He Fi “ ? sat -. Ss - Rt Ars Kal FILE CE d 3 NNRN ON Amar: Ry Ash a inc‘ vun ur# 3 an. Hr RN un s 4 Vealthahrie kai Br von Y Kr UNDERR Da) ar \ vorn 11 P hr I ZI 0ER FR byte) mh a vn Key nr : exensbhih: ; arsteg an Annette Rilke hate wur bt Br, Trac, ar, N ‘ 2 ri Ar" ver eg ae an ah Dan Von vn. ’ eyrtie \ ‘ os ' DER ; ; ya b “ De N va Atanymrt r f rar \ una Due SER ee} wre ’ .... EL BEN ea Ser = R v u. vorab nt ee N z| ‘ DSF yore rk ek & . \ » x et 3 » KATERL m BESSERUNG Ber: \ \ . ers LEI: Bee Nude man eh M ve EA SE x ' 2 N IF ER ö vente ar ’ ar EEE TRREE SE OEN, Kan ie Le \ i E » \ a D K \ r or Ya N B PER ’ EL Er er re N 5 « y ‚ $ x x * v v v » R area DER ’ u.a ’ run vo sr . ß \ ar 2 A B \ ER: ge x INNERN EBENSO 83 UFER, R KR R tr, ker TE JR ce -Aufatr fi Re s 5 ' . Yror art Ada INTER Ästen “ v . t R FERN v \ .. Ki v % ” De N N h s .. s ” x . dc | Are Set 2 x u. \ \ rn a8 . i ı* r * . Lee 1 DER 5° ” ‘ k \ OR REN idea R . u. \ Se . IR are‘: ‚ .. . 2) eh & ar FR TH, . ' ‚ 3 ’ D .r s “ . er Pa . 4 org h F 2 A . ., ” . - [2 - e» . r ’ . ur + Br R . » N - + P Pr . v PERREO PER ORR TIER . Freien“ u. yanın EEE a . ß Res . DER 3} tie u ren . " B rast r ’ ; re . B \ B . ... . PER ER, 3 x N ” Per .. r Pr D ‚ “ ‘ N ER “in ‚ “a 1 ori . ee Sen or f ‘ ren r ' PReTEeR ar DE u I EU Zu . ro B fe ae .. Dar 07222 ; .. . von. f « vr rare ER BIGATERSGE SEN PEN = a ’ PP Zr ‚ vos wor. ee ä F ‘ vor ı ’ us. m... . B ee D $ ‘ Ran \ D .. [u D .. url vıaraıdad 1% . ‘ . .. RT B weirentenm ehe rer u » ET SCHE oo. tr Er KEN non Du res u aD aR I EP U E y pn Far aa 00 Se Be Er TER ö Par Kar. ® EDER ZI Er 207 Ber ; u PIa Er RO 27 ren “ BE RER ne ep e far , ‚ ‚ j 1:0 3 P [Er Paar Ei > “ or. \ D ; rn [I Dur DE AL ver re. Dee D » Par ran aaa ’r eefaie Per 3 20 4 . Br er wa , . ee Ber atrt BEESEER SUITE ..s . ı» * 0 r .“r ... rn rı'y. ’ . Kr De \ CH, R , 1 8 PET 3 or [AEAE IP Er ee Er e. n r 0 vorm “a Na au Zr 2 DA Be Er Zr ZIP KELSLEIED SE, . ur ‚ . s ie geritten ... 2 “ u De D a EU EP Er EI PERCREH RE zu Pa’ TR Wonn | ” r ann ve „r . R \ ‚ un 14280248 DEREN PR were pt 3 r . » ., » 0 r r i tr Aa eier BER SR DBEE ee ne Me von ' . 0 . BOREL I SEE TN .. es a N Ben ee FREE Fy PETE Ein ER N pi rise hun >. BT Er au I Ze ee Zur D PR ER SR; . Fk wat 2 ee Ba EL EN EI Er er rn ir . set ' FB „et A rd E MER u PETE Er ET ® 0 D ” $ ’ rk f _. ou . H R u. . . ae, a N 5 PR ur TR Da Paper Du Sr u ae SE ae SE BE Sr De Be 2 A j wenn sirannnn re \ Pe rar nor vu ‚ vr > I. ö + a Da Fu ' ‘ Duke ae Bu Be Zee ’ ra . ! BU „ 3 PR mn k Da vn voor Dr ‘ Dr EL . >. . BESTE I 202 u R b PRR IR IE Pr DE Ba u a Ko SE er RE Bra BER Kan , ra Fa RE ee r.* E er s “ ö 1 . Loaıda ET AI RIED e% er Kir re dr vers" u ul N} year . DIES De 20 Dr SE RA re U 7 Fat! HE nv. N La ae Zur Er . SBE AR" vr we . > PR | gen , FRE I 1 ‘ ; Sm nahe ana rer wir H li » er he ’ en th D ‘ ! 3) Yo: EN HTE NER IE FER PERL E ’ au £ et eh nt gti Aha Ri N n . i hi; DIRE SEN DALTEITEE ER IT ER Er . f en ne DEILDESTT E ’ Fan Ber .. ? [BR EI TEE ER Br Hr aabami ae nt . b seine ns doger.d DESVERFTIT SEITEN EV yEraı DAR TER I EI SE ER AU EIER I 24 EN) w aynperne 4 H BBRER EI SIT ROSS EI US EU HEUTE ET 2 b ’ N OR EHE Ba BR SR 51 EL ENT ar ca “ ! BE ler we A ana N n vi N f RR AN ea u PEHRUN 2 anch f ! ET A NERNENIBER“ gel vr A ERBE DEN RATE IITTN, En N ee vi N K KIRTTERIIGE LEN EU LERT Y 2 10.3 DAILITRTSU ENT ee FR re! r > + ‚ rt ö iv. oda vo oa A j N ' E 4 Kae ine he vu “ ji ie SE a ae Sr ! vi“ lea {u tıvyıy ’ ’ r Le; “ eh Ein DR Et Warn all, ERBE RE Kar RE ur d: MN: KANBLTEIN? erh “ i nt, ! A \ £ n i c a a? ö A n ; “ a a BR | FON "u r x in Cr 3” $ A “S Eh, Sohle ER SLR NOR EL Er Benz; N Fin: a Du ne Pi MIET, \ Ren. N un De bi 15 > Ei J A esaei Bo rar. Ei Di Ve se Mhegwenet ei PH; Aa en Ir is er ee Nr ; See Bi N ehem R 2 de r. Eon En; a ro E To Pr 1, Se w jr, Pr ‘ RR ee 5) > Up ah. [| f, IH ,. Sr kr u a en Fr hy a ER ; ER ans Oo Sen ER N By oo S Br 1 7 | Ah 2 | % Sp ‚| R s Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker / herausgegeben von Fi Albert V. Köler und Ernst Ehlers Sechsundfünfzigster Band Mit 39 Tafeln und 9 Figuren im Text. LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1893, Inhalt des sechsundfünfzigsten Bandes. Erstes Heft. Ausgegeben den 28. April 1893. Anatomie von Caryophyllaeus mutabilis Rud. Ein Beitrag zur Kenntnis der Cestoden. Von H. Will, (Mit Taf. I—II und 2 Fig. im Text.). . Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. Von L. Böhmis, (Mit Taf. III—VI N 3 Fig. im Text.). ENT Zur Spermatologie der 'Turbellarien. Von W. Repiachoff, (mit Taf. VII.) Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. Von R. Franze. (Mit Taf. VII.) Se EN are RA Bemerkungen über die Gattung Apus. Von F. Braem. (Mit Taf. IX.). Zweites Heft. Ausgegeben den 30. Mai 1893. Untersuchungen über den Bau der Trematoden, (Monostomum trıgono- cephalum Rud., reticulare van Ben., proteus Brandes.) VonE. Walter. (Mit Taf. X—XII und 4 Fig. im Text) SE eier. Sa rear Neue Rotatorien des Süßwassers. Von A. Wierzejski und 0. Zacharias. (Mit Taf. XII). \ s Zur Entwicklungsgeschichte von akreile BE ehiterrunen Ban. Yon R. ee =E0n3. ME Tal. XIV--XVL). . 0.0280 30% RR Über den Zusammenhang von Markrohr und Chorda heim Amakroxus und ähnliche Verhältnisse bei Anneliden. Von B. Lwoff. (Mit Taf, XVII.) Kritische Bemerkungen über die ee der Neomeniiden. Von BOHSTEEEGER, ... . 5... BIN 2. “ Über Entstehung und Bedeutung der in den Kernen vieler Prdlozoen und in Keimbläschen von Metazoen vorkommenden Binnenkörper (Nucleolen), Eine Theorie zur Erklärung der verschiedenartigen Gestalt dieser Ge- bilde Von L, Rhumbler. (Mit Taf. XVII). . Seite 189 236 245 299 310 328 IV Drittes Heft, Ausgegeben den 12. September 1893. Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Ascidien. Von O. Seeliger. (Mit Taf. XIX—XX und 2 Fig. im Text.) Über Doliolum denticulatum und eine neue dieser Art nahe verwandte Form aus dem atlantischen Ocean. Von A.Borgert. (Mit 4 Fig. im Text.) Über die Hautdrüsen der Amphibien. Von Ph. Nicoglu. (Mit Taf. XXI bis XXIIL) .... .2:20000 00 0 Senn 2 ae Einige Beobachtungen wer nn le as er ss der Tunicaten. Von O. Seeliger. (Mit Taf. XXIV.) .... BR EN.: Über Ophiopus arcticus (Ljungman), eine Ophiure it rudimentanee Burse! Von Th, Mortensen. (Mit Taf. XXV und XXVL) „7, Vers € Viertes Heft. Ausgegeben den 1. November 1893. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. Von R. Fick. (Mit Tafel XXVII—XXX). .... er ED er Beiträge zur feineren Anatomie des Zeaßen Hipası Yon S.Ramön yCajal. I. Über die feinere Struktur des Ammonshornes. (Mit Taf. XXXI bis XXXIV, Fig, 1-46.) 00 2 Ha a een nl Tre II. Über den Bau der Rinde des unteren Hinterhauptslappens der tler Säugethiere. (Mit Taf. XXXIV, Fig. 47—20.). . 2 2. ... Fa en”. Die Nervenendigungen der Pigmentzellen, ein Beitrag zur Kennias ae Zu- sammenhanges der Endverzweigungen der Nerven mit dem Proto- plasma der Zellen. Von E. Ballowitz. (Mit Taf. XXXV—XXXIX.) Seite 365 402 409 488 506 529 615 664 673 Anatomie von Garyophyllaeus mutabilis Rud. Ein Beitrag zur Kenntnis der’ Cestoden. Von Heinrich Will (aus Retelsdorf). Mit Tafel I—II und 2 Textfiguren. Im Herbste 1891 untersuchte ich auf den Rath des Herrn Professor Dr. Brocamann eine Reihe Brachsen aus der Warnow auf Caryophyl- laeus mutabilis Rud.; und bereits nach kurzer Zeit hatte ich eine ziem- liche Anzahl dieser Thiere beisammen (wenn auch vorläufig junge Exemplare; ein geschlechtsreifes stand mir in einem wohlgelungenen Totalpräparat aus der Sammlung des Herrn Professor Dr. BLocHMANnN zur Verfügung) und ich ergriff die Gelegenheit, die bisher noch recht unvollständigen Angaben über die Anatomie dieses Thieres einer ge- naueren Untersuchung zu unterziehen. Über die Verbreitung unseres Thieres im Darm der Warnow- brachsen mögen folgende Notizen einigen Aufschluss geben. Von 31 Brachsen, die ich im Herbst und Winter 1891/1892 unter- sucht habe, enthielten 5 je über 20 Exemplare 0 6 » LE) 0 » Eine weitere Untersuchung im Anfang August des folgenden Jahres ergab, dass von sechs Brachsen drei mit etwa 20 Exemplaren (darunter acht oder neun geschlechtsreife), drei gar nicht inficirt waren. Herr Professor Dr. BLochmann hatte im Laufe des Sommers Garyo- phyllaeus mutabilis in Plötzen der Warnow vorgefunden, ich habe daher auch diese Art daraufhin untersucht — einmal 30, ein ander Mal 142 — jedoch stets ohne Resultat. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, LVI. Bd. 4 2 Heinrich Will, Was die Methode der Konservirung anlangt, so muss ich bemerken, dass die Thiere theils in koncentrirter Sublimatlösung, theils in FLemming- scher Lösung abgetödtet, dann in 95°/,igem Alkohol aufbewahrt wurden. Die Sublimatpräparate wurden zum Theil mit DerrArıın’schem Häma- toxylin, zum Theil mit Eosin-Hämatoxylin, zum Theil endlich — und mit sehr gutem Erfolg — mit Indigkarmin und Boraxkarmin behandelt. An Hämatoxylinpräparaten habe ich den groben anatomischen Bau der Geschlechtsorgane untersucht, da auch bei diekeren Schnitten (10 «) die Präparate noch immer schön klar blieben. Die Indig-Boraxkarminmethode rechtfertigt die hohe Bedeutung, die Rawırz ! ihr beilegt, vollkommen: Muskeln und Muskelfibrillen treten jederzeit distinkt hervor; vor Allem jedoch lässt sich der feinere Bau der Geschlechtsgänge an denselben studiren. Die Wimperflammen der Exkretionszellen sind intensiv grün gefärbt und lassen sich somit eben- falls sehr schön erkennen. Die in Frzmmine’scher Lösung abgetödteten Thiere habe ich nach der von v. MinrentuaL? angegebenen Methode mit rohem Holzessig behan- delt. Mir ist diese Methode bei der Untersuchung des Nervensystems von großem Nutzen gewesen; nicht bloß die Hauptstämme, sondern alle Nebennerven treten als solche leicht und deutlich hervor. Die Untersuchungen wurden im zoologischen Institut der Univer- sität Rostock ausgeführt; ehe ich zur Darstellung der Resultate dersel- ben übergehe, drängt es mich, dem Leiter desselben, Herrn Professor Dr. BrLocumann, für die vielfachen Rathschläge und für das Interesse, das er an dem Verlauf meiner Arbeit genommen hat, meinen Dank aus- zusprechen; zugleich möge es mir gestattet sein, auch Herrn Professor Dr. Braun in Königsberg, unter dessen Leitung ich die Vorarbeiten auf dem Gebiet der Würmer machen durfte, an dieser Stelle meinen Dank abzustatten. CGaryophyllaeus mutabilis Rud., der zuerst von Pıırıs als Taenia laticeps® beschrieben, von Ruvorrnı in seiner systematischen Stellung bereits richtig erkannt wurde, ist eine der wenigen Gestoden- formen, die weder Proglottidenbildung noch eine Wiederholung des Geschlechtsapparates zeigen. Der Körper desselben zerfällt in drei Theile, die wir als Kopf, Hals und Rumpf bezeichnen wollen. Der Kopf wird durch das flach verbreiterte Vorderende des Körpers 1 Rawırz, Leitfaden für histolog. Untersuchungen. p. 52. 2 Rawırz, a.a.0.p. 44 u. 45. 3 Vgl. Braun, Gyrocotyle, Amphiptyches und Verwandte. Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde. Bd. VI. 1889. p. 440, Anatomie von Garyophyllaeus mutabilis Rud. 3 gebildet und zeigt häufig eine fächer- oder krausenartige Faltung des Vorderendes. An den Kopf schließt der Hals, an diesen der Rumpf. Letzterer beherbergt die Geschlechtsorgane, im vorderen Theil den männlichen, im hinteren Theil den weiblichen Apparat. An der ven- tralen Seite desselben finden sich dicht hinter einander in der letzten Hälfte die beiden Geschlechtsöffnungen, vorn die männliche, hinten die weibliche; beide liegen bei geschlechtsreifen Thieren in einer ge- meinsamen Einsenkung und münden durch eine Kloakenöffnung nach außen (in Fig. 17 durch den ausgestülpten Cirrus größtentheils ver- deckt). In das Hinterende ist die pulsirende Exkretionsblase einge- lagert. Indem wir nun auf das Lageverhältnis der einzelnen Organ- systeme näher einzugehen haben, beginnen wir mit dem Hals und Rumpf, weil diese die einfachsten Verhältnisse darbieten!. Wenn wir der Einfachheit halber zuerst einen Querschnitt durch die Rumpfgegend (Fig. ! und A) ins Auge fassen, so sehen wir, dass er durch eine starke, bei schwacher Vergrößerung vollkommen homogen erscheinende Cuticula (A) umsäumt wird. An dieselbe schließt sich die Schicht der stäbchenförmigen Gebilde (3) an, die außer unserem Thier nur noch bei den Liguliden beobachtet ist. Es folgen jetzt eine Faserschicht — jedoch sei ausdrücklich bemerkt, dass nicht etwa die Schicht der elastischen Fasern nach Sommer und LanpoIs gemeint — und mit dieser in kontinuirliche Verbindung tretend die Lage der so- genannten Subeuticularzellen (D), jedoch besteht die Kommunikation nur stellenweise, an anderen Stellen findet eine Trennung statt, durch die äußere Muskellage, die im Rumpfe nur Längsmuskeln umfasst (aLm). Sreupener? findet bei unserem Thier eine doppelte Längs- muskellage ; wir werden jedoch im Verlauf der Arbeit sehen, dass nur eine einfache auftritt, dass er die Schicht der Stäbchen ebenfalls irr- thümlicherweise für eine Muskellage angesehen hat. An die Subeuti- cularzellen schließt sich nach innen zu eine schwache Parenchymzone an. Den Abschluss der Rindenschicht endlich bilden die inneren ‚Muskellagen, die aus Längs- und Transversalmuskeln bestehen (iLm und :Tm). Die Mittelschicht umfasst einen Komplex Parenchymgewebes. Auf unserem Schnitt (Fig. 4) sehen wir dasselbe in drei von rechts nach links neben einander liegende Stränge abgetheilt, die im Inneren Hoden- ! Der besseren Orientirung wegen wollen wir uns der von EsCaRIcHT einge- führten Bezeichnungen Mittel- und Rindenschicht bedienen, ohne jedoch damit eine histologische Verschiedenheit beider Lagen bezeichnen zu wollen. 2 STEUDENER, Untersuchungen über den feineren Bau der Cestoden. Abhandl. d. naturf, Gesellsch. zu Halle. Bd. XXIil. 4877. p. 284. 4* 4 Heinrich Will, bläschen (Ho), an der Peripherie die bedeutend kleineren und ungün- stiger gelagerten Dotterdrüsen (dr) enthält. Diese Fächerung wird durch vier von vorn nach hinten verlaufende Zellenstränge bedingt, die sich durch starke Fibrilleneinlagerung auszeichnen und die wir einstweilen kurz Faserzellenstränge bezeichnen wollen (fzsi). Der ganze Schnitt wird schließlich von Dorsoventral- oder Sagittal- muskeln (doW) durchzogen. Übrigens brauchen nicht regelmäßig drei Parenchymfächer vorzukommen, die Querschnitte aus dem Vordertheil des Rumpfes oder aus dem Halse zeigen gewöhnlich nur zwei Fächer; dort verlaufen nur drei Zellenstränge, d. h. die mittleren der vier vor- genannten sind hier noch in einem einzigen unpaaren vereinigt. In dem Hintertheil des Rumpfes endlich, der Gegend des weiblichen Geschlechtsapparates, treten die centralen Faserzellengruppen über- haupt nicht auf; dort wird also die Mittelschicht von einer kontinuirlich durch die Mittelschicht sich erstreckenden Parenchymmasse ausgefüllt, in der die Geschlechtsorgane und die Ovarien eingebettet liegen. Der hinterste Theil enthält wieder Dotterdrüsen, die hier ebenfalls in Parenchym eingebettet sind und schließt ab mit dem Exkretionsbläs- chen, das sämmtliche Exkretionsgefäßstämme ! aufnimmt und durch die Fähigkeit der Pulsation ausgezeichnet ist. Es erübrigt nun noch auf die Lagerung der Gewebe im Kopf (Fig. 2) näher einzugehen. Im Allgemeinen bleibt das von Hals und Rumpf Gesagte auch hier bestehen; doch es fällt auf den ersten Blick auf die innere Längsmuskellage, die hier verhältnismäßig mächtig ent- wickelt ist. Zu äußerst haben wir (Fig. 2 und 3) die Guticula (A), hier mit starren Härchen versehen; es folgt, wie sonst, die Stäbchenschicht (B). Die Subeuticularzellen (D) bilden in ihren letzten Ausläufern im Hintertheil (Fig. 2) des Kopfes noch ebenfalls eine Faserschicht. Die durch dieselbe einerseits und durch die Lage der Faserzellen oder Sub- cuticularzellen andererseits abgeschlossene Längsmuskellage (LeuckArr’s Hautmuskelschlauch angehörend) wird hier nicht bloß, wie im Rumpf, durch Längsmuskeln sondern auch durch Transversalmuskeln gebildet. Anders gestaltet sich die Sache im Vordertheil des Kopfes (Fig. 3). Die Ausläufer der Subcuticularzellen zeigen, nachdem sie durch die in einzelne Längsfasern aufgelöste Längsmuskellage hindurchgegangen, eine radiale Ausstrahlung nach der Cuticula zu, so dass man leicht, wie dies schon früher geschehen ist, auf die Vermuthung stoßen könnte, die Subeutieularzellen sendeten ihre Fortsätze durch die Cutieula hin- durch an die Oberfläche des Thieres. Auch hier wird die Rinden- schicht nach innen durch die inneren Muskellagen abgeschlossen, von ! Natürlich sind nur die absteigenden zehn Stämme gemeint. Anatomie von Caryophyllaeus mutabilis Rud. 5 denen die Längsmuskellage hier, wie schon hervorgehoben, stark ent- wickelt ist. Die Mittelschicht ist hier zum großen Theil von Parenchym aus- gefüllt (Fig. 2) und wird von Faserzellensträngen durchzogen. Im hin- teren Theil des Kopfes sind noch drei solche Stränge zu verfolgen, die die Parenchymmasse auf dem Querschnitt in vier von rechts nach links neben einander liegende Fächer abtheilen. Die beiden äußeren sind gewöhnlich kleiner und enthalten die Nervenstämme (Kn); die beiden inneren je zwei Exkretionsgefäßstämme (exa). Übrigens treten die äußeren Faserzellenstränge gegen den mittleren sehr zurück und sind hin und wieder nur mit Mühe vom Nerven abzugrenzen. Im vorderen Theil des Kopfes (Fig. 3) wird die Orientirung in der Mittelschicht viel schwieriger; der mittlere Faserzellenstrang bleibt angedeutet, die seitlichen spalten sich, und, wie es scheint, bleibt ge- wöhnlich einem jeden Nervenstamm ein solcher Strang angelagert; unser Schnitt (Fig. 3) zeigt die eine Hälfte des vorderen Kopftheils und enthält sechs Nervenstämme, wovon drei dorsal, drei ventral, die in dieser Höhe durch eine Ringkommissur verbunden sind. Dieser Beschreibung sind ältere, wenn auch noch nicht geschlechts- reife Stadien zu Grunde gelegt. Bei ganz jungen Exemplaren (etwa 1—1,3 mm Länge) findet man bereits diese Verhältnisse im Großen und Ganzen wieder vor. Die Muskellagen treten hier allerdings noch stark zurück, und die Scheidung in Rindenschicht und Mittelschicht wird in Folge dessen schwer. Das Innere der Mittelschicht ist häufig von einer hyalinen, bei Indig-Boraxkarminfärbung grünlichen Proto- plasmamasse erfüllt, die von den bereits auf Querschnitten hervor- tretenden Dorsoventralmuskeln durchzogen wird. Die Lage der Sub- cuticularzellen zeigt sich noch kaum abgegrenzt von der nach innen sich anschließenden Parenchymzone. Nur die Guticula zeigt sich be- reits vollständig entwickelt. Cuticula. Wenn wir nun auf die einzelnen Organsysteme etwas näher eingehen wollen, müssen wir uns zunächst mit der Quticula beschäfti- gen. Dieselbe bedeckt alle übrigen Gewebe (Fig. * A) und setzt sich in die Geschlechtsöffnungen und den Exkretionsporus hinein eine Strecke weit fort. Die Dicke derselben ist im Rumpf etwa 5—6 u, im Kopftheil etwas geringer. Schon bei schwacher Vergrößerung zerfällt sie in drei Schichten, die sowohl auf Querschnitten als auch auf Sagit- talschnitten deutlich hervortreten. Die äußerste (a), die die größte Stärke unter den dreien besitzt, ist gewöhnlich schwach und schmutzig 6 Heinrich Will, grün gefärbt, und hat an ihrer Außenseite ein vielleicht durch die Ver- dauungsthätigkeit des Wirthes herbeigeführtes alterirtes Aussehen, die mittlere Schicht (b) erscheint stets intensiv grün gefärbt, die innerste (c) farblos. Die letztere erscheint bei jungen Exemplaren strukturlos, bei älteren (d. h. kurz vor oder in der Geschlechtsreife) habe ich eine zarte, horizontale Faserung wahrnehmen können. Besser lässt sich die Struk- tur derselben auf dünnen Flächenschnitten nachweisen. Dort sehen wir unter den beiden oberen cuticularen Schichten eine einfache Lage sehr feiner Ringfasern (Fig. 5 rFbr) verlaufen, nicht nur bei ausge- wachsenen, sondern auch bei jungen Exemplaren. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass wir in dieser Lage die Schicht der elastischen Fasern von Sommer und Lanpoıs vor uns haben. Beide sagen von der- selben, die sie an Bothriocephalus latus Brems. zuerst konstatirten: »Sie sind in einfacher Lage dicht neben einander geordnet, kommuni- eiren nirgends mit einander und wechseln über weite Strecken ihren Durchmesser nicht.« Alles trifft zu, und mehr noch als dies ist die relative Lage derselben allein schon bestimmend für diese Auffassung. Der feinere Bau der übrigen beiden Schichten tritt am augenfällig- sten in der Cuticula des Kopfes (Fig. 3) hervor. Mit Ölimmersionen gewahren wir hier eine deutliche radiale Streifung, dazu einen Besatz mit feinen borstenartigen Härchen. Häufig sind diese Härchen von der Schleimschicht, die das Thier am Kopfe fast stets umgiebt, verdeckt, man muss Stellen sich aussuchen, wo beim Abtödten die Cuticula von der Schleimschicht sich losgelöst hat, dann findet man in ziemlich regelrechter Anordnung die Härchen (Fig. 3) zwischen beiden Schich- ten hervortreten. Poren habe ich mit Bestimmtheit nicht konstatiren können, glaube jedoch dieselben vermuthen zu müssen, da ich auf Flächenschnitten kleine Stücke der Guticula auffand, die derartig be- schaffen waren. Jedoch kann ich mich der Meinung früherer Autoren nicht anschließen, die in jedem Strichelehen der Streifung ein Poren- kanälchen erblicken wollen, so zahlreich existiren die Poren nicht. Ich glaube vielmehr, dass die Strichelung durch die Härchen hervor- gerufen wird, die sich bis auf den Grund der Cuticula fortsetzen. Es ist die Hypothese aufgestellt worden, dass die Härchen Protoplasma- fädchen seien !, die von den Subeutieularzellen ihren Ursprung nehmen und die Nahrungsaufnahme besorgten. Wenn man die Fig. 3 ansieht, könnte man sich einigermaßen zu Gunsten dieser Ansicht gestimmt fühlen. Die Ausläufer der Subeutieularzellen, die mit der Gutieula verbunden sind, einerseits, die Härchen, die von dem Grunde der 1 Sommer u. Lannoıs, Über den Bau der geschlechtsreifen Glieder von Bothrio- cephalus latus. Diese Zeitschr, Bd. XXI. 1872, p. 43, Anatomie von Garyophyllaeus mutabilis Rud. gi Cuticula ausgehen, andererseits, könnten allerdings dieser Hypothese das Wort reden; jedoch ich habe nirgends die Fortsätze der Subeuticu- larzellen in die Cuticula hinein, noch die Härchen nach innen über die Guticula hinaus verfolgen können. Die Cuticula des Rumpfes (Fig. 4) scheint in ihren oberen Schichten diese radiäre Strichelung ebenfalls zu zeigen, nur ist sie hier viel zar- ter, und Ölimmersionen (1/18 Zeıss) haben mit Bestimmtheit dieselbe noch nicht hervortreten lassen. Einen Härchenbesatz habe ich in Folge dessen allgemein dort nicht auffinden können, wiewohl sich stellen- weise Rauhigkeiten der Cuticula in Form von Härchen oder warzen- und bläschenförmigen Erhebungen bemerkbar machten. Nach Monızz1 finden sich in der Cuticula alle Elemente wieder, die die darunter liegenden Schichten zusammensetzen, so dass dieselbe dadurch auch äußerlich sich als Grenzmembran dokumentiren würde. Ich kann diesen Sachverhalt von meinem Untersuchungsobjekt nicht behaupten. Zwar sitzen dem Aussehen nach degenerirte Zellkerne der Oberfläche unseres Thieres auf — man findet fast auf jedem Quer- schnitt zwei oder drei —, allein ich glaube nicht, dass sie dem Thiere angehören. Wären sie wirklich ein Bestandtheil der Guticula?, so müssten sie sich an ganz jungen Exemplaren besser und häufiger finden, jedoch habe ich sie dort vergeblich gesucht. Ich komme zu dem Resultat, dass dieselben für Fremdkörper zu halten sind und aus dem Darmschleim ihres Wirthes herstammen. Übrigens lässt sich diese Frage ohne entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen nicht erledigen. Ferner wollen v. Rosoz und Grisssach® — in beiden Fällen war Solenophorus Untersuchungsobjekt — Spalten und Lückenräume in der Cuticula wahrgenommen haben; sie meinen daher mit LEUcKART von einer Häutung sprechen zu müssen. Ohne der Annahme einer Häutung entgegen sein zu wollen, habe ich jenen Sachverhalt nicht bestätigen können; die Cuticula ist also eine bei schwächerer Vergrößerung homogen erscheinende Umhüllung von verhältnismäßig starker Dicke, wie sie nur bei den Liguliden uns wieder entgegen tritt. 1 Monıez, M&moires sur les Cestodes. Travaux de l'institut zool. de Lille 4884, 2 Minor, Studien an Turbellarien. Arb. des zool. Inst. zu Würzburg. Bd. II. p. 456. 3 v. Rosoz, Beiträge zur Kenntnis der Cestoden. Diese Zeitschr. Bd. XXXVl1l. P- 264. — GriEsBAcH, Beiträge zur Kenntnis der Anatomie der Cestoden. Archiv f. mikr. Anatomie. Bd. XXII. 1883. p. 538. % LEUCKART, Parasiten d. Menschen etc. Leipzig 1884. Bd. I. p. 362. RS Heinrich Will, Stäbehenschicht. Noch eine andere Eigenthümlichkeit hat unser Wurm mit den Ligu- liden gemein; ich meine die Schicht der stäbchenförmigen Gebilde (Fig. 4 B). Dort erreichen dieselben eine bedeutende Größe und springen leicht in die Augen; hier sind sie sehr klein; um sie zu sehen, muss man außer Querschnitten auch noch Sagittalschnitte zu Hilfe nehmen. Man wird sie dann nur an einzelnen Stellen deutlich erkennen können, nämlich dort, wo der Schnitt gerade in der Richtung ihrer Längsachse durchgegangen ist; wo er schief durchgeht, also einen elliptischen Querschnitt liefert, gewinnt es den Anschein, als ob man es mit Fibrillen zu thun hätte. Srteupener! hat dieselben in der That für Längsmuskeln gehalten, wenn er angiebt, dass unser Wurm sowie die Liguliden nicht eine einfache, sondern eine doppelte äußere Längs- muskellage besitzen. Welchem Zweck diese eigenthümlichen Gebilde dienen, habe ich nicht in Erfahrung gebracht. Schicht der Subceuticularzellen. Wir gehen nunmehr zur Lage der Subcuticularzellen über, LruckArr’s körnerreiche Parenchymschicht (Fig. 4 D). Diese Zellen sind zuerst genauer von STEUDENER beschrieben worden? und zwar als kegelförmige Zellen, die palissadenartig neben einander stehen. Die Zellkerne sollen nicht sämmtlich in gleicher Höhe liegen und den Um- fang der Zelle an diesen Stellen ausbauchen. Er will bemerkt haben, dass die basalen Enden ein körniges Aussehen zeigen, während an den Spitzen dieses nicht der Fall sei. Anders beschreibt sie RınprLeisch 3 und Levcrart schließt sich in der zweiten Auflage seines Werkes über die Parasiten ihm an. Nach ihm sind diese Zellen spindelförmig und ihrer Natur nach Bindegewebszellen. Was nun die Form anlangt, so habe ich allerdings einige von Spindelform darunter gefunden. Ich glaube jedoch, wir werden derselben näher kommen, wenn wir an- nehmen, diese Fortsätze, die centralen sowohl als auch die peripheren, spalteten sich wieder in zwei oder drei Äste aus einander und ständen zum Theil durch solche Äste unter sich wieder in Verbindung (Fig. 6). Eine Intercellularsubstanz zu entdecken, in der diese Zellen lägen, wie sie von v. Rosoz gefunden wurde, ist mir nicht gelungen. Mir er- scheinen sie als große Zellen mit ovalem bis rundlichem Zellkern und ! STEUDENER, a. a. 0. p. 284. ? STEUDENER, a. a. 0. p. 283. 3 RındrLeisch, Zur Histologie der Cestoden. Archiv f. mikr. Anatomie. Bd. 1. 1865. p. 140. Anatomie von Caryophyllaeus mutabilis Rud, ) deutlichem Kernkörperchen, der im Allgemeinen von einer dünnen protoplasmatischen Hülle körniger Struktur umgeben ist. In der- selben finden sich eine Menge Fibrillen, wesshalb sie auch von Leuckarr geradezu Faserzellen genannt werden!. Diese Fasern werden bei Anwendung der Indig-Boraxkarminfärbung grün gefärbt, wesshalb diese Schicht von der nach innen folgenden Parenchymzone, die Fibril- len in solcher Menge nicht enthält, in einem grünlichen Schimmer ab- sticht. An Holzessigpräparaten, die vorher in Fremmine’scher Lösung be- handelt waren, habe ich am Halse eine Zone Subcuticularzellen bemerkt, die ein etwas anderes Aussehen zeigten. Diese Zellen waren stark tingirt und besaßen ein viel kompakteres Aussehen wie sonst. Ich glaube jedoch nicht, hierauf viel Gewicht legen zu dürfen; vielleicht ist diese Erscheinung eine Folge von Kontraktionszuständen. Etwas Ähnliches findet auch Pınrner? in seinen Untersuchungen; beide Zu- stände dieser Zellen sind von ihm in Figuren dargestellt. Was endlich das Wesen der Subeuticularzellen betrifft, so diffe- riren die Ansichten nach zwei Seiten hin; einerseits wird angenom- men — und diese Ansicht scheint jetzt die allgemeinere zu sein — dass dieselben bindegewebiger Natur sind, andererseits, dass sie epi- thelialer Natur seien und der Cuticula als Matrix dienten. Letztere Ansicht rührt von Sommer und Lanvoıs3 her und wird von Pınrner in seinen neuesten Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers vertreten. Bei Caryophyllaeus scheint mir diese letzte Ansicht kaum möglich, denn die betreffende Lage steht im Hals und Rumpf mit der Cutieula in absolut keiner Verbindung. Die peripheren Fortsätze der Faserzellen treten durch die äußere Längsmuskellage hindurch und verfilzen sich in einer Schicht, die ich vorhin bereits als Faserschicht kurz bezeichnet habe. Ich mache hier noch einmal darauf aufmerksam, dass diese Schicht mit der der elasti- schen Fasern nicht zu verwechseln ist. Sreupener 5 führt dieselbe in seiner Untersuchung nicht besonders auf, sondern rechnet sie der Schicht der Subeuticularzellen zu. Die Dieke dieser Schicht ist nach dem Kontraktionszustande etwas wechselnd, kommt jedoch ungefähr 1 LEUCKART, Parasiten des Menschen elc. 2. Aufl. p. 970. Nachtrag. 2 Pıntner, Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. Arb. aus d, zool. Inst. d. Univ. Wien. Bd. III. Taf. V, Fig. 3 u. 4. 3 SOMMER U. LANDoıs, a. a. 0. p. 44. * Pıntser, Neue Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers. Arb. aus d. zool. Inst. d. Univ. Wien. Bd. VIII. 4889. p. 46. 5 STEUDENER, a, a. O. p, 284. 10 Heinrich Will, - der der Cuticula gleich. Sie enthält bei genauerer Betrachtung zwei Lagen kreuzweis verlaufender Diagonalfibrillen und außerdem die nach außen gerichteten Enden der Subeuticularzellen, die sich mit ihnen verfilzt haben. Im vorderen Theil des Kopfes (Fig. 3) fehlt die Lage der Diagonalfibrillen, man kann dort auch nicht von einer besonderen Faserschicht reden. Die Fortsätze der Subeutieularzellen strahlen hier radiär gegen die Cuticula aus und scheinen an derselben befestigt. Nach außen hin von der Faserschicht folgen zunächst eine Lage von Längsfibrillen, die mit den Stäbchen in derselben Zone liegen, endlich die Lage der Ringfibrillen, die wir als Schicht der elastischen Fasern bereits kennen lernten. Diesen Sachverhalt studirt man am besten auf Flächenschnitten, wo die Cuticula mit den darunter liegenden Schich- ten sehr fein angeschnitten ist, wie es Fig. 5 zeigt. Übrigens erwähnt LzuckAarr in der zweiten Auflage seines Werkes über die Diagonal- schicht bei Gestoden nichts, sie scheint demnach, wie die Faserschicht, unserer Art eigenthümlich zu sein. Parenchym. Mehr noch als über die subeuticulare Schicht gehen die Ansichten über das Parenchym oder die Grundsubstanz (Fig. 6) aus einander. Am besten gebe ich die Beschreibung derselben mit Pınrxer’s Worten !: »In einer gänzlich strukturlosen, gallertartigen Grundmasse liegen zahl- reiche, kleine, scharf kontourirte Kerne, die mit geringen Vergröße- rungen betrachtet, frei in diese Grundmasse eingebettet erscheinen. An stark gefärbten Exemplaren und feinen Schnitten sieht man sie von einem spärlichen homogenen Protoplasma umgeben, das nach allen Seiten platten- oder strangähnlich, aber immer in sehr dünnen, membran- artigen Schichten sich fortsetzt und dadurch zahllose, dicht an einander liegende bläschen- oder wabenförmige Räume bildet, die den Eindruck machen, als wären sie bei mangelndem Plasma mit einer gallertartigen Masse gefüllte Zellen.« Wie ich schon angedeutet, finden sich diese Lagen zwischen Sub- cuticularzellenlage und der inneren Längsmuskelschicht, ferner in der Mittelschicht zwischen den Faserzellensträngen, den Hodenbläschen als Füllgewebe dienend. Über das Wesen des Parenehymgewebes ist man sich noch keineswegs ganz im Klaren, wenn auch einzelne Fragen ihre Lösung gefunden haben. Von Srtırpa ? wurde es als einfach zelliges ! PınTser, Untersuchungen über den Bau etc. Arb. aus d. zool. Inst. zu Wien. Bd. Ill. p. 59. ? Srıepa, Ein Beitrag zur Anatomie des Bothriocephalus latus. Mürter’s Arch. für Anatomie und Physiologie. 1864, Anatomie von Garyophyllaeus mulabilis Rud, 11 Bindegewebe, von Sommer und Lanvoıs! als Bindegewebe schlechthin aufgefasst, als Gewebe, welches aus großen, äußerst zahlreichen, rund- lichen Zellen und einer wenig reichlichen Intercellularsubstanz gebildet wird. Gegen Sommer und Lanpois tritt schon ScHNEIDER? auf, er sagt: »Was die runden Zellen betrifft, so finden sie sich in der Halsgegend noch nicht. Weiter nach hinten sieht man in dem Protoplasma zuerst einzelne helle Räume auftreten, die sich an den reifen Gliedern stark vermehrt haben, so dass das übrige Protoplasma nur dünne Wände zwischen ihnen bildet. Von Protoplasma sind die Räume sicher nicht erfüllt, sondern von Flüssigkeit. Wären sie Zellen, so müsste man folg- lich die Kerne an der Wand der Zelle sitzen sehen. Dies ist mir aber nie gelungen, die Kerne liegen vielmehr in der festen Substanz zwi- schen den Räumen.« Es ergiebt sich somit nach Scanzipder, dass die Kerne in derjenigen Substanz liegen, die nach Sommer und Lanpvoıs als Intercellularsubstanz angesehen wurde. Gleicher Ansicht mit Sommer und Lanpoıs scheint übrigens v. Rosoz’ zu sein, der Fibrillen in dem Parenchyrn auffand und es als fibrilläres Bindegewebe bezeichnete. Leuckart? fasst in der zweiten Auflage seines Werkes über Parasiten seine Ansicht dahin zusammen: »Nach Allem, was ich im Laufe der Zeit darüber selbst beobachtet habe, muss ich bei der Behauptung blei- ben, dass die Grundsubstanz zunächst aus einer dicht gedrängten Zellenmasse bestehe. Die Untersuchung junger Glieder lässt keinen Zweifel darüber aufkommen. Aber die Zellen differenziren sich schon früh nach zweierlei Richtungen, indem die einen ihre ursprüngliche runde Form behalten, während die anderen sich verästeln und zu einem Reticulum zusammentreten, das sich zwischen die ersteren einschiebt und sie in seine Maschenräume aufnimmt. Dieses Reticulum ist das- selbe, was ich früher als Zwischensubstanz bezeichnet habe.« Nach LeuckArt wäre somit die Frage, ob wir es mit einer Intercellularsub- stanz im Sinne von Sommer und Lanpoıs zu thun haben, ebenfalls ver- neint; aber wir hätten hier zweierlei Arten von Zellen, und der Widerspruch mit der Scaneier’schen Ansicht würde noch fortbestehen. LeuckArr> sagt, dass die runden Zellen an Stelle des Protoplasma- körpers einen bald gallertartigen, bald auch flüssigen Inhalt von heller Beschaffenheit besitzen, so dass sie leicht für einfache Spalten- und 1 SOMMER u. LAnnoıs, a. a. O. p. 44. ? SCHNEIDER, Untersuchungen über Plathelminthen. Ber. der Oberhessischen Gesellsch. für Natur- u. Heilkunde. 14. Bericht. p. 77. 3 v, RoBoz, a. a. ©. p. 269. * LEUCKART, a. a. ©. p. 969. 5 LEUCKART, a. a. O.p. 970, 12 Heinrich Will, Lückenräume gehalten werden könnten. In neuester Zeit hat Scummr! eine genaue Untersuchung des Parenchymgewebes vorgenommen, er untersuchte jugendliche Proglottiden von Bothriocephalus latus Brems,, die mit Alaunkarmin gefärbt waren. Sein Resultat war das, welches SCHNEIDER bereits ausgesprochen. Unser Objekt eignet sich für das ge- naue Studium des Parenchyms sehr gut. Das in Frage stehende Ge- webe ist hier durch Muskelgewebe nirgends stark verdrängt oder be- einflusst; die Maschen desselben haben eine relativ bedeutende Größe. Wegen des geringen Umfanges endlich lassen sich die dünnsten Schnitte leicht anfertigen. Ich habe die Indig-Boraxkarminfärbung angewandt; die Kerne sind roth, die Kernkörperchen tiefroth, und das Protoplasma grünlich gefärbt. Ich habe bei starken Vergrößerungen (Ölimmersion 1/12, Oc. 4 Zeıss) in den Maschenräumen keinen Inhalt wahrgenommen. Freilich tritt stellenweise eine blassgefärbte Substanz auf; ich bin jedoch der Ansicht, dass wir es hier mit Querwänden des parenchymatischen Gewebes zu thun haben. Kerne endlich habe ich in den Lückenräumen nie bemerkt. Nach alledem muss ich mich dem Resultate von ScuneEiDer und Scamimr anschließen: »Was früher irr- thümlicherweise als Intercellularsubstanz angesehen wurde, sind die Zellen des Parenchyms, die früheren rundlichen Zellen erweisen sich als Hohlräume, wofern es nicht Bildungen sind, die dem Parenchym nicht angehören.