernhaltige äußere Schale, auf diese folgt nach innen ein schmaler heller Streifen, der mit feinsten Körnchen erfüllt ist, vielleicht eine zweite Hülle, dann abermals eine deutliche Membran, welche direkt die Bildungszellen und ihr reichliches Dottermaterial umschließt. Den Embryo oder dessen Anlage habe ich nicht beobachtet. Die Eier gelangen durch ein Bersten der Körperwand auf der Ventralfläche, also eine sekundär auftretende Uterusöffnung, nach außen. Berrınanam (2) will die Eier durch einen seitlichen Porus sich haben entleeren sehen. Offenbar kamen diese Eier nicht etwa aus der Vagina, sondern wohl aus einer seitlichen Rissöffnung. — Taenia torulosa Batsch. (Alburnus lucidus.) Taf. XXVII, Fig. 33 — 38. Litteratur. 1786. BarscH, Naturgeschichte der Bandwürmer. p. 481. Fig. 105—108. 1809. Ruporeaı, Entoz. Hist. Vol. II..Pars 2. p. 414, 1845. Dusarpın, Hist nat. des Helminth. p. 584. 1850. Diesıng, Syst. Helminthum. I. p. 514.| 1864. VAN BENEDEN, M&m. sur les vers intest. p. 162. Pl. XXII, Fig. 1—3, in: Supplement aux Comptes Rendus de l’Academie des Sciences. Tome II. Paris 1861. 6. 1884. ZSCHOKKE, Rech. sur les vers parasites. p. 20. men > « une Wirthe, Cyprinus orfus. Squalius leueiscus L. Idus melanotus Heck: 'Abramis brama (C. V. Alburnus lucidus Heck. Alburnus bipunctatus L. Aspius rapax Agass. Lota vulgaris Cuv. Coregonus fera Jur. Zwischenwirthe ’? Cyclops brevicaudatus Claus. Cysticercus spec? GRUBER, Zoolog. Anzeiger I.p. 74—75? — Taenia torulosa Batsch. Cyelops serrulatus Fisch. Cysticercus spec? LEUCKART, Die Paras. d. Menschen, 2. Aufl. I. p. 827 fig. 339? = Taenia torulosa Batsch. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIII, Bd, 45 695 - Adolph Kraemer, Geschichtliches, Bartsch (1) entdeckte diese Tänie in Cyprinus Ieses (= Idus mela- notus Heck.) , nachdem sie bereits von älteren Helminthologen beobachtet worden war, und belegte sie ihrer runden polsterartigen Glieder wegen mit dem Namen Taenia torulosa. Er giebt folgende Diagnose: Taenia (loriformis) capite inermi, ob- tuso, oseulis per paria difformibus: corpore toruloso, articulis orbicula- ribus collo crenato, elongato. Die Geschlechtsmündungen liegen am Rande. Der Kopf bewegt nach Bartsch seine vier Saugnäpfe paarweise, bald in halbmondförmige Wülste, bald in Gestalt eirunder Öffnungen. Bisweilen erweitert er sie alle vier in eine zirkelrunde Form, und alsdann verschwindet ihr sonst sichtbarer Ring. Die Länge betrug zwei Zoll, die Breite eine Linie. Rupoıpaı (2) und Dusarvın (3) fügen zu den Angaben von Bartsch nichts Neues hinzu. Yan BeneDen (5) berichtet über das Gefäßsystem: »Les canaux urinaires sont tres- distincts dans toute l’&tendu du corps; en avant on les voit naitre d’un reseau capillaire: en arriere ils recoivent des branches sur leur trajet et se jettent dans une assez grande vesicule pulsatile. « ZscHokkE (6) sammelte Taenia torulosa am Genfer See aus Corego- nus fera, Lota vulgaris und Alburnus lucidus in den Monaten Januar, Februar und März. Seine Exemplare waren noch sehr jung, sie hatten kaum eine Länge von 6 mm, so dass er über innere Organe keinen Aufschluss erhalten konnte. Neuerdings haben vox Linstow und M. Braun die Tänie in Albur- nus lucidus und Leueiscus idus gefunden. Allgemeines und äußere Körperform. Obgleich für Taenia torulosa bereits eine Anzahl Wirthe bekannt geworden sind, ist sie doch im Allgemeinen ein nicht häufiger Parasit und tritt, wie es scheint, nie in größerer Zahl in ihren Wirthen auf, deren Darm und Rectum sie als Wohnsitz wählt. Trotzdem ich mehr als 150 Eingeweide von Coregonus fera und zahlreiche von Alburnus lueidus untersuchte, hatte ich nur einmal das Glück, sie in einem Exemplar aus letzter Fischart zu sammeln. Ihre Länge betrug 65 mm, die Breite der mittleren und letzten Glieder 2,0—2,25 mm, Das hin gehörte nicht zu den größten, da N ‚Beobachtern (FrönLıcn, Brock, Runporpur) Exemplare von Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische. 699 2 .135—600 mm Länge bei einer Breite von 4,2—2,25 mm vorgelegen - haben; dennoch stand es auf der Höhe seiner geschlechtlichen Reife und hatte, als es in meine Hände gelangte (Mitte Juni), die Eier bereits entleert; der Uterus wurde bei der mikroskopischen Untersuchung - völlig leer betroffen, nur hier und da waren in Einbuchtungen des - Fruchtbehälters noch einige reife Eier eingekeilt. Der Kopf ist groß, etwas dorso-ventral zusammengedrückt, sein Scheitel stumpf, abgerundet, völlig unbewaffnet. Die Gegend unter- halb des Scheitels wird fast ganz von den vier großen, flachen, dennoch deutlich hervorspringenden, rundlichen Saugnäpfen eingenommen, - deren Ränder ausgesprochen gestreift erscheinen. Ihre Größe und Stellung unterliegt beträchtlichen Schwankungen, so wie die Form des Scolex sich ändert nach den Kontraktionszuständen seiner kräftigen Muskulatur. Die Bewegung der Saugnäpfe erfolgt, wie Bartsch richtig gesehen hat, paarweise, bald erscheinen sie als halbmondförmige - Wülste, bald in Gestalt eirunder bis runder Öffnungen ; je mehr sie sich erweitern, um so mehr verdünnt sich ihr muskulöser Rand, bis er 3 nahezu ganz verstreicht. Die abgeplattete Scheitelgegend kann ähnlich wie bei Bothriocephalen mehr vorgeschoben oder durch die Funktion der Längsmuskeln unter Verbreiterung seiner Fläche etwas zurückgezogen - werden. Nach hinten verschmälert sich der Kopf, der in der Mitte seine | - größte Breite besitzt, plötzlich und geht in den platten Hals über, welcher sich gegenüber dem diekeren Scolex und der breiten Glieder- 2 N EN 2 er > N L u re ES Ze Sen ee EEREPEIE (4 > ba kette diskret abhebt. Der Hals besitzt eine mittlere Länge und lässt bei verschiedenen Wendungen streckenweise die vier Längsstämme des Exkretionssystems durchsehen, während dieselben auf ihrem weiteren Verlaufe durch die Dicke der Glieder sich der Beobachtung am lebenden Thiere sowie am hellen Totopräparate entziehen. Überhaupt eignet sich diese Form nicht für ein Studium an Totopräparaten, da die inneren Organe gänz- j _ lieh durch mächtige parenchymatöse Gewebe verdeckt werden. Die Glieder sind viel breiter als lang. Ihr Längsdurchmesser geht nicht über 1 mm, während der Breitendurchmesser der älteren Glieder der Kette nahezu 21/, mm beträgt. Der Durchmesser der Breite nimmt von vorn nach hinten allmählich zu bis er dieses Maximum er- - reicht hat. Die Proglottiden erscheinen dick, fleischig, kissenartig, ihre Seiten- _ ränder sind nach außen konvex gebogen, ihre Ecken abgerundet, die Winkel, die zwei auf einander folgende Glieder bilden, schneiden scharf ein, die Strobila erscheint daher trotz der abgerundeten und nicht übergreifenden Ecken leicht gezähnelt. 45* 700 Adolph Kraemer, Alle Glieder sind fest und innig unter sich verbunden, obgleich eine scharfe Einziehung auf der dorsalen und ventralen Fläche die Grenze eines Gliedes gegen das andere dem Auge kennzeichnet. Diese Grenzen treten durch die wulstige Beschaffenheit der Oberflächen der Glieder um so mehr hervor. Von dieser fleischigen, wulstigen Be- schaffenheit der Glieder hat Barsca den Namen »torulosa« entlehnt. Die Kanten des Endgliedes sind besonders schön abgerundet, in der Mitte des Hinterrandes erscheint es tief eingeschnürt, als ob eine Kerbe herausgeschnitten sei. In dieser Bucht mündet eine beträchtlich entwickelte Endblase des Gefäßsystems. Die Mündungen der Geschlechtsorgane stehen unregelmäßig rechts und links alternirend. Die Öffnung der Vagina liegt neben und vor der männlichen Ge- schlechtsöffnung, ein Verhalten, wie wir es in gleicher Weise bei Taenia longicollis und T. filicollis kennen gelernt haben. Ein Sinus genitalis masculinus ist entwickelt, während die Vagina direkt nach außen mündet. Die Pori finden sich ziemlich genau in der Mitte des Seitenrandes der Glieder. Cuticula und Parenchym. Die Cuticula überzieht als straffe Haut den ganzen Körper, ihre äußerste Schicht ist destruirt und erscheint daher vielfach fransig, schollig; sie nimmt die Farbstoffe sehr begierig auf. Die erhaltene Oberhaut gliedert sich durch ihr Verhalten gegen Farbstoffe und Licht- brechungsvermögen in zwei Streifen, der äußere färbt sich ziemlich stark, erscheint fein längsstreifig und dunkel, der innere, die jüngere Cutieula, besitzt die Eigenschaft das Licht zu brechen, ist weniger tingirbar und erscheint heller als die vorige. Besondere Porenkanälchen vermochte ich nicht zu sehen, ebenfalls entzogen sich die Matrixzellen der Cuticula meiner Beobachtung. Eine Qutis ist nicht entwickelt, eben so fehlen die subcutanen flaschenförmigen, schön gekernten Zellen, wie sie bei Taenia longicollis und filicollis so schön hervortreten. Unterhalb der Cuticula erblicktman auf horizontalen Längsschnitten eine einfache Reihe von Punkten, die Querschnitte der Ringmuskulatur des Hautmuskelschlauches — auch sie scheinen etwas lichtbrechend und schließen nicht fest an einander. Nach innen schließt sich ein schmales Band von Längsfibrillen an; sie machen die Längsmuskulatur des Hautmuskelschlauches aus und stehen in innigerem Zusammenhang als die Ringmuskeln. Das Paren- chym ist mächtig entwickelt, es erlaubt durch sein verschiedenartiges Beiträge zur Anatomie und Histologie der Gestoden der Süßwasserfische. 701 Aussehen eine Gliederung in ein Rinden- und Markparenchym; immer- hin trägt diese Trennung noch einen arteficiellen Charakter. Das Rindenparenchym beginnt direkt unter dem Hautmuskel- schlauch und erstreckt sich bis an die äußere Grenze der inneren Längsmuskellage. Das Gewebe erscheint schwammig, blasig, die Zellen sind rundlich oder polygonal, nicht von gleicher konstanter Gestalt, sie schließen stellenweise dicht an einander, dann treten wieder größere oder kleinere helle Blasen, Intercellularräume auf, die frei sind von jeder Kerneinlagerung und in der That Hohlräume darstellen. Zunächst der Körperhaut sind die Zellen und ihre Intercellular- räume kleiner, zahlreiche kleine Kerne liegen in den Knotenpunkten, sie besitzen zum Theil einen spärlichen Protoplasmahof. Etwas tiefer werden die einzelnen Zellen größer, unregelmäßiger, das ganze Ge- webe durch die vermehrten und erweiterten Intercellularräume schwammiger und erscheint als ein helles Maschenwerk von stärkeren und schwächeren Parenchymbalken durchsetzt. ' Es erscheint diese Bildung einem schwammigen Mesophyll mit seinen Durchlüftungskammern, wie es gewissen Laubblättern eigen ist, nicht unähnlich. Durch die mächtige Ausdehnung dieses paren- chymatischen Bindegewebes erklärt sich auch die Körperdicke unserer Tänie. Heller und zartbalkiger erscheint das Markparenchym, besonders in seiner äußeren Zone, welches das ganze Innere des Leibes erfüllt und sich zwischen die verschiedenen Organe erstreckt. Auch in ihm ist das System der Lücken und Spalten reichlich entwickelt. Kerne und punktartige Intercellularsubstanzen sind in den Ecken und Win- keln vorhanden. Der Kern der einzelnen Parenchymzelle selbst ist klein und tritt nicht immer deutlich hervor. Diese Angaben beziehen sich auf das Parenchym der Glieder mittlerer und vollendeter Reife. Im Scolex ergiebt sich seine Beschaf- fenheit etwas anders. Die ersten Querschnitte vom Scheitel des Scolex an geführt zeigen uns ein sehr weitmaschiges Grundgewebe, fast ohne jegliche Kernsubstanz; dagegen wiegt in der Gegend der Gehirnkom- missur ein reichkörniges, enger an einander schließendes Gewebe vor, welches einige größere Lücken nur gegen die Schüsseln der Saug- gruben aufweist. Dieses dunklere, undifferenzirtere Aussehen des Parenchyms erschwert sehr das Auffinden der Querschnitte der Längs- muskelfasern des Kopfes. | In dem Halstheil und den jüngsten Gliedern begegnen wir im Mittelfelde des Querschnittes einer undifferenzirten, sehr kernreichen ‚Blastemmasse von elliptischer oder ovaler Gestalt, mit pseudopodien- 702 Adolph Kraemer, ai artigen Ausläufern gegen das schon weiter entwickelte hellere Paren- chym der Rinde hin. Aus dieser Masse entwickelt sich allmählich das Markparenchym in seiner späteren Gestalt, sowie die Muskulatur des Parenchyms und die Organe des Körpers. | Zuerst bilden sich die Hoden, die Anlage des Cirrusbeutels, sowie diejenige der Dotterstöcke in Form rundlicher oder länglicher, unregel- mäßig zusammengeballter Häufchen von Kernen gleichen Aussehens aus diesem embryonalen Mittelgewebe hervor. Etwas später machen sich die für die Ovarien und die weiblichen Leitungswege bestimmten Differenzirungen bemerkbar, gleichzeitig schälen sich auch die Muskel- elemente mehr und mehr aus der Grundmasse hervor. Kalkkörperchen von fast durchweg runder Form, geringer Größe und ohne erkennbare Schichtüng finden sich im Scolex, weit zahlreicher im Halstheil, sowie in den Gliedern, besonders den jüngeren und mittleren, eingestreut, in annähernd gleicher Menge im Rinden- und Markparenchym. Niemals habe ich einen großen geschichteten Kalkkörper gesehen, wie sie bei anderen Cestoden eine fast regelmäßige Erscheinung sind. Vielleicht waren die größeren Kalkkörper in einer früheren Periode aufgelöst worden und die betroffenen, jüngere, neue Bildungen. Sie färben sich mit Hämatoxylin intensiver als die in Form ihnen ähnlichen, aber kleineren Parenchymkerne und sind daher von letz- teren nicht unschwer zu unterscheiden. Zuweilen fanden sich um die Ausmündung des Cirrusbeutels und der Vagina mehrere solcher Körperchen wie zusammengebacken im Rindenparenchym vor. Muskulatur. Die Muskulatur des Scolex zeigt in überwiegender Zahl ihn in der Längsrichtung durchsetzende Fasern, die theils isolirt, theils zu zarten Bündeln vereinigt, vornehmlich in der Mitte eines Querschnittes auf- treten; sie sind die direkten Fortsetzungen der Längsbündel der Strobila und inseriren sich theils an der Scheitelfläche und an den lateralen. Partien zwischen den Saugnäpfen. Kaum minder stark ausgebildet ist das System der dorsoventralen Muskeln, die vom Grunde eines Bothriums zu dem der gegenüber- liegenden Seite ziehen, sie kreuzen die Fibrillen der Längsfasern recht- winkelig und sind ebenfalls in den centralen Partien trefflicher ent- faltet als lateral. Beide Systeme werden transversal umzogen von Transversalmuskeln, die. als schmale Züge dünner, wellig gebogener Fibrillen von links nach rechts ziehen. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische, 703 3 Die Muskulatur der Sauggruben setzt sich aus Circularfasern, - Transversalfasern und Radialfasern zusammen. Die Circularfasern - durchziehen kreisförmig den Grund der Bothrien und greifen bis in die “ Randblätter ein. Transversalmuskeln verbinden in der Tiefe der - Grube gegenüberliegende Wände, sie schneiden als Diagonalen den - Cireularmuskelring. i Die Radialfasern sind am breitesten und gegenüber den beiden - anderen Systemen am besten ausgebildet. Sie durchsetzen auf Quer- - schnitten durch den Scolex die Bothrienwand von ihrer inneren, dem - Kopf zugewendeten und sie vom Parenchym desselben trennenden Grenzmembran bis zu ihrem äußeren Limbus und stehen somit senk- recht auf den Cireularmuskeln. Sie sind bandartig, gebogen und zu- weilen mit einander anastomosirend. An ihren Enden erscheinen sie - verbreitert und enthalten hier einen rundlichen oder ovalen Kern, der von einem breiten Protoplasmamantel hofartig umgeben ist. 3 Im Hals treten besonders die dicht an einander geschobenen - inneren Längsmuskeln in den Vordergrund, neben diesen haben wir - Transversalmuskeln, während dorsoventrale Muskeln fast gänzlich zurücktreten. In den geschlechtsreifen Gliedern werden die Längs- _ muskeln des Halses durch die Ausbildung der Genitalorgane aus ein- 3 ander geschoben. Sie bilden einen kräftigen inneren Längsmuskel- schlauch, in dem lateral Nerven und Gefäßstämme verlaufen; sie - umhüllen allseitig die inneren Organe. ä Ihre Fibrillen sind zu ziemlich breiten (0,006 mm) geschlängelten - Bändern verbunden, die indessen keine sehr große Länge besitzen, - aber dennoch durch Faseraustausch in der Längsrichtung auf einander - stoßender Muskelstreifen im Zusammenhang bleiben. Hin und wieder weigen sie auch seitlich aus, wodurch benachbarte Bündel verbunden 4 werden. Ihre Fibrillen sind band- oder spindelförmig und mit ihren schmäleren Enden wie Bastfasern lückenlos in einander geschoben. Sie besitzen ein gleichmäßiges, homogenes Plasma, sind kernlos und - durch feinste strukturlose Häutchen nach außen begrenzt, Auf Quer- sehnitten einer bestimmten Region erscheinen sie ziemlich gleich dick. - Wie Querschnitte zeigen, sind sie lateral mächtiger entwickelt als auf der dorsalen und ventralen Fläche, auch hier treten sie nicht in einer Bündellage auf, sondern es dürften zwei bis drei solcher unter einan- - der verbundener Lagen vorhanden sein, deren Ausbildung von außen nach innen abnimmt. © Zur Veranschaulichung des Hautmuskelschlauches eignen sich be- - sönders oberflächliche, horizontal zur dorsalen oder ventralen Ober- fläche geführte Schnitte. Sie zeigen, dass die Hautmuskulatur aus zwei 704 Adolph Kraemer, Systemen verschiedener Richtung gebildet wird. Zu äußerst verlaufen schmälere oder breitere, vielfach gekrümmte Circular- oder Ring- muskeln, welchen nach innen ein dünnes Stratum einer (inneren) Längs- muskelzone folgt. Die Muskelbündel beider Gruppen durchkreuzen sich rechtwinkelig und erscheinen so wie ein Gitterwerk. Da, wie es scheint, viele Bündel der Ringmuskeln durch und unter den Längsbündeln sich durchschie- ben, so sieht der Hautmuskelschlauch wie die Wände eines Korbes geflochten aus. Die einzelnen Fibrillen und Bänder sind im Ganzen weit schmäler als die der tiefer liegenden Parenchymmuskeln; auch sie erweisen sich kernlos. Der Hautmuskelschlauch ist wie di innere Längsmuskulatur zu- sammengesetzt resp. zusammenhängend und setzt sich kontinuirlich über alle Glieder der Strobila fort. Im Halstheil ist er etwas zarter als in den reifen Proglottiden. An den Winkeln, welche zwei Glieder lateral bilden, biegen die Fasern konvex nach innen ein und sind hier besonders ak durchflochten. Nervensystem. . Noch im Bereich der unteren Grenze der Saugnäpfe findet sich im: Scolex ein breites ellipsoidisches Band kleiner, blasser, punktartiger Substanzen, sie stellen die Gehirnkommissur dar. Ihre lateralen Enden sind rundlich und breiter als die beidseitigen Anfänge der Kommis- sur. Aus diesen Theilen geht jederseits ein dorsaler und ventraler ziemlich starker Zweig ab, der sich vor dem Saugnapf wieder vielfach spaltet und mit seinen Ästen die Bothrienwände und deren Muskulatur innervirt. : Die Zellen des Gehirns selbst, wie die der vier Seitennerven, tragen nicht den Charakter von Ganglienzellen; sie sind weder scharf umgrenzt noch lassen sie einen Kern erkennen. In den lateralen Par- tien bemerkt man außer der Punktsubstanz noch ein feinstes blasses Gitterwerk, in dem diese Massen, deren gangliöse Natur sich nicht feststellen lässt, eingebettet sind. Besonders umgrenzt ist das Gehirn nicht, dennoch hebt es sich durch seine blasse Farbe scharf gegen das umgebende Parenchym und die Querschnitte von Muskelfasern deut- lich in seiner Form ab. Es nimmt das Gehirnband, wie zu erwarten ist, auf Querschnitten eine transversale Lage ein. Nach hinten setzt es sich in Form zweier kräftiger Längsnervenstämme fort, die im Hals ziemlich weit einwärts liegen, dagegen, je mehr sich der Hals gegen die ersten Glieder ver- breitert, mehr und mehr nach den Seiten gelagert werden. Auf Quer- Beiträge zur Anatomie und Histologie der Öestoden der Süßwasserfische. 705 _ sehnitten des Halses erscheinen sie fast rund und stehen an den Spitzen _ der quer die Mittelachse schneidenden elliptischen, dunkelkörnigen _ Blastemmasse, an der Grenze der inneren Längsmuskeln. - In den reifen Gliedern verlaufen sie ziemlich geradlinig außer- halb der Dotterstöcke und der Längsgefäße des Exkretionssystems. An - den Ausmündungen der Geschlechtsorgane ziehen sie dorsal über diese - hinweg. Bei schwachen Vergrößerungen kann man ihrer Helligkeit wegen a leicht versucht sein sie für ein großes Gefäß zu halten, besonders im a quergeschnittenen Halstheil, wo zahlreiche rundliche, oft sehr gleich- a artig gestaltete Hohlräume im Parenchym das Aufsuchen von Nerven- _ und Gefäßquerschnitten sehr erschweren. ku Die histologische Struktur dieser beiden Längsnerven ist von der- jenigen der Gehirnkommissur anscheinend in nichts verschieden. Exkretionssystem. R Die ersten Angaben über den Gefäßapparat macht van BENEDEN. Er beschreibt mit wenigen Worten ein sich im Scolex ausbreitendes - Kapillarnetz, aus dem sich vier Stämme sammeln, die die Gliederkette, hin und wieder Anastomosen bildend, durchziehen und sich im letzten @liede mit einer pulsirenden Endblase verbinden. Seine Beobachtun- gen, die er nach den beiden Abbildungen zu schließen, höchst wahr- scheinlich an lebenden und jungen Thieren gemacht hat, sind richtig. i - Mein mir zur ul on geschlechtsreifes Pu) er- Das Gefäßnetz im Scolex, oder vielmehr dicht hinter den a - näpfen, war nicht durchzusehen; nur an einigen Stellen des Halses vermochte man bei eischiedenn Blendungen auf jeder Fläche zwei & helle Linien zu unterscheiden, die sich eine Strecke verfolgen ließen, ©. sich dann dem Blicke wieder entzogen. In den Gliedern wurden sie völlig verdeckt. * - Dass eine Endblase vorhanden sei, nahm ich a priori der tiefen Einschnürung des Endgliedes wegen an. $ Eine Serie von Quer- und Längsschnitten belehrte mich über diesen Apparat. | In den ersten Querschnitten, vom Scheitel des Scolex an ent- nommen, waren keine sicheren Gefäßäste zu erkennen. Erst im Bereich der Saugnäpfe, und noch ausgesprochener unterhalb der Gehirnkom- _ missur, zeigte sich ein den ganzen Querschnitt erfüllendes, reich ver- [1 706 000.2 Adolph Kraemer, zweigtes Netz kapillarer Gefäße. Sie besitzen eigne feine Wandungen, und heben sich durch diese und ihre Helligkeit leicht aus dem dunke- len Grundgewebe hervor. In der Mitte der undifferenzirten Blastem- masse reichlicher und weiter, durchflechten und verschlingen sie sich, theilen sich vielfach gablig und ziehen unter Verengerung ihres Lumens der Peripherie zu, hier münden sie in sehr zahlreichen, senkrecht zur Peripherie gestellten Kanälchen aus. Oft finden sich drei bis vier soleher Ausmündungen dicht neben einander. | Es ist ein sehr ähnliches Bild, wie wir es bei Taenia filieollis kennen gelernt haben. | | au Das Vorhandensein solcher Ausmündungen des Gefäßkapillar- netzes der unteren Partien des Scolex und des Halses beider Tänien wird besonders noch dadurch unzweifelhaft bestätigt, dass die Röhr- chen oft um ein Geringes über die Körpercuticula vorstehen und, die Öffnungen besonders bei T. filicollis mit zartesten Härchen um- stellt sind. Ein solches Verhalten des Exkretionssystems ist meines Wissens bis jetzt für Tänien, insbesondere Fischtänien, noch nicht nachgewiesen worden. | Wasner beschreibt (Entwicklung der Cestoden, Verhandl. der Kais. L. GC. Akademie, Bd. XXIV. Suppl. Breslau 1854) bei verschie- denen Cestöden solche Öffnungen des Gefäßapparates am vorderen Körperende, die durch Queräste mit den Längsstämmen im Zusammen- hang stehen. Auch Köutiker und Levckarr glauben derartige Ausmündungen einige Mal gesehen zu haben. Horrmann (Über den eneystirten Scolex von Tetrarhynchus, Nieder- länd. Archiv f. Naturw. 1879. Bd. V. I. Heft. p. 1) hat bei Tetrarhyn- chus ähnliche Ausmündungen beobachtet, aber nicht hinter den Saug- näpfen, sondern vor denselben und weniger zahlreich, auch an deren vorderen Seitenrändern. | | Rıram (Hallische Zeitschrift für die ges. Naturwissensch. 1882. p- 276) beobachtete seitliche Ausmündungen in den einzelnen Pro- glottiden, bei Liguliden ; eben so Fraıpont bei Bothriocephalus puncta- tus. Auch im Scolex von Triaenophorus nodulosus sind solche 'Gefäß- mündungen gesehen worden. Neuerdings hat E. Lönnsere in seiner ausführlichen Arbeit über skandinavische Cestoden (Kongl. Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar. Bandet 24. No. 6. Stockholm 1891) seitliche Mündungen für Tetrarhynchus tetrabothrius van Beneden nach- gewiesen. Er schreibt p. 96: »In der Strobila senden die Gefäß- stämme keine Äste aus. Eine Ausnahme machen doch die spärlich | Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische. 707 auftreienden Mündungen nach außen. Diese bilden kurze Äste, die rechtwinklig gegen die Grenzmembran, welche sie durchbrechen, ab- ‚geben. Im Allgemeinen sind sie recht selten und treten nur vereinzelt auf, es ist mir doch einmal gelungen auf einem und demselben Schnitt drei ganz neben einander zu finden, die auf Fig. 26, Taf. IT abgebildet sind.« Auch im Scolex beschreibt er eine große Menge von Ästen und Zweigen, die von den Stämmen abgehen. »Diese verzweigen sich "mehrmals und vereinigen sich wieder durch Anastomosen, so dass sie "einen reichlichen Plexus bilden.« Ausmündungen aus diesem Plexus nach außen werden nicht beschrieben. | Verfolgen wir nun den Gefäßapparat unserer Tänie weiter, so sehen wir, dass je weiter wir im Halse gegen die ersten Glieder ab- wärts gehen, die seitlichen Öffnungen immer spärlicher werden. Es sammeln sich in geringer Entfernung hinter den Sauggruben aus dem Kapillarnetz schließlich vier gleich weite Längsgefäße, die leicht ge- schlängelt auf beiden Seiten je eines dorsal, das andere ventral den Körper vom unteren Ende des Scolex bis zum Endgliede durchziehen. Im Halstheil sind sie unter sich noch durch unregelmäßige Anastomo- sen verbunden, in den Gliedern dagegen bilden alle vier Gefäße eine Ringanastomose am Hinterrande eines jeden Gliedes, deren Lumen etwas enger ist als das der Stämme selbst. Weitere Verzweigungen im Bereich der Glieder haben nicht statt. An den Mündungen der ‚Geschlechtsorgane geht ein Gefäß über, eines unter dem Cirrusbeutel und der Vagina durch. - In der Mitte des Endgliedes erhebt sich eine von außen einge- 'stülpte, ziemlich große, birnförmige Endblase. In diese münden die vier Längsstämme ein. Nachdem sie am Hinterrande des vorletzten ‚Gliedes noch eine Anastomose gebildet haben, steigen sie, den Seiten- r ändern des letzien Gliedes folgend, den Bogen der Abrundung des Endgliedes auslegend, dann seitlich an der Endblase empor und mün- den in die stumpfe Kuppe der Blase. Dieses Verhalten stimmt mit van B BENEDEN’S Abbildung nicht ganz überein. Das von ihm abgebildete Endglied erscheint konisch, am Hinter- T Ede stumpf, nicht zweitheilig eingeschnürt; die Gefäße steigen nicht | am Hinterrande des Endgliedes empor, um dann erst in die Blase zu g gen, sondern kommen, sich schlängelnd, geraden Wegs von oben. Wenn van BENEDEN eine junge Form vorgelegen hat, so kann sein . Bild ein getreues sein. - Bei älteren Formen ist das Verhältnis wie ich 14 in Fig. 36, Taf. XXVIII abgebildet habe. Es wäre denkbar, dass das tiefe in die Winkel des Endgliedes e ji Biinsersteigen der Gefäße, wie ich es bei meiner mir zur Unter- 798 Adolph Kraemer, suchung vorgelegenen Tänie antraf, durch einen besonderen Kontrak- tionszustand bedingt wurde, in dem das Individuum momentan fixirt wurde. Das Verhalten der Gefäßwandungen ist dasselbe wie es für andere Cestoden bekannt ist. Die Wände werden durch cuticulare, licht- brechende Membranen gebildet, der auf ihrer Außenseite streckenweit kleine längliche Kerne anliegen, die auf Querschnitten das Gefäß ring- förmig umlagern. Die Gefäße verlaufen, wie früher schon gesagt wurde, ziemlich gleich weit von Rücken und Bauchfläche, im Bereich der inneren Längs- muskeln, die bei ihren Kontraktionen jedenfalls auch einen Einfluss auf die Gefäße ausüben können. An die Gefäße sich anheftende Muskel- fibrillen habe ich nicht gesehen. Die Endblase besitzt dicke Wandungen, die muskulöser Natur sein könnten, indessen gelang es mir nicht deutliche Muskelfasern zu erkennen. Van BENEDEN nennt die Endblase »une assez grande vesieule pulsa- tile« und schreibt ihr somit ein Bewegungsvermögen zu. Männliche Geschlechtsorgane. Die männlichen Genitalorgane bestehen im ausgebildeten Zustand aus den Hoden, den Vasa efferentia, dem Vas deferens und dem Cirrus mit seinem ihn umhüllenden Beutel, dem sog. Cirrusbeutel. Die Hoden werden zuerst angelegt und bilden sich aus dem em- bryonalen Markparenchym in Form rundlicher Kernhäufchen, die sich frühzeitig mit einer eigenen Tunica propria umkleiden, heraus. Ihre Ausbildung schreitet rasch vorwärts. 5—6 mm von dem ersten Sicht- harwerden ihrer Anlage findet man schon Follikel von fast vollendeter Ausbildung. Die jüngeren sind runde Blasen, im ausgebildeten Stadium werden sie etwas mehr länglich und ihre Wandung durch gegenseitigen Druck manchmal dellig. | Sie liegen wie.rundliche Steine eines unordentlich aufgeführten Mauerwerks in drei bis vier Lagen über einander; von der dorsalen und ventralen Fläche gleich weit entfernt, nehmen sie den ganzen Markraum innerhalb der inneren Längsmuskeln ein. | Lateral grenzen sie an die breiten, aber kurzen Streifen der Dotter- # stöcke, gegen den hinteren Gliedrand stoßen sie bis an die weiblichen # Keimstöcke. a Sie stehen auf verschiedenen Stadien der Spermatogenese, die in | ihrem Verlauf sich an diejenige anderer Cestoden anschließt. Man # Beiträge zur Anatomie und Histologie der Gestoden der Süßwasserlische. 709 "trifft Hoden mit unveränderter Spermamutterzelle, in anderen hat sie sich zu mehreren kleineren in Häufchen gruppirten Zellen getheilt, "deren eigene Grenzen mehr und mehr verschwinden; ihre Kerne ver- "ändern sich, theilen sich, werden kleiner und länger, und bilden "schließlich die Köpfchen der Spermatozoen, während das Protoplasma zerklüftet mehr und mehr ein streifiges, lockiges Aussehen bekommt; > es liefert die Schwanztheile der Samenfäden, die oft zu kleinen Büscheln an einander haften oder zerstreut den Testis erfüllen. Die Vasa efferentia sind recht schwierig zu entdecken. Doch ge- lingt es auf manchen Schnitten sie wenigstens stückweise zu Gesicht zu bekommen. Sie sind enge zarte Kapillaren, mit feinen eigenen Hüllen, denen "außen punktartige Kerne anhaften — vielleicht ein Überrest eines em- bryonalen Epithels — sie treten mit der Tunica propria des Testikels, die hier kernlos ist, in Verbindung. Etwa in der Mitte des Gliedes, ’ -dorsalwärts von den weiblichen Leitungswegen, vereinigen sie sich, "indem mehrere zusammenfließen, zu einem aufgeknäuelten Vas deferens, dessen Schlingen bis dicht unter die dorsale innere Längsmuskulatur "sich erheben. Diese Schlingen sind reichlich von Samenfäden erfüllt "und daher ziemlich erweitert. Ihre Wandung ist eine einfache, jeden- Aal dehnbare, membranähnliche Hülle, der äußerlich in Eoellosen - Abständen Kerne eingedrückt sind. Aus dem Knäuel begiebt sich ein geschlängeltes, etwas engeres " Stück des Samenleiters nach dem proximalen Ende des Cirrusbeutels, durchbricht diesen und setzt seinen Lauf in den hinteren zwei Dritteln a Beutels unter buckeligen Windungen fort; im vorderen Drittel gewinnt der Kanal einen anderen Charakter, seine Wand ist viel stär- ker, sein Verlauf gestreckt. Wir haben es mit dem eigentlichen Penis s zu thun. Seine Außenfläche ist nicht glatt, sondern allseitig mit langen (0,04 3 mm) schmalen, gebogenen Chitinstacheln bewaffnet, die beson- © ders auf sagittalen Schnitten, die den Cirrusbeutel und den Cirrus quer durchschneiden, schön sichtbar werden. Solche Schnitte geben auch den besten Aufschluss über die Wand des männlichen Begattungsorgans. i Eine starke eutieulare Haut bildet das eigentliche Rohr des Penis, dieser scheinen nach innen, also das Lumen auskleidend, sehr kleine, Sache Epithelzellen mit Kernen aufzusitzen. Nach außen wird die Cuticularhülle umsponnen von einem Ring feiner circularer Muskel- fibrillen, welche nach außen von einer feinen Tunica propria externa in ihrer Gesammtheit tiberzogen werden. Dieser Tunica sitzen direkt die schlanken Stacheln auf. TERN 710 Adolph Kraemer, Der Penis tritt in den ziemlich vertieften Genitalsinus und ragt bis zur Oberfläche des Körpers in diesen hinein, nie habe ich ihn länger vorgestreckt gefunden. Das Lumen des Penis wird gegen seinen Austritt zu etwas enger, und seine Wand durch Übergreifen der ver- dünnten, den Genitalsinus auskleidenden Körpercuticula noch ver- stärkt. Der Cirrusbeutel besitzt die Form einer länglichen Birne, sein stumpfes Ende ist gegen die Mitte des Gliedinneren gerichtet, erreicht aber die Mitte des Gliedes nicht. as | Er durchbricht, um auszumünden, den Dotterstockstreifen der be- treffenden Seite, sowie die Längsmuskeln des. Parenchyms und das schwammige Rindengewebe. Seine Wand besteht aus einer eutieularen Grenzmembran, die nach außen von einer dünnen Ring- und Längs- muskulatur umschlossen wird. Auf einigen durch Sagittalschnitte ge- wonnenen Querschnitten war der Cirrusbeutel kontrahirt, seine ganze Wand daher in weite Falten gelegt (siehe Fig. 37, Taf. XXVM). Der Zwischenraum zwischen Penis und Cirrusbeutelwand ist er- füllt von zartem, polygonale Maschen bildenden Bindegewebe, dem auch einzelne kleine Kalkkörperchen eingestreut sind. Besondere, die Innen- oder Außenfläche der Wand begleitende Kerne, wie sie bei Taenia filicollis vorkommen, habe ich hier nicht ge- sehen. Lönngere hat solche Kerne an der Innen- und Außenwand des Cirrusbeutels von Bothriocephalus punctatus nachgewiesen und be- trachtet sie als Kerne eines Pflasterepithels, welche den einzig sicht- baren Rest der früheren Matrixlage darstellen. Weibliche Geschlechtsorgane. Die weiblichen Geschlechtsorgane zeigen in ihrem anatomischen Aufbau gewisse Ähnlichkeiten mit denjenigen von Taenia longicollis, wie sie uns durch die Untersuchungen von v. Lınstow bekannt gewor- den sind. Die Vagina mündet neben und vor dem Cirrusbeutel, sie zieht als ziemlich enges Rohr an der dem vorderen Gliedrande zugekehrten Seite des Cirrusbeutels her, biegt in sanftem Bogen um sein basales stumpfes Ende und. kreuzt so ventral das in den Cirrusbeutel ein- mündende Stück des Vas deferens, während die knäuelförmige Partie desselben über und mehr rechts von ihr gelegen bleibt. Sie begiebt sich, in der Gegend der Mittelachse des Gliedes einen kurzen schar- | fen Bogen beschreibend, schräg gegen den hinteren Gliedrand, ’ d.h. zu dem hier gelagerten Ootyp. Sie mündet jedoch nicht direkt 9 in dieses Organ, sondern legt sich, ihr Lumen verengernd, in etliche 9 © Ferne: ‚sw Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische. 711 ‚dicht zusammengelagerte Schlingen, aus denen abermals ein kurzes - stärkeres Stück vom hinteren Gliedrande her senkrecht nach vorn auf- steigt und in das Ootyp von der hinteren Seite her einmündet. Die Weite der Vagina ist nicht überall die gleiche. Am engsten ist das Lumen in der Nähe der Ausmündung, auf ihrem Mittellauf er- _ weitert sie sich, und nachdem sie das Ootyp passirt hat, nimmt sie - wieder an Weite ab. ‚Ihre Wandung ist ziemlich kräftig, sie besteht aus einer das Rohr. bildenden steifen Membran, welcher nach innen ein sehr niedriges - Pflasterepithel aufliegt, welches das Lumen des Rohres auskleidet. Nach außen haften der Hülle oblonge Kerne an, vielleicht der Überrest der Matrixzellen der Vaginalwand — zu äußerst wird sie umsponnen von einem mittelmäßig starken Ring von Circularmuskelfibrillen, welche von einer Tunica propria externa gegen das Parenchym abgegrenzt werden. Cilien im Lumen der Vagina vermochte ich nicht zu ent- - decken, eben so fehlt eine Samenblase, wenn man nicht die Schlingen - hinter dem Ootyp als ein Receptaculum seminis ansehen will; Sperma- - tozoen habe ich nicht in ihnen erblickt, dagegen war der Vordertheil - der Vagina bei zwei Gliedern gänzlich mit Sperma erfüllt, wie sich aus - Querschnitten durch das Vaginalrohr ergab. Die Keimstöcke liegen als dunkle schmale Flügel dieht an den hinteren Gliedrand gedrückt, natürlich innerhalb des inneren Längs- - muskelschlauches. Sie erstrecken sich mit ihren angeschwollenen _ Enden bis an die äußere Grenze der Mittelschicht, da wo die Längs- 4 stämme des Exkretionssystems hinabziehen. Sie sind nicht gelappt, 4 sondern einfache, etwas gebuchtete Flügel, die sich nach innen allmäh- lich verschmälern und gegen die Mittelachse des Gliedes dorsalwärts - aufbiegen, bis sie über dem Ootyp zu einem kurzen schmalen Mittel- stück sich vereinigen, aus dem der gemeinsame Keimgang entspringt, > welcher von vorn und oben in das Ootyp einmündet. E; Die beiden Keimstöcke werden umschlossen von einer struktur- losen Tunica propria, die auch als direkte Fortsetzung den Keimgang | ‚bildet, nur mit dem Unterschiede, dass ihr hier auf der Innenseite ein flaches kernhaltiges Epithel anliegt, welches das Lumen des Keim- ganges auskleidet. Die Eier der Ovarien sind rundlich, klein und zei- = gen ein Keimbläschen mit Nucleolus; die älteren, die sich gegen die | © Farbstoffe chemisch etwas anders verhalten, besitzen eine weit deut- } - lichere Hülle als die jüngeren, ihr Kern färbt sich stärker. © 00, Das Ootyp ist ein kreisrundes Organ, nicht weit von dem hinteren A F Gliedrande entfernt in der Medianlinie des Gliedes gelegen. Es besitzt - eine Tunica propria interna, eine es schalenförmig umgebende Ring- NZ, En Eee a E 7 k 712 Adolph Kraemer, muskulatur, und eine Tunica externa, die äußerlich von Kerngebilden rings umlagert ist. Es nimmt das Ootyp die Vagina, den Keimgang, den Ausfuhr gang der Dotterstöcke und diejenigen der Schalendrüse auf, während andererseits ein Oviduct, welcher die Kommunikation mit dem Uterus vermittelt, aus ihm hervorgeht. Die einzelligen Zellen der Schalendrüse liegen strahlenförmig um das Ootyp, ziemlich dicht an einander gelagert. Sie sind entspre- chend den Raumverhältnissen nicht groß, ihre Ausführungsgänge kurz. Die Drüsenzellen sind von Gestalt spindelförmig bis Birhferbie: Sie besitzen einen kleinen bläschenförmigen Kern mit Nucleolus. Der Kern selbst färbt sich kaum mit Hämatoxylin, besser und schärfer der # Nucleolus. Das Protoplasma ist sehr feinkörnig und besonders reichlich im Endtheile der einzelnen Drüsenschläuche, die Substanzkörnchen sind rund und gut tingirbar. Die Dotterstöcke sind paarig, je einer zu beiden Seiten der Pro- glottis innerhalb des inneren Längsmuskelschlauches gelegen. Sie er- strecken sich vom vorderen Gliedrande bis auf die Endtheile der beiden Keimstockflügel. Sie erscheinen gegen das Innere des Gliedes kon- kav gekrümmt, dadurch dass sie vorn und hinten breiter als in der Mitte sind. Dotterstöcke und Ovarien, die in den hinteren Winkeln des Gliedes an einander stoßen, umrahmen als dunkele breite Bänder den Innen- raum der Proglottis, der mit den helleren Hoden erfüllt ist. | Umgrenzt sind die Dotterstöcke durch eine besondere Tunica pro- pria, die besonders gegen die Hoden zu scharf hervortritt. Sie bestehen aus einzelnen dicht an einander gelagerten kleinen Dotterfollikeln, deren einzelne Zellen einen kleinen runden Kern und Protoplasma führen. Aus diesen Zellen entsteht durch theilweisen Zerfall das Dottermaterial, die einzelnen Dotterzellen oder Dotterkügelchen, die rund und lichtbrechend sind. Die Ausführungsgänge der verschiedenen kleinen unregelmäßig abgegrenzten Follikel vereinigen sich mit ein- ander zu kleineren Stämmchen, die wieder unterhalb der Mitte des Gesammtdotterstockes zu einem Hauptdottergang jederseits zusammen- fließen. | Diese Dottergänge haben dünne eigene Hüllen und erinnern in | ihrem Aussehen an die Vasa efferentia. Sie ziehen schräg, konvergirend der mittleren und hinteren Partie des Gliedes zu, stellenweise mit Dotterkörnchen erfüllt und so besonders kenntlich gemacht. Sie ver- | Beiträge zur Anatomie und Histologie der Gestoden der Süßwasserfische. 713 - einigen sich schließlich in der Gegend des Schalendrüsenkomplexes ‘ und zwar ventralwärts von diesem zu einem einzigen Gang, der mit - dem Ootyp in Verbindung tritt und den hier angehäuften Keimzellen - das Dottermaterial überliefert. Die ausgebildeten Eier gelangen durch _ einen aus dem Ootyp entspringenden, und sich zum Uterus fortsetzen- - den Oviduct in den Fruchtbehälter. | Der Uterus stellt im ausgebildeten Zustande einen Behälter dar, - der das ganze Innere des Gliedes einnimmt. Er wird durch zwei bis - drei von den Seiten gegen die Mitte vorspringenden, unregelmäßig h verzweigten Balken verfilzten Parenchyms mit zahlreichen kleinen > Kernelementen, in mehrere Kammern oder Etagen gespalten. Auch - vom Vorder- und Hinterrande des Gliedes zweigen kleinere Gabeläste, 4 Zacken und Buckel aus, die den Hohlraum noch komplicirter gestalten. > Die Eier lagern besonders in den seitlichen Einsackungen und bleiben ; hier bei der Entleerung des Uterus auch am längsten liegen. 7 Der Uterus öffnet sich durch Zerreißung der Gewebe in einem > sekundär auftretenden, oblongen, regelmäßig aussehenden Spalt in der - Mitte der Proglottiden auf der Ventralfläche. Bei einer horizontal zur - ventralen Fläche geführten Schnittserie konnte ich den Spalt in gleicher - Weise und Gestalt bis in den Hohlraum des Fruchtbehälters verfolgen - und zwar bei einigen Gliedern; ein durch zufällige Verletzung entstan- - dener Riss ist somit ausgeschlossen. Der Spalt ist in der Längsrichtung 2 des Gliedes, also vom Vorder- gegen den Hinterrand gestreckt und be- 5 sitzt eine Länge von 0,104 mm, eine Weite in der Mitte von 0,048 mm, B so dass die Eier, durch den Druck der Körpermuskulatur ausgepresst, ihn bequem passiren können. Die Uteruseier sind in ihrer Form und Sehalenbildung denjenigen von Taenia filicollis sehr ähnlich; ich konnte zwei Schalen, eine äußere stärkere und innere schwächere unter- scheiden. Die Eier sind rund und durch gegenseitigen Druck ihrer Schale manchmal dellig, sehr dotterreich und lassen von der Eifurchung - oder dem Embryo nichts erkennen, da die Dottermasse die Farbstoffe begierig annimmt und das ganze Innere verdeckt und verdunkelt. 3 Die Körperwand erscheint, selbst wenn die Eier aus dem Uterus entleert sind, keineswegs schlaff, sie wird durch die Muskulatur und das mächtige Rindenparenchym gegen das Einsinken und Faltenbil- - dung geschützt. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIII. Bd. 46 714 Adolph Kraemer, Taenia ocellata Rud. (Coregonus fera.) Litteratur. 1809. Ruporpnı, Entoz. Hist. Vol. II. Pars 2. p. 108. 4845. Dusarpın, Hist. nat. des Helminth. p. 583. 1850. Dissıng, Syst. Helminth. I. p. 513. 1864. DiEsıng, Revision d. Cephalocot. Abth. Cyclocot. p. 376—377, 1875. v. Lınstow, Troscaer's Archiv. 1. p. 184. 1884. ZSCHOKKE, Rech. sur les vers parasites. p. 13—1A4. 1889. E. Lönnserg, Bidrag till Kännedomen om sverige firekommende Cesto- der. Bihang till K. Svenska Vet. Akad. Handlingar. Bandet XIV. Afd. 4. SO rwm — No. 9. Wirthe. Perca fluviatilis L. Salmo salvelinus L. Acerina cernua L Salmo Umbla. Sebastes norwegicus Cuv. Coregonus fera Jur. Lota vulgaris Cuv. Esox lueius L. Geschichtliches. Ruporrnı (1) fand diese von ihm als besondere Art angesehene Tänie ziemlich häufig im Darm von Perca fluviatilis, seltener in der Leber dieses Fisches, zu Greifswald, und belegte sie mit dem Namen Taenia ocellata, offenbar ihrer deutlich hervorspringenden Saugnäpfe wegen, die ihm wie »Augen« imponirt haben mögen. Ich gebe hier das Wesentlichste seiner Diagnose wieder: Taenia: capite hemisphaerico, osculis profundis, collo longiusculo rugoso, articulis subquadratis lineolatis. Caput exiguum, hemisphaericum, sub motu polymorphum, mox contractum, mox valde inflatum; oscula eircularia, immarginata, exca- vata, valdeque profunda, cum Distomatum piscinorum poris comparanda. Collum satis longum, transverse rugosum, uti corpus depressum. Hoc antrorsum gracileseit, postice subaequale, articulis antieis brevioribus, reliquis subquadratis margine postico parum incumbente, laterali utrinque subrotundo. Dusarvın (2) fügt der Beschreibung Ruvorrar's nichts Neues hinzu. Nach ihm beträgt die Länge der Tänie 50—135 mm, ihre Breite im hinteren Körpertheil 2,25 mm. von Linstow (5) sammelte die Tänie aus Perca fluviatilis und stellte fest, dass ihr außer den vier größeren Saugnäpfen, ein scheitelstän- diger fünfter, kleinerer Saugnapf zukommt. Der Durchmesser der größeren wird auf 0,05, der des kleineren auf 0,028 mm angegeben. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Gestoden der Süßwasserfische. 715 ZSCHOkkKE (6) beschreibt Taenia ocellata in seinen Recherches. Er - fand sie in verschiedenen Perca-Arten, ferner in Acerina vulgaris, Lota, - Coregonus fera, Trutta, während des ganzen Jahres, am häufigsten je- - doch in Perca fluviatilis. Die Gliederkette ist nach Zscnorkr zusammen- gesetzt aus 80—150 Proglottiden von ungleicher Breite. Die ersten Glieder sind kurz, rechtwinklig, die folgenden nehmen mehr und mehr _ eine viereckige Form an und die letzten sind viel länger als breit. - Die einzelnen Glieder sind innig mit einander verbunden. Das Ex- - kretionssystem ist leicht durchzusehen und besteht aus zwei Längs- gefäßen. 4 Die Geschlechtsorgane entwickeln sich gegen Ende März und er- > reichen ihre Reife im Juli und August. Die Geschlechtsöffnungen liegen seitlich, unregelmäßig abwechselnd. 1 Der Cirrusbeutel ist weit und birnförmig. Die großen ovalen - Hoden liegen zu beiden Seiten des Ovariums, welches eine verästelte - Röhre in der Mitte eines jeden Gliedes darstellt. Die Dotterstöcke sind - am hinteren Gliedrande gelegen. | Der Uterus ist gewunden und endigt sich in eine nach hinten in -_ eine Samenblase erweiterte Vagina. | Diese hier mitgetheilten Angaben machten bis jetzt den Stand - unserer Kenntnisse über den von Ruvorruı als Taenia ocellata beschrie- > benen Fischbandwurm aus. 3 Ich sammelte die also beschriebene Tänie ebenfalls Anfangs Sep- - tember dieses Jahres in ungeheurer Menge aus Coregonus fera, deren { Darm zuweilen völlig von dem Parasiten erfüllt war. 4 Bei der mikroskopischen Untersuchung bestimmte ich die Tänie { "nach den vorhandenen Beschreibungen als Taenia ocellata Rud. | Vor Allem war es der fünfte scheitelständige Saugnapf, die be- _ trächtliche Länge des Körpers und das stärkekleisterähnliche Aus- sehen besonders der reifen Glieder, welches mich in der Vermuthung -bestärkte, eine Taenia ocellata Rud. vor mir zu haben, während mich andererseits die große Ähnlichkeit der Glieder mit denjenigen von Taenia filicollis frappirte. Auch der dünne, lange, sogenannte Hals stimmte vollständig mit demjenigen von Taenia filicollis überein, allein "hierin erblickte ich nichts Zweifelerregendes, da ja auch der Taenia oeellata ein langer Hals nach den älteren Diagnosen zukommen soll. - Ruporruı schreibt: »collo longiusculo, rugoso«, und Zscuorkr: »Le cou 0; est long et mince.« »Il s’Epaissit en arriere ei est ordinairement irre- | 7 gulierement stri6 et plisse. « 4 id Bei Betrachtung mit bloßem Auge oder mit schwacher Lupe er- scheint allerdings der Hals quergestreift oder in etwas kontrahirtem ' 46* => 716 Adolph Kraemer, Zustande wie gefaltet. Stellt man aber von dem vermeintlichen Hals helle Totopräparate her und untersucht diese bei 50facher Vergrößerung unter dem Mikroskop, so sieht man, dass er gar nicht lang ist, sondern ein kurzes Stück vom Scolex entfernt, Anfangs in lange, schmale, wei- ter nach hinten in viel kürzere breitere Glieder zerfällt, deren Grenzen die vermeintlichen Falten im frischen Zustande ausmachen. Dies gilt besonders für große Exemplare, während bei jüngeren der Hals oft eine größere Strecke weit ungegliedert ist, und bezieht sich sowohl auf Taenia filicollis wie auf die bisherige Taenia ocellata, welche, wie hier gleich gesagt sein mag, mit Taenia filicollis in der That iden- tisch ist. Die von Ruporpnı als Taenia ocellata aufgestellte Form ist nichts Anderes als eine völlig ausgewachsene Taenia filicollis. Bisher glaubte man, dass Taenia filicollis nur vier Saugnäpfe zukommen und hielt wohl diese Eigenschaft im Gegensatz zu Taenia ocellata, die deren fünf besitzt, als ein charakteristisches Artenmerkmal. Die meisten Beobachter, denen Taenia filicollis Rud. vorgelegen hat, haben sie, wie Ruporruı selbst, aus Gasterosteus erhalten. Es ist nun begreiflich, dass die Tänie in einem so kleinen Fisch nicht so gün- - stig ernährt ist wie im Darm größerer Fischarten. Sie kann wohl hier geschlechtsreif werden, wird aber in dem kleinen Gasterosteusdarm nicht das Maximum ihrer Körpergröße erlangen. ZscHokkeE entdeckte für Taenia filicollis den Wirth Perca fluviat. und ich fand sie in Core- gonus fera. Beide Fische sind nun aber die vorzüglichsten Wirthe der bisher als Taenia ocellata beschriebenen Tänie. Mein Material, das mir zur histologischen Untersuchung der Taenia filicollis diente, erhielt ich Mitte Juli aus Coregonus fera. Es waren etwa 20 Exemplare von verschiedener Länge (30—60 mm). Anfangs September sammelte ich die Tänie abermals aus dem gleichen Wirthe, aber in weit beträchtlicherer Zahl. Das Material, welches aus mehreren Fischen stammte, war so reichlich, dass ich bei der Durchmusterung alle Übergänge und Größen konstatiren konnte, bis zu Exemplaren von 100 mm. Ich hielt, wie ich schon bemerkte, diese für Taenia ocellata. Bei einem sorgfältig vorgenommenen Vergleich mit dem früher gesammelten und sicher als Taenia filicollis Rud. erkannten Material, konnte ich dann auch für diese einen kleinen scheitelständigen, fünften Saugnapf nachweisen, der mir anfänglich entgangen war. Nach den alten Angaben sollte Taenia filicollis nur vier Sauggruben haben, deren Stellung bei den verschiedenen Kontraktionszuständen des Scolex eine wechselnde ist. Zuweilen wollte es mich dünken, einen scheitelständi- a a a a na A a Beiträge zur Anatomie und Histologie der Gestoden der Süßwasserfische. 717 gen Saugnapf zu erblicken, aber immer war ich befangen in dem Glauben es könnte einer der vier Saugnäpfe sein, der durch einen Kontraktionszustand nach oben geschoben sei, zumal bis jetzt Niemand einen fünften Saugnapf bei Taenia filicollis gesehen hatte. Nachträg- lich ist es mir dann gelungen auch bei diesen, erst gesammelten jünge- ren Exemplaren, unzweifelhaft die Anwesenheit eines kleineren scheitelständigen fünften Saugnapfes festzustellen. Mit diesem Nachweis ist der vornehmste Unterschied zwischen den bis jetzt verschieden erachteten Taenia ocellata und Taenia fili- collis in Bezug auf den äußeren Körperbau weggefallen und die als besondere Art erachtete Taenia ocellata Rud. schon aus diesem Grunde unhaltbar geworden. Aber was noch weit wichtiger und vor Allem den Ausschlag gebend ist, ist das Ergebnis der histologischen Enter- suchung. Die vermeintliche Taenia ocellata stimmt in ihrem anato- mischen und selbst histologischen Bau vollkommen mit Taenia filicollis, wie ich sie vorher beschrieben habe, überein, so dass es überflüssig wird, hier noch einmal auf die einzelnen Organe zurückzukommen, deren Bau und Zusammenhang bereits oben zur Genüge dargethan wurde. Durch diese Thatsache, dass Taenia ocellata Rud. und Taenia fili- collis Rud. nach den Ergebnissen der anatomischen und mikroskopi- schen Untersuchung sich vollkommen in der bestehenbleibenden Art Taenia filicollis decken, während sie bisher bei makroskopischer Be- trachtung wegen verschiedener Körpergröße und sonst geringen Abh- weichungen (der Helligkeit der reifen Glieder bei der größeren Form, dem scheinbar gefalteten Hals ete.) als zwei verschiedene Arten galten, ist wiederum ein Beweis geliefert, welchen mehr oder mind@r ver- ändernden Einfluss der Aufenthalt in verschiedenen Wirthen und mit diesem oft verbundene günstigere Lebensbedingungen, auf die Para- siten im Allgemeinen hat. Diese Einflüsse können sich in speciellen Fällen so eingreifend geltend machen, dass sie zur Degeneration äuße- rer oder innerer Organe führen und nicht selten sogar zu einem völli- gen Dimorphismus einer und derselben verschiedene Wirthe bewoh- nenden Art. Ich muss die Frage zunächst offen lassen, ob die junge Taenia filicollis aus Gasterosteus durch Verzehren dieses Wirthes durch größere - Fische wie Perca, Esox, Coregonus etc. in ihre definitiven Wirthe gelangt, oder ob zwischen Gasterosteus und den definitiven Wirthen ein Zwischenwirth liegt. Es ist bekannt, dass die Raubfische den Gasterosteus seiner Stacheln wegen nicht gerade mit Vorliebe fressen, sie werden ihn aber immerhin erbeuten, wenn es ihnen an besserer 718 Adolph Kraemer, Nahrung fehlt, und Taenia filicollis kommt auf diesem Wege direkt in einen für ihre Lebensbedingungen weit günstigeren Wirth, in dem sie das Maximum ihrer Größe erlangt. Andererseits ist es denkbar, dass die junge Tänie aus einem Zwischenwirth, welcher ein kleiner Krebs oder irgend eine im Wasser lebende Insektenlarve sein könnte, ohne vorher in Gasterosteus zu gelangen, direkt in ihre größeren Wirthe wandert. | Gasterosteus ist vielleicht nur ein gelegentlicher Wirth, während die unter »Taenia ocellata Rud.« aufgeführten Fischspecies wohl die Hauptwirthe der Taenia filicollis repräsentiren. So weit es die bis jetzt gemachten Untersuchungen zulassen, kön- nen wir folgende, die Fischtänien, im Gegensatz zu den’ Tänien der Warmblüter, charakterisirende Organisationseigenthümlichkeiten fest- stellen. 1) Der Mangel eines Rostellums, anstatt dessen häufig ein den Scheitel des Scolex einnehmender, kleiner fünfter Saugnapf entwickelt ist. Das Vorhandensein eines scheitelständigen Saugnapfes ist wohl ein ursprüngliches, den niederen Formen der Tänien eigenes Verhalten. 2) Die relativ geringe Länge der Strobila, deren Glieder innig mit einander verbunden sind. Es werden keine Endglieder abgeworfen ; an der Spitze des letzten, meist konischen Gliedes der Kette mündet eine Endblase des Exkretionssystems aus, in welche sämmtliche Längs- gefäße einmünden. 3) Das Ausmünden des Exkretionsapparates vermittels feiner, sich aus einem kapillaren Gefäßplexus abzweigender Kanälchen im Hals und den jüngsten Gliedern, wie ich es für Taenia filicollis und T. torulosa nachweisen Konnte. 4) Die Ausmündung der Vagina neben und vor der männlichen Geschlechtsöffnung, im Gegensatz zu anderen Tänien, bei denen sich die Vaginalöffnung entweder unter oder hinter der Cirrusbeutelöff- nung befindet. Auch scheint es charakteristisch zu sein, dass sich die Vagina vor ihrer Einmündung in das Ootyp in eine Anzahl als Recep- taculum seminis funktionirende Schlingen legt. 5) Die Lagerung und Form der Dotterstöcke, in welcher die Fischtänien wesentlich von den Tänien der Warmblüter abweichen und sich einerseits dem Typus Tetrabothrium, Echinobothrium, Galliobo- thrium, Anthobothrium und manchen Bothriocephalen, andererseits dem zahlreicher Trematoden nähern. Basel, 20. November 1891. : Beiträge zur Anatomie und Histologie der Gestoden der Süßwasserfische. 719 Litteratur. Braun, »Die thierischen Parasiten des Menschen«. Würzburg 1883. M. Braun, »Die embryonale Entwicklung der Cestoden«. in: Bronn, Klass. u. Ordn. Bd. V u. VI. p. 486—441. Bd. V, p. 667—674, 697— 704, 727—732,'756 — 760. C. Crery, »Cestodi della Coturnix communis Bonn«. Bollettino dei Musei di Zoo- logia et Anatomia comparata della R. Universita di Torino. 1890. FEUEREISEN, »Beiträge zur Kenntnis der Tänien«. Diese Zeitschr. Bd. XVIIl. 1868. p. 162—204. Taf. X. Fraıpont, »Recherches sur l’appareil excreteur des Trematodes et des Cestodes«. Archives de Biologie. Vol. Let II. 4880 et 1881. GriEsBACH, »Bindesubstanz und Cölom der Cestoden«. Biolog. Centralblatt. Bd. III. 1884. 2 „Beiträge zur Kenntnis der Anatomie der Cestoden«. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXI. GmELIN, »Systema naturae«. Leipzig 1788—93, GözE, »Versuch einer Naturgesch. der Eingeweidewürmer thierischer Körper«. Dessau und Blankenburg 1782. Hamann, »Taenia lineata Göze«. Ein Beitrag zur Kenntnis der Bandwürmer, Diese Zeitschr. Bd. XLII, 4. Heft. 4885. - 6. Josepn, »Über das centrale Nervensystem der Bandwürmer«, Tageblatt der 59. Versammlung deutscher Naturforscher u. Ärzte. Berlin 1886. p. 372. KÜCHENMEISTER, »Über Cestoden«. Dresden 1853. - Lang, Untersuchungen zur vergl. Anat. u. Histol. des Nervensystems der Plathel- minthen«. Mitth. aus der Zool. Stat. zu Neapel. Bd. II. Leipzig 1881. - L. Lannoıs und Sommer, Über den Bau der geschlechtsreifen Glieder von Bothrioce- | phalus latus«. Diese Zeitschr. Bd. XXI. 1872. - R. LEUCKART, »Die menschlichen Parasiten«. Zweite Aufl. Leipzig 1879—1886. — F. S. LEUCKART, »Zoologische Bruchstücke«. I. Helmstedt 1820. - v. Linstow, »Compendium der Helminthologie« und Nachtrag dazu. Hannover | 1878—1889, = —— »Helminthologisches«. Archiv für Naturgesch. 1888. - —— »Beitrag zur Kenntnis der Vogeltänien« Archiv für Naturgesch. 1890. _—— »Über den Bau und die Entwicklung der Taenia longicollis Rud.«. Ein Bei- \ trag zur Kenntnis der Fischtänien. Jenaische Zeitschr. für Naturwissen- e schaft. Bd. XXV. N. F. XVII. - E. Lönngerg, » Anatomische Studien über skandinavische Cestoden«, Kongl, Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar. Bandet XXIV, No. 6. Stockholm 4894, Lille. T. III, Paris 1884, "Say, MonticeLLı, »Notizie su di alcune specie di Taenia«. Bollettino della Societä di Naturalisti in Napoli. Serie I. Vol. V. Anno V. Fasc. II. 4894. ” ©, F. Mürter, »Zoologia danica«, Hafniae 1788—1806, g 3 & = a: 720 Adolph Kraemer, G. Nıenıc, »Untersuchungen über das Nervensystem der Cestoden«. Arbeiten a. d. zool. Inst. der Univ. Wien. Bd. VII, A. Heft. p. 1—60. Taf. Iu. II. Wien 1888. Pıntner, »Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers« Arbeiten a. d. zool. Inst. der Univ. Wien. Bd. Ill. Wien 1880. —— »Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers«. Ibid. Bd. XII. Wien 4889. —— »Neue Beiträge zur Kenntnis des Bandwurmkörpers«. Ibid. Bd. XIII. Wien 48. —— »Zu den Beobachtungen des Wassergefäßsystems der Bandwürmer«. Ibidem. Bd. IV, A. Heft. G. P. Pıana, »Di una nuova specie di Tenia del gallo domestico (Taenia botriopli- tis)«. Memorie dell’ Academia delle Scienze dell’ Instituto die Bologna. Serie’, II. PAGENSTECHER, »Zur Kenntnis der Cestoden«. Diese Zeitschr, Bd. XVII. »Beiträge zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Tänien. Diese Zeitschr. Bd. IX. 4858. p. 523—528. Taf. XXI. Rıram, » Studien an CGestoden«. Inaugural-Dissertation. F. Scauipt, » Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung der Geschlechtsorgane einiger Cestoden«. Diese Zeitschr. Bd. XLVI. 4888, SCHIEFFERDECKER, »Beiträge zur Kenntnis des feineren Baues der Tänien«. Jenaische Zeitschr. für Naturwissensch. Bd. VIII. 4874. v. SırgoLv, »Über die Band- und Blasenwürmer«. Leipzig 1854. F. Sommer, »Über den Bau und die Entwicklung der Geschlechtsorgane von Taenia mediocanellata und T. solium«, Diese Zeitschr. Bd. XXIV. 1874, STEUDENER, »Untersuchungen über den feineren Bau der Cestoden«. Abhandl. der naturf. Gesellschaft zu Halle. Bd. XXIII. 1877. STIEDA, »Ein Beitrag zur Kenntnis der Tänien«. Archiv f. Naturgesch. Bd. XXVIIl. ZEDER, Erster Nachtrag zur Naturgeschichte der Eingeweidewürmer von GözeE«, ZOLTAN v. RoBoz, »Beitr. zur Kenntnis der Cestoden«. Diese Zeitschr. Bd. XXXVII. ZSCHOKKE, »Recherches sur l’organisation et la distribution des vers parasites des poissons d’eau douce«. Arch. de Biologie. 1884. —— »Recherches sur la structure anatomique et histologique des Cestodes«. Gene&ve 1888. —— »Taenia argentina«. Ein Beitrag zur Kenntnis der Vogeltänien. Centralblatt f. Bakteriologie u. Parasitenkunde. 2. Jahrg. 1888. Bd.1. —— »Studien über den anatom. und histolog. Bau der Cestoden«. Ceniralblatt f. Bakteriologie und Parasitenkunde. Nr. 6 u. 7. 1887. —— »Die Parasiten unserer Süßwasserfische«. Abhandlung in: ZacHARrIss, Das Thier- und Pflanzenleben des Süßwassers. Leipzig 1894. ET NE ENT IE. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süßwasserfische, 721 Erklärung der Abbildungen. Für alle Figuren bedeuten: om, männliche Geschlechtsöffnung; of, weibliche Geschlechtsöffnung; sg, Sinus genitalis; p, Penis (Cirrus); cd, Cirrusbeutel; v, Vagina; vs, Samenblase; rs, Re- ceptaculum seminis; vd, Vas deferens; ve, Vasa efferentia; 2, Hoden; ov, Keimstöcke (Ovarien); 00, Ootyp; kg, Keimgang ; sch, Schalendrüse; dst, Dotterstöcke ; dg, Dotter- gänge; ovd, Oviduct; u, Uterus; C, Gehirn; N, Nervenstämme; lg, Längsgefäße; ral, Ringanastomose der Längsgefäße; cpn, Exkretionskapillarnetz; ca, Ausmün- dungen desselben ; vt, Endblase (Vesica terminalis); cu, Cuticula; py, Parenchym. Die Figuren wurden ohne Camera gezeichnet, die Vergrößerungen ent- sprechen den verschiedenen Kombinationen der Oculare 2, 3, 4, 5 und der Objek- tive A,C, E von Zeıss. Tafel XXVIL Fig. —14. Cyathocephalus truncatus Kessler, Fig. A. Querschnitt durch den Trichter (Scolex). th, Trichterhöhle;, k, Kalk- körper. En Fig. 2. Dessgleichen, gegen das Ende des Trichters geführt. Fig. 3. Horizontaler Flächenschnitt durch die Glieder, die anastomosirenden Längsstämme des Exkretionsapparates zeigend. Zwei der tiefer liegenden kleine- ren Gefäße sind auf dem Schnitte nicht zu sehen. Fig. 4. Dessgleichen, Endapparat des Gefäßsystems. Fig. 5. Halbschematischer Längsschnitt durch den Scolex. Fig. 6. Cirrusbeutel und Cirrus nach einem Querschnitt durch den Körper. Fig. 7. Vagina und Uterusöffnung nach einem Querschnitt durch den Körper. vb, Vaginalbeutel. Fig. 8. Hoden in Spermatogenese. Fig. 9. Reifes Uterusei. Fig. 10. Dessgleichen mit aufgeklapptem Deckel. Fig. 44. Junges Ei aus dem Ootyp. Fig. 12. Mehrzelliger Dotterfollikel. Fig. 43. Querschnitt, den männlichen Geschlechtsapparat demonstrirend. Fig. 44. Dessgleichen, der weibliche Geschlechtsapparat. Fig. 155—20. Taenia filicollis Rud. Fig. 45. Querschnitt durch den Scolex. Fig. 16. Dessgleichen, unterhalb der Saugnäpfe. Ringanastomose und Gefäß- kapillarnetz mit seitlichen Ausmündungen. Fig, 47. Querschnitt durch den Hals. Fig. 48. Horizontaler Flächenschnitt. Ein Gesammtbild der Organisation. rm und Im, Ring- und Längsmuskeln des Hautmuskelschlauches;, ilm, innere Längs- muskeln ; zm, submuskulare Zellschicht. Fig. 49. Cirrusbeutel und Vagina isolirt, nach einem Flächenschnitt. sph, Sphincter der Vagina; dr, Drüsen derselben; f, fernrohrartiger Abschnitt des Cirrus. Fig, 20. Schalendrüse und Ootyp auf einem Flächenschnitt. ie 7223 Adolph Kraemer, Beiträge zur Anat. und Histol. der Cestoden der Süßwasserfische, Tafel XXVIII. Fig. 21—32. Taenia filicollis. Fig. 241. Querschnitt. ölm, innere Längsmuskeln ; dum, dorsoventrale Muskeln. Fig. 22. Schluckapparat, sein Zusammenhang mit dem Keimgang und dem Ootyp. sap, Schluckapparat; ep, Epithel des Keimganges. Fig. 23. Ausmündung der Längsgefäße im Endgliede. Fig. 24. Ein Stück der Cuticula mit den unter ihr liegenden Gewebsschichten, auf einem Flächenschnitt der Proglottis, stark vergrößert. cu, Cuticula mit den Porenkanälchen; cu2, jüngere Cuticularschicht; Ci, Cutis; rm, quergetroffene Fasern der Ringmuskeln des Hautmuskelschlauches; /m, Längsmuskeln desselben ; zm, sub- muskulare Zellschicht. | Fig. 25. Querschnitt durch das Vaginalrohr. dr, Drüsen ; rm, Ringmuskulatur; im Lumen das mit Wimpern versehene innere Epithel. Fig. 26. Querschnitt durch den Cirrusbeutel und Cirrus. Fig. 27. Junge Eier aus dem Keimstock mit Kern und Nebenkern. Fig. 28. Jüngeres Uterusei mit Dotterzellen (dz). Fig. 29. Reifes Uterusei mit doppelter Schale und reichlichem Dobter. Fig. 30 a—b. Zwei Hoden in Spermatogenese. Fig. 31. Parenchymzellen in ihrem Zusammenhang. Fig. 32. Proglottidenkette, die von vorn nach hinten in ihrer Gestältändern- den Glieder zeigend. Fig. 33—38. Taenia torulosa Batsch. nd Fig. 33. Zwei Glieder in einem- horizontalen Flächenschnitt. Das vordere die Gesammtorganisation, das hintere den Üterus demonstrirend. ilm, innere Längs- muskeln; rm und Im, Ring- und Längsmuskeln des Hautmuskelschlauches. Fig. 34. Querschnitt dicht unter den Saugnäpfen, mit dem Kapillargeflecht des Gefäßsystems. Fig. 35. Querschnitt durch den hinteren Halstheil. B,undifferenzirtes Blastem. Fig. 36. Endglied im Flächenschnitt mit Endblase und den vier einmünden- den Längsgefäßen. Fig. 37. Querschnitt durch den Cirrusbeutel und Cirrus. Fig. 38. Querschnitt durch den Scolex. Fig. 39—42. Taenia filicollis. Fig. 39. Querschnitt durch Cirrusbeutel und Vagina in ihrer gegenseitigen Lage nächst der Ausmündung. 7, Cirrusbeutel; 2, Vaginalguerschnitt; dr, Drüsen der Vagina; sph, Sphincter vaginae. Fig. 40. Scolex von Taenia filicollis im erwachsenen Zustande, mit scheitel- ständigem fünftem Saugnapf. : Fig. 44. Querschnitt der Proglottis in der Gegend des Keimstockes. sap, Schluckapparat. Der Keimgang ist schematisch in den Querschnitt eingezeichnet. Fig. 42. Reife Proglottis im Flächenschnitt mit dem Uterus, der sekundären Uterusöffnung, sowie den rückgebildeten männlichen und weiblichen Leitungs- wegen. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. Be) 5 SER Verl Em Engelmann) leip2in. r \ Un u Pa» Zeitschrift £ wiss. Zoologie. Bad. Lil. 22453, -/H 29. Verlag vhhlk. Engelmann, Lenz a r ; ee LI. Fiss. Zoologie. Ba. . | >» ® ae a ol) I ra N reitschrift F wiss. Zoologie. Bel. LI. 00. 39: ne Le EEE Zeitschrift Ewiss. Zoologie. Bd. LIH. Ey Verlag wWAlh Engelmann, beupzeg FREIES FRFSER I % = N Zeitschrift E wiss. Zoologie. Bd. LH. 10 4 hrift Enviss.Zool. BaLLII. Fig. 10 E HDriesch del. er he ie u 72 an Zu ZZ EL > nn mg ae _ Yeitschrill Fnviss.Zool, Ba.IIM. Alan Mi = \erlagv Wilh Engehnanm on 1 apzign ha vRkrahe lang Zeitschrift I. wiss. Zoologie Bd. LI. E che = Varianz Mir Engelmann, Lapztg e; rilschrift F wiss. Zoologie. Bd. LIN. | 27 AG a ES N TTS N Prrans® —— 7, ZITEH N \ N ge Saas. Zeitschrift Kwiss. Zoologıe. BaLIT: Sean FE ee) E3 5 SurEHsgT EN “ 15 Ze Tr Zeitschrift Kıwiss. Zoologte. Ba. Jill. 03° ol" Rı 65° 1 > > 8% x wi ’z DIZ 67" ner en — u | 084 rss an! AuTu unnannhant NS £ "> = = z = = 4 ei z 7. a EIFEL SE Zeitschrift £ wiss. Zoologie. Bd. LH. Taf X. | [TELITELTTET TE N n > Magna K Br 3 an ALLLLITTTFFRR Mn) ", N 18 4 LU. Zoologie. Bd. "Zeitschrift [wiss ES HS | J GE { EN 2 Et EN ) IDG AIR S S Krane, N \ = « # nr J Ss REES RR | S } ee N u \ \ j ne : EEE ne | Verlag w Milk Engelmars, ZeR2g. = — Pe u De ale > F u. ).oEs0 7 \ 15200 O8 8 he See TE PET en ee Zeitschrift I. wıss. Zoologie. Bd. LH. whklk Engelmann, Leinzig, * n | / cu EEE ; i 3 Be nn En en ee SP DEI BEE- IE I ESISS INDOOR ERDE ODE DSDS EI ONE TED E f i VarlnavlMril Du ÜDLUDISEN EUTEET KEEIEI ur TEN aEFEE TIGE Kate (or un IEH EP EBREITITRLKLÖFTFTLTLKTFIU TU ERIERRPRIFRL ERLERNT OFT | Zeüschrift Fmıss.Z. oologte. Bd. LI. er Oro Bürzer Mm, (murt® 1, N T Fran zer a Warte; Ü ? 52 4, ÄNSb-V. He Di zig. ein 2 AR SZ —_ ge Zoologie. Ba LH WISS. e- 3 M Frarkfurt en r PrLARZ Taf. XV. u} E & & 9 DON NY ; © ass O2 EN 5® & W ISDN JE x ® ver JLEl Ma v£el IX ER Tnck „ARSL IA ® 5,8 2 S N El, — VEBESENCIOEOIEE ITS ( lo, a , Zeitschrift 1 wiss. Zoologie Bd. LH. &M.' Kfürt er Fran Vert Jth.Anst. vw Werner &l Zoologie Ba. Li. Zeitschrift I. wiss. > ur SED ms ur u u ME wu «mE ame nn un a 277 Verlag EHAIh Ergelmarr, Zeig. = 18. endki } 1 | j “ 1er & Wintey Frankfurt@M. "Heymons de ET $ de - bith.Anst.v Wer © Zeitschill EmissZ4 | A NR Fig. Fig. 3. | Bi ... 2 D. Schlarap del Lith.Anst.vE.A.Tunke ‚Leipzig. a Jaitschill Kris. Zool BDA Verla Willi Engelmann Leapaur Am ame 0 Zum an men Äh u > ha ae Wan bene ’ } | # = | L 2 2 — | 3 MER. Sr AUBERERBDEBB> DIRT DISSENIL IE IE Zeitsehnift Kiss. Zoologie. Bd. Lil: i Arno Kirn. Prunhfirt "Hl el IK un JithAnstv.B.A.R Verlag.v.Wilh.Kingelmann in Leipzig. Taf oa 71. Zeitschrift f. n Pay AS 7) 9 ee)", sp ER Y NE Ni A.Korotneff del. Zeitschrift Swiss. Zoologte. Bad. LI. f . Pa new 2. MxS. Fig.25. Pieris brassicae a u / en HE } FR brassicae | Jmago. gps / DET } / ev ire* W/l Rwiss. Zool. BAU k 1 % Fig.o Stenophylas concenlricus. Figel. et = = EZ = — Fig. 15% H.ereminea, ‚Puppe. T $ Jmago. AH; Darin, © Is Ih, Fig.2. Blatta germanica, c ne _ ——— Fig.9. Hepialus syloinus.) Yu „ 1 h Fig.6. Mappenschacn, Be ZA Er \ Fig.lO. Cossus Ligniperda._ Fig.25. Pieris brassicae \ EZ Puppe. _ 5 Pig. 16. Dasychira pudibunda, \ N 3 NIIT \ Fig7. Malona. x Papilio Machaon, Puıppe.__— —— = > 2 = 7 Fig.Hl. Zeuzera aesculi. 7, = — =. Fig. 19. Vanessa ‚Jo, ? , 1, Vanessa Jo, Untapıa, Puppe. DE x Fig.18. Ve iq’, Philopotamus ” scopulorum. ppe. ig 5 Mames e 1915 M ee BR Fig. 12. De onzeicae, JZ Is uppe. . 9 » Wilh.Engelmann Teipai Fig.20. Bartas chlorana, Fig.22. Smerinthus ovellata, Fig.2/1. Pieris rapae, {ef Pu u Puppe, eg u er Se —— FErT} „ Fa Ex IE Neilschnilt iı miiss,Zool. BAM. Fig. 1. Schema des Vorder- / Trgelgea ders Fig, 3. Moditieiertes Schema des © Hinterflügelgeäders tell Tıg I. Tmea parasi — HH Fig.5 Blabophanes rusticella Spider del 27, | Fig.2, ‚Schema.des Ninterflügels reäders Fig; 8.Depressaric Aturella VfL. —— Fig.9. Teleia dodecela Wfl. a — 1 z, Fig.12. Anarsia sparliella Pleuroter rostrella Hil, Seen Fig. 14. Chauliodus chaerophylellus we 7. Cerostoma racdiatellam \N Fig.IO. Parasice neuropterella VfL. un Et £) A Fig. 21. Graeil. svringelle, Pappe 2 —— \ S >= mn Fig 27 Corischum cuculipenellam, ), Coleop Lora Limosipe tella HIT. Cemiostomea. sparlilsliella. RE 2 z Cemiost. spartifoliella, Tracheenverlauf' art r Se —— 2 u _ > £ HL. 4 Arme ep 119.18. Douglasia ocnerostomella m Do ? — TA Fig.36. Oenophila v-flavum ES e Fig: 28. Ornix betulae Zig.21. Coleophora aucelle VfL, Ir se = 2 B > N — nr, == er } Trscheria ersten Figy.30. | - "27 Figell,Noptieula plagieolella Fig210. Neptic. argvropeza VFl, Ag. 3ILi in ocellelis erwmerellev AT, ee. nn ——— SV ————— (GR SM LLENEN I 7 DA» 3) = nt = =! R iss Zool Bil.IM — » LEN E Verlags Wi Engelmann. Leni ei itschrüft Fwiss.Zool. Ba OO TRLXKVI, Iıth Anst v BA Pumke Leipzig Jeitschrilt Knviss.Zool. BaLII, 9 Verlage WIhEngelnanmin Leipzig. 4 du Ayıder. Photogravure u Dru ck HRiffarth k (.Berlin 7 Tr Engelmann LEeIDZLA Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universitätzu Würzburg Professor a. d. Universitätzu Göttingen. Dreiundfünfzigster Band Supplement. Mit A. v. Kölliker’s Bildniss in Heliogravüre, 14 Tafeln und 17 Figuren im Text. LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1892, FESTSCHRIFT zur Feier des fünfzigjährigen Doktorjubiläums am 26. März 1892 Herrn PROFESSOR ALBERT von KÖLLIKER ech die Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie dargebracht Schülern und Verehrern. Inhalt. Ausgegeben am 3. Mai 1592. Seite Die Entwicklung der Wirbelsäule von Triton taeniatus. Erste Abhandlung | über die Entwicklung der Wirbelsäule. Von C. Hasse. (Mit Taf. I-IIH.) 1 Über eine abnorme Cucumaria plane. Von H. Ludwig. (Mit Taf. IV.).. 21 ‚Synapticola teres n. g., n. sp., ein parasitischer Copepode aus Synapta Kefer- Bel VonsW.iVoiet. (Mit Taf. V.).... 20 2er 31 j Die Phylogenie der Beutelknochen. Eine entwicklungsgeschichtlich-vergleichend anatomische Studie. Von R. Wiedersheim. (Mit Taf. VIu. VIL) . 43 Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes, insbesondere der Quer- streifung desselben als Wirkung der Thätigkeit betrachtet. Von G.H. Bremer. (Mit 13 Holzsehnitten.) . > ...... 2 0... 2 Saar 67 1 ntersuchungen über das Pankreas, Von ı. Eberth und K. Müller. NV ITE 112 ‚Versuch der Ableitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. Von PB Erschtı (Mit-Tar PX u.4 Texthiguren) .-. ........ 02.02 136 Das Dotterorgan der Wirbelthiere. Von H. Virchow. (Mit Taf. X)... . 161 De ee er eg 207 Die Entwicklung der Wirbelsäule von Triton taeniatus. Erste Abhandlung über die Entwicklung der Wirbelsäule. | Von C. Hasse. (Aus der anatomischen Anstalt zu Breslau.) Mit Tafel I—III. Die Wirbelsäule der geschwänzten Amphibien und ganz besonders - des Wassersalamanders zum Gegenstande eingehender Betrachtung zu - machen, rechtfertigt sich nicht allein durch die Jubelfeier Köruıer’s, - weleher neben seinen großen und unvergesslichen Verdiensten auf an- deren Gebieten der vergleichenden, der mikroskopischen Anatomie -_ und der Entwicklungsgeschichte auch auf diesem Felde als Erster sich - Lorbeeren gesammelt hat, sondern auch darum, weil trotz der For- - schungen Köruier’s, GEGENBAuR’s und einer ganzen Anzahl anderer, > ausgezeichneter Forscher eine Übereinstimmung in den Anschauungen - und in der Deutung der einzelnen Erscheinungen eben so wenig erzielt ist, wie ein allgemein anerkanntes Zurückführen der die Wirbelsäule zu- _ sammensetzenden und sich bildenden Bestandtheile auf die bei anderen > Thieren und Thierabtheilungen auftretenden. Die Geschichte des hier - abzuhandelnden Themas wird dies, glaube ich, auf das Klarste zeigen. | Ich will zunächst die thatsächlichen Befunde in der geschichtlichen Reihenfolge aufzählen und dann dazu übergehen, die Ansichten über die Deutung derselben darzulegen, wobei ich mich allerdings nicht auf den Wassersalamander allein beschränken kann. Die Forscher sind = darüber einig, dass die Verkältnisse im Bau und in der Entwicklung = der Wirbelsäule bei den geschwänzten Amphibien im Wesentlichen die gleichen sind, und da mit Rücksicht auf die höheren Thierabtheilun- gen auch die ungeschwänzten Amphibien von besonderer Wichtigkeit, so können die Verhältnisse dieser nicht unberücksichtigt bleiben. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. Suppl. A 5) C. Hasse, KÖLLIKER ist meines Wissens der Erste, welcher in seiner Arbeit: »Über die Beziehungen der Chorda dorsalis zur Bildung der Wirbel der Selachier und einiger anderer Fische«! ausdrücklich des Baues der Wirbel von Triton und der Entstehung derselben erwähnt. Er hebt hervor, dass der Bau und die Entstehung der bei Siredon piseiformis gleiche. Jeder Wirbel hat hinten eine tiefe konische Facette, welche wie bei Siredon einen schönen Zapfen hyalinen Knorpels enthält. Derselbe verkalkt an der Oberfläche und enthält im Inneren einen Chordastrang, der eine zarte, homogene Hülle wie bei Siredon und schöne, kernhaltige Zellen zeigt. Dieser Knorpelzapfen mit der Chorda reicht bis an das solide, gelenkkopfartig abgerundete, vordere Ende des nächststehenden Wirbels und hängt mit diesem, das an der Grenze des Knorpels eine dicke Lage von Knorpelknochen hat, innig zusammen, so dass beim Trennen zweier Wirbel immer die Hauptmasse des Knorpels am hin- teren Wirbel sitzen bleibt und fast wie ein halbkugeliger Gelenkknorpel erscheint. Da nach KörLıker die Entstehung die gleiche wie bei Sire- don, so nimmt er an, dass dieser Knorpel, der Intervertebralknorpel, bei Triton sich nicht aus der Chorda, sondern aus der skeletogenen, um die Chorda und ihre Hülle gelagerten Zellmasse bildet. Die Hülle der Chorda entsteht aus dieser, und zwar aus dem Zelllager der Oberfläche, ist aber nicht als eine einfache Cuticularmembran anzusehen, nicht der CGuticula chordae oder der Elastica interna der anderen Thiere homo- log, sondern gleich dieser und der darauf folgenden Faserlage anderer Thiere. Die knorpligen Lagen entstehen wie der Intervertebralknorpel selbständig innerhalb des skeletogenen Gewebes, außerhalb der eigent- lichen Chordascheide. GEGENBAUR 2? ist der Nächste, welcher in seiner bekannten Mono- graphie genaue Angaben über den Bau und die Entwicklung der Wirbel des Wassersalamanders macht. Seine Angaben stimmen im Wesent- lichen mit denen Köruıker’s überein, übertreffen dieselben aber an Genauigkeit. Die jüngsten von ihm untersuchten Stadien zeigten die Rücken- saite unverändert durch den ganzen Körper hindurchgehend. Dieselbe wird von einer Scheide umgeben, an welcher zwei Lagen zu unter- scheiden sind. Die äußere ist eine ausnehmend feine, homogene Mem- bran, die bei der Isolirung sich in viele Falten legt. Sie umfasst die | um das Sechsfache diekere, innere Lamelie. Um diese Chordascheide findet sich eine Schicht junger Zellen, die dicht an einander gedrängt ! Verhandlungen der Würzburger med.-phys. Gesellschaft. Bd. X. 1860. ? Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbelsäule bei Amphi- bien und Reptilien. Leipzig 1862. Die Entwicklung der Wirbelsäule von Triton taeniatus. 3 fast wie eine Epithellage sich ausnimmt. Es geht diese Schicht kon- _ tinuirlich in eine aus quergestellten, spindelförmigen Zellen zusammen- - gesetzte, den Rückgratkanal umschließende Membran über. In dieser ' entwickeln sich unmittelbar auf der Chorda in Gestalt von Verdickun- - gen Knorpelspangen, die Anlage der Bogen. Gleichzeitig verdickt sich - die Zellmasse zwischen je zwei Bogenstücken zu einem ringförmig um die - Rückensaite herumgehenden Wulst, dem Intervertebralknorpel, in des- - sen Bereich die Rückensaite stärker entwickelt ist, während sie an den ; Bogenbasen eingeschnürt erscheint. Dann beginnt die Verkalkung unter = den Bogenbasen zwischen den Ringwülsten des Intervertebralknorpels 7 in einer homogenen, von der skelettbildenden Schicht um die Chorda- - scheide gebildeten Masse. Diese bildet die Grundlage des eigentlichen 7 bikonkaven Wirbelkörpers. Sie ist zellenlos und zwischen ihr und der - Chordascheide bildet sich der Intervertebralknorpel aus, während sich - auf ihr die aus den Bindegewebszellen der skeletogenen Schicht ent- stehenden Knochenlamellen ablagern, wie sich solche auch auf den - Bogen entwickeln. Wie es bereits KörLızr beschrieb, verkalkt auch - der vordere Theil des Intervertebralknorpels. Gleichzeitig bildet sich in - der Chorda Knorpel, welcher von der Peripherie gegen die Mitte vor- 1 wächst, bis schließlich die Mitte des Wirbelkörpers durchaus von Knor- — pel eingenommen wird. | Von den Angaben Carrıer’s! in seinen »Beiträgen zur Entwick- 4 lungsgeschichte der Wirbelsäule« wäre nur hervorzuheben, dass er ebenfalls die Chordascheide der Amphibien aus zwei Schichten be- 4 stehen lässt, ohne anzugeben, welche die stärkere ist. Seinen Abbil- dungen nach zu schließen scheint er die innere als die zartere zu be- — trachten. Viel eingehendere Beobachtungen verdanken wir GortrE?, welcher, wenn er auch vorzugsweise schwanzlose Amphibien untersuchte, doch - ausdrücklich hervorhebt, dass seine Untersuchungen an Salamandern und Tritonen ihn zu demselben Resultat geführt haben. Es ist nicht ganz leicht, sich in seinen Auseinandersetzungen zurecht zu finden, ich glaube aber nicht fehl zu greifen und die Aussprüche des geehrten -Forschers nicht falsch zu deuten, wenn ich folgende Darstellung über - die Entwicklung und über den Bau der Wirbelsäule auch des Triton, als das Wesentliche seiner Forschungen auf diesem Gebiete enthaltend, bringe. Ich stütze mich dabei gleichzeitig auf seine Abbildungen. : An der Oberfläche der vacuolisirten Chorda bildet sich aus dem dort befindlichen Dottermaterial eine homogene, an Dicke und Kon- _ .1.Diese Zeitschrift. Bd. XXV. 1875. 2 Die Entwicklungsgeschichte der Unke (Bombinator igneus). Leipzig 1875. 1% 4 C. Hasse, sistenz zunehmende Schicht, die später scharfe Querstreifen enthält. Diese nennt er die innere Scheide der Wirbelsaite, und er setzt sie gleich der Elastica interna, oder der Cuticula chordae der Autoren. Gleichzeitig bildet sich um die innere Chordascheide eine Zellschicht, die äußere Chordascheide, deren Zellen netzförmig zusammenhängen “und sich immer mehr abplatten und schließlich zu einer zusammen- hängenden Schicht verschmelzen. Zwischen diesen beiden Chorda- scheiden erkennt man zu der Zeit, wo dieselben eine gewisse Mächtig- keit erlangt haben, eine äußerst dünne, scheinbar homogene Membran, welche GortTE jedoch nicht zu isoliren vermochte, und welche er nicht besonders benennt. Er betrachtet sie als ein Bildungsprodukt der äuße- ren Chordascheide. Weiterhin beschreibt Gorrrz Bildungszellen, welche an der Seite des Rückenmarkes, zwischen den Segmentalganglien ge- lagert, haufenweise auf der äußeren Chordascheide liegen, derselben ansitzen. Das sind die Anlagen der Bogen, welche sich in Knorpel um- wandeln. Sie wachsen zu schlanken Spangen aus und entsprechen der Grenze zweier Muskelplatten und verknöchern später an der Ober- fläche. Mit der Ausbildung der Bogen gehen gleichzeitig Veränderungen in der äußeren Chordascheide vor sich. Dieselbe wuchert zwischen den Bogenbasen, also intervertebral. Diese Wucherung nennt er Interver- tebralwülste. Dieselben verknorpeln in ihrem Inneren und verknöchern an der Oberfläche. Ferner verknöchern, wenn ich GoETTE recht verstehe, die unter den Bogenbasen befindlichen Abschnitte der äußeren Chorda- scheide und bilden mit den verknöcherten, oberflächlichen Theilen der Intervertebralwülste den knöchernen Doppelkegel. Der knorplige Theil der Intervertebralwülste liegt dann zwischen diesem und der inneren Chordascheide. Dazu tritt dann noch eine Verknorpelung der Chorda selber, welche aber nach GorTte nicht allein an der Peripherie, sondern auch im Inneren der Rückensaite auftreten kann. Weitere Angaben über den Bau und die Entwicklung der Wirbel- säule von Triton sind mir nicht bekannt, wenn ich von den Unter- suchungen über die Entstehung und den Bau der Chorda absehe. Wird dieselbe geschildert, so handelt es sich nur um die Wiedergabe der allgemein festgestellten Grundzüge, wie bei Batrour 1, bei WIEDERS- HEIM? u. A. Ich wende mich daher jetzt zu der Deutung, welche die Befunde erfahren haben. | Köuuiker ? giebt im Allgemeinen an, dass die Amphibien mit den Vögeln und Säugern zu denjenigen Thieren gehören, deren Wirbelkörper 1 A treatise of comparative embryology. London 4884. ? Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. Jena 1883. Bl. ic, Die Entwicklung der Wirbelsäule von Triton taeniatus. 5 einzig und allein aus der äußeren skelettbildenden Schicht entstehen, GEGENBAUR ! knüpft dagegen allgemeine Betrachtungen an die einzelnen - Bestandtheile der Wirbel. Er sagt in seiner ersten Abhandlung, dass - die Struktur der Wirbelsäule der Amphibien ein wahres Mittelglied ' zwischen den Wirbeln der niederen und höheren Vertebraten bilde. > Während er die innere Schicht der cuticularen Hülle der Rückensaite - als eine den Amphibien allein eigenthümliche ansieht, welche bei den 4 Amnioten wieder verschwindet, betrachtet er die äußere als das eigent- liche Homologon der Elastica interna, der Cuticula chordae der Se- = lachier, Ganoiden und Chimären. Er sagt, den Amphibien fehle sowohl eine Elastica externa als eine mittlere, zellenhaltige Ghordascheide, welche zwischen den beiden Elasticae liegt. Wolle man bei den Am- 4 phibien eine der mittleren Chordascheide der Selachier und Chimären - entsprechende Gewebspartie annehmen, so könne dies nur eine histo- - logisch gleichartige sein, und als solche wäre nur die Knorpellage zu - erachten, welche sich als Intervertebralknorpel um die Chorda entwickelt _ und nicht selten durch eine fast wie eine homogene Lamelle sich dar- - stellende, zellenlose Grenzschicht gegen den Faserknochen hin abge- setzt ist, so dass man, wenn die Sonderung vollständiger wäre, an eine - Elastica externa denken könnte. Er giebt diesen Gedanken aber als- - bald wieder auf, denn nachdem er hervorgehoben, dass durch die Faser- knochenbildung sich die Wirbelsäule der Amphibien der Wirbelsäule 3 der Knochenfische nähere, sagt er, dass allen Amphibien mit dem Auf- treten des Intervertebralknorpels ein eigenthümliches Unterscheidungs- - merkmal gegenüber den Fischen gegeben sei. Zugleich wäre mit dieser - neuen Bildung eine für die ganze künftige Gestaltung des Wirbelkör- — pers maßgebende Einrichtung zu Stande gekommen, indem von jetzt - an bei den höheren Thieren der intervertebrale Theil der Wirbel, die Peripherie der Wirbelkörper, stärker wuchere und die Chorda ver- - dränge, als der mit den Bogenbasen in Verbindung stehende, centrale Theil derselben (intervertebrale Einschnürung der Rückensaite, gegen- - über der vertebralen bei den stundenglasförmigen Wirbeln der Fische). - Dadurch, dass sich bei den schwanzlosen Amphibien eine Verbindung = des intervertebralen Knorpels mit dem Bogenknorpel und damit eine zusammenhängende Knorpelschicht um die Chorda nachweisen lasse, ‚sei dann ein wesentlicher Unterschied gegenüber den Selachiern ge- - geben. _ Den Gedanken des Zusammenhanges des Intervertebralknorpels mit dem Bogenknorpel spinnt dann Geerxsaur? in seiner Arbeit: »Über die 171’ 6; 2 Jenaische Zeitschrift f. Medicin u. Naturwissenschaften. Bd. III. Jena 1867. 6 6. Hasse, Entwicklung der Wirbelsäule des Lepidosteus mit vergleichend anato- mischen Bemerkungen« weiter aus. Er verwirft darin die Möglichkeit des stammesgeschichtlichen Zusammenhanges des Intervertebralknor- pels mit der zwischen der Elastica interna und externa gelegenen Wir- belkörperschicht bei den Fischen. Er nimmt an, dass diese mit den bei- den Cuticularmembranen von der Chorda gebildet worden sei, und sagt, der Zwischenwirbelknorpel sei ursprünglich mit dem Bogenknorpel eins gewesen, wie sich das bei den Amnioten und den schwanzlosen Amphibien zeigt, und es sei ein Reduktionsvorgang, wenn sich Bogen und Intervertebralknorpel, wie bei den Urodelen, selbständig entwickelten. Einen anderen Standpunkt nimmt Gorrtz in seinen verschiedenen Arbeiten! ein. Er verwirft den von GEGENBAUR zuletzt angenommenen Zusammenhang der Bogen mit den Intervertebralwülsten und behauptet, was GEGENBAUR in seiner ersten Arbeit als möglich hinstellt, dass die Intervertebralwülste, nach ihm aber überhaupt die ganze äußere Chorda- scheide, aus welcher sie hervorgegangen sind, der äußeren Chorda- scheide der Dipnoer und Selachier, welche zwischen den beiden Elasticae liegt und der gleichen Schicht der Teleostier und Knochenganoiden homolog sei. Der Unterschied zwischen den Amphibien und diesen Thieren, namentlich den Selachiern, muss dann darin bestehen, dass bei diesen Thieren die äußere Chordascheide vertebral wuchert, bei den Amphibien dagegen intervertebral sich entwickelt, und dass von den schwanzlosen Amphibien angefangen bis zu den Säugethieren all- mählich wieder eine vertebrale Wucherung der äußeren Chordascheide mit dem Aufhören der frühzeitigen Verknöcherung derselben tritt. Nur bei den Cyelostomen und den Stören fehlt nach ihm die äußere Chorda- scheide, welche durch eine ungemein verdickte Elastica interna er- setzt wird. Ich kann nun nicht weiter gehen, ohne zunächst eines merkwür- digen und überaus wichtigen Fundes zu gedenken, welchen mein ver- storbener Freund A. Scuneiver ? machte. Derselbe zeigte an Embryo- nen von Acanthias von 13—20 mm Länge, dass die Elastica externa unmittelbar auf der Cuticula chordae oder der Elastica interna liegt, und dass zwischen diesen beiden Membranen allmählich Zellen auftre- ten, und zwar zuerst an der ventralen Seite der Chorda, Zellen, von denen ScHNnEIDer vermuthet, dass dieselben eingewandert seien. Diese Zellen bilden dann die bei den Elasmobranchiern besonders stark ent- 11. c. Ferner: Beiträge zur vergleichenden Morphologie des Skelettsystems. - Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. XV u. XVI. 1878 u. 1879. ? Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Wirbelthiere. Berlin 4879. Die Entwicklung der Wirbelsäule von Triton taeniatus. 7 - wickelte Schicht, welche zwischen den beiden Elasticae liegt. Die Bo- - gen sitzen nach ihm der Elastica externa unmittelbar auf. Batrour, welcher früher! der Annahme Geernsaur’s huldigte, dass die Elastica externa an der Außenseite der um die interna gelegenen 4 Zellschicht sich bildet, schließt sich in seinem späteren Werke? den An- - schauungen Scunzıper’s vollkommen an. Wenn nun auch Rerzıus, welcher in demselben Jahre seine Arbeit: »Einige Beiträge zur Histiologie und Histochemie der Chorda dorsalis«?® - veröffentlichte, die Scnnziver’sche Entdeckung nicht erwähnt, so kommt er doch bei seinen Untersuchungen zu demselben Resultat, indem er die bei frühen Embryonen auf der Cuticula chordae liegende, schön ausgebildete, elastische Membran als Elastica externa ansieht. Freilich vermag er eben so wenig, wie ScHNEIDER und BAaLrour, den Nachweis zu führen, in welcher Weise Zellen zwischen ihr und der interna gelan- - gen. Er knüpft aber bei dieser Gelegenheit einige allgemeine Betrach- tungen über die Chorda und ihre Scheiden an. Seine Untersuchungen betreffen Petromyzon, Acipenser, Acanthias, Protopterus, Ceratodus _ und verschiedene Gattungen Amphibien, von diesen namentlich aber - Bufo vulgaris. Von letzterer behauptet er, dass um die Cuticula chordae eine dünne, elastische Membran liege, der außen platte Zellen auf- - lagern. Von diesen nach außen befindet sich dann embryonales Binde- gewebe. Seine allgemeinen Betrachtungen gipfeln in Folgendem: die Gutieula chordae ist allen Fischen und Amphibien eigenthümlich, allein bei den Cyelostomen und den Knorpelganoiden verdickt sich dieselbe in außerordentlicher Weise, theils zu einer mehrschichtigen Guticula (Cyelostomen), theils zu der bekannten, zellenlosen Faserlage (Knorpel- ganoiden). Die zellenführende Faserlage der Dipnoi homologisirt er - dann mit der zellenlosen der Gycelostomen und Knorpelganoiden und hat damit, da die Elastica externa dieselbe bedeckt, den Anknüpfungs- 4 punkt an die Amphibien gefunden, bei denen ja nach ihm auf der > Gutieularmembran der Chorda die Elastica externa liegt. Freilich lässt 4 er es dabei unbestimmt, ob die Abstammung der Faserlage mit und 7 ohne Zellen um die Chorda herum aus dieser richtig ist, gegenüber der " zwischen den beiden Elasticae auftretenden, gleichen Schicht bei den - Elasmobranchiern, welche nicht chordalen, sondern skeletogenen Ur- 7 sprunges ist. | Diese Frage löste ich selber * in dem Sinne, dass bei den Cyelosto- i A Monograph on the development of elasmobranch fishes. London 1878. 2 A Treatise of comparative embryology. London 4884. 3 Archiv für Anatomie und Physiologie. 1884. 4 Beiträge zur Stammesgeschichte der Wirbelthiere. Jena 1883. 8 | C. Hasse, men, den Ganoiden und den Dipnoi die um die Rückensaite gelegene Faserscheide sich aus der Chorda, die gleichgelagerte Schicht bei den Elasmobranchiern aber sich aus der skeletogenen Masse entwickelt. Gegen diese Annahme wendet sich in der neuesten Zeit Lvorr!. Er beschreibt die Verhältnisse bei allen Fischen und Amphibien fol- gendermaßen: Um die Chorda und einem an der Oberfläche sich bildenden Chordaepithel bildet sich die Guticula chordae, oder die Elastica in- terna. Um diese lagert sich eine bindegewebige Scheide, welche weder eine Guticularbildung, noch aus der Rückensaite entstanden ist. Die- selbe ist aus dem perichordalen, skeletogenen Bindegewebe entstan- den und, so weit sie rings die Chorda umgiebt, von der Elastica externa umschlossen. Diese Scheide enthält entweder reichlich oder sparsam Zellen, und zwar je nach der häufigeren oder selteneren Durchbohrung der Elastica externa. Dabei hebt er von den Amphibien, von denen er Siredon untersuchte, hervor, dass diesen Thieren eine Cuticula chordae fehle. Dem entsprechend deutet er die beiden die Rückensaite unmittelbar umgebenden Lagen als Faserlage und Elastica externa und behauptet in der Faserlage Zellen gesehen zu haben, welche durch die Elastica gewandert sind. Bevor ich nun zu meinen eigenen Beobachtungen übergehe, möchte ich Folgendes bemerken. Ich habe von der Anfertigung sagittaler Längsschnitte beinahe gänzlich abgesehen, weil bei solchen die Bogen- anlagen weniger vollkommen zu Gesicht kommen. Statt dessen habe ich neben senkrechten Querschnitten Diagonalschnitte angefertigt. Die Präparate waren dabei so orientirt, dass gleichzeitig die Basen der oberen und der unteren Bogen und die volle Ausdehnung der Chorda und der sie umgebenden Hüllen getroffen wurden. Ganz besonders werthvoll, namentlich für das Studium der Hüllen der Rückensaite, waren mir Horizontalschnitte parallel der Längsachse des Thieres, und ich verfuhr gewöhnlich so, dass ich den Rumpf und den Schwanz in drei Stücke zerlegte und das vordere horizontal, das mittlere diagonal und das hintere quer durchschnitt. Nur bei kleineren Thieren begnügte ich mich mit einer Zweitheilung des Rumpfes und Schwanzes und zer- legte dann die vordere Hälfte in Horizontal-, die hintere in Querschnitte. Auf die erste Entwicklung der Chorda erstreckten sich meine Un- tersuchungen nicht, da diese, sowie die Umbildung der Chordazellen in hervorragender Weise von früheren Forschern klar gestellt worden ist. Meine Beobachtungen beziehen sich vor allen Dingen auf die Ent- 1 Vergleichend-anatomische Studien über die Chorda und die Chordaschei- den. Bulletin de la societe imp. des naturalistes de Moscou. 1887. Die Entwicklung der Wirbelsäule von Triton taeniatus, 9 ' wicklung der Ghordascheiden,, und ihnen lagen Thiere von 6—28 mm Körperlänge zu Grunde. Die Ausschlag gebenden Entwicklungsstadien liegen dabei zwischen 8 und 13 mm Körperlänge. Ich bedauere, dass mir wegen der vorgerückten Jahreszeit keine jüngeren Stufen zur Ver- fügung standen, und dass ich somit namentlich die wichtige Frage nach der Entstehung und vor Allem der Umbildung des subchordalen Stranges, welche GorTTE und Barrour zum Theil gelöst zu haben glauben, - nicht selber zu lösen vermochte, allein ich hoffe, dass sich im weiteren Verlaufe der Forschung dazu noch Gelegenheit genug bieten wird. Ich will aber von vorn herein hervorheben, dass bei den Wassersalaman- dern, eben so wie bei anderen Wirbelthieren, die Entwicklungsstufen sich nicht unbedingt mit ganz bestimmten Körperlängen decken. Es kommt vor, dass bei gleicher Körperlänge die Entwicklung der in Frage stehenden Theile bei dem einen Thiere mehr vorgeschritten ist, als bei dem anderen, wenn auch nicht so große Unterschiede vorkommen, wie in anderen Thierabtheilungen. Bei den jüngsten von mir untersuchten Entwicklungsstufen von 6 bis etwa 11 mm Länge erstreckt sich die Rückensaite ohne Einschnü- rung nach hinten zu allmählich spitz auslaufend durch den Körper. Die Vacuolisirung ist bei 6 mm Länge (Fig. 1) bereits vor sich gegan- gen, nur auf der Oberfläche der Chorda zeigt sich ein mit Dotterkörn- chen vollgepfropftes Lager von Zellen, welche in ziemlich gleichen Abständen von einander liegen, das Chordaepithel (Fig. 1 u. 2 ch.ep). Die Zellen sind mäßig abgeplattet, polygonal und mit großen, dunklen, ovalen Kernen versehen, deren längste Achsen koncentrisch um die Rückensaite in der Frontalebene liegen. Im weiteren Verlaufe der Ent- - wicklung platten sich die Zellen immer mehr ab (Fig. 10, 41, 12, 13 > ch.ep) und dabei erscheinen die Kerne auf dem Querschnitt manchmal ‘ fädchenartig dünn. Zu gleicher Zeit rücken die Kerne aus einander, und zwar in durchaus ungleichmäßigen Abständen, jedoch so, dass diesel- ben ventral und unter den Bogenanlagen oft (Fig. 11 ch.ep) dichter zu- sammengedrängt liegen, als an den übrigen Stellen der Oberfläche. Die Dotterkörnchen verschwinden dabei sehr bald, und die Zellen wer- den vollkommen hell und durchsichtig, ohne nennenswerthe Trü- bungen ihres Zellleibes. Das Auseinanderrücken der Kerne geschieht durch eine bedeutende Größenzunahme derselben, die Abplattung ist aber die Folge eines Druckes, welchen die an Dicke wachsende, vacuo- lisirte Rückensaite auf die Oberflächentheile um desswillen ausübt, weil diese unter einer die Chorda vollkommen einhüllenden, widerstands- | & fähigen, elastischen Membran liegen. Die Ursache der Größenzunahme 3 und der ungleichen Größe der Zellen des Chordaepithels liegt darin, 10 (. Hasse, dass die Vermehrung der Zellen nicht gleichen Schritt hält mit der Größenzunahme der vacuolisirten Chorda, und dass .es nur an einzelnen Stellen gelingt, sparsame Kerntheilungsfiguren nachzuweisen. Um dieses Chordaepithel herum befindet sich eine ursprünglich recht dünne, homogene Cuticularmembran (Fig. 1 u. 2 c.ch), die Guti- cula chordae oder die Elastica interna aut., welche von den Zellen des- selben gebildet wurde. Dies lässt sich noch daran erkennen, dass die Zellen zuweilen in Vertiefungen des Häutchens gelagert sind, so dass es auf dem Querschnitt oftmals den Anschein hat, als lägen Kerne in- nerhalb der Cuticula. Ursprünglich ist sie überall gleich dick, später wird sie jedoch in den Zwischenwirbelräumen stärker (Fig. 19u.22 c.ch) und erreicht in der Mitte derselben, also dem Ende der Wirbel ent- sprechend, ihre größte Dicke, während sie dagegen vertebral dünn bleibt (Fig. 22). Dort wo sie am dicksten ist, zeigt sie denn auch ofi- mals koncentrische Streifen, als Ausdruck einer Schichtenlagerung. Von einer Faserung habe ich in derselben niemals etwas zu entdecken ver- mocht. Übrigens will ich dabei die Bemerkung nicht unterlassen, dass die Dieke der Membran je nach den angewandten Reagentien schwankt und eben so nach der Zeit, welche zwischen dem Tode des Thieres und seiner Aufbewahrung bis zum Zerschneiden verflossen ist. Schrum- pfung ist nicht gar selten nachzuweisen, und dann gelingt es oft nur mit Mühe die Anwesenheit derselben nachzuweisen. | Dieser Cuticula chordae dicht angelagert findet sich dann zuerst bei Tritonen von 7—8 mm Länge nachweisbar eine zweite, anfänglich etwas dünnere Cuticularmembran, die Cuticula sceleti, oder die Elastica externa aut. (Fig. 3, 6, 7, 13 c.sc). Dieselbe ist durchaus nicht mit der eigentlichen Ghordascheide, der Cuticula chordae, verwachsen, sondern hebt sich, namentlich dann, wenn Schrumpfungen und damit Faltungen an der Oberfläche der Rückensaite entstehen (Fig. 3 c.sc), leicht von derselben ab. Sie zerreißt dann oft (Fig. 3), ein Zeichen, dass ihre Festigkeit, ihre Elastieität zu dieser Zeit eine weit geringere ist. Die Dicke derselben ist überall die gleiche, sie verdickt sich aber im Laufe der Entwicklung. In jüngeren Stadien stellt sie eine zweite, äußere, cuticulare Hülle der Rückensaite dar. Es ist mir gelungen, die Bildung derselben in durchaus unanfecht- barer Weise aufzuklären. Sie ist ein Produkt von Zellen, welche sich ursprünglich auf der Cuticula chordae befinden (Fig. 3 i.z.sch) und dem sogenannten skeletogenen Gewebe, nicht aber der Rückensaite angehö- ren. Diese Zellen bilden ein epithelartiges Lager auf der Chorda. Sie stellen die äußere, zellhaltige Chordascheide nach Gorrre dar, welche ich aber innere Zellschicht des skeletogenenGewebes nenne Be Fi a A EEE a Dr Se ET len = BE 3 0 Ar se a u NA Beben EIER IE BE EL SL DERRE, re Ep Sy a anal nn pe . a Die Entwicklung der Wirbelsäule von Triton taeniatus. 11 (Fig. 1 2.2.sch). Die Cuticula sceleti ist eine euticulare Umwandlung der inneren Oberfläche der Zellleiber dieses Epithels, in welchem man, als - Ausdruck eines lebhaften Wachsthumsprocesses, oftmals Kerntheilungs- - figuren trifft (Fig. 6 i.2.sch). Damit bin ich denn zu dem Bestandttheile der Wirbelsäule gekom- j men, welcher im Aufbau derselben die größte Rolle spielt, zum ske- letogenen Gewebe, und ich hoffe, recht wichtige Beiträge zur Kenntnis desselben bringen zu können, wenn ich auch, wie ich bereits vorhin andeutete, nicht Alles so vollkommen aufzuklären vermag, als es wohl wünschenswerth wäre. Die Untersuchungen heben mit den 6 mm langen Wassersalaman- dern an, und bei diesen Thieren zeigt sich Folgendes, ganz gleichgültig, ob man den Rumpf oder den Schwanz untersucht. Im Bereiche der Zwischenräume zwischen den Myomeren, dorsal und ventral in der Mittellinie, von vorn nach hinten gleichmäßig sich ausdehnend, seitlich dagegen vollkommen metamer, zeigt sich um die Guticula chor- dae, um das Rückenmark und bis an den Darm gelagert eine Schicht embryonaler, ovaler, zuweilen heller, zuweilen mit Dotterkörnchen voll- gepfropfter Zellen (Fig. i.z.sch), welche wohl an einander stoßen, sich berühren, aber durchaus nicht nach Art eines Epithels mit einander verbunden sind. Ihre Kerne sind verhältnismäßig klein, rund und- auffallend gekörnt. Sie gleichen durchaus den embryonalen Zellen, welche sich im Inneren der Gefäße befinden (Fig.17 a). An dem dorsa- len und ventralen Abschnitte der Seitenfläche des Rückenmarkes (Fig. 2), sowie an der ventralen Fläche der Rückensaite sind sie am größten und oft kugelrund. Woher stammen nun diese embryonalen Zellen des skeletogenen Gewebes? Darauf vermag ich dies Mal leider keine bestimmte Antwort zu geben, da mir wie gesagt das Material an jüngeren Thieren fehlte, Thatsache aber ist, dass sich an der ventralen Fläche der Rückensaite (Fig. 1 u.2), zwischen den beiden Muskelhälften des Körpers, die größte Anhäufung derselben findet, und in dieser, welche sich durchaus zu- sammenhängend von vorn nach hinten erstreckt, befindet sich in der Medianebene gelagert der rundliche subchordale Strang (Fig. I und 2 sch.str), dessen rundliche, sonst ganz gleich aussehende Zellen dicht gedrängt sich gegenseitig an einander abplatten und somit auf der Flä- chenansicht ein epithelartiges Ansehen darbieten (Fig. 4 sch.str)\. Ob nun diese subchordale, embryonale Zellmasse aus den hellglänzenden Zellen des subchordalen Stranges entsteht, vermag ich nicht zu sagen, da es mir niemals gelang, Kerntheilungsfiguren innerhalb der Zellen 3 desselben zu sehen, während solche in der Umgebung desselben reich- 12 C. Hasse, lich vorhanden waren. Somit zweifle ich vorläufig daran und neige mich mehr der Ansicht zu, dass sie den Gefäßen ihre Entstehung ver- danken. Eben so muss ich es vorläufig dahin gestellt sein lassen, ob- gleich es mir im höchsten Grade wahrscheinlich erscheint, ob die zwi- schen den Muskelsegmenten bis in die dorsale Mittellinie eingelagerten, embryonalen Zellmassen des skeletogenen Gewebes sich aus dieser subchordalen Zellanhäufung gebildet und ventrodorsal vorgeschoben haben. Es wird nicht ganz leicht sein, diesen Punkt zu entscheiden. In dem Maße aber, wie aus uns unbekannten Gründen die Muskel- segmente in ihrer Mitte von der Rückensaite und dem Rückenmarke, denen sie ursprünglich dicht anlagen (Fig. 2), abrücken, rücken die metameren Zellmassen des skeletogenen Gewebes nach, treffen dann, der Mitte der Muskelsegmente entsprechend, von vorn und hinten her kommend zusammen und bilden um das Rückenmark und um die Rückensaite ein zusammenhängendes Zelllager epithelialen Charakters, an welchem man keine Spur der ursprünglichen Gliederung mehr ent- decken kann. In demselben Augenblicke nenne ich diese Lage innere Zellschicht des skeletogenen Gewebes (Fig. 2 2.2.sch). Das Rückenmark wird aber bei diesem Bildungsvorgang nicht allein umhüllt, sondern dasselbe geschieht auch mit den Spinalganglien (Fig. 5 gl), und zwar ordnen sich die Zellen sowohl außen, wie innen um dieselben herum, scheiden sie ein. Damit ist denn die Grundlage der bindegewebigen Umhüllung der Ganglien gegeben. Ist nun die innere Zellschicht des skeletogenen Gewebes eine vollständige, zusammenhängendeScheide ge- worden, dann beginnt einmal die Bildung der Cuticula sceleti oder der Elastica externa, zweitens aber platten sich die Zellen, welche seitlich zwischen dem Rückenmark, der Rückensaite und den Muskelsegmenten liegen (Fig. I, 5), ab, während die, welche in den Zwischenmuskelräu- men liegen (Fig. 5), ihren ursprünglichen embryonalen Charakter einst- weilen beibehalten. Diese Abplattung der Zellen und Kerne beruht wohl auf einem Druck, welchen das wachsende Rückenmark und die wachsende Chorda auf dieselben ausüben können, da sie zwischen die- sen Organen und den Innenflächen der Myomeren liegen. Mit dieser Abplattung geht zu gleicher Zeit eine Formänderung derselben Hand in Hand, die Zellen bilden ein Epithel und erscheinen an der Rücken- saite groß und polyedrisch (Fig. 9 ..2.sch). Bilden nun ursprünglich die Zellen dieser Schicht ein ziemlich gleichmäßiges Lager, in welchem die Kerne in ziemlich gleichen Ab- ständen liegen, so ändert sich dies alsbald. Der jetzt zu schildernde Bildungsprocess zeigt sich in seinen ersten Anfängen bereits bei Thie- ren von 8 mm Länge. Die Zellen beginnen der Mitte der Muskelseg- Die Entwicklung der Wirbelsäule von Triton taeniatus. 