« Auch bei Caryophyllaeus mutabilis lassen sich fihrillenartige Bildungen im Parenchym finden; dieselben verlaufen meistentheils im protoplasmatischen Maschenwerk, allerdings nicht sehr zahlreich. Ihrem Aussehen nach zu urtheilen, haben wir es hier jedoch mit feinsten Nervenfasern zu thun; in der Gegend der Nervenstämme finden sie sich häufiger. Im Parenchym Zellgrenzen nachzuweisen, ist mir bei meinen Methoden und bei meinem Objekt eben so wenig gelungen, als Scanipr in seiner bereits angeführten Arbeit über Bothriocephalus. Hier ist es wohl am Platze, des Näheren auf jene eigenthümlichen Gewebe einzugehen, die die Mittelschicht strangartig durchziehen und die ich Faserzellenstränge genannt habe. Gewöhnlich findet man auf dem Querschnitt drei oder vier derartige Stränge, natürlich häufig nicht scharf von einander getrennt; sie scheinen aus dorsoventral und longitudinal verlaufenden Zellen verflochten zu sein ; wenigstens habe ich auf einzelnen Querschnitten Dorsoventralzellen verlaufen sehen, allerdings überwiegen die in der Längsrichtung verlaufenden bedeu- tend. Ich war früher geneigt, diese Zellenstränge für Muskeln zu ! Scanipt, Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung der Geschlechtsorgane der Cestoden. Diese Zeitschr. Bd. XLVI. p. 159. Anatomie von Garyophyllaeus mutabilis Rud. 13 halten, bin jedoch im Laufe der Untersuchung von dieser Ansicht zurückgekommen; einerseits habe ich einen Kontraktionszustand, der auf Muskelfunktion dieser Gebilde schließen ließe, nirgends gefunden — die Stränge lagen gewöhnlich leicht wellig gekrümmt —, anderer- seits schienen die Zellen auch ihrer Struktur nach von den typischen Muskeln zu stark different zu sein. Am meisten erinnern sie in ihrem ganzen Habitus an die Subeutieular- oder Faserzellen. Sie sind von beträchtlicher Größe und von mehr oder weniger Spindelform, wie diese, und führen eine Menge Fibrillen, die sich jedoch durch größere Stärke von denen der Faserzellen auszeichnen. Übrigens erwähnt Leuckart! in seinem Werk über Parasiten ebenfalls Faserzellen, die strangartig an einander gegliedert in der Richtung der Längsachse ver- laufen sollen, und zwar in den Verbindungsstücken der einzelnen Proglottiden. Sie liegen zwar in der Rindenschicht, während unsere Faserzellenstränge in der Mittelschicht auftreten, jedoch scheint auf diesen Umstand nicht Gewicht gelegt werden zu können, weil diese Unterscheidungsweise der Schichten nur in Betreff der Orientirung Werth haben sollte. Lsuckarr sagt über Taenia saginata Goeze, nach- dem er erwähnt hat, dass die Längsmuskulatur von Proglottis zu Pro- glottis unterbrochen ist?: »Trotzdem aber existirt eine Verbindung zwischen denselben (d.h. Längsmuskeln), aber sie wird durch Spindel- zellen vermittelt, welche genau wie die subcuticularen Spindelzellen aussehen, nur dass sie nicht der Cuticula aufsitzen, sondern der Länge nach neben und über einander in die helle Grundsubstanz einge- lagert sind. | Muskulatur. Was die Muskulatur anlangt (Fig. I, 2, 3 und A), so müssen wir aus einander halten eine innere und äußere Lage. Beide sind durch die Parenchymzone und die Schicht der Subeuticularzellen von ein- ander getrennt. Letztere ist von Leuckarr mit den unter der Guticula verlaufenden Fibrillenlagen (vgl. Endabschnitt von der Schicht der Subeutieularzellen) zusammengefasst und als Hautmuskelschlauch be- nannt worden’. Die innere Lage zerfällt in Längsmuskeln und Transversalmuskeln. Jene (iZm) verlaufen zu Bündeln zusammengelagert in einfacher Schicht - von vorn nach hinten der Längsachse des Thieres parallel. Sie inse- - riren sich an der Kopffläche und enden am Hintertheil in der Nähe des 3 sr Fr N % 1 LEUCKART, a. a.0. p. 372. 2 LEUCKART, a. a. 0. p. 372. 3 LEUCKART, Parasiten etc. 2. Aufl. p. 368 u. Anm, Exkretionsporus. Auf Querschnitten erkennt man eine schwach tingirte hyaline Substanz, in der eine ziemlich bedeutende Anzahl von intensiv gefärbten Muskelfibrillen eingebettet liegen. Am stärksten tritt die Schicht im Kopfe hervor, am wenigsten in der Gegend der Geschlechts- organe. Die Transversalmuskeln verlaufen in zweifacher, jedoch sehr wenig dichter Lage, theils außerhalb, theils innerhalb der Längsmuskel- schicht und inseriren sich an den Seitenflächen. Freilich ist dieser Sachverhalt nicht an jedem Querschnitt zu sehen, da diese Muskeln zu vereinzelt liegen und, wo sie auftreten, in der Schicht der Subeutieular- zellen zu versteckt, als dass sie leicht in die Augen springen könnten. Die äußere Lage besteht im Rumpf nur aus Längsmuskeln (aZm), im Kopf treten Transversalmuskeln hinzu. Die äußeren Längsmuskeln bilden ebenfalls eine einfache Schicht und sind in Bündeln zu vier oder fünf Fibrillen zusammengelagert; im vorderen Theil des Kopfes jedoch lösen sie sich auf, wie das in Fig. 3 ersichtlich ist. Sie scheinen sich in gleicher Weise wie die inneren Längsmuskeln zu inseriren. Indem im Kopf äußere Transversalmuskeln hinzutreten sehen wir, dass Kopf und Rumpf einen verschiedenen Bau zeigen. Im Rumpf besteht die innere Lage aus | 1) Längsmuskeln (Fig. I und 4 ıLm); p 2) Transversalmuskeln (Fig. 1 und 4 iTm). Die äußere Lage aus Längsmuskeln allein (Fig. I und 4 aZm). In Kopfe besteht die innere Lage aus 1) Längsmuskeln (Fig. 2 und 3 iZm); 2) Transversalmuskeln (auf unseren Figuren nicht sichtbar). Die äußere Lage aus 4) Längsmuskeln (Fig. 2 und 3 aLm); 2) Transversalmuskeln (auf unseren Figuren nicht sichtbar). Wegen der geringen Dichte muss man bezüglich der Transversal- muskeln Flächenschnitte zu Hilfe nehmen. Schließlich haben wir noch einer dritten Art, der Dorsoventral- muskeln, Erwähnung zu thun. Sie finden sich überall im Körper und unregelmäßig zerstreut, verlaufen vereinzelt und in dorsoventraler Richtung von Cuticula zu Cuticula. Sie sind neben den Längsmuskeln am stärksten ausgebildet. Die wichtigste Frage auf diesem Gebiete ist ohne Zweifel die nach dem histologischen Bau der Cestodenmuskeln. Leuckarr! schreibt: »Einen Kern sucht man bei ihnen — im ausgebildeten Zustande — vergebens. « 14 Heinrich Will, I LEUCKART, a.a.0.p. 369. Reg" Anatomie von Garyophyllaeus mutabilis Rud. 15 Inzwischen sind wir Dank der starken Vervollkommnung der Untersuchungsmethoden mehr und mehr aufgeklärt. Pınrner! ver- danken wir auch in dieser Hinsicht ausführliche und sorgfältige Untersuchungen, und Scumipr? kommt in seiner Arbeit zu ähnlichen Resultaten. Unser Objekt scheint für diese Frage nicht ungeeignet. Die Muskeln sind nicht zahlreich, treten aber um so schöner hervor. Vor Allem die Dorsoventralmuskeln heben sich schon bei schwächeren Vergrößerungen deutlich von ihrer Umgebung ab. Auf Querschnitten findet man nun sehr häufig an denselben einen stärker tingirten, körnig aussehenden Protoplasmaklumpen mit deutlichem Kern und Kern- körperchen ansitzen, und zwar so, dass die Fibrillen demselben in tangentialer Richtung aufliegen. Der Kern ist etwa von der Größe der Kerne der Faserzellen. Auf Flächenschnitten und Sagittalschnitten lässt sich ein ähnliches Verhalten für die inneren Längsmuskeln und die inneren Transversal- muskeln nachweisen. Also Dorsoventralmuskeln und die Muskeln der inneren Lage zeigen einen deutlichen Zellleib mit Kern und Kern- körperchen, wie sie in Fig. I4 a, b, c dargestellt sind. An den Muskeln der äußeren Lage habe ich Kerne bestimmt nicht nachweisen können; ich glaube jedoch auch dort solche annehmen zu müssen; denn man sieht in der Kopfgegend, wo die äußeren Längs- muskeln ausstrahlen, häufig Kerne liegen, die Muskelfibrillen anzu- gehören scheinen. Doch ich muss diese Frage offen lassen, da ich diesen Punkt nicht weiter verfolgen konnte. Nervensystem. Schwieriger gestaltet sich die Untersuchung des Nervensystems. STEUDENER, der eine Reihe Gestoden auch darauf hin untersucht hat, giebt an, dass er bei Caryophyllaeus Nerven nicht gefunden habe. In- dessen sind sie mit den heutigen Methoden unschwer nachzuweisen. Die besten Dienste hat mir die Holzessigbehandlung mit vorheriger Konservirung in FrLiuming’scher Lösung geleistet. Um den Verlauf zu finden — wir beginnen mit dem Rumpf — habe ich mir verschiedene Serien von Flächenschnitten hergestellt. In jeder Serie treten einzelne Schnitte auf, in denen Längsnerven mit in ziemlich regelmäßigen Abständen verlaufenden Querkommissuren sich eine ganze Strecke lang verfolgen lassen. Unser Objekt bietet wegen des geringen Umfanges keine langen Schnittreihen und kann ohne große Mühe einem genaueren Studium unterzogen werden. Auf diesem ! Pınıser, a. a. ©. Bd. III. p. 64 u. 63. 2 SCHMIDT, a. a. O. p. 162. 16 Heinrich Will, Wege kam ich nun zu dem Resultat, dass unser Caryophyllaeus die bei allen Gestoden nachgewiesenen Längsstämme (Hauptstämme) besitzt, dass außerdem aber noch ventrale und dorsale paarig verlaufende Längsnerven (Taf. II, Fig. 16) auftreten und endlich bei genauerer Untersuchung zu den Seiten der lateralen Hauptstämme je ein Paar schwächerer Längsnerven! sich nachweisen lässt, so dass wir im Ganzen zehn Nervenstränge erhalten, zwei stärkere Stränge (Hauptstämme) und acht schwächere (Nebennerven). Nach hinten hin, und zwar in die Nähe des Exkretionsporus, ist mir die Verfolgung nur für die Hauptstämme sicher gelungen; dieselben vereinigen sich hier, und zwar so, dass der Exkretionsporus von ihnen umschlossen wird. Die Frage, ob die übrigen acht Nerven ebenfalls S S- A = N S Sun. Fig. I. Schematischer Querschnitt durch den Rumpftheil. Die Nerven sind der Deutlichkeit wegen vergrößert (etwa um das Doppelte ihres Querschnittes); eben so die Muskeln. R, Rinden- schicht; M, Mittelschicht; exa. aufsteigende, exd, absteigendef{Exkretionsgefäße. herantreten, glaube ich bejahen zu müssen, denn ich habe, so weit ich sie von vorn nach hinten verfolgen konnte, eine Verschmälerung an ihnen nirgends wahrgenommen, sie blieben sich vielmehr ganz gleich in ihrem Bau; und es war lediglich die ungünstige Lage dieser Nerven- enden gegen die Schnittebene, die ihren Verlauf undeutlich machte. Nach vorn hin vereinigen sich die sämmtlichen Nebennerven mit den Hauptstämmen, die feineren lateralen Nebennerven schon früher, die dorsalen und ventralen an der Stelle, wo der Hals in den Kopf über- geht (Taf. I, Fig. 9). Außer diesen Längsnerven sieht man auf Flächenschnitten in ! Dieselben habe ich nur auf Flächenschnitten gesehen, unmittelbar außer- halb der inneren Längs- und Transversalmuskulatur gelegen. Anatomie von Caryophyllaeus mutabilis Rud, 1% ziemlich regelmäßigen Abständen Querkommissuren verlaufen — ich schätze in der ganzen Länge des Thieres weit über 30 —, so dass der ganze Körper von einem Nervennetz überzogen wird. Die Kommissuren haben die Dicke der dorsalen und ventralen Nervenstränge und sind diesen, so wie den Hauptstämmen im Bau völlig gleich. Sieht man sich den Sachverhalt auf Querschnitten an (Fig. lim Text), so findet man, dass die Hauptstämme (Hn) in den seitlichen Partien der Mittelschicht liegen, eingekeilt in der inneren Muskellage (iLm und iTm), dass die dorsalen (dn) und ventralen (vn) in der Rindenschicht und zwar in der Parenchymzone derselben verlaufen. Nimmt man hinzu, dass die late- ralen Seitennerven (/n) ebenfalls außerhalb der Mittelschicht sich be- finden, so sehen wir, nur die Hauptstämme liegen in der Mittelschicht, alle übrigen gehören der Rindenschicht an. Was nun den Verlauf des Nervensystems im Kopfe (Taf. I, Fig. 9) anlangt, so haben wir von den geringen Verdickungen der Hauptstämme auszugehen, die durch den Zusammenfluss mit den Nebennerven ent- stehen. Wir finden, dass in dieser Gegend dorsal und ventral eine breitere Kommissur! besteht, dass sich die Hauptstämme zuerst in einen ventralen und dorsalen Stamm spalten und jeder dieser vier Stämme in je drei Zweige sich auflöst (Taf. I, Fig. 2 und 3 Kn). So entstehen im Ganzen zwölf Kopfnerven, die mit einander vielfach ana- stomosiren und in der Mitte des Kopfes eine zweite, stärkere Ring- kommissur (Taf. I, Fig. 3) hervortreten lassen. Auf Querschnitten sind sie wegen der Faserzellenstränge, die sich zwischen ihnen eingestreut finden, schwer zu entdecken; doch nach einigem Suchen gelingt es, und man erkennt dann, dass hier alle zwölf Nerven mit ihren Kommissuren in der Mittelschicht gelegen sind. Von diesen größeren Nervenstämmen gehen überall dünne Zweige ab, die sich der Oberfläche zuwenden und mit den später zu betrachtenden eigenthümlichen Zellen in Ver- bindung setzen. Von besonderen Ganglienknoten habe ich nichts ent- decken können, wenn sich auch geringe Verdickungen der Stämme stellenweise nachweisen ließen. Wenn wir nun dazu übergehen, aus unserem Befunde Schlüsse zu ziehen, so müssen wir uns zuerst in der Litteratur danach umsehen, ob und in wie weit dieser Sachverhalt bei verwandten Formen Be- stätigung erfährt. Schon früher, bevor noch ein Nervensystem bei den Cestoden bekannt war, hat Nırscne ? bei Taenia crassicollis zehn spon- giöse Stränge gezählt und sie sogar in geschlechtsreifen Proglottiden noch 1 Vel. Josern, Über das centrale Nervensystem der Bandwürmer. Auszug im Tageblatt der 59. Versammlung deutscher Naturforscher u. Ärzte in Berlin. 1886. 2 Nıtsch£, Diese Zeitschr. Bd. XXIII. p. 196, Zeitschrift f, wissensch, Zoologie. LVI. Bd. 2 18 Heinrich Will, beobachten können. Nirmiec, der in Bezug auf das Nervensystem die verschiedensten Vertreter der Cestoden untersucht hat, konstatirt an vier weiteren Tänienarten (T. coenurus, T. elliptica, T. serrata und T. mediocanellata), sowie an Acanthobothrium coronatum ebenfalls zehn Stränge; sechs (die Hauptstränge und die lateralen Nebennerven) ziehen sich durch die ganze Gliederkette, die vier dorsalen und ven- - tralen Stränge hat er nur in dem unmittelbar auf den Skolex folgenden Theil erkannt. (Für Acanthobothrium und Bothriocephalus vgl. man Nıemiec, Untersuch. über das Nervensystem der Cestoden, Arb. aus d. zool. Inst. d. Univ. Wien. Bd. VII, 1886. Heft 4, Taf. I Fig. 5 u. 3.) Die gleiche Anzahl fand er im Vorderende des Skolex von Bothrio- cephalus latus Brems. ; doch ist es zweifelhaft, ob diese Nerven sämmt- lich denen der Tänien homolog sind. So viel geht schon hier zur Genüge hervor, dass Caryophyllaeus mutabilis auf die ursprüngliche Gleichwerthigkeit der Nebennerven mit den Hauptnerven schließen lässt und somit auch im Bau des Nervensystems seine phylogenetisch wichtige Stellung nicht verleugnet. Wir finden ferner, dass bei den übrigen Cestoden vielleicht in Folge der parasitischen Lebensweise das Nervensystem großentheils zum Schwund gekommen ist und nur die Hauptstränge, sowie im Hals- und Kopftheil die Spuren der übri- gen Stränge erkennen lässt. Ich glaube, wir können noch einen Schritt weiter gehen und uns die Frage nach dem Urtypus des: Gestodennervensystems vorlegen. Nicht alle zehn Längsnerven scheinen mir gleichwerthig zu sein; ich glaube, dass die vier lateralen Längsnerven, die nahe zu beiden Seiten der Hauptstämme verlaufen, mit diesen zusammengehören, dass sie nur durch die Transversalmuskeln von denselben getrennt sind. Dieser Annahme entspricht es auch, wenn STEUDENER ! von einem »dreigetheil- ten« Seitenstrang der Tänien redet. Unter dieser Annahme würden als unabhängig von einander noch sechs Längsnerven übrig bleiben, zwei lateral gelegene Hauptstämme, sowie vier paarweise dorsal und ventral gelegene Nebennerven; und wir gewinnen somit für die Gestoden einen gleichen Typus, wie er bereits für die Trematoden von Lang? und GArFFRoN ? nachgewiesen ist. Während bei den Trematoden sich meistens die ventralen Stränge stärker entwickelt haben, würden bei den Cestoden die lateralen überwiegen. 1 STEUDENER, a. a. O.p. 293 u. 294. 2 Lang, Über das Nervensyst. d. Trematoden. Mitth. a. d. zool. Stat. Neapel. Bd. II. 4884. p. 28 ff. 3 GAFFRON, Zum Nervensyst. der Trematoden. Zool. Beiträge. Bd. I. Breslau 1884. Anatomie von Garyophyllaeus mutabilis Rud, 19 Unter dieser Voraussetzung wird der Bau des Nervensystems einer Reihe weiterer Formen uns verständlich werden. -Bei den Tetra- rhynchengattungen Anthocephalus (A. elongatus und A. reptans) und Rhynchobothrium (R. corollatum) fand Lang vom Gehirn nach hinten verlaufend vier Längsstämme, von denen die beiden inneren in der Bulbenregion sich je in zwei Stämme theilten und die Rüsselkolben innervirten. (Man vgl. hierzu Lane, Untersuchungen zur vergl. Anat. u. Histol. d. Nervensystems der Plathelminthen, Mittheil. d. zool. Sta- tion zu Neapel. Bd. II. 1881. p. 373. Taf. XV, Fig. 1.) Die Vergleichung mit unserem Schema lässt erkennen, dass die beiden äußeren der vier Längsnerven die Hauptstämme sind, die bei- den inneren die zu je zwei vereinigten dorsalen und ventralen Längs- nerven repräsentiren. In der That giebt auch Lane! an: » Was Antho- cephalus reptans betrifft, so haben wir schon gesehen, dass jeder der beiden Rüsselkolbennerven mit einer unteren und einer oberen Wurzel, die sich gleich hinter dem Gehirn vereinigen, aus diesem entspringt Be: ; Sie sind sehr kräftig entwickelt, bedeutend stärker als die Seitennerven (nämlich die Hauptstränge) und lassen mitunter erkennen, dass jeder von ihnen aus zwei verbundenen Strängen besteht. « Das Nervensystem, wie es Nırmiec für Ligula simplicissima in seiner Untersuchung Taf. I, Fig. 1 darstellt, umfasst im Ganzen 14 Längsner- ven; acht derselben entspringen auf der Vorderseite des Gehirns und entsprechen ohne Zweifel den zwölf Kopfnerven von Garyophyllaeus mutabilis. Von diesen acht Nerven, die für unseren Fall nicht in Be- tracht kommen, abgesehen, bleiben noch sechs Stämme übrig. Bothriocephalus latus Brems. zeigt nach Nırmiec? im Vordertheil seines Skolex zehn Längsstränge; doch ist ihre Homologie mit den Täniennerven, wie schon erwähnt, zweifelhaft. Mir scheinen die vier seitlichen Stränge der aus der vorderen Kommissur zurücklaufenden Nerven den eben erwähnten sekundär hinzutretenden bei Ligula zu entsprechen; wenigstens erweisen sich die übrigen als unter sich zu- sammengehörig, denn sie sind mit einander durch Querkommissuren verbunden. Und dieser Stämme sind wiederum nur sechs vorhanden. An diesen Beispielen möge es genügen; sie würden sich an der Hand der vorzüglichen Arbeit von Nırmiec noch leicht vermehren lassen °. Das Nervensystem von Garyophyllaeus mutabilis repräsentirt den Typus für die Gestoden, wenn wir die vier lateralen Nebennerven den 1 Lang, a. a. 0. p. 386. 2 NıEMIEC, a. a. 0. Taf. I, Fig. 3. 3 Vgl. hierüber Joseru, Über das centrale Nervensyst. der Cestoden. Auszug aus dem Tageblatt der 59. Versammlung deutscher Naturforscher etc. 9% 20 Heinrich Will, Hauptstämmen zuordnen. Der Typus, der also sechs Längsnerven umfassen würde, stimmt mit dem von Lane an Tristomum molae und Pleurocotyle scombri!, von Garrron an Distomum isostomum gefunde- nen Resultaten? genau überein, wenn von der bei unserem Thier auftretenden ventralen Querkommissur der Hauptstränge abgesehen wird. Die ursprüngliche Anzahl der Längsnerven hat sich erhalten, wenn auch mit kleinen Abänderungen bei den Tetrarhynchengattungen Anthocephalus (A. elongatus und A. reptans) und Rhynchobothrium (R. corollatum). Eine Vermehrung derselben fand sich auf zweierlei Weise: 4) Durch Umbiegung und Zurückwachsen der vorn an der Gehirn- anschwellung entspringenden und ursprünglich nach vorn gerichteten Nerven bei Ligula simplieissima und Bothriocephalus latus. 2) Durch Abspaltung von den Hauptstämmen bei Caryophyllaeus mutabilis, den Tänien (T. crassicollis, T. coenurus, T. elliptica, T. ser- rata, T. mediocanellata) und Acanthobothrium (A. coronatum). Was den histologischen Bau des Nervensystems betrifft, so zeigen sowohl Hauptstämme und Nebennerven als auch .die Kommissuren zwischen ihnen auf Flächenschnitten den gleichen Bau. Sie sind vom umgebenden Parenchym nicht scharf abgegrenzt, lassen nirgends eine eigene Umhüllung erkennen und zeigen eine faserige Struktur. Man findet an ihnen ansitzend und — wenn auch spärlicher — in ihnen eingelagert eigenthümlich aussehende Zellen, von denen später aus- führlicher die Rede sein soll. Den feineren histologischen Bau kann man an den Hauptstämmen am besten studiren in Schnitten, die mit Indig-Borax-Karmin behandelt sind (Fig. 11). Man findet eine spon- giöse parenchymatische Substanz, die eine Menge intensiv blaugrün gefärbter Nervenfibrillen eingebettet enthält. Was nun die ansitzenden und hin und wieder eingelagerten Zellen anlangt (Fig. 42 und 13 nz,), so treten sie einzeln oder in kleinen Gruppen auf, der Anzahl der Kerne nach zu urtheilen, denn Zellgrenzen habe ich nicht wahrgenommen. Sie erscheinen in zwei Fortsätze aus- gezogen, die sich zwischen den übrigen Nervenfasern bald verlieren und haben Spindelform. An Zellen, die sich vom Nervenstamm etwas gelöst haben, lässt sich dieser Sachverhalt klar und deutlich erkennen. Der große Kern zeigt eine grobkörnige Struktur; ein großes deutliches Kernkörperchen — und darin liegt der Unterschied von den Kernen der Grundsubstanz — fehlt, hin und wieder scheint es, als ob zwei oder drei kleinere Kernkörperchen vorhanden wären, man ist jedoch 1 Lane, Mitth. d. zool. Station zu Neapel. Bd. II. 4884. 2 GAFFRON, Zool, Beiträge. Bd. I. Breslau 1884. Anatomie von Garyophyllaeus mutabilis Rud, 21 nicht sicher, da diese Stellen von den Körnchen desselben Kernes nicht immer mit gleicher Deutlichkeit hervortreten. Eine deutliche Protoplasmahülle habe ich nur stellenweise nachweisen können; dass dieselbe vorhanden, darf wohl nicht bezweifelt werden. Ich habe diese Resultate durch Vergleichung meiner Holzessig- Osmiumpräparate mit Indig-Borax-Karminschnitten gezogen, besonders deutlich waren die letzteren, da dort, wenn die Präparate gelungen, die Nervenstämme schön grün gestreift erscheinen und die Kerne roth. Über die Natur dieser Zellen ist schon vielfach geschrieben, ohne dass man sich völlig klar geworden wäre. Lang! berichtet in seiner Arbeit über die Plathelminthen von ihnen: »Charakteristisch sind für die Nerven noch scharf kontourirte länglich ovale Kerne nach Art der Kerne der Ganglienzellen, jedoch ohne Kernkörperchen mit mehreren größeren Körnchen im Inneren. Sie sind bei Thysanozoon 0,007 bis 0,009 mm groß und lassen an beiden Enden mitunter einen dünnen protoplasmatischen Belag erkennen.« Pınrner? sagt Folgendes: »Der Strang ist allenthalben von Kernen begleitet, die sich kaum von Paren- chymkernen unterscheiden, sie besitzen alle ein höchst spärliches Protoplasma, welches spindel- oder vielmehr fadenförmig angelagert ist, eine ellipsoide Gestalt, die Längsachse dem Längsverlauf der Stämme entsprechend orientirt, und legen sich so dicht gedrängt dem Stamme an, dass es, zumal auf Querschnitten, den Anschein hat, als ob sie einen Zellenbelag desselben bildeten.« Ähnlich schreibt Nırmisc 3 über diesen Punkt: »In den lateralen Strängen sind oft zahlreiche, stark tingirte Kerne vorhanden, um welche jedoch der Protoplasmaleib kaum zu erkennen ist. Hier gestaltet sich die Beantwortung der Frage nach der Natur dieser Kerne eben so schwierig, wie bei Schistocephalus‘. Bei Taenia mediocanellata und Taenia serrata konnte ich zeigen, dass das Fundamentalgewebe sich in das Nervensystem hineinerstreckt und bei erstgenannter Art ist es mir gelungen zu zeigen, in welche Lagerung die Parenchymzellen - selbst zu den Ganglienzellen der seitlichen Nervenstränge treten kön- - men. Angesichts dieser Thatsachen erschiene es gerathen, die in den Hauptsträngen vorkommenden Kerne dem Grundgewebe zuzuzählen. Andererseits hat der eigenthümliche Bau der Nervenstränge bei Schistocephalus uns zu der Annahme gedrängt, dass die Kerne Nerven- 1 Lane, Mitth. aus d. zool. Station zu Neapel. Bd. 1. 1879. p- 486. 2 PInTNER, a. a. 0. p. 70. Bd, II. 3 NIEMIEC, a. a. 0.p. 23. 4 Vgl. NıEMIEC, a. 4.0. p. 14, 22 Heinrich Will, zellen angehören. Nur die Annahme, dass die Kerne theils den in plasmischen Zügen sich erstreckenden Nervenzellen, theils dem ein- dringenden Grundgewebe angehören, kann uns über die schwierige Frage theilweise hinweghelfen. « Wenn wir nun die einzelnen Ansichten mit einander vergleichen, so sehen wir, dass Lang sich am klarsten über die Natur dieser Zellen geäußert hat. Pınrner giebt an, dass sie sich von den Parenchym- kernen unterscheiden, jedoch nicht, in welcher Weise; er kommt auf die Vermuthung, dass die zugehörigen Zellen einen Belag der Nerven- stämme bildeten. Im Verlauf dieser Untersuchung haben wir jedoch gesehen, dass eine eigene Umhüllung derselben nicht existirt, sonst müsste sie auf Querschnitten als solche hervorgetreten sein. Ich glaube daher mit Nıemiec, dass wir es in ihnen mit Nervenzellen zu thun haben. Von der Schwierigkeit, wie Nıevıec annimmt, scheint mir diese Frage jedoch nicht, ich glaube auch, dass Parenchymzellkerne an die Nerven- stränge hinantreten und vielleicht in sie eindringen können; aber es liegt kein Grund vor, dass diese Kerne damit die Beschaffenheit an- nehmen, wie wir sie an den in Frage stehenden Kernen wahrnehmen konnten. Also ich komme zu dem Resultate, alle Kerne, die ein großes, deutliches Kernkörperchen entbehren, dagegen einen grobkörnigen Bau zeigen, gehören Nervenzellen an; denn von solchen Zellen habe ich Fortsätze ausgehen sehen, die ohne Zweifel identisch mit Nerven- fibrillen sind!. Eine andere Art macht sich dem Auge schon eher bemerkbar (Fig. 15 nz). Bei Behandlung mit Fremmine’s Lösung und Holzessig sind dieselben intensiver gefärbt als ihre Umgebung. Auf günstigen Schnitten sieht man, dass wir es hier mit einem fast die ganze Zelle einnehmenden groben Kern zu thun haben, der eine körnige Struktur zeigt und ein großes deutliches Kernkörperchen enthält; nur stellen- weise in der Umgebung bleibt eine dünne Protoplasmahülle zurück. Die Form des Kernes ist übrigens eine sehr verschiedene; ich habe runde bis ovale gesehen, stellenweise sogar stäbchenförmige beobachtet. Die Zellen haben häufig mehrere deutliche Fortsätze. Dass Nerven an diese Zellen hinantreten, kann ich zwar bestimmt nicht behaupten; aber die starke Färbung durch Fremnine’sche Lösung und Holzessig, sowie ihre eigenthümliche Form ist für mich das Bestimmende gewesen, sie für Ganglienzellen zu halten. Am häufigsten finden sie sich in der Nähe der Nervenstämme, ! Vgl. auch KAnıane, Anatomie von Taenia perfoliata etc. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV und Hamann, Taenia lineata Goeze. Diese Zeitschr. Bd. XL. 4885. p. 718. Anatomie von Caryophyllaeus mutabilis Rud. 23 doch ohne denselben anzuliegen, wie die Zellen der ersten Art, vielfach auch zwischen den Dotterdrüsen und Hodenbläschen, und im Paren- chym um die Cirrusmuskulatur herum. Im Kopfe! habe ich eine ähnliche Art (nz,) in der Schicht der subeuticularen Zellen wiedergefunden?, einmal — diese Stelle ist in Fig.-8 dargestellt — stand eine derselben mit einem Nervenast deut- lich in Verbindung. Sie sind ebenfalls dunkel tingirt, besitzen einen großen Kern und senden nach der Körperoberfläche zwei oder drei dünne haarartige Fortsätze aus. Bei Methylenblaufärbung, die ich an lebenden Objekten machte, wurden die Zellen stets zuerst gefärbt. Man sah auch hier, dass diese Zellen sich vorwiegend im Kopfe befan- den, an anderen Theilen des Körpers spärlich oder gar nicht. Da diese Zellen einerseits (wie Fig. 8 zeigt) mit einem Nerven in Verbindung stehen, andererseits Fortsätze der Körperoberfläche entgegenschicken, so glaube ich sie als Sinneszellen in Anspruch nehmen zu müssen. Übrigens zeigen die besagten Zellen im Kopfe eine auffallende Ähn- lichkeit mit denen, die Sommer und Lanpoıs in ihrer Arbeit über Bothriocephalus latus Brems. im Zusammenhang mit dem sogenann- ten plasmatischen Gefäßsystem, also dem Nervensystem gefunden haben. Exkretionsgefäßsystem. In Betreff dieses Organsystems will ich nur so viel bemerken, als der Vollständigkeit halber nöthig erscheint. Ich habe eine systemati- sche Untersuchung dieser Fragen nicht vorgenommen: überdies existi- ren über diesen Gegenstand zwei schöne Arbeiten, die eine von FraıponT®, die andere von Pıntner®, die einander ergänzend die ein- schlägigen Punkte fast allseitig erschöpfend behandeln. In Betreff dieses Organsystems kommen zunächst zwei Fragen in Betracht, erstens die nach dem Verlauf der Exkretionsgefäße, zweitens die nach dem Ursprung derselben. Eine übersichtliche Darstellung von dem Verlauf hat Fraıont® in seiner Untersuchung gegeben. Er unterscheidet ein System feinster Kanälchen, ein oberflächliches Gefäßnetz und die absteigenden Kanäle. 1 Diese Zellen dürfen nicht mit Fibrillenzellkernen, die vielfach hier auftreten, verwechselt werden. 2 NIEMIEC, a.a. 0. p. 21. 3 FraıponT, Recherches sur l’appareil excreteur des Trematodes etc. Archives de biologie. T. I. 4880. 4 Pıntner, Arb. d. zool. Inst. d. Univ. Wien. Bd. II. 5 FRAIPONT, a. a. O, p. 437. 24 Heinrich Will, Von dem oberflächlichen Gefäßnetz sagt er, dass es am oberflächlichsten in der Rindenschicht gelegen ist, dass es hinter der weiblichen Ge- schlechtsöffnung in vier (zwei dorsale und zwei ventrale) Kanäle (Fig. I des Textes, auch Taf. I, Fig. 1 exa) ausläuft, die nach vorn führen (Fraıponr’s aufsteigende Kanäle) und durch Kommissuren, so- wohl unter sich als auch mit dem oberflächlichen Gefäßnetz weiterhin in Verbindung stehen, im Kopfe sehr komplieirt werden und daselbst in das System der absteigenden Kanäle (Fig. I des Textes und Taf. I, Fig. 1 exd) übergehen. Das letztere verläuft im Kopfe ebenfalls kom- plieirt, im Rumpf und Hals regelmäßig, fünf Stränge auf jeder Seite und mündet im Exkretionsporus aus. Auf Querschnitten der Rumpfgegend sieht man in Folge dessen mit großer Regelmäßigkeit 14 Stämme, zehn größere (exd) und vier kleinere (esca) außerhalb der Zone der erste- ren verlaufen; alle liegen in der Parenchymlage der Rindenschicht. Pıntner giebt die Zahl der Gefäße zwischen acht und zwölfan; den Unterschied zwischen aufsteigenden und absteigenden Gefäßen, der übrigens von v. BEnEDEn herrührt, macht er nicht. Er erwähnt darüber in Bezug auf v. BENEDEN!: »Sehr zutreffend beschreibt v. Benzpen den Verlauf der Hauptgefäße bei Caryophyllaeus mutabilis, indem er nicht nur die tiefer liegenden Hauptstämme, sondern auch das oberflächliche regelmäßige Maschenwerk fand, unklar ist mir, warum er die Kanäle dieses letzteren als »prenant leur origine en arriere et se rendant en avant« bezeichnet. Jedoch ein Punkt bleibt noch, der von beiden Autoren nicht genügend aufgeklärt wird, der Verlauf der Gefäße im Kopf. Ein Querschnitt durch den hinteren Theil des Kopfes (Taf I, Fig. 2) zeigt, dass neben dem subcuticular gelegenen System der ab- steigenden Gefäße noch zwei Stämme (exa) von bedeutend stärkerem Volumen auftreten, die regelmäßig innerhalb der Nerven im Paren- chym der Mittelschicht gelegen sind; im Hals treten jederseits zwei solcher Stämme — also im Ganzen vier — auf, im Rumpfe, wo die Dotterdrüsen die Mittelschicht einzunehmen beginnen, keine mehr. Es fragt sich nun, welches die Beziehung dieser Stämme zu den in der Rindenschicht verlaufenden ist. Meine Untersuchung ergiebt, dass die Stämme des Halses die Fortsetzung der aufsteigenden Gefäße (sche- matische Fig. II des Textes ex«a) des Rumpfes sind, dass sie sich im Kopfe jederseits zu einem einzigen Stamm (Taf. I, Fig. 2 exa) vereinigen und im Vordertheil desselben in das System der absteigenden Gefäße übergehen. Wenn wir also das Gefundene dem Bekannten einfügen, wird der 1 PınTNER, a. a. 0. p. 37. Bd. II. Anatomie von Caryophyllaeus mutabilis Rud. 25 Verlauf der Hauptstämme des Exkretionsgefäßsystems bei Caryophvl- laeus mutabilis sich folgendermaßen gestalten. Die aufsteigenden Kanäle (der beiden schematischen Figuren des Textes und Taf. I, Fig. 1 ea) verlaufen in der Rindenschicht auf der Grenze von Subeuticularzellen und Parenchymzone dorsal und ventral zu zweien; am Ende des Halses, wo die Dotterdrüsen aufhören, treten sie in die Mittelschicht über, verlaufen innerhalb der Nervenhauptstämme, vereinigen sich jederseits im hinteren Theil des Kopfes zu einem einzigen Stamm von starkem Volumen (Taf. I Fig. 2 exa) und treten im Vorderkopf in das System cd Pa / eu EN ex “ 74 N £ BL, N & o_ en a 7; S \ —< AR HR Fa Zn. 2 N se ” UT & = BER z SE En SE IE 32H ZN x Ö q > Sure ee dn 6) £) Nana I r S , \ Ri; ‚eva >17 Lxai 6, Er « ST a 8 d Er a IE ai \ Se 9 Pr a T) az ar SD 7 DT I S >,” ES N SF m IS 1 A x nn > - 5 M M 2 f Pi SL \; ca Fig. TI. Schematischer Querschnitt durch den Halstheil. Die Nerven sind der Deutlichkeit wegen etwa 2mal vergrößert eingezeichnet, eben so die Muskeln. AR, Rindenschicht; M, Mittelschicht. der absteigenden Gefäße über. Dieses im Kopfe sehr komplicirte Ge- fäßnetz sammelt sich in der Halsgegend in zehn größeren Strängen, die an der inneren Grenze der Rindenschicht liegen und geradeswegs dem Exkretionsporus zulaufen. Der Exkretionsporus, der am hinteren Ende gelegen ist, wird von beiden Autoren beschrieben, wie ihn schon Steupener ! angegeben hat. Er besteht aus zwei Theilen, deren vorderer kugelförmig bis eiförmig durch den Zusammentritt der zehn absteigenden Exkretionsgefäße ge- bildet wird, deren hinterer eine eichelförmige Vertiefung des hinteren Körperendes darstellt, mit einer ziemlich starken Muskulatur versehen und kontraktil ist. Was die Frage nach dem Ursprung der Exkretionsgefäße anlangt, so habe ich dem, was bereits Pınrner gefunden, nichts hinzuzufügen. ! STEUDENER, a. a. O. p. 290, 26 Heinrich Will, Die Exkretionsgefäße stehen durch das oberflächliche Gefäßnetz mit feinsten Kanälchen in Verbindung!, die an ihrem freien Ende durch eine Geibelzelle abgeschlossen werden. Diese Zellen liegen auf der Grenze zwischen der Schicht der Faserzellen und des Parenchyms der Rindenschicht und sollen sich nach Fraımont zu kleineren Gruppen vereinigen, die gemeinsam in das Gefäßnetz ausmünden. Von einem lacunärem System?, mit dem die Endorgane nach demselben Autor durch Öffnungen in Verbindung treten, sowie die Öffnung einer jeden Endzelle selber, habe ich nicht konstatiren können. Die Wände der Exkretionsgefäße (ausgenommen die feinsten Kanälchen) lässt Pıntner® mit einem Epithel ausgekleidet sein; ich muss gestehen, dass mir der Nachweis eines solchen nicht gelungen ist; ich fand jedoch die körnigen Ablagerungen in der nächsten Um- gebung der Gefäße, die Pınrner ebenfalls erwähnt, wieder. So viel ich an meinen Indig-Borax-Karminpräparaten erkennen konnte, sind je- doch Ringfibrillen in der Wandung gelegen, die auch v. Rosoz ge- funden®. Die Geschlechtsorgane. In Betreff der Geschlechtsorgane nahm Caryophyllaeus mutabilis Rud. nach den Beschreibungen der bisherigen Autoren eine gewisse Ausnahmestellung ein. Von den verschiedenen Darstellungen will ich hier die v. Brnepen’sche5 und die von M. ScuuLtze, die Carus in seinen Icones zootomicae® gebracht hat, welche letztere auch von ZscHokkE’ bestätigt wurde, hervorheben. Nach denselben würden wir es mit einem langen, vielfach gewun- denen Uterus zu thun haben, in den am hinteren Ende die Geschlechts- drüsen durch ihre Gänge einmünden. Außerdem trägt in der CArus- schen Figur der Uterus in seinem vorderen Ende ein langgestieltes Receptaculum seminis. Unser Thier würde sich somit, abgesehen von dem Receptaculum seminis, den Verhältnissen, die bei den Trematoden vorliegen, nähern; allerdings nur theilweise, denn wir wüssten nicht, wo wir den Gang, der dem Laurer’schen Kanal entspricht, zu suchen hätten. In den letzten Jahren ist eine weitere Arbeit über diesen i Vgl. Pıntser, a. a. 0. p. 43. Bd. IM. 2 FRAIPONT, a. a. O. p. 427. 3 PINTNER, p. 22. Bd. II. * Vgl. v. Rosoz, a. a. 0. p. 275. 5 v. BENEDENn, Me&emoire sur les vers intestinaux. 6 Carus, Icones zootomicae. Tab. VII, Fig. 44. 7 ZSCHOKKE, Recherches sur l’organisation et la distribution zoologique des vers parasites des Poissons d’eau douce. Arch. de biologie. Tom V. Anatomie von Garyophyllaeus mutabilis Bud. 237 Gegenstand erschienen von St. Remy!. Letztere bringt einiges Licht in die Verhältnisse, indem sie nachweist, dass das langgestielte Recep- taculum von der Carus’schen Figur in den Eileiter einmündet und somit eine Scheide vorstellt, verdeckt aber andererseits die wirkliche Sachlage wieder, indem sie den Uterus blindsackförmig enden und durch einen besonderen Utero-Vaginakanal, der übrigens unserem Thier von allen Cestoden allein zukommen soll, in den Anfangstheil der Scheide überführen lässt. Ich finde in meiner Untersuchung, dass der Uterus nicht blind- sackförmig abschließt, dass also ein Utero-Vaginakanal im Sinne von St. Remy nicht existirt. Die Beziehungen des Geschlechtsapparates von Caryophyllaeus mutabilis Rud. zu den Bothriaden einerseits und — falls wir in dem Laurer’schen Kanal eine Scheide erblicken können — zu den Trematoden andererseits gestalten sich dadurch äußerst einfach und die bisherige exceptionelle Stellung wird hinfällig. Den weiblichen Geschlechtsapparat können wir nunmehr in aller Kürze folgendermaßen beschreiben (Taf. I, Fig. 17). Wenn wir vor- läufig von Ovarium (ov) und Dotterdrüsen (dr) absehen, die später beschrieben werden sollen, so finden wir, dass drei Geschlechtsgänge, der Oviduct (od), der durch die Vereinigung der paarigen Ausführgänge der Ovarien entsteht, der Dottergang (vid), der in gleicher Weise aus den beiden Sammelgängen der Dotterdrüsen seinen Ursprung nimmt, und der Endabschnitt der Scheide (sd) sich vereinigen und zusammen- münden in die Schalendrüsen (oo), dass aus denselben der Uterus (u!) austritt, der in drei Theile zerfällt, den vielfach gewundenen Anfangs- theil (ut), den zweiten stark hervortretenden eigentlichen Uterus (uis) und den Endabschnitt (wi;). Uterus und Scheide laufen kurz vor der weiblichen Geschlechtsöffnung zusammen und münden in diesen ge- meinsamen Endabschnitt (wv) nach außen, eine Eigenthümlichkeit, die Caryophyllaeus mutabilis allein zukommt. Die Scheide läuft übrigens in fast gerader Richtung ventral, während der Uterus in großen Krüm- mungen dorsalwärts sich hinzieht. Nachdem wir den weiblichen Geschlechtsapparat im Umriss be- schrieben haben, bleibt noch übrig, genauer auf die einzelnen Theile desselben einzugehen, wir wollen mit den Geschlechtsdrüsen und ihren Ausführgängen beginnen. Die Ovarien (Taf. II, Fig. 17 ov) liegen paarig im hintersten Viertel des Thieres, und zwar in den lateralen Theilen der Mittelschicht. Sie haben bei jungen Thieren eine fächerartige Form mit geringen peri- 1 St. Remy, Recherches sur la structure des organes genitaux du Caryophyl- laeus mutabilis Rud. Revue biologique du nord de la France. Tome II. 1889-1890. 28 Heinrich Will, pherischen Ausbuchtungen; bei älteren Exemplaren ziehen sich die Ausbuchtungen in lange Schläuche aus, die, einander kreuzend, den Ovarien ein gitterartig durchbrochenes Aussehen verleihen. Sr. Remy! findet, dass sie vom umliegenden Parenchym keine scharf definirten Kontouren zeigen, ich kann hierin demselben nicht beistimmen; auf dünnen Querschnitten lässt sich eine scharfe Grenze mit Leichtigkeit nachweisen. Die Grenzmembran geht allerdings in das umliegende Parenchymgewebe kontinuirlich über, so dass der Inhalt der Ovarien in dem Parenchym eingebettet liegt. Die von mir geschnittenen Ob- jekte waren noch nicht geschlechtsreif; der Inhalt wurde hier von einem Protoplasma gebildet, in dem Kerne ziemlich dicht eingebettet lagen. Bei Indig-Borax-Karminfärbung zeigten sich die Kerne schön roth ge- färbt, das Protoplasma war grün und hatte ein körniges Aussehen. Die Zellkerne sind etwas kleiner, als die der Faserzellen. Von jedem der beiden Ovarien führt an der ventralen Seite des Thieres ein weitlumiger Ausführgang (Taf. II, Fig. 17 u. 18 agO) median- wärts; beide Gänge vereinigen sich in der Medianlinie zu einem un- paaren Oviduct (od). Von den Ausführgängen lässt sich Besonderes nicht sagen; nur dass die Wandung, die sonst die gleiche Struktur zeigt, wie bei den Ovarien, hier stärker wird. Sie tritt auch auf den Oviduct über und wird hier zur Intima, so lange im Lumen ein Epithel nicht auftritt. Auf Querschnitten er- &cheint sie als stark lichtbrechende, helle und strukturlose Membran. Im größten Theil des Oviducts tritt Epithel (Taf. II, Fig. 19 od) auf; ein Querschnitt in dieser Gegend zeigt von innen nach außen gerechnet (Taf. II, Fig. 22 od) Epithel, stark lichtbrechende Membran und endlich eine einschichtige Lage radial gestellter Zellen, die kurze Ausläufer an die Wandung senden. — Die Kerne dieser Zellen sind etwa 2/, des Durchmessers der Subeutieularzellkerne. Übrigens waren die von mir untersuchten Stadien noch nicht geschlechtsreif; das Lumen der paari- gen Ausführgänge der Ovarien fehlte noch, dort spannte sich proto- plasmatische Substanz netzartig zwischen der Wandung aus, wie das in Fig. 18 an dem angeschnittenen Theil des Ausführganges (ag0) zu bemerken ist. Die Dotterdrüsen (Taf. II, Fig. 17 u. 20) liegen im ganzen Körper zerstreut; abgesehen von Kopf und Hals sind sie überall zu finden, und zwar stets, was für Caryophyllaeus mutabilis charakteristisch erscheint, innerhalb der inneren Muskellage, also noch in der Mittelschicht. Zwar habe ich einzelne Stellen gefunden, wo dies nicht der Fall schien; aber überall ließ sich bei genauerer Untersuchung konstatiren, dass ! St. Remy, a, a. O. Extrait de la Revue etc. p. 3. BE fe a ah 2 Ems . a ER an nn a in Eh ein. Ya sa 2 0m nl Ace a Al are un SE nt AR Marin: now Anatomie von Oaryophyllaeus mutabilis Rud, 29 sie beim Abtödten des Thieres die Muskelgewebe dort unnatürlich ge-. dehnt oder gar durchbrochen hatten; denn, wie bereits erwähnt, ist die Muskulatur unseres Thieres verhältnismäßig schwach entwickelt. Die Dotterdrüsen sind kleine rundliche Zellkomplexe, die dem Paren- chym, von dem sie übrigens scharf abgegrenzt erscheinen, eingelagert sind (Taf. II, Fig. 20 dr). Sie besaßen schmutziggrün bis röthlich ge- färbte Zellkerne. Im hintersten Theil nehmen sie bis kurz vor dem Exkretionsporus die ganze Mittelschicht ein. Jede einzelne Dotterdrüse mündet in einen feinen, in gerader Richtung verlaufenden Gang aus. Alle diese Ausführgänge (Taf. II, Fig 47 u. 20) vereinigen sich zu größeren und führen schließlich in vier Stämme, von denen zwei von vorn her, zwei von hinten her den Dotter zubringen (Fig. 17 pdg). In der gleichen Gegend etwa, wo die Ausführgänge des Ovariums austreten, vereinigen sich die Stämme jeder Seite zu einem medianwärts verlaufenden (udg), der in das so- genannte Dotterreservoir (res) führt (Taf. II, Fig. 17). Die Wandung dieser Gänge ist bei Hämatoxylinpräparaten eine farblose, stark licht- brechende Membran mit sparsam ansitzenden Kernen. Von dem Dotterreservoir wird der Dotter durch den unpaaren Dottergang oder Vitelloduct (Taf. II, Fig. 47 vid) in den aus der Ver- einigung von Oviduct und Befruchtungsgang entstandenen Stamm übergeleitet. Der feinere Bau des Dotterganges ist etwas anders, als der des Oviducts; auf Querschnitten (Fig. 22 vid) sieht man eine starke Epithelschicht und um dieselbe herum eine Anzahl radial gestellter Zelien. Wenn zwischen beiden noch eine, der strukturlosen Membran entsprechende Schicht vorhanden ist, so tritt sie wenigstens sehr stark zurück. Die Scheide (Taf. II, Fig. 17) liegt ventral und erstreckt sich ohne starke Krümmung nach den Schalendrüsen hin; sie wird durch Binde- gewebsfasern stellenweise an der Bauchwand befestigt. Sie zerfällt, abgesehen von dem mit dem Uterus gemeinsamen Abschnitt (Fig. 17 wv) in drei Theile, erstens den anliegenden und langen Scheidenkanal (vA) (nach Sommer und Lanpoıs), zweitens dessen flaschenförmig aufge- bauchtes Ende (rs), das Receptaculum seminis, drittens den in den Oviduct überführenden, sehr englumigen Befruchtungsgang (sd). Die beiden ersten Abschnitte sind schon früh bekannt geworden, sie ent- sprechen dem langgestielten Receptaculum seminis von Carus’ Figur. _ Wie man aus der Form der Ovarien in der letzteren sieht, ist das zu Grunde gelegte Exemplar noch ein junges gewesen; wenn man außer- dem die Unvollkommenheit der damaligen Methoden berücksichtigt, kann es nicht auffällig erscheinen, dass der Befruchtungsgang über- 30 Heinrich Will, sehen wurde. Die Scheide (Taf. II, Fig. 23 vk) ist im Inneren von einer homogenen, stark lichthrechenden Cuticula ausgekleidet, besitzt eine Ringfaserschicht, die im Scheidenkanal und Befruchtungsgang (Taf. II, Fig. 21) stark entwickelt ist und wird wie Eileiter und Dottergang von einer spärlichen, einschichtigen Zellenlage umgeben, die mit den Faserzellen des Thieres manche Ähnlichkeit besitzen!. Der Scheiden- kanal, der stellenweise Längsfaltungen zeigt, so dass er auf Quer- schnitten ein sternförmiges Ansehen erhält, ist im Lumen mit starren Härchen besetzt. In jungen Stadien enthält das Lumen der Scheide, wenigstens des Scheidenkanals und des Receptaculum seminis eine zellige Masse mit deutlichen Kernen; späterhin verschwindet dieselbe im Scheidenkanal; im Grunde der Scheide, dem Receptaculum seminis, scheint sich dieselbe wenigstens theilweise als epitheliale Auskleidung zu erhalten. Diese drei bisher beschriebenen Theile vereinigen sich sämmtlich vor der Schalendrüse (Fig. 1700) und zwar so, dass der Befruchtungs- gang in den Oviduct führt und der aus beiden hervortretende Stamm den Dottergang kurz vor der Schalendrüse aufnimmt. Die letztere liegt ebenfalls ventral, jedoch nicht median, sondern mehr der einen Seite zugewandt und hat kugelige oder ovale Form. Bei genauerer Betrach- tung (Fig. 22) findet man, dass dieselbe aus zwei Schichten zusammen- gesetzt ist. Zu innerst liegt das Epithel, dann folgt eine Lage langge- stielter birn- oder keulenförmiger Zellen, die sich vor den anderen durch ihre starke Größe auszeichnen. St. Remy hat sich über ihre Natur und Rolle nicht ausgesprochen; aber nach alledem, was wir bereits über den Geschlechtsapparat der CGestoden und verwandter Formen kennen, unterliegt es keinem Zweifel, dass wir in diesem Organ die Schalendrüsen zu verstehen haben. Die großen Zellen re- präsentiren die einzelligen Drüsen; wenn wir stärkere Vergrößerungen hinzuziehen, finden wir auch, dass sie die Epithelschicht durch- brechen und mit dem Lumen direkt in Verbindung treten. Sr. Remy? will im Lumen dieses Organs eine Wimperung konstatirt haben; etwas Derartiges ist mir nicht aufgefallen. Einen körnigen Inhalt habe ich in einzelnen Exemplaren freilich gefunden; doch scheint mir dieses nicht weiter von Belang; schon Srırpı erwähnt in seiner Be- schreibung von Bothriocephalus latus Brems. eine körnige Masse, die er hier gefunden haben will, und ist geneigt, dieselbe für Dottermasse zu halten. Wir haben hier noch nicht geschlechtsreife Exemplare vor uns und können daher eine Dottermasse nicht wohl annehmen; mir 1 St. Remy, vgl.a.a.0. p.5. 2 St. Remy, a. a. 0.p.6. Anatomie von Caryophyllaeus mutabilis Rud. 31 scheinen diese Bestandtheile von degenerirten Zellen der Geschlechts- gänge herzurühren. Der Uterus (Fig. 17 ut) liegt dorsal und verläuft in vielen Win- dungen. Er ist an der Dorsalwand befestigt, ähnlich wie die Scheide ventral. Auch hier lassen sich drei Theile unterscheiden, der An- fangstheil (ui), der eigentliche Uterus (ui)) und der Endabschnitt (ut;). Der erstere ist bei unserem Thier sehr lang und verläuft in ziemlich komplieirten Windungen theils dorsal, theils lateral von den Schalen- drüsen, also im hinteren Theil der die Geschlechtsorgane führenden Zone. Der eigentliche Uterus, mit weiterem Lumen als der Anfangs- theil, verläuft dorsal von der Scheide zwischen den beiden Ovarien und füllt durch seine Windungen den von denselben freigelassenen centralen Raum aus. Der Endabschnitt verläuft in einem $-förmig ge- krümmten Bogen von dem vordersten Punkt, den der Uterus erreicht, zurück nach dem gemeinsamen Ausführabschnitt. St. Remy! fasst in seiner Arbeit nach der von v. BENEDEN ge- brauchten Bezeichnung Schalendrüsen, Anfangstheil des Uterus und eigentlichen Uterus, sämmtlich als Theile des von ihm sogenannten Oviductes auf; und zwar repräsentirt nach ihm der eigentliche Uterus den die Schalendrüsen führenden Theil seines Oviducts. Dann soll nach ihm der Uterus folgen, der, wie schon früher erwähnt wurde, blindsackförmig abschließen und durch den Utero-Vaginakanal in den Endabschnitt der Scheide einmünden soll. Ich habe nun von zwei Serien Schnitt für Schnitt aufgezeichnet und das Lumen von einem zum anderen verfolgt. Das Ergebnis war, dass ein blindsackförmiges Ende nur scheinbar existirte, dass wir an dieser Stelle es mit einer Uterus- schlinge zu thun hatten, die so gelegen war, dass ein Arm ventral, der andere dorsal und die Umbiegungsstelle nach vorn sich befand. Somit wird ein besonderer Utero-Vaginakanal hinfällig. In dem Theil, den ich bereits als eigentlichen Uterus aufgeführt habe, sieht St. Remy den Schalendrüsen führenden Theil; dieses Stück (Taf. II, Fig. 24 und 23 ui,) zeichnet sich nämlich durch eine stark entwickelte Schicht radial ge- richteter Zellen aus, die mit kurzen Fortsätzen an der Wandung sich anheften. Ich kann seiner Ansicht nicht beitreten; denn einerseits haben wir die Schalendrüsen unmittelbar hinter dem Zusammenfluss von Oviduct, Vitelloduct und Befruchtungsgang bereits vorgefunden, andererseits ist meiner Ansicht nach die betreffende Zellenlage völlig identisch mit derjenigen, welche bei Bothriocephalus latus Brems. den eigentlichen Uterus umgiebt. Ich komme demnach zu dem Resultat, dass in dieser Partie der eigentliche Uterus zu sehen ist. Was noch 1 St. Remy, a.a. 0.p. 6u. 7. 32 Heinrich Will, übrig bleibt, der mittlere Abschnitt des Oviduets von Sr. Remy, ist nichts Anderes, als der Anfangstheil des Uterus. Ich mache hier darauf aufmerksam, dass der Begriff Oviduct von v. BEnepen und Sr. Remy nicht mit dem zu verwechseln ist, was wir nach der üblichen Be- zeichnungsweise so genannt haben; Sr. Reuy’s Oviduct beginnt von da ab, wo die drei Elemente des Wurmeies zusammentreffen; wir haben dafür den Ausdruck Uterus. | Wenn wir nun genauer auf die Wandungen eingehen und uns der Indig-Borax-Karminpräparate bedienen, so finden wir Folgendes: Der Anfangstheil wird aus einer einfachen Epithelschicht gebildet, die von einer zarten Ringfaserschicht umgeben, im Parenchym eingebettet liegt. Der eigentliche Uterus (Taf. II, Fig. 23 und Fig. 24 uts) zeigt in jungen Stadien — und solche haben wir hier vor uns — ein deutliches Epithel, dann eine Ringfaserschicht und wird von der oben beschrie- benen mächtigen Zellenlage umgeben. Diese Zellen sind in den vor- liegenden Präparaten schön roth gefärbt und treten durch grüne Fort- sätze mit der Ringfaserschicht in Verbindung, woraus man wohl schließen darf, dass eine Drüsenfunktion diesen Zellen nicht zukommt!. Ich möchte auf die epitheliale Auskleidung des Uterus besonders auf- merksam machen, weil die Ansichten bei Bothriocephalus latus Brems. noch sehr aus einander gehen?. Lruckarr sowie Sommer und Lannoıs finden kein Epithel; jedoch Srieva und späterhin Monızz beschreiben ein solches und neuerdings betont Scamipr das Vorhandensein desselben wieder ausdrücklich. Über die Wandung des Endabschnittes (Taf. II, Fig. 25 ut,) können wir uns kurz fassen, er gleicht ganz dem Scheiden- kanal; auch die Längsfaltungen, die dort auftreten, habe ich stellen- weise hier beobachtet. Vom Endabschnitt des Uterus kommen wir zum gemeinsamen Ausführgang für Vagina und Uterus (Taf. II, Fig. 17wv und Fig. 26). Derselbe mündet in der weiblichen Geschlechtsöffnung, also ventral, aus, erstreckt sich mit seinem hinteren Theil schräg nach hinten und dorsalwärts und nimmt einerseits den Endabschnitt des Uterus, andererseits den Scheidenkanal auf. Die Struktur bietet nichts Neues, die Cuticula der Körperoberfläche tritt kontinuirlich über; sie wird nach außen von einer Ringfaserschicht umgeben und besitzt weiter eine einschichtige Zellenlage, der Faserzellenschicht entsprechend. Der Ausführgang entsteht nun nicht etwa durch direkte Einstülpung 1 Die Ringfaserschicht tritt an Fig. 24 nicht deutlich hervor, weil die Ver- srößerung zu schwach ist. 2 Scumipt, Beiträge zur Kenntnis der Entw. der Geschlechtsorgane einiger Cestoden. Diese Zeitschr. Bd. XLVI. p. 174. Anatomie von Caryophyllaeus mutabilis Rud. 33 der Cuticula, sondern wird angelegt, indem dieselbe an dieser Stelle sich in Form eines Ringwalls nach innen emporwölbt und diese Falte im Laufe der Entwicklung weiter und weiter vorschiebt. Im Lumen des Ringwalles und des späteren Ausführganges befindet sich eine zellige Masse, die späterhin zu degeneriren beginnt und endlich gänz- lich schwindet. Das Deckelstück, also der die Geschlechtsöffnung ver- schließende Theil der Cuticula schnürt sich im Laufe der Entwicklung rund herum von der Wandung des Ausführganges ab und somit wird erst kurz vor der weiblichen Geschlechtsreife die Kommunikation nach außen hergestellt. Bei einem Exemplar, das bereits Spermatozoen zu entwickeln begann, war die Öffnung des weiblichen Apparates noch nicht gänzlich hergestellt. Das in der Fig. 26 vorgelagerte Stück (dst) ist der Schnitt eines solchen Deckelstücks. Weit einfacher als der weibliche Apparat ist der männliche (Fig. 17). Er besteht einerseits aus den Hodenbläschen (Ho) mit ihren Ausführ- gängen und dem cisternenartigen Sammelraum (Taf. II, Fig. 30), an- dererseits dem Vas deferens (vd), das vor der männlichen Geschlechts- öffnung in eine als Vesicula seminis dienende Erweiterung (vs) über- geht und dann durch den Cirrus nach außen führt. Die Hodenbläschen (Taf. II, Fig. 27) haben ihrer Form nach viel Ähnlichkeit mit den Dotterdrüsen, sind ebenfalls von einer mit dem Parenchym zusammenhängenden Grenzmembran umgeben. Sie lie- gen im Inneren der Mittelschicht und sind stets von einer Zone paren- chymatischen Füllgewebes umgeben, während die Dotterdrüsen an der Peripherie der Mittelschicht zwischen Muskeln und Faserzellen- strängen eingeklemmt erscheinen. Übrigens zeichnen sie sich durch eine bedeutendere Größe und reinere Färbung (schön rothe Zellkerne) vor den letzteren aus. Mit jedem Bläschen steht ein besonderer, ge- rade verlaufender Ausführgang in Verbindung, der sich mit anderen zu größeren Gängen vereinigt; dieselben führen schließlich in den eisternenartigen Sammelraum (Fig. 30 smir), der an der ventralen Seite des Thieres gelegen ist. Die Struktur, der Hodenbläschen mit ihren Gängen erinnert mit Recht an das Bild von nackten Zweigen, die mit Beeren besetzt sind, wie das Sommer und Lanvoıs bemerkt haben. Die - Wandung der Vasa efferentia, sowie des Sammelraums (Taf. II, Fig. 30) bestehen aus einer parenchymatischen, stark lichtbrechenden Mem- bran, die spärlich mit Kernen besetzt ist. Das Vas deferens (vd) liegt ebenfalls ventral und verläuft in viel- fachen kleinen Schlängelungen der männlichen Geschlechtsöffnung zu. Die Wandung (Taf. I, Fig. 29) desselben besteht aus einer Epithelschicht (ep), die von einer zarten Lage von Ringfasern (rfbr) und einer wenig Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI, Bd. 3 >4 Heinrich Will, dichten Lage von radial gestellten Zellen (rdz) umgeben ist. Genau so beschaffen ist die Wandung der Samenblase, nur ist die Epithelschicht wegen des weiteren Lumens schwächer und die Kerne wölben sich nach innen vor. Mit der Vesicula seminis hebt der dritte Theil des männlichen Geschlechtsapparates, der hervorstülpbare und der Begattung dienende Cirrus an. Von der Vesicula seminis ab nämlich verläuft das Vas deferens in wenigen Spiralwindungen der männlichen Geschlechts- öffnung zu; kurz vor derselben tritt eine zweite Erweiterung auf, die durch die männliche Geschlechtsöffnung nach außen mündet. Das Ganze ist von einer muskulösen Hülle umgeben. Sr. Remy findet, dass erst unter der zweiten Erweiterung die Vesicula seminis zu verstehen sei, die erstere hat er meiner Ansicht nach übersehen; er behauptet ferner, dass bei unserem Thier von einem eigentlichen Cirrus nicht die Rede sein, dass höchstens eine kleine Papille, auf der die männ- liche Geschlechtsöffnung ausmünden soll, als rudimentäres Gebilde dieser Art in Anspruch genommen werden könne. Ich habe nun an meinen geschlechtsreifen Exemplaren mich davon überzeugt, dass erstens ein Cirrus, wie bei den übrigen Cestoden vorhanden ist, dass zweitens die letzte Erweiterung nicht als Vesicula seminis fungirt, sondern sich mit einem Theil des zwischen ihr und der Samenblase spiralig aufgewundenen Vas deferens als Cirrus hervorstülpt. Die Aus- stülpung (vgl. Taf. II, Fig. 31) erfolgt bei geschlechtsreifen Exemplaren augenblicklich, wenn man der 1/, °/yigen Kochsalzlösung geringe Mengen Cocain zusetzt, worauf mich Professor BLochmann aufmerksam machte. Was die Wandung dieses Theiles anlangt, so tritt in die männliche Geschlechtsöffnung die Guticula der Körperoberfläche kontinuirlich über und kleidet auch den Cirrus, wenigstens den vorderen Theil des- selben aus; im Endtheil desselben sitzen der Cuticula vereinzelt zellige Gebilde auf, die darauf schließen lassen, dass in früheren Stadien hier ein Epithel bestanden hat. An die Cuticula schließt sich die Schicht der Ringfibrillen an, die von der Lage der radial gestellten Zellen umgeben wird. Ein Querschnitt durch den Cirrustheil wird also, von innen nach außen gerechnet, zeigen: zellartige Anhänge, cuticulare Schicht, Schicht der Ringfibrillen und Lage der hier spärlich auftretenden radial ge- stellten Zellen. Die muskulöse Umhüllung (Taf. II, Fig. 28) hat eine ovale Form mit der Längsachse von vorn nach hinten; allerdings tritt in der Richtung der männlichen Geschlechtsöffnung eine Abweichung ein, indem die Längsmuskeln derselben parallel mit dem Ausführgang gegen die Cutieula des Körpers um die männliche Geschlechtsöffnung herum aus- Anatomie von Garyophyllaeus mutabilis Rud. 35 strahlen. In dieser Masse lassen sich drei Arten von verschiedenen Muskeln unterscheiden, zu äußerst Ringmuskeln !, zu innerst Längs- muskeln (lm), jedoch ohne scharfe Trennung. Innerhalb der Hülle treten vereinzelt, aber desto stärker ausgebildet, Radialmuskeln (rdm) auf, die sich einerseits in der Muskelhülle, andererseits an den Wan- dungen des Cirrustheiles inseriren. Ein Zusammenhang der Muskel- hülle mit der Körpermuskulatur besteht nirgends. Der Mechanismus der Vorstülpung scheint mir nach dem, was ich an lebenden Thieren beobachten konnte, folgendermaßen vor sich zu gehen: indem die Muskelhülle sich zusammenzieht, wird ein Druck auf den Inhalt derselben ausgeübt. Der Spermamasse wird durch die im Lumen des Cirrus befindlichen zellartigen Gebilde der Weg ver- sperrt, es bleibt also nichts Anderes übrig, als dass der spiralförmig aufgerollte Cirrustheil sich handschuhfingerförmig durch die gemein- same Kloakenöffnung nach außen vorstülpt. Sobald die Muskelhülle in ihrer Wirkung nachlässt, wird der Cirrus durch die Radialmuskeln wieder eingezogen und spiralförmig zusammengelegt. Bevor ich zum Schluss meiner Arbeit komme, möge es mir ver- stattet sein, einige Bemerkungen in Bezug auf Entwicklungsgeschichte _ der Geschlechtsgänge anzufügen. Scuwmior, der sich genauer mit dieser Frage befasst hat, kommt zu dem Resultat, dass ein Geschlechts- gang stets aus einem Zellenstrang (Scamipr’s Epithelstrang) hervorgeht und zwar in der folgenden Weise. Dieser Zellstrang sondert sich durch eine scharfe Kontour aus dem Zellkomplex, der die primitive Anlage der Geschlechtsgänge bezeichnet, ab, und bildet in seinem Innern ein Lumen aus, in dem die Zellen mit ihren Kernen aus einander rücken. Ich kann nun Scuuipr bei der Entstehung der Gänge mit Epithel wohl - beistimmen;; also beim Vas deferens mit Samenblase beim männlichen Geschlechtsapparat, beim Uterus (incl. Schalendrüsen), abgesehen vom - Endabschnitt, sowie beim Oviduct und Dottergang beim weiblichen Apparat. Anders liegt jedoch die Sache im gemeinsamen Endabschnitt für Uterus und Vagina. Wie schon erwähnt, zeigt hier die central ge- -legene Zellmasse keine Spur von Epithelbildung, sie zeigt vielmehr bei fortschreitender Entwicklung eine schwammig lockere Struktur, bis schließlich die Gewebe zerreißen und als letzter Rest Konglomerate - von Zellkernen im Lumen zurückbleiben. Ich muss in diesem Falle mit 14 Moniızz behaupten, dass wohl eine Lumenbildung durch Degeneration stattfinden kann?. Bei der Scheide und dem Endabschnitt des Uterus } scheint allerdings in frühen Stadien ein Epithel aufzutreten, ist je- doch von so kurzem Bestand, dass es noch vor der Geschlechtsreife 1 Sie sind in der Figur nicht sichtbar, 2 SCHMIDT, a. a. 0. p. 22 Anm. 3%* 36 Heinrich Will, wieder verschwindet. Meiner Meinung nach sind die Härchen des Scheidenkanals auf dasselbe zurückzuführen. Die Entstehung des gemeinsamen Endabschnittes für Uterus und Vagina habe ich bereits bei Besprechung seiner Struktur genauer angegeben; wie weit jedoch die Cutieularfalten nach innen sich vorschieben, ob die Scheide und der Endabschnitt des Uterus durch ihre Vermittelung angelegt werden, diese wichtige Frage bleibt zu erledigen; es ist anzunehmen, da jene Gänge im Inneren mit einer cuticularen Auskleidung versehen sind. Ich habe jedoch darüber genaue Untersuchungen nicht angestellt und will mich desshalb aller weiteren Erörterungen enthalten. Wenn wir zum Schluss die Resultate noch einmal zusammenfassen und aus denselben Schlüsse für die Beurtheilung der systematischen Stellung von Caryophyllaeus mutabilis Rud. ziehen, so finden wir zwar Einiges, das ihm eigenthümlich ist, aber wir finden dasselbe nirgends in dem Grade, dass keine Übergänge existiren sollten. Der Mangel der Proglottidenbildung, sowie der einfache Ge- schlechtsapparat hat ihm bereits die phylogenetisch wichtige Stellung einer primitiven Form gesichert. Übergänge existiren jedoch auch hier. Es hat sich zwar herausgestellt, dass im geschlechtsreifen Zu- stande die Liguliden neben der Wiederholung des Geschlechtsapparates eine Proglottidenbildung zeigen; jedoch es bleibt fraglich, ob die Iso- lirung in dem Maße durchgeführt ist wie bei den Bothriocephaliden; und die Proglottis dieser letzteren erreicht bei Weitem nicht die Indi- vidualisationsstufe der Tänien, wo sie sich stets einzeln ablöst und noch längere Zeit selbständig fortlebt. In Betreff des Nervensystems bleibt, wie wir im Laufe der Unter- suchung gesehen, die Stellung einer Stammform ebenfalls gewahrt. Die beiden Hauptstämme, die die ganze Länge des Thieres durchziehen und etwas hinter dem Kopf durch eine dorsale und eine ventrale Querkommissur in Verbindung treten, hat er mit den übrigen Cestoden gemein. Als neu treten hier die ventral und dorsal paarig verlaufenden Nebennerven auf, die ihrer ganzen Bauart nach auf eine ursprüngliche Gleichwerthigkeit mit den Hauptstämmen schließen lassen. Das Nerven- system besteht also hier aus sechs Längsnerven, die in ziemlich regel- mäßigen Abständen durch Ringkommissuren mit einander in Verbin- dung treten, und gleicht dem für die Trematoden gefundenen Typus vollkommen. Bei den übrigen Cestoden sind die Nebennerven (zwei dorsale und zwei ventrale) mehr oder weniger geschwunden; doch haben sich Spuren derselben bei fast allen im Kopfe und Hals erhalten. Betrefis des Exkretionsgefäßsystems scheint er allerdings eine exceptionelle Stellung einnehmen zu sollen. Aus Fraıoxt’s Unter- Anatomie von Oaryophyllaeus mutabilis Rud. 37 suchungen wissen wir, dass die aufsteigenden Gefäße im Rumpf zu vieren (zwei dorsal und zwei ventral) verlaufen, sich im Kopfe jeder- seits paarweise zu einem einzigen Stamm vereinigen ünd unter sehr komplieirter Netzbildung im Kopfe.beim Austritt aus demselben in zehn Stämmen dem Exkretionsporus als absteigende Kanäle zulaufen. Bei genauerer Prüfung steht jedoch unser Thier auch hier nicht unver- mittelt den tibrigen Gestoden gegenüber; ich will nur auf den ähnlichen Sachverhalt bei Triaenophorus nodulosus verweisen. Als Garyophyllaeus weiterhin eigenthümlich haben wir die in der Mittelschicht zu dreien oder vieren längsverlaufenden Stränge aus Faserzellen zu erwähnen. Diese Gebilde sind bei den übrigen Cestoden nicht nachgewiesen, falls sie nicht mit der von LeuckArr für Taenia saginata Goeze beschriebenen Lage von Spindelzellen in den Zwischen- stücken der einzelnen Glieder identifieirt werden können. Die Cuticula, die subeuticulare Zellenlage, das Muskelsystem, so- wie endlich die Parenchymmasse bieten bei unserer Form etwas von den übrigen Cestoden nicht Abweichendes. Die Stäbchenschicht, die wir gefunden haben, kommt bei den Liguliden ebenfalls vor. In Betreff des Geschlechtsapparates scheint Caryophyllaeus muta- bilis Rud. ebenfalls einen ursprünglichen Zustand darzustellen, und zwar am meisten den der Bothriocephaliden. Der männliche und weib- liche Geschlechtsapparat liegen hinter einander und die Dotterdrüsen noch in der Mittelschicht. Bei den Bothriocephaliden liegen der männ- liche und weibliche Geschlechtsapparat zwar über einander, die Dotterdrüsen in der Rindenschicht; doch hier scheint ein sekundär erworbener Zustand vorzuliegen, der durch Rücksicht auf Raumersparnis bedingt wird. Ferner mündet bei Caryophyllaeus mutabilis Rud. der Uterus mit der Vagina zusammen aus, ein Verhalten, das unter allen Cestoden CGaryophyllaeus mutabilis Rud. allein zeigt. Die Gruppe der Bothriaden ist unter Anderen durch eine selbständige Uterusöffnung ausgezeichnet, bei der der Taeniaden schließt der Uterus blind ab. Auch hier scheint Caryophyllaeus den Ausgangspunkt zu repräsentiren: einerseits ergiebt sich, indem sich der Uterus von der Scheide ablöst und in selbstän- diger Öffnung ausmündet, der Typus der Bothriaden, andererseits der der Taeniaden, indem der Endabschnitt des Uterus sich zurückbildet, der eigentliche Uterus somit blind endet, Aus alledem ergiebt sich, dass die bisherige Ausnahmestellung von Garyophyllaeus mutabilis Rud. unter den Cestoden hinfällig wird; wir konnten zugleich konstatiren, dass er in drei Punkten eine ursprüng- I Vgl. PınınEr, a, a. O, p. 35. Bd. III, 38 Heinrich Will, liche Stellung sich bewahrt hat, 1) durch seinen einheitlichen Körper- bau, 2) durch die Beschaffenheit des Nervensystems, 3) durch den Bau des Geschlechtsapparates. Rostock, im September 1892. Erklärung der Abbildungen. Die Figuren sind ohne Zubilfenahme einer Camera entworfen. Alle Vergröße- rungen beziehen sich auf Zeıss. Die Fig. 2, 3,5 und 8 zeigen die Vergrößerung Zeıss, Ölimmers. 4/42 Oc. 2, die Fig. 18—28, 30 (sämmtlich Hämatoxylinpräparate) die Vergrößerung Obj. D, Oc. 3. Allgemeine Buchstabenbezeichnung: A, Cuticula: B, Stäbchenschicht; C, Faserschicht; D, Subcuticularzellenlage; aLm, äußere Längsmuskelschicht; iLm, innere Längsmuskelschicht; , O. Scamipr wusste nicht, was mit Sidonia beginnen; Dissıng ver- einigte die Genera Sidonia und Proporus zu der Familie der Otocelidea. In dem Handbuche der Zoologie von Carus und GERSTÄCKER lesen wir bei der Familie der Schizostomea O. Sch. die Bemerkung: »Zu dieser Familie gehört wohl auch Disorus Ehbg.; eben so die merkwür- dige Sidonia M. Schultze. | Rhodope Köll. wird in dem genannten Handbuche bei den Dermo- branchien erwähnt, allerdings mit dem Hinzufügen: »Rhodope Köll. scheint kein Mollusk zu sein.« Bronx weist Rhodope einen Platz in der Gruppe der Pontolimacidae an neben Pontolimax, Actaeonia, Conia und Dermatobranchus. In die Diagnose hat sich übrigens hier ein Fehler eingeschlichen, indem Rhodope der Augen entbehren soll, obwohl v. Köruiker dieselben des Genaueren erwähnt und Bronn’s Angaben der bezüglichen Abhandlung v. Köruiker’s entnommen sind. In seiner großen Abhandlung »Vergleichende Anatomie des Nervensystems und Phylogenie der Mollusken« macht v. IHErInG Rhodope zum Ausgangspunkt anregender theoretischer Betrachtungen, die, obwohl ihnen durch späterhin gefundene Thatsachen zum Theil der Boden entzogen worden ist, doch hier erwähnt werden müssen. v. Inerıng vereinigt die drei Familien der Rhodopidae, Tethydae und Melibidae zu der Ordnung der Protocochliden, welche Verwandt- schaftsbeziehungen zu den Platyhelminthen speciell den Turbellarien bieten sollen. Die Protocochliden, die niedrigste Gruppe der Ichnopoda, sind nach v. Insrına insbesondere charakterisirt durch den Besitz einer einfachen supraösophagealen Ganglienmasse. Eine von derselben aus- gehende einfache Schlundkommissur, welche den Ösophagus umgreift, kann vorhanden sein oder fehlen. Die Sinnesorgane, Augen und Otocysten, liegen bei Rhodope und Tethys der Oberfläche der Protoganglienmasse direkt auf und erinnern demnach in dieser Hinsicht an gewisse Turbellarien. Auch im Baue des 1 0. Scahmıpr, Die rhabd. Strudelwürmer aus der Umgeb. von Krakau. Denk- schriften d. Wiener Akad. Bd. IV. 1858. 2 Dıesıng, Revision der Turbellarien. Abth.: Rhabdocölen. Sitzungsber. der math.-naturw. Klasse d. kaiserl. Akad. d. Wissenschaften. Bd. XLV. 1862. 3 Brown, Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Weichthiere. Bd. III. 1862 bis 4866. 4 J. V. Carus und C. E. A. GersTÄckeEr, Handbuch der Zoologie, 1868—1875. . 53H. v. Inerıng, Vergleichende Anatomie des Nervensystems und Phylogenie der Mollusken. 1877. Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 43 Schlundapparates, in der geringen Ausbildung der Speicheldrüsen zeigen Rhodope und Tethys viel Übereinstimmendes. Der Bau der Geschlechtsorgane gestattet andererseits die Rhodo- piden in Beziehung zu den Saccoglossen zu bringen. »Auffallend ist ferner bei den letzteren (Rhodopidae) die Zusammensetzung der Zwitterdrüse aus einem männlichen und einem weiblichen Theile, welche ihre Produkte in einen gemeinsamen Zwitterdrüsengang ent- leeren.« »Ganz dasselbe Verhältnis kehrt nun wieder bei einem Theile der Saccoglossen, den Elysiaden. « Im Jahre 1882 erschien die kleine aber wichtige Publikation v. Grarr’s!: »Über Rhodope, Veranii Köll.«, in welcher derselbe die Identität von Rhodope Veranii und Sidonia elegans M. Sch. konstatirte. Sodann brachte diese Arbeit den Nachweis, dass Rhodope ein Wasser- gefäßsystem besitzt »gleich dem der Platyhelminthen «. Bezüglich des Baues des Nervensystems und Genitalapparates schließt sich v. Grarr den Angaben v. Körtiker’s an. Das Vorhanden- sein einer Leber im Sinne des letztgenannten Autors wird von v. GRAFF geleugnet, die Existenz eines Enddarmes und Afters zweifelhaft gelassen. Wie v. KöLLıker und v. Inerıng, so betrachtet auch v. GRAFF Rhodope als zu den Mollusken (Nacktschnecken) gehörig, aber er nimmt sie als eine Zwischenform zwischen Turbellarien und Platycochliden in Anspruch, deren Beziehungen zu den Turbellarien insbesondere durch den » Mangel einer besonders differenzirten Leber und das Vorhanden- sein eines, dem homologen Wassergefäßsystem der Turbellarien noch völlig gleichgebauten Exkretionsorgans« zum Ausdruck gelangen. Im Gegensatz zu v. Inzrın sind es nach v. Grarr jedoch nicht die dendro- cölen Turbellarien, von denen Rhodope abzuleiten wäre, sondern die rhabdocölen, und von diesen würde die Gruppe der Alloiocoela in Betracht kommen, welche durch das Genus Acmostoma den An- schluss an Rhodope bieten. Kurz nach der soeben erwähnten Abhandlung v. Grarr’s und ver- anlasst durch dieselbe erschien eine Mittheilung R. Bsren’s?, in wel- cher sich dieser ausgezeichnete Kenner der Nudibranchia gegen die Molluskennatur der Rhodope wendet. »Viel größer sind aber die Diffe- renzen zwischen der Rhodope und den sogenannten nudibranchiaten Gasteropoden, mit welchen v. GrArr die Rhodope vereinigt haben will. Unter jenen kennt man keine Form ohne Herz und keine ohne eine sich nach außen und nach innen in den Pericardialraum öffnende Niere, I L. v. GRAFF, Über Rhodope Veranii Kölliker (= Sidonia elegans M. Schultze). Morpholog. Jahrbuch. Bd. VII. ? R. BercH, Über die Gattung Rhodope. Zool. Anz. V, Jahrg. Nr, 123. 1882. 44 Ludwig Böhmig, aber gar keine, welche ein (nur einigermaßen nach dem Typus der Würmer gebautes) Wassergefäßsystem darbietet; eben so wenig kommt bei diesen Thieren eine nur einigermaßen entsprechende Reduktion der Leber vor. Hervorzuheben wäre noch, dass die Anordnung der (inneren) Genitalorgane der Rhodope wesentlich nicht von der der Turbellarien abweicht, fernerhin, dass das Schwanzende bei Rhodope ein wenig spatelförmig verbreitert ist und Hautpapillen hervortreten lässt gleich jenen, welche sich bei vielen Turbellarien vorfinden, wäh- rend ähnliche Apparate bei den Mollusken nie vorkommen.