13 mente entsprechend zu wuchern und bilden allmählich bei 8 mm Länge - ein dicht gedrängtes Lager (Fig. 8 iv), in welchem die Kerne quer zur - Längsachse der Rückensaite stehen und in welchem die Zellen schmale, unregelmäßige Polyeder darstellen (Fig. 9 iv). Ursprünglich einschich- - tig, werden diese Zellen alsbald zwei-, ja mehrschichtig (Fig. 10 iv). - Diese Wucherungen erscheinen in regelmäßiger Aufeinanderfolge zu- - erst in der ventralen Mittellinie (Fig. 8 vw) und zu beiden Seiten der - dorsalen, entsprechend den Stellen, wo in den Zwischenräumen der Muskelsegmente die Bogenanlagen entstehen (Fig. 10 iv). Ich nenne - dieselben Intervertebralwülste oder Zwischenwirbelknorpelanla- gen, weil damit die Grundlage zur Bildung des Intervertebralknorpels gegeben ist. Ob nun aber der ventrale Wulst früher entsteht, als die dorsalen, das muss ich dahin gestellt sein lassen, jedenfalls sehen wir mit dem Beginn dieser Wucherungen wichtige Veränderungen an der Guticula sceleti vor sich gehen. Diese Membran ist ja ursprünglich eine eben so zusammenhän- gende Scheide, wie die Cuticula chordae, allein sie schmilzt an den Stellen, wo die Intervertebralwülste sich zu bilden anfangen (Fig. 6, 7, 10 iw und c.sc), also intervertebral. Es entstehen in ihr Löcher (Fig.7 iv), derenRänder oft wie angefressen aussehen. Dieser Schwund schreitet in demselben Maße fort, wie die Zwischenwirbelwülste sich um die Rückensaite herum ausdehnen und verschmelzen (Fig. 10 iv). Dabei kommen dieselben unmittelbar auf der Guticula chordae zu liegen (Fig. 10, 42 ww), und wenn dann, wie es geschieht, die Intervertebral- wülste rings um die Ghorda zur Vereinigung kommen, so ist die Guti- cula sceleti oder die Elastica externa in regelmäßig auf einander fol- gende, den späteren Wirbeln entsprechende Stücke zerfallen, und zwischen ihnen bilden die Zwischenwirbelwülste regelmäßige, ring- förmige Zellmassen. Trotzdem lässt sich an den letzteren noch eine Zeit lang der gesonderte Ursprung nachweisen (Fig. 14, 13, 19 iv), in so fern man dieselben ventral und zu beiden Seiten der dorsalen Mittel- linie am stärksten entwickelt findet. Ist nun die Cuticula sceleti oder die Elastica externa intervertebral, der Mitte der Muskelsegmente ent- sprechend, geschmolzen (Fig. 11), so schieben sich die Zellen der An- lagen der Zwischenwirbelknorpel zwischen die beiden Guticularmem- branen (Fig. 12, 13 iv) und heben die Cuticula sceleti von der Guticula chordae ab (Fig. 13). Das geschieht durch ein Auswachsen nach vorn und hinten, und die Segmente der Cuticula sceleti werden dadurch zu > amphicölen, stundenglasförmigen, bikonkaven Doppelkegeln (Fig. 22 c.sc). “ Damit ist dann die eigentliche Grundlage der Wirbelkörper gebildet. & Das Wachsthum dieser nach vorn und hinten gleichmäßig keilförmig 14 6. Hasse, sich vorschiebenden Intervertebralmassen erfolgt anfänglich ebenfalls ventral und zu beiden Seiten der dorsalen Mittellinie (Fig. 13 iv), später aber dehnen sie sich auch seitwärts aus und umfassen dann auch im Bereich der Mitte der Wirbelkörper, ohne jedoch vollkommen die Mitte zu erreichen, die Chorda. Gleichzeitig verknorpeln die zwischen die Cuticularmembranen eingewucherten Zellen (Fig. 19 u.22 iv), und damit bilden sich die Zwischenwirbelknorpel, welche sich auf zwei Wirbel- hälften vertheilen. Die Segmente der CGuticula sceleti oder der Elastica externa verkalken später und bilden dann den centralen, bikonkaven Wirbelkörper. Auch die vorderen Theile der Zwischenwirbelknorpel unterliegen dem Verkalkungsprocess. Mit diesen Vorgängen verknüpft sich die bekannte, vertebrale Wucherung des Chordaepithels, die Bil- dung des Ghordaknorpels, welcher den vacuolisirten Theil der Rücken- saite in der Mitte derselben zu einem Funiculus chordae zusammen- drängt. Während aller dieser Vorgänge bleibt der Theil der inneren Zellschicht des skeletogenen Gewebes, welcher das Rückenmark um- giebt, als eine dicht an dasselbe sich anschmiegende Zellscheide be- stehen (Fig. 15, 16, 17), dagegen machen sich sowohl um die Chorda, wie um das Rückenmark und deren Hüllen, als um die Gefäße Bil- dungsvorgänge geltend, zu deren Beschreibung ich mich jetzt wende. Bei Thieren von 8—9 mm Körperlänge wiederholen sich die Bil- dungsvorgänge der inneren Zellschicht des skeletogenen Gewebes. Es zeigen sich abermals Wucherungen embryonaler Zellen, welche, wie ich aus der Menge der an den Wänden der Gefäße auftretenden Kern- theilungsfiguren schließen muss, von der subchordalen Zellmasse aus- gehen (Fig. 13), ohne dass ich mit Bestimmtheit eine Betheiligung des subchordalen Zellstranges (Fig. 15 sch.sir), welcher mit 12—13 mm Körperlänge vollkommen verschwunden ist, zu behaupten oder zu ver- neinen im Stande bin. Diese embryonalen Zellmassen, deren Aussehen dasselbe ist (Fig. 14 a.z.sch), wie das der inneren Zellschicht des ske- letogenen Gewebes, lagern sich (Fig. 14) sowohl dorsal wie ventral in die Zwischenräume der Muskelsegmente, verhalten sich also dort ebenfalls vollkommen metamer. Sie lagern sich dabei nicht allein seitlich an die Ghorda und das Rückenmark , sondern auch seitlich an die Wand der Bauchhöhle (Fig. 14). An der Seite des dorsalen Ab- schnittes der Wirbelsaite und des ventralen Abschnittes des Rücken- markes wuchern dieselben ganz besonders auf der inneren Zellschicht (Fig. 14 a.2.sch). Sie stellen in ihrer Gesammtheit die äußere Zellschicht des skeletogenen Gewebes dar, und bilden an der zuletzt genannten Stelle (Fig. 15, 18 ba) und ventral die Bogenanlagen. | Wie die inneren, so benutzen auch die äußeren Zellen des skeleto- Die Entwicklung der Wirbelsäule von Triton taeniatus. 15 - genen Gewebes die Lücken der benachbarten Körpertheile, um sich in - ihnen als in den Loci minoris resistentiae auszubreiten. Da das nicht al- - lein die großen, über den ganzen Körper, von vorn nach hinten sich aus- - dehnenden Zwischenräume zwischen der rechten und der linken Mus- - kulatur, sondern auch die metameren Zwischenräume zwischen den Muskelsegmenten sind, so begreift sich, wie hier zuerst die Ent- wicklung und die Ausbreitung des skeletogenen Gewebes stattfindet. Von den Zwischenmuskelräumen sowohl im Bereich des Rückenmarkes, als der Chorda breiten sich dann diese Zellen zunächst in einfacher Schicht (Fig.15 a.z.sch) nach vorn und hinten hin aus. Das geschieht in demselben Augenblicke, wo zwischen den Muskelsegmenten der Rücken- saite und dem Rückenmarke Platz geschaffen wird, und zwar wahr- scheinlich dadurch, dass die Muskelsegmente, welche zuerst (Fig. 16) der inneren Zellschicht, wie früher der Cuticula chordae, dicht anlie- gen, von derselben abrücken. Welche Gründe dabei ins Spiel kommen, vermag ich leider nicht anzugeben. Am spätesten erfolgt dieses Aus- wachsen an der Mitte der Seitenfläche der Chorda (Fig. 15), da hier das Anliegen der Muskelsegmente am längsten dauert. Ist diese Umwach- sung vollendet, dann beginnen die vorhin erwähnten Bogenanlagen, welche den Zwischenräumen zwischen den Myomeren entsprechend gelagert sind, besonders zu wuchern und gleichzeitig beginnt dann in der Mitte derselben, unmittelbar auf der Rückensaite (Fig. 18 ba), so- wohl seitwärts vom Rückenmark, wie am Schwanze, seitlich von den großen, in der Mittellinie gelegenen Gefäßen die Umwandlung einzelner Zellen zu Knorpelzellen. Damit ist die Bildung der knorpligen Neur- und Hämapophysen eingeleitet. Die Bogenanlagen und mit ihnen die central gelegenen Knorpel wachsen dann (Fig. 22 nap.hap) um das ganze Rückenmark, beziehungsweise um die Gefäße herum, unter ste- ter Vermehrung ihrer Zellen, deren Theilungsfiguren man häufig findet (Fig. 18). Gleichzeitig verdichten sich die an der Oberfläche der Knor- pel befindlichen Zellen zum Perichondrium, während die peripheren, inneren am Rückenmark zur bindegewebigen Rückenmarkshülle (Fig. 17) und die peripheren, äußeren zu lockerem Bindegewebe auswach- sen. Die zwischen den Bogenanlagen (Fig. 22) gelegenen Massen der äußeren Zellschicht des skeletogenen Gewebes machen einen ähnlichen Bildungsprocess durch, nur dass es in ihnen nicht zur Bildung von Knorpelmassen kommt, welche sonst den Intercalaria der Fische ent- sprechen würden. Sie bilden mit ihren Zellen, die den Bogenknorpeln 4 entsprechen, die Zwischenbogenbänder. . Nach diesen Entwicklungsvorgängen beginnt dann an den Zellen - des Perichondrium, sowie an den Zellen der äußeren Zellschicht des 16 0. Hasse, skeletogenen Gewebes, welche der Außenfläche der Cuticula sceleti anliegen, und zwar zunächst an der ventralen Oberfläche derselben die Verknöcherung (Fig. 20 k), welche allmählich rings um die Zellen vor- schreitend bewirkt, dass diese innerhalb der Knochensubstanz lagern. Es bildet sich der perichondrale oder Belegknochen. Sowie dieser Ver- knöcherungsprocess vorschreitet, verschwindet die Grenze gegen die Cuticula sceleti, den centralen Doppelkegel mehr und mehr (Fig. 21), und schließlich lässt sich keine Spur derselben mehr nachweisen. Dies meine Beobachtungen über die nach meiner Ansicht wichtig- sten Vorgänge bei der Entwicklung der Wirbelsäule des Wassersala- manders, welche vor Allem auch in dem Nachweis metameren Verhal- tens des skeletogenen Gewebes gipfeln. Im Übrigen entfernen sie sich, wie man finden wird, nicht so sehr von denen, welche andere Forscher gemacht haben, am meisten allerdings von denen Lvorr's. Das Meiste haben bereits KÖLLIKER, GEGENBAUR, GOETTE etc. gesehen, nur die Deutung der Thatsachen musste vielfach in anderer Richtung erfolgen und Dinge, auf welche die früheren Untersucher nur geringen Werth legten, muss- ten in den Vordergrund des Interesses gerückt werden. Von diesen will ich das Wichtigste gleich von vorn herein hervorheben, und das ist die Guticula sceleti, oder die Elastica externa. Diese wurde bisher in ihrer Bedeutung entweder nicht gehörig erkannt, oder sogar ver- kannt, und doch ist sie es, welche neben der Metamerie des skeleto- genen Gewebes in vergleichend anatomischer Beziehung die größte Bedeutung besitzt und zur Aufstellung folgenden Satzes nöthigt: Die geschwänzten Amphibien gehören zu den Wir- belthieren, welche eine Elastica externa, und welche eine zwischen Elastica externa und interna, oder wie ich sie nenne Guticula sceleti und chordae gelegene, aus dem skeletogenen Gewebe, aber nicht aus der Ghorda entstandene Scheide der Wirbelsaite besitzen. Diese wird von den Autoren als Intervertebralknorpel be- zeichnet. Diesen Satz, wenn auch nicht zuerst aufgestellt, so doch streng bewiesen zu haben, glaube ich, darf ich mir zum Verdienst anrech- nen, und nachdem der einmal gesichert ist, so wird es in Zukunft darauf ankommen nachzuweisen, bei welchen Thieren eine solche Gu- ticula sceleti vorkommt und wo sie fehlt. Wenn Lvorr rundweg be- hauptet, sie käme allen Fischen und Amphibien zu, so ist diese Be- hauptung recht kühn, und zwar um desswillen, weil er wohl einzelne Entwicklungsstufen in den verschiedenen Fisch- und Amphibienabthei- lungen untersucht hat, aber nur nicht die, auf welche es vor allen A Die Entwicklung der Wirbelsäule von Triton taeniatus. 17 - Dingen ankam, die frühen, und auch diese nicht in zusammenhängen- - der Reihe. Dieser Vorwurf trifft aber nicht Lvorr allein, er trifft auch - mich, weil meine Beobachtungen seiner Zeit eben so lückenhaft waren. - In Folge dessen mussten meine Schlussfolgerungen allgemeiner Natur — auf unsicherem Boden stehen. Mit der Schaffung einer festen Unterlage für ein sicheres Urtheil über die Bedeutung der Chordascheiden bei - den Wirbelthieren bin ich jetzt beschäftigt, und ich hoffe diese Beob- achtungen in nicht zu ferner Zeit beenden zu können, wenn es mir nur gelingt, geeignete Entwicklungsstufen von Acipenser und von den Dipnoi zu bekommen. Ich wage es hiermit, meinen Fachgenossen die Bitte vorzulegen, mich mit solchem Material freundlichst unterstützen zu wollen, wäre es auch nur durch Übersendung von Schwanz- stücken. & Ich möchte nun noch zum Schluss die Funde meiner Vorgänger h mit meinen eigenen in Einklang zu bringen suchen. A Leider ist mir dies bei Lvorr fast unmöglich, da er nicht allein & entgegen meinen Angaben, sondern auch entgegen denen der übrigen > Autoren den Amphibien eine Cuticula chordae abspricht und ihnen - wur eine äußere zellhaltige Faserschicht und um diese herum eine Ela- - stica externa zuschreibt. Betrachte ich seine Abbildungen genau, so - kann ich mich des Verdachtes nicht erwehren, dass er wohl das Richtige 4 gesehen, aber dasselbe falsch gedeutet hat. Seine Fig. 18 und 19, älte- ren Thieren entnommen, zeigen die Faserschicht so, wie sich die Cuti- eula chordae im weiteren Verlaufe der Entwicklung darstellt, wenn die 3 Streifung auch nicht immer bei den Salamandern so ausgeprägt ist. : Die Elastica sceleti ist richtig gezeichnet und als Elastica externa ge- E deutet. Dass seine Faserschicht, die ich als Guticula chordae deute, \ Zellen enthält, folgert er aus dem Verhalten der Chordascheide eines sehr jungen, 1,5 cm langen Axolotls, welchen er in seiner Fig. 20 - darstellt. Auf beiden Seiten einer Membran lagern Zellen, und die > Membran deutet er schlankweg als Elastica externa. In einem so jun- gen Stadium, welches etwa der Entwicklungsstufe eines 5—6 mm lan- gen Triton entsprechen würde, sind entweder beide Guticulae noch nicht gebildet, sondern nur die Cuticula chordae, oder dieselben sind ‘so dünn und zart, dass sie leicht als eine einfache Guticularmembran imponiren, auf deren Unterfläche dann das Chordaepithel, auf deren "Außenfläche dagegen die Zellen der skelettbildenden Schicht haften. ‚Ich halte mich zu diesen Zweifeln berechtigt, weil, so weit meine eige- nen, wenn auch nicht sehr ausgedehnten Untersuchungen reichen, die- selben zeigen, was auch die Beobachtungen anderer Forscher, die sich eingehend mit dem Axolotl beschäftigt haben, lehren, dass der Bau und Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. Suppl. ) 18 | | C. Hasse, die Entwicklung der Wirbelsäule der sämmtlichen Urodelen im We- sentlichen gleich ist. Am nächsten von Allen steht mir in den Beobachtungen GoetTteE, und eigentlich scheidet uns hinsichtlich der Thatsachen nichts. Nur die Deutungen stimmen nicht überall überein. GorrtE hat klar und scharf die Bedeutung seiner äußeren zellhaltigen Chordascheide, mei- ner inneren Zellschicht des skeletogenen Gewebes, welche auf der QCu- ticula sceleti oder der Elastica externa liegt, hervorgehoben. Darin freilich geht er zu weit, dass er gegenüber GEGENBAUR, welcher den Zu- sammenhang derselben mit dem embryonalen Bindegewebe, meiner äußeren Zellschicht des skeletogenen Gewebes, behauptet, eine strenge Sonderung dieser beiden Lagen durchführt. Ich bin der Ansicht, dass GEGENBAUR durchaus Recht hat. Übrigens gießt auch Gorrrz schließlich Wasser in seinen Wein, indem er sagt, er habe nichts dagegen, wenn man beide Lagen als Bestandtheile einer skeletogenen Schicht betrachte. Damit steht er denn im Grunde auf demselben Boden, auf welchem GEGENBAUR und eigentlich auch alle übrigen Forscher stehen. Die Be- deutung der Cuticula sceleti, welche er wohl gesehen hat, hat er weder in ihrer Bildung, noch in ihrer Umbildung völlig erkannt. In dieser Beziehung ist GEGENBAUR ihm vorausgeeilt, wohl aber hat er sich da- durch ein Verdienst erworben, dass er die in der ersten Arbeit von GEGENBAUR aufgestellte Hypothese, welche er in der zweiten vollkom- men aufgab, von der Bedeutung des Zwischenwirbelknorpels nicht allein wieder aufnahm, sondern dass er zugleich nachwies, dass der Zwischenwirbelknorpel zu der bei den Elasmobranchiern und den Dipnoi zwischen den beiden QCuticulae befindlichen Zellmasse in Be- ziehung stände. Diese Gleichheit, welche vor alien Dingen auch Rerzıus annimmt, ist freilich so lange noch nicht streng bewiesen, als der Bildungsprocess dieser Zellmassen bei den Haien, den Rochen und den Dipnoi noch nicht in lückenloser Reihenfolge erkannt worden ist, allein ein Verdienst Goerte’s ist es, und kein unerhebliches, diese Gleich- heit wahrscheinlich gemacht zu haben. Hätte GesEnsAur an den Auf- stellungen seiner ersten Arbeit festgehalten, so wäre dasselbe ihm un- zweifelhaft zuzuerkennen. Die Aufgabe der Zukunft, mit deren Lösung ich jetzt beschäftigt bin, wird es demnach sein, durch Untersuchung lückenloser Entwick- | lungsreihen festzustellen, in welcher Weise bei den Fischen die zwi- schen den beiden Cuticularscheiden der Chorda befindliche Gewebs- masse entsteht und wie weit sich die Bildung zweier Cuticulae um die Rückensaite in der Wirbelthierreihe erstreckt. Dabei kommt die Frage dann auch zur Lösung, ob die beiden Membranen in derselben Weise Die Entwicklung der Wirbelsäule von Triton taeniatus. 19 gebildet werden, wie das vor Allem von Scuxziper für die Elasmobran- - chier und ferner für die Urodelen nachgewiesen ist. Breslau, September 1891. Erklärung der Abbildungen. Buchstabenerklärung, a, Aorta. ba, Bogenanlage. c.ch, Cuticula chordae s. Elastica interna. ch.ep, Ghordaepithel. c.se, Guticula sceleti s. Elastica externa. gl, Spinalganglien. ii hap Hämapophysenknorpel, iv, Intervertebralgewebe. a.2.sch, äußere Zellschicht des sceletogenen Gewebes. i.z.sch, innere Zellschicht des sceletogenen Gewebes. k, Wirbelknochen. nap, Neurapophysenknorpel. Rm, Rückenmark. Tafel I. Fig. 4. Querschnitt durch den Rumpfabschnitt der Wirbelsäule eines 6 mm langen Triton taeniatus. Präparat aus Chromsäure, Frenning’scher Lösung und Hä- matoxylin im Bereich des Zwischenmuskelraumes. h Fig. 2. Querschnitt durch den Rumpftheil der Wirbelsäule eines 6 mm langen Triton taeniatus. Präparat aus Chromsäure, Frermning’ scher Lösung und Hämatoxy- lin im Bereich der Mitte der Muskelsegmente. Fig. 3. Theil eines Querschnittes des Rumpftheiles der Wirbelsäule eines 8 mm langen Triton taeniatus. Präparat aus Chromsäure und Boraxkarmin. h Fig. 4. Horizontalschnitt durch den ventralen Theil des Rumpfes eines 8 mm langen Triton taeniatus. Präparat aus Chromsäure und Hämatoxylin. | - Fig. 5. Horizontalschnitt durch den dorsalen Theil des Rumpfes eines 8 mm langen Triton taeniatus. le ausChromsäure, Hämatoxylin und EurLıcH'schem Gemisch. R Fig. 6. Horizontalschnitt durch den dorsalen Theil des Rumpfes eines 8 mm er langen Triton taeniatus, um die Einschmelzung der Cuticula sceleti zu zeigen. Prä- “ parat aus Chromsäure und Boraxkarmin. Fig. 7. Theil des obigen Präparates bei stärkerer Vergrößerung, BE EEE ne a ar Da Tafel II. i Fig. 8. Horizontalschnitt durch den ventralen Theil des Rumpfes eines 41 mm langen Triton taeniatus. Präparat aus Chromsäure und Boraxkarmin. Fig. 9. Die Zellen der inneren Zellschicht des skeletogenen Gewebes und die Zellen des Intervertebralwulstes, mit durchschimmernden Kernen des Chordaepi- thels, von einem 44 mm langen Triton taeniatus. Präparat aus Chromsäure und Eunuion schem Gemisch. 2%* 26 6. Hasse, Die Entwicklung der Wirbelsäule von Triton taeniatus. Fig. 10. Dorsaler Theil eines Querschnittes durch die Rumpfwirbelsäule eines 14 mm langen Triton taeniatus. Präparat aus Chromsäure und Boraxkarmin. Fig. 44. Querschnitt durch den Rumpftheil der Wirbelsäule eines 43 mm lan- gen Triton taeniatus, um die Verschmelzung der Intervertebralwülste zu zeigen. Präparat aus Chromsäure und Hämatoxylin. Fig. 42. Theil eines Diagonalschnittes durch die Rumpfwirbelsäule eines 13 mm langen Triton taeniatus, um das Einwuchern der Intervertebralwülste zu zeigen. Präparat aus Chromsäure und Hämatoxylin. Fig. 43. Querschnitt durch den Rumpftheil der Wirbelsäule eines 43 mm lan- gen Triton taeniatus, im Bereich der Mitte eines Wirbelkörpers. Präparat aus ‘ Chromsäure und Hämatoxylin. Fig. 44. Senkrechter Längsschnitt tangential zum dorsalen Theil der Seiten- fläche der Wirbelsäule eines 9 mm langen Triton taeniatus. Präparat aus Chrom- säure und Boraxkarmin. Tafel III. Fig. 15. Querschnitt durch den Rumpftheil der Wirbelsäule eines 9 mm lan- gen Triton taeniatus, im Bereich des Zwischenraumes zwischen zwei Myomeren. Präparat aus Chromsäure, FLeunming scher Lösung und Hämatoxylin. Fig. 16. Querschnitt durch den Rumpftheil der Wirbelsäule eines 9 mm lan- gen Triton taeniatus, im Bereich der Mitte eines Muskelsegmentes. Präparat aus Chromsäure, Hämatoxylin und KLEINENBERG’Scher Lösung. Fig. 17. Querschnitt durch den Schwanzabschnitt der Wirbelsäule eines 12mm langen Triton taeniatus, im Bereich des Zwischenraumes zwischen zwei Myome- ren. Präparat aus Chromsäure, Hämatoxylin und KLEinengBEre’ scher Lösung. Fig. 418. Querschnitt durch den Schwanzabschnitt der Wirbelsäule eines 13mm langen Triton taeniatus, mit der ersten Bildung der Neurapophysenknorpel. Prä- parat aus Chromsäure und Hämatoxylin. Fig. 49. Querschnitt durch den Rumpftheil der Wirbelsäule eines 4,9 cm langen Triton taeniatus, im Bereich des Zwischenwirbelknorpels. Präparat aus Chromsäure, Fremming’scher Lösung und Hämatoxylin. Fig. 20. Stück eines Querschnittes durch den dorsalen Theil der Wirbelsäule eines 4,9 cm langen Triton taeniatus, um den Beginn der Verknöcherung zu zei- gen. Präparat aus Chromsäure, FLemmine’scher Lösung und Hämatoxylin. Fig. 21. Theil eines Diagonalschnittes durch die Rumpfwirbelsäule eines 2,2 cm langen Triton taeniatus, um die Verschmelzung der verknöcherten Elastica sceleti mit dem Belegknochen des Wirbels zu zeigen. Präparat aus Chromsäure, Fremming’scher Lösung und Hämatoxylin. Fig. 22. Diagonalschnitt durch einen Theil der Schwanzwirbelsäule eines 1,9 cm langen Triton taeniatus. Präparat aus Chromsäure, Fremming’scher Lösung und Hämatoxylin. Über eine abnorme CGucumaria planci. Von Professor Dr. Hubert Ludwig in Bonn. Mit Tafel IV. Wenn man absieht von abnormen Zahl- und Formverhältnissen, welche mitunter an einzelnen Organen, z. B. den Fühlern, Füßchen, Kalkringstücken etc., der Holothurien auftreten !, und nur solche Fälle ins Auge fasst, in welchen die äußere Gestalt des ganzen Thieres in auffälliger Weise von der Regel abweicht, so sind bis jetzt nur zwei derartige Abnormitäten bekannt geworden. Die eine drückt sich in der Vermehrung der Ambulaeren von fünf auf sechs aus, die andere stellt sich als eine Doppelbildung des ganzen Thieres dar. Es dürfte desshalb von einigem Interesse sein eine abnorme Holothurienform kennen zu lernen, welche einen dritten Fall einer regelwidrigen Körpergestalt darbietet. Die abnorme Vermehrung der Ambulacren ist bei Cucuma- ria planci vor einigen Jahren von mir beobachtet und näher untersucht worden?. Wahrscheinlich wird sich bei weiterem Nachforschen her- ausstellen, dass auch bei anderen Arten dieselbe Abnormität auftreten kann. Bei Cucumaria planci ließ sich zeigen, dass der sechste (über- ' zählige) Radius sich zwischen die beiden dorsalen Radien eines norma- ' len Thieres eingeschoben hat, und zwar so, dass der Einschub meistens ' links, seltener rechts vom medianen Interradius stattfindet; in beiden Fällen aber ist an dem sechsstrahligen Thiere sein mittlerer dorsaler Radius der überzählige, eingeschobene. Zur Erklärung dieser Missbil- dung wird man auf das früheste Jugendleben zurückgehen müssen. 1 Näheres darüber findet sich in meiner Bearbeitung der Echinodermen in Bronnw’s Klassen und Ordnungen des Thierreiches. I. Buch. Die Seewalzen. Leipzig 1889--92, 2 Über sechsstrahlige Holothurien. Zool, Anz. IX. 1886. Nr. 229. p. 472—477. 393 Hubert Ludwig, Zur Zeit als das eben angelegte Hydrocoel seine primären, zu den Radialkanälen werdenden Ausstülpungen trieb, wurde von diesen Aus- stülpungen eine zu viel gebildet, die sich dann in ihrer weiteren Ent- wicklung vollständig gleich verhielt mit den fünf normalen Primär- Ausstülpungen. Auch die einzige bis jetzt bekannt gewordene Doppelbildung einer Holothurie scheint ihren Ursprung in der Entwicklungsgeschichte zu haben. Dieselbe wurde zuerst bekannt durch eine Notiz in den Sitzungsberichten des Vereins für naturwissenschaftliche Unterhaltung zu Hamburg!. Es wird darin mitgetheilt, dass der damalige Custos an dem später eingegangenen Museum GoDEFFROY, J. D. E. ScHMELTZ, einen »Holothurien-Zwilling von Cucumaria acicula« besprochen und vorge- zeigt habe, »an dem beide Thiere mit ihren hinteren Theilen seitlich verwachsen sind«. Um etwas Genaueres über diese Doppelbildung zu erfahren, wandte ich mich mit einer Anfrage im Zoologischen Anzeiger an die Fachgenossen und hatte die Freude, dass mir alsbald von der Verwaltung des naturhistorischen Museums in Hamburg die Nachricht zuging, dass sich das gesuchte, von den Viti-Inseln stammende Objekt nunmehr dort befinde. Gleichzeitig überschickte mir der Custos am Hamburger Museum, Herr Dr. GEoRG PFEFFER, eine von ihm angefer- tigte Skizze, welche ich mit seiner gütigen Erlaubnis beifüge (Fig. 3). Ganz besonders aber fühle ich mich zu Dank verpflichtet, weil man auf meine weitere Bitte kein Bedenken trug, mir das seltene Stück selbst hierher zu senden und eine schonende Untersuchung desselben zu gestatten. Die Untersuchung ergab zunächst, dass es sich wirklich um eine Cucumaria acicula, d. h. nach jetziger Nomenklatur um eine Pseudocucumis acicula (Semp.) handelt. Beide Individuen sind nach entgegengesetzter Richtung gelagert. Beide sind in ihren sämmtlichen äußeren und inneren Organen wohl ausgebildet. Nur die Körperwand beider Thiere ist eine kurze Strecke weit mit einander verwachsen. Nach vorsichtiger Öffnung des einen Exemplares wurde von diesem aus ein bis in das andere Exemplar reichender Schnitt durch die Ver- wachsungsstelle geführt. Es zeigte sich, dass im Bereiche der Ver- wachsungsstelle die Leibeshöhlen beider Individuen durch eine ziem- lich enge Öffnung in offenem Zusammenhange stehen. Die Öffnung ist groß genug um einen Zweig der Kiemenbäume des einen Individuums in die Leibeshöhle des anderen hinübertreten zu lassen. Das kann nicht Wunder nehmen, da die Kiemenbäume ziemlich lose in der Leibeshöhle liegen und mit ihren Verästelungen in alle Lücken und Hohlräume eindringen, die sich ihnen darbieten. Die Untersuchung ı IV. Band für das Jahr 1877, Hamburg 4879. p. XV. Über eine abnorme Cucumaria planci. 23 - wurde nicht weiter ausgedehnt, einmal wegen des schlechten Erhal- f tungszustandes der Eingeweide, dann aber auch wegen des Wunsches, - den Habitus der Missbildung durch den anatomischen Eingriff nicht zu - vernichten. — Da man wohl kaum annehmen kann, dass die beiden mit einander verwachsenen Individuen ursprünglich von einander ge- — trennt gewesen und erst nachträglich in Verbindung getreten seien, so - muss die Doppelbildung sich aus dem embryonalen Leben herleiten. - Ich werde in dieser Auffassung bestärkt erstens durch den Umstand, & dass mir bei meinen entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen an Cucumaria planci mitunter ähnliche Doppelbildungen der Larven be- gegnet sind, ferner durch die soeben erschienenen interessanten Mit- “ theilungen von Drizsca!, in welchen der Nachweis erbracht wird, dass man durch künstliche Eingriffe (Schütteln) auf dem Zweizellenstadium - der Furchung neben sog. Theilbildungen, d. h. gesonderten Zwillingen - von halber Normalgröße, auch echte Doppelbildungen, d. h. Zwillinge, welche mit einander in körperlichem Zusammenhang stehen, hervor- rufen kann. Ganz anders aber scheint mir die Sache bei dem neuen, mir jetzt - vorliegenden Falle zu liegen. Es handelt sich dabei um ein erwach- - senes Exemplar der Cucumaria planei, welches mir im Anfang April dieses Jahres von der Zoologischen Station zu Neapel überschickt wurde. Die beiden Fig. I und 2 (Taf. IV) geben eine Dorsal- und eine Ventralansicht des Thieres in natürlicher Größe. Wie man sofort wahrnimmt, liegt das Besondere dieses Thieres darin, dass es im hin- teren Bereiche seiner vorderen Körperhälfte einen kurzen, dicken Aus- wuchs besitzt, welcher eine zweite Fühlerkrone trägt. Die Länge des ganzen Thieres beträgt ohne die Fühler 87 mm. Die Entfernung von der Mitte des Auswuchses bis zur Basis des normalen Fühlerkranzes misst 32 mm. Die Fühler des überzähligen Fühlerkranzes sind in ihrer Größe und im Reichthume ihrer Verästelung kaum schwächer ausge- - bildet als die normalen Fühler. Sie umstellen in kreisförmiger Anord- nung eine auf dem Gipfel des Auswuchses befindliche Vertiefung, welche sich auf den ersten Blick wie eine kontrahirte Mundöffnung ausnimmt. Sucht man aber mit einer feinen Sonde in diese scheinbare Mundöffnung einzudringen, so stößt man auf ein Hindernis, welches die Sonde aufhält und sich durch den nachher zu erwähnenden anato- _ mischen Befund aufklärt. | 1 Hans Driesch, Entwicklungsmechanische Studien. I. Der Werth der bei- den ersten Furchungszellen in der Echinodermen-Entwicklung. Experimentelle 7 Erzeugung von Theil- und Doppelbildungen. Diese Zeitschr. Bd. LIII. 1894. p. 160 178. 34 Hubert Ludwig, Da man die Lage des mittleren ventralen Radius an der Stellung der beiden kleineren Fübler des normalen Fühlerkranzes (s. Fig. 2) erkennt, lässt sich mit Leichtigkeit feststellen, dass der Auswuchs der linken Flanke des Thieres angehört. Aus einer näheren Betrachtung ergiebt sich ferner, dass unter den fünf radialen Doppelreihen von Füßchen nur die beiden linken, also der linke ventrale und der linke dorsale, sich auf den Auswuchs fortsetzen, während die drei anderen, also der mittlere ventrale, der rechte ventrale und der rechte dorsale in keinerlei Beziehung zu dem Auswuchse treten. Die drei zuletzt ge- nannten Ambulacren laufen in ganz normaler Weise von vorn nach hinten; nur zeigt das rechte dorsale Ambulacrum in der Gegend des Auswuchses eine leichte Knickung nach links (Fig. 4), welche mir lediglich eine Kontraktionserscheinung zu sein scheint. Die beiden linken Ambulacren dagegen erleiden nicht nur eine Abbiegung von ihrer normalen Richtung, sondern auch eine scheinbare Unterbrechung ihrer Kontinuität. Das von vorn herkommende linke ventrale Ambula- crum biegt an der Basis des Auswuchses nach links ab und läuft nun- mehr auf dem Auswuchse aufsteigend bis zu dessen Fühlerkrone, um hier scheinbar zu endigen; dieses auf den Auswuchs entfallende Stück des linken ventralen Ambulacrums wollen wir mit a bezeichnen. In ähnlicher Weise biegt auch der der hinteren Körperhälfte angehörige Theil des linken ventralen Ambulacrums auf den Auswuchs ab und setzt sich auf diesem bis zu dessen Fühlerkrone fort; der so auf den Auswuchs übergelenkte Theil des Ambulacrums möge mit b bezeichnet werden. Wie aus der Abbildung hervorgeht, bewahren die ambula- cralen Bezirke a und b. die zweizeilige alternirende Füßchenanordnung der normalen Ambulacralbezirke. Das linke dorsale Ambulacrum ent- sendet in ganz entsprechender Weise eine vordere mit c und eine hin- tere mit d bezeichnete Ablenkung auf den Auswuchs; dass an der Stelle, wo der hintere Abschnitt des linken dorsalen Ambulacrums auf den Auswuchs nach links abbiegt, die beiden Füßchenreihen etwas weiter als sonst aus einander weichen, ist offenbar nur eine ganz nebensächliche Erscheinung. Der ganze Auswuchs erhält auf die ge- schilderte Weise scheinbar vier zweireihige Ambulacren: a, b, cund d und unterscheidet sich dadurch von dem ähnlich aussehenden aber fünfstrahligen normalen Vorderende des Thieres. Die vier Ambulacren des Auswuchses sind durch eben so viele interambulacrale Bezirke von einander getrennt, die sich als vorderer, oberer, hinterer und unterer unterscheiden lassen. Der vordere zwischen a und c gelegene ist eben so wie der hintere zwischen b und d befindliche eine Fort- setzung des linken dorsalen Interambulacrums, während der obere, Über eine abnorme Cucumaria planei. 25 zwischen c und d gelegene sich als eine Fortsetzung des mittleren dor- salen und der untere, von a und b begrenzte als eine Fortsetzung des linken ventralen Interambulacrums zu erkennen giebt. Da die Zahl der Ambulacren des Auswuchses geringer ist als die des normalen Vorderendes, so lässt sich erwarten, dass auch die Fühlerzahl der überzähligen Fühlerkrone hinter derjenigen der normalen zurück- - bleibt. Thatsächlich zählt man deren denn auch nur sieben, was in so ; fern überraschend ist, als beim normalen Fühlerkranze je zwei Fühler - auf einen Radius entfallen, hier also bei vier Radien eigentlich acht - Fühler ausgebildet sein müssten. Aber in Wirklichkeit handelt es sich hier überhaupt nicht um vier Radien, sondern nur um zwei. Weiter oben habe ich schon die Vier- zahl der Ambulacren des Auswuchses als eine nur scheinbare bezeich- net. Wenn a, b, c, d wirklich vier gesonderte Ambulacren darstellten, welche den normalen Ambulacren ganz gleichwerthig wären, so müss- ten sie wie jene aus einem Ringkanal gesondert entspringen; ein sol- cher ist aber, wie wir nachher noch näher sehen werden, in dem Auswuchse nicht vorhanden. Wäre aber auch ein besonderer Ring- kanal in dem Auswuchse entwickelt, so würden sich sofort die wei- teren Fragen einstellen, wie kommt es, dass die vier von diesem Ring- kanal ausgehenden Wasserkanäle sich in ganz bestimmte Ambulacren des normalen Körpers fortsetzen? Warum sind dann die Radien und Interradien des Auswuchses unmittelbare Verlängerungen entsprechen- der normaler Bezirke; warum stehen sie z. B. nicht abwechselnd mit diesen? Und warum endlich entwickelte der Auswuchs, wenn er vier selbständige Ambulacren ausbilden konnte, deren nicht fünf? Alle diese Fragen beantworten sich sofort, sobald man annimmt, dass b die Verlängerung von a, und d die Verlängerung von c ist. Diese Annahme wird durch die anatomische Untersuchung als richtig erwiesen. Weder das linke ventrale, noch das linke dorsale Ambulaerum haben durch den Auswuchs eine wirkliche Unterbrechung ihrer Kontinuität erlitten. a giebt am Gipfel des Auswuchses statt der Füßchen Fühler ab, biegt sich dann, wie wir nachher noch genauer sehen werden, eine Strecke weit in das Innere des Auswuchses, kehrt dann um, erreicht wieder den Gipfel, bildet hier wieder Fühler und läuft dann als ambulacrale Füßchenstrecke b in die alte Richtung des _ Ambulacrums zurück, um sich in dieser in ganz normaler Weise bis . zur Kloakenöffnung fortzusetzen. a und b sind demnach nur scheinbar - von einander gesondert, in Wirklichkeit sind sie seitlich abgebogene, - aber zusammenhängende Theile ein und desselben Ambulacrums, welche nur das Eigenartige zeigen, dass sie auf dem Gipfel des Auswuchses 36 Hubert Ludwig, statt der Füßchen Fühler bilden. Diese Eigenartigkeit wird verständ- lich, wenn man erwägt, dass die Fühler mit den Füßchen homolog sind, wie ich das bei anderer Gelegenheit! näher aus einander gesetzt habe. c und d verhalten sich zu einander genau eben so wie a zub; auch sie sind zusammenhängende Theile eines und desselben Ambu- lacrums. Demgemäß besitzt der ganze Auswuchs der Ambulacren nicht, wie es den Anschein hat, vier, sondern nur zwei. Der Auswuchs kann desshalb nicht als eine reine Wiederholung eines normalen Vorder- endes betrachtet werden. Noch deutlicher wird das aus einer Untersuchung der inneren Anatomie unseres Thieres. Durch einen links von der dorsalen Me- dianlinie geführten Längsschnitt wurde das Thier geöffnet. Darm, Mesenterien, Kiemenbäume und Geschlechtsorgane erwiesen sich voll- ständig normal; sie zeigten nicht die geringste Betheiligung an dem Auswuchse. Auch der Kalkring ist ganz normal entwickelt. Der pralle Ringkanal trägt zwei große Porr'sche Blasen und einen kräftigen Stein- kanal. Da sich auf dem Gipfel des Auswuchses ein Fühlerkranz ent- wickelt hat, so sollte man erwarten, dass dieser überzählige Fühler- kranz in ähnlicher Weise wie der normale im Dienste der Nahrungs- aufnahme stände, also auch einen Mund umstelle. Dem ist aber nicht so. Weder eine Mundöffnung noch eine Spur von einem Darmrohre ist in dem Auswuchse zu entdecken. Wohl aber besitzt der Auswuchs einen den Fühlerkanälen zur Stütze dienenden Kalkring, an dessen Außenseite sich wie an den normalen Kalkring Rückziehmuskeln an- setzen. Dieser überzählige Kalkring (Fig. #) ist regelmäßig kreisförmig, unterscheidet sich aber von dem normalen durch seine geringere Größe und die geringere Zahl und die abweichende Anordnung seiner Glieder. Während der normale Kalkring eine an den Radialstücken gemessene Länge von 4,5 mm und eine Dicke von 8 mm besitzt, beträgt die Länge des überzähligen nur 2 mm und seine Dicke nur 2,5 mm. Statt aus zehn Gliedern ist er nur aus sechs Stücken gebildet, welche unter sich fast ganz übereinstimmen. Jedes Stück bildet eine nach dem Gipfel des Aus- wuchses gerichtete, ziemlich gleich breite, nur an der Spitze verjüngte Lacke, welche an ihrer Basis jederseits einen kurzen Fortsatz trägt, der mit dem entsprechenden Fortsatze der benachbarten Zacken sich zur Bildung des Ringes zusammenfügt. Im Großen und Ganzen haben also ! Vgl. meine Bearbeitung der Echinodermen in Bronn’s Klassen und Ord- nungen. p. 4128 und meine Abhandlung: Ankyroderma musculus. Diese Zeitschr. Bd. LI. 4894. p. 603, Über eine abnorme Cueumaria planci. 27 die Stücke des überzähligen Kalkringes eine ähnliche Form wie die des normalen. Vier von den sechs Gliedern des überzähligen Kalkringes dienen an ihrer Spitze zur Befestigung der radialen Längsmuskeln und der Rückziehmuskeln, entsprechen also in dieser Hinsicht den Radial- - stücken des normalen Kalkringes. Die zwei anderen Glieder stehen - zwischen je zwei radialen und haben weder zu den Längsmuskeln noch - zu den Rückziehmuskeln eine Beziehung, verhalten sich also wie Interradialstücke eines normalen Kalkringes. Die Vertheilung der zwei — Interradialstücke unter die vier Radialstücke ist die folgende (vgl. Fig. k). Die drei Radialstücke, welche den Ambulacralbezirken a, c und d entsprechen, stoßen unmittelbar an einander, dagegen ist das dem Ambulacralbezirk 5 entsprechende Radialstück von den beiden ihm zunächst gelegenen Radialstücken (a und d) durch je ein Inter- radialstück getrennt. Das eine Interradialstück gehört demgemäß zu dem unteren, das andere zu dem hinteren Interambulacralbezirke des Auswuchses, oder mit anderen Worten, das eine gehört zum linken ‘ ventralen, das andere zum linken dorsalen Interambulacrum des nor- malen Thieres. Das Bemerkenswertheste in dieser Anordnung scheint mir der Umstand zu sein, dass die beiden Interradialstücke des über- zähligen Kalkringes keine symmetrische Lagerung zu den beiden norma- - len, in den Aufbau des Auswuchses eintretenden Ambulacren innehalten. Das wäre der Fall, wenn entweder das jetzt unten (— ventral) gele- gene Interradialstück in der vorderen, oder, wenn das jetzt hinten gelegene in der oberen (= dorsalen) Interambulacralzone des Aus- wuchses sich befände. In beiden Fällen würden sich die beiden Interambulacralstücke einander gegenüber liegen und es ließe sich der ganze Auswuchs durch eine in der Richtung der normalen Längs- achse von vorn nach hinten verlaufende Ebene in zwei symmetrische Hälften zerlegen. So aber wie die Dinge thatsächlich liegen, ist eine solche Zerlegung nicht möglich. Will man aber nicht den ganzen Aus- > wuchs, sondern nur seinen Kalkring in zwei symmetrische Hälften theilen, so muss man die Theilungsebene schräg, in der Richtung vom ‘ Ambulacralbezirk c zum Ambulacralbezirk b, durch den Kalkring legen. Die in die Leibeshöhle gerichtete kreisförmige Basis des Kalk- ringes ist durch eine sehr dünne, durchscheinende Membran geschlos- sen. Sie ist es, welche es verhinderte, dass die von außen in die scheinbare Mundöffnung des Auswuchses eingeführte Sonde in das | "Innere eindrang. Eine ähnliche Membran füllt die Zwischenräume ; - zwischen den sechs Zacken des Kalkringes aus und befestigt den Kalk- ring an die Innenseite des Gipfels des Auswuchses; dort schlägt sie F - sich um, um sich in die Innenschicht der normalen Körperwand fortzu- I8 Hubert Ludwig, setzen. Vergeblich sucht man an dem überzähligen Kalkringe nach irgend einer Spur eines Ringkanales. Und da kein Ringkanal da ist, fehlt auch jede Andeutung einer Porr'schen Blase oder eines Stein- kanales. Daraus geht hervor, dass das Wassergefäßsystem, trotzdem dass äußerlich die überzählige Fühlerkrone diesen Eindruck erweckt, dennoch in dem Auswuchse kein besonderes Centrum erhalten hat. Der überzählige Kalkring dient zwar auch hier wie ein normaler dazu den Fühlerkanälen eine Stütze darzubieten; aber die beiden in den Kalkring eintretenden Ambulacren des normalen Thieres unterlassen es nach innen oder, was der Norm noch mehr entspräche, nach hinten von dem Kalkringe sich zur Bildung eines Ringkanals mit einander zu verbinden. Ich schnitt den Kalkring an einer Stelle vorsichtig der Länge nach auf, breitete ihn so viel als möglich aus einander, und glaube mich durch die Untersuchung der sich dann darbietenden Innenansicht überzeugt zu haben, dass an seiner Innenseite der von «a kommende Ambulacralkanal in den von b kommenden und eben so der von c kommende in den von d kommenden umbiegt. Zur vollen Siche- rung dieses Befundes wäre es allerdings nothwendig gewesen, den ganzen Kalkring mit den angrenzenden Theilen in eine Schnittserie zu zerlegen. Dass ich das dennoch unterließ, entschuldigt sich durch den Wunsch das interessante Unicum möglichst unversehrt zu lassen. Bis zur Ausführung einer solchen Schnittserie muss es auch eine oflene Frage bleiben, wie sich die radialen Nerven und Blutgefäße im Bereiche des überzähligen Kalkringes und Fühlerkranzes verhalten. Immerhin darf man vermuthen, dass sie sich wie sonst so auch hier der Anord- nung des Wassergefäßsystemes anschließen, also eben so wenig einen geschlossenen Nervenring und Blutgefäßring bilden, wie dieses einen Wassergefäßring entwickelt; der zu a gehörige Radialnerv wird ein- fach in den zu b gehörigen umbiegen, der zu c gehörige in den zu d gehörigen, und eben so werden sich die Blutgefäße verhalten. Leichter als die Wasserkanäle, Nerven und Blutgefäße lassen sich die Muskeln verfolgen. Wie die in Fig. 5 gegebene Skizze zeigt, biegen die Längsmuskeln der Körperwand im Bereiche der beiden linken Ambulacren in ganz derselben Weise wie diese von ihrer normalen Richtung ab, Da sich aber das vordere Stück eines jeden dieser beiden Längsmuskeln an ein anderes Radialstück des überzähligen Kalkringes ansetzt als das hintere, so erfahren sowohl der linke ventrale als der linke dorsale Längsmuskel des normalen Thieres durch die Bildung des überzähligen Kalkringes eine Unterbrechung ihrer Kontinuität. Der Kalkring hat sich gewissermaßen in den Verlauf dieser beiden Längs- muskeln eingeschoben — und nicht nur dieser Längsmuskeln, sondern Über eine abnorme Cucumaria planei. 29 auch der zu ihnen gehörigen, von ihnen abgespaltenen Rückzieh- - muskeln. Wie aus der Skizze hervorgeht, geben die drei Längsmuskeln, welche an dem Auswuchse unbetheiligt sind, ihre Rückziehmuskeln ungefähr auf der Höhe des Auswuchses ab. Dagegen entspringen die - beiden Retraktoren des linken dorsalen und des linken ventralen ‘ Ambulacrums viel weiter hinten und sind in derselben Weise wie die - zugehörigen Längsmuskeln durch den überzähligen Kalkring unter- brochen. Die vorderen und hinteren Hälften dieser beiden Retraktoren verhalten sich dem Kalkringe gegenüber wie vier besondere Rückzieh- muskeln, von welchen die beiden vorderen von den zwei vorderen Radialstücken des überzähligen Kalkringes zu den beiden linken Radial- stücken des normalen ziehen, die beiden hinteren aber von den zwei hinteren Radialstücken des überzähligen Kalkringes zum hinteren Theile der beiden linken Längsmuskeln hinlaufen. Aus der Gegenwart und der Anordnung der Rückziehmuskeln folgt, dass das Thier seinen über- zähligen Fühlerkranz eben so gut wird einziehen können wie den nor- malen. Ja es wird sogar jedes Zurückziehen des normalen Fühler- kranzes von einem sofortigen Zurückziehen des überzähligen begleitet sein, da die Retraktoren dieses letzteren identisch sind mit den beiden linken jenes ersteren. Fassen wir das Gesagte zusammen, so haben wir in dem Aus- wuchse, nicht wie es äußerlich zunächst den Anschein hat, die volle Wiederholung eines normalen Vorderendes, sondern nur eine theil- weise Wiederholung, welche sich ohne Mitbetheiligung desDarmrohresnurausden in der Körperwand vertrete- nen Organen (Wassergefäße, Nerven, Blutgefäße, Mus- keln)aufbautundin den Verlaufder beiden linken Ambu- lacren einschiebt; überdies unterscheidet sich der Auswuchs auch in diesen Organen von dem normalen Vorderende durch die geringere Zahl oder den Mangel einzelner Bestandtheile (nur vier scheinbare Ambulacren, nur sieben Fühler, nur sechs Glieder des Kalkringes, nur vier Längsmuskeln und Rückziehmuskeln, kein Ringkanal, wahrschein- lich auch kein Nervenring und kein Blutring, kein Steinkanal, keine Porr'sche Blase, kein Mesenterium!). Die Entstehung der eben beschriebenen Missbildung kann im Gegensatze zu den beiden anderen Eingangs berührten nicht auf das Embryonalleben zurückgeführt werden. Denn die Körperzone, von _ welcher diese Missbildung ausgeht, kommt überhaupt erst nach dem = Embryonalleben zur vollen Entwicklung. Läge hier eine auf embryo- nale Störungen zurückführbare partielle Doppelbildung vor, so wäre nicht zu verstehen, warum die Orientirung des Auswuchses sich so a kun 35 al ann TEL LE ern rn 27. SEE TEE Z Zell Se BE Ye 30 Hubert Ludwig, Über eine abnorme Cucumaria planci. genau in diejenige des normalen Thieres einfügt, dass seine Ambulaeren, Längs- und Rückziehmuskeln unmittelbare Fortsetzungen der entspre- chenden Organe des normalen Thieres sind. Man wird also annehmen müssen, dass in diesem Falle erst im postembryonalen Leben die Stö- rung eingetreten ist, welche die Missbildung herbeiführte. Wahrschein- lich hat das Thier während seines jugendlichen Wachsthums eine Ver- wundung (etwa durch einen Biss) in seiner linken Flanke erlitten, welche nicht einfach vernarbte, sondern im Zusammenhange mit der größeren Wachsthumsenergie des jugendlichen Thieres zur Bildung einer überzähligen Organgruppe führte, die in ihrer Gesammtheit eine unvollkommene Wiederholung eines normalen Vorderendes darstellt. Die ganze Erscheinung gehört demnach in die Kategorie der anormalen Regeneration. Bonn, den #4. December 1891. Erklärung der Abbildungen. Tafel IV. Fig. A. Ansicht der Missbildung der Cucumaria planci von der Rückenseite. 4/1. Fig. 2. Dessgleichen von der Bauchseite. 1/4. In beiden Figuren bedeutet ivR den linken ventralen, mvR den mittleren ventralen, rvR den ‚rechten ventralen, ldR den linken dorsalen und rdR den rechten dorsalen Radius. a, b, c,d, die Ambulacren des Auswuchses. Fig. 3. Verwachsene Zwillinge von Pseudocucumis acicula. 1/4. a, a’, die Vorderenden; db, b’, die Hinterenden der beiden Individuen. Fig. 4. Überzähliger Kalkring aus dem Auswuchse der Cucumaria planei, aus- gebreitet und von außen gesehen. Ungefähr 3/4. aR, bR, cR, dR, die den Ambula- cren a, b, c, d entsprechenden Radialstücke; IR, IR, die beiden Interradialstücke. Fig. 5. Innenansicht der missgebildeten Cucumaria planci in der Gegend des Auswuchses, um die Anordnung der Längs- und Rückziehmuskeln und die Lage des überzähligen Kalkringes zu erläutern. lvR, IdR, muR, ruR, rdR, die Längsmus- keln der fünf Ambulacren; 7, 2, 3, 4, 5, die fünf Rückziehmuskeln; 7, 2, I, II, die vier Rückziehmuskeln des überzähligen Kalkringes K; a,b, c,d, die Ambulacren des Auswuchses. Die Pfeile deuten auf die beiden Interradialbezirke des überzähligen Kalkringes hin, welche im Kalkringe ein Interradialstück besitzen. Synapticola teres n. g., n. sp., ein parasitischer CGopepode aus Synapta Kefersteinii Sel. Von e Dr. Walter Voigt. . Privatdocent und Assistent am zool. u. vergl. Anat. Institut zu Bonn. Mit Tafel V. ; Wie Professor H. Lupwis in seinem Bericht über die von Dr. J. - Brock im indischen Archipel gesammelten Holothurien ! bereits kurz > mitgetheilt hat, entdeckte er in der Leibeshöhle einer von Dr. Brock bei Amboina erbeuteten Synapta Kefersteinii Sel. einige Exemplare - eines neuen parasitischen Gopepoden. Die Beschreibung derselben ist _ der Gegenstand der nachfolgenden Zeilen und ich ergreife zunächst die Gelegenheit, um auch an dieser Stelle Herrn Professor Lupwic verbind- lichen Dank dafür abzustatten, dass er mir dieselben für eine nähere Untersuchung freundlichst zur Verfügung stellte. Trotz der geringen Anzahl fand ich zu meiner Freude doch beide - Geschlechter vertreten, zwei g' und drei ©, von letzteren eines mit - Eiersäcken. An diesen fünf Exemplaren ist es mir geglückt, nicht bloß - über die einzelnen Theile des Chitinskelettes, die Extremitäten und besonders die wegen ihrer Kleinheit schwer zu untersuchenden ‚ Mundtheile ins Klare zu kommen, sondern das vorhandene Material reichte außerdem gerade noch aus, um daran auch die wichtigsten Punkte der inneren Organisation studiren zu können. Der neue Cope- pode gehört, wie sich herausgestellt hat, in die Familie der Lichomol- giden, lässt sich aber in keiner der bisher beschriebenen Gattungen unterbringen, wesshalb er als Synapticola teres n. g., n. sp. in das Sy- - stem eingereiht werden möge. Die Krebse lagen frei in der Leibeshöhle der Synapta, nicht in i Zoologische Jahrbücher. Bd. II. Abtheilung für Systematik etc. 1888. pP. 818. 32 Walter Voigt, Säckchen eingeschlossen, wie die vor Kurzem von EpwArps! in Mülleria Agassizii Sel. gefundenen. Es muss vor der Hand dahingestellt blei- ben, ob die Leibeshöhle ihr eigentlicher Aufenthaltsort ist oder ob sie etwa durch einen Riss des Darmes aus diesem zufällig dorthin gelangt sind. Wie mir Professor Lupwıs mittheilt, erinnert er sich allerdings nicht, in der Darmwand irgend eine Verletzung wahrgenommen zu haben. Größe, Körperform. Fig. 15 und 16 auf Taf. V stellen Weib- chen und Männchen des in Rede stehenden Parasiten bei 25facher Ver- größerung dar. Das J' ist nur halb so groß wie das ©; letzteres hat eine Länge von 3, ersteres von 1,5 mm. In der Körperform gleichen sie Lichomolgus und verwandten Gattungen, von denen sie sich aber hauptsächlich durch die Gestalt der zweiten Antenne und der Ruder- füße unterscheiden. (Wenn ich im Folgenden gerade die Gattung Licho- molgus gelegentlich zum Vergleich heranziehe, so geschieht dies nur aus dem Grunde, weil über diese die genauesten Untersuchungen vor- liegen, aber nicht um etwa damit andeuten zu wollen, dass der neue Parasit mit Lichomolgus am nächsten verwandt sei; er schließt sich vielmehr am nächsten an die von Rosorz? beschriebene Gattung Asteri- cola an, von welcher aber die innere Organisation noch nicht bekannt ist.) Der Körper ist hinten fast drehrund, vorn am Cephalothorax abge- flacht und unbedeutend verbreitert. Der Gliederung des Körpers liegen 11 Segmente zu Grunde, von denen in beiden Geschlechtern das erste und zweite und beim © auch noch das siebente und achte verschmolzen sind, so dass dadurch in Wirklichkeit die Segmentzahl beim J! auf 10, beim © auf 9 herabsinkt. Der Kopf und das erste Thoracalsegment sind nur durch eine seichte Furche getrennt (Fig. 45, 16). Vom Rücken betrachtet erscheint der hintere Abschnitt des Gephalothorax (das erste Thoracalsegment) am breitesten, das zweite bis vierte Thoracalsegment sind merklich schmäler, und zwar nimmt beim 9° (Fig. 22) der Quer- durchmesser des Thorax bis zum vierten Thoracalsegment allmählich ein wenig ab, wogegen er beim © fast gleiche Breite beibehält, was mit der Entwicklung der Eieiter zusammenhängt, durch deren Verästelungen die in Rede stehenden Segmente gleichmäßig ausgefüllt und aufgetrieben werden. Das erste bis vierte Thoracalsegment sind mit wohlausgebil- 1 CHARLES L. EpwArds, Beschreibung einiger neuen Copepoden und eines neuen copepodenähnlichen Krebses, Leuckartella paradoxa. Archiv für Naturge- schichte. 57. Jahrgang. 1891. A. Bd. p. 79. 2 RosoLı, Über zwei neue an Echinodermen lebende parasitische Copepoden: Ascomyzon comatulae und Astericola Clausii. Sitzungsber. der kais. Akademie der Wissenschaften zu Wien. Bd. XCVII. Synapticola teres n. g., n. sp., ein parasitischer Gopepode aus Synapta Kefersteinii Sel. 33 deten Ruderfüßen versehen. Das fünfte ist beim g' wie beim Q be- - trächtlich dünner als die vorausgehenden und trägt jederseits ein rudi- mentäres Füßchen. Das sechste Thoracalsegment (Mırne EpwaArDs, DELLA F Varır) oder das erste Abdominalsegment (Craus) ist beim 9° breiter und a länger als das fünfte und trägt ebenfalls rudimentäre Füßchen. Beim 5 Q ist es noch stärker aufgetrieben und wie bereits erwähnt mit dem folgenden Segment verschmolzen. Von rudimentären Füßchen am sechsten Thoracalsegment war beim © nichts zu bemerken. Die Ab- \ dominalsegmente nehmen nach hinten allmählich an Größe ab, das letzte zeigt an der Stelle, wo sich die Furca ansetzt, eine schwache Einkerbung. Die Furca ist kürzer als das letzte Abdominalsegment und trägt drei Borsten, eine größere und zwei kleinere auswärts von jener. Ein Rostrum ist nicht vorhanden, der Kopf zeigt nach unten eine - Vorwölbung, die, ohne einen spitzen Vorsprung zu bilden, in die Ober- lippe sich fortsetzt (Fig. 9 g', Fig. 17 9). Die Untersuchung der Extremitäten wurde bei den in Spiritus be- findlichen Thieren sehr erschwert durch kleine Flocken geronnener Leibeshöhlenflüssigkeit der Synapta, welche die Krebse überzogen und - besonders an den Gliedmaßen hafteten, so dass erst nach Behandlung mit Kalilauge feinere Einzelheiten sichtbar wurden. Die Antennen sind in beiden Geschlechtern gleich gestaltet. Das . erste Paar (Fig. 10 g', Fig. 14 ©) ist siebengliederig, von den Gliedern ist das zweite am längsten, das dritte bis fünfte ziemlich gleich lang (doch ist das dritte ein wenig kürzer als die beiden folgenden), das sechste etwas und das letzte bedeutend kürzer als die vorhergehenden. Leider waren die Borsten zum großen Theil abgebrochen, so dass ich über ihre Anordnung keine völlig sicheren Angaben machen kann. Was ich an den Antennen der drei © gesehen habe, ist zusammen in Fig. 14 eingetragen, doch ist es möglich, dass dabei einige kleine Irr- thümer vorgekommen sind. Die Antennen des zweiten Paares (Fig. 10) “ sind kurz, dreigliederig, mit beweglich angegliederten Endhaken ver- sehen. Neben dem Endhaken trägt das letzte Glied noch eine Borste. An der konkaven Seite des Hakens findet sich auch hier die von Ders Varıe! bei verschiedenen Lichomolgiden und Sapphiriniden gefundene feine Öffnung, deren Bedeutung noch unklar ist, da es Deıza Varze nicht gelang, die von ihm in der Antenne vermuthete Drüse auf- zufinden (Fig. 13). Die viereckige weite Mundöffnung ist von vier Paaren von Mund- werkzeugen umstellt, von denen die Mandibeln, Maxillen und das 1 DerLA VALLE, Sui Coriceidi parassiti e sull’ anatomia del gen. Lichomolgus. Mittheilungen aus der zoologischen Station zu Neapel, 2, Bd. 1881. p. 89. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIIIL, Bd. Suppl. 3 34 Walter Voigt, erste Paar der Kieferfüße in beiden Geschlechtern übereinstimmen, während das zweite Kieferfußpaar, wie bei den verwandten Gattungen im männlichen Geschlecht, zu großen Klammerorganen umgebildet ist. Die Oberlippe war an den mit Kalilauge behandelten Thieren wegen ihrer Durchsichtigkeit schwer zu erkennen, da sich ihre Kontouren mit denen der darunter liegenden Mandibeln verwirrten, deutlich tritt sie dagegen auf den Längsschnitten durch die Mundwerkzeuge hervor (Fig. 17—19 ol). Sie bildet eine dünne, in der Mitte eingekerbte Platte (Fig. 12 ol). Die zweigliederigen Mandibeln (Fig. 6, 10—12 md) sind dünne, sichelförmig gekrümmte Platten, deren konvexer Rand an seiner der Medianebene zugewandten Partie mit feinen Zähnchen besetzt ist. Die gerundete eingekrümmte Spitze der Mandibeln besteht aus dickerem Chitin und hebt sich als stark glänzender Zapfen von dem übrigen ab. An einem durch Zerzupfen gewonnenen (etwas verdrücktem) Präparate (Fig. 6) war vor diesem Zapfen noch ein größeres glänzendes Zähnchen zu sehen, welches in normaler Lage der Mandibeln nicht wahrgenom- men wurde. Ein Tasteranhang fehlt. Die Maxillen (Fig. 10, 41, 47 m«) sind rudimentär und bilden kurze, nach der Spitze zu etwas verjüngte Cylinder, welche auf ihrem abgeplatteten Ende drei Borsten tragen. Das erste Kieferfußpaar (Fig. 10, 4 kf}) ist zweigliederig; das zweite Glied läuft an der Spitze in eine lange, schwach gebogene Pfrieme aus und trägt seitlich eine Borste. Nahe der Spitze der Pfrieme bemerkte ich beim © an der konkaven Seite ein etwas größeres und an der kon- vexen Seite eine Reihe ganz winziger starrer Härchen, die wahrschein- lich beim g' auch vorhanden sind, aber an dem einzigen mir zu Gebote stehenden Präparate (Fig. 10) allerdings nicht wahrgenommen wurden. Das zweite Kieferfußpaar ist beim © (Fig. 11 kf,) ebenfalls pfrie- menförmig, aber dreigliederig und mit stärker gekrümmter Pfrieme; das zweite Glied trägt eine Borste; an der konkaven Seite der Pfriemen- spitze befinden sich winzige starre Härchen. Beim 9J1 (Fig. 10 kf) ist das zweite Kieferfußpaar auch dreigliederig, aber viel größer als beim ©, und das Endglied besitzt statt der Pfrieme einen beweglich ange- gliederten langen gekrümmten Greifhaken, dessen zwiebelförmig ver- dickte Basis eine Borste trägt. Die Unterlippe wird durch eine wulstförmige, nach den Seiten hin verstreichende Vorwölbung an der hinteren Grenze der Mundöffnung gebildet, welche nur auf Längs- | schnitten deutlich hervortritt (Fig. 19 ul). In seiner Abhandlung über halbparasitische Gopepoden hebt Graus! ! CrAus, Über neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden, insbe- sondere der Lichomolgiden- und Ascomyzontiden-Gruppe. Arbeiten aus dem z00- logischen Institut der Universität Wien. VIII. 1889. p. 8. Synaptieola teres n. g., n. sp., ein parasitischer Copepode aus Synapta Kefersteiniüi Sel. 35 3 mit Recht hervor, dass es zur sicheren Deutung der zahlreichen Kon- - touren, welche das die Mundtheile enthaltende Feld durchziehen, von 7 Bedeutung ist, sich auch von der Gestaltung der im Inneren liegenden - Theile Rechenschaft zu geben und er empfiehlt, letztere vom Rücken 3 her zu untersuchen, da sie so am klarsten hervortreten. Ich habe in - den Fig. 10 und 11 der Übersichtlichkeit und Deutlichkeit wegen die - durchsehimmernden inneren Theile weggelassen und bringe diesel- ben für sich allein in der Ansicht von innen und bei etwas schwä- - cherer Vergrößerung in Fig. 4. Wenn ich Cuaus recht ‚verstehe, so sind die von ihm bei Lichomolgus doridicola und Paranthessius anemoniae — (a. a. 0. Taf. II, Fig.7;, Taf. IV Fig. 11 u. 19 a—d) als Mundgestell be- schriebenen inneren Theile nur zur Stütze der Mundtheile dienende Verdickungen des Chitinpanzers, wie bei Oniscidium aus der Familie der Peltidien!, welche mit den zum Ansatz der Muskulatur dienenden Einfaltungen des Panzers nichts zu thun haben. Über letztere macht Craus keine näheren Angaben. Für die richtige Auffassung der inneren Chitintheile bei Synapticola ist es unerlässlich, diese Dinge sorgfältig aus einander zu halten und scharf zwischen dreierlei Bil- dungen zu unterscheiden, nämlich: 1) den nur zur Festigung des - Panzers dienenden Verdiekungen, 2) den Einfaltungen oder Ver- diekungen des Panzers, an welchen sich die proximalen Enden gewisser Extremitätenmuskeln ansetzen, und 3) den Sehnen derGliedmaßen, an welchen die distalen Enden der Muskulatur befestigt sind. Beim ersten Anblick glaubte ich das von CGraus beschriebene Mundgestell bei Syn- ‚apticola wiederzuerkennen, eine genauere Untersuchung des Thieres von der Seite überzeugte mich aber bald, dass dasjenige, was ich An- fangs für die Leisten eines Mundgestells genommen hatte, zumeist die Sehnen der Mundwerkzeuge waren, da sie keine leistenförmigen Ver- dickungen des Panzers darstellten, sondern als mannigfach gekrümmte Lamellen von der Insertionsstelle der Gliedmaßen aus als deren Fort- setzungen frei ins Innere hineinragten. Ein Mundgestell im Sinne von Craus ist nicht vorhanden, das einzige, was man als etwas Derartiges in Anspruch nehmen kann, ist je eine leistenförmige Verdickung rechts und links vom Munde (Fig. I !), welche auch bei Untersuchung der Mundtheile von außen als glänzender wulstförmiger Vorsprung leicht sichtbar wird, wenn man den Tubus bis zur Insertionsebene der Mund- werkzeuge senkt. Außerdem bemerkte ich noch an einem durch Zer- | | zupfen der Mundtheile hergestellten Präparat eine viermal geknickte dünne Chitinspange (Fig. 12 s), die ich aber bei der Betrachtung der | ı Craus, Copepodenstudien. 4. Heft. Peltidien. Wien 1889. 3%* 36 Walter Voigt, Mundtheile von innen her (Fig. 1) mir nicht zur Ansicht bringen konnte. Über ihre normale Lage und ihre Funktion bin ich nicht ins Klare ge- kommen. Eine ähnliche Spange bildet Rosorr von Astericola als » Chitin- rahmen, der in die -Insertion der Gliedmaßen übergeht«, ab. Weiter war von derartigen Gebilden im Umkreis der Mundöffnung nichts zu bemerken. Anders ist es an den Antennen. Hier sieht man zunächst auch die Sehnen nach innen vorragen (Fig. 4), aber außerdem auch noch je eine längere knorrige Leiste, welche an der äußeren Basis der Antennen vorbei von vorn nach hinten zieht (al). Diese Leiste dürfte wohl den proximalen Enden einiger Muskeln als Ansatzstelle dienen. (Die übrigen Antennenmuskeln ziehen eben so wie die Muskeln der Mundtheile und die der Extremitäten überhaupt quer durch den Körper nach oben, um sich an der glatten Innenfläche der Rückseite des Panzers anzuheften.) Die beiden Antennenleisten stehen an ihrem hin- teren Ende durch eine dünne Chitinplatte mit einander in Verbindung. Weiter nach vorn ist endlich noch ein dünnes Chitinband zu sehen, welches in U-förmig geschlungenem Bogen zwischen den vorderen An- tennen sich ausspannt und mit einem erweiterten und verdickten Anhang jederseits versehen ist. Über den Zweck derselben weiß ich nichts Sicheres anzugeben, möglicherweise ist er ein Stützapparat des wahrscheinlich vorhandenen Auges. Im Thorax verbinden schmale Leisten die Insertionspunkte je zweier zusammengehöriger Ruderfüße (w). Sie stellen die inneren Theile der Bauchwirbel! dar. Wie der Längsschnitt Fig. 8 zeigt, sind bei Synapticola die Bauchwirbel sehr einfach gestaltet, sie werden vorn durch eine bloße Verdickung des Panzers gebildet und endigen hinten mit einer Ein- und Ausfaltung (Fig. 8 w). Die vier ersten Thoracalsegmente tragen normal ausgebildete Ru- derfüße, welche in beiden Geschlechtern sämmtlich die gleiche Ge- stalt besitzen (Fig. 3) und beim einzelnen Individuum auch unter ein- ander gleiche Größe haben. Am Basaltheil war eine Trennungslinie, welche auf die Zusammensetzung aus zwei Gliedern hindeutet, nur. schwer wahrzunehmen. Der Außenast besitzt drei, der Innenast aber nur zwei Glieder. Durch diesen an sämmtlichen Füßen nur zweiglie- derigen Innenast unterscheidet sich der neue Copepode von den bisher bekannt gewordenen verwandten Gattungen, wo derselbe gewöhnlich dreigliederig ist, oder wo in einzelnen Fällen eine Verminderung seiner Gliederzahl nur am vierten Fußpaar allein auftritt. Ein Hinweis auf Fig. 3 überhebt mich einer umständlichen Beschreibung der Gestalt, ! ZexkEr, Über die Cyclopiden des süßen Wassers. Archiv f. Naturgeschichte. 20. Jahrg. 1. Bd. 1854. p. 90. Synapticola teres n. g., n. sp., ein parasitischer Gopepode aus Synapta Kefersteinii Sel. 37 - Größe und Anzahl der Borsten. Das fünfte Fußpaar (Fig. k) besteht in - beiden Geschlechtern aus einem kleinen halbkugeligen Zapfen, welcher _ zwei ungleich lange Borsten trägt. Neben dem Stummel befindet sich "noch eine isolirte Borste. Das sechste Fußpaar der g' (Fig. 5) gleicht dem fünften, nur ist mir eine daneben stehende Borste nicht zu Ge- ; sicht gekommen. Beim © fehlt es ganz, wie bereits erwähnt wurde. | Das centrale Nervensystem (Fig. 9) ist wie bei den ver- - wandten Formen zu einer gedrungenen, vom Ösophagus durchbohrten E Masse verschmolzen, in welcher einzelne Ganglien nicht mehr zu un- terscheiden sind. Es ist fast ganz in den Kopf gerückt und reicht nur ein klein wenig in das erste Thoracalsegment hinein. Das Hinterende - verjüngt sich allmählich und geht in einen unpaaren, in der Median- - ebene verlaufenden Hauptnerv über, welcher sich weit nach hinten ver- folgen lässt. Vom oberen Schlundganglion sieht man einen mittleren und je zwei seitliche Nerven nach vorn ziehen. Die seitlichen sind die An- tennennerven, deren Wurzeln verschmolzen sind. Der mittlere stellt vermuthlich den Augennerven dar, doch konnte das Vorhandensein eines Auges wegen des nicht genügend günstigen Erhaltungszustandes - des einzigen mir für eine Längsschnittserie zur Verfügung stehenden > J' nieht mit Sicherheit nachgewiesen werden, und an dem Kopf des - ©, von welchem die in Fig. 17—19 dargestellten Schnitte durch die _ Mundtheile angefertigt sind, war leider die dorsale Partie beim Ein- schmelzen verunglückt. Was mich hauptsächlich in der Vermuthung bestärkt, dass der mittlere Nery den Opticus und nicht den medianen Hautnerven der Corycaeiden darstellt, ist der Umstand, dass er sich - nicht in nach der Haut führende Verästelungen auflöst, sondern nach kurzem Verlauf an ein paar rundlichen, leider schlecht erhaltenen Kör- pern endigt, in welchen ich die hinteren Linsen des Doppelauges ver- - muthe. Von den übrigen Theilen des Auges, dem Pigmentkörper, den > Conspicillen ete. war nichts Sicheres mehr nachzuweisen, was jedoch an - und für sich nicht gerade gegen das Vorhandensein eines Auges spricht, - da wir durch LeverArr! erfahren haben, dass auch bei den in Glycerin ‚aufbewahrten Corycaeiden die Conspicillen nur noch undeutlich oder © gar nicht mehr wahrzunehmen sind. © Der Darm (Fig. 9) durchzieht als ein fast gleich weites gerades ‚Rohr den Körper, um dorsal zwischen der Furca zu münden. Die weite "Mundöffnung ist viereckig (Fig. 10, 11). Der enge Ösophagus zieht EEE REBTT N ® 1 LEUCKART, Über die Gesichtswerkzeuge der Copepoden. Archiv für Natur- geschichte. 25. Jahrg. 4. Bd. 1859. p. 251. 38 Walter Voigt, keinen über die Einmündungsstelle des Ösophagus nach vorn hervor- stehenden Blindsack. Die beiden Leberschläuche sind kurz, ihre Ein- mündungsstelle liegt gerade so weit hinter dem Vorderende des Ma- gens, als ihre eigene Länge beträgt, so dass das Vorderende des Dar- mes mit den Leberanhängen vom Rücken betrachtet, einen gleichmäßig dreilappigen Umriss zeigt (Fig. 7). Zwischen Magen und Enddarm ist eine deutliche Grenze nicht wahrzunehmen. Von den weiblichen Geschlechtsorganen war wegen der starken Verästelungen des Eileiters, welche zu viel verdeckten, vom Rücken her kein übersichtliches Bild zu bekommen. Ich beschränke mich desshalb auf die Wiedergabe der in Fig. 15 und 23 dargestellten Seitenansichten von außen und im Sagittalschnitt. An der letzteren Figur fehlt leider der Cephalothorax, welcher zu dem in Fig. 17—I9 dargestellten Präparat verwendet werden musste, und damit fehlt denn auch der Eierstock, ein Mangel, der jedoch wenig zu bedeuten hat, da die weiblichen Geschlechtsorgane in ihrem Bau sich eng an die bei Lichomolgiden beobachteten Verhältnisse anschließen. Der Eierstock liegt im hinteren Theile des Kopfbruststückes, d. h. im ersten Thora- calsegmente oberhalb des Magens in der Medianebene. Er ist etwas mehr in die Länge gestreckt und weniger breit, als der von Lichomol- gus Sarsiil, und erscheint als eine unpaare Drüse von der Form eines an der Spitze abgerundeten Kegels, dessen verbreiterte Basis nach vorn gerichtet ist. An dieser Basis treten die paarigen Eileiter aus, welche bei Synapticola in zwei scharf getrennte Abschnitte zerfallen: erstens einen dünnwandigen, dicht mit Eiern erfüllten Theil, dessen Veräste- lungen nach vorn zu weit in den Kopf und nach hinten bis zum Ende des vierten Thoracalsegmentes reichen; und zweitens einen dieckwan- digen (wahrscheinlich muskulösen), nicht mit Eiern erfüllten Ausfüh- rungsgang, welcher im dritten Thoracalsegment aus dem ersteren her- vorkommt und bis zur Geschlechtsöffnung führt (Fig. 23). Dieser Ausführungsgang ist eine Strecke weit von einem Blindsack des dünn- wandigen Theiles begleitet, welcher jedoch mit ihm an keiner anderen Stelle, als an der gemeinschaftlichen, in der Zeichnung mit e bezeich- neten Einmündungsstelle in Verbindung steht. Das Receptaculum seminis ist eine langgestreckte, bis ins dritte Thoracalsegment rei- chende Blase, deren Ausführungsgang sich kurz vor seinem Ende in zwei Schenkel gabelt (Fig. 24), welche, ohne sich zu erweitern, nach rechts und links zur Geschlechtsöffnung führen, wo sie dicht neben und ventral von den Oviducten münden. Die weibliche Geschlechts- öffnung ist in Fig. 20 abgebildet; sie zeigt zwei Systeme fächerförmig 1 Derza VALLE a.a. O0. T.II, Fig. 22. Synapticola teres n. g., n. sp., ein parasitischer Copepode aus Synapta Kefersteinii Sel. 39 ‚ausstrahlender Leisten, welche Verdickungen des Chitinpanzers dar- ‚stellen. Die Eiersäckchen (Fig. 15, 24) sind kegelförmig, 1 mm lang, am proximalen Ende 0,07 mm, am distalen Ende, wo im optischen _ Querschnitt vier Eier neben einander liegen, 0,22 mm breit. Das ein- - zelne Ei misst 0,06 mm. % Männliche Geschlechtsorgane. Die Hoden (Fig. 22) sind paarig und zeigen in so fern ein eigenthümliches Verhalten, als sie nur _ am äußersten Ende hinten durch einen kurzen Kanal mit einander ver- wachsen sind. Sie erstrecken sich durch das erste und zweite Thora- — ealsegment. Die Vasa deferentia entspringen an den vorderen En- den und verlaufen mit schlängelnden Windungen bis in das letzte Tho-- _ racalsegment (Mirne-Eowarps), bezüglich das erste Abdominalsegment - (Craus), in welchem sie sich zu der Spermatophorentasche erweitern. > Die am hinteren Ende des Segmentes befindlichen Ausführungsöffnun- - gen waren leider nicht zu sehen. In den Spermatophorentaschen - (Fig. 21) befanden sich je eine birnförmige Spermatophore von 0,1 mm - Länge und 0,035 mm Breite. Von den drei Bestandtheilen des Inhaltes 4 der Spermatophoren waren Samenmasse und Kittstoff in Folge der > mangelhaften Konservirung nicht mehr zu unterscheiden, sondern bil- - deten zusammen eine 0,06 mm lange und 0,03 mm breite, scharf kon- - tourirte birnförmige Masse. Der hintere Theil der Spermatophore ist mit dem Austreibestoff (a) erfüllt, welcher den birnförmigen Körper bis zur Hälfte umhüllt. Eine ausgestoßene Spermatophore ist in Fig. 25 _ abgebildet. Dieselbe ist mit einem kurzen Stiel versehen und misst - 0,125 mm in der Länge und 0,05 mm in der Breite. Während bei Li- chomolgus, welcher eine unpaare männliche Geschlechtsöffnung be- sitzt, die beiderseitigen Spermatophoren mit ihren Stielen zusammen- - hängen und in Folge dessen immer paarweise an der Geschlechtsöffnung - des Weibchens sitzen, war die abgebildete Spermatophore einzeln dem ‘ Weibchen angeheftet. Da bei Synapticola auch die Spermatophoren- taschen ziemlich weit aus einander liegen, so dürften hier vielleicht die männlichen Geschlechtsöffnungen getrennt sein. Sonderbarerweise fand sich die in Rede stehende Spermatophore nicht an der Körper- wand des Weibchens, sondern an der Basis des Eiersäckchens ange- heftet, so dass also das brünstige Männchen hier zu spät, erst nach dem " Ausstoßen der Eier zur Begattung geschritten war, was um so auffal- lender ist, als ja noch zwei andere geschlechtsreife Weibchen vorhan- "den waren, welche ihre Eier noch nicht entleert hatten. Bei diesen aber waren noch keine Spermatophoren an den Geschlechtsöffnungen zu sehen. | Da anzunehmen ist, dass der in Vorstehendem beschriebene CGope- AO Walter Voigt, pode nur sehr selten wiedergefunden werden wird, so habe ich es nicht für überflüssig gehalten, eine möglichst genaue Darstellung von Allem zu geben, was bei der mangelhaften Konservirung überhaupt herauszubringen war, um späteren Bearbeitern der Lichomolgiden Material an die Hand zu reichen, dem neuen Copepoden sicher seine Stelle im System anzuweisen, wenn sich meine oben ausgesprochene, auf den nahe übereinstimmenden Bau der Mundwerkzeuge sich stüt- zende Ansicht, dass derselbe neben Astericola zu stellen sei, in Zukunft etwa nicht bestätigen sollte. Zum Schluss möge hier noch eine über- sichtliche Zusammenstellung der charakteristischen Merkmale unserer neuen Gattung folgen: Synapticola.n. g@. Der Körper ist im Querschnitt hinten fast drehrund, vorn dorso- ventral schwach zusammengedrückt. Der Unterschied in der Breite des vorderen und hinteren Körperabschnittes ist weniger beträchtlich als bei den meisten verwandten Gattungen. Der CGephalothorax ist nur mäßig, verbreitert, sein Umriss erscheint, vom Rücken betrachtet, be- deutend schmäler als ein Halbkreis, indem der Querdurchmesser nur wenig größer ist, als der Längsdurchmesser. Der dünnere hintere Körperabschnitt beginnt mit dem fünften Thoracalsegment. Die der Körpergliederung zu Grunde liegende Segmentzahl ist elf; davon sind Kopf und erstes Thoracalsegment in beiden Geschlechtern unvollkommen verschmolzen, die Grenzlinie zwischen beiden erscheint als seichte Einkerbung. Außerdem sind beim © das sechste Thoracal- segment und das erste Abdominalsegment (MıLne-EpwaArDs, DELLA VALLE) bezüglich das erste und zweite Abdominalsegment (Craus) mit einander verschmolzen, so dass in Wirklichkeit das g' zehn, das Q neun Seg- mente besitzt. Ein Rostrum fehlt. Die vorderen Antennen sind kurz und reichen nur bis an die Basis des zweiten Kieferfußpaares. Sie sind siebengliederig, ihr zweites Glied am längsten, das dritte nur unbedeutend kürzer als das vierte und fünfte. Die Greifantennen sind dreigliederig mit beweglich an- gegliedertem einfachen großen Klammerhaken und einer Borste neben diesem. Die Oberlippe ist eine dünne, in der Mitte eingekerbte Platte. Die Unterlippe wird durch eine wulstförmige Vorwölbung gebildet. Die zweigliederigen Mandibeln besitzen keinen Tasteran- hang, sie sind sichelförmig gebogene, breite, dünne Platten, deren = Y Mr PR Synapticola teres n. g., n. sp., ein parasitischer Gopepode aus Synapta Kefersteinüi Sel, 41 konvexer Rand an seinen der Medianebene des Körpers zugewendeten Partien mit feinen Zähnchen besetzt ist; sie enden stumpf mit einer eingekrümmten und abgerundeten Verdickung. Die rudimentären Maxillen bestehen aus einem kegelförmigen un- gegliederten Zapfen mit drei Borsten am Ende. | Das vordere Kieferfußpaar ist zweigliederig, ohne Außen- ast, sein letztes Glied läuft ineineschwach gekrümmte ae ne aus und besitzt eine Seitenborste. Das hintere Kieferfußpaar des Weibchens ist dreigliede- rig, sein letztes Glied läuft ineineschwach gekrümmte Pfrieme aus, sein vorletztes Glied besitzt eine Seitenborste. Das hintere Kieferfußpaar des Männchens ist dreigliederig, sein letztes Glied trägt einen beweglich angegliederten, großen, gekrümm- ten Klammerhaken, an dessen zwiebelförmig verdickter Basis eine Sei- tenborste sich befindet; das vorletzte Glied hat keine Borste. Die Schwimmfüße des ersten bis vierten Paares sind unter ein- ander und bei beiden Geschlechtern sämmtlich gleich gestaltet. Ihr Basaltheil ist unvollkommen zweigliederig. Der Außenast besitzt drei, der Innenastnur zwei Glieder. Das rudimentäre fünfte Fußpaar besteht aus je einer kurzen, mit zwei ungleichen Borsten versehenen Papille, neben welcher:sich noch eine besondere Borste befindet. Das rudimentäre sechste Fußpaar ist nur beim gt vorhanden und gleicht dem fünften bis auf die (bei den zwei untersuchten Exempla- ren) fehlende Nebenborste. Bonn, im September 1891. Erklärung der Abbildungen. Buchstabenerklärung. a, Austreibestoff der Spermatophore; al, Antennenleiste; d, Bauchwirbel; d, Darm; e, Einmündungsstelle des die Eier enthaltenden dünnwandigen Theiles des Eileiters in den diekwandigen Ausführungsgang; kfı, kfe, Kieferfüße; /, leistenför- mige Verdickung jederseits der Mundöffnung; !s, Leberschlauch; md, Mandibel; mx, Maxille; oe, Ösophagus; ol, Oberlippe; ov, Oviduct; «l, Unterlippe; s, Chitin- spange an der Basis der Oberlippe. Tafel V. Fig. 4. 420/4 (Kalilaugepräparat). Die ins Innere des Panzers hineinragenden Chitintheile: Sehnen der Gliedmaßen, Antennenleiste (al), Bauchwirbel (w) etc., vom Rücken her durch die durchsichtige Rückenpartie des Panzers hindurch beob- achtet. Das Chitinrohr des Ösophagus ist weggelassen worden. 42 Walter Voigt, Synapticola teres n. g., n. sp., ein parasitischer Gopepode etc. Fig. 2. 240/41 (Kalilaugepräparat). Die hintere Sehne des ersten linken Maxil- larfußes, so schattirt, wie sie sich bei auffallendem Lichte ausnehmen würde, Fig. 3. 400/4 (Kalilaugepräparat). Rechter Ruderfuß von & und Q. Fig. 4. 200/41 (Kalilaugepräparat). Rudimentärer fünfter Fuß von $ und ©. Fig. 5. 200/14 (Kalilaugepräparat). Rudimentärer sechster Fuß des d. Fig. 6. 400/4 (Kalilaugepräparat). Mandibel des @ , durch Zerzupfen isolirt, beim Auflegen des Deckgläschens etwas verdrückt, so dass die Zähnchen des freien Randes nach innen verschoben sind. Fig. 7. 50/4. Ansicht des Darmes eines in Nelkenöl liegenden $ vom Rücken her. !s Leberschläuche. Fig. 8. 170/41. Längsschnitt durch den Bauchwirbel (w) des ersten Thoracal- segmentes vom 5. Das Vorderende ist rechts. Fig. 9. 50/4 (Boraxkarmin, Kanadabalsam). Sagittaler Längsschnitt durch das 5. Nervensystem, Darmkanal, Hoden. Der Leberschlauch und die Antennen- nerven sind aus dem nächsten Schnitt eingezeichnet. Fig. 10. 450/4 (Kalilaugepräparat). Cephalothorax des & in der Ansicht von unten. Fig. 14. 150/14 (Kalilaugepräparat). Mundtheile des Q©. Fig. 42. 300/4 (Kalilaugepräparat). Oberlippe und Mandibeln des Q@ schräg von unten und vorn. s Chitinspange von unbekannter Bedeutung, durch die Man- dibeln hindurchschimmernd. | Fig. 13. 300/4 (Kalilaugepräparat). Klammerhaken der Greifantenne. Fig. 14. 450/4. Erste Antenne des Q. In Bezug auf die Borsten ist die Zeich- nung nicht ganz zuverlässig, vgl. den Text p. 33. Fig. 15. 25/4. © in Nelkenöl. Nur der Eileiter und der Umriss des Recepta- culum seminis sind eingezeichnet, Muskulatur und Darm aber fortgelassen. Fig. 16. 25/4. & in Nelkenöl. Nur die Geschlechtsorgane sind eingezeichnet. Fig. 17—19. 200/4. Drei auf einander folgende Schnitte durch die Mund- theile eines @.' In Fig. 19 ist die Greifantenne und der zweite Kieferfuß fortgelas- sen worden. Fig. 20. 80/4 (Kalilaugepräparat). Q@ Geschlechtsöffnung mit den fächerför- migen Chitinleisten. Am rudimentären Fuße fehlten zwei Borsten, vgl. Fig. 4. Fig. 24. 160/4 (Nelkenöl). Rechte Spermatophorentasche. a Austreibestoff. Fig. 22. 50/4 (Nelkenöl). & Geschlechtsorgane. Fig. 23. 25/4 (Nelkenöl). Der Länge nach halbirtes @. Eileiter und Recepta- culum seminis, dessen Inhalt geschrumpft ist. Der Darmkanal ist weggelassen und von der Muskulatur sind nur die Längsmuskeln des Bauches und die Extremitäten- muskeln eingezeichnet. Fig. 24. 25/1 (Nelkenöl). Ausführungsgang des Receptaculum seminis und. Endtheil des Oviductes vom Rücken. Fig. 25, 300/4 (Kalilaugepräparat). Abgesetzte Spermatophore. Die Phylogenie der Beutelknochen. Eine entwicklungsgeschichtlich-vergleichend anatomische Studie. Von R. Wiedersheim in Freiburg i. B, Mit Tafel VI und VII. Seit mehreren Jahren mit Untersuchungen über die Entwicklung und vergleichende Anatomie des Schulter- und Beckengürtels be- schäftigt1, habe ich unter Anderem auch der Erforschung der Beutel- knochen (Össa marsupialia) meine Aufmerksamkeit zugewendet. Dies erschien mir um so nothwendiger, als über die morphologische Bedeutung dieser Skeletttheile die Meinungen noch sehr weit aus einander gehen und weder hinsichtlich ihrer Stammesgeschichte noch ihrer Ontogenese eine allerseits befriedigende Einigung erzielt ist. ‘Wenn ich glaube, eine solche durch die vorliegende Studie an- bahnen, oder gar erreichen zu können, so beruht diese meine Annahme auf der Thatsache, dass sich meine Erfahrungen über die Bildungs- geschichte und Anatomie des Beckengürtels nachgerade auf sämmtliche Hauptgruppen der Wirbelthiere erstrecken. Auf Grund dessen werde ich meine Betrachtungen bei den Fischen beginnen und bis zu den Säugethieren durchführen. Fische. Schon im Jahre 1889 habe ich nachgewiesen, dass der Schulter- wie der Beckengürtel der freien Extremität gegenüber als ein sekundäres Gebilde zu betrachten sei, welches genetisch auf das Basalstück derselben, das Metapterygium GEGENBAURr’Ss, zurückgeführt - werden müsse. 1 Vgl. mein Buch: Das Gliedmaßenskelett der Wirbelthiere, mit besonderer Berücksichtigung des Schulter- und Beckengürtels bei Fischen, Amphibien und - Reptilien. Jena 4892, Verl. von Gustav Fischer. 44 R. Wiedersheim, In früher Embryonalzeit schon wachsen nämlich diese Skelett- elemente, welche selbst wieder aus einem Multiplum von Einzelradien hervorgegangen zu denken sind, bei Haifischen! in die ventrale Körperwand ein, schieben sich mit ihren proximalen Enden einander entgegen, schnüren sich unter Bildung eines Schulter- und Hüftge- lenkes von ihrem peripheren Abschnitt, welcher dadurch zum Hume- rus, bzw. Femur wird, los, und verwachsen in der ventralen Mittel- linie mit einander zu einer einheitlichen Spange. Letztere stellt den Schultergürtel, resp. den ventralen Abschnitt des Beckens, das Ischio-Pubis, vor. Die Beckenplatte springt schon bei Selachiern in gewissen Fällen an ihrem Vorderrand medianwärts in einen gegen den Kopf zu gerichteten kurzen Fortsatz aus, welcher seinem Ursprung nach paariger Natur ist, und so zu sagen als eine Vereinigung der proxi- malen Apophysenenden der beiderseitigen Beckenhälften zu betrachten ist. Dieser Fortsatz gelangt schon in der Reihe der Ganoiden, nämlich bei Polypterus, zu viel kräftigerer Entwicklung, unterliegt übrigens, da es, wie ich schon früher ? gezeigt habe, hier noch nicht in allen Fällen zu einer vollständigen Differenzirung des Beckens kommt, zahl- reichen Form- und Größenschwankungen. So kann er z.B. auf der einen Seite mit der proximalen Knorpelapophyse des Basale der Bauch- flosse noch zu einer Masse verbunden bleiben, während auf der an- deren ein im Knorpel platzgreifender Einschmelzungsprocess bereits zu seiner Differenzirung geführt hat. Wieder in anderen Fällen sind beide Becken- bezw. Fortsatzhälften wohl ausgebildet, ohne dass es jedoch zu einer Verschmelzung derselben in der Mittellinie kommt. Eine solche erscheint aber bei älteren Thieren in der Regel fast oder ganz durchgeführt, und dieses Verhalten habe ich auf Fig. I, welche sich auf ein 68 cm langes Exemplar von Polypterus bezieht, darge- stellt. Man sieht hier, wie das Becken durch eine kleine hyalin knorpe- lige Platte von etwa rautenförmiger Gestalt dargestellt wird. Dieselbe zeigt kaum noch eine Spur ihrer paarigen Anlage (bei 7), ist mit den Knorpelapophysen (Ap) des gewaltigen Basale (Bas) durch Syndesmose aufs engste verbunden, und verjüngt sich kopfwärts zu einem schnabel- artigen Fortsatz (Ep). Das Becken bleibt hier noch gänzlich frei von Muskulatur. | Um eine ganz ähnliche Abgliederung eines Beckenrudimentes vom Basale der Bauchflosse handelt es sich, wie ich in meiner gleich 1 Ganz eben so verhält es sich, wie ich an anderer Stelle (l. c.) gezeigt habe, auch bei Ganoiden. 2 R. WIEDERSHEIM, Über das Becken der Fische. Morphol, Jahrb. Bd. VII. A881. Die Phylogenie der Beutelknochen. 45 - zu Anfang erwähnten, größeren Arbeit des Näheren aus einander gesetzt habe, auch bei gewissen Knorpelganoiden, doch kommt es hier nie zu einer Verwachsung beider Beckenplatten, sondern im höchsten Fall zu einer Übereinanderschiebung und Fixirung derselben durch Bindegewebe. In beiden Fällen aber, d. h. sowohl bei Polypterus wie bei Scaphirhynchus, kann das ganze Becken nur einem Theil desjenigen der Selachier und der terrestrischen Thiere, und zwar dem mittleren, rechts und links von der Symphysengegend gelegenen, ent- sprechen. Daraus folgt aber, dass auch die Artikulationsstelle der freien Flosse, d. h. die Regio acetabularis, in beiden Fällen nicht homolog sein kann, und dass andererseits bei den Ganoiden diejenigen lateralen Beckenabschnitte, durch welche bei Selachiern und bei den Stapedifera der Nervus obturatorius hindurchgeht, noch nicht entwickelt, sondern in den proximalen Abschnitten der Basalia so zu sagen noch latent sind. Es ergiebt sich also, dass es sich bei dem Ganoidenbecken nicht sowohl um eine Rückbildung handelt, sondern dass dasselbe vielmehr - noch auf ungleich niederer Entwicklungsstufe steht, als dasjenige der R Selachier, und dass es von jenem Nerven schon aus dem Grunde nicht - durchbohrt sein kann, weil es mit demselben einfach noch gar nicht in Kontakt kommt. Dipnoör. Ganz ähnliche Gesichtspunkte, wie ich sie soeben für Polypterus aus einander gesetzt habe, ergeben sich auch für dieDipnoer. Auch hier (vgl. Fig. 2) stellt das noch rein hyalinknorpelige Becken einen sehr schmalen, in das Hinterende der Linea alba abdominis einge- sprengten Körper dar, mit welchem hinten und seitlich die Bauch- flossen (BP) in Gelenkverbindung stehen. Da letztere aber — und dasselbe gilt auch für die Brustflossen — in der Reihe der Doppel- athmer zu mächtiger Entfaltung gelangen, so hat hier das Becken F durch Entsendung von zwei Fortsätzen eine bedeutendere Festigung in der Rumpfwand erfahren. Jene Fortsätze, wovon der eine paarig, der andere unpaar ist, leisten hier in mechanischer Beziehung das- = selbe, was bei Selachiern und den meisten terrestrischen Vertebraten = durch die Breitenentwicklung der Beckenspange, bzw. durch das Ilium f erreicht wird. i Der paarige Fortsatz, welcher, wie ich schon in früheren Arbeiten gezeigt habe, bei Geratodus viel weniger stark entwickelt ist, als bei Protopterus (Fig. 2 PP), woselbst er noch einen seitlichen Aus- läufer besitzen kann, entspricht einem Praepubis (vgl. Fig. 4—6), 46 R. Wiedersheim, während der unpaare, in der Vorwärtsverlängerung des Beckens liegende mediane Auswuchs aus einer weiteren Fortentwicklung des gegen den Kopf zu schauenden Vorderendes des Polypterusbeckens hervorgegangen zu denken ist (vgl. Fig. 1 und 2 bei Ep). Kurz, er repräsentirt ein Epipubis, für dessen paarige Anlage auch bei Dip- noörn noch Beweise vorliegen (Höhlenbildungen im Inneren), und welches hier wie dort als eine spitz ausgezogene Verlängerung der gesammten Beckenplatte erscheint. Auch das schmale Dipnoerbecken ist aus Gründen, die schon er- örtert worden sind, vom Nervus obturatorius noch nicht durchbohrt, so dass auch hier die proximalen Abschnitte des Basalstrahles noch der freien Flosse angehören, während sie bei Selachiern zum Aufbau der lateralen Beckenzone Verwendung gefunden haben. Weder bei Ganoiden noch bei Dipnoern ist eine Andeutung des Iliums, d. h. jenes Beckenabschnittes, vorhanden, welcher als wich- tiger mechanischer Faktor bei der terrestrischen Fortbewegung erst hei den Stapedifera eine bedeutsame Rolle zu spielen berufen ist!. Amphibien. Hier begegnet man bekanntlich zum ersten Mal einem vollkommen ausgebildeten Darmbein, welches in den meisten Fällen zur Verbin- dung mit der Wirbelsäule gelangt. Im Übrigen erinnert die ventrale Beckenplatte bei den niedersten Formen, wie bei den Perenni- branchiaten, noch ganz an diejenige der Dipnoer und des Poly- pterus (vgl. Fig. 4, 2 und 3). Allen dreien liegt offenbar ein und derselbe Organisationsplan zu Grunde, und alle sind, wenn auch in ver- schieden starker Weise, durch den nach vorn gerichteten schnabelarti- gen Fortsatz charakterisirt. Bei Menobranchus (Fig. 3 Ep) erscheint derselbe zusammt der ganzen ventralen (ischio-pubischen) Becken- partie an seiner Basis stark verbreitert, während er sich gegen die Spitze zu eben so dolchartig zuspitzt, wie bei den Doppelathmern. Genau an der Stelle, wo die Gesammtmasse der Pars pubica pelvis in die epipubische Zone unter ganz allmählicher Verschmälerung über- geht, liegen die Foramina obturatoria, und zwar sehr weit außen am Rande (Fobt). Die Lagebeziehungen des N. obturatorius zum Becken sind also hier derartige, dass in letzterem ein Raum ausgespart wird, durch welchen der Nerv zu der mächtigen, von der ganzen Länge des Processus epipubicus und des Ischio-Pubis entspringenden Adduc- ! Ein Ilium tritt übrigens bekanntlich auch schon hier und da bei Squali- den, und in kräftigerer Entwicklung bei Holocephalen auf, n s £ H i 4 “ 1 | ” .. pr u re ie? er W AR Die Phylogenie der Beutelknochen. 47 torenmaße zu gelangen im Stande ist!. Bei Protopterus und Gera- todus dagegen, wo der Processus epipubicus frei in einer bindege- webigen Scheide liegt, entspringen die Mm. adductores nicht von jenem, sondern von einer in der hinteren Hälfte der Beckenplatte ge- legenen Leiste (Fig. 2 Cr), und erhalten ihren Nerv von hinten und von derjenigen Seite des Beckens her, welche dicht über der Ein- lenkungsstelle der freien Extremität gelegen ist,(Fig. 2 bei $). Von Processus praepubici kann man bei Menobranchus nicht reden, und ist desshalb um so mehr erstaunt, dieselben bei dem so nahe verwandten Proteus in vollster Ausdehnung zu treffen. An- dererseits aber zeigt hier das Epipubis in so fern noch ursprünglichere Verhältnisse, als es, wie ich dies an anderer Stelle (1. ec.) des Weiteren erörtert und abgebildet habe, noch nicht zu einer Masse verschmilzt, sondern, auf embryonaler Stufe gleichsam stehen bleibend, in Form eines Doppelzinkens nur mäßig weit nach vorn ragt. Offenbar be- steht zwischen Epipubis und Processus praepubicus ein Correlations- verhältnis, worauf auch Spelerpes hinweist. Einem ganz ähnlichen Verhalten begegnen wir bei Amphiuma, wo es übrigens nicht einmal zu einem Zusammenfluss beider Becken- hälften in der ventralen Mittellinie kommt. Dieselben bleiben viel- mehr von einander getrennt und der zwischen ihren gezackten media- len Rändern liegende Zwischenraum wird durch ein dichtes Filzwerk fibröser Massen ausgefüllt (Fig. 4 Sy, Sy). Auch hier werden die Fora- mina obturatoria weit lateralwärts getroffen, und dicht vor ihnen springt der Processus praepubicus (PP) vor. Wie bei Proteus, so erhebt sich auch hier die ganze Beckenplatte an ihrem vorderen Rand zu einem steilen Fortsatz, welcher mit seiner, zahlreichen Form- schwankungen unterliegenden Spitze medianwärts gerichtet ist und seinem Gegenstück zustrebt, ohne sich jedoch damit durch Synchon- drose zu vereinigen. So. sehen wir also bei Proteus wie bei Amphiuma einen Zu- stand dauernd geworden, welchen das Epipubis von Polypterus, Protopterus und Menobranchus nur ontogenetisch durchläuft. Es wird sich nun die Frage erheben: wie verhalten sich die übri- gen Urodelen bezüglich jenes Knorpelstückes, welches hier zum ersten Mal von C. K. Horrmann mit dem Namen des »Epipubis« bezeichnet worden ist, und das in der Litteratur auch als Gartilago ypsiloides figurirt? — Mit anderen Worten: ist dasselbe auf das Epipubis der - oben betrachteten niedrigeren Thierformen zurückzuführen? — Ich I Anders ausgedrückt: der Nerv wird erst nachträglich von der Knorpel- masse umwachsen, wie dies bei Salamanderlarven sehr schön zu sehen ist. 48 R. Wiedersheim, will gleich hier bemerken, dass meiner Überzeugung nach über die principielle Übereinstimmung beider Skelettelemente kein Zweifel existiren kann, wenn auch, wie ich später zeigen werde, zugegeben werden muss, dass sich die bereits geschilderten primitiven Verhält- nisse in reinerer Form auf gewisse Reptilien, als auf gewisse Derotre- men und die Salamandrinen fortvererbt haben. Die Verwischung des ursprünglichen Verhaltens prägt sich nämlich bei Salamandrinen in dreifacher Weise aus, erstens darin, dass hier von einer paarigen Anlage des Epipubis ontogenetisch nichts mehr nachweisbar ist, zwei- tens dass zwischen diesem und dem übrigen Becken häufig eine Kon- tinuitätstrennung besteht, und drittens endlich, dass das kopfwärts schauende Ende des Epipubis eine sekundäre Formänderung, eine Gabelung, erfahren hat. Ich verweise hierbei auf die Fig. 5, welche ein Menopoma-Becken von der Ventralseite darstellt, und welche eben so gut zur Orientirung für die beim Salamandrinenbecken ! herr- schenden Verhältnisse dienen kann. Vor Allem fällt der Umstand in die Augen, dass sich nicht mehr die ganze Masse des Beckens als solche in die über 2'/, Myomeren sich hinwegerstreckende Gartilago epipubis fortsetzt, sondern dass letztere nur durch einen schlanken Stiel (Ep) mit dem an der betreffenden Stelle (x) nur mäßig sich erhebenden Vorderrand des Beckens verbun- den ist. Flächenschnitte zeigen, dass sich an der Verlöthungszone (7) Nester von Knorpelzellen durch die fibröse Verbindungsmasse hin- durchziehen, und dies ist auch bei Salamandrinen nicht selten zu beobachten. Ich verweise zu dem Behuf auf die unter meiner Leitung ausgeführte Arbeit H. Rırsr’s?, worin folgender Passus figurirt: »Das Mittelstück (i. e. die Gartilago epipubis) ...... zeigt sehr reichliche kal- kige Inkrustationen (Fig. 29), wie sie sich auch bei anderen Tritonen, z. B. Triton ceristatus, T. taeniatus und T. helveticus, in diesem Theile vorfinden, während die Gartilago ypsiloides der Sala- mandrina und anderer gänzlich von hyalinem Knorpel gebildet wird. Von größerem Interesse ist der unmittelbare Übergang der Gartilago ypsiloides in das Knorpelgewebe des Scham- beins (Fig. 26, 27), ein Verhalten, in dem Tylototriton auf einem ! Der einzige Unterschied beruht in der größeren Schmalheit des Menopoma- beckens, sowie in dem, auch schon bei Dipno@rn nachweisbaren Processus hypoischiadicus des caudalen Beckenrandes (Prh). Aus letzterem geht offen- bar bei den Reptilien das hier allmählich selbständig werdende Hypoischium hervor. ? H. Rızse, Beitr. zur Anat. des Tylototriton verrucosus. Zool. Jahrb. Bd. y. W891. Die Phylogenie der Beutelknochen. 49 ontogenetisch früheren Entwicklungsstadium der Salamandrinen stehen geblieben zu sein scheint; wenigstens finden wir ein solches Verhält- nis nur bei den Larven von Tritonen und nach der Aussage von WIEDERSHEIN in seiner Abhandlung über den Brillensalamander auch bei Siredon pisciformis. Bei allen ausgewachsenen Formen dieser Gruppe hängt das Epipubis durch Syndesmose mit dem Schambein zusammen.« Letzterer Satz bedarf in so fern einer Erweiterung, als man bei histologischer Untersuchung jener Syndesmose bei den Urodelen im All- gemeinen viel häufiger auf verbindende Knorpelbrücken zwischen der Hauptmasse des Beckens und dem Epipubis stößt, als man dies nach der einfachen Präparation mit Messer und Pincette erwarten sollte. Ohne Flächenschnitte kommt man hier nicht zum Ziel, und dies gilt selbst- verständlich auch für den Versuch, die Cartilago epipubis bei Sala- mandrinenlarven in ihrer ersten Anlage nachzuweisen. Hierbei ist vor Allem das verhältnismäßig späte Auftreten derselben der Beachtung werth, weil man im Hinblick auf die Urgeschichte jenes Skelettelemen- tes eher das Gegentheil erwarten sollte. Bei Triton alpestris ver- mochte ich die ersten Spuren davon erst bei einer 24 mm langen Larve nachzuweisen, und zwar handelte es sich um eine selbständige Knorpel- anlage. In anderen Fällen aber, wie z. B. bei Larven von Triton hel- _ veticus und einem 26 mm langen Axolotl, ging das Knorpelgewebe des Ischiopubis in dasjenige des Epipubis direkt über, allein diese Ver- bindungszone bestand im vorliegenden Fall nur ventralwärts und wurde weiter dorsalwärts, d. h. gegen das Gavum pelvis zu, durch zellreiches Bindegewebe ersetzt. Um diese Zeit stellt das Epipubis eine auf dem Vorderrand der Beckensymphyse aufsitzende spitzhöckerige, durchaus unpaare Vorwölbung dar, welche nur langsam zapfenartig nach vorn auswächst, und sich erst verhältnismäßig spät in die schon erwähnten _ zwei Äste gabelt. Nachträglich kann sich das Sockelstück vom Becken- r i rand abgliedern und bleibt dann in der Regel nur noch durch Binde- ” gewebe damit verbunden. Übrigens kommt es, wovon ich mich sicher 4 überzeugt habe, auch bei älteren Thieren hier und da noch zu sekun- ” dären Verschmelzungen, und diese Thatsache findet ihre Parallele in = den von mir an anderer Stelle (l. c.) ausführlich beschriebenen Ver- = wachsungsvorgängen, welche bei Salamandrinenlarven, in einem ge- ” wissen Entwicklungsstadium zwischen Schulter- und Beckengürtel - einer-, sowie der zugehörigen freien Extremität andererseits regel- mäßig sich ereignen. Auch hier handelt es sich also um Stellen, wo früher !, d.h. in der 1 Vgl, die Entwicklung des Schulter- und Beckengürtels der Fische. Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LIII. Bd. Supp!. [A 50 R. Wiedersheim, Phylogenese, eine einheitliche Knorpelmasse lag, in welcher, wie ich gezeigt habe, das Hüft- und Schultergelenk erst nachträglich durch einen im Knorpel platzgreifenden Resorptionsprocess sich differenzirt. Hinsichtlich dieser am Salamandrinenbecken auftretenden Modi- fikationen ist zu beachten, dass das vordere gabelförmige Ende des Epipubis in seiner Genese offenbar auf einen Wechsel der Muskelver- hältnisse zurückzuführen ist, und dass sich das caudale (Sockel-) Ende von seinem Mutterboden allmählich zu emancipiren sucht, während es gleichzeitig eine starke Rückbildung erfährt. Trotz alledem aber fällt das Epipubis von Menopoma, Gryptobranchus und der Salamandrinen unter ganz denselben morphologischen Gesichtspunkt, wie jener Beckenabschnitt des Polypterus, der Dipnoer und Ichthyoden, welchen ich mit demselben Namen bezeichnet habe. Zu wesentlich anderen Resultaten ist A. Bunge 1 gekommen, wenn er sagt, dass das Epipubis als ein Gebilde anzusehen sei, „dem keine größere Bedeutung zugemessen werden könne....... Es ist eben ein Gebilde sekundärer Art, das ausschließlich den Amphibien zukommt, wie ja Ähnliches auch bei anderen Wirbelthieren beobachtet werden kann, z. B. das Hypoischium der Saurier ....... Der Ansicht WIEDERS- uein’s, dass das Epipubis als ein erst sekundär von der knorpeligen Pars pubica, resp. deren Verlängerung zur Symphysenbildung abge- gliedertes Gebilde sei, kann, da dasselbe sich als einheitlicher Knorpel vor dem proximalen Ende der Symphyse anlegi, gleichfalls nicht zu- gestimmt werden «. Ich brauche wohl khı noch darauf hinzuweisen, dass Bunge’s Auffassung sich als unhaltbar gezeigt hat. Was die Anuren betrifft, so kommt hier bekanntlich nur Dacty- lethra ein Epipubis zu, wodurch diese Form ein Bindeglied zwischen den beiden Hauptgruppen der Amphibien darstellt. Diese zuerst von C. K. Horrmann gemachte Entdeckung kann ich bestätigen, des Weite- ren aber noch beifügen, dass es sich beim erwachsenen Thier nur um eine bindegewebige Verlöthung mit der Pars pubica handelt. In letz- terer entwickeln sich, wie ebenfalls der oben genannte Autor bereits dargethan hat, besondere Ossifikationszonen, und Ähnliches vermochte | ich auch bei Salamandra atra nachzuweisen, worüber ich an an-#) derer Stelle (l. e.) berichtet habe. Ebendaselbst wurden von mir auch die paläontologischen Ergebnisse zum Vergleich herbeigezogen. ! A. Bunge, Untersuchungen zur Entwicklungsgeschichte des Beckengürtelsf; der Amphibien, Reptilien und Vögel. Inaug.-Dissert. Dorpat 1880, Die Phylogenie der Beutelknochen. o1 Reptilien. Wie schon erwähnt, schließen sich gewisse Gruppen der Reptilien, wie vor Allem die im System am tiefsten stehenden, im Verhalten des Epipubis sehr nahe an die Dipnoer, die Perennibranchiaten und ge- wisse Derotremen an. Dies gilt nicht nur für die allgemeine Konfigu- ration jenes Skeletttheiles im ausgebildeten Zustande, sondern auch für die paarige Anlage desselben in der Embryonalzeit. Auf letzteren Punkt hat zuerst C. Mennerr! aufmerksam gemacht, und ich kann seine Befunde auf Grund eigener, an Sauriern und Cheloniern angestellter _ Untersuchungen bestätigen. In Fig. 6 habe ich die mediane Partie des Hatteria-Beckens, welch letzteres als eine noch sehr wenig differenzirte Ausgangsform für das Verständnis des Reptilienbeckens im Allgemeinen gelten kann, abgebildet. Die ontogenetisch jüngste Partie desselben ist durch eine in der Mittellinie liegende, durch und durch solide Knorpelzone (Sy, Sy'!, Sy?) repräsentirt, und diese erzeugt sowohl in der Richtung gegen den Kopf als gegen den Schwanz zu je einen kräftigen Fortsatz. Ersterer entspricht einem noch nicht abgegliederten Epipubis (»Epi- gastroid.