« BErcH wendet sich in seiner Polemik alsdann gegen v. Inzrıng, bestreitet das Vorhandensein einer Protoganglienmasse, bei Tethys und :die Ansicht dieses Forschers, dass Tetbys eine ursprüngliche Form darstelle. Sich wieder Rhodope zuwendend, fährt Bersa fort: »Eine ‚echte Nudibranchie‘ ist die Rhodope gewiss nicht und eben so wenig ‚eine Zwischenform zwischen Turbellarien und Platycochliden, wie GRAFF sie doch wenigstens aufgefasst haben will. Die Rhodope bleibt wohl nur eine in gewissen Beziehungen modificirte Turbellarie, welche sich in der Anordnung des Nervensystems den Nemertinen etwas nähert. « »Die Rhodopelarve wird sicherlich kein Velum und keine Larvenschale zeigen, und Rhodope ist dann keine Nudibranchie. « Die Voraussage Beren’s, dass die Rhodopelarve eines Velum und einer Larvenschale entbehren werde, hat sich bewahrheitet,,: voraus- gesetzt, dass die Angaben Trıncazse’s, die einzigen, welche über diesen Punkt vorliegen, richtig sind. Hinsichtlich ihres anatomischen Baues ist aber Rhodope von den Turbellarien viel weiter entfernt als von den echten Nudibranchien, wie ich in dieser Arbeit zeigen werde. In der Abhandlung: »Giebt es Orthoneuren« erkennt v. Inrrıng ! allerdings an, dass seine Gruppe der »Protocochliden « eine unnatürliche ist und dass sich Rhodope nicht direkt den Ichnopoden zutheilen lässt, da diese sämmtlich ein Herz mit Perikardium und ein entwickeltes Gefäßsystem besitzen; andererseits betont v. Inrrıng, wie ich glaube mit Recht, die vielen zu den Nudibranchien hinführenden Momente in der Anatomie unseres Thieres. Eine sehr wichtige Untersuchung über die Organisation und Ent- wicklungsgeschichte der Rhodope verdanken wir Trıncazse?. Da ich auf diese Abhandlung bei Besprechung der einzelnen Organe genauer werde einzugehen haben, sei hier nur erwähnt, dass TRrINncHESE 1 H. v. IHErıng, Giebt es Orthoneuren ? Diese Zeitschr. Bd. XLV. 4887. 2 S. TRINCHESE, Nuove osservazioni sulla Rhodope Veranii (Kölliker). Estratto dal Rendiconto della R, Accad. delle Scienze Fis, e Mat. di Napoli. Fas., VII. 1887, PETE WE Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 45 Rhodope für ein Turbellar hält, insbesondere auf Grund der Larven- charaktere. »Essendo oggi queste forme conosciute, almeno nei loro prineipali, si puö afflermare con sicurezza che questo animale non ® un Mollusco, ma un Verme. Il determinare il posto che esso deve occu- pare tra i Vermi, & cosa impossibile nello stato presente delle nostre cognizioni; e quindi io propongo di sospenderlo, per ora, in una specie di Limbo accanto ai Rabdoceli, augurando che non tardi a venire il suo liberatore. « In seinen bekannten »Grundzügen der Zoologie« weist C. Graus! der Familie der Rhodopidae einen Platz neben den Tethydae in der Gruppe der Gymnobranchia an. - A. Lane? behandelt in seinem Lehrbuche der vergl. Anatomie Rho- dope anhangsweise bei den Mollusken. v. KöLLiker und v. GrarF beschreiben übereinstimmend Rhodope als ein Thier von wurmförmiger Gestalt, dessen Körper auf der dorsalen Seite gewölbt, auf der ventralen abgeflacht ist. Max ScauLtze erwähnt nichts von einer Abplattung der Bauchfläche, eben so auch Trınchzse. Konservirte Thiere zeigen einen fast kreisrunden Querschnitt mit Ausnahme des Vorderendes. Während ScruLzze und v, Grarr das Kopfende unseres Thieres als einfach abgerundet schildern, und so erschien dasselbe auch mir an den wenigen lebenden Individuen, die ich zu sehen Gelegenheit hatte, sagt TrıncHzse von demselben, dass es senkrecht zusammengedrückt, schräg von oben nach unten und von hinten nach vorn abgestutzt sei; seine Seitentheile sind ferner nach diesem Forscher von einer seichten Furche durchzogen, die unmittelbar hinter der Mundöffnung aufhört. Das bei ruhigem Kriechen konisch geformte Hinterende vermag Rhodope etwas spatelförmig zu verbreitern, wenn sie sich an ihrer Unterlage festheftet. An den konservirten Exemplaren, welche mir vorlagen, fand ich das sehr nervenreiche Vorderende unseres Thieres fast stets mehr oder weniger stark tubusartig retrahirt; um die Verschiedenheiten in der Zurückziehung und Einfaltung zu illustriren, habe ich auf den Holzschnitten einige darauf bezügliche Abbildungen beigefügt. Da die Einfaltung auf der ventralen Seite häufig weiter nach hinten reicht als auf der dorsalen, so erhält man nicht selten Bilder auf Quer- schnitten, denen ähnlich, welche auf Fig. 2—5 dargestellt sind. Wir be- merken hier zwei anfänglich kleine seitliche Falten (Fig. 2 r), die sich 1 C. Craus, Grundzüge der Zoologie. Bd. II. 1882. 2 A, Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. 3. Abth. Jena 1892, 46 Ludwig Böhmig, vergrößern, sich mehr und mehr nähern (Fig. 3, k), endlich mit einander verschmelzen und zur Bildung einer nach hinten gerichteten, taschen- artigen Einsenkung Veranlassung geben (Fig. 5 }y). Die Grundfarbe der Rhodope ist schneeweiß, auf dem Rücken findet sich eine Anhäufung ziegelrothen Pigments. Genaue Angaben über die Form dieser Pigmentanhäufung sowie über die beobachteten Varianten derselben sind in den Abhandlungen v. Grarr’s und Trın- CHESE’S gemacht, wesshalb ich auf diese verweisen kann, da mir auch eigene Beobachtungen hierüber fehlen, "Kar Kr Harn, Fig. II. Fig. I. Buchstabenbezeichnung siehe Tafelerklärung. Rhodope besitzt vier Körperöffnungen. Eine von ihnen, die Mund- öffnung, liegt in der Mitte der vorderen Kopffläche, die drei übrigen finden sich sämmtlich auf der rechten Seite in der vorderen Hälfte des Thieres. Am weitesten nach vorn gerückt ist die Geschlechtsöffnung, auf sie folgt der Nierenporus und dicht hinter diesem bemerkt man die Afteröffnung. Epithel, Hautmuskelschlauch, Hautdrüsen. Über den Bau der äußeren Körperbedeckung habe ich in den Ab- handlungen meiner Vorgänger keine genaueren Angaben aufgefunden. v. GRAFF spricht noch am eingehendsten über diesen Punkt und er- wähnt, dass »die aus einem einschichtigen Cylinderepithel bestehende Haut eine Dicke von 0,005 mm habe und auf der ganzen Oberfläche ein gleichmäßig dichtes Kleid 0,007 mm langer Flimmerhaare trage«, Außerdem fand v. Grarr in die Hautschicht »zahllose helle kleine Tüpfel « eingelagert; diese Tüpfelung rührt her von » kleineren, unregel- mäßigen Körperchen«, welche eine »homogene mattglänzende Be- schaffenheit« zeigen und nicht aus kohlensaurem Kalke bestehen, ihre Breite beträgt 0,005—0,013 mm. Meinen Untersuchungen nach betheiligen sich an dem Aufbau des einschichtigen Epithels Flimmerzellen (epz) und Drüsenzellen (depz). 7 Er A a Be A Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 47 Die ersteren besitzen an jener Stelle, wo sie allein und nicht mit Drüsenzellen gemischt vorkommen, nämlich am vorderen Körperende in der Umgebung der Mundöffnung eine prismatische Form (Fig. 8 epz). In den übrigen Partien des Körpers wird diese regelmäßige Ge- staltung durch die dazwischen liegenden Drüsenzellen (Fig. 6 depz) beeinträchtigt. Diese letzteren sind im Allgemeinen von ovoider Gestalt, und die Formverschiedenheiten beruhen im Wesentlichen nur in dem wechselnden Verhältnisse des Höhen- und Breitendiameters. Die zwischen solchen flaschen- oder eiförmigen Drüsenzellen eingekeilten Flimmerzellen werden natürlich in ihrem mittleren Theile mehr oder weniger zusammengedrückt (Fig. 6 epz) und zeigen im exquisitesten Falle eine fast T-förmige Gestalt (Fig. 6 epz). Die Höhendurchmesser dieser Zellen unterliegen in den verschiedenen Körperregionen nicht unbedeutenden Schwankungen. In der Umgebung der Mundöffnung fand ich sie 7,3—10,95 u hoch, auf der Rückenfläche 7,3—13,1 u, auf der Ventralseite 8 u und 14,6 u und ca. 10,95 u betrug der Höhendia- meter derjenigen am hinteren Körperpole. Die Breite variirte zwischen 3,65 — 5,84 — 7,3 u. Das mäßig stark färbbare Plasma der Flimmerzellen (epz) zeigt eine zarte Streifung in der Höhenachse, wie ich ! eine solche eingehender von den Epithelzellen mancher Turbellarien beschrieben habe. Wie dort, so stehen auch hier die dunkleren Streifen mit den Gilien (cl) vermittels einer besonders differenzirten Schicht, einer sogenannten Cuticula (cu) in Zusammenhang. Diese Zwischenschicht (Fig. 6, 8 cu) zeigt ebenfalls eine ähnliche Struktur wie diejenige der alloiocölen Turbellarien. Sie setzt sich aus zwei oder vielleicht auch drei Lagen zusammen. Die äußerste (cu), welche die Cilien (cl) trägt und bei mittlerer Vergrößerung den Ein- druck einer scharfen, dunklen Linie gewährt, besteht aus dicken, dicht neben einander liegenden Stäbchen von ca. 0,8 u Höhe. Auf sie folgt eine zweite, aus sehr zarten und feinen, 1,46 u hohen Stäbchen gebildete (cu”), welcher sich auf manchen Präparaten eine dritte, aus kleinen dunklen Körnchen aufgebaute, anschließt. Von dem Vorhandensein dieser dritten Zone habe ich mich jedoch nicht immer mit Sicherheit zu überzeugen vermocht. Die von dieser Cuticula getragenen Cilien (cl) übertreffen nach v. Grarr’s Angabe die Epithelzellen an Höhe, auf meinen Präparaten erreichten sie dieselbe jedoch nicht einmal, möglicherweise ist dieser Umstand der Konservirung zuzuschreiben. 1 L. Bönmıe, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. Plagiostomina und Cylindrostomina. Diese Zeitschr. Bd. LI. 1891. 48 Ludwig Böhmig, An jener Stelle des vorderen Körperpoles, an welcher Drüsenzellen im Epithel fehlen (Fig. 8 epz) , liegen die Kerne der Flimmerzellen regelmäßig in der basalen Zellhälfte, in den übrigen Partien, dort also, wo beide Zellarten gemischt sind, nehmen die Kerne entweder eine ganz basale, oder aber eine sehr oberflächliche Lage ein (Fig. 6 epzn', epzn‘'). Abgesehen von diesen Verschiedenheiten in der Lage machen sich auch solche in der Größe und in dem Tinktionsvermögen bemerkbar; die oberflächlich gelegenen Kerne waren stets von etwas geringerem Durchmesser (2,92—3,65 ı:) als die im Basaltheile der Zellen befindlichen (3,65—4,28 u Durchm.) und tingirten sich intensiver als diese. In den letzteren erkannte ich häufig ein Kernkörperchen, in den ersteren nie. Diese Verschiedenheiten in der Größe, Färbbarkeit und Lagerung der Kerne veranlassten mich anfänglich zu der Annahme, und die Bilder, welche an sehr oberflächlich durch das Epithel geführten Schnit- ten gewonnen wurden (Fig. 7), bestärkten mich darin, dass das Epithel der Rhodope ähnlich gebaut sei wie das der Polycladen (Lane!), dass nämlich ein Stützgewebe vorhanden sei, und zu den Zellen dieses Ge- webes würden dann die oberflächlich gelegenen Kerne gehört haben, in dessen Maschen Flimmerzellen und Drüsenzellen eingeschlossen seien. Späterhin habe ich mich aber von der Unrichtigkeit dieser Ansicht über- zeugt; was mir eine Zeit lang als ein specifisches Stützgewebe erschien, sind die Flimmerzellen selbst (Fig. 7 epz), deren Abgrenzungen gegen einander sich auf meinen Präparaten wenigstens vollkommen verwischt haben, und die, wie schon erwähnt, in ihrer Form durch die Drüsenzellen so auffallend modifieirt werden, dass hierdurch möglicherweise auch Verschiebungen der Kerne eingetreten sein können, die das Studium des Epithels erschweren, in so fern nämlich nicht selten (Fig. 6) in einem Schnitt zwei Kerne über einander liegend angetroffen werden. Sehr reich ist das Epithel an Drüsenzellen (Fig. 6, 7 depz); hin- sichtlich des Sekretes können wir zwei Arten derselben unterscheiden. In der einen tritt dasselbe in Form großer ei- oder stäbchenförmiger oder auch unregelmäßig geformter Körper auf, in der anderen in Gestalt kleiner etwas glänzender Körnchen. Die erste Art ist weitaus‘ die häufigere, auch fallen die hierher gehörigen Zellen besonders an Präpa- raten, welche mit Osmiumsäure oder Hämatoxylin behandelt worden sind, in die Augen, da sich das Sekret derselben schwarz resp. tief blau tingirt. Beiderlei Drüsenzellen besitzen eine eiförmige oder kugelige Ge- 1 A. Lang, Die Polycladen des Golfes von Neapel. Eine Monographie. Leipzig 4884. Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 49 stalt; nach außen münden sie vermittels eines feinen Porus (p) (Fig. 6 depz’). Das Plasma (depz. pl) der Drüsenzellen, das entweder als eine feinkörnige Masse oder in Gestalt eines zarten Netzwerkes angeordnet erscheint, färbt sich nur wenig, am besten mit Hämatoxylin. In solchen Zellen (depz”), in denen ein großer Sekretpfropf (s) vorhanden ist, oder aus denen ein solcher eben ausgestoßen worden ist (depz’), lässt sich das Plasma meist nur mehr schwierig nachweisen, da es dann einen sehr dünnen Randsaum bildet. Drüsenzellen, welche keine größeren Sekret- massen enthalten, besitzen in ihrer basalen Hälfte einen großen ca. 4,38 bis 5,14 u im Durchmesser haltenden Kern (Fig. 6 depzn), welcher sich intensiv tingirt; ist hingegen die Zelle stark mit Sekret erfüllt oder zeigt dieselbe einen großen centralen Hohlraum, in welchem sich das Sekret befand, so nimmt der Kern eine ganz periphere wandständige Lage in der Basis der Zelle ein, und es ist seine kugelige Form einer mehr oder weniger halbmondförmigen gewichen (Fig. 6 depzn’). Die Sekretpfröpfe (s) erreichen, wie schon erwähnt, eine be- deutende Größe und nehmen gewöhnlich endlich den größeren Theil des Zellvolumens in Anspruch. Zum Studium derselben fand ich am geeignetsten Sublimat- Essig- Osmiumsäure- Hämatoxylinpräparate. In solchen Präparaten fanden sich sowohl rein blau als auch rein schwarz gefärbte Sekretpfropfen, aber auch solche, die theils blau, theils schwarz tingirt waren, oder in einer blauen Grundsubstanz schwarz gefärbte Körachen enthielten. Es ist daher mehr als wahr- scheinlich, dass die blauen Sekretkörper allmählich in die schwarz gefärbten übergehen, und dass es sich nicht um Drüsen handelt, die ein specifisch verschiedenes Sekret produeiren. Pikrokarmin verleiht diesem Sekrete eine braunröthliche, Alaun- karmin eine violette Farbe. In einzelnen Drüsenzellen eines Individuums, das mit Sublimat- Pikrinschwefelsäure fixirt und in Pikrokarmin gefärbt worden war, bemerkte ich sehr scharf kontourirte, bräunlich gefärbte Körper, bezüg- lich deren ich nicht entscheiden kann, ob sie den eben erwähnten Sekretpfropfen zuzurechnen sind oder nicht. Es kann wohl mit einiger Sicherheit angenommen werden, dass die von v. Grarr im Epithel unseres Thieres gefundenen »zahllosen hellen kleinen Tüpfel« von »homogener glänzender Beschaffenheit« mit den von mir beschriebenen Sekretpfropfen zu identificiren sind, dies um so mehr, da auch die von v. Grarr angegebenen Maße mit den von mir gefundenen übereinstimmen, und ich außerdem nichts im Epi- thel der Rhodope gefunden habe, was sich auf die »Tüpfel« v. Grarr's beziehen ließe. | Zeitschrift f. wissensch, Zoologie, LVI, Ba, [A 50 Ludwig Böhmig, Ungemein schwach entwickelt ist bei Rhodope der Hautmuskel- schlauch, welcher sich aus zwei Lagen dünner und in weiten Abständen von einander liegender Fasern zusammensetzt. In der äußeren Schicht verlaufen dieselben cirkulär, in der dicht darunter befindlichen longi- tudinal. Die äußere Schicht scheint direkt unterhalb des Epithels zw liegen und nicht von demselben durch eine Basalmembran getrennt zu sein; an einigen wenigen Schnitten schien es mir allerdings, als schöbe sich zwischen Hautmuskelschlauch und Epithel ein äußerst zartes Häut- chen, eine Basalmembran, ein, doch ist es mir nicht gelungen, mich mit auch nur einiger Sicherheit von der Existenz desselben zu überzeugen. Ist ein solches vorhanden, so muss es von ungemeiner Zartheit sein. Hautdrüsen bemerken wir überall unterhalb des Hautmuskel- schlauches, besonders mächtig angehäuft sind dieselben am vorderen und hinteren Körperende. An dem ersteren liegt dicht unterhalb der Mundöffnung (Fig. 1 0) das Mündungsfeld (Kdrm) zweier mächtiger traubiger Drüsenkomplexe (Fig. 8 Kdr), die seitlich vom Vorderdarm (V.D) nach hinten ziehen und sich fast bis zum Gehirn erstrecken. Jeder Komplex besteht aus einer großen Anzahl birnförmiger Läppchen, deren jedes sich aus einer variablen Anzahl nicht scharf gegen einander abgegrenzter Drüsen- zellen (Xdrz) aufbaut. Das Plasma dieser runden oder flaschenförmigen Zellen ist von mäßig feinkörniger Beschaffenheit, hin und wieder waren Andeutungen einer retikulären Struktur erkennbar. Der Durchmesser der wohl tingirbaren kugeligen Kerne beträgt 3,65—5,11 u, derjenige der Zellen variirte zwischen 5,11:10,95 u bis 14,6:21,9u. Jeden Aci- nus umgiebt eine zarte, bindegewebige Hülle, welche sich auch auf die Ausführgänge fortsetzt. Die Ausführgänge der Drüsenläppchen bilden jederseits einen Stamm (Fig. 8 Kdr’) und kurz vor dem Mtindungsfelde vereinigen sich fast stets diese beiden Stämme zu einem unregelmäßig geformten, volu- minösen Gebilde (Fig. 1 Kdr"). Am Mündungsfelde bemerkt man, den Epithelzellen der Lage nach entsprechend, prismatisch geformte, sehr scharf kontourirte, mit mem- branartigen Hüllen versehene und mit einem feinkörnigen Inhalte erfüllte Gebilde (Fig. 8 epz*). Es ist mir zweifelhaft geblieben, ob die Hüllen (m), in deren Basis Kerne eingelagert sind, verschmolzenen und veränderten Epithelzellen entsprechen, zwischen denen alsdann die Ausführgänge der Drüsen ausmünden würden, oder ob die Ausführ- gänge die Epithelzellen durchbohren und diese letzteren hierdurch modifieirt werden. Sowohl v. Grarr als auch Trıncuese haben diese Drüsenmassen Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 51 gesehen aber fälschlich als Speicheldrüsen gedeutet. Nach v. Grarr's Anschauung münden sie in die Mundhöhle und bestehen aus »zahl- reichen, einzelligen Follikeln«; Trıncuzsz erkannte diesen Irrthum v. Grarr's und erwähnt fernerhin auch der Hülle, welche die Follikel umgiebt. Es ist mir sehr wahrscheinlich, dass die von v. KöLLiker er- wähnten, einfachen, langen, am Ende verdickten Speicheldrüsen that- sächlich nicht den eigentlichen Speicheldrüsen der Rhodope entsprechen, sondern mit den eben beschriebenen identisch sind. Auf diese Ver- muthung bringt mich der Satz v. KöLıker’s: »i di cui esilissimi condotti escretori si aprono subito dietro la bocca«, sowie die gegebene Abbil- dung. Die »Speicheldrüsen« münden in den Vorderdarm ca. 100—200 u vom Munde entfernt und besitzen Keine »esilissimi condotti escretori«. Die laterale Partie des Kopftheils wird jederseits von einem um- fangreichen Zelllager eingenommen (Fig. 8 Zc), dessen rundliche oder flaschenförmige Zellen (zcz) auf der Ventralseite seitlich von der Median- linie zwischen den Epithelzellen mit dem umgebenden Medium kom- munieiren. Diese Zellen scheinen gegen die Einwirkung von Reagentien sehr empfindlich zu sein, wohl erhalten zeigten sie sich nur an Sublimat- Osmium-Essigsäurepräparaten, Sublimat-Pikrinsäure zerstört sie fast vollständig. In meinen besterhaltenen Präparaten unterschied ich innerhalb dieser Zellen ein bald mehr bald weniger stark gefärbtes Netzgerüst (Fig. 9 nw) und eine homogene oder etwas körnige Substanz, die sich weniger stark tingirte (Fig. 9 zs). Die Kerne waren von runder oder unregelmäßiger, zackiger Form, ihr Durchmesser belief sich auf 3,65 — 4,48 u. Diese beiden Zellenlager, denen sich sowohl ventral- als dorsalwärts typische Drüsenzellen anschließen, beanspruchen aber in so fern eine besondere Beachtung als sie einmal, wie schon erwähnt, mit dem um- gebenden Medium kommuniciren, andererseits aber auch zu dem später zu erwähnenden Kanalsysteme, das auch mit der Niere in Verbindung steht, Beziehung zu haben scheinen. Die Fähigkeit der Rhodope, sich vermittels ihres Hinterendes fest- zuheften, ist auf eine bedeutende Ansammlung von Drüsen an dieser Stelle zurückzuführen (Fig. 1 schwädr). Es sind fast durchgehends tubulöse Drüsen, welche eine Länge von 18—87 u bei einer Dicke von 7—15 u erreichen, hier und da finden wir unter ihnen auch eine einzellige Drüse. Die Ausführgänge durchbohren, so viel ich konstatiren konnte, die Epithelzellen; das die Ausführgänge erfüllende Sekret erscheint als eine nur wenig färbbare, homogene Substanz. Die Anzahl der Zellen, welche sich an der Bildung einer 1% 59 Ludwig Böhmig, Drüse betheiligen, ist eine variabele, sie nimmt zu mit der Größe der Drüsen. Die einzelnen Zellen sind meist nicht scharf gegen einander abgegrenzt, die wohl färbbaren Kerne ermöglichen aber immer festzu- stellen, wie viele Zellen vorhanden sind. Die zwischen dem Vorder- und Hinterende befindlichen Haut- drüsen sind theils einzellige, theils mehrzellige. Die letzteren (hdr) sind jedoch auf die Dorsalfläghe des Thieres und die angrenzenden Partien der Seitentheile beschränkt. Sie waren es, welche v. KÖLLIKER eine Leber vortäuschten, ein Irrthum, der an Quetschpräparaten aller- dings leicht möglich ist. Die Beschreibung, welche dieser Autor von den vermeintlichen Leberzellen giebt, ist eine vollständig korrekte; in v. KörLiker’s Fig. 1 sind jedoch die Drüsen zu spärlich und viel zu groß gezeichnet, auch beschränken sie sich nicht auf die zwei hinteren Körperdrittel, sondern reichen bis zur Mundgegend. Ihre Gestalt ist kugelig oder eiförmig, ihr Durchmesser beträgt 10,2: 11,68:—25,5 u. Sie bestehen aus zwei bis vier Zellen, die von einer zarten, struktur- losen Membran umhüllt werden, von welcher auch der kurze Aus- führungsgang gebildet wird. Das Plasma der Zellen erschien mir feinkörnig, das grobkörnige Sekret färbte sich mit Pikrokarmin gelb. Die Kerne von ca. 5,11 u Durchm. enthalten stets ein großes (1,46—2,92 u Durchm.), von einem hellen Hofe umgebenes Kernkörperchen. Die zahlreichen, kleinen, einzelligen Drüsen (hdrz), welche in der Umgebung des Afters und des Genitalporus lokale Anhäufungen bilden, produciren zum Theil ein Sekret, das sich mit Osmiumsäure schwärzt und größere Pfröpfe bildet gleich dem vieler Epitheldrüsenzellen, zum Theil ein solches, das aus kleinen, unregelmäßigen Körnchen besteht. Verdauungsapparat. v. KöLLiker giebt eine, wenn auch nicht vollständig entsprechende, so doch der Wahrheit ziemlich nahe kommende Darstellung dieses Organs; bezüglich eines wesentlichen Punktes allerdings ist er nicht ganz ins Sichere gekommen, nämlich bezüglich des Vorhandenseins eines Enddarmes und Afters: »Io non sono del tutto sicuro che l’intestino finisca a fondo cieco; tuttavia io ceredo di aver veduto in aleuni casi, verso il terzo anteriore dello stomaco, staccarsene a destra un intestino retto, breve ed alquanto piegato; come pure un ano, parimente collo- cato a destra.« v. GrAFF erscheint es »noch keineswegs unzweifelhaft festgestellt «, »ob der Darm von Rhodope in der That noch mit Reetum und After versehen ist«. Es dünkt v. Grarr möglich, dass v. KörLıker einen der Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 55 beiden Genitalkanäle und eine der beiden angeblichen Genitalöffnungen mit dem Enddarme resp. mit dem After verwechselt hat. Die beiden Genitalporen a und 5b, welche v. GrArFF in seiner Fig. 1 gezeichnet hat, gehören meines Erachtens sicher nicht dem Ge- schlechtsapparate an, wie v. Grarr glaubt, sie entsprechen vielmehr der Lage nach dem Nierenporus (a) und dem After (b). Der Kanal (a) könnte zwar seinem Verlaufe nach den Enddarm darstellen, dagegen spricht aber der Umstand, dass a’ vor b ausmündet, und es ist daher sehr wahrscheinlich, dass wir in « den Ausführungsgang der Niere zu sehen haben. TrincHzse überzeugte sich im Gegensatz zu seinen Vorgängern mit Sicherheit von der Existenz eines Enddarmes und Afters. Der End- darm entspringt diesem Forscher gemäß auf der rechten Seite an der Übergangsstelle des zweiten in das letzte Körperdrittel, allwo eine Ein- schnürung des Mitteldarmes bemerkbar ist. Es ist ein kurzer, dünner Kanal, welcher nach vorn verläuft und ein wenig vor der Übergangs- stelle der beiden genannten Körperdrittel ausmündet. In Bezug auf das Verhalten der übrigen Darmabschnitte herrscht zwischen den genannten Autoren Übereinstimmung. Der Darm von Rhodope zerfällt in drei Abschnitte, einen Vorder- darm, Mittel- oder Magendarm und Enddarm. Die in der Mitte der Vorderfläche des Kopfes gelegene Mundöffnung (Fig. I O) führt in den relativ engen Anfangstheil des Vorderdarmes (V.D’), welcher bei vielen Individuen schwierig zu sehen ist, da sich seine dünnen Wandungen dicht an einander legen und kein Lumen erkennen lassen. Bald aber erweitert sich der Vorderdarm sehr be- deutend und erreicht einen Höhendurchmesser von 84—120 u bei einer Breite von 56—103 u (Fig. 1 V.D”). Kurz vor dem Centralnerven- systeme tritt eine abermalige Verengerung ein und in seinem letzten Abschnitte bildet er einen s-förmig gebogenen Kanal, dessen Durch- messer zwischen 14,6 und 30 u. schwankt. Die Gesammtlänge des Vorderdarmes betrug auf meinen Präparaten 430—580 u. Die Wandung dieses Darmabschnittes wie die des ganzen Darmes wird gebildet von einer äußeren Muscularis und einer nach innen von dieser liegenden Epithelschicht. Ich sehe hierbei von einer nach außen von der Muscularis liegenden Schicht platter Zellen ab (Fig. 11 mepz), die besser im Zusammenhange mit dem Mesenschym besprochen werden. Die Darmmuskulatur besteht aus längs- und cirkulärverlaufenden Fasern, welch letzteren sich alsdann das Epithel anschließt. Hinter der Mundöffnung wird das Epithel von flachen Zellen gebildet, welche lange 54 Ludwig Böhmig, nach hinten gerichtete Gilien tragen, die einer dünnen Cuticeula auf- sitzen. Die Höhe dieser Zellen beträgt 2,19—7,3 u, bei einer Breite resp. Länge von 5,84—8,76 u. Die Kerne sind stets wohl erkennbar, ihre Größe und Form ist abhängig von derjenigen der Zellen. Gegen den erweiterten Theil des Vorderdarmes hin nimmt auch die Epithelschicht allmählich an Höhe zu. Außerdem bemerkt man an den nun cylindrisch gewordenen Zellen (Fig. 14) eine auffallende Ver- diekung der Cuticula (c), die eine Mächtigkeit von 2,92 u erreichen kann, während die Cilien (cl) an Länge bedeutend verloren haben. Das Zellplasma zeigt nicht mehr eine einfache feinkörnige Beschaffen- heit, sondern lässt stets eine Differenzirung in ein dickes, stark färb- bares Gerüstwerk und eine hellere, feinkörnige Zwischensubstanz erkennen. Die Kerne (n), welche konstant in der Basis der Zellen liegen, sind von runder Form, gut färbbar und besitzen einen Durch- messer von 3,65—14,38 u. Diese Beschaffenheit behält das Epithel bei bis zur Einmündung des Vorderdarmes in den Mitteldarm, als einzige Veränderung wäre eine nicht sehr bedeutende Abnahme der Größe der Zellen in den verengten Partien zu konstatiren. An der ge- dachten Stelle tritt eine Höhenzunahme der Zellen ein, zugleich geht ihre cylindrische Gestalt in eine mehr keulenförmige über, und die scharf ausgeprägte Cuticulaschicht wird undeutlicher. In einiger Entfernung von der Mundöffnung münden in den Vorder- darm und zwar in den erweiterten Theil desselben zwei tubulöse Drüsen (Fig. A1 gl.s), welche wir ihrer Lage nach als Homologa der Speicheldrüsen der Mollusken bezeichnen dürfen. Diese Drüsen liegen dem Vorderdarme ziemlich dicht an und erstrecken sich fast bis an das Gehirn. Ihre Länge beträgt ca. 78—150 u, ihre Breite 14,6—18,25 u und ihre Höhe 18,25—25,5 u. Die sie bildenden membranlosen, cylindrischen oder polsterförmi- gen Zellen (Fig. 11 gl.s.z) sind radienartig um das Drüsenlumen gruppirt. Das Sekret tritt in Form kleiner rundlicher Körnchen auf, welche sich mit Alaunkarmin bräunlich, gelblichbraun mit Pikrokarmin tingiren. Die Kerne besitzen im Verhältnis zur Zelle einen ansehnlichen Durch- messer (3,65—-4,38 u) und umschließen fast stets ein Kernkörperchen; die Diameter der Zellen belaufen sich auf 5,11 :7,3 u bis 7,3 :10,95 u. Die Drüsen werden außen von einer bald mehr bald weniger deutlich hervortretenden Membran überkleidet, in welcher ich jedoch niemals Kerne wahrnehmen konnte. In einigen Fällen schienen mir fernerhin zwischen dieser Membran und dem Drüsenepithel Muskel- fasern zu liegen, doch habe ich mich nicht mit Sicherheit hiervon über- zeugen können. Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker, 99 v. Grarr unterscheidet am Vorderdarme eine Mundhöhle, welche von einem »in dichtgedrängten kleinen Papillen sich erhebenden Epithelbelage« ausgekleidet sein soll und einen »glattwandigen Öso- phagus«. Ich habe diese Papillen, welche v. Grarr auch in Fig. 2, 3 abbildet, nie beobachtet und halte sie für etwas Zufälliges, vielleicht bedingt durch Kontraktionen der Muscularis. Hingegen kann ich das von diesem Autor erwähnte »System von zahlreichen radiär zur Mundöffnung konvergirenden Muskelfasern « be- stätigen und schließe mich auch der Ansicht von v. Grarr’s an, dass diese Muskeln die Retraktion des eventuell hervorgestoßenen Anfangsstückes des Vorderdarmes besorgen. Der Mitteldarm (M.D) (stomaco v. KöLuiker, Darm v. Grarr) besitzt eine einfache sackförmige Gestalt und durchzieht den Körper beim geschlechtsreifen Thiere in leichten Biegungen, welche durch die Hoden- und Ovarialfollikel bedingt sind, die den Mitteldarm bald etwas nach der einen bald nach der entgegengesetzten Seite drängen. Nach, vorn reicht dieser Darmabschnitt bis in die Gegend des Gehirns und über- deckt dieses gewöhnlich vollständig, hinten endigt er kurz vor der Basis der Schwanzdrüsen. Da der Vorderdarm eine Strecke weit unterhalb des Mitteldarmes verläuft (Fig. 10) und auf der Ventralseite in diesen einmündet, kommt es zur Bildung eines oberhalb des Vorderdarmes gelegenen, häufig etwas nach links verschobenen Mitteldarmblindsackes, dessen Länge individuell sehr variirt (130—265 u). Dieser Blindsack, welchen alle Autoren erwähnen, erscheint im Vergleich mit meinen Präparaten von v. KöLuiker in seiner Fig. 4 f zu weit nach links gezeichnet; das Darmdivertikel e in derselben Fig. habe ich niemals auffinden können. Die Hauptmasse des Mitteldarmepithels besteht aus keulenförmigen, membranlosen Zellen, deren verdickter Theil dem Darmlumen zuge- wendet ist. Die Größe der Zellen wechselt sowohl bei den einzelnen Individuen als auch in den verschiedenen Partien des Mitteldarmes,. So fand ich konstant die niedrigsten Zellen im hinteren, die höchsten im mittleren Drittel des Darmes; die ersteren besaßen im Mittel einen Höhendiameter von 21 u, die letzteren einen solchen von 62u bei einem Querdurchmesser von 3,65— 7,3 u. Hinsichtlich ihrer histologischen Beschaffenheit zeigen diese Zellen eine große Übereinstimmung mit dem Darmepithel der Turbellarien. Wie dort, so bemerken wir auch hier ein plasmatisches Gerüst- werk (Fig. 12 mdepz), das im basalen Theile der Zellen kleinere, im oberen Theile größere Vacuolen umschließt. Diese Vaouolen, welche 56 Ludwig Böhmig, in der Basis der Zellen nicht selten fehlen, enthalten ihrer Größe ent- sprechende Körner und Kügelchen, die sich mit Tinktionsmitteln meist intensiv färben, Osmiumsäure verleiht ihnen eine braune oder gelb- liche Farbe. Auf der freien Fläche der Mitteldarmzellen bemerkte ich häufig eine auffallend dichte Plasmaschicht (Fig. 12 pls), aus welcher sich cilienartige Plasmafortsätze erhoben; die Darmzellen dürften dem- nach ähnlich denjenigen der Turbellarien die Fähigkeit besitzen, zur Nahrungsaufnahme pseudopodienartige Plasmaausläufer auszusenden und wiederum einzuziehen. Zwischen den beschriebenen Zellen liegen nicht gerade sehr häufig kelchartig geformte (Fig. 12 ddrz), deren ungemein schmaler Basaltheil sich nach oben rasch erweitert. Meist erheben sie sich etwas über das Niveau der übrigen Zellen, stets sind sie von ungemein zahl- reichen gelb oder gelbbraun gefärbten Körnchen erfüllt, wesshalb man sie auch als Körnerzellen bezeichnen könnte. Da diese Körnerzellen da und dort in mehrfacher Zahl auftreten, könnte man sie vielleicht auf die „braunen, rundlichen Flecken« beziehen, deren v. GrarF Er- wähnung thut. Die Kerne (n) der Mitteldarmzellen liegen meist basal, selten nur rücken sie bis in die obere Zellhälfte.e Für gewöhnlich von runder Gestalt erscheinen sie zuweilen spindelförmig gestrekt (Fig. 12n‘); fast stets enthalten sie einen Nucleolus, seltener deren zwei. Verfolgen wir auf Querschnitten den Darm der Rhodope von hin- ten nach vorn, so macht sich vor dem Beginne der ersten Körper- hälfte, auf der rechten Seite, der Dorsalfläche sehr genähert, eine Rinne oder Furche bemerklich, die von einem durchaus anderen Epi- thel ausgekleidet wird, als das ist, welches wir so eben kennen lernten, das auch keinen Übergang in dieses zeigt, sondern sich tiberall scharf von demselben absetzt. Diese Rinne (Fig. 13 E.Dr) geht direkt über in den Enddarm E.D, welcher am Anfange der zweiten Körperhälfte vom Mitteldarm ab- zweigt, seitlich und nach vorn verläuft und dann durch den After nach außen mündet. Die Lage des letzteren ist nicht ganz konstant, da derselbe bei einigen Individuen am Anfang, bei anderen in der Mitte des zweiten Körperdrittels lag. Das Epithel des Enddarmes, der Querdurchmesser dieses Darm- abschnittes variirte zwischen 18 und 27 u, sowie das der erwähnten Rinne wird repräsentirt durch ein typisches Flimmerepithel, welches mit dem der äußeren Körperdecke große Ähnlichkeit aufweist. Im End- darm haben die Zellen eine ceylindrische Gestalt (7,3 u hoch, 4,38 —5,11 u TEUER EHE Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 57 breit), eine kubische innerhalb der Rinne (7,3 u hoch und breit); das Plasma zeigt eine mehr oder weniger deutlich ausgesprochene Höhen- streifung (Fig. 13 edepz‘), die vorhandene Cuticula (c) trägt dicke Gilien, welche im Enddarm gegen den After hin gerichtet sind und in Folge ihrer Länge und Dicke zuweilen einen fast borstenartigen Eindruck machen. Bezüglich der Lage des Afters stimmen TrincHztse und ich nicht überein, da nach Trıncuzse der Anus am Ende des zweiten Körper- drittels, also viel weiter rückwärts gelegen ist. Hingegen würde der Porus b in v. Grarr’s Fig. 2 der Lage nach ganz gut auf die Afteröffnung bezogen werden können, eben so würde meine Darstellung auch mit den Abbildungen v. Körtiker’s in Einklang zu bringen sein. Der in der Fig. 2 dieses Autors gezeichnete und als Uterus angesprochene Kanal s ist meines Erachtens identisch mit dem Kanal A in Fig. 1, dem Enddarm. Eine Drüse, welche wir mit der sogenannten Leber der Mollusken vergleichen könnten, fehlt nach v. Grarr’s und Trinenzse’s überein- stimmenden Angaben. »Il fegato manca«, sagt TrıncHzse, fügt aber hinzu »quanto non si voglia riconoscere come tale il sacco cieco an- teriore dell’ intestino «. Dieser Vermuthung kann ich mich nicht an- schließen, da nach meinen Beobachtungen das Epithel des vorderen Darmblindsackes sich durchaus nicht von dem des übrigen Mittel- darmes unterscheidet. Über die angeblichen Leberfollikel v. Köruıker’s habe ich mich bereits geäußert, es handelt sich um Hautdrüsen und nicht, wie v. GrAFF meint, um »die optischen Querschnitte der Ring- wülste, welche sich bei Kontraktion der Ringfasern der Darmmuscu- laris bilden«. Diese vollständige Abwesenheit einer sogenannten Leber bei Rhodope ist von R. Bercu bekanntlich mit als Einwurf gegen die Mol- luskennatur der Rhodope verwerthet worden: »Eben so wenig kommt bei diesen Thieren (den nudibranchiaten Gasteropoden) eine nur einigermaßen entsprechende Reduktion der Leber vor.« Wie verhält sich nun der Verdauungsapparat der Rhodope zu dem- jenigen der Turbellarien, von denen nur die rhabdocölen in Betracht kommen können, und dem der Mollusken ? In der Gruppe der Rhabdocöliden »stellt der Darm einen, in seinem ganzen Umfange einheitlich gebauten Blindsack vor, der weder topo- graphisch noch histologisch eine Trennung in zwei oder mehrere Ab- schnitte zulässt« (v. Grarr, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdo- coelida). Ein After fehlt allen Turbellarien, auch den Microstomiden, denen ein solcher zuweilen vindicirt worden ist, ganz zweifellos, 58 Ludwig Böhmig, Der Verdauungsapparat der Rhodope unterscheidet sich demnach in zwei sehr gewichtigen Punkten von dem der rhabdocölen Turbel- larien, nämlich durch die deutliche, scharfe topographische und histo- logische Differenzirung eines Mittel- und Enddarmes und durch den Besitz eines Afters. Wenn auch der Vorderdarm von Rhodope eine gewisse Ähnlich- keit mit dem Pharynx simplex der Microstomiden zeigt, so ist dieselbe meines Erachtens nur eine mehr äußerliche. Der Vorderdarm der Mollusken lässt drei Abschnitte unterscheiden, eine Mundhöhle, einen Pharynx (Buccalmasse) und einen Ösophagus. Für den Pharynx sind besonders charakteristisch der Zungenapparat mit der Radula und die in ihn einmündenden Speicheldrüsen. Eine deutliche Scheidung dieser drei Partien vermissen wir am Vorderdarme von Rhodope, doch können wir, wie mir scheint, den er- weiterten Theil des Vorderdarmes der Buccalmasse der Mollusken homo- logisiren, da in ihn die Speicheldrüsen einmünden; es ist mir kein einziges Turbellar bekannt, welches derart gebaute und so gelagerte Speicheldrüsen besitzt, wie sie Rhodope zukommen; diese Drüsen sind nur denen der Gasteropoden vergleichbar. Es ist wahr, eine Radula oder das Rudiment einer solchen fehlen Rhodope vollkommen, aber wir kennen auch Gasteropoden, denen dieses Organ mangelt (Tethys). v. KörLiker hat in seiner Abhandlung über Rhodope die erweiterte Partie des Vorderdarmes als Pharynx, die hinter dieser gelegene als Ösophagus bezeichnet, v. Grarr bedient sich für die erstere des Namens Mundhöhle, für die letztere behält er den Ausdruck Ösophagus bei. Mir scheint die v. Közuiger’sche Nomenelatur die korrektere zu sein, doch habe ich diese speciellen Namen vermieden, da die Abgrenzung der einzelnen Abschnitte keine genügend scharfe ist. Welchen Theil des Verdauungsapparates der Rhodope wir als Mitteldarm zu bezeichnen haben, darüber können wir nicht im Zweifel sein, ob aber der gesammte Mitteldarm der Rhodope dem Mitteldarm der Gasteropoden homolog ist, ist eine andere Frage. Es scheint mir sehr wahrscheinlich, dass der hinter dem Enddarm und vielleicht auch der oberhalb des Vorderdarmes gelegene Theil des Mitteldarmes der sogenannten Leber der Gasteropoden zu homologisiren sind. Hierfür spricht, dass bei vielen Nudibranchiern der Hauptgallen- gang »fast wie ein langer, blinder Fortsatz des Magens (Magenblind- sack) aussieht« (Berc#!), und dass dieser Hauptgallengang bei den 1 R. BERG, Die cladohepatischen Nudibranchien. Zool. Jahrbücher, Abth. für System. Bd. V. 4890. — Vgl. auch R. BErs#, Die Pleuroleuriden. Zool. Jahrbücher, Abth. für Syst. Bd. III. 1888. p. 356. BA nee et. 2 li nn il a a ee sd Dee Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 59 eladohepatischen Nudibranchien »fast immer median längs der oberen Seite der Zwitterdrüse« verläuft, mithin in seiner Lage dem hinter dem Enddarme gelegenen Theile des Mitteldarmes der Rhodope entspricht. Entwicklungsgeschichtlich entspricht ja auch die Leber der Gastero- poden Partien der Darmwand. So differenzirt sich nach v. ErLAnGEr | bei Paludina vivipara der ventrale Theil der Darmwand des Embryo zur Leber, bei den Pulmonaten unterliegt nach ForL? besonders der vordere, dorsale Theil dieser Metamorphose. Die Zellen der Darmportion, welche sich zur Leber umwandelt, sind ursprünglich wie die übrigen einfache Cylinderzellen, späterhin zeichnen sie sich durch den Besitz von Fetttropfen und Deutolecith aus. Zwei Säcke, welche sich in den Darm öffnen und deren Wandungen aus solchen Zellen bestehen, finden sich nach Trıncuzse® in einer ge- wissen Periode der Entwicklung auch bei den Aeolidiaden, nach Rno bei Chromodoris elegans. Wenn nun auch die beiden genannten Forscher nichts von der Umwandlung dieser Säcke in die Leber erwähnen, so ist es doch sehr wahrscheinlich, dass dieselben die Anlage der Leber bedeuten und dass wir in ihnen Theile des Mitteldarmes zu sehen haben. Bei Rhodope wäre demnach eine gleichmäßige Ausbildung des Darmes in einer Richtung erfolgt und eine Differenzirung des Darm- epithels in der oben erwähnten Weise unterblieben. Es würde dem- gemäß der Mitteldarm von Rhodope morphologisch dem Mitteldarm und der Leber der Gasteropoden entsprechen und es könnte eine weit- gehende Übereinstimmung des Verdauungsapparates der Rhodope und der Gasteropoden nicht in Abrede gestellt werden. Nervensystem. Abgesehen von M. ScauLtze stimmen die Beobachter darin überein, dass die centrale Nervenmasse der Rhodope aus einem oberhalb und einem unterhalb des Vorderdarmes (Ösophagus) gelegenen Ganglien- komplexe resp. Ganglion besteht, welche durch Kommissuren verbun- den sind. Die supraösophageale Ganglienmasse, oder wie ich mich der Kürze '- I R.v. ERLANGER, Zur Entwicklung von Paludina vivipara, Morphol, Jahrbuch. Bd, XVII. 1894, 2 H. For, Developpement des Gasteropodes pulmones. Archives de Zoologie experim, ect. Vol, VIII. 1879—1880. 3 S. TrıncHEsE, Aeolididae e famiglie affini. Atti della R. Accademia dei Lincei. Roma, Vol. XI. 4880—4881, * F. Ruo, Studii sullo sviluppo della Chromodoris elegans. Atti acad. Napoli, Vol, I. 4888, 60 Ludwig Böhmig, wegen ausdrücken will, das Supraösophagealganglion, bilden nach v. KöLLiker zwei dicht neben einander liegende und nicht durch Kom- missuren verbundene Ganglien (privi dicommessura). v. GrArFF beschreibt eine transversale Furche, welche jedes dieser beiden Ganglien in ein vor- deres und hinteres zerlegt, Trınchzs£ bestätigt diese Angabe v. Grarr’s. Aus diesem Ganglion entspringen gemäß v. KöLuıker drei nach vorn.zum Kopfe verlaufende Nervenpaare, und ein ansehnliches nach hinten ziehendes, welches in der Mitte des Körpers endet. Überdies sind diesem Autor zufolge außerordentlich kurze Nervi optici und acustici vorhanden. Die beiden großen nach hinten verlaufenden Nerven lässt v. Grarr aus dem hinteren Ganglienpaare des Supraösophageal- ganglions hervorgehen, außerdem auch noch ein Paar feiner Nerven, welche zwischen jenen gelegen sind. Die Nerven des weit kleineren infraösophagealen Ganglions, das nach Trıncazse’s Angabe gegen links verschoben ist und nicht in der Medianebene liegt, versorgen naeh v. Körtıker wahrscheinlich den Darm. v. Grarr erwähnt ebenfalls zwei aus diesem Ganglion ent- springende Nerven, doch äußert er sich nicht über ihren Verlauf. Über die Kommissuren handelt am eingehendsten Trınchzse. Meine eigenen Untersuchungen, zu deren Darstellung ich nun übergehe, weichen in mehreren Punkten nicht unwesentlich von denen der genannten Autoren ab. Die ganze Masse des Gentralnervensystems liegt in einiger Ent- fernung vom vorderen Körperpole (Fig. I Gl.s), kurz vor der Einmün- dung des Vorderdarmes in den Mitteldarm (Fig. 10 Gl.s, @l.i) und wird auf der dorsalen Seite fast stets vollständig vom vorderen Darmblind- sacke M.D’ überdeckt. Sie gliedert sich in zwei Abschnitte, von denen der eine oberhalb des Vorderdarmes, der andere unterhalb desselben gelegen ist. Der erstere, das Supraösophagealganglion, @/.s (Fig. 10, 47) besitzt die Gestalt eines Ellipsoides, dessen regelmäßige Formen durch Einschnitte in der Medianebene der vorderen und hinteren Fläche sowie durch seichte Furchen und Impressionen an den übrigen Flächen modifieirt werden. Die Länge des ganzen supraösophagealen Ganglienkomplexes schwankt zwischen 66 und 95 u, die Breite zwischen 140 und 120 u, die Höhe zwischen 76 und 102 u. Drei Paare von Ganglien betheiligen sich an seiner Bildung (Fig. 15—18 C.V.G, P.G, B.G), von denen aber das erstere Andeutungen einer Trennung in ein vorderes und hinteres Ganglion erkennen lässt (Fig. 15—17 C.V.G*). Die beiden mit C.V.G bezeichneten Ganglien nenne ich Cerebro- Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 61 visceralganglien, P.@ bedeutet Pedalganglion, B.G Buccalganglion; die Begründung für diese Namen werde ich späterhin beibringen. Sowohl das obere als das untere Schlundganglion werden von _ einer auch von v. Grarr und Trıncuese erwähnten Kapsel umschlossen. Dieselbe setzt sich auch auf einige Kommissuren, sowie auf die Nerven- stämme fort, Theile von ihr umgeben die einzelnen Ganglien des supra- ösophagealen Komplexes und isoliren dieselben von einander. Wir können an der Kapsel drei Schichten unterscheiden: Zu äußerst liegt eine sich intensiv färbende Membran, in welcher ich hier und da elliptisch geformte, ca. 7,3 u lange und 3,65 u breite Kerne wahrnehmen konnte. Die zweite, mittlere Schicht besteht aus eirkulär verlaufenden Fasern, die dritte, innerste aus längsverlaufenden, welche sich besonders auf den Nerven durch die relativ ansehnliche Dicke von 0,7 u bemerklich machen. An der Bildung der Hüllen der einzelnen Ganglien innerhalb der gemeinsamen Kapsel betheiligen sich nur die eirkulär- und längsverlaufenden Fasern. Die Cerebrovisceralganglien, von denen die Pedal- und Buceal- ganglien von oben her vollständig bedeckt werden, zeigen eine etwas modifieirte ellipsoide Gestalt (Fig. 14—18 0.V.G). Längsschnitte durch sie, welche etwas seitlich von der Medianebene geführt worden sind (Fig. 16, 18), haben eine mehr birnen- oder keulenartige Form; die vordere Hälfte der Ventralseite ist zumeist konvex, die hintere konkav; auf Querschnitten finden wir die Ventralfläche häufig $-föormig ge- schweift mit seitlich liegender Konkavität. Die dorsale Fläche zeigt baid mehr bald weniger deutlich die von v. GrArr und Trincnese erwähnte Transversalfurche (Fig. 17 0.V.G*), unterhalb deren auch die beiden inneren Schichten der Hülle ein wenig mehr in die Tiefe dringen (Fig. 15, 16 OVG*). Dem vorderen Theile der hinteren Hälfte eines jeden Ganglions liegt seitlich das Auge an (Fig. 14, 21—23 Au). Der Längendurchmesser der Gerebrovisceralganglien entspricht demjenigen des gesammten Supraösophagealganglions, der Breitendia- meter variirt zwischen 55 und 58 u, an jener Stelle aber, an welcher die Augen dem Ganglion angelagert sind, sinkt er auf 32—40 u. Der Höhendurchmesser beträgt 47—62 u. Die ventrale Fläche der beiden ovoiden oder nierenförmigen Pedal- ganglien P.G ist stets konvex, die dorsale hängt in ihrer Gestaltung von der ventralen Fläche der Gerebrovisceralganglien ab (Fig. 14—19, 21 —26 P.G), in deren hintere Aushöhlung die Pedalganglien wenigstens theilweise aufgenommen werden (Fig. 16—18). Die Pedalganglien sind weit kleiner als die Gerebrovisceralganglien, was durch die relative 62 Ludwig Böhmig, Kürze des Längen- und Höhendurchmessers bedingt wird, von denen der erstere 51—58 u, der letztere 32—36 u beträgt, während der Querdurchmesser sich zwischen 55 und 58 u hält. Die kleinen, nur ca. 26 u hohen und langen, 18—22 u breiten Buccalganglien liegen direkt vor den Pedalganglien und füllen die Lücke aus, welche hier zwischen den letzteren und den Cerebrovisce- ralganglien vorhanden ist (Fig. 16—18 B.G).. Längsschnitte durch sie zeigen eine keilförmige, Querschnitte eine elliptische Form; die hintere und obere Fläche sind denen der beiden anderen Ganglien angepasst, die übrigen konvex. Ich muss hinzufügen, dass in einigen Fällen eine deutliche Grenze zwischen den Pedal- und Buccalganglien nicht vorhanden war, zumeist aber trat dieselbe mit genügender Schärfe hervor. Das infraösophageale Ganglion @/.i liegt für gewöhnlich etwas hinter dem supraösophagealen, seltener unterhalb desselben. Wie TrıncHEse angiebt, rückt es zuweilen aus der Medianlinie gegen die linke Seite, doch ist diese Verschiebung, wie mir scheint, nicht die Regel. Seine Gestalt ist die eines Ellipsoides, dessen Längendurchmesser 36—44 u, dessen Breitendiameter 4I—51 u, und dessen Höhe 33—A8 u betragen. Der feinere Bau all dieser Ganglien bietet keine hervorragenden Besonderheiten. Eine centrale Fasermasse (c.Fa), aus welcher Kommis- suren, Connective und Nerven hervorgehen, wird von peripher ge- lagerten Ganglienzellen (glz) umschlossen, die bald in einer, bald in mehreren Schichten angeordnet sind. Ob die spärlichen innerhalb der centralen Fasermasse gelegenen Zellen nervöser oder bindegewebiger Natur, Gliazellen, sind, wage ich nicht zu entscheiden. Die Ganglienzellen sind im Allgemeinen von geringer Größe und großer Zartheit ihres Plasmaleibes. Die meisten von ihnen sind multi- polar; die Zahl der Ausläufer habe ich nicht mit Sicherheit feststellen können, einer von ihnen übertrifft die anderen an Dicke stets sehr be- deutend. Ganglienzellen, welche sich durch etwas auffallendere Dimen- sionen und ein schärferes Hervortreten ihres Plasmaleibes auszeichne- ten, bemerkte ich hauptsächlich in den Pedalganglien und in der hinteren Hälfte der Cerebrovisceralganglien. Der Durchmesser dieser Zellen betrug 10,95—14,6 u, derjenige der Kerne 5,34—7,3 u. Ein Kernkörperchen ist nicht selten vorhanden, und kann 2,19 u im Durch- messer erreichen. Hinsichtlich ihrer geringen Größe und der ihrer Kerne, sowie ihrer großen Zartheit wegen, ähneln die Ganglienzellen der Rhodope sehr denen der rhabdocölen Turbellarien, ein Umstand, welcher von Trıncuzse besonders betont wird: »Queste cellule si Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 63 distinguono nettamente da quelle dei Molluschi, specialemente per la piccolezza del loro nucleo, e sono simili a quelle dei centri nervosi dei Rabdoceli. Mancano le cellule colossali tanto caratteristiche dei Mol- luschi. « Die Kommissuren, welche die einzelnen Ganglien verknüpfen, sind, wie erwähnt, am eingehendsten von Trıncazs£ geschildert wor- den: »Una breve commissura unisce i due gangli sopraesofagei anteriori, una commissura ad arco che passa per la regione posteriore di questi, unisce tra loro i due gangli sopraesofagei posteriori. Due commissure piuttosto lunghe e grosse uniscono questi ultimi al ganglio sotto eso- fageo.« _ Meinen Untersuchungen gemäß ist Trincagse’s Darstellung keine ganz vollständige, insbesondere hat dieser Autor eine sehr wichtige Kommissur übersehen. Die Cerebrovisceralganglien sind in ihrer vorderen Hälfte durch eine breite Brücke der centralen Fasermasse verbunden (Fig. 20 Com.c.v'), in welcher sehr deutliche Querfaserbündel verlaufen (Fig. 21 Com.c.v), die als Kommissur aufzufassen sind. In ihrer hinteren Hälfte werden die beiden Ganglien durch die oben erwähnten Hüllen getrennt, wei- chen auch in manchen Individuen stark aus einander, um den nach oben aufsteigenden Endtheil des Vorderdarmes zwischen sich zu nehmen (Fig. 24 V.D"”). Das bald mehr bald weniger scharfe Hervortreten der Kommissur, welche die Pedalganglien verknüpft, ist abhängig von der Lage des Vorderdarmes, und es mögen erst hierüber einige Worte Platz finden. Bei manchen Individuen drängt der Vorderdarm (V.D"”) die Pedalgan- glien in ihrem vorderen Theile vollständig aus einander (Fig. 21), steigt alsdann nach oben und kommt zwischen die Pedal- und Cerebrovisce- ralganglien zu liegen (Fig. 22); bei anderen Exemplaren verläuft er in einer Furche zwischen den Pedalganglien auf deren Ventralfläche (Fig. 23, 26) und steigt dann erst hinter dem Supraösophagealganglion mehr oder weniger steil empor. Da die Kommissur der Pedalganglien (Com.p) im ventralen Theile derselben verläuft und den Ösophagus umgreift, tritt sie nur dann deutlich hervor, wenn der letztere eine tiefe Lagerung besitzt (Fig. 23). So stellt sie in dem Falle, welcher in Fig. 23 abgebildet ist, ein wohlmarkirtes, bogenförmiges, 10 u dickes und ca. 14 u breites Faserbündel dar, während sie in Fig. 22 weit weniger deutlich ausgeprägt erscheint, da hier der Vorderdarm V.D" wesentlich höher liegt und ganz in das supraösophageale Ganglion ein- geschlossen erscheint. Dicht hinter dieser Kommissur, von ihr ungefähr eben so weit entfernt als vom Infraösophagealganglion, bemerkte ich 64 Ludwig Böhmig, eine weitere ca. 7 u starke Kommissur, welche die hintere Partie der beiden Pedalganglien verbindet (Fig. 10 Com.px). Diese Kommissur ist übrigens nicht immer deutlich ausgebildet, sie verlässt an derselben Stelle die Ganglien, an welcher die Pedalnerven N.pp austreten. Die Cerebrovisceral- und die Pedalganglien jeder Seite werden durch ein v-förmig gebogenes CGonnectiv, dessen freie Schenkel der Medianebene zugekehrt sind, verbunden (Fig. 22 Co.c.p). Es erscheint mir sicher, dass Fasern aus den Cerebrovisceralganglien durch diese Con- nective in die Kommissur Com.p gelangen, die mithin Fasern aus den Gerebrovisceral- und den Pedalganglien führen würde, also als Pedal- Subcerebralkommissur bezeichnet werden muss. Scharf ausgeprägte Faserzüge zwischen den Cerebrovisceralgan- glien, den Pedalganglien und den Buccalganglien existiren nicht, die Verbindung wird durch Brücken der Markmasse der betreffenden Gan- glien hergestellt; eine die beiden Buccalganglien verknüpfende Kom- missur habe ich nicht aufzufinden vermocht. Die Verbindung zwischen den Supra- und Infraösophageal-Gan- glien vermitteln zwei den Ösophagus umgreifende Faserzüge (Fig. 17 nfsi), von denen der linke zuweilen ein wenig kürzer ist als der rechte. Ihre Länge ist überhaupt großen Schwankungen unterworfen; im Maximum betrug dieselbe 7 u, bei einigen Individuen waren hingegen die Ganglien bis zur Berührung genähert (Fig. 17), und es blieb nur ein schmaler Spalt für den durchtretenden Vorderdarm übrig. Diese Faser- züge entstammen dem hinteren Theile der centralen Fasermasse der CGerebrovisceralganglien. Die von v. KöLLiker mitgetheilten Daten bezüglich der Nerven sind durch v. Grirr wesentlich ergänzt worden, und ich bin in der Lage noch Einiges hinzuzufügen. Von der vorderen Fläche der Cerebrovisceralganglien der ventralen Seite genähert entspringen jederseits zwei starke Nerven (Fig. 1%, 15 N.a, N.a’) so dicht neben einander und über einander, dass man sie auch als Äste eines einzigen Nerven, welcher sich bei seinem Austritt aus dem Ganglion sofort theilt, auffassen kann. Sie entsprechen den Nerven a in v. GRrArFs Fig. 3. Der eine dieser beiden Nerven verläuft unterhalb des Vorder- darmes gerade nach vorn, der zweite wendet sich ein wenig dorsal- wärts und seitlich, um alsdann ebenfalls zum vorderen Körperpole zu ziehen. Beide Nerven verästeln sich reichlich, ihre Äste stehen mit kleinen Ganglien in Verbindung, die um so zahlreicher werden, je mehr sich die Nerven der Kopfspitze nähern. Ich konnte die Nerven- stämmchen bis zum Epithel verfolgen, und es erscheint mir außer Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 65 Zweifel, dass sie das erdere Körperende unseres Thieres zu einem äußerst feinen Tastorgane stempeln. Dicht neben diesen beiden mächtigen Nerven bemerken wir einen wesentlich zarteren, dessen Durchmesser nur 4,38 u beträgt. Es ist mir höchst wahrscheinlich, absolute Gewissheit habe ich mir trotz großer Mühe nicht verschaffen können, dass dieser Nerv nicht aus den Cerebrovisceralganglien, sondern aus den Buccalganglien stammt (Fig. 16 N.b), jedenfalls liegt seine Austrittstelle an der Grenze dieser beiden Ganglien. Bald nachdem dieser Nerv das Ganglion verlassen, schmiegt er sich dem Vorderdarme an, verläuft eine Strecke weit längs desselben nach vorn und verliert sich schließlich an ihm. Augenscheinlich inner- virt der Nerv 5b den Vorderdarm. Von der Ventralseite der Pedalganglien, nahe der hinteren Fläche, sieht man jederseits einen 8—410,95 u dicken Nerven ausgehen, wel- cher sich in leicht $-förmiger Biegung der Bauchfläche des Thieres nähert und oberhalb derselben fast bis zur Schwanzspitze verläuft, nachdem er kurz nach Verlassen des Ganglions einen nach vorn hin ver- laufenden Ast, welcher sich fast rechtwinkelig abzweigt, abgegeben hat. v. GRAFF nennt diese Nerven »Längsnerven« und bezeichnet sie in seiner Fig. 3 mit y. Ich möchte sie und die folgenden eher als Pedal- nerven ansprechen, da sie hauptsächlich zur Innervation der Bauch- fläche, auf welcher ja das Thier kriecht, dienen. Ein fast eben so starker Nerv entspringt aus dem vorderen Theile eines jeden Pedalganglions (Fig. 14, 45 N.pa), welcher sich nach kurzem, kopf- und ventralwärts gerichtetem Verlaufe in zwei ziemlich gleich starke Äste theilt, welche die vordere Partie der Bauchfläche innerviren. Sehr wahrschein- lich führen diese Nerven Faserbündel aus den Cerebrovisceralgan- elien, da dicht neben ihrem Ursprungsgebiete ein Faseraustausch zwischen den letztgenannten und den Pedalganglien stattfindet. Beide Pedalnervenpaare enthalten ziemlich zahlreiche Ganglienzellen, und überdies steht der vordere Ast der Nerven N.pa mit einem kleinen Ganglion oberhalb der Bauchfläche in Verbindung. Das von v. GRAFF mit ö bezeichnete Nervenpaar habe ich an der von diesem Autor bezeichneten Stelle aus den Pedalganglien austreten sehen, es begiebt sich ebenfalls zur Bauchfläche des Thieres. Zweier Nervenpaare habe ich nun noch Erwähnung zu thun, welche bei manchen Individuen aus den Cerebrovisceralganglien, bei anderen aus den Pedalganglien oder aber aus beiden hervorgehen. Zu ihnen zählt ein Nerv (N. v. Grarr's), welcher an der Grenze der Lateral- und Dorsalfläche vor dem Auge aus dem supraösophagealen Ganglienkomplex austritt (Fig. 14, 15 Nc) und oberhalb der Nerven Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. 5 66 Ludwig Böhmig, N.a, a’ nach vorn ziehend, sich zu den seitlichen Partien des Kopfes und zum Anfangstheile des Rückens begiebt; bald nach seinem Austritt theilt er sich in eine Anzahl kräftiger Äste. Bei mehreren Individuen durchsetzte dieser Nerv die Gerebrovisceralganglien, und es nahmen an seiner Bildung Faserbündel aus den Cerebrovisceralganglien und den Pedalganglien Theil; bei einem Individuum gehörte er ganz dem Pedal- ganglion seinem Ursprunge nach an (Fig. 25 N.c) und schmiegte sich nur äußerlich an die Seitenfläche der Gerebrovisceralganglien, ohne dass aber eine augenfällige Aufnahme von Fasern aus den letzteren statt hatte. Einige seiner Äste standen wie diejenigen der Nerven a, a’ in Verbindung mit kleinen peripheren Ganglien. Dicht hinter dem Auge oder, und dies ist der häufigere Fall, dicht unterhalb desselben, zwischen Auge und Otocyste verlässt ein Nerv das Supraösophagealganglion (Fig. 14, 19 N.d), welcher sich dorsal- lateralwärts und nach hinten wendet. Er zieht am Mitteldarme und den Genitalorganen vorüber und konnte oberhalb dieser Organe bis in das letzte Körperdrittel verfolgt werden. Während seines Ver- laufes giebt er zahlreiche Äste ab, welche sich in der Nähe der genannten Organe weiter verästeln.. An seiner Bildung betheiligen sich sowohl Faserbündel aus den Cerebrovisceral- als auch aus den Pedalganglien (Fig. 26 N.d). Das infraösophageale Ganglion entsendet ein Paar 10,95—14,6 u dicker Nerven (Fig. 10, 17,18 N.v), welche unterhalb des Mitteldarmes und der Geschlechtsorgane verlaufen, sich in der zweiten Hälfte des Thieres etwas mehr seitlich wenden und bis zu den Drüsen des hinteren Körperpoles ziehen. Sie nehmen allmählich an Kaliber ab und ent- senden Nervenstämmchen, die vermuthlich den Darm und Genital- apparat versorgen, wenigstens legen sie sich an diese häufig dicht an. Ein Theil der Bildungsfasern dieser Nerven gehört dem Ursprunge nach der hinteren Partie der Cerebrovisceralganglien an und durchsetzt nur das infraösophageale Ganglion. Die beiden Faserbündel (nfsı) dienen also nicht nur zur Verknüpfung der betreffenden Ganglien, sondern sie enthalten auch Theile der Visceralnerven, wie ich die Nerven N.v nennen will. v. KöLLIKER sowie v. GrAFF kannten bereits diese Nerven; v. GRAFF bezeichnet sie in seiner schon oft eitirten Fig. 3 mit e, v. KÖLLIKER ver- muthet, dass sie den Magen innerviren. Es sind demnach im Ganzen acht Nervenpaare vorhanden, von denen sieben ihrem Ursprunge nach vollständig dem supraösophagealen Ganglienkomplexe angehören. Die Scheidung desselben in Cerebrovisceral-, Pedal- und Buccal- Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 67 ganglien bedarf wohl keiner eingehenderen Rechtfertigung, da sie sich aus den Innervationsgebieten der Nerven ergiebt. Die Cerebrovisceralganglien entsenden zwei Nervenpaare N.a, «, die als specifische Sinnesnerven aufzufassen sind, und es sei hier er- wähnt, dass auch die Seh- und Hörorgane mit Nervenfasern, die aus diesen Ganglien stammen, in Verbindung stehen. Als reine Cerebral- ganglien können die in Rede stehenden Ganglien nicht aufgefasst werden, da sie wesentlich zur Bildung der beiden großen Nerven (N.v) beitragen, und zwar ist es die hintere Portion der Markmasse, in welcher die betreffenden Faserbündel sich bilden. Diesen hinteren Theil der Gerebrovisceralganglien sowie das infraösophageale Ganglion halte ich für die Gentren der Eingeweidenerven, und es sind meines Erachtens die Faserbündel (nfsi) als Theile einer den Vorderdarm umgreifenden Visceralkommissur zu betrachten, in welche ein Ganglion eingelagert ist; hierbei kommt natürlich nur jener Theil der Fasern von n/s? in Betracht, welcher nicht direkt an der Bildung der Nerven (N.v) betheiligt ist. Die früher öfter erwähnte transversale Furche auf der dorsalen Fläche der CGerebrovisceralganglien dürfte vielleicht andeuten, dass an dieser Stelle bei einer weitergehenden Differenzirung die Trennung in ein selbstän- diges cerebrales und viscerales Ganglion stattfinden würde. Auf den Umstand, dass trotz der sonst so scharfen Scheidung der Gerebrovisceral- . und Pedalganglien zwei Nervenpaare (N.c, N.d) keinen ganz konstanten Ursprung besitzen, resp. dass sie sich aus Faserbündeln beider Nervencentren bilden, werde ich späterhin zurückzukommen haben. Die Augen der Rhodope liegen, wie v. GrAFF und TrıncHzsz an- geben, dem vorderen Theile der hinteren Hälfte der Gerebrovisceral- ganglien dicht an. Ihre ventrale Fläche ruht auf der dorsalen der Pedalganglien, wie aus den Fig. 44, 19, 21—23 erhellt. v. KöLLıker’s Darstellung ist keine ganz korrekte, in so fern er die Augen besonders in seiner Fig. 2 viel zu weit nach vorn verlegt. Eine kapselartige Hülle trennt das Auge von den Ganglien der Umgebung eben so scharf, wie es diese unter sich sind; es steht aber mit den Cerebralganglien an einer Stelle durch einen Faserzug in Verbindung, den wir als N. opticus bezeichnen können. Das Auge besitzt die Form eines Ellipsoides, dessen Durchmesser 29,2 u (Länge), 25,5—32,8 u (Breite) und 21,9— 29,2 u (Höhe) be- tragen. Die genauesten Angaben über den Bau der Augen von Rhodope verdanken wir Trıinchzse: »gli occhi sono formati di una capsula, di un pigmento nero- rossatro, di una lente sferica e di una retina consistente 5% 68 Ludwig Böhmig, in un strato di grosse cellule che si stende sulla facia interna delle capsula in tutto l’emisfero intorno del globo oculare«. v. KÖLLıkEr und v. GrArF erwähnen nur das Vorhandensein eines Pigmentbechers und einer Linse. Ich habe in Fig. 28 einen Längs-, in Fig. 29 einen Querschnitt durch das Auge abgebildet, von denen wir zuerst den letztgenannten betrachten wollen. Es sei vorher erwähnt, dass die Öffnung der Pigmentschale nicht rein seitlich, sondern etwas nach vorn, der Körper- oberfläche, die konvexe Fläche der Schale der Medianebene zuge- wandt ist. Vor dem schwarzen oder schwarzröthlichen Pigmente, das in seiner Gesammtheit eine Art Schale oder Becher darstellt (Fig. 29 P.:) liegen sieben, vielleicht auch mehr keilförmige Zellen (Fig. 27, 29 corz) dicht an einander gedrängt. Diese Zellen, welche ich Corneazellen nenne, schließen die Pigmentbecheröffnung vollständig ab. Ihre äußere mem- branartige Schicht h färbt sich ziemlich intensiv, das Zellplasma ist unfärbbar oder nimmt nur einen sehr schwachen Farbton an. Die run- den, sich lebhaft tingirenden Kerne (von 3,65—4,38 u Durchm.) liegen im distalen Theile der Zellen, deren Längendurchmesser 14,6 u, deren Breitendurchmesser 5,84 — 7,3 u betragen. Die Corneazellen bilden einen Körper, welcher ungefähr die Form eines Segmentes, eines Ellip- soides besitzt und von v. GrAFF und v. KörLiker als Linse bezeichnet wird. Der von Trincagsz als Linse bezeichnete Theil des Auges ent- spricht wahrscheinlich nicht den Corneazellen sondern dem noch zu erwähnenden Gallertkörper. Der Raum zwischen der Augenkapsel und der Pigmentschicht des Auges wird von Zellen eingenommen, welche man mit Trınchzse als Retina auffassen muss; hier verbreiten sich überdies auch Nerven- fasern, die dem als N. opticus bezeichneten Faserzuge entstammen (Fig. 28 N.o). Die in Rede stehenden Zellen ließen nur an einem mit Sublimat- Osmium-Essigsäure fixirten Präparate deutliche Zellgrenzen wahr- nehmen (Fig. 28 rez). In die Pigmentschicht gingen sie ohne scharfe Grenze über, und es ist mir sehr wahrscheinlich, dass das Pigment die distalen Partien der Retinazellen (rez) erfüllt, dass es mithin nicht specifischen Pigmentzellen angehört. Ein Versuch, das Pigment ver- mittels Eau de Javelle oder Salpetersäure zu zerstören, um hierdurch über diesen Punkt Klarheit zu erhalten, misslang leider vollständig, da das Pigment den angewandten Reagentien Trotz bot. Die Retinazellen besitzen ein mäßig feinkörniges, wenig färbbares Plasma, ihre runden, 5,14—5,84 u messenden Kerne tingiren sich hin- Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 69 gegen gut. Das Pigment ist in Form kleiner, rundlicher Körnchen vorhanden, welche in dünner Lage eine bräunliche, in dicker eine schwarze Farbe zeigen. ? Das Augeninnere wird von einer wenig tingirbaren Masse erfüllt (Fig. 28, 29 gi), welche in den meisten Präparaten ein vollkommen homogenes Aussehen bot; nur in einem Falle schien mir dieselbe aus abwechselnd dunkleren und helleren stäbchenförmigen Gebilden zu- sammengesetzt zu sein (Fig. 29 gk), im Centrum fand sich hier auch ein spaltenartiger Hohlraum (Fig. 29 *). Da die Differenzirung des Innenkörpers (g%) nur einmal und in diesem Falle auch nur undeutlich zu erkennen war, möchte ich ihr keine größere Bedeutung beimessen und den Innenkörper mit dem Gallertkörper des Gasteropodenauges vergleichen. An der Basis der Retinazellen bemerkte ich hier und da kleine, wenig scharf umschriebene Zellen mit kleinen Kernen (Fig. 28 glz), die wohl als Ganglienzellen zu deuten sind und mit Fasern des N. opti- cus in Verbindung stehen dürften. In seinem Baue zeigt das Rhodopeauge eine große Ähnlichkeit mit dem vieler Nudibranchier, wie zum Beispiel die von CArrıERE! gegebene Abbildung eines Aeolisauges lehrt. Ähnlich wie die Sehorgane der betreffenden Aeolisspecies sind fernerhin auch die von Doris, Philine aperta (Carriere) und, wie ich aus eigener Anschauung hinzufügen kann, von Tethys gebaut. An allen diesen Augen unterscheiden wir eine Retina, welche sich aus relativ großen Zellen zusammensetzt, die in ihrem distalen Abschnitte Pigmentkörnchen enthalten. Die Retina- zellen bilden eine Schale, welche durch eine Anzahl pigmentfreier Zellen (Corneazellen) zu einem hohlen Ellipsoid ergänzt, dessen Innen- raum von dem bald härteren bald weicheren Gallertkörper (Linse) aus- gefüllt wird. Rhodope besitzt ein Paar von Otocysten, welche nach den Angaben der bisherigen Bearbeiter von Rhodope dem hinteren Theile resp. den hinteren Ganglien des Supraösophagealganglions aufliegen. Die Otocyste liegt jederseits hinter dem Auge und unter diesem (Fig. 19, 24,30, 31 Ot), zwischen den Cerebrovisceral- und Pedalganglien. In jenen Fällen, wo das Supra- und Infraösophagealganglion bis zur Berührung genähert sind, kann das letztere auch die Otocysten berühren (Fig. 30). Das Gehörbläschen besitzt eine ellipsoide Gestalt, nach vorn ist es in eine kleine Spitze ausgezogen. Seine Länge beträgt 25,5—29,2 u, seine Breite 23,5—25,5 u, seine Höhe ca. 18,25 u. J. CArrıkre, Die Sehorgane der Thiere, p. 43, 44, Fig. 43. 70 Ludwig Böhmig, Es wird wie auch das Auge von einer scharf kontourirten Hülle (oR) umgeben, welcher sich das einschichtige Epithel dicht anlegt. Die Zellen dieser Epithelschicht zeigen auf meinen Präparaten keine deut- lichen Abgrenzungen, am ehesten sind sie noch an Tangentialschnitten wahrzunehmen, an diesen erkennt man eine polyedrische Felderung ziemlich deutlich. Seine größte Höhe erreicht das Epithel im vorderen Theil der Blase (ca. 5,8), auf der dorsalen Seite sinkt der Höhendurchmesser auf 3,65—2,9 u, auf nur 1 u auf der ventralen Fläche (Fig. 30, 34). Die kugeligen oder eiförmigen Kerne variiren hinsichtlich ihrer Dimen- sionen ziemlich bedeutend (3,65—4,38 u, 2,92 : 4,38 u— 3,65 : 5,8% u), sie fehlen vollständig in den centralen Partien der Ventral- und Dor- salseite. | Auf seiner freien Fläche trägt das Otocystenepithel einen zarten, fast homogen erscheinenden Saum (Fig. 31 cs), welcher wohl aus einer Verschmelzung der von v. Grarr erwähnten »Härchenauskleidung« der Otolithenblase hervorgegangen ist. Die Höhe desselben ist umgekehrt proportional dem Höhendurchmesser des Epithels, am bedeutendsten also auf der Ventralfläche. Hier, sowie auf der entgegengesetzten Seite, der Dorsalfläche bemerkte ich im Epithel kleine, etwas färbbare, stäbchenförmige Gebilde (Fig. 31 noe), die zuweilen die Epithelschicht überragten und mit Nervenfasern (nf) in Verbindung standen; einige dieser Stäbchen (Fig. 31 noe‘) trugen eine zarte Cilie. Wir dürfen diese Gebilde, welche auf der ventralen Seite zahl- reicher sind als auf der dorsalen, wohl als die Endigungen der acu- stischen Nerven ansehen. Ein deutlich ausgeprägter N. acusticus existirt nicht. Die Nerven- fasermasse, welche oberhalb der Otocyste liegt, gehört den Gerebrovis- ceralganglien an und das Gleiche gilt wohl auch von derjenigen, auf welcher die Otocyste ruht. Allerdings begrenzen hier die Pedalganglien das Gehörbläschen, aber es existirt dicht vor demselben eine zarte Ver- bindungsbrücke zwischen der Fasermasse der Cerebrovisceral- und Pedalganglien, so dass es sehr wohl möglich ist, dass die Nervenfasern, welche mit den Stäbchen in der Otocyste in Verbindung stehen, den erstgenannten Ganglien entstammen. v. KÖLLIKER und v. GrAFF beobachteten im Inneren der Otocyste einen Otolithen, welcher durch die Härchenauskleidung der Blase in steter, zitternder Bewegung gehalten wird. Einen dem Otolithen ent- sprechenden Körper konnte auch ich wahrnehmen. Derselbe wurde repräsentirt durch ein kleines ca. 4,38 u messendes Kügelchen, das in seinem Centrum ein stark färbbares kernartiges Gebilde enthielt. Ä Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 71 Das letztere war zunächst von einer farblosen Hülle umschlossen, diese wieder von einer relativ dicken Membran (Fig. 30 otl). Das ganze Kügelchen macht den Eindruck einer Zelle und wir gehen wohl kaum fehl, wenn wir annehmen, dass der Otolith durch Verkalkung einer solchen entstanden ist. TrincHese betont in seiner Abhandlung über Rhodope das Fehlen der für die Mollusken so charakteristischen kolossalen Ganglienzellen und die Ähnlichkeit der Rhodope in dieser Hinsicht mit den rhabdo- cölen Turbellarien ; über die von ihm allerdings nicht ganz vollständig erkannte Gesammtorganisation des Nervensystems geht TrıncHzse still- schweigend bei dem Vergleich hinweg. R. Beren! ist der Ansicht, dass sich Rhodope »in der Anordnung des Nervensystems den Nemertinen etwas nähert«. Der Centraltheil des Nervensystems, das Gehirn der rhabdocölen Turbellarien lässt nie eine Trennung in eine größere Anzahl von Gan- glien erkennen, wir bemerken deren nur zwei, ein rechtes und linkes, welche, je nachdem sie einander mehr oder weniger genähert sind, durch eine oder zwei, bald mehr bald weniger deutlich ausgeprägte, oberhalb des Ösophagus liegende Kommissuren verbunden werden. Eine den Ösophagus umgreifende Gehirnkommissur ist bisher nur für Microstoma lineare beschrieben worden, und auch sie wurde als solche von F. v. Wasner? in Frage gestellt. Es handelt sich diesem Forscher gemäß vielmehr » um eine in sich abgeschlossene Bildung, ein Pharyn- gealnervensystem, welches keine erkennbaren Beziehungen zum Cen- tralnervensystem aufweist und.... per regenerationem unabhängig vom übrigen Nervensystem in loco entsteht«. Sollte sich eine sekun- däre Verbindung dieses Nervenringes mit dem Gehirn vorfinden, eine Möglichkeit, die v. WAGner zugiebt, so könnten wir doch diese CGom- missuralfasern nur mit der sympathischen Kommissur der Mollusken vergleichen. Die zweite von Jensen® für Hyporhynchus armatus und von v. Grarr? für Acrorhynchus caledonicus beobachtete Gehirnkommissur steht außer jeder Beziehung zum Pharyngealapparat, und die dicht hinter dem Pharynx liegende Kommissur der Längsstämme von Meso- stomum Ehrenbergii gehört eben diesen letzteren und nicht dem 1 R. BercH, Über die Gattung Rhodope. Zool. Anz. V. Jahrg. Nr. 423. 1882. 2 F. v. WAGNER, Zur Kenntnis der ungeschlechtl. Fortpflanzung von Micro- stoma lineare etc. Zool. Jahrbücher. Abth, für Anat. u. Ontog. Bd. IV. 1894. 3 0. S. JENsen, Turbellaria ad litora Norvegiae occidentalis. Bergen 1878. 