« Baur), letzterer einem Hypoischium (»Hypogastroid« Baur). Bei PP sieht man eben noch den Anfang des Processus praepubicus, und nach rückwärts davon das Foramen obturatum. Ganz ähnlichen Verhältnissen begegnet man bei Monitor nilo- ticus, Hydrosaurus chlorostigma, Varanus dracaenau.a. (Fig. 7), allein hier ist der mediane Knorpel unmittelbar hinter der Symphysis pubis (bei Lg) durch ein Ligament unterbrochen, ein in der Reihe der Saurier sehr gewöhnlicher Befund (vgl. Fig. 8, 9, 10 bei Lg). Dazu kommen kalkige Inkrustationen in verschiedener Ausdehnung, welche theils nach vorn, theils nach hinten von der Symphysis ischii liegen (Fig. 7 und 8 bei %, %). Die hintere bedingt eine gewisse Solidi- fication des Processus hypoischiadicus (Php). An die Formverhältnisse des Epipubis von Hatteria, Varanus dracaena und Monitor schließen sich diejenigen des Epipubis ge- wisser Schildkröten nicht nur an, sondern zeigen dieselben, wie aus G. Baur’s neuester Arbeit? zu ersehen ist, in weiterer Fortbildung, 1 C. MEHNERT, Untersuchungen über die Entwicklung des Beckengürtels der Emys lutaria taurica. Morphol, Jahrb. Bd. XVI. 1890. — Untersuchungen über die Entwicklung des Os hypoischium (Os cloacae), Os epipubis und Ligamentum - medianum pelvis bei den Eidechsen. Ebendaselbst. Bd. XVII. 1894. 2 G. Baur, The Pelvis of the Testudinata; with Notes on the Evolution of the Pelvis in General. Journal of Morphology. Vol, IV. Boston 18914. 4% 52 R. Wiedersheim, und zwar der Art, dass der zu einem extrem langen dolchförmigen Gebilde auswachsende Knorpel da und dort aufs genaueste wieder an das Verhalten der Dipnoer und des Menobranchus erinnert!. Dahin gehören: Makrochelys Temminckii, Dermatemys Mawii, Malacoclemmys geographica, Trachemys elegans. In stärk- ster Ausbildung aber erscheint die Gartilago epipubis bei Ghelys fimbriata und EmyduraKrefftii. Diesen Schildkröten stehen wieder andere gegenüber, wo der Knorpel so stark redueirt erscheint, dass er sich nur wenig oder gar nicht über den Vorderrand des Pubis erhebt (Cinosternum penn- sylvanicum, Testudo europaea, CGhelonia). Ganz dasselbe gilt für zahlreiche Saurier, wie z. B. für die Lacertilier, für Anolis principalis, Draco volans, Uromastix ocellata, Gramma- tophora barbata?u.a. Bei allen diesen Sauriern handelt es sich im erwachsenen Zustand um ein formell sehr schwankendes, durch einen Verkalkungs- bezw. Ossifikationsprocess charakterisirtes, wohl differen- zirtes Skelettstück, welches pflockartig zwischen die beiden medialen Enden der Schambeine eingekeilt ist. Beilguana tuberculata({Fig.10) fand ich dasselbe rein hyalinknorpelig, und caudalwärts in zwei Schenkel gespalten, was auch hier auf die paarige Anlage desselben zurück weist. In demselben Sinne ist auch die Spaltung des nach vorn von der Symphysis ischii gelegenen Knorpels (S;;) aufzufassen °. Bei Ascalabotes mauritanicus überragt das Epipubis ziem- lich weit den vorderen Pubisrand, und dies ist bei Euprepes nota- bilis!, wo sich die Schambeine fast so steil nach vorn erheben, wie bei Krokodilen, noch viel mehr ausgeprägt, so dass man hier wieder an Hatteria, Monitoren und Varaniden erinnert wird. In beiden Fällen traf ich das Epipubis in Form eines zapfenartigen, rein hyalin- knorpeligen Verbindungsstückes beider Ossa pubica. Von großem Interesse war mir ein Befund bei Agama colono- rum (Fig. 8), in so fern es hier überhaupt nicht zum Zusammenfluss beider Epipubishälften (Ep, Ep) in der Mittellinie kommt. Dieselben erheben sich auch gar nicht über das Niveau der Schambeine, so dass ! Vgl. Textfigur 48 meiner Arbeit: »Das Gliedmaßenskelett der Wirbel- thiere« etc. Jena 1892. 2 Grammatophora barbata besitzt das relativ längste Hypoischium, das mir in der ganzen Reihe der Reptilien zu Gesicht gekommen ist. 3 Auf die paarige Entstehung des ganzen Symphysenknorpels zusammt dem Hypoischium weist auch die gabelige Form der Verknöcherungszonen in Fig. 7 und 8 bei X zurück. * Die Processus praepubici sind hier in Form scharfrandiger Haken nach hinten und einwärts gegen das Foramen pubo-ischiadicum gerichtet. JE N ' Far Die Phylogenie der Beutelknochen. 53 man streng genommen hier nicht von einem eigentlichen Epipubis, sondern nur von den paarig bleibenden Sockelpartien eines solchen sprechen kann. In jeder Hälfte des auf den ersten Anblick nur wie eine Schambeinapophyse erscheinenden Knorpels ist ein Ossifikations- punkt (Fig. 8 7, f) aufgetreten, was ich ausdrücklich betone, weil ich bei den Säugethieren darauf zurückkommen werde. Die Sonderstellung, welche die Chamaeleonten in der Reihe der Reptilien einnehmen, spricht sich auch im Verhalten ihres Beckens aus. Dasselbe erscheint von beiden Seiten her wie zusammengescho- ben, so dass es in der ventralen Mittellinie in seiner ganzen Längen- ausdehnung kielartig vorspringt. C. K. Horrmann! hat von dem Cha- maeleontenbecken folgende, speciell die mediane Partie desselben berücksichtigende Beschreibung geliefert: »Auch am Becken bei Cha- mäleon kommen in der Gegend der Symphysis ossium pubis noch zwei kleine Knöchelchen vor, welche aber, wie mir scheint, nicht als Epi- pubica angesprochen werden dürfen, indem sie sich hier ganz anders verhalten. Sie sitzen nämlich nicht auf der Symphysis ossium pubis, oder wie bei Gecko, theilweise zwischen den Ossa pubis, sondern sind hier jederseits von der Symphysis ossium pubis, der unteren Fläche der Schambeine aufgelagert und entspringen dort von einem höcker- artigen Fortsatz. Sie ragen frei nach unten und hinten hervor und werden von straffen Sehnen, welche von dem vorderen Rande der Symphysis ossium ischii entspringen und nach ihren freien Enden ver- laufen, am Becken befestigt. « Mit dem größten Theil dieser Ausführungen C. K. Horrmann’s kann ich mich nicht einverstanden erklären, und zwar gilt dies nicht nur für die rein anatomische Seite derselben, sondern auch für die Deu- tung der betreffenden Befunde. Im Folgenden schildere ich die Ergeb- nisse, welche ich aus der anatomischen Untersuchung von sechs ver- schiedenalterigen Exemplaren von Chamaeleo gewonnen habe. Bei einem jungen Thier von 5 cm Rumpflänge erhob sich die zwischen den medialen Rändern der Ossa pubica liegende Knorpelmasse zu zwei, den Vorderrand der genannten Knochen bereits ziemlich stark überragenden und seitwärts gerichteten Prominenzen. Diese waren durch eine von vorn, d. h. von der Kopfseite her einschneidende enge Spalte bis zum eigentlichen Symphysenknorpel hinab von einander getrennt, so dass über ihren paarigen Ursprung kein Zweifel existiren konnte. Später wachsen diese Knorpel zu stangenartigen Gebilden heran 1 C. K. Horrmann, Beitr. zur Kenntnis des Beckens der Amphibien und Rep- tilien. Niederländ. Archiv für Zoologie. II. 54 ° R. Wiedersheim, und beginnen in der Mittellinie mit einander zu verschmelzen, bleiben aber selbst hier und beim erwachsenen Thier (Fig. 9 Ep, Ep!) noch durch einen kleinen von Bindegewebe erfüllten Spaltraum von einan- der getrennt (bei Sy). Ihr Zusammenhang mit der Cartilago interpubica bleibt gewahrt. | Bei ganz alten Thieren tritt in jedem Knorpelfortsatz eine lang- gestreckte, die äußere Form desselben im Allgemeinen repetirende Ossifikationszone auf, wie ich sie auf der linken Seite der Fig. 9 bei Ep! angedeutet habe. Beim Fortschreiten des Verknöcherungsprocesses kommt es allmählich zum Zusammenfluss mit dem Knochengewebe der Schambeine, und dadurch entsteht der Eindruck, als würden die mit ihrem freien Ende allmählich abwärts und etwas nach hinten sich nei- genden Fortsätze von diesen entspringen. Dadurch hat sich C. K. Horr- MAnN täuschen lassen, und da er offenbar nur sehr alte Exemplare untersuchte, so blieb ihm auch die wahre Bedeutung jener Fortsätze verborgen. Es ist wohl kaum nöthig, darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um das Epipubis handelt, und zwar in so eigenartiger Aus- prägung, wie es uns bei keinem anderen Reptil mehr begegnet. Bezüglich der Anknüpfungsmöglichkeit an andere Wirbelthiere muss ich auf einen späteren Abschnitt verweisen, und beschränke mich vor der Hand auf die Schilderung einiger weiterer Punkte des Beckens von Ghamaeleo. Wie aus Fig. 9 zu ersehen ist, gabelt sich die Cartilago interpubica da, wo sie nach rückwärts den Schambeinrand überschreitet, in zwei Schenkel (Sy!), und diese werden bei Lg durch zwei sich kreuzende fibröse Bänder fortgesetzt, welche sich mit dem ebenfalls gespaltenen, den betreffenden Knochenrand überragenden Vorderende der Cartilago interischiadica (Sy?) verbinden. Letztere verbreitert sich an ihrem Hinterende zu einer Platte, welche mit ihren Seitenausläufern die Hinterenden der Ossa ischii (ls) umsäumt (Sy?, x $). So wird das Foramen puboischiadicum (Epis) theils durch fibröse, theils durch knorpelige Gebilde, ähnlich wie bei anderen Rep- tilien, in zwei Seitenhälften zerfällt. | Abgesehen von dem sonderbar geformten Epipubis besitzt das Chamaeleobecken in den starken fibrösen Bändern (Zg!, Lg!), welche die freien Enden jenes Knorpels mit dem vor den Sitzbeinen liegenden Symphysenknorpel (Sy?) verbinden, noch eine weitere Eigenthümlich- keit. Dieselben liegen eingesprengt in den Ursprung des M. reetus abdominis, welcher sich hier in zwei Schichten spaltet, eine hohe und eine tiefe. Letztere entspringt nicht nur von den eben erwähnten Ligamenten, sondern auch am ganzen Seitenrand des Beckens hinab, Die Phylogenie der Beutelknochen. 95. sowohl vom Pubis als auch vom Ischium, und geht ohne Grenze in den - seitlichen Bauchmuskel über. Die hohe direkt unter der äußeren Haut > befindliche Sehicht liegt in Form zweier dünner Bänder dicht neben der ventralen Mittellinie und reicht nur etwa bis zur Mitte des Raumes - nach vorn, welcher die hinterste Bauchrippe vom Vorderrande des - Epipubis trennt. Hier verstreicht das flache Muskelstratum, welches 4 ähnliche Ursprungsverhältnisse aufweist, wie das tiefe, mit der übri- gen (tieferen) Schicht der ventralen Bauchmuskeln. Ich habe mir die Frage vorgelegt, ob hierin nicht die erste Andeutung eines sich diffe- renzirenden Musculus pyramidalis im Sinne der Säugethiere zu 4 erblicken ist, allein ich bin nicht im Stande, diese Frage mit Sicherheit - zu beantworten. Es erscheint dieses um so schwieriger, als der M. rectus in den einzelnen Abtheilungen der Reptilien bekanntlich außerordentlichen Schwankungen, Absplitterungen, Schichtenbildun- gen etc. unterworfen ist. sn ; u . ur mi .4 » Es erübrigt noch auf die Krokodile einen Blick zu werfen, und ich kann mich hier sehr kurz fassen. In meinen Studien über das Gliedmaßenskelett der Wirbelthiere (l. ec.) habe ich die Entwicklung des Beckens von Grocodilus biporcatus ausführlich geschildert und gezeigt, dass Huxrey ! vollkommen im Recht war, wenn er die am Vorder- bezw. medialen Ende der Ossa pubica aufsitzenden Knorpel- theile mit einem Epipubis parallelisirte. Letzteres kommt aber in keinem Entwiecklungsstadium zur Abgliederung, was, wie ich ebenfalls dargethan habe, zum Theil auf mechanische, durch die topographischen Verhältnisse des Dottersackes resp. des Ductus vitello-intestinalis be- dingte Umstände zurückzuführen ist. Eshandeltsich beiKroko- dilen also um ein Latenzstadium des Epipubis. | | s f Säugethiere, Im Jahre 1890 erhielt ich von meinem Freunde Prof. W. N. Pırker in Cardiff die Reste eines ca. 20 cm langen Exemplares von Ornitho- rhynchus paradoxus. Die linke Seite des Beckens war nahezu vollständig vorhanden, nur fehlte der größere Theil des Beutelknochens, welcher höchst wahrscheinlich hier noch vollständig knorpelig gewesen ist. Schon bei der Präparation mit Messer und Pincette erschien es mir, als mache der noch vorhandene basale Rest desselben mit dem eben erst im Beginne des Verknöcherungsprocesses stehenden Pubis (Fig. 11 P %#+,%7) eine einzige Masse aus. Dies bestätigte sich ı T. H. Huxtey, On the Characters ofthe Pelvis in the Mammalia ect. Proceed. Royal. Soc, Vol. XXVIIL, 56 R. Wiedersheim, durch die Anfertigung von Flächenschnitten, und ich habe die betref- fende Stelle, wo die Verschmelzungszone zwischen den genannten Skeletttheilen existirte, nach Hinwegnahme des Beutelknochens mit x bezeichnet. Nichts lag nun näher, als dass ich auch bei Echidna hystrix mein Augenmerk auf diesen Punkt richtete, allein ich konnte leider nur über ein erwachsenes Exemplar verfügen, und bei diesem war ein Übergang des außerordentlich breiten verknorpelten Sockelabschnittes der Beutelknochen in den Knorpel der Schamsitzbein-Symphyse nicht nachzuweisen. Zwischen beiden, sowie auch lateralwärts dem ganzen vorderen Schambeinrand entlang bestand eine wohl ausgebildete, von einer fihrösen Kapsel umschlossene Gelenkhöhle (Fig. 12 GH). Eine besonders starke Festigung erfuhr die Kapsel durch einge- wobene Bandmassen, welche sich lateralwärts (bei Lgt) und besonders kräftig medianwärts (bei Zgt!) zum Symphysenknorpel des Scham- beines hin erstreckten. An dieser Stelle — darüber kann für mich nach meinen Erfahrungen an Ornithorhynchus und den gleich zu schil- dernden Marsupialier-Embryonen gar kein Zweifel existiren — muss bei jüngeren Thieren ein Zusammenfluss mit der Cartilago inter- pubica existiren, d.h. auch hier müssen die Ossa marsupia- lia mit dem übrigen Becken genetisch eins sein. Es erscheint mir auch nicht unmöglich, dass bei den Vorfahren der Schnabelthiere, die ja auch heute noch in ihrem Becken so manche Anklänge an das Amphibien- und Reptilienbecken besitzen, einst die ganze Masse des Schambeins, ähnlich wie bei Menobranchus, zu den Beutelknochen auswuchs, und sich von der lateralen nach der medialen Seite hin erst sekundär von ihnen abgliederte. Darauf weist, meine ich, die breite Soekelpartie der Beutelknochen hin, doch möchte ich auf diese meine Vermuthung kein allzu großes Gewicht gelegt wissen, da zur Entscheidung dieser Frage vor Allem die Kenntnis der Entwick- lung des Beckens in früheren Embryonalstadien nothwendig erscheint. Der Symphysenknorpel der erwachsenen Echidna ist sehr breit, erhebt sich an seinem Vorderrand zugespitzt (Fig. 12 bei Z) und zieht sich als ziemlich breites Band zwischen den beiden einander zugewen- deten Rändern des Pubis und Ischium (bei + +) bis zu dem kleinen Foramen obturatum (Fobt) und von hier weiter (bei +) bis zu dem durchbrochenen Acetabulum (Ac) hin. Hier sind überhaupt alle drei Beckenknochen durch Knorpelzonen von einander getrennt, und eine solche liegt auch in der Gegend des auf der Grenze zwischen Darm- und Schambein gelegenen Tuberculum ileo-pectineum! (Tub.i.p bei 7%). ! Bei Ornithorhynchus (Fig. 14) ist das ausschließlich dem Schambein Die Phylogenie der Beutelknochen. 97 Die ganze breite symphyseale Knorpelzone ist durch und durch - solid, ohne eine Spur einer Höhle, dagegen bei X mit einem unpaaren Össifikationspunkt versehen. 2 Nachdem ich einmal bei dem jungen Exemplar von Ornitho- - rhynchus den oben geschilderten Befund gemacht hatte, wandte ich - mich mit nicht geringer Spannung der Untersuchung von jungen Beutelthieren zu, wovon mir eine ziemlich große Anzahl zu Gebote - stand, und siehe da, meine Erwartung wurde nicht getäuscht. Auch hier bildete das knorpelige Sockelstück der Beutelkno- ehenin allen Fällen eine durchaus einheitliche Masse mit dem Knorpelder Symphysisischio-pubica (vgl. Fig. 13—17). Im Einzelnen ergaben sich gewisse Verschiedenheiten, auf die ich hier kurz hinweisen will. Bei einem kleinen Kletterbeutler, Acrobates pygmaeus Desm. aus Vietoria, von 6 cm Rumpflänge, stecken die medianwärts gerich- teten Enden der kleinen, bumerangartig gestalteten Ossa marsupialia in einem Knorpelzapfen, welcher die Schambeinsymphyse nur wenig überragt, und welcher zwischen den beiden Ossa pubica nicht weit nach hinten vordringt (Fig. 13 Ep, Sy), da die enge Schamsitzbeinsym- physe hier fast in ihrer ganzen Länge (Sy!) durch Kalkknorpel gebildet wird. Der betreffende Knorpel am vorderen Symphysenende ist bei Inc eıngespalten, und zerfällt dadurch in die zwei divergirenden Schenkel 7 +, in welche die Beutelknochen (Ep) fest eingelassen sind, - und welche letzteren selbst zuzurechnen sind. Da es sich um ein aus- gewachsenes Thier handelt, so kann man konstatiren, dass es hier - überhaupt nie zu einer Lösung der Beutelknochen von der Hauptmasse des Beckens kommt. Der dem horizontalen Schambeinast genau parallel laufende hin- tere Schenkel der Beutelknochen ist hier wie bei anderen Beutlern, wo es sich um ähnliche Formverhältnisse der Ossa marsupialia handelt, und wie ich es auch von Echidna bereits geschildert habe, durch eine ; fibröse Membran (Ligamentum pubo-epipubicum Lecaz) mit dem Becken befestigt. Dieselbe verdickt sich an der Umbiegungsstelle (Fig. 14, 15 bei b!, b! und Fig. 13 Lgt) zu einem kurzen aber sehr kräftigen Band. Einer ähnlichen Gestaltung der in dorsoventraler Richtung stark abgeplatteten Beutelknochen begegnete ich bei einem jungen Exemplar von Didelphys Azarae (Südbrasilien), wenn auch hier die Abbie- a u 3 222 0202 ln u Dal) u 4 angehörige Tuberculum ileo-pectineum bekanntlich außerordentlich lang und spitz 8 ausgezogen. Es ist in dem vorliegenden Präparat, wie überhaupt die weitaus größere % Masse des Beckens, noch knorpelig. Bei S setzt sich die Sehne eines Muskels an, "Me & .. 3 aa u 58 R. Wiedersheim, gung beider Schenkel nicht so stark ausgeprägt war, wie bei Acro- batespygmaeus. | | Etwas verschieden aber zeigte sich die Verbindung der hinteren (medialen) Enden der Beutelknochen mit der noch sehr knorpelreichen Hauptmasse des Beckens. Es handelt sich nämlich hier, wie die Fig. 15 zeigt, um zwei schlanke Knorpelpfeiler (+ +), welche von der Gartilago interpubica dicht neben der Mittellinie entspringen und die sich unter schwacher Divergenz nach vorn erstrecken, um dann unter plötzlicher Verdiekung in den mächtigen Knorpelbelag (b) am hinteren Rand des beckenwärts gerichteten Beutelknochenabschnittes überzugehen. Es handelt sich also hier um ein weiteres Auswachsen der auch schon bei Acrobates (Fig. 13 + +) angedeuteten Knorpelschenkel, und in Folge davon um ein ungleich tieferes Einschneiden der mit /nc bezeichneten Ineisur. Am Vorderende der Ossa marsupialia findet sich eine kräftige Knorpelapophyse (Fig. 15 bei x), und eine solche ist auch auf Fig. 14 zu sehen, welch letztere ein jüngeres Embryonalstadium desselben Thieres von 5,5 cm Länge darstellt. Dem entsprechend ist hier die Ver- knöcherung des Beckens noch lange nicht so weit fortgeschritten, so dass die ganze Symphysengegend durch eine außerordentlich breite, gänzlich homogene Knorpelplatte (Sy) eingenommen wird. Diese steht an ihrem vorderen Rande um diese Zeit mit den knorpeligen Sockel- partien (b) der Beutelknochen noch durch ungleich stärkere Pfeiler (} }) in Verbindung, als dies später der Fall ist. Auch bezüglich der Stellung und formellen Verhältnisse der Ossa marsupialia sind ziemlich bedeu- tende Unterschiede zwischen den beiden verschiedenen Altersstadien zu verzeichnen. So weichen sie z. B. bei dem jüngeren Thier mit ihren kopfwärts schauenden Schenkeln noch viel weiter aus einander, und dies beruht wohl darauf, dass das Becken im Großen und Ganzen um diese Zeit noch mehr in die Breite entwickelt ist, und erst später (vgl. Fig. 15) an Höhe gewinnt. Dazu kommt aber noch, dass in früheren Stadien die vorderen Schenkel verhältnismäßig länger sind, als bei älteren Embryonen, wo sich die hinteren eigentlich erst unter Erzeu- gung jenes lateralwärts ausspringenden Winkels (Fig. 13—15 bei b!) zu entwickeln beginnen, und daraus geht dann schließlich die bume- rangartige Form des ganzen Knochens hervor. Von der eben beschriebenen Form ziemlich abweichende Ver- hältnisse der Ossa marsupialia traf ich bei einem 12 cm langen Exem- plar von Macropus lugens (Neu-Britannien). Dieselben sind am vor- deren Ende mit einer langen Knorpelapophyse (Fig. 16 xx) versehen, und stellen sehr schlanke, stabartige Gebilde dar, welche mit ihrem Die Phylogenie der Beutelknochen. 59 hinteren ebenfalls knorpeligen Ende nur noch durch eine sehr schmale - Verbindungsbrücke (+, +) mit dem Symphysenknorpel des Beckens! zu- - sammenhängen (Sy). Bei nur wenig älteren Thieren erfolgt an dieser 3 Stelle offenbar die Abschnürung, und zwar kann man sich letztere so vor sich gehend denken, dass der bei W, W liegende Spaltraum tiefer und 4 tiefer medianwärts ein- und schließlich durchschneidet. — Offenbar handelt es sich hier bei Macropus und eben so bei Perameles sp.? - (Fig. 17) um sekundär erworbene Charaktere der Beutelknochen, wäh- rend die bei den anderen Marsupialiern beschriebenen Verhältnisse un- gleich mehr auf die Monotremen zurückweisen. Fig. 17 stellt die - mediane Beckenpartie eines zu der Familie der Peramelidae gehöri- _ gen Beutliers dar, dessen Species mir unbekannt geblieben ist. Am nächsten verwandt damit ist, wie mich eine genaue Analyse des Beckens belehrte, Perameles Doreyanus Gr. (Port Mackay, südl. Neuguinea), und der einzige Unterschied besteht nur darin, dass bei letzterem der hintere Rand der knorpeligen Sitzbeinsymphyse, so wie ich dies durch Punkte in die Fig. 17 eingezeichnet habe, in der Mittellinie spitzhöckerig, genau wie der Processus hypoischiadicus bei vielen Sauriern, nach hinten - vorspringt, während er bei der mir unbekannten Species wie bei an- - deren Säugethieren einen Ausschnitt zeigt. Der wichtigste Punkt am Peramelesbecken ist die Art und Weise - der Verbindung der Beutelknochen mit der Symphysis pubis. Letztere - erhebt sich nämlich zu einem unpaaren, genau in der Medianlinie - liegenden kurzen Fortsatz, und dieser verbreitert sich zu massiven, - von vorn her mäßig ausgehöhlten Knorpelplatten, auf deren Seitenthei- - len die Ossa marsupialia befestigt sind. Dies erinnert aufs lebhafteste an das Epipubis der Salamandri- nen und gewisser Derotremen, nur dass hier (Fig. 5 Ep) das Basal- stück des Epipubis zu einem längeren stabförmigen Gebilde ausge- - wachsen ist. Im Übrigen decken sich die Verhältnisse vollkommen. a ee En ö 1 HE AUS — Ra nr eg sei Sn Nez 2a 7 22 | Schon im Jahre 1875? habe ich, wie oben schon erwähnt, beim (Axolotl den direkten Übergang des Beckenknorpels in das Epipubis 1 Im hintersten Bezirk der Symphysis ossis ischii liegt ein unpaarer Ossifika- ; -tionspunkt, der an jenen von Echidna erinnert (Fig. 46 bei x). Hier aber findet "er sich weiter nach vorn zu, während man bei Macropus lugens an die letzte Andeutung eines nicht mehr zu voller Entwicklung kommenden Os hypoischium denken könnte. 2 Salamandrina perspicillata, Versuch einer vergl. Anatomie der Salaman- drinen etc, Annali del Museo civico. Vol. VII. Genua 4875. 60 OR: Wiedersheim, nachgewiesen, und Anno 18891 erklärte ich den Schnabel am vorderen Rand des Dipnoerbeckens für homolog mit dem des unpaaren (Meno- branchus) resp. dem paarigen (Proteus) Fortsatz des Ichthyodenbeckens. Alle diese Bildungen aber glaubte ich damals nicht direkt mit dem Epi- pubis der Salamandrinen parallelisiren zu dürfen. Gleichwohl betonte ich, dass auch bei den letzteren das Epipubis in direktem Zusam- menhang mit dem allmählich auftretenden Symphysen- gewebe entstehe, und dass dasselbe bei seiner ersten Anlage nur ein zapfenartiges und gänzlich ungegabeltes Gebilde darstelle. Einstweilen habe ich diesen Punkt einer erneuten Untersuchung unterzogen, und bin zu den Resultaten gelangt, welche ich bereits oben mitgetheilt habe. Ich legte dieselben auch in meiner, seit dem letzten Herbst unter der Presse befindlichen, schon öfter eitirten Arbeit? nie- der, und ebendaselbst fanden auch jene Befunde über die Beutelknochen der Mammalia aplacentalia eine Berücksichtigung, welche bereits aus dem Winter 1890—1891 datiren, und die ich damals schon meinen Schülern an den betreffenden Präparaten demonstrirt habe. Alles dies glaubte ich nochmals an dieser Stelle hervorheben zu sollen, da mir im September 1891 von Professor W. Lecae eine Schrift? zuging, woraus zu ersehen ist, dass wir beide, was den Zusammenhang der Ossa marsupialia mit dem übrigen Becken bei Beutelthierembryo- nen, welch letztere Lecur allein untersucht hat, anbelangt, gänzlich unabhängig von einander zu demselben Resultate gekommen sind. Auch die von Lecuz? an den Befund geknüpften Schlussfolge- rungen halte ich zum größten Theil für richtig, allein ich kann mich mit meinem hochverehrten schwedischen Kollegen durchaus nicht ein- verstanden erklären, wenn derselbe sich geneigt zeigt, eine ursprüng- liche Entstehung des Epipubis innerhalb der Bauchdecken, d.h. in der Linea alba abdominis anzunehmen. Auch ich selbst war früher (vel. meine Mittheilung im V. Jahrg. des Anat. Anzeigers) zu dieser Annahme geneigt, bin aber gründlich davon zurückgekommen. Das Epipubis ist ab origine, d. h. schon bei den Anamnia, ein paariges 1 Anat. Anzeiger. IV. Jahrg. 2 Das Gliedmaßenskelett der Wirbelthiere etc. Jena 1892. 3 W. Lecae, Zur Morphologie der Beutelknochen. Verhandl. d. Biol. Vereins in Stockholm. Bd. III. 1894. Nr. 7. * Wie LEcHe mittheilt, ist er zuerst auf die betreffenden Verhältnisse durch die Abbildung und Tafelerklärung in CunsınenAam’s Arbeit (Report on the scient. results of the voyage of Challenger. Vol. V. 1882. Pl. XIII, Fig. 7) aufmerksam ge- macht worden. Aus jener Abbildung (eine Beschreibung ist nicht gegeben worden) gehthervor, dass das knorpelige Homologon des Beutelknochens einheitlich und ohne Grenze vom Symphysenknorpel ausgeht, und sich kopfwärts in zwei Zinken theilt. Die Phylogenie der Beutelknochen. 61 h Differenzirungsprodukt der Pars pubica desBeckens. Dar- " auf weisen alle meine entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen hin. Bevor ich nun meine eigenen Resultate kurz zusammenfasse, > möchte ich noch kurz die nahe liegende Frage nach dem Verbleiben der Beutelknochen bei den Mammalia placentalia erörtern. Da muss ich vor Allem bemerken, dass ich dieselben bei keinem einzigen Embryo, geschweige denn bei einem erwachsenen Thier — und ich habe Vertreter aller Hauptgruppen untersucht — aufzufinden im Stande gewesen bin !. Mein Hauptaugenmerk habe ich selbstverständlich auf die Edentaten gerichtet, und hier die auch von anderer Seite schon beschriebenen Verknöcherungszonen in der Symphysengegend wieder aufgefunden. Fig. 18 stellt das Becken eines vom Kopf bis zur Schwanzspitze 8 cm messenden Exemplares von Dasypus novem- cinetus dar. An der betreffenden Stelle liegt eine dem vorderen Symphysenrand folgende Kalkknorpelmasse (bei X), welche den hin- teren Symphysenrand (bei +) nicht beherrscht. Lateralwärts von die- ser Stelle (bei P) liegt das eben in die Verknöcherung eintretende Os pubis. Auch im Os ischii (Is, Is!) ist der Ossifikationsprocess noch weit zurück, während das Darmbein (/, I!) schon ungleich mehr solidi- ficirt erscheint. Ein solches »Os interpubale« (»Pelvisternum« ALkrecHr) kommt bekanntlich auch bei Bradypus, Gholoepus, Manis und bei Chiropteren vor. In manchen Fällen ist es paarig, so z. B. bei Manis und bei Pteropus melanopogon, dessen Becken ich auf Fig. 19 + + abgebildet habe ?. Ähnliche Lagebeziehungen zeigt auch ein zuweilen im medialen Schambeinende der Primaten, wie auch des Menschen, auftretender Ossifikationspunkt, und zweifellos würde er sich auch noch bei anderen Säugethieren auffinden lassen. Dabei möchte ich auf die Fig. S ver- weisen, welche die mediane Beckenpartie von Agama colonorum darstellt. Hier bleiben, wie oben schon erwähnt, die von den media- len Enden der Schambeine wohl abgetrennten Epipubica im Niveau der - Schambeine liegen, und in jedem entwickelt sich ein starker Ossifika- - tionspunkt (bei Ep, +). 1 Ich sehe dabei ganz ab von den Befunden Huxrey’s bei Hunden, wo die be- treffenden Hartgebilde meiner Ansicht nach mit den Beutelknochen nichts zu schaffen haben. # 2 »Bei N octilio verknöchert der Symphysenknorpel besonders (‚Cartilago interpubica‘) und verschmilzt erst bei zunehmendem Alter mit den Schambeinen ; bei anderen Individuen (Weibchen?) divergiren die Schambeine caudalwärts stär- - ker und sind nur durch Ligament oder Knorpel verbunden.« (W. LECHE, in Bronn’s - Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Bd. VI. 5. Abth, Säugethiere: Mammalia, 27. Lfg. p. 582—583, 62 R. Wiedersheim, So wenig ich nun auch geneigt bin, diese symphysealen Verknöche- rungspunkte schlechtweg mit den Ossa marsupialia zu parallelisiren, so wenig vermag ich in denselben nur einfache Apophysen des Scham- beines zu erblicken. Man wird zugeben müssen, dass genau von dem- selben Bezirk des Symphysenknorpels aus bei Anamnia und Mammalia aplacentalia das Epipubis hervorwächst, und ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich das Auftreten jener Ossifikationspunkte als den Aus- druck betrachte für die an jener Stelle des Wirbelthierbeckens im All- gemeinen sich ausprägende, und auch auf die Mammalia placen- talia sich fortvererbende ganz besondere Wachsthumsenersie. Mit anderen Worten: Die Matrix, sozusagen das Bildungs- material des Epipubis, bezw. der miteinem solchen homo- logen Beutelknochen, findet sich auch noch bei den Placentaliern, und wird hier, wie überall im Vertebraten- becken, durch dieinembryonaler Zeit die Partes pubicae vereinigende Knorpelzone repräsentirt. ‚In seltenen Fällen nur, wie z. B. bei Mycetes ursinus (junges Exemplar) (Fig. 20), wo übrigens ein M. pyramidalis fehlt, erhebt sich jene Zone über den vorderen Schambeinrand in Form einer mäßigen Vorwölbung (Ep), an welcher man wieder zwei kleinere buckelige Pro- minenzen (%%) (Ursprünge des M. rectus) unterscheiden kann. Der- artige Vergleichungen erscheinen aber nur zulässig, wenn man das Placentalierbecken, wie auch speciell dasjenige der Primaten in einem Entwicklungsstadium untersucht, wo die in der Symphysengegend liegende Knorpelmasse noch gänzlich einheitlich, und die Anbahnung eines später von Bindegewebe erfüllten Spaltraumes noch nicht ange- bahnt ist. Auf menschliche Verhältnisse übertragen würde dies also besagen, dass Embryonen vom Ende des siebenten Monates an in jenem Sinne nicht mehr verwendbar sind. Zusammenfassung der Resultate. 1) Das Epipubis ist in phylogenetischer Beziehung auf die media- len, zur Symphysis ischiopubis zusammentretenden beiderseitigen Apophysenenden der ventralen Beckenplatte zurückzuführen. 2) Der betreffende Differenzirungsvorgang erfolgt am vorderen, dem Kopf zugewendeten Beckenrand, dicht neben der ventralen Mittellinie, und genau so entsteht am caudalen Beckenrand das Hypoischium. 3) Schon bei Selachiern in schwachen Spuren angedeutet, gewinnt das Epipubis bei Polypterus eine typische Keilform, und zwar der ! Ähnliches findet sich auch in der Reihe der Insectivoren und wäre der Mühe werth, weiter verfolgt zu werden, Die Phylogenie der Beutelknochen. 63 _ Art, dass sich hier gleichsam die ganze vordere Hälfte der noch sehr kleinen Beckenplatte in dasselbe fortsetzt. %) Daraus folgt, dass das Epipubis einen integrirenden Bestand- theil des Wirbelthierbeckens ausmacht, dass es also so alt ist wie letz- teres selber, so weit es sich um die Pars ventralis derselben handelt. Das Ilium ist der in der Phylogenese zuletzt erworbene Beckentheil. 5) Schon bei Dipnoern gewinnen beide Fortsätze, sowohl der Processus epipubicus als der Processus hypoischiadieus, bedeutend an Länge, bleiben aber zeitlebens mit dem Becken noch zu einer Masse verbunden. 6) Das Menobranchusbecken erscheint nur als ein weiter fortent- wickeltes Polypterus- und Dipnoörbecken, und wie bei letzterem, so erscheint auch hier die ventrale Beckenplatte zu einem langen, schnabel- artig sich zuspitzenden Fortsatz (Processus epipubicus) ausgezogen. Auch jener entsteht, wie die Entwicklungsgeschichte lehrt, paarig, und bei Proteus und Amphiuma kommt diese paarige Anlage des Epipubis zeitlebens zum Ausdruck. | 7) Jene schlanke, dolchartige Form des Epipubis (Dipnoer, Meno- branchus) vererbt sich auch auf gewisse Reptilien, wie namentlich auf die Chelonier, auf Hatteria, Varanus und andere Saurier. 8) Auch bei den Chamaeleonten zeigt sich das Epipubis in typi- scher Anlage, allein später schlägt es durch Aussendung von quer ge- richteten Seitenarmen eine eigenartige Entwicklung ein, und erinnert dadurch an die Ossa marsupialia der Monotremen und Beutler. 9) Wieder besonderen Form- und Wachsthumsverhältnissen be- gegnet man beim Epipubis gewisser Derotremen und aller Salaman- drinen. Wohl stellt dasselbe auch hier noch in vielen Fällen, sei es in embryonaler oder postembryonaler Zeit, einen integrirenden Bestand- theil des übrigen Beckens dar, allein dann und wann beginnt es sich davon zu emancipiren und bleibt dann nur durch fibröses Gewebe mit der Symphysis pubis verbunden. Dazu kommt, dass es ab origine un- paar ist und sich an seinem vorderen Ende in zwei Zinken gabelt, welche als eine sekundäre Erwerbung aufzufassen sind. 10) Die enge Zusammengehörigkeit des Epipubis mit dem übrigen Becken kommt auch noch zum Ausdruck bei den aplacentalen Säuge- thieren, wo es durch die Beutelknochen repräsentirt wird!. Genese 1 Schon Duczs hat das Epipubis der Salamandrinen als »marsupial cartilage « bezeichnet, und auch Hvxrey ist für die Homologie des in Frage stehenden Skelett- theiles bei Amphibien, Reptilien und den aplacentalen Säugethieren auf das energischste eingetreten. Gleichwohl muss betont werden, dass beide Forscher den strikten, und wie ich gezeigt habe, nur auf ontogenetischem Weg zu er- - bringenden Beweis schuldig geblieben sind, 64 R. Wiedersheim, und Lagebeziehungen der letzteren erheben ihre morphologische Be- deutung als Homologa des Epipubis der Anamnia und Reptilien über jeden Zweifel, und wenn wir unseren Blick rückwärts werfen, so können wir das Epipubis als eines der zähesten und ausdauerndsten Skelettelemente in der Reihe der Wirbelthiere bezeichnen. Zugleich aber lernen wir dadurch ein neues, sehr lehrreiches Beispiel von Funk- tionswechsel kennen, in so fern ein anfänglich nur kleiner und offen- bar durch Muskelwirkung entstandener Knorpelfortsatz allmählich an Größe zunehmend zu einem Stützorgan der Bauchdecken und gleich- zeitig zu einem accessorischen Festigungsmittel des Beckengürtels ‘wird (Polypterus, Dipnoör). Wieder in anderen Fällen (Salaman- drinen, Ichthyoden, Amphiuma, Reptilien) handelt es sich um die Schaffung neuer Ursprungsflächen der Bauch- resp. Extremitäten- muskeln, und endlich tritt der Apparat in Form der Ossa marsupialia in gewisse Beziehungen zum Fortpflanzungsgeschäft, bezw. zu der an die Existenz eines Marsupium geknüpften Brutpflege der aplacentalen Säugethiere, wobei stützende Funktionen für die Bauchdecken wieder eine Hauptrolle zu spielen scheinen. Während sich die Beutelknochen als solche auf die placentalen Mammalia nicht fortsetzen, bleibt der Mutterboden derselben, d.h. die die beiderseitigen Partes pubicae mit einander verbindende mediane Knorpelzone des Beckens, bei allen Säugethieren bis zum Menschen hinauf während der Embryogenese nachweisbar. Später aber erscheint an dieser Stelle häufig Faserknorpel, und indem die nachträglich hin- zutretenden, sehr wechselnd sich verhaltenden Höhlenbildungen noch weitere Komplikationen setzen, werden die ursprünglichen Verhältnisse immer mehr verwischt. Freiburg i. B., im December 1891. Die Phylogenie der Beutelknochen. 65 Erklärung der Abbildungen. Tafel VI und VII. Allgemein gültige Bezeichnungen: Ac, Acetabulum; Inc, Incisur zwischen den Ursprungs- Ap, Apophyse; schenkeln der Beutelknochen; Bas, Basale der Bauchflosse; Is, Ist, Ischium;; BF, Bauchflosse ; Lg, Lgt, Lgt, fibröse Bandmassen ; BP, Beckenplatte; PP, Processus praepubicus; Cr, Muskelleiste; P, Pi, Pubis; Ep, Epipubis; Prh, Processus hypoischiadicus , Fobt, Foramen obturatorium;; Rad, Radien der Bauchflosse; Fpis, Foramen pubo-ischiadicum ; Sy, Syt, Sy?, Sy3, Gegend der Symphysis I, I, IDium; ischio-pubica resp. pubica; Tub.il.p, Tuberculum ileo-pectineum. Alle Becken sind von der Ventralseite dargestellt. Fig. 1. Becken und ein Theil der Bauchflöossen von Polypterus. 68 cm großes Exemplar. 21/gmal vergrößert. +, Andeutung der früheren Trennung bei- der Beckenhälften,; %, Syndesmose zwischen der Apophyse (Ap) des Basale meta- pterygii und des Beckens (BP). Fig. 2. Protopterus. Natürliche Größe. %*%, Stelle, wo die Nerven von der Dorsalseite her in die Extremitätenmuskulatur einstrahlen. Fig. 3. Menobranchus. 21 cm lang. Ziemlich stark vergrößert. Fig. 4 Amphiuma. Junges Exemplar. Fig. 5. Menopoma. 38 cm lang. Natürliche Größe. -+, Bindegewebe am Sockel des Epipubis; %, mediane Verjüngung der Pars pubica in der Richtung gegen das Epipubis; Epl, Gabel des Epipubis. Fig. 6. Mediane Partie des Beckens von Hatteria. 21/amal vergrößert. +, Su- tura pubo-ischiadica. | Fig. 7. Dasselbe von Varanus dracaena. %, %, Ossifikationspunkte in dem knorpeligen Symphysengewebe resp. im Processus hypoischiadicus. Fig. 8. Dasselbe von Agama colonorum. 6l/amal vergrößert. Bezeich- nungen wie auf voriger Figur. +, 4, an puakl in der paarig bleibenden Cartilago interpubica. Fig. 9, Chamaeleo sp.? Exemplar von 32 cm Länge (vom Kopf bis zur Schwanzspitze gemessen). Beinahe Amal vergrößert. ++, Andeutung der ursprüng- lichen Doppelnatur des Epipubis; %, Sutura puboischiadica; *-+, knorpelige Apo- physe der Tubera ischii. Ep!, Andeutung der Ossifikationszone im Epipubis. Fig. 10. Iguana tuberculata. 4mal vergrößert. -+, Andeutung der paari- gen Entstehung des Symphysenknorpels. Fig. 44. Linke Beckenhälfte des Ornithorhynchus paradoxus von der Seite. Circa 20 cm langes Exemplar. %, Stelle, wo mit der Pars pubica (P) das Epipubis verbunden war; %-, Ossifikationszonen der Pars pubica; a, Sutur im “ Knorpel zwischen Pars pubica und ischiadica; -F, +,0ssifikationsgrenzen des Ilium a und Ischium ; S, Ansatz einer Sehne. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIII, Bd. Suppl. 5 66 R. Wiedersheim, Die Phylogenie der Beutelknochen. Fig. 12. Echidna hystrix. Erwachsenes Thier. Um 1/3 vergrößert. +%, +, +1, Sutura ileo-pubica und ischio-pubica; %, Ossifikationspunkt in der Sym- physis pubo-ischiadica; %%, knorpelige Apophyse an den Ossa marsupialia; Z, zungenartiger Vorsprung am vorderen Schambeinrand; GH, Gelenkhöhle zwischen dem Sockel der Beutelknochen und dem Schambein; Tb, knorpeliges Tuber ischii. Fig. 43. Mediane Beckenpartie von Acrobates pygmaeus 9. Exemplar von 6 cm Rumpflänge. Stark vergrößert. 51, Ecke der Beutelknochen, welche mit ihren medialen Enden in den knorpeligen Ursprungsschenkeln (++) stecken. Fig. 44. Didelphys Azarae, Fötus 5,5 cm lange. %%, Knorpelapophysen der Beutelknochen;, ++, Knorpelige mit der Cartilago interpubica zusammenhän- gende Ursprungsschenkel der Beutelknochen; b, knorpeliger Sockel der Beutel- knochen; b!,äußere Ecke desselben; %%-+}, Sutura ischio-pubica und ileo-ischiadica. Fig. 15. Didelphys Azarae. Exemplar von 12 cm Rumpflänge. 6fach ver- größert. Die Bezeichnungen wie auf voriger Figur. Fig. 46. Macropus lugens. Exemplar von 12 cm Rumpflänge W, W, einschneidender Spalt, welcher bei weiterem Vordringen die Beutelknochen all- mählich abschnürt; %, Ossifikationspunkt in der Symphysis ischii. Die übrigen Bezeichnungen wie oben. Fig. 17. Mediane Beckenpartie von Perameles sp.? Fast erwachsenes Thier, 31/gmal vergrößert. Hier sind die in einer gemeinschaftlichen Knorpelplatte vereinigten Sockelenden (+, +) der Ossa marsupialia mittels eines unpaaren Stiele, (%) mit dem Symphysenknorpel verschmolzen. Von einem Beutel war hier so wenig etwas zu sehen, wie beiPerameles Doreyanus Gr. Fig. 18. Dasypus novemcinctus. Exemplar von 8 cm Gesammtlänge, %, »Os interpubale«, unter welchem bei + der Symphysenknorpel noch sichtbar ist; %-+, obere Apophyse des Ileum. Fig. 49. Pteropus melanopogon. Nahezu erwachsenes Exemplar. +, 7, paariges Os interpubale. Fig. 20. Mediane Beckenpartie von Mycetes ursinus. Junges Thier, X*%, höckeriger Vorderrand der Cartilago interpubica. Der Knorpel ist durch und durch solid und auch auf Schnitten ist keine Höhle im Inneren nachzuweisen. Ep?, Stelle, wo die Beutelknochen, falls sie zur Entwicklung kämen, abgehen müssten. EUREN RER EEE WERT ERUEEREN EU EDEN WERTEN Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes, insbe- sondere der,Querstreifung desselben als Wirkung der Thätigkeit betrachtet. Von 6. H. Th. Eimer (Tübingen). Mit 13 Holzschnitten. Einleitung. Seit Jahren habe ich Beobachtungen über obigen Gegenstand gemacht und habe dieselben zum Theil öffentlich berührt, ohne dass ich bis jetzt dazu gekommen wäre, sie genauer auszuarbeiten und im Zusammenhang darzustellen. Auch heute beabsichtige ich nicht, meine Befunde mit allen Ein- zelheiten und mit Anführung aller Litteratur vorzutragen. Es liegt mir vielmehr daran die Frage im Allgemeinen der Prüfung zu übergeben und in einer verbreiteten Zeitschrift nachdrücklich auf eines der vielen von mir an anderen Orten hervorgehobenen Beispiele von Vererbung erworbener Eigenschaften hinzuweisen, welche von den Gegnern die- ser Lehre andauernd unbeachtet gelassen werden. In meiner »Entstehung der Arten«! wurde als das elementare F Grundgesetz der gesammten biologischen Wissenschaft, als das bio- 4 logische Grundgesetz von mir der Satz hingestellt, dass die * Thätigkeit, die Funktion, die organische bezw. physio- 4 logische Ausbildung erst hervorruft. Das Plasma, sagte ich, hat die Eigenschaft, durch ; Einwirkung äußerer Reize physiologisch und morpho- logisch verändert, umgestaltet zu werden. Unter äußeren Reizen sind dabei sowohl unmittelbar einwirkende, als fortgesetzt 1 I. Theil. Jena, G. Fischer. 4888. p. 339. x 68 G. H, Th. Eimer, durch selbstthätige Übung von Seiten des Körpers wirkende zu ver- stehen. Ich hobhervor, dass jenes biologische Grundgesetz den vollkom- mensten Widerspruch gegenüber der Nichtanerkennung der Vererbung erworbener Eigenschaften einschließe. | Wenn wir diesen Satz nun auf die Entstehung der Muskelsubstanz anwenden wollen, welche so angeordnet ist, dass sie den Körper oder Körpertheile von Thieren nach bestimmten Richtungen zusammenzu- ziehen vermag, so werden jene Gegner diese Entstehung so zu erklären versuchen, dass sie sagen: irgend muskellose Vorfahren der heute mit Muskeln versehenen Thiere änderten in der Weise ab, dass sie die Anfänge von Muskeln enthielien und, da diese nützlich waren, ver- erbten sie sich auf die Nachkommen und verstärkten sich in densel- ben. Das erste Erscheinen von Muskelsubstanz aber, jenes erste Ab- ändern werden sie, wie die Verstärkung der neuen Eigenschaft, für eine Folge geschlechtlicher Mischung und der Auslese erklären. Es ist hier nicht der Ort, auf den mystischen (weil unbedingten Zufall voraussetzenden) Theil dieses Erklärungsversuchs einzugehen, noch darauf, dass derselbe das vollständige Außerachtlassen aller physio- logischen Gesichtspunkte fordert. Er fällt schon durch die Thatsache, dass neue und auch nützliche Eigenschaften eben so bei Thieren entstanden und zu höherer Ausbildung gelangt sind, welche sich nicht geschlechtlich fortpflanzen, wie bei solchen, welche dies thun. Und zwar ist die Entstehung neuer Eigenschaften auf ungeschlechtlichem Wege offenbar die ursprüngliche gewesen. Es bliebe zu Gunsten jenes Erklärungsversuches nur die Annahme, dass überall, auch bei einzelligen Thieren, da wo sie bis jetzt noch nicht beobachtet ist, dennoch geschlechtliche Fortpflanzung stattfände im Sinne der Konjugation oder Kopulation. Diese Behauptung ist aller- dings aufgestellt worden, aber sie entbehrt in Beziehung auf weite Ge- biete bis jetzt jeder thatsächlichen Grundlage. Wer beweist z. B. die Entstehung der so mannigfaltig gebauten Foraminiferen-Gehäuse auf dem Wege der geschlechtlichen Mischung und nach den Nützlichkeits- grundsätzen des heutigen Hyperdarwinismus? Ich werde in einer anderen Abhandlung durch Aufstellung eines natürlichen Systems der Foraminiferen demnächst zeigen, wie seit ungeheuer langer Zeit fort- dauernde gesetzmäßige Umbildung aus einfachen Anfängen zur Her- stellung der zusammengesetzten Formen unter den Gehäusen dieser Wesen geführt haben muss. Nicht geschlechtliche Mischung, nicht der Nutzen, sondern nur äußere Einwirkungen auf Grund der Bildungs- fähigkeit des Plasma können hier als die Ursachen der Umgestaltung angesehen werden, so sehr die geschlechtliche Mischung diese Umge- un Ep aan ae PR A a A Fu ee en Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 69 ' staltung bei anderen Thieren selbstverständlich begünstigt haben muss. | Auf die zahllosen für den Kampf ums Dasein offenbar gleichgülti- gen Eigenschaften der Organismen wurde von mir außerdem a. a. 0. schon hingewiesen. Einzellige Thiere. Was die Entstehung von Muskelmasse bei einzelligen Thieren angeht, so erscheint sie, wenn man die einzelnen Formen betrachtet, bei welchen sie auftritt, jedenfalls in den verschiedensten Graden der Ausbildung und diese ist offenbar die Folge von Art (Rich- tung) und Maß der Zusammenziehung der betreffenden Theile. Ganz allmählich entsteht Muskelmasse oder entstehen doch »kon- traktile« Fäden aus jener äußeren Schicht von Körperplasma, welche wohl bei allen Einzelligen vorzugsweise die Zusammenziehung des Körpers besorgt. Bei vielen thut sie dies, ohne dass man an ihr be- sondere, auf diese Fähigkeit hinweisende äußere Eigenschaften erken- nen könnte. Das mehr oder weniger ausgebildete Muskelplasma stellt hier gewissermaßen einen Schlauch um das übrige Körperplasma her, in ganz ähnlicher Weise, wie die einfachsten Muskelzellen (Blutegel) und Muskelfasern (Bero&) und selbst viele quergestreifte Muskelfasern (Arthropoden) so gebaut sind, dass die wirksame Muskelmasse mantel- artig gewöhnliches Plasma umhüllt. Wenn man für derartige Gestaltungen eine Erklärung auf physio- logischem Grunde wirklich geben kann, so wird man dieselbe als Natur- forscher doch wohl einer spekulativ-theoretischen,, mit Zufälligkeiten rechnenden vorziehen. Es ist aber klar, dass eine solche röhrenförmige Bildung von in bestimmter Richtung sich zusammenziehendem Plasma bezw. von Mus- kelmasse, auf mechanische Ursachen zurückzuführen ist, im Sinne meines Satzes, dass die Thätigkeit die organische, bezw. physio- logische Ausbildung erst hervorruft. Denn sowohl im Körper der Einzelligen, wie in den Muskelzellen und Muskelfasern der Vielzelli- gen wird der äußere Theil des ursprünglich gleichartigen Plasma bei der Bewegungssthätigkeit des Ganzen am meisten in Mitleidenschaft gezogen werden. Erst bei der höchsten Ausbildung der Muskelzelle und der Muskelfaser ist auch deren Inneres vollkommen in Muskelmasse, bezw. in quergestreifte Fibrillen umgeformt, aber auch hier findet man zu- weilen noch jene Unterscheidung des Mantels gegenüber einem Innen- plasma. Bei den einzelligen Thieren bildet sich also offenbar eine die Zu- 70 | 6. H. Th. Eimer, sammenziehung des Körpers nach bestimmten Richtungen hin besor- gende »kontraktile« Masse allmählich aus dem Rindenplasma heraus; sie tritt morphologisch greifbar in die Erscheinung durch Entstehung von Fäden, deren Richtung entsprechend den Muskelfäden der Viel- zelligen in ganz bestimmter Beziehung zu der Zusammenziehung des Körpers steht, so z. B. bei den Stentoren unter den Wimperinfusorien, wo sie im Wesentlichen der Länge des Körpers nach gerichtet, bei Gregarina gigantea van Ben., wo sie ringförmig gelagert sind. Solche Fäden erscheinen ursprünglich noch fest zusammenhängend mit dem Rindenplasma und als Umbildung des äußeren Theils desselben. Ein Recht, sie als Muskelfäden zu bezeichnen, hat man zunächst nur auf Grund ihrer physiologischen Thätigkeit, zumal da, wo sie noch nicht einmal morphologisch selbständig sind. Aber in vielen Fällen arbeitet das Plasma, wie gesagt, offenbar schon bevor solche Fäden sichtbar werden an Stelle derselben, indem es durch fortgesetzte Übung die Fähigkeit erlangt hat den Körper nach bestimmten Richtungen zu- sammenzuziehen. Weil die Zusammenziehung nach bestimmten Rich- tungen hin nun fortdauert und sich verstärkt, bilden sich aus dem Plasma heraus an den besonders thätigen Theilen desselben allmählich jene Fäden: die morphologische AusgestaltungistdieFolge der Thätigkeit. Es giebt keine Grenze, von welcher an wir solche Fäden etwa als Muskelfäden bezeichnen könnten. Wenn wir aber diesen Begriff nur auf eine Masse anwenden wollen, welche durchaus die physiologischen Eigenschaften der Muskeln der höheren Thiere zeigt, so werden wir, bis nähere Untersuchungen ausgeführt sind, jene Fäden streng genom- men nur etwa als »kontraktile«, besser als muskelähnliche Fäden be- zeichnen können. Es ist indessen für einen Fall, für den Muskelstiel der Vorticellen, bekanntlich durch Künne nachgewiesen worden, dass er sich physiologisch durchaus wie Muskelmasse verhält. Es dürfte dieser Muskelstiel ähnlich wie die Muskeln der vielzelligen Thiere aus Fäserchen zusammengesetzt sein. Verschiedene Beobachter haben Längsstreifung an ihm beschrieben und ich sah häufig, dass er nach oben pinselartig in Fäden ausstrahlt, welche in das Körperplasma des Glockenthierchens übergehen (vgl. hierzu auch E. Everr’s, Untersuch, an Vorticella nebulifera. Diese Zeitschr. Bd. XXIII, 1873, Taf. XXX, Fig. 4, 2,3). An den Ringmuskelfäden seiner Gregarina gigantea aus dem Darm des Hummers beschreibt E. van BEneDEN eine Zusammensetzung aus kleinen lichtbrechenden an einander gereihten Körperchen!, welche 1 Bullet. de l’Acad. roy. de Belgique. März 4872. Fig. 5. I ee Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 71 offenbar dichterer Muskelinhalt sind, entsprechend wohl den dunkeln (doppelbrechenden) Inhaltstheilen der Muskelfibrillen der Vielzelligen bei unvollkommener Querstreifung. Die Ortsveränderung der wurmförmigen Gregarinen geschieht bekanntlich durch Vorwärtsdrängen des Plasma, welches durch stellen- weises Eingeschnürt- bezw. Dünnerwerden des Körpers begünstigt wird. AufGrund dieser Zusammenziehungen, welche von der äußeren Plasmaschicht geübt werden, sind hier offenbar ringförmige Muskelfäden entstanden. KünstLer beschreibt Querstreifung auch an den Geißeln von Fla- gellaten!. Eine solche ist an der einen Geißel, dem »Tentakel« von Noetiluca schon lange bekannt, beruht hier aber nicht auf wirklicher Querstreifung, sondern auf ringförmiger Anordnung von Plasmafäden, ähnlich jenen Ringmuskelfäden der Gregarina gigantea. Vielzellige Thiere. Allgemeines. Zunächst muss ich hervorheben, dass ich mit Körriker die Muskeln als aus Muskelzellen oder aus Muskelfasern zusammenge- setzt unterscheide. Ich bemerkte a. a. O.® über diesen Gegenstand: »Man theilt die Muskeln in den Lehrbüchern der Histologie immer noch in glatte und in quergestreifte ein. Man meint mit jenen im Ganzen die Muskelzellen, mit diesen die Muskelfasern. Aber vom vergleichenden Standpunkte aus ist diese Eintheilung eine ganz unberechtigte, denn es giebt quergestreifte Muskelzellen wie quergestreifte Muskelfasern und endlich giebt es auch nichtquergestreifte (glatte) Muskelfasern (Rippen- quallen). Ferner wird ein Jeder, der sich mit der vergleichenden Unter- suchung der Muskeln sorgfältig abgegeben hat, mir zustimmen, wenn ich sage, dass die Querstreifung allmählich entsteht, so dass Übergänge zwischen nichtquergestreifter und quergestreifter Muskulatur vorkom- men. Man kann also nur die Eintheilung in Muskelzellen und Muskelfasern als eine sachgemäße anerkennen, wenn man in den Begriff zugleich die a Einkernigkeit der ersteren und die Vielkernigkeit der letzteren ein- schließt, weil es einfache, einkernige Muskelzellen giebt, welche so lang sind, dass man sie im Sinne des gewöhnlichen Sprachgebrauchs eben so gut Fasern nennen darf. Auf der anderen Seite spricht man von »Muskelkästchen« als den 1 KünstLer, Compt. rend. 4884. p. 603. 2 Vel. Bürscauı, Morph. Jahrb. Bd. X. Fig. 35. 3 Entstehung der Arten, I. p. 352. 79 G. H. Th. Eimer, Grundbestandtheilen der quergestreiften Muskelfaser. Es sind aber diese Grundbestandtheile vielmehr die Fibrillen, die Muskelfä- den, und die vergleichende Betrachtung führt nothwendig darauf, dass eine Abtheilung dieser Fäden in einzelne quergeschiedene Kästchen, wie sie im hochentwickelten Zustand der Querstreifung vorgebildet vorzukommen scheint (die Sache ist immer noch nicht vollkommen entschieden), nur etwas spät Erworbenes sein kann, dass sich dieselbe auf früheren phylogenetischen Stufen der Querstreifung überhaupt noch nicht findet.« Wir nennen also im Folgenden alle einkernigen Muskelgebilde Muskelzellen, alle vielkernigen Muskelfasern, ohne Rücksicht auf die Länge. Als den Grundtheil des quergestreiften Muskels bezeichnen wir, wie u. A. Körriker und G. R. Wagener die Fibrille oder den Muskel- faden. Sowohl Muskelzellen wie Muskelfasern können aus Muskel- fäden zusammengesetzt und beide können quergestreift sein. Auf der niedrigsten Stufe der Ausbildung aber sind beide ganz gleichartig, ohne Muskelfäden und ohne Querstreifung. Eine verhältnismäßig niedere Stufe bezeichnet auch das schon be- rührte Verhalten, welches darin besteht, dass die Muskelmasse nur einen Mantel an den Muskeln bildet, während sich im Inneren noch körniges Plasma erhält. Auch dieses Verhalten kommt sowohl bei Muskelzellen wie bei Muskelfasern vor. Alle diese Erscheinungen lassen sich meiner Ansicht nach nur entstanden denken durch das Maß und die Art der Thätigkeit der Muskelmasse, bezw. des Plasma, aus welchem dieselbe hervorgegan- gen ist. Vielleicht gehört hierher auch die Thatsache, dass ganz aus Mus- kelfäden bestehende Muskelfasern zuweilen von einem besonderen Mantel von solehen umgeben sind: einem Ring, aus Sarkoplasma und Fibrillen bestehend, während die inneren Fibrillen in Muskelsäul- chen angeordnet sind. Einen derartigen Fall bieten z. B. Muskeln der Barbe dar, bei welchen außerdem die inneren Muskelsäulchen auf dem Querschnitt so hübsch hervortreten (Consnem’sche Felder), wie ich sie bei keinem anderen Muskel gesehen habe. Solchen äußeren Ring hat schon va GsnrucHten u. A. von den Muskelfasern eines Gyprinus beschrieben und später KöLiker!. Gerade diese Fasern von Cyprinus haben aber einen äußersten Mantel von Sarkoplasma, was im ! Diese Zeitschr. Bd. XLVII. Sonderabdr. p. 15; Taf. XLV, Fig. 20, 21. ee Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 13 Widerspruch mit meiner oben gegebenen Erklärung zu stehen scheint. - Diesen Sarkoplasmamantel hat zuerst Leyvpıe an Muskeln des Barsches abgebildet!. Es handelt sich hier wie in anderen Fällen um Muskeln der Seitenlinie oder deren Nachbarschaft. Was für besondere Verhält- - nisse hier wirksam sind, kann erst dieZukunft zeigen. Nach einer Ab- F bildung Köruiker's (a. a. O. Fig. 19) vom Karpfen scheint es auch vor- F zukommen, dass der äußere Ring von Sarkoplasma zwischen die Muskelsäulchen einer Faser eindringt, sie in Bündel theilend. Dass in den Flügelmuskeln von Insekten Fasern vorkommen, deren Fibrillen in in einander geschachtelten ringförmigen Blättern liegen, ist bekannt (Rorzrr). Diese Blättermuskeln kommen neben den in Fäden zerfallenden Brustmuskeln vor — an welche Theile sie sich anheften habe ich nicht untersucht. Anbei gebe ich Abbildungen der Blätter- muskeln von Tachina nach Präparaten, welche von meinem Assistenten Dr. VosseL£r angefertigt sind. In Fig. 1 A bedeutet c die Cuticula, E die Epidermis, L Blätter- muskeln auf dem Längs- schnitt, Q dieselben auf dem Querschnitt. In Fig. 1 B bedeutet a einen Längsschnitt, 5 einen Querschnitt beistär- kerer Vergrößerung. Ich zählte bis fünf Blätter, welche durch die Fig. 4 A und B. hellen Binden dargestellt sind. Diese Blätter sind nach Rorzer aus Fibrillen zusammengesetzt. Die schwarzen Linien bedeuten die Zwischensubstanz. Dieselben er- scheinen bei stärkerer Vergrößerung oft wie aus feinen Körnern ge- bildet. Die Blätter schließen Sarkoplasma und Kerne ein, zuweilen zwei der letzteren neben einander. Muskelzellen. Die niedrigst ausgebildete Muskelzelle, eine platte beiderseits zugespitzte, zuweilen verzweigte Zelle mit einem Muskelmantel, wel- cher noch nicht in Muskelmasse umgebildetes, mehr oder weniger körni- ges Plasma umhüllt, findet sich bekanntlich besonders bei Weichthieren und Würmern weit verbreitet. Sie herrscht an solchen Thieren und an solchen Körpertheilen derselben vor, welche sich wenig oder lang- 1 Histologie. Fig. 71. 74 6. H. Th. Eimer, sam bewegen. Wir finden sie aber auch noch bei Wirbelthieren in träge sich bewegenden Organen. Zuweilen ist dann das innere Plasma bis auf eine Spur, oder es ist ganz geschwunden. Ich nenne jene unfertigen Muskelzellen Mantelmuskelzellen. Beide, Mantelmuskelzellen und fertige Muskelzellen, welche wir bis jetzt berührt haben, sind glatt. Eine nächst höhere Stufe gegenüber den glatten bilden die längsgestreiften. Die- selben können wiederum Mantel- oder fertige Muskelzellen sein. Längsgestreifte Mantelmuskelzellen finden sich z. B. im Hautmuskelschlauch des Blutegels. Auf dem Querschnitt erscheint ihre Muskelmasse als ein Ring mit Punkten, den Querschnitten der Muskelfäden (Fibrillen). Je eine Anzahl der letzteren ist durch eine Kittmasse zusammengehalten, so dass grobe Connnemm’sche Felder ent- stehen, deren Grenzen den Muskelring auf dem Querschnitt in einzelne Ringstücke theilen. Auch die einzelnen Muskelfäden liegen in Zwi- schenmasse. Diese Eigenschaften der Muskelmantelzellen des Blutegels sind in den von uns abgehaltenen vergleichend-histologischen Übungsstunden von meinem Assistenten Dr. VosseLerR und mir vor Jahren zuerst beob- achtet worden. Indessen hatte G. R. Wagener die Muskelzellen des Blutegels, wie ich nachträglich aus ScauLrtze’s Archiv, Bd. IX, p. 716 ersehe, schon früher in Fibrillen zerlegt, eben so die von Schnecken. Längsgestreifte fertige Muskelzellen finden sich u. A. auch in den Schließmuskeln von Anodonta. Eine weitere Stufe bilden die quergestreiften Muskel- zellen. Wir haben also zu unterscheiden: I. glatte Muskelzellen, 1) glatte Mantelmuskelzellen, 2) glatte fertige Muskelzellen; Il. längsgestreifte Muskelzellen, 1) längsgestreifte Mantelmuskelzellen, 2) längsgestreifte fertige Muskelzellen ; Ill. quergestreifte Muskelzellen, welche wohl bei nähe- rer Untersuchung wieder in Mantel- und fertige querge- streifte Muskelzellen zerfallen werden, wie die quergestreif- ten Muskelfasern. Nach Vorstehendem kommt eine Zwischen- oder Kittmasse nicht nur in den Muskelfasern vor: auch zwischen den Fibrillen der Muskel- zellen kann sie deutlich sichtbar sein und auch hier kann eine größere Menge derselben je ein Muskelfadenbündel umschließen und die ein- De Seel 2 ae Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 75 | zelnen dieser Bündel von einander trennen, so dass auf dem Querschnitt - Gonnuzım’sche Felder entstehen. Nur durch die Mechanik der Thätigkeit kann es ’ offenbar erklärt werden, dass die Muskelzellen zuerst einen Mantel von Muskelmasse haben. Dass dieser Zustand - der ursprüngliche ist, beweist, nebenbei gesagt, auch die Entwicklung der Muskelzellen, welche im ausgebildeten Zustand fertige sind. Sie sind in der Jugend Mantelmuskelzellen. Ganz wie am Wimperinfusorium oder an der Gregarine wird auch an der Muskelzelle die Mantelschicht am meisten thätig sein bei der Zusammenziehung. Als die spätere Muskelzelle noch ganz aus amöboi- dem Plasma bestand, wurde zuerst dessen äußere Lage in Zusammen- ziehungsthätigkeit geübt. So ward aus dieser äußeren Schicht von Plasma Muskel. Bei fortdauernder Thätigkeit kann auch die Innen- masse mehr und mehr umgewandelt werden. So entstehen die fertigen Muskelzellen. In anderen Fällen tritt, offenbar wieder in Folge der Thätigkeit, Fibrillenbildung und dann Querstreifung auf. Muskelfasern. Auch bei den Muskelfasern können wir Mantel- und fer- tige, glatte, längsgestreifte und quergestreifte unter- scheiden. Sehr schöne glatte Mantelmuskelfasern finden sich bei den Rippenquallen. Schon Köıuiker! sagt, dass die Muskelfasern bei verschiedenen Ctenophoren mit einem körnigen Plasmastreifen in der Achse und oft mit mehreren Kernen versehen seien. Ich beschrieb ? diese Fasern genauer und unterschied »vielkernige Muskelfasern mit deutlich hervortretender Hülle, häufig mit scharf geschiedener Rinden- und Marksubstanz, an Dicke bis 0,03 mm messend, mit baumförmig verästelten oder spindelförmigen Enden. Die Kerne liegen in ihnen, wie in den vielkernigen Muskelfasern überhaupt, in größeren Abstän- - den einzeln im Mark«. »Die beschriebenen Fasern sind hauptsächlich diejenigen, welche | das Gallertgewebe durchziehen. « »Zweitens umkleiden den Magen vielkernige Muskelfasern, in wel- j chen Rinden- und Marksubstanz meist nicht deutlich unterschieden sind, - durchschnittlich von etwas geringerem Durchmesser, als die vorigen. « »Drittens umgeben den Trichterschlund als Ringfaserschicht dünne 1 KöLLIKER, Würzburger naturwissensch. Zeitschr. 1864. 2 Zoologische Studien auf Capri. I. Über Bero& ovatus. 1873. p. 36 fi. 76 | G. H. Th. Eimer, (0,003 mm) meist nach beiden Enden spitz zulaufende Muskelfasern von sehr gleichartigem Aussehen, mit nur einem oder werigen Kernen.« »Diese letzteren Fasern stehen den bindegewebigen in so fern am nächsten , als sie selbst in ihrer vollen Ausbildung zuweilen kaum von denselben zu unterscheiden sind. Zugleich sind sie am ähnlichsten den glatten Muskelfaserzellen der höheren Thiere. « Es entspricht meiner Auffassung über die Entstehung des Mantels von Muskelsubstanz in den zuerst erwähnten Muskelfasern, dass die Markmasse um so mehr überwiegt, je jünger die Fasern sind, was ja auch für die Entwicklung der Muskelfasern der höheren Thiere gilt. Auf die Erscheinungen bei der Zusammenziehung dieser Muskel- fasern komme ich später zu reden. Hier sei zunächst nur die folgende wichtige Thatsache erwähnt. An frischen Muskelfasern von Bero& war eine Zusammensetzung des Muskelmantels aus Fibrillen nicht zu erken- nen, aber an mit doppeltchromsaurem Kali behandelten Präparaten sah ich daran sehr häufig eine Längsstreifung, ja es löste sich der Mantel nach der Einwirkung des Mittels sogar oft geradezu in einzelne Fi- brillen auf, welche an abgerissenen Enden von Fasern über das zurück- gezogene Sarkolemma hervorragten. Ich fügte obiger Schilderung hinzu: »Da das doppelchromsaure Kali auch an den Muskelfasern der höheren Thiere die Isolirung der Fibrillen begünstigt, so darf wohl angenommen werden, dass es auch bei Bero& ein organisch begründetes Verhalten zur deutlicheren Anschauung bringe, dass also auch hier die durch dasselbe in die Erscheinung tretenden Primitivfibrillen nicht kurzweg als Kunstprodukte betrachtet werden dürfen.« Die Bildung von Längs- fibrillen ist in den Muskelfasern offenbar eben so wie im Plasmamantel von Einzelligen die Folge fortgesetzter Zusammenziehungsthätigkeit. In den Muskelfasern von Bero& aber ist die Fibrillenbildung noch nicht so weit gediehen, dass sie ohne Anwendung besonderer die Spaltung in Fibrillen bedingender Mittel sichtbar wäre. Übrigens sah ich Muskel- fasern bei Bero& und bildete sie ab (Fig. 30, 34), welche sich an einem Ende pinselartig in Fäden spalteten. Ich war aber im Zweifel ob es sich in ihnen nicht um Neuromuskelfasern handle. Entstehung von Muskelgewebe anf Grund der Thätigkeit. ‚ Nicht minder wichtig sind für meine Auffassungen die folgenden in der erwähnten Schrift! festgestellten Thatsachen. Außer von den Muskelfasern wird das Gallertgewebe von Bero& von Bindegewebs- fasern durchzogen. Die Eigenschaften beider gehen durchaus in ein- 1 p. 30 ff. Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes ete. 17 E ander über. Wenn auch die ausgeprägten Muskelfasern wohl gekenn- “ zeichnet sind durch die Eigenschaft ihres Inhalts, sich durch Karmin ' roth zu färben, so ist durch kein Mittel eine Grenze zwischen den - Fäden festzustellen, welche die geringste Menge von Muskelmasse ent- 3 halten und zwischen solchen, welche derselben gänzlich entbehren, denn es lässt auch die Färbung mit Karmin im Stiche, wenn nur ge- ringe Mengen solcher Masse vorhanden sind. »Die Bindegewebsfasern - durchziehen die Gallertsubstanz unseres Thieres von innen nach _ außen, sowie von oben nach unten, sehr häufig aber in einer solchen Richtung, welche diejenige der Muskelfasern im rechten Winkel kreuzt. An den Stellen, wo diese Kreuzung stattfindet, sind beide zuweilen durch ein dreieckiges Häutchen an einander befestigt, welches seine eine Spitze entweder der Binde- gewebs- oder der Muskelfaser zukehrt und welches entweder mehr ein Theil des Sarkolemma oder mehr ein Theil der Bindegewebs- faser ist.« Bindegewebe wie Muskeln haben hier wie anderwärts die gleiche embryonale Grundlage. Bei manchen Quallen bleibt es im Gallert- gewebe bei der Bildung von Bindegewebsfasern, bei anderen ent- stehen Muskelfasern. Dort kann die Gallerte nicht in sich selbst zu- sammengezogen werden wie hier. Bei den Rippenquallen, wo sie von Wand zu Wand reichlich von Muskelfasern durchsetzt ist, ist solche Zusammenziehung möglich. Wie bemerkt verlaufen die Bindegewebs- fasern sehr häufig in einer solchen Richtung, welche die Muskelfasern im rechten Winkel kreuzt. »Es haben sich hier ‚« fügte ich hinzu, »in denjenigen Richtungen aus der für Bindegewebs- und Muskelfasern gemeinsamen Grundlage die letzteren entwickelt, nach welchen hin der Körper am meisten bestrebt war, sich zu kontrahiren. In den Richtun- gen, nach welchen ein Kontraktionsbestreben nicht oder nur in gerin- gem Grade stattfand, blieb es bei der Ausbildung von Bindegewebs- fasern, oder es entstanden höchstens Muskelfasern, die nur sehr geringe Mengen von kontraktiler Substanz aufweisen. In einer Richtung, welche rechtwinklig gedacht ist zu derjenigen, nach welcher an einer bestimmten Körperstelle ausschließlich Kontrak- tion stattfindet, wird die kontraktile Substanz am meisten in den Hin- tergrund treten und wir werden daher die ausgesprochensten Binde- gewebsfasern rechtwinklig zu den Muskelfasern gelagert finden.« Zu den gleichen Ergebnissen in Beziehung auf den Übergang zwi- schen Bindegewebs- und Muskelzellen ist später zunächst Fremming ! für die Harnblase von Salamandra maculata gekommen. Heute mag man \ Diese Zeitschr. Bd. XXX. Suppl. 73 G. H, Th. Eimer, solche Ähnlichkeit zwischen zwei Geweben, welche auf noch wenig entwickelter physiologischer Ausbildung beruht, für etwas Selbstver- ständliches halten, aber in der Zeit, als ich auf dieselbe hinwies, war dem durchaus nicht so, obgleich schon damals die Vorbedingungen für eine solche Auffassung durchaus gegeben waren. Als ich wenige Jahre nachher ! Zellen in Medusen für Nerven-(Gehirn)zellen erklärte, welche Bindegewebszellen ähnlich sind und von welchen ich annahm, dass sie aus dem Ektoderm stammen, bezeichnete man mit überlegener Sicherheit von anderer Seite jene Zellen als bindegewebige, unter voll- kommenem Missachten meiner unbedingt beweisenden physiologischen Versuche. Physiologische Betrachtungs- und Behandlungsweise findet in den »Reflexionen« der heutigen Mikrotomzoologie nur allzu schwer ihr Recht. Zur vorliegenden Frage gehören schließlich auch die Fälle, in wel- chen quergestreifte Muskelfasern sich an einem Ende in die Fibrillen auf- lösen, worauf diese sich unmittelbar in Bindegewebe fortsetzen. Solches Verhalten scheint besonders in den Lippen- und Zungenmuskeln von Säugern deutlich zu sein (vgl. im Folgenden p. 97). In der »Entstehung der Arten«d?bemerkte ich anschließend an die Be- sprechung der Schwierigkeit der Unterscheidung von Bindegewebe und Muskulatur und zum Verständnis der Entstehung von Muskeln: Kon- traktilität ist »eine der Grundeigenschaften des Plasma und durch her- vorragende Übung dieser Eigenschaft entsteht nach meiner Erklärung aus ihm eigentliche Muskelsubstanz. ..... Nur so erklärt sich die Thatsache, dass Muskulatur überall in denjenigen Theilen der Thiere am meisten ausgebildet ist, in welchen sie vorzüglich vorhanden sein muss, um ihrem Zwecke zu genügen — so eben z. B. bei den durch Zusammenziehung ihres Schirmes sich fortbewegenden Medusen an der Unterseite dieses Schirmes, bei den Würmern zum Zweck der Krüm- mung und schlängelnd kriechender Fortbewegung des Körpers im » Hautmuskelschlauch«, bei den Schnecken im Fuß, bei den Muscheln in den Schließmuskeln u. s. w.« »Wie sollte Auslese oder gar geschlechtliche Mischung an bestimm- ten Stellen des Körpers Muskeln hervorbringen, welche vorher nicht dagewesen sind? Auslesen und mischen lässt sich nur Vorhandenes. « Und, möchte ich hinzufügen, wenn ein zufälliges Abändern der Keim- zellen die Ursache der Mannigfaltigkeit der Formgestaltung in der Natur wäre, warum bilden sich nicht schon an diesen Keimzellen Muskel- ! Die Medusen anatomisch und physiologisch auf ihr Nervensystem unter- sucht. Tübingen, Laupp, 1878. 2 p- 351. Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc, 79 masse — Muskelfibrillen und andere Organe aus, wie an den ihnen »gleichwerthigen« einzelligen Thieren? Entstehung der Neuromuskelzellen auf Grund der Thätigkeit. Ein auffälliges hier sich anschließendes Beispiel für die formge- - staltende Wirkung der Thätigkeit bieten auch die Neuromuskel- zellen, welche an und für sich nur durch verschiedene Funktion - ihres äußeren und ihres inneren Theils zu den eigenartigen Bildungen geworden sein können, welche sie darstellen. Bei Hydra weist noch keine morphologische Eigenschaft des äußeren Theils der Neuromuskel- zellen darauf hin, dass derselbe, wie aus physiologischen Thatsachen mit Recht geschlossen wird, im Dienste des Nervensystems stehe und auch der innere Theil, der Muskelfaden, ist noch sehr wenig als sol- cher ausgebildet. Bei Medusen aber (Carmarina)! habe ich große Neuromuskelzellen beschrieben, welche sehr langen und breiten theil- weise quergestreiften Muskelbändern mit der einen Kante aufsitzen?: das Plasma der Zellen setzt sich auf den äußeren Rand dieser Bänder in ihrer ganzen Länge fort, der der Nerventhätigkeit dienende Theil der Zellen aber zeigt eine sehr feine Längsstreifung. Diese Längsstreifung bezieht sich offenbar auf die Ausbildung von der Nervenleitung dienen- - den Plasmafäden. Ganz denselben Bau des Nervenplasma beschrieb ich nämlich an den dem Ringnerven von Carmarina hastata aufsitzenden Ektodermzellen. Diese Zellen habe ich Besenzellen genannt, weil sich hier das Plasma in nach unten aus einander tretende Fäden besen- artig auflöst, welche unmittelbar in die Nervenfäden des Ringnerven übergehen, während in anderen Fällen die ganze fibrilläre Zelle in einen solchen Faden sich fortsetzt* (»Nervenepithelien«). Eine ähnliche höhere Ausbildung kann auch der Muskelfortsatz der Neuromuskelzellen zeigen. Während er bei den sich verhältnismäßig wenig bewegenden Hydren und in Hydroidpolypenstöckchen kaum als solcher erkennbar und glatt ist, ist er am Schirm der lebhaft sich bewe- genden Medusen quergestreift. N Querstreifung der Muskeln als Folge ihrer Thätigkeit. Schon in den »Medusen« aber habe ich die Ansicht vertreten, dass die Entstehung quergestreifter Muskulatur bei den { ! Die Medusen. Taf. XII, Fig. 44, 13, 16, 17 u.a. 2 Ebenda, p. 234. 3 Ebenda. Taf. XII, Fig. 8. 4 Ebenda. Taf. XII, Fig. 12. p. 243 ff. Vgl. hierzu auch PrLücer, Die Endi- gung der Absonderungsnerven in den Speicheldrüsen. Bonn 1866 und Archiv für mikr, Anatomie. 4869 so 6. H. Th. Eimer, Medusen wie in der ganzen Thierreihe offenbar nur einem höheren Grade der Thätigkeit, mag sie eine will- kürliche oder unwillkürliche sein, mag sie von Muskel- zellen oder von Muskelfasern ausgeübt werden, den Ur- sprung verdankt!. Querstreifung der Muskeln bei Medusen. Ein Beipiel für diesen Satz giebt zunächst abgesehen von dem so- eben Mitgetheilten die Thatsache, dass sich bei Medusen an der unteren Seite des Schirmes quergestreifte und glatte Muskulatur findet, die letztere mit geringerer Thätigkeit strahlig an den Gefäßen, die erstere, in hohem Maße thätig, auf der ganzen Unterseite ringförmig angeordnet: diese ist es, welche die Zusammenziehung des Schirmes und damit die Ortsveränderung der Thiere besorgt. Schon damals wies ich darauf hin, dass am deutlichsten für meine Ansicht die Beschaffenheit der so leb- hafte Bewegungen ausführenden Muskulatur der Arthropoden spreche und die der quergestreiften Muskelzellen des Herzens der Wirbelthiere im Gegensatz zu den übrigen »unwillkürlichen« Muskeln der Einge- weide, welche glatt sind und sich überall da finden, wo die Bewegung eine träge ist. Nachdem ich weiter die erwähnten Thatsachen bezüglich der glat- ten und quergestreiften Neuromuskelzellen und die Verhältnisse der Muskulatur des Medusenschirmes hervorgehoben, sagte ich?: »Die trä- gen Mollusken haben allgemein glatte Muskelzellen — nur an einem Orte kommt quergestreifte Muskulatur vor: die Schließmuskeln der Schalen derjenigen Muscheln sind aus solcher zusammengesetzt, welche durch beständiges Auf- und Zuklappen der Schalen im Meere lebhaft schwimmen, ähnlich wie Schmetterlinge durch Klappen der Flügel flie- gen — so die Schließmuskeln der Kammmuscheln (Pecten) u.a. Am bemerkenswerthesten für unsere Frage sind aber die Schließmuskeln unserer Anodonten: bei ihnen finde ich die ersten Anfänge von Quer- streifung, aber noch nicht bleibend morphologisch ausgebildet, sondern nur vorübergehend und nur an einzelnen Stellen ihres Verlaufs, rein als Ausdruck der Thätigkeit.« Querstreifung in den Schlie[fsmuskeln von Muscheln. Zum ersten Mal sah ich die Querstreifung der Schließmuskeln der Teichmuscheln (Anodonta) gemeinsam mit meinem Assistenten Dr. Fickexr in den von uns abgehaltenen vergleichend-histologischen Übungen pP: 262. Entstehung der Arten p. 353. 1 2 Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 81 [4 nach meinen Notizen am 18. December 1884 und seitdem habe ich die gleiche Erscheinung alljährlich bei derselben Gelegenheit beobach- tet. Die Muskeln sind zusammengesetzt aus langen spindelförmigen, häufig verzweigten Muskelzellen, welche auch dieser Gestalt nach einen Übergang zu den Muskelfasern bilden. Zuweilen sind nur ein- zelne dieser Muskelzellen, welche augenscheinlich einen stärkeren Zustand der Zusammenziehung darbieten, quergestreift, zuweilen ist es der ganze Muskel. Die Querstreifung macht in den ausgesprochen- sten Fällen im Wesentlichen durchaus den Eindruck derjenigen der höheren Thiere, indem in der Muskelzelle dunklere und hellere Stellen auf einander folgen. Fig. 2 stellt einige solcher Kontraktionszustände dar. Bemerkenswerth ist, dass, wie Fig. 2 b zeigt, zuweilen schon eine Anordnung von Scheiben auf- g tritt, wie sie auf höherer Stufe der Querstreifung erscheint: als ob die ursprüngliche Mittelscheibe (0) durch einen hellen Zwischenraum (h) getrennt wäre. Es ist mir aber zweifelhaft, ob es sich in Fig. 2 b nicht je um zwei verschmälerte, sich näher gerückte Q handelt. Ich habe die Sache nicht näher untersucht. Im Übrigen ist diese Querstreifung der Teichmuschel noch einfacher als in den meisten Fällen bei den Arthropoden und bei den Wirbelthieren und einfacher auch, wie wir sehen werden, als in einem Theil des Schließmuskels der Kammmuscheln: es fehlt nämlich die sogenannte Zwischenscheibe. Das Wichtigste aber ist dies, dass alle Übergänge von solcher aus- gesprochenen Querstreifung bis zum Verschwinden derselben vorkom- men können. Bei den ersten Andeutungen der Querstreifung erscheint die dunkle Masse an der Muskelzelle nach oben und unten noch nicht scharf abgegrenzt, verliert sich allmählich und häufig hat es dann den Anschein, als ob nicht Querstreifung, sondern eher Faltung der Muskel- zellen vorläge. Zwar giebt es Faltungen, welche diese beginnende Querstreifung vortäuschen, allein jeder Zweifel daran, dass man Quer- streifung der Muskelmasse vor sich hat, wird gehoben durch das Vor- ; handensein aller Übergänge von jenem Zustande bis zu dem der aus- gesprochenen Querstreifung und dadurch, dass die Ansammlungen von j dunkler Masse zuweilen deutlich an die Fibrillen gebunden sind, aus - welchen die Muskelzelle hie und da ausgesprochen zusammengesetzt - erscheint. Schon Marco ! giebt an, dass die Schließmuskeln und auch die Muskeln im Fuß der Anodonten aus quergestreiften Fibrillen gebildet 1 Tu. Marco, Über die Muskelfasern der Mollusken, Sitzungsber. der Wiener Akad. mathem.-naturw. Klasse. Bd. XXXIX. 1860. Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LIII. Bd. Suppl. 6 89 6. H. Th. Bimer, seien, ganz wie die der Wirbelthiere. BraxcuArn ! bestreitet dies gerade für Anodonta und bezeichnet hier die Schließmuskeln als vollständig glatt. Eben so sah Weısmann? die Querstreifung nicht. Dies erklärt sich wohl dadurch, dass dieselbe nach obiger Darstellung nicht immer vorhanden ist. Bei den Kammmuscheln (Pecten), bei welchen die Thätigkeit der Schließmuskeln eine viel größere ist, als bei den Teichmuscheln, weil die Kammmuscheln durch rasch auf einander folgendes Auf- und Zu- klappen der Schalen schwimmen, ist die Querstreifung nicht nur zeit- weise (im Zustand der Thätigkeit), sondern immer vorhanden und zwar ist sie ganz so beschaffen, wie die der höheren Thiere. Außer den Mittelscheiben (Q Rorzer) sind auch die schmalen Zwischenscheiben (Z Roızer) vorhanden, und zuweilen auch die Hensen’sche Linie (Rh). BrancHArD 3 hat dies ganz richtig beschrieben, nachdem schon Leserr ! die Querstreifung erwähnt hatte. Ich nenne die Querstreifung ohne Zwischenscheibe, wie sie bei den Teichmuscheln vorkommt, unvollkommene, die mit Zwischen- scheibe, wie sie bei den Kammmuscheln vorhanden ist, vollkom- mene. Dass die Querstreifung der Schließmuskeln von Pecten von an- derer Seite bestritten wurde (For 5) scheint zuerst nicht recht verständ- lich, denn sie ist sehr schön, und besonders desshalb leicht festzu- stellen, weil die Muskeln z. B. nach Behandlung in Alkohol von selbst in Muskelfäden (Fibrillen) zerfallen. Allein es ist verständlich, dass sie bestritten wurde, dadurch dass es in den Schließmuskeln von Muscheln und gerade von Kamm- muscheln zweierlei Muskeln giebt, glatte und quergestreifte und durch die Annahme, dass For nur die ersteren vor sich gehabt hat. Gerade diese Thatsache des Vorkommens von zweierlei Muskeln aber ist für meine Auffassung von besonderer Wichtigkeit. BıancHAarD beschreibt (wie vorher schon WAGENER, v. IHERING und Courance für andere Muscheln) für Pecten, besonders für Pecten jaco- baeus im Schließmuskel zwei durch Bindegewebe geschiedene Ab- 1 R. BrLancHARn, Bulletin de la societ6 zoologique de France. 1888. p.49 und Extrait du Bulletin etc. 4888. 143. März. 2 WEISMANN, Zeitschr. f. rationelle Medicin. 1862. 3 R. BLANCHARD, Rev. internation. des sc. biolog. 1880. p. 356 und Compt. rendus de la soc. etc. 1880, p. 133. * H. LeBert, Annal. d. scienc. naturelles. Zoologie. 1850. 5 5 H. For, Compt. rend. 1888. p. 306. 6 a. a.0. 4880. a a nn te Go, En a u a SEE EN ENTE Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 83 theilungen von verschiedener Größe: die kleinere ist durchaus glatt, die große quergestreift. An den Fibrillen der letzteren sieht man die Zwischenscheibe und an manchen nach Behandlung mit Chrom- säure oder Alkohol auch die helle Linie in der dunklen Querscheibe (h Rorier). Es handelt sich in diesen Muskeln um einkernige Muskel- zellen, welche nach BrancuArD die Länge des ganzen Muskels haben. G. R. Wacener ! erwähnte schon früher bei Lima zwei Muskelab- theilungen, von denen die eine glatt, die andere quergestreift sei. H. v. Iserıng ? hat bei Anomia die Zusammensetzung des Schließ- muskels aus einem größeren, mehr bläulich weißen und einem kleine- ren blass gelblichen Theil beschrieben und gefunden, dass dieselbe bei den Schließmuskeln der Muscheln überhaupt und besonders beim hin- teren vorkomme. Nicht gerade geschickt nennt er die größere Abthei- lung muskulös, die kleinere ligamentös. Die erstere bestehe aus glatten Muskelfasern, bei denen zuweilen mehr oder weniger deutlich Quer- streifung auftritt; die Muskelfasern des ligamentösen Theils zeigen stets einen ausgesprochen fibrillären Bau. Durch Versuche an Pecten zeigte v. Iuerıng, dass der größere, dunklere Muskelabschnitt die rasche Zusammenziehung der Schalen, der kleinere helle, dem Scha- lenband entgegenwirkend, den anhaltenden Schluss der Schalen hervorbringt und er dehnt dieses Ergebnis auf die Muscheln überhaupt aus. Dass v. Iuerıne für die kleine weiße Muskelabtheilung den Namen ligamentös gebraucht, findet die Erläuterung in seinen Worten: »sie kontrahirt sich nur langsam, ihre Rolle ist mehr die einer Sehne, welche dem Ligamente, welches beständig die Schale zu öffnen trachtet, als Antagonist entgegenwirkt. Will das Thier die Schalen längere Zeit geschlossen halten, so fällt diese Aufgabe der weißen ligamentösen Portion zu, will das Thier nur vorübergehend aber rasch die Schale schließen, so tritt die gelblichgraue muskulöse Portion in Funktion.« Die letztere vermittle auch das eigenthümliche Schwimmen oder Sprin- gen von Pecten. Weiter kommt aber v. Inerıns zu dem auffallenden Schluss, dass, obschon die graue Muskelabtheilung zuweilen Querstrei- fung zeige, die hellere aber ausgesprochen fibrillär gebaut sei, histolo- gisch ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Muskelarten nicht bestehe. Er weist auf seine Abhandlung zur Anatomie von Chiton hin, wo er darauf aufmerksam gemacht habe, dass die sogenannte Querstreifung in den Muskelfasern der Schlundkopfmuskulatur bei Chi- ton und den Arthrocochliden in Wahrheit nichts sei, als eine exquisite Fibrillenbildung. »Dabei,« fährt er fort, »ist jedoch innerhalb der 1 Archiv für Anat. u. Physiol. 1863. 2 Diese Zeitschr. 1878. 6* 84 G. H. Th. Eimer, Fibrille die anisotrope Substanz in regelmäßiger Weise durch Theile isotroper Substanz unterbrochen, während in den Fibrillen im liga- mentösen Theile des Adductor der Muscheln eine solche Scheidung nicht eingetreten ist. Im muskulösen Theile des Schließmuskels findet sich kein Zerfall in Fibrillen.« Dieser bestehe aus den bekannten glatten Faserzellen, bei welchen die kontraktile Substanz peripher gelagert ist und dessen Achse von einem körnigen Protoplasma gebildet wird, in welchem auch der Kern liegt. Es wird also hier geradezu jede Beziehung zwischen der Thätig- keit (Funktion) und dem histologischen Bau der Muskeln in Abrede gestellt. Dagegen hebt Brancuarp diese Beziehung um so ausdrück- licher hervor, freilich nur in der gewöhnlichen Weise, welche besagt, dass die quergestreifte Muskulatur zu rascher Thätigkeit bestimmt sei, die glatte zu langsamer. Von einem ursächlichen Zusammenhang zwi- schen Thätigkeit und Formgestaltung ist auch bei BLancHARD so wenig, wie sonst wo, die Rede. Abgesehen hiervon ist, wie aus dem Folgenden hervorgeht, jeden- falis die Verallgemeinerung, welche v. Iserına seinen histologischen Beobachtungen giebt, nicht statthaft. In demselben Jahre wie v. Inerına machte Gourtance ! Versuche, welche ganz zu dem gleichen Ergebnis, wie die des Ersteren, führten. BLancHArD hat genauere Untersuchungen über den histologischen Bau der Schließmuskeln bei verschiedenen Muscheln gemacht. Bei Pecten ist also der dunklere Theil des Schließmuskels quergestreift, der helle glatt, aber doch aus Fibrillen zusammengesetzt. Bei Austern, bei Gryphaea, Cardium edule, Tapes decussata, Mytilus edulis und Anodonta ceygnea ist nach BrancnarD der dunklere Theil des Schließmuskels nicht querge- streift, höchstens fibrillär, wie der helle Theil, doch zeigen sich zuweilen im dunklen Theil, z. B. bei Austern und bei Gryphaea, eigenthümliche quere oder schiefe oder gekreuzte oder Zickzacklinien, welche auch schon von anderen Beobachtern beschrieben worden sind. Die queren Linien täuschen, wie BLANcHARD Sagt, eine wahre Querstreifung vor. Man kann dieselben wie die schiefen, gekreuzten und Zickzacklinien auch im dunklen Muskeltheil bei Teichmuscheln beobachten, und ich bin zu der Überzeugung gekommen, es handle sich in denselben, jedenfalls zumeist, um den Beginn wirklicher Querstreifung der Fibrillen, und es würden die unregelmäßigen Linien dadurch hervorgerufen, dass die Fibrillen an einander verschoben sind. Ganz ähnliche Bilder findet man bekanntlich auf Grund derselben Ursache sehr häufig auch 1 Covurancz, De l’Energie et de la structure musculaire chez les mollusques ac&phales. Paris 1878, ; Be na de 2 ne A Beie Z Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes ete. 85 bei den quergestreiften Muskeln der höheren Thiere und die Abbil- dung, welche schon Wagener auf Taf. IV, Fig. 7 (a. a. O0.) von den Muskeln von Lima giebt, zeigt allein, dass es sich in beiden Fällen um dieselbe Sache handelt. Bei Wirbellosen (Anodonta) scheinen mir die Zickzacklinien aber zuweilen mit dadurch hervorgebracht zu werden, dass die Fibrillen kürzeste wellenartige Biegungen machen, welche mit ihrem verschieden vertheilten Inhalt schief an einander liegen. Es ist besonders bemerkenswerth, dass dieser An- fang der Querstreifung bei Anodonta wie bei Ostrea und Gryphaea im thätigeren Muskeltheil vorkommt, bei Pecten aber, wo der thätigere vollkommen quergestreift ist, im weniger thätigen. Beı Anodonta wie bei den übrigen Muscheln bestehen die Muskeln aus mehr oder weniger abgeplatteten, beiderseits zugespitzten, zuwei- len verzweigten einkernigen Muskelzellen, deren Kern im Gegensatz zu den Angaben v. Inzrıng’s meist auf der Außenfläche gelagert ist. Je weniger diese Muskeln thätig sind, um so häu- figer findet sich auch in ihrem Inneren noch einRest von gewöhnlichem Plasma: sie sind Mantelmuskelzellen. So sind sie im hellen Theil beider Schließmuskeln von Anodonta beschaffen. Die thätigeren Muskeln bestehen durchaus aus Muskel- masse. Als Wirkungeines weiteren Grades von Thätigkeit erscheint die Fibrillenbildung. Bei noch höherer Thä- tigkeit folgt vorübergehendes Auftreten von Querstrei- fung, welche eine unvollkommene ist, bei höchster Thätigkeit tritt bleibende vollkommene Querstreifung auf. Denn wenn auch im dunklen Muskeltheil von Anodonta die Quer- streifung sehr ähnlich derjenigen der gewöhnlichen quergestreiften Muskulatur sein kann, so fehlen, wie bemerkt, hier doch noch die Zwischenscheiben, welche bei Pecten vorhanden sind, allerdings, wie ich hinzufügen möchte, nicht immer. Beginn der Querstreifung bei anderen Thieren. Bei den so wenig thätigen, man kann sagen, erst in der Entste- hung begriffenen Muskelfasern von Bero& ovatus tritt, wie schon früher bemerkt, ebenfalls der Anfang einer Fibrillenbildung in dem allein aus Muskelmasse bestehenden Mantel der Muskelfasern auf. Wir haben hier ganz jene Stufe der Ausbildung, welche die Muskelzellen bei der Teichmuschel zeigen, indem sie im Inneren noch unverändertes Plasma führen. Aber auch bei Bero& beschrieb ich eine Zusammenziehung von Muskelfasern, bei welcher dunkler und heller Inhalt nach Art des ersten 86 G. H. Th. Eimer, Anfangs einer Querstreifung auf einander folgt!. Dieser Zustand er- scheint nur vorübergehend, während der Thätigkeit, wie bei Anodonta, ist aber nicht zu verwechseln mit Zusammenziehungen des weichflüs- sigen Inhalts der Muskelfasern nach dem Tode. Weitere auf diesen Gegenstand gerichtete Aufmerksamkeit wird sicherlich bei den verschiedensten Thieren ähnliche Verhältnisse vor Augen führen, welche die allmähliche Entstehung der Querstreifung aus einem vorübergehenden Zustand in einen dauernden darlegen, und auch aus den vorhandenen Arbeiten würden sich wohl Beweismittel für meine Auffassung ergeben. Hierher gehört offenbar die Abbildung und Beschreibung Wacenxer’s? von Querstreifung bei Hautmuskeln einer Nemertine, welche sich wohl unmittelbar vor dem Tode stark bewegt hatte, indem sie, wie bei diesen Würmern zu geschehen pflegt, nach Einbringen in Weingeist in Stücke zerbrochen war. Dr. Vosseer beschreibt dagegen in einer im Druck. befindlichen Arbeit, dass die Fasern der im Hinterleib der Spinnen gelegenen Stütz- muskeln bei den Weibchen während der durch das Wachsen der Eier- stöcke bedingten Dehnung glatt werden‘. Nach der Eiablage aber würden sie wenigstens in einem Fall (Epeira patagiata), wie in der Jugend, theilweise wieder unvollkommen quergestreift. Andauernde solche Streckung bedinge sogar eine Art sehniger Umwandlung der Muskelfasern. Lange Zeit wurden sämmtliche Muskeln der Arthropoden für quer- gestreift gehalten und man machte dabei keinen Unterschied zwischen vollkommener und unvollkommener Querstreifung, man nahm an, dass überall die erstere vorhanden sei. In der That haben wir nirgends im Thierreiche eine ausgeprägtere, vollkommenere Querstreifung als bei Arthropoden, aber wiederum nur in denjenigen Muskeln, welche hervorragend thätig sind, so z.B. in den Beinmuskeln der Laufkäfer. Vielleicht sind die Beinmuskeln des Leder- laufkäfers und seiner Verwandten, sowie die von anderen nicht fliegen- den Käfern, wie z. B. Molytes germanus, die geeignetsten Muskeln zur Untersuchung ausgeprägter Querstreifung. In letzeren findet man, wie ich kürzlich an Präparaten Vosserer’s sah, Mittelscheiben von ganz außerordentlicher Breite, was wohl mit der verhältnismäßig langsamen aber kräftigen Bewegung zusammenhängt (vgl. Fig. 3 auf folg. Seite). ! Bero& p. 38 und Tat. IV, Fig. 37 B. 2 a.a.0.p. 213. Taf. IV, Fig. 1. 3 J. VossELER, Untersuchungen über glatte und unvollkommen quergestreifle Muskeln der Arihropoden. Tübingen, Laupp 189. * Auf die Thatsache, dass diese Muskeln theilweise glatt seien, hat ihn zu- erst Dr. FıckErt aufmerksam gemacht. Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 87 Bis vor Kurzem waren nur wenige Angaben über das Vorkommen von glatten Muskeln bei Arthropoden gemacht worden. Darunter ist besonders bemerkenswerth für uns eine über Tardigraden von Pıarr. Derselbe beschreibt, dass die Muskeln dieser Thierchen der Querstreifung entbehren, aber in Fibrillen zerfallen. Nun veröffentlicht VosseLer in der erwähnten Abhand- lung weitere hierher gehörige Thatsachen, welche meine Anschauung von der Bedeutung und Entstehung der Quer- streifung sehr stützen. Fig. 3. = - x B nr 3 Stück einer Während in den thätigsten Theilen, wie in den Beinen, wMuskelfaser auch bei den Arthropoden die Querstreifung am höchsten Y” Molytes e 2 N £ & h germanus, ausgebildet ist, wogegen sie den trägen Bärthierchen nach Prare fehlt, ist sie nach Vosseer’s Beobachtungen in vielen mäßig sich bewegenden Theilen von Insekten unvollkommen quergestreift oder glatt. So in den Eileitern von Schmetterlingen, Käfern, Heu- schrecken, in den Darmmuskeln, in den Fächermuskeln des Herzens und in den Herzmuskeln verschiedener untersuchter Arten. Am be- merkenswerthesten aber ist das Verhalten der verkümmerten Flügel- muskeln des Weibchens von Orgyia gonostigma. Während sonst die Flügelmuskeln der Insekten überall vollkommen quergestreift sind, sind sie hier zum Theil glatt ohne nachweisbare Fibrillen, zum Theil zerfallen sie in Fibrillen, zum Theil endlich sind sie unvollkommen quergestreift. Es handelt sich hier offenbar um verschiedene Stufen von Rückbildung der Eigenschaften der Muskulatur in Folge von Nicht- gebrauch. Im Widerspruch mit meinen allgemeinen Voraussetzungen scheint es zu stehen, dass das Insektenherz theilweise aus glatter, theilweise aus unvollkommen quergestreifter Muskulatur zusammengesetzt ist. Allein die Arbeitsleistung dieses Herzens dürfte immerhin eine geringe sein im Vergleich zu jener der Muskeln der Gliedmaßen, deren Aufgabe das ein- ander Nähern von Theilen des Skelettes ist, während das Herz sich nur in sich selbst bewegt. Ferner ist der Kraftaufwand des Herzens der Insek- ten gering im Vergleich zu dem der Wirbelthiere, dessen Muskeln quer- gestreift sind. Übrigens zeichnet sich die Querstreifung der Muskeln des Insektenherzens entsprechend der Geschwindigkeit seiner Bewegung durch große Feinheit und Schärfe der dunkeln Scheiben aus (VosseLe£r), im Gegensatz zu den außerordentlich dicken Mittelscheiben in den träg aber sehr kräftig wirkenden Muskeln von nichtfliegenden Käfern, z. B. von Molytes germanus. 1 PLATE, Zool. Jahrb, 1889, 88 G. H. Th. Eimer, Auch bei den Arthropoden sehen wir also, wie bei den Mollusken, die Ausbildung der Eigenschaften der Muskulatur in vollkommener Übereinstimmung mit der Thätigkeit, erkennen sie als augenscheinliche Folge derselben. Wir finden hier wie dort, entsprechend dem Grad der zu liefernden — besser der seit langer Zeit schon von den Vorfah- ren der Thiere gelieferten Arbeit die Stufen der glatten, der aus Mus- kelfäden (Fibrillen) bestehenden, der unvollkommen und der voll- kommen quergestreiften Muskeln und die beiden letzteren wieder in verschiedenen Graden der Ausbildung und in verschiedenen Arten der Gestaltung je nach der Art ihrer Arbeit. Dieser Satz aber gilt für alle Thiere, und es sei hier in Beziehung auf Mollusken noch angeführt, dass Leynpıe Querstreifung bei Muskeln des Schlundkopfes und Herzens von Paludina vivipara beobachtet hat!, GEGENBAUR am Musc. retractor oculi der Helicinen und von Limax?, Marco in der Rindenmasse der Muskelfasern von Loligo und Sepiola 3 — lauter Fälle, in welchen ausgiebige Thätigkeit statthat. Es mag ferner hervorgehoben werden, dass nach den Angaben von Raxvızr auch die sogenannten rothen, weniger thätigen Muskeln.der Wirbelthiere eine weniger ausgeprägte Querstreifung zeigen als die thätigeren weißen, zwischen welchen sie liegen. Und endlich ist die Angabe zu erwähnen, dass die Querstreifung in den Säugethier-Gesichtsmuskeln, welche in Folge von Durchschneidung des Nervus facialis unbeweglich gemacht worden sind, mit der Zeit zurücktritt. Ob dieses Zurücktreten aber ein physiologisches ist oder ob es sich dabei um eine Entartung handelt, wäre wohl erst genauer festzustellen. An in meinem Laboratorium untersuchten Ratten war mehrere Monate nach Durchschneidung des Facialis eine Veränderung an den gelähmten Muskeln nicht zu sehen. An menschlichen Leichen aber schwindet, wie mir mein Kollege Baun- GARTEN mittheilt, die Querstreifung vor der Längsstreifung. An fossilen Muskeln ist erstere dagegen oft auffallend schön erhalten. Die Querstreifung in den Brustmuskeln der Stubenfliege. Den hauptsächlichsten Beweis für meine Auffassung bilden nun aber die von mir an Brustmuskeln von Fliegen beobachteten und auf p- 354 der »Entstehung der Arten« schon berührten Thatsachen. Die Aufzeichnungen, welche ich über die von mir abgehaltenen histologi- schen Übungen zu machen pflege, enthalten am 18. December 1884 die Bemerkung über die Brustmuskeln der Stubenfliege: »auffallender Weise 1 Diese Zeitschr. Bd. II. 2 Diese Zeitschr. Bd. I. 3 Sitzungsber. d. Wiener Akad. 1860. p. 569. a u #4 " e* ? Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes ete. 89 sind die meisten Fibrillen ohne jede Querstreifung, wahrscheinlich 1 Bat 7 u nn | A | desshalb, weil die Fliegen sich jetzt in Ruhe befinden. Die ungestreiften Fibrillen sind stets dünner als die gestreiften. Andere Fibrillen zeigen die verschiedensten Zustände der Querstreifung, wie sie die Abbildun- gen darstellen«. Ich lasse diese Abbildungen anbei folgen. Fig. k. Dieselbe Beobachtung machte ich am 17. December 1885. Jetzt waren alle Brustmuskeln ohne Querstreifung. Am 27. November 1886 heißt es: »Fliegen, welche aus der Win- terruhe aufgenommen sind, sich also längere Zeit nicht bewegt hatten, haben nur ganz glatte Fibrillen im Thorax oder es erscheinen an ihnen kurz auf einander folgend abwechselnd starke und schwache dunkle Querlinien. Nach starkem Schütteln der Fliegen und nachdem sie sich in der Wärme einige Zeit bewegt haben, erscheinen die Fibrillen mit gleich starken, ziemlich nahe bei einander gelegenen dunklen Quer- linien.« Solche Versuche über den Einfluss der Bewegung auf die Erzeu- gung der Querstreifung insbesondere nach Einwirkung der Wärme hat auf meine Anregung mit aus der Winterruhe genommenen Fliegen Dr. Vosserer auch in den folgenden Jahren gemacht und immer mit demselben Erfolg. Andererseits hat er im Mai Fliegen im Eiskeller zum Erstarren gebracht und darauf Zurücktreten der Querstreifung wie - im Winter gefunden. Diese Thatsachen aber beweisen, dass jedenfalls in den Brustmus- > keln der Stubenfliege von »Muskelkästchen«, in welche dieselben abge- - theilt wären, nicht die Rede sein kann. Sie beweisen weiter, dass ganz dieselben verschiedenen Querstreifen, bezw. Querscheiben, welche man an den Muskeln der höheren Thiere beschrieben, und welche man theilweise für feste morphologische Bildungen erklärt hat, an in der Ruhe vollkommen gleichartigen Fibrillen in Folge der Thätig- keit derselben auftreten können. Es ist demnach klar, dass diese 90 (6. H. Th. Eimer, Querstreifen nicht etwa die Ursache der Thätigkeit des Muskels, sondern dass sie vielmehr die Folge dersel- ben sind. Nicht nur die Mittelscheiben (@ Roter) und die HENsEN- sche Linie in ihnen, sondern insbesondere auch die Zwischenschei- ben (Z), welche nach Krause und Anderen die festen beständigen Endwände der Muskelkästchen sein sollen, treten in den Muskelfäden der Stubenfliege in Folge der Thätigkeit auf und schwinden in der Ruhe wieder. Ferner beobachtet man auch Fälle, in welchen ein ganz allmähliches An- und Abschwellen der Mittel- und der Zwi- schenscheiben’ stattfindet, so dass beide sich in der hellen, einfachbre- chenden Masse allmählich verlieren. Erst nachdem das Vorstehende niedergeschrieben war, wurde ich mit der Thatsache bekannt, dass G. R. Wıcener schon im Jahre 1880! glatte Muskelfibrillen der Stubenfliege beobachtet hat, welche er frisch im Wasser untersuchte. Es ist nun allerdings Wasser gewiss kein ge- eignetes Mittel für die Untersuchung solch zarter Dinge, wie frische Muskelfibrillen es sind und die Befunde, welche sich bei Beobachtung in Wasser ergeben, beweisen nichts für einen natürlichen Zustand. Indessen kommt G. R. Wagener durch diese wie durch zahlreiche in anderen Arbeiten niedergelegte Beobachtungen zu ganz denselben Anschauungen über den morphologischen Unwerth der Querstreifung wie ich selbst und hebe ich diese Arbeiten um so mehr.hervor, als die- selben offenbar das Schicksal hatten, sehr wenig beachtet und berück- sichtigt worden zu sein. Allerdings findet sich auch bei Wagener keine Andeutung einer Beziehung zwischen Thätigkeit des Muskels und seiner Querstreifung. 1873? sagt er vielmehr: »Warum die glatte Fibrille sich in so regelmäßige anisotrope Abtheilungen zerlegt, ist nicht anzu- geben. Da die Querstreifen in den glatten Muskelfasern der Bivalven, der Echinodermen etc. bis jetzt ausschließlich von mir an Orten gefun- den wurden, wo sie durch andere Gewebe zusammengedrängt werden, so könnte man an einen Einfluss der umgebenden Gewebe auf die Ver- theilung der kontraktilen Substanz innerhalb der Fibrillen denken.« Eine solche Auffassung ist von der meinigen freilich himmelweit entfernt. An den in Wasser untersuchten glatten Muskelfibrillen der Stuben- fliege sieht Wagener nachträglich Querstreifen auftreten, welche kräf- tiger werden, während zwischen ihnen neue, schwächere erscheinen. | Die Veränderungen erfolgen gleichzeitig in der ganzen Länge der Fibrillen. 1 G. R. WAGENER, Über die Entstehung der Querstreifen auf den Muskeln etc. Archiv f. Anatomie u. Entwicklungsgeschichte. 4880, 1 Archiv f. mikr. Anatomie. p. 723. Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 91 Nun habe ich in diesem Winter (December 1891) Brustmuskel- fibrillen von Musca vomitoria in Wasser untersucht, um die Angaben - Wagener’s zu prüfen. Die meisten Fibrillen zeichneten sich durch leicht gelbliche Farbe, wie einzelne farbige Blutkörperchen aus. Alle waren zuerst durchaus ohne Querstreifung. Nachdem sie einige Zeit im Wasser gelegen hatten, ward in der That Querstreifung an ihnen deutlich und immer deutlicher: Zwischenscheiben und dann Mittelscheiben traten auf. Ganz dasselbe ist nun aber nach längerem Einwirken von physio- logischer Kochsalzlösung zu sehen. Es handelt sich hierin wohl um eine Zusammenziehung, welche nach Aufhören der im lebenden Körper stattfindenden Spannung erfolgt. Auch Köruiker erwähnt, wie alsbald näher berührt werden wird, in seiner neuesten Arbeit (1888) Fibrillen aus den Flügelmuskeln von Insekten ohne Querstreifung. Auf Grund der von mir selbst beobachteten Thatsachen und ins- besondere der mit Fliegen angestellten einfachen Versuche darf ich wohl sagen: Ä Wenn bei einem Thier in so ausgesprochener Weise die vollkommene Querstreifung als Folge der Thätigkeit auftritt und wenn unvollkommene Querstreifung auch in niederen Thierklassen in Folge derselben Ursache erscheint, so wird geschlossen werden dürfen, dass die Querstreifung überall dieselbe Ursache habe, dass sie einem physiologischen, bezw. physikalischen Vor- gange den Ursprung verdanke. Hier mag schließlich noch die Frage berührt werden, ob die sog. Fibrillen der Brustmuskeln von Insekten, besonders die der Fliegen, nicht aus noch feineren Fäden zusammengesetzt seien. Ich muss mich entschieden dahin aussprechen, dass dies der Fall ist. Wiederholt sah ich eine pinselartige Auflösung der verhältnismäßig dicken Fibrillen von Musca vomitoria an einem Ende derselben. — In Fig. 24 II, Taf. XLIV seiner neuesten Arbeit bildet Körriker, der dieselbe Frage aufwirft, im letzten Abschnitt einer Fibrille von Melolontha eine Längsstrichelung ab, die sich wohl auf etwas Ähnliches bezieht. Gerade bei Musca aber erklärt er keine Beweise für die Zusammensetzung der Fibrillen aus feineren Fäden gefunden zu haben. — Öfters sah ich, dass sich im Ver- lauf einer Fibrille der Schmeißfliege ein Faden auf kürzere oder längere Strecken abspaltete und eben so oft, dass von der Mittelscheibe, wenn diese das Ende einer Fibrille bildete, eiwa die Hälfte ihrer Dicke oder mehr oder weniger der Länge nach abgespalten war. Die bisher soge- nannten Fibrillen der Brustmuskeln von Insekten sind also eigent- 9% 6. H. Th. Eimer, lich Bündel feinster Fäserchen, wie der Muskelstiel der Glocken- thierchen. Ferner möchte ich die Bemerkung einschalten, dass die so leicht in Muskelfäden zerfallenden (SıesoLp’schen) Brustmuskeln der Insekten auf Schnitten, z. B. bei Tachina puparum, als an einander gelagerte Blät- ter erscheinen. Fig. 5 zeigt solche Blätter auf der Kante, längsdurch- schnitten, zwischen ihnen Kerne, Fig. 6 querdurchschnit- ten (Cäußere Chitinlage, EEpi- dermis, CR ein innerer Chitin- ring). In Fig. 6 sind die Fibril- len, in viel Zwischenmasse eingebettet, auf dem Querschnitt zu sehen. Fig. 5. Fig. 6. (Nach einem Präparat von Dr. VossELER.) Mögliches Beständigwerden einzelner Theile der Querstreifung. Bei einer früheren Besprechung der Sache! ließ ich, wie schon be- merkt, die Möglichkeit offen, dass aus einem Zustand, welcher ur- sprünglich ein vorübergehender, physiologischer ist, sich bei manchen höheren Thieren in Folge fortwährender Wiederholung desselben Zu- standes in Einzelnem eine bleibende Gestaltung herausgebildet haben könnte. Ich bezog diese Möglichkeit auf die Zwischenscheibe, welche vielleicht in gewissen Muskeln eine beständige morphologische Bil- dung geworden sei. Sehen wir für jetzt von derZwischenscheibe ab, so kann es nach dem ‘schon Mitgetheilten keinem Zweifel unterliegen, dass die vollkommene Querstreifung in allen ihren Theilerscheinungen in der That um so mehr und um so beständiger ausgeprägt auftritt, je mehr es sich um Muskeln von hoher Arbeitsleistung handelt. Am schönsten ist die Ausbildung solcher Muskeln mit hoher Arbeitsleistung zu sehen in den Beinmuskeln der schon erwähnten Laufkäfer, wie z. B. beim Lederlaufkäfer. Wir haben festgestellt, dass die Querstreifung zuerst nur während | der Thätigkeit, also vorübergehend auftritt und zwar in Form einfacher Abwechslung dunkler und heller Inhaltsmasse der Fibrillen. So z. B. in den Schließmuskeln von Anodonta und, wie VosseL£er beschreibt, 1 Entstehung der Arten. I. p. 352. Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc, 93 _ auch in Eingeweiden von Arthropoden. Aber schon im thätigeren Theil des Schließmuskels von Pecten treffen wir in den Fibrillen meist Zwischenscheibe und Hernsen’sche Linie. Bei den sehr thätigen Muskeln nicht nur der Arthropoden, sondern auch der Wirbelthiere sind auch die übrigen bekannten Abtheilungen in der Querstreifung, wenn auch weniger häufig als Mittel- und Zwischenscheibe und Hensen’sche Linie, vorhanden. Am regelmäßigsten treten von vorn herein Mittel- und Zwischen- scheibe auf. Die letztere erscheint viel weniger veränderlich als die erstere. Auch ist sie am beständigsten vorhanden. Man hat sie für eine feste Bildung, für eine Scheidewand erklären wollen. Zu Gunsten dieser Auffassung scheint bekanntlich zu sprechen, dass gerade an sehr thätigen Muskeln von Arthropoden nach Behandeln derselben mit Alkohol das Sarkolemma sich zuweilen dergestalt abhebt, als ob es mit den Zwischenscheiben in unmittelbarem Zusammenhang stände. Eine andere hierher gehörige Thatsache beschreibt Dr. VosseLer von den Fächermuskeln des Herzens von Hymenopteren. Dort sind die im nicht kontraktilen Plasma im Inneren der Mantelmuskelfasern vor- handenen Kerne ganz regelmäßig so gelagert, dass je einer dunklen Scheibe des Muskels ein Kern entspricht '!. Beides scheint darauf hinzuweisen, dass bei den am vollkommen- sten quergestreiften Muskeln die Abschnitte von Zwischenscheibe zu Zwischenscheibe eine gewisse morphologische Einheit bilden. Allein ein Beweis hierfür ist jedenfalls jenes Abheben des Sarkolemma nicht: es kann sich dabei um eine mit der regelmäßigen Zusammenziehung auftretende Verklebung mit dem der Zwischenscheibe anhängenden Sarkoplasma handeln, welche Verklebung durch den Alkohol fester gemacht und zum deutlichen Ausdruck gebracht wurde. Es giebt aber auch Fälle, in welchen dieses Sichabheben des Sarkolemma deutlich als einfache Folge der Zusammenziehung des Muskels erscheint: das Sarkolemma wird dabei an den Stellen haften bleiben, welche sich am wenigsten verschieben, auch wenn sie aus Muskelmasse bestehen, und - ich sah solches Anhaften in der That an den Mittelscheiben (vgl. hinten -.p. 98). Außerdem muss hervorgehoben werden, dass für die Beurtheilung des Baues der Fibrillen nur diese selbst von maßgebender Bedeutung sein können, nicht aber die Umhüllung der ganzen Muskelfasern in Be- ziehung zu der äußersten Lage der Fibrillen. 1a.20. Taf. II, Fig. 26 u..28. / 94 6. H. Th. Eimer, Dass die erwähnte Lagerung der Kerne an sich nichts für die Auffassung von Zwischenscheiben als morphologischer unveränder- licher Bildungen beweist, ist selbstverständlich. Möglich, wenn auch bis jetzt schwer erklärlich, erscheint es aber, dass durch die im Wesent- lichen immer in gleicher Weise, in gleichen Abständen sich wieder- holende Zusammenziehung allmählich solche mehr oder weniger be- ständig gewordene Abschnitte in der Muskelfaser entstehen können, welche mit kernhaltigen Abschnitten des Muskels zusammenfallen. Übrigens scheint auch die bestimmte Lagerung der Zwischenkör- ner, welche G. Rrrzıus! neuerdings auf den Muskelfibrillen in der Höhe der Nebenscheiben beschreibt, auf morphologische Beziehungen des Sarkoplasmainhalts zu den Abtheilungen der Muskelfibrillen bezw. der Muskelfasern hinzuweisen. Sei dem wie ihm wolle, die Zwischenscheibe tritt zuerst jedenfalls als eine offenbar verdichtete, dunkle Stelle des Fibrilleninhalts, ähn- lich der Querscheibe, gleich dieser als Folge der Zusammenziehung, auf. Aber auch an sehr thätigen Muskeln von Arthropoden lässt sich, wie das schon aus den Arbeiten z. B. von G. R. Wagener, RoLLET und G. Rerzıus hervorgeht, erkennen, dass sie aus kontraktilem Fibrillen- inhalt gebildet ist. Sollte es Muskeln geben, in welchen die Zwischen- scheibe eine feste morphologische Bildung geworden wäre, so würde dies meinen Anschauungen nicht widersprechen. Was ich aber selbst, sogar bei hochausgebildeten Muskeln, von ihr gesehen habe, spricht, wie gesagt, dagegen. Übrigens werden sich noch weitere Gesichtspunkte zur Lösung der vorliegenden Frage in dem Absatz ergeben, welcher von der Erklärung der Entstehung der Querstreifung handelt. »Muskelkästchen« und Muskelfibrillen. Es ist sehr schädlich für das Verständnis des Muskels insbesondere auch von Seiten der Studirenden, dass die Ansicht, es seien »Muskel- kästchen« die letzten Einheiten der quergestreiften Muskelfaser, so tief Wurzel geschlagen hat. Es ist diese Vorstelluug um so mehr schädlich, als sie alle genetische Erklärung ausschließt. Es liegt darin ein Bei- spiel wie wenig in der Histologie vielfach noch die vergleichende Me- thode beigezogen wird und doch können wir nur durch diese zu wissenschaftlicher Vorstellung über das Wesen der Gewebe gelangen. Statt dass man die einfachsten, niedersten Bildungen von Muskeln zum Ausgangspunkt der Betrachtung nahm und von ihnen aus zu den ! G.Rerzıus, Muskelfibrille und Sarkoplasma. Biolog. Unters. Stockholm 1890. Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 95 zusammengesetzteren vorschritt, suchte man von den vollkommensten aus eine allgemeine Erklärung zu geben. Wer sich eingehend ver- gleichend mit der Muskelfaser beschäftigt hat, kommt zu dem unab- weisbaren Schluss, dass der Grundbestandtheil derselben die Fibrille ist, eine Ansicht, die außer G. R. Wagener besonders KöLLiker von je- Er U N N Dis RETTEN EN SEN her mit Nachdruck vertreten hat. Kölliker’s Ansichten über die Querstreifung. Eben so stimmen meine Anschauungen im Wesentlichen mit denen Köruıker’s und G. R. Wagznzr’s überein in Beziehung auf die Erklärung der Erscheinungen der Querstreifung des Muskels, wenn auch nicht in Beziehung auf die Erklärung ihrer Ursachen und ihrer physiologischen Bedeutung. 1867 sagt KöLuiker in seiner Gewebelehre!, dass er sowohl die Muskelscheiben wie die Fleischtheilchen? für Kunsterzeugnisse halte, welche nur unter gewissen Bedingungen auftreten. »Meiner Meinung zufolge ‚« fährt er fort, sind die Fibrillen ursprünglich in ihrer ganzen Länge aus einer und derselben Substanz gebildet, an welcher jedoch im Zusammenhang mit den Zusammenziehungen dichtere (die dunkeln Stellen) und minder dichte Stellen sich ausbilden .... So erwerben die einzelnen Strecken der Fibrillen nach und nach eine gewisse, wenn auch nicht chemische oder physiologische, doch physikalische Verschie- denheit und hiervon, d. h. von der geringeren Dichtigkeit der hellen Abschnitte, rührt es dann her, dass die Fibrillen und Fasern hier bre- chen und von die Muskelsubstanz auflösenden Reagentien etwas mehr angegriffen werden als an den anderen Stellen.« Den Ausdruck » Kunsterzeugnisse«, welcher auch in der neuesten Auflage der Gewebelehre von Köruıker (1889) wieder gebraucht wird, können wir selbstverständlich nicht als berechtigt anerkennen: es han- delt sich vielmehr in der Querstreifung um den Ausdruck eines physio- logischen Zustandes der Muskelfibrille. Wenn ferner KöLuiker auch den Ausdruck »physiologisch« zurückweist, dagegen »physikalisch« anerkennt, so will er offenbar nur der Vorstellung einer festen, dauernden, zugleich morphologisch gefügten Bildung entgegentreten. Dass er aber eben das 1 p. 154 ff. R 2 Die Bezeichnungen »Discs« und »Sarcous elements« dürften wohl endlich billig aus den deutschen Lehrbüchern schwinden. Sie haben gewiss längst ihre Pflicht gegen Bowman bei uns erfüllt! Sollie man es für möglich halten, dass Deutsche so geschmacklos sind, sogar das Wort »Muskelkästchen« durch »Cais- sons« zu ersetzen? Und doch habe ich diese Bezeichnung von einem auswärtigen Kandidaten anwenden hören, der sie wohl nur von seinem Lehrer übernommen haben konnte, 96 G. H. Th. Eimer, »physiologisch« bekämpft, dies beweist, dass er eine allmähliche Ent- wicklung und allmähliches Bestehenbleiben der Querstreifung, wie ich es vertrete, nicht ins Auge gefasst hat. Auch spricht er von Derartigem nirgends. Dagegen hebt er schon 1867 zu Gunsten seiner Auffassung hervor, dass »bei vielen Thieren, deren Muskelfasern quergestreift sind, unter gewissen Verhältnissen Fasern und Fibrillen vorkommen, die keine Querstreifen .... zeigen«e.. Wo Köıumer früher Fasern und Fibrillen ohne Querstreifung beschrieben hat, kann ich nicht finden. In seinem neuesten Aufsatz über den Gegenstand ! sagt er in Beziehung auf die Flügelmuskeln der Insekten: »Bezüglich des feineren Baues erscheinen diese Fibrillen, wie ich schon vor Jahren fand (Mikr. Anat. II. p.263), bald fast ohne Querstreifen und sehr blass, bald mit verschiedener Deutlichkeit quergestreift. Jetzt kann ich beifügen, dass sehr häufig auch Fasern vorkommen, die bei den stärksten Vergröße- rungen keine Querstreifen zeigen.« Weiter hebt Köruiker zum Beweise für seine Ansicht von der Na- tur der Querstreifung hervor, dass die dunkeln Querstreifen bei einem und demselben Thier in Länge und Breite sehr verschieden, in Zahl und Größe selbst an einer und derselben Fibrille sehr veränderlich seien. Die darstellbaren Fleischtheilchen entsprächen bei den einen Thieren den dunkeln Zonen der Fibrillen, bei den anderen den hellen Abschnitten derselben. Ein wesentlicher chemischer Unterschied zwischen den hellen und dunkeln Stellen der Fibrillen finde sich nicht und lösen alle Reagentien, welche die hellen Stellen zerstören, etwas später auch die dunkeln auf. In der neuesten Arbeit hebt Köurıker ferner hervor, dass die Fi- brillen sehr dünn und die dunkeln © dabei sehr lang werden können, wobei auch Z zu einem kleinen Körnchen sich umwandle, was beweise, dass sie dehnungsfähig sei. Dann sei die Querstreifung an verschie- denen Stellen derselben Fibrille oft verschieden. Wenn dickere und dünnere Stellen abwechseln, sind die Q der ersteren viel dünner, bei Getonia waren die diekeren Stellen oft ohne Querstreifung. Einige dieser Angaben finden in meinen vorstehend mitgetheilten Beobachtungen schon ihre Bestätigung, andere werden sie in den fol- genden finden. z Auch G.R. Wacener hat in seinen Arbeiten verschiedene That- sachen erwähnt, welche zu Gunsten unserer Auffassung sprechen. Einige besonders wichtige sollen alsbald hervorgehoben werden. Eben so ließen sich zahlreiche sonst in der Litteratur zerstreute Einzelheiten I Diese Zeitschr, Bd. XLVII. 1888. a url ı Sa 20.229 2 a En Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 97 5 und mit mir übereinstimmende Ansichten wohl leicht anführen. Ich muss aber in Hinblick auf den so außerordentlich großen Umfang der 3 Muskellitteratur hierauf verzichten. Weitere Begründung meiner Ansicht von der Natur und den Ursachen der Querstreifung. Ich stelle diese Begründung in folgenden Sätzen zusammen: 1) Dass die Muskelfäden (Fibrillen) natürliche Grund- theile der Muskeln sind kann man nicht nur an frischen Mus- keln niederer Thiere (z. B. an Schließmuskeln von Muscheln) sondern auch an solchen von Arthropoden beobachten. So kann man die Muskel- fäden an noch thätigen Muskeln von Insekten unter dem Mikroskop sehen. Unterm 8. Januar 1885 findet sich in meinen Aufzeichnungen die Be- merkung: »Beinmuskeln von Notonecta frisch in Humor aqueus unter- sucht. Die Muskelfaser erscheint der Länge nach in Bündel von Fibril- len zerlegt, zwischen welchen zuweilen feine Körnchen liegen. « Ähnliches erinnere ich mich vor Jahren an den Muskeln des Darmes von Libellenlarven beobachtet zu haben. G. R. Wasener hat schon 1872—1874 das Verhalten der Fibrillen in den Larven von Corethra plumicornis zum Beweis ihres natürlichen Vorhandenseins und ihrer Eigenschaft ‘als Grundbestandtheil der Mus- keln behandelt!. Er beschrieb insbesondere, dass sich die Fibrillen bei der Zusammenziehung des lebenden Muskels zuweilen von einan- der loslösen, so dass Spalten zwischen ihnen entstehen. Häufig sieht man, dass die Fibrillen lebender Muskelfasern an einem Ende der letzteren aus einander treten. Derartiges habe ich schon bei Bero& abgebildet. Besonders in den Lippen und in der Zunge von Säu- gern beobachtet man dieses Verhalten ?. VosszLer sah es gelegentlich der Vorbereitungen zu unseren Übungen - in der Oberlippe der Maus und in der Zunge von Rind-, Schwein- und ' Schafembryonen. Ferner beschrieb er a. a. O. pinselartige Fächer- muskeln des Herzens derArthropoden. In allen diesen Fällen scheinen - die Fibrillen in Bindegewebe übergehen zu können. 2) Dass die Querstreifung auch der höheren Thiere, z. B. der In- _ sekten nicht auf festgefügten Zuständen beruht, dass insbesondere die - Zwischenscheibe keine feste Bildung ist, beweist die Thatsache, dass sie sich nieht nur in den verschiedenen Zuständen der Zusammenzie- hung sehr verändert (vgl. Fig. 4), sondern dass sie auch vollkommen schwinden und dann wieder auftreten kann. 1 Vgl. bes. Archiv f. mikr. Anat. 14873 u. 1874. 2 Vgi, Popwyssozkı jr., Archiv f. mikr. Anat. 1887. Kaninchenlippe. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIII. Bd. Suppl. 7 98 6. H. Th. Eimer, In den beiden erwähnten Fällen, z. B. bei Notonecta wie bei den Libellenlarven, zogen sich die in Augenflüssigkeit, bezw. in Eiweiß unter- suchten Muskeln nach der Trennung vom Körper unter dem Mikroskop noch eine Zeit lang zusammen. An den Libellenmuskeln schwand wäh- rend der Zusammenziehung die Querstreifung, an denen von Notonecta schwanden, wie meine Bemerkungen besagen, jedenfalls unterscheid- bare Zwischenscheiben (vgl. hierzu die Fig. 15, Taf. XLIV Köriker’s in dieser Zeitschrift, 1888 von Brustmuskelfibrillen der CGetonia aurata). Beinmuskeln von Procrustes coriaceus am 10. December 1885 frisch in Eiweiß untersucht zeigten Folgendes: die Fasern waren stellen- weise fast plötzlich bauchig verdickt. In der verdickten Stelle waren die Mittelscheiben schmäler und lagen näher an einander als außerhalb derselben. Von Hexsen’schen und Krausr’schen Linien war nichts zu sehen. Ähnliches beschrieb u. a. G. R. Wacener von der lebenden Gorethra plumicornis a. a. O. 1874. Nach Erhärten in Alkohol hebt sich das Sarkolemma von der Mitte je einer dunkeln Mittelscheibe zur anderen ab. Zuweilen ist an den frichen Muskelfasern aaf weite Strecken gar nichts von Querstreifung zu sehen, während im Übrigen die verschie- densten Arten derselben auftreten. Übereinstimmendes ist an frisch in Eiweiß zerzupften Brustmus- keln von Dytiscus marginatus leicht zu beobachten: da wo die Zusam- menziehung stark ist, sind die Muskelfasern verdickt und zeigen zu- erst gleich breite Scheiben, dann folgen Stellen ohne jede Querstrei- fung u. s. w. (vgl. KöLuiker, diese Zeitschrift, Bd. XLVIL, Taf. XLIV, Fig. / und unsere Abbildung 7). Im Besonderen sind die Mittelscheiben (Q) während der Ruhe, bezw. Ausdehnung der Muskeln bei den verschiedensten Thieren breit und wechseln mit dünnen Zwischenscheiben ab. Im Zustand der Zu- sammenziehung dagegen sind die Mittelscheiben dünner, die Zwi- schenscheiben dicker, bis beide gleich dick werden. (So ist wohl auch der in Fig. 4 Nr. 7 dargestellte Zustand zu erklären.) Das endliche Schwinden der Querstreifung bei der Zusammenzie- hung wird wohl überall anerkannt, aber die Vertreter der Muskelkäst- chenlehre suchen es bekanntlich mit dieser in Übereinstimmung zu bringen. An Präparaten der Kaumuskeln einer Horniss, welche lebend in starken Alkohol geworfen worden war (VosseLer), sah man zwischen Strecken der Muskelfaser, welche nur Längsstreifung zeigten und dünn waren, starke verdickte Bäuche sich wiederholen (Kontraktionswellen), mit schmalen Scheiben von doppelbrechender Masse, welche keinen Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 99 Unterschied in der Dicke erkennen ließen. Die Wellen waren zuweilen gar nur einseitig, die andere Seite der Muskelfaser zeigte keine Quer- streifung (Fig. 7). Dann folgten wieder Strecken mit Querstreifung, wie sie Fig. 8 darbietet: Zwischen- und Mittelscheiben, letztere mit drei dunkleren aus Verdickungen von Fibrillen gebildeten Linien. Die nur längsgestreif- ten Stellen dürften auf sehr starke Streckung zu- rückzuführen sein. 3) Auch dass die nicht quergestreiften Muskel- fäden der Brustmuskeln von Fliegen in der Regel dünner sind als die quergestreiften weist darauf hin, dass die Querstreifung hier Folge der Zusammen- ziehung ist. 4) Wie die verschiedensten Arten der Querstreifung an den Mus- kelfäden des Brustmuskels einer und derselben Fliege vorkommen können, zeigen die in Fig. 4 abgebildeten Zustände derselben. Es han- delt sich dabei offenbar um verschiedene Stufen der Zusammenziehung einer und derselben Masse. 5) Den unter 2 erwähnten verschiedenen Zuständen der Quer- streifung der ganzen Muskelfaser entspricht das Verhalten derselben an einzelnen erhärteten Fibrillen. Ich erwähne hierzu einen Fall von in Alkohol isolirten Fibrillen des Axolotl, über welchen ich am 27. November 1886 niederschrieb: »An einer und der- selben Fibrille finden sich zwei Abschnitte in Beziehung auf die Querstreifung. Der eine ist dadurch ausgezeichnet, dass in übrigens heller Masse dünne dunkle Mittelscheiben in Abstän- den auf einander folgen, welche etwa ihrer sechsfachen Breite entsprechen. Im anderen Abschnitt sind die dunkeln Quer- scheiben etwas dicker und folgen sich ungefähr in doppeltem Abstand wie vorhin. Zwischen je zweien derselben ist die helle Masse aber durch je vier viel blassere Scheiben quergestreift.« 6) Dass die Querstreifung eine Folge der Zusammenziehung auch bei Insekten und dass auch hier die Zwischenscheibe keine feste Bildung ist, beweist die Thatsache, dass ich z. B. an den frischen Beinmuskeln von Notonecta vollkommene Übergänge von Zwischen- zu Mittelscheiben in Beziehung auf die Dicke beobachten konnte. 7) Ferner kann man zuweilen auch an freien Fibrillen sehen, dass sich die Zwischenscheibe ganz allmählich nach vorn und nach hinten verliert. Dasselbe gilt für die Mittelscheibe. So merkte ich mir von Muskelfäden aus dem Thorax der Horniss 7* 100 6. H. Th. Eimer, (Fig. 10) an: »Längere helle Abtheilungen werden durch schmale, aber kräftige dunkle Zwischenscheiben (Z) geschieden. In der Mitte jeder hellen Abtheilung befindet sich wieder dunklere Masse (Q), welche sich aber ganz allmählich nach vorn und nach hinten in die helle verliert.« 8) Zuweilen fehlt eine Zwischenscheibe vollständig an Muskelfäden, an welchen sie sonst vorhanden ist: einzelne solcher aus der Oberschenkelmuskulatur von Procrustes coria- ceus, welche lange in Alkohol gelegen hatte und deren Fasern sehr breite Mittelscheiben zeigten, waren ohne Zwischen- scheiben. Sie bestanden aus sehr langen Stäben „N. dunkler Masse, welche je durch etwas helle Zwi- | schenmasse getrennt waren (Fig. 11). An den Stel- len, wo die letztere lag, knickten die Fibrillen gern / ein. Es erfüllte also hier die dunkle Masse weite Sirecken einer Fibrille gleichmäßig, darauf folgten je in bestimmten Abständen kleine Zwi- schenräume mit hellem Inhalt. Andere Fibrillen dieser am 9. Decem- ber 4886 untersuchten Muskeln verhielten sich, wie das Folgende zeigen wird, ganz anders. Eben so sind die Zwischenscheiben geschwunden in dem in Nr. 9, Fig. # abgebildeten Zustand einer Fibrille aus dem Brustmuskel der Stubenfliege. In sehr vielen Fällen ist dagegen von der Mittelscheibe nichts zu sehen, indem deren Masse offenbar gleichmäßig zwischen den Zwischen- scheiben vertheilt ist. Vgl. hierzu auch Fig. 4 Nr. 2. 9) An solchen nach Erhärten in Alkohol losgelösten Fibrillen kann man sich häufig ohne Weiteres durch den Augenschein überzeugen, dass die Zwischenscheibe nicht einer Scheidewand angehört, sondern dass sie aus derselben Masse wie die Mittelscheibe besteht, auch dann wenn sie nicht nach vorn und nach hinten verwaschen ist, sondern ein scharf abgesetztes Bruchstück einer dünnen Querlinie der Muskel- fasern darstellt. Diese Überzeugung gewann ich z. B. an Fibrillen von Froschmuskeln, ferner an solchen von Dytiscus marginatus, an deren Muskelfasern sich das Sarkolemma je von einer Zwischenscheibe zur anderen abhob. Ich bemerkte mir über diesen letzteren Fall: »Brust- muskeln von Dytiscus mit Alkohol behandelt zeigen zwischen beiden dunkeln Mittelscheiben je eine dünne. Immer von der dünnen zur dünnen hebt sich das Sarkolemma ab. Löst man die Fasern in Fibril- len auf, so erscheinen die die dünnen Scheiben zusammensetzenden Abschnitte der Fibrillen deutlich als doppelbrechende Masse und nicht als Scheidewände.« Fig. 10. Fig. 44. » Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 101 10) In den Oberschenkelmuskeln desselben Procrustes coriaceus, aus welchen die unter 8 beschriebenen Muskelfäden stammten, kamen andere vor, welche ein ganz besonderes, auch sonst von mir beobach- tetes Verhalten zeigten. Muskelfasern (a) mit der sehr breitenjMittel- scheibe, an welchen sehr feine Zwischenscheiben zu erkennen waren, ließen sich in Fibrillen (b) mit folgenden Eigenschaften trennen: die den breiten Quer- scheiben entsprechenden Abschnitte dersel- ben bestanden aus etwa fünf kleinen hinter einander gelegenen Theilchen. Der der dün- neren Zwischenscheibe entsprechende Ab- schnitt aber bestand aus je einem solchen Theilchen (c). Mit sehr starker Vergrößerung betrachtet, erschienen diese Theilchen als kleine Würfelchen (d). Auch hier erwiesen Fig. 12. sich die Theilchen der Mittelscheibe mit denen der Zwischenscheibe als vollkommen gleichwerthig, augen- scheinlich aus derselben Masse bestehend. Wir haben es also hier mit »Fleischtheilchen« zu thun, welche nicht den Bowuan’schen, nicht der ganzen auf eine Fibrille entfallenden Abtheilung einer Querscheibe entsprechen, sondern Stückchen jener Bowman’schen Fleischtheilehen — Fleischtheilchen zweiter Ordnung. Denn in einzelnen Fällen konnte ich beobachten, dass die Fibrille theilweise in diese kleinsten Stückchen zerfallen war. Schon Rorzer und Rerzıus haben die Gliederung der Mittelscheibe, welche diesen Fleischtheilchen zweiter Ordnung entspricht, verschie- dentlich abgebildet, vorher schon G. R. Wagener als Kügelchen aniso- troper Substanz (a. a. O. 1873). Auch die stabförmig langen, oben von mir beschriebenen Glieder ohne Zwischenscheibe bildet WaAczner ab. Anhangsweise möchte ich hier nochmals auf die Beinmuskeln von Molytes germanus hinweisen, als vorzugsweise geeignet für das Erkennen gewisser Verhältnisse, wie dies die folgende Abbildung zeigt (Fig. 13). Die Mittelscheibe ist, wie auch in Fig. 4 Nr. 9, in der Mitte lichter (entsprechend h). Die Zwischenscheibe (Z) er- scheint als Reihe von Körnern, entsprechend Stellen verdick- ter Fibrillen; beiderseits von ihr findet sich eine Reihe kräftigerer solcher Körner, von Rorzer als Endscheiben be- Fig. 13. zeichnet — ähnlich wie in Fig. 8 (Horniss), wo aber diese sogenannten Endscheiben als Theile der Mittelscheiben erscheinen. SUEEEE 5 BEEER 5 HEHE 102 G. H. Th. Eimer, Zusammenfassung der Ergebnisse betreffend die Querstreifung. Folgerungen über die Ursache ihrer Entstehung. Nach Vorstehendem kann es keinem Zweifel unterliegen, dass auch die Querstreifung der so hoch ausgebildeten Muskulatur von Insekten nur der Ausdruck eines augenblicklichen physiologischen Zustandes ist. Die Querstreifung kann schwinden, wieder auftreten und in sehr verschiedenen Formen erscheinen. Doch zeigt sie von früh an eine bestimmte Gliederung. Zuerst — z. B. im Schließmuskel von Muscheln — tritt sie nur vorübergehend, während der Zusammenziehung auf und zwar in einfachster Art, ohne Zwischenscheiben, auch verwaschen und unregelmäßig. In anderen Fällen ist sie beständig, im Übrigen eben so einfach. Diese unvollkommene Querstreifung findet sich an verhältnismäßig wenig thätigen Muskeln, besonders bei niederen Thie- ren, aber auch bei Arthropoden. Im Zustand der Zusammenziehung zeigen auch die vollkommen quergestreiften Muskeln ein ihr ähnliches Verhalten. Die höhere Ausbildung der Querstreifung, welche die Zwischen- scheibe zeigt, die vollkommene Querstreifung, kann einfach oder zusammengesetzt sein. Zusammengesetzt ist sie, wenn die Mit- telscheibe in zwei oder mehrere gespalten ist. Zuweilen treten auch mehrere Zwischenscheiben (zwei sog. Endscheiben und die eigentliche Zwischenscheibe) auf. Aber das Abwechseln je einer Quer- und einer Zwischenscheibe ist die Grundform der vollkommenen Querstreifung. Diese Grundform der vollkommenen Querstreifung ist nach meiner Auffassung die mechanische Folge der Zusammenziehung. Sie ist der Ausdruck davon, dass diese beim sehr thätigen Muskel gewöhnlich in auf einander folgenden stärkeren und schwächeren Wellen oder, anders ausgedrückt, in abwechselnd stärkeren und schwächeren Verdichtungen der kontraktilen Masse geschieht. Die letztere ist ursprünglich gleich- mäßig in der Fibrille vertheilt und Alles spricht für die Auffassung Köurıker’s, dass es sich eben in dem Wechsel dunkler und heller Theile nur um verschieden dichte Ansammlung derselben ne handelt. Diese Masse muss eine zähflüssige sein. Für die vorstehenden Sätze spricht in hohem Grade die Thatsache, dass an ausgeschnittenen, in Wasser untersuchten glatten Brustmuskeln von Fliegen jene aus Mittel- und Zwischenscheiben bestehende Quer- streifung allmählich auftritt. Warum aber hier wie auch sonst durch die Zusammenziehung immer dieselben verschieden dieken Abtheilungen hinter einander in der Muskelfibrille entstehen, dies bedarf noch besonderer Besprechung. Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 103 Zunächst wäre festzustellen, ob die verschiedenen Zustände der Querstreifung sich in der Muskelfibrille wenigstens bei den hochausge- bildeten Muskeln der höheren Thiere, also auch von Insekten oder von Arthropoden überhaupt, immer auf derselben Stelle, innerhalb des Raumes von einer Zwischenscheibe zur anderen abspielen. Wenn ja, fragt es sich, ob sich ohne Weiteres durch Vererbung im Laufe der Zeit physiologisch in der Fibrille bestimmte Abtheilungen gebildet haben, in deren jeder sich die Zusammenziehung beständig in derselben Weise wiederholt. Und ferner stellt sich immer wieder die Frage, ob eine solche physiologische Gliederung nicht auch da oder dort zu einer morpho- logischen geführt hat — ob nicht die durch die Thätigkeit immer wieder erzeugten Zustände sich in dem oder jenem Muskel im Laufe der Zeit gefestigt haben. Man müsste zur Bejahung dieser Frage vielleicht an- nehmen, dass die Zwischenscheiben — denn diese sind augenscheinlich überhaupt der weniger veränderliche Theil in der Fibrille — von vorn herein weniger der Thätigkeit gedient haben als die Mittelscheiben, dass sie vielmehr durch die Mechanik der Zusammenziehung abge- schiedene, abgesonderte Massen seien. Für die von mir untersuchten Muskeln spricht aber Alles gegen die Annahme, dass die Zwischenscheiben gewissermaßen festgelegte Scheidewände geworden seien. Dass ihre Masse immerhin fester liegt als die der Mittelscheiben, dafür ließen sich manche Thatsachen anführen. So erklären sich viele Erscheinungen der Querstreifung durch die Annahme einer Anlagerung der Hälften der Mittelscheibe an die Zwischenscheibe, wie sie MERKEL als Ausdruck des Zustandes der Zusammenziehung angesehen hat. Allein allzu oft bekommt man wieder den Eindruck als ob das, was "jetzt Hrnsen’sche Linie (h) war, im nächsten Augenblick als Krause’sche (Z) erscheinen könne und umgekehrt, besonders in den Fällen, in welchen in h noch eine dunkle Querlinie vorhanden ist. Die Mittelscheibe verändert sich sehr, indem sie sich theilen und den Ort wechseln, sich sogar in Fleischtheilchen zweiter Ordnung glie- dern oder fast von Zwischenscheibe zu Zwischenscheibe ausdehnen oder endlich mit dieser in Eins zusammenfließen kann, so dass alle Querstreifung schwindet. Unzweifelhaft ist die Querstreifung ursprünglich nur der Ausdruck eines physiologischen Zustandes. Sie bleibt dies auch bei den thätigsten Muskeln der höchsten Thiere in den von mir beobachteten Fällen in allen ihren Erscheinungen. Was in neuerer Zeit über die Querstreifung von verschiedenen 104 6. H. Th. Eimer, Seiten geschrieben worden ist, steht dieser Meinung bekanntlich schnurstracks gegenüber, abgesehen von den Arbeiten KöLtıker’s und Rorzer’s, deren Ergebnisse im Wesentlichen mit den vorstehend ver- tretenen Anschauungen übereinstimmen oder doch in Einklang zu bringen sein dürften. Zusammenfassung der Thatsachen, welche die übrigen Eigenschaften des Muskelgewebes als Folge der Thätigkeit erweisen. 1) Es sind augenscheinlich andauernd in bestimmter Richtung vor sich gegangene Zusammenziehungen des Plasma, bezw. von plas- matischen Zellen, welche Muskelmasse aus ursprünglichem Plasma gebildet haben. Die Eigenschaft der Muskelmasse beruht eben darauf, Zusammen- ziehung eines Körpers oder seiner Theile inbestimmtenRichtun- gen auszuführen. | Da die Pflanze solche Bewegungen in ausgiebiger, sehr thätiger Weise nicht ausführt, ist es in derselben nicht zur Ausbildung von Muskelmasse gekommen. 2) Unzweifelhafte Thatsachen beweisen, dass sich aus der ur- sprünglich gleichartigen Grundlage, aus welcher Muskel- und Binde- gewebe bei vielzelligen Thieren hervorgegangen sind, Muskelgewebe nach den Richtungen ausgebildet hat, in welchen vorzüglich thätige Zusammenziehung stattfand, während in den anderen, nicht thätigen Theilen Bindegewebe zur Entwicklung kam. 3) Die Muskelmasse tritt fast überall im Umfang, in der iulonen Schicht der thätigen Theile auf: a. bei den einzelligen Thieren bildet sie sich aus der äußeren Plasmaschicht des Körpers heraus. b. Bei den Vielzelligen entsteht sie zuerst im Hautmuskelschlauch — wiederum in der äußeren Schicht des Körpers. | c. An Muskelzellen und Muskelfasern entsteht sie ebenfalls zuerst in der äußeren Schicht des ursprünglich gleichartigen Plasma, aus welchem beide hervorgehen: Mantelmuskelzellen und Mantel- muskelfasern. Mantelmuskelfasern setzen auch sonst hochausgebildete querge- streifte Muskeln z. B. der Arthropoden zusammen, selbst solche von Wirbelthieren (Amphibien). Und sogar wenn die ganze Muskelfaser in Fibrillen umgebildet ist, kann eine äußere, mantelartige Muskelfaden- schicht besonders hervortreten (Barbe u. a. Fische). 4) Dass die Muskelmasse überall zuerst in der äußeren Schicht des thätigen Körpers (einzellige Thiere, Muskelschlauch der Viel- Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 105 zelligen), bezw. der thätigen Gewebstheile (Muskelzellen und Muskel- fasern) auftritt und dass sie auch an fertigen Muskelzellen und Muskel- fasern in besonderer Art ausgebildet sein kann, ist offenbar auf her- vorragende Arbeitsübung dieser Theile zurückzuführen. Es handelt sich dabei augenscheinlich um eine einfache mecha- nische Wirkung in dem Sinne, dass ein mehr oder weniger lang- gestreckter Körper von Plasma, mag derselbe nun Infusorium oder Wurm, Muskelzelle oder Muskelfaser sein, bei den Bewegungen, welche er ausführt, viel mehr in den äußeren Schichten als im Inneren. thätig sein wird. Desshalb werden sich jene zuerst in wirkliche Muskelmasse umbilden. Allmählich wird auch das innere Plasma bei vielen Muskelzellen und Muskelfasern zu Muskelmasse, dadurch, dass auch hier die Thätig- . keit, obschon sie geringer ist als außen, durch ihre Dauer allmählich umbildend gewirkt hat. 5) Ist die erste Stufe der durch die Thätigkeit bewirkten Umbil- dung des ursprünglichen Plasma, die der Hervorbringung von Muskel- masse, d. i. von einem Plasma, welches Bewegung in bestimmter Richtung vermittelt, so ist die zweite die Sonderung von Muskel- fäden oder Muskelfibrillen. Auch hier ist offenbar wieder die mechanische Arbeit als Ursache der Gestaltung anzuerkennen. Bei den einzelligen Thieren tritt die Fibrillenbildung im Körper- plasma selbst auf, bei den Vielzelligen in der Zelle, bezw. in der Faser. Es handelt sich in beiden Fällen um eine Entstehung von Form- bestandtheilen des Plasma, welche senkrecht zur gewöhnlichen Be- wegungsrichtung (Zusammenziehung) gestellt sind. In dieser Senk- rechten findet die hauptsächlichste Thätigkeit statt. Die Gesammt- zusammenziehung des Infusorium oder der Muskelzelle, bezw. der Muskelfaser aber muss in bestimmte Theilzusammenziehungen zerlegt gedacht werden. Jeder dieser Theilzusammenziehungen wird ein Muskelfaden entsprechen, jeder entsprechend wird ein solcher Faden entstanden sein. Jeder Muskelfaden wäre somit als eine Säule von Muskelmasse zu denken, welche geworden ist in Folge fortgesetzter zu ihrer Grund- fläche senkrecht erfolgter Zusammenziehung. | Der mechanische Vorzug einer Vielheit solcher Säulchen, der Muskelfäden, gegenüber einer einheitlichen, nicht in Fäden zerlegten Muskelfaser oder Muskelzelle wird insbesondere auch in erhöhter Kraft- leistung liegen : jene Vielheit, d. i. ein Bündel von Fäden, wird weit 106 6. H. Th. Eimer, mehr zu leisten vermögen als eine gleichartige Muskelsäule von dem- selben Durchmesser leisten würde. 6) Eine weitere Wirkung der Zusammenziehungsthätigkeit des Muskelfibrilleninhaltes ist die Querstreifung. Die mechanische Bedeutung derselben dürfte darin liegen, dass durch sie die Muskelarbeit auf die ganze Länge des Muskelfadens ver- theilt und möglichst gleichzeitig und gleich kräftig in dieser ganzen Länge zur Wirkung gebracht wird. Die Verdichtung des Muskelfibrilleninhaltes in vielen kleinen Ab- theilungen in der ganzen Länge des Muskelfadens ermöglicht gleich- mäßige und mehr gleichzeitige Thätigkeit in dieser ganzem Länge. Die Zusammenziehung der glatten Muskeln ist eine viel weniger energische als die der quergestreiften, auch wohl eine weniger gleichmäßige, sie geschieht lange nicht in demselben Maße in allen Theilen gleichzeitig wie in diesen. Die Querstreifung erscheint als Folge der Zusammenziehung. Sie ist zuerst nicht ganz regelmäßig und fällt mit wellenförmigen Biegungen der Muskelfäden zusammen. Man könnte zumZweck des Ver- suches der Erklärung ihrer Entstehung und ihrer Weiterentwieklung von feinen wellenförmigen Biegungen der Muskelfäden ausgehen. Man könnte annehmen, durch die Biegungen werde die Muskelmasse im Inneren der Fibrillen zu den doppeltbrechenden Abtheilungen zu- sammengeschoben. Auf einem ähnlichen, nur viel feineren Vorgang dürfte dann auch die weitere Ausbildung der Querstreifung beruhen. Die Biegungen werden immer feiner und kommen zuletzt nur in den Ansammlungen des Inhaltes zum wahrnehmbaren Ausdruck. Zu einer solchen Vorstellung von der Entstehung der Querstreifung könnte also die Beobachtung der Thatsache führen, dass die Fibrillen da, wo sie die ersten Andeutungen von unvollkommener Querstreifung aufweisen, im Zusammenhang mit dieser Querstreifung wellenförmig gebogen erscheinen. Diese Biegungeu sind aber offenbar nicht die Ursache der Zusammenziehung. Sie dürften wiederum die Folge selbstthätiger bestimmt gerichteter Bewegungen der Muskelmasse, des Fibrilleninhalts, sein. Man müsste dann annehmen, dass solche Bewegung die Muskelsubstanz von einem Punkte der Fibrille ausgehend schnell durchzieht. Zum Vergleich denke man nur an die wellenför- mige, bestimmt gerichtete Bewegung des Plasma, z. B. in der Plasma- fahne der Samenfäden von Salamandern und anderen Amphibien. Hier geht diese Bewegung beständig von hinten nach vorn und be- wegt die Samenfäden vorwärts. Auch bei diesen Bewegungen kann nicht angenommen werden, dass das am hinteren Ende der Fahne Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 107 gelegene Plasma bis ans vordere Ende strömt und hinten durch eine neue Folge vom Plasma ersetzt wird. Die Wellen müssen viel- mehr dadurch entstehen, dass die hinterste die nächst vordere veran- - lasst u. s. w. An den Samenfäden der Unke sah ich!, dass die Fahne sich all- mählich zu einer unregelmäßigen amöboiden Plasmamasse zusammen- zog. Die Samenfäden bildeten jetzt amöboide Zellen, deren Kern durch Kopf und Faden der Fahne (Schwanz) hergestellt wurde. Dabei gingen die regelmäßigen wellenförmigen Bewegungen der Fahne in unregel- mäßig erscheinende Plasmaströmungen unmittelbar über. Es müssen also auch der amöboiden Bewegung bestimmt gerichtete, wenn auch in der Richtung wechselnde Strömungen des Plasma zu Grunde liegen, welche mit jener Wellenbewegung verwandt sind; die Wellenbewe- gung an den Samenfäden muss aus amöboider Bewegung entstanden sein. Andererseits muss die Ortsveränderung von Muskelmasse, welche der Muskelthätigkeit zu Grunde liegt, in letzter Linie wohl eben so aus amöboider Bewegung hervorgegangen sein: sie ist wie jene Strömung in der Fahne von Samenfäden eine bestimmt gerichtete Plasmabewegung, welche auf abwechselnder Verdichtung und Verdünnung des Plasma beruht. Die doppeltbrechenden Ansammlungen von Fibrilleninhalt entsprechen Plasmawellen und zwar sind sie beständig gewordene, immer an denselben Stellen auftretende Wellen. Nur in den niedersten Stufen unvollkommener Querstreifung schwinden sie nach dem Auf- treten wieder. In den höheren Stufen bleiben sie bestehen und die Zusammenziehung beruht nur auf einer Veränderung ihrer Gestalt, insbesondere auf Veränderung der Wellenhöhe, auf vorübergehender Verstärkung und vorübergehendem Zusammenfließen von Wellen. Bei der Zusammenziehung verdickt sich der Muskel. Die ver- diekten Stellen sind Kontraktionswellen, welche über den Muskel hinlaufen. Sie sind zusammengesetzt aus erhöhten Einzelwellen, ver- dichteter (doppeltbrechender) Muskelmasse. Mit vorstehender Erklärung der Querstreifung wäre auch die Be- antwortung einer früher aufgestellten Frage gegeben: die ursprünglich vorübergehend mit der Zusammenziehung auftretenden Verdichtungen der Muskelsubstanz, d. i. die ursprünglich vorübergehenden Zusammen- ziehungswellen werden in Folge ihrer immer von Neuem sich wieder- holenden Entstehung bis zu einem gewissen Grade beständig: es ist aus einem physiologisch vorübergehenden ein bis zu einem gewissen Grad beständiger Zustand geworden: die bleibende Querstreifung. i Über den Bau und die Bewegung der Samenfäden. Verhandl. der phys.- medic. Gesellsch. Würzburg, 1874. 108 G. H. Th. Eimer, Die Querstreifungist der Ausdruck von unter Nerven- einfluss gebildeten, beständig gewordenen Kontraktions- wellen der Muskelmasse. Warum nun in Folge der Zusammenziehung schon frühe — schon bei niederen Thieren, in sehr thätigen Muskeln z. B. von Muscheln — breitere und schmälere Verdichtungsstellen (Mittel- und Zwischen- scheiben) in den Muskelfibrillen, bezw. in den Muskelfasern regel- mäßig auf einander folgen, das ist nicht ohne Weiteres mechanisch zu erklären. Möglich, dass sich die Thatsache einfach aus den Gesetzen, nach welchen die wellenförmige Bewegung, bezw. die Zusammenziehung einer weichflüssigen Masse, wie die Muskelmasse sie ist, ergeben würde, wenn diese bekannt wären. Möglich aber auch, dass die Art der Innervirung, der die Be- wegung anregende Nerveneinfluss, dabei im Spiele ist. Mit Bezug auf meine Erklärung der Abtheilung des Muskel- fibrilleninhalts in diehtere und dünnere Masse überhaupt erwähne ich noch die merkwürdigen, von mir in der angeführten Abhandlung über den Bau und die Bewegung der Samenfäden beschriebene Gliederung, welche im Plasma der Samenfäden der Fledermäuse, allerdings nur unter besonderen äußeren Verhältnissen, vorkommt. Diese Gliederung hat eine große Ähnlichkeit mit jener des Inhalts der Muskelfibrillen, wie sie vorn in Fig. 12 dargestellt ist: viereckige Theilchen von Plasma folgen auf einander, aber in gleichen Abständen (ohne »Zwischen- scheiben«). Auch in diesem Plasma ist offenbar eine bestimmt ge- richtete Plasmabewegung vorhanden, welche die Ortsveränderung der Samenfäden — aber unter Drehung derselben — hervorruft. Ich habe die Abgliederung seiner Zeit als Folge der Drehung aufgefasst. Viel- leicht darf sie aber in letzter Linie gleichfalls auf das Vorhandensein von dichteren Plasmatheilchen zurückgeführt werden, welche sich in Folge wellenförmiger Bewegung des Plasma ansammeln, während die Drehung nur die unmittelbare Ursache der Abgliederung der einzelnen Theilchen sein würde. Entwicklungsgeschichte. Anwendung des biologischen Gesetzes. Die Querstreifung erscheint demnach im vollsten Sinne als eine erworbene und vererbte Eigenschaft. Einen weiteren Beweis für diese Auffassung und für die Ansicht, dass auch die übrigen der Reihe nach behandelten Eigenschaften der Muskulatur in diesem Sinne aufzufassen seien, liefert die Entwicklungs- geschichte. Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 109 Die quergestreifte Muskelfaser der höchsten Thiere, z. B. der - Säuger, macht in ihrer Entwicklung alle Stufen der Ausbildung der - niederen Formen der Muskeln durch. Nachdem sie die Stufe der amöboiden Mesodermzelle überschritten hat, wird sie zu einer spindelförmigen, platten, glatten Mantelmuskel- zelle. Die Kerne dieser Zelle vermehren sich. Es entsteht eine glatte Mantelmuskelfaser, deren Kerne zunächst wie bei Bero& noch im Innenplasma liegen. Darauf zerfällt der Muskelmantel in Fibrillen und jetzt treten die ersten Spuren von Querstreifung auf. Die Querstreifung besteht zunächst nur in regelmäßiger Aufeinanderfolge von Ansamm- lungen je gleicher Mengen dichteren Plasmas. Sie ist jetzt eine unvoll- kommene, denn die Zwischenscheibe fehlt. Sie tritt, wie es scheint, erst auf als Folge von Muskelzusammenziehungen, wie schon Remak für den Froschmuskel angegeben hat. An einem Schafsembryo von 12 cm Länge fand ich die Muskel- fasern in dem beschriebenen Zustand bandförmiger, längsgestreifter Mantelfasern, zuweilen mit den ersten Spuren von Querstreifung. ‚Auch für die Flügelmuskeln von Saturnia carpini beschreibt VossELER, dass zuerst Fibrillen in der Mantelschicht entstehen !, eben so an den Flügelmuskeln von Orgyia gonostigma ?, Für die Muskeln von Bienenembryonen giebt dasselbe Bürscaı an °. Die Entwicklung der quergestreiften Muskelfaser wird in Lehr- büchern noch immer unrichtig dargestellt und abgebildet. Insbeson- ‚dere sieht es danach aus, als ob die Querstreifung vor der Längs- streifung aufträte. Es hat aber G. R. Wagener längst sehr bestimmt nach Untersuchungen am Hühnchen? erklärt, dass der Zerfall in Fibrillen vor der Querstreifung geschehe. Auch EnGELMmann und STRICKER sagen, dass jener zuerst eintrete und Remak giebt für den Frosch schon 1845 an: »Vor dem Erscheinen der Querstreifung können die cylindrischen Muskelzellen in ihrer Längsrichtung zerfallen®«. Sonach hat Remak in bestimmten Fällen jedenfalls die Längsstreifung vor der Querstreifung gesehen. Da die Querstreifung aber am fertigen Muskel erst an den Fibrillen erscheint, eine Eigenschaft derselben ist, kann sie auch in der Entwicklung niemals vor ihnen vorhanden sein. Wohl aber mag die Querstreifung zuweilen deutlich in die Augen fallen, während die Fi- brillen noch nicht deutlich sichtbar sind. I 3..4..0: 9.43. 2 2.2.0. Fig. 8. 3 Diese Zeitschr. Bd. XX. 4870. 4 Entwicklung der Muskelfaser. Marburg 1869. 5 REMAK, Frorıep’s Notizen. 4845. Nr. 768, p. 308. Er ® EN! 110 G. H. Th. Eimer, Die Vergleichung der verschiedenen Formen von Muskeln von der glatten Mantelmuskelzelle bis zur fertigen vollkommen querge- streiften Muskelfaser mit den Entwicklungsstufen der letzteren bei irgend einem höheren Thiere giebt ein ausgezeichnetes Beispiel für das biogenetische Gesetz ab, aber auch ein Beispiel dafür, worauf das- selbe beruht. Das biogenetische Gesetz, also die Wiederholung der Ahnengeschichte durch die persönliche Entwicklungsgeschichte, gründet sich wesentlich auf das biologische Gesetz, nämlich auf die That- sache, dass die Thätigkeit, die Funktion, der Ausbildung der Theile im Organismus vorangeht, dieselbe bedingt. Die dem biogenetischen Gesetz zu Grunde liegenden Thatsachen beruhen wesentlich mit auf der nothwendigen mechanischen Wieder- holung von Eigenschaften, welche von den Vorfahren erworben und von ihnen auf die Nachkommen in deren Entwicklung vererbt sind. Dieser allgemeine von mir über die Beziehungen zwischen bio- genetischem und biologischem Gesetz aufgestellte Satz wird überall erprobt werden können. Indem aber die über die Muskulatur vorstehend mitgetheilten Thatsachen mit diesem allgemeinen Satz in voller Übereinstimmung stehen, bieten sie, wie vorausgesetzt, umgekehrt einen Beweis dafür, dass die jenen Thatsachen zu Grunde liegenden Eigenschaften der Muskeln wirklich auf Vererbung erworbener Eigenschaften beruhen. Nachdem ich Vorstehendes niedergeschrieben habe, finde ich in dem soeben erschienenen Buche von Sımkortn: »Die Entstehung der Landthiere«, ein besonderes Kapitel (das fünfzehnte), überschrieben : »Die Entstehung der quergestreiften Muskulatur«. Der Verfasser be- handelt diese Entstehung besonders bei Arthropoden. Diese sollen, abgesehen von glatten Fasern an Hautkiemen von Insekten, nur quer- gestreifte Muskeln besitzen — eine Folge des Kraftleistung erfordern- den Landlebens bei hebelartiger Bewegung der Glieder und Ringel. Die Querstreifung der Darmmuskelfasern werde nur als eine Art von Korrelation (?) aufzufassen sein. Die unausgesetzte hohe Übung habe die Arthropoden zu so energischen Akrobaten umgewandelt, dass sie gar nicht mehr im Stande seien, irgend eine Bewegung, auch da, wo eine langsamere vielleicht vortheilhafter sein würde, anders als stür- misch zu vollziehen (?). »Freilich kann man dafür noch einen anderen Gesichtspunkt zur Erklärung heranziehen, die Intensität des Stoff- wechsels, die zur Unterhaltung dieser Kraftmaschinen gefordert wird. Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes etc. 111 Beide Momente vereinigen sich anscheinend, um die durchgreifende Umwandlung der Arthropodenmuskulatur zu erzeugen. « Auf p. 344 sodann berührt Sımroru dieselbe Frage für die Wir- belthiere: Wenn sich nachweisen ließe, meint er, dass die Fische ursprünglich Landthiere gewesen sind (was er in der That im Folgenden nachzuweisen versucht), »so würde sich, ähnlich wie bei den Glieder- thieren, die Durchbildung der willkürlichen Muskulatur zur querge- streiften aus den Schwierigkeiten der terrestrischen Lebensweise vor- trefflich erklären«. Dem fügt er bei: »Vom Herzen abgesehen, hat unter den vegetativen Organen der Darm bei Cobitis zum Theil, bei Tinca in toto einen Belag von quergestreifter Muskulatur (Du Boıs - REymonD, Darmmuskulatur von Tinca, Physiol. Ges. Berlin). Hängt die Einrichtung mit Darmathmung zusammen? Bei der Schmerle mit der jetzt noch häufig eintretenden, bei der Schleie mit einer früheren, jetzt aufge- gebenen? Ihre Bevorzugung schlammiger Gewässer deutet vielfach dar- auf hin. Dann würde es auf eine schnelle Entleerung des Speisebreies hinauslaufen, um Raum für die aufzunehmende Luft zu schaffen (?).« Die Querstreifung der Darmmuskulatur der Arthropoden habe ich schon in meiner Entstehung der Arten (I. p. 358) darauf zurückzuführen versucht, dass der Darm z. B. bei Krebsen wie bei Insekten in hervor- ragendem Maße der Athmung diene und dadurch, ferner in vielen Fällen auch in Folge des andauernden Verdauungsgeschäfts sehr in Be- wegung sei. Im Übrigen muss ich hier darauf verzichten, das was von den Einzelausführungen Sınrornu’s wahrscheinlich erscheint, von dem was weniger wahrscheinlich sein dürfte, zu trennen. Genug, dass Sımroru den von mir vor Jahren ausgesprochenen Satz, wonach die höhere Ausbildung der Muskulatur, bezw. die Querstreifung eine Folge der Thätigkeit ist, als einen selbstverständlichen anwendet, so zwar, dass er es, obschon er meine Befunde an Brustmuskeln von Fliegen erwähnt, unterlassen darf zu sagen, von wem und wo dieser Satz als Erklärung der »Entstehung der quergestreiften Muskulatur« vorher aufgestellt und durch Beispiele begründet worden ist. Wäre derselbe in der That so selbstverständlich, dann bekäme ich Bedenken wegen der Ausführlichkeit, mit welcher ich den Gegenstand im Vorstehenden behandelt habe. Allein ich darf vielleicht hoffen, man werde dem Grundgedanken meiner Arbeit fernerhin nicht nur etwas von dem Einfachen und Selbstverständlichen, sondern auch von dem Erlösenden zugestehen, was in der Aufstellung einer einfachen Erklärung liegt. Tübingen, im December 1891. Untersuchungen über das Pankreas. Von Professor C. J. Eberth in Halle a. S. und | Dr, Kurt Müller, Assistent am histologischen Institut in Halle a. S. Mit Tafel VII. Obgleich die verschiedenen Arbeiten, welche seit den ersten Beobachtungen der sogenannten Nebenkernein den Pankreaszellen durch Nusspaum sich mit diesen beschäftigten, bezüglich der morphologischen Verhältnisse jener Gebilde wenigstens in den Hauptpunkten in er- freulicher Übereinstimmung sich befinden, so weichen doch betrefis ihrer Entwicklung sowohl, wie ihrer Bedeutung die Ansichten sehr von einander ab. Es schien uns darum der Mühe werth, durch neue Untersuchungen die bisherigen Vorstellungen und Angaben auf ihre Richtigkeit zu prüfen und zu ergänzen. Die fraglichen Nebenkerne finden sich nach Nusssaum ! bei Salaman- dra maculata in dem nicht von Sekretionsmaterial erfüllten Theile der Zelle zwischen Kern und Membrana propria nicht zu allen Zeiten gleich häufig. Ohne Präjudiz nennt Nusssaum sie Nebenkerne. Sie sind bald solitär, bald multipel, solid, oval oder spiralig gedreht, oft auch lockig gewunden. Der solitäre Nebenkern ist größer als der einzelne, wenn viele gleichzeitig in einer Zelle vorhanden sind. In einem frischen, unter Zusatz von Jodserum oder Humor aqueus bereiteten Zupfpräparat, oder nach Maceration in verdünnter Chromsäure, lässt er sich isoliren und nimmt Farbstoffe auf. Man findet ihn sowohl in Zellen mit einem oder mit mehreren Kernkörpern oder auch in solchen, die in regressiver Metamorphose sich befinden. Nusssaum bringt das Erscheinen des Nebenkerns mit der Thätigkeit der Drüse in Verbindung, da er ! Archiv für mikr. Anatomie. XXI. p. 343. 1882. Untersuchungen über das Pankreas. 113 denselben 4—5 Tage nach der Fütterung fast in jeder Zelle fand, während er in der ersten Zeit nach der Fütterung schwer oder gar nicht zu finden und bei längere Zeit hungernden Thieren selten ist. Auch bei Tritonen zeigten die Nebenkerne dieselbe fadenartige Be- schaffenheit wie bei dem Salamander. während sie bei anderen Thieren, Rana und Argulus, anscheinend solid waren. Bezüglich der Bedeutung des Nebenkerns setzt Nusssaum seine Hoffnung auf das Studium seiner Entwicklung und vergleicht ihn mit dem Dotterkern der Eier, den von Lı VıArette ! gefundenen sogenannten Nebenkern der Spermato- cyten und den von Leypie aus der Epidermis von Pelobates beschriebe- nen Bildungen. Eigenartig war die Deutung, welche Ocırı von den Nebenker- nen gab. Unter den Kernbestandtheilen des Salamanders? zeichnet sich nach ihm ein Kernkörperchen dadurch besonders aus, dass es sich in Eosin, wie die Zymogenkörner färbt und nicht in Hämatoxylin, wie die übrigen. Ocarı nennt ersteres, neben dem noch mehrere kleinere Exemplare vorkommen können, Plasmosoma, die übrigen Kernkörperchen Karyosomen. Der Nebenkern, welcher in der inneren Zone der Zelle sich fin- det und oft kappenartig dem Kern aufliegt, gleicht sonst ganz dem Plasmosoma. Er ist selten in der ruhenden Drüse und nichts Anderes als das aus dem Kern getretene Plasmosoma, welches in Zymogen- körner zerfallen oder sich zu einer Zelle entwickeln kann. Nach Pıarner ? besitzen die erschöpften Drüsenzellen ein sehr spärliches Protoplasma, der Kern ist von unregelmäßiger Gestalt, wie zusammengefallen, mit Buchten und Höckern versehen, und der sehr tingible Kernsaft verdeckt das Gerüstwerk. An solchen Kernen nimmt, während die anderen Höcker verschwinden, eine Hervorragung eine besondere Form an. In sie wandert das ganze, im Kernsaft aufge- stapelte Chromatin hinein, so dass sie als dunkelrothe Knospe dem mehr und mehr zur normalen Beschaffenheit zurückkehrenden, d.h. einen unfärbbaren Kernsaft zeigenden übrigen Theil des Kernes auf- sitzt. Die Kernmembran, welche meist noch die bald abgerundete, bald dreizackige, bald kleeblattförmige Knospe überzieht, schwindet, und ihr Inhalt liegt als fadiges oder gewundenes, oft zum Theil in 1 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. Ill. 1867. 2 Die Veränderungen der Pankreaszellen bei der Sekretion. Archiv f. Anat. u. Physiol. Physiologische Abtheilung. 1883. p. 405. 3 PLarner, Beiträge zur Kenntnis der Zelle und ihrer Theilung. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXXIII. 1889. p. 180. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. Suppl. 8 114 C. J. Eberth und Kurt Müller, Körner aufgelöstes, noch färbbares Gebilde im Protoplasma. Die Gerüstfäden des Kernes scheinen in den Auswuchs wie hineingezerrt, so dass sie strahlig nach dem sich mehr und mehr einschnürenden Stiel desselben zusammenlaufen. Dann trennt sich das sonderbare Gebilde vom Kern und verliert auch bald seine Tinktionsfähigkeit, die jedoch nicht gleichmäßig verloren geht, so dass es mitunter noch zum Theil gefärbt erscheint. Während dieser Vorgänge hat sich das Protoplasma der Zelle wieder vermehrt. Wo mehrere Nebenkerne vorkommen, sind sie eben so gebaut wie der solitäre Nebenkern, blättrig oder lockig gewunden, breit oder schmal. Mit dem Auftreten der Zymogenkörner nimmt die Tinktions- fähigkeit des Kernes ab, dagegen die der Zymogenkörner zu. Der Nebenkern wird kleiner, scheint schließlich zu schwinden und ist nun unter den Zymogenkörnern des centralen Theils in einigen fädigen Resten zu finden. | Die ausgetretenen Kernkörperchen (OcAra) hält PrAtner für Kunst- produkte, welche bei Paraffineinbettung dadurch entstehen, dass sie beim Schneiden aus dem Kern herausgerissen werden. Nach Srerxuaus! sind die Nebenkerne keine regelmäßigen Vor- kommnisse und stehen mit der Drüsenfunktion in gar keinem Zu- sammenhang. Die Aufspeicherung von Zymogenkörnern geht an Drüsen, deren Zellen diese Einschlüsse enthalten, eben so vor sich, wie in denen, welchen sie fehlen. Während der Bildung der Zymogenkörner bleiben die Einschlüsse unverändert im Protoplasma liegen. Die erschöpften Drüsenzellen erscheinen klein, undeutlich kon- tourirt, protoplasmaarm , Zymogenkörner fehlen. Die Zellkerne sind eckig, alle Nucleolen sind safranophil. Der gleiche Befund wie er nach Pilokarpinisirung gefunden wird, kehrt auch bei hungernden Thieren wieder. Mit dem Eintritt der Funktion werden die Drüsen protoplasmareicher, die Kerne sind oval und hämatoxylinophil, von den Kernkörperchen sind jetzt zweierlei anzutreffen, kleine mit Häma- toxylin sich färbende Karyosomen und größere, weniger zahlreiche Plasmosomen. Dann erscheinen zuerst im inneren Abschnitt der Zelle, später auch im äußeren, die Zymogenkörner. Bei der Sekretion wer- den diese ausgestoßen, wobei sie sich schnell auflösen, denn in den Ausführungsgängen fehlen sie. ! Über parasitäre Einschlüsse in den Pankreaszellen der Amphibien. Bei- träge zur pathologischen Anatomie und allgem. Pathologie von ZıesLer. Bd. VL. 3. Heft. 4890. L ed x ER Fe iu u. 77 er en En ee PETE Untersuchungen über das Pankreas. 115 Die Kerne bleiben nich! unbetheiligt bei diesem Process, denn sie wandeln sich während der Ausstoßung des Sekreies in solche, welche für die erschöpften Drüsen charakteristisch sind, um, sie werden eckig, zackig und färben sich bei Doppelfärbung mit Hämatoxylin und Safra- nin roth. Da die in den Pankreaszellen vorkommenden Einschlüsse— Sicheln und Halbmonde (die Nebenkerne) — keine integralen Bestandtheile der Zelle sind, da sie nicht von dem Kern stammen, in keiner Beziehung zu der Sekretion der Drüse, wie zu der Regeneration ihrer Zellen stehen, bleibt nur die Annahme, dass sie Parasiten (Sporozoen, Cytozoen) sein möchten. Merissınos! und NıcorAmes betrachten die Nebenkerne alszum Theil aus dem Kern ausgewanderte Plasmosomata, welche in Zymogenkörner zerfallen. Ihr baldiges Verschwinden nach Verabreichung von Pilokarpin lässt annehmen, dass sie Kunstprodukte sind. Außerhalb des Kernes liegen jedoch noch andere Bildungen in Höhlen des Zellprotoplasma, welche Exkretionsprodukte aus diesem, Überreste von Leukoeyten und chromatolytische Körper sind. Neben dem Kern der Pankreaszellen von Diemycetylus findet Macırzum ? verschiedenartige Körper, die er in dreiGruppentrennt. Theils sind dies Formen aus dünnen und dicken Fäden, die entweder zu Bün- deln oder zu Kugeln angeordnet sind und entweder auf dem Kerne oder in dessen Nähe liegen, theils haben sie ihre Lage zwischen Kern und Membrana propria. Die letzteren Formen sind sehr vielgestaltig. Zur dritten Gruppe rechnet er ausgetretene Plasmosomata. Als Parasiten deutet er die ovalen, keulenförmigen und ringför- migen Körper, welche aus sehr feinen Fibrillen bestehen, die oft in das Protoplasma hineinragen. In Sublimatpräparaten ist die fibrilläre Struktur weniger deutlich. Manche dieser Körper sind plasmodien- ähnlich und Jugendformen der fibrillären Bildungen. Für ihre para- sitäre Natur scheint das wechselnde Vorkommen dieser Formen und ihr Fehlen bei jungen Amblystomen zu sprechen. Andere Bildungen sind Produkte der Karyolyse und Cytolyse. Sie bestehen theils aus Protoplasma, theils aus eosinophiler Sub- stanz. Die chromatische Substanz ist meist auf sichel- und ringför- mige Bildungen beschränkt, welche der protoplasmatischen Substanz 1 C. MeLıssınos, Untersuchungen über einige intra- u. extranucleare Gebilde im Pankreas der Säugethiere auf ihre Beziehungen zu der Sekretion. Mitgetheilt von R. NicoLAipes. Archiv f. Anat. u. Physiol. Physiol. Abth. 1889. p. 317. 2 MAcALLum, Contributions to the morphologie and physiologie of the cell. Transactions of the Canadian Institute 1891. g*+ -416 C, J. Eberth und Kurt Müller, dieser Körper auf- oder eingelagert sind. Mit der Sekretion der Zelle haben sie offenbar nichts zu thun. Sie finden sich zahlreich und groß in der thätigen Drüse, klein in der unthätigen. Diese Körper sind niemals fibrillär. Wesshalb dieselben Produkte der Karyolyse »Cyto- zoen« sind, ist uns aus der ganzen Darstellung nicht klar geworden. Mıcaıtem lässt wohl den Austritt von Plasmosomen aus dem Kern zu, doch betrachtet er ihn nicht als eine normale Erscheinung. An der Bildung der Zymogenkörner sind die Plasmosomen nach ihm nicht betheiligt. Diese entstehen aus der Umwandlung des Prozymogens, welches aus dem Kern in das Zellprotoplasma diffundirt. So viel zunächst über die sogenannten Nebenkerne des Pankreas. Der Vollständigkeit wegen und des Vergleichs halber seien aber auch noch hierhergehörige Bildungen von anderen Lokalitäten erwähnt. Luxsanow! beschreibt verschiedene extranucleäre Gebilde im Epi- thel des Darmes und Magens — Kügelchen und Sicheln —, die bald ge- trennt, bald in Gemeinschaft vorkommen, so dass die Sichel die Kugel umschließt. Auch im Inneren der Zellkerne werden manche dieser Formen angetroffen, von denen Luksanow eine große Zahl näher schil- dert. Obgleich er nichts Bestimmtes über deren Entstehung mittheilt, scheint er doch nicht abgeneigt die extranucleären Formen von den intranucleären abzuleiten. Die von Hrıpenuamn? im Darmepithel, am häufigsien bei Meer- schweinchen und Kaninchen, gefundenen rundlichen, stark sich färben- den, von einem hellen Hof umgebenen Körperchen dürften wohl die- selben Gebilde sein, welche Luksanow ausführlich beschrieben. HEIDENHAIN vermuthet in ihnen Reste eingedrungener Leukocyten. In anderen Einschlüssen des Darmepithels neugeborener Hunde, welche tropfenartige Gebilde darstellen, die sich intensiv färben, nach der ersten Nahrungsaufnahme erscheinen und am 12. Tage ver- schwinden, sieht Herıennam eiweißhaltige Ausscheidungen aus dem Protoplasma. Ganz ähnliche Bildungen sind die theils färbbaren, theils nicht tingiblen, oft in der Mehrzahl in einer Zelle vorkommenden und in Vacuolen gelegenen strukturlosen Ballen, welche sehr oft im Hornhaut- epithel des Frosches nach Anlegung von kleinen Substanzverlusten getroffen werden?. 1 Luksanow, Beiträge zur Morphologie der Zelle. Archiv f. Physiologie. 1887. Supplementband p. 72. ? Beiträge zur Histologie u. Physiologie der Darmschleimhaut. Archiv für die gesammte Physiologie, Bd. XLIlI. Supplementheft 1888. p. 23. 3 EBERTH, Kern- und Zelltheilung während der Entzündung und Regeneration. Untersuchungen über das Pankreas. 117 In den Knorpelzellen des Pflugscharbeins beim Kalbe beobachtete CzermaX'! den Nebenkern in folgenden Formen: a) als beulenförmigen Auswuchs auf dem Kerne, b) als zerfließende, dem Kerne anliegende Masse, c) als weitmaschiges Netz im Protoplasma, d) als eine halb- spindelförmige Gruppe von schlingenförmig gebogenen Fäden, die in einiger Entfernung von dem Kerne liegt, e) als eine Anzahl kurzer Fibrillen, die in einiger Entfernung von dem Kerne parallel dem Längsdurchmesser der Zelle sich finden. Verfasser vermuthet, dass der Nebenkern eine Rolle bei der Bil- dung der collagenen Fibrillen spielt, obgleich hier die Möglichkeit einer Verwechselung mit dem Beginne der Karyokinese vorliegt. Ein ähnlicher Befund, wie in den Pankreaszellen des Salaman- ders, scheint auch SoLger? vorgelegen zu haben. In den Knorpelzellen des Schultergürtels vom Hecht fand er in unmittelbarer Nähe des Kernes oder entfernter davon ein gröberes protoplasmatisches Netz- werk, das zwar mit dem Reticulum des Zellkörpers ununterbrochen zusammenhing, aber doch deutlich von ihm als etwas Besonderes sich abhob, denn einmal waren (bei Untersuchungen in Alkohol oder ver- dünntem Glycerin) diese centralen Balken von beträcht- licherem Glanze als die peripherischen, und sodann waren die von ihnen umschlossenen Maschen rundlich und größer, als die mehr langgestreckten kleinen Lücken der Peripherie des Zellkörpers. Die »echten Nebenkerne«, welche Marrın HEIDENHAIN® von den Epithelien der Bauchdrüse des Triton beschreibt, färben sich in der Bıonpr'schen Lösung intensiv roth, und sind bald abgeflacht ellipsoi- disch, bald schalen- und stäbchenförmig mit zugespitzten Enden, bald gekrümmt und öfters über den Kern gebogen. Gewöhnlich finden sie sich vereinzelt in einer Zelle, doch kommen sie auch zu mehreren vor. Die in den Zellen der Beckendrüse des Triton von demselben Forscher gefundenen Körper sind zweifelsohne auch zu den als Neben- kerne bezeichneten Gebilden zu rechnen. Sie bestehen aus zwei geson- derten Theilen, nämlich einem meist annähernd kugligen, blassgefärbten internationale Beiträge zur wissenschaftlichen Medicin. Festschr. für Run. VırcHow. Bd. I. Berlin 4894. p. 83. 1 GzErMAK, Vergleichende Studien über die Entwicklung des Knochen- Knorpelgewebes. Anatomischer Anzeiger. Bd. Ill. 1888. p. 476. 2 Über pigmentirte Zellen und deren Centralmasse. Mittheilungen des natur- wissenschaftlichen Vereins von Neupommern u. Rügen. 22. Jahrg. 4890. p. 30. 3 MaArtTın HEIDENHAIN, Beiträge zur Kenntnis der Topographie und Histologie der Kloake und ihrer drüsigen Anhänge bei den einheimischen Tritonen. Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. XXXV. 4890. 118 6. J. Eberth und Kurt Müller, Körperchen dem »Träger« und einer dunkleren dem ersteren auf- sitzenden schalenförmigen Kapuze, die sich im optischen Durchschnitt als Sichel präsentirt, und stellen ein bestimmt geformtes Sekretmaterial dar, das sich aus den Zellgranulis der Beckendrüse entwickelt. Außerdem enthalten die Zellen dieses Organs in rundlichen Hohl- räumen größere tropfenartige, oft intensiv sich färbende Ballen oder Halbmonde, deren pathologisch degenerative Natur dem Verfasser nieht zweifelhaft ist. Die größeren Ballen entstehen durch Zusammenfluss mehrerer kleinerer Halbmonde. Da sie niemals im Drüsenlumen ge- funden werden, ist anzunehmen, dass sie intraepithelial zur Resorption gelangen. : Durch Quellung und Dichtigkeitsabnahme wird der Träger der Kapuze nahezu unsichtbar, auch die Kapuze dehnt sich in Folge dessen aus und ihre Dichtigkeit nimmt ab. Ist die Substanz des Trägers verschwunden, dann ist die Kapuze zu einem sphärischen, strukturlosen Körperchen zusammengesunken, welches meist in der Mitte des Hohlraumes liegt, den der Halbmond einnahm. Solche »Granula«, in welche die Halbmonde sich verwan- deln, nennt der Autor »Sekundärgranula«. Sie werden aus dem Zellleib ausgestoßen und quellen, wie es scheint, sehr rasch zu Sekretkörperchen auf. Nach Ausstoßung dieser geht die Zelle in die verschiedenen End- phasen über, der Kern verkleinert sich und sinkt in die Tiefe der Zelle, deren Pseudofilarmasse eine deutlich gegen den Kern centrirte Anord- nung zeigt. \ Unter den Epithelien finden sich immer einige im Absterben be- griffene. Sie zeichnen sich eben so wie ihre Kerne durch die tiefrothe Färbung aus, welche sie in der Bionpr'schen Lösung annehmen. Manche Kerne scheinen in Auflösung begriffen, des größten Theils ihres In- haltes beraubt und lassen nur noch den Kontour ihrer Membran er- kennen. Bei denjenigen Kernen, die in Chromatolyse begriffen sind, ist die chromatische Substanz des Kernes in vielen kleinen Klumpen in der Kernperipherie angeordnet. Für den Ersatz dieser untergehenden Zellen und Kerne nimmt MarTın HEIDENHAIN eine direkte Theilung des Kernes an, doch lässt er auch Knospung und eventuell multiple Fragmentation des chromato- Iytisch untergehenden Kernes zu. Er sieht sich zu dieser Annahme gezwungen, weil er niemals weder eine direkte, noch indirekte Theilung normaler Kerne beobachten konnte, obgleich die Zahl der untergehen- den Zellen in der Beckendrüse doch eine sehr beträchtliche ist. Untersuchungen über das Pankreas, 119 Die im Darmepithel ! von Marrtın Heıpennain beobachteten Ein- schlüsse stimmen zum Theil mit den von Luksanow beschriebenen Nebenkernen überein und stellen nach dem erstgenannten Forscher ebenfalls chromatolytische Körper dar, deren Sicheln die optischen Querschnitte der wandständigen Chromatinscheibehen, und deren Kugeln von dem Kernsafteiweiß gebildete Globuli sind. Wenn wir Alles zusammenfassen, sehen wir, dass die paranucle- ären Körper, wie wir wohlam richtigsten die sogenannten Nebenkerne bezeichnen, in der verschiedensten Weise gedeutet wurden. Theils sollten sie chromatolytische Produkte von Zellen und Kernen sein und zwar zum Theil von eingedrungenen und invaginirten Zellen, theils Produkte der Zelldegeneration, Sekretmassen, ausgestoßene oder aus- gewanderte Plasmosomen, Parasiten und endlich aus veränderten und mit einander verschmolzenen Gerüstfäden entstanden sein. Untersuchungsmethoden. Für die Untersuchung kam nur das Pankreas frisch getödteter Thiere zur Verwendung. Zur Konservirung diente theils Fremning’s, theils Ragr’s Gemisch, theils die Hrrmanv’sche Flüssigkeit, welche statt der CGhromsäure in der Frruming’schen Komposition 1°/, Platinchloridlösung enthält. Gute Resultate gab uns auch Platinchlorid in einer Lösung von 1/,%, und KLEINENBERG'S Pikrinsch wefelsäure. Die Fixirung in Sublimat scheint für die Nebenkerne nicht so vortheilhaft. Wenigstens traten feinere Strukturverhältnisse bei diesem Verfahren nicht mit der Schärfe wie bei anderen Methoden hervor. Dieser Übelstand ist auch bereits von anderer Seite hervorgehoben worden und mag wohl die Schuld manchen Irrthums sein. Die gehärteten Drüsen wurden in kleinen Stücken in Celloidin oder Paraffin eingebettet. Letztere Methode empfiehlt sich mehr für Thiere, welche kleinere Zellen als die Amphibien besitzen, um möglichst dünne Schnitte, von der Dicke einer einzigen Zelllage, anzufertigen, was selbst bei exakter Celloidineinbettung nicht leicht zu erreichen ist. Eine gewisse Vorsicht ist bei Verwendung paraffinisirter Präparate in so fern nöthig, als, wie schon von Anderen gefunden wurde, und wir bestätigen können, leicht Kerntheile beim Schneiden solcher Präparate losgerissen werden können. | Von Linsen standen uns mehrere stärkere Apochromate von Harr- NACK von 2 mm Brennweite, wie solche von Zeıss zur Verfügung. 11. c.p. 256. 120 6. J. Eberth und Kurt Müller, Von Farbstoffen benutzten wir Hämatoxylin oft mit Gegenfärbung durch Eosin, Prarner’s Kernschwarz, die Färbung Ocara’s mit Häma- toxylin, Eosin, Nigrosin und eventuell Safranin. Auch Safranin in wässriger Lösung, wie das Safraninanilinöl von Bıses !, fanden Verwendung. Letztere Methode, welche uns sehr gute Resultate gab, haben wir desshalb und auch ihrer Einfachheit wegen mit Vorliebe gebraucht. Die Enrrica-Bıonpr'sche Färbung eignet sich besonders gut zum Nachweis der Zymogenkörner, welche sich damit stark orange färben. Fremming’s Orangefärbung kam auch in Anwendung, doch hat sie uns keine besonderen Vortheile im Vergleich zur Hämatoxylin- und Safraninanilinölfärbung gewährt. Das Pankreas des Salamanders. Hungerthier. Eine vollständige Inanition ist bei den im Spät- herbst, Ende November, ausgegrabenen Salamandern nicht vorhanden. Der Magen wird wohl meistens leer gefunden, aber im Dünndarm sind stets noch Reste von Moos und im Enddarm weiche Kothmassen zu finden. Um vollkommene Inanition zu erzielen und damit möglichst Sistirung der Pankreasfunktion, haben wir zu diesem Zweck einen Theil der Thiere nur auf feuchtem Fließpapier 8 bis 10 Tage ohne jede Nahrung gehalten. Im Magen dieser Thiere findet sich dann in der Regel nur glasiger Schleim. Andere Thiere wurden, um auch das Wasser ihnen möglichst zu entziehen, —5 Tage bei etwa 12° Reaumur aufbewahrt und dann getödtet. Diese Thiere haben an Umfang wesent- lich verloren und ihre Bewegungen an Lebhaftigkeit eingebüßt, ihre Haut ist trocken und geschrumpft. In dem geheizten Zimmer geht dieser Vertrocknungsprocess selbstverständlich rascher. Die Pankreaszellen des Wintersalamanders zeigen in der äußeren Zone ein häufig von größeren Lücken unterbrochenes Gerüst- werk, dessen Fäden nicht immer, aber meist mehr Längsrichtung verfolgen, während sie in den mittleren Partien der Zelle ein von kleinen rundlichen Lücken unterbrochenes Netzwerk bilden, welches mehr gegen die innere Oberfläche wieder grobmaschiger wird. Die ! Zu 100 Theilen gesättigter Safraninlösung kommen zwei Theile Anilinöl. Das Gemisch wird im Wasserbade erhitzt und durch ein befeuchtetes Filter filtrirt. Die Lösung hält sich nach unseren Erfahrungen recht lange. Die Schnitte werden, wie sie auch gehärtet sein mögen, fast momentan gefärbt, können aber auch ohne Schaden sehr lange (stundenlang) in der Farblösung bleiben; mit essigsaurem Alko- hol (auf 100 ccm eiwa zwei Tropfen Eisessig) gelingt es stets in längerer oder kür- zerer Zeit dieselben zu entfärben. Untersuchungen über das Pankreas. 12] streifige Außenzone der Zelle erstreckt sich für gewöhnlich nicht über die innere Begrenzung des Kernes hinaus. Zymogenkörner sind vielleicht nur in einem Dritttheil der Zellen vorhanden und nehmen dann meist die innere Hälfte der Zelle ein (Taf. VIII, Fig. 11 Z). Bezüglich der Anordnung des Gerüstwerkes ist übrigens bei diesen Zellen, abgesehen davon, dass dasselbe durch die Zymogenkörner verdeckt wird, im Vergleich zu den anderen Zellen, welche keine Zymogenkörner enthalten, kein Unterschied zu konsta- tiren; dagegen wollte es uns scheinen, als ob öfter die mit Zymogen- körnern gefüllten Zellen sich durch einen etwas reicheren Chromatin- gehalt auszeichneten; jedoch war der Unterschied kein so auffallender und nicht so konstant, dass wir dieses Verhalten als charakteristisch bezeichnen möchten. Bei vielen Zellen und in der Regel sind es solche, welche durch ein mehr grobmaschiges Gerüst der Basalzone sich auszeichnen, treten unter den Gerüstfäden einige besonders hervor, die meist etwas starrer und gröber, wie die anderen, auch durch ein mehr homogenes Aus- sehen sowohl, wie durch stärkeres Tinktionsvermögen sich von den zarten etwas körnigen und nur schwach sich tingirenden Fäden des Gerüstes dieser Zone unterscheiden (Taf. VII, Fig. 10, 11 pn). Wie man bei aufmerksamer Verfolgung mit dem Apochromaten sehen kann, stehen diese Gerüstfäden mit den übrigen körnigen Fäden des Zellgerüstes in Zusammenhang. Der Eindruck, den sie sofort machen, wo sie mehr vereinzelt sich finden, ist der von gequollenen und starr gewordenen Fäden. Indem dieser Quellungsprocess auf eine größere Zahl von Fäden sich ausdehnt und diese mit einander ver- schmelzen und verklumpen, geht nach und nach die fasrige Struktur dieser Massen mehr verloren und sie erscheinen dann als mehr unregel- mäßige Stränge, von denen feine Fäden von der Beschaffenheit der gewöhnlichen Gerüstmasse ausstrahlen (Taf. VIII, Fig. 14 pn). Da- durch, dass um diese Massen die Gerüstlücken sich vergrößern, findet immer mehr eine Reduktion, der sie mit der übrigen Filarmasse ver- bindenden Fädchen statt, so dass sie endlich frei in großen Gerüst- maschen sich finden (Taf. VIIL, Fig. 11, 12 pn). Im Allgemeinen ist der Verlauf dieser starren Fäden ein mehr longitudinaler, doch finden sich auch solche, die von diesen sich ab- zweigend eine mehr schräge Richtung einschlagen, oder fast horizontal und leicht gebogen, als kleine Bündel homogener Stäbchen, oft außer jeglichem Zusammenhang mit den übrigen Gerüstfäden, lose in den großen Maschen der Basalzone liegen (Taf. VII, Fig. 12 und 13 pn). Der Kern liegt in der Außenzone, ist meist rundlich, oder länglich 122 C. J. Eberth und Kurt Müller, rund, nicht selten leicht höckrig und etwas eingebuchtet, manchmal auch tief eingeschnitten, doch kommen niemals gelappte Formen vor (Taf. VIIL, Fig.9u. ff.) Ob diese eingeschnürten Kerne als in Zerschnü- rung begriffene Formen aufgefasst werden dürfen, mag dahingestellt sein. Jedenfalls gehört eine derartige Vermehrung immerhin zu den Seltenheiten; denn Zellen mit zwei Kernen sind durchaus nicht häufig. Von einem anderen Vermehrungsmodus, durch Mitose, haben wir absolut nichts, trotz unserer speciell auf diesen Punkt gerichteten und sehr ausdauernden Beobachtung gesehen. An der Innenfläche der Kernwand liegen meist einige kleine Chromatinbröckel und in dem feinen Kerngerüst zwei bis vier größere unregelmäßige Chromatinbrocken. Das Kernkörperchen ist für gewöhn- lich einfach, erscheint nach Tinktion mehr in seiner Peripherie gefärbt, während die Hauptmasse desselben nur wenig gefärbt wird. Die Chromatinkörner färben sich in toto. Bei intensiver Färbung scheint auch das Kernkörperchen sich ganz zu färben, aber doch immer etwas heller als die übrigen Chromatinkörner. Außer den eben beschriebenen glänzenden, oft mit einander ver- schmolzenen Fädchen der Außenzone finden sich aber, theils in Ge- sellschaft mit jenen, theils isolirt, noch besondere Gebilde, nämlich meist rundliche Körper, von der Größe eines Nucleolus und darüber, selten etwa von der halben Größe des Kernes, theils in der Außenzone, theils seitlich oder nach innen vom Kern gelegen (Taf. VII, Fig. 16 pna). Sie sind homogen, aber nicht von dem gleichen Glanz wie die schon früher beschriebenen starren Fädchen, lassen jedoch eine weitere Struktur nicht erkennen. Ihr Aussehen ist im Allgemeinen mehr das kolloider Klumpen. Wie die Fädchen, so liegen auch sie anscheinend lose oder nur durch sehr feine und spärliche Fädchen mit dem übrigen Gerüst verbunden in größeren rundlichen Maschen. In Safranin färben sich meist auch die kleineren dieser Körper rosa, andere nehmen nur wenig Farbstoff an. Manche der letztge- nannten zeigen nicht so selten ein stärker glänzendes tingibles komma- ähnliches oder sichelförmiges Gebilde in ihrer Randzone (Taf. VIII, Fig. 16 pn). Bei Thieren, die 5 Tage ohne Nahrung und Wasser gehalten wurden, zeigen die Zellen deutliche Gerüststruktur; Zymogenkörner sind nur spärlich in wenigen Zellen vorhanden; andere dagegen be- sitzen deren eine große Zahl. Auch die starren Fädchen fehlen nicht, nur treten sie nicht mit der Schärfe, wie sonst hervor. Eben so wenig werden die schon früher erwähnten homogenen Ballen, die jedoch weder N Untersuchungen über das Pankreas. 123 an Größe noch an Zahl eine Veränderung zeigen, vermisst. Der etwas bucklige Kern enthält ein sehr grobmaschiges Gerüst aus dünnen Chromatinfäden, welches den Nucleolus oft verdeckt. Die Zellen selbst erscheinen wesentlich kleiner, während die Kerne augenscheinlich unter dem Schrumpfungsprocess wenig an Umfang verloren haben; man sieht desshalb bei Schnitten, die nicht dicker angefertigt sind, als die früher beschriebenen, die Kerne im Gesichtsfeld scheinbar vermehrt und dicht neben einander gelagert. Zu erwähnen wäre schließlich noch das öftere Auftreten von goldgelben Pigmentkörnchen in den Zellen, die von stärkerem Glanze und um ein Geringes größer als die Zymogenkörner sind. Das secernirende Pankreas. Um den normalen Verhältnissen möglichst entsprechende zu erhal- ten, haben wir statt mit Pilokarpin das Pankreas zu reizen, die Sekretion der Drüse durch Fütterung mit Fleisch angeregt. Die Thiere wurden theils 12 Stunden nach einmaliger Fütterung, theils nach mehrere Tage fortgesetzter Fütterung getödtet. Zunächst fällt bei den gefütterten Thieren die ansehnliche Ver- größerung der Drüsenzellen auf, und zwar nicht nur in der Längs- sondern auch der Breitendimension. Während die Zellen der unthäti- gen Drüse mehr konisch sind und ihre verschmälerten Theile nach innen richten, sind sie bei dem gefütterten Thier oft mehr cylindrisch. An dem Zellgerüst vermisst man für gewöhnlich jene über- wiegend longitudinale Anordnung der Gerüstfäden, welche in der un- thätigen Drüse, sowohl in der nach außen vom Kern gelegenen Zone, wie auch seitlich von ihr so deutlich hervortritt. Auch die starren glänzenden, mit einander oft zu homogenen Massen verschmolzenen Fäden oder Stäbchen, fehlen sonst ganz. In der Innenzone wird die Gerüstsubstanz durch die mitunter reichlich vorhandenen Zymogenkör- ner oft sehr vollständig verdeckt. Sie fehlen jedoch in vielen Fällen gänzlich und dann erkennt man ein feinmaschiges Zellgerüst. In der Außenzone besonders, und dann sowohl neben dem Kern, wie nach innen von demselben, finden sich jetzt viel zahlreichere und auch größere rundliche paranucleäre Körper. Ihre Größe wechselt von der- jenigen großer Zymogenkörner bis zu der etwas kleinerer Zellkerne, als sie gewöhnlich an diesem Orte vorkommen. Die paranucleären Körper sind meist scharf, wenn auch zart kontourirt, oft von fast gleichmäßiger homogener Beschaffenheit, doch ist bei vielen, selbst sehr kleinen, ein gewisser Unterschied zwischen ihrer Peripherie und der übrigen Substanz leicht zu erkennen (Taf. VIII, Fig. 17 pn). Es 124 C. J. Eberth und Kurt Müller, färbt sich nämlich eine schmale äußere Zone etwas stärker, wie der übrige Körper, so dass sie oft mehr wie Ringe erscheinen, deren Lichtung durch eine sehr zart gefärbte Substanz ausgefüllt wird. Andere dieser Körper — in der Regel sind das etwas größere; doch ist es auch bei kleineren zu beobachten, — zeigen eine zarte koncentrische Schichtung, richtiger gesagt, sie scheinen aus einem feinen, nach Art einer Uhrfeder, eingerollten Faden, oder auch aus mehreren Fädcehen oder Schichten und Schalen zu bestehen, deren Interstitien durch eine ganz zart gefärbte Zwischenmasse ausgefüllt sind. Andere mehr ringförmige Körper lassen in der lichten sie aus- füllenden Substanz ein rundliches Korn erkennen, das sich eben so wie der eigentliche Ring etwas stärker färbt. Bei anderen ist der Ring von ungleicher Dicke, d. h. er gleicht mehr einer Sichel, deren Enden sich berühren, oder er ist an dem einen Ende mehr an- geschwollen, einem stark gekrümmten Komma ähnlich, manchmal homogen, manchmal etwas gestreift, wie aus feinen Fäden zusammen- gesetzt. Kurz, es hält nicht schwer, zwischen diesen verschiedenen Formen alle möglichen Übergänge zu finden (Taf. VIN, Fig. 15 pn). Was die Bildung dieser Körper betrifft, so scheinen die koncen- trisch geschichteten, theils durch eine spätere Differenzirung ursprüng- lich homogener Kugeln oder Ringe zu entstehen, theils indem sich um die homogenen Körper die glänzenden, groben Fäden der Gerüstmasse, oft in mehrfachen Schichten legen, und vielleicht später zu einem oder mehreren längeren Fäden zusammenschmelzen. Für den ersteren "Modus, für die nachträgliche Differenzirung der homogenen Kugeln in Fädchen oder Schichten, spricht die erst an den größeren Exemplaren derselben besonders deutliche Schichtung; der zweite Bildungsmodus ist oft so leicht zu beobachten, dass wir auf eine weitere Beschreibung verzichten (Taf. VII, Fig. 18 a, b, c, d). | | Ob auch koncentrisch geschichtete Körper aus einem isolirten Faden durch Längenwachsthum desselben und nachträgliche Knäuelung sich bilden, ist wenigstens für manche Formen nicht so unwahrschein- lich. Manche der Sicheln entstehen vielleicht auf diese Weise unter gleichzeitiger Quellung durch Apposition neuer Fädchen und Ver- schmelzung dieser unter einander. Die paranucleären Körper sind eben sowohl in Zellen mit wenig Zymogenkörnchen , wie in solchen, welche davon eine große Zahl ein- schließen, vorhanden. Es ist, wie wir glauben, schon aus dieser That- sache nicht sehr wahrscheinlich, dass zwischen dem Auftreten der paranucleären Körper und der Zymogenkörner irgend welche Beziehun- gen bestehen. - Untersuchungen über das Pankreas. 125 Die Kerne sind ungefähr von derselben Größe, wie die der nicht ‚thätigen Drüse, rundlich, mitunter etwas eingebuchtet, und besitzen ein gut entwickeltes, feines CGhromatingerüst mit Knoten, das manchmal durch eine blasse, diffuse Färbung des Kernsaftes verdeckt wird, und einen großen Nucleolus. Kleinere paranucleäre Körper sieht man wohl manchmal als hlasse, homogene, zarte, tropfenähnliche Gebilde dem Kern unmittelbar auf- sitzen, so dass sie leicht den Anschein erwecken, als seien sie im Be- griffe den Kern zu verlassen. Jedoch war es uns unmöglich, hierüber Gewissheit zu gewinnen; auch war dieser Befund in Vergleich zu der großen Zahl der paranucleären Körper keineswegs so häufig, so dass uns die Entstehung dieser kleinen Körper aus dem Kern sehr un- wahrscheinlich ist. Frosch, Beim Winterfrosch (Rana esculenta)!, der in derselben Weise wie Salamandra behandelt wurde, sind schon wegen der Kleinheit der Zellen manche Details schwieriger zu ermitteln als beim Salamander. Zunächst fällt der Mangel jener streifigen Zone in den äußeren Partien der Zelle auf; das Gerüst ist sehr zart, theils weit-, theils eng- maschig und enthält in den inneren Partien oft eine große Zahl zymo- gener Körner. In Safranin-Anilinöl färben sich die Gerüstfäden nur schwach, stärker die Zymogenkörner. Die Kernwand tingirt sich rosa, eben so wie die feinen Gerüstfäden des Kernes; stärker färben sich der Nucleolus und die Gerüstknoten. In der Nähe des Kernes, demsel- ben unmittelbar anliegend, entweder mehr seitlich oder an der Außen- fläche, aber auch in der Innenzone finden sich die paranucleären Körper, jedoch nicht in allen Zellen. Sie fehlen z. B. in manchen, die reichlich Zymogenkörner enthalten (Taf. VIII, Fig. 5), während sie in anderen, die deren entbehren, vorhanden sind (Taf. VII, Fig. 5). Beziehungen zwischen Chromatingehalt des Kernes und den chromatinreichen Pseudokernen scheinen nicht zu bestehen, etwa in dem Sinne, dass ein geringer Chromatingehalt des Kerns bei vielem Chromatin der Pseudokerne nachzuweisen wäre; denn man findet sowohl Kerne mit einem sehr chromatinarmen Gerüst ohne Pseudo- kerne, wie chromatinarme Kerne neben sehr chromatinreichen und großen Pseudokernen. Doch ist dem nicht immer so; viele Zellen ent- halten Kerne, welche sich durch eine größere Menge mehr diffusen 1 Im Magen fand sich schleimiger Inhalt und im Darm schwarzbraune weiche bröckelige Contenta, 126 6. J. Eberth und Kurt Müller, Chromatins auszeichnen und besitzen doch noch große chromatinreiche Pseudokerne. 2 Was die letzteren betrifft, so erscheinen sie in der verschiedensten Gestalt und Anordnung. Bald treffen wir sie als rundliche, bald aueh als etwas unregelmäßige kleine Klumpen von homogenem Aussehen, die sich gleichmäßig und intensiv, fast eben so, wie die Nucleolen färben, theils unmittelbar der Kernmembran anliegend (Taf. VII, Fig. 1 pna), theils durch größere Zwischenräume von ihr getrennt. Manche dieser Klumpen, besonders die runden, lassen in ihrem Inneren einen noch leicht gefärbten rundlichen Hohlraum erkennen und erscheinen demnach wie Ringe mit ungleich dicker Wand (Taf. VIII, Fig. 2 und 3 pn). Statt dieser klumpigen Pseudokerne finden sich aber auch, und keineswegs selten, solche, die aus einem hakenförmig gekrümmten und an dem einen Ende stärker eingerollten Faden bestehen, dessen Zwischenräume (Taf. VII, Fig. 4, 6 pn) oft von einer blasser als die Fadensubstanz sich färbenden Masse (dem Träger) eingenommen wer- den (Taf. VII, Fig. 7 a, b). Ob die letztgenannten fadenförmigen Pseudokerne aus den kom- pakten oder mehr ringförmigen hervorgehen, oder ob die beiden For- men ganz unabhängig von einander sich bilden, ließ sich nicht mit Sicherheit ermitteln. Die mehr klumpigen Formen sind allerdings für gewöhnlich die kleineren und die fadenförmigen die größeren, aber letztere treten auch in verhältnismäßig kleinen Exemplaren auf, so dass man annehmen muss, sie möchten als Sicheln und Fäden entstanden sein (Taf. VII, Fig. 7 9, ı). Fisch. Die Pankreaszellen der Fische (Hecht) unterscheiden sich von denen der bisher besprochenen Kaltblüter durch das vollständige Fehlen der äußeren Fädchenzone. Das Prötoplasma bildet in diesem schmalen Bezirk eine mehr gleichmäßige, nur ab und zu von kleinen Lücken durchbrochene, stärker färbbare Masse, die nach innen in ein von runden Maschen durchbrochenes Gerüst übergeht. Der rundliche Kern enthält nur ein Kernkörperchen und keine Chromatinklumpen oder Netzknoten, sein Gerüst ist chromatinarm und zart, und besteht aus überwiegend radiär und regelmäßig geordneten Bälkchen, welche vom Kernkörperchen, dem Mittelpunkt, ausstrahlen (Taf. VIII, Fig. 8 N). In der Außenzone und neben dem Kern finden sich sowohl die ringförmigen, wie geschichteten und sichelförmigen Körper, deren ERROR BEL & Untersuchungen über das Pankreas. 127 feinere Struktur jedoch selten mit der Schärfe, wie bei den schon ge- schilderten Thieren, zu erkennen ist (Taf. VII, Fig. 8 pn). Die Zellen sind theils frei von Zymogenkörnern und lassen dann das Gerüst sehr deutlich erkennen, theils sind die Maschen der nach innen vom Kern gelegenen Zone mit solchen Körnern gefüllt (Taf. VII, Fig. 8Z). Zymogenfreie Acini wechseln häufig mit zymogenhaltigen. Bei dem Hecht sind die Zymogenkörner durch ihre ungewöhnliche Größe ausgezeichnet, und in vollständig entwickeltem Zustande meist größer als das Kernkörperchen. Sie färben sich mit Safranin, wie die Ringe und Sicheln, dagegen nicht mit Hämatoxylin und heben sich an den Hämatoxylinpräparaten durch einen leicht gelblichen Schimmer deutlich von dem gefärbten Gerüst ab. Zwischen ihnen liegen noch kleinere und eben so große runde Körner von gleichmäßiger Beschaffenheit, welche sich dagegen mit Hämatoxylin dunkel färben. Dass sie nicht etwa pseudonucleäre Bildungen sind, dafür spricht schon das Fehlen einer fädigen oder ge- schichteten Struktur, wenn nicht die Abwesenheit derselben in der Außenzone, wo sonst die pseudonucleären Körper sich finden, in ihnen etwas Anderes vermuthen ließe, als die letztgenannten. Während nämlich an diesen Bildungen des Salamanders und Frosches niemals weder ein Zerfall derselben in die kleinen Zymogenkörner dieser Thiere, noch eine direkte Umwandlung der kleineren Körper in Zymogenkörner beobachtet werden konnte, wandeln sich die matten Körner der Innenzone des Hechtes, von ihrem Centrum beginnend, indem ihre Substanz mehr und mehr Glanz gewinnt und gleichzeitig an Färbbarkeit verliert, in die Zymogenkörner um. Eine Zeit lang sind diese noch von einem schmalen Saum färbbarer Substanz umgeben. Wenn dann später der Umwandlungsprocess auch diesen schmalen Rand ergriffen hat, ist aus dem früheren Körper ein Zymogenkorn ge- worden. Es ist derselbe Process, den uns Arrmaxn von der Umwand- lung der Zellgranula gelehrt hat, und als solche-oder als Vorstufen der Zymogenkörner und nicht etwa als zu den Pseudokernen gehörige Bildungen müssen wir diese Körper betrachten (Taf. VIII, Fig. 8 @). In ähnlicher Weise mag sich die Bildung der Zymogenkörner auch bei den anderen Thieren abspielen, nur ist da, wegen der geringen Größe der Zellgranula, der. ganze Process viel schwieriger zu ver- folgen. Die Regeneration der Pankreaszellen. "Die Vorgänge, welche einen Ersatz der abgenutzten Zellen zum Ziele haben, fordern um so mehr eine besondere Besprechung, weil 128 C. J. Eberth und Kurt Müller, sie gerade im Pankreas des Salamanders in einer völlig neuen Weise sich abspielen sollten. Wer Karyokinesen studiren will, wird in letzter Linie hierfür dieses Objekt wählen. Zwar geben Pıarxer, Steinaaus und MaAcArLum an, solche gefunden zu haben und wir wollen diese Angaben keineswegs bezweifeln, aber die verschiedenen Versuche, welche gemacht wurden für das Pankreas des Salamanders einen von der bisherigen Ver- mehrungsweise der Zellen abweichenden, bisher jeder Analogie ent- behrenden Modus derZellerneuerung aufzustellen, finden doch wohl ihre Erklärung am einfachsten in dem Umstande, dass Bilder von direkter wie indirekter Theilung außerordentlich selten sind. Es ist dies um so auffallender, als Befunde von im Untergang begriffenen Zellen resp. Kernen durchaus nicht zu den Seltenheiten gehören. Gate! fand Karyokinesen beim Hunde in sehr geringer Zahl. Lewascuew ? berichtet, dass HeıpexHamn nach einer mündlichen Mit- theilung des letzteren in den Pankreaszellen (von welchem Thiere ist nicht angegeben) Mitosen nicht selten gefunden habe, ohne dass er eine Abhängigkeit des Auftretens der karyokinetischen Figuren von den Sekretionsprocessen nachzuweisen vermochte. Bızzozero und VAsaLE? konstatirten zahlreiche indirekte Theilungen im Pankreas des Fötus, wie des Neugebornen von Kaninchen, Meer- schweinchen, Hund und Katze, sowohl in den Drüsenbläschen, wie den Ausführungsgängen. Etwas reicher schienen die Mitosen im Pankreas des Meerschweinchens. Bei den ausgewachsenen Thieren variirt der Reichthum an Mitosen. Katze, Meerschweinchen und Hund enthalten außerordentlich wenige, häufig sind sie beim Kaninchen. In der Voraussetzung, dass bei der Funktion abgenutzte Zellen in größerer Zahl zu Grunde gehen und durch neue ersetzt werden, untersuchten wir Thiere verschieden lange Zeit nach der Fütterung, ohne eine Karyokinese anzutreffen!. Auch in Thieren, welche längere Zeit gehungert hatten, suchten wir nach Mitosen, aber ohne jeden Erfolg, während diese in dem Darmepithel doch keineswegs selten 1 Archiv für Anatomie und Physiologie. Anat. Abth. 1880. 2 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXVI. 1886. p. 453. 3 Über die Erzeugung und die physiologische Regeneration der Drüsenzellen bei den Säugethieren. Vırcnow’s Archiv. Bd. CX. 1887. * Bei Thieren, denen längere Zeit die Nahrung, aber nicht das Wasser ent- zogen war, zeigt das Kernchromatin oft eine ganz bedeutende Zunahme. Die Chro- malinbalken sind sehr breit und gleichen manchmal einem ungeordneten losen Knäuel. Solche Formen mögen, da nähere Angaben über die verschiedenen Phasen der Mitosen in den Pankreaszellen fehlen, für Anfänge der Karyokinese gehalten worden sein. Untersuchungen über das Pankreas. 129. waren. Den positiven Angaben Anderer gegenüber, falls hier. nicht Irrthümer, Verwechslung mit Mitosen im Darmepithel vorliegen, sind unsere negativen Befunde gewiss auffallend, wenn es auch nicht an analogen Beobachtungen anderer Organe fehlt!. So erwähnt Marrın HeıpenHamn, da die Zahl der in der Beckendrüse des Salamanders unter- gehenden Zellen eine ziemlich beträchtliche ist, so sei es verwunder- lich, dass er auch nicht auf eine direkte oder indirekte Theilung ge- stoßen ist. Er erklärt sich dies aus dem Umstand, dass nur im Spät- sommer, Herbst oder im ersten Frühjahr, nicht aber zur Hochbrunst der Thiere indirekte Theilungen vorkämen?, und dass sonst der Kern- durch direkte Theilung, Knospung und eventuell multiple Eragmen: tation sich vermehrt. Ä In dem Pankreas des Salamanders konnten wir mit Ausnahme des einen früher erwähnten nicht einwandfreien Falles Kernknospen nie beobachten, eben so wenig Fragmentirung. Wir müssen dies um so mehr betonen, als nach OcatA? nicht nur vereinzelt, sondern sogar sehr häufig die Knospung des Kerns und der Austritt des Plasmosoms oft in neben einander gelegenen Kerngruppen zu sehen ist. Dagegen haben wir einige Male zwei dicht neben einander gelegene gleich große Kerne in einer Zelle gefunden, von denen wir aus den bereits oben angeführten Gründen annehmen möchten, dass sie durch direkte Thei- lung entstanden sind. Schluss. Wie aus der früheren Darstellung ersichtlich ist, sind vermuthlich zwei Gruppen von paranucleären Körpern zu unterscheiden, die wir, ihres etwas abweichenden morphologischen Verhaltens wegen getrennt besprechen wollen. | Die einen sind entweder einige vereinzelte mehr starre, auch ge- bogene, glänzende Fädchen, die schon wegen dieser Eigenschaften leicht von den mehr körnigen Fäden des Zellprotoplasma sich unter- scheiden. Sie sind umgewandelte Protoplasmafäden, welche, indem sie mit ihren Nachbarn verschmelzen, zu spindelförmigen, sichelförmigen, kommaähnlichen Körpern werden, die vielleicht vorübergehend, vielleicht dauernd ihre fibrilläre Zusammensetzung noch mehr oder weniger bewahren oder dieselbe ganz verlieren und dann glänzende I p. 255. Beiträge zur Kenntnis der Topographie und Histologie der Kloake, Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXXV, 1890. 2 ].c.p. 253. 2. e.p: 419. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, LIII. Bd. Suppl. 9 130 6. J. Eberth und Kurt Müller, homogene Körper darstellen. Ein Blick auf die beigegebene Tafel lässt diese verschiedenen Formen leicht erkennen!. | Die andere Gruppe von paranucleären Formen stellt mehr rund- liche Körper dar, von mattem Glanz und gleichmäßigem Aussehen, welche kolloiden Massen täuschend gleichen (Taf. VIII, Fig. 1, 46 pn, a). Wie jene Spindeln, Sicheln und Fragezeichen (Taf. VIII, Fig. 6, 7, 8, 15, 17,48 pn) liegen auch sie in größeren Höhlen des Zellkörpers. Ob diese Ballen ebenfalls durch Quellung von Gerüstfäden entstanden sind, oder ob sie vielmehr als Produkte des Zellsaftes aufgefasst werden müssen, ist schwer zu sagen. Sicher ist, dass viele dieser Körper in Verbindung mit den starren Fädchen und den aus ihnen entstandenen Sicheln etc. gefunden werden. Denn man sieht z. B. um diese Ballen herum eine Anzahl starrer Fäden, oder Sicheln oder beide neben ein- ander (Taf. VIII, Fig. 16u.18 pn). Oft findet unverkennbar eine Umlage- rung der kugligen Körper durch Fäden, Blätter, Schalen und Sicheln statt. Das scheint das Gewöhnliche. Jedoch ist es keineswegs ausge- schlossen, dass durch eine spätere Differenzirung dieser Gebilde in einen zarteren, weniger färbbaren Innenkörper und einen mehr sichel- oder ringförmigen Außenkörper oder in mehrere Schichten und Blätter diese zusammengesetzten. Bildungen zu Stande kommen. Sei dem wie ihm wolle. Uns interessirt vor Allem zu erfahren, ob diese Gebilde in irgend einer Beziehung zu der Regeneration der Zellen und zu der Bildung der Zymogenkörner stehen. Dass dieselben nicht mit den von Einigen geschilderten Kernknospen und der durch diese angeregten Zellerneuerung in Zusammenhang gebracht werden können, haben wir schon früher kurz aus einander gesetzt und ein Blick auf unsere Figuren wird wohl jeden Unbefangenen von der Richtigkeit unserer Darstellung überzeugen. Auch mit der specifischen Thätigkeit der Zelle, der Bildung von Zymogenkörnern haben, sie zunächst nichts zu schaffen. Wir sehen zwar, dass sie in der thätigen Drüse wesentlich zahlreicher sind, aber sie finden sich sowohl in Zellen mit, wie in solchen ohne Zymogen- körner, sind also durchaus nicht konstant und eine direkte Betheili- gung derselben an der Bildung jener Körner ist nicht nachzuweisen. Sie zerfallen vor Allem nicht, wie angegeben wurde, in diese. Auch in das Sekret gehen sie nur selten über, denn nicht häufig findet man die rundlichen, geschichteten Ballen in einem etwas ge- 1 Von den zahlreichen Abbildungen, welche im Laufe der Untersuchungen von mir angefertigt wurden, habe ich für die beigegebene Tafel besonders die ein- facheren Bilder gewählt, weil diese besser die Entwicklung der paranucleären Körper zeigen, als die komplicirteren Formen. EBERTHA. Untersuehungen über das Pankreas, 131 quollenen Zustand in der Liehtung der Alveolen. Sie können darum auch keine große Bedeutung für die Sekretion haben, wie wir dies z.B. von den kugligen mit Halbmonden versehenen Körpern des Darm- epithels vom Salamander annehmen müssen, die im gequollenen Zustand als Sekretballen oft in so großer Menge auf den Epithelien gefunden werden. Längere Zeit nach der Fütterung, wie man bei Thieren sieht, die nach der Fütterung hungerten, haben die kugligen Körper wesent- lich an Tinktionsvermögen eingebüßt, färben sich nur blass rosa. Auch ihre Struktur hat sehr verloren, so dass jetzt selbst bei genügender Ab- blendung wenig von ihrem fasrigen oder schaligen Bau zu sehen ist und die Auflösung derselben in ihre beiden Bestandtheile, die Fäden oder Sicheln und die sie tragende Substanz nicht mehr oder nur*unge- nügend gelingt. Aus diesem Verhalten dürfte man schließen, dass diese Körper zum Theil aufgelöst werden. Wenn aber diese Bildungen, wie aus der wechselnden Zahl und der Inkonstanz ihres Vorkommens geschlossen werden darf, auch in zweiter Linie für die Sekretion in Betracht kommen, so zeigt doch ihre Vermehrung in der thätigen Drüse, dass sie in einer gewissen Ab- hängigkeit von der Thätigkeit der Drüsenzellen sich bilden. Eigen- “artig sind sie ja immerhin, aber sie stehen doch nicht ohne Beispiel da. So ist doch eine große Ähnlichkeit mit der in anderen Drüsen (Kloakendrüse des Salamanders) und Epithelien (Darmepithel des Sala- manders) gefundenen Sekretkörpern nicht zu verkennen. Um so ge- wagter muss es erscheinen, sie als Parasiten zu deuten, insbesondere, wenn man gerade die Sichelformen in ihrer ganzen Entwicklung aus gequollenen, glänzenden und zum Theil mit einander verschmelzenden Fäden des Protoplasma, wie die Umlagerung der homogenen aus dem Protoplasma sich abscheidenden Ballen durch Fäden und Sicheln ver- folgt. Auch muss schon die große Verbreitung dieser Körper unter den Kaltblütern Bedenken gegen ihre parasitäre Natur erwecken. Am größten ist die Übereinstimmung der paranucleären Körper des Pankreas mit den im Eingange beschriebenen Formen aus dem Knorpel (Czermax und SoLser) mit Rücksicht auf ihre Entstehung aus Fäden. Aber auch für die mehr homogenen Ballen darf man wohl eine Mitbetheiligung des Gerüstes annehmen. Die im regenerirenden Horn- hautepithel vorkommenden hängen oft noch durch Fädchen mit der übrigen Hauptmasse zusammen, von der sie erst später durch die Vacuolenbildung in ihrer Umgebung vollständig getrennt werden. Neuere Untersuchungen mit Tauchlinsen dürften uns auch über die ersten Anfänge jener merkwürdigen Gebilde Aufschlüsse bringen, 9* 132 6. J. Eberth und Kurt Müller, die als spindelförmige, hakenförmige, kommaähnliche und ringförmige Körper in der Epidermis der Froschlarven von Eserr#! zuerst be- schrieben wurden. Die große Ähnlichkeit dieser Formen mit jener im Pankreas ist schon von Nusssaum besonders hervorgehoben worden. Zwar ist in den paranucleären Körpern der Froschlarvenepidermis jene feine Streifung nicht so ausgesprochen, welche bei jenen des Salaman- derpankreas oft so deutlich hervortritt, aber hier liegt doch nur ein für den Frosch eigenes Verhalten vor, denn die paranucleären Körper seines Pankreas sind fast eben so homogen wie jene in der Haut der Larven. Große Ähnlichkeit mit dem in der Epidermis der Froschlarven gefundenen Bildungen haben auch die von Herrwıe? in jungen Frosch- eiern mit großer Konstanz auftretenden, sehr charakteristisch ge- formten Körper, nämlich spindelförmige, hyaline Fasern von verschie- dener Größe. In sehr kleinen Eiern fehlten sie. HerrwiG wirft die Frage auf, ob diese Spindeln etwa Kerngebilde sind, die aus dem Keimbläschen abstamraen? Er erinnert dabei an die An- gaben von FoL?, ScHÄrer ? und Baısranı®. Bekanntlich hat For an jungen Aseidieneiern Kerntheile aus dem Keimbläschen austreten sehen, die sich an der Oberfläche der Eier zu Kernen von Follikelzellen entwickeln. ScHÄFER beobachtete außerhalb des Keimbläschens gelegene Kerntheile und Baısıanı sah bei Myriapodeneiern im Dotter zerstreute Kerntheile. Ohne ein definitives Urtheil über die fraglichen Spindeln und speciell über deren Abstammung vom Kern abzugeben, denkt Herrwıe doch an die Möglichkeit (p. 341), dass sie eigenthümliche Konkrementbildun- gen sein möchten, die sich vielleicht später in Dotterplättchen auf- lösen. | Die im Ei der Spinne und anderer Thiere vorkommenden Kör- per, welche Scaürz® für Verdichtungen des Dotters hielt, eben so. wie die von LA VALETTE in Spermatocyten gefundenen Bildungen hat Nuss- BAUM bereits mit den geschichteten Körpern des Pankreas verglichen. 1 Zur Entwicklung der Gewebe im Schwanze der Froschlarven. Arehiv für mikr. Anatomie. Bd. II. 1866. 2 0. Herıwie, Über das Vorkommen spindeliger Körper im Dotter. junger Froscheier. Morphologisches Jahrbuch. Bd. X. p. 337. 4885. 3 Sur l’oeuf et ses enveloppes chez les Tuniciers. Recueil zoologique suisse. T.1, 1. Ws * On the structure of the immature ovarian ovum in the common fowl and in the rabbit. Proceedings. 5 Sur l’origine des cellules du follicule et du noyau vitellin de l’oeuf. Zool. Anzeiger Nr. 455 u. 456, 6 Über den Dotterkern. Inaug.-Dissertation. Bonn 1882. RN Untersuchungen über das Pankreas. 133 Auch die von Hermann ! in Spermatocyten des Salamanders gefun- denen Archoplasmafädchen dürfen hierher gezählt werden, wenn gleich Hermann sich eines Urtheils über dieselben enthält. Ihr äußeres Ver- halten stimmt ganz mit den starren, glänzenden spindelförmigen Fasern, welche die paranucleären Spindeln und Sicheln des Salamanders bilden, überein. Er bemerkt aber ausdrücklich, dass an jeder ruhenden Spermatocyte der Nebenkern von vorn herein aus einer bestimmten Anzahl regellos gelagerter schleifenförmig gebogener Stäbchen besteht. Die bestimmte Zahl der Nebenkernstäbchen von Helix und der Archo- plasmaschleifen bei Helix (12 an der Zahl) lässt ja allerdings vermu- then, dass diese Gebilde bei der Theilung der Spermatocyten eine ge- wisse Rolle spielen. In pathologisch gebildeten Geweben scheinen solche paranu- cleären und intranucleären Körper gleichfalls nicht zu fehlen. Manche der von Sarkomen und Garcinomen beschriebenen und als Parasiten gedeuteten Einschlüsse dürften hierher gehören. | | SteinHAaus? unterscheidet von den Kerneinschlüssen bei Carcinom solitäre und multiple; sie sind rund oder oval und färben sich wie jene des Zellplasma. Die einen sind homogen, während in den anderen ein gewöhnlich central, manchmal excentrisch oder peripherisch gelegener heller Fleck mit stark gefärbten Körnchen im Inneren zu. erkennen ist. Seltener sind sichelförmige zum Theil unregelmäßige Körper. Mannigfaltiger sind die Zellleibeinschlüsse, protoplasmatische Kugeln, Ovoide, die in Höhlen des Zellleibes liegen. Sie färben sich wie jene der Kerne. Einige sind halbmond- und kommaförmig, andere bestehen aus einer protoplasmatischen Masse, die ein kernartiges Bläschen mit Nucleolus im Inneren enthält. Die sichelförmigen Bildun- gen sind nach Form und Farbenreaktion, wie Stemnaus ganz besonders hervorhebt, mit denen in den Pankreaszellen des Salamanders identisch. Er verkennt nicht die große Ähnlichkeit, welche sie mit Degenerations- produkten des Zellprotoplasmas, z. B. colloiden Massen haben, meint je- doch, dass sie vom Standpunkt der Parasitenhypothese leichter zu deuten seien. °Entschieden hat neuerdings Rızserr ? dergleichen Bil- dungen bei Carcinomen für Degenerationsprodukte erklärt. Auch die zuletzt von Strösz beschriebenen sichel- und lanzett- ! Beitrag zur Lehre von der karyokinetischen Spindel. Archiv für mikr. Ana- tomie. Bd. XXXVII. 4894. p. 5841. 2 STEINHAUsS, Über Carcinomeinschlüsse. Vırcmow’s Archiv. Bd. CXXV1. 3. Hft. 1891, 3 RısBERT, Deutsche med. Wochenschrift. 4891. 4 Ströße, Zur Kenntnis verschiedener cellulärer Vorgänge u. Erscheinungen in Geschwülsten, ZıesLers Beiträge zur patholog. Anatomie u. allgem. Pathologie. Bd. XI. 1891, 134 6. J. Eberth und Kurt Müller, förmigen Körperchen der Kerne und der Substanz der Gareinomzellen dürften nach den Ergebnissen unserer Untersuchungen über die 'paranucleären Körper des Salamanderpankreas nicht schwer zu deuten sein. Halle a. S., im December 1894. Erklärung der Abbildungen. Tafel VIII. - Sämmtliche Figuren sind mit Apochromaten von Zeıss und HARrTNAcK von 2 mm Brennweite und 1,30 Apertur mit entsprechenden Kompensationsocularen bei 4000- facher Vergrößerung gezeichnet. Die Fig. 7 und 48 sind nach dem Mikroskopbilde etwas vergrößert. N, Nucleus; Kk, Kernkörperchen ; pn und pna, paranucleäre Körper; T, Träger; 4, Außenzone; I, Innenzone; Z, Zymogenkörner; G, Granula. Fig. A—7. Pankreaszellen und paranucleäre Körper des nicht gefütterten Winterfrosches. Fig. A. Pankreaszelle des Frosches ohne Zymogenkörner mit einem dem Kern anliegenden, homogenem paranucleären Körper pna. Fig. 2 und 3. Ringförmiger paranucleärer Körper pn in der Innenzone mit homogener Gentralmasse. Fig. 4. Pankreaszelle mit Zymogenkörnern in der Innenzone und sichelförmi- gem paranucleären Körper pn in der Außenzone. Fig. 5. Drei Pankreaszellen, von denen die eine Zymogenkörner in der Innen- zone, aber keinen paranucleären Körper enthält, die beiden anderen entbehren der Zymogenkörner, enthalten aber sichelförmige, homogenen Platten aufliegende para- nucleäre Körper. Fig. 6. Zelle mit hakenförmigem paranucleären Körper pn. Fig. 7. Paranucleäre Körper. a, homogener Träger T mit anliegender Sichel; b und cc, Träger mit.aufliegender plumper Sichel; d und e, ringförmiger paranucleärer Körper; f, ringförmiger paranucleärer Körper mit hakenförmigem Ansatz; 9, keulenförmiger paranucleärer Körper; h und i, eingerollte Sicheln. Fig. 8. Pankreaszelle des Hechtes mit Granulis G, Zymogenkörnern Z und sichelförmigem gestreiften paranucleären Körper pn. Fig. 9—18, Pankreaszellen der Salamandra maculata. Untersuchungen über das Pankreas. 135 Fig. 9. Pankreaszellen des Wintersalamanders. Fig. 10. Zellen des Wintersalamanders mit streifiger Außenzone A. Fig. 44, Pankreaszelle des Wintersalamanders mit Zymogenkörnern Z und gequollenen Gerüstfädchen in der Außenzone pn. Fig. 12, Dasselbe Objekt mit mehr quer gelagerten, gekrümmten gequollenen Gerüstfädchen pn. Fig. 43. Dasselbe Objekt mit längeren glänzenden paranucleären Fäden. Fig. 44. Dasselbe Objekt mit bereits fester verschmolzenen paranucleären Fäden pn, Fig. 15. Zwei Zellen mit fein fibrillären, zum Theil in der Innenzone gelege- nen spindelförmigen und gewundenen paranucleären Körpern. Fig. 46. Zelle mit Zymogenkörnern Z und sichel- und stabförmigen paranu- cleären Körpern neben homogenen paranucleären Bildungen pna. Fig. i7. Zwei Pankreaszellen eines gefütterten Thieres ohne Zymogenkörner mit zahlreichen sichel- und ringförmigen paranucleären Körpern, welche homo- genen Massen aufliegen. Fig. 48. Isolirte paranucleäre Körper, a und b, um einen homogenen Ballen gelagerte glänzende Fasern; c, einem homogenen Ballen aufgelagerte einfache und eingerollte Sicheln ; d, Umlagerung eines rundlichen Körpers mit Sicheln und Fasern, Versuch der Ableitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. | Von 0. Bütschli (Heidelberg). Mit Tafel IX und 4 Textfiguren. Seit der Mitte der siebziger Jahre hat mich das Problem: den eigenthümlichen Strahlenbau der Echinodermen aus der ursprünglichen Bilateralsymmetrie ihrer Larven unter gewissen Voraussetzungen ab- zuleiten, vielfach beschäftigt. Ohne dem Studium dieser interessanten Gruppe durch eigene Untersuchungen näher zu treten, habe ich doch häufig über die schwierige Frage ihrer Entstehung nachgedacht, in- dem die hierüber: aufgestellten Hypothesen, insbesondere HaArcker’s Auffassung der Stachelhäuter als Kolonien gegliederter Würmer, von vorn herein zu wenig Wahrscheinlichkeit besaßen, um das Bedürfnis nach tieferer Erkenntnis der morphologischen Eigenthümlichkeiten dieser Formen wirklich befriedigen zu können. Angeregt durch die er- folgreiche Anwendung besonderer Wachsthumsvorgänge auf die Erklä- rung gewisser, scheinbar recht schwieriger Verhältnisse des Gastropo- denbaues, schien es mir möglich, durch ähnliche Betrachtungen auch in der Echinodermen-Morphologie vielleicht einige Schritte weiter kommen zu können. — Aus der Ontogenie dieser Abtheilung glaubte ich nämlich mit Bestimmtheit folgern zu dürfen, dass sich der strahlige Bau unter Reduktion oder Verkümmerung gewisser Theile hervorbilde. So weit uns vergleichende Anatomie und Ontogenie zu schließen berechtigen, scheint es nämlich ziemlich klar, dass die strahlige Symmetrie der Echi- nodermen sich in engem Zusammenhang mit der Ausbildung des Am- bulacralgefäßsystems entwickelt haben muss, wesshalb die Annahme recht wahrscheinlich ist, dass die eigenthümliche Entfaltung dieses Organsystems den Anstoß zur strahligen Entwicklung gab. Nun lehrt die Entwicklungsgeschichte, dass die Anlage des Ambulacralgefäß- Versuch der Ableitung des Eehinoderms aus einer bilateralen Urform, 137 systems an der bilateralen Larve einseitig, d. h. links auftritt und erst durch spätere Umformungen in die strahlige Form übergeführt wird, Da wir nun im Allgemeinen wissen, dass die einseitige Ausbildung von Organen bilateral gebauter Thiere wohl stets eine Folge späterer Rück- bildung ist, so lag die Vermuthung nahe und hatte viel Wahrscheinlich- keit, dass auch die linksseitige Anlage des Ambulaeralsystems der Echi- nodermenlarve wohl durch einseitige Rückbildung eines ursprünglich symmetrischen Apparates entstanden sei. — METscunIKorr sprach diese Vermuthung schon 1874 bestimmt aus und suchte sie durch gelegent- lich vorkommende abnorme Larven, welche auch eine rechtsseitige Anlage des Ambulacralsystems besitzen, zu begründen. Zu den erwähnten Erfahrungen über die Entwicklung dieses wich- tigen Organsystems gesellten sich später noch weitere, welche eine eigenthümliche Verschiebung der beiden ursprünglichen Seitenhälften der Larve beim Übergang in die strahlige Form erwiesen, wonach die linke Seite sich vorzugsweise an der Bildung der späteren Ambulacral- fläche, die rechte hingegen an jener der Antiambulacralfläche betheiligt. Das Gleiche gilt für die beiden ursprünglich rechts und links gelegenen Hälften der Leibeshöhle (Gölom). i Diese Ergebnisse der Entwicklungsgeschichte schienen mir nun bestimmt dafür zu sprechen, dass die phylogenetische Entstehung der Echinodermen auf bilaterale Formen zurückgehe, bei welchen eine überwiegende Entwicklung der linken Seitenhälfte, unter theilweiser oder völliger Verkümmerung der rechten eingetreten sei. Denn dass die Gruppe von Bilaterien herstammt und dass dieser Ursprung sich im allgemeinen Bau der Larven noch jetzt kund giebt, scheint mir zweifellos; durchaus unwahrscheinlich dagegen die etwaige Vermu- thung einer nachträglichen Umgestaltung der Larven in solchen allge- meinsten morphologischen Eigenthümlichkeiten. Auf Grund dieser Erwägungen machte ich schon 1884 einen Ver- such, die Grundzüge des Echinodermenbaues unter der Voraussetzung eines linksseitig überwiegenden Wachsthums von einer hypotheti- schen bilateralen Urform abzuleiten. Da mich dieser Versuch aber nicht genügend befriedigte, wurde er nicht veröffentlicht. In der Folge verlor ich das Problem nicht aus dem Auge und gelangte daher auch in so fern etwas weiter, als sowohl die Erwägung, dass die fest- sitzenden Crinoidaen und die ebenfalls meist befestigten fossilen Cystoi- deen den Urformen zweifellos am nächsten gestanden haben müssen, wie die weitere Überlegung, dass der Strahlenbau der Echinodermen eine frühere Befestigung bei seiner Hervorbildung überhaupt wahrscheinlich mache, zum Schlusse führten, dass die Ausgangsformen festsitzende 133 0. Bütschli, gewesen sein müssten. Diese Wahrscheinlichkeit unterstützte dann ihrerseits die Vermuthung über die einseitige Entwicklung der linken Körperhälfte bei den Urformen, denn sie ließ einen Grund erkennen, welcher das sonst schwer verständliche einseitige Wachsthum bedinst haben konnte. Wenn sich die bilateralen Ausgangsformen der Echino- dermen mit der rechten Seite festgeheftet hatten, so wurde die An- nahme eines vorwiegend linksseitigen Auswachsens, unter Rückbildung der rechten Seite, verständlich und nicht unwahrscheinlich. Zu diesen Vermuthungen war ich im Winter 1887/88 gelangt. 1889 sprach Senon in so fern einen ähnlichen Gedanken aus, als er gleichfalls vermuthete, dass die Umbildung der bilateralen zu der radi- ären Symmetrie vermittels eines festsitzenden Stadiums geschehen sei, und dass auf Grund der Entwicklungsgeschichte wahrscheinlich eine Festheftung mit der rechten Seite stattgefunden habe. Schon 1888 hatte Semon die Festheftung betont, jedoch die Dorsalseite der bilateralen Urform als diejenige angesehen, mit welcher die Befestigung geschehen sei. Wenn ich im Vorstehenden betonte, dass ich schon 1887/88 zu einer ähnlichen Vermuthung gelangte, wie sie Semon 1889 aussprach, . so beabsichtige ich damit keineswegs Prioritätsansprüche zu erheben, vielmehr wollte ich nur darlegen, dass ich ganz unabhängig zu der gleichen Vorstellung gelangte, dass diesem Gedankengang also wohl eine gewisse Berechtigung zukommen dürfte. Da Semon keinen Ver- such machte, die ausgesprochene Vermuthung über den möglichen Entwicklungsgang der Echinodermen etwas eingehender auf ihre Durchführbarkeit zu erproben, so schien es mir nicht ohne Bedeutung, dies meinerseits zu unternehmen. Nach mannigfachen Anläufen gab schließlich die vorliegende Festnummer unserer Zeitschrift für wiss. Zoologie hierzu den Anstoß. Es handelt sich in nachfolgender Untersuchung also darum, zu er- wägen, ob unter der Voraussetzung gewisser Wachsthumsvorgänge ein mit der rechten Seite sich festheftendes Bilateralthier von dem Bau, wie wir ihn entwicklungsgeschichtlich etwa für die hypothetische Urform der Echinodermen annehmen dürfen, in ein strahliges Wesen mit den Grundzügen der Eehinodermenorganisation übergeführt wer- den könne. Wenn ich nun auch glaube, dass dieses Problem auf Grund des in den folgenden Zeilen und den beigegebenen Abbildungen Dar- gelegten wohl als möglich und lösbar erscheinen dürfte, so bin ich doch weit entfernt, anzunehmen, dass der Entwicklungsgang der Echinodermen thatsächlich in allen Punkten diesen Verlauf genommen habe. Zwar scheint mir die Annahme der rechtsseitigen Festheftung Versuch der Ableitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. 139 und der theilweisen Verkümmerung der rechten Seite dadurch sehr wesentlich unterstützt zu werden; andererseits muss ich jedoch auch anerkennen, dass eine erfolgreiche Lösung des Problems augenblick- lich noch auf gewisse unüberwindbare Schwierigkeiten stoßen dürfte, welche wesentlich daher rühren, dass die ontogenetischen Forschungen noch zahlreiche Widersprüche und Unklarheiten darbieten, vor deren Beseitigung schwerlich eine ganz befriedigende Klärung der Phylogenie zu erwarten sein wird. Daher werde ich auch bei der Erläuterung des nachstehend beschriebenen Versuchs nicht auf entwicklungsge- schichtliche Einzelheiten eingehen. Dagegen bin ich der Ansicht, dass künftige Untersuchungen über die Embryologie der Echinodermen aus diesen Betrachtungen vielleicht einigen Nutzen ziehen könnten; wie sich denn der zu Grunde liegende Gedankengang auf diesem, wie möglicherweise auch auf anderen Gebieten nutzbringend zu erweisen vermag. Schon am Ausgangspunkt unserer Betrachtungen erhebt sich in so fern eine Schwierigkeit, als es nicht ganz klar ist, wie wir uns die hypothetische bilaterale Urform der Echinodermen vorzustellen haben. In möglichstem Anschluss an die Ergebnisse der Ontogenie wollen wir von einer etwa ellipsoidischen Form mit etwas abgeplatteter Bauch- fläche ausgehen, wie sie Fig. 1 a—b, Taf. IX in Bauch- und Seiten- ansicht darstellt. Die Darmverhältnisse (roth) ergeben sich aus der Abbildung ohne Weiteres. Rechts und links von dem im Mittelpunkt gelegenen Mund (M) wird ein schlauchförmiges, etwas gekrümmtes Hydrocoel (blau) vorausgesetzt, das gegen den Rand des Körpers fünf Fortsätze entsendet, welche hier in die fünf ursprünglichen Ambu- lacralfüßchen oder -Tentakel übergehen (/—V). Gegen diese Anord- nung des ursprünglichen Ambulacralsystems lassen sich wohl einige berechtigte Zweifel erheben, insbesondere gegen seine symmetrische Ausdehnung in die Vorder- und Hinterhälfte des Thieres und die da- mit erzielte gleichmäßige Vertheilung der ursprünglichen zehn Tentakel auf dem ganzen Umkreis. Vielleicht dürfte es wahrscheinlicher sein, dass das System jeder Seite sich vorzugsweise in der präoralen vorderen Körperhälfte lagerte und nur wenig über den Mund nach hinten erstreckte. Ich glaube je- doch am Schlusse dieser Notiz wahrscheinlich machen zu können, dass auch auf Grund einer solchen Voraussetzung ähnliche Ergebnisse re- sultiren, wesshalb es wohl erlaubt scheint, die erstgemachte An- nahme einstweilen bestehen zu lassen. Wie Fig. 1 a—b zeigt, habe ich die Verbindung des linken Hydrocoels mit der Außenwelt durch einen Steinkanal zwischen den Ursprüngen der Füßchen II und III 140 0. Bütsehli, angenommen; doch soll später genauer erörtert werden, ob diese Vor- aussetzung ganz richtig ist und wesshalb sie so gewählt wurde. Die äußere Mündung des Steinkanals liege nahezu gegenüber der inneren in der dorsalen Mittellinie. Richtiger wäre es jedenfalls gewesen, die äußere Mündung dieses Kanals etwas links von der Dorsallinie, in der linken Körperhälfte anzunehmen. Da jedoch die folgenden Aus- einandersetzungen ergeben werden, dass das Resultat dadurch nicht störend beeinflusst wird, wiewohl sich bei linksseitiger Lage der Mündung die definitiven Verhältnisse eher noch etwas günstiger ge- stalten, so kommt dieser Punkt nicht wesentlich in Betracht. Auf die Berücksichtigung der neuerdings durch Lupwie’s und Burys Unter- suchungen bekannt gewordene Thatsache, dass die Ausmündung des Steinkanals ursprünglich durch die linke Coelomhöhle, resp. durch eine sog. linke vordere Körperhöhle (Bury) geschieht, von der auch das ganze Hydrocoel abstammt, glaubte ich verzichten zu dürfen, da das Resultat unserer Betrachtungen dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt werden kann. Stellen wir uns nun vor, dass sich eine Urforeli von obiger Be- schaffenheit mit der rechten Seite festgeheftet habe, indem zunächst die Tentakel dieser Seite zur Fixirung dienten und das Thier schließ- lich unter Rückbildung dieser Tentakel sowie des rechten Hydrocoels, das sie versorgte, der Unterlage aufgewachsen sei. Die angenommene Stellung der Tentakel an den Rand de Kör- pers wird es dann bewirken, dass die Festheftung mit etwas gegen die Unterlage geneigter Bauchfläche geschieht, wie es auf den beiden Pro- jektionen Fig 2a und 5b dargestellt ist. Fig. 2a ist die Projektion auf die Querschnittsebene des festgehefteten Thieres, Fig. 2b hingegen die Projektion auf eine zu der Unterlage und dieser Querschnittsebene senkrechten Ebene. Unter Voraussetzung einer solchen Festheftung wird es nicht unplausibel erscheinen, dass beim weiteren Wachsthum einer derartig befestigten Form vorwiegend die freie linke Seite be-, vorzugt wurde, um so mehr, als die Tentakel der rechten Seite, wie wir annehmen, beim Aufwachsen eingingen. Wir wollen nun bezüglich des Auswachsens der linken Seite zunächst die Annahme zu Grunde legen, dass der gesammte Theil der rechten Seitenhälfte, welcher unter der Horizontalebene cx& (Fig. 2a), &'c«’ (Fig. 2b) liegt, keinerlei Wachs- thum besitzt, abgesehen davon, dass er sich zur besseren Festheftung auf der Grundfläche allmählich so ausbreitet, dass er nun die Umrisse erhält, welche auf den Fig. 2«—b durch die punktirten Linien xy und x'y' angedeutet sind. Dieser Theil der rechten Seitenhälfte besäße also keinerlei Höhenwachsthum, sondern bildete sich zu einer Art Versuch der Ableitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. 141 Stiel um. Derjenige Theil des Thierkörpers hingegen, welcher über der Horizontalebene cx, x’cx’ liegt, soll sehr energisch wachsen, so dass er sich zu einem etwa linsenförmigen Körper entwickle, dessen Umrisse auf den Projektionen 2« und 2b durch die Linien ca’ x und a’a'x' angegeben sind. Der Punkt c ist der linksseitige Mittelpunkt des Mundumfanges. — Es wird sich nun darum handeln, zu untersuchen, wie sich bei einem derartigen Auswachsen der angegebenen Körper- partie die Stellung der Tentakel etc. und die Beschaffenheit der inne- ren Organe verändern, welchen Einfluss daher der gesammte Vorgang auf die angenommene Organisation besitzt. Natürlich können wir zu einem Schluss über diese Veränderungen nur gelangen, wenn hinsichtlich der Art des Wachsthums gewisse Vor- aussetzungen gemacht werden. Wie die Betrachtung der Projektion 25 ergiebt, geschieht die Vergrößerung des Theiles x’ax’ zu der Form aa’ allseitig symmetrisch zu dem Punkt c; wir nehmen bezüglich dieses Wachsthums an, dass in allen Kurven zwischen c und « (Fig. 2a), in welchen durch die Linie ca (Fig. 2 a) gelegte Ebenen die Oberfläche schneiden, das Wachsthum ein gleichmäßiges sei, so dass die Punkte einer solchen Kurve nach der Vergrößerung dieselben relativen Ent- fernungen von einander haben. Dieselbe Annahme gelte auch für das Wachsthum der Kurve x’ax’ zu der Kurve x’a’x’. — Unter diesen Voraussetzungen gelangen wir zunächst zur Bestimmung des neuen Ortes des Tentakels 1/I, indem wir das Verhältnis seiner Lage auf der Kurve cax (Fig. 2a) zu der Gesammtlänge dieser Kurve feststellen und darauf seinen Ort auf der Kurve ca’& unter Voraussetzung, dass dies Verhältnis dasselbe geblieben sei, ermitteln; er befindet sich dem entsprechend nun in Z]J'. Auf demselben Wege ergiebt sich, dass der Punkt a nach a’ und m nach m’ verlagert wird. Die Kurve mM, d.h. die Kurve, in welcher die Medianebene die Oberfläche der Urform schneidet, wird demnach jetzt den Verlauf m’rM nehmen. Auf dieser Kurve muss die äußere Mündung des Steinkanals (SK) liegen, deren genauere Bestimmung sich gleich ergeben wird.— Um die neue Lage der Tentakel / und // festzustellen, denken wir uns durch ihre Ursprungs- stellen auf dem Körper und die Linie cx Ebenen gelegt, welche die Oberfläche des Körpers in den Kurven c/1x und c1I2x schneiden wer- den. Diese beiden Kurven schneiden die Kurve «’ax’ (25) in den Punk- ten 4 und 2. — x’ax’ ist die Kurve, in welcher die durch y’a und xx’ (2a) gelegte Vertikalebene die Oberfläche der Ausgangsform schneidet. Gemäß unserer Voraussetzung wird diese Kurve aa’ nach dem Auswachsen übergegangen sein in die Kurve xa’x’ auf der Projektion Fig. 2a; auf Fig, 2b wurde sie nicht eingezeichnet, da sie 142 0, Bütschli, nahezu mit der Projektion der äußeren Umrisslinie «’bx’ zusammen- fällt. Wenn wir nun unter der obigen Voraussetzung gleichmäßigen Auswachsens die neue Lage der Punkte 1 und 2 auf der Kurve z’«’x’, resp. auf x’ob feststellen, so ergiebt sich deren Lage in 4’ und 2/1. Daher werden die Kurven cIx und c2& nach dem Auswachsen in die Kurven cl’x und c2’x übergegangen sein. Die Lage der Füß- chen / und /J auf diesen Kurven lässt sich nun wiederum unter der Voraussetzung gleichmäßigen Auswachsens der betreffenden Kurven in der Weise feststellen, wie es für Tentakel /II auf der Kurve ca’x geschah, wobei wir dann als neue Orte der Füßchen II’ und III’ fin- den. In derselben Weise wie die Lageveränderung dieser Füßchen ermittelt wurde, lässt sich ferner die äußere Mündung des Stein- kanals genauer feststellen, wobei sich ergiebt, dass dieselbe nach SK’ gelangt. Es fragt sich nun, wie das linke Hydrocoel bei diesem Wachsthums- process verändert wird. Wenn wir, wie nicht unwahrscheinlich, die Annahme machen, dass das Wachsthum dieses Organs der darüberlie- genden Körperwand genau folgt, so werden wir seine Umrisse nach dem Auswachsen mit Hilfe derselben Methode ermitteln können, welche uns soeben bei der Feststellung der Verschiebung der Füßchen diente. Da die beiden Endpunkte des Hydrocoels senkrecht unter der Linie &’cx’ liegen, auf welcher das Wachsthum — Null ist, so behalten sie ihre ursprüngliche Lage bei, während sich das übrige Hydrocoel durch Auswachsen so verändert, dass es, wie Projektion 2b zeigt, eine etwa halbkreisförmige Gestalt annimmt. Auf die Einzelheiten der Fest- stellung seiner neuen Gestalt will ich hier nicht specieller eingehen; wie gesagt, geschah sie nach der schon aus einander gesetzten Methode und mit möglichster Genauigkeit. Das Auswachsen des Darmes dürfen wir zweifellos als unabhängig von den Wachsthumsverhältnissen der Körperwand betrachten. Der Darm wird sich jedenfalls beträchtlich verlängern; da ihm nun zu ! Es handelt sich hier wie bei den späteren Untersuchungen um die Messun- gen von Kurven, die auf gekrümmten Ebenen verlaufen. Da sich diese Verhältnisse durch Zeichnung oder Berechnung schwierig ermitteln lassen, jedoch ihre an- nähernd richtige Feststellung für das En@resultat unerlässlich scheint, so habe ich mir in der Weise geholfen, dass ich von jedem der drei Stadien 4, 2 und 3 in den auf.den Projektionen verzeichneten Dimensionen Modelle anfertigte. Hierauf wur- den die Kurven auf der Oberfläche dieser Modelle eingetragen und ihre Länge mit schmalen Papierstreifen ausgemessen, respective die gesuchten Punkte in derselben Weise auf den Kurven abgemessen. Auf diesem Wege gelingt es jedenfalls die Maßverhältnisse mit einer für unsere Zwecke ausreichenden Genauigkeit zu er- mitteln, N be ” Be Versuch der Ableitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. 143 seiner Entfaltung nur in der sich vergrößernden linken Körperhälfte Raum bleibt, so wird er in diese aufsteigen, etwa so, wie es auf den beiden Projektionen 2a und 25 dargestellt ist. Mund (M) und After (A) verändern ihren Ort nicht, da sie ja in der nicht auswachsenden Region des Körpers liegen'. Auf die geschilderte Weise sahen wir demnach eine Thierform entstehen, wie sie die Projektionen 2a und 2b wiedergeben. Eine solche Form musste den Antrieb zu weiterer Umgestaltung von vorn herein in sich tragen, denn die Lage ihres Mundes machte die Ernäh- rung ohne Zweifel sehr schwierig. Eine Aufrichtung mit gleichzeitiger Verlagerung des Mundes auf die Oberseite scheint daher in dem natür- lichen Entwicklungsgang eines so organisirten festsitzenden Thieres geradezu als Bedingung weiterer Existenz. Wenn nun, wie es nach dem Bemerkten erklärlich scheint, bei dem weiteren Auswachsen der Form 2 eine solche Verlagerung des Mundes an den oberen Pol eintrat, so erforderte dies natürlich wiederum gewisse eigenthümliche Wachs- thumsbedingungen, welche wir jetzt ein wenig näher untersuchen wollen. — Nehmen wir an, dass sich der linsenförmige Körper der Form 2 nach einer gewissen Periode des Weiterwachsens zu dem ku- geligen einer Form 3 entwickelt habe, wie sie auf Fig. 3a in seitlicher, auf Fig. 36 in vorderer und Fig. 3c in horizontaler Projektion darge- stellt ist, und setzen wir auch für diesen Wachsthumsprocess wieder eine gleichmäßige Vergrößerung in den eigentlichen Wachsthumsrich- tungen voraus. Wenn nun der Mund der Form 2 an den oberen Pol der Form 3 verlagert werden soll, so erfordert dies, dass das Wachs- thum der Kurve Mua’m’x von Form 2% sehr gering oder überhaupt gleich Null sei, wogegen in der Linie My, welche der ursprünglich rechten Seite der Urform angehört, ein so erhebliches Wachsthum statt- findet, dass sie sich zur Kurve „M der Form 3 ausdehnt. Wir sehen also, dass die ursprünglich rechte, jetzt unter dem Mund gelegene Bauchfläche der Form 2 ein relativ beträchtliches Wachsthum zeigen muss, damit der Mund in der angegebenen Weise verschoben wird. Hinsichtlich der genaueren Begrenzung dieses stark wachsenden Theils, welcher die Mundverlagerung bedingt, machen wir folgende Annahme. Dieser Theil werde nach oben begrenzt durch die Kurver Mr, welche, wie wir früher sahen, der ursprünglichen Mittellinie der Urform, die deren i Vielleicht wäre es jedoch richtiger gewesen, wenn ich dem Darm kein solch’ eigenes aufsteigendes Wachsthum zugeschrieben hätte. Lässt man dieses weg, So ist das Endresultat wesentlich dasselbe ; der Darm verliefe dann auf der Projektion 2a entsprechend der Kurve Mrm’, während seine Projektion in Fig. 25 nicht wesentlich verändert würde. 144 Hla 0. Bütschli, rechte und linke Hälfte scheidet, entspricht, so dass also nur die ur- sprünglich rechte Bauchseite an dem stärkeren Auswachsen betheiligt ist. Nach unten können wir uns diese Wachsthumszone durch die Kurve ryr begrenzt denken (s. 2b). Wenn nun diese ungefähr dreieckige Zone in die Höhe auswächst, so muss die Höhenzunahme von der Linie My, wo sie am stärksten ist (da hier die Zone ryrMr am höchsten ist) bis gegen r, wo es = Null wird, succesive abnehmen. Es lässt sich natürlich auch statt der angegebenen unteren Grenze der wachsenden Region ryrMr einfach die Annahme substituiren, dass das Auswachsen parallel der Linie My, jederseits von dieser bis zu den beiden Punkten r succesive bis zu Null abnehme. Wir machen nun ferner der Ein- fachheit wegen die weitere Annahme, dass die gesammte hintere Hälfte der Form 2, also die auf Projektion 24 von dem Umriss y'robm’xy um- schriebene Partie, überhaupt keinerlei Wachsthum parallel ihrer Mittel- linie bm’acy besitze; dann wird der obere Pol b der Form 2 nach b’ auf den Projektionen 3 verschoben, o nach 0’, wogegen die Punkte r nur sehr wenig verlagert werden; da nämlich ihr Abstand von x’ gleich groß bleibt, so erfahren sie nur durch die veränderte Krümmung der Oberfläche eine kleine Verschiebung nach r'. Die Punkte r erscheinen daher gewissermaßen wie fixe Punkte, um welche die Verlagerung der übrigen Theile der Oberfläche vor sich geht. — Schwieriger zu er- mitteln ist das Verhalten der vorderen Hälfte der Form 2% (MborM Fig. 2a) bei dem Auswachsen. Unter der oben gemachten Voraus- setzung über das Wachsthum der dreieckigen Region ryM muss diese sich bei Form 3 zu dem sphärischen Dreieck r’yMc ausdehnen !, woraus sich weiterhin ergiebt, dass die von dem Umriss rMbor um- schriebene Oberflächenpartie der vorderen Hälfte der Form 2 ein ziem- lich starkes Wachsthum erfahren muss, um in den durch ihre Vergröße- rung entstehenden Oberflächentheil der Form 3, nämlich in r’Mö’or' überzugehen. Nun setzten wir voraus, dass die Kurve Mb (Fig. 2) über- haupt nicht wächst, also M’b’ in Fig. 3 dieselbe Größe beibehält. Dann ergiebt sich ohne Weiteres der neue Ort des Füßchens III’, der ja auf dieser Kurve liegt bei III Fig. 3. Um nun auch zu einer annähernden Bestimmung der Verlagerung der Füßchen II’ und I’ zu gelangen, bedarf es einiger Hilfsmittel. Wenn wir die Vertikalachse der Form 2 in vier Theile theilen und 1 Natürlich genügt es, das Auswachsen der einen Hälfte der Form 2 zu unter- suchen, also auch nur die eine Hälfte ryM der Wachsthumszone ryrMr, daja die beiden Hälften der Form 2 symmetrisch sind und ihre Symmetrie bei dem Über- gang in Form 3 nicht gestört wird. Was für die eine Hälfte festgestellt wurde, gilt daher eben so für die andere. Versuch der Ableitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. 145 durch die Mitte o sowie durch die Punkte !/, und 3/, Horizontalebenen legen, so schneiden diese die Oberfläche in elliptischen Kurven, welche durch die punktirten Linien !/,ß, oy und /, d auf den Projektionen 2a und 25 angegeben sind. Die Punkte f, y und 0 lassen sich nun unter den früher gemachten Voraussetzungen auf der Strecke Mb’ der Form 3 einfach durch Abmessen bestimmen; eben so lassen sich die Punkte !/,, o und ®/, auf der Kurve b’r (Fig. 3) unter der Voraussetzung ermitteln, dass das Wachsthum in dieser Kurve gleichmäßig vor sich gehe. Nach Feststellung der erwähnten Punkte wird sich dann leicht ergeben, dass die Kurven !/, £, 0y, und ?/, d der Form 2 nach dem Auswachsen zur Form 3 sehr annähernd den Verlauf haben müssen, welcher auf den Fig. 3a—c projektivisch eingezeichnet ist. Da nun der Tentakel I’ auf der Kurve 3), ö liegt, so lässt sich sein genauerer Ort auf derselben wiederum unter Annahme des gleich- mäßigen Wachsthums innerhalb der Kurve bestimmen; das Gleiche lässt sich auch für den Tentakel // ausführen; auch kann man die Kurve, welche die Mittelpunkte der Kurven !/, ß, 0y und 3/, d ver- bindet, zu Hilfe nehmen, welche nahezu durch den Ort dieses Ten- takels geht (siehe Fig. 3a—c). Auf diesem Wege, dem erhebliche Bedenken nicht entgegenstehen dürften, lässt sich demnach die neue Lage der Tentakel annähernd be- stimmen, wie es auf den Projektionen 3 a—c geschehen ist. Um die Veränderung der Beschaffenheit des Hydrocoels fest- zustellen, gehen wir von derselben Annahme aus, die wir hinsichtlich seines gleichmäßigen Auswachsens mit der darüber liegenden Körper- wand schon früher machten. Unter diesen Bedingungen ergiebt sich die Lage seines mittleren Theiles leicht durch einfache Abmessung von M aus; eben so fällt auch die Bestimmung seiner beiden Endpunkte nicht schwer, da dieselben unter einem Punkt der Kurve rM liegen, der sich bei Form 3 unter der Voraussetzung gleichmäßigen Wachs- thums leicht feststellen lässt. — Ermittelt man schließlich die unge- fähre Lage des Ursprungspunktes des Füßchenkanals I] aus dem Hydro- coel, so lässt sich auf Grund dieser Daten der Verlauf des Hydrocoels in Form 3 erkennen. Wenn ich auch einige Bedenken hege, ob der auf den Figuren 3 a—c eingezeichnete Verlauf dieses Organs völlig korrekt ist, d. h., ob es nicht ein wenig zu stark ausgebaucht erscheint, so bin ich doch überzeugt, dass der mögliche Fehler relativ geringfügig ist, um so mehr, als er für die weitere Betrachtung nicht wesentlich ins Gewicht fallen kann. Die Lageverschiebung der Mündung des Steinkanals ergiebt sich aus dem früher über die Verlagerung der hinteren Hälfte der Form 2 - Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LIII. Bd. Suppl, 40 146 | 0. Bütschli, Bemerkten ohne Weiteres und damit auch der Verlauf des Kanals selbst, auf den ich jedoch später zurückkommen werde. Für den Darm handelt es sich wesentlich um die Ermitceikail der Lageverschiebung der Afteröffnung A, wofür das Auswachsen des Drei- ecks rMy maßgebend ist. Der After fällt bei Form 2 in die mit der Kurve My parallele Kurve ef; da nun das Auswachsen des Dreieckes rMy parallel der Kurve My erfolgt, so haben wir den neuen Ort des Afters in der Verlängerung der Projektion der Kurve ef zu suchen. Unter der Voraussetzung, dass das Wachsthum in dieser Kurve gleich- mäßig erfolgt, wird sich dann der neue Ort des Afters bei Form 3 etwa bei A ergeben. — Die Lageverschiebung des Mundes wurde schon früher erörtert; nur wäre noch zu betonen, dass Mund- und After- öffnung, da sie jetzt zum Theil in die stark wachsende Zone rMy fallen, eine beträchtliche Vergrößerung erfahren werden, wenn auch die Form des Mundes, wie sie auf Fig. 3c angegeben ist, nicht ganz richtig sein dürfte. Der Verlauf des übrigen Darmapparates ergiebt sich ziemlich von selbst, ein entsprechendes, selbständiges Weiterwachsthum des- selben vorausgesetzt. Überschauen wir jetzt die Thierform, welche auf Grund der beiden hypothetischen Wachsthumsprocesse aus der ursprünglichen bilateralen Urform entstanden ist, so ergiebt sich, dass sie in den wesentlichen Punkten die Grundzüge des strahligen Echinodermenbaues zeigt. Wir finden den Mund am vorderen Pol, gegenüber einem befestigten ab- oralen Ende. Um den Mund gruppiren sich in ziemlich regelmäßigen Abständen, annähernd strahlig, fünf Tentakel oder Füßchen, zu welchen von einem den Mund nahezu kreisförmig umziehenden Hydrocoel Ra- diärkanäle treten. — Von einer solchen Ausbildungsstufe bis zu dem ringförmig geschlossenen Hydrocoel oder Ambulacralring und der Annahme der regulären Strahlenform sind nur noch wenige Schritte, welche kaum einer Erläuterung durch Abbildungen bedürfen. Dass die Anordnung der Füßchen sich durch verhältnismäßig geringe Wachs- thumsverschiebungen allmählich zur reinen Strahlenform ausgleichen wird, ist eine Annahme, welche, wenn erst eine festgeheftete Gestalt wie die Form 3 zu Stande kam, eine fast selbstverständliche Forderung bildet; sehen wir doch in der Entwicklung der Cölenteraten, speciell bei, den Auiheunen. Derartiges auch geschehen. | Der ringförmige Abschluss des Hydrocoels ist ebenfalls teicht be- greiflich, wenn wir die Annahme machen, dass diejenige Partie der rechten Bauchfläche der Urform, welche As der dreieckige Zwickel: r'Mr’ vom Stiel bis zum Mund reicht, in der Folge nicht weiter wächst und ihr oraler Theil schließlich bis etwa zum After völlig verkümmert. Versuch der Ableitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. 147 Dann werden die beiden Enden des Hydrocoels direkt auf einander stoßen und ähnlich wie es ja auch die ihnen verwandten Leibes- höhlenräume häufig thun, sich mittels Durchbruch in einander öffnen, womit das ringförmig geschlossene Hydrocoel vollendet wäre. Wenn dieser Zustand erreicht ist, würde sich ergeben, dass die orale Hälfte des Echinoderms thatsächlich nur von der linken Hälfte der Urform gebildet wird, die aborale dagegen von der rechten. Der After fällt natürlich in den Interradius zwischen den Füßchen / und Y und der Darm beschreibt von der Oralseite betrachtet eine Windung, ent- sprechend dem Verlauf des Uhrzeigers, wie sie bekanntlich fast sämmt- liche Echinodermenformen mehr oder weniger vollkommen zeigen. Mit einigen Worten wäre noch zu erörtern, wie sich die Leibes- höhlen und die Mesenterien auf Grund der vorausgesetzten Wachs- thumsbedingungen gestalten werden. Nehmen wir an, dass bei der Urform zwei Cölomsäcke vorhanden waren, welche ein medianes Mesenterium bildeten, so wird sich dieses längs der Kurve mM an der äußeren Körperwand festheften (s. Fig. 2a). Diese Mittellinie mM wird bei Form 2 in die Linie m’rM übergeführt, welche also jetzt die äußere Insertion der Scheidewand zwischen beiden Cölomsäcken angiebt, während dieselbe sich nach innen längs der Mittellinie des Darmrohres befestigt. Untersuchen wir nun die äußere Befestigung des Mesenteriums auf dem Stadium 3, so ergiebt sich leicht, dass sie auf der Hinterseite längs der Linie r'mr’ geschehen muss, sich dagegen auf der Vorderseite von r’ in dem Interradius /—V bis zu dem Mund erstreckt und von dem Punkt r’ der linken Seite in dem gleichen Interradius bis zum After (A). Da wir nun annehmen dürfen, dass auf diesem Stadium die Cölomblasen auch auf der ursprünglichen Ventralseite des Darmes, zwischen Mund und After zur Bildung eines ursprünglich ventralen Mesenteriums zusammenstoßen, so wird sich die Befestigungslinie des Mesenteriums auch zwischen Mund und After in dem Interradius /—V fortsetzen. Auf den Fig. 3 a—c sind die Cölomblasen, und dem entsprechend die durch ihr Zusammenstoßen gebildeten Mesenterien, so gezeichnet, dass sie nicht ganz bis zum Mund reichen, sondern in einiger Entfernung von demselben am Schlund endigen. Aus dem Ver- lauf der äußeren Anheftungslinie des Mesenteriums an der Körperwand (die mit ——--—- - bezeichnet ist) und seiner inneren und äußeren An- heftungslinie am Darm ergiebt sich weiterhin leicht die Gestalt und Ausdehnung der beiden Cölomblasen. Ohne davon eine eingehende Schilderung zu entwerfen, indem sich mit Hilfe der Figuren leicht ein Überblick der Gestalt beider Blasen gewinnen lässt, will ich nur her- vorheben, dass die ursprünglich linke Cölomblase fast die gesammte 40* 148 0. Bütschli, orale Hälfte ausfüllt und auch noch ziemlich tief gegen den befestigten Pol hinabsteigt; die rechte Cölomblase steigt, wie gesagt, nur in dem Interradius /—V zwickelartig bis gegen den Mund empor. Wenn, wie wir angenommen haben, der Zwickel r’Mr’, welcher sich von der rechten Bauchfläche der Urform gegen den Mund erhebt später wenigstens in seiner oralen Hälfte ganz verkümmert, so wird vermuthlich auch der darunter liegende Theil der rechten Cölomblase eingehen und auf diese Weise ein einfaches Mesenterium entstehen, welches sich zwischen Mund und After ausspannt, das jedoch der Ableitung nach vierblättrig sein müsste!. Wie wir fanden, hat die rechte Cölomblase, welche die Stielregion einnimmt und sich auch der Ableitung gemäß in den Stiel selbst er- streckt, einen relativ geringen Umfang; das Mesenterium, welches von dem äußeren Darmumfang zu der Körperwand zieht (Fig. 3a und 35 ++), steigt daher stark abwärts gegen den Stiel zu. Es ist jedoch leicht ersichtlich, dass dieses Verhalten des Mesen- teriums eigentlich etwas willkürlich von uns konstruirt wurde, indem wir den Darm einen Verlauf nehmen ließen, der wohl nicht ganz gerechtfertigt ist. Lässt man den Darm, wie es eigentlich wahrschein- licher sein dürfte, dem Verlauf des äußeren Mesenteriums strenger folgen, so tritt letzteres, so weit die Schlinge des Darmes horizontal zieht, in annähernd horizontaler Richtung zum Darm. Weiterhin trägt jedoch zu dem Aufsteigen des Mesenteriums gegen den Darm, wie es auf den Fig. 3a—c erscheint, noch bei, dass sich auf Grund unserer Annahmen über das Wachsthum ein bedeutendes Missverhältnis in der Ausdehnung der jetzt oralen linken und der aboralen rechten Cölom- blase ergeben hat. Da ein derartiges Missverhältnis bei der Entwick- lung der Echinodermen, insbesondere z. B. bei Antedon, sich nicht ein- stellt, so hätten wir auf dessen Ausgleichung Bedacht zu nehmen, welche sich natürlich leicht dadurch erzielen lässt, dass bei dem weite- ren Auswachsen der Form 3 die aborale Region mit der rechten Cölom- blase stärker wächst wie die linke jetzt orale Region, wodurch auch der Darm etwa den Verlauf erhielte, wie ihn unsere Fig. 3 a—-c zeigen, unter gleichzeitiger Horizontalstellung des Septums. Es scheint nun keineswegs nöthig, dass dieses Auswachsen der rechten aboralen Region erst nachträglich stattfinde, vielmehr kann sich dasselbe sehr wohl mit dem Wachsthum, welches die Umformung des Stadiums 2 zum Sta- dium 3 bewirkte, direkt kombiniren, so dass das Endresultat sofort eine der Antedonlarve ähnlichere Gestalt wäre. Das Gleiche gilt jedoch, ! Vergleiche jedoch die weiter unten p. 157 Anm. folgenden Erörterungen, wodurch diese Angaben wahrscheinlich eine Modifikation erfahren. KEN. Versuch der Ableitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. 149 wie ich hier noch betonen möchte, für die sämmtlichen bei unserer Ableitung als successive angenommenen Wachsthumsvorgänge. Wenn wir sie bei unserer Betrachtung in einzelne Schnitte zerlegten, so geschah dies nur desshalb, weil sich auf solche Weise der Einfluss der Einzelvorgänge leichter feststellen ließ, als wenn wir einen kom- plieirteren, jedoch direkter zum Ziele führenden Wachsthumsmodus vorausgesetzt hätten. — Gleichzeitig dürfte jedoch auch die folgende Bemerkung zu beachten sein. Man könnte einwenden, dass zwar durch Wachsthumsprocesse, wie sie hier angenommen wurden, wohl eine echinodermenähnliche Thierform entstehen könne, dass jedoch bei der Ontogenese der Echinodermen, wo ja die Umbildung der bilateralen Larve in die strahlige Form sich thatsächlich vollzieht, von solch’ be- deutenden Auswachsungsvorgängen, wie sie unsere Hypothese voraus- setzt, nichts zu beobachten sei. Dem lässt sich nun entgegnen, dass bei der Larvenentwicklung die Verschiebungen, welche wir in der obigen Erörterung nur auf Verschiedenheiten des Wachsthums zurück- zuführen suchten, recht wohl auch durch direkte Verküimmerungen gewisser Regionen unterstützt werden können, wobei der Enderfolg natürlich der gleiche bleiben muss. Wir dürfen diese Ansicht um so mehr für wahrscheinlich halten, als wir ja wissen, dass bei der Um- wandlung der Echinodermenlarven in der That umfangreiche Verküm- merungen beobachtet werden. Es scheint mir schließlich an dieser Stelle nicht unwichtig, noch einen weiteren etwaigen Einwand gleich selbst zu erheben und zu er- ledigen. Es könnte Jemand sagen, er wolle zwar recht gern zugeben, dass sich die Entstehung einer echinodermenartigen Thierform auf diesem Wege denken lasse, jedoch sei es unwahrscheinlich oder doch unerweisbar, dass solch’ seltsame Wachsthumsvorgänge und damit verbundene Verlagerungen der Organe in der Thierwelt und speciell bei den Echinodermen vorkämen. Dass nun ein solcher Einwand nicht stichhaltig ist, ja dass gerade bei den Stachelhäutern sehr seltsame, auf ähnlichen hochgradigen Wachsthumsdifferenzen beruhende Ver- lagerungen auftreten, lässt sich leicht zeigen. Man braucht nämlich nur auf die interessante Holothurienform Rhopalodina hinzuweisen, deren Morphologie Lunwig sehr schön und, wie ich überzeugt bin, durchaus richtig aufklärte. Sehen wir doch, wie bei dieser Form durch eine Wachsthumshemmung des dorsalen Interradius, verbunden mit gleich- zeitigem, beiderseits gegen den gegenüberstehenden Radius successive zunehmendem Längenwachsthum, eine dichte Zusammenrückung von Mund und After entsteht, unter fast völliger Reduktion der dorsalen Mittellinie. 150 0. Bütschli, Übrigens lehrt uns ja die Morphologie der Echinodermen ferner, dass differentes Wachsthum in der Ausbildung ihrer Grundgestalten eine hervorragende Rolle gespielt hat. Während wir auf der einen Seite bei den Crinoideen und Asteroideen eine nahezu gleiche Entfal- tung der ambulacralen und der antiambulacralen Fläche antreffen, ist die letztere bei den Echinoideen und Holothuroideen auf ein Minimum zusammengeschrumpft. Auch diese Erscheinung können wir leicht verstehen, wenn wir uns die beiden letzterwähnten Gruppen aus einer den ersteren in den Grundzügen ähnlichen Urform entstanden denken, unter frühzeitiger Sistirung des Wachsthums der Antiambulacralfläche und starkem Wachsthum der ambulacralen. | Nachdem ich in den vorstehenden Erörterungen gezeigt zu haben glaube, dass sich auf Grund der gemachten Voraussetzungen die Um- bildung einer bilateralen Urform zu der strahligen Gestalt des Echino- derms erklären lassen dürfte, möchte ich noch auf einen Punkt eingehen, der mich in den 70er Jahren zuerst zum Nachdenken über das Echino- dermenproblem veranlasst hat. Ich meine nämlich die eigen- thümlichen Symmetrieverhält- nisse, welche Lovin bei ge- nauem Studium des Skelettes der Seeigel entdeckt hat. Diese Verhältnisse sind meines Wissens seither nicht näher gewürdigt worden und, ohne wirkliches Verständnis, eine Art Curiosum geblieben. Lov£n hat bekanntlich nachgewiesen, dass sowohl die beiden Plattenreihen, welche jedes der fünf Ambulakren der Seeigel auf- bauen, wie auch die beiden, welche jedes der fünf Interambulakren zusammensetzen, nicht 'völlig gleich sind, sondern dass sich je fünf Plattenreihen der Ambulakren und je fünf der Interambulakren von den fünf anderen in ihrer Ausbildung unterscheiden. Ich will hier nicht näher darlegen, worin diese Verschiedenheiten der Plattenreihen der Radien und Interradien bestehen, da dies für die hier verfolgten Zwecke unnöthig ist. Wichtig erscheint für uns nur die Vertheilung dieser Reihen im Umkreis des Skelettes, welche ergiebt, dass bei Berücksichtigung dieser Verhältnisse von einem regulären Strahlenbau Versuch der Ableitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. 151 der Seeigel nicht die Rede sein kann. Im Holzschnitt Fig. I habe ich die Vertheilung der Plattenreihen in der Ansicht auf die Oralseite eines Seeigels nach Lovtv dargestellt. -V sind die fünf Ambulakren, deren verschiedenen Plattenreihen agr und akl durch besondere Schraffirung oder Punktirung kenntlich gemacht wurden. In gleicher Weise sind von den beiden Plattenreihen der Inter- ambulakren igr und :kl, die einen weiß gelassen, die anderen horizon- tal schraffirt. Lovfn hat nun schon dargelegt, dass man bei Berücksich- tigung der Anordnung der 5+5 Plattenreihen der Ambulakren eine Art Symmetrieebene des Seeigels feststellen kann; wenn man nämlich die Enden der homologen, benachbarten Plattenreihen durch Linien verbindet, so erhält man zwei symmetrische Fünfecke, welche sich so schneiden, dass man durch zwei ihrer Schnittpunkte eine Linie ziehen kann (SS’ IIJ), zu welcher die beiden Pentagone symmetrisch gelagert sind. Diese Lo- 'ven'sche Symme- trieebenederSee- igel geht durch den auf Fig. I mit SS’ bezeichneten Interradius und den gegenüber- liegenden Radius III. Es schien mir nun:gewisserma- ßen ein ‚Prüfstein für die Berechti- gung der oben vorgetragenen Hypothese über die Entstehung des strahligen Echinodermenbaues zu sein, wenn jene Hypothese gleichzeitig in der Lage wäre, über diese seltsamen Symmetrieverhältnisse der Seeigel gewisse Aufschlüsse zu gewähren. Dies scheint mir nun in der That so zu sein, wie im Nach- folgenden gezeigt werden soll. Um die Erörterung nicht zu lang aus- zuspinnen, will ich hier nicht auf die verschiedenen Erwägungen und Überlegungen eingehen, welche schließlich zu dem Ergebnis führten, das gleich mitgetheilt werden soll. Auf Holzschnitt II ist eine hypothetische Form schematisch darge- stellt, in welcher die in derselben Weise wie auf Fig. I bezeichneten Felder die gleiche Bedeutung haben sollen, wie auf der schematischen 152 N 0. Bütschli, Figur des Seeigels (Holzschnitt I). Von dem Punkt S bis zu S’ wird man diese Felder in der gleichen Reihenfolge angeordnet finden wie auf Fig.I von Sbis 8’. Die Zahlen /—V bezeichnen auch hier die Lage der Radien oder Ambulakren, welche durch den Verlauf der Ambulaeral- gefäße charakterisirt sind, welche hier wie auf Fig. I durch die dieken schwarzen Linien angedeutet sein sollen. Es ergiebt sich nun leicht, dass die Ambulakren 77 + III, sowie IV+ V darin eine Zusammenge- hörigkeit zeigen, dass sie in der Anordnung ihrer Plattenreihen überein- stimmen; die Plattenreihen von // und /V sind symmetrisch zu denen von III und V geordnet. Darin dürfte sich, wie gesagt, eine paarweise Zu- sammengehörigkeit dieser Radien aussprechen, welche sich, wie dies auf Fig. II angedeutet ist, dadurch erklären ließe, dass die Radien /7+ 171 und /V-+- V durch Gabelung je eines ursprünglichen Radius entstanden sind. Dass eine solche Annahme nicht ohne jegliche innere Berechti- gung erscheint, lässt sich daraus folgern, dass wirklich alte Gystoideen bekannt sind, w&lche dieses Verhalten zeigen, bei welchen nämlich je zwei und zwei der fünfAmbulakralrinnen durch Gabelung einer gegen den Mund hin einfachen entstehen, während die fünfte einfach bleibt. Das Schema der Fig. II zeigt ferner, dass sich die im Seeigelkörper enthaltenen Radiärtheile durch Zufügung von drei weiteren Radien (V7 bis VIII), welche zwischen S und 8’ eingeschaltet werden, so ergänzen lassen, dass der Gesammtbau der resultirenden Form Symmetriever- hältnisse darbietet, welche, wie die Untersuchung ergiebt, denen einer Ctenophore sehr nahe kommen. Wir finden vier Antimeren vor, von wel- chen je zwei (/ + IIl, II-+ IV), die sich kreuzweise gegenüberstehen, kongruent sind. Jedes Antimer ist wie bei den Ctenophoren in sich asymmetrisch; doch zeigt sich in der Beschaffenheit dieser vier Anti- meren noch eine Unregelmäßigkeit, welche sich aus ihrer Asymmetrie nicht herleiten lässt. Wenn wir nämlich die Gablung der Radien IV—V und /7—-III als eine Verdoppelung der ursprünglichen Antimeren / und Il auffassen, so finden wir, dass zwar im Antimer / die neu eingeschal- teten Felder igr und :kl die zu erwartende Anordnung zeigen, dass hingegen im Antimer II diese Felder gerade in der umgekehrten Reihenfolge auftreten. Die bei der Gablung der vier ursprünglichen Ra- dien neu eingeschobenen vier Felder igr + ıkl treten in solcher Reihen- folge auf, dass sie zu der Sagittalebene symmetrisch gelagert sind, wäh- rend dies für die früheren vier Felder igr + ikl jeder Seite nicht gilt. Dies bewirkt, dass die Reihenfolge der Felder in den benachbarten Antimeren nicht übereinstimmt, sondern dass sich nur die kreuzweise gegenüberstehenden / und III, sowie IV und V in dieser Aufeinander- folge entsprechen. — Wie gesagt, besitzen die Ctenophoren ganz ähnliche e br N ER < Versuch der Ableitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. 153 allgemeine Symmetrieverhältnisse ; dennoch lässt sich nicht beurthei- len, ob bei diesen Formen, vorausgesetzt, dass in jedem ihrer Anti- mere ähnlich angeordnete Skeletgebilde aufträten, auch eine analoge Aufeinanderfolge derselben statthaben müsste. — Trotzdem ist es über- raschend, dass für die Vertheilung der Ambulacralreihen und der vier Paar primären Interambulacralreihen, wie wir die zwischen den Radien V—VI, VU—VII, I—-U und UI—IV liegenden wohl bezeichnen dürften, eine ganz regelmäßige Aufeinanderfolge besteht, die derjenigen eines vierstrahligen Organismus mit in sich asymmetrisch gewerdenen Antimeren vollkommen entspricht. Da nun die Gablung der ursprüng- lichen vier Radien zu acht wohl als ein sekundärer Process betrachtet werden muss, so ließe sich vielleicht einigermaßen begreifen, dass dabei eine etwas veränderte Reihenfolge der vier Paar neu hinzugetretenen Interambulacralreihen auftritt, die möglicherweise dadurch beeinflusst war, dass der Organismus mittlerweile eine sekundär zweistrahlige Bildung durch stärkere Ausprägung der Sagittalebene erlangt hatte und daher die vier Paar neu hinzutretenden Reihen sich in symmetrischer Lagerung zu der Sagittalebene entwickelten. Jedenfalls lässt sich aus einem Organismus von den Symmetrie- verhältnissen des Schemas Fig. II der eigenthümliche Bau der Seeigel ab- leiten durch Verkümmerung des zwischen S und 5’ gelegenen I und !/, Antimers. Die von Lov£n seiner Zeit aufgefundene Symmetrieebene der Seeigel entspräche daher der Ebene, in welcher ursprünglich diese verkümmerten Radien ihre Lage gefunden hätten, resp. der Zusammen- stoßungsebene der durch die Verkümmerung vereinigten Felder :ikl bei S’ und igr bei S. Nach der Ausgleichung der fünf restirenden Radien muss diese Ebene natürlich durch den Radius /// gehen, wie das Schema Fig. I zeigt. Immerhin ist es recht bemerkenswerth, dass uns diese Betrachtun- gen über die seltsame Symmetrie der Seeigel zu einer Urform führten, deren Bau und Symmetrieverhältnisse gewisse Übereinstimmungen mit den Gtenophoren darbietet. Schon früher gelangte bekanntlich Mertscant- KOFF durch entwicklungsgeschichtliche Spekulationen zu einer Annähe- rung beider Abtheilungen. Ich selbst hatte ein solches Ergebnis durch- aus nicht erwartet und will auch gern zugeben, dass die vorliegende Betrachtung noch keineswegs zwingend ist, dass man nämlich auch von einer Urform mit fünf Paar Gabelradien ausgehen könnte, von welchen dann sämmtliche der rechten Seitenhälfte, also 2 und 1/, verkümmerten, während die übrigen fünf der linken Seitenhälfte erhalten blieben, Man braucht sich nur auf Schema Holzschn. II zwischen die Antimeren II und III noch ein fünftes von der Beschaffenheit des Antimers II] ein- 154 | 0. Bütschli, geschaltet zu denken, um eine solche Ausgangsform zu erhalten. Da jedoch das Verständnis der Symmetrieverhältnisse einer solchen Form größere Schwierigkeiten bietet, wie die des Schemas Fig. II, so glaube ich vorerst, dass letzteres die größere Wahrscheinlichkeit für sich hat. Halten wir daher die Ableitung der Echinodermen von einer diesem Schema entsprechenden Urform für möglich, so ergäbe sich, dass die bei der früher versuchten Ableitung der strahligen Echino- dermengestalt vorausgesetzte Verkümmerung der ganzen rechten Bauchfläche der bilateralen Urform nicht ganz richtig wäre. Vielmehr würde aus diesen Überlegungen folgen, dass nur 3/, der rechten Bauch- fläche verkümmerten, !/, dagegen sich erhalten hätte. Nach dem oben geschilderten Ableitungsversuch der Echino- dermengestalt müsste der After in den Interradius SS’ (Holzschn. ]) fallen. Dieser Interradius ist jedoch nicht derjenige, welcher bei den irregulären Seeigeln den After enthält, vielmehr liegt derselbe im Inter- radius zwischen /JV und V. Wenn daher unsere Ansicht über die Ab- leitung der Echinodermen richtig sein sollte, so würde daraus folgen, dass die Lage des Afters bei den irregulären Seeigeln keine ursprüng- liche sein kann, sondern erst nachträglich durch Verlagerung ent- standen sein muss. Für die Möglichkeit dieses Vorganges lässt sich anführen, dass, so weit wir wissen, die irregulären Seeigel keine ur- sprünglichen Formen sind, sondern erst nachträglich aus regulären entstanden, bei welchen der After aus der ambulakralen Sphäre herausgerückt und an den aboralen Pol verschoben war, wie dies ja auch für die Asteroideen gilt. Innerhalb dieser kleinen Antiambula- cralfläche der Regulären ist jedoch bemerkenswertherweise der excen- trische After ursprünglich dem Interambulacrum SS’ genähert, was sich mit unserer Vermuthung wohl in Einklang bringen ließe. Die Untersuchungen Lov£n’s an sehr jungen regulären Seeigeln ergaben sogar, dass die ursprüngliche Lage des Afters wohl sicher unserer Ver- muthung vollkommen entspricht. Bei dem jüngsten von ihm beob- achteten Exemplar (siehe seine Fig. 170, Taf. XXI) war die Lücke zwischen der sog. Centralplatte und dem umgebenden Apicalsystem, aus welcher späterhin die Periprokthaut hervorgeht, ganz deutlich in dem Interradius S—S’ gelagert; erst etwas später greift das Periprokt dann allmählich auf den Interradius /V—V über, womit jedenfalls auch eine entsprechende Verschiebung der eigentlichen Afteröffnung ver- bunden ist. Dass diese Verschiebung des Periproktes und der Afteröffnung auf einem relativ stärkeren Wachsthum desjenigen Theils der Körperwand beruht, welcher dem Interradius S S’ angehört, scheint mir aus Loven’s Versuch der Ableitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. 155 Figuren gleichfalls deutlich hervorzugehen. Berücksichtigt man näm- lich die eigenthümliche Zeichnung auf der Centralplatte, welche sich aus fünf radiär gestreiften Dreiecken zusammensetzt, deren Basen den Genital- oder Interradialplatten zugewendet sind, so ergiebt sich (s. Loven, Fig. 171), dass bei der Vergrößerung und Verschiebung des Periproktes das dem Interradius S S’ zugehörige Dreieck sich stärker vergrößert wie die übrigen, wobei es allmählich auf den Interradius JV—V übergreift. Dasselbe lässt sich auch aus der Figur, welche Lov£n von dem Apex der Salmacina goesiana Lov. giebt, ziemlich klar ersehen. Salmacina besitzt bekanntlich nur ein sehr kleines Peri- prokt, welches ziemlich genau zwischen der großen, in ursprünglicher Beschaffenheit erhaltenen Centralplatte und den Genitalplatten S S’ und IV—V liegt, so dass es fast genau in den Radius V fällt. Nach Love£x’s Figur greift es jedoch bei der Salmacina goesiana wenigstens zu- weilen stärker auf den Interradius /V—V über. Auch auf dieser Figur lässt sich nun gut erkennen, dass die dem Interradius S S’ zugehörige Streifung der Centralplatte bis nahezu in die Mitte des Interradius JV—V übergreift. Durch diese Erfahrungen scheint es mir ziemlich sicher erwiesen zu sein, dass auch bei den Seeigeln der After ur- sprünglich dem Interradius SS’ angehörte und erst später allmählich in den benachbarten Interradius /V—V hinüberrückte. Bei den Regu- lären hat er diese Wanderung nur zum Theil zurückgelegt, wesshalb er in der Regel dem Radius V ziemlich gegenüber liegt; dass er jedoch auch hier schon dem Interradius /V—V sehr nahe kommt, beweist das oben angeführte Verhalten bei Salmacina goesiana, doch auch Lov£n’s Fig. 175, welche ein Entwicklungsstadium des Periprokts von Toxopneustes droebrachensis darstellt und den After ziemlich genau gegenüber dem Interradius JV—V zeigt. Diese Verlagerung des Afters bei den Seeigeln würde gleichzeitig die von Lupwıc hervorgehobene Thatsache erklären, dass der Darm bei den Grinoideen und Asteroideen einen vollen Umgang im Kör- per beschreibt, während er bei den Echinoideen und den sich entsprechend verhaltenden Holothurien nur vier Interradien durch- zieht. Crinoideen und Asteroideen würden sich daher unserem Ab- leitungsversuch entsprechend verhalten, wogegen für die beiden ande- ren Abtheilungen die Verlagerung des Afters um einen Interradius angenommen werden müsste. Ein schwieriges Problem bildet der Steinkanal. Bei dem früher erörterten und durch die Figuren auf Tafel IX erläuterten Ableitungs- versuch wurde der Ursprung des Steinkanals am Hydrocoel so ange- nommen, dass seine Beziehung zu dem Interradius des Afters in der 156 0. Bütschli, abgeleiteten strahligen Form sich den Verhältnissen der Seeigel ent- sprechend gestaltete, daher musste der Ursprung des Steinkanals auf den Figuren zwischen den der Füßchen //—iIl gesetzt werden. Nach- dem sich jedoch bei der Berücksichtigung der eigenthümlichen Sym- metrieverhältnisse der Seeigel ergeben hat, dass die Lage des Kanals zu der Lov&n’schen Symmetrieebene, welche alier Wahrscheinlichkeit nach der Verwachsungsebene im Sinne unserer Ableitung entspricht, eine andere ist, so wäre demgemäß sein Ursprung zwischen den der Füß- chenkanäle J—IJ zu verlegen!. Eine auf Grund dieser Voraussetzung abgeleitete Form würde denn auch in den Lagebeziehungen von After und Steinkanal die Verhältnisse aufweisen, welche Lupwıc für die Grinoideen und Asterien festgestellt hat. Zwar ist mir bewusst, dass Bury neuerdings Lupwie’s Angaben über die primitive Lage der äußeren Mündung des Steinkanals der Antedonlarve bezweifelt und sich für deren ursprüngliche Lage im After-Interradius ausgesprochen hat; dennoch glaube ich mich hier an die Angaben des ersterwähnten Forschers halten zu dürfen, da sie einerseits mit dem hier entwickelten theoretischen Ableitungsversuch sehr gut harmoniren, und andererseits besser mit den Angaben Barroıs’ übereinstimmen. In einer ziemlichen Zahl von Fällen lässt auch die embryologische Untersuchung, trotz mancher Mängel, deutlich erkennen, dass der innere Ursprung des Steinkanals wirklich der vorausgesetzte zwischen den Füßchen 7—1I der Hydrocoelanlage ist. So halte ich dies für die Asterien und Holo- thurien sicher erwiesen; auch bei den Ophiuren ist festgestellt, dass zwischen der Einmündung des Steinkanals und dem Ende der Hydrocoelanlage nur eine Füßchenanlage sich findet, auf der ande- ren Seite dagegen deren vier. Hier besteht aber das abweichende Ver- halten, dass der Steinkanal anscheinend zwischen den beiden hintersten Füßchen, also zwischen /V und V entspringt. Ich glaube nun kaum, dass eine so tief greifende Differenz als ein wirklich existirendes Ver- hältnis bei so nahe verwandten Gruppen angesehen werden kann. Vielmehr halte ich die Vermuthung für gerechtfertigt, dass bei den Ophiuren eine Verdrehung der ursprünglichen Wassergefäßanlage in dem Sinne eingetreten ist, dass ihr sonst hinteres Ende nach vorn gerichtet wurde, eine larvale Störung, welche natürlich bei der wei- teren Entwicklung wieder ausgeglichen werden muss. Untersucht man die Verhältnisse, wie sie Bury für den Ophiurenpluteus schildert, näher und vergleicht sie mit denen der Asterien, z. B. den Ergebnissen Lup- wıc’s bei Asterina, so ergiebt sich auch, dass nach dem Schluss der ! Auf den Schemata I u. Il ist der Ursprung des Steinkanals als heller Fleck im Ambulacralring angedeutet. R Versuch der Ableitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. 157 Wassergefäßanlage übereinstimmende Lagebeziehungen der Füßchen- anlagen und des Steinkanals wieder hergestellt sind; die Ausgleichung vollzieht sich dadurch, dass die ringförmige Einkrümmung des Hydro- coels bei den Asterien gegen das Hinterende der Larve zu geschieht, bei den Ophiuren hingegen gerade umgekehrt gegen das Vorderende zu in Verbindung mit einer Rotation der Anlage um den Ösophagus. Ich halte daher die Ansicht für nicht unwahrscheinlich, dass die Lageverhältnisse des Steinkanals bei allen Gruppen der Echinodermen sich schließlich als übereinstimmende ergeben werden und kann mich desshalb wenig mit Burv’s Meinung befreunden, welche die Schluss- stelle der ringförmigen Hydrocoelanlage, die nach unserem Ableitungs- versuch identisch sein muss mit dem Interradius der Verwachsung, bei den verschiedenen Gruppen in sehr verschiedenen Interradien sucht. Bei Gelegenheit dieser Betrachtungen gelangte ich jedoch auch zu einer Vermuthung, welche zum Schluss noch kurz angedeutet werden möge. Wenn es, wie oben dargelegt wurde, wahrscheinlich ist, dass die Hydrocoelanlage bei den Ophiuren eine Verdrehung erfahren hat, so erscheint es auch möglich, dass ihre sonst gewöhnliche Lage nicht die ursprüngliche ist. Diese Möglichkeit drängt sich um so mehr auf, als sie bei gewissen Formen mehr schief quer, von der Bauch- zur Rückenseite der Larve aufsteigt. Unter diesen Umständen lässt sich erwägen, ob die Voraussetzung über Lage und Beschaffenheit des ur- sprünglichen Hydrocoels, welche wir unserem Ableitungsversuch zu Grunde legten, ganz richtig ist. Es wäre nämlich wohl möglich, dass das ursprüngliche Hydrocoel eine Mittellage zwischen den beiden oben erwähnten Extremen eingenommen habe, d. h., dass es in etwa querer Richtung auf der linken Seite des ursprünglich weiter vorn gelegenen Mundes vom Bauch gegen die Rückseite aufgestiegen sei. Eine solche Urform würde in seitlicher Ansicht etwa das Aussehen des Holz- schnittes Illa gezeigt haben, während sie in der Ansicht auf den vorde- ren Pol das Bild der Fig. IIIb darbot. Man bemerkt, dass die Vorder- ansicht dieser Form im Wesentlichen die gleichen Verhältnisse zeigt, wie die Bauchansicht der früher als Ausgangspunkt erwähnten Urform !. 1 Auf Fig. 1IId sind die zu den Tentakeln oder Füßchen tretenden Kanäle so eingezeichnet, wie sie sich nach den unter Berücksichtigung der Symmetriever- hältnisse der Seeigel abgeleiteten Bedingungen verhalten müssten. Bei dieser Ge- legenheit wäre noch zu bemerken, dass unter diesen Voraussetzungen der Tentakel I natürlich dem rechten Hydrocoel angehörte, von dem also auch ein Theil in dem späteren Wassergefäßring erhalten bliebe. Wie leicht einzusehen, bildet dieser Umstand eine erhebliche Schwierigkeit, da ja in der Ontogenie sämmtliche fünf Tentakel von dem linken Hydrocoel gebildet werden. Immerhin glaube ich, dass diese Schwierigkeit nicht unüberwindlich erscheint; da wenigstens bei gewissen 158 | 0. Bütschli, Demnach würde sich aus einer solchen Form durch eine Reihe ent- sprechender Wachsthumsvorgänge, wie wir sie oben untersuchten, gleichfalls die strahlige Echinodermengestalt herleiten lassen, unter der Voraussetzung, dass eine derartige Urform sich mittels der Ten- takel ihrer vorderen rechten Seitenfläche festgeheftet habe. Es will mir sogar schei- nen, dass es eine Reihe Vortheile hätte, eine solche Form zum Ausgang zu nehmen. Einerseits würde dadurch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Krümmung der Wassergefäßanlage in einer ganzen Anzahl von Fällen thatsächlich nach dem Hinter- ende der Larve gerichtet ist; ferner trüge diese Annahme auch der eigenthümlichen Thatsache bis zu einem gewissen Grade Rechnung, dass die Larve von Antedon sich wirklich mit dem Vorderende fest- heftet, was, wie mir scheint, von Bury hin- reichend sicher nachgewiesen wurde. End- lich scheint mir auch eine solche Urform eher die Möglichkeit zu bieten, sie mit an- deren einfachen Bilaterien in Beziehung zu Fig. Illa und b. bringen. . iR \ \ e SS Nicht leicht dürfte ein Autor sich über die zahlreichen Schwächen und Schwierigkeiten seines Unternehmens klarer gewesen sein, als ich Formen die beiden Hydrocoelanlagen vorn kommuniciren, so würde es begreiflich, dass der erhalten gebliebene Theil der rechten Anlage allmählich ontogenetisch mit der linken verbunden worden wäre, wesshalb er jetzt gemeinsam mit dieser entsteht. Auf eine weitere Veränderung, welche die auf dem erst eingeschlagenen Wege abgeleitete Gestalt erfahren würde, sei hier noch aufmerksam gemacht. Wie leicht ersichtlich, würde unter diesen Umständen das am Ösophagus zum Mund aufsteigende Mesenterium in den Interradius /—I/ (Holzschnitt I etc.) fallen,, das des Afters und das zwischen Mund und After sich erstreckende dagegen in den Interradius J—V. Damit wäre jedoch auch eine Vereinigung dieser beiden. Mesen- terien, wie sie oben p. 448 angenommen wurde, ausgeschlossen und dieser an und für sich unwahrscheinliche Punkt daher ausgeschieden. Des Weiteren würde sich dann noch ergeben, dass auch die rechte Cölomblase dauernd an der Bildung der oralen Hälfte sich betheiligt, dass sie nämlich dem Radius I/sammt den anstoßen- den Hälften der beiden Interradien unterlagert. Dass nun besonders die erste, die Mesenterien betreffende Veränderung mit den thatsächlichen Verhältnissen gut übereinstimmt, dürfte sich aus Lupwie’s Arbeit (1880) leicht ergeben und bildet eine weitere Stütze für die vorgetragene Ansicht. Sr ER wir Ei ER EISEN Versuch der Ableitung des Echinod rms aus einer bilateralen Urform. 159 bei der Niederschrift der vorliegenden kleinen Studie. Ist es ja doch von vorn herein ein etwas riskirtes Unternehmen, sich auf ein Gebiet zu wagen, welches man nicht durch eingehende eigene Forschungen wirklich beherrscht. Nur die sehr bestimmte Überzeugung, oder, wenn man es lieber so nennen will, Ahnung, dass der Grundgedanke, auf welchem sich der vorliegende Versuch aufbaut, nicht ganz unrichtig sein könne, vermochte mir die nöthige Zuversicht zu geben, das hier Niedergeschriebene weiteren Kreisen vorzutragen. Auch bin ich der Meinung, dass das Echinodermenproblem ein solches ist, welches auf dem alleinigen Wege der Beobachtung nur schwierig gelöst werden kann, d. h. Spekulation und Deduktion müssen hier der Beobachtung gewisse Wege eröffnen, auf welchen sie vordringend, zur Korrektur der ersteren führen und schließlich wohl auch das Richtige auffinden wird. Wenn sich mein Versuch in dieser Hinsicht als nicht ganz un- brauchbar erweisen sollte, so wäre ich ganz zufrieden gestellt und würde nicht beklagen, dass mir seine Ausführung viel mehr Zeit und Kopfzerbrechen kostete, als ich ursprünglich erwartete. Auch in allgemeinerer Hinsicht verdient der vorliegende Versuch wohl einige Beachtung; ich glaube nämlich, dass der Mechanismus differenter Wachsthumsverhältnisse, welcher ihm zu Grunde liegt, sich auch für die Erklärung zahlreicher anderer morphologischer Probleme als fruchtbar erweisen kann, wenngleich die Erscheinungen selten so verwickelte und schwierige sein dürften, wie gerade bei den Echino- dermen. Um sich über solche Wachsthumsvorgänge theoretisch, unter Voraussetzung gewisser Bedingungen Rechenschaft geben zu können, bedarf es jedoch einer gewissen Methode, zu deren Entwicklung der vorliegende Aufsatz vielleicht auch Einiges beizutragen vermag. Heidelberg, den 15. Februar 1892. Eine kurze Erklärung der Figuren auf Taf. IX lässt sich nicht wohl geben, wesshalb in dieser Hinsicht auf den Text verwiesen werden muss. Wenn der Gedankengang desselben gegenwärtig ist, so erklären sich die Figuren mit Hilfe der überall wiederkehrenden, sich ent- sprechenden Buchstaben und Zahlenbezeichnungen leicht von selbst. Der Darm ist roth, das Hydrocoel blau gezeichnet. M Mund, A After, SK Steinkanal. 160 0. Bütschli, Versuch der Ableitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. Verweise auf die eitirte Litteratur. 4. J. Barroıs, Recherches sur le developpement de la Comatule. Recueil zoo- logique suisse. T. IV. 4888. p. 545. 3. H. Bury, The early stages in the development of Antedon rosacea. Philosoph. Transact. roy. society London. Vol. CLXXIX. 1888. p. 257—300. 3. —— Studies in the embryology of the Echinoderms. Quarterly journ. micr. science. N. S. Vol. XXIX. 1889, 4. E. HAEckEL, Generelle Morphologie. Bd.II. p.LXII—LXXVlI und: Die Kometen- form der Seesterne und der Generationswechsel der Echinodermen. Diese Zeitschr. Bd. XXX. Suppl. p. 424—443. 4877. 5. S. Loven, Etudes sur les Echinoidees. Kongl. Svenska Vetensk. Akad. Hand- lingar. Bt. XI. No. 7. 4874. 53 Taf. Zum Theil auch früher schon in Öfversigt af Kongl. Vetensk. Ak. Förhandling. 1874. Nr. 7. (Deutsche Übersetzung von letzterem Aufsatz in Archiv für Naturgesch. Jahrg. 39. Bd. 1. 1873, p. 46.) 6. H. Lupwis, Über Rhopalodina lageniformis Gray und die darauf gegründete Klasse Diplostomidea Semper. Diese Zeitschr. Bd. XXIX. 4877. p. 197 —205. 4 Taf. und Bd. XLVIII. 41889. p. 60. 4 Taf. 7. —— Über den primären Steinkanal der Crinoideen, nebst vergleichenden ana- tomischen Beschreibungen über die Echinodermen überhaupt. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. 4880. p. 310—332. 2 Taf. Entwicklungsgeschichte der Asterina gibbosa Forbes. Diese Zeitschr. Bd. XXXVII. 4882. p. 1—98. 8 Taf. 9. E. METSCHNIKOFF, Studien über die Entwicklung der Medusen und Siphonopho- ren. Diese Zeitschr. Bd. XXIV. 4874. p. 65 ff. 10. R. Semon, Die Homologien innerhalb des Echinodermenstammes. Morpholog. Jahrbuch. Bd. XV. 1889. p. 253. 44. —— Die Entwicklung der Synapta digitata und die Stammesgeschichte der Echinodermen. Jenaische Zeitschr. für Naturw. Bd. XXI. 4888. BE Das Dotterorgan der Wirbelthiere. Von Hans Virchow (Berlin). Mit Tafel X. Einleitung. In einer Beschreibung des Dottersackes des Huhnes, welche ich vor Kurzem veröffentlicht habe, bemerkte ich schon, dass die Dotter- organe der Amphibien und Amnioten in engerem Sinne verwandt seien, während die der Selachier und Knochenfische weiter davon abständen. Schon damals, als ich jene Beschreibung unternahm, schwebte mir der Plan vor, die Dotterorgane sämmtlicher Wirbelthiere vergleichend zu betrachten, indessen die Untersuchung der einen Form nahm eine solche Breite an, dass ich sie für sich darstellen musste. Indem ich nun von Neuem an diese Aufgabe herantrete, sehe ich mich von Neuem vor Erreichung des Zieles aufgehalten; von Neuem zeigt sich die Zahl der Einzelfragen so groß, die zeitliche und räumliche Ausdehnung so be- deutend, die technischen Schwierigkeiten so hinderlich, dass ich zu einer erschöpfenden Kenntnis nicht vorzudringen vermag. Wenn ich trotzdem nicht von Neuem das Dotterorgan einer einzigen Klasse, ge- wissermaßen als zweites Kapitel, geschildert, sondern gesucht habe, die Betrachtung auf eine größere Zahl von Formen auszudehnen, so ist daran der Umstand Schuld, dass ich von keiner Klasse ein vollständi- ges Material besaß, so dass ich gern die Abrundung in anderer Rich- tung suchte. Ich thue das nicht ohne Bedenken, denn die litterarische Erfahrung zeigt, wie willkürlich die Deutungen ausfallen können, wenn man kleine, zeitlich und räumlich beschränkte Abschnitte von der Ent- wicklung eines Dotterorgans aus dem Zusammenhange der Gesammt- entwicklung herausreißt. Fast die ganze neuere Litteratur über das Dotterorgan — einige Arbeiten ausgenommen — ist behaftet mit drei Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. Suppl. 44 162 Hans Virchow, Mängeln: Beschränkung auf kleine Abschnitte des Dotterorgans (räumliche Beschränkung); Beschränkung auf wenige Stadien der Entwicklung (zeitliche Beschränkung) und Beschränkung auf einzelne Klassen (systematische Beschränkung). Wenn man diese ausge- dehnte Litteratur an sich vorüberziehen lässt, so erblickt man darin sehr viel von sekundärer Furchung, Blutbildung, Merocyten, Para- und sonstigen -Blasten, aber sehr wenig von dem eigentlichen Gegenstande, von der Entwicklung des Dotterorgans als solehen. Wenn ich nun selbst nur Bruchstücke liefere, so glaube ich doch, mit Spekulationen innerhalb der Grenzen geblieben zu sein, welche mir durch mein Material gezogen waren, und das Zweifelhafte auch als zweifelhaft be- zeichnet zu haben. Anordnung des Stoffes. — Demnächst habe ich mir die Frage vorzulegen, in welche Reihenfolge ich meine Mittheilungen bringe. Bei dieser Erwägung ist zuerst geltend zu machen, dass zwei Hauptgruppen vorliegen, von denen die eine die Selachier, die andere die Amphibien und Amnioten umfasst. Diese beiden Gruppen können völlig ge- trennt behandelt werden, und es ist auch einstweilen ganz gleich- gültig, welche wir voranstellen. Allerdings hat sich gezeigt, dass bei Reptilien in ausgedehntem Maße »Merocyten« vorkommen, dass also in diesem Punkte eine Ähnlichkeit mit den Selachiern und den (von mir nicht behandelten) Knochenfischen hervortritt. Da jedoch in so vielen anderen Punkten, ja wir können sagen, in allen anderen wichtigen Punkten diese Klassen von einander abweichen, so müssen wir in der Verwerthung des einen Befundes vorsichtig sein und einst- weilen die Frage offen lassen, ob eine Homologie oder Analogie vorliegt. Acipenser ist, so weit meine beschränkten Befunde maßgebend sein können, an die Amphibien anzureihen. Innerhalb der Hauptgruppe, welche die Amphibien und Amnioten umfasst, kann nun weiter entweder in aufsteigender oder in absteigen- der Linie geordnet werden; d. h. man kann entweder mit den Amphi- bien beginnen und mit den Reptilien endigen, oder umgekehrt. Ich ziehe das Letztere vor, und zwar aus dem gleichen Grunde, dem ich bei der Beschreibung des Dottersackes des Huhnes gefolgt bin. Wie ich dort den fertigen Zustand voranstellte, um von ihm aus die Entwicklung zu verstehen, so werde ich hier dashochentwickelte, ausdrucksvollere Dotterorgan der Amnioten zuerst schildern und von ihm aus das weniger entwickelte der Amphibien beleuchten. Manche Erscheinungen des letzteren wären vielleicht gar nicht be- merkt oder doch nicht in ihrer Bedeutung gewürdigt worden, wenn die Aufmerksamkeit nicht erst durch die höheren Formen erweckt worden Al ER: gl Ir EEE Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 165 wäre. Zwei Punkte möchte ich zur Bekräftigung dessen anführen: 1) Die Zellen des Dottersackentoblasten ordnen sich beim Huhne und eben so bei Reptilien in charakteristischer und ganz strenger Weise zu einem einschichtigen Epithel, und dieser Zustand muss als ein physiologisch zweckmäßiger, hochentwickelter angesehen werden. Wir werden Anzeichen eines solchen auch bei Amphibien suchen, finden und für den Beginn einer höheren Organisation ansehen. 2) Die zweite Betrachtung ist in der Frage enthalten, in welcher Form, auf welchem Wege das Dottermaterial dem Embryo zugeführt wird. Auch in dieser Hinsicht bieten die Amnioten ausdrucksvolle und klare Verhältnisse. Ich habe mich bei der Bearbeitung des Dottersackes des Huhnes in einer besonderen Theiluntersuchung davon überzeugt, dass der Dottergang, obwohl er offen bleibt, nicht dazu benutzt wird, Dotter in den Darm abzuführen, und dass das Darmepithel nicht zur Resorp- tion von Dotter dient, dass also der Dotter ausschließlich von dem Doitersackepithel aufgenommen, verarbeitet und dem Blutstrome zugeführt wird. Bei den Amphibien liegen die Verhältnisse nicht in gleicher Weise klar: da das Dotterorgan in Gestalt einer weiten Bucht mit dem Mitteldarm in offener Verbindung bleibt, so liegt allerdings die Möglichkeit vor, dass auch hier der Dotter durch die Wandzellen hindurch in die Blutbahn gelangt, aber es liegt auch die zweite Mög- lichkeit vor, dass er von den Dotterzellen nur vorverdaut wird und den Darmepithelzellen zur Aufnahme anheimfällt. Hier giebt der Ver- gleich mit den Amnioten zwar keine Lösung der Frage, aber doch eine bestimmte Fragestellung. Ich möchte mit diesen Äußerungen nicht missverstanden werden; ich verlange natürlich nicht, dass die Betrachtung des Dotterorgans der Amphibien in diejenige Beurtheilung hineingezwängt werde, welche wir bei dem Studium der Amnioten gewonnen haben, aber ich möchte nahelegen, dass man bei den niederen Formen zusehe, ob sich nicht schon beginnende Anzeichen des höheren Zustandes finden, oder ob ausschließlich eine andere Form der Funktion und Hand in Hand damit andere, niedrigere morphologische Verhältnisse be- stehen. Erst wenn wir auf diese Frage sichere Auskunft geben können, ist die Aufgabe der morphologischen Betrachtung gelöst. Gern hätte ich auch die Untersuchungen von Rovx über die »Post- generation« und die Untersuchungen von G. Ruce über die Rückbildung von Eierstockseiern der Amphibien in den Kreis dieser Betrachtungen gezogen. Bei den Untersuchungen von Roux (20) wurden Furchungs- kugeln durch Anstich abgetödtet, und in manchen Fällen trat eine eigenthümliche Form der Reorganisation ein, bei welcher von den er- 11% 164 Hans Virchow, haltenen Eitheilen aus Zellen in den gestörten Eiabschnitt eindrangen; dabei kamen Erscheinungen vor, welche wir wohl den Vorgängen ver- gleichen können, welche an meroblastischen Eiern normalerweise im Dotter auftreten. Bei den Untersuchungen von Rucz (21) hat sich gezeigt, dass von dem Epithel von Follikeln, deren Eier abgestorben waren, Zellenbildungen ausgehen, die in morphologischer und funk- tioneller Hinsicht große Ähnlichkeit mit Dottersackepithelzellen haben. Die Bedeutung dieser Erscheinungen für unsere Betrachtung des Dotterorgans ist keine so zu sagen direkte, sondern eine kritische: Wenn Zellen ganz anderen Ursprunges, sobald sie mit Dotter in bestimmte Beziehungen treten, die gleichen Formen annehmen können, die wir sonst an den typischen Dotterentoblastzellen treffen, so müssen wir uns ernstlich fragen, ob alles Das, was an Dotterzellen beobachtet wird, geweblich specifische Merkmale sind. Technik. — Ein Umstand, welcher die Lückenhaftigkeit unserer bisherigen Kenntnisse über die Dotterorgane der Wirbelthiere zum großen Theile erklärt, liegt in den technischen Schwierigkeiten, welche aus der Anwesenheit des Dotters hervorgehen und theils durch die Menge, theils durch die Beschaffenheit des letzteren bedingt sind. Es sind dies Schwierigkeiten in jeder Hinsicht; in Hinsicht des Fixirens, des Schneidens, des Färbens und des Deutens der mikroskopischen Bilder. Aber sie sind nicht in allen Klassen gleich; sie sind gering bei Selachiern und ziemlich gering bei Amphibien, namentlich solchen mit dotterarmen Eiern; bedeutend bei Reptilien und am bedeutendsten bei Knochenfischen. Für das Huhn habe ich diese Schwierigkeiten und die aus der Beschaffenheit des Dotters hervorgehenden Kunstprodukte genauer analysirt. Eine gleiche kritisch technische Voruntersuchung wäre bei allen Klassen erforderlich; ich schränke mich jedoch in dieser Hinsicht ein, weil solche Auseinandersetzungen den Leser langweilen, und hebe nur kurz Dasjenige heraus, was man immer vor Augen haben muss, wenn man dotterreiche Eier untersucht, nämlich erstens die Neigung des Dotters, zu quellen und zu schrumpfen, zweitens Kontakt- erscheinungen, welche aus der Berührung des fettartigen Körpers im Dotter mit den wässrigen Reagentien hervorgehen. Quellung tritt am Dotter vor Allem durch Säurewirkung ein und kann bei Knochenfischen (Salmoniden) so bedeutend werden, dass da- durch eine gegebene Dottermenge auf das Mehrfache ihres ursprüng- lichen Volums anschwillt. (Wie mir Herr F. Mizscher mittheilt, trägt der reiche Vitellingehalt die Schuld daran.) Schrumpfung wird durch Alkohol hervorgerufen, selbst nach vorausgegangener ausgiebiger »Fixirung«. Da nun bei manchen Behand- Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 165 lungsarten quellende und schrumpfende Einflüsse mehrmals mit ein- ander wechseln, so entstehen Verbiegungen, Abhebungen, Zerreißungen, wie sie an dotterfreien Präparaten bei gleicher Behandlung nicht vor- kommen würden. Geradezu typisch sind solche Störungen in der Um- gebung der subgerminalen Höhle, worauf ich zurückkomme. Die Wirkungen des Kontaktes äußern sich darin, dass der fett- artige Körper des Dotters aus seiner natürlichen Lagerung ausgetrieben wird. Dies kann man sehr häufig, vielleicht regelmäßig, und zwar im Großen, an Reptilieneiern beobachten, die im Ganzen erhärtet wurden. Wie vor mir schon von Lerepouiier (14, p. 123) bemerkt worden ist, treten aus dem Inneren solcher Eier ölige Tropfen bis zu Stecknadel- kopfgröße hervor, die in der umgebenden Flüssigkeit schwer zu Boden sinken. Dies ist keine Lösung, denn sonst würde man ja das Fett nicht sehen, sondern Dissociation. Noch stärker ist die Wirkung auf die fettreichen Eier der Salmoniden: schon in den fixirenden wässri- gen Flüssigkeiten, noch stärker aber nach vorausgegangener Alkohol- wirkung in den färbenden (wässrigen) Lösungen treten ölige Tropfen aus, die in diesem Falle nicht zu Boden sinken, sondern auf der Ober- fläche schwimmen. Dieses Fett, welches in kleinen Tröpfchen aus den einzelnen Dotterkugeln austritt und sich zu größeren Tropfen sammelt, muss auf seinem Wege die Dotterkugeln aus einander drängen und das Urtheil über die normale Lagerung trüben. Oft werden endlich klei- nere oder größere derartige Tropfen doch noch zur Fixirung gebracht und bilden dann innerhalb des Präparates unregelmäßige myelinartige Gestalten. Topographische Orientirung; Korrektur. — Zu den technischen Dingen gehört auch die topographische Orientierung, ein Verfahren, um dessen sorgfältige Ausbildung sich Hıs und Duvar und Andere ein so großes Verdienst erworben haben. Wer sich daran gewöhnt hat, dem scheint es selbstverständlich, und es sollte daher kein Wort darüber mehr nöthig sein; leider müssen wir aber einge- stehen, dass ein großer Theil der embryologischen Litteratur der letzt- vergangenen Jahrzehnte wegen Nichtbeachtung dieser Forderung un- verwerthbar ist. Ich habe meine Keimscheiben, namentlich die aus dem Stadium der Gastrula, so verarbeitet, dass ich vor dem Einbetten ein Flächenbild bei bekannter Vergrößerung entwarf und nach dem Schneiden zu allererst meine Serien mit Bemerkungen versah, um jeden Schnitt sofort auf das Flächenbild beziehen zu können. Für die späteren Stadien von Lacerta fehlt mir allerdings oft eine Be- zeichnung der Entwicklungsstufe; ein Mangel, der auch bei der Arbeit von Srraur (25) über das Dotterorgan von Lacerta störend hervortritt. 166 . Hans Virchow, Bei einer derartigen topographisch gebundenen Verarbeitung muss nun eine Korrektur berechnet werden, welche durch die Verkleine- rung der Präparate bei der Paraffineinbettung nöthig wird. Ich spreche nicht von der Scehnittverkleinerung, welche sehr oft beim Schneiden aus Paraffin mit querstehendem Messer eintritt, dadurch, dass sich der Schnitt zusammenschiebt, und welche unberechenbar ist; sondern von der Stückverkleinerung, welche beim Durchtränken und Einschmelzen der Objekte, namentlich der Keimscheiben, so gut wie immer eintritt. Sie ist zum Theil eine Folge der Verkleinerung, welche das Paraffin selbst beim Erstarren erleidet, indessen doch bei anscheinend gleichem Verfahren nicht von konstanter Größe. Um da- her die Schnitte genau auf das Flächenbild beziehen zu können, muss man die Verkleinerung berechnen, und das ist leicht, wenn das Präpa- rat scharf bestimmbare Pünkte hat. In anderen Fällen, wo solche Punkte fehlen, oder wo nur ein solcher vorhanden ist, wie bei einer Gastrula, muss man eine empirische Durchschnittskorrektur in Ansatz bringen, als welche nach meinen Erfahrungen zehn Procent für Keimscheiben zu rechnen sind. Zehn Procent kommen schon in Betracht, wenn man Präparate aus Paraffin mit Präparaten aus Gello- idin (Photoxylin) vergleichen will, ja sogar für den Vergleich der Zellen unter einander. Die Veränderungen an Photoxylin- (Celloidin-) Präparaten be- stehen mehr in Verziehungen, welche der einzelne Schnitt in Folge der Dehnbarkeit der in Alkohol erweichten Einschlussmasse erfährt und entziehen sich einer genaueren Feststellung. Protoplasma im Dotter. — Von allgemeinen Fragen, die etwa in der Einleitung behandelt werden müssten, ist keine so wichtig wie die, ob schon vor der Furchung der ganze Dotter von Protoplasma durchsetzt ist; denn es ist natürlich von tiefgreifender Bedeutung, zu wissen, ob an Stellen eines Eies, an denen wir später Zellen auftreten sehen, schon vorher Protoplasma vorhanden war. Meine Stellung zu dieser Frage habe ich in meiner Arbeit über das Dotterorgan des Huhnes ungefähr mit den Worten bezeichnet: Ich glaube an dieses Protoplasma, wenn es entweder zu sehen ist, oder wenn aus bestimmten Erscheinungen auf dasselbe geschlossen werden kann; ich sagte ausdrücklich (27,p.245): »ich verlange nicht unbedingt, das Protoplasma zu sehen, um an dasselbe zu glauben«. Damit ist also zugegeben, dass Protoplasma vorhanden sein kann, ohne dass es sichtbar ist; ohne dass es wenigstens bis jetzt sichtbar gemacht worden ist. Aber es ist noch ein großer Unterschied zwischen dieser Koncession und dem Verfahren, ein derartiges möglicherweise vorhan- Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 167 denes aber nicht bewiesenes Protoplasma so, als sei es wirklich da, zur Grundlage von Spekulationen zu machen. Ich nehme in dieser Frage also weder einen so bestimmten Standpunkt ein wie WALDEYER (29, p. 12), noch betrachte ich doch andererseits »Nahrungsdotter« und »Bildungsdotter« als scharf geschieden. Gegen Warpever bemerke ich, dass daraus, dass bei jungen Ovarialeiern von Reptilien und Vögeln der ganze Dotterraum von Protoplasma durchzogen ist, meiner Meinung nach nicht geschlossen werden muss, dass es bei reifen Eiern von Reptilien und Vögeln eben so sei; und ich führte schon das Beispiel des Knochenfischeies an, bei dem das Herausziehen des Proto- plasma aus einem großen Theil des Eies unter dem Bilde des »Strö- mens« bei der Berührung mit Wasser beschrieben ist (12,p. 435); und ich bemerkte, dass wenn sich das Protoplasma so energisch aus einem großen Theil des Dotters herauszieht, nichts entgegenstehe der Vor- stellung, dass ein großer, ja der größte Theil des Dotters gänzlich von demselben entblößt wird. Ob esindirekte Beweise für die An- wesenheit von Protoplasma im Dotter giebt, ob etwa der Umstand, dass der Dotter sich nicht zersetzt, so gedeutet werden muss, weiß ich nicht; aber so viel mir bekannt, sind solche nicht erörtert. Andererseits kann aber eine bestimmte Grenzlinie des Keimes gegen den Dotter nicht angegeben werden, und in-dieser Hinsicht kann nicht etwa nur hypothetisch sondern positiv behauptet werden, dass unterhalb ‚der Dotterhöhle, im Boden derselben, Protoplasma liegen muss, weil hier Furchung — beim Huhn in beschränkterem, bei Rep- tilien in ausgedehnterem Umfange — vorkommt. Ich sehe aber in diesem Punkte keine Principienfrage, son- dern eine rein empirische Angelegenheit. Da ich mich nun bemühe, nachzuweisen, dass das Dotterorgan des Huhnes dem Dotterorgan der übrigen höheren Wirbelthiere, von den Amphibien aufwärts, homolog ist, und da bei Amphibien der gesammite Dotter von Protoplasma durchsetzt ist, so muss, wenn auch wohl beim Huhn das Protoplasma auf einen kleinen Abschnitt des Dotters beschränkt ist, doch dieser Zustand allmählich entstanden sein, und es ist wahrscheinlich, dass bei Reptilien die Sonderung in protoplasmahaltigen und protoplasma- freien Dotter noch nicht so weit gediehen ist. Beim Huhn aber wird — dies ist keine Annahme sondern eine Thatsache — weitaus die größte Masse des Dotters nicht nach dem primitiven Modus der Fur- chung von Zellen aufgenommen, sondern der Dotterentoblast wandelt sich zuvor in Dottersackepithel um, und dieses übernimmt die Auf- nahme und Verarbeitung des Dotters. Man wird nicht verkennen wollen, dass ein solcher Zustand, in welchem ein Wandepithel dem 168 Hans Virchow, Dotter gegenübertritt, eine genaue Parallele bietet zu dem mit Nah- rungsmaterial gefüllten Darmraum, und dass die alte Auffassung eines »Nahrungsdotters«, der als fremde, passive, so zu sagen todte Masse dem Keim gegenübersteht, eine reale Stütze hat, welche durch keine apriorischen Betrachtungen weder systematischer Art (über die Einatur), noch phylogenetischer Art (über die Ableitung von Amphibien) weg- disputirt werden kann. In letzterer Hinsicht liegen ja im Gegentheil die Verhältnisse so, dass uns die Vorgänge des Huhnes und — wie ich zu erweisen hoffe — der Reptilien, als in hohem Maße cänogenetisch abgeänderte erscheinen müssen. Und da der eine Zustand in den an- deren, der primäre oder palingenetische in den sekundären oder cäno- genetischen übergegangen ist, so gipfelt unser morphologisches Inter- esse darin, die Grenze kennen zu lernen, in welcher diese beiden Vor- gänge an einander stoßen. Und da dies eine rein empirische Angelegenheit ist, so ist es eben so Sache der rein empirischen Feststellung, wie weit bei den verschiedenen Klassen und Ordnungen der Wirbelthiere das Protoplasma im Dotter reicht, wie es innerhalb des Dotters vertheilt ist. Von allen den Erscheinungen nun, welche in dieser Hinsicht bei der Eidechse in Betracht kommen können, muss eine hier herausge- griffen werden, weil sie nach der Beschreibung von F. Sırasın (22) schon am unbefruchteten Ei vorkommt, als ein in der Nähe des proximalen Eipoles aber doch inmitten des Dotters gelegenes Gebilde. F. Sırasın misst diesem Gebilde eine große Bedeutung bei; er weist darauf hin, und bildet ab (Fig. 1), dass die Schichten des Dotters nicht parallel der Oberfläche, sondern koncentrisch um diesen, angeblich protoplasmatischen Herd angeordnet seien, und benennt ihn »Dotter- herd«, indem er von der Vorstellung ausgeht, dass er zu der Bildung des Dotters in Beziehung stehe {p. 7). Ich finde diese Bildung noch an drei Eiern aus dem Stadium der Gastrula, welche im Ganzen geschnit- ten sind, und zwar auf dem Schnitt als ein Band, also in plastischer Rekonstruktion als eine Platte, unter dem Embryonalschilde, mit ab- wärts gebogenen Rändern. Auch die von F. Sırasın hervorgehobene Beziehung zur Schichtung des Dotters kann ich bestätigen. Da ich die Entwicklung der Ovarialeier nicht verfolgt habe, so vermag ich mich nicht über die von Sarasın behauptete Beziehung zur Ausbildung des Dotters auszusprechen. Wenn wir es nun hier mit Protoplasma zu (hun haben, so fragt es sich, was daraus später wird; ob es zu Grunde geht oder noch nutzbar gemacht wird. J edenfalls aber liegt eine Hand- habe vor für die Vermuthung, dass hier ein Reservoir von Protoplasma im Inneren der Bodenschicht steckt, welches später vertheilt und bei der Bildung von Dotterzellen gebraucht werden kann. Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 169 Weitere sehr reichliche Protoplasmaansammlungen treten bei der späteren Entwicklung in den Randtheilen der Bodenschicht unter dem »Randwulst des Leeithoderms« und jenseits des letzteren auf, in Ver- bindung mit merocytischen Kernen; und sie erhalten sich, ja nehmen an Mächtigkeit zu mit der Umwachsung des Dotters durch die Keimhaut, wobei sie sich mit dem Keimhautrande gegen den distalen Pol vorschie- ben. Da aber nicht erwiesen ist, dass dieses Protoplasma vor der Fur- chung an der gleichen Stelle lag, so soll es erst weiterhin bei den Sta- dien geschildert werden, auf denen ich es beobachtet habe, und ich will hier nur die Bemerkung machen, dass die Art seiner Ausbreitung uns die Fähigkeit des Protoplasmas, sich aktiv im Dotter zu verschieben, zeigt. Bezeichnungen. — Von den in den nachfolgenden Mittheilun- gen behandelten Wirbelthieren haben die Reptilien und die Selachier einen »Dottersack«, welcher durch einen »Dottergang« mit dem Darm in Verbindung steht. Acipenser und die Amphibien dagegen haben anstatt dessen eine Erweiterung, welche mit dem Mitteldarm in offener Verbindung bleibt; sie sei als »Dotterbucht« bezeichnet. »Dotterorgan«, eine Bezeichnung, die ich bei P. und F. Sarasın finde (23), ist der allgemeinere, übergeordnete Begriff, der Dottersack und Dotterbucht in sich schließt. Die meistenübrigen Ausdrücke werden im Verlaufe der Darstellung ihre Erklärung finden; hier seien nur noch folgende erläutert: Dotter- sackepithel, Dotterentoblast, Entoblast des Dotterorgans, Dotterzellen, Merocyten, Dotterblatt. Der Ausdruck »Dottersackepithelc« erklärt sich selbst. Den Ausdruck »Dotterentoblast« wende ich an für den von Zellen durchsetzten, bezw. in Zellen zerfallenen Theil des Dotters, also in dem Sinne des Entoderme vitellin von Swazn (26), und in anderem Sinne wie Rückerr (18) und H.E. und F. ZieeLer (30). — » Dotterzel- len« oder »Leeithocyten« sind die Zellen des Dotterentoblasten; »Merocyten« eine bestimmte Form der Dotterzellen (s. p. 190). »Entoblast des Dotterorgans« bez., wenn letzteres ein Dottersack ist, »Dottersackentoblast« ist der übergeordnete Be- griff, welcher Dottersackepithel und Dotterentoblast in sich begreift. Den Ausdruck »Parablast« (Parablasten, parablastische Zellen) werde ich nicht gebrauchen, auch nicht in der veränderten Bedeutung, welche er allmählich angenommen hat, denn ich finde ihn in der Litte- ratur in sieben verschiedenen Bedeutungen bei Hıs, WaALDEyEr (29), Kurrrer (13), Korımann (11), Gasser (8) Srranu (25), Brook (1), und ein so schwankender Begriff ist nur im Stande, Verwirrung zu stiften und zu unterhalten. 179 Hans Virchow, Dagegen übernehme ich den Ausdruck »Dotterblatt«, welchen Kurrrer eingeführt hat, zur Bezeichnung derjenigen Zellenlage (untere Keimschicht, Entoderm oder Entoblast der Autoren), welche das Dach der subgerminalen Höhle bildet. Ich übersetze aber den Ausdruck nicht in »Paraderm« sondern in »Lecithoderm«. Das Dotterorgan der Reptilien und Amphibien. I. Der Dottersack der Reptilien. Wenn man Dottersäcke vergleichend betrachten und beurtheilen will, so kann dabei nicht ein Merkmal allein maßgebend sein. Eben so wie es Jemand nicht einfallen kann, eine »Stammesentwicklung des Sehorgans« auf die Netzhaut ausschließlich zu begründen, sondern wie man daneben auch den Accommodationsapparat, die Gebilde des Glas- körperraumes, die Gefäße, die Muskeln betrachten wird, da man doch im Voraus nicht wissen kann, in welchen Theilen sich die morpholo- gisch verwerthbaren Bestandtheile finden werden, so kann man bei der Betrachtung des Dotterorgans auch nicht ausschließlich die Dotterzellen bezw. Dottersackepithelzellen berücksichtigen, sondern man muss die Gesammtheit derjenigen Merkmale im Auge behalten, die das Dotter- organ bezeichnen. Da wir nun diese von den Vögeln bereits kennen, so seien sie hier aufgezählt, um für die Reptilien eine Richtschnur zu liefern. Bei den Vögeln kommen am Dottersack folgende Eigenthümlichkeiten vor: 1) Dottersackepithel, 2) Wandanhänge, 3) primärer Kreislauf, 4) sekun- därer Kreislauf, 5) Dottergang, 6) Aufnahme des Dottersackes in die Bauchhöhle, 7) Eiweißsack oder placentares Organ. Zur kurzen Kennzeichnung sei Folgendes bemerkt. Das Dotter- sackepithel wird durch große blasige Zellen gebildet und bekleidet in einfacher Lage die Wand und die Wandanhänge. Während der ersten Hälfte der Brützeit ist es innerhalb eines proximalen Feldes flach (Area pellucida), später verliert sich die scharfe Abgrenzung, indem auch die Zellen des proximalen Feldes höher werden. — Die Wandanhänge bestehen in reich gestalteten durchbrochenen Blättern oder Gittern, welche vom proximalen zum distalen Pole verlaufen und ihre größte Höhe am Äquator haben. — Der primäre Kreislauf ist dadurch gekennzeichnet, dass die Eintrittsstellen der Arterien in der Mitte des Gefäßbezirkes liegen, die Venen sich dagegen in einem Rand- gefäße sammeln; der sekundäre Kreislauf dadurch, dass Venen zwischen Arterien liegen. — Der Dottergang bleibt offen, ent- wickelt sich nach der Aufnahme des Dottersackes in die Bauchhöhle IRRE TE rast Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 171 in die Länge und Dicke und zeigt sich später immer mehr als dem Darme zugehörig. — Die Aufnahme des Dottersackes in die Bauch- höhle erfolgt zu einer Zeit kurz vor dem Ausschlüpfen des Hühnchens, wo der Dottersack noch auf der Höhe seiner Entwicklung steht. — Das Eiweißorgan wird zwar nicht von dem Dottersacke sondern von außerhalb des letzteren gelegenen Theilen gebildet, steht aber in so fern in innigen Beziehungen zum Dottersack, als das Bindegewebe des distalen Dottersackpoles auch zugleich das Bindegewebe der distalen Wand des Eiweißsackes ist. Aus diesen Andeutungen entnehme ich die Gesichtspunkte für die Besprechungdes Dottersackes der Reptilien; ich werde aber etwas anders eintheilen und auch über die Form einige Bemerkungen machen. A. Der fertige Dottersack. 1. Form desselben, subgerminale Höhle, perileecithaler Spalt. — Die Form des Dottersackes von einem weiter entwickelten Embryo von Lacerta zeichnet sich durch drei Merkmale aus: durch die Eindrückung der proximalen Seite, wodurch hier eine tiefe Grube ent- steht, durch eine Einkerbung, welche in meridionaler Richtung vom proximalen zum distalen Pole verläuft, und durch eine Abplattung in der Richtung der Achse, welche vom proximalen zum distalen Pole geht. Ich will das durch zwei specielle Fälle anschaulich machen. Lacerta muralis von 22 mm (Fig. I und 2). — Der Dottersack hat eine längliche Gestalt (die lange Achse der Eiachse parallel). Am pro- ximalen Pole ist er von einer tiefen Grube eingenommen, in welcher der vom Amnios umschlossene Embryo, mit der linken Seite aufliegend, zusammengekrümmt ruht. Von der distalen Seite betrachtet, hat der Dottersack genau die Gestalt einer menschlichen Niere. Auf dem dista- len Pole findet sich ein eingezogenes unregelmäßiges Feld, durch eine Anzahl von unregelmäßigen Furchen bedingt. Eine dieser Furchen läuft, eine Einziehung erzeugend, an der Seite des Dottersackes zum Rande der proximalen Grube, wo sie flach und verbreitert endigt. Lacerta vivipara von 44 mm (Fig. 3). — Der Dottersack hat die gleiche nierenförmige Gestalt. An der distalen Seite liegt ein Strang von der Farbe des Dotters; er scheint individuell sehr zu wechseln; in einigen Fällen ist er bis mm lang. Sein verdicktes Ende entspricht dem distalen Pole, das zugespitzte hebt sich vom Dotter ab. Auf die Einkerbung des Randes und auf die proximale Grube komme ich bei der Besprechung der Gefäße zurück. Emmerr (7) nennt die Grube »Nest«. L£REBOULLET nennt sie »Fos- sette embryonnaire« auch »Fossette vitelline«, aber seine Darstellung ist 172 Hans Virchow, nicht klar, weil in derselben zwei Hohlräume verwechselt werden, nämlich die subgerminale Höhle und die seröse Höhle (Außencölom), welche sich allerdings mit dem Schwinden der subgerminalen Höhle auf Kosten der letzteren ausdehnt (14, p. 102, 103, 447). Sehr anschaulich ist das, was Rıtuke über die gleiche Grube bei der Natter mittheilt (16, p. 67, 143, 183). Er nennt sie »Fruchtbett«, in welchem der Embryo mit dem Amnios so tief versinkt, dass die Ränder desselben sich über ihm schließen und nur den Urachus eintreten lassen. Gegen Ende der Entwicklung hat der Dottersack die Form einer »altväterischen Nacht- mütze«; mit seiner Verkleinerung wird der Embryo wieder frei. Es ist klar, dass die proximale Wand des Dottersackes, welche den Boden der Grube bildet, früher, d. h. so lange eine subgerminale Höhle bestand, das Dach der letzteren darstellte, dass also die Form der subgerminalen Höhle schon auf die Form der Grube hinweist. Dies berechtigt uns, beide Zustände in eine causale Verbindung zu bringen, d. h. anzunehmen, dass dem Embryo sein Bett schon bereitet wird, bevor er so groß geworden ist, es auszufüllen. Das Dach der subgerminalen Höhle aber ist nichts Anderes als die sog. »Area pellu- cida« der Keimhaut, und so findet auch diese auf dem gleichen Ge- dankengange ihre Erklärung, wie ich schon in meiner Arbeit über das Dotterorgan des Huhnes auf p. 232 ausgeführt habe. Anders liegt es mit dem perilecithalen Spalt. Vom Huhn habe ich beschrieben, dass sich in der ersten Hälfte der Brützeit eine bedeutende Flüssigkeitsmenge an der Oberfläche des Dotters bis gegen den dista- len Pol hin ansammelt, wodurch der Inhalt des Dotterraumes vielleicht um das Doppelte vermehrt wird. Das Verhältnis des so entstehenden »perilecithalen Spaltes« zu der subgerminalen Höhle drückte ich mit den Worten aus (27, p. 233): »Der perilecithale Spalt ist die peripherische Fortsetzung der subgerminalen Höhle, oder, anders ausgedrückt, die subgerminale Höhle ist nichts Ande- resals der Anfang des perilecithalen Spaltes.« Ich glaubte damals auf Grund der allerdings nicht ganz klaren Worte und Figuren in der Arbeit von Srranı (25), dass ein solcher Spalt bei Lacerta nicht vorkäme. Neuerdings bin ich auf Grund eigener Präparate anderer Meinung geworden. Ich finde nämlich in mittleren Stadien der Ent- wicklung von Lacerta, d. h. zu einer Zeit, wo die Oberfläche des Eies schon ganz von der Keimhaut überzogen, das Innere aber noch nicht völlig von Zellen eingenommen ist, in allen Fällen einen Spalt von ganz bestimmten Merkmalen, von welchen weiterhin die Rede sein wird. Anfangs glaubte ich, dass hier vielleicht durch die Wirkung der Rea- gentien eine Trennung innerhalb der Wandschicht künstlich entstanden Das Dotterorgan der Wirbelthiere, 173 sei, aber ich bin doch zu der Überzeugung gekommen, dass es sich um ein präexistirendes Verhältnis handelt. Dieser Spalt der Eidechse unterscheidet sich aber von dem des Huhnes in drei Punkten: 1) bleibt er immer ganz eng, 2) ist er von den später zu beschreibenden dotter- freien runden und platten Zellen eingenommen und oft ganz ausgefüllt, 3) ist er von der subgerminalen Höhle dadurch geschieden, dass das Epithel, welches die Vena terminalis bekleidet, mit der inneren Dotter- zellenmasse in Verbindung steht. Für die Beurtheilung des Verhält- nisses beider Räume zu einander ist es von großer Bedeutung, zu wissen, ob die letztgenannte Verbindung eine primäre oder sekundäre ist. Hierüber kann ich nichts Bestimmtes aussagen und muss daher einstweilen das Urtheil in der Schwebe lassen. Immerhin kann man aber doch so viel sagen, dass sich bei Lacerta eine beachtenswerthe Unab- hängigkeit des perilecithalen Spaltes und der subgerminalen Höhle zeigt. 2. Wandanhänge. — Von den Schlangen sind Wandanhänge beschrieben. So sagt Durrocher (4, p. 28) von einem Embryo von Vipera berus, der seinen Dottersack bereits in die Bauchhöhle aufgenommen hatte, der Dottersack sei »rempli par une grande quantite de lames parall&les et semblable ä de la dentelle«. . Eine Abbildung in vergrößertem Maßstabe giebt Vorkmann (28, Fig. 5), welche sich auf Tropidonotus natrix bezieht. Aus dieser Abbil- dung und aus der dazu gehörigen Beschreibung (ibid., p. 1%) geht her- vor, dass wir genau die gleichen Verhältnisse vor uns haben, welche ich vom Huhne geschildert habe: Blätter oder Gitter, welche in ihrem freien Rande ein stärkeres Gefäß tragen, stark hin- und hergebogen sind, in meridionaler Richtung vom proximalen zum distalen Pole ver- laufen und aus einem Netzwerk anastomosirender Balken bestehen. Bei Ratuke (16, p. 69) werden diese Anhänge »Falten« genannt, wegen der Hin- und Herbiegung ihres freien Randes mit »Manschetten« verglichen; später treten Lücken in denselben ein, so dass eine Ähn- lichkeit mit Retepora cellulosa entsteht (p. 113), in diesem Stadium wer- den sie »Netzwerke« genannt. Noch später vergrößern sich die Maschen (p. 184); gegen Schluss der Entwicklung aber nimmt die Größe und Weite derselben wieder ab (p. 184). Der von Emmerr und HocusTterTer gebrauchte Vergleich mit einer Harfe wird wiederholt (p. 68). Es be- steht also nur ein untergeordneter Unterschied gegenüber dem Huhne, und zwar darin, dass bei letzterem die Maschen rund und die Löcher demgemäß klein sind, dass dagegen bei Schlangen die Maschen lang- gezogen sind, d. h. es giebt bei Vögeln mehr Queranastomosen. Ich fand das Gleiche bei Pelias berus. 174 Hans Virchow, Eben so bei Boa murina. Hierüber sei besonders berichtet, dass das Mutterthier von 4 m Länge 32 Junge trug von 50 em Länge. Der Dottersack eines solchen maß in radiärer Richtung mehr als 10 cm (der Dottergang 6 cm). Die Blätter hatten eine Höhe bis zu 20 mm, die von Pelias bis zu 3 mm bei einer Länge des Embryo von 86 mm. Welches die endgültige Höhe sein würde, muss ich unentschieden lassen, es geht aber so schon aus der sehr bedeutenden Höhe bei Boa hervor, dass die Größe des Dottersackes und die Höhe seiner Blätter in einer gewissen Proportion stehen. Diesen Beobachtungen habe ich die Bemerkung anzureihen, dass bei Vipera (und wahrscheinlich auch bei anderen Schlangen) die Blät- ter erst verhältnismäßig spät auftreten. Ich fand wenigstens bei Kreuzottereiern, deren Embryonen 48 mm lang waren, noch keine Spur von Blättern; der aufgeschnittene und ausgespülte Dottersack legte sich vielmehr glatt, ohne eine Spur von Falten; seine Innenseite erschien sammetartig, und wenn man einen Wasserstrahl darüber hin- leitete, so sah man ganz feine Zotten flottiren. Das makroskopische Bild war genau das gleiche wie das einer Darmschleimhaut. Von Schildkröten sehen wir bei Chelydra serpentina bei Crark (3, Taf. XVII, Fig. %) eine netzartige Anordnung der Dottersackwand; es ist jedoch nur ein kleines Stück abgebildet, der Gesammtcharakter nicht erkennbar. Gehen wir zu den Lacertiliern über, so bietet die Blindschleiche, wie ich berichten kann, den Anblick von Blättern dar, von dem gleichen Aussehen wie die Schlangen. Von Lacerta selbst beschreibt Emmerr (7, p. 89) Wandanhänge mit folgenden Worten: »Die innere Fläche der gefäßreichen Dotterhaut erhob sich mit vielen Falten, die von dem Insertionspunkte der Nabel- gekrösgefäße in dieselbe nach allen Seiten ausliefen ... den freien Rand dieser Falten begrenzte ein Gefäß, das gegen ihre Basis zahlreiche und sehr feine Gefäße schickte.« Ich selbst habe bei Dottersäcken von Lacerta agilis und vivipara, die ich aufschnitt und abspülte, nie eine so hohe Stufe der Entwicklung getroffen, sondern nur Anhänge in der Gestalt von Zotten, so dass ein solcher Dottersack etwa das Aussehen besaß, wie der der Kreuzotter auf früheren Stufen der Entwicklung. Sicher aber kann eine solche Beschreibung wie die von Emmerr nicht aus der Luft gegriffen sein, und ich finde es daher wahrscheinlich, dass in späteren Stadien der Entwicklung von Lacerta agilis diese Ausbil- dung erreicht wird. Das findet seine Bestätigung durch einen Befund von Lacerta muralis, in welchem der Embryo 42 mm lang war. Hier zeigte die Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 175 proximale eingedrückte Dottersackwand verhältnismäßig spärliche Wandanhänge, die distale, in Fig. 4 wiedergegebene Wand dagegen war von solchen so reichlich bedeckt, dass bei der Besichtigung von innen von der Wand selbst gar nichts sichtbar war. Das Bild dieser Anhänge war etwas anders und nicht so klar wie bei den erwähnten Schlangen. Ich möchte es in folgender Weise schildern: Die Anhänge hatten ihre größte Höhe in der Gegend des distalen Poles und schienen gegen diesen Punkt zu konvergiren, und zwar folgendermaßen: die in den freien Kanten der Blätter gelegenen Balken bildeten baumförmige Verästelungen, zu ihnen aber stiegen von der Wand selbst her ver- bindende Balken auf. Dieses Verhalten unterscheidet sich also von dem des Huhnes und der Schlangen dadurch, dass die Blätter nicht unabhängig von einander, sondern durch die an ihren Rändern ge- legenen Bäumchen verbunden sind. Was Srrauı (25) über Lacerta vivipara mittheilt, ist ziemlich un- klar. Die Anhänge werden das eine Mal als »zottenartig« (p. 287), das andere Mal als »Septa« (p. 286) bezeichnet. Über ihre Verbreitung wird nichts Bestimmtes angegeben; Srranr fand die Anhänge in ein- zelnen Fällen an der oberen Wand (p- 287), die untere Wand dagegen im Ganzen verdickt und mit Septis versehen, doch lässt er die Mög- lichkeit zu, dass letztere Bildung durch an einander gelegte Zotten ge- bildet sei (p. 287). Etwas Positives enthalten diese Mittheilungen jedoch, in so fern als sie erweisen, dass die proximale Wand dünner ist wie die distale, d. h. an der proximalen die Anhänge weniger ent- wickelt sind wie an der distalen. Das unklare Ergebnis in dieser Untersuchung wird zum Theil durch die einseitige Methode erklärt, indem Srranr nur Dottersäcke betrachtete, die im Ganzen geschnitten waren, und solche können ein deutliches Bild der Wandanhänge nicht geben; man muss vielmehr vor Allem den Dottersack aufschneiden, abspülen und ausbreiten. Aber dies erklärt nicht allein die Abweichung. Ich habe gleichfalls Dottersäcke von Lacerta vivipara in verschiedenen Stadien untersucht, theils aufgetrennt, theils im Ganzen geschnitten, und habe auch eine weniger hohe Entwicklung der Wandanhänge wie bei anderen Reptilien getroffen, so dass ich es für wahrscheinlich halten muss, dass gerade Lacerta vivipara in dieser Hinsicht eine geringe Differenzirung erreicht und daher von allen Reptilien am wenigsten geeignet ist, uns mit dem Typus der Wandanhänge bekannt zu machen. Immerhin ist es aber sicher, dass auch bei Lacerta vivipara die distale Wand des Dottersackes von langen fingerförmigen oder zottenförmigen Anhängen bedeckt ist, die mit ihren oberen Enden zusammenhängen, und die genau den Bälkchen gleichen, aus denen bei anderen Reptilien 176 Hans Virchow, und bei Vögeln die »Gitter« oder »Blätter« zusammengesetzt sind; die distale Wand selbst aber ist gar nicht verdickt, sondern nur wie die proximale Wand von einschichtigem Epithel überzogen. Wir müssen diese geringe Entwicklung wohl auf die Kleinheit des Dottersackes zu- rückführen, welche keine Veranlassung oder keinen Raum für die Ent- faltung reicher gestalteter Wandanhänge bot. Das Ergebnis aller dieser Beobachtungen lässt sich in folgende Sätze zusammenfassen: 4) Bei Reptilien entwickeln sich die Anhänge der Wand des Dottersackes genau so reich wie bei Vögeln. 2) Die Entwicklung dieser Anhänge tritt verhältnismäßig spät ein. 3) Bei kleinen Dottersäcken wird die Höhe der Entwicklung über- haupt nicht erreicht. 3. Dottersackepithel. — Die Wand des Dottersackes und die Anhänge derselben sind von einem einschichtigen Epithel über- kleidet von vollkommen gleichartigem Charakter. Es giebt jedoch eine Abweichung: die proximale Wand nämlich, so lange es eine subgerminale Höhle giebt, also dje Decke dieser Höhle (Area pellueida), besitzt ein Epithel, welches zwar auch einschichtig ist, jedoch in zwei Punkten abweicht: durch die flache Form der Zellen und das Fehlen des Dotters in denselben. Die Zellen scheinen also in einem Zustande der (funktionellen) Unthätigkeit dem Zeitpunkte entgegenzusehen, wo ihnen nach dem Schwunde der Flüssigkeit der subgerminalen Höhle die Gelegenheit geboten wird, sich mit Dotter zu beladen. Für ganz unthätig darf man sie jedoch nicht halten, denn die Abscheidung der Flüssigkeit der subgerminalen Höhle ist ihr Werk. Ob diese Flüssigkeit späterhin von der Wand einfach wieder auf- genommen wird, oder ob sie in den Dotter vertheilt und zur Auflocke- rung des letzteren verwerthet wird, vermag ich nicht zu entscheiden. Jedenfalls findet man aber an Schnitten die Dotterzellen in nächster Nähe der subgerminalen Höhle locker gelegen (artificiell?). Ob der in älteren Dottersäcken zwischen der oberen und unteren Wand vorkom- mende Spaltraum, wie ihn Srraur auf seinen Fig. 12—15 abbildet, im strengsten Sinne als die bestehen bleibende subgerminale Höhle und nicht vielmehr als ein durch Auflösung von Dotterzellen neu sich bildender Hohlraum anzusehen sei, ist von untergeordneter Bedeu- tung und soll hier nicht entschieden werden. In diesen späteren Stadien nun, wo die subgerminale Höhle ge- schwunden bezw. verkleinert ist, geht auch das Epithel der proxima- len Wand in die Form der typischen reifen Epithelzellen über. Wenn Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 177 wir daher die Bedeutung der frühen, geweblich indifferenten Zellenformen aus den fertigen heraus begreifen wollen, so müssen wir von diesen großen, blasigen, von Dotter erfüllten Epithel- zellen unseren Blick rückwärts schweifen lassen bis zu dem flachen Leceithoderm (Entoderm der Autoren) der Area pellucida, ja bis zu der noch unvollkommen geordneten „unteren Keimschicht« des beginnenden Gastrulastadiums. Die beiden erwähnten Epithelformationen sind schon seit gerau- mer Zeit den Beobachtern bekannt. Rurukz (16) weiß zwar von dem Epithel als solchem nichts, spricht aber von »Körnern«, und damit ist auch ganz richtig das Aussehen bezeichnet, welches die Zellen oder Zellengruppen bei makroskopischer oder Lupenbetrachtung im auffal- lenden Lichte darbieten. Rıruxe nennt den Wandüberzug des Dotter- sackes »grobkörnig«; der Dottersack ist in späteren Stufen der Ent- wicklung gelb (»hohlgelb«), gelber als der Dotter selbst. LerrBouLLer kennt das Dottersackepithel der Area pellucida (14, p. 130, Fig. 34), aber nur in dem Stadium, wo die Zellen schon höher geworden sind, während er die platten Zellen, die vorher bestanden, nicht findet » Tandis qw’alors ce feuillet ce composait de granules, il est forme maintenant de grandes cellules d’epithelium en pav6). Von den ferti- gen typischen Epithelzellen, welche in früheren Stadien die distale, in späteren Stadien die ganze Wand bekleiden, hat jedoch LEr£EBoULLET keine Kenntnis, und das wird man auch bei dem damaligen Stande der Mikrotechnik ganz leicht begreifen: es würde uns heut nicht besser gehen, wenn wir diese Zellen ungefärbt und unaufgehellt untersuchen würden, denn der stark liehtbrechende Inhalt derselben verhindert jedes Eindringen. Eine weitere Schwierigkeit tritt nun dem Beobachter entgegen bei dem Versuche, diese Dottersackepithelzellen von den »Dotter- zellen« d.h. von den frei im Inneren gelegenen Zellen zu sondern, und dieser Versuch kann nie zu einem sicheren Ergebnisse führen, wenn man sich darauf beschränkt, Schnitte durch uneröffnete Dotter- säcke zu machen, denn im Aussehen sind die beiden Zellenarten gleich; sie sind wenigstens gleich der Größe und dem Inhalte nach wenn auch nicht der Form und der Lage der Kerne nach: die Dotter- zellen sind kugelig mit centralen Kernen, die Epithelzellen gestreckt mit fußständigen Kernen. Ob der Inhalt wirklich ganz genau gleich ist, oder ob an dem der Epithelzellen schon chemische Veränderungen eingetreten sind, darüber mögen diejenigen spekuliren, die auch be- reit sind, die nöthigen mikrochemischen Methoden auszubilden. Aus dem Vorhergehenden ist ersichtlich, dass wir in diesem Ab- Zeitschrift f, wissensch, Zoologie, LIII, Bd, Supp!l. 412 178 Hans Virchow, schnitt von zwei Epithelformen: von dem fertigen Epithel der ganzen Wand (und ihrer Anhänge) und dem Frühepithelder proximalen - Wand (Dach der subgerminalen Höhle, Area pellueida) zu sprechen haben. a) Das fertige Epithel. — Wenn man die Wandanhänge eines aufgeschnittenen und ausgespülten Dottersackes nach dem Fixiren, jedoch vor dem Färben und Aufhellen betrachtet, so bemerkt man schon mit Lupenvergrößerung an den Bälkchen die Epithelzellen als flache rundliche Erhebungen. Man denke sich einen Draht, der rings- herum von Kugeln besetzt ist, doch so, dass die Kugeln sich gegenseitig drücken und nur an der freien Oberfläche gewölbt hervorspringen. Der Draht ist durch die Blutkapillare dargestellt, welche im Inneren des Bälkchens liegt und meistens bemerkt man um diese herum einen Spalt (Lymphspalt?). Plastische Ansichten (Fig. 5), Längsschnitte (Fig. 6) und Querschnitte (Fig. 7) erläutern gleich deutlich diese an sich so einfache Bildung. Die Epithelzellen der Wand unterscheiden sich von denen der Bälkchen dadurch, dass sie von wechselnder Höhe sind, wenigstens zu sein scheinen, denn es ist immer möglich, dass durch den Schnitt die Köpfe abgetrennt sind, so dass die Zellen niedriger erscheinen als sie wirklich sind. Auf alle Fälle aber ist dieser Unterschied unwesentlich. Über die Zellen selbst sei Folgendes bemerkt. Der Kontour der- selben (Membran) wird durch eine einfache Linie gebildet, an welcher es mir bisher nicht möglich war, irgend etwas Besonderes wahrzuneh- men. Von dem Protoplasma ist in der Regel nicht viel wahrzunehmen, noch weniger als beim Huhn (27, Fig. 16—19); es bildet mit zarten Fäden ein überaus weitmaschiges Netz und ist nur um den Kern zuwei- len etwas reichlicher aber niemals dicht. Der Kern hat oft durch anlie- gende Dotterkerne einen oder mehrere Eindrücke und nähert sich dann dem Eckigen; sonst ist er kugelig oder elliptisch, Letzteres besonders wenn er tief im Fußende liegt. Die Lage in der Nähe des Fußendes ist die typische, doch erheben sich die Kerne öfters höher und hängen dann in dem Protoplasmagerüst, »wie die Spinne im Netze. Von Ein- schlüssen kommen zwei Arten vor: Dotterkörner und Vaeu- olen. So wenigstens erscheint es an den Präparaten, die in gewöhn- licher Weise fixirt, gefärbt und in Lack eingeschlossen sind. Wenn aber die frischen Objekte einer starken Osmiumeinwirkung ausgesetzt - wurden, so trifft man an Stelle der Vacuolen tiefschwarze Tropfen, also Fett (Fig. 8). Ob dieses Fett innerhalb der Zellen von den Dotter- körnern getrennt wurde, oder ob es schon als isolirtes Fett aufge- nommen wurde in Form feiner Körnchen und dann in den Zellen Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 179 zusammenfloss, wage ich nicht zu entscheiden, möchte aber darauf hinweisen, dass dies ein wichtiger Punkt ist für die Beurtheilung der funktionellen und auf Grund davon der morphologischen Auffassung. Ich möchte den Inhalt noch genauer schildern auf Grund der Fig. 7 und 9. Von Protoplasma bemerkt man nur spärliche Bälkchen in zier- licher netzartiger Anordnung. In allen Zeilen sieht man Vacuolen, in welchen nach dem Ausweis der Fig. 8 Fett angenommen werden kann. Ferner enthält in Fig. 7 jede Zelle eine Anzahl verschieden großer Ballen, die zwar im Allgemeinen von rundlicher Gestalt aber doch nicht streng kugelig sind. Das Aussehen dieser Ballen ist nicht gleichartig; vielmehr lassen sich folgende Abarten unterscheiden: 4)homogene, 2) sehr blass gekörnte (in der Figur ließen sich die Granula nicht so fein wiedergeben, wie sie wirklich sind, und Punktirung hätte den Charakter auch verwischt, da sie den Glanz der Körnchen nicht aus- gesprochen hätte); 3) gröber und mehr glänzend gekörnte (ein solcher Ballen ist in der linken unteren Zelle angegeben); 4) central gekörnte und oberflächlich homogene. Innerhalb eines Ballens ist die Körnelung gleichartig. Die Tröpfchen in der vierten Form schwär- zen sich durch Osmiumsäure. In Fig. 9 sind die Ballen klein, von gleichartigem Aussehen und ziemlich gleich groß; ihre Grenzen zum Theil unscharf. Man könnte glauben, dass die Form des Inhaltes die Vorstufe zu der in Fig. 7 dargestellten sei. Etwas Endgültiges über den Inhalt wird man aber erst feststellen können, wenn zuvor die zeitlichen und räumlichen Verhältnisse der Dottersack-Entwicklung klar sind. Will man die Epithelzellen des Dottersackes in ihrer ganzen Pracht kennen lernen, so muss man die Präparate von den Schlangen nehmen (Fig. 9), deren Dottersackentwicklung sich überhaupt. durch Abundanz gegenüber den Eidechsen auszeichnet. b) Das Frühepithel der proximalen Wand. — Ich lege meiner Schilderung den Dottersack eines Embryo der Eidechse von 27 Urwirbeln zu Grunde, und gebe zunächst ein Orientirungsbild (Fig. 10). Das Epithel der Darmrin.ne (Fig. 11 a) ist seitlich niedriger und steigt in der Mitte bis zu eylindrischen Zellen an. Die Epithelzellen der proximalen Dottersackwand sind zunächst platt und nehmen gegen die Peripherie allmählich an Höhe zu, um endlich über der Randvene in geschichtetes Epithel überzugehen. Man kann nach den wechseln- den Formen fünf Zonen unterscheiden. A) Der Zellleib ist so stark abgeplattet, dass er auf dem Schnitt spindelförmig erscheint, der Kern stark abgeplattet; der Zellleib ist anscheinend körnig, in Wahrheit aber wahrscheinlich dicht-fadig (Fig. 11 b). — 2) Die Enden der Zellen sind flach, die Mitte dagegen, in welcher der Kern liegt, erhebt sich in 12% 180 Hans Virchow, Form eines Buckels gegen die Mesodermseite (Fig. A1c). Das Proto- plasma bildet ein dichtes Maschenwerk. — 3) Die Zellen sind kubisch, die Kerne basal- oder mittelständig (Fig. 11 d), oft eckig, entsprechend den abgehenden Protoplasmafäden. Das Protoplasma ist dicht aber doch lockerer als vorher. — %) Die Zellen sind kubisch und größer (Fig. IA e), das Protoplasma lockerer. — 5) Die Zellen sind geschichtet und in zunehmendem Grade mit größeren Dotterkörnern erfüllt” Da- mit gelangen wir zu dem geschichteten Epithel über der Vena ter- minalis. | Ich will diese Mittheilung ergänzen durch eine Angabe tber die proximale Dottersackwand eines weiter entwickelten Eies. Hier schließt sich an das kubische Epithel nicht gleich geschichtetes an, sondern es schieben sich dazwischen noch cylindrische Zellen ein (Fig. 12); in diesen sind kleine blasse Dotterkörnchen enthalten, das Protoplasma ist zwar in netzartiger Anordnung auch vorhanden, es ist jedoch durch die Einlagerungen größtentheils verdeckt. Noch weiter seitlich nehmen die Dotterkörner an Größe zu, und in demselben Maße wird es schwie- rig, die Zellengrenzen noch zu erkennen; der Dotterinhalt liegt vor- wiegend an den freien Enden (Kuppen) der Zellen. Diese Zellen, da sie cylindrisch sind und sich mit Dotter beladen, sind schon auf dem Wege, sich in » fertige« Epithelzellen umzuwandeln. Die eben mitgetheilte Kenntnis von dem Dottersackepithel der Reptilien veranlasst uns zu einer komparativen Betrachtung in zwei Richtungen: wir vergleichen das Frühepithel der proximalen Wand mit dem fertigen Epithel und das fertige Epithel der Reptilien mit dem fertigen Epithel des Huhnes. Ich habe schon angeführt (p. 176), dass das Epithel der proximalen Wand später durch Dotteraufnahme sich in »fertiges« Epithel umwandelt. Aber an diese Erscheinung knüpft sich eine weitere Erwägung: die Protoplasmamenge der Zellen verändert sich bei diesem Übergange nur wenig, vielleicht gar nicht; sind daher die Zellen klein, so ist ihr Protoplasma dicht, so dicht, dass es als netzartig nicht sicher erkannt werden kann ; sind dagegen die Zellen sehr groß, so ist das Protoplasmanetz in ein lockeres Gerüst sehr feiner Fäden aufgelöst, so locker, dass es überhaupt kaum noch sichtbar ist. 4. Der primäre Kreislauf. — Der primäre Kreislauf kann streng genommen nicht unter den Merkmalen des » fertigen « Dotter- sackes aufgeführt werden; ich stelle ihn jedoch hierher, weil er zur Erklärung des sekundären Kreislaufes nöthig ist, und weil sich Züge von jenem in diesem erhalten, Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 181 Es muss hier, um die Grundlage für den Vergleich zu gewinnen, auf das Hühnchen zurückgegangen werden. Köruıker schildert den primären Kreislauf des Huhnes in folgender Weise (10, p. 158): »Die ersten Gefäße liegen in einfacher Schicht.« »Die Arteriae omphalo-mesentericae sind starke Seitenäste der Aortae - descendentes, die gegenüber den letzten (?) Urwirbeln aus dem Em- bryo in den Fruchthof treten und schließlich in eine Randvene mün- den, die dem Kopfende des Embryo gegenüber entweder nur mit einem Stamme, der Vena vitellina anterior, in die linke Vena omphalo- mesen- terica übergeht, oder mit zwei getrennten Stämmen in die beiden Venen dieses Stammes sich ergießt.« Aus der Schilderung von PANDER (15, p. 14—16), welche durch eine Abbildung in großem Maßstabe er- läutert wird (Taf. VII), seien folgende Bemerkungen hierher gezogen: Der Sinus terminalis ist angeblich am vierten Tage am vollkommensten, d.h. amröthesten und breitesten, gegen den siebenten und achten Tag nur noch ein zarter rother Faden ; später schwindet er gänzlich. Von Arterien steht jede der beiden Arteriae vitellinae mit einer der gleich- falls getrennten Aorten in Verbindung. Von Venen werden unterschie- den eine »obere oder absteigende«, gewöhnlich doppelte, und eine »untere oder aufsteigende« (aus der Figur ist zu ersehen, dass letz- tere links liegt, was im Texte nicht erwähnt wird). Panper führt also die hintere Vene als konstant auf, doch muss bemerkt werden, dass das Stadium, welches er seiner Beschreibung zu Grunde legt, kein ganz frühes ist. Die hintere Vene soll aus dem Randsinus nicht als Stamm, sondern nur mit Wurzeln entstehen. Bei den Reptilien nun fehlt es an einer erschöpfenden Schilderung, LeresouLzer (1%, p. 125, 129) spricht bei Lacerta von zwei Arterien und zwei Venen, und giebt an, dass sich die letzteren später vereinigen (p. 139). Er schildert die Verhältnisse aber nicht genauer, bemerkt auch nichts von einer vorderen Vene. Raruke (16, p. 23 und 54) macht über Tropidonotus folgende Mit- theilungen: Es giebt zwei Dottersackarterien, eine rechte und eine linke, welche als Äste aus der einfachen, und zwar späterhin (p. 54) links vom Darm gelegenen, Arteria omphalo-mesenterica hervorgehen; RATuke lässt es aber unentschieden (p. 54 Anm.), ob ursprünglich die Arteria omphalo-mesenterica selbst doppelt sei. Von Venen giebt es gleichfalls zwei, nämlich eine vordere und eine hintere, welche Äste der Vena omphalo-mesenterica sind, die späterhin links vom Darme liegt. Eine Vena terminalis findet R. nicht ausgebildet, sondern an ihrer Stelle nur einen terminalen Anastomosenkranz. Es geht jedoch aus der Betrachtung des zugehörigen Embryo hervor, dass von einer 182 Hans Virchow, eigentlich frühen Stufe der Entwicklung hier nicht gesprochen werden kann, und daher dürfen wir in drei Beziehungen noch Zweifel hegen, nämlich 1) ob nicht doch ursprünglich eine Randvene bestand, 2) ob nicht die vordere Vene ursprünglich doppelt war, 3) ob nicht die hintere Vene eine spätere Bildung ist. Ich selbst habe über den primären Kreislauf der Reptilien nur beschränkte Erfahrungen. Es scheinen mir aber zwei davon der Er- wähnung werth, weil sich darin eine Anbahnung sekundärer Zustände ausspricht. 1) Von einem Eidechsenei, bei dem der Embryo frei auf der linken Seite liegt, und etwa der dritte Theil der Dotteroberfläche von dem Gefäßhofe bedeckt ist, führt aus dem Sinus terminalis nur eine Vena vitellina anterior sinistra heraus und zwar in eigenthüm- licher Weise, indem sie mit mehreren aus einander gespreizten Wur- zeln so zu sagen ein Delta bildet (Fig. 13). 2) Bei einer gleichfalls schon vollkommen abgehobenen und auf der linken Seite liegenden Blindschleiche fand sich auch nur eine linke Vena vitellina anterior als Verbindung der Vena terminalis mit dem Herzen, und das Ring- gefäß schien hier aus zwei gleich starken Hälften, einer rechten und einer linken zu bestehen, welche dünn am Hinterrande begannen und sich nach vorn zu allmählich verstärkten (Fig. 14); diese Anordnung ist sehr ausdrucksvoll, aber ich weiß nicht, ob sie typisch ist. Diese Erfahrungen, welche unvollständig sind, und der Ergänzung bedürfen, zeigen wohl, dass der primäre Kreislauf der Reptilien homo- log ist dem der Vögel. 5. Sekundärer Kreislauf. — Auch hier müssen wir, um den Boden für einen Vergleich zu haben, auf das Huhn zurückgehen. Aus den Angaben von Körrıker (10, p. 159) lässt sich Zweierlei entnehmen: 1) dass an vielen Stellen, insbesondere da, wo die Dotter- arterien sich verästeln, die Gefäße in zwei Schichten über einander liegen; 2) dass (am dritten Tage) folgende Venen vorhanden sind: die Vena terminalis, eine oder zwei vordere Dottervenen, eine hintere linke Dottervene, zwei Venae vitellinae laterales. Diesen Zustand, welchen Köruiker beschreibt, können wir jedoch nur als eine Zwi- schenstufe, nicht als den sekundären Kreislauf, sondern nur als die Überleitung zu demselben ansehen; sie enthält noch Bestandtheile des primären und schon Bestandtheile des sekundären Kreis- laufes; die einen werden später gänzlich schwinden, die anderen werden sich reicher entwickeln. Dass die vordere und hintere Vene schwinden, sagt uns Panper (15, p.16); wir können das Gleiche von der Vena terminalis behaupten. »Dafür nun fangen die Verzweigungen der Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 183 Venen, welche sich in diese Primitivstämme ergossen, an, sich nach dem Laufe der Arterien zu richten, und endlich bilden diese zwei Grund- stämme, welche an den Arterienstämmen anliegen. « (Panper.) Damit ist denn der Typus der Gefäßanordnung verwandelt, und die Ursache dürfen wir wohl in der Ausbildung der Wandanhänge suchen. Bei den Reptilien ist weder der primäre und sekundäre Typus scharf unterschieden, noch ist letzterer genau geschildert, ich deutete aber schon an (p. 182), dass wahrscheinlich in der Schilderung, welche RArake von dem Kreislauf der Natter giebt, schon Züge eines sekun- dären Zustandes oder doch eines Überganges zu einem solchen ent- halten sind. Meine eigenen Erfahrungen beschränken sich auf Lacertilier. Bei Lacerta besteht eine erste, aber nicht wesentliche Veränderung darin, dass die Vena marginalis sich verdoppelt. Darauf beziehen sich wohl die Worte von LEREBOULLET (p. 138): »en formant ordinairement des plexus serres le long de cette limite«. Ich finde in einem Falle von Lacerta agilis, in welchem der Dotter zur Hälfte vom Gefäßbezirk um- wachsen war, dass das Ringgefäß in der Weise, wie es Fig. 15 darstellt, sich verdoppelt hatte; die Einmündung in die Vena vitellina anterior ist nach wie vor erhalten. Ist nun der Dottersack von den Gefäßen fast völlig umwachsen, so findet man, wie dies von einem Ei von Anguis (Embryo 30 mm lang) in Fig. 16 dargestellt ist, auf der distalen Seite eine eigenthümlich langgezogene Gefäßfigur, bestehend aus zwei geknickten Gefäßen, welche sich zu einem Gefäße vereinigen. Man darf wohl in diesen beiden Gefäßen die beiden Hälften der Vena marginalis wiederfinden; die geknickte Gestalt rührt offenbar von der Gestalt des Dottersackes her, denn die über die lange Achse des letzteren herunterwachsenden . Abschnitte der Ringvene haben ja einen weiteren Weg zurückzulegen. Auch bei Schlangen (Vipera) ist der von Gefäßen zuletzt noch frei blei- bende Theil am distalen Pole nicht ringförmig, sondern elliptisch begrenzt. Das Sammelgefäß steigt an der Seite des nierenförmig (s. p. 171) gestalteten Dottersackes hinauf und schneidet dort, wo die seitliche Furche sich findet, so tief ein, dass es sich stellenweise bei der Be- trachtung von außen dem Blicke ganz entzieht. Eben durch dieses Einschneiden der Vena anterior — denn diese dürften wir vor uns haben — wird wohl die Einkerbung bedingt, obwohl noch genauer darauf zu achten ist, ob nicht etwa anliegende Allantoisgefäße von Einfluss sind. Ist nun die hier gegebene Deutung richtig, dass die geschilderten Gefäße der Vena terminalis und anterior entsprechen, so tritt uns ein 184 Hans Virchow, beachtenswerther Unterschied entgegen: bei Schlangen schwindet die Vena terminalis sehr frühe (vorausgesetzt, dass sie überhaupt zur Aus- bildung gelangte); bei Lacerta und Anguis dagegen erhält sie sich bis zur Umwachsung des ganzen Dotters. Während aber in dieser Hinsicht sich bei Lacertiliern primitive Zustände erhalten, so tritt in der von der proximalen Wand gebildeten Grube, der »Fossette embryonnaire« LEREBOULLET'S, dem »Fruchtbett« Rırnkr's eine Gefäßanordnung auf, welche sich, so weit ich erkennen kann, nicht auf primäre Verhältnisse zurückführen lässt. Wir finden nämlich hier (Fig. 1) eine Ausbreitung baumförmigen Charakters, welche mit einem kurzen Stämmchen von derjenigen Stelle des Randes aus- geht, wo der letztere mit der seitlichen Furche zusammenstößt. Das Stämmchen vereinigt sich mit der »Vena anterior« zu einem Gefäße, welches in den Embryo eintritt. So wenigstens schien es mir nach meinen bisherigen Erfahrungen, ich bin aber nicht ganz sicher, ob nicht in der Grube zwei Gefäße neben einander liegen, eine Arterie und eine Vene. In diesen Verhältnissen ist ein bisher vollkommen un- klarer Punkt enthalten, nämlich, dass das zum Embryo führende Gefäß nicht von der Mitte der Grube, sondern vom Rande zum Embryo tritt, während wir doch annehmen müssen, dass die Mitte der Grube der Mitte der Area pellucida entspricht. Diese Unklarheit muss durch weitere Untersuchungen ihre Lösung finden. Was die Zahl der Dottersackgefäße anbetrifft, so spricht Ler£- ouLLet (Eidechse) von zwei Arterien und zwei Venen (14, p. 125, 129), von denen die beiden letzteren sich später zu einer Vene vereinigen (p. 139); Emmert dagegen (Lacerta) (7, p. 102), Durrocazr (Vipera berus) (%k, p. 28), Vorxmann (Tropidonotus) (28, p. 11) sprechen von einer Arterie und einer Vene. Diese Angaben stehen an sich noch nicht im Widerspruch, da sie sich auf verschiedene Stufen der Entwick- lung beziehen können, worüber aber aus den betreffenden Schriften nichts Bestimmtes zu erkennen ist. Fasse ich nun diese allerdings unvollkommenen Nachrichten über die sekundäre Gefäßanordnung zusammen, so scheinen sie zu zeigen, dass sich Unterschiede herausbilden nicht nur zwischen Reptil und Vogel, sondern auch zwischen verschiedenen Ordnungen der Reptilien. 6. Aufnahme des Dottersackes in die Bauchhöhle. — Bei den Schlangen wird der Dottersack in die Leibeshöhle aufge- nommen. So berichtet Durrocker von Vipera berus (4, p. 28), Duvernov (6, p- 307) ohne Angabe der Gattung, Carus von Vipera berus (2, Taf. XII, Fig. 17), Raruke von Tropidonotus natrix (16, p. 18%). Das Dotterorgan der Wirbelthiere, 185 Dasselbe ist der Fall bei Schildkröten, wie Duvernov mittheilt (6, p- 307). Dasselbe bei Krokodilen, wie Raruke meldet. Dasselbe schildern von Eidechsen Duvernor (6, p. 307) und Emmerr (7, p. 106). Bei Anguis ist es eben so. Ich mache darüber folgende genauere Angaben: Aus einem Mutterthiere wurden am 9. August Junge ent- nommen von 75 mm Länge; bei ihnen hing der Darm noch aus dem Nabel hervor in Form einer Schleife, deren beide Schenkel je 2,5 mm maßen. Ein anderes Mutterthier, welches in Gefangenschaft gehalten wurde, entließ am 5. August seine 90 mm langen Jungen, deren Dotter- säcke noch außerhalb des Körpers waren. Es konnte also so scheinen, als werde der Dottersack nicht aufgenommen, und wenn man die feste Hautbedeckung solcher Thierchen und die ungemein feine Nabelöff- nung betrachtet, so spricht auch der Augenschein dagegen, dass durch dieses Loch noch ein Dottersack sollte eintreten können. Und doch geschieht es, wie mich zwei weitere Beobachtungen vom 21. August lehrten. In dem einen Falle entnahm ich die 76 mm langen Jungen dem Mutterthiere; von den zehn Thierchen zeigten fünf den Dottersack außerhalb, fünf ihn innerhalb der Bauchhöhle; bei einem der letzteren war der Dottersack 7,5 mm lang und glatt. In dem anderen Falle wur- den zwölf Junge von 81 mm Länge geboren, und diese alle hatten den Dottersack in der Bauchhöhle unter völlig gleichen Verhältnissen, näm- lich folgenden (Fig. 17): der Dottersack ist länglich, in sagittaler Rich- tung gestreckt, —6. mm lang, cylindrisch, ohne Einkerbungen; er hat seinen Platz in der linken Seite der Bauchhöhle, so wie es auch Emmerr (7, p. 106) von Lacerta und Raruke (16, p. 184) von Tropidonotus be- schreibt. Hiernach muss ich den vom 5. August geschilderten Befund so deuten, dass die Gefangenschaft einen nachtheiligen Einfluss ausgeübt hat. Daher habe ich auch Bedenken gegen die Richtigkeit der Angabe von SrtrauL (24, p. 115), dass die Jungen von Lacerta vivipara ihre Dottersäcke normalerweise abwerfen. Die Beobachtung an sich kann ich allerdings bestätigen, indem ich gefunden habe, dass Junge von Lacerta vivipara, welche 46 mm lang am 23. Juli geboren wurden, die Dottersäcke abwarfen; aber aus dem Umstande, dass diese Thierchen munter umherliefen und — was Srraur besonders hervorhebt — auch schwammen, möchte ich noch nicht schließen, dass sie das normale Ende ihrer Entwicklung erreicht hatten. Es ist ja bekannt, dass auch Junge von Salamandra, die man mitten im Winter, also monatelang vor dem normalen Ende der Tragzeit, aus dem Mutterthier herausschneidet, 186 ‘Hans Virchow, weiter zu leben vermögen. Diese Beobachtung muss also mit Vorsicht aufgenommen werden und kann den durch alle übrigen Reptilien be- stätigten Satz nicht umstoßen, dass bei den Reptilien gerade so wie bei den Vögeln der Dottersack in die Leibeshöhle aufgenommen wird. Der Mechanismus, durch welchen dies geschieht, ist mir völlig unbekannt. Ich fand beim Huhn als die treibende Kraft die »Nabel- haut«, einen muskulösen Sack, welcher durch einen von der distalen Seite her wirkenden Druck den Dottersack in die Bauchhöhle hinein- gebiert. Bei Reptilien aber scheint Angesichts der starren Körperhaut und der feinen Nabelöffnung diese Aufgabe noch weit schwieriger als beim Huhn. Schon Durrocuker gab dieser Empfindung Ausdruck mit den Worten (2, p. 28): »J’avoue que j’ai peine de concevoir quelle est la force qui peut faire entrer une masse pareille dans l’abdomen du petit serpent.« Raruke findet bei Goluber die Ursache »in den Stäm- men der Dottergefäße (Arterie und Vene), die sich gegen Ende des Fruchtlebens offenbar bedeutend verkürzen« (16, p. 184), aber bewiesen ist dieser Zusammenhang nicht. 7. Dottergang. Die Frage des Dotterganges zerlegt sich in die drei Fragen: wie lange sich sein Lumen erhalte, wie seine Einmün- dung in Darm und Dottersack, und wie sein Epithel beschaffen sei. Hierüber enthält die Litteratur nur Unzureichendes. Ja VoLkMANN (28, p- 8) stellt sogar für Tropidonotus, ohne nähere Bezeichnung des Stadiums, den Dottergang gänzlich in Abrede mit den Worten: » Cana- lis vitello-intestinalis nullus deprehenditur.« In dem gleichen Sinne spricht sich Raruxe aus (16, p. 92): »Der Dottersack giebt schon früh seine Verbindung mit dem Darme auf, ohne dass vorher ein Gang von erheblicher Länge zwischen ihm und dem Darm ausgesponnen wäre«, »so dass der Dottersack nur durch seine Blutgefäße mit der Frucht im Zusammenhange steht«; in Übereinstimmung damit » tritt nicht‘, wie bei den Vögeln und Säugethieren in einer sehr frühen Zeit des Frucht- lebens, ein Theil von ihm (dem Darm), eine Schlinge bildend, aus dem Hautnabel hervor« (ibid. p. 45). Gleiches berichtet Emmerr (7, p. 89, 98, 102, 105) von jüngeren und älteren Entwicklungsstufen von Lacerta. Wogegen Durrocarr (k, p. 28) und Carus (2, Taf. XII, Fig. 17) den Dottergang für Vipera berus erwähnen und abbilden, ja in der Abbil- dung von Carus erscheint derselbe sogar sehr dick. Ich selbst vermag diese Lücke nicht auszufüllen, sondern nur Eini- ges zur Orientirung über Anguis mitzutheilen. Bei 75 mm langen, aus dem Mutterthier genommenen Embryonen, bei denen der Darm noch aus dem Nabel hervorhing (s. p. 185), ging Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 187 vom Scheitel der Darmschleife ein 3 mm langer Faden zum Dotter- sack ; etwas entfernt davon trat ein zweiter feiner Faden (Dottersack- arterie?), welcher bei der Präparation gewöhnlich abriss, zum Dotter- sack. — Bei ausgeschlüpften, 8! mm langen Jungen, bei denen der Dottersack innerhalb der Bauchhöhle lag (s. p. 185), war der Dottersack durch einen sehr dtinnen, 2,5 mm langen Faden nicht mit dem Darm, sondern mit einer Stelle des Mesenterium verbunden, welche doppelt so weit von der Wirbelsäule wie vom Darme entfernt war und der Gabelung der Arteria mesenterica in ihre Eingeweideäste entsprach. — . Bei vier anderen Thieren von 76 mm Länge, bei welchen der Dotter- sack noch außerhalb des Körpers lag (s. p. 185), fand sich der feine Faden, der die Verbindung zwischen dem Mesenterium und dem proximalen Pole des Dottersackes herstellt, gleichfalls vor und passirte völlig frei durch die sehr feine Öffnung des Nabels, so dass er sich durch diese ohne Widerstand hin- und herziehen ließ; er maß in diesen Fällen im Ganzen, d. h. vom Mesenterium bis zum Dottersack, 3,5 bis 4 mm. Die Verbindung dieses Fadens mit dem Mesenterium lässt allerdings vermuthen, dass wir die Arterie und nicht den Dottergang vor uns haben. Auf Querschnitten desselben von einem der letzten Fälle ließ sich außer einem deutlichen Gefäß ein von flachen Zellen begrenztes Lumen er- kennen, doch waren die Merkmale der Zellen zu unbestimmt, als dass man hätte entscheiden können, ob man ein Epithel vor sich habe. Diese Mittheilungen sind unvollkommen; und wenn der Dottergang sich wirklich schließt und völlig schwindet, so fehlt es uns doch noch gänzlich an einer Kenntnis des Zeitpunktes. Wenn aber ein solcher Schwund eintritt, wie bewährte Forscher behauptet haben, so müssen wir anerkennen, dass in diesem Punkte sich die Reptilien weiter wie die Vögel von den Amphibien entfernen. 8. Der Eiweißsack oder die Dottersackplacenta. — Durch Duvar (5) ist ein eigenthümliches Organ an das Licht gezogen worden, welches bei Vögeln vorkommt. Dasselbe macht allerdings keinen Theil des Dottersackes aus, da es nicht von ihm aus, sondern außerhalb desselben entsteht. Da es aber mit dem distalen Pole des Dottersackes fest verbunden ist, so müssen wir es bei der Betrachtung des letzteren im Auge behalten. Einstweilen beschränken wir uns darauf, auf die interessanten Beobachtungen von GIacommmı hinzuweisen, welcher bei Seps chalcides eine Allantois-Placenta am proximalen und eine Dottersack -Placenta am distalen Pole beschreibt (9, p. 550). Fassen wir das Ergebnis der vorstehenden Betrachtungen über Bar: 188 | Hans Virchow, den fertigen Dottersack der Reptilien zusammen, so müssen wir sagen, dass er an Höhe der Ausbildung nicht hinter dem der Vögel zurückbleibt und nicht als eine Zwischenstufe zwischen diesem und der Dotterbucht der Amphibien bezeichnet werden kann. Mit diesem bestimmt gefassten Ergebnis wenden wir uns der Be- trachtung der Entwicklung zu; und hier werden wir zu der eben so bestimmt gefassten Erkenntnis gelangen, dass das Dotterorgan der Reptilien dem der Amphibien wesentlich näher steht. Die nähere Ver- wandtschaft verräth sich in zwei Zügen: in dem Auftreten einer For- mation typischer großer »Dotterzellen« und in dem ausgedehnten Vorkommen einer »Dotterfurchung«. B. Die Entwicklung des Dottersackentoblasten. I. ZellenundZellenformationen des sich entwickeln- den Dottersackentoblasten. — Im Dottersackentoblasten der Reptilien kommen während der Entwicklung verschiedene Zellenformen und -Formationen vor, so dass man von einem Polymorphismus der letzteren sprechen kann. Ich führe zunächst diese Formen vor, und zwar in einer so zu sagen systematischen, nicht genetischen Reihenfolge; die genetischen Be- ziehungen sollen dann weiterhin erörtert werden. Ich unterscheide folgende Formen bezw. Formationen: a) das epithelartige Lecithoderm und zwar: 1) das geschichtete dotterhaltige Lecithoderm, 2) das geschichtete dotterfreie Lecithoderm. b) »freie« d.h. nicht epithelartig geordnete Zellen; unter letzteren: 1) Merocyten, und zwar a) protoplasmaarme Merocyten, b) protoplasmareiche Merocyten. 2) Typische große Dotterzellen, und zwar a) kugelige b) abgeflachte. 3) Dotterfreie Zellen, und zwar a) runde b) platte. 4) Kleinste dotterfreie Zellen. Ich werde weiter unten die Zeiten und Orte angeben, in denen diese einzelnen Formen gefunden werden. Zuvor aber, da ich hier den Ausdruck Merocyten anwende, will ich mich über den Sinn dieses Wortes aussprechen, d. h. ich will angeben, in welchem Sinne ich das Wort gebrauche. Da nun der Ausdruck Meroeyten von den Selachiern Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 189 zuerst gebraucht worden ist, so muss ich hier eine Bemerkung über diese einschieben. Die Merocyten der Selachier. — Rückerr hat die eigen- thümlichen im Dotter der Selachier vorkommenden Kerne als Mero- eytenkerne, die zu ihnen gehörigen Zellenterritorien als »Merocyten« bezeichnet, in der Vorstellung, dass sie eine specifische Formation der meroblastischen (dotterreichen) Eier darstellen. Diese Vorstellung ist etwas schief, denn erstens kommen Gebilde von dem gleichen Charakter nicht bei allen meroblastischen Eiern vor, wenigstens sind Elemente von den Merkmalen der »reifen« Meroceyten (s. unten) bisher bei Vögeln nicht gefunden; zweitens kommen in den Dotterorganen meroblastischer Wirbelthiere auch verschieden andere Zellenformen vor, was ich ja von den Reptilien gerade im Begriffe bin, aus einander zu setzen. Man muss daher den Ausdruck »Meroeyten« schärfer begrenzen. Bei diesem Versuche aber stoßen wir sofort auf zwei verschiedene Gedankengänge, die zunächst völlig gesondert verfolgt werden müssen. Erstens: Rückerr hat angegeben, dass von den Merocyten aus nicht bloß Dotterentoblast- (Dottersackepithel-) Zellen gebildet werden, sondern auch »echte Embryonalzellen« (17, p. 286), insbesondere Zellen des embryonalen Entoblasten (19, p. 373, 37%), ferner Mesodermzellen, Blutzellen und Endothelzellen (18, p. i60), ja sogar (durch Vermittelung der aus ihnen zunächst entstehenden Megasphären) Ektodermzellen (18, p. 168); wenn auch letztere nur in beschränktem Umfange, und wenn auch nicht alle Blutzellen ete. Wenn dies richtig ist, so haben die Merocyten der Selachier keine geweblich specifische Be- deutung. Zweitens: Bei allen Wirbelthieren (außer Amphioxus) giebt es in dem Dotterorgan specifische Zellen, denen die Dotterverarbeitung ob- liegt: Dotterzellen, Dottersackepithelzellen. Bei den Selachiern und eben so bei den Knochenfischen sind die Dotterzellen durch Gebilde dar- gestellt, welche sich durch eigenthümliche Kerne und durch das Fehlen der zelligen Abgrenzung auszeichnen. Für diese zweite Betrachtung lassen sich gewichtige Gründe anführen, und ich möchte durch An- führung von drei Thatsachen dieser Vorstellung Körper geben: Unter dem Keim finden sich während der Stadien, welche sich an die Morula anschließen, nicht nur in der oberflächlichsten Dotterschicht, sondern auch mehr in der Tiefe Kerne mit Protoplasma (tiefes Merocyten- lager «); Anfangs vorn und hinten gleichmäßig, später vorwiegend vorn; ferner: im Stadium der jungen Embryonalanlage finden sich Mero- eyten im ganzen Bereiche der peripherischen Keimhaut (d. h. der 190 Hans Virchow, i Dottersackanlage), dagegen unter dem Darm (Urdarm) nicht, so dass dieser an nackten Dotter anstößt; endlich: in späteren Stadien, in welchen der Embryo längst vom Dotter abgehoben ist und durch einen Dottergang mit dem Dottersack in Verbindung steht, trifft man an der Oberfläche des Dotters, so weit das Dottersackepithel reicht, d. h. bis zum Rande der Dottersackanlage eine ununterbrochene Schicht von Merocyten, und diese müssen wir wegen der starken Ausprägung ihrer specifischen Merkmale, insbesondere wegen der enormen Größe der amöboiden ehromatinreichen Kerne als »reife« oder »fertige« meroey- tische Formation bezeichnen. Dies Alles lässt es nicht zweifelhaft er- scheinen, dass wir hier wirklich die specifischen »Dotterzellen« der Selachier vor uns haben. Wenn nun daneben auch noch die von Rückzrr mitgetheilten That- sachen richtig sind (auf deren Erörterung ich übrigens, da ich noch nicht von der Entwicklung der Selachier spreche, an dieser Stelle nicht eingehe), so bedeutet das, dass zwar in späteren Stadien der mero- cytische Charakter aufdie Dotterzellen beschränkt ist, dass dagegen in früheren Stadien alle Keimbestandtheile, welche mit dem Dotter in innige Berührung treten, diesen Charakter besitzen. Wenn das wahr ist, so verliert damit die merocytische Formation ihre geweb- lich specifische Bedeutung, das Merocytische hat nur noch den Werth eines Prädikates und kann nur in derselben Weise verstan- den werden, wie wir auch von cylindrischen, spindelförmigen, stern- förmigen Zellen sprechen, ohne damit etwas geweblich Specifisches ausdrücken zu wollen. Um so mehr Veranlassung aber haben wir, die Merkmale genau festzuhalten und nicht etwa, wie es von manchen Autoren geschieht, den Ausdruck »Merocyten« für »Dotterzellen« schlechtweg zu gebrau- chen. Wollen wir das thun, so brauchen wir den Ausdruck überhaupt nicht, sondern wir kommen mit Dotterzellen aus. Als merocytische Merkmale nun ist Folgendes anzusehen: Erstens das Fehlen zelliger Abgrenzung. Das ist das eigentlich wesentliche Merkmal. Sobald daher eine zellige Abgren- zung erfolgt, so hören die Zellen auf, Merocyten zu sein. Zweitens Größe und eigenthümliche Gestalt der Kerne; aber dieses Merkmal ist keineswegs konstant. Natürlich mussten bei der im Ganzen nur flüchtigen Betrachtung, welche die Beobachter diesen Gebilden haben angedeihen lassen, die großen Kerne zunächst auffallen; wenn man aber genauer zuschaut, so findet man, dass sehr oft die Kerne nicht größer sind als die der abgegrenzten Zellen. Drittens Ansammlungen von dotterfreiem Protoplasma um Das Dotterorgan der Wirbelthiere, 191 die Kerne. Dieses Merkmal tritt hei Selachiern frühzeitig hervor, indem zu einer Zeit, wo noch sämmtliche Zellen der Keimblätter, auch in der Embryonalanlage, reichlich mit Dotterkörnern beladen sind, um viele Merocytenkerne herum dotterfreie Protoplasmahöfe vorhanden sind. Trotzdem ist auch dieses Merkmal nicht konstant, und gerade die »reife« meroeytische Formation (s. oben) zeichnet sich durch spärliches Proto- plasma aus mit Ausnahme einer schmalen, den Keimhautrand über- ragenden Zone. Bei den Reptilien nun sind wir veranlasst, nach der Menge des Protoplasmas zwei Formen zu unterscheiden: die protoplasma- armen und die protoplasmareichen Merocyten. Von ersteren erkennen wir nur die Kerne, dicht eingeschlossen vom Dotter, so dass man geglaubt hat, von »freien Kernen im Dotter« sprechen zu könner. natürlich fehlt auch hier das Protoplasma nicht, es ist nur nicht sicht- bar. Bei den zweiten dagegen sehen wir um die Kerne herum dotter- freie Protoplasmahöfe, oft von bedeutender Größe. Veranlassung diese beiden Formen in einen gewissen, wenn auch nicht geweblichen, Gegensatz zu bringen, nehmen wir daraus, dass ihr Unterschied sich mit einem konstanten Unterschied in der Lagerung und im Aussehen der Kerne verbindet. Nach dieser erläuternden Abschweifung kehre ich zurück zu den Zellen des sich entwickelnden Dottersackentoblasten der Reptilien. a) Das geschichtete epithelartige Lecithoderm (ge- schichtetes Dottersackepithel). 1) Das geschichtete dotterhaltige Lecithoderm. — Damit dem Leser ein bestimmtes Bild vor Augen stehe, schließe ich meine - Beschreibung an die Fig. 48 an. Man bemerkt hier im Lecithoderm vier bis fünf Kernreihen über einander; an anderen Stellen nur drei oder auch nur zwei. Es ist daraus noch nicht zu schließen, dass die Zellen eben so viele Schichten bilden, denn es ist ja möglich, dass die Kerne in verschiedenen Höhen innerhalb der Zellen liegen. Wo die Kerne eckig sind, da ist dies durch anliegende Dotterkörner oder Vacuolen (Fetttropfen) bedingt; die Grundform der Kerne ist kugelig. Davon machen aber die abgeplatteten Kerne der äußeren und inneren Oberfläche eine Ausnahme; von letzteren bemerkt man auf: unserer Figur fünf äußere und drei innere Kerne. Über die Einschlüsse der Zellen ist ganz dasselbe zu sagen, was früher (p. 178) von den Einschlüssen der fertigen Epithelzellen gesagt wurde: man unterscheidet zwei Arten, Vacuolen (Fetttropfen) und Dotterkörner. Die letzteren sind in der Figur alle gleich behandelt 192 Hans Virchow, worden, im Interesse einer klaren Unterscheidung von den Kernen. In Wahrheit sind sie jedoch verschieden, bald homogen, bald fein granu- lirt, bald gröber granulirt. Die Größe der Körner wechselt erheblich; die Form ist meist kugelig, öfters aber unregelmäßig, wie angefressen, wodurch sich vor Allem die blassen Körner auszeichnen. Das Lecithoderm ist im vorliegenden Stadium von feinen Linien durchzogen, und das wesentliche Interesse knüpft sich an die Frage, wie weit diese Linien Zellengrenzen, und wie weit sie Protoplasmafäden entsprechen. Hier muss man nun eingestehen, dass beide Arten von Linien sich schwer und häufig gar nicht unterscheiden lassen, und dass daher ein Untersucher, der ein solches Präparat losgelöst von der Ge- sammtbetrachtung der Entwicklung beurtheilt, schwer davon zu über- zeugen sein wird, dass hier wirklich geschichtetes Epithel und nicht »netzförmiges Protoplasma mit Kernen« vorliegt. Es müssen daher auch indirekte Beweise herbeigezogen werden für die Begründung des geschichteten Epithels. Als solche können gelten: 1) die Begrenzung der inneren Oberfläche durch eine scharfe Linie, ja durch einen Spalt (perilecithalen Spalt) und 2) die sogleich zu schildernde Beschaffenheit des Lecithodermrandes. Da das Leeithoderm in seinen Randtheilen zellig gegliedert ist, und da es späterhin (im Stadium des einschichtigen Epithels) gleichfalls zellig gegliedert ist, so ist es wahrscheinlich, dass es auch auf der Zwischenstufe sich so verhalte. Die Begrenzung der inneren Oberfläche durch den perilecithalen Spalt fehlt jedoch in mittleren Stadien der Entwicklung an einer Stelle, nämlich über der Randvene (s. p. 173), und daher ist diese Stelle be- sonders ungünstig für die Beurtheilung und für die Erkennung des epithelialen Charakters; man wird aber nicht diese schmale Zone dem Urtheil zu Grunde legen und die viel klareren Verhältnisse, welche distal davon auf einer weiten Strecke herrschend sind, übersehen. Häufig erkennt man, wie es auch in der vorliegenden Figur sicht- bar ist, dass diejenigen Zellen, welche der inneren Oberfläche näher liegen, ihren langen Durchmesser parallel zu dieser Oberfläche haben, ja die innersten Zellen sind oft geradezu abgeplattet. Vergleich mit dem Huhn. — Beim Huhn haben wir die gleiche Formation des geschichteten Dottersackepithels schon kennen gelernt. Ich habe sie dort als »Formation der Innenzone des Dotterhofes« be- schrieben und angegeben, dass sie auch die Gegend der Randvene überzieht. Beim Huhn zeichnen sich jedoch ihre Zellen durch starke Abplattung und Mangel an Inhalt aus, und in Folge davon ist die ganze Formation viel dünner, Bei Lacerta sind daher die Verhältnisse weit deutlicher, 7 > \ FM Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 193 2) Das geschichtete dotterfreie Leeithoderm (Formation des Leeithodermrandes). — Auch hier empfiehlt es sich, die Beschrei- bung an eine Abbildung anzuschließen, und ich lege als solehe die Fig. 19 vor. Das Lecithoderm besteht hier aus kleinen dicht gedräng- ten Zellen, welche in zwei- bis dreifacher Lage angetroffen werden. Am Keimhautrande selbst nimmt die Zahl der Lagen zu, und hier lässt sich eine Abgrenzung gegen das Ektoderm nicht durchführen, indem die bis dahin platten Zellen des letzteren gleichfalls rundlich werden. Das Präparat, welches der Fig. 19 zu Grunde liegt, ist von einem im Ganzen geschnittenen Ei, bei welchem der Dotter bis auf eine kleine Stelle am distalen Pole umwachsen war; dieses Präparat — das einzige dieser Art, welches mir zur Verfügung steht — ist jedoch nicht ganz tadellos. Das Ei ist stark geschrumpft, und so vermuthe ich, dass die Elemente etwas zu klein erscheinen. Auch sind die Zellengrenzen nicht deutlich. Man sieht daher eigentlich nur die Kerne, doch ist das Leei- thoderm nach innen durch eine scharfe Linie begrenzt. Jenseits dieser Linie trifft man rundliche und abgeplattete frei- liegende Zellen in kleinen Gruppen (f in Fig. 19), eingeschlossen in eine dotterfreie körnige (protoplasmatische?) Schicht. b) Freie Zellen. 1) Merocyten. — a) Protoplasmaarme Merocyten. — Die protoplasmaarmen Merocyten, welche als im Boden der subgerminalen Höhle gelegen so oft erwähnt, aber nie genauer beschrieben sind, machen sich nur durch ihre Kerne bemerkbar. Wenn man das Stadium des zweiblätterigen Keimes verlässt, in welchem noch eine ziemlich rege verspätete Abfurchung von der Bodenschicht aus stattfindet, und sich dem Stadium der Gastrula zuwendet, so ist in der Regel nicht ein- mal durch leichte Erhebungen der Bodenschicht die Zusammensetzung aus Zellenterritorien erkennbar, sondern der Kontour zieht in glatter Flucht weiter; doch kommt es gelegentlich vor, namentlich bei Locke- rung des Dotters, dass sich die unteren Begrenzungen der Zellenterri- torien andeutungsweise verrathen. Die Kerne sind nicht größer wie die der Zellen im Dach der subgerminalen Höhle, d. h. im Lecithoderm; sie färben sich im Ganzen und sind granulirt; sie sind zwar nicht immer, aber doch in typischer Weise abgeplattet und mit ihren langen Achsen der Oberfläche parallel gestellt; sie sind glatt oder eckig. Um die Kerne findet man zuweilen Spuren eines dotterfreien Hofes, doch werden wir als die typische Form diejenigen Merocyten ansehen, in welchen die Dotterkörnchen an den Kern hart anstoßen. Bei genauer Betrachtung bemerkt man noch einige Züge in dieser Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd. Suppl. 43 194 “Hans Virchow, Formation, welche der Beachtung werth sind. Der Dotter in diesen mittleren Theilen der Bodenschicht wird dargestellt durch kleine Körn- chen, die jedoch nicht völlig rund, sondern eckig sind, und zwar so, dass sie kleine Vaceuolen umschließen, in denen vermuthlich Fett- tröpfchen enthalten waren. Die Kerne liegen zuweilen dicht an der Oberfläche, in typischer Weise aber doch unterhalb der letzteren, so wie es die Fig. 22 darstellt. Über die Vertheilung der Kerne, aus welcher man auf die Größe der Zellenterritorien schließen kann, ist zu bemerken, dass die Kerne in ziemlich gleichen Abständen liegen, dass aber auch eine Anordnung in kleinen Gruppen vorkommt; ferner, dass die Kerne der Regel nach in einer Reihe liegen, dass aber auch zwei Reihen über einander vorkommen. Übrigens muss man in dieser Hinsicht mit dem Urtheil vorsichtig sein, da fast an allen Präparaten der Dotter stark mitgefärbt ist, und daher leicht Kerne übersehen werden können. Von Protoplasma sieht man keine Spur; trotzdem ist an der Anwesenheit desselben nicht zu zweifeln, denn an den Elementen, welche sich in früheren Stadien von der Bodenschicht abheben, um zu Zellen zu werden, ist das Protoplasma nicht besser zu erkennen. Diese sich abhebenden Zellen lehren auch, dass der Kern im Centrum des Zellenterritoriums liegt, und wir können diese Erfahrung auf die Mero- eyten der Bodenschicht übertragen. Zuweilen tritt in den Dotterkörn- chen, welche in nächster Nachbarschaft eines Kernes liegen, eine Neigung zu radiärer Anordnung hervor. Übergänge zu den protoplasmareichen Merocyten kommen vor. b) Protoplasmareiche Merocyten. — Diese Gebilde, welche man in den Randtheilen der Bodenschicht findet, sind trotz ihrer auf- fallenden Merkmale bisher nicht genauer gewürdigt worden. Was sie auszeichnet, ist ein dotterfreier protoplasmatischer Leib und ein großer Kern von eigenthümlichem Aussehen. Die Kerne sind kugelig oder elliptisch, zuweilen auch unregel- mäßig gestaltet; die chromatische Substanz wird in sehr verschiedener Vertheilung angetroffen, die Größe schwankt außerordentlich. Es ließe sich daher über diese Kerne sehr viel sagen, ich beschränke mich aber für diesmal darauf, zwei Exemplare vorzuführen. In dem einen Falle (Fig. 20) bemerkt man im Inneren des Kernes eine strahlige Figur, aus einem sehr zarten Gerüst von Fäden gebildet, von welcher theils überaus feine, theils gröbere Fäden an die Oberfläche (Kernmembran) treten. Dort wo die gröberen Fäden die Oberfläche treffen, ist die letztere eingezogen. Die chromatische Substanz beschränkt sich auf feine Körnchen, Die Kernmembran ist überaus zart. Der übrige Raum Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 195 des Kernes erscheint an dem Präparat fein punktirt, doch habe ich kein bestimmtes Urtheil gewinnen können, ob nicht diese Punktirung durch über- oder unterlagerndes Protoplasma bedingt war. Der andere Kern (Fig. 21) ist einer der größten, die in solchen Meroeyten vorkommen. Auch seine Membran ist durch eine überaus feine Linie dargestellt. Ein Gerüst feiner Fäden, welches sein Inneres mit unregelmäßigen Maschen durchzieht, ist eigentlich nur dadurch er- kennbar, dass die feinen Körnchen, in welche die chromatische Sub- stanz aufgelöst zu sein scheint, an diesen Fäden haften. Das Protoplasma umgiebt die Kerne zunächst in Gestalt eines dichten Hofes, welcher an den Präparaten fein punktirt erscheint. Am Rande geht dieser Hof aber über in ein Netzwerk feiner Fäden, welche zwischen die benachbarten Dotterkörner eindringen, und daraus darf wohl geschlossen werden, dass auch in dem centralen Hof das Proto- plasma nicht körnig sondern netzartig ist. Wenn man die anliegenden Dotterkörner mit den Dotterkörnchen der Fig. 22 vergleicht, so wird man sofort bemerken, dass die der Fig. 20 größer sind; das bedeutet, dass sich die Randmerocyten im Stadium der Gastrula in einer Region unveränderten Dotters befinden. Die protoplasmareichen Merocyten beschränken sich nicht auf die Oberfläche, sondern sie dringen eine kleine Strecke weit in die Tiefe ein. Benachbarte Merocyten stehen durch die Protoplasmafäden ihres Randes in Verbindung; wir werden daher die Zellenterritorien dadurch abgrenzen können, dass wir in der Mitte zwischen benachbarten Höfen eine Linie hindurchführen, durch welche der zwischenliegende Dotter halb dem einen, halb dem anderen zugetheilt wird. Dieses Verfahren findet seine Rechtfertigung durch die Beobachtungen, die wir bei der Randfurchung machen können; denn bei diesem Vorgange, der noch im Stadium der Gastrula fortgeht, werden auch die groben Dotterkörner mitgenommen und liegen dann in den Randtheilen der neugebildeten Zellen. Die Formation der protoplasmareichen Merocyten findet ihre Er- gänzung durch kernloses Protoplasma, welches über den Keimhautrand hinausreicht; in ihm müssen wir eine tiefe und eine oberflächliche Schicht unterscheiden, doch soll über beide an dieser Stelle nichts be- merkt werden. Vergleich der protoplasmaarmen und protoplasmareichen Mero- eyten. — So sehr auch die in Fig. 20 und 22 abgebildeten Formen von einander abweichen, so wird doch durch Zwischenformen der Über- gang vollständig vermittelt. Ein Grund, beide von einander zu trennen, 43* 198 Hans Virchow, liegt daher nicht vor; wir müssen sie als verschiedene Gestaltungen derselben Form ansehen und müssen eine Aufklärung ihrer Verschieden- heit von weiteren Untersuchungen erwarten. Vergleich mit den Vögeln. — Die Merocyten der Vögel, welche in sehr beschränkter Weise in frühen Stadien vorkommen, müssen, so weit die sehr unvollkommenen bisherigen Mittheilungen schließen lassen, mit den protoplasmaarmen Merocyten der Reptilien verglichen werden. VergleichmitdenSelachiern. — Die Merocytender Selachier weichen sehr erheblich von denen der Reptilien, insbesondere von den ausgebildeten Formen der Randmerocyten ab. Eine genauere Dar- stellung derselben liegt aber bis jetzt nicht vor. 2) Dietypischen großen Dotterzellen (Fig. 23). — a) Die kugeligen Dotterzellen. — Diese Zellen, welche Srranr (25) auf Fig. 6a abbildet und auf p. 291 kurz beschreibt, sind von nahezu wenn auch nicht absolut konstanter Größe, Sie sind kugelig, also nicht gegen einander abgeplattet, was darauf schließen lässt, dass zwischen ihnen eine gewisse Menge Flüssigkeit vorhanden ist. Da nun diese Flüssig- keit im zellenfreien Dotter fehlt, so muss man annehmen, dass gleich- zeitig mit dem Auftreten von Zellen Flüssigkeit in den Dotter gelangt. Die Membran ist durch eine überaus zarte Linie angedeutet. Von Protoplasma ist in der Regel nichts zu sehen, es muss also in Gestalt überaus feiner Fäden vorhanden sein, wahrscheinlich den Dotterkör- nern anliegend. Der Kern liegt, wenn auch nicht ausnahmslos, central; ist kugelig oder mit einem oder mehreren Eindrücken durch anliegende Dotterkörner versehen. Sein Chromatin ist in fadiger Anordnung, in kleinen Kernen dichter. Die Dotterkörner sind zum Theil kugelig, zum Theil von unregel- mäßiger Form, manche wie angefressen; manche von ihnen sind kleiner wie die Körner des freien Dotters, manche aber auch größer, so dass man annehmen kann, dass innerhalb der Zellen eine Veränderung mit dem Dotter vor sich geht, wodurch die Körner zum Theil zerspalten werden, zum Theil zusammenkleben. Im Ganzen muss aber doch eine große Gleichartigkeit in dem Aussehen der Dotterkörner hervorgehoben werden. Die Abstände, welche die Körner an den Schnittpräparaten haben, entsprechen wahrscheinlich nicht genau dem frischen Zustande, denn da der Dotter auch nach vorausgegangener »Fixirung« schrump/t (s. p. 164), so darf man annehmen, dass sich alle Körner verkleinern. Zuweilen ist eine Neigung der Körner bemerkbar, sich vorwiegend an der Wand, bezw. entfernt vom Kern, anzuordnen. Vergleich mit dem Dottersackepithel. — Die Verglei- Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 197 chung der Fig. 23 mit den Fig. 7 bis 9 lehrt, dass Dotterzellen und Dottersackepithelzellen, auch abgesehen von der Verschiedenheit der Gestalt, nicht gleich sind; der Unterschied besteht darin, dass bei den Dotterzellen der Inhalt mehr dem rohen Dotter gleicht, bei den Epi- thelzellen dagegen eine weitergehende Veränderung stattgefunden hat. Indessen ist doch der Inhalt jüngerer Epithelzellen oft völlig über- einstimmend mit dem der Dotterzellen. Da nun auf Schnitten durch ganze Dottersäcke die meisten Epithelzellen schief getroffen werden müssen, und ihre Beziehung zur Wand und zu den Anhängen der letz- teren daher nicht mehr erkannt werden kann, so lässt sich an solchen Präparaten unmöglich beurtheilen, ob man im einzelnen Falle eine Epithelzelle oder eine Dotterzelle vor sich hat. Diese Unklarheit empfindet der Leser peinlich bei der Beschreibung von Srranz (25, p- 285). Vergleich mit dem Huhn. — Beim Huhn kommen solche Zellen, wie sie hier als die typischen Dotterzellen geschildert wurden, nieht vor und können auch gar nicht vorkommen, da der Dotter, welcher einwärts vom perilecithalen Spalt liegt, keiner zelligen Glie- derung unterliegt. Vergleieh mit Amphibien. — Bei Amphibien kommen die Dotterzellen bekanntlich in ganz typischer Weise vor, sie bilden hier die eigentliche Zellenformation des Leeithoblasten und treten schon im Anschluss an die Furchung auf. Daher muss in dem Umstande, dass diese Formation bei Reptilien auftritt, eine morphologische Thatsache von entscheidender Bedeutung gefunden werden; man muss erkennen, dass in der Gestaltung der Wand (einschließlich der Wandanhänge), die Reptilien den Vögeln, in der Organisation der inneren Zellenmasse aber den Amphibien gleichen. b) Die abgeflachten Dotterzellen (Fig. 24). — Die abge- flachten Dotterzellen sind in nichts, insbesondere nicht im Inhalt, von den benachbarten kugeligen Dotterzellen verschieden; nur schließen die abgeflachten Zellen dicht (epithelartig) an einander, namentlich mit ihren kurzen Rändern. Es kann daher im Wesentlichen auf die Fig. 24 verwiesen werden, bei deren Betrachtuug nur das Eine zu bemerken ist, dass die in ihr dargestellte Form, d. h. der in ihr dargestellte Grad der Abflachung nicht etwa konstant ist. Es kommen vielmehr viel stärker abgeflachte Formen vor, solche, bei denen der Dicke nach nur eben ein Dotterkorn Platz findet. Von diesen stark abgeflachten Zellen bis zu den kugeligen finden sich alle Übergänge, so dass die Zusammen- gehörigkeit beider unzweideutig erwiesen ist. 198 Hans Virchow, Vergleich mit den abgeflachten Zellen im geschich- teten Epithel. — Der Vergleich beider Zellenformen drängt sich dem Beschauer der Präparate von selbst auf: außen und innen ist die Wand des perilecithalen Spaltes von den noch zu schildernden platten dotter- freien Zellen belegt; außen und innen schließen sich an diese zunächst abgeflachte Zellen, dort abgeflachte Epithelzellen, hier abgeflachte Dotterzellen an, beide im Aussehen völlig gleich. Die Verwandtschaft der Dotterzellen und der Dottersackepithelzellen wird dadurch aufs deutlichste belegt. 3) Dotterfreie Zellen. — a) Runde (Fig. 25). — Diese Zellen machen den Eindruck protoplasmareicher Zellen; ihr Leib erscheint blass gekörnt, ob er aber in Wahrheit netzartig ist, vermag ich nicht zu sagen; der Kontour ist blass, und man muss diese Zellen nach ihren Formerscheinungen für nackt halten. Manchmal scheint es, als erhöben sich von der Oberfläche ganz feine Fädchen. Der Kern ist kugelieg. Dotter fehlt in den Zellen völlig. Diesen im Wesentlichen negativen Eigenschaften lässt sich noch etwasbedeutungsvolles Positives anreihen: die amöboide Fähigkeit dieser Zellen, dort, wo sie in engen Räumen liegen; also in dem perilecithalen Spalt und noch mehr zwischen den großen Dotterzellen, zwängen sie sich in diese Räume hinein und wahr- scheinlich durch dieselben hindurch. Vergleich mit dem Huhn. -- Die Zellen, welche ich beim Huhn aus der »Formation der Außenzone des Dotterhofes« als Kleine hlasse Zellen beschrieben habe, ähneln den eben geschilderten sehr, doch sind die Zellen beim Huhn nicht so »protoplasmatisch«; sie sind vielmehr mehr blasig und es tritt eine größere Neigung zu netzartiger Struktur des Protoplasma hervor. b) Platte dotterfreie Zellen (Fig. 26). — Diese Zellen zeigen sowohl den Leib wie den Kern abgeplattet; sie laufen schmal am Rande aus, oder berühren sich, wenn sie an einander stoßen, mit kurzen Rändern. Besonders schön fand ich diese Zellen bei Lacerta viridis, wo überhaupt in der Gestaltung der Zellenformen eine größere Üppig- keit hervortritt wie bei Lacerta agilis. Von Lacerta viridis ist auch Fig. 26 genommen; ich möchte jedoch die großen Kerne mit Chromatin- gerüst nicht geradezu für typisch erklären; in der Regel sind die Kerne kleiner. Vergleich mit runden dotterfreien Zellen und mit abge- flachten Dotterzellen. — Man könnte denken, dass die platten dotterfreien Zellen eine Zwischenform zwischen den runden dotter- freien und den flachen dotterhaltigen sind, oder mit anderen Worten, dass Fig. 26 den Übergang zwischen Fig. 25 und 24 vermittelt. Das Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 199 ist auch in der That meine Meinung. Um so nothwendiger ist es aber, die Merkmale der Zellen aufs genaueste festzustellen, damit nicht Un- zusammengehöriges in Beziehung gebracht werde. Hier ist nun zu be- merken, dass wenn die Kerne der platten Zellen klein sind, diese Zellen mehr den runden dotterfreien ähneln, wenn dagegen die Kerne, groß sind, mehr den flachen dotterhaltigen Zellen; als ein Beispiel der letzteren Art kann Fig. 26 gelten. Die feinere Untersuchung muss entscheiden, ob hier zwei Formen platter dotterfreier Zellen vor- liegen oder nur unwesentliche individuelle Verschiedenheiten einer Form. k) Kleinste dotterfreie Zellen (Fig. 27). — Diese Zellen be- sitzen einen kugeligen Kern und einen protoplasmatischen Leib, und obwohl der Kern klein ist, so kann er doch im Vergleich mit dem Zell- leib groß genannt werden. Sehr auffallend ist auch an diesen Zellen ihre amöboide Natur, und von dieser machen sie die ausgiebigste Ver- wendung, da sie an der einzigen Stelle, wo sie vorkommen, gezwungen sind, in engen Spalten zwischen den Dotterkörnern Platz zu suchen. Vergleichmitdenrundendotterfreien Zellen. — Diesen gleichen die eben geschilderten in der Größe des Kernes und in den amöboiden Eigenschaften; beide weichen aber in der Größe des Zell- leibes von einander ab. Die Vermuthung liegt nahe, dass beide For- men nahe verwandt sind. Dies ist auch meine Meinung; ich glaube, dass die größeren dotterfreien Zellen die Vorläufer der Dotterzellen, die kleinsten dotterfreien Zellen dagegen die Vorläufer der Dottersack- epithelzellen sind. Und da Dotterzellen und Dottersackepithelzellen nur Modifikationen der gleichen Form sind, so kann das Gleiche von ihren Vorstadien gesagt werden. Vergleich mit Dottersackepithelzellen. — Wenn man Fig. 27 neben der Fig. 9 betrachtet, so muss es allerdings verwegen erscheinen, beide Formen in Beziehung bringen zu wollen. Der Schritt von Fig. 27 zu Fig. 9 ist denn doch noch weit bedeutender wie der von Fig. 21 zu Fig. 17 meiner Arbeit über den Dottersack des Huhnes. Die Formen bei den Reptilien — so weit meine Beobachtungen reichen — nähern sich nach beiden Richtungen dem Extremen: die kleinen Zellen sind kleiner, die großen größer als beim Huhn. Trotzdem, so abenteuerlich es erscheinen muss, glaube ich doch, dass der Weg von Fig. 27 bis zu Fig. 9 wirklich zurückgelegt wird; und als Zwischen- stufe auf diesem Wege haben wir Fig. 18 anzusehen. Ich habe mich aber doch immer von Neuem aufs ernsthafteste fragen müssen, ob nicht das in Fig. 27 dargestellte Bild auf einer Täuschung beruhe, ob nicht diese kleinen Zellen in Wahrheit nur Stücke von Zellen (Dotter- 300 Hans Virchow, zellen bezw. Dottersackepithelzellen) seien, Kerne mit den nächstum- gebenden Protoplasmahöfen. Ich nehme eine Diskussion hierüber gern von Neuem auf, bin aber für meine Person, auf Grund meiner Präparate überzeugt, dass ich eine sichere und klare Thatsache mitgetheilt habe. Vergleich mit den Zellen in der Formation der Außenzone des Dotterhofes beim Huhn. — Nach Lage und Vertheilung ist die Forma- tion des Eidechseneies, welche die »kleinsten dotterfreien Zellen« ent- hält, mit der genannten Formation des Hühnereies gleichwerthig; die Zellen sind jedoch bei der Eidechse kleiner, und die ganze durch sie gebildete Formation hat bei der Eidechse mehr Regelmäßigkeit, d.h. es stehen mehr Zellen auf der gleichen Phase ihrer Entwicklung. Il. Zeitliche und räumliche Vertheilung der geschil- derten Zellenformen und Formationen. — Ich habe es Ange- sichts der besonderen Art unseres Gegenstandes, bei dem die aus der Schwierigkeit der Untersuchung erwachsene Unklarheit noch durch großentheils inhaltsarme litterarische Spekulationen vermehrt ist, für nöthig gehalten, streng methodisch zu beschreiben. Ich fahre damit fort, indem ich die Vertheilung der geschilderten Formen angebe. Damit gebe ich noch nicht eine Beschreibung der Entwicklung, son- dern nur Stücke einer solchen. Den Entwicklungsgang selbst werde ich versuchen, in einem weiteren Abschnitt zu schildern. Dem Leser ist es jedoch schon jetzt ermöglicht, indem ihm die Stücke des Bildes vorgelegt und ihre topographische Vertheilung angegeben wird, sich einen genetischen Zusammenhang zu vergegenwärtigen, welcher an einigen Stellen deutlicher, an anderen weniger deutlich hervortritt. 1) Das geschichtete dotterhaltige Epithel findet sich in mittleren Stadien der Entwicklung! über der Randvene und distal davon im Bereiche des perilecithalen Spaltes. Mit der Ausdehnung des perilecithalen Spaltes bis zum distalen Pole erreicht auch das geschich- tete Epithel den letzteren. Später schwindet es, und an seine Stelle tritt das einschichtige Epithel der Wand. Im Bereiche der Randvene ist das geschichtete Epithel mit der inneren Dotterzellenmasse in Ver- bindung, distal davon ist es durch den perilecithalen Spalt begrenzt. 2) Das geschichtete dotterfreie Lecithoderm. Dieses findet sich in mittleren Stadien der Entwicklung im Keimhautrande. 3) Die kleinsten dotterfreien Zellen finden sich in mitt- leren Stadien der Entwicklung in der Zwischenzone zwischen den ! Unter »mittleren« Stadien der Entwicklung sind hier diejenigen Stadien verstanden, in welchen sich die Umwachsung der distalen Hälfte des Eies vollzieht und die Dotterzellen gebildet werden. Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 201 7 beiden eben genannten Formationen, zwischen dem geschichteten dot- terhaltigen Epithel und dem geschichteten dotterfreien Lecithoderm. Die von ihnen eingenommene Wandschicht des Dotters hat eine be- stimmte Dicke, welche der Dicke des geschichteten dotterhaltigen Epi- thels entspricht. In dieser Wandschicht liegen die kleinen Zellen zwi- schen Dotterkörnern. Der perilecithale Spalt fehlt in dieser Region. Mit dem Auftreten des Spaltes schwindet die Formation und wird durch die des geschichteten Epithels ersetzt, welches seinerseits wiederum der Vorläufer des einschichtigen Epithels ist. 4) Die »Dotterzellen« finden sich in der inneren Dottermasse !, welche Anfangs in ihren oberflächlichen Theilen, später aber durch und durch von ihnen eingenommen wird. In späteren Stadien der Ent- wicklung, wo die Wandanhänge reich verzweigt in das Innere des Dottersackes hinreinragen, ist es unmöglich, an Schnitten durch ganze Dottersäcke genau die Epithelzellen von Dotterzellen zu unterscheiden. Daher sind auch die Beziehungen beider zu einander bisher noch nicht sicher gestellt. | 5) Die abgeflachten Dotterzellen finden sich in mittleren Stadien der Entwicklung an der Oberfläche der »inneren Dotterzellen- masse«, d. h. innen vom perileeithalen Spalt. Diejenigen von ihnen, welche an den Spalt selbst angrenzen, sind am stärksten abgeflacht, und von ihnen kommt man durch allmähliche Übergange zu den kuge- lichen Formen. 6) Die runden dotterfreien Zellen finden sich in mittleren Stadien der Entwicklung im Inneren des perilecithalen Spaltes und zwischen den äußeren Lagen der inneren Dotterzellenmasse. Sie sind hier so reichlich vorhanden, dass man von einer »Formation dotterfreier Zellen« sprechen kann. Vereinzelt trifft man sie schon zu einer Zeit, wo im Centrum des Eies noch roher Dotter liegt, in diesem an. SrrAHL bildet diese Form in Fig. 66 ab (25) und erwähnt sie kurz in einer Anmerkung zu p. 291; der Leser wird dadurch wohl den Eindruck ge- winnen, dass es sich um bedeutungslose Zellen handelt. Nach meinen Erfahrungen dagegen haben wir eine konstante und ausgedehnte For- mation vor uns. 7) Die platten dotterfreien Zellen finden sich in mittleren Stadien der Entwicklung an der inneren und äußeren Wand des peri- leeithalen Spaltes. Es wurde schon angegeben (p. 198), dass sie bald an 1 Als »innere Dottermasse« bezw. »innere Dotterzellenmasse« bezeichne ich Alles, was nach innen vom perilecithalen Spalt liegt; die Bezeichnung »centrale Dottermasse« bezw, » Dotterzellenmasse« behalte ich zurück, um für den inner- sten Theil eine schärfere Bezeichnung zu haben, 202 Hans Virchow, die abgeflachten Dotterzellen, bald an die runden dotterfreien Zellen erinnern. 8) Die protoplasmaarmen Merocyten treten im Anschluss an die Bildung des subgerminalen Spaltes (Dotterspaltes) unterhalb des letzteren auf, und zwar in den mittleren Teilen der Bodenschicht. Sie erhalten sich im Stadium der Gastrula, dann aber schwinden sie mit der Austiefung der subgerminalen Höhle. 9) Die protoplasmareichen Merocyten treten anscheinend eben so früh auf wie die eben genannten; schon im Stadium des zwei- blättrigen Keimes, wahrscheinlich aber früher. Sie finden sich in den Seitentheilen der Bodenschicht, also unter dem »Randwulste des Ento- derms« und schieben sich gleichzeitig mit dem Weiterwachsen des Keimhautrandes distalwärts vor. Sie erreichen auf diese Weise sicher den Äquator, vielleicht sogar den distalen Pol; wenigstens habe ich hier in einem Falle kleine Protoplasmaherde gefunden, welche an die protoplasmatischen Merocyten erinnerten. Mit den protoplasmatischen Merocyten stehen, wie besprochen wurde (s. p. 195), kernlose peripherische Protoplasma-Ansammlungen in Verbindung. Berlin, den 6. März 1892. Litteratur. 1. Brook, Proc. royal. phys. soc. Edinburgh. V. IX. 2. C.G. Carus, Zwanzig Kupfertafeln nebst deren Erklärung. Zur zweiten Auflage der vergl. Zootomie, 3. (H.J. CLark) L. Acassız, Contributions to the natural history of the united states. Vol. II. Part IlI. Boston 1857. Embryology of the Turtle. 4. H. Dutrockert, Recherches sur les enveloppes du foetus. M&m. de la soc. med. d’emulation. Vol. VIII. Paris 1846. 5. Duvar, Etudes histologiques et morphologiques sur les annexes des embryons d’oiseaux. Journal de l’anat. et de la physiol. XX. Annee 1884. p. 204. 6. Duvernoy im Dictionnaire universel d’histoire naturelle von D’Orsıeny. T. IX. Artikel Ovologie. Paris 1847. R . Emmert und HocastETTer, Untersuchung über die Entwicklung der-Eidechsen # in ihren Eiern. Arch. f. d. Physiologie von Reın und AUTENRIETH. Bd. X. p. 84 und 370. “ 8. Gasser, Der Parablast und der Keimwall der Vogelkeimscheibe. Sitzber. d. Ges. zur Bef. der ges. Naturw. zu Marburg. 1883. p. 49. a 9. E. Gıacommsı, Über die Entwicklung von Seps chaleides. Anat. Anz. 6. Jahrg. 1891. p. 348. Hi E —-] Das Dotterorgan der Wirbelthiere, 203 . A. Köruiker, Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. II. Auflage. Leipzig 4879. . J. KorLımans, Der Randwulst und der Ursprung der Stützsubstanz. Archiv für Anat. u. Physiol. 4884. Anat, Abth. p. 344. . M. v. Kowarzwskı, Über die ersten Entwicklungsprocesse der Knochenfische. Diese Zeitschr. Bd. XLIII. 4886. p. 434. . GC. Kuprrer, Die Gastrulation an den meroblastischen Eiern der Wirbelthiere und die Bedeutung des Primitivstreifs. Archiv für Anat. und Phys. 1882. Anat. Abth. p. 1. . M. LEREBOULLET, Recherches d’embryologie compar&e sur le developpement de 4 la truite, du lezard et du limnee. II. partie. Embryologie du lezard. An- . nales sc. nat. IV. ser. Zool. Tom XVII. 1862. — 45. PAnDER, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Hühnchens im Eye. Würz- burg 4847. 46. H. Rarake, Entwicklung der Natter. Königsberg 4839. 17. J. RÜCKERT, Über die Gastrulation der Selachier. Anat. Anz. 1886. p. 286—237. . Derselbe, Über die Anlage des mittleren Keimblattes und die erste Blutbildung bei Torpedo. Anat. Anz. 4887. p. 97—142 u. 154—476. 19. Derselbe, Weitere Beiträge zur Keimblattbildung bei Selachiern. Anat. Anz. 1889. p. 353—374. | 20. W. Roux, Über die künstliche Hervorbringung halber Embryonen durch Zer- störung einer der beiden ersten Furchungskugeln, sowie über die Nach- entwicklung (Postgeneration) der fehlenden Körperhälfte. Arch. f. path. Anat. u. Physiol. u. f. klin. Med. Bd. CXIV, Berlin 4888. p. 143—153. 34. G. Ruce, Vorgänge am Eifollikel der Wirbelthiere. Morph. Jahrb. Bd. XV. 22. C.F. Sarasın, Reifung und Furchung des Reptilieneies. Inaug.-Diss. von Würz- | burg. Wiesbaden bei Kreidel 1883, 23. P. und F, Sarasın, Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschungen auf Ceylon. II. Bd. Zur Entwicklungsgeschichte und Anatomie der ceylonesischen Blindwühle Ichthyophis glutinosus. Wiesbaden 1889, 24. H. StrauL, in Sitzgsber. der Ges. zur Beförd. d. ges. Naturw. zu Marburg 1884. 25. Derselbe, Die Dottersackwand und der Parablast der Eidechse. Diese Zeitschr. Bd. XLV. 4887. p. 282—307. 26. A. Swaen, Etudes sur le developpement de la torpille (Torpedo ocellata). Arch. de biol. VII. 4886. p. 537. 27. H. VırcHow, Der Dottersack des Huhnes. Aus Internat. Beiträge zur wissensch. Med. Festschrift, RupoLr VırcHow gewidmet zur Vollendung seines 70. Lebensjahres. Bd. I. p. 223—353. 238. A. G. VoLKMANN, De colubris natricis generatione. Lipsiae 1834 bei Breitkopf & Härtel. 39. W. WALDEYER, Archiblast und Parablast. Arch. f. mikr. Anat. XXI. Bd. 1883. p. 1—77. 30. H. E. und F. ZıesLer, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte von Torpedo. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXXIX. 4892. p. 56101. a ee a AR un 72 u ul EL re ae ee 7 — [eo] 204 Hans Virchow, Erklärung der Abbildungen. Tafel X. Fig. 4. Dottersack eines 22 mm langen Embryo von Lacerta muralis von der proximalen Seite. Vergrößert. F, Grube mit baumförmiger Gefäßausbreitung (s. p. 184); S, seitliche Furche (s. p. 471). Fig. 2. Derselbe Dottersack von der distalen Seite. S, wie vorher; d, unregelmäßig begrenztes Feld am distalen Pole (s. p. 474). Fig, 3. Inhalt eines Eies von Lacerta vivipara — Embryo 44 mm — nach Ent- fernung der Eischale und des Eiweißes. Natürliche Größe, Der Dottersack wird von der distalen Seite her gesehen, A, Eiweißreste; Va, Allantoisgefäße ; D, Dottersack ; d, Strang am distalen Pol des Dottersackes. Fig. 4. Distale Wand des Dottersackes eines älteren Embryo von Lacerta mu- ralis, von innen gesehen. Siebenmal vergrößert (s. p. 175). Die Einbiegung am lin- ken Rande der Figur entspricht der auf p. 174 erwähnten Furche; der schmale Schatten am rechten Rande der Figur entspricht der Außenseite des Dottersackes, welche durch die Erhebung des Randes sichtbar wird. Fig. 5. Mehrere neben einander liegende Bälkchen eines »Gitters«, zum Theil in Verbindung stehend, von dem Dottersack einer Boa murina von 50 cm, bei auf- fallendem Lichte, 25mal vergrößert (s. p. 474). c, Kapillargefäß, durch Abfallen der Epithelzellen sichtbar geworden. Fig. 6. Bälkchen aus dem Dottersack einer Lacerta muralis von 42 mm, auf dem Schnitt längs getroffen, gefärbtes Lackpräparat; Leırz III, 0 (s. p. 178). Die kleinen Kreise in den Zellen bedeuten Vacuolen (Fetttropfen). Der übrige Raum, welcher an fünf Zellen geschwärzt, an den übrigen weiß gelassen wurde, ist ganz von Dotterkörnern erfüllt, die aber so dicht liegen, dass sie bei der schwachen Vergrößerung nicht wiedergegeben werden konnten. Die Kerne sind nicht ange- geben. c, Blutkapillare in der Achse des Bälkchens. Fig. 7. Querschnitt durch ein Bälkchen aus dem Dottersack einer Anguis fra- gilis von 75 mm; Leırz VIII, 0 (s. p. 478).. Die Kerne der drei oberen Zellen sind sichtbar, die der zwei unteren sind nicht in den Schnitt gefallen. In der Achse liegt ein Kapillares Blutgefäß mit zwei Wand- und einer Blutzelle, von einer Spalte (Lymphspalte?) umgeben. : Fig. 8. Eine Epithelzelle von einem Bälkchen aus dem Dottersack einer Vipera berus von 86 mm nach Behandlung mit Osmiumsäure; Leırz VII, 0. Die Fett tropfen sind tiefschwarz, der Kern nicht sichtbar (s. p. 178). h, homogene Dotterkörner ; 9, ein einzelnes Dotterkorn enthält glänzende Tröpfchen. Fig. 9. Eine Epithelzelle von der Wand des Dottersackes einer Vipera berus # von 86 mm; Leırz VIII, 0 (s. p. 479). Die Zelle enthält drei Vacuolen (Fetttropfen). V, Vacuolen i Das Dotterorgan der Wirbelthiere. 205 P, Protoplasmastrang;; N, Kern, zwischen Dotterkörnern eingeklemmt. Fig. 40. Durchschnitt durch die proximale Dottersackwand eines Embryo von Lacerta muralis (27 Urwirbel), 45mal vergrößert (Situationsbild, s. p. 4179). Es hat starke Schrumpfung stattgefunden, welche besonders an der Faltung der serösen Hülle erkennbar ist; die subgerminale Höhle ist durch Herabsinken der Wand un- natürlich flach. Am, Amnios; Al, Allantois; C, Cölom; S, seröse Hülle; V, Vena terminalis; H, subgerminale Höhle; B, Bodenschicht; D, Stelle, wo sich das die Randvene überkleidende Dottersackepithel mit der inneren Dotterzellenmasse verbindet; a—e, s. Fig. 11. Fig, 44. Epithel von der Darmrinne und vom Dach der subgerminalen Höhle des in Fig. 10 abgebildeten Präparates. Leitz VIII, 0. a, von der Darmrinne; b—e, von den in Fig. 40 bezeichneten Punkten. Fig. 12. Epithel von den Seitentheilen des Daches der subgerminalen Höhle von einem etwas älteren Embryo wie in Fig. 40. Leitz VIII, 0 (s. p. 180). Fig. 43. Embryo und Dottersack von Lacerta agilis, vergrößert. Der Gefäß- bezirk liegt unsymmetrisch. Deltabildung beim Austritt der Vena vitellina ante- rior aus der Vena terminalis (s. p. 182). Fig. 44. Embryo und Gefäßbezirk von Anguis fragilis, aus einem Ei, in wel- chem etwa die Hälfte des Dotters von den Gefäßen Uas cn en war, von derinne- ren (unteren) Seite gesehen, vergrößert. A, Arterien des Dottersackes; V, Randvene, aus zwei gleich starken Hälften gebildet (s. p. 182); W, Epithelwulst, Grenze des flachen Epithels. Fig. 45. Embryo, Allantois und Dottersack von Lacerta agilis, aus einem Ei, dessen Dotter zur Hälfte vom Gefäßbezirk umwachsen war; vergrößert. E, Embryo; Al, Allantois; A, Arterien des Dottersackes ; V, Randvene, verdoppelt (s. p. 183). . Fig. 46. Distale Wand eines Dottersackes von Anguis fragilis (Embryo 30 mm) mit den Gefäßen (s. p. 183) von außen gesehen; natürliche Größe. Fig. 17. Eben ausgeschlüpftes Junges von Anguis fragilis, 76 mm lang, von der Bauchseite ; natürliche Größe. Die ventrale Leibeswand ist entfernt, um die Lage des Dottersackes zu zeigen (s. p. 185). H, Herz; P, Lunge; L, Leber; M, Magen; D, Dottersack;; 4, Afteröffnung. 206 Hans Virchow, Das Dotterorgan der Wirbelthiere. Fig. 18. Geschichtetes (dotterhaltiges) Epithel von der Dottersackwand von Lacerta agilis aus einem mittleren Entwicklungsstadium, in der Nähe des distalen Poles; Leırz VIII, 0 (s. p. 494). Die Dotterkörner sind gleichmäßig granulirt gezeich- net worden, weil sonst die Kerne undeutlich werden würden, doch entspricht das nicht der Wirklichkeit. E, Ektoderm; m, Zellengrenzen. Fig. 19. Geschichtetes dotterfreies Lecithoderm von der Dottersackwand von Lacerta agilis aus einem mittleren Entwicklungsstadium ; jedoch einem früheren wie das Präparat von Fig. 48, in nächster Nähe des Keimhautrandes; Leırz VIII, 0 (s. p. 193). E, Ektoderm; L, Lecithoderm; f, freie Zellen. Fig. 20. Protoplasmareicher Merocyt aus den Randtheilen der Bodenschicht einer Gastrula mit schon völlig durchgebrochenem Urdarm; Präparat mit Alaun- kochenille gefärbt; Leitz VIII, 0 (s. p. 194). o, Oberfläche der Bodenschicht ; s d, Dotterkörner; N, Kern; c, innerer Protoplasmahof; p, Randprotoplasma. Fig. 21. Kern eines Merocyten aus dem gleichen Präparat wie Fig. 20; Leitz VII, 0 (s. p. 195). : Fig. 22. Protoplasmaarmer Merocyt aus dem mittleren Theil der Bodenschicht einer eben beginnenden Gastrula; Präparat mit Boraxkarmin gefärbt; Leırz VIII, 0 (s. p. 193). o, Oberfläche der Bodenschicht; v, Vacuole. Fig. 23. Dotterzelle aus dem Dottersack einer Lacerla agilis von einem mitt- leren Entwicklungsstadium; Leıtz VII, 0 (s. p. 196). Der Kern liegt central; sein Chromatin bildet einen Nucleolus und Chromatingerüst;, Protoplasma nicht sichtbar. M, Zellhaut; 9, granulirtes Dotterkorn, das einzige dieser Art in der vorliegenden Zelle; &, Einriss, Fig. 24. Abgeflachte Dotterzelle aus einem Dottersack von Lacerta agilis aus der Nähe des perilecithalen Spaltes; Leırz VIII, 0 (s. p. 197). Fig. 25. Runde dotterfreie Zelle aus dem Dottersack von Lacerta agilis; LEITZ VIII, 0 (s. p. 498 und 201). Fig. 26. Zwei flache dotterfreie Zellen aus dem Dottersack von Lacerta viri- dis; Leitz VIII, 0 (s. p. 198 und 204). Fig. 27. Zelle vom Charakter der »kleinsten Zellen im Dotter« aus einem Dottersack von Lacerta agilis,, Leıtz VII, 0 (s. p. 199 und 200). Vorschläge zu einer Terminologie der Herzthätigkeit. Von Th. W. Engelmann in Utrecht. Der Nutzen einer auf scharfer Begriffsbestimmung beruhenden Terminologie ist gefühlt und erprobt worden seit der Mensch spricht und denkt. Es wäre kein Paradoxon, zu behaupten, aller geistige Fort- schritt der Menschheit und damit im Wesentlichen aller Fortschritt überhaupt, beruhe nur darauf, dass mit gleichen Zeichen gleiche Vor- stellungen verbunden werden. Offenbar ist dies ja die erste und Haupt- bedingung aller geistigen Mittheilung, alles geistigen Verkehrs zwischen Individuen wie zwischen Völkern, ja auch zwischen Mensch und Thier, und überhaupt zwischen mit Vorstellungsvermögen begabten Wesen. Und nicht weniger gewiss ist, dass ein großer Theil aller Verwirrung und allen Unheils im geistigen, und damit auch im materiellen Leben der Individuen wie der Völker daher rührt, dass dieselben Begriffs- symbole in verschiedener Bedeutung gebraucht werden. Gott, Tugend, Sitte, Recht, Pflicht — wer denkt dabei dasselbe ? Auch die Geschichte der Wissenschaften liefert auf Schritt und Tritt Belege. Worte wie Geist und Seele, Wille, Vernunft, Instinkt, wie Species, Varietät, Thier, Pflanze, Lebenskraft, Reizbarkeit rufen jedes eine lange Geschichte von Streit und Verwirrung in die Erinnerung. Wie unendlich viel danken andererseits die organische Naturforschung Linne’s Nomenclatur, die Chemie ihrer Zeichensprache! Und giebt es auf dem einzigen Gebiete, wo absolute Begriffsbestimmungen möglich, giebt es in der Mathematik eine Geschichte von Kämpfen und Irrungen, welche es zu schreiben lohnte ? Wer auf naturwissenschaftlichem Felde thätig ist, kann täglich be- obachten, wie sehr gemeinschaftliches Fortschreiten, auch im Kleinsten, an übereinstimmenden Wort- und Zeichengebrauch gebunden ist. All- mählich, nach vielen Missverständnissen, zwingt die Noth zur Ver- ständigung und Übereinkunft. Botaniker. Anthropologen, Ophthalmo- 208- Th. W. Engelmann, logen, Elektriker haben neuerdings auf eigenen Kongressen Regeln für die in ihren Publikationen fernerhin zu befolgende Terminologie festgestellt. Auf anderen Gebieten ist Gleiches im Werke (Zoologie) oder wird Gleiches geschehen müssen. Im Folgenden soll ein kleiner Beitrag in dieser Richtung geliefert. werden, der zwar zunächst nur physiologischem Bedürfnis entsprungen ist, aber, der Wichtigkeit des Organs wegen, das er betrifft, des Her- zens, auch in einer wesentlich Morphologisches bringenden Schrift wohl Aufnahme finden darf; und an diesem besonderen Orte mit um so mehr Recht, als der Name des Mannes, dem diese Schrift huldigt, dauernd verknüpft ist mit einem der schönsten und lehrreichsten Versuche der Physiologie des Herzens, ja der Physiologie überhaupt, mit dem Versuch der »sekundären Zuckung vom Herzen aus«. Während des Niederschreibens einer anderwärtszu veröffentlichen- den Untersuchung über Herzbewegung fühlte ich immer und immer wieder den Mangel einer einheitlichen, scharfen und dabei kurzen Bezeichnung der verschiedenen bei der Herzthätigkeit zu unterschei- denden Akte und Zeiträume. Die wichtigsten und gebräuchlichsten Ausdrücke, wie Systole, Diastole, Pause, Herzrevolution, werden von verschiedenen Autoren in ganz verschiedenem, ja auch vom nämlichen 5 Autor nicht immer in gleichem Sinn gebraucht, und keineswegs immer ist ersichtlich in welchem. Für zahlreiche Akte und Zeiträume, die es bei einer genaueren Analyse der Herzthätigkeit zu trennen und scharf zu bezeichnen gilt, giebt es gar keine kurzen unzweideutigen Aus- drücke: man muss sich mit langen Umschreibungen helfen. . Es schien mir möglich, eine einfache Terminologie zu finden, wel- che den Vorzug der Bestimmtheit und Kürze mit allgemeiner Anwend- barkeit — auf die Herzbewegung aller Thiere, in allen Sprachen, in Physiologie und Pathologie — verbände. Ich gebe sie im Folgenden mit den erforderlichen Begriffsbestimmungen und Zeichenerklärungen und empfehle sie den Fachgenossen zur Prüfung, Verbesserung, Ver- 2 vollständigung, kann es sein zur Annahme. Sie macht keinen Anspruch, = den Gegenstand zu erledigen, sondern ist zunächst nur so weit ausge- i& | dehnt, als das augenblickliche Bedürfnis der Physiologie zu erfordern schien, knüpft also wesentlich an die Erscheinungen beim Herzen der Säuger und des Frosches an. 4) Zeichen für das Herz und seine wichtigsten Theile: anato- mische Symbole: C, das Herz (cor) als Ganzes. Si, Sinus venosus. A, Atrium, und zwar näher, wo nöthig: { Vorschläge zu einer Terminologie der Herzthätigkeit. 209 Ae, Atrium dextrum; Ai, Atrium sinistrum. V, Ventrikel, Herzkammer, und zwar Ve, Ventric. dexter; Vi, Ventric. sinister. B, Bulbus arteriosus. Ao, Aorta. Pu, Arteria pulmonalis. v, Valvula venosa s. atrioventricularis, und zwar ve, Valv. ven. dextra, s. tricuspidalis; vi, Valv. ven. sinistra, s. bicuspidalis s. mitralis. a, Valvula arteriosa s. semilunaris, und zwar ai, Valv. semil. aortae; ae, Valv. semil. arter. pulmonalis. aB, Valv. spiralis bulbi arteriosi. 2) Zeichen für die wichtigsten Akte der Herzthätigkeit: a) die mechanischen. s, Systole, d. i. die physiologische Muskelkontraktion, z. B. A,, Systole des Atrium. d, Diastole, d. i. die physiologische Muskelerschlaffung, z. B. V,, Diastole des Ventrikels. c=s-+-d, die ganze Zuckung, z. B. C,, die Bewegung des Herzen als Ganzes von Anfang Si, bis Ende V, (bezüglich B,,) Ver Sf \/, Klappenschluss, z. B. \/v, Schluss der Atrioventrikularklappen; \/ae, Schluss der Pulmonalklappen. /\, Öffnung der Klappen, z. B. Na, Öffnung der Semilunarklappen; vi, Öffnung der Mitralklappe. b) die akustischen: {, Herzton, und zwar te, Herzton vom rechten Herzen herrührend; ti, Herzton vom linken Herzen herrührend ; {,, erster Herzton; {,, zweiter Herzton, z. B. te, Pulmonalklappenton. c) die elektrischen: s, wachsende Elektronegativität (bei Doppelschwankung noch zu trennen in g, und 5); Zeitschrift f, wissensch. Zoologie, LIII, Bd, Supp!l. [WA 210 Th. W, Engelmann, d, wachsende Elektropositivität (bei Doppelschwankung zu trennen in d, und d3); y, die vollständige elektrische Schwankung, also y : =c+6 bei einfacher, — (9, + dı+g9 +05) bei ee. Schwan- kung. 3) Zeichen für die wichtigsten Zeiträume und zeit- lichen Verhältnisse: ehronologische Symbole. T, Dauer einer Herzperiode, d.i. des Intervalls zwischen zwei auf einander folgenden gleichen Phasen der Herz- thätigkeit, also der das Tempo des Herzschlags, die Pulsfrequenz bestimmende Werth, z.B. T7,=V,—V,. F, die Pulsfrequenz, d.i. die Zahl der in der Minute er- folgenden Systolen. p, die Pause, d. i. der Zeitraum zwischen Ende der Diastole und Beginn der nächsten Systole desselben, bezüglich des folgenden Herzabschnittes, z. B. V,„, Intervall zwischen Ende V, und Anfang der näch- sten V,. R, Dauer einer Herzrevolution d.h. der Summe aller zu einem Herzschlag gehörigen, auf einander folgenden Be- wegungen, z. B, von Si,— B, allgemein, für die Norm: R=Dauer von (.. P, Dauer der Herzperistaltik, d. i. der Zeit zwischen Be- | ginn der s (oder s) der ersten und der s (oder s) der letz- ten Herzabtheilung, also der reciproke Werth des Maßes der Geschwindigkeit, mit der der Erregungsvorgang von der ersten bis zur letzten Herzabtheilung sich fortpflanzt, für den Frosch z. B. PS BR. P,= Si, — B,, Rh, Der Rhythmus der Herzthätigkeit, d. i. das.Größenver- hältnis der Intervalle zwischen den einzelnen Akten einer Herzrevolution. 4 ={,, Intervall zwischen erstem und zw eitem Herzton; a==t,, Intervall zwischen zweitem und erstem folgender us Herzton, also „+%=[T. E: Die übrigen etwa noch zu unterscheidenden Zeiträume lassen sich‘ . | eben so einfach bezeichnen, z. B.: Ei | N\v— V;, das Intervall zwischen Öffnung der Atrioventrikular- | klappen und Beginn der Kammersystole: die sogenannte Füllungszeit des Ventrikels. 4 a : a Zus A A 2. Vorschläge zu einer Terminologie der Herzthätigkeit. 311 \Yv— Na, das Intervall zwischen Schluss der Atrioventrikular- und Öffnung der Semilunarklappen: die sogenannte Span- nungszeit des Ventrikels. ; a\, die Zeit von Öffnung bis Schluss der Semilunarklappen: die sogenannte Entleerungs- oder Austreibungszeit des Ventrikels. Für die bei den elektrischen Erscheinungen zu unterscheidenden Intervalle können, mit Ausnahme von P und T, welche die nämlichen wie für die mechanischen sind, die entsprechenden griechischen Buch- staben dienen. Diese einfachen, bequem zu handhabenden und sich leicht ein- prägenden Symbole lassen, wie ich meine, eine kurze, deutliche Dar- stellung aller einschlagenden Thatsachen zu. Dennoch bedarf es, um alle Missverständnisse sicher auszuschließen, einiger Erläuterungen zu den gegebenen Definitionen, so weit diese nicht, wie die anatomischen, unzweideutig sind. Systole (s). Wie wohl von jeher die meisten Physiologen! ver- stehe ich darunter den Akt der physiologischen Kontraktion der Muskelwand. Manche? bezeichnen damit den zwischen erstem und zweitem Herzton verlaufenden Theil der Ventrikelthätigkeit, wieder andere den Akt der Austreibung des Blutes aus den Ventrikeln in die großen Arterien. Nach unserer Terminologie entsprechen diese letzteren zwei Begriffe den Zeiträumen, welche wir mit i, und a, bezeichnet haben. Diese sind aber durchaus nicht gleich der Dauer von s und stehen auch keineswegs immer in gleichem Verhältnisse zu einander. Die Dauer unserer s ist am blutdurchströmten Herzen in jedem Falle etwas, wenn auch wenig, größer als a‘ und nicht nothwendig :, gleich. Am blutleeren Herzen giebt es nach der zweiten und dritten Definition überhaupt keine Kammersystole mehr, was doch gar zu stark gegen den Sprachgebrauch verstößt. Nicht weniger wiegt der Umstand, dass für die der Kammersystole doch durchaus homologen Akte der Si,, A, B; dann konsequenterweise andere Bezeichnungen als Systole zu wählen sein würden. Inzwischen auch unsere Definition bedarf noch näherer Erläute- 1 z. B. Jon. MüLLer, Handb. der Physiol. I. 4. Aufl. p. 162. — Lupwic, Lehr- buch der Physiol. 2. Aufl. II. p. 88. — Donpers, Physiol. des Menschen. 2. Aufl. p. 26.— HERrumAnN, Lehrb. d. Physiologie. 8. Aufl. p. 64. — ROLLETT, in HERMANN’S Handbuch der Physiologie. IV. I. p. 149; 2 So neuerdings M. v. Frey in einer höchst verdienstvollen anregenden Schrift, »Die Untersuchung des Pulses« etc. Berlin 4892. p. 120. 14* 212 Th, W. Engelmann, rung, sobald es sich um praktische Anwendung handelt. Denn auch die Bestimmung von s nach unserer Definition fällt etwas verschieden aus, je nach der Art und Weise wie man den Kontraktionszustand untersucht. Man pflegt sich hierzu der mechanischen Wirkungen der Kontraktion zu bedienen. Diese sind am blutdurchströmten Herzen aber im Wesentlichen von dreierlei Art, und dem entsprechend bedarf es zu ihrer Untersuchung dreierlei Art von Methoden. In Übereinstim- mung mit dem bestehenden Sprachgebrauch werden sie am besten wohl als die myographischen, die plethysmographischen und die tonographischen bezeichnet. Zunächst nimmt bei Beginn der Systole in Folge der aktiven Ver- kürzung der Fasern die Größe der Oberfläche der Muskelwand ab und damit ändert sich, fast ausnahmslos gleichzeitig, die Form des be- treffenden Herzabschnittes. Diese Änderungen sind für jeden Herzab- schnitt wegen der Unterschiede der Muskulatur, überhaupt des Baues der Wand, specifisch verschieden und dabei in jedem besonderen Falle von Füllung, Spannung, Lagerung etc. desselben abhängig. Zu ihrer Aufzeichnung dienen die myographischen Methoden. | Gegenstand plethysmographischer Untersuchung bilden die durch die Systole verursachten Änderungen des Volums. Im Allgemeinen handelt es sich bei s nur um Abnahme des Volums. Diese Abnahme braucht aber nicht nothwendig schon im Beginn der Systole zu erfolgen, denn sie setzt voraus, dass das Blut entweichen könne. Ist das nicht der Fall, wie z. B. im Intervall Yv—\a, so bleibt ja das & Volum trotz fortschreitender Kontraktion gleich und es erfolgt nun drittens: Steigerung der Spannung der Muskelwand und des intra- kardialen Druckes — Gegenstand der tonographischen Me- thoden. Auch diese Wirkung hebt nicht nothwendigerweise mit Anfang von s an, da zunächst eine Formveränderung der Oberfläche ohne” Streben noch Abnahme des Lumens erfolgen könnte. Ob dies ge schieht, hängt von der besonderen Form des betreffenden Herzab- schnittes vor Anfang der Systole und von der räumlichen und zeitlichen Wirkungsweise seiner Muskelfasern ab. Selbst Sinken des intrakardialen” Druckes im Anfang von s ist denkbar, da die Anfangsform nicht noth- wendig die an und für sich dem größten Volum entsprechende zu sein braucht. Letzteres könnte erst etwas später erreicht werden. Indessen“ ist dieser Fall beim Herzen wohl nie verwirklicht. & Betreffs der Verhältnisse am Ende der Systole gelten ähnliche Betrachtungen. Es folgt hieraus, dass zur praktischen Bestimmung der Dauer der Systole in unserem Sinn Registriren der Verkürzung der Muskel EEE BER ENE Vorschläge zu einer Terminologie der Herzthätigkeit. 313 fasern, also ein myographisches Verfahren, die prineipiell richtigsten Resultate verspricht. Die gebräuchliche, im engeren Sinn ! als kardio- graphische bezeichnete Methode (Registriren des Herzstoßes durch die Brustwand nach Marey oder durch aufgesetzte Schreibhebel) ist keine rein myographische, da bei ihr auch die Volumschwankungen (nebst Lageänderungen u. a.) der verschiedenen Herzabtheilungen die registrir- ten Kurven mit beeinflussen ’”. Hiermit soll nicht gesagt sein, dass sie zur Bestimmung von s nach unserer Definition nicht innerhalb gewisser Grenzen brauchbar sein könne. In wie weit dies der Fall, erfordert aber jedes Mal eine eigene, und wie wohl Niemand mehr bezweifelt, meist sehr schwierige experimentelle und theoretische Untersuchung. Diastole (d). Hier gelten dieselben Bemerkungen wie rücksicht- lich der Systole. Nur haben alle Änderungen entgegengesetztes Vor- zeichen. Besondere Besprechung verlangt jedoch die Unterscheidung und Abgrenzung der Diastole von der Pause (p). Als Pause habe ich die Zeit zwischen Ende der Dia- stole und Anfang der nächsten Systole desselben oder des darauf fol- genden Herzabschnittes definirt. Manche verstehen darunter nur die Zeit zwischen Beginn der Kammerdiastole und Anfang der nächsten Vorkammersystole. So Rorzerr?: »Die Zeit, während welcher sowohl die beiden Vorhöfe als auch die beiden Kammern im Zustand der Dia- stole sich befinden, bezeichnet man als Pause.« Wieder Andere rech- nen das ganze Intervall ’,, zwischen zweitem und erstem Herzton, zur Diastole, oder brauchen die Ausdrücke Diastole und Pause als gleichbedeutend’. Donpers® schreibt: »Den Zeitraum während dessen die Vorhöfe und die Kammern ausgedehnt bleibenc« (ich spatüre E.), »bezeichnet man auch wohl als die Pause. « Die sachliche Berechtigung unserer Definition sehe ich in Fol- gendem. Bei Beginn der Diastole pausirt die Thätigkeit des Herzmuskels 1 M.v.FaEy, a. 4.0. p. 103. 2 Diese Beeinflussung scheint mir auch bei der gründlichen Analyse der kardiographischen Methoden durch v. Frey noch unterschätzt zu werden. Ich wenigstens kann den Beweis, dass das Kardiogramm wesentlich eine Zuckungs- kurve sei, in den zu diesem Zweck gegebenen Abbildungen (a. a. O. Fig. 39, p. 443) nicht finden. Nicht nur die Form der Kurven vor und nach Verblutung, bezüg- lich Kompression der Venen, ist eine ganz andere, sondern auch — falls wenigstens die Abscissen gleiche Zeitwerthe haben — die »Zuckungsdauer« scheint mir eine erheblich andere zu sein. 3 Hermann’s Handbuch. IV. I. p. 154, 4 M. v. Frey, a. a. O.p. 4120. 5 GC. Lupwic, Lehrbuch d. Physiol. 2. Aufl. p. 88. 6 a.a.0.p. 26. 214 Th. W, Engelmann, noch nicht; es laufen dann in ihm noch andere Processe ab als im wirk- lich erschlafften: so unter Anderem die aktive Streckung der Muskel- fibrillen. Es ist etwas Anderes, ob ein durch physiologische Kontrak- tion, unter gesteigertem Stoffwechsel, verkürzter oder ob ein ruhender, völlig erschlaffter, in der Längsrichtung elastisch komprimirter Muskel sich wieder zur ursprünglichen Länge ausdehnt. Praktisch ist es freilich oft unmöglich den Zeitpunkt genau zu be- stimmen, an dem der Akt der Erschlaffung beendet und damit der wirkliche Ruhezustand eingetreten ist. Beide gehen, wie namentlich auffällig die Erscheinungen des Verkürzungsrückstandes oder der Kontraktur beweisen, ohne Grenzen in einander über. So kann bei großer Pulsfregquenz V, unmittelbar in Y, übergehen, ohne dass die Zuckungskurve des Ventrikels ein horizontales Stück zeigt. Eben so bei durch Abkühlung stark verlängerter Kontraktion und Erschlaffung. Bei Vagusreizung, oft auch bei Erwärmung, sind aber Ende der V, und Anfang der nächsten V, durch ein horizontales Stück — die Pause — scharf getrennt. Eine Viertelminute und länger währende Pause, wie sie durch Tetanisiren der Hemmunsgsfasern erzeugt werden kann, darf, als Zustand des völligen Erschlafftseins, doch wohl von der Diastole, als dem Akte des Erschlaffens, durch einen besonderen Ausdruck unterschieden werden. Nach unserer Definition sind die p für die verschiedenen Herz- abtheilungen im Allgemeinen verschieden. Fast ausnahmslos, vielleicht immer, ist St,, d. i. die Pause zwischen Ende von Si; und Anfang der nächsten Si,, länger als A,, und diese länger als V,. Bei gleicher Pulsfrequenz ruht sich also jedes Mal der Sinus länger als die Vor- kammer, diese länger als die Kammer aus, beiläufig ein wichtiger, zu allerhand Erwägungen Anlass gebender Umstand. Auch zwischen Ende der d des einen und Beginn der s des nächst- folgenden Herzabschnittes können unter Umständen Pausen liegen, die dann einfach nach folgendem Beispiel zu bezeichnen sind: p$, d. i. Pause zwischen Ende Si, und Anfang 4,. Eine eigentliche Herzpause, d. i. eine Pause zwischen Ende V, und Anfang der nächsten Si,, also eine Pause zwischen zwei Herz- E revolutionen nach unserer Definition des letzteren Begriffs, kommt wohl nur bei hohem Vagustonus oder künstlicher Vagusreizung, ge- legentlich bei Einwirkung gewisser Gifte direkt auf die Herzmusku- = latur, vor. In der Regel fehlt sie, oder hat selbst negativen Werth, da” der Sinus und Vorhof sich bereits wieder zu kontrahiren beginnen, ehe E die Kammer ganz erschlafft ist. Wo sie vorkommt ist sie nach unserer 1 Terminologie mit R, zu bezeichnen. A % I Vorschläge zu einer Terminologie der Herzthätigkeit, 215 Herzperiode (7). Unsere Definition dieses, das Tempo des Herzschlages, die Pulsfrequenz (F) bestimmenden Zeitraumes kann keinem Missverständnis unterliegen. Doch ist Folgendes zu bemerken. Das Tempo ist in der Norm für alle Herzabtheilungen gleich. Auf dieser Bedingung beruht ja wesentlich die ungestörte Erhaltung der Cirkulation. Aber nothwendig ist diese Gleichheit bekanntlich nicht. Bei zu schneller Aufeinanderfolge der vom Sinus ausgehenden Reize kann — wegen des »refraktären Stadiums« — beispielsweise die Periode für die Kammer doppelt so groß werden als die der Atrien: eine häufige »nervöse« Störung der Herzthätigkeit. Beim gewöhnlichen Absterben wird sie stets 2,3... n mal, immer im Verhältnis ganzer Zahlen, größer als die letztere, endlich ©. Diese Verhältnisse lassen sich in unserer Bezeichnungsweise bequem folgendermaßen andeuten: Vr=2Ar, Vr=3 Sir etc. Herzrevolution (R). Auch dieser wichtige Begriff hat auf eine besondere Bezeichnung Anspruch. Wir definiren ihn wie u. A. Lan- poıs!. Das Wort wird gelegentlich im Sinne von Herzperiode oder »Herzschlag« gebraucht, was nur zu Verwirrung führen kann. Bei sehr langer Dauer von T in Folge von Vagusreizung ist R ja viel kürzer als die Herzperiode, bei durch Abkühlung verlängertem Herzschlag dagegen meist, wo nicht immer, länger als T. Schon unter normalen Verhält- nissen pflegt, wie bereits gelegentlich der »Pause« bemerkt wurde, die Dauer von R die von T zu übertreffen. Während für gewöhnlich sich alle Abtheilungen des Herzens nach einander kontrahiren, kann, wie unter »Herzperiode« erwähnt, leicht auch der Fall eintreten, dass nur eins oder einige (dann wohl stets die ersten) Glieder der Kette in Thätigkeit gerathen, die Herz- revolution also unvollständig wird. Welche Glieder sich noch. zusam- menziehen, kann wiederum leicht mit unserer Schreibweise kurz be- zeichnet werden, z. B. R (Si, A), oder R (Si, A, V) was keiner weiteren Erklärung bedarf. Herzperistaltik (P). Die Dauer der Herzperistaltik, in unserem Sinne aufgefasst als reciprokes Maß der Geschwindigkeit, mit der die Erregung sich von der ersten bis zur letzten sich kontrahirenden Ab- theilung des Herzens fortpflanzt, hat principiell nichts mit der Dauer der Herzperiode und nur theilweise mit der Dauer der Herzrevolution zu schaffen. Die Dauer der Herzperiode (7) hängt von dem Tempo, von dem Zeitintervall ab, in welchem die automatischen motorischen Herzcentra in Erregung gerathen, R vonder Leitungsgeschwin- 1 Lehrbuch der Physiologie des Menschen, 6. Aufl. p. 85. 216 Th. W. Engelmann, Vorschläge zu einer Terminologie der Herzthätigkeit. digkeit auf den die Koordination der Bewegungen der einzelnen Ab- schnitte vermittelnden Bahnen. Von R, das eine Summe von Muskel- bewegungen darstellt, unterscheidet sich andererseits P durch seine Eigenschaft als nervöser Leitungsprocess. Doch besteht zwischen beiden in so fern eine nähere Beziehung, als R immer von P abhängt und zwar immer größer als P ist. Wegen der Wichtigkeit des Begriffs von P schien es mir wün- schenswerth, denselben durch ein eigenes einfaches Symbol zu be- zeichnen, obschon er auch durch die schon vorhandenen Zeichen deut- lich und ziemlich kurz angedeutet werden kann, s. das oben angeführte P,= Si. — B.. Rhythmus (Rh). Auch dieser Ausdruck wird oft im selben Sinne wie Herzperiode gebraucht, doch wohl nur unbedachterweise. Denn über die ihm beim Herzen zu verleihende Bedeutung kann kaum Meinungsverschiedenheit bestehen. Je nach der Art der Akte, deren Rhythmus gemeint ist, kann eine nähere Bezeichnungsweise angewandt werden. So würde Rh, das Verhältnis der zwischen den Systolen der verschiedenen Herzabtheilungen liegenden Intervalle, Rh, das für die den Herztönen entsprechenden bedeuten. Auch zur Bezeichnung der Regelmäßigkeit oder Unregelmäßigkeit der Dauer der ganzen Herz- perioden giebt unsere Zeichensprache ein bequemes Mittel. Bei zweitheiligen Rhythmen, wie Rh,, geschieht die nähere An- gabe der Art des Rh wohl am passendsten einfach durch --, Y-, —-, bei mehrtheiligen, wie Rh, beim Frosch, durch mehrstellige Zahlen, in denen die erste Stelle das erste Intervall, die letzte das letzte Inter- vall bedeutet und der relative Zeitwerth durch den Werth der betref- fenden Ziffern — ganze Zahlen dürften genügen — angedeutet wird. Hiernach würde beispielsweise Rh, 2,3,1 bedeuten, dass das Intervall zwischen A, und V, das längste, das zwischen V, und B, das kürzeste war. Es ist nöthig, diese feineren Unterscheidungen machen zu kön- nen, da bekanntlich der Rhythmus eine sehr veränderliche Größe ist. Unsere anderen Symbole und ihre Definitionen bedürfen, wie ich glaube, keiner erläuternden Bemerkungen. | Utrecht, 16. März 1892. Die Gehörorgane der Arenicolen. Von E. Ehlers (Göttingen). Mit Tafel XI—XIV. Von den Sinnesorganen der Würmer, und insbesondere der Borstenwürmer, sind jene am wenigsten bekannt, denen man die Ver- mittlung einer Schall- und Tonempfindung zuschreiben möchte. Ihr Vorkommen ist nach dem, was wir bis jetzt darüber wissen, im Allge- meinen selten, bei den Borstenwürmern nur in wenigen Gattungen nachgewiesen; ihre Bildung scheinbar mannigfaltig. Die folgenden Blätter bringen die Schilderungen von Organen, die in hergebrachter Weise als Gehörorgane bezeichnet werden, aus dem Körper verschiedener Telethusen-Arten, welche hier in der Gattung Arenicola vereinigt bleiben mögen, wenn der sondernde Systematiker diese auch mit Recht in kleinere Gattungen zerlegen möchte; und es schließen sich daran Mittheilungen an über Organe, welche morpho- logisch in den Kreis dieser Gehörorgane zu stellen sind. Die Untersuchungen sind von der Arenicola marina (L.) ausge- gangen und an lebenden oder lebensfrischen Thieren längere Zeit hin- durch auf Helgoland angestellt. Sie wurden an Material, das in un- gleichster Weise konservirt war, mit den Hilfsmitteln der modernen Technik im zoologisch-zootomischen Institut in Göttigen weitergeführt. Denn unentbehrlich war es, besonders die Schnittmethoden auf das kleine und verstekt liegende Organ in Anwendung zu bringen, wo die Untersuchung der frischen Körpertheile sich bald als unzulänglich er- gab. Für einzelne Fälle erwies sich das Macerationsverfahren besonders günstig. Wo es nöthig ist, werde ich über die mit Erfolg verwendeten Methoden an seinem Orte berichten. Ich erachte meine Untersuchungen an diesem Thiere für nicht ab- geschlossen ; ich hatte gehofft, das Gehörorgan auch in seiner Entwick- 218 E. Ehlers, - lung kennen zu lernen. Woran dies gescheitert ist, davon ist weiter- hin die Rede. Was die Untersuchungen in Folge dessen an tiefer eindringendem Verständnis fehlen lassen, möchte ich durch breiter ausgedehnte Er- kenntnis decken. Das veranlasste mich, neben der Arenicola marina(L.) andere Arten dieser Gattung, und zwar Ar. Glaparedii (Lev.), Grubii (Clap.) und antillensis (Lik.) in den Kreis der Untersuchung zu ziehen. Dieses Unternehmen lohnte sich durch die Erfahrung, dass jede dieser Arten im Bau des Gehörorgans Besonderheiten besitzt, durch welche sie unter einander wie von der Ar. marina (L.) abweichen. Leider musste ich Arenicola branchialis (Aud. et M. Edw.) und Ar. ecaudata (Johnst.) unberücksichtigt lassen, da es mir nicht gelang, Vertreter dieser, vielleicht zweifelhaften, Arten zu erhalten. Dass ich überhaupt die Untersuchung in solcher Ausdehnung führen konnte, verdanke ich für die Ar. Glaparedii (Lev.) und Grubii (Clap.) der Mühwaltung der Zoologischen Station in Neapel, welche mir gut konservirte Thiere dieser beiden Arten verschaffte. — Für die Möglichkeit, Arenicola antillensis (Ltk.) zu untersuchen, bin ich der gütigen Vermittlung des Herrn Levinsen und der Freigebigkeit des zoologischen Museum in Kopenhagen zu Dank verpflichtet, woher ich das vordere Körperende dieser Art zur Bearbeitung erhielt. Von den Zoologen, welche die Anatomie der Arenicola behan- delten, hat wohl GrusE! zuerst auf die uns beschäftigenden Organe hingewiesen, ohne jedoch ihren Bau und ihre Bedeutung zu erkennen; er erwähnt sie bei Gelegenheit der Beschreibung des Schlundringes der Arenicola als diesem anhängende Knötchen und seine Abbildung zeigt, dass es die Gehörorgane sind, welche er gesehen hat. Besser er- kannte sie Stannıus ? und seine gleichfalls in mancher Beziehung noch wenig zutreffende Beschreibung und bildliche Darstellung hatte die be- deutsame Folge, dass C. Tu. v. Sıesoıp® nach ihr die Gebilde als Gehör- blasen deutete, welche Otolithen enthielten. — Diese Auffassung ist von allen nachfolgenden Schriftstellern, welche sich mit dem Gegenstande | 1 A. E. Gruse, Zur Anatomie und Physiologie der Kiemenwürmer. Königs- 5 berg 4838. 40, p. 48. Taf. I, Fig. 7. ‚ 2 H.Srannıus, Bemerkungen zur Anatomie und Physiologie der Arenicola piscatorum, J. MüLrer's Archiv f. Anatomie und Physiologie. Jahrg. 1840. p. 379. a Taf. XI, Fig. 12, 43, 44, 45. u 3 C. Tu. v. SızsoLp, Über das Gehörorgan der Mollusken, Archiv f. Naturgesch. 5 7. Jahrg. Bd. I, Berlin 4844, p. 166. Die Gehörorgane der Arenicolen. 219 beschäftigten, beibehalten. Es sind das QuAtrerases !, METTENBEIMER ?, Meissner ?, CLaPAarkDE?!, Cosmovicı® und Journan®. Durch ihre meist wenig eingehendenMittheilungen, die unter einander keineswegs immer übereinstimmten, erweiterte sich die Kenntnis von den Organen. In - welcher Weise das geschah, soll später am entsprechenden Orte aus- - geführt werden. Arenicola marina (L.) (Taf. XI, Fig. 1—12; Taf. XII, Fig. 13—20.) Der Schilderung des Gehörorgans der Arenicola marina (L.) lasse - ich, wiewohl dieser an den Küsten der Nordsee so häufige Wurm viel- fach beschrieben ist, eine kurze Darstellung solcher Verhältnisse der vorderen Körperstrecke des Thieres vorangehen, welche theils für eine topographische Orientirung, theils für gewisse morphologische Be- ziehungen Bedeutung haben. Diese Strecke umfasst naturgemäß den vorderen kiemenlosen Abschnitt des Wurmkörpers, der aus dem Kopf- lappen‘, dem borstenlosen Buccalsegment, und den nächsten sechs borstenführenden Segmenten besteht. Von den letzten haben wir nur die zwei oder drei ersten hier mit zu betrachten (Fig. I—3). Die ganze Körperoberfläche ist im Gegensatz zu dem glatten Kopflappen mit flachen warzigen Höckern besetzt, welche bald mehr bald weniger deutlich ringförmig gestellt sind. Scharfe Ringtheilung bilden die Fur- chen, welche die Segmente des Körpers von einander sondern, weniger scharf ausgeprägte Ringfurchen lassen innerhalb der Segmente Ringe unterscheiden, die, wenn auch nicht immer gleichmäßig scharf ausge- prägt, doch in bestimmten Zahlen vorhanden sind. An den borsten- tragenden Segmenten ist stets ein vorderer Ring vor den folgenden 1 A. ve QUATREFAGES, Etudes sur les types inferieures de l’embranchement des Anneles. Annal. d. sc. natur. Ser. 3. Zoolog. T. XIII. Paris 1850. p. 366 und Histoire naturelle des Anneles, T. I. Paris 4865. p. 90. Pl. IV, Fig. 45. 5 2 C. METTENHEIMER, Beobachtungen über niedere Seethiere. Abhandl. herausg. von der SENCKENBERG. naturforsch. Ges. Bd. IIl. Frankfurt a/M. 1859—1861, p. 294. max, Fig. 14, 13,44, 45. 3 G. MEISSNER, HENLE und MEıssner, Bericht über die Fortschritte der Anato- mie und Physiologie im Jahre 4856. Leipzig und Heidelberg 1857. 80. p. 635. * Ev. CLArARkDE, Les annelides chetopodes du Golfe de Naples. Geneve et Bäle. 1868. p. 300. & 5 Leon C. Cosmovicı, Glandes g£Enitales et organes segmentaires des Annelides # polychetes, Archives de Zoolog. experiment. et generale. T. VIII. 4879 et 1880. = p. 255. h 6 E. JourpAn, Sur la structure des otocystes de l’Arenicola Grubii, Comptes - rendus. T. XCVIll. I, Paris 4884, p. 757. — und: Die Sinne und Sinnesorgane der - niederen Thiere. Übers. von W. MArsuauL. Leipzig 41894, p. 210. 320 E. Ehlers, durch etwas größere Länge und schärfere Grenzfurchen ausgezeichnet, sowie dadurch, dass er eine ringförmige Leiste trägt, hinter welcher am seitlichen Umfang über der halben Höhe das Parapodium mit dem dorsalen Borstenbündel steht und darunter in kleinem Abstand die Reihe der ventralen Borsten in einem kurzen Querspalt verborgen, an den ersten Segmenten sehr klein und wenig zahlreich; auf diesen Ring folgen am ersten borstentragenden Segmente zwei Ringel, wodurch das ganze Segment dreiringelig wird; das zweite borstentragende Segment hat hinter dem Ringe mit dem Parapodium drei Ringe, ist also vier- ringelig, während die nun folgenden Segmente fünfringelig sind, da hier hinter dem borstentragenden Ringel noch vier andere folgen. Das erste borstenlose oder Buccalsegment hat drei. durch tiefere Furchen von einander getrennte hintere Ringe, vor welchen dann die wenig kürzere vorderste Körperstrecke liegt, welche den Rüsseleingang umschließt. Die Ventralfläche ist durch ein dreieckiges, hinter diesem liegendes Feld, welches ich das Metastomialfeld nenne, ausgezeichnet. Das Feld wird durch Furchen begrenzt, welche mit dem Lauf der Schlundringschenkel des Nervensystems zusammenfallen. Die ventrale Medianfurche, welche an der vorderen Strecke des Wurmkörpers die Lage des Bauchmarkes kennzeichnet, tritt vom ersten borstentragenden Segment auf das Buccalsegment hinüber und halbirt dessen beiden letzten vollen Ringel ganz. Von ihrem auf dem nächst vorderen Ringel gelegenen Vorderende gehen unter spitzem Winkel zwei Furchen ah mit der Richtung nach vorn und dorsalwärts. Sie sind es, welche dem Laufe der Schlundringschenkel entsprechen und die beiden Schenkel des dreieckigen Metastomialfeldes bilden. Das Feld wird von vier bis fünf queren Reihen von warzigen Höckern eingenommen und geht vorn in den Rüsseleingang über. — Verfolgt man die Grenzfurchen des Metastomialfeldes aufwärts, so lassen sie sich bis gegen den Seitenrand des Kopflappens verfolgen, werden dabei allerdings undeutlich. Da nun, wo ihre Vorderenden an den Kopflappen hinanreichen, steht bald mehr bald minder deutlich ausgeprägt eine kleine längsge- zogene spaltförmige Grube, welche von der Vorderstrecke jeder Grenz- furche des Metastomialfeldes spitzwinkelig gegen die Rückenfläche sich wendet, von der hinteren Ecke des Kopflappens um die Breite von etwa zwei Warzenreihen entfernt. Eine vordere und hintere kurze Reihe von drei bis vier warzenförmigen Höckern bilden die Begrenzung des Spaltes, ihre Flächen fallen in dessen Grund ab. Man trifft auf | diese Grube, wenn man eine Verbindungslinie der vorderen dorsalen Parapodien gegen den Kopflappen hin fortführt. Dieser Spalt ist die # Eingangsöffnung zum Gehörorgan (Fig. 1). Sn En Die Gehörorgane der Arenicolen. 221 Der Kopflappen ist in der Regel tief eingezogen und dann von außen nicht sichtbar; bei starker Streckung des Wurmes tritt er zu Tage, auch bei im schlaffen Zustande abgetödteten Thieren oder nach einer Auftreibung der vorderen Körperstrecke mit Hilfe einer Ein- spritzung in die Leibeshöhle. Er erscheint dann als eine glatte quer- ovale Platte, welche durch zwei Längsfurchen in drei schwach kissen- förmig gewölbte Felder zerlegt ist, von denen die seitlichen als Seiten- lappen zu bezeichnen sind. Von den Wimpergruben, welche sich an deren Seitenumfang befinden, ist ohne eingehende Zerlegung nichts wahrzunehmen (Fig. 2, 3). Von der inneren Organisation des Wurmes interessiren uns hier gleichfalls zunächst die Verhältnisse, welche sich in der vorderen Körperstrecke, besonders im Buccalsegment finden (Fig. k). Der Binnen- raum dieses Segmentes ist nach hinten von dem folgenden Leibeshohl- raum durch ein seit Langem bekanntes quer gestelltes Dissepiment abge- sondert, welches sich als eine starke muskulöse Platte von der Längs- muskulatur der Körperwand ablöst, mit radiärem Verlauf seiner Fasern gegen das Darmrohr sich wendet und ringförmig an der hinteren Grenze des Rüssels sich an dessen Außenwand anheftet. Es bildet ein wahres muskulöses Diaphragma (Fig. 4, 10 Dph). Den Haupttheil des Binnenraumes vom Buccalsegment nimmt die als Rüssel ausstülpbare Vorderstrecke des Darmes ein, dessen Bewe- gung nach vorn durch das muskulöse Diaphragma beschränkt wird, welches andererseits als dessen Retraktor wirkt. Den Darm begleiten die dorsalen und ventralen Längsstämme, die uns hier, so wenig wie ihre reichen Verzweigungen, nicht weiter interessiren. Auf die ventrale Fläche des Buccalsegmentes tritt das Bauchmark des Nervensystems vom ersten borstentragenden Segment her in einem muskelfreien Längsfelde über und läuft etwas über die Furche hinaus, welche den letzten Ring des Buccalsegmentes vom voranstehenden son- dert. Hier findet seine Gabelung zu den Connectiven des Schlundringes statt, und diese verlaufen, den Schlund umfassend, an der Innenfläche der Körperwand auf jenen Linien, welche außen als die Seitenfurchen des metastomialen Feldes erscheinen. Diese Gonnective sind völlig von der Muskulatur der Körperwand bedeckt. Ihre vorderen Enden treten an die Unterfläche des vorderen breiten Abschnittes des Hirnes, welches als ein Knoten von herzförmiger Gestalt, das zugespitzte Ende nach hinten gerichtet, im hinteren Theile des Kopflappens über dem Rüssel- eingang liegt (Fig. %, 13). Im Buccalsegment entspringen von der Endstrecke des Bauch- markes und von den Schlundeonnectiven Seitenzweige, welche das 222 E. Ehlers, gleiche Verhalten zeigen, wie die Zweige, welche in den folgenden Segmenten vom Bauchmark abgehen. Es sind das, wie das von anderen Borstenwürmern und Gephyreen vielfach bekannt ist, völlig in sich ge- schlossene Ringnerven, welche durchaus symmetrisch vom Bauchmark abgehen und auf der Firste der gegen die Leibeshöhle vorspringenden Segmentfurchen verlaufen. Von ihnen gehen Nerven ab, welche in einen dichten subepithelialen Plexus eintreten. In solcher Weise ent- springt im Buccalsegment von der Anfangsstrecke des Bauchmarkes ein Paar von Ringnerven, und in gleicher Weise treten von jedem Connec- tiv des Schlundringes zwei hinter einander gelegene Nerven ab, alle verlaufen parallel und liegen auf den leistenförmig vorspringenden Kanten der Ringfurchen. Die von den Connectiven ausgehenden Fasern bilden aber keine völlig geschlossenen Ringe, denn im Bereich des metastomialen Feldes fehlt jene Strecke, welche die den dorsalen Um- fang der Körperwand umfassende Nervenspange ganz zum Ring ab- . schließen würde. Ich habe vom medialen Umfange der Schlundring- connective keine Nerven zur Körperwand des metastomialen Feldes abgehen sehen, weder bei der grobanatomischen Präparation, noch bei Durchmusterung von Schnittserien, welche sonst die Ringnerven der Körperwand zeigten (Fig. 13). Zwischen der vordersten Nervenspange und der Endigung der Schlundringeonnective am Hirn machen sich auf der inneren Körper- wandfläche die Gehörorgane bemerklich, sobald man die Körperwand ausgebreitet vor sich hat (Fig. 4). Um sie zur Anschauung zu bringen, löse man aus der neben der ventralen Mittellinie geöffneten Körperhöhle mit Durchschneidung des muskulösen Diaphragma die vordere Darm- # strecke heraus, trenne sie durch einen Schnitt von der hinteren Darm- strecke und schlage sie, während die Körperwand ausgebreitet wird, scharf anziehend nach vorn hinaus. Räumt man dann die bisweilen die Ansicht störenden Blutgefäße fort, so findet man die Organe als je einen seitwärts und etwas nach hinten von dem durch Muskelfasern # verdeckten Hirn gelegenen, meist weißlich erscheinenden Fleck, an welchem in augenfälliger Weise ein Zug von querlaufenden Muskel-"# fasern unterbrochen wird. Aus der an die Leibeshöhle grenzenden oberflächlichen Schicht der allgemeinen längslaufenden Muskulatilää | trennt sich innerhalb des Buccalsegmentes aus dem Bezirk, welcher ee zwischen der ventralen Medianlinie und der Verbinäiingelinne der ven- & | tralen Parapodien liegt, jederseits ein breiter bandartiger Streifen ab, E steigt der Körperwand anliegend schräg in dorsoventraler Richtung” aufwärts gegen die dorsale Mittellinie und heftet sich von jeder Seite” kommend, und so wie ein gemeinsames queres Band erscheinend, auf 5 Die Gehörorgane der Arenicolen. 223 die Umhüllung der unteren Fläche des Hirns. Am hinteren Rande dieses Muskelbandes wird nun in kurzem Abstande seitlich vom Hirn ein Theil dieses Muskels in seinem Verlaufe dadurch unterbrochen, dass hier das Gehörorgan gegen die Leibeshöhle von der Körperwand ' her vorspringt, den Muskel trifft und damit einem Theil von dessen Fasern einen Ansatzpunkt bietet, während in deren Fortsetzung der andere, gleichsam abgetrennte Theil hier entspringt, und wie die Ge- sSammtmasse dieser Muskelfasern auf die untere Hirnfläche zieht. Die Unterbrechungsstelle dieses Muskelbandes, die Stelle der Anheftung und des Ursprunges seiner Fasern erscheint als weißlicher Fleck und kennzeichnet die Lage des Organs. Um die Organe ganz in ihrer Lage und Verbindung zu übersehen, muss die wandständige Muskulatur des Körpers entfernt werden. Mir hat sich als bequemes Hilfsmittel dafür eine kurze Einwirkung von 300%/,iger Salpetersäure auf den lebensfrischen Wurmkörper und nach- trägliches Auswaschen mit Wasser empfohlen. Die Muskulatur lässt sich dann leicht in großen zusammenhängenden Strängen ablösen, während sich die Körperwand und die an ihr gelagerten nervösen Apparate erhalten (Fig. 13, 14). Auf der von Muskeln befreiten inneren Oberfläche der Körper- wand erscheinen dann die Gehörorgane in kurzem Abstand von dem Hinterrande des Gehirns und lateralwärts von den Vorderenden der Connective des Schlundringes als kurze, nun frei vorragende weißliche oder hellgraue Zapfen, welche seitlich plattgedrückt sind. Für eine Betrachtung der lebensfrischen Organe bei Würmern, welche bereits so weit herangewachsen sind, dass sie im gelähmten Zustande durch Druck nicht mehr durchsichtig zu machen sind — bei ‚jungen Thieren bis zu etwa 3 cm Länge ist das noch möglich — lassen sich die Gebilde, sobald man ihre Lage kennt, leicht freilegen und mit- sammt der umgebenden, zum Theil anheftenden Muskulatur mit einer aufs Blatt gebogenen Schere ganz herausschneiden. Nun lässt die Untersuchung solcher Präparate zwar manche Einzelheit von dem Bau der Organe erkennen, und darf nicht völlig außer Acht gelassen wer- den, und es sind die isolirten Organe für Färbung und Aufhellung, besonders aber zu Macerationsverfahren für bestimmte Zwecke sehr dienlich — allein bessere Übersichten und Erkenntnisse von ihrem Bau geben doch Präparate, in denen die Gehörorgane mit ihrer ge- sammten Umgebung in Schnittreihen nach verschiedenen Ebenen zer- legt und nach den üblichen Methoden der Färbung behandelt sind. ‚Meine folgende Beschreibung der Gehörorgane ist daher im Wesentlichen nach solchen Präparaten angefertigt (Fig. 5—12, 15—17). 994 E. Ehlers, Das Gehörorgan der Arenicola marina L. ist bis auf seine, die Leibeshöhle berührende Kuppe von der Muskulatur der Körperwand allseitig umgeben. Von dieser setzt es sich aber durch die besonderen Gewebe, aus denen es besteht, so bestimmt ab, dass es aus der Reihe der längs und quer gelegten Schnitte leicht für Auffassung und Be- schreibung wieder aufzubauen ist. In dem Organ bilden die Bestandtheile der Haut, die Guticula und das zu ihr gehörende Epithel, die Grundlage, an welche Nerv, Ge- fäße und Muskeln herantreten. Die Beschreibung geht von der ersten aus. Sie ist hier nach den Verhältnissen bei ausgewachsenen Würmern gemacht. Es stellt sich dann das Organ als ein mit der vorhin gekennzeichneten Spaltöffnung auf der Körperoberfläche ausmündendes Hohlorgan dar, welches im Allgemeinen einer Retorte vergleichbar ist, und an dem sich danach ein Hals und ein gegen diesen winklig umgebogener Kolben oder eine Blase unterscheiden lässt (Fig. 15). Der Hals ist ein trichterförmiges Rohr, dessen weite Öffnung auf der Oberfläche der Haut ausmündet, während das verdünnte Endstück in die Blase übergeht. Dabei ist der Hals abgeplattet, und diese Abplattung trifft die Wand wie die Lichtung. Entsprechend der Gestalt der äußeren spaltförmigen Mündung ist er auf dem größten Theile seiner von der Haut abgehenden Strecke so platt- gedrückt, dass hier zwei breitere Flächen und zwei schmälere Kanten gebildet werden; gegen den Endkolben hin nimmt die Abplattung ab, der Unterschied zwischen Kanten und Flächen wird geringer und die Fläche des Querschnittes nähert sich allmählich der eines Kreises, ohne diese ganz zu erreichen; der in der Anfangsstrecke vorhandene bedeu- tende Unterschied zwischen Breite und Dicke schwindet nicht ganz. Die Abplattung des Rohres ist im Allgemeinen in einer transversalen Ebene erfolgt; die Breitflächen des Halses liegen parallel zur Körperoberfläche, die Kanten sind dorsal- und ventralwärts gerichtet (Fig. 5). Dieses Rohr ist außen, aber nicht auf der Innenfläche glattwandig, sondern hier viel- fach in Falten gelegt, die wahrscheinlich ganz unbeständig sind und von den Kontraktionszuständen der umgebenden Muskulatur bedingt werden. Es sind vor Allem tiefe Falten, welche zur Längsachse des Halses quer stehen, und welche in unregelmäßiger Weise Vorsprünge in die Lichtungen des Halses wie Ausbuchtungen des Binnenraumes | nach außen erzeugen. Solche Falten werden entstehen, wenn ein weites Rohr mit nachgiebiger Wandung in der Richtung seiner LängsE achse zusammengeschoben wird; sie werden bei einer Streckung in | gleicher Richtung verstreichen. Neben solchen Falten treten längs- | laufende Einfaltungen und Ausbuchtungen der Wand auf, die, so weit | Die Gehörorgane der Arenicolen, 225 ich gesehen habe, weniger bedeutend als die Querfalten sind, immerhin groß genug, um eine beträchtliche Erweiterung der Lichtung mit ihrer. Ausgleichung zu gestatten. — Beide Faltungen sind am stärksten in der abgeplatteten Strecke des Halses vorhanden. Auf der Übergangsstrecke zum Kolben zeigt der Querschnitt bald eine dreieckige Fläche der Lich- tung, welche wohl durch längslaufende Falten hervorgerufen ist; bald ist er rein queroval, und mag dann in der Ebene einer queren Faltung liegen. Nach dieser Auffassung sind die Falten nicht den Furchen gleich zu Setzen, welche auf der äußeren Haut die warzigen Höcker von einan- der trennen. Dafür spricht das Verhalten des nachher zu schildernden Epithels, welches auf der Oberfläche in den Furchen und auf der Höhe der Warzen sich ungleich verhält, im Blasenhalse dagegen auf dem Scheitel der Falten wie in deren Einsenkungen gleichmäßig ist. Der Endkolben ist eine Blase, welche bald der Kugelgestalt sich nähert, bald dergestalt seitlich zusammengedrückt erscheint, dass sie einer bikonvexen Linse ähnelt oder auch zwei abgeflachte Flächen bei kreisföormigem Umfang besitzt. Es werden daher Schnitte, welche in verschiedenen Richtungen durch sie geführt sind, von ihrer Lichtung bald das Bild eines Kreises, bald einer Ellipse gewähren; und solche Unterschiede mögen nach den wechselnden Verhältnissen in der Um- gebung der Blase ungleich stark hervortreten. Abweichungen von der regelmäßigen Gestalt einer Kugel oder Linse kommen da zu Stande, wo der Hals des Organs in den Kolben übergeht. Hier ist die Blase gleichsam gegen die Richtung des Halses hin umgeknickt, in ähnlicher Weise wie Kolben und Hals einer Retorte zu einander stehen; dabei wendet sich der Scheitel der Blase mit Rücksicht auf den Wurmkörper nach innen und vorn; es liegt die Blase damit dem medianen Umfange der Endstrecke des Halses an. Mit dieser Knickung und Umbiegung auf dem Übergange vom Halse zur Blase ist gleichsam der Endab- schnitt des Halses ein wenig gegen die Lichtung der Blase eingescho- ben und treibt die Blasenwand, da wo sie die Knickung erfährt, etwas nach innen vor; doch ist auch dieses Verhalten ungleich stark aus- geprägt und offenbar wechselnd wie die Faltung in der Wand des Halses. Dies Verhalten erzeugt, wenn man am lebenden durch Druck abgeplatteten Wurme das Gehörorgan untersucht, nicht selten das Bild, als spränge in den Binnenraum der Blase ein Polster hinein vor, durch welches dieser auf einen sichel- oder halbmondförmigen Raum ein- - geengt würde. Die Öffnung, mit welcher die Lichtung des Halses in - den Hohlraum der Blase hinüberführt, ist spaltförmig. | An das so gestaltete Organ tritt ein Nerv, den ich mit voller - Sicherheit, welche die grobe Präparation nicht verleiht, nur an Schnit- Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LIU. Bd. Suppl. 45 r\ gr N De b| B 2 Te . > 2 | a 336 E. Ehlers, ten erkannt habe; denn wie das Organ fast völlig in der wandständigen Muskulatur begraben ist, wird dieser Nerv von ihr völligbedeckt, und geht ; bei seiner Kleinheit und Zartheit beim Ahtragen der Muskelfasern sehr leicht verloren. Da wo das Organ am äußeren Umfange des Schlund- ringschenkels von der äußeren Körperoberfläche nach innen vorragt, löst sich von diesem ein kurzer feiner Nervenzweig ab und legt sich auf die Außenfläche des Halses eine kurze Strecke vor dessen Verbin- dung mit der Endblase. Die Ausbreitung des Nerven erfolgt von hier ab in gleichmäßiger Schicht, ohne besondere Strangbildung, und über- zieht die Endstrecke des Halses wie den blasenförmigen Kolben. Sie ist weiterhin bei der Schilderung des feinen Baues beschrieben. — Die Außenfläche des Epithels und der mit ihm innig verbundenen Nerven- schicht wird von einer glatten Membran bekleidet. Von den Muskeln, welche das Gehörorgan umgeben, zieht der größte Theil der Fasern an ihm vorbei, ohne sich anzuheften. Es ist das die Hauptmasse der ringförmigen und längslaufenden Muskel- schichten der Körperwand. Nur ein kleiner Theil von Muskelfasern heftet sich an das Gehörorgan an. Sie gehören zu einem schmalen und dünnen bandartigen Muskel, welcher als ein besonderer Theil des größeren Muskels erscheint, der auf der Höhe des Schlundringes sich von der längslaufenden Körpermuskulatur ablöst, schräg auf- und medianwärts sich wendet und auf der Hülle, welche die ventrale Fläche des hinteren Hirnendes bekleidet, sich anheftet (Fig. +). Der platte Muskel, welcher zum Gehörorgan geht, ist gleichsam durch dessen Einschub unterbrochen, so dass die einen seiner Fasern, aus der Längs- muskulatur des Körpers stammend, auf der am weitesten gegen den Körperhohlraum vorspringenden Fläche des Kolbens sich anheften, während ihnen gegenüber andere entspringen, welche wie der größere Muskel, zu dem sie gehören, an die Unterfläche des Gehirns ziehen. Diese Insertionsstelle liegt am Gehörorgan nicht auf dem Grunde der kolbenförmigen Blase, welche nach vorn gewendet zwischen den Mus- kelfasern steckt, sondern auf jener Fläche, welche der Einmündung 5 des Halses in den Kolben gegenüber steht. — Nach der Anordnung der +8 Fasern darf man schließen, dass dieser zweitheilige Muskel bei seiner Kontraktion den Kolben in solcher Weise gegen die Körperwand be-7 wegt, dass ein Druck die Längsrichtung des Halses trifft; dadurch wird” dann vermuthlich dessen Wand in die Querfalten verschoben, welche tt gelagert ist, auch wenn sie sich daran nicht anheften, bei ihren | 2 Fa a SE an an nn Die Gehörorgane der Arenicolen. 227 Kontraktionen dessen Form und Stellung zu beeinflussen vermögen, erscheint sehr wahrscheinlich. Blutgefäße habe ich an zwei Stellen in größerer Anzahl und in engem Anschluss an das Organ gefunden. Einmal ist es die Ansatz- stelle der Muskelfasern an die Wand der Blase, an welcher ich stets eine Anzahl von unter einander zusammenhängenden Blutgefäßen ge- troffen habe. Dann finden sich regelmäßig Blutgefäße an jener Stelle, wo der Kolben des Organs bei seiner Knickung gegen die Endstrecke des Halses gelegt ist. Beide Gefäßbezirke gehören dem allgemeinen Gefäß- netze an, welches sich auf der Innenfläche der Körperwand ausbreitet. Die Größenverhältnisse des Organs ergeben sich für die erwachse- nen Thiere aus folgenden Messungen. Ein aus dem Körper des Wurmes herauspräparirtes Gehörorgan, welches mit CGhromessigsäure und Al- kohol behandelt war, maß in seiner ganzen Länge vom Eingangsspalt bis zur Kuppe der Blase 0,99 mm; in einer Kantenansicht bestimmte ich die Schmalfläche oben am Halse zu 0,174 mm, vor der Endblase zu 0,382 mm, die größten Quermesser in der Endblase zu 0,382 mm; die Breitfläche oben am Halse betrug 0,303 mm, die der Blase 0,396 mm. An einem Längsschnitt betrug die Gesammtlänge des Gehörorgans aus einem anderen Wurme, der 6 mm im Quermesser hielt, 0,797 mm, dessen Querdurchmesser im Halse unterhalb der Ausmündung 0,145 mm, der gleiche Durchmesser von Blase und Hals zusammen 0,290 mm, der Blase allein 0,198 mm, die Länge der Blase von der höchsten Wölbung der freien Kuppe bis zum gegenüberstehenden Punkt 0,594 mm. Die Breiten- und Querdurchmesser des Gehörorgans und seiner Lichtung in den verschiedenen Strecken ergeben sich aus folgenden Zahlen, die durch Messungen an Schnitten aus einer Reihe bestimmt wurden: der Gang unterhalb der ‘äußeren Mündung war 0,356 mm breit und 0,145 dick, seine Lichtung maß in gleichen Ebe- nen 0,198 mm auf 0,013 mm; der Gang dicht oberhalb der Blase 0,224 mm breit, 0,174 mm dick, seine Lichtung hier 0,0396/0,0396 mm; der Querschnitt durch Gang und Blase zusammen war 0,262 mm breit, davon kamen auf den Gang 0,198 mm, auf die Blase 0,26% mm; die größte Ausdehnung der Blase war in der Breite 0,290 mm, in der Dicke 0,264 mm, die Lichtung maß auf 0,118/0,158 mm. — Alle diese Messungen sind ohne Rücksicht auf die Bestandtheile gemacht, welche am Aufbau des Gehörorgans Theil nehmen. _ Die Lage des Gesammtorgans zur Körperwand ergiebt sich, wenn man die oben beschriebene Stellung der äußeren Mündung berück- sichtigt, am besten aus. der Betrachtung eines Längsschnittes, welcher in seiner Höhe transversal durch den Wurmkörper gelegt ist (Fig. 10). A5* B 3938 E. Ehlers, Hier erscheint die Einstülpung, welche den Hals des Organs bildet, ganz ähnlich einer Einfaltung, welche die Segmente oder deren Ring- furchen von einander sondert. Allein während diese die Ringmusku- latur nicht völlig durchbrechen und auf ihrer Firste den Ringnerven tragen, durchbricht das Gehörorgan mit seinem Halstheile schon die Ringmuskulatur, indem es von seiner hoch dorsal gelegenen spaltförmi- gen Mündung in dorsoventraler Richtung und unter spitzem Winkel gegen die Medianebene eindringt. Dabei zieht es hart am äußeren Umfange der oberen Strecke des zum Hirn umbiegenden Schenkels des Schlundringeonnectivs vorbei, und tritt mit diesem durch einen verbindenden kurzen Nervenzweig in Zusammenhang. Der die Blase tragende Endabschnitt des Halses hält die Richtung der Anfangsstrecke bei und durchsetzt mit der Blase die Längsmuskulatur und insbeson- dere die Masse des Muskels, welcher von ihr zur Unterfläche des Hirnes zieht. Durch die retortenförmige Krümmung, welche die Gesammtform des Organs erzeugt, ist die Blase innerhalb dieser Muskelfasern und allseitig von ihnen umgeben, mit ihrem blinden erweiterten Grunde nach vorn und dorsalwärts gewendet und liegt dem median- und vor- wärts gewendeten Umfange der Endstrecke des Halses an. Mit ihrer Kuppe durchbricht die Blase das zum Hirn ziehende Muskelband und zerlegt dieses, wie es oben beschrieben ist, in zwei gesonderte Strecken, welche an ihr anheften. Bei einer Schilderung des feineren Baues des Gehörorgans kön- nen die Muskeln und Gefäße unberücksichtigt bleiben; uns beschäftigt daher hier nur seine epitheliale Wandung und die an sie hinantretende Nervenschicht. Wie das ganze Organ als eine Einstülpung der Oberhaut erscheint, so wiederholen sich an ihm deren Elemente, jedoch mit gewissen Eigenthümlichkeiten. Die Cuticula, welche sich auf der Oberfläche des Körpers befindet, setzt sich in das Organ hinein fort und bildet als dessen innere Aus- kleidung einen völlig zusammenhängenden, außer an der Mündung nirgends unterbrochenen Schlauch, der die Retortenform des Organs wiedergiebt. Es ist leicht, mit geeigneter Behandlung diesen ganzen Schlauch im Zusammenhang, von den Epithelien entblößt, frei zu legen; dabei erhält sich die Endblase in ihrer Form, während der gefaltete Halstheil sich unregelmäßig zusammenlegt (Fig. 18, 19). Ich betone den völligen Zusammenhang der ceuticularen Auskleidung, weil JourDan für a | Arenicola Grubii (Clpd.) die Angabe gemacht hat, die innere Oberfläche 4 des Gehörorgans sei von kleinen, den einzelnen Zelloberflächen entspre- nn ln DD nn Sn „Seel un 1 ge Die Gehörorgane der Arenicolen. 229 chenden Plättchen bedeckt; bei der Entstehung mag die Auskleidung in solcher Weise gebildet werden, für das erwachsene Thier dieser Art trifft aber eine solche Auffassung nicht zu. Die Cutieula ist mir in der ganzen Ausdehnung homogen erschie- nen, eine ausgeprägte Schichtung habe ich in ihr nicht gesehen; auch fehlen ihr Porenkanäle. Das sind Eigenthümlichkeiten, welche Wir£n ! schon für die äußere Körperdecke des Wurmes angegeben hat. In der Anfangsstrecke des Halses trägt sie, wie ihre Matrix, auch sonst das Gepräge wie auf der Oberhaut, in so fern als sie etwas dicker als weiterhin und, individuell verschieden, bald mehr bald minder bräun- lich gefärbt ist. In der Endstrecke des Halses verfeinert sich die Cuti- cula und ist völlig farblos. Kurz vor der Einmündung des Halses in die Endblase ist die Oberfläche der Guticula von einem Besatz mit Flimmerhaaren eingenommen. Ihre Anwesenheit festzustellen ist der schwierigste Punkt der Untersuchung gewesen, da in den weitaus meisten Fällen in den abgetödteten und für die Schnittbehandlung hergerichteten Würmern die Flimmern nicht erhalten waren. An jungen lebenden Thieren, die durch allmählich wirkenden Druck abgeplattet und durchscheinend gemacht waren, konnte ich wohl die Wirkung einer Flimmerung in der später noch zu erwähnenden Bewegung des Blaseninhaltes erkennen, nicht aber die Flimmern selbst. Dagegen habe ich die in Bewegung befindlichen Cilien deutlich an Präparaten gesehen, welche ich von dem rasch aus dem lebenden Wurmkörper herausgelösten Organ erhielt, als ich es in einer Mischung von See- wasser und Leibesflüssigkeit mit Nadeln zerriss. Ich habe sie ferner in Macerationspräparaten erhalten, die ich damit herstellte, dass ich das lebensfrische Organ für 36 Stunden in eine schwache Lösung von doppeltchromsauren Ammoniak legte, dem einige Tropfen von FLemnıne- scher Flüssigkeit zugesetzt waren. Und endlich hat sich in einigen Schnittreihen von Würmern, die mit Sublimatlösung abgetödtet, mit Alkohol stufenweise gehärtet, und mit Enruicn’s Hämatoxylin gefärbt waren, der Besatz der Cilien auf der Öutieula in kenntlicher Weise erhalten. — Die Strecke des Halses, in welcher ich die Flim- merhaare gesehen habe, besitzt noch das querovale Lumen; wie weit sich aber der Flimmerbesatz erstreckt, habe ich nicht festgestellt; auf den Schnitten, in denen die Gilien noch kenntlich erhalten sind, sind sie nur auf der einen Hälfte des Umfanges vorhanden, welche von der Blase abgewendet ist (Fig. 16). Während in den Fällen, in welchen 1 A, Wıren, Beiträge zur Anatomie und Histologie der limivoren Anneliden. Stockholm 1887. Kongl. Svenska Vetenskaps- Akademien Handlingar. Bd. XXI. W021. p.6.. Taf. 1,Fig.4=3% 330 E. Ehlers, ich die Flimmern in Bewegung sah, sie den Eindruck eines zusammen- hängenden wogenden Saumes machten, standen sie in den genannten Macerationspräparaten gruppenweise in Büscheln auf der Chitineuti- cula und machten den Eindruck kammförmiger Reihen. Bei den in Balsam eingeschlossenen Präparaten, in denen sie noch nachweisbar waren, bildeten sie einen zusammengeflossenen Saum über der Cuti- cula. — In einzelnen Fällen zeigte die Oberfläche der Cutieula, welche die Cilien trägt, eine feine netzförmig gefelderte Zeichnung; ich halte diese für den Ausdruck der unter ihr gelegenen Zellen. Auf der inneren Oberfläche der Blasenwand ist die Guticula gleichmäßig dünn und völlig farblos. Cilien habe ich auf ihr nie ge- sehen, wiewohl ich gegenüber der Bewegung, welche der Inhalt der Blase zeigt, sowohl am lebenden Thiere oder dem isolirten lebens- frischen Organ, wie an den mit den verschiedenartigsten Methoden her- gestellten Präparaten oft und mit besonderer Aufmerksamkeit danach gesucht habe. In einzelnen Fällen zeigte die Cuticula auf Flächenan- sichten eine äußerst feine dicht stehende Punktirung. So nahe es liegt, darin den Ausdruck einer auf Porenbildung zurückzuführenden Strukturirung der Guticula zu sehen, so habe ich mich von der Rich- tigkeit einer solchen Deutung aus den Bildern, welche der Querschnitt der feinen Haut giebt, nicht überzeugen können, und bin der Meinung, dass, wenn eine solche Punktirung im Bau der Guticula begründet ist, sie wohl nur der Ausdruck einer Reliefbildung auf der Fläche ist, welche durch die unter ihr gelegenen Zellen veranlasst wird. Wie die Cuticula des Gehörorgans eine Fortsetzung von der äuße- 8 ren Körperwand ist, haben auch die unter ihr gelegenen Zellen, welche als ihre Matrix aufzufassen sind, einen ununterbrochenen Zusammen- hang mit den subcuticularen Epithelzellen der Körperwandung. Diese sind hohe Cylinderzellen, welche in ihrem basalen Abschnitt besen- artig in eine Anzahl langer feiner Fasern auslaufen; ihr Zellleib ist n $ jenen Bezirken der Haut, welche stets auf der Oberfläche frei liegen, in wechselnder Weise ungleich ausgerüstet, indem bald bräunlich oder gelb gefärbte Körnchen oder Krümchen in ihn eingelagert sind, bald ; | größere Mengen eines, mit Hämatoxylin sich tief färbenden Sekretes, durch dessen Ansammlung der Zellleib die Form einer stets schlanken $ Becherzelle annehmen kann; der Charakter einzelliger Drüsen ist an | den bei Weitem meisten dieser Zellen unverkennbar. In der Tiefe der Segmentfurchen ändert sich das Aussehen dieser Epithelien derardgi dass offenbar die drüsige Thätigkeit zurückgetreten ist, die Zellleiber frei von körnigen Einlagerungen sind, daher im Allgemeinen lichten” t) ! erscheinen und bei Hämatoxylinfärbung keine dunkel gefärbten Ein | | ! Die Gehörorgane der Arenicolen, 231 lagerungen zeigen. Ich beschränke mich hier auf diese allgemeinste Kennzeichnung der Oberhautepithelien, sowie ich nur kurz hinzufüge, dass sie mit dem Gewebe der peripheren Nerven in Zusammenhang treten und mit ihren fadenförmigen Ausläufern diese Schicht nervösen Gewebes durchsetzen und an eine Basalmembran stoßen, welche die Gesammtheit des Epithels gegen die Muskeln der Körperwand und die Leibeshöhle abgrenzt; denn alle diese Verhältnisse sind im Besonderen von der Epithelschicht des Gehörorgans, wenn auch mit gewissen Besonderheiten zu beschreiben. — Ich hatte aber diese meine Auffas- sung vom Bau des Epithels der Körperwand hier mitzutheilen, weil sie im Widerspruch zu einigen Angaben steht, welche Wırts vom Bau der Haut der Arenicola gemacht hat. Die Ungleichheit unserer Darstellung geht wohl darauf zurück, dass Wırtn sein Urtheil nach Schnittpräparaten und nicht nach den Bildern des durch Maceration zerlegten Gewebes gegeben hat. Dadurch ist Wır£x die Auffassung der basalen Enden der Epithelzellen entgangen, er spricht nur vermuthungs- weise von fadenförmigen Ausläufern dieser Zellen. Bedeutender ist der Unterschied unserer Auffassung über das subepitheliale Gewebe. Ich will zunächst hervorheben, dass ich das Fehlen einer Basilarmembhran, welche die Epithelien von den Muskeln trennt, nicht zugeben kann. Dann gebe ich dem Fasergewebe, welches unterhalb der Kernregion des Epi- ihels gegen die Leibeshöhle hin folgt, eine andere Bedeutung als Wır£x, der dies als Bindegewebe bezeichnet. Dieses Fasergewebe enthält einmal die faserigen Ausläufer der Epithelzellen, was aber als kernhaltiges netzartig verstricktes Fasergewebe erscheint, ist nach meiner Auffassung nicht, wie Wırtn will, Bindegewebe, wenigstens nicht das stützende Bindegewebe des Körpers, sondern gehört dem Nervensystem an. Diese Auffassung leite ich daraus ab, dass ich das Gewebe der ringförmigen Nerven in das kernhaltige Fasergewebe übergehen finde. Wie weit dem bindegewebige Elemente beigemischt sein können, habe ich nicht weiter untersucht. Nicht an allen Stellen der tiefen Epithelschicht der Körperhaut findet sich dieses kernhaltige Fasergewebe, aber allerdings weit verbreitet, wie die Ausbreitung der Nerven mit Plexusbildung in der Haut sehr ausgedehnt ist. Ich habe dieses Gewebes nachher noch besonders zu gedenken. Meine Ansichten vom Epithel der Arenicola stimmen im Allge- meinen überein mit den Beschreibungen, welche Jourpan ' vom Epithel der Eunice, Eısıs? von dem der Gapitelliden gemacht hat. JouRDAn 1 M. Er. Jounpan, Etudes histologiques sur deux espöces du genre Eunice. Annales des sciences naturelles. Ser. VII. Zoolog. T. II. 1887. Art. No. 6. p. 2431. Pl.XV,Fig. 24. 2 Eısıc, Monogr. der Capitelliden. 1887. p. 21. Taf. III, Fig. 5, 6. 339 E. Ehlers, stellt das Auftreten eines Bindegewebes unter dem Epithel in Abrede, und zieht das kernhaltige Fasergewebe an dieser Stelle, was CLAPAREDE! als »tissu connectif stellaire«, Wırtn als Bindegewebe bezeichnet hat, unmittelbar zum Epithelgewebe. An geeigneten Schnitten durch das gehärtete und gefärbte Gehör- organ sieht man (Fig. 15, 16, 47) unter der Cuticula in ihrer ganzen Ausdehnung eine ununterbrochene Schicht von schmalen und hohen palissadenartig dicht neben einander stehenden Zellen, deren Kerne in annähernd gleichmäßigem Abstande von der cuticularen Oberfläche so gestellt sind, dass daraus die Einschichtigkeit dieses Epithels erhellt. Nach außen geht die Epithelschicht ohne eine scharfe Abgrenzung in ein Gewebe über, welches das Ansehen einer von feinen Fasern ge- bildeten, netzartig verfilzten Masse hat; sie nimmt in der unteren Hälfte des Blasenhalses schnell bis zu der Mächtigkeit zu, welche sie an der Blasenwand besitzt, und erhält dann ein besonderes Ansehen dadurch, dass in die netzförmig verfilzte Masse Kerne eingebettet sind, welche von den Kernen des Epithels bedeutend verschieden sind. Dieses kernhaltige Fasergewebe stimmt im Ansehen mit dem Gewebe der peripheren Nerven überein, und ist daher als eine Nervenschicht zu bezeichnen, welche mit der kernlosen nicht nervösen Fasermasse in Zusammenhang steht. — Die äußere Oberfläche des Gehörorgans ist von einer feinen Haut allseitig umschlossen, mit Ausnahme jener Strecke, auf welcher der an das Organ hinantretende Nerv sie durch- bricht, um sich als Nervenschicht auszubreiten. Die genauere Erkenntnis dieser Schichten und ihrer Verbindung unter einander ist nach meinen Erfahrungen an Schnittpräparaten allein nicht zu erhalten; ich habe daher ein Macerationsverfahren in An- wendung gebracht, indem ich die in dünnen Lösungen von doppelt- chromsauren Ammoniak, dem wenige Tropfen FLeuming’scher Flüssig- keit zugesetzt waren, im isolirten Zustande gehärteten Organe in Lösungen von Ranvısr’s Pikrokarmin unter dem Deckglas in einer feuchten Kammer 24—36 Stunden liegen, und sobald die Lockerung der Elemente eintrat, so dass sie bei Klopfen auf das Deckglas aus einander wichen, allmählich verdünntes Glycerin zufließen ließ. Der- artig angefertigte Präparate haben sich lange erhalten lassen (Fig. 20) In der Anfangsstrecke des Halses tragen die Zellen noch den Habi- tus des äußeren Epithels, der erst in der zweiten Hälfte des Ganges etwa verloren geht. Die dicht zur Oberfläche senkrecht stehenden Zellen, im Allgemeinen schlank eylindrisch oder stäbchenförmig, gehen ! CLAPAREDE, Recherches sur la structure des Annelides sedentaires. Geneve 1873. 40. p. 47, RR A 3 Re BT RR: es RT BEE a u TE ee U LE Die Gehörorgane der Arenicolen. 233 in der unteren Hälfte in einen Büschel von langen faserförmigen Aus- läufern aus, und sind dort, wo der Kern in ihnen, nahe über der Auf- lösung des Zellleibes in Fasern, gelegen ist, etwa auf der halben Höhe der ganzen Zelle, oder gegen die Oberfläche hin verschoben, bauchig durch diesen aufgetrieben, meist nach einer Seite des Umfanges hin. Der oberhalb der Kernauftreibung gelegene Abschnitt der Zelle ist - meistens kantig stabförmig schlank, doch auch wohl seitlich zusammen- gedrückt und lässt an den isolirten Zellen häufig eine Kante erkennen, in deren Verlängerung nach der Basis hin eine der Basalfasern sich er- streckt. Die zunächst unter der Guticula gelegene Fläche des Zellleibes ist in Macerationspräparaten sehr fein und kurz gezähnelt, und schließt sich dadurch wohl eng an die Unterfläche der Guticula an. Eine feine Längsstreifung, die von dieser Zähnelung aus an und in der äußersten Strecke des Zellleibes zu erkennen ist, halte ich für eine Struktur des Plasma, welche zu der ausscheidenden Thätigkeit der Zelle Beziehung haben mag. Die Strecke bis zum Kern, bisweilen auch noch die den Kern umgebende Strecke, trägt feine dunkle Körner, welche in dichter Lage die bräunliche Färbung in der Eingangsstrecke des Halses erzeu- gen, und mit gleichen Pigment- oder Sekretkörnern in dem Epithel der Oberhaut übereinstimmen. Bei Färbungen mit Hämatoxylin tritt in vielen dieser Zellen ein tief blau gefärbter Inhalt in dieser stäbchen- förmigen Strecke auf, bald in kleineren Stückchen, bald in größeren Bal- len; es ist das ein Ausscheidungsprodukt, welches das gleiche Verhal- ten zeigt wie die Exkretballen, die bei gleicher Behandlung eben so sich in den Zellen des Oberhautepithels finden und die den bräun- lichen oder grünlichen Stoff liefern, welcher die Oberfläche des Wurmes oft, zumal bei Reizungen, in reichlicher Menge bedeckt, wahrschein- lich auch Träger des eigenthümlichen Geruches ist, den man an den lebenden Würmern oft stark ausgeprägt findet. Mir ist es nicht un- wahrscheinlich, dass sämmtliche Zellen dieser Strecke des Ganges als einzellige Drüsen funktioniren können. Flaschenförmige Auftreibungen der Zellen, wie sie bei den Epithelzellen der Körperdecke erscheinen, habe ich hier nicht beobachtet. Fehlten die Sekretmassen, so erschie- nen die stabförmigen Strecken der Zellen gleichmäßig hell, ohne be- sondere Strukturirung, mit Ausnahme der oben erwähnten Längs- strichelung des Endabschnittes. Da, wo der Kern in der Zelle liegt, treibt er deren Leib durch seine Dicke bauchig und meist nur nach einer Fläche hin vor. Dann erscheinen an der nicht vorgewölbten - Fläche nicht selten eine oder zwei scharf ausgeprägte Kanten, von denen die eine oder andere auch wohl über den Kernbezirk hinaus - auf den stäbchenförmigen Zellleib sich fortsetzt, — Über den Kern 234 E. Ehlers, hinaus hin wird der Zellleib rasch dünner, als er ım stabförmigen Ab- schnitt ist, und strangförmig, und löst sich dann, bald unmittelbar hinter dem Kern, bald in einem größeren Abstand von ihm in dünne lange Fasern auf. Diese sind, so weit sich darüber mit Sicherheit urtheilen lässt, drehrund und laufen, ohne sich zu theilen oder zu verzweigen, gleichmäßig dick so lang als die pränucleare Strecke des Zellleibes, auch wohl noch länger. In meinen Macerationspräparaten fahren diese Fasern oft dicht hinter dem Kern weit aus einander, in anderen Fällen liegen sie eine Strecke weit dicht an einander; ich habe auch gesehen, dass die Fasern über eine große Strecke hin strangförmig vereinigt waren, innerhalb dieser aber aus einander wichen, wie die Fäden eines in seinem Verlaufe aufgedrehten Strickes. Nach den Bildern, welche Schnittpräparate geben, scheint mir der getrennte Verlauf der Fasern das Normale zu sein. An die in der Kernregion auftretende Kante des Zellleibes schließt sich oft sehr deutlich ein einzelner der fadenförmigen Ausläufer an. Der Kern ist in allen diesen Zellen sehr gleichförmig gebaut, dicker als der Zellleib, der durch ihn aufgetrieben wird, eiförmig; bei Behandlung mit Hämatoxylin und auch Karmin zeigt seine Substanz ein dunkler gefärbtes Gerüst, welches aus Körnern oder kurzen Fäden ohne auffallende Kontinuität besteht. Diese Schilderung der Zellen lässt sich im Allgemeinen auf alle” Zellen des Eingangrohres in Anwendung bringen; nur schwinden, je näher der Endblase um so mehr die dunklen Körner an dem stäbehen- förmigen Endabschnitte und die bei Hämatoxylinfärbung hervortreten- den Sekretmassen. Auf jener Endstrecke des Ganges, wo auf der Ober- fläche der Cuticula Flimmerhaare stehen, die ja jedenfalls zu den unter ihr gelegenen Zellen gehören, setzen sich diese in auffälliger Weise von den Zellen der Nachbarstrecken dadurch ab, dass sie bei Hämatoxylin- färbung keinerlei Einlagerung von Sekretballen im Leibe zeigen, sonder "a gleichmäßig hell bleiben; offenbar sind die Zellen, welche Flimmerung“ | ausführen, nicht eleiehzeitig ausscheidende Zellen. # | Die Zellen, welche auf der inneren Oberfläche der Blasenwand stehen, gehen unmittelbar aus dem Epithel des Blasenhalses hervor, haben aber dann gewisse Abweichungen von diesen. Im lebende A | Thiere oder im lebensfrischen herauspräparirten Organ zeigt sich auf | 4 dem optischen Querschnitt durch dieses Epithel eine ringsum gehende | Zone von diffuser gelblicher Färbung, welche in kleinem Abstande von A | der cuticula-bedeckten inneren Oberfläche liegt (Fig. 17). Bei stärke- rer Vergrößerung erscheint diese gelblich gefärbte Zone feinkörnig und erweist sich als ein äuberst feines körniges gelbes Pigment, das in Ä De A ad Ne VE GE Ve Die Gehörorgane der Arenicolen. 235 solcher Beschränkung auf die Zellen vertheilt ist. — Präparate, welche mit Hämatoxylin gefärbt sind, zeigen, dass die drüsige Thätigkeit des äußeren Epithels auch den Zellen in der Blasenwand zukommt: denn über die ganze Fläche der Blase vertheilt finden sich zerstreut die gleichen von Hämatoxylin tief gefärbten Sekretballen innerhalb der Epithelschieht und nur ihre geringere Größe und ihre spärlichere Vertheilung giebt einen Unterschied gegenüber den äußeren Strecken. Palissadenartig dicht gedrängt stehen die Zellen radiär zur inne- ren Oberfläche der Blase, gleichmäßig dicht bis auf einen kleinen Be- zirk an jener Stelle, wo die Blase gegen das Endstück des Halses wink- lig gebogen ist. Hier stehen, nach den Bildern, welche die Quer- - schnitte gewähren, die einzelnen Zellen dichter an einander gedrängt, oder genauer gesagt, der Abstand zwischen den einzelnen Kernen, welche ja über die Stellung der Zellen hier Auskunft geben, ist ein viel geringerer als an den übrigen Theilen der Blasenwand, ein Unter- schied, der auch auf eine Verschmälerung der Zellleiber dieser Stelle A üokgehen kann. Schnitte, welche durch die Blasenwand in der Rielitung des größ ten Durchmessers der Zellen gelegt sind, geben an Präparaten, bei deren Härtung Chrom-Essigsäure verwendet, und die mit GRENACHER’S Karmin gefärbt sind, ein Bild, welches ich wohl auch bei Hämatoxy- linfärbung, wenn auch weniger gut, sonst aber nicht gefunden habe. Bei Anwendung starker Vergrößerung machen sich in Abständen, welche der Breite mehrerer Zellen entsprechen, zwischen den Zelllei- bern etwas tiefer gefärbte Fäden bemerkbar, welche, etwa von der Region der Kerne ab, parallel mit den Zellen radiär zur inneren Ober- fläche der Blase laufen; oft gerade gestreckt, bisweilen aber auch wellig geschlängelt ; sie traten besonders deutlich hervor, wenn Linsen mit homogener Immersion und volle Kondensorbeleuchtung verwendet wurden, welche die Farbenunterschiede scharf unterscheiden ließen. Die Linien waren bei völlig reinen Querschnitten bis an die untere Fläche der Gutiecula deutlich zu verfolgen, und endeten hier scharf. Ver- führerische Trugbilder gewährten Schrägschnitte durch die Guticula oder Stellen, an denen die Cuticula als feinstes Läppchen abgelöst am Schnittrande hing; dann schienen diese fadenförmigen Linien sich über die Guticula hinaus als feine kurze Stäbchen frei in den Blasen- hohlraum hinein zu erstrecken: alle solche Bilder, welche als Sinnes- härchen hätten gedeutet werden können, erwiesen sich aber bei ge- nauer Untersuchung als Trugbilder. Ich habe keinerlei Endhärchen oder Stäbchen auf der inneren Oberfläche der Cuticula gesehen. — Verfolgt man diese fadenförmigen Linien gegen die Region der Kerne 336 E, Ehlers, hin, so führt in günstigen Fällen eine Linie bis auf einen unter ihr liegenden Kern, der dann aber schmal ist, weil er in Kantenstellung erscheint. Danach deute ich diese Linien als die nachher noch zu er- wähnenden Kanten einzelner Zellen. — An hinlänglich feinen Schnitten durch das Gehörorgan treten die Fasern, in welche die Basalenden der Zellen auslaufen, deutlich hervor, sind auch hier und da in ihrer Konti- nuität zu verfolgen, wie sie in das Fasergewirre der Nervenschicht eindringen und radiär gegen die äußere Umhüllungsmembran ziehen. Es ist aber unmöglich, an solchen Präparaten irgend einen sicheren Aufschluss über das gesammte Verhalten dieser Fasern zu erhalten. Die Isolirung der Epithelschicht mit dem Macerationsverfahren löst diese nicht nur von der Cuticula ab, sondern führt auch leicht zu einer Trennung der hinter dem Epithel gelagerten Nervenschicht von diesem. Die auf solche Weise vereinzelten Zellen haben im Allgemei- nen den Habitus des Epithels aus dem Halse des Organs, nur sind sie durchgehend schmäler als dessen Zellen, zumal als jene, welche in der Höhe der Eingangsmündung stehen. Die äußerste an die Cuticula grenzende Endstrecke des stäbchenförmigen Zellleibes ist hell und zeigt abgelöst von der Guticula die feine Zähnelung und Längsstreifung, welche von den Zellen aus dem Blasenhalse beschrieben sind. Es folgt auf diese Strecke gegen den Kern hin, doch immer von diesem erheh- lich abstehend jener Bezirk, welcher in der Gesammtheit der Zellen als ein gelblich gefärbter Gürtel erscheint; hier liegt im Zellleibe ein äußerst feinkörniges, schwer zu erhaltendes gelbliches Pigment, wel- ches die erwähnte Färbung hervorruft. Ob dieser feinkörnige Farb- stoff in Ghromsäure gelöst wird, kann ich nicht mit Sicherheit be- haupten. In vielen der in Balsam eingeschlossenen Präparate sind die feinen Körnchen erhalten, ihre gelbliche Färbung ist aber verschwun- den. — Die Stabform des der inneren Oberfläche der Blase zugewende- # ten Zellabschnittes, und die Kantenbildung an diesem tritt deutlich # hervor. Unter den isolirten Zellen trifft man dann auch solche, welche” & plattenartig ausgebreitet und dabei hautartig verdünnt sind; hier ist” dann die Kantenbildung scharf ausgeprägt, in so fern als die Fasern von 5 den beiden Längsrändern des plattenförmigen Zellleibes ausgehen, der “ wie an der abgebildeten Zelle (Fig. 20 c) schwimmhautartig zwischen den Ausgangspunkten der Fasern ausgespannt erscheint. Der Kern liegt bei solchen Zellen zum Theil wenigstens im Bereich der hautartigen” e Strecke. Die basalen Fasern, in welche unterhalb des Kernes der Zellleib übergeht, verhalten sich im Allgemeinen wie jene der vorhin | beschriebenen Zellen; über ihr Verhalten zur Nervenschicht handle | ich nachher. — Der Zellkern zeigt keine Abweichung von der allge-" 5 Die Gehörorgane der Arenicolen. 237 - meinen oben erwähnten Bildung, er ist eiförmig abgeplattet mit feinem - körnig aussehenden Chromatingerüst. Vereinige ich das Bild der Querschnitte durch die Blasenwand - mit dem der isolirten Zellen, so möchte ich daraus die Anschauung ab- leiten, dass die fadenartigen, etwas dunkler gefärbten Linien, welche 4 von der Kernregion ab gegen die Cuticula ziehen, nichts Anderes als - die Bilder von Kanten solcher Zellen sind, welche senkrecht zur Bild- - ebene stehen. Für selbständige Fasern sie zu halten, verbietet mir 4 der Umstand, dass ich solche zwischen den stabförmigen Enden der - Epithelzellen bei den Macerationspräparaten nie gesehen habe. Wenn - nun im Epithel nicht einzelne Zellen besonders durch Abplattung und ü Kantenbildung vor den übrigen ausgezeichnet sind und dadurch Ver- - anlassung zu dem beschriebenen Verhalten geben, so müssen die stäbchenförmigen Strecken der Zellen gruppenweise in verschiedenen Ebenen stehen, so dass die einen winklig zu den anderen gestellt sind. Querschnitte durch die Zellschicht haben mir darüber keinen Auf- schluss gegeben, da die Zellleiber sich hier in meinen Präparaten nicht scharf genug von einander absetzten. Das nach außen von der Epithelschicht gelegene Fasergewebe habe ich als Nervenschicht bezeichnet und zwar aus dem Grunde, weil es in seinem Aussehen völlig dem Gewebe gleicht, welches sich auf den gleichen Präparaten in den Schenkeln des Schlundringes findet, - und weiles mit diesem unmittelbar zusammenhängt. Dieser Zusammen- hang findet durch einen kurzen Stamm statt, der vom Schlundring- schenkel sich abzweigt, und am medianen Umfang der Endstrecke des Blasenhalses dessen äußere Membran durchbricht und hier im Zusam- menhang mit dem Fasergewebe steht, welches den Endabschnitt des Halses und die ganze Blase umhüllt. — Das Gewebe erscheint als ein dichtes Fasergewirre, in welches Kerne eingelagert sind. Diese Kerne sind meist oval, doch habe ich auch Bilder gehabt, in welchen es schien, als seien sie eckig ausgezogen und verlängerten sich in Fasern. Eine Entscheidung, ob dieses Bild etwa durch umgebende Plasmapartikel- chen erzeugt sei, war schwer zu machen, da die Kerne in der Regel ganz gleichmäßig gefärbt waren. Dadurch unterscheiden sich diese Kerne von den Kernen des Bindegewebes, welches zwischen den Mus- keln, an der Darmwand und an den Gefäßen liegt; dessen ebenfalls ovale Kerne sind etwas größer und in gefärbten Präparaten heller, da nur ein Gerüst von Körnern in ihnen gefärbt ist. — Die Fasermasse - stimmt im Ansehen völlig mit dem Fasergewebe des Nervensystems - überein, nur treten in sie hinein auch die Fasern, welche die basalen " Ausläufer der Epithelzellen sind, und welche zumeist radiär gegen die en ; E. Ehlers, äußere Umhüllungshaut der Blase ziehen. An isolirten "Theilen des Ge- webes, wie man sie bei Macerationspräparaten erhält, erscheint das Fasergewirre nicht als ein Flechtwerk, sondern vielmehr als netzförmig in engen Maschen verstrickt. Die kleinen Maschenräume sind bei allen meinen Präparaten gleichmäßig hell. Eingebettet in dieses Maschenwerk liegen die beschriebenen Kerne; so weit ich entscheiden konnte, liegen sie nicht frei in den Maschen des Netzwerkes, sondern hängen mit den umgebenden Fasern unmittelbar zusammen, entweder so dass sie einer Faser unmittelbar angeschmiegt sind, oder so dass ein oder einige fadenförmige Ausläufer von der Kernoberfläche abgehen und sich mit dem Fasergeflecht verbinden. — Es musste sich die Frage aufdrängen, ob die Ausläufer der Epithelzellen dieses Fasernetz der Nervenschicht nur durchziehen, oder ob die Fasern des einen und anderen Gewebes zusammenhängen. An Schnittpräparaten war darüber irgend welche sichere Auskunft nicht zu erlangen; man sieht hier oft auf längere Strecken die epithelialen Ausläufer das Netzwerk radiär gegen die äußere Oberfläche durchziehen, ob dabei nicht aber an sie Fasern des Netzes sich anschließen, ist nicht zu entscheiden. Bei Macerationen löst sich die größere Anzahl der epithelialen Fasern aus dem Netzwerk in solcher Weise ab, dass bei ihrem gestreckten Verlauf nicht, anzu- nehmen ist, sie hätten Theilstücke des Netzes aufgenommen, und das spricht für den isolirten Verlauf dieser Fasern, welche danach als Stütz- fasern der Epithelien erscheinen würden. Dagegen habe ich auch solche Vorkommnisse, allerdings nur selten, beobachtet, dass ein Kern des Fasernetzes mit dem Ausläufer einer Epithelzelle zusammenhing, und zwar durch kurze von ihm ausgehende Fäden. Auffallender Weise hing dieser Kern mit einem solchen Basalfaden der Epithelzelle zusam- ; | men, welcher in deren zugeschärfte Randkante überging (Fig. 20 d). Sollte das die alleinige Verbindung zwischen Epithelzellen und dem nervösen Fasernetze sein, so ist es erklärlich, dass sie nur selten beob- achtet wird, da die Anzahl der Kerne des Fasernetzes weit kleiner als’ die auf gleichem Querschnitt gelegene Zahl der Epithelkerne ist, mithin # der Unterschied in der Zahl von Epithelausläufern und Kernen des | Fasernetzes ein noch weit größerer. % Die Frage, welche sich hier vor Allem aufdrängt, ist die, ob die: | beschriebenen Fasernetze und ihre Kerne Nervenfibrillen und Nerven- | kerne vorstellen, oder ob sie nicht etwa nur einem Stütz- und Hull- ; gewebe angehören, in dessen Maschen die eigentlich leitende nervöse Substanz verborgen sei. Ich hatte gehofft durch Behandlung mit Me- thylenblau hier eine Entscheidung zu erhalten, bin aber dabei; zu keinem Ergebnis gekommen. So kann ich endgültig meine Ansicht | | | | I EEE FILE ERTELTE Die Gehörorgane der Arenicolen. 239 nicht beweisen, dass das Fasernetz mit seinen Kernen aus, Nerven- fibrillen und Nervenkernen gebildet werde, und dass wenigstens ein Theil der Epithelzellen mit diesem Nervennetz durch einen Ausläufer in Verbindung steht, der an der Zellkante bis unter die Guticula zu verfolgen ist. Damit ist nicht gesagt, dass alle Epithelzellen mit ner- vösen Fasern zusammenhängen und als Neuroepithelien anzusehen - sind. Für jene Zellen, welche sich durch den.Besitz von Sekretmassen - als Drüsenzellen kennzeichnen, ist solche Verbindung nicht wahr- - scheinlich. Es ist ferner, wenn der Zusammenhang des Epithels mit der - Nervenschicht durch Fasern erfolgt, welche mit einem Kern oder Korn - zusammenhängen, die geringe Zahl dieser Kerne gegenüber den Epithel- zellen ein Zeichen dafür, dass nur wenige der Epithelzellen mit dem - Nervenfasernetz zusammenhängen. — Dass die Verbindung der Epithel- schicht mit dem Nervengewebe das Organ auf alle Fälle zu einem Sinnesorgan ausgestaltet, dafür spricht der Umstand, dass im Laufe der Schlundringschenkel kurz vor der Stelle, an welcher der Nerv zum Gehörorgan abzweigt, eine Anhäufung von Ganglienzellen eingelagert ist; und zieht man diese Zellen heran, so lässt sich für den Aufbau des nervösen Endapparates ein Schema ableiten, wie es Eısıc für die Nerv- endigung der Gapitelliden gegeben hat. Die Membran, welche die äußere Oberfläche des Gehörorgans nach außen abschließend bekleidet, ist eine feine strukturlose Haut, welche sich gleichmäßig über den Hals wie über die Blase des Organs ausdehnt. Ich vermuthe, dass überall auf ihr wo nicht alle, doch die Mehrzahl der basalen Epithelausläufer fußen ; räumlich wird sie in dem Bereich, in welchen sich die Nervenschicht in die Wand des Gehör- organs einschiebt, weiter von der Epithelschicht abgedrängt als in dem nervenfreien Anfangtheil des Halses;; der Zusammenhang der hier augenfällig ist, wird durch die Dazwischenkunft der Nerven wohl nicht aufgehoben. Die Haut könnte danach als eine Basalmembran be- trachtetwerden. Auf ihrer Außenfläche liegen in ungleichen Abständen ovale, platte Kerne, die wohl bindegewebiger Natur sind. Ich lasse hier einige Angaben über Größen der besprochenen Be- standtheile folgen, und stelle zunächst Messungen an zwei ungleich großen Würmern neben einander, deren Verhältnis aus dem Quer- schnitt des Wurmkörpers auf der Höhe des Gehörorgans ersichtlich ist. Wurm3,5 mm dick Wurm 7 mm dick Biekerder:Blasenwäand. 2... 0,062 mm 0,09 mm Davon auf die Zellen bis zum hinteren Ende:ass Kernes Ar 0... 2... 0,0375 0,045 Dicke der Faserschicht hinter den Kernen 0,025 0,045 340 B. Ehlers, Wurm 3,5 mm dick Wurm 7 mm dick Pränucleare Strecke der Epithelzelle. .. 0,0125 mm 0,048 mm Länge der Pigmentschicht......... 0,005 (undeutlich) Dicke der. Gutieula a hal nur en: kaum 0,004 kaum 0,001 Kerne lan rs here Rn ee 0,009 0,009 dick u lan a Sal Mens: 0,0045 0,0045 breit... yes Deere. 0,003 0,003 Eine isolirte Zelle aus der oberen Strecke des Halses mit deut- lichen Pigmentkörnern war 0,108 mm lang und am oberen Ende 0,007 mm breit, weiter abwärts hatte eine Zelle mit nur noch feinen Pigment- körnern bei annähernd gleicher Länge eine Breite von 0,007 mm; ihre pränucleare Strecke war 0,021 mm lang. Isolirte Zellen von der Blasen- wand waren 0,1414 mm lang, am oberen Ende nur 0,003 mm breit; ihre pränucleare Strecke war 0,0241 mm lang; der 0,012 mm lange Ker verursachte eine Auftreibung des Zellleibes auf 0,006 mm. | Die Dicke der Cuticula im oberen Theile des Halses betrug 0,003 mm, und blieb so bis kurz vor der Einmündung in die Blase. — # In einem Falle konnte ich die Länge der Flimmerhaare messen und # bestimmte sie zu 0,006 mm, die Cuticula, auf welcher sie standen, war 0,003 mm dick. — Die Durchmesser der ovalen Kerne in der Faser- schicht betrugen 0,005 auf 0,0025 mm. Der Inhalt der Gehörblase besteht aus Hartgebilden, »Oto- # lithen«, welche in einer Flüssigkeit liegen und während des Lebens unter dem Mikroskope meist eine zitternde oder tanzende Bewegung zeigen. Von der Beschaffenheit der Flüssigkeit, welche den Binnenraum der Blase prall erfüllt, kann ich nur wenig aussagen. An den auf welche Weise immer behandelten Präparaten habe ich nie Reste oder Spuren # von ihr getroffen; daraus schließe ich, dass ihr irgend erhebliche Ge- rinnungsfähigkeit nicht zukommt. Im Leben betrachtet, sei es bei gan- zen Thieren oder an herausgelösten Organen, zeigt sie bisweilen wohl eine schwach gelbliche oder grünliche Färbung; fließt sie unter Wasser aus der zerrissenen Blase aus, so scheint sie im ersten Augenblick wohl ein wenig dichter oder zähflüssiger als das hinzutretende Wasser zu sein, mischt sich aber rasch mit diesem und ist dann nicht mehr zu erkennen. Die »Otolithen« sind von außen her aufgenommene, ringsum mit einer Schicht organischer Substanz überzogene Fremdkörper, die in allen meinen Beobachtungen aus Kiesel bestanden (Fig. 18, 19). Zu diesem Ergebnis haben mich nach längeren Untersuchungen zufällige glückliche Funde geführt. Mit den mannigfachsten Reagentien, Säuren a LE we ee a Zn a nn ui @ 20a a u © Die Gehörorgane der Arenicolen. 241 oder Alkalien, behandelt, zeigten die Otolithen keine oder sehr gering- fügige Veränderungen; über der Weingeistflamme, auf dem Deckglas, _ erhitzt, verkohlten sie ganz augenscheinlich, ließen beim stärkeren Erhitzen und bis zum Schmelzen des Glases aber stets einen unver- ‚ ändert bleibenden Rückstand, der nicht viel von dem früheren Aus- ' sehen abwich. Das deutete auf eine Mineralsubstanz. Kalk war bei der Widerstandsfähigkeit gegen Säuren ausgeschlossen. Andererseits } nahmen die Körper bei der Behandlung mit Farbstoffen, wie Karmin- - präparaten, Hämatoxylin und Methylgrün eine ausgesprochene Färbung an, wie sie nur organischen Stoffen eigen ist. Die Lösung des Räthsels war gegeben, als ich einmal unter den wie gewöhnlich gestalteten Otolithen eine Diatomeenschale fand, deren charakteristische Form und Skulptur keinen Zweifel über ihre Natur und Herkunft aufkommen ließ. Diesem Funde schloss sich dann die Beobachtung kleiner Bruchstücke von Kieselnadeln aus Spongien an, welche durch den Centralkanal unverkennbar waren. Fanden solche Gebilde ihren Weg in den Binnenraum der Blase, so war auch für alle anderen »Otolithen« die Deutung gegeben, dass es Sandkörner seien, welche von außen aufgenommen und im Inneren der Blase mit einem schichtweise aufgelagerten Überzug einer organischen Substanz be- kleidet seien. Diese färbt sich in der angegebenen Weise, sie ist es, welche beim Erhitzen die Vorgänge des Verbrennens und Verkohlens zeigt; an ihr entstehen unter der Einwirkung der Reagentien die wahr- zunehmenden geringfügigen Veränderungen. Von Allem diesen bleibt der aus einem Sandkörnchen bestehende Kern des »Otolithen« unbe- rührt. Ich habe dann unter dem Mikroskop die feinsten Sandkörnchen von jenen Orten, von denen ich die untersuchten Würmer erhalten - hatte, betrachtet und ganz gleiche Bilder von ihnen erhalten, wie die, welche die Kerne der Otolithen zeigten. Daraus erhellt, dass das Aussehen der »Otolithen« ein mannigfalti- ges sein kann. Immerhin ist aber unverkennbar, dass die Mehrzahl der in einer Blase vorhandenen Gehörsteine an Größe nicht viel von einander unterschieden ist, und dass die meisten von ihnen, von Kanten, Ecken undRauhigkeiten abgesehen, annähernd äquidiametrisch sind ; vereinzelt kommen allerdings auch cylindrische und birnförmige Steine vor. — Der auf den kieseligen Kern gelegte Überzug tritt schärfer als an den frischen Objekten, mag man ihn gefärbt haben oder nicht, - nach der Behandlung mit Glycerin oder auch an Präparaten heraus, welehe in Balsam eingeschlossen sind. Dieser Mantel gleicht, wenn - auch nicht ganz, die Unebenheiten des Sandkorns aus, glättet die Ober- :. fläche und rundet ab. Seine Dicke ist sehr wechselnd, offenbar im Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII. Bd, Suppl. 16 342 E. Ehlers, Verhältnis zur Zeit, in welcher der Stein sich in der Blase befindet. Danach sind vereinzelte Otolithen, bei welchen solch ein Überzug sehr dünn ist oder ganzfehlt, erst kurze Zeit vor der Untersuchung des Thieres in die Blase aufgenommen. Bei einiger Mächtigkeit ist eine Schichtung in der Substanz deutlich zu erkennen. Aus meinen Messungen der »Otolithen« mögen folgende Beispiele genügen, die aus dem Inhalt einer Blase genommen sind. Ein sehr un- regelmäßig höckeriger Gehörstein war 0,047 mm lang und 0,015 mm breit, seine Hülle ganz schwach; ein kleiner annähernd kugeliger Stein hatte 0,0% mm im Durchmesser, davon entfielen 0,01 mm auf den Stein, 0,005 mm auf die Dieke der Hüllschicht; ein birnförmiger Stein von 0,04 mm Länge und 0,0052 mm größter Breite hatte eine 0,0025 mm dicke Hülle; schließlich hatte ein stabförmiger Stein von 0,057 mm Länge und 0,015 mm Breite eine Hülle von 0,0025 mm Dicke. Die Zahl der in einer Blase vorhandenen Steine ist sehr ungleich, und eben so augenscheinlich ihre Gesammtmasse. In zwei annähernd gleich großen Blasen, von denen die eine unter dem Deckglas einge- schlossen kreisförmig erschien mit einem Quermesser von 0,15 mm, während die andere in gleicher Lage 0,16 auf 0,19 mm maß, fanden sich in der ersten 41, in der anderen 53 Steine. Andererseits zählte ich in Blasen, die wenig an Größe von den eben erwähnten abzuweichen schienen, einmal 74, das andere Mal 38 Otolithen. Über die Lagerung der Gehörsteine in der Blase ist eine zutreffende Entscheidung wohl nur dann zu geben, wenn es gelingt, am lebenden Thiere ohne zu große Abplattung den Binnenraum der Blase zu über- sehen. Auf allen Schnittpräparaten sind die Steine durch die Messer- klinge aus der normalen Lage gebracht, und in den aus dem Wurm- körper herausgelösten Organe ist durch die Präparation die natürliche | Lage wohl immer gestört. Wo ich die Otolithen im lebenden Thiere mir ohne zu großen Druck vorführen konnte, lagen sie meistens in einem Haufen vereinigt zusammen, nicht selten so, als seien sie etwas 5 mit einander verkittet, einzelne aber auch dann locker und frei dane- ben. In anderen Fällen waren die Steine wohl gehäuft zusammen, doch nicht fester unter einander vereinigt. Die Fälle aber, in welchen ich die Steine ganz aus einander getrieben sah, oder in denen sie, was nicht selten beobachtet wird, in Form einer Sichel oder eines Ringes angeordnet und dann unbeweglich lagen, führten wohl alle Folgezus stände des Druckes vor. # | Im lebenden Thiere beobachtet man wohl immer, wenn auch ungleich stark, eine zitternde und tanzende Bewegung der Oto= lithen; und zwar findet eine solche sich an dem ganzen Haufen, wie } Die Gehörorgane der Arenicolen. 243 an einzelnen Steinen. Diese Bewegung ist auch in den herauspräpa- rirten Organen noch eine Zeit lang wahrzunehmen. Bisweilen allerdings sah ich alle oder einen großen Theil der Steinchen ganz unbeweglich liegen. Ich möchte aber vermuthen, dass diese Ruhe, falls sie nicht Ausdruck des Todes, die Folge eines Druckes war, durch den die Steine festgezwängt und in Ruhe gehalten wurden. Die Stellung der Steine zur Blasenwand wird nach der jeweiligen Lage des Wurm- körpers unter dem Einfluss der Schwerkraft wechseln, da sie offenbar frei beweglich in der Flüssigkeit der Blase liegen. Über die Entstehung des Blaseninhaltes kann wohl kein Zweifel sein. Die gefärbte Flüssigkeit, welche die Blase prall erfüllt, ist gewiss ein aus den drüsigen Epithelzellen stammendes Sekret, vielleicht ge- mischt mit von außen aufgenommenem Seewasser. Auf die gleiche Quelle secernirender einzelliger Drüsen führe ich die Schicht zurück, welche die in der Blase befindlichen Fremdkörper bekleidet und glättet, und damit zu Otolithen ausgestaltet. Über die Art und Weise, womit Sandkörner in die Blase aufgenommen werden, habe ich keine Beobachtung gewinnen können. Es ist ja denkbar, dass sie bei den Wühlbewegungen, mit welchen der Wurm seine Wohnsitze im sandigen '. Grunde aufschlägt und bei denen das stärkere Vorderende vorangeht, mechanisch von außen in den nach außen trichterförmig geweiteten dehnbaren Halstheil hineingepresst werden; wiewohl die Anordnung der Muskeln, welche auf der Blasenkuppe inseriren, auch die Vorstel- lung zulassen, dass durch ihre Zusammenziehung das ganze Organ nach außen gepresst, die Eingangsöffnung erweitert und damit ein Sandkorn ergriffen werde. Die Beförderung eines einmal aufgenomme- nen Fremdkörpers durch den Hals hindurch in die Blase erfolgt ge- wiss rasch, da sich daraus erklären wird, dass ich niemals innerhalb des Ganges einen Fremdkörper getroffen habe. Die Bewegung, in welcher die Hörsteine gefunden werden, wird unzweifelhaft durch die Bewegung hervorgerufen, in welche die Flim- merhaare in der Endstrecke des Halses die benachbarte Flüssigkeit versetzen. Die ganze Art der Bewegung ist eine solche, wie sie von wimpernden Zellen erzeugt wird und jeder Beobachter, der sie sieht, wird sich nach der Flimmerung auf der Blasenwand umsehen, aber vergebens, da diese im Endtheile des Blasenhalses versteckt liegt. Werden die Otolithen auch nach außen entleert? Ich kann die Frage nicht beantworten. Es wird nöthig sein, dazu das Verhalten der Thiere zu allen Jahreszeiten kennen zu lernen, insbesondere auch fest- zustellen, ob sie etwa in einer Häutung, mag sie periodisch oder in ungleichmäßiger Weise eintreten, zusammenhängende Strecken der 16* 244 | BE. Ehlers, Cuticula abwerfen. Mit einem solchen Vorgange wäre auch eine Häutung des Gehörorgans und eine Erneuerung seines Inhaltes wohl denkbar. | $ Über die Entwicklung des Gehörorgans bin ich vergebens : bemüht gewesen Aufschluss zu erhalten. Bekanntlich hat Max ScauLtze! die Entwicklung der Arenicola piscatorum untersucht und beschrieben. Nach seinen Angaben habe ich zu Ende März 1887 in Norderney am Ebbestrande des Wattes in großer Menge die sehr kenntlichen Laich- massen wiedergefunden, welche M. ScaurLrze vom Ebbestrande bei Neuwerk als die Eierballen von Arenicola beschrieben hat. Ich weiche darin von M. Scnurtze ab, dass ich diese Laichkugeln durch- aus nicht immer neben den Eingangsöffnungen der Röhren von Areni- cola gefunden habe, sondern auch auf Strecken, in denen die Spuren der Thätigkeit des Wurmes fehlten. Ich beobachtete die Entwick- lung der Eier zu Larven theils in Norderney, theils an mitgebrach- tem Material in Göttingen; es gelang aber weder dort noch hier die jungen Thiere so weit heranzuziehen, dass sie sicher als die Jungen von Arenicola anzusprechen waren. Die Larven wurden größer noch als die von M. Scaurtze beschriebenen, mit denen sie sonst übereinstimm- ten, gingen aber, wohl aus Mangel an geeigneter Nahrung, bald ein. M. ScuuLtze meint an diesen jungen Thieren die Anlagen des Gehörorgans in Gestalt von zwei Blasen in der Kopfregion gesehen zu haben. Ich weiß nicht, was für eine Bildung ihm dabei vorgelegen hat. An gleich weit entwickelten Larven habe ich vergeblich nach diesen Gebilden gesucht und zwar sowohl an den lebenden Thieren wie an Schnittserien durch die ganzen Thiere. 3 Es ist mir aber überhaupt später zweifelhaft geworden, ob die von M. ScauLrze und mir untersuchten Laichkugeln und die daraus aus- schlüpfenden Larven der Arenicola angehören. Meine Zweifel beruhen darauf, dass die Arenicolen der Nordsee im September bereits von Ge- = schlechtsprodukten strotzen, welche reif oder nahezu reif sind. Ich be- zweifle, dass diese erst im März abgelegt werden sollten, sondern möchie einen früheren Zeitpunkt der Eiablage annehmen. Dazu bestimmt * mich andererseits die Erfahrung, dass auf Helgoland in der Mitte Mai die kleinsten dann zu findenden Arenicolen bereits fast 3 em lang und etwa 4,5 mm dick sind, und ich möchte diese Thiere als Erzeugnisse” \ der letzten Brutperiode ansehen. Die kleinsten im August auf Helgo- land gefundenen Würmer dieser Art sind bereits etwas über 3 em lang, | und etwa 3 mm dick; diese möchte ich in Zusammenhang bringen mit Würmern, welche Mitte Januar gesammelt waren, und die etwa7cm Mt 4 ! M.Scattrze, Über die Entwicklung von Arenicola piscatorum. Halle 1856. 40, | | | Die Gehörorgane der Arenicolen. 245 lang und 6,5 mm dick waren und noch keine Geschlechtsprodukte be- saßen. Diesen Wachsthumsverhältnissen gegenüber ist es sehr un- wahrscheinlich, dass Ende März ausschlüpfende Würmer bis Mitte Mai zu einer Länge von 3 cm heranwachsen sollten. Diese beiden Erwä- gungen lassen mich vermuthen, dass Arenicola früher als im März laicht und dass die von M. Scaurtze als die Eihaufen dieses Wurmes in An- spruch genommenen Laichkugeln nicht von ihm abstammen. Die jüngsten von mir untersuchten nicht ganz 3 cm langen Areni- colen besitzen die Gehörorgane im Allgemeinen schon in solcher Weise gestaltet, wie die Erwachsenen, nur in allen Beziehungen kleiner. Nur ein Unterschied ist mir als ein erheblicher aufgefallen: am Endab- schnitt des Halses und an der Blase ist die Schicht des Nervengewebes nur spärlich entwickelt, in viel geringerem Verhältnis zur Epithel- schicht als das bei den ausgewachsenen Thieren der Fall ist. Ich fand bei diesen jüngsten Thieren an Querschnitten durch die 0,1098 mm im Quermesser haltende Blase die Wanddicke — 0,017 mm, und davon kam 0,0072 mm auf das nervöse Netz, während in der 0,088 mm dicken Wand einer 0,29 mm im Quermesser haltenden Blase an gleicher Stelle die Nervenschicht 0,049 mm stark war. Danach nimmt die Neryen- ausbreitung an der Blasenwand mit dem Alter des Thieres erheblich zu, denn sie ist in den jungen Thieren schwächer, in den alten Thieren stärker als die vor ihr liegende Epithelstrecke. Mit dieser Erscheinung hat man zu rechnen wenn man die Bildung der Gehörorgane anderer Würmer zum Vergleich heranzieht. Aus den Angaben, welche frühere Schriftsteller über das Gehör- organ der Arenicola marina (L.) gemacht haben, möchte ich Einiges hervorheben, theils um den Arbeiten meiner Vorgänger gerecht zu werden, theils um die unter den verschiedenen Mittheilungen bestehen- den Widersprüche zu schlichten. Der Zusammenhang zwischen der äußeren Haut und der Otolithen führenden Blase, die seit den ersten Angaben von GruüsE die späteren oben erwähnten Zoologen alle gesehen hatten, ist zuerst und allein von G. Mzıssner beschrieben: das Gehör- bläschen stehe durch einen Kanal, der wie ein Stiel an dem rundlichen Bläschen als Beere sitze und auf der Hautoberfläche ausmünde, wie durch einen Gehörgang mit der Außenwelt in Kommunikation. Die Angabe ist von allen späteren Bearbeitern unberücksichtigt geblieben; Cosmovıcı spricht, ohne die Angabe Mkıssuer’s zu erwähnen, allerdings von einem Stiel der Otoeyste und scheint die Einmündung des Halses in die Blase gesehen zu haben, wie ähnlich schon Srannıus und METTEN- HEIMER, ; allein was er als Stiel beschreibt, deckt sich nicht mit dem von N J48 E. Ehlers, Meıssner erwähnten, nach außen führenden Blasenhalse, da dieser Stiel mit den Bestandtheilen des Nervenschlundringes verschmelzen soll; dass aber Cosmovıcı die Arenicola marina (L.) vor sich gehabt hat, schließe ich aus der Abbildung, welche er von den Gehörsteinen giebt. — Die Otolithen sind schon von Stansıus gesehen und kenntlich dar- gestellt; ihre wahre Natur als Fremdkörper, die von einem Drüsen- sekret wie von einer mehrfach erwähnten und abgebildeten Rinde be- kleidet werden, blieb unbekannt. MeTtenuemer, der auf Norderney sicher nichts Anderes als Arenicola marina (L.) untersuchte, und deren Otolithen gut abgebildet hat, bezeichnet sie als Kalkkonkretionen. Es ist diese mit allen meinen Erfahrungen in Widerspruch stehende An- gabe nicht völligabzuweisen, da es denkbar ist, dass an geeigneten Orten in die Gehörblase kleine Kalkkörperchen aufgenommen werden, bei- spielsweise da, wo dem Sande vielfach Detritus zertrümmerter Mollus- kenschalen .beigemischt ist. Die Bewegung der Otolithen ist wohl zuerst von QuATREFAGES her- vorgehoben, und es verdient bemerkt zu werden, dass er diese Bewe- gung als Molekularbewegung auffasst, und angiebt auf der inneren Oberfläche der Blasenwand keine Cilien gesehen zu haben. Mertex- HEIMER bestätigt diesen negativen Befund. Im Gegensatz dazu lässt Cosmovıcı die Innenfläche der Otocyste im ganzen Umfange von einem Flimmerepithel ausgekleidet sein und zeichnet in seiner Abbildung der Gehörblase einen zusammenhängenden Besatz von Cilien von einer sol- | | chen Länge, dass es unverständlich bleibt, wie solehe Flimmerhaare # allen anderen Autoren haben entgehen können. Die Annahme dürfte nicht fehl gehen, dass diese Flimmerhaare nur in der Einbildung des ; Autors bestehen, der unter dem Eindruck der Bewegung, welche er an den Gehörsteinchen sah, als deren Erzeuger sich Flimmerhaare vor- spiegelte. ES Die bisherigen Angaben über den histologischen Bau des Gehör- | organs dieser Art sind so unvollkommen, dass ich sie nicht zu disku- tiren brauche. Der Zusammenhang des Organs mit dem Nervensystem ist von keinem Autor klar erkannt; die älteren Beschreibungen ver- | wechseln meist die an die Blase hinantretenden Muskelbänder und Fasern mit Nerven. P; Arenicola Glaparedii (Lev.). (Taf. XIII, Fig. 2/—29.) Bei der Arenicola Claparedii ist ein Gehörorgan von der Gestalt, | wie es sich bei Arenicola findet, nicht vorhanden; an seiner Stelle | liegt eine Bildung, welche ohne Zweifel darauf zurückzuführen ist. Die Gehörorgane der Arenicolen, 247 Das vordere Bild der Körperstrecke der Arenicola Glaparedii weicht nur wenig von jenem bei Arenicola marina ab, so dass ich mich darauf beschränken darf, die Besonderheiten hervorzuheben. Am Kopf- lappen (Fig. 21, 22), welcher selten so weit wie bei Arenicola marina eingezogen ist, sind die beiden Seitentheile zu kegelförmigen nach vorn, oben und besonders seitlich vorragenden Fortsätzen ausgezogen, zwi- schen denen das mittlere Polster erheblich zurücktritt, und nur auf dem vorderen unteren Theile des Kopflappens als schmale die Basen der Seitenlappen verbindende Strecke erscheint. — Die Außenfläche des Buccalsegmentes ist in gleicher Weise wie bei Arenicola marina von warzigen Höckern, die auf ringförmigen Reihen stehen, bedeckt; in der ventralen Mittellinie tritt hier vom nächstfolgenden Segment die Me- dianfurche hinüber, welche die Lage des Bauchmarkes kennzeichnet, durchschneidet den letzten Ringel des Buccalsegmentes und gabelt sich dann in zwei am Seitenumfang des Segmentes zum Kopflappen hinauf- ziehende Furchen, welche Schenkel des Winkels bilden, der das drei- eckige metastomiale Feld wie bei Arenicola marina umschließt. Diese beidenFurchen kennzeichnen auch hier die Lage der Schenkel des Schlundringes, und wie bei Arenicola marina dorsal und median- wärts von den vorderen Enden dieser Furchen als eine umschriebene schmale Grube der Eingang zum Gehörorgan liegt, so befindet sich an gleicher Stelle bei dieser Art eine schmale fast lineare, wie der Ab- schnitt einer unvollständigen Ringfurche erscheinende Einsenkung, welche etwa auf der Höhe der Seitentheile des Kopflappens jederseits gegen die dorsale Mittellinie zieht, aber ohne diese zu erreichen, er- lischt. Diese Furche entspricht nicht nur in ihrer Lage der Eingangs- öffnung zum Gehörorgan der Arenicola marina. Öffnet man das Buccalsegment durch einen Längsschnitt neben der ventralen Mittellinie, und breitet, während die querdurchschnittene und von ihren Dissepimenten abgelöste vordere Darmstrecke nach vorn aus der Körperhöhle herausgeschlagen wird, die Körperwandung flach aus, was am vortheilhaftesten auch hier an einem Wurm mit auf- geblähtem Vorderende geschieht, so bietet diese ein Bild, welches von dem bei Arenicola marina in gleicher Weise gewonnenen in einem Punkte erheblich abweicht (Fig. 29). Neben dem in der dorsalen Mittel- linie liegenden, von der Muskulatur bedeckten Gehirn läuft jederseits mil einem nach vorn konkaven Bogen eine scharf vorspringende Falte gegen die ventrale Fläche hin verstreichend. Auf sie legt sich eine Muskula- tur, die sich von der Längsmuskulatur des seitlichen Umfanges der Körperwand ablöst und medianwärts gewendet der Länge nach über diese Falte hinweg auf die untere Fläche des Hirnes zieht. Diese Mus- 948 E. Ehlers, | R | kelschicht entspricht völlig jener, welche bei Arenicola marina von der Körperwand zur Unterfläche des Gehirns zieht, hier aber zum Theil durch das einspringende Gehörorgan unterbrochen wird. Von einer derartigen Unterbrechung der Muskulatur ist hier nicht die Rede, so - wenig wie auf der inneren Körperoberfläche eine ohne Weiteres als Gehörorgan zu deutende Bildung hervertritt. n N Schnittserien bringen hier eine Einsicht in die Verhältnisse und deren Übereinstimmung (Fig. 23—28). Die auf der Außenfläche des W Körpers an der Stelle gelegene Spaltöffnung, wo sich bei Arenicola # marina die grubenförmige Eingangsöffnung des Gehörorgans findet, ist der Eingang zu einer taschenförmigen Grube, deren Grund als jene einspringende Falte in die Leibeshöhle vorragt, über welche die wand- ständige Muskulatur hinweg zum Hirn zieht. Die Eingangsöffnung ist ° schmäler als der hinter ihr gelegene Binnenraum, und ihr Grund ist unregelmäßig zu kleinen Blindsäckchen ausgebuchtet. Aus der Reihe von transversalen Längsschnitten durch das Vorderende einer jungen Arenicola Glaparedii zeigen die in Fig. 25—27 abgebildeten Schnitte das Verhalten der Tasche. In Fig. 25 ist links die ganze Tasche, 4 rechts nur ein höher liegender kleiner Blindsack von ihr getroffen. Die nicht unmittelbar auf einander folgenden Schnitte Fig. 26 und # 27 zeigen die weitere Ausdehnung der Tasche. Am Grunde der Tasche ° vorbei streicht die Muskulatur, welche von der Seitenwand des Kör- ’ pers zur Unterfläche des Hirnes zieht. Dass der Schlundringschenkel ß an der vorderen Fläche des unteren Abschnittes der Tasche vorbei $ ‚in die Seitentheile des Kopflappens und damit zum Hirn zieht, zeigt Fig. 28. Diese Tasche ist in ihrer ganzen Ausdehnung von einem flachen F | Gylinderepithel ausgekleidet, welches eine feine Guticula trägt. Die "5 Zellen sind niedrige (0,015 mm hohe) Cylinderzellen, welche ein helles 7 gleichmäßiges Plasma ohne körnige Pigmentmassen oder durch Häma- toxylin färbbare Sekrete, und einen längsovalen, fast stäbchenförmigen % | Kern von 0,006 mm Länge besitzen. Ob ihre basalen Theile, mit wel- cher sie auf einer strukturlosen Haut stehen, in Fasern auslaufen, kann 7 ich, da ich nur nach Schnittpräparaten urtheile, nicht entscheiden; jedenfalls liegt zwischenihnen und derMembran, auf welcher sie stehen, ein Fasergewebe von irgend einer Bedeutung nicht. Auf ihrer in den Raum der Grube stehenden Fläche tragen sie eine feine, etwa 0,005 mm dicke gleichförmige helle Cuticula. Vergebens habe ich auf dieser | Cuticula nach Flimmerhaaren oder Resten von solchen gesucht, und auch an solchen Präparaten diese nicht gefunden, in welchen Cilien an anderen Orten sich ganz deutlich erhalten hatten. — Diese Zellen Die Gehörorgane der Arenicolen, 249 unterscheiden sich von den Zellen, welche auf den freien Flächen des Integumentes stehen und in deren Fortsetzung sie liegen, dadurch, dass sie etwa nur ein Drittel so hoch als diese sind und keine drüsige Be- schaffenheit haben; die großen körnigen Einlagerungen, als welche das Sekret der einzelligen Hautdrüsen erscheint, fehlen in dem Epithel, welches die Tasche auskleidet, und dieses erscheint daher hell, weil der Zellleib von Einiagerungen eines Sekretes nicht getrübt wird. Dagegen gleichen jene Oberhautzellen, welche den Grund der Seg- ment- oder Ringfurchen bekleiden, sowohl in der geringen Größe wie in dem Mangel an Sekretkörpern völlig den Zellen in dieser Grube, so dass die Grube in dieser Hinsicht wie eine tiefe Furche des Integu- mentes erscheint. Ein Zusammenhang dieser Zellschicht mit Nerv oder Nervenge- webe besteht, so viel ich gesehen habe, nicht; der Schlundringschenkel liegt allerdings der vorderen Wand der Grube an, ich habe aber nicht gesehen, dass aus seinem Gewebe heraus irgend welche Bestandtheile in nähere Verbindung mit dem Epithel treten. Dieses bleibt durch die feine strukturlose Membran, auf welcher die Epithelien stehen, von ihm geschieden. Dass das Epithel der Grube kein Nervenepithel ist, zeigt auch ein Vergleich mit dem Nervenepithel auf der Fläche des Kopflappen, bei welchem die lang ausgezogenen Zeilen mit stäbchen- förmigen Endtheilen an die Oberfläche stoßen und durch basale Aus- läufer mit dem Nervengewebe des Hirns zusammenhängen. Es ist also auch in dieser Hinsicht das Epithel, welches diese Grube auskleidet, ein sehr indifferentes. Einen besonderen Inhalt der Grube habe ich nie gesehen; ich vermuthe, dass sie am lebenden Thiere von Wasser gefüllt ist, und wohl derartig geschlossen werden kann, dass Fremd- körper nicht eindringen. Aus diesem Verhalten des Wurmes erklärt sich Grararkpe’s An- gabe, dass ihm die Gehörorgane des Thieres unbekannt geblieben seien. Er ging dabei offenbar von der Voraussetzung aus, dass wie die Areni- cola Grubii (Clprd.) ihm Gehörorgane gezeigt, so auch diese Arenicola Claparedii (Lev.) sie besitzen müsse, und brachte das negative Er- gebnis seiner Erfahrung in den Ausdruck, dass die Organe ihm unnpe- kannt geblieben seien, während sie in Wirklichkeit auch nicht vor- handen sind. | Arenicola Grubii (Clprd.). (Taf. XIII, Fig, 33—37;; Taf, XIV, Fig. 38—48.) Ganz anders wieder als bei Arenicola marina (L.) und Glaparedii (Lev.) ‚gestalten sich die Verhältnisse der vorderen Körpersegmente und der 350 E. Ehlers, in ihnen enthaltenen Gehörorgane bei Arenicola Grubii (Clap.). Die Be- schreibung, welche ich hier davon gebe, ist nach konservirten Würmern entworfen, welche ich durch die gefällige Vermittlung der Zoologischen Station in Neapel erhielt, Ich zweifle daher nicht, dass ich die gleiche Art vor mir habe, welche Grararipe als Arenicola Grubii beschrieben und von der er Mittheilungen über die Gehörorgane gemacht hat. Die Gesammterscheinung des Wurmes weicht von jener der vor- hin behandelten Arten zunächst dadurch auffallend ab, dass die Kör- peroberfläche entweder völlig glatt und glänzend ist, odernur schwache, an die Warzenbildung der anderen Arten erinnernde Felderung zeigt. Auffallender noch ist die abweichende Gestaltung der vorderen Körper- strecke (Fig. 33—35). Nimmt man für deren hintere Begrenzung das erste borstentragende dreiringelige Segment und geht von hier nach vorn, so ist diese Körperstrecke gleichmäßig kegelförmig verjüngt, in keinem meiner Exemplare keulenförmig aufgetrieben, wie das bei den anderen beschriebenen Arten so häufig vorkommt. In allen Stücken war auf der vorderen kreisförmigen, gerad abgestutzten Endfläche die mit großen kugeligen Warzen besetzte Rüsselröhre in ungleicher Aus- dehnung, nie weit, hervorgeschoben. Von der Bildung eines Kopf- lappens, wie sie in nahezu übereinstimmender Weise bei Arenicola marina und Glaparedii sich findet, ist hier keine Rede. — Diese vordere Körperstrecke wird, wenn man von der Grenzfurche gegen das erste borstentragende Segment absieht, von vier den Körper ringsumfassen- den Furchen in fünf Ringe zertheilt, von denen die beiden letzten fast gleich und etwas länger als die beiden nach vorn darauf folgenden sind, während der erste, auf dessen Endfläche terminal die Rüsselöffnung # steht, etwas länger ist als die beiden hinter ihm gelegenen zusammen, # und durch eine besondere Furchenbildung der Rückenfläche vor allen sich auszeichnet. I Auf der ventralen Fläche tritt vom ersten borstentragenden Seg- ment, wie bei den vorhin beschriebenen Arenicola-Arten, die Median- # | furche, welche die Lage des Bauchmarkes kennzeichnet, aber nicht an # allen konservirten Stücken kenntlich ist, hinüber auf die Mittellinie des” & Buccalsegmentes und durchfurcht dessen beide hintere Ringel (Fig. 35) Auf der Grenze zum nächst vorderen Ringe bricht sie plötzlich ab, und | nun fehlen auf der Ventralfläche der weiter nach vorn folgenden Ringe 2 | jene bei Arenicola marina (L.) und Claparedii (Lev.) winklig aus einander # weichenden Furchen für die Schlundringschenkel, welche hier das drei- # eckige Metastomialfeld begrenzen. Ein solches Feld fehlt der Arenicola“ | Grubii ganz; die ventrale Fläche der vorderen Ringel ist hier gleichmäßig u | glatt und gewölbt. — Die Rückenfläche des vordersten Ringes träge Die Gehörorgane der Arenicolen, 251 auffallende Querfurchen, deren Aussehen ich nur in dem Zustande kenne, in welchem der Rüssel etwas hervorgetreten, und auch nur danach schildere. Hinter dem Vorderrande des Ringes, etwa um ein Drittel seiner Länge von ihm entfernt, steht eine bald mehr bald minder scharf ausgeprägte quere Furche, welche von der Mittellinie ab kaum auf den seitlichen Umfang des Ringes hinabreicht. Bedeutender tritt etwa auf der Grenze des zweiten und letzten Drittels der Länge dieses Ringes eine Querfurchenbildung heraus; eine der vorderen Furche an Breite etwa gleich kommende Querfurche lässt an ihren Enden, wie aus einer taschenförmigen Einziehung jederseits eine etwas weiter nach vorn gerückte, im Übrigen mit ihr und der Grenzfurche des Ringes parallel laufende Furche hervorgehen, welche seitwärts bis etwa auf die halbe Höhe des Körperumfanges hinabgreift (Fig. 33, 3%). Diese eigenthümliche Bildung wird nur verständlich, wenn man die unter ihr gelegenen Organe des Thieres und damit die Beziehung zu dem gleich- werthigen Körperabschnitt der beiden anderen Arenicola-Arten er- kennt. Da ich darauf später eingehen werde, bemerke ich hier nur, dass der zwischen der vorderen und hinteren queren Furche gelegene Theil dieses Körperringes der Kopflappenfläche der beiden anderen entspricht, dass die aus der hinteren mittleren Furche hervorgehenden seitlichen Furchen je einem Nackenorgan angehören, was bei Arenicola marina (L.) und Glaparedi (Lev.) jederseits neben dem Kopflappen, aber völlig versteckt liegt. — Dagegen ist, während diese Furchen das Vor- derende des Körpers der Arenicola Grubii so hervorragend auszeichnen, keine Spur einer Einziehung oder Spalte vorhanden, wie sie bei Areni- cola marina (L.} die Eingangsöffnung des Gehörorgans bildet, bei Arenicola Claparedii (Lev.) an deren Statt in eine Grube führt. Nun besitzt aber Arenicola Grubii (Clap.) ein wohl ausgeprägtes Gehörorgan, allein diesem fehlt der unmittelbare Zusammenhang mit der äußeren Körperoberfläche. Um diese Verhältnisse klar zu legen, schildere ich den inneren Bau dieser Körperstrecke, so weit er uns hier zunächst interessirt. Die Darstellung schließt sich dabei vorwiegend an die Betrachtung von Sehnittserien an, die den besten Aufschluss hier gewähren; doch mag eine Beschreibung des Bildes voraufgeschickt sein, welches die innere Oberfläche der Rückenwand des Buccalsegmentes bietet, wenn aus ihm der Rüsseltheil des Darmes herausgeschlagen ist (Fig. 36). Da zeigt sich ein voller Mantel längslaufender Muskelfasern, welche alle gegen das unter ihnen verborgen liegende Gehirn laufen. Sie lösen sich alle aus der gemeinsamen Längsmuskelschicht der Kör- perwand ab, und biegen, auf der Höhe des Hirnes gegen die dorsale 252 er \ Es/Ehlers,.;:' Mittellinie um, die neben der ventralen Linie laufenden Fasern erfah- ren dabei die stärkste dorsal- und medianwärts gerichtete Ablenkung, und indem sie dem Verlauf der Schlundringschenkel des Nervensystems folgend zur Unterfläche des Gehirns ziehen, kennzeichnen sie damit die Grenze, an welcher die weiter dorsalwärts liegenden Fasern ihre Anheftung finden. Hinter dem vorderen Rande dieser zum Hirn ziehen- den Muskelplatte schimmert durch die dünne Faserschicht in geringem Abstande von der dorsalen Mittellinie jederseits ein Bläschen, ring- förmig aussehend, durch, von der Leibeshöhle also völlig durch die # Längsmuskulatur getrennt. Das ist das Gehörorgan. Seine Lage bestimme ich andererseits nach den Ansichten, welche # Schnittserien davon geben (Fig. 38—44). Danach liegt das Organ in der Körperwand rechts und links von der Medianebene etwa auf der Grenze des ersten und zweiten Viertels von der >esmenthihe nahezu auf der nach vorn gehenden Verlängerung einer Linie, welche die dor- salen Parapodien der folgenden Segmente verbindet, wenig vor der Hälfte des Abstandes zwischen dem Eingang in das Nackenorgan und der nächsten Ringfurche. Hier ist es fast allseitig von Muskeln umgeben, # von denen die mächtigsten jene Längsfasern sind, durch welche es in der geöffneten Segmenthöhle durchschimmert. Das Organ selbst (Fig. 37) ist ein kugeliges ringsum abgeschlosse- nes Bläschen, auf Längs- und Querschnitten kreisförmig erscheinend 5 oder wenig nur davon abweichend. Sein Durchmesser betrug in einem Wurme, der ca. 4 mm breit war, 0,165/0,135 mm. Seine 0,036 mm e dicke Wand ist offenbar durchaus gebaut wie diejenige des Gehör- # organs der Arenicola marina (L.).. Ein Epithel mit längsovalen Kernen E | trägt eine die Blasenwand völlig bekleidende Cuticula, seine Höhe bis # zum hinteren Rande der Kerne betrug 0,024 mm. Die Bilder, welche "# ich auf Schnitten von diesem Epithel erhielt, lassen mich nicht zweifeln, = dass es wie dasjenige aus dem Gehörorgan von Arenicola marina (L.) gestaltet ist; und zwar gilt das in gleicher Weise von den stäbchen- föormigen, unter der Cuticula liegenden Enden der Zellen, von deren Randsäumen, wie von den basalen Fasern, mit denen die Zellen aus- laufen. Das nach außen an die kernhaltige Schicht des Epithels sich — anschließende Faserwerk halte ich auch hier für eine Durchflechtung ° von Basalfasern der Epithelzellen und Nervengewebe, wobei in gleicher Weise, wie bei Arenicola marina (L.), Verbindungen beider Bestandtheile vorkommen mögen. Für die Anwesenheit des Nervengewebes sprechen | K ‚die in Form und Größe von den Kernen der Epithelzellen abweichenden 7 Kerne in dem feinen netzförmigen Faserwerk. Diese Schicht des Ner- vengewebes ist hier im Vergleich mit der Mächtigkeit, welche dasselbe” Us: as Die Gehörorgane' der Arenicolen. 253 Gewebe bei der erwachsenen Arenicola marina (L.) erreicht, gegenüber den Epithelien nur dünn, ich schätzte sie bei einer Wanddicke von 0,03 mm _ auf 0,012 mm. Allein dabei ist zu erwägen, dass das Nervengewebe in dem Gehörorgan der jungen Arenicola marina (L.) ebenfalls nur gering - ist, und dass die mir zur Verfügung stehenden Thiere der Arenicola Grubii (Clprd.) an Größe sehr hinter den erwachsenen Arenicola marina (L.) zurückbleiben. — Eine dünne strukturlose Haut, welche platte Kerne auf der Außenfläche trägt, schließt die Bläschenwand nach außen ab. Den Inhalt des Bläschens bildet ein Haufen von Otolithen; daneben wird sich im Leben Flüssigkeit befinden. Der Otolithenhaufen liegt zusammengebhallt auf der inneren Fläche der Blasenwand an deren innerem Umfange; wo in meinen Präparaten die Otolithen versprengt lagen, ist das vermuthlich durch das schneidende Messer herbeigeführt. Der Haufen liegt mit breiter Basis, welche die kleinsten Otolithen ent- hält, auf der Innenfläche der Otocyste, und erhebt sich von hier kegel- förmig in deren Lichtung hinein; die größten Otolithen finden sich nahe unter oder in der Spitze des Kegels. Die im basalen Theile des Haufens vorhandenen Otolithen schienen fester durch eine Zwischen- substanz mit einander verbunden zu sein als die in der Spitze gelager- ten, welche augenscheinlich locker lagen. — Alle Otolithen waren vollständig kugelig, von sehr wechselnden Größen neben einander, schwankend von 0,0045—0,009 mm. Die meisten Otolithen sind völlig farblos, bisweilen waren neben den farblosen ein oder zwei größere, bräunlich gefärbte vorhanden; alle waren stark lichtbrechend und glänzend; eine koncentrische Schichtung oder eine radiäre Streifung war nicht an ihnen zu finden; in größeren Otolithen war bisweilen ein punktförmiges besonderes Centrum zu unterscheiden, oder mehrere kleine wie Bläschen erscheinende Bildungen nahmen dessen Stelle ein. Im polarisirten Licht zeigten die glänzenden Kugeln keine Doppel- brechung. Die größeren Otolithen wurden durch Karmin so wenig wie durch Hämatoxylin gefärbt; dagegen färbte das letztere die kleinsten, fast staubförmigen Kügelchen, welche der Innenfläche der Guticula dicht anlagen. — Schwachen Säuren widerstehen die Otolithen, er- halten sich z. B. in Präparaten, welche nach der Färbung mit Gre- nAcHer’s Karmin mit durch Salzsäure angesäuertem Alkohol behandelt werden. Das veranlasste mich, die isolirten Otolithen zunächst mit starker Essigsäure zu behandeln; dabei war irgend eine Änderung an ihnen nicht zu sehen. Ich setzte dann koncentrirte Salzsäure zu den Otolithen. Da trat nach einiger Zeit eine auffallende Veränderung ein: die äußeren Schichten des Otolithen wurden hell, offenbar wie die Salzsäure in sie eindrang und auf sie einwirkte; die Aufhellung rückte 254 E. Ehlers, gleichmäßig gegen das Centrum vor, so dass die an Ausdehnung zu- nehmenden helleren Schichten einen kleiner werdenden dunklen, stark lichthreehenden Kern umschlossen ; bisweilen machte das Vorschreiten des Aufhellens der Rindenschicht eine Zeit lang Halt; schließlich aber hellte sich bei längerer Einwirkung der Säure auch der dunkle Kern völlig auf, und das Körperchen war nun gleichmäßig hell wie vorher, hatte aber den charakteristischen Glanz des unbeeinflussten Otolithen verloren. Während dieser Einwirkung der Salzsäure auf die Masse des Otolithen findet gleichzeitig an ihr eine Quellung statt. Weiterhin sieht man dann, dass einzelne Otolithen die Kugelform verlieren und unregel- mäßig gestaltet werden, wahrscheinlich wie sie bei der Quellung unter dem Deckglase auf ungleichmäßigen Widerstand stoßen. Eine Auflösung der Otolithen bei dieser Behandlung habe ich nicht gesehen. Ich hebe zum Schluss besonders hervor, dass während aller dieser beschriebenen Vorgänge sich keine Spur von Gasentwicklung an den Otolithen zeigt. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass die Substanz der Otolithen ein Erzeugnis des Epithels der Blasenwand ist; kleinste Granula, welche ich bisweilen auf der Epithelfläche in dem Haufen der Oto- lithen getroffen habe, dürften die jüngsten Zustände der Otolithen sein. Vermuthlich werden sie bereits zu Kügelchen geformt von der Epithel- zelle abgesondert, wachsen dann aber durch gleichmäßige Zunahme einer Masse, welche aus dem flüssigen Inhalt der Blase hinzutreten mag, ohne krystallinische Struktur zu gewinnen. Für die Sekretnatur der Substanz spricht der Umstand, dass die kleinsten, also auch wohl jüngsten Otolithen noch von Hämatoxylin gefärbt werden. Das Aus- bleiben einer Gasentwicklung bei der Behandlung mit Säure schließt die Anwesenheit von kohlensaurem Kalk aus, auf dessen Vorhanden- sein die starke Lichtbrechung hinweisen könnte. Ich halte die Sub- stanz dieser Otolithen danach für eine, welche dem Stoffe gleich kommt, der die Guticeula und die Borsten bildet. An die Gehörblase tritt ein Nerv hinan, der sich von dem median- wärts von ihr in dorso-ventraler Richtung aufsteigenden Gonnectiv des $ Schlundringes an einer Stelle abzweigt, wo dieses einen Beleg von Ganglienzellen trägt. Der Nerv breitet sich mit seinem Gewebe auf der Außenfläche der Gehörblase ringsum aus und durchbricht ihre äußere” Umhüllungshaut am vorderen Umfang in ziemlicher Ausdehnung nicht | mit einfacher Öffnung, sondern mit ungleich gr a Löchern. ni nr a ee Be En Ze Zu ZZ Die Gehörorgane der Arenicolen. 255 Wurmes gemacht, beschreibt die Otolithen richtig, betont das Fehlen eines Flimmerepithels, und nimmt ein Nervenpolster an, auf dem die Otolithen ruhen sollen. — Genaueren Aufschluss über das Organ haben uns die Mittheilungen von Jourpan gegeben, die ich in den meisten Punkten bestätigen kann. Meine Beobachtungen weichen von seiner Darstellung darin ab, dass nach ihm die Otocyste durch mehrere Nerven mit dem Schlundringe verbunden sein soll, was ich nicht gesehen; dass feine Öffnungen in der äußeren Hülle der Otolithenblase Nerven- fasern von außen nach innen durchtreten lassen sollen; auch das habe ich nicht gesehen. Ob die Beschreibung der fadenförmigen Ausläufer der Epithelzellen und deren Verbindung mit den Nervenfasern in ihren Abweichungen von dem Verhalten, was ich von der Arenicola marina (L.) beschrieben habe, ganz zutreffend ist, wage ich nicht zu entschei- den, da ich keine Macerationspräparate von dem Gehörorgan dieser Art besitze. Journan lässt die zusammenhängende Guticula, welche die Otoeyste auskleidet, aus einzelnen Plättchen bestehen; genetisch mag das zutreffend sein. Flimmerhaare hat er mit Sicherheit nicht gesehen ; meint aber Spuren davon in Präparaten gefunden zu haben,‘ welche länger in Osmiumsäure gewesen waren; nach meinen Erfahrungen ist das für die Erhaltung der Cilien nicht günstig. Die Otolithen werden als kalkhaltig bezeichnet und sollen in einer eiweißhaltigen Flüssigkeit liegen. Ich kann der Angabe über den Kalkgehalt nicht ohne Weiteres zustimmen, da es unwahrscheinlich ist, dass Kalk in anderer Form denn als kohlensaurer auftritt, dieser aber nicht vorhanden ist. Arenicola antillensis (Ltk.). (Taf. XIII, Fig. 30—32.)) Von der Arenicola antillensis (Ltk.) stand mir für eine anatomische Untersuchung nur das Vorderende eines Thieres zu Gebot, welches ich der Freigebigkeit der Direktion des zoologischen Museums in Kopen- hagen verdanke. Der äußere Habitus ähnelt durch die warzige Oberfläche dem der Arenicola marina (L.) (Fig. 30). Das erste borstenlose Segment ist deutlich dreiringelig; der hin- terste Ring trägt eine Reihe warziger Höcker, der nach vorn darauf folgende ist auf der Rückenfläche mit zwei Reihen querer Höcker be- setzt und erscheint dadurch zweitheilig; auf seiner ventralen Fläche liegt wenig deutlich das hintere Ende des dreieckigen metastomialen Feldes. Der vorderste Ring umfasst den Rüsseleingang; auf seiner ven- tralen Fläche liegt das wenig scharf begrenzte metastomiale Feld; auf dem dorsalen Umfange steht auf der halben Länge zwischen den Reihen 256 BE. Ehlers, der warzigen Höcker eine kurze Querfurche. Sein Vorderrand führt in eine tiefe quere Grube, welche halbmondförmig mit der Konkavität nach vorn gewendet etwa die halbe Breite der Rückenfläche einnimmt. Aus dieser Grube heraus geht nach vorn eine quer ovale flache Platte, welche durch ihre Glätte und geringen Glanz sich vor der übrigen Körperoberfläche auszeichnet. Das ist der Kopflappen, dessen kaum vorspringender Vorderrand ganz fein eingekerbt ist, und über dessen seitliche Theile einzelne feine Furchen der Länge nach verlaufen. Seine seitlichen Vorderecken sind stumpf abgerundet und springen in keiner Weise vor. — Auf der Vorderfläche des Körpers steht die Eingangs- öffnung des Rüssels, der durch seine mit kleinen Warzen besetzte Ober- fläche gekennzeichnet wird. — Auf dieser ganzen Vorderstrecke ist nirgends ein Spalt oder eine Grube vorhanden, welche als Eingang zu einem Gehörorgane zu deuten wäre. In dem durch einen Längsschnitt neben der ventralen Mittellinie geöffneten, danach ausgehreiteten und vom Rüssel befreiten Buceal- segment (Fig. 31) zeigten sich die aus der Längsmuskulatur abzweigen- den und zur Unterfläche des Hirns ziehenden Fasern als zwei starke aus dem ventralen medianen Bezirk stammende breite Balken. Hinter deren Rande lagen in geringem Abstande von der dorsalen Mittellinie zwei ringförmig erscheinende helle Gebilde, zweifellos die Gehörorgane. An sie hinan trat ein mit dem queren Hauptzuge verlaufendes Muskel- band, setzte über ihre vorliegende Fläche hinweg, und zog wie das Haupt- band zur dorsalen Medianlinie auf die Unterfläche des Hirns. Außer- dem traten in auffallender Weise zwei schmale Muskelbändehen hervor, welche sich hinter den Gehörorganen in deren Breite aus der längs- laufenden Muskelschicht der Körperwand ablösten und an den hinteren Rand des Gehörorgans inserirten. Das so frei in die Leibeshöhle hineinsehende Organ ließ sich leicht mit den umgebenden Massen herauslösen und isolirt untersuchen # (Fig. 33). Es ergab sich sofort als ein allseitig völlig abgeschlossenes ; Bläschen, von kreisförmiger, stark deprimirter, linsenförmiger Gestalt, 2 welches mit seiner einen breiten Fläche auf der Muskulatur lag. Es maß in der Fläche 0,357 mm im Durchmesser. Muskelfasern setzten sich rings an den scharfen Rand des linsenförmigen Bläschens. Ein 0,039mm # breiter Nerv, der unter dem Hauptmuskelstrange, offenbar vom Schlund-= Bi | ringschenkel abtretend, in der Richtung von vorn nach hinten auf das | Bläschen zulief, umhüllte es mit seiner Fasermasse ringsum, an dem u | nach hinten gewendeten Randtheile eine kleine Verdickung bildend. Die im optischen Querschnitte 0,075 mm dicke Wand erschien nach 7 | Durchtränkung mit Glycerin fein radiär gestreift; das ist zweifelsohne # i | : % Die Gehörorgane der Arenicolen. 257 der Ausdruck einer hohen Epithelschicht. Auf der inneren Oberfläche lag eine feine nicht unterbrochene Quticula. Im Centrum des linsenförmigen Bläschens lag ein einziger großer 0,098 mm im Durchmesser haltender Otolith, eine schwach gelblich gefärbte trübe Kugel; seine Größe führt die centrale Anschwellung, die linsenförmige Gestalt des Gehörorgans herbei, und verursacht seine centrale Lage. Dieser Otolith ist unzweifelhaft Erzeugnis des Bläschens, ein Ausscheidungsprodukt der Drüsenzellen, welche auch hier im Epithel der Otocyste anzunehmen sind, und nach dem ganzen Aussehen enthält seine Masse sicher keine Kalksalze. An die Beschreibung der ungleich ausgestalteten Organe knüpfe ich einige weitere Betrachtungen. Es ist. das geschilderte Organ als Gehörorgan bezeichnet. Recht- fertigt sich diese Bezeichnung auch nach dessen funktioneller Bedeu- tung? Ich habe mich mehrfach bemüht, Versuche zu ersinnen und an- zustellen, die darüber Aufschluss geben könnten, ob Arenicola marina (L.) Schall- oder Tonempfindungen haben möchte. Ich bin aber in keiner Weise zu einem einigermaßen gesicherten Ergebnis gekommen, und halte es für unnöthig, von diesen Versuchen weiter zu sprechen; nur das negative Ergebnis theile ich mit, dass im oder auf Sand ruhig liegende Würmer, welche bei der geringsten Berührung sich sofort zurückzogen, keinerlei Bewegung zeigten, wenn in ihrer Nachbarschaft Töne laut angegeben wurden. Ist man daher zur Zeit für die Deutung der Funktion des Organs auf Analogieschlüsse hingewiesen, die auf den anatomischen Bau des Apparates zurückgehen, so wird man dessen sensorielle Bedeutung im Allgemeinen ohne Anstand für alle die Formen zugestehen, bei welchen seine Innervation offenkundig ist. Und so kann für die Arten Ar. ma- rina (L.), Grubii (Clprd.) und antillensis (Ltk.) nach dem Vorgange von Lacazv- Durniers für diese Organe die Benennung Otocrypte und Otocyste auch unbeanstandet bleiben, so weit man darunter vom Integument aus gebildete Gruben oder Blasen mit Otolithen versteht. Dagegen darf auf Grund der bekannt gewordenen anatomischen Verhältnisse nicht auch ohne Weiteres mit dieser Bezeichnung die Auffassung sich verbinden, dass die Organe sensoriell akustische Bedeutung hätten. Mir scheint im Gegentheil das Verhalten im Bau der epithelialen Auskleidung der Oto- cyste wie Otocrypte nicht für eine solche Deutung zu sprechen. Denn die anatomischen Besonderheiten eines akustischen Endapparates sind in denjenigen Fällen, wo dessen physiologische Deutung als Perceptions- organ für Schall und Ton gesichert sind, überall darin gegeben, dass die Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIII, Bd. Suppl. 47 358 sh Ehlers, terminalen Neuroepithelien dieser Organe mit Härchen oder Stäbchen mannigfaltiger Gestaltung, doch stets solcher Bildung ausgerüstet sind, dass sie von herantretenden Schallwellen isolirt erregt werden können; es sind die ungleichen Gestaltungen, mit welchen die epitheliale Aus- rüstung der Macula oder Crista acustica auftritt. Eine derartige Organisation geht den hier vorliegenden Otoerypten und Otocysten völlig ab; als Apparate, welche akustisch funktioniren, sind sie daher nach ihrem anatomischen Bau, so lange nicht andere physiologische Erfahrungen beigebracht werden, nicht zu bezeichnen. Dennoch darf die Benennung der Otocysten und Otocrypten, und auch wohl die eines Gehörorgans beibehalten werden, wenn diesem neben der akustischen Funktion auch die der Empfindung und Über- wachung der Gleichgewichtslage des Körpers zugeschrieben wird. Eine solche kann hier bei veränderter Körperlage des Wurmes durch Um- lagerung der Otolithen und dadurch veränderten Druck auf die Wand der Otocyste und Otocrypte herbeigeführt werden!. Bei der schwer zu- gänglichen Lage der Organe bei Arenicola wird die Bestätigung solcher Auffassung auf dem Wege des Experimentes kaum zu erreichen sein. Dagegen darf man für die Wahrnehmung derartiger Vorgänge nach Analogien die Endigungsweise der Nerven in der Wand dieser Otocy- sten als geeignet ansehen, wenn man erwägt, dass Druckschwankungen gerade durch solche Nervenendapparate wahrgenommen werden, welche innerhalb oder unterhalb einer epithelialen Schicht liegen. Es kann danach die Otocyste hier, wo sie keine Hörhärchen besitzt, der aku- stischen Funktion bar, dagegen für die Wahrnehmung der Gleich- gewichtslage und deren Störung befähigt sein, in so fern als die in ihrer Wand innerhalb oder unterhalb des Epithels gelegenen Nerven- enden in wechselnder Weise von dem Druck beweglicher Otolithen getroffen werden. Dass das eintritt, ist für alle drei mit Otolithen ver- sehene Arenicola-Arten wohl mit Sicherheit anzunehmen, wenn auch Unterschiede in der Quantität der Wirkung vorkommen werden, da sich der eine große Otolith in der linsenförmigen Otocyste der Arenicola antillensis (Ltk.) anders verhalten wird, als die umkleideten Sandkörner in der Otocrypte der Ar. marina (L.) oder der Haufe der Otolithen von A. Grubii (Clprd.), in welchem die kleineren Otolithen an dem Orte ihrer” Entstehung noch festgehalten, die größeren dagegen beweglich er- 1 Man vergleiche hierzu: Yves DELAGE, Sur une fonction nouvelle des Olo- cystes. Arch. de Zoologie exper. et gener. Ser. 2. T. V. p.4. — Tu. W. EnGELMANN, 7 Über die Funktion der Otolithen. Zool. Anz. 10. Jahrg. Nr. 258. 14887. p. 439. _ U Max Verworn, Gleichgewicht und Otolithenorgan. PrLüger’s Archiv für Physiologie. Er AU ehe Ne > En P} we D BURZLe" De > EISEN EEE ANN EEE BE ET NEE | 1 H e j e | ic ee en N i% Rai Die Gehörorgane der Arenicolen. 259 scheinen. Ob das mit den besonderen Lebensgewohnheiten der Würmer in Zusammenhang gesetzt werden kann, wird sich wohl besser über- sehen lassen, wenn unsere Erfahrungen über das Vorkommen sol- cher Organe bei Würmern und anderen wirbellosen Thieren sich er- weitert haben. Aber selbst, wenn man für diese Organe erweisen sollte, dass sie nur die Bedeutung jener Apparate haben, für welche VERWoRN die Bezeichnung Statocyste und Statolith in Vorschlag ge- bracht hat, empfiehlt es sich die Bezeichnung Otocrypte und Otocyste für alle jene Organe festzuhalten, welche nach ihrer Gestaltung einem Kreise angehören und in ihrer vollendeten Ausbildung als Gehörorgane funktioniren. Die ungleichen Zustände, in welchen die »Gehörorgane« bei Areni- cola marina (L.) einerseits, Grubii (Clap.) und antillensis (Ltk.) anderer- seits auftreten, schließen sich leichthin an die Grube an, welche bei Arenicola Claparedii (Lev.) an dem gleichen Orte gelegen ist, an wel- chem sich bei den drei ersten Arten das Gehörorgan befindet. Es ist die Übereinstimmung der Lage in dem oberen und vorderen Theile des seitlichen Umfanges des Buccalsegmentes besonders dadurch gekenn- zeichnet, dass in allen drei Fällen der Schenkel des Schlundringes hart am medialen Umfange des Organs vorbeizieht. Nach ihrer Gestaltung ordnen sich die Organe leicht als einzelne Vertreter besonderer Kategorien jener Apparate, welche als Otocrypten und Ötocysten zu- sammengestellt werden. Deren Vorkommen ist weit verbreitet. Sehen wir von dem Auftreten sogenannter offener Gehörgruben oder ge- schlossener Gehörbläschen bei den Medusen ab, so sind bis jetzt ähn- liche innerhalb desselben Verwandtchaftskreises neben einander auf- tretende Bildungen bei Mollusken, Arthropoden und Vertebraten bekannt. Für die Mollusken hat Prıseneer ! nach außen geöffnete mit Sandkörnchen gefüllte Gehörorgane bei Muscheln (Nucula) neben den seit v. Sızsorp’s Untersuchungen als geschlossene Gehörbläschen bekannten Otocysten nachgewiesen; durch Hensen’s klassische Unter- suchung kennen wir Otocrypten bei decapoden Krebsen in der gleichen Besonderheit, dass sie, wie Arenicola marina (L.), Fremd- körper als Otolithen enthalten, neben den geschlossenen autochthone Otolithen bergenden Otocysten bei Mysideen; und für die Wirbelthiere bieten uns Haifische das Beispiel, dass der Binnenraum des Labyrinthes 1 PAUL PELSENEER, Sur les Otocystes des Nuculidae. Zool. Jahrbücher. Abth. f. Anat. u. Ontogenie. Bd. IV. 1894. p. 504. — Contribution a l’eEtude des Lamelli- branches. Archives de Biologie, T. XI. 18914. p. 167, 266. Ara 360 "BE. Ehlers, eines Wirbelthieres, sonst nach außen abgeschlossen, eine Verbindung mit der Außenwelt besitzt. Da nun die Otocysten, wo deren Ontogenie genauer bekannt ist, im Anfang ihres Entstehens als nach außen geöffnete Gruben, mithin als Otocrypten, auftreten, so knüpft sich daran im Allgemeinen die Vor- stellung, dass, wenn man auch von der Aufstellung von Homologien von einem Thierstamm hinüber in den anderen absieht, doch innerhalb einer genetisch verwandten Thiergruppe die Ötocrypte der phylogene- tische Vorläufer der Otocyste sei, die Gehörgrube den früheren Zustand des Gehörbläschens darstelle. Für den, der von solcher Vorstellung ausgeht, ordnen sich dann die ungleich ausgebildeten Organe der vier Arenicola-Arten ohne Wei- teres derartig, dass Ar. Claparedii (Lev.) den frühesten und einfachsten Zustand des Gehörorgans als einer nach außen geöffneten Grube zeigt, in welcher weder Gehörsteine noch eine mit Neuroepithelien ausgestattete Wand vorhanden ist. Arenicola marina (L.) führt die nächste Stufe der Entwicklung vor, in welcher die Gehörblase noch die Form einer Oto- crypte hat, als eine tiefe Einstülpung der Körperwand, da sie nach außen noch durch einen völlig durchgängigen Kanal kommunieirt, Otolithen führt, die von außen stammende Fremdkörper sind, welche durch Um- kleidung mit einem Drüsensekret adaptirt werden, und schließlich in Verbindung mit dem Nervensystem steht. — Die vollendete Ausbildung, und damit die höchste Stufe der Entwicklung tritt mit den geschlossenen Otocysten der Arenicola Grubii Clprd. und antillensis (Ltk.) auf, in wel- chen die Otolithen eigene Erzeugnisse des Organs sind; und hier könnte man in der Vielheit der kleinen Otolithen die Stufe sehen, welche vor der Bildung des einzigen großen Otolithen bei Ar. antillensis liegt. Zu beachten ist daneben auch die ungleiche Stellung, welche diese Organe bei den verschiedenen Arten zu der Muskulatur der Körper- wand einnehmen: bei Arenicola Grubii (Clprd.: zieht die Längsmuskel- schicht über die Otocyste völlig hinweg und deckt sie ganz; bei Areni- cola antillensis (Ltk.) löst sich aus ihr ein Bestandtheil aus und setzt sick an die Wand der Otocyste an; bei Arenicola marina (L.) und Claparedii (Lev.) bat diese Muskelschicht keine Beziehung zu den Oto- erypten, die der Arenicola marina (L.) führt zu einer Zerlegung des” dorsoventralen Muskelzuges und nimmt Theilstücke davon mit Anhef- | tungen auf, während der gleiche Muskelzug mit seinen inneren Fasern völlig ungebrochen an und über der entsprechenden Grube der Areni- ü cola Claparedii (Lev.) hinwegschreitet. Über den Werth dieses unglei- # chen Verhaltens kann ich nichts aussagen, da mir die Bedeutung der Verbindung von Muskelschicht und Gehörorgan unklar ist und das & | « STE (9 Ba ” “ . d ; | | Die Gehörorgane der Arenicolen. 261 ungleiche Verhalten beider zu einander durch eine besondere Ent- wicklung der Muskulatur herbeigeführt sein kann, welche von der Entwicklung der Otocyste ganz unabhängig ist. Gegen eine Zusammenstellung der Gehörorgane in eine Reihe, wie sie eben gebracht wurde, ist wenigstens für die drei letzten Arten keine erhebliche Einwendung zu machen. Allein dabei ist doch nicht ohne Weiteres anzunehmen, wo Ausgangs- und Endpunkt dieser Reihe zu setzen sind, und es ist nicht ohne Bedenken, als Ausgangspunkt einer fortschreitenden Entwicklung in diesem Falle die otolithenlose Grube der Arenicola Claparedii (Lev.) mit nervenfreier oder nervenarmer Wand anzusehen. Denn es bleibt zu prüfen, ob nicht etwa dieser Zu- stand auch als ein solcher aufgefasst werden kann, der auf dem Wege der Rückbildung erreicht ist. Für die hier zu treffende Entscheidung wird gewiss die Erkenntnis der ontogenetischen Vorgänge von Werth sein. Da uns diese zur Zeit aber vollständig mangelt, ist zu versuchen, auf andere Weise zum Ziel zu gelangen. Dazu ist wohl die vergleichende Betrachtung anderer Züge aus der Organisation der vier Würmer dienlich. Ich kann in dieser Hin- sicht auf einige Verhältnisse hinweisen, nicht aber in abschließender Weise, da ich aus Mangel an geeignetem Material über die der Nordsee fehlenden Arten eine erschöpfende Bearbeitung der ganzen Organisation zur Zeit nicht bringen kann, und andererseits zum vollgültigen Urtheil die Kenntnis der Lebensverhältnisse der Thiere nöthig sein würde, dar- über aber fast nichts bekannt ist. Auf Zweierlei möchte ich bei Betrachtung der Würmer das Augen- merk besonders lenken: das sind die Unterschiede, welche in der äuße- ren Körpergestaltung bei den vier in Rede stehenden Würmern sich zeigen, vor Allem aber die ungleiche Bildung, die bei ihnen die vordere Körperstrecke erfahren hat, welche die Gehörorgane enthält. Gemeinsam ist allen untersuchten Arten eine vordere kiemenlose Strecke und eine Ringelung der Segmente. Arenicola marina (L.), Cla- paredii (Lev.) und antillensis (Lik.) stimmen darin überein, dass das buc- cale und erste borstentragende Segment drei Ringel, das zweite Segment vier und die folgenden fünf Ringel besitzen; die Parapodien stehen am ersten der Ringel, welcher einen Ringwulst trägt. Davon weicht Areni- cola Grubii (Clprd.) ab: das borstenlose Segment hat vier Ringel, wenn man den Abschnitt, welcher die Kopflappenbildung trägt, nicht mit- rechnet; das erste borstentragende drei, das zweite und dritte vier, das vierte Segment fünf Ringel, von denen der vorderste die Parapodien trägt. Stets stehen die Borsten am vordersten dieser Ringel. Arenicola marina (L.), Claparedii (Lev.) und antillensis (Ltk.) gehören zusammen 262 E. Ehlers, einer Gruppe an, welche sich dadurch auszeichnet, dass Kiemen nur an einer beschränkten Zahl von mittleren Segmenten, bei Arenicola marina (L.) vom siebenten borstentragenden ab an 13 vorhanden sind. Bei Ar. Glaparedii (Lev.) finden sich gleiche Zahlenverhältnisse bei kleinen und mittelgroßen Thieren, während bei einem 20 cm langen Wurm hinter den ersten sechs borstentragenden Segmenten nur elf Kiemen jederseits stehen. In beiden Arten schließt sich an die kiementragenden Segmente eine Körperstrecke an, in welcher nicht nur die ausgeprägte Segmentirung zurücktritt, sondern auch alle Parapodien und Borsten völlig fehlen; diese ruderlose Körperstrecke ist ferner durch die Ver- kümmerung der Leibeshöhle ausgezeichnet und physiologisch dadurch auffallend, dass bei Arenicola marina (L.) der lebende Wurm sie leicht — scheinbar ohne großen Schaden — verliert oder in Stücken abwirft. Arenicola antillensis (Ltk.) reiht sich hier an, in so fern bei ihm auf sechs borstentragende Segmente elf Kiemenpaare bei einem großen Wurme folgen; auffallend ist bei dieser Art, dass, wie LEvinsen schon bemerkt hat, die ruderlose hintere Körperstrecke auf dem Seitentheile der ventralen Fläche in segmentalen Abständen je zwei kleine faden- förmige Anhänge in mäßigem Abstand neben einander trägt. Da diese aber schon unterhalb des letzten kiementragenden Ruders auftreten und zwar am oberen Ende der Hakenreihe, vor und hinter dieser, müssen es Bildungen sein, die nicht auf dorsale Parapodien oder Kiemen zurückgehen. Dem gegenüber besitzt Arenicola Grubii (Clap.) vom zwölften bor- stentragenden Segmente! ab an allen folgenden ausgebildete Kiemen, die an den letzten Segmenten wohl etwas an Größe abnehmen; keiner der Schriftsteller, welche diesen Wurm lebend unter Händen gehabt haben, erwähnt eine kiemenlose größere Endstrecke des Körpers; an allen Exemplaren, welche ich gesehen habe, erstreckten sich die Kiemen bis an das Ende des Körpers. Nun wäre es ja möglich, dass den Zoologen von dieser Art bis jetzt nur verstümmelte Exemplare, die ein kiemen- loses Körperende verloren haben, zu Gesicht gekommen sind; sehr wahrscheinlich erscheint das jedoch nicht, da die große Zahl der Kie- * men, der Mangel einer »Cauda«, das heißt einer kiemenlosen Strecke, P als Kennzeichen dieser Art gegenüber der Arenicola marina (L.) auf- geführt wird, von der ja allbekannt ist, wie leicht das Körperende ab- # fällt. Sorgfältig konservirte Exemplare dieser Art, welche die Verwa- # tung der Zoologischen Station in Neapel mir zu übersenden die Güte hatte, U und welche an der ganzen hinteren Körperstrecke Kiemen tragen, er- f | ! CLAPAREDE giebt für diese Art nur zehn vordere borstenlose Segmente an, vermuthlich hat er das erste kleine Borstenbündel übersehen. h h, | ö 7 ; i Die Gehörorgane der Arenicolen. 263 scheinen denn auch völlig unverletzt. Eine Sonderung der vier uns beschäftigenden Arten in diese beiden Gruppen ist danach wohl be- rechtigt. Es stößt wohl ferner nicht auf Widerspruch, wenn man annimmt, dass das kiemenlose Körperende der Arenicola marina (L.), Glaparedii (Lev.) einerseits und antillensis (Ltk.) andererseits als ein rückgebildetes aufzufassen sei, vielleicht in Anpassung an die Lebens- weise in Röhren, wie die hintere Körperstrecke der meisten tubicolen Borstenwürmer rückgebildet erscheint. Ihnen gegenüber ist dann Arenicola Grubii (Clap.) eine Form, bei welcher eine derartige Rückbildung nicht eingetreten ist, und welche durch den Besitz von Kiemen an der hinteren, voll segmentirten Körper- strecke einer hypothetisch zu setzenden Ausgangsform näher steht, als die anderen Arten, welche in einseitiger Richtung durch Rückbildung der kiemenlosen hinteren Körperstrecke von solcher Form sich weiter entfernt haben. Dabei nimmt Arenicola antillensis (Ltk.) eine beson- dere Stellung ein wegen des Besitzes der kurzen fadenförmigen An- hänge an der hinteren Körperstrecke; mit Kiemen, wie Le£vinsen Vver- muthet, haben diese Anhänge gewiss nichts zu thun, da sie schon neben der letzten Kieme am oberen Ende der Reihe der Hakenborsten stehen. Der Platz weist auf Sinnesorgane, welche den Organen der Seitenlinie entsprechen, und da sie den Eindruck von innervirten Anhängen machen, möchte ich sie als intraparapodiale Cirren auffassen, die durch ihr Auftreten wohl dafür sprechen, dass die Körperstrecke, an welcher sie stehen, weniger rückgebildet ist, als der gleiche Körperabschnitt bei Arenicola marina (L.) und Claparedii (Lev.). Nach der Bildung der Kiemen stellen sich Arenicola marina (L.) und Arenicola Grubii (Clap.) einerseits, Arenicola Glaparedii (Lev.) und Arenicola antillensis (Ltk.) andererseits zusammen. Bei Arenicola ma- rina entspringen von einer halbkreisförmig hinter dem Parapodium sich erhebenden hautartigen Basis die einzelnen Kiemenstämme und ver- zweigen sich hirschgeweihartig in so fern, als die wenig dünneren und spärlichen Nebenäste auf einem Umfang des Hauptstammes abgehen; die Nebenäste tragen niedere, wenig vorspringende Höckerchen; die Kieme hat dadurch ein strauchartiges, sperriges Ansehen. In ähnlicher Weise verhalten sich die Kiemen der Arenicola Grubii, nur fehlt ihnen die gemeinsame hautartige Basis; die Kiemenstämme entspringen un- mittelbar von der Körperoberfläche hinter dem Ruder, besitzen aber das gleiche strauchartige Ansehen. — Dagegen erscheinen die Kiemen von Arenicola CGlaparedii (Lev.) und antillensis (Ltk.) dicht buschartig, und zumal bildet ihr unterer Theil einen dichten Busch; das entsteht dadurch, dass die Hauptstämme der Kiemen in ihren Endverzweigungen 2364 | E. Ehlers, dicht ringsum mit feinen schlanken Kiemenfädchen statt der niederen Höckerchen bei den anderen Arten besetzt sind. Solche quantitative Unterschiede im Bau der Kiemen sind für phylogenetische Spekulationen aber kaum von Belang, da diese Respirationsorgane offenbar leicht mit dem Wechsel äußerer Verhältnisse abzuändern vermögen. Es fällt da- bei in Betracht, dass Arenicola marina (L.) auf und im sandigen oder kiesigen Boden lebt, während nach den Angaben Lo Bıanco’s Arenicola Claparedii (Lev.) bei Neapel auf Schlammgrund wohnt. Dessen Be- schaffenheit mag die Ausbildung eines dichten Kiemenbusches mit großer respiratorischer Oberfläche erfordern, während der Aufenthalt im Sande oder Kiesgrunde für den Bestand sehr dünnwandiger Kiemen- fäden nicht vortheilhaft erscheint. Für diese Betrachtungen über den Zusammenhang der Arenicola- Arten unter einander sind die Verhältnisse, welche der Bau des Kopf- lappens und der in ihm enthaltenen Organe zeigen, von besonderer Bedeutung. Ich erörtere sie hier mit Rücksicht darauf, ohne in ein- gehende Darstellung des histologischen Baues, besonders des Hirns, mich jetzt einzulassen. Es handelt sich dabei um die Gestaltung des Kopflappens, den Bau des Gehirns und die Bildung einer fiimmernden Grube jederseits neben dem Gehirn, die dem Organ entspricht, welches von anderen Anneliden als Nackenorgan beschrieben ist. Ich gehe von Arenicola marina (L.) aus. In dem Kopflappen, welcher auf der dorsalen, nach vorn gerichteten Oberfläche jederseits neben dem gewölbten Mittelfelde ein wenig größeres Seitenfeld besitzt, liegt das Gehirn, ohne seinen Raum ganz einzunehmen. Seine Gestalt ist herzförmig, das breitere eingeschnittene Ende ist nach vorn gewendet; von ihm geht nach hinten über die obere Fläche eine Furche, welche tief in den Hirnknoten einschneidet und ihn auf der Oberfläche zweilappig erscheinen lässt (Fig. 13, 14). Die Schlundringeonnective treten von unten her in den Kopflappen ein, gehen an den vorderen Theil der ven- tralen Fläche des Hirns und senken sich hart neben der Medianlinie in die Hirnsubstanz ein. — Unter die gewölbte Fläche des Kopflappens, zumal der beiden seitlichen Polster, zieht Nervensubstanz, die von der # dorsalen Hirnfläche ausgeht. — Von der oberen Fläche der hinteren schmäleren Hälfte entspringen zwei Nervenstämme, welche dicht an einander liegend nach oben und hinten laufen und ihre Endausbreitung unter dem Epithel des Kopflappens zumal an dessen Seitentheilen, und | in der Wand der Nackenorgane finden. # Diese Nackenorgane sind Gruben, die sich von einer spaltförmigen Eingangsöffnung aus tief jederseits neben den Seitentheilen des Kopf- 7 | lappens einsenken und dadurch ausgezeichnet sind, dass sie von einem # Die Gehörorgane der Arenicolen. 265 hohen, hellen Gylinderepithel ausgekleidet werden, welches besonders hoch auf der lateralen Wand der Grube entwickelt ist, hier am Aus- gange der Grube sich scharf von dem drüsigen Epithel der Oberhaut absetzt und in auffallender Weise lange Wimperhaare trägt. -Innerhalb dieses Epithels wird eine Nervenendausbreitung liegen. Die Eingangs- öffnung ist in der ganzen Länge des Kopflappens jederseits eng, und auch der obere Theil der Grube ist eng, so dass sich zwischen der Sei- tenfläche des Kopflappens, welche die mediale Wand der Grube bildet und deren lateraler Wand nur eine geringe Lichtung findet; tiefer ab- wärts wird der Grund der Grube, während die Eingangsöffnung spalt- förmig bleibt, sackartig weiter, und zeigt dann vom Grunde wie von den Seitenflächen her unregelmäßige Erhebungen. Neben dem unteren Theile des Kopflappens läuft die Grube des Nackenorgans seicht aus (Fig. 5—12). | Hirn und Nackenorgane zeigen bei Arenicola Glaparedii (Lev.) eine Weiterbildung, welche mit der Ausgestaltung der Seitentheile des Kopflappens zu kegelförmigen Lappen Hand in Hand geht. Diese sind hohl, von lockerem Gewebe erfüllt, reich an Blutgefäßen und zumal auf der oberen Fläche mit einer reichen Nervenschicht ausgestattet. Das Hirn ähnelt dem von Arenicola marina, in so fern es im vorderen Theile breiter als im hinteren ist; doch ist es auch im Allgemeinen breiter und flacher als dieses; seine obere Fläche ist von einer breiten, tiefen Furche längsgetheilt, die untere Fläche ist stumpf keilförmig. Die Schlundringkommissuren gehen breit in die Vorderecken des Hirnes über. Die Nackenorgane sind tiefe Gruben, die von einem hohen drüsen- losen Epithel ausgekleidet sind, das in der Tiefe auf der lateralen Wand lange Flimmerhaare trägt. Der Eingang zu ihnen liegt am seitlichen Umfang der oberen und hinteren Kopflappenstrecke, seitlich von dem Ursprunge des äußeren Randes der Kopflappenzipfel, welche ausge- streckt sie überlagern. Diese Eingangsöffnung ist schmal spaltförmig, am Seitentheil des Kopflappens in der Richtung von oben nach unten wenig ausgedehnt. Da die Einstülpung, welche die Grube bildet, sich weit unter die Eingangsöffnung in die Tiefe erstreckt, so erscheinen die Nackenorgane hier als tiefe Taschen mit enger Öffnung, welche sich weit abwärts jederseits neben dem Hirn in die Substanz des Kopf- lappens einsenken. Die flimmernde und Nervenausbreitung führende Epithelfläche ist daher, verglichen mit den Verhältnissen bei Arenicola marina, in viel beschränkterer Weise mit der Außenwelt in Verbin- dung gesetzt, während die Seitentheile des Kopflappens, zu tentakel- 266 B. Ehlers, artigen Fortsätzen verlängert, ihren engen Eingang überlagern können (Fig. 23—28). Über die Bildung des Gehirns und der Nackenorgane bei Areni- cola antillensis (Ltk.) bin ich unzulänglich unterrichtet, da das einzige mir für anatomische Untersuchung zu Gebot stehende Stück nicht gut genug konservirt war, um die Hirnbildung genauer zu erkennen. So viel steht aber fest, dass im hinteren Theile der Platte, welche ich als oberen Kopflappen bezeichnet, ein Nervenknoten, das Gehirn, liegt, und dass danach die Deutung der Platte als Kopflappen richtig ist. Dann ist für diesen nicht sowohl die geringe Wölbung, als viel- mehr der Mangel von Fortsätzen der seitlichen Vorderecken bedeu- tungsvoll, welche die vorher genannten Arten besitzen, und die man als gering entwickelte Anhänge des Kopflappens bezeichnen kann. Dazu gesellt sich die besondere Bildung, welche die Nackenorgane besitzen. Denn jener tiefe Spalt, welcher am hinteren Rand des Kopflappens steht (Fig. 30), ist eine mediane gemeinsame Eingangsöffnung zu einer tiefen Grube, welche im Grunde mit hohen Wimperhaaren ausgekleidet und daher unzweifelhaft als eine Nackengrube zu bezeichnen ist, welche in dieser medianen Lage eine Vereinigung der bei den anderen Arten getrennten seitlichen Gruben darstellt. Diese Form der Bildung des Kopflappens und der Nackenorgane führt von der Gestaltung, welche die gleichen Theile bei Arenicola marina (L.) und Claparedii (Lev.) besitzen, zu jener hinüber, welche sich bei Arenicola Grubii (Clprd.) findet, und die am weitesten von dem Verhalten der letztgenannten Arten sich entfernt. Denn bei Arenicola Grubii (Clprd.) ist der als Kopflappen anzusprechende Abschnitt der dorsalen Rückenfläche des vorderen Körperendes in keiner Weise aus seiner Umgebung hervorgehoben, und nur der Nachweis der Lage des Hirns in ihm giebt über seine Bedeutung Auskunft. Es ist der Bezirk, E welcher vor der zur Seite der Medianebene winklig gebrochenen, am Umfang bis etwa auf die halbe Körperhöhe herabreichenden Furche B gelegen ist, in welchem sich das Hirn befindet (Fig. 33, 34). In diesem $ aber haben wir keinen hoch gewölbten Knoten vor uns, sondern viel- mehr einen nach der Konvexität des Rückens gekrümmten querziehen- den Balken, welcher die Enden der Connective des Schlundringes jederseits aufnimmt, ohne viel größere Mächtigkeit als diese zu haben. I Die Fig. 44—48 geben eine Vorstellung von dieser Hirnbildung, = welche wie eine große dorsale Kommissur erscheint, und an den Cha- rakter der Ringnerven erinnert, welche vom Bauchmarke ausgehen. = Vom hinteren Rande des Hirns gehen starke Nervenstämme nach hin- 7 ten und aufwärts; sie innerviren die Nackenorgane. Deren Lage ist i ü | | Die Gehörorgane der Arenicolen. 267 äußerlich durch die jederseits am Seitenumfange des Kopfabschnittes abwärts ziehende Furche gekennzeichnet; denn diese Furche ist der Eingang zu einem Nackenorgan jederseits, welche als eine bis zur halben Körperhöhe abwärts sich erstreckende taschenförmige Einziehung nach hinten gewendet in die Tiefe geht; gekennzeichnet ist diese breite Grube als Sinnesorgan durch das hohe, lange Flimmerhaare tragende Epithel, welches die Grubenwände bekleidet. Die hauptsächliche Aus- breitung der Nerven ist aber wohl in einer eristenartigen Erhebung zu suchen, welche im Grunde der Tasche in deren Lichtung hineinragt, und die mit einem sehr hohen und dünnen, gleichfalls eilientragenden Epithel bekleidet wird (ef. Fig. 38 —44). Fasst man die verschiedenen Formen dieser Kopflappen und Nackenorgane gruppenweise zusammen, so ordnen sich neben einander Arenicola Glaparedii (Lev.), bei welcher der Kopflappen die größten anhangähnlichen Vorderecken mit ausgezeichneter Innervirung, und tief eingesunkene Nackenorgane mit enger Eingangsöffnung besitzt, und Arenicola marina (L.), bei welcher die gleichen Bildungen, aber weniger scharf ausgeprägt, vorhanden sind; während andererseits Arenicola Grubii (Clprd.) durch die völlige Verstreichung der Kopflappenplatte, die kommissurelle Gestaltung des Hirns und die weit ausgedehnten und frei geöffneten Nackenorgane davon am weitesten entfernt steht, weiter — auch in Rücksicht auf die übrige Körperbildung — als die Arenicola antillensis, bei welcher eine Kopflappenplatte, wenn auch ohne Anhänge, doch abgegrenzt ist, und bei welcher der Eingang in das Nackenorgan weniger weit sich öffnet. Diese Formverwandtschaften fallen mit Ähnlichkeiten im Verhalten des Gehörorgans zusammen; in der letzten Gruppe die Otocysten, in der ersten die Otocrypte und die völlig offene Grube. Da liegt die Vor- stellung nahe, dass zwischen beiden Organsystemen, dem Kopflappen mit den Nackenorganen einerseits und den ungleich ausgestalteten Ge- hörapparaten andererseits eine Correlation besteht. Die Arten, bei welchen der Kopflappen die Vorderecken, wie reich innervirte Kopf- anhänge trägt, haben bei der geringeren Ausbildung die Otocrypte mit Fremdkörpern (Ar. marina (L.), bei der höchsten Ausgestaltung die ein- fache taschenförmige Grube (Ar. Claparedii); während die beiden Arten, bei denen der Sinneswahrnehmung dienende Vorsprünge am Kopf- lappen fehlen, Ar. Grubii (Clprd.) und antillensis (Ltk.) die geschlossene Otoeyste mit selbsterzeugten Otolithen, den in dieser Hinsicht höchst entwickelten Sinnesapparat besitzen. Diese Correlation kann auch in Verbindung stehen mit Gestaltungs- zuständen des gesammten Vorderendes, in so fern als die Kommissuren- 268 B. Ehlers, artige Bildung des Hirnes und die weit geöffneten Nackenorgane, wie sie Ar. Grubii (Clprd.) besitzt, mit den Otocysten verbunden sind, wäh- rend bei der Koncentrirung der Nervenmasse in einem gedrungenen Hirnknoten und der Zusammenziehung der Nackenorgane die niederen Stufen der Otocrypte auftreten. Wollte man danach ein Urtheil über die morphologische Stellung abgeben, welche der Otocrypte zuzuschreiben ist, so würde das auf die Beantwortung der Frage zurückgeschoben werden, ob die Ausrüstung des Kopflappens mit sensoriellen Anhängen als eine Restbildung von höher ausgestatteten, etwa vaganten Annelidenformen aufzufassen, oder ein Neuerwerb bei Thieren ist, deren Vorläufer einfachste Kopflappen- bildung und kommissurelle Hirnbildung gehabt haben, oder anders # ausgedrückt, ob der Verlust von sensoriellen Anhängen des Kopflappens mit dem Erwerb von Gehörorganen verknüpft war oder ob die Aus- bildung des Kopflappens und seiner innervirten Fortsätze mit der Rückbildung der Gehörorgane in Zusammenhang stand. Diese Frage bleibt zur Zeit unentschieden, da die Familie der Telethusen in ihrer systematischen Stellung zu anderen Familien der Polychäten durch- aus nicht klar vorliegt. Stellt man sie, wie Levinsen es gethan, mit den Amphinomiden einerseits und mit den Scalibregmiden andererseits zusammen, und lässt man die Entwicklung von den vaganten Amphino- miden zu den beiden sedentären anderen Gruppen durch Rückbildung sich vollziehen, so wird man in dem allmählichen Verlust der Kiemen den Weg der Entwicklung sehen können, an dessen Eingang Formen wie Arenicola Grubii stehen, dann würde Arenicola marina und Claparedii auf diesem Wege vorgeschritten, die Zustände ihrer Gehörorgane als ; rückgebildete zu betrachten sein. Diese Arten würden in der Bildung t des Kopflappens nach den Scalibregmiden hinweisen, bei denen die j Kiemen noch beschränkter sind und denen Gehörorgane zu fehlen F scheinen. Doch sind solche Spekulationen zur Zeit ohne sicheren Boden # aufgebaut. 2 2 Desshalb wäre der Versuch zu machen, einem Verständnis dieser Gehörorgane und ihrer Beziehungen zu einander, in anderer Weise nahe zu kommen. | | # Aus diesem Gesichtspunkte möchte ich die Frage erörtern, zu wel chem Kreise von Organen nach ihrem morphologischen Verhalten die # Gehörorgane der Arenicola, und weiter der übrigen gleich gestalteten # Organein Borstenwürmern zu stellen, wo ihre Homologien zu suchen sind. SPENGEL! hat die Vermuthung ausgesprochen, die Gehörorgane | ! Spenser, Oligognathus Bonelliae. Mittheilungen aus der Zoolog. Station zu | Neapel. Bd. III. 1882. p. 34. x} is u u fi N ji Die Gehörorgane der Arenicolen. 269 der Arenicola möchten aus ursprünglichen Nackenorganen hervorge- gangen sein, deren Arenicola entbehre. Eısıe! lehnt diese Auffassung ab; für ihn sind diese Gehörorgane »specielle Errungenschaiten ihrer Träger. Mit der Verwerfung der Spensrr’schen Auffassung bin ich ein- verstanden, aber aus anderen Gründen als denen, welche Eısıc bei- gebracht hat. Dass die Gehörorgane der Arenicola nicht aus Nackenorganen her- vorgegangen sind, ergiebt sich ohne Weiteres daraus, dass diese Wür- mer die Nackenorgane in ausgezeichneter Weise besitzen. Aber auch sonst darf man für beide Organe eine nähere Verwandtschaft nicht be- haupten. Die Nackenorgane werden vom Gehirn aus innervirt, sie ge- hören zu dem Kopflappen, sind Bestandtheile des Prosoma, und gehen auf die Umbrella der Trochophora zurück; ja es dürfte zu prüfen blei- ben, ob sie nicht zu den paarigen Sinnesorganen,, welche nicht selten als wimpernde Grube neben der Scheitelplatte der Trochophora auf- treten, morphologische Beziehungen haben. Es ist dabei nicht ausge- schlossen, dass Sinnesapparate, welche zu ihrer Kategorie gehören, auch am Rumpfe vorkommen. Jene Form der Nackenorgane, bei denen im Grunde der taschenförmigen Hauteinziehung ein Vorsprung sich erhebt, erinnert an die Gestaltung der Organe der Seitenlinie. Die Gehörorgane der Arenicola erhalten ihre Innervirung dagegen nicht vom Hirn, sondern von den Schlundringschenkeln, und zwar in soleher Weise, dass ihre nächsten morphologischen Beziehungen sowohl danach, wie nach ihrer Stellung an der Körperwand zu Organen oder Organanlagen des Rumpfes zu suchen sind. Ich habe oben gezeigt, dass das Buccalsegment der Arenicola drei- ringelig ist wie das erste borstentragende Segment, ferner dass vom seitlichen Umfange der Schlundringschenkel ringförmige Nerven auf den Grenzen der Ringel entspringen und in gleicher Weise wie in den borstentragenden Segmenten verlaufen. Diese tragen die Parapodien am.Seitenumfange des ersten Ringels eines jeden Segmentes, und eine muskelfreie längslaufende Strecke verbindet auf der inneren Oberfläche der Körperwand die Einpflanzungsstellen der dorsalen Borstensäcke unter einander. Eine Verlängerung dieser Linie nach vorn in das Buccal- segment hinein führt zu dem Ort, an welchem bei Arenicola marina (L.) die Einstülpung des Gehörorgans auf dem ersten Ringel des Buccal- segmentes steht; es unterliegt mir danach keinem Zweifel, dass nach seiner Stellung zur Körperwand das Gehörorgan sich wie ein dorsales 1 Eısıs, Monographie der Capitelliden. Fauna und Flora des Golfes von Nea- pel. 1887. p. 499. 270 E. Ehlers, Parapodium verhält, und ich nehme keinen Anstand, was vom Gehör- organ der Arenicola marina (L.) gilt, auf die Gehörorgane der anderen Arenicolen zu übertragen. Fraglich kann es sein, ob der Zusammenhang der hier zusammen- gestellten Organe mit dem Nervensystem gleichwerthig ist. An das Gehörorgan tritt vom Schlundringschenkel ab ein ansehnlicher Nerv; nach seiner Stellung möchte ich diesen als homodynam zu dem ersten Ringnerven der borstentragenden Segmente auffassen; dass er seine Hauptmasse,, wenn nicht alle Fasern, an das Gehörorgan abgiebt, fällt wohl mit dieser gesteigerten sensoriellen Bedeutung zusammen. Die an gleichem Orte eingepflanzten dorsalen Parapodien sind nicht in glei- cher Weise so unmittelbar an den Ringnerven angeschlossen, sondern stehen eine Strecke von ihm ab, und erhalten ihre Innervirung aus dem subepithelialen Nervennetz, welches aus dem Ringnerven hervorgeht. Es könnte nach diesen Erörterungen scheinen als ob die Einstül- pung, welche das Gehörorgan der Arenicola marina (L.) bildet, dem Borstensacke eines dorsalen Parapodiums gleich zu setzen sei, die Sekretmassen, welche die aufgenommenen Fremdkörper umhüllen, dem zu Borsten gestalteten Sekrete der Borstensäcke entsprächen; und das um so mehr, als Rerzıvs! auf der Wand des Borstensackes von Arenicola eine Nervenausbreitung nachgewiesen hat. Was von der Otocrypte der Ar. marina gilt, ließe sich auf die Otocysten anderer Arten übertragen. Allein eine solche Zurückführung der Otoerypte auf ” eine Borstentasche ist nicht stichhaltig, sobald man Gehörorgane anderer Borstenwürmer mit in den Kreis der Betrachtung zieht. Da zeigt sich zunächst, dass, so weit unsere Kenntnisse jetzt rei- P: | chen, diese Organe nur bei einem kleinen Kreise von Familien vorhan- # den sind. Nachdem Kreinengerg? die Otocysten, welche GrEEFF von 3 | Alciopiden beschrieben hatte, auf ihre wahre Bedeutung zurückgeführt 3 hat, ist in keiner Familie der Borstenwürmer, welche nach alter Weise als Errantia bezeichnet werden, das Vorkommen von Gehörorganen bekannt. Quarzeragzs hatte allerdings angegeben, bei Eunice sanguinea 7 Gehörorgane gefunden zu haben; allein schon die Bemerkung, dass = unter zahlreichen Anatomien I Wurmes ihm nur zweimal die | Bläschen vorgekommen seien, die er für Gehörorgane ansprechen möchte, } 1 G. Rerzıus, Über Nervenendigungen an den Parapodienborsten. Verhandl. d. biol. Vereins in Stockholm. Bd. III. 4894. p. 85. Taf. IV, Fig. 5. 2 N. KLEinENBERG, Die Entwicklung des Annelids. Diese Zeitschr. Bd. XLIV. 1886. p. 78. 3 A. DE QUATREFAGES, Etudes sur les types inferieurs de l’embranchement des Anneles. Annales des sc. natur. Ser. 3. T. XIII. 4850. p. 30. Te 3? Die Gehörorgane der Arenicolen. 271 lässt die richtige Deutung dieser Beobachtung sehr zweifelhaft erschei- nen. Von keinem der Zoologen, welche später sich mit der Anatomie der Eunice befasst haben, ist je eine ähnliche Bildung beschrieben. Die von Ep. Meyer ! aus dem Hirn von Polyophthalmus pietus be- schriebenen und als Gehörorgane gedeuteten Blasen, sind, wenn man ihnen auch eine akustische Bedeutung lassen will, wohl schwerlich nach ihrer morphologischen Bedeutung in den Kreis der hier behandel- ten Otocrypten oder Otocysten zu ziehen. Die gegebene Beschreibung gestattet kein sicheres Urtheil; weiter zu prüfen sind diese Gebilde besonders mit Rücksicht darauf, dass sie in der Dreizahl mit einem unpaaren Stücke auftreten. Es sind zunächst besonders tubikole oder solche sedentäre Borsten- würmer, bei denen die Bildung von Cirren und ähnlichen Sinnesappa- rate tragenden Körperanhängen an den Parapodien gekümmert oder ausgeblieben ist. Insbesondere handelt es sich um die Familien der Sabellidae, dann aber weiter der Ariciidae. Unter den Sabelliden sind Gehörorgane, wie es scheint überall Otolithen führende Otocysten, seit Langem von der Gattung Fabricia (Amphicora) bekannt, wo sie zuerst wohl Quarkerages ? beschrieben hat; LangerHans® hat dann den Kreis der verwandten Gattungen, bei denen sich Otocysten finden, erheblich erweitert, indem er neben der Fabricia nahe stehenden Gattung Oria (Otrfg.) entferntere Sabelliden-Gattungen, Jasmineira und Chone, als Ohren besitzende nachwies, gleichzeitig aber auch eine Fabricia nigra erwähnt, welcher die Gehörkapseln fehlen. In allen diesen Wür- mern liegen die Gehörkapseln in dem Segment, welches ich als das erste des Rumpfes bezeichne; und da sie hart neben den Schenkeln des Schlundringes stehen, werden sie wohl von diesem aus innervirt; doch bleibt das näher zu prüfen. Für Branchiomma, einer anderen - Sabellidengattung, hat nämlich Brunorte angegeben, dass sie im Bereiche des ersten Segmentes Otocysten trage, welche durch einen Nerven mit dem Gehirn in Verbindung ständen. Für die uns beschäf- tigenden Verhältnisse ist es von Wichtigkeit, dass in allen diesen Würmern neben den Otoceysten Borsten führende dorsale Parapodien vorkommen, allerdings bisweilen, wie es BrunorrE für Branchiomma 1 Ep. Meyer, Zur Anatomie und Histologie von Polyophthalmus pictus Clap. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXI. 1882. p. 801. 2 A. DE QUATREFAGES, a. a. 0. p. 29. 3 P. LAnGERHAnNs, Die Wurmfauna von Madeira. III. Diese Zeitschr, Bd. XXXIV. p- 112. 4 Ich berichte das nach der Angabe des zool. Jahresberichtes für 4888 (Zool. Station Neapel), da ich die Originalarbeit nicht einsehen konnte. Die Innervirung von Otocysten der Anneliden vom Hirn aus ist mehrere Male irrthümlich behauptet. 12 BE. Ehlers, besonders angiebt, verkümmert; doch braucht man diese Verkümmerung nicht mit der Entwicklung von Otocysten in Verbindung zu setzen, da dies eine fast allgemeine Erscheinung bei den Polychäten ist und wohl allgemein unter dem Einflusse der Bildung der Kopfstrecke sich voll- zieht. — Eine genauere Untersuchung verlangt in Rücksicht auf diesen Punkt Leptochone aesthetica (Clprd.), da sie nach Grararkpe’s! Mitthei- lung im ersten borstentragenden Segment jederseits zwei oder drei Otocysten trägt. | | Von größerem Interesse als diese Verhältnisse bei den Sabelliden sind die von Ariciiden bekannt gewordenen Verhältnisse, mit welchen die Otocysten hier auftreten. Bosrrrzky hatte an einer Aricia capsu- lifera des schwarzen Meeres und später zusammen mit Marıon? an der Arieia Oerstedi (Clap,) des Mittelmeeres vom dritten und vom fünften Segment ab auf den folgenden Segmenten je ein Paar Gehörkapseln gefunden, deren Zahl (drei oder fünf) nach den Arten, wie auch indi- viduell wechselte; die Gehörorgane tragenden Segmente besitzen Para- podien mit Borsten. Langersans? hat für diese Verhältnisse eine be- deutsame Erweiterung kennen gelehrt; nach seinen Beobachtungen steht bei Aricia acustica auf dem 8. bis 11. Segment ein Paar Gehörkapseln, welche Otolithen besitzen, die durch Flimmern auf der Innenwand der Gehörblase bewegt werden; »vor der Kapsel liegt ein kleines Grüb- chen in der Haut und es scheint, als münde ein feiner Gang hier aus, der die Kapsel mit dem umgebenden Medium verbindet«. Die Abbil- dung zeigt, dass die Segmente neben diesen Gehörkapseln Borsten 5 tragen. »Hinter den mit Ohren versehenen Segmenten hat jedes Segment # fast an derselben Stelle offene Wimpergrübchen ; es liegt nahe, in diesen ° Vorläufer oder Jugendstadien der Kapseln zu vermuthen.« A Aus dieser Zusammenstellung geht sicher hervor, dass das einge- ; stülpte Gehörorgan dem Borstensacke eines Parapodium nicht gleich zu setzen ist, da es neben einem solchen vorkommt; und hätte man bei tubikolen Anneliden etwa daran denken können, dass der neurale oder hämale Theil eines gesammten Parapodium unterdrückt und zu eine ä Otocyste umgewandelt sei, so weisen die Befunde der Aricia acustiea” solche Deutung ab, da hier beide Parapodialäste, der dorsale und ven- trale, neben den Otocysten bestehen. z Ist aber andererseits durch diese Verhältnisse, bei denen die Oto= cysten in segmentaler Vertheilung auftreten, ihr Zusammenhang mit Hr, 1 ED. CLAPAREDE, Les Ann&lides du Golfe de Naples. Supplement. 41870. p.152 0 2 A. F. Marıon et N. BosrErtzky, Annelides du Golfe de Marseille. Annales des sc. nat. Zoolog. Ser. 6. T. 1I. 4875. p. 68. ® a.a.0.p. 88. 4 u en un Et nn BETEN Die Gehörorgane der Arenicolen. 273 den Parapodien im Allgemeinen bewiesen, so entsteht die Frage, ob sie auf einen in den Kreis der parapodialen Bildungen gehörenden Bestand- theil aus der Seitenregion der Segmente zurückzuführen sind, oder ob die Otocysten Bildungen besonderer Art, »Neuerwerbungen« in diesem Kreise der Würmer sind. Da sie nun sensorielle Apparate sind, wie das aus ihrem Zusammenhange mit einem Nerven hervorgeht, der an einem Ursprunge eine Anhäufung von Ganglienzellen besitzt, so wird man ihre Beziehungen zu Sinnesapparaten im Bereiche der Parapodien, worauf ihre Stellung hinweist, zu suchen haben. Von den Sinnesapparaten, welche hier in Betracht kommen, schei- den die Seitenorgane, welche Eısıc ! von den Capitelliden beschrieben hat, und darauf zurückzuführende Apparate aus, da sie zwischen dem ventralen und dorsalen Bestandtheile eines Parapodium, im engsten Sinne auf der »Seitenlinie« gelegen sind; ihnen entsprechen vielleicht die fadenförmigen Papillen, welche bei Arenicola antillensis (Ltk.) unter- halb des dorsalen Ruderastes, vor und hinter dem oberen Ende der ‘Reihe der Hakenborsten stehen. Die Otocysten haben aber zum dor- salen Parapodium Beziehung, da sie bei Aricia über dessen Basis liegen. Eisıe hat die Seitenorgane der Capitelliden auf parapodiale Cirren zurückgeführt. Ob es dabei ganz zutreffend ist, den Cirrus an den Parapodien der Glycereen als einen intrapodialen aufzufassen und von ihm Organe der Seitenlinie mit ihrer Stellung zwischen dem ventralen und dorsalen Parapodium herzuleiten, ist mir zweifelhaft; ich halte, auch mit Rücksicht auf die Verhältnisse bei Goniada, diesen Cirrus der Glycerea für einen dorsalen oder suprapodialen. Gegen die Vorstellung aber, sensorielle Apparate von Cirrengestalt in solcher Weise, wie es | Eısıe thut, mit Sinnesapparaten, welche in Gruben des Integumentes aufgenommen werden, zu verbinden, ist wohl nichts einzuwenden. Und dann ist es zulässig, eine Otocrypte und Otocyste auf die Anlage eines dorsalen Cirrus und seine Umgebung an einem Parapodium zurückzu- beziehen. An der Herstellung der Grubenwand betheiligt sich dann die Körperwand auchmitihrendrüsigen Elementen. Dasszunächst Arenicola das Vermögen hat eirrenartige Bildungen über den Parapodien zu erzeu- gen, geht aus dem Besitz der Kiemen hervor, diemorphologisch unzweifel- haft auf Cirren oder deren Anlagen zurückgehen, und die neben der in erster Linie stehenden respiratorischen Funktion sich durch hohe Sensibilität auszeichnen; wenn an diesen Kiemen Sinneshärchen nicht vorhanden — ich habe wenigstens solche bislang hier nicht gesehen — 1 Eısıcs, Monographie der Capitelliden. p. 504. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LIU. Bd. Suppl. 48 I74 BE Bhlers, und sie daher zuspeeialisirten Sinnesapparaten nicht ausgestaltet sind, so fällt das wohl mit dem allgemeinen Verhalten des Integumentes dieser Würmer zusammen, welches bei hoher Empfindlichkeit keine Sinnes- härchen, und also wohl nur interepitheliale Nervenendigungen besitzt. Das kann gegenüber dem Umstande, dass auch im Gehörorgane der Würmer keine Endhärchen oder Stäbchen auf den Epithelien beobachtet wurden, von Bedeutung sein. Für die Frage, ob Gehörorgane von Anneliden und dorsale Cirren sich vertreten, die einen aus den anderen hervorgehen können, würde das Verhalten der Aricia von Entscheidung sein können, in so fern als das Nebeneinander beider Bildungen an demselben Segment die Frage verneinen würde. Leider haben alle Autoren, welche Ohren tragende Aricien, die ich bislang nicht erhalten konnte, beschrieben haben, ganz unzulängliche Schilderungen der Würmer gegeben; aus der Ab- bildung, welche Lanceruans von der Lage des Gehörorgans bei Aricia acustica giebt, scheint hervorzugehen, dass das Parapodium, über des- sen Basis die Gehörkapsel liegt, keinen als dorsalen Cirrus zu deuten- den Anhang trägt; auch Crararkoe’s Beschreibung seiner Aricia Oer- stedi, welche nach Marıon und Bosrerzky Otocysten besitzt, lässt Zweifel darüber bestehen, ob die Otocysten tragenden Segmente dorsale Cirren besitzen. | | Mit der Feststellung dieses Verhältnisses ist aber der Beantwor- tung der Frage näher zu kommen, ob die Otocysten aus umgewandelten Cirrenanlagen abzuleiten oder völlige Neubildungen sui generis sind. Im ersten Falle kann ihre Bildung gedacht werden, ohne dass es zur i Entwicklung von Parapodien kommt, da wir durch KLEINENBERG Wissen, dass die Cirren der Anneliden sich vor und unabhängig von den Bor- stensäcken anlegen und ausbilden. In einem solchen Falle würde das | auf eine Cirrusanlage zurückgehende Nervenendorgan das Ursprüng- liche, die Bildung der Grube, worin dieses aufgenommen wird, das 3 Sekundäre sein, und daraus würde sich weiter die Anschauung verthei- digen lassen, dass die indifferente Grube der Arenicola Claparedii (Lev.) nicht ein primitiver, sondern ein rückgebildeter Zustand sei, der aus” einer mit Fremdkörpern gefüllten Otocrypte, wie sie Arenicola marina” (L.) besitzt, hervorgegangen wäre; in beiden Fällen wäre der Entwick- lungsgang einer Hemmungsbildung zu vergleichen ; die reichere Aus- | rüstung des Kopflappens mit Sinnesapparaten hätte sich in Begleitung‘ | des Rückganges der Gehörorgane vollzogen. r j Dafür, dass die Annahme eines anderen selbständigen Ursprunges” | der Gehörorgane in Betracht kommen könnte, will ich auf die eigen thümlichen Borsten hinweisen, welche bei allen Eunieiden an der Basis L | Die Gehörorgane der Arenicolen. 275 des Rückencirrus in einer Einziehung des Integumentes eingeschlossen liegen. In der Regel bringt man diese Borsten mit der Rückbildung eines dorsalen Parapodium-Astes in Verbindung. Ich habe bereits an einem anderen Orte ! darauf hingewiesen, welche Schwierigkeiten dieser Auf- fassung aus dem Bau des Ruders der Staurocephaliden entgegentreten. Ließe sich nachweisen, dass diese borstenführende Einstülpung mit dem Nervensystem verbunden ist, so wäre damit die Möglichkeit ge- - geben, sie mit einer Otocrypte in Verbindung zu bringen und diese hier in selbständiger Weise oder als Theilstück eines Parapodium entstehen zu lassen. Plausibeler scheint mir aber zur Zeit die Vorstellung, die Otocysten von Cirrenanlagen abzuleiten. Das Auftreten mehrerer Otocysten an der Seitenfläche eines Segmentes, was bei Leptochone aesthetica nach CLAPArkDE vorkommt, beeinträchtigt eine solche Auffassung nicht, da ja auch Cirren einer und derselben Kategorie an den Parapodien in der Mehrzahl vorhanden sind, wie bei Amphinomiden. — Wenn die Oto- cysten aber an Stelle von Cirren treten sollten, so würde es sich er- klären, wesshalb im Kreise der so reich mit diesen Anhängen ausge- rüsteten vaganten Polychäten keine Otocysten vorhanden sind. Schreibt man diesen auf den einfachsten Stufen ihrer Gestaltung nur die Be- deutung zu, Organe für die Empfindung der Gleichgewichtslage zu sein, so könnte diese Aufgabe auch von den seitlich symmetrisch stehenden Cirren der vaganten Polychäten erfüllt werden, und diese hierfür stellvertretend eintreten. Dass aber bei der Mehrzahl der mit Otocysten ausgerüsteten se- dentären Polychäten diese Organe nur im Vordertheile des Körpers vorhanden sind, hängt sicher mit der allgemeinen Erscheinung zusam- men, dass bei diesen Würmern, in Verbindung mit der Lebensweise, das Vorderende des Körpers sensoriell reicher ausgestattet ist, als die hintere Körperstrecke. Sind nach dieser Auffassung die Otocysten der Anneliden als Appa- rate anzusehen, die ursprünglich der Parapodialfläche des Körpers und dann in segmentaler Verbreitung zukommen, oder welche auf dem ent- sprechende Organisationen zurückzuführen sind, so ergeben sich daraus auch Beziehungen zu Gehörorganen in anderen Thierkreisen. Doch ist hier nach dem Bau der Organe zu sondern. So scheiden die tympanalen Apparate der Arthropoden aus dieser Kategorie selbstverständlich aus. Es sind aber auch jene Bildungen 1 E. Euters, Florida-Anneliden. Memoirs of the Museum of comparative zoö- logy at Harvard College, Vol. XV. Cambridge 1887. p. 65. 18* 276 E. Ehlers, _ vorläufig als eigenartig zur Seite zu stellen, bei denen die Otolithen, die man danach als Cytostereome bezeichnen kann, in Zellen einge- schlossen, oder umgewandelte Zellen sind, oder Bestandtheile von Zellen, wie den Zellkern, enthalten. Hierher gehören die Gehörgruben und Gehörblasen der Medusen, welche mit Zellen versehen sind, die Hart- körper enthalten; sowie vielleicht die »Gehörblasen« der Turbellarien mit dem festliegenden Otolithen; auch die jüngst von Bürger ! erwähn- ten Gehörorgane im Nervensysteme der Nemertinen führe ich hier an, da deren Otolithen, wie Herr Dr. Bürger mir an seinen Präparaten zeigte, einen Zellkern besitzen; sowie ferner die Gehörblasen der Holothurien mit ihren zelligen »Binnenbläschen«. Ob auch der Sinneskörper am aboralen Pol der Gtenophoren hierher gehört, ist nicht klar, da die Bildung der Otolithen, die nach Caun ? eine eiweißartige Hülle besitzen, noch nicht sicher bekannt ist. Mıt dieser Zusammenfassung will ich aber nicht ausdrücken, als gehörten diese Einrichtungen physiologisch oder morphologisch zusammen, sondern nur hervorheben, dass sie von den Otoerypten und Otocysten im engeren Sinne zu trennen sind, welche aus Einstülpungen des Integumentes hervorgehen, autochthone, durch Sekretion gebildete, Otolithen — ich nenne sie Pectostereome — oder Fremdkörper enthalten und epitheliale oder interepitheliale Nervenen- digungen besitzen. Vorweg mag darauf hingewiesen sein, dass derartige Sinnesappa- rate bei den eudipleuren Thieren in der Seitenfläche des Körpers be- sonders geeignet erscheinen, die Gleichgewichtslage des Körpers zu kontrolliren, und dass bei langgestreckten, sehr beweglichen Thieren ihre Mehrzahl und metamere Vertheilung dann vortheilhaft erscheinen kann, wenn die einzelnen Segmente in der Gesammtorganisation eine gewisse Selbständigkeit besitzen. Dass man von ihnen mit der Annahme eines Funktionswechsels, der nicht einmal ein vollständiger zu sein braucht, © auf die Anschauung von der Umbildung zu auditiven Apparaten ge- langen kann, scheint einleuchtend. Davon ausgehend kann man die nach dem Typus der Otoerypte und Otocyste gebauten Gehörorgane der Arthropoden, Mollusken und Verte- braten gemeinsam auffassen. Für die Arthropoden kommen hier nur die Crustaceen in Betracht, bei denen die in die Basaltheile der Segmentanhänge gelagerten Oto- erypten und Otocysten dem Verhalten, welches die Gliederwürmer 1 O0. Bürgkr, Vorläufige Mittheilungen über Untersuchungen an Nemertinen des Golfes von Neapel. Nachrichten von der kgl. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göt- tingen. 4894. Nr. 9. p. 287. ? Caus, Die Ctenophoren des Golfes von Neapel. 1880. p. 113, 465. A k Die Gehörorgane der Arenicolen, 277 zeigen, nicht nur desshalb nahe kommen, weil die Extremitäten, welche die Gehörorgane tragen, auf die Seitenfläche des Körpers zu beziehen sind, sondern auch desshalb, weil die Gehörorgane hier noch am hin- teren und vorderen Ende des Körpers auftreten und damit auf eine ur- sprünglich weitere, wohl metamere Vertheilung am Körper hindeuten ; das Auftreten der Crista acustica spricht für ihre auditive Funktion; ob die offenen Fremdkörper führenden Otocrypten einen primitiven oder rückgebildeten Zustand darstellen, lasse ich unerörtert. Nicht so leicht lassen sich die Gehörorgane der Mollusken von hier aus deuten. Dass sie in allen Abtheilungen des Molluskenstammes trotz ungleicher Lage und Ausrüstung gleichwerthig sind, wird wohl nicht beanstandet; und dass die Otocysten, so weit ihre Entwicklung bekannt ist, Vorläufer in Otocrypten gehabt haben, ja dass offene mit Sandkör- nern gefüllte Otoerypten bei niedrig gestellten Lamellibranchiaten (Nueuliden) vorhanden sind, spricht für die Annahme, dass sie alle dem weiteren hier vereinigten Kreise angehören. In vielen Fällen ist dann ihre Ausbildung eine solche, dass man nach dem Besitz von Sin- neshärchen an auditive Apparate denken muss. -Dass die Gehörorgane, so weit bis jetzt bekannt, bei allen Mollus- ken nur in einem Paar vorhanden sind, hat für die Thiere, welche dem »kurzen gedrungenen Typus« angehören, nichts Überraschendes. Er- heblichere Schwierigkeiten, diese Gehörorgane mit denen der Anne- liden zusammenzustellen, bereitet der Umstand, dass sie in vielen Fällen vom Oberschlundganglion innervirt werden, ein Verhalten, was dann um so eigenthümlicher erscheint, wenn die Organe dabei völlig ven- trale Lagerung besitzen. Diese Schwierigkeit wird gehoben, wenn man der zuletzt von Tuısre?! geäußerten Auffassung beitritt, dass die Oto- cysten der Mollusken ventral gelegene Sinnesorgane seien, deren pri- mitive Nervencentren die Pleuralganglien wären. Diese Pleural- ganglien werden als Differenzirungen aus den Bauchsträngen, diese aber als das Homologon des Bauchmarkes der Anneliden aufgefasst. Ja, die Innervation der nach außen geöffneten Otocrypten bei den Nucu- liden kann vielleicht nach Angaben von PELsenger ? unmittelbar vom Pedalganglion aus erfolgen, ist wenigstens darauf hin noch einmal zu prüfen. Der Nerv der Otocysten entspringt nahe dem pedalen Ganglion aus dem gemeinsamen Stamm der cerebro- und pleuropedalen Con- nective, die in dieser Verbindung sehr an die Schlundringconnective 1 TuıeLe, Beiträge zur Kenntnis der Mollusken. Diese Zeitschr. Bd. LIIl. p. 587. 2 PAUL PELSENEER, Contribution A l’etude des Lamellibranches. Archives de Biologie. T. XI. p. 158f. und Pl. VIII, Fig. G (Leda), 978 E, Ehlers, der Anneliden erinnern, welche Otocysten und Otocrypten inner- viren, sicher aber dem Bauchmarke zuzurechnen sind. — Jene Fälle, in denen die Innervation des Gehörorgans vom Oberschlundganglion ab erfolgt, sind dann vielleicht später erworbene Zustände, bei denen Nervencentren auf den Bahnen der Connective aus den pedalen oder pleuralen Ganglien in die cerebralen verschoben sind; solche Um- lagerungsvorgänge im Nervensystem der Mollusken nimmt dessen mor- phologische Betrachtung ja mehrfach an. Danach wären die primitiven Lagerungsverhältnisse der Otocysten bei den Mollusken auf jene zu be- ziehen, die sich bei den gegliederten Würmern finden, und ihre Be- ziehungen zu einander würden noch klarer sein, wenn man mit Sicher- heit die Bestandtheile der pleuralen Ganglien mit nervösen Bezirken, welche der Seitenfläche des Wurmkörpers entsprechen, in Verbindung bringen darf. — Da, wo Dysdipleurie den Molluskenkörper beherrscht, sind, so viel ich weiß, die Otocysten im Gegensatz zu den Osphradien davon nicht berührt; es wäre das für Organe der Gleichgewichtslage von besonderer Bedeutung, wenn nicht die Hauptcentren des Nervensystems der Mollusken dem Einfluss dieser Umgestaltung überhaupt entzogen blieben; die tiefe Lagerung der Otocysten mag auf einen Einfluss der Dysdipleurie zurückgehen, wenn sie nicht, wie bei den eudipleuren Pelekypoden durch die besondere Gestaltung des Fußes veranlasst wird. Für die Gehörorgane der Wirbelthiere, welche alle auf Otocrypten zurückgehen und nur in seltenen Fällen als solche verharren, dann aber nicht Fremdkörper sondern selbst erzeugte Otolithen besitzen, hat früher schon Mayser' auf deren verwandtschaftliche Beziehungen zu den Organen der Seitenlinie der Ichthyopsiden hingewiesen, beson- ders mit Rücksicht auf die Verbindung der Nerven, welche das Gehör- organ und die Seitenorgane versorgen. Neuerdings haben P. und F. Sırssın? aus der Kopfhaut von Larven der Ichthyophis Nervenend- apparate als »Nebenohren« beschrieben, welche in den Kreis der Organe der Seitenlinie einzubeziehen sind. Ich habe zur Stütze dieser Auf- i fassungen Neues nicht vorzubringen, und beschränke mich hier darauf, auf sie im Zusammenhang mit den geschilderten Verhältnissen hinzu- weisen. Es würde nach dieser Auffassuug auch hier das Gehörorgan auf Sinnesorgane der Seitenfläche des Körpers zurückzuführen sein. © Diese möchten dann aber in ihrem jetzigen Verhalten bei Ichtbyopsi- 1 ı P.Mayser, Vergleichend-anatomische Studien über das Gehirn der Knochen- Ä fische. Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. 4882. p. 3091. 2 P. und F. Sarasın, Einige Punkte aus der Entwicklungsgeschichte von Ich- ’ | thyophis glutinosus. Zool. Anz. X. 1887. Nr. 248. p. 494. Ergebnisse naturwiss, Forschungen auf Ceylon. Bd. II. 2. Heft. 1887. p. 46. | Die Gehörorgane der Arenicolen. 249 den dureh Sonderentwicklung gleichfalls von ihrem anfänglichen Ver- halten aus weiter ausgebildet und umgewandelt sein. In solcher Zusammenfassung sind Otocrypten und Otocysten der Anneliden, Arthropoden, Mollusken und Vertebraten zusammengestellt, zunächst nach der gleichförmigen Bildung, mit welcher sie auf nervöse Endapparate zurückgehen, die an taschenförmige Einziehungen des ektodermalen Epithels mit freiliegenden Hartgebilden gebunden sind, ganz abgesehen von der Thätigkeit, welche die Wahrnehmung der Gleichgewichtslage oder der Gehörempfindung oder beide zusammen vermitteln kann. Sie alle aber gehen auf Organe oder deren Anlagen zurück, welche den Seitenflächen des Rumpftheiles des Körpers ange- hören und hier in eudipleurer Lage auftreten. Ihre Beschränkung auf den Vordertheil des Körpers oder auf einen Kopfabschnitt gehört einem späteren Vorgange an. Diese eudipleure Lagerung weist auf die Beziehung der Apparate zur Empfindung der Gleichgewichtslage hin, und diese ist wohl die ursprüngliche Funktion der Otolithen führenden Organe, mit welcher die akustische Sinneswahrnehmung sich verknüpft. Dann erscheint es verständlich, warum die Stellung dieser Apparate zum Körper auf bestimmte Regionen in symmetrischer Lage beschränkt ist, und nicht in gleicher Weise wechselt, wie das für die lichtempfindenden Apparate zulässig ist, die wie die Seitenaugen des Polyophthalmus, die Schwanzaugen der mit dem Hinterende vorankriechenden Fabricien und ihrer Verwandten, die Tentakelaugen der Serpuliden, oder die Mantelrandaugen der Muscheln und die Rückenaugen der Onchidien und Chitoniden sich an allen Theilen der Körperoberfläche entwickeln, die dem Reiz erzeugenden Lichte zugängig sind. Ausschließlich akusti- sche Apparate ließen sich in gleicher Weise auf die gesammte innervirte Körperoberfläche zurückführen, Apparate für die Empfindung der Gleichgewichtslage wird man in Beziehung zu den Symmetrieverhält- nissen des Körpers bringen. Dagegen istüber dieHomologien dieser zusammengestellten Sinnes- apparate mit äquilibristischer oder akustischer Bedeutung zu einander und mit anderen Sinnesapparaten, welche gleichfalls von der Seiten- fläche des Körpers erzeugt werden, ein abschließendes Urtheil noch nicht zu fällen; vor Allem berechtigt noch nichts zu dem Schluss, dass es sich hier um homogenetische Homologien handeln müsse. Wohl mag man die Vorstellung gelten lassen, dass ein Integument, wie das der Arenicola, auf welchem vielleicht in Anpassung an die Lebensweise keine freien Sinneshärchen stehen, eine Otocrypte oder Otocyste ohne specifische Hörhärchen entwickelt, die doch homolog ist einer an glei- chem Orte eines anderen Wurmkörpers entstandenen Hörblase, welche I80 E. Ehlers, eine Macula acustica besitzt, da das allgemeine Integument, aus wel- chem sie hervorgeht Sinneshärchen trägt; und man mag das erweitern, indem man bei solchen Spekulationen auf Vorläufer der zum Vergleich gestellten Thiere und ihre Organe zurückgreift. So mag das eine Organ als »Statocyste«, das andere auch als »Otocyste« funktioniren. Allein es ist durchaus nicht ausgeschlossen, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Organe um Homoeoplasien handelt. Homoeo- plastische Vorgänge können in den verschiedenen Stämmen der ge- nannten Thiere von gleichen Bezirken der Seitenfläche aus zur Bildung von Otocysten geführt haben, wie auch die Vorstellung nicht abzu- weisen ist, dass ungleiche Bezirke der innervirten Epithelschicht Aus- gangspunkte für die Bildung der Apparate gewesen sein mögen, mit welchen die Organe für die Wahrnehmung der Gleichgewichtslage wie für Gehörempfindung sich entwickelt haben. Es ist a priori nicht ab- zuweisen, dass von den Organen der Seitenlinie mit intraparapodialer Lage solche Organe sich entwickeln konnten wie aus Nervenendappa- raten, die wie Cirren an den Parapodien der Anneliden am ventralen oder dorsalen Rande der Seitenfläche standen. Hier liegt noch ein großes Feld für Erforschung der thatsächlichen Verhältnisse vor uns, ehe die Spekulation sicher begründete Anschau- ungen aufstellen kann. Göttingen, im Januar 1892. Erklärung der Abbildungen. Tafel XI. Fig. 4. Vordere Körperstrecke der Arenicola marina (L.) in Seitenlage, der Kopflappen ausgestreckt; bei O der Eingang in das Gehörorgan. Vergr. 6. Fig. 2. Das Vorderende desselben Thieres. Ventralansicht. Vergr. 6. Fig. 3. Kopflappen und Rüsseleingang desselben Thieres, von vorn gesehen. Vergr. 6. Fig. 4. Das Buccal- und erste borstentragende Segment neben der ventralen Mittellinie aufgeschnitten und ausgebreitet, nachdem das muskulöse Diaphragma (Dph) durchschnitten und der Vorderdarm nach vorn aus der Leibeshöhle heraus- geschlagen ist; von einem Wurme, der in erschlafftem Zustande in Weingeist kon- servirt ist.” Die Gehörorgane (Ot) zeigen sich rechts und links neben dem durch die Muskulatur durchscheinenden Gehirn (C) als weiße Flecken in dem queren ° Muskelbande, welches von der Ventralfläche zum Hirn zieht. N, Bauchmark; R, Rüssel; Imd, dorsale Medianlinie; Ipd und I!pv, dorsale und ventrale Parapodial- 4 | linie. Vergr. 4, Fig. 5, 6, 7. Drei in Abständen auf einander folgende Schnitte aus einer Reihe von Querschnitten, welche fast rechtwinkelig zur Längsachse des Körpers a ae a u Die Gehörorgane der Arenicolen. 281 stehen, so dass die linke Seite des Schnittes etwas weiter nach vorn als die rechte liegt. Das zum Schneiden verwendete Thier war mit einer 20/yigen Lösung von . doppeltchromsaurem Kali und Weingeist gehärtet; die einzelnen Gewebsmassen sind in Folge dessen in lockerer Verbindung, für histologische Zwecke unbrauch- . bar. C, Kopflappen und Gehirn; Cn, Schlundringconnective, Ot, Gehörorgan; Mc, ringförmige, MI, längslaufende, Mtr, querlaufende Muskulatur, theils zur Unter- fläche des Hirns, theils in die Rüsselwand; G, Gefäße. Vergr. 10. Fig. 5. Der Kopflappen, welcher dorsoventral hinter der Vorderfläche ge- schnitten ist, liegt eingezogen in der Grube der vorderen Körperstrecke, welche abwärts in die Rüsselmündung führt. Von den Gehörorganen jederseits ist der Hals getroffen, links weiter nach vorn, wo er breiter ist, rechts nahe am Übergang zur Endblase, daher die ungleiche Form und Größe der Lichtung; sie liegen nach innen von der Ringmuskulatur, nach außen von der Längsmuskulatur. Die Con- nective des Schlundringes ziehen unter ihnen vorbei. Fig. 6. Die Gehörorgane sind am Ende des Blasenhalses getroffen, so dass der Schnitt durch die Wand des Grundes der Blase geht; sie liegen hier einwärts von der Ringmuskulatur; die oberen Enden der Schlundringconnective treten an die Unterfläche des Kopflappens. Fig. 7. Die Gehörorgane sind im Blasentheile getroffen, welcher zwischen den zur Unterfläche des Hirns ziehenden queren Muskelfasern liegt, links ist die Ein- mündung des Halses in die Blase geschnitten. Die Enden der Schlundringconnec- tive treten an die Unterfläche des vorderen Hirntheiles. Fig. 8, 9, 10, 41, 42, Schnitte aus einer Reihe von transversalen Längs- schnitten durch das vordere Körperende, welche in Abständen von einander aus der dorsalen Region gegen die ventrale folgen; die Ebene der Schnitte steht nicht ganz rechtwinkelig zur Medianebene, die rechte Hälfte der Schnitte liegt etwas höher als die linke. In Fig. 8, 9, 44, 42 ist, um Platz zu sparen, nur das Vor- derende mit Kopflappen, Nacken- und Gehörorgan gezeichnet. Der Wurm war mit Chromessigsäure getödtet, mit Alkohol völlig gehärtet, die Gewebe sind daher dicht; Färbung mit GrENACHERs Karmin. Vergr. 43—A4, C, Gehirn und Kopf- lappen; Cn, Schlundringconnective; Cer, (Gephalocrypten) Nackenorgan; Ot, (Oto- erypte) Gehörorgan , Mc, ringförmige, MI, längslaufende Muskulatur der Körper- wand; Mir, quer zum Hirn ziehende Muskelfasern; Dph, muskulöses Diaphragma; R, Rüssel; Ne, Ringnerven; G, Gefäße. Fig. 8. Der Schnitt trifft den Kopflappen, welcher allseitig von der Körper- wand umschlossen ist, in seinem höchsten Theile; im hinteren Abschnitte die bei- den aufsteigenden Fortsätze des Hirns, welche die jederseits liegenden, durch hohes Epithel gekennzeichneten Nackenorgane innerviren. Fig. 9. Die den Kopflappen einschließende Höhlung ist nach vorn spaltförmig geöffnet; in sie münden die hier schmalen Nackenorgane; im hinteren Abschnitt des Kopflappens die getrennten Fortsätze des Hirns. Auf der rechten Hälfte hat der Schnitt den oberen Theil des Halses vom Gehörorgan getroffen, Fig. 10. Im Raume des ersten Segmentes liegt der unregelmäßig gefaltete und verschobene Rüssel, an welchen sich das muskulöse Diaphragma anheftet; hinter diesem die Übergangsstrecke zum Darm ; an der Körperwand die Ring- und Längs- muskulatur, und auf dem Scheitel der einspringenden Ringfurchen, welche Seg- mente und Ringel trennen, die Durchschnitte der Ringnerven. Vorn liegt der Kopf- lappen in der hier weit offenen Einziehung, in seinem Inneren das Hirn rechts und links die weiten, aber mit spaltförmiger Mündung sich öffnenden Nackenorgane; 382 E. Ehlers, dahinter der quere Muskel. Auf der rechten Hälfte ist das Gehörorgan so der Länge nach getroffen, dass die zusammenhängenden Lichtungen des Halses und der Blase vorliegen; links ist auf gleicher Höhe der Eingang in das Gehörorgan getrofien. Fig. 44. Der Kopflappen mit dem zweitheiligen Hirn liegt fast ganz frei, die neben ihm stehenden Nackenorgane sind flacher geworden, aber noch durch das hohe Epithel gekennzeichnet; die Gehörorgane sind jederseits in den Schnitt gefallen. Fig. 12. Die Nackenorgane sind neben dem flachen freien Kopflappen verstri- chen; in ihn hinein treten die Connective des Schlundringes; rechts ist der untere Theil des Einganges in das Gehörorgan, links dieses noch ganz getroffen. Tafel XII. Fig. 13. Die innere Fläche der flach ausgebreiteten Körperwand der ersten Segmente von Arenicola marina nach Entfernung der Muskulatur. In der ventralen Mittellinie das Bauchmark mit den symmetrisch rechts und links abgehenden Ring- nerven (Nc) im Buccalsegment sich theilend zu den Schlundringceonnectiven (On), von denen in gleicher Weise ringförmig laufende Nerven abgehen, das linke Con- .nectiv tritt auf die untere Fläche des Hirns (C), das rechte ist von diesem abge- schnitten. Nach außen von den Connectiven liegen die zapfenförmig einspringenden Gehörorgane (0); in den beiden letzten Segmenten springen die Borstensäcke der dorsalen Parapodien (Pr) vor. Vergr. etwa 5. Fig. 44. Die Gehörorgane in ihrer Stellung zu den Schlundringconnectiven und dem Gehirn, freigelegt durch Fortnahme der Muskeln von der Körper- und Rüssel- wand. C, Gehirn ; Cn, Schlundringconnective; N, Bauchmark; von beiden ent- springen ringförmig laufende Nerven; O, Gehörorgane, an der linken Seite tritt vom CGonnectiv ein Nervenzweig hinan; R, der durchschnittene Rüssel. Vergr. etwa 8. Fig. 45. Das der Länge nach durchschnittene Gehörorgan von der rechten Hälfte des in Fig. 10 abgebildeten Schnittes. Im Halse (#) des Organs ändert sich, je weiter nach innen, um so mehr das Aussehen des Epithels durch Schwinden der pigmentirten Sekrele, quere Falten treten auf der inneren Strecke hervor; im Hohlraum der Blase (Bl) liegen einzelne Gehörsteine (Oil); N, Nervenschicht; E, Epithel; Mc, Ring-, MI, Längs-, Mt, Quermuskel; G, Gefäße. Vergr. 100. h Fig. 16. Querschnitt durch Blase (Bl) und Endtheil des Halses (H) vom Ge- 3 hörorgan, beide sind von Nervengewebe (N) umgeben, welches nach außen von 4 einer Haut (Mbr) mit aufgelagerten Kernen bedeckt wird. Der Hals hat hier ein E enges queres Lumen; seine Epithelien, deren Kerne scheinbar, weil der Schnitt schräg gefallen ist, geschichtet liegen, tragen im größten Theile des Umfanges von 4 | Hämatoxylin dunkel gefärbte Sekretmassen ; die Linie über den hellen Epithelien kennzeichnet die Grenze der kurzen zusammengeflossenen Wimperhaare. In der # Blasenwand fehlen auf diesem Schnitt drüsige Einlagerungen im Epithel, die sich auf den Nachbarschnitten finden; einzelne Gehörsteine liegen im Hohlraum der” ' Blase. Sublimat-Alkohol. Euricn’s Hämatoxylin. Vergr. 274. E! Fig. 47. Ein Stück aus der Blasenwand des Gehörorgans. (, Cuticula, am #8 oberen Ende ein abgehobener Fetzen, welcher als feine netzförmige Zeichnung die) durch die Enden der Epithelien hervorgerufene Felderung zeigt; E, die Epithel schicht mit der feinen Punktirung eines feinkörnigen gelben Pigmentes zwische K Cuticula und Kernregion; die dunkleren gegen die Cuticula ziehenden Linien ent- sprechen Kanten einzelner Zellen; bei & sind zwei Zellen mit den basalen Ausläu- fern aus ihrer normalen Lage gebracht; N, das Nervengewebe mit seinem Netz- | ii 2 N Die Gehörorgane der Arenicolen. 283 werk und Körnern, durchsetzt von den Ausläufern der Epithelzellen. Heiße Subli- matlösung. Alkohol. GRENACHERS Karmin. Vergr. 523. Fig. 48. Die cuticulare Wand der Blase des Gehörorgans mit den darin enthaltenen Gehörsteinen und einzelnen außen anhängenden Epithelfetzen; das Gehörorgan war in 30/giger Lösung von doppeltchromsauren Kali gehärtet und in Pikrokarminlösung macerirt. Vergr. 240. Fig. 419. Die cuticulare Auskleidung des Halses und der Blase vom Gehörorgan, in dieser Gehörsteine. Durch Maceration wie bei Fig. 18 isolirt. Vergr. 100. Fig. 20. Isolirte’Zellen aus dem Epithel des Gehörorgans. Macerationspräparat wie in Fig. 48. a, Zellen aus der oberen Strecke des Halses; 5 und c, Zellen von der Blasenwand; d, Zelle ebendaher, mit einem Kern der Nervenschicht durch einen randständigen Ausläufer verbunden. Verg. 4500. W. Immersion D und Oc. 4 und homogene Immersion 4/20, Oc. 2. Tafel XII. Fig. 24. Vorderende von Arenicola Claparedii in Seitenlage, der Rüssel (R) etwas vorgeschoben. C, Kopflappen; Gr, Eingang zur Grube an Stelle des Gehör- organs. Vergr. 7. Fig. 22. Dasselbe von vorn gesehen. Figurenbezeichnung wie in Fig. 21. Vergr. 7. Fig. 23—28. Sechs Schnitte aus einer Reihe von transversalen Längsschnitten durch das vordere Körperende von Arenicola Claparedii (Lev.). In Fig. 24 ist ein größerer Abschnitt gezeichnet, in den übrigen Figuren nur die vorderste Strecke; die Schnitte folgen in der Reihe der Nummern von der Rücken- zur Bauchfläche. Härtung mit Sublimat, Hämatoxylin. Vergr. 47,5. C, Kopflappen und Gehirn; Cer, Nackenorgan ; Gr, Grube an Stelle des Gehörorgans; Dph, Diaphragma; @, Ge- fäße; Prp, Borstensack des dorsalen Parapodium. Die Muskelschichten sind, weil leicht verständlich, nicht besonders bezeichnet. 5 Fig. 23. Der in zwei schlanke Zipfel auslaufende Kopflappen zeigt im Inneren die zu den Nackenorganen aufsteigenden Nerven; rechts und links von ihm die von hohem Epithel ausgekleideten Nackenorgane, welche hier sich nach außen öffnen. Fig. 24. Der Kopflappen im Inneren mit den langen hier schon nach außen geschlossenen Nackenorganen. Fig. 25. Im Kopflappen das Hirn ; daneben die hinteren Theile der Nacken- organe; seitlich vom Kopflappen die an Stelle des Gehörorgans liegenden Gruben; auf der rechten etwas höher getroffenen Hälfte ist ein oberer ringsgeschlossener Blindsack der Grube, links die Grube mit der Eingangsöffnung. Fig. 26 und 27. Kopflappen mit dem nun breiten Hirn; die punktirten Flecke zu seiner Seite entsprechen Durchschnitten durch die untere Wand der Nacken- organe; rechts und links die weit offenen Gruben an Stelle der Gehörorgane. Fig. 28. Der Kopflappen mit den eintretenden Enden der Schlundconnective; die Gruben sind verstrichen. Fig. 29. Das Vorderende der Arenicola Claparedii (Lev.)aufgeschnitten und aus- gebreitet wie in Fig.4. R, Rüssel ; Dph, Diaphragma ; Mtr, Quermuskel zur Unterseite des durchscheinenden Hirns (C) auf einer einspringenden Falte ziehend. Vergr. 40. Fig. 30. Vorderende von Arenicola antillensis (Ltk.) vom Rücken und vorn her gesehen. C, Kopflappen; Cer, Nackenorgan; R, Rüssel. Vergr. 6. Fig. 34. Vorderende von Arenicola antillensis (Ltk.) aufgeschnitten und aus- gebreitet wie in Fig. 29. — Die Gehörblasen liegen im hinteren Rande des queren 284 | E. Ehiers, Muskels, ein längslaufendes Muskelband, aus der longitudinalen Muskelschicht stammend, tritt an sie hinan. R, Rüssel; Dph, Diaphragma; G, Gefäße; Mtr, Quer- muskel; MI, Längsmuskel; Ot, Gehörblase. Vergr. 4. | Fig. 32. Die rechte in Fig. 34 abgebildete Gehörblase herausgelöst und in Glycerin aufgehellt; sie besitzt einen kugeligen Otolithen. N, Nerv; Mir, aus dem Quermuskel; MI, Ansatz des von hinten kommenden Längsmuskelbandes. Vergr. etwa 70. Fig. 33. Rück icht 18 BORN. von Arenicola Grubii (Clprd.). AR, Rüssel; C, Kopf- Fig. 34. Seit icht 18 an lappen; Cer, Nackenorgane. Vergr. 7 Fig. 35. Bauchansicht Fig. 36. Vorderende von Arenicola Grubii (Clprd.) aufgeschnitten und ausge- breitet wie in Fig. 31. Die Gehörblasen sind vom längs- und querlaufenden Mus- kel ganz bedeckt, schimmern aber durch ihn hindurch, zwischen und vor ihnen liegt das verdeckte Hirn. Dph, Diaphragma; R, Rüssel ; O, Gehörblasen; Mtr, Quer- # muskel ; Mi, Längsmuskel. Vergr. 45. Fig. 37. Die Otocyste von Arenicola Grubii (Clprd.) im Längsschnitt. Im Inneren der geschlossenen Blase zahlreiche Otolithen; das Epithel nach den Kernen scheinbar geschichtet, der Schnitt liegt nicht in einer Ebene der Zellen; auf der Innenfläche die Cuticula, nach außen vom Epithel die netzförmige Nervenschicht, umschlossen von der inneren kernhaltigen Membran; diese ist bei N; durchbrochen i und hier tritt die subepitheliale Nervenschicht mit dem Gewebe des herantretenden Nerven in Verbindung. M, Muskelfasern. Vergr. 240. Tafel XIV. Fig. 38, 39. Zwei Schnitte aus einer Reihe von dorsoventralen Längsschnitten ° parallel zur Medianebene von Arenicola Grubii (Clprd.). Sublimat. BoEHmEr’s Häma- 2 toxylin. Vergr. 25. u Fig. 38. Schnitt hart neben der Medianebene; C, der flache Kopflappen mit 4 dem Hirn und dem dahinter gelegenen Nerven zum Nackenorgan Cer; R, Rüssel; | D, Darm; N, Bauchmark. 2 Fig. 39. Dorsaler Theil eines dem in Fig. 38 abgebildeten parallelen Schnittes, | um acht Schnitte seitwärts entfernt. C, Kopflappen mit Hirn; Cer, Nackenorgan a O, Gehörorgan; R, Rüssel. | Fig. 40, 44, 42, 43. Schnitte aus einer Reihe von transversalen Längsschnitten, welche vom Rücken gegen den Bauch geht; in dieser Reihe ist der in Fig. 43 ab- gebildete der tiefste, der 80. Schnitt vom Rücken her noch über dem Rüsseleingang, | der in Fig. 42 der 53., in Fig. 41 der 46. und in Fig. 40 der 39. Von den letzten ist | nur das hier Bedeutung habende Vorderende abgebildet. C, Kopflappen mit Gehirn 4 Cer, Nackenorgane;, O,Otocysten; R, Rüssel; Dph, Diaphragma, Sublimat. Alkohol, = Dahlia. Vergr. 25. f Fig. 40. Der horizontale Schnitt geht vorn nur durch den Kopflappen, i in wel- chem das Gehirn und die zu den Nackenorganen Ccr gehenden Ausläufer getroffen sind. Fig. 44. Der Schnitt hat die oberste Wölbung der vor dem Kopflappen liegen den Strecke, die hier durch eine tiefe Furche von ihm getrennt ist, getroffen; das Gehirn erscheint als breites Querband. Im Grunde der Nackenorgane stehen die hohen Wülste mit sehr langem Sinnesepithel. Fig. 42. Der vor dem Kopflappen liegende Ring ist da getroffen, wo er in der Tiefe der hinter ihm liegenden Querfurche mit dem Kopflappen zusammenhängt; im Die Gehörorgane der Arenicolen. 285 Kopflappen sind die Seitentheile des spangenförmigen Hirnes geschnitten; dahinter die Nackenorgane. Fig. 43. Die Strecke bis zum ersten borstentragenden Segment; sie enthält vorn die gefaltete Wand des Rüssels und dahinter die Übergangsstrecke des Darmes; der Schnitt fällt meist noch etwas höher als die Darmlichtung, daher fehlt auch noch der Zusammenhang des Rüssels mit seiner Eingangsöffnung;, vorn sind die warzigen Höcker auf dessen Wand getroffen ; bei € die Übergänge des Hirns zu den Schlundringconnectiven; dahinter die Nackenorgane (Cer) und weiter nach hinten, nach innen von der Ringmuskulatur und umschlossen von Längsmuskeln jederseits die Gehörblase. Fig. 44. Ein Querschnitt durch den Vorderkörper der Arenicola Grubii (Clprd.) auf der hinteren Grenze des Kopflappens am Eingang in die Nackenorgane, Die Schnittebene steht nicht genau rechtwinklig auf der Medianebene; die linke Hälfte des Schnittes liegt etwas weiter nach vorn als die rechte, daher stammt die Un- gleichheit der beiden Hälften. In der Mitte des dorsalen Umfanges liegt das Polster des Kopflappens mit den Ausläufern des Hirns; rechts davon ist der. seitliche Ein- gang in das Nackenorgan gestreift, links ist die taschenförmige Einsenkung des Nackenorgans geschnitten (Cer). Auf der rechten Seite ist die allseitig von Muskeln umfasste Gehörblase mit dem Haufen der Otolithen (OÖ) getroffen. In der unteren Hälfte des Schnittes liegt jederseits das der Länge nach getroffene Connectiv (Cn), welches an seiner oberen Streke hier einen Belag von Ganglienzellen trägt. Der in regelmäßige Längsfalten gelegte Rüssel (R) ist von dem aufsteigenden Diaphragma mantelartig umfasst. — Sublimat, GrENACHER’S Karmin. Vergr. 50. Fig, 45, 46, 47, 48. Aus vier von hinten nach vorn in Abständen auf einander folgenden Schnitten, aus derselben Schnittreihe, aus welcher Fig. 44 genommen ist, um die Gestalt des flachen Hirns (C) und dessen spangenförmige Verbindung mit den Schlundringconnectiven zu zeigen. Diese Theile sind in die Kontouren der Körperwand mit einfacher Tonlage eingetragen. Vergr. 50. ur Neo fi e “ri ne n N I. : i Mer: ' er: \ h ' m RN D 5 schstr | i izsch TR. loch del Jith, Anst.vWerner aWimtex Frankfurt ZU — Zeitschröfl Swiss. Zoologie. Bd. LIT. Suppl. x > Herlaz wiilk Engelnare, Leipzig IA. Loch dei ‚th. Anst, wWerner 8 Winter, Frankfurt 2. x i 3 i \ izsch chen 10. i \ | chen izseh esc cch ür :. = Er Taf I. Zeitschrift F wıs Zeitschrift Swiss. Zoologie. Baal. Suppl. = Taf Hr. et ZzSch nschstr \ izsch azsch Ik Anst vWerner Winden Frankfurt Verla, Zeitschrift f wiss Zoologie Ba.LUT Suppl. RE . = ARE 5 # k IT TUE. Na Eh ie) ug ER \r 1. Do I 7,3 x ef 38 N 4 PR 4 aß IR DRIR dR cR i ei Jh, Anst.v Werner &Winter rankfart®M. einzig. Ing, F1g.3 Pfeffer del. J A Ta ) Engelmann, ) Verl.wWilk. fo Big 12,4 5 Du ur 9% © | | a PR 2 de c a Zoologie Bd. LAL, Suppl. 9,0. NEE gi ® RER 7 Zeitschrift F wiss. Zoologie Bd. LIT. Suppl — f } a N. \ FAT Pie 8 Bee DELETE Verlag wMih Engelmann Luipzig da - »y HR NE var 0 EX foL { 1 \ ge a < = AN F ; \ Sn B 3 a} r \ E Rn 5 { * \ [* Y Ir, " ; y N B e Hans E ya = . 2 N g N % f \ 1 i | ö y x Y na [8 Bl ir % x ” 12 N ! fl y Zeitschrift [- wiss. Zoologie Bd. Lil. Suppl. In oa Verlag wMilh, Engelmann, leipzig re i E nn ; Ä f 4 B = i IS 2 x j ' Bir \ : men i . . E J 2 = 5 \ } \ i R = “| x } | { \ a r r er ü R sr En rg x { : | 5 % 2 , f \ ‘ \ \ ' * B) ; Er / mx md ol \ N el FE ty ar Er Verden er ererien —_ - . Lrehtdruck A.Frisch, Berlin. = Qn Zeitschrift £ wiss. Zoologie Bd. LT. Suppl. NETZ N ÜaanaenmN! SAUNA \ Nine rtinieedE, RN geu\t li UST | "Forlag shi Engelmwm ng | Taf mx md ol I a |. En 1 el Liehtdruck A.Fisch,2 erlin. u — rn VerlagaW erlaga WER. Engel Z JEWEOR. Engelmann, Lzipzll Zertschn ft £ m155. Zvol.D Taf 7. z x 7 e) Fo bt Tr — — > JS | r»\ ih Anst.vE. A Funke, Leipzio ++ Wiedershemm fec, Erg. /d \ ++ zu| 1 hankretv LA Funde Leipzig iwlaq \ Wilh.Engelmann in Leipzu Zeitschrilt Fwiss.2 ET Ten . i 3 1 Ei N 2 Funke, Talschrll Frutss.Zoal. Bd. Lil Suppl. Taf Vll. Lqt UhdenehiFablapeg Taf. VI. Zeitschrift f wiss.Zool.Ba.IlIT. 5 p a SF Fa LihAnstv.EAFurke] il Eberth adnat.del. \| \ 9) | Verlag vWilh.Engelmann in Leipzig. RR I TR De, Uri kart h Funke, Leipag ame (Hruyssy ilh Engelmann m k swWi 1 i ee erzee OBuechli gen Zeitschrifi für wiss.Zool. Bd.Lil.Suppl. Fig. 2a Zeitschrift Fiss. Zoologie Bd.L. Suppl. 33 SS Ergehmzen, Dewwerg Kris ET nn, mm 3 9088 013