4 v. GrAFF, Monographie der Turbellarien. I. Leipzig 1882. ® 73 Ludwig Böhnmig, Gehirne an, sie kann nur mit den entsprechenden? Kommissuren der dendrocölen Turbellarien verglichen werden. Innerhalb der centralen Fasermasse macht sich bei den rhabdo- cölen Turbellarien zuweilen der Beginn einer Differenzirung in einzelne Bezirke geltend (am besten ausgebildet ist dies beimanchen Alloiocölen), nie aber wird meines Wissens die umgebende Ganglienzellenschicht der- art in Mitleidenschaft gezogen, und nie erreicht diese Differenzirung einen solch hohen Grad, dass man von leidlich scharf umschriebenen Inner- vationscentren, vergleichbar den Cerebral-, Visceral- und Pedalganglien der Gasteropoden sprechen könnte. Ich habe bei dieser Erörterung von den acölen Turbellarien abge- sehen, deren Gehirn ein etwas abweichendes Bild bietet und in man- cher Hinsicht mehr dem der Tricladen ähnelt. Das Gehirn der Polycladen zeigt allerdings eine große Mannig- faltigkeit der Ganglienzellen in Form und Größe, stimmt aber mit dem Gentralnervensystem der Rhabdocöliden darin überein, dass es eben so wenig wie dieses eine dem Rhodopegehirn ähnliche Differenzirung in Ganglien bietet. Bei einer großen Reihe von Tricladen wird das Gehirn nur durch eine keulenförmige Anschwellung der vorderen, vor den Ovarien lie- genden Partie der Längsnervenstämme repräsentirt, welche durch eine breite Gehirnkommissur verbunden werden; außerdem entsenden die zahlreichen Ganglien dieses vorderen verdickten Abschnittes außer Seitennerven auch noch specielle Sinnesnerven. In dem Gehirnabschnitte anderer Tricladen macht sich in so fern eine weitere Differenzirung geltend, als wir hier einen mehr dorsal gelegenen sensoriellen und einen ventralen motorischen Theil unter- scheiden können; am schärfsten ist diese Sonderung bei Gunda seg- mentata nach Lane! ausgeprägt, Anknüpfungspunkte an die bei Rho- dope realisirten Verhältnisse bietet sie nicht. Eben so verhält sich die Sache auch hinsichtlich der Nemertinen, auf welche R. Bercn hinweist. Das Cerebralganglion der Nemertinen besteht aus einem Paar dor- saler und einem Paar ventraler Ganglien, zu denen sich noch besonders differenzirte Sinnesganglien (Riechlappen) gesellen können. Es können aber weder diese Ganglien, noch die Seitenstämme, welche wie bei den Turbellarien dem Centraltheile des Nervensystems zuzurechnen sind, auf die Ganglien resp. auf bestimmte Nerven des Rhodopenervensystems bezogen werden. Hierzu kommt auch noch das sehr abweichende ! A. Lane, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie und Histologie des Nervensystems der Plathelminthen. Mitth. a. d. Zool. Station zu Neapel. Bd. II. 1882. Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 73 Verhalten der zwei vorhandenen Kommissuren, von denen die eine unterhalb, die andere oberhalb der Rüsselscheide verläuft. Hinsicht- lich des feineren Baues wäre fernerhin das Vorhandensein von Neuro- chordzellen und Neurochorden bei den Nemertinen zu erwähnen, von denen bei Rhodope keine Spur zu finden ist. In seinen schönen, breit angelegten Untersuchungen über das Nervensystem und die Phylogenie der Mollusken benutzt v. Inerıne ! den Bau des Nervensystems der »Protocochliden « zum Ausgangspunkte interessanter Erörterungen, die von ihm selbst? späterhin modifieirt und gegen die von verschiedenen Seiten Einwendungen erhoben wurden. So bestritt R. Bereu und Lacaze-Duruiers? die Existenz einer » Protoganglienmasse« bei Tethys, und wir verdanken dem letzt- genannten Forscher eine eingehende Darstellung des Centralnerven- systems dieses Thieres. Lacaze-Duruiers erbringt hierbei den Nach- weis, dass auch bei Tethys drei Nervencentren ausgebildet sind, ein cerebrales, pedales und asymmetrisches (viscerales). Dieser Gliederung entsprechend sind auch drei Kommissuren vorhanden, von denen zwei als »commissures pedieuses« bezeichnet werden, die dritte gehört dem » centre asymeötrique« an. Das Nervensystem aller Opisthobranchier gliedert sich also, abge- sehen von den Buccalganglien, in drei Portionen, nämlich in die Cerebral-, Visceral- und Pedalganglien, von denen die beiden ersteren zu Gerebrovisceralganglien verschmelzen können. Während die Zahl der Cerebral- und Pedalganglien konstant zwei beträgt, ist diejenige der Visceralganglien eine variable, häufig eine unpaare, 3,5. Diese Nervencentren werden durch drei zuweilen auch vier Kommissuren verbunden, welche den Ösophagus umfassen. Zu den drei Hauptkommissuren der subcerebralen, pedalen und visceralen gesellt sich bei den Nudibranchiern eine paracerebrale (v. Isering), bei den Tectibranchiern und einigen anderen eine parapedale. Diese letztere ist nach v. Inerınag ? eine falsche Kommissur, entstanden durch Anasto- mose zweier Nerven; stets geht von ihr ein unpaarer Fußnerv ab, was bei der paracerebralen nie der Fall ist. Nach dem, was ich früher gesagt habe, scheint es mir nicht mög- ı H. v. Inerıng, Vergleichende Anatomie des Nervensystems und Phylogenie der Mollusken. 1877. 2 H. v. Inerıng, Giebt es Orthoneuren? Diese Zeitschr. Bd. XLV. 1887. 3 H. pe LAcAze-DUTHters, Sur le systeme nerveux central de la Tethys lepo- rina. Comptes rendus. T. CI. 1885. * H. v. Inerıng, Sur les relations naturelles des Cochlides et des Ichnopodes. Bulletin scientifique de la France et de la Belgique. T. XXIII. 4894, 74 Ludwig Böhmig, lich, das Gentralnervensystem von Rhodope seinem Baue nach auf dasjenige der Turbellarien oder Nemertinen zu beziehen, während ein Vergleich mit dem der Opisthobranchier wohl durchführbar erscheint. Wie die meisten Nudibranchier so besitzt auch Rhodope ein Paar oberhalb des Vorderdarmes (Ösophagus) gelegener Cerebrovisceral- ganglien, zu denen sich das unpaare unterhalb des Ösophagus befind- liche Ganglion gesellt, das im Gegensatz zu den beiden primären mit den Cerebralganglien verschmolzenen Visceralganglien als Deutovis- ceralganglion bezeichnet werden kann und nur eine Einlagerung von Ganglienzellen in die Visceralkommissur darstellt. Was wir als solche zu betrachten haben, habe ich früher schon hervorgehoben, es sind die Faserbündel (nfsi), so weit dieselben nicht in die Nerven (N.v) über- gehen. | Die am weitesten nach vorn gelegene Kommissur geht aus den Pedalganglien hervor, enthält aber auch Faserbündel, wenigstens ist dies äußerst wahrscheinlich, aus dem vorderen Theile der Cerebro- visceralganglien, sie muss demgemäß der Subcerebral- und Pedal- kommissur der Opisthobranchier gleich gesetzt werden, bei denen ja auch diese beiden Kommissuren nicht immer scharf von einander ge- trennt sind. Schwieriger ist es für die dritte der vorhandenen Kommissuren (Com.px), welche zwischen der Subcerebral-, Pedal- und der Visceral- kommissur gelegen ist, ein Homologon bei den Opisthobranchiern zu finden. Mit der Parapedalkommissur kann sie in Folge des Umstandes, dass von ihr kein Nerv entspringt — ich wenigstens habe einen solchen nicht beobachtet — nicht wohl verglichen werden, gegen eine Iden- tifieirung mit der bald aus den Protovisceral- bald aus den Cerebral- ganglien hervorgehenden paracerebralen Kommissur der Nudibranchier spricht der Ursprung aus den Pedalganglien. Allerdings lesen wir bei v. IHErınG!: »BereHn la (la commissure paracerebrale) observee chez Acanthopsole lugubris ou il dit que la commissure subeerebrale est double. Il n’a pas examine l’origine de ces commissures, mais il est pro- bable que la paracerebrale sort du ganglion pedieux.« Diese letztere An- nahme v. Inzrıng’s erscheint mir etwas willkürlich, wenigstens lässt sich der Ursprung dieser Kommissur aus den Pedalganglien durchaus nicht mit auch nur einiger Sicherheit aus der beigegebenen Abbildung Berenr’s ? 1 H. v. Igerıng, Sur les relations naturelles des Cochlides et des Ichnopodes. Bulletin scientifique de la France et de la Belgique. T. XXIII. 4894. 2 R. BErGH, Beiträge zur Kenntnis der Aeolidiaden. VII. Verhandlungen der k. k. zool.-botan. Gesellschaft in Wien. Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 3) erschließen’und im Texte spricht Berk nur davon, dass die subcere- brale Kommissur aus zwei Theilen bestehe. Sollte v. Inzrıne’s Annahme sich bewahrheiten, sollte also diese Kommissur gelegentlich die Pedalganglien passiren, dann stünde aller- dings einer Homologisirung der Paracerebralkommissur der Nudibran- chier mit der Kommissur (Com.px) bei Rhodope noch im Wege, dass ich die Fasern derselben nicht bis in das Gerebrovisceralganglion ver- folgen konnte. Als einer der wichtigsten Punkte, in denen sich das Gentralnerven- system der Rhodope von demjenigen der Opisthobranchier und der Gasteropoden überhaupt unterscheidet, ist meines Erachtens die Lage- rung der von mir als Buccalganglien bezeichneten Nervencentren her- vorzuheben. Im Gegensatz zu den Opisthobranchiern liegen die Buccalganglien der Rhodope den Cerebrovisceral- und den Pedalganglien dicht an, ihre Abgrenzung von diesen ist sogar nicht immer eine sehr scharfe, es fehlt ihnen eine Buccalkommissur. Ich habe auch die in Rede stehen- den Ganglien nur desshalb als Buccalganglien in Anspruch genommen, weil aus ihnen ein den Vorderdarm versorgender Nerv entspringt, und durch wiederholte Beobachtung meiner Präparate die Überzeugung in mir immer mehr gefestigt worden ist, dass dieser Nerv thatsächlich hier seinen Bildungsort hat und nicht in den darüber liegenden Theilen der Gerebrovisceralganglien. Die für einige Nerven nur wenig scharfe Lokalisirung des Ur- sprungsgebietes erscheint mir bei einem Vergleiche des Centralnerven- systems der Rhodope mit dem der Gasteropoden nicht bedeutungsvoll, da wir ähnlichen Verhältnissen auch bei den letzteren nicht selten begegnen, und ein Nerv bald aus einem Ganglion, bald aus dem Kon- . nektiv zweier Ganglien hervorgeht oder aus Faserbündeln verschiedener Gentren gebildet wird. Lacaze-Durniers! hat beispielsweise bei Lim- naea auf derartige Verhältnisse bei den Cervical- und den oberen Fußnerven aufmerksam gemacht. Ich habe früher darauf hingewiesen, dass einige Äste der Nerven (N.c) kurz vor ihrer wahrscheinlich im Epithel erfolgenden peripheren Endigung mit Ganglien in Konnex stehen, wie solches auch bei den Sinnesnerven der Fall ist. Es führen nun, wie ich erwähnte, die Nerven (N.c) sowohl Faserbündel, welche in den Pedalganglien, als auch solche, die in den Cerebrovisceralganglien ihren Ursprung haben, und es scheint mir nicht ungerechtfertigt zu sein anzunehmen, dass die 1 H. ve LAcAze-Dutusers, Du systeme nerveux des mollusques gasteropodes pulmoneas quatiques, Archives de Zoologie exper, et generale. T. I. 4872. 76 Ludwig Böhmig, Äste, welche mit peripheren Ganglien in Verbindung stehen, haupt- sächlich von Faserbündeln aus den Cerebrovisceralganglien gebildet werden und als Sinnesnerven funktioniren, während die übrigen Äste, welche ihren Ursprung in den Pedalganglien haben, vielleicht den Hautmuskelschlauch innerviren, wenigstens verzweigen und verbreiten sie sich unterhalb desselben. Den exakten Beweis für das von mir hier Gesagte zu erbringen, ist bei der Kleinheit des Objektes natürlich ziemlich schwierig. Ähnliches gilt auch für Nerv N.d. Dieser entspringt mit je einer Wurzel aus den Cerebrovisceralganglien und den Pedalganglien und streicht in der zweiten Hälfte des Thieres an der Rückenfläche unter- halb des Hautmuskelschlauches hin, giebt aber auch Äste ab, welche sich zu dem Darme und den Genitalorganen begeben oder wenigstens zu begeben scheinen. Die letzteren entsprechen, vermuthe ich, den Faserbündeln, welche aus den Cerebrovisceralganglien und zwar der hinteren (visceralen) Partie derselben hervorgehen, die ersteren den- jenigen aus den Pedalganglien. Nur jener von mir erwähnte Fall, wo der Nerv N.c nur aus dem pedalen Nervencentrum zu entspringen schien, könnte an der Richtigkeit der vorgetragenen Ansicht Zweifel erwecken; ich halte es aber auch hier für durchaus nicht ausge- schlossen, dass dieser Nerv Faserbündel aus den Cerebrovisceralgan- glien enthält, nur würden dieselben dem Nerven vermittels der Kon- nektivfasern zugeführt werden müssen. Wären die Konnektive länger, nicht so außerordentlich kurz und ganz in die Fasermassen der bezüg- lichen Ganglien versenkt, so würde es vielleicht leichter sein, einen klaren Einblick über diese Punkte zu erhalten. Die übrigen Nerven bedürfen keiner besonderen Erwähnung, was ich über Ursprungs- und Verbreitungsgebiete eruirt habe, wurde bereits mitgetheilt; ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, dass die beiden großen, den ganzen Körper der Rhodope durchziehenden Nervenstämme (N.v) nicht mit den großen Längsnervenstämmen der Turbellarien homologisirt werden dürfen, da letztere bis zu einem gewissen Grade dem Nervencentrum zugezählt werden müssen und Nerven zu den Organen und zu dem Hautmuskelschlauche entsenden, während bei Rhodope diese Nerven nur als Hauptnerven der Genital- organe und des Darmes zu betrachten sind, und die von ihnen geson- derten Nerven der Pedalganglien den Hautmuskelschlauch besonders auf der Ventralfläche innerviren. Die entwicklungsgeschichtlichen Daten über das Nervensystem der Rhodope, die wir Trıncuzse verdanken, sind leider nur wenig ausführ- liche: »Nell’ ottavo giorno si vedono pure, ai lati della estremitä cefalica, a 3 Sin I, 7 ae nn re Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 7, due corpi chiari pisiformi, la ceui estremita sottile si continua coll’ ecto- hlasto; questi corpi sono i gangli sopraesofagei si trovano giä nella loro posizione definitiva e si sono staccati dall’ eetoblasto.« Hinsichtlich der Anlage des Nervensystems verhält sich Rhodope also wie die Poly- eladen; über die weitere Differenzirung der beiden Ganglien, sowie über die Bildung des Infraösophagealganglions macht Trıncazse keine Mittheilungen. Nach den übereinstimmenden Angaben v. Erranger's! für Paludina vivipara und F. Scumipr’s? für Limax agrestis bilden sich bei diesen Gasteropoden die Gerebral-, Visceral- und Pedalganglien vollständig getrennt und unabhängig von einander aus dem Ektoblast, sie ver- einigen sich erst späterhin durch Kommissuren und Konnektive. In so fern herrscht allerdings eine Abweichung zwischen beiden Autoren, als sich nach v. ErzanGer auch die Pallial-Intestinalganglien und das Vis- ceralganglion von Anfang an ganz gesondert bilden, während nach F. Scamipr bei Limax diese verschiedenen Ganglien aus einem Ganglien- paare durch »sekundäre Theilungsvorgänge« entstehen. Sehr abweichend von v. Erranger’s und F. Scamipr’s Angaben lauten die Rno’s?®. Ruo untersuchte die Entwicklungsgeschichte einer Nudibranchie, der Chromodoris elegans und fand, dass sich hier das Nervensystem als eine ektodermale aber unpaare, hufeisenförmige Platte anlegt, die sich erst sekundär in Gerebrovisceral- und Pedal- ganglien differenzirt. Man kann also nicht behaupten, dass ent- wicklungsgeschichtlich principielle Unterschiede zwischen Rhodope und den Gasteropoden in der Entstehung des Nervensystems vorhanden sind und geltend gemacht werden können, da sich in gewissen Punkten die Gasteropoden selbst sehr abweichend unter einander verhalten. Was endlich die Lagebeziehung der Sinnesorgane, Augen und Otocysten, zum Gehirn betrifft, so hat schon v. Inzrına auf die große Übereinstimmung hingewiesen, die in diesem Punkte zwischen Rho- dope und vielen Nudibranchiern herrscht. Die Übereinstimmung ist in der That eine sehr auffallende, da bei Rhodope die Otocysten dem Nervensystem nicht nur oberflächlich aufliegen, sondern wie bei zahl- reichen Gasteropoden speciell den Pedalganglien angelagert sind und zwischen diesen und den Cerebrovisceralganglien sich finden. ! R. v. ERLANGER, Zur Entwicklungsgesch. von Paludina vivipara. II. Morphol. Jahrb. Bd. XVII. 4894. 2 F. Scamipt, Studien zur Entwicklungsgeschichte der Pulmonaten. I. Die Entwicklung des Nervensystems. Dorpat 1891. 3 F.Ruo, Studii sullo sviluppo della Chromodoris elegans. Atti della reale Accademia ect. Napoli. Serie 2. Vol, I. 1888. 78 Ludwig Böhmig, Generationsorgane. Der Generationsapparat ist durch v. KöLLıker und TrıncHEsE ein- gehender studirt worden, v. GrArF bestätigt im Wesentlichen nur die Resultate der v. Köruıker’schen Untersuchungen, da v. GRAFF nur ein einziges Mal ein geschlechtsreifes Individuum zu sehen Gelegenheit hatte. Gemäß v. Köruiker bestehen die Generationsorgane der Rhodope aus einer Zwitterdrüse, den Ausführungsgängen derselben, dem Kopu- lationsorgane und aus Anhangsdrüsen. Die unterhalb des Magens ge- legene Zwitterdrüse wird aus ca. 20 Follikeln gebildet, von denen die acht oder zehn hinteren zur Samen-, die übrigen vorderen zur Eibil- dung dienen. Die kurzen Ausführgänge vereinigen sich zu einem ge- meinsamen Kanal, der sich aber alsbald in ein Vas deferens und einen Oviduct spaltet, die dicht hinter einander aber getrennt nach außen münden. Das Vas deferens endigt in einem kräftigen, leicht spiralig aufgerollten Penis; der Oviduct steht mit einer voluminösen »Glandula uterina« und mit einer »Vescica seminale« in Verbindung. Trıncuzse befindet sich hauptsächlich in zwei Punkten nicht in Übereinstimmung mit v. KöLLıker und v. Grarr, einmal nämlich hin- sichtlich des Vorhandenseins einer zweiten (weiblichen) Genitalöff- nung, und zweitens hinsichtlich der Vereinigung der männlichen und weiblichen Ausführwege zu einem gemeinsamen Kanale: »io non ho potuto vedere questa unione, e dubito molto che l’affermazione di KöLLıker corrisponda al vero«. Den Genitalporus verlegt Trıncuese mit Recht weiter nach vorn als v. KöLLıker und v. GRAFF, seine Darstellung des Penis ist eingehen- der und korrekter. Ehe ich zu einer detaillirten Schilderung der Genitalorgane schreite, will ich in wenigen Worten eine Skizze des ganzen Apparates geben, aus welcher zugleich hervorgeht, in welchen Hauptpunkten ich von den Angaben der genannten Autoren abweiche. Der Porus genitalis — es ist nur ein einziger vorhanden — liest auf der rechten Seite des Thieres, ungefähr !/, mm vom vorderen Körperpole entfernt. Er führt in einen Kanal, ein Atrium genitale (Fig. 32 At.g), an das sich eine muskulöse Blase (Ps), die ich als Penis- scheide bezeichnen will, anschließt. In die Penisblase öffnet sich ein in leichtem S-förmigen Bogen nach hinten verlaufender kurzer Gang (D.g), in welchen eine große, mehrlappige Drüse einmündet. Dieser Gang, der Geschlechtsgang, steht vermittels des Zwitterdrüsenganges (D.%) mit der Zwitterdrüse (Gl.h) in Verbindung. Diese erstreckt sich Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 79 bis gegen das hintere Ende des Thieres und besitzt eine Anzahl volumi- nöser Aussackungen, die sogenannten Ovarial- und Hodenfollikel (F.o und F.s). Das Atrium genitale unterliegt sowohl bezüglich seiner Dimen- sionen als auch seines Verlaufs einigen Schwankungen. Seine Länge varürte zwischen 70 und 170 u, seine Breite und Höhe, die im umge- kehrt proportionalen Verhältnis zur Länge standen, zwischen 35 und 58 u. In einem Individuum, in welchem es sich durch besondere Kürze (70 u), aber bedeutende Weite (58 u) auszeichnete, verlief es als gerader Kanal zum Penis; zumeist aber erschien es V-förmig ge- bogen mit bald mehr der Ventral-, bald mehr der Dorsalfläche ge- näherter und kopfwärts gerichteter Umbiegungsstelle. Die Wandung des Atrium setzt sich zusammen aus einem ein- schichtigen Epithel, welches das Lumen auskleidet und einer äußeren Muscularis. An der Bildung dieser betheiligen sich Längs- und Ring- fasern, von denen die letzteren unterhalb des Epithels gelegen sind. Weitaus der größte Theil der epithelialen Auskleidung des Atrium ist durch ein Flimmerepithel repräsentirt, dessen Zellen ca. 5,1 u hoch und 7,3—8 u breit sind. Die sehr kräftigen gegen den Porus genitalis gerichteten Cilien haben an ihrer Basis eine Breite von 1,46 u, und er- reichen die ansehnliche Höhe von 18,25 «. Die Durchmesser der ova- len, stark tingirbaren Kerne betragen 3,65 : 4,38—3,65 : 5,8% u. Einen abweichenden Bau zeigt das Epithel des etwas erweiterten letzten, dicht vor der Penisscheide liegenden Theiles des Atrium. Hier unterschied ich plasmaarme Cilien tragende und plasmareichere cilien- lose Zellen mit feinkörnigem Inhalt; die ersteren stehen, wie mir scheint, unter einander in Zusammenhang und bilden eine Art Gerüst- werk, in das die cilienlosen Zellen eingefügt sind. Ich halte diese letzteren für Drüsenzellen; ihre Kerne sind rund, die der gerüst- bildenden Zellen langgestreckt, oval. In der Umgebung dieser Partie des Atrium bemerkte ich überdies zahlreiche, kleine, birnförmige Drüsenzellen, die sich gegen Tinktions- mittel verhielten wie die Drüsenzellen der Atriumwandung. An das Atrium schließt sich ein voluminöses, ellipsoid geformtes Organ an, das von TrıncHzse genauer beschrieben und als Scheide (guaina) des Penis bezeichnet worden ist. Diese Penisscheide (Fig. 33, 34 Ps’), vom Atrium durch eine Einschnürung getrennt (Fig. 33 *), be- sitzt eine Länge von 103—146 u, eine Breite von 103—A15 u und einen Höhendurchmesser, welcher zwischen 110 und 170 u differirt. Die Muskulatur (m) dieses Organs ist, wie Trıncngs£ hervorhebt, kräftig entwickelt; ich finde sie hauptsächlich aus Ring- und Längsfasern s0 Ludwig Böhmig, zusammengesetzt, die aber zuweilen auch schräg verlaufen und ver- flochten zu sein scheinen, so dass eine sichere Bestimmung ihrer An- ordnung sehr erschwert wird (Fig. 37 m). Das Scheidenepithel ist im Gegensatz zu dem des Atrium mehr- schichtig, lässt aber wie dieses, nur noch schärfer, eine Zusammen- setzung aus Stütz- und Drüsenzellen erkennen (Fig. 36, 37 sitz, drz). Das Stützgewebe, welches am vortheilhaftesten an Tangential- schnitten zu studiren ist, besteht aus sternförmigen, unter einander verschmolzenen Zellen, welche weite Maschenräume umschließen (Fig. 35 sitz). Auf Längs- oder Querschnitten gewähren die Stützzellen einen fadenförmigen Anblick (Fig. 36, 37 siz) und erscheinen nur an jener Stelle, wo der Kern liegt, etwas verdickt. Auf ihrer freien Fläche tragen sie kräftige Cilien (cl), die eine Länge von 14,6 u bei einer Dicke von ca. A u erreichen. Die ovalen oder spindelförmigen Kerne (sizn), deren größerer Durchmesser 7,3—8 u, deren kleinerer 2,19—3,65 u beträgt, liegen meist im oberen Theile der Zellen; sie färben sich stets intensiv, zuweilen bemerkt man ein kleines Kernkörperchen in ihnen. Die Drüsenzellen (drz) liegen in mehreren Schichten, zwei oder drei, über einander, Sie sind membranlos, ihr nur wenig färbbares Plasma erscheint mäßig feinkörnig. Das Sekret tritt in Form homogener wurstförmiger 'Pfröpfe (Fig. 36 s) auf, welche die Zellen häufig fast vollständig erfüllen, und welche eine Länge von 18,25 u bei einem Querdurchmesser von 5,1 u erreichen können. Die Kerne der Drüsenzellen (drzn) unterscheiden sich von denen der Stützzellen durch eine runde oder nur leicht ellipsoide Gestalt (Durchmesser 4,38—5,1 u), durch den Besitz eines relativ großen und intensiv tingirbaren Kernkörperchens und eine mehr basale Lage im Inneren der Zellen. Ihre größte Höhe nämlich 36,5—43,8 u erreicht die Epithelschicht ungefähr in der Mitte der Blase, von da nimmt sie nach vorn und hinten an Mächtigkeit ab (Fig. 33, 37). Von der hinteren Blasenwandung erhebt sich direkt unterhalb der Einmündungsstelle des Geschlechtsganges ein solider konischer Zapfen von ca. 75 u Länge und 36 u Breite an der Basis (Fig. 34 Pz). Dieser Zapfen, welcher das Resultat einer einfachen Faltenbildung der Blasenwand ist, entspricht nach der Beschreibung Trıncazse's dem Penis: »il pene & inerme e di forma conica, colla base rivolta in ad- dietro. La sua superficie esterna & tappezzata di epitelio vibratile«. An seiner Bildung betheiligt sich das Epithel und die Muskulatur der Penisscheide, außerdem aber auch noch Mesenchymgewebe (me), das die durch die Faltung entstandene Höhlung ausfüllt. Das Epithel Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 81 des Penis sowie dasjenige seiner nächsten Umgebung ist ein- höchstens zweischichtig und besteht nur aus cilientragenden Zellen, Drüsenzellen fehlen an dieser Lokalität vollständig. Die einzelnen Epithelzellen sind nur wenig scharf von einander abgegrenzt, das feinkörnige Plasma färbt sich wenig intensiv. Die Cuticula (Fig. 37 c) ist dünn aber deutlich, die ihr aufsitzenden langen, dicht stehenden Flimmerhaare sind dem Lumen der Penisscheide zugewandt. Die Kerne dieser Zellen zeichnen sich durch ein hohes Färbever- mögen aus, sie sind meist elliptisch, seltener rund, ihre Durchmesser betragen 3,65 : 4,38, 2,92 : 5,11, 3,65: 7,3 u. Trıxeuese’s Darstellung des Penis und der Penisscheide stimmt mit der von mir gegebenen im Wesentlichen überein. Die Angabe, dass der Penis » außen« mit einem Flimmerepithel bekleidet sei »e tappezzata esternemente di epitelio con cigli vibratili« beruht wohl nur auf einem Versehen. Trınchzse beobachtete weiterhin an der Penisscheide rhythmische, herzähnliche Bewegungen, welche ihn veranlassten anzunehmen, dass die Penisscheide neben dem mit energischen, peristaltischen Bewe- gungen begabten Darme ein Hauptmotor des in einer weiten Mesen- chymlakune enthaltenen Blutes sei. Da ich nicht in der Lage war, Rhodope im lebenden Zustande eingehender zu beobachten, kann ich diese interessante Mittheilung weder bestätigen noch bezweifeln. An die Penisscheide schließt sich der nach hinten und etwas nach links verlaufende Genitalgang (D.g) an, dessen Länge ca. 150 u be- trägt, dessen Breite sehr bedeutenden Schwankungen unterliegen kann (18,25—58 u). An meinen Präparaten, insbesondere auf Querschnitten, macht der Genitalgang durchaus nicht den Eindruck eines wohlbegrenzten Kanals (Fig. 34, 39, 40 D.g, D.g’), hauptsächlich in Folge seiner speciell auf der rechten Seite sehr unregelmäßig gefalteten Wandung und des bald stark erweiterten bald sehr eingeengten Lumens. Die epitheliale Aus- kleidung erscheint ferner auf lange Strecken unterbrochen nämlich an jenen Stellen, wo die Albumindrüse einmündet (Fig. 33, 34, 39 D.g‘). Diese umgiebt den Genitalgang von drei Seiten rechts, oben und unten fast in seiner ganzen Länge (Fig. 33, 34, 39—41 Gl.alb). In einigen Fällen machte sich eine Scheidung des Ganges in zwei neben einander liegende Theile geltend (Fig. 39, 40, 44 D.g', D.g"), welche nur an ihrem Beginne durch einen schmalen Spalt kommuni- eirten. Der rechtsseitig gelegene, unregelmäßig gestaltete Theil D.g’ nahm die Mündungen dreier Lappen der Albumindrüse auf, der links- seitige führte allein bis zum Zwitterdrüsengange und in seinem hinteren Zeitschrift f. wissensch, Zoologie, LVI, Bd. 6 82 Ludwig Böhmig, Abschnitte mündete der vierte Lappen der oben genannten Drüse (Fig. 44 gl.alb*), welcher D.g’’ mit langgestreckter Basis aufsaß. Auch in histologischer Hinsicht bieten die beiden Theile des Geni- talganges einige Verschiedenheiten. Die ganze rechtsseitige Partie sowie der Beginn der linksseitigen sind ausgekleidet von einem Flimmerepithel, das als eine direkte Fortsetzung desjenigen des Penis- zapfens und seiner nächsten Umgebung aufgefasst werden kann (Fig. 33, 34 D.g’, 39 D.g’'). Das Epithel ist einschichtig, die Cilien der ca. 8,76 u hohen Zellen sind weniger kräftig als diejenigen der Epithel- zellen des Penis. Im Gegensatz hierzu lässt das Epithel von D.g” eine Zusammen- setzung aus zwei differenten Zellformen erkennen (Fig. 41 D.g”). Wie in der Penisblase, so bildet auch hier ein Theil der Zellen eine Art Stützgewebe. Die Zellen selbst sind äußerst schmal (Fig. 44 D.g”stz), ihre Kerne besitzen eine ovale, langgestreckte Form und lagern unge- fähr in halber Zellhöhe. Das Plasma der zweiten Zellart färbte sich im Allgemeinen sehr intensiv mit Farbstoffen; Hämatoxylin tingirte stets den oberen Theil der Zellen tiefblau,: während der basale blaugrau gefärbt erschien; dieser Theil enthielt konstant die runden Kerne. Die Höhe des Epi- thels erreichte 18,35 — 21,9 u, die Breite der (Drüsen-)Zellen betrug 5,11—7,3 u. Die vorhandenen Cilien scheinen auf die Zellen siz (Stützzellen) beschränkt zu sein. Die Albumindrüse stellt ein sehr voluminöses Organ dar, an wel- chem sich vier Lappen unterscheiden lassen, deren Lagerung und Um- fang nicht ganz konstant ist, wie sich aus dem Vergleiche mehrerer Individuen ergiebt. Die Fig. 35 und 34 lassen die einzelnen Lappen (gl.alb!:%%%), welche durch mehr oder minder tiefe Einschnitte ge- trennt werden, leicht erkennen. gl.alb!, der umfangreichste von ihnen, liegt stets rechts von der Penisscheide und für gewöhnlich in ganzer Ausdehnung hinter derselben; zuweilen sehen wir ihn auf die ventrale Hälfte des Thieres beschränkt, nicht eben selten ragt er aber auch weit in die dorsale (Fig. 59—61 gl.alb!). Der zweite und dritte Lappen besitzen in Bezug zum ersten eine mehr linksseitige Lagerung. Sie liegen oberhalb der Penisscheide, welche bei vielen Individuen von 'gl.alb? vollständig überdeckt wird (Fig. 33, 3% gl.alb?). Seltener be- merken wir eine Nebeneinanderlagerung von gl.alb? und gl.alb?, wobei dann einer von ihnen so stark nach links verschoben ist, dass auch der Darm überdeckt wird (Fig. 54—56). Der vierte Abschnitt der Albumin- drüse (Fig. 39—41 gl.albt) besitzt meist eine ausgesprochene rechts- seitige Lage, selten erscheint er mehr nach links verschoben (Fig. 58 Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. | 83 bis 60). Seine Lagebeziehungen zu gl.alb!:%® erhellen aus den Fig. 54—61. Die einzelnen Drüsenlappen tingiren sich bei ein und demselben Individuum fast immer so verschieden und gewähren ein so wenig über- einstimmendes Aussehen, dass man meinen könnte, ein jeder Theil der Drüse producire ein specifisches Sekret. Vergleicht man aber eine Reihe von Individuen in diesem Sinne, so ergiebt sich, dass bald gl.alb1 und gl,alb?, bald gl.alb! und gl.alb? sich gleichen. Während nun auch das Sekret der Drüsenzellen dieser drei Regionen stets eine Schwärzung bei Osmiumsäurebehandlung erfährt, bleibt dieselbe in den Drüsen- zellen von gl.alb* aus, dieser Lappen der Drüse allein erzeugt ein specifisch abweichendes Sekret. In ihrem histologischen Baue zeigt die Albumindrüse eine sehr große Übereinstimmung mit dem Theile Dg” des Genitalganges. Diese Ähnlichkeit geht bei manchen Individuen so weit, dass sich in Folge gleicher Tinktion der Drüsenzellen von Dg” und gl.alb! eine scharfe Grenze zwischen Dg” und gl.alb* nicht ziehen lässt, in den meisten Fällen war es hingegen wohl möglich (Fig. 41 Dg”, gl.albt). Wie in der erwähnten Region des Genitalganges, so finden wir auch in der Albumindrüse ein Stützgewebe, dessen Zellen (sitz) ganz denen von Dg” gleichen, und dessen Maschenräume von Drüsenzellen (drz) eingenommen werden. Die Höhe der Drüsenzellen variirt zwi- schen 21,9—47,9 u, ihre Breite von 7,3—14,6 u. Zum Studium der Drüsenzellen erwiesen sich mit Sublimat- Osmium-Essigsäure fixirte und mit Hämatoxylin gefärbte Präparate am geeignetsten. Das Plasma der Zellen zeigte an dergestalt behandelten Objekten eine fast homogene oder sehr feinkörnige Beschaffenheit und einen blauen oder violetten Farbton. In dem Plasma lagen da und dort kleine grau tingirte Körnchen und Plättehen, welche den Übergang zu größeren, granulirten Flecken vom gleichen Tinktionsvermögen bilde- ten (Fig. 38 s’). In manchen dieser Flecke bemerkte man weiterhin kleine, in anderen große schwarze Körner und Pfröpfe, zuweilen waren die Zellen fast vollständig von unregelmäßig geformten schwarzen Schollen, die häufig aus denselben hervorragten, erfüllt (Fig. 38 s). Die graue Substanz wandelt sich augenscheinlich in die schwarze, das Sekret, um. Das Sekret fällt schließlich aus den Zellen in das Drüsenlumen und lässt große, entsprechend geformte Hohlräume in den Zellen zurück. Diese Art der Sekretbildung scheint zuweilen in so fern etwas modifieirt zu sein, als an Stelle jener grauen Flecke ziemlich scharf umschriebene, dunkelgraue Körner im bläulichen Zellplasma auftreten 6* ea te 84 Ludwig Böhmig, (Fig. 38 s”), die einer mehr plötzlichen Umwandlung in die schwarz gefärbte Sekretmasse unterliegen dürften. Dieselben besitzen auch eine geringere Tendenz zur Bildung größerer Schollen, sie liegen mehr vereinzelt innerhalb der Zellen. Die Produktion eines derartigen, mit Osmiumsäure sich schwärzen- den Sekretes beobachtete ich nur in den Drüsenzellen der Lappen 1,2, 3 der Albumindrüse, nie jedoch im vierten. Hier sehen wir das Sekret in Form kleiner Kügelchen auftreten, welche eine blau-graue Farbe bei Anwendung der oben angegebenen Manipulation annehmen. In Anbetracht der Umstände, dass sich dieser Theil der Albumin- drüse in den linksseitigen Abschnitt des Genitalganges öffnet, dass fernerhin das Sekret von gl.alb*, seinem Verhalten Osmiumsäure gegen- über zu schließen, eine andere Beschaffenheit besitzt, als das der übri- gen Drüsenlappen, könnte man gl.alb? auch als eine selbständige Drüse auffassen. Ich habe dies aber desshalb nicht gethan, weil die ver- schiedenen Drüsenabschnitte doch ein zusammenhängendes Ganze bilden. v. KöLuıker nennt die Albumindrüse » Glandula uterina«, TRINCHESE »glandula dell’ albume e del nidamento«. Diese letztere Bezeichnung ist eine sehr gute, da es einzig und allein diese Drüse sein dürfte, welche das die Eier umgebende Eiweiß produeirt. Die homogene und transparente Masse, in welche die Eier eingebettet sind, kann ein Pro- dukt des Lappens gl.alb? sein, vielleicht aber auch ihren Ursprung den Drüsen der Penisscheide verdanken, ich habe daher auch aus diesem Grunde gl.alb* nicht speciell als Nidamentaldrüse bezeichnet. Die Verbindung des Genitalganges mit der Genitaldrüse vermittelt der Zwitterdrtisengang (Fig. 34, 41, 59, 61 D.h), welcher als ein modi- fieirter, vorderster Abschnitt der Glandula hermaphroditica zu betrach- ten ist. Hinsichtlich seines Baues unterscheidet er sich wesentlich vom Genitalgange. Eines besseren Verständnisses wegen erscheint es mir thunlich, zunächst einige Angaben über den Bau der Zwitterdrüse selbst zu machen. Der Theil der Zwitterdrüse, welcher die jungen Eikeime und die Samenmutterzellen enthält, stellt eine am hinteren Ende geschlossene Röhre dar, die unterhalb des Darmes gelegen ist und ungefähr in der Mitte des hinteren Körperdrittels endet. Seine Gesammtlänge beträgt je nach der Größe der Thiere 700—4250 u, der Querdurchmesser unterliegt beträchtlichen Schwankungen, so betrug derselbe bei einem Individuum 21,9—36,5 u, bei einem anderen 32,8—58 u. Betrachten wir Querschnitte durch die Drüse, wie solche in den Fig. 45—47 dargestellt sind, so bemerken wir zu äußerst eine aus Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 85 Längs- und Ringmuskeln bestehende, im Allgemeinen nur wenig kräftig entwickelte Muscularis m, welcher sich die Epithelschicht anschließt, die auf der ventralen und dorsalen Seite der Drüse sehr wesentliche Unterschiede erkennen lässt. Das einfachste Bild gewährt Fig. 45. Das Epithel des ventralen Theiles der Drüse stellt ein einschichtiges Flimmerepithel vor (ep), dessen Zellen 3,65—7,3 u hoch, 3,65—5,11 u breit sind; ihr Plasma färbt sich wenig, die kräftigen aber spärlichen Cilien besitzen eine auf- fallend verdickte Basis. Die Zellkerne tingiren sich sehr intensiv, ihr Durchmesser beträgt 3,65 —4,38 u. Wie in diesem Schnitte, so verhält sich das Epithel der Ventral- seite auch in den übrigen (Fig. 46, 47), die einzigen Unterschiede liegen in den etwas größeren oder geringeren Dimensionen der Zellen. Im Gegensatz hierzu ist das Epithel des dorsalen Theiles der Drüsenwandung fast stets mehrschichtig, nie besteht dasselbe aus Flimmerzellen, sondern aus Zellen, die sich zu Geschlechtszellen ent- wickeln oder entwickeln können. Ich habe schon früher darauf hingewiesen, dass die Ovarial- und Hodenfollikel nur lokale Aussackungen der Zwitterdrüse darstellen, und entsprechend dem Umstande, dass der vordere Theil der Zwitter- drüse nur Ovarial-, der hintere nur Hoden-, der mittlere aber beider- lei Follikel entstehen lässt, finden wir auch in diesen drei Abschnitten ein etwas verschiedenartiges Keimepithel vor (Fig. 45—47 Kep). Die drei abgebildeten Schnitte Fig. 45, 46, 47 entsprechen diesen drei Re- gionen, | Die kleinsten — jüngsten — Zellen, denen wir in allen Theilen der Zwitterdrüse begegnen, charakterisiren sich durch einen relativ großen (3,65 u Durchm.) Kern, welcher sich gleichmäßig intensiv färbt, und einen schmalen, feinkörnigen oder fast homogenen Plasmaleib. Diese kleinen Zellen kz’ sind von ziemlich wandelbarer Ge- stalt, rund, oval, keulenförmig, ihre Durchmesser betragen im Mittel 2,19 : 4,38—3,65 : 7,3 u. Sie stehen im Eier erzeugenden Theile der Drüse (Fig. 45, 46) durch eine Reihe von Zwischenstufen in genetischem Zusammenhange mit Zellen, welche das Gepräge junger Eizellen (ovz) besitzen, die in der Folge durch rapide Größenzunahme zur Erzeugung der Eifollikel führen. Die Oberfläche solcher Zellen (Fig. 45 ovz) ist eine unregelmäßige, sie ist mit Höckern und lappigen Fortsätzen versehen; das feinkörnige aber etwas stärker tingirbare Plasma umgiebt in breiter Zone den Kern, welcher ein großes Kernkörperchen von ca. 5,14 u Durchm. ent- hält. Das Kerngerüst ist zart und regelmäßig gebildet, die Hauptmasse 86 Ludwig Böhmig, der färbbaren Substanz scheint im Nucleolus (nu) koncentrirt zu sein, in welchem sich zuweilen bereits hellere Bläschen, Vacuolen, bemerk- bar machen. Der Durchmesser von Eizellen auf diesem Stadium beträgt 18,25 bis 21,9 u, der des Kernes 10,9—14,6 u. Die augenfälligsten Veränderungen also, welche die oben erwähn- ten kleinen, indifferenten Geschlechtszellen kz’ — indifferent, weil sich eventuell aus ihnen auch Spermamutterzellen entwickeln können — bis nun erlitten haben, betreffen im Wesentlichen den Kern, am Plasma- leibe der Zellen ist hauptsächlich nur eine Zunahme der Größe und Färbbarkeit, eine Abnahme der sehr feinkörnigen Beschaffenheit kon- statirbar. Die Veränderungen des Kernes während dieser Zeit bestehen in einer stetigen Größenzunahme und einer deutlichen Scheidung seiner Substanz in eine färbbare und eine nicht oder nur wenig tingirbare, von denen ich die letztere als Kernsaft bezeichnen will. Das anfäng- lich diekfädige Chromatingerüst wird allmählich zartfädiger, eng- maschig und weniger tinktionsfähig; es tritt ein Kernkörperchen auf, das anfänglich nur klein (ca. 4 u Durchm.), rasch an Größe zunimmt und fast stets eine centrale Lagerung aufweist (Fig. 45, 46 kz”). Ähnlichen Verhältnissen begegnen wir auch im spermabereitenden Theile der Zwitterdrüse, nur erreichen die aus den indifferenten Ge- schlechtszellen hervorgehenden Samenmutterzellen eine weniger be- deutende Größe (ca. 7,3—8,76 u Durchm.) und eben so ihr Kern (5,14 u Durchm.). In Folge des bedeutenden Chromatinreichthums tingiren sich die Kerne sehr intensiv (Fig. 47 kz”, kz”’), ein kleines, von einem schmalen, hellen Hofe umgebenes Kernkörperchen ist meist nachweisbar. In der mittleren Region der Drüse (Fig. 46) liegen die verschiedenen Zellformen, indifferente Zellen, junge Eizellen, Spermamutterzellen in verschiedenen Entwicklungsstadien dicht neben einander. Der Zwitterdrüsengang, dem ich mich nun zuwenden will, hat eine Länge von 125—200 u bei einem Querdurchmesser von 25—125 u. Diese großen Unterschiede des Querdurchmessers des Ganges sind durch hier angehäufte Spermamassen bedingt. Dieselben können so bedeutende sein, dass der Zwitterdrüsengang als Samenblase resp. Receptaculum seminis imponiren kann. Die Muscularis m ist kräftig entwickelt und setzt sich aus drei Schichten, nämlich Längs-Ring- Längsmuskeln zusammen, von denen die mittlere die stärkste ist (Fig. 43, Ak). Die ventrale Seite des Zwitterganges wird wie die der Zwitterdrüse von einem einschichtigen Flimmerepithel (epv) ausge- Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 87 kleidet, während das im vorderen Theile des Ganges ebenfalls ein- schichtige (Fig. 43 epd), im hinteren Theile aber mehrschichtige Epithel (Fig. k% epd) der dorsalen Seite der Cilien vollständig entbehrt. Es existirt ferner keine scharfe Abgrenzung des Zwitterdrüsen- ganges gegen die Zwitterdrüse, zwischen beiden ist ein allmählicher Übergang vorhanden. Die Abgrenzung der einzelnen Zellen in der dorsalen Partie des Zwitterdrüsenganges ist im Allgemeinen eine undeutliche, verwischte, nur hier und da bemerkt man scharf begrenzte Zellen. Das Zellplasma zeigt eine feinkörnige Beschaffenheit und geringe Tinktionsfähigkeit. Ein Theil der vorhandenen Kerne färbt sich sehr intensiv (n”), andere hingegen nur schwach (n‘); die ersteren entbehren, so viel ich erken- nen konnte, stets eines Kernkörperchens, die letzteren besitzen stets einen Nucleolus. Hinsichtlich ihrer Größe stimmen beiderlei Kerne überein, der Durchmesser beträgt 3,65—4,38 u. Jene von mir erwähnten schärfer begrenzten Zellen (epd’) enthal- ten konstant einen der stark tinktionsfähigen Kerne, und wir können Schritt für Schritt verfolgen, wie der Zusammenhang dieser Zellen mit den übrigen ein immer loserer wird, wie sie sich schließlich aus dem Zellverbande loslösen und in das Lumen des Ganges fallen (Fig. 43, 44 epd”). In ihrem Habitus gleichen diese Zellen ungemein indifferenten Ge- schlechtszellen; der Durchmesser der kleinsten von ihnen betrug ca. 1,825 u, derjenige der größten 5,11—-5,84 u. Die ersteren fand ich zumeist in Gruppen von vieren dicht neben einander liegend, und es schien mir, als seien sie durch (direkte, amitotische?) Theilung aus den größeren hervorgegangen. Indirekte Theilung indifferenter Geschlechts- zellen wurde, wenn auch nicht eben häufig, im Epithel der Zwitter- drüse beobachtet (Fig. 45 kz). Gruppen von mehr als vier solcher kleiner Zellen habe ich nie ge- sehen, eben so wenig eine Weiterentwicklung derselben. Die Ei- und Hodenfollikel sind, wie ich schon mehrfach betonte, lokale Verdiekungen und Ausstülpungen der dorsalen Wandung der Zwitterdrüse, die als kleine buckelartige Verdickungen der letzteren beginnen und sich nach und nach vergrößern ; je mehr Zellen sich an der Bildung eines Follikels betheiligen, je mehr diese Zellen — dies gilt besonders für die Ovarialfollikel — an Größe zunehmen, desto umfangreicher wird natürlich der Follikel, desto schärfer setzt er sich von seiner Bildungsstätte ab. Die Zahl der Follikel, auf Schnittpräparaten nur schwierig genau bestimmbar, von v. KöLLiker auf ca. 20 beziffert, ist auch abhängig von 38 Ludwig Böhmig, der Größe resp. dem Alter des Thieres. In einigen meiner Präparate lagen sie so dicht, dass nicht selten vier von ihnen in einem Quer- schnitte anzutreffen waren, die dann den größten Theil desselben bean- spruchten. | Zur Illustrirung der Strecken, welche nur von Ei- oder Hodenfol- likeln oder von beiden eingenommen werden, möge hier eine Angabe Platz finden: Bei einem in 375 Querschnitte zerlegten Thiere, die Dicke jedes Schnittes betrug 10 u, begannen die Eifollikel im 137. Schnitte und reichten bis zum 343.; die Hodenfollikel traten auf vom 245. an und hörten auf im 366.; es enthielten demnach die zwischen dem 245. und 343. liegenden Schnitte beiderlei Follikel. Ich wende mich nun zunächst zur Besprechung der Eifollikel. Die Ovarialfollikel besitzen eine ellipsoide, eiförmige Gestalt und variiren hinsichtlich ihrer Größe natürlich sehr. Einige Maßangaben werden späterhin gegeben werden. Die umfangreicheren Follikel sind an ihrer Basis stielartig eingeschnürt (Fig. 48) und hängen vermittels dieser Stielchen wie gestielte Beeren an ihrer Ursprungsstätte, der eigentlichen Drüse (@l.h). Sobald Eier aus den Follikeln in die Drüse übertreten, verstreicht die Einschnürung, ein Vorgang, der in einigen meiner Präparate fixirt war. Allen Follikeln — also auch den Sperma erzeugenden — kommt eine aus Ring- und Längsfasern bestehende Muscularis (m) zu. Nach der Mehrzahl meiner Präparate zu urtheilen, liegen die Ringfasern nach innen von den Längsfasern, an anderen Präparaten aber schien mir das Umgekehrte der Fall zu sein. Die Feststellung dieses Lageverhältnisses der beiden Muskelschichten ist nicht ganz leicht, da dieselben von großer Zartheit und dicht an einander gefügt sind. An der Basis des Follikels — dem Stiele — sehen wir die cirkulär verlaufenden Fasern, aber nur diese, sehr kräftig ausgebildet (Fig. 48 m‘). Sie bilden eine Art Sphincter, welcher den Follikel bis zu einem gewissen Grade von der Drüse sondert und verhindert, dass Eizellen ohne Weiteres aus dem Follikel in die Drüse gelangen können. Zwischen dem Peritonealepithel (mepz) und den Längsmuskeln ist eine dritte Schicht nachweisbar, die auch zuweilen einen muskelähn- lichen Eindruck hervorruft, doch ist es mir wahrscheinlicher geworden, dass es sich um eine strukturlose Membran handelt. Untersuchen wir zunächst einen jüngeren Ovarialfollikel, so be- merken wir an diesem unterhalb der Muscularis eine mehrschichtige Lage kleiner 5,84—7,3 u messender Zellen mit schmalem, feinkörni- gem oder fast homogenem Plasmaleibe und relativ großem, sehr intensiv färbbarem Kerne von 3,65—4,38 u Durchm. Diese Zellen, welche auch Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 89 indifferenten Geschlechtszellen entsprechen, nenne ich hier Follikel- epithelzellen. Das Centrum des Follikels wird von einer geringen Anzahl Zellen eingenommen, von denen sich einige wieder durch besondere Größe auszeichnen — es sind junge Eizellen in verschiedenen Entwicklungs- phasen. Die größeren von ihnen besitzen zumeist bereits einen ansehn- lichen, gut tingirbaren, mäßig feinkörnigen Plasmaleib; der Kern lässt ein wohlentwickeltes, netzartiges, chromatisches Gerüstwerk , einen großen Nucleolus, der häufig kleine Vacuolen umschließt, erkennen. Der recht oft unscharfen, unregelmäßig gestalteten und mit kleinen lappenartigen Fortsätzen versehenen Randschicht dieser Zellen liegen Follikelepithelzellen da und dort dicht an, ja zuweilen sind sie in die- selbe förmlich eingebettet. Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, dass ein Theil des Follikelepithels von den sich entwickelnden Eizellen "aufgenommen wird, eine nicht eben vereinzelt stehende Thatsache, da Ähnliches auch in den Ei- oder Keimstöcken der Vertreter anderer Gruppen zu beobachten ist. In etwas weiter entwickelten Follikeln ist eine alle zelligen Ele- mente, besonders aber die Eizellen betreffende Größenzunahme zu konstatiren. Das Follikelepithel ist nur mehr zwei- oder dreischichtig, die kleineren, oft ziemlich unregelmäßig gestalteten Eizellen liegen in der Basis der Follikel, die größeren kugeligen oder eiförmigen, zwi- schen welche sich Elemente des Follikelepithels zu schieben beginnen, nehmen das Centrum ein. In dem Plasma der letzteren treten nicht selten kleine runde Kügelchen auf, welche sich grau, grau-gelblich oder grau-violett färben, die plasmatische Grundsubstanz tingirt sich dann etwas schwächer als vordem. Das Chromatingerüst des Kernes ist von zarterer Beschaffenheit, gröbere Fäden bemerkt man insbesondere an der Peripherie, ein heller Hof im Umkreise des Kernkörperchens mar- kirt sich mehr und mehr. | Je bedeutender nun die Größenzunahme der Follikel, desto auf- fallenderen Veränderungen unterliegen die Zellen. Die kubischen, polsterförmigen oder ceylindrischen Epithelzellen (Fig. 48, 50 fep) er- reichen eine Höhe bis zu 30 u bei einer Breite von 7,3 «u, ihr runder oder ovaler Kern, welcher nur wenig an Größe zugenommen hat, zeigt oft ein deutliches Kernkörperchen. Der größte Theil dieser Zellen dient nun der Produktion von Nahrungsdotter für das Ei resp. für den sich aus dem Eie entwickelnden Embryo. Auf die hierbei sich abspielenden Vorgänge und auf die Aufnahme des Dotters durch die Eizelle komme ich alsbald zu sprechen. 90 ' Ludwig Böhmig, In den größten, reife oder nahezu reife Eier enthaltenden Follikeln bildet das Epithel fast durchweg nur mehr eine einzige Schicht (Fig. 48). Die älteren Eier (ov) sind in nur geringer Anzahl vorhanden (eines bis vier), sie sind aber so voluminös, dass alle anderen Zellen ihnen gegen- über zurücktreten. Jüngere Eizellen finden sich in wechselnder Menge hauptsächlich in der Nachbarschaft des Stieles (Fig. 28 ovz), seltener da und dort zwischen den Epithelzellen, leicht kenntlich an ihrem großen, ein deutliches Kernkörperchen führenden Kerne (Fig. 49 ovz’). Der Durchmesser der größten von mir gesehenen Eizelle betrug 131:73 u. An solchen Eiern tritt der Zellleib durch seinen Umfang in den Vordergrund; zum Studium derselben fand ich Sublimat-Essig- Osmiumsäure-Hämatoxylinpräparate am geeignetsten. So behandelte Objekte lassen sehr gut eine zarte, blau gefärbte plasmatische Grund- substanz erkennen, in welche grau tingirte, rundliche oder ovale, 2,19 his 3,65 u messende Dotterkügelchen eingebettet sind. Pikrokarmin verleiht ihnen einen gelblichen, Alaunkarmin einen gelb-violetten Farb- ton. Die rundlichen Eikerne von 21,9: 36,5—21,9:43,8 u Durchm. zeigen ein feinfädiges Gerüstwerk, das aber auch noch gröbere Fäden oder Körner enthalten kann (Fig. 50 ovn), späterhin verschwinden diese vollständig. Das Kernkörperchen (nu) hat eine ansehnliche Größe, 7,3 u, erreicht, es enthält eine oder einige Vacuolen und liegt fast stets excen- trisch. Es ist möglich, dass eine gewisse Menge des Dottermaterials von der Eizelle selbst erzeugt wird, die Hauptmasse aber wird ihr von außen, und zwar durch das Follikelepithel zugeführt. Zweierlei Modifikationen kommen hierbei in Betracht, auf die eine derselben bezieht sich Fig. 49, auf die andere Fig. 50. Betrachten wir zuerst die in Fig. 49 dargestellte Art der Dotter- bildung. Ihr Beginn macht sich in den Follikelzellen (fepz) durch das Auftreten kleiner, wenig färbbarer Körnchen im Zellplasma bemerklich (fepz’), wodurch das lebhafte Tinktionsvermögen desselben beeinträch- tigt, abgeschwächt wird. Die kleinen Körnchen vereinigen sich nach und nach zu größeren bis zu 3,65 ı« Durchm., zwischen denen noch Reste unveränderten Plasmas bemerkbar sind (fepz’); am längsten halten sich dieselben in der Umgebung des Kernes und an der Peri- pherie der Zellen. Allmählich schwinden auch diese, die Zellen verlieren ihre Selbständigkeit, benachbarte Zellen fließen in einander und nur nach der Anzahl der vorhandenen Kerne lässt sich die ursprüngliche Menge der Dotter bildenden Zellen feststellen. Schließlich büßen auch die Kerne ihre regelmäßige Gestalt ein (fepn’), gehen zu Grunde, und es bleibt von den Zellen nur die producirte Dottersubstanz (ds) zurück, Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 91 in welche nun die Eizellen (ovz) pseudopodienartige Fortsätze (pls) aus- senden, die die Dotterkügelchen umspinnen. Die Eizelle wird natür- lich größer und größer, ihr Plasma breitet sich aus und vertheilt sich mehr und mehr bis zu einer gewissen Grenze. War das betreffende Ei so gelagert, dass nur ein Theil seiner Peripherie mit Dottersubstanz in Berührung kam, so erfolgte in dieser Richtung eine Streckung des Eies; einer mehr allseitigen Umhüllung desselben mit Dotter entspricht dann auch eine gleichmäßigere Vertheilung der Plasmafortsätze. Dieser Modus der Dotteraufnahme scheint hauptsächlich bei solchen Eiern stattzuhaben, welche ein feinkörniges, ziemlich stark färbbares, körnerfreies Plasma und einen Kern besitzen, welcher keinen weiteren Modifikationen mehr unterworfen ist, dessen Chromatin- gerüst keine gröberen Fäden und Körner enthält, wie solches an dem in Fig. 49 dargestellten ersichtlich ist (Fig. 49 ovzn). Ich habe schon erwähnt, dass nicht selten in relativ kleinen Ei- zellen (von ca. 42 u Durchm.) kleine, dotterähnliche Körnchen auf- treten. Zwischen solchen kleineren und großen, an Nahrungsdotter reichen Zellen finden sich alle möglichen Zwischenstufen hinsichtlich der Größe und angehäuften Dottersubstanz. Auffallend war es mir nun, dass alle diese Zellen -scharfe Kontouren besaßen, und dass ihre Dotterkügelchen sich von denen der oben beschriebenen reifen Eizellen durch geringere Größe ca. 1,46—1,82 u Durchm. und einen dunkleren Farbton unterschieden (Fig. 50 ds’). Eine Durchmusterung aller in Frage kommender Follikel führte zu folgendem Resultate: Manche Eizellen legen sich mit einer räumlich meist beschränkten und nicht selten stielartig verlängerten Partie ihres Umfanges (Fig. 50 ovz) an das Follikelepithel, dessen Zellen (fepz) an solchen Stellen eine ganz außergewöhnliche Größe (30 u und mehr Höhe) und ein grobgranu- lirtes Aussehen besitzen. Das letztere wird bedingt durch zahlreiche kleine Körnchen, die im Zellplasma enthalten sind. Diese Körnchen werden von der betreffenden Eizelle aufgenommen und vereinigen sich in dieser zu etwas größeren Klümpchen, wenigstens sieht man häufig gerade an jener Stelle, wo die Eizelle mit den Follikelzellen in Kontakt steht, größere Körnchen, welche aus sehr kleinen, wie sie in den Epithelzellen vorkommen, zusammengesetzt sind. Ehe das Ei seine definitive Größe und Struktur erlangt, in Fig. 50 z.B. ist dies noch nicht der Fall, da das Kerngerüst noch gröbere Chromatinpartikel aufweist, dürften die Dotterelemente einige weitere Veränderungen als eine Zunahme in der Größe, eine Abnahme des Tinktionsvermögens erleiden; ich schließe dies aus der vollkommenen Übereinstimmung der Dotterkörner aller reifen Eier. 92 ' Ludwig Böhmig, Ob die Dotter bildenden Zellen auch hier vollständig zu Grunde gehen, wie solches der Fall bei dem zuerst beschriebenen Modus war, weiß ich nicht. Die erste Art der Dotterbildung und Dotteraufnahme seitens der Eizelle machte auf mich den Eindruck eines sich rasch abspielenden Vorganges, die zweite Art den eines langsam, stetig verlaufenden Pro- cesses. Das schließliche Resultat ist das gleiche, das Ei wird mit der nöthigen Quantität von Nahrungsdotter versehen. Schon in relativ noch wenig entwickelten Follikeln bemerkt man, dass benachbarte Eizellen durch sich einschiebende Follikelepithel- zellen getrennt werden. Der größere Theil der betreffenden Epithelzellen unterliegt der Dottermetamorphose, einige von ihnen aber nehmen, und eben so ihre Kerne, eine platte, langgestreckte Form an und dienen zur Bildung von Hüllen um die Eier (Fig. 48 fepz’”). Es erhält jedoch nicht ein jedes Ei seine vollständig separate Hülle, sondern es besitzen gewöhnlich benachbarte Eier streckenweise eine gemeinsame. Die Größe der Follikel ist natürlich in erster Linie abhängig von der Anzahl der vorhandenen reifen oder wenigstens nahezu reifen Eier. Ihnen gegenüber kommt die Menge junger, dotterfreier Eizellen sowie das Follikelepithel nur wenig in Betracht. So betrugen z. B. die Durchmesser eines Follikels mit einem reifen Ei 100: 112 u, mit drei Eiern 245 :237 u, mit vier 213:275 u. Der erste Follikel enthielt außerdem vier, der zweite fünf, der dritte drei junge Eizellen, das Epithel war in allen drei Fällen wie in Fig. 48 auf eine niedrige wandständige Schicht beschränkt. In der Basis einer größeren Anzahl von Ovarialfollikeln bemerkte ich oberhalb des »Stieles« einen bald größeren bald kleineren Raum (Fig. 28*), der von Follikelepithelzellen begrenzt war, unter denen sich aber auch gelegentlich eine junge Eizelle fand; dieser Raum ent- hielt sehr häufig Spermatozoen (sp) in großer Menge, und es ist dem- nach nicht unwahrscheinlich, dass die Befruchtung der Eier innerhalb der Ovarialfollikel stattfindet. Die Hodenfollikel sind wie die Ovarialfollikel lokale Ausstülpungen des Keimepithels. Anfänglich hohl werden sie späterhin mehr oder weniger vollständig von Zellmassen erfüllt, die sich aus dem Keimepi- thel der Drüse lösen und alsdann in das Lumen der Follikel gelangen. Im ausgebildeten Zustande stellen sie ei- oder birnförmige Säck- chen dar (Fig. 51), welehe von Bündeln reifer Spermatozoen oder von Entwicklungsstadien solcher erfüllt werden. Als Ausgangspunkt der Spermatozoenentwicklung sind auch hier jene kleinen Zellen der dorsalen Wandung der Drüse zu betrachten, Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. A 95 aus denen in der Gegend der Ovarialfollikel die Eier resp. die Follikel- epithelzellen hervorgingen, und die von mir mit dem Namen der indifferenten Geschlechtszellen belegt wurden (Fig. 47 kz’). Wie dort so sehen wir auch hier eine, wenn auch nicht so bedeutende Größen- zunahme der Zellen, innerhalb des Kernes differenzirt sich die färbbare Substanz in ein netz- oder knäuelartiges Gerüstwerk und ein Kern- körperchen; aus der indifferenten Geschlechtszelle geht eine Zelle hervor, die wir als Spermatogonie bezeichnen können. Der Durch- messer der Spermatogonien beträgt ca. 10,95 u, der ihrer Kerne 6,57—7,3 u, das in diesen enthaltene Kernkörperchen misst 1,46 bis 3,65 u (Fig. 47, 54 spo). Aus ihnen entstehen auf dem bekannten Wege der indirekten Theilung die Spermatogemmen. Wie groß die definitive Zahl der aus einer Spermatogonie hervorgegangenen Spermatocyten ist, vermag ich nicht zu sagen, da es mir an Material zur Herstellung entsprechender Zupfpräparate fehlte. Ich übergehe auch die Beschrei- bung der von mir gefundenen nach Größe und Chromatingehalt des Kernes verschiedenen Theilungsstadien, da ich kein genügend sicheres Bild bezüglich der Aufeinanderfolge und Zusammengehörigkeit der- selben zu geben vermag. Das Resultat der Theilung ist eine Spermatogemme (spg), welche aus einer ansehnlichen Anzahl ovaler Spermatocyten besteht, die um eine centrale Plasmamasse gruppirt sind. Der Kern der Spermatocyten ist der Plasmamasse (cy) zugewandt und misst ca. 2,9 u im Durchm. Die chromatische Substanz bildet eine periphere Zone und umschließt eine centrale wenig, färbbare Substanz. | Die Umwandlung der Spermatocyten in Spermatiden beginnt mit Streckung der ersteren, deren ovale Gestalt in eine keilförmige übergeht. Der Kern wahrt noch seine runde oder leicht ovale Form, seine Größe nimmt ab (2,19 «u Durchm.), sein Tinktionsvermögen zu, die centrale helle Substanz im Kerne konnte ich nicht mehr wahr- nehmen. Der Kopf- und Schwanztheil des zukünftigen Spermatozoons ist nun schon wohl unterscheidbar, der erstere geht hervor aus dem Kerne, der letztere aus dem Plasma. In der Folge wird der Kern oval, dann spindelförmig, der keulenförmige Plasmatheil der Spermatide zieht sich mehr und mehr in einen dünnen Faden aus (Fig. 51 spg)). Das Köpfchen der Spermatosomen ist fadenförmig, spiralig gewun- den 13,14 u lang, 1,46 u dick und tingirt sich lebhaft; der sehr lange, ebenfalls spiralig gedrehte Schwanzabschnitt färbt sich nur wenig. Die spiralige Drehung desselben macht sich übrigens schon an 8,76 u langen Spermatiden bemerklich. Es ist mir nicht gelungen sicher festzustellen, ob der färbbare 94 Ludwig Böhmig, Theil des Köpfchens eine unfärbbare Spitze trägt, wie es bei den Spermatosomen vieler Turbellarien der Fall ist, einzelne Bilder deu- teten allerdings auf das Vorhandensein einer solchen hin. Nach v. Grarr’s Angaben sind die Spermatozoen fadenförmig, 0,005 mm lang und wie aus der beigegebenen Abbildung hervorgeht spiralig gewunden, es stimmen hinsichtlich der Form v. Grarr’s und meine Beobachtungen überein, aber nicht bezüglich der Länge, welche meiner Ansicht nach eine viel bedeutendere ist. Einige Worte, die Gruppirung der verschiedenen Entwicklungs- phasen der Spermatozoen innerhalb der Follikel betreffend, mögen hier noch Platz finden. In der Basis der Follikel (Fig. 51) treffen wir im All- gemeinen Spermatogonien (spo) sowie kleinere Spermatogemmen an, im entgegengesetzten Abschnitt Bündel reifer Spermatozoen (spsb), zwischen beiden also in der Mitte liegen Spermatogemmen (spg) mit Spermatocyten und Spermatiden. Die Form der Spermatogemmen ist bald eine rosettenförmige bald eine langgestreckte, eylindrische. Wand- ständige Spermatogemmen zeigen eine gestreckte Gestalt (Fig. 51) und eine palissadenartige Gruppirung ihrer Zellen, frei in dem Lumen des Follikels befindliche eine mehr kugelige oder rosettenförmige Form. Die Spermatozoenbündel lagern der Wandung der Follikel immer ziemlich dicht an (Fig. 51 spsb), die Köpfchen derselben zugewandt und mit ihnen eingesenkt in ein kernhaltiges Protoplasma (ncy). Was für eine Rolle spielt nun dieses letztere, und in welchen Be- ziehungen steht dasselbe zu den Spermatozoenbündeln ? Bei einer Durchmusterung der Spermatogemmen bemerkt man unter den Spermatocyten oder Spermatiden in jeder Gemme eine Zelle, welche sich von den übrigen durch Größe und Habitus unterscheidet (Fig. 52 ncyz). Die Differenz ist eine um so größere, je weiter die Gemmenzellen in ihrer Entwicklung fortgeschritten sind. Die be- treffende Zelle, welche ich als Cytophorzelle (ncyz) bezeichnen will, kann in der Gemme eine centrale oder eine excentrische Lage ein- nehmen; das Letztere ist das Gewöhnliche und kann für wandständige Gemmen fast als konstant gelten. Die kleinsten ca. 6,57 und 7,3 u messenden Cytophorzellen, denen ich begegnete, zeigten ein fein- körniges, wenig färbbares Plasma; ihr Kern, dessen Durchmesser 4,38 bis 5,41 u betrug, tingirte sich entweder gleichmäßig (Fig. 52 ncyz) intensiv oder enthielt die färbbare Substanz in Form eines Gerüst- werkes, ein Kernkörperchen war alsdann ebenfalls meist deutlich wahrnehmbar. Auf diesem Stadium ähneln die Cytophorzellen jünge- ren Spermatogonien oft zum Verwechseln. Sobald unsere Zellen aber eine gewisse Größe ca. 10,95 « bei Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. | 95 einem Kerndurchmesser von 7,3—8 u erreicht haben, hört diese Ähnlichkeit vollständig auf, und sie erhalten ein ganz charakteristisches Gepräge. Das früher feinkörnige Plasma erscheint stark granulirt, es enthält zahlreiche kleine Körnchen, die sich mit Sublimat-Osmium-Essigsäure- Hämatoxylin bräunlich färben und denen gleichen, welche sich in den Epithelzellen der Ovarialfollikel bei dem Beginne der Dotterbildung finden. Im Kerne ist ein Kerngerüst nicht mehr wahrzunehmen, die färbbare Substanz beschränkt sich auf eine membranartige periphere Zone, auf das Kernkörperchen, außerdem sind da und dort noch kleine, unregelmäßige Chromatinflöckchen im Kerne sichtbar. Schließlich verschwinden die Grenzen der einzelnen Zellen, sie fließen zusammen und bilden dann die erwähnte Plasmazone an der Wandung der Follikel (Fig. 51, 52 ncy). Die Größe und Beschaffenheit der Gytophorzellen steht in Korrelation mit den Spermatogemmen; je weiter eine solche entwickelt ist, desto größer und körnchenreicher ist die mit ihr verbundene Cytophorzelle. Wenn wir dies in Betracht ziehen und uns erinnern, dass die Körnchen im Plasma der Cytophorzellen sich Reagentien gegenüber ähnlich verhalten wie die Dotterelemente der Epithelzellen der Ova- rialfollikel, so liegt der Gedanke nahe, dass diese Zellen den Zellen der Spermatogemmen resp. den Spermatosomen Nährsubstanz zuführen; je weiter entwickelt die Spermatogemmenzellen sind, desto größer wird auch ihr Nahrungsbedürfnis sein und desto größer und körnchen- reicher ist ja auch, wie die Beobachtung lehrt, die betreffende Gyto- phorzelle. Ich habe oben darauf hingewiesen, dass kleine Gytophorzellen Jüngeren Spermatogonien resp. indifferenten Geschlechtszellen gleichen. Sie bilden fernerhin sehr häufig eine Art lockeren Epithels innerhalb der Follikel vergleichbar demjenigen der Ovarialfollikel, nur weniger mächtig entwickelt wie in diesen. Da nun die Hodenfollikel Ausstül- pungen des Keimepithels der Zwitterdrüse sind, das Follikelepithel in den Ovarialfollikeln nachweislich aber aus indifferenten Geschlechts- zellen hervorgeht, so ist für die Cytophorzellen eine gleiche Abstammung mehr als wahrscheinlich. So verschieden auch die physiologische Bedeutung und Leistung der Eier und Follikelepithelzellen, der Spermatosomen und Cytophor- zellen ist, morphologisch sind sie gleichwerthig, und es lassen sich die Epithelzellen der Ovarialfollikel und die Cytophorzellen direkt paralleli- siren; die einen dienen der Ernährung der Eier resp. der aus diesen 96 Ludwig Böhmig, hervorgehenden Embryonen, die anderen derjenigen der Spermato- somen. Die Spermatogemmen enthalten fast stets in ihrem Centrum eine geringe Menge protoplasmatischer Substanz (cy), in welche die Sperma- togemmenzellen mit dem zukünftigen Kopftheile eingesenkt sind. Diese ist nie kernhaltig und wohl zu unterscheiden von der Cytophor- zelle; sie ist meines Erachtens viel mehr vergleichbar dem »Cytophor« der Turbellarien, welcher ebenfalls stets eines Kernes entbehrt. Ich habe hinsichtlich desselben geäußert, dass er wohl nicht zur Ernährung der Gemmenzellen resp. Spermatosomen dienen, sondern aus unver- wendbarem Protoplasma bestehen möge. Die Befunde bei Rhodope bestärken mich in dieser Ansicht. Ein Nähreytophor ist bei den Turbellarien für die Spermatozoenentwicklung unnöthig, da hier die Spermatogemmen resp. Spermatosomen in das halbflüssige und, wie wir annehmen müssen, an Nährstoffen reiche Parenchymgewebe förm- lich eingebettet sind. | Der Genitalapparat der Rhodope besteht also, wenn ich kurz rekapitulire, aus einer Zwitterdrüse, welche vermittels des Zwitter- drüsenganges mit dem einfachen Genitalgange (Oviduct +- Vas deferens) verbunden ist. In diesen öffnet sich seitlich eine voluminöse, mehr- lappige Drüse, glandula dell’ albume e del nidamento Trınchese, glan- dula uterina v. Köruıker, welche wahrscheinlich den Eiern Eiweiß- und Schalensubstanz liefert. Der Genitalgang geht über in ein blasiges Organ (Penisscheide Trınchzse), an das sich das Atrium genitale an- schließt, das auf der rechten Seite des Thieres durch den Porus genitalis nach außen mündet. Während v. Körziker die Ähnlichkeit des Genitalapparates der Rhodope und der Mollusken hervorhebt, ist R. Bereu! hingegen der Ansicht, »dass die Anordnung der (inneren) Genitalorgane der Rhodope wesentlich nicht von der der Turbellarien abweicht«, In Bezug auf die Anschauung Bergu’s seien einige wenige Worte über den Genitalapparat der Turbellarien gestattet. Wenn auch weitaus die meisten Turbellarien Hermaphroditen sind, so existirt doch meines Wissens kein einziges Turbellar, das eine »Zwitterdrüse« besäße. Der männliche und weib- liche Apparat ist hinsichtlich der Keimdrüsen (Hoden, Ovarien resp. Keimstöcke) vollständig getrennt, mögen die Keimdrüsen in welcher Zahl auch immer vorhanden sein. Die männlichen und weiblichen Hilfsapparate — Penis, Vesicula seminalis, Bursa copulatrix, Uterus, Schalendrüsen — unterscheiden sich im Bau, in der Anordnung mehr von i R. Bercn, Über die Gattung Rhodope. Zool. Anz. V. Jahrg. Nr. 423, 1882. | Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 97 denen der Rhodope als Rhodope in dieser Beziehung von den Nudi- branchiern. Ein Vergleich des Genitalapparates der Rhodope mit demjenigen der Turbellarien erscheint mir mithin undurchführbar. Wie verhält sich aber Rhodope in dieser Hinsicht zu den Gastero- poden? Den bezüglich der Leitungswege relativ am einfachst gebauten Geschlechtsapparat finden wir bei den Tectibranchia; v. Iarrına ! be- zeichnet ihn als monaulen Typus gegenüber dem bei den Nudibranchia und Pleurobranchia vertretenen und komplicirteren diaulen und triau- len; der erste ist dadurch charakterisirt, dass nur ein einziger Genital- gang für Samen und Eier vorhanden ist; allerdings ist dieser Gang durch innere Falten unvollständig in zwei Rinnen, eine für die Eier, die andere für das Sperma geschieden. Der Penis der Tectibranchia liegt entfernt vom Orificium genitale und ist mit diesem in der Regel durch eine Wimperrinne verbunden. v. Inzrına? bezeichnet diese Disposition als » er&mokaule« (»penis &loigne ou isole de l’appareil genital«e), im Gegensatz zu der bei den Nudibranchia und Pleuro- branchia vertretenen pyxikaulen: »chez les Nudibranches et les Pleu- robranches, le penis n’est jamais que la partie terminale, plus ou moins modifiee du vas deferens, quelquefois un peu distant de l’orifice femelle, mais jamais tres eloign&e de. ce dernier. Ge penis est toujours une partie du conduit excr6teur, et, comme il ne pr&sente qu’un renflement du vas deferens, je propose d’appeler cette disposition de l’appareil genital: pyxikaule (penis renfle).« | Die Einfachheit des Genitalapparates der Rhodope würde am ehesten einen Vergleich mit dem nach dem monaulen Typus gebauten Geschlechtsapparate der Tectibranchia zulassen, obwohl auch hier schon Rhodope gegenüber weitere Differenzirungen eingetreten sind, und insbesondere die Bildung des Kopulationsorgans einen wesent- lichen Unterschied bedingt. Eine Diskussion der in Betracht kommenden Verhältnisse und Schwierigkeiten erscheint mir aber unnöthig, da ein viel günstigeres Vergleichsobjekt in den Genitalorganen sehr junger Individuen, die erst kürzlich das Ei verlassen haben, vorliegt. Eine für das hier Wesentliche sehr wichtige Darstellung der Ent- I H. v. Inerıng, Giebt es Orthoneuren? Diese Zeitschr. Bd. XLV. 1887. 2 H. v. IBERING, Sur les relations naturelles des Cochlides et des Ichnopodes. Bulletin scientifique de la France et de la Belgique. T. XXIII, 1894. Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LVI. Bd, 7 ve 98 Ludwig Böhmig, wicklung des Genitalapparates von Agriolimax agrestis Mörch verdanken wir Brock. Auf Taf. XXI, Fig. 5 hat Brock die Genitalorgane eines im konser- virten Zustande 3,5 mm langen Individuums abgebildet. Wir unter- scheiden an ihnen (Fig. 33) die Zwitterdrüse (Gl.h)\z), den Zwitter- drüsengang (D.h)(zg), den primären Geschlechtsgang (D.g)(pg) und das Atrium genitale (At.g) (ag). An der Übergangsstelle des Atrium genitale in den primären Geschlechtsgang liegt eine blasige Erweiterung oder Aussackung des letzteren, die sich künftighin mehr und mehr ab- schnürt, die Penisanlage (P). Die Eiweißdrüse und Vesicula seminalis erscheinen am entgegengesetzten Theile des Genitalganges zuerst in Form eines Blindsackes, der in Brocx’s Fig. 5 allerdings nicht darge- stellt ist wohl aber in der Fig. 7 dieses Autors (bl). Nach Brock’s eigener Angabe tritt diese Anlage aber auch schon an Stadien auf, die zwischen den in Fig. 4 und 5 abgebildeten liegen würden. Das Atrium genitale ist noch nicht nach außen durchgebrochen, der Durchbruch erfolgt jedoch bald; dieser Punkt ist für unsere Er- örterungen übrigens wenig wichtig. Wir können also eine ganz auffallende Übereinstimmung mit dem Genitalapparate der Rhodope konstatiren, die Differenzen liegen einzig und allein in den Größenverhältnissen und in dem bei Agriolimax noch embryonalen Zustande der einzelnen Theile und Zellelemente. In beiden Fällen ist vorhanden: eine Zwitterdrüse, ein Zwittergang, ein einfacher Geschlechtsgang, dessen vorderster Abschnitt den blasigen Penis darstellt, ein Atrium genitale, eine Eiweißdrüse bei Rhodope, eine solche und eine Vesicula seminalis bei Agriolimax, die aber beide aus einer gemeinsamen Anlage hervorgehen. Einige Worte seien speciell noch dem Penis gewidmet. TRINCHESE hat als Penis den zapfenartigen Vorsprung (Pz) innerhalb der Blase (Ps) bezeichnet, die Blase selbst nennt er Penisscheide; ich bin in diesen Benennungen TRrincHEse gefolgt, obwohl sie mir von vorn herein nicht ganz korrekt gewählt zu sein schienen. Mit Rücksicht auf Brock’s Er- gebnisse ist meines Erachtens die Penisscheide (Ps) vollkommen homolog dem Penis bei Agriolimax und der von TrıncHeEse mit Penis bezeichnete Zapfen (Pz) vielleicht dem » Beizkörper « oder dem »Kamme«. Der Reizkörper tritt bereits bei 2 mm langen Thieren als eine Ver- dickung der medianen Wand des Penis auf; bei Rhodope handelt es sich allerdings nun nicht um eine Zellwucherung, sondern anscheinend 1 Brock, Die Entwicklung des Geschlechtsapparales der stylommatophoren Pulmonaten etc. Diese Zeitschr. Bd. XLIV. 1886. Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 99 um eine Einstülpung der Peniswandung (Penisscheidenwandung), doch dies ist schließlich irrelevant. Exkretionsapparat. Die ersten allerdings noch unvollständigen Beobachtungen über den Exkretionsapparat verdanken wir den Untersuchungen v. GrArF’s. v. Grarr entdeckte im ganzen Körper des Thieres zerstreute Wimper- organe, welche denen der Turbellarien, Cestoden und Trematoden voll- ständig gleichen sollten. Obwohl »iber die Verästelungen des Exkre- tionsgefäßsystems und dessen Ausmündungen« keine Beobachtungen gemacht wurden, schien v. Grarr das Vorhandensein der Wimperorgane genügend wichtig, »um den Ausspruch zu rechtfertigen, dass Rhodope mit einem Exkretionsgefäßsystem gleich dem der Platyhelminthen ver- sehen seic. | Diese Daten wurden von Trinchzse in ausgedehntem Maße vervoll- ständigt und berichtigt. Dieser Forscher konstatirte zunächst das Vorhandensein eines dicht vor und etwas oberhalb des Anus gelegenen Nierenporus, welcher in einen mit Flimmerepithel ausgekleideten Kanal führt. In diesen Kanal mündet die weite und etwas unregelmäßig gestaltete »Camera urinaria« ein, welche durch die Erweiterung eines Exkretions-Längskanals ge- bildet wird. Nach vorn verengt sich die Urinkammer und setzt sich in ein Exkretionsgefäß fort, das sich im Mesenchym verliert. In die Urin- kammer öffnen sich neun oder zehn Wimperorgane, welche ihrer Form nach als Fläschchen (fiaschetti) bezeichnet werden; an manchen Stellen stülpt sich die Kammerwandung in Gestalt kleiner Säckchen (culdi- sacchi) aus. Der Hals der Fläschchen, welche nach Trımcazse wohl hinsichtlich ihrer Struktur, aber nicht hinsichtlich ihrer Form mit den von v. Grarr und von Vogr und Yung bei Mesostoma Ehrenbergii beschriebenen Wimper- organen übereinstimmen, ist offen und setzt sich in die Wandung der Urinkammer fort. Im entgegengesetzten, blindgeschlossenen Theile liegt eine granulirte halbkugelige Hervorragung, welche eine lebhafter Be- wegung fähige Wimper trägt. Trınchzse bestreitet v. Grarr gegenüber, und wie ich sagen kann, mit Recht, das Vorhandensein von Wimperorganen im ganzen Körper der Rhodope, dieselben sind thatsächlich auf die rechte Seite des Thieres beschränkt. Es wird alsdann von dem italienischen Forscher eines Geflechtes feiner Fäden und kleiner Kanäle innerhalb des Mesenchyms gedacht, auf die ich später genauer eingehen werde. »In tutto il corpo dell’ ani- 7% 100 | Ludwig Böhmig, male, sagt Trınchese in Bezug auf dieses Geflecht, o, per esprimermi con maggiore esattezza, in tutto il mesenchima, trovasi un fitto intreceio di filamenti sottilissimi, spesso varicosi, nei quali sono disposte in fila delle granulazioni che alla luce diretta appaiono bianche; alla luce trasmessa, verdognole. Questi filamenti si continuano colla parete di fini canaletti, entro i quali si trovano di tratto in tratto dei gruppi delle predette granulazioni.« Der Nierenporus liegt, wie Trıncagsz angiebt, auf der rechten Seite dicht vor dem After. Seine Weite beträgt 10,95—18,25 u; er führt n einen kurzen ca. 29—32 u langen Kanal, dessen Querdurchmesser dem des Porus entspricht. Die Auskleidung dieses Endkanales, Ureters, besteht aus einem Epithel, dessen eylindrische 3,65—5,8 u breite und 7,3 u hohe Zellen starke und ca. 10,95 u lange Cilien tragen, welche gegen den Porus hin gerichtet sind. In den Endkanal münden zwei große Exkretionsgefäße, ein vor- deres und ein hinteres. Das erstere zieht anfänglich, von seiner Mündung in den Endkanal an gerechnet, ganz rechtsseitig liegend nach vorn, nähert sich allmäh- lich der Medianebene, biegt dann, noch ehe es das Gehirn erreicht, um, wendet sich nach links und rückwärts, wo es ungefähr in der Höhe des Exkretionsporus blind endigt. An der Umbiegungsstelle dieses huf- eisenförmig gekrümmten Gefäßes vereinigt sich mit ihm etwas rechts von der Medianebene ein kleineres, das bis über das Gehirn nach vorn verfolgt werden konnte. Ein weiteres Seitengefäß von nur ca. 8 u Querdurchmesser steigt steil von der Ventralseite zwischen Hautmuskel- schlauch und Albumindrüse nach oben und mündet in nur geringer Entfernung vom Endkanal in das vordere Hauptgefäß oder aber seltener selbständig in den Endkanal ein. Der zweite Hauptexkretionskanal, den man seiner Lage nach auch als Rückengefäß bezeichnen könnte, beginnt blind in der Nähe des hinteren Körperpoles ungefähr 150 bis 200 u vor demselben und verläuft zuerst auf der Dorsalseite dicht unterhalb des Hautmuskelschlauches fast in der Medianlinie kopfwärts. Je mehr er sich dem Endkanale nähert, desto mehr entfernt er sich von dem Hautmuskelschlauche und der Medianebene, und ehe er in ihn einmündet, kreuzt er sich mit dem Enddarme. Eine kleine Varia- tion lässt sich bei einzelnen Individuen konstatiren, in so fern nämlich die Lage dieses Exkretionskanales in seiner ganzen Ausdehnung eine ausgesprochen rechtsseitige bleibt, und er nie die Medianlinie erreicht, wenn er sich derselben auch ein wenig nähert. Die Durchmesser der im Querschnitte runden oder ovalen Exkre- tionskanäle unterliegen hinsichtlich ihrer Weite ganz beträchtlichen Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker, 101 Schwankungen, wobei die Entfernung des betreffenden Querschnittes vom Ureter ziemlich gleichgültig zu sein scheint. Ihre Wandung besteht aus einer zarten äußeren Muscularis, die sich aus Ring- und Längsfasern zusammensetzt, und einem das Lumen auskleidenden Epi- thele, dessen Zellen von denen des Endkanales wesentlich verschieden sind. Dort lag ein typisches Flimmerepithel vor, hier haben wir es mit Drüsenzellen zu thun (Fig. 62). Dieselben sind von platter, flacher oder eylindrischer Gestalt 2,9—7,3 u hoch, 4,38—10,95 u breit. Mit Aus- nahme ihrer freien, dem Lumen zugewandten Fläche erscheinen sie sehr scharf kontourirt; an der genannten Stelle ist die Begrenzung viel weniger deutlich und scharf, nicht selten sogar ganz verwischt. Der Zellinhalt bietet recht verschiedene Bilder, die aber unabhängig sind von der Art der Konservirung. Ein Theil der Zellen besitzt ein mäßig feinkörniges Plasma, das sich bald mehr bald weniger stark tingirt (Fig. 62 exz'!), ein anderer Theil von ihnen gleicht leeren Schalen, in denen die plasmatische Substanz, wenn überhaupt noch deutlich wahr- nehmbar, auf geringe Reste in der Basis der Zellen beschränkt ist (Fig. 62 exz3). Zwischen diesen beiden Extremen finden sich nun Zellen, in deren Plasma helle vacuolenartige Gebilde auftreten, welche so zahlreich oder so groß sein können, dass das Plasma auf dünne Stränge zwischen den Bläschen beschränkt wird. Verschwinden auch diese Stränge, so sehen wir die Zelle von einer homogenen oder sehr feinkörnigen fast unfärbbaren Substanz erfüllt (exz?). Wird diese Substanz ausgestoßen, dann gleichen die Zellen den oben erwähnten leeren Schalen. Gelegentlich findet man Zellen, deren Inhalt noch theilweise innerhalb der Zelle sich befindet, theilweise aus derselben hervorgequollen ist. Das Exkret der Nierenzellen tritt jedoch nicht immer in dieser mehr flüssigen Form auf, sondern auch in Gestalt größerer und kleinerer Körnchen, die jedoch nur selten eine so bedeutende Größe erreichen, dass nur eines oder einige wenige die Zelle ganz erfüllen. Die Zellkerne sind in ihrer Form abhängig von derjenigen der Zellen; in eylindrischen rundlich oder oval, langgestreckt in flachen, platten. In exkretfreien Zellen nehmen sie eine centrale Lage ein, in solchen, welche eine größere Menge von Exkretstoff enthalten, erschei- nen sie gegen die Zellwand gedrängt. Die Wimperorgane, deren Gesammtzahl nach Zählungen, die ich an einem in Querschnitte zerlegten Individuum vorgenommen habe, ungefähr 40 beträgt, sitzen den Exkretionsgefäßen direkt auf. Ihre Gestalt ist, wie Trıncuese angiebt, die kleiner Fläschchen oder Röhrchen, deren Längendiameter ca. 14,6 u, deren Breitendurchmesser 102 Ludwig Böhmig, 7,3—10,95 u betragen. Ich will gleich hervorheben, dass, entgegen den Angaben meiner Vorgänger, diese Organe bei Rhodope wesentlich komplieirter gebaut sind als v. Grarr und Trıncazse glauben, und dass sie vor Allem nicht aus einer Zelle, sondern einer größeren Zahl solcher bestehen, sich mithin in einem wesentlichen Punkte von den Wimper- organen der Platyhelminthen unterscheiden. Bis jetzt habe ich über ihren Bau Folgendes ermittelt: Wie aus Fig. 64 ersichtlich, stellt ein solches Wimperorgan eine Ausstülpung der Wandung des Exkretionsgefäßes dar. Die Zellgrenzen sind unscharf und verwischt, wo ich sie angedeutet fand, schien es mir, als ob die basalen Zellen, welche den Hals des Fläschchens bildeten (wenn wir diesen Ausdruck Trıncaesr’s beibehalten), nicht unerheblich größer wären, als diejenigen, welche den Boden formirten. Das mäßig stark färbbare Plasma besitzt eine feinkörnige Beschaffenheit. An ihrer dem Lumen zugewendeten Fläche werden die Zellen von einer Quticula (Fig. 66 cu) bedeckt, welche an gewissen Stellen verdickt ist und kantenartig vorspringt (Fig. 65, 66 cu‘). Die stark färbbaren, runden, ovalen, halbmondförmigen (Fig. 67) oder unregelmäßig geformten Kerne n, n’ sind meist im oberen Theile des Organs etwas, zuweilen sogar auffallend kleiner als im basalen; dort messen sie 2,92—3,65 u, hier 1,46—2,92 u. In Fig. 66 habe ich einen schräg geführten Schnitt durch ein Wimperorgan abgebildet, in dem sich diese Größendifferenzen sehr deutlich hervorheben. Das Lumen des Organs wird fast vollständig von der dicken ca. 10,95 u langen Geißel (g) ausgefüllt, deren Zusammensetzung aus kräf- tigen Cilien unschwer zu erweisen ist. Häufig ragt sie auch noch in die Urinkammer, wie bereits Trınchese berichtet. Nach den Unter- suchungen dieses Forschers entspringt die Geißel von einer halbkuge- ligen, granulirten Hervorragung, welche den Boden des Fläschehens bildet. In mehreren meiner Präparate fand auch ich an der von TrıncHEse angegebenen Stelle eine etwas hervorragende Zelle (Fig. 64 92) mit deutlichem Kerne (gzn), welche die Geißel trug, in anderen hingegen vermisste ich diese Verschlusszelle, und gewann vielmehr den Eindruck, als ob sich an der Bildung der Geißel mehrere der distal gelegenen Zellen betheiligten. Wie viele Zellen ein solches Wimperorgan bilden, vermochte ich nicht festzustellen (vielleicht vier bis acht), eben so bin ich unsicher, ob die Zellen in einfacher oder doppelter Reihe angeordnet sind. Für die letztere Möglichkeit sprechen allerdings nur einige wenige Quer- schnitte (Fig. 67). | Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker, 103 Einige Male bemerkte ich ziemlich scharf umschriebene Lücken in den oberen distalen Zellen (Fig. 65 *), von denen ich aber nicht zu sagen weiß, ob sie künstlich entstanden sind oder nicht. Außer diesen Wimperorganen existiren noch sehr ähnlich geformte und auch in der Größe nur wenig abweichende Aussackungen der Urinkammerwandung, welche sich von den Wimperorganen nur durch die Abwesenheit einer Geißel unterscheiden, wahrscheinlich handelt es sich um dieselben Gebilde, welche Trınchzse als » culdisacchi« be- zeichnet. Im Mesenchym der Rhodope breitet sich ein Kanalsystem aus (Fig. 68, 69 X), das in seinem Baue und insbesondere in seinen Be- ziehungen zu anderen Organen von mir noch nicht vollständig erkannt worden ist; ein genaueres Studium wird mir erst mit Hilfe neuen Materials möglich sein. TrıxcHzse's Angaben sind ebenfalls spärliche, ich habe sie oben wörtlich angeführt. Das in Rede stehende Kanalsystem durchzieht, wie gesagt, das ganze Mesenchym, liegt aber seiner Hauptmasse nach dicht unterhalb des Hautmuskelschlauches. Es stellt ein eigenthümliches Netzwerk dar, das aus zarten und dicken, insbesondere mit Pikrokarmin und zuwei- len auch mit Hämatoxylin sehr intensiv färbbaren »Fasern«, von denen ich ursprünglich glaubte, dass sie muskulöser oder bindegewebiger Natur seien, gebildet wird (Fig. 68). Außer diesen »Fasern« begegnete ich im Mesenchym dünnwan- digen, relativ weiten Kanälen (7,3—10,95 u Durchm.), welche häufig un- regelmäßig geformte, gelblich gefärbte Konkremente enthielten. Diese Kanäle, welche in manchen Individuen sehr häufig, in anderen nur spärlich vorhanden waren, ließen sich nie auf größere Strecken ver- folgen, sie hörten plötzlich auf, schienen aber mit den stark färbbaren »Fasern« in Verbindung zu stehen. Es gelang mir bald, mich zu überzeugen, dass die »Fasern« nicht solide, sondern hohle Gebilde, Röhren mit allerdings oft sehr geringem ‘Lumen sind, dass sie direkt in die dünnwandigen Kanäle über- gehen, welche nur lokal erweiterte Theile der Röhren darstellen (Fig. 53). Die Wandung dieser Röhren und Kanäle setzt sich aus zwei Schichten zusammen, einer äußeren (Fig. 53” a), in welcher ich nicht mit Sicherheit Kerne erkennen konnte, und einer inneren, zarten Schicht 5, die Kerne enthält und eine Art Endothel bildet, dessen Nachweis übrigens oft sehr schwierig zu erbringen ist. Die äußere Hülle «a ist es, welche den Röhren das massive Aussehen verleiht, da sie selbst in Röhren von geringem Durchmesser (1,46 u) / 104 Ludwig Böhmig, | noch die ansehnliche Dicke von ca. 0,7 u besitzt, die in Röhren stär- keren Kalibers auf 1,46 u, vielleicht da und dort noch höher steigt. Je bedeutender die Röhren ausgedehnt werden, je größer also das Lumen der dünnwandigen Kanäle ist, desto zarter wird im Allgemeinen die Wandung derselben sein. Die Färbbarkeit der Schicht a ist eine große, besonders intensiv wirken Hämatoxylin und Pikrokarmin, in Sublimat-Osmium -Essig- säurepräparaten erscheint sie grau-braun tingirt. In ihr oder ihr wenigstens sehr dicht angelagert verlaufen Längsfasern (Fig. 68 fx), die in so fern ein eigenthtimliches Verhalten zeigen, als sie oft plötzlich von den Kanälen abbiegen, auf Nervenstämme übertreten oder sich, wenig- stens scheinbar, mit dem Hautmuskelschlauch in Verbindung setzen. Ob diese Fasern, welche ich am besten auf Sublimat-Pikrokarminprä- paraten, am wenigsten gut in Sublimat-Osmium-Essigsäure-Hämatoxy- linpräparaten erkennen konnte, muskulöser oder bindegewebiger Natur sind, muss ich zweifelhaft lassen, vermuthe aber das erste. Bei der Besprechung der Drüsen habe ich zweier Zellenlager in den seitlichen Partien des Kopfes Erwähnung gethan (Fig. 8, 9 Zc) und die betreffenden Zellen geschildert. Zwischen diesen Zellen findet sich eine sehr reiche Ausbreitung unseres Röhrensystems (Fig. 9 &), ja man gewinnt sehr häufig den Eindruck, als ob die Röhren in die Zellen selbst eindrängen. Die Bilder sind allerdings so differente und von der Kon- servirung so abhängige, dass es sehr schwer ist, sich ein klares Urtheil über diese Verhältnisse zu bilden. Mit ziemlicher Sicherheit vermag ich zu behaupten, dass zwischen unserem Röhrensysteme und dem Exkretionsorgane ein Zusammenhang dergestalt existirt, dass jenes in dieses an verschiedenen Stellen ein- mündet (Fig. 63). Beim Studium der Wimperorgane fand ich in den Zellen derselben, besonders den distal gelegenen, Gebilde, welche in ihrer Färbung an Kerne erinnerten, jedoch meist wesentlich kleiner waren als diese, und sich nicht eben selten stäbchen- oder röhrenartig verlängerten. Ich habe diese Gebilde in Fig. 64 und 65 mit nx& bezeichnet. Es ist nun möglich, dass es sich in einigen Fällen thatsächlich um Theile unregel- mäßig gestalteter Kerne handelte (Fig. 65), in anderen schien aber eine derartige Verwechslung vollständig ausgeschlossen, und es kann die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass Theile des Röhrensystems auch in die Wimperorgane selbst eindringen und sich in das Lumen dieser öffnen. Auch die Beziehungen des Röhrensystems zum Mesenchym be- dürfen noch weiterer Aufklärung, Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 105 Nach dem, was mir meine Präparate gezeigt haben, beginnen die Röhren entweder frei mit trompeten- oder trichterartiger Erweiterung innerhalb des Mesenchyms, oder aber sie stehen mit Zellen in Verbin- dung, wie ich solche als Mesenchymzellen unten schildern werde. In vielen Punkten stimmt die von mir gegebene Darstellung des Exkretionsapparates mit der von Trıxcuzse entworfenen Schilderung überein. Wenn ich auch einige Punkte zweifelhaft lassen musste, so glaube ich doch behaupten zu können, dass die Ansicht v. Grarr's, »dass Rhodope mit einem Exkretionssystem gleich dem der Platyhelminthen versehen sei«, sich nicht mehr aufrecht erhalten lässt, da Rhodope insbesondere die für die Platyhelminthen so charakteristischen ein- zelligen Wimperorgane fehlen. Wenden wir uns einem Vergleiche des Exkretionsorgans der Rho- dope mit der Niere der nudibranchiaten Gasteropoden zu, so bemerken wir neben erheblichen Differenzen doch auch viel Übereinstimmendes. Die Niere der Nudibranchier stellt im Allgemeinen ein mehr oder weniger verästeltes Organ dar, das rechts von der Medianebene auf der Dorsalseite des Thieres gelegen ist und von oben her die Generations- organe und Leber bedeckt. Man kann an ihr drei Partien unterscheiden, die eigentliche Drüse, deren Wandung die sogenannte Urinkammer ‚umschließt, den Harnleiter oder Ureter, welcher durch den in nächster Nähe des Afters gelegenen Nierenporus nach außen mündet und end- lich das pericardio-renale Organ, die Nierenspritze, vermittels deren die Drüse mit dem Perikard kommunicirt; dieselbe scheint in seltenen Fällen zu fehlen, wenigstens ist sie nach Bereu! bei Hermaea nicht vorhanden, dafür existiren hier mehrere feine Öffnungen im Perikard. In ihrer Form unterliegt die Drüse nicht unbedeutenden Variatio- nen, welche insonderheit abhängig sind von dem Reichthume, der Größe und Gestalt der Seitenäste der zwei oder drei Hauptstämme des Organs. Diese Seitenzweige, die wiederum ihrerseits verästelt sein können, sind von tuben-, bläschen- oder kolbenförmiger Gestalt (Tethys, Facelina, Spurilla); Melibe besitzt nach Brren? sowohl lange, mehr oder weniger verzweigte Röhren als auch zierliche Kolben. Eine bedeutende Reduktion der Seitenäste findet sich nach Hancock 3 1 R. Bern, Beiträge zur Kenntnis der Aeolidiaden. VIII, Verhandlungen der k. k. zool.-botan. Gesellschaft in Wien, 1885. 2 R. BercH, Beitrag zur Kenntnis der Gattung Melibe Rang. Diese Zeitschr. Bd. XLI. 3 ALDEr u. HAncock, Monograph. of the British Nudibranchiate Molluska, Citirt nach v. IHErRING, Zur Morphologie der Niere der sog. »Mollusken«. Diese Zeitschr. Bd, XXIX, 106 Ludwig Böhmig, bei Plokamophorus ceylonieus, wo die Niere einen einfachen Sack mit drüsiger Wandung darstellt. So viel ich aus der mir zugänglichen Litteratur ersehen habe, scheint überall wie bei Tethys, Spurilla und Facelina die Drüse von einem einfachen Epithel ausgekleidet zu werden, dessen Zellen die Konkremente ausscheiden. Hinsichtlich der Lage des Exkretionsorgans stimmt Rhodope mit den Nudibranchiern überein, sie liegt auch hier der Hauptmasse nach rückenseitig, oberhalb der Genitalorgane und jenes Darmabschnittes, der meines Erachtens morphologisch der Leber der Nudibranchier homolog ist. Eine auffälligere Verästelung der Nierenhauptstämme fehlt bei Rhodope, sie würde in dieser Hinsicht Plokamophorus ähneln; Anfänge zu einer solchen sind in Form kleiner spärlicher Ausstülpungen vor- handen. In dem wesentlichen Punkte der epithelialen Auskleidung des Organs herrscht zwischen Rhodope und den Nacktschnecken eine gute Übereinstimmung, hier wie dort ist ein Drüsenepithel vorhanden, das die Aufgabe hat, gewisse Stoffe auszuscheiden. Die wichtigsten vorhandenen Differenzen beruhen in der Abwesen- heit eines pericardio-renalen Organs und in dem Vorhandensein von Wimperorganen bei Rhodope. Der erste Punkt ist leicht erklärlich, da ein Blutgefäßsystem und ein Herz Rhodope überhaupt fehlen. Was den zweiten Punkt anbelangt, so möchte ich daran erinnern, dass nach den Untersuchungen von Korımanx ! in dem Bosanus’schen Organe der Lamellibranchiaten zahlreiche (ca. 200) Wimpertrichter vorhanden sind, welche gegen die Hämolymphe führende Blutbahn (das Coelom) hin geschlossen, sich frei in das Organ öffnen. Bei Rho- dope verhält sich die Sache ähnlich. Die Wimperorgane sind offen gegen die Urinkammer, geschlossen gegen das Mesenchym. Dass die Wimperorgane von Rhodope einen etwas anderen Bau besitzen als die der Lamellibranchiaten ist hierbei ein Umstand von nebensächlicher Bedeutung. Bei Besprechung dieser Verhältnisse ist übrigens KoLımann ein kleiner Irrthum unterlaufen. Auf p. 50 schreibt Korımann: »Dabei besteht, ich eitire GrArrF, ein völliger Verschluss der Wimpertrichter gegen die Leibeshöhle, während sie mit kurzen Stielen Gefäßen auf- sitzen. Bei den Lamellibranchiaten ist das Verhalten gerade umgekehrt. 1 J. KoLLmann, Über Verbindungen zwischen Cölom und Nephridium. Fest- schrift zur Feier des 300jähr, Bestehens der Jul.-Max.-Universität zu Würzburg ge- widmet von der Univ. Basel. Basel 4882, Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker, 107 Die Trichter sind nach der Blutbahn hin geschlossen, in den Raum des Bosanus’schen Sackes geöffnet. « Die Gefähe, von denen jedoch v. GrArr spricht, sind keine Blutgefäße sondern Exkretionsgefäße; die Wimper- organe der Platyhelminthen und der Rhodope verhalten sich in dieser Hinsicht nicht anders als die der Lamellibranchiaten. Was das von mir beschriebene Röhrensystem anbelangt, so scheint mir dasselbe eine Rhodope eigenthümliche Bildung zu sein, falls sich nicht Anknüpfungspunkte an die hohlen, von der Urinkammer aus- gehenden Balken bieten, welche R. Beren ! von den Pleurophyllididen erwähnt. Ich habe mir bis jetzt diejenigen Arbeiten Berew’s, in denen diese Gebilde näher beschrieben werden, nicht verschaffen können. v. [uerıng ? hat zu verschiedenen Malen der Überzeugung Ausdruck verliehen, dass das Exkretionsgefäßsystem der Platyhelminthen homolog sei der verästelten Niere der Ichnopoden: »Es erscheint somit die Niere der Ichnopoden als das Homologon der verzweigten Niere, des » Wassergefäßsystems« der Plattwürmer und der Rotatorien«, und an einer anderen Stelle: »Für mich genügt es, dass der Exkretionsapparat der Nudibranchier eine reich verästelte tubulöse Drüse darstellt, deren Lage zwischen Hautmuskelschlauch und Eingeweiden im Wesentlichen jener der Turbellarien etc. entspricht. « Dieser Auffassung sind BErGH und Spenge ? wohl mit Recht ent- gegengetreten. Das » Wassergefäßsystem« der Platyhelminthen besitzt sein Homologon wohl in der Urniere der Mollusken, aber nicht in dem definitiven Nephridialsystem. Die Niere der Rhodope ist meines Er- achtens derjenigen der Nudibranchier homolog und nicht der Urniere derselben, mithin auch nicht dem Wassergefäßsystem der Platyhel- minthen. Aufgabe der Entwicklungsgeschichte wird es sein, nach einem der Urniere entsprechenden Organ in der Entwicklung der Rhodope zu fahnden. Mesenchym. Ein Theil dieses Gewebes, welches den Raum zwischen Körper- wandung und den Organen vollständig erfüllt, bildet eine Art lockeren I R. BERGH, Sancara iaira, en ny Form af Pleurophyllidiernes Familie. Videns- kabelige Meddelelser fra naturh. Forening i Kjöbenhavn, 1864 (1865). — Derselbe, Bidrag til en Monographie af Pleurophillidierne etc, Naturhistorisk Tidsskrift, 3. Reihe. Bd. IV. Kjöbenhavn 1866—1867. 2 v, Iuerıing, Zur Morphologie der Niere der sog. »Mollusken«. Diese Zeitschr. Bd. XXIX. 1877. — Derselbe, Giebt es Orthoneuren? Ebenda. Bd. XLV. 1887. 3 J. W. SpenGEeL, Das Geruchsorgan und das Nervensystem der Mollusken. Diese Zeitschr, Bd. XXXV. 1881. 108 Ludwig Böhmig, Endothels (Pseudoepithels, Epitheloides!), das die äußere Fläche fast aller Organe, des Darmes, des Genital- und Exkretionsapparates tiber- kleidet. Auch die äußerste Schicht der Gehirnkapsel, welche sich auf die Nerven fortsetzt, und in welcher ich Kerne nachzuweisen vermochte dürfte diesem Pseudoepithel zuzurechnen sein. Dasselbe fehlt meinen Untersuchungen zufolge hingegen vollständig unterhalb des Haut- muskelschlauches resp. in der Umgebung der hier vorhandenen Haut- drüsen. Die das Epitheloid bildenden Zellen (Fig. 11,13, 37, 45, 6, 48 mepz) sind von platter Form und nur an jener Stelle, an welcher der Kern liegt, etwas verdickt. Ihr Plasma färbt sich schwach, intensiv ihr runder oder ovaler Kern, dessen Durchmesser 4,38 u, 2,92 :4,38 u, 5,65: 7,3 u betragen. Ob diese Zellen eine vollkommen geschlossene Hülle auf den Organen darstellen, vermag ich nicht zu sagen, möglich ist es, dass sie da und dort Lücken lassen. Jener Theil des Mesenchyms, welcher sich zwischen den Organen, zwischen diesen und dem Hautmuskelschlauche findet, gewährt je nach der Art der Konservirung recht verschiedenartige Bilder. In allen Präparaten, ausgenommen solchen, welche mit Sublimat- Osmiumessigsäure fixirt worden waren, zeigt das Mesenchymgewebe unverkennbare Spuren bedeutender Veränderungen und Zerstörungen; kurze, meist zusammenhangslose Fäserchen liegen bald da bald dort in größerer Menge, zwischen ihnen bemerkt man relativ wohl erhaltene Zellen (Fig. 68 mz). Anders verhält sich die Sache an Präparaten, die in der oben angegebenen Weise fixirt worden waren. Hier begegnen wir an Stelle jener kurzen Faserstücke einem zarten, fädigen Gerüstwerke (Fig. 69 mfg), das von stern- oder spindelförmigen Zellen ausgeht, die in nur spärlicher Zahl vorhanden sind (Fig. 69 mz). Die feinen Fäserchen des Gerüstwerkes (m/g) stehen häufig in Verbindung mit den dicken, früher erwähnten Fasern, welche längs der Nervenstämme und des Röhrensystems X verlaufen. Außer den verästelten Zellen des Fasergerüstes sind noch zahl- reiche freie Mesenchymzellen (Blutkörperchen, Lang?) vorhanden, welche ein recht verschiedenartiges Aussehen gewähren. Als Ausgangspunkt der Schilderung mögen diejenigen dienen, welche die einfachsten Befunde bieten. Es sind dies Zellen mit scharf kontourirtem, breiterem oder 1 B. HATscHEK, Lehrbuch der Zoologie. A. Lig. p. 113. Jena 1888. 2 A. Lang, Lehrbuch der vergl. Anatomie. 3. Abth. Jena 1892. Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 109 schmälerem, homogenem Plasmaleibe, welcher sich nicht färbt und keine Einlagerungen irgend welcher Art zeigt. Der 3,65 — 4,3% u messende Kern färbt sich intensiv und besitzt meistens eine centrale Lage (Fig. 69 mz’). Ihnen sehr ähnlich sind andere, in deren Plasma jedoch an der Peripherie kleine, stark lichtbrechende Körnchen oder Stäbchen liegen. Der Kern ist noch deutlich sichtbar und central ge- legen. Die Körnchen beschränken sich jedoch nicht immer auf die Peripherie der Zellen, sondern erfüllen oft das ganze Plasma (Fig. 69 mz?), wobei der Kern häufig aus seiner centralen Lage gedrängt wird oder gar nicht mehr nachweisbar ist. In manchen Zellen besitzen die Kügelchen übereinstimmende Größe, viel häufiger aber zeichnet sich eines von ihnen durch ver- hältnismäßig kolossale Dimensionen aus und nimmt dann eine centrale Position ein (Fig. 69 mz°). Die kleineren Kügelchen, welche übrigens auch ganz ansehnliche Durchmesser erreichen können und alsdann in relativ geringer Anzahl vorhanden sind, bilden gewöhnlich einen Kranz um die Centralkugel ck. Diese ist stets äußerst scharf kontourirt und von den übrigen kleineren durch eine helle Zone geschieden. Die Durchmesser solcher am meisten veränderter Zellen betragen 10,95—14,6 u, die Gentralkugel misst 5,84—10,95 u, der Kern, wenn vorhanden 3,65 u. Zerfallsprodukte dieser Zellen sind in allen möglichen Stadien anzutreffen; zu ihnen zählen vielleicht auch durch das ganze Gewebe vertheilte, einzeln oder in Haufen beisammen liegende etwas glänzende, farblose oder einen Stich ins Gelbe besitzende Kügelchen (Fig. 69 kA), die manchmal ein homogenes Aussehen zeigen, manchmal aus kleinen Körnchen bestehen, oder Vacuolen enthalten. Die beschriebenen Zelleinschlüsse haben in Sublimat-Osmium- Essigsäurepräparaten eine gelblichbraune oder schwarze Farbe, in Sublimat-Essigsäurepräparaten, die mit Hämatoxylin oder Alaunkarmin tingirt worden waren, erschienen sie intensiv blau resp. violett gefärbt. Bei Anwendung von Pikrokarmin sind sie bald tief roth bald gelb. Über die Natur dieser Gebilde vermag ich bis nun keine weiteren Mittheilungen zu machen. Ersatz für die zu Grunde gegangenen derartigen Zellen wird, wie mir scheint, durch Theilung von Zellen geliefert, die wie die zuerst be- schriebenen ein homogenes, wenig färbbares, vollkommen körnchen- freies Plasma besitzen. In ihnen bemerkte ich häufig wenigstens einen biskuitförmigen Kern mit zwei Kernkörperchen oder zwei Kerne. Auch Kerne von 3,65—4,38 u Durchm. mit sehr schmalem oder ohne nach- weisbaren Plasmasaum wurden beobachtet. 110 Ludwig Böhmig, Bei jüngeren Thieren ist nach Trıncasse eine transparente, gela- tinöse Grundsubstanz vorhanden, am ausgebildeten, konservirten Thiere vermisste ich eine solche, als Reste derselben könnten höch- stens spärliche Mengen einer feinkörnigen, farblosen Masse gedeutet werden. Ein besonderes System von Lakunen habe ich bei Rhodope nicht gefunden, TRINcHESE spricht einmal von einer weiten Mesenchymlakune, welche von Blut erfüllt sein soll. Nach meinem Dafürhalten wird am lebenden Thiere der Raum zwischen den Organen und der Leibeswand von einer Flüssigkeit ein- genommen, in welcher freie Mesenchymzellen suspendirt sind; außer- dem ist dieser Raum noch durchzogen von dem früher besprochenen fädigen Gerüstwerke. Ein »Blut«, verschieden von der alle Organe um- gebenden Flüssigkeit, die bei jüngeren Thieren vielleicht eine mehr gelatinöse Beschaffenheit besitzt, dürfte nach meiner Ansicht kaum vorhanden sein. Abgesehen von der Überkleidung der Organe mit einem Pseudo- epithel, das jedoch für einzelne Turbellarien, so für Vortex viridis durch v. Grarr ! erwiesen ist, zeigt das Mesenchym von Rhodope eine große Übereinstimmung mit dem von Mierostoma. Auch hier ist eine peri- viscerale Flüssigkeit vorhanden, die von einem Gerüstwerk feiner Fasern, deren Ausgangspunkte stern- oder spindelförmige Zellen sind, durchsetzt wird; freie Mesenchymzellen sind auch bei Microstoma in der perivisceralen Flüssigkeit enthalten. Jene oben beschriebenen Zellen, deren Plasma von den erwähnten Einlagerungen erfüllt wird, sind es, welche ich mehrere Male vor den wenigstens scheinbar offenen Anfängen des Röhrensystems X ange- troffen habe, in den Röhren selbst bemerkte ich nie solche Zellen oder Theile von ihnen. Die beobachteten, unregelmäßig geformten, gelblichen Körper sind vielleicht, aber nur vielleicht auf die Zerfallsprodukte der Zellen zurückzuführen, dieselben könnten dann durch das Röhren- system X der Niere zugeführt werden. Ich habe noch der Kalkkörper zu gedenken, welche v. KöLLikEr in den Hautmuskelschlauch (membrana fibrosa), M. ScuuLtze in das Epithel, v. Grarr?2 und Trınchese in das Mesenchym verlegen. Ich schließe mich den letztgenannten Forschern an. v. Grarr hat diese Ge- bilde sehr eingehend bezüglich ihrer Form, Trınchzse hinsichtlich ihrer Lagerung geschildert. Neues vermag ich den Angaben dieser Autoren nicht hinzuzufügen, ich will nur noch bemerken, dass ich an konservir- ! v. GrArr, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. Leipzig. ? v. GrAFF, Über Rhodope Veranii. Morphol. Jahrbuch. Bd. VIII, 1883, Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker, 111 ten Thieren, auch an solehen, welche bloß mit Alkohol absol. behandelt worden waren, keine Spur von den Kalkkörpern auffinden konnte. Die Entwicklungsgeschichte der Rhodope wurde bisher allein von TrıncHESE untersucht. Die wichtigsten in Betracht kommenden Ergeb- nisse drückt Trıinchzse in folgenden Sätzen aus: »Nei periodi di svi- luppo descritti di sopra, non ho potuto scorgere il menemo indizio di una invaginazione preconchiliare o di una eminenza pedale, quali ap- pariscono di buon’ ora nelle larve dei Molluschi.« »Non vi & la menoma traccia di un velo o di un organo omologo. Il corpo & depresso, plana- riforme, coll’ estremitä anteriore un poco piü larga della posteriore. L’intestino medio & uniformemente largo in tutta la sua lunghezza e eorre diritto dalla estremitä cefalica alla caudale.« »Questi caratteri non si riscontrano mai nelle larve dei Molluschi.« Nach Feststellung dieser Thatsachen verwahrt sich TrıncHzse gegen die Zuweisung der Rhodope zu den Mollusken, seiner Ansicht nach ist Rhodope ein Wurm: »e quindi io propogno di sospenderlo, per ora, in una specie di Limbo accanto ai Rabdoceli augurando che non tardi a venire il suo liberatore «. Die gleiche Anschauung wie TrincHgse vertritt R. BErGH. BERGE sieht in Rhodope »eine in gewissen Beziehungen modificirte Turbellarie, welche sich in der Anordnung des Nervensystems den Nemertinen etwas nähert «. Die Thatsachen, auf welche sich beide Forscher vornehmlich stützen, sind gewichtige, hauptsächlich der Entwicklungsgeschichte entlehnte. Im Gegensatz zu ihnen sprechen sich v. KöLLıker und v. GrAFF, denen sich v. Inerınag anschließt, gestützt auf die Resultate der anatomischen Untersuchung für die Zuweisung der Rhodope zu den Mollusken aus. A. Lana! findet in der Organisation unseres Thieres nur einen Punkt, welcher für eine Verwandtschaft mit den Turbellarien spricht, dies ist »das Vorhandensein der wimpernden Exkretionszellen im Nephridialsystem«. Im Übrigen aber erscheint Ling »eine Ableitung des Nephridialsystems von Rhodope mit seiner Urinkammer und rechtsseitigen Nephridialöffnung von demjenigen der Nudibranchier viel plausibler, als eine Ableitung vom Wassergefäß- system der Plathelminthen «. Gründe, welche Lang als gegen die Molluskennatur der Rhodope sprechend anführt, sind » das Fehlen des Herzens und das vollständige Fehlen der Schale und des Fußes selbst beim Embryo «. Aus den ferneren Erörterungen dieses Forschers geht hervor, dass ! A, Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie, 3. Abth. Jena 1892. NE Er 112 Ludwig Böhmig, er geneigt ist, in Rhodope ein sehr stark rückgebildetes Mollusk zu sehen, eine Anschauung, welche mir vorläufig wenigstens nicht ge- nügend begründet zu sein scheint. Die Entwicklungsgeschichte, so weit wir sie bis nun durch Trıy- CHESE kennen gelernt haben, giebt uns kein Recht, Rhodope den Mol- lusken zuzuweisen, der anatomische Bau des Thieres spricht hingegen sehr für die Molluskennatur. Die Turbellarien besitzen einen einfachen oder verzweigten, aber stets afterlosen Darm, ein einfaches, nicht in eine größere Zahl speei- fischer Innervationscentren zerfälltes Gentralnervensystem, an dem sich häufig allerdings ein sensibler und motorischer Theil unterscheiden lassen, einen Exkretionsapparat, für welchen die sogenannten Termi- nalzellen charakteristisch sind und einen sehr komplicirt gebauten Genitalapparat. Meist sind die männlichen und weiblichen Keim- drüsen in demselben Individuum vereinigt, nie jedoch ist meines Wissens eine Zwitterdrüse vorhanden. Zu diesen Hauptcharakteren gesellen sich noch eine Reihe minder wesentlicher oder minder auf- fallender als das konstante Fehlen tubulöser Speicheldrüsen, der Bau der Augen und Otocysten. Im Gegensatz hierzu besitzt Rhodope einen aus drei Abschnitten bestehenden Verdauungsapparat, welcher vermittels eines rechtsseitig gelegenen Afters nach außen mündet; das Centralnervensystem gliedert sich in ein Paar von Cerebrovisceralganglien, ein Paar Pedal- und ein Paar Buccalganglien; es sind drei den Ösophagus (Vorderdarm) um- greifende Kommissuren vorhanden, welche die beiderseitigen ent- sprechenden Ganglien verbinden. Dem Exkretionssystem fehlen die für die Platyhelminthen so charakteristischen einzelligen Terminal- apparate (Wimpertrichter), in seiner Lage und in seinem Bau nähert es sich sehr dem der Nudibranchier; der Haupttheil der Genitalorgane wird durch eine Zwitterdrüse repräsentirt; in seinem gesammten Baue zeigt der Genitalapparat eine weitgehende Ähnlichkeit mit demjenigen gewisser Gasteropoden zur Embryonalzeit. Andererseits ist nicht zu leugnen, dass Rhodope sich in sehr wesentlichen Punkten ihrer Organisation von den Mollusken entfernt. Blutgefäßsystem, Herz, Fuß, Schale fehlen nicht bloß im ausgebildeten Zustande sondern auch zur Embryonalzeit, hierzu gesellt sich auch noch der Mangel eines Velum. Eine Leber von der Art, wie wir sie bei den meisten Mollusken vorfinden, fehlt Rhodope ebenfalls. Ich bin nicht sicher, ob auch das Nichtvorhandensein einer Radula anzuführen wäre, welche bekanntlich auch Tethys mangelt. Die Be- hauptung R. Beren’s, dass Tethys in dieser Hinsicht keine ursprüng- Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 113 lichen Verhältnisse aufweise, ist nicht genügend erwiesen, und zunächst . eben nur eine Behauptung, gegen welche v. Inzrıng’s Anschauung, dass es sich um ursprüngliche Verhältnisse handle, aufrecht erhalten werden kann. Hinsichtlich des anatomischen Baues nähert sich Rhodope ganz entschieden den Mollusken und zwar speciell den nudibranchiaten Gasteropoden, in ihrer Entwicklungsgeschichte schließt sie sich den Turbellarien an. Eine präcise Bestimmung der systematischen Stellung von Rhodope erscheint mir zur Zeit unmöglich. Vielleicht wird ein eingehendes Studium der Entwicklungsgeschichte doch noch Momente zu Tage fördern, die Anhaltspunkte bieten, ob Rhodope in nähere Beziehungen zu den Mollusken resp. Gasteropoden zu bringen ist. Wäre dies der Fall, so würde zu eruiren sein, ob für Rhodope doch vielleicht die v. Inzrıne’sche Gruppe der Protocochliden in der Ausdehnung, wie sie v. InerınG in seiner Abhandlung »Giebt es Ortho- neuren« fasst, also mit Ausschluss der Tethyden und Melibiden auf- recht zu erhalten wäre, oder ob sich für die Lane’sche Ansicht, dass Rhodope ein sehr stark rückgebildetes Mollusk ist, Stützpunkte böten. Diese Fragen und ihre Beantwortungen würden übrigens sehr, wie mir scheint mit der Frage nach dem mono- oder diphyletischen Ursprunge der Mollusken zusammenhängen. Eines lässt sich aber auf Grund des anatomischen Befundes jetzt schon mit Sicherheit behaupten: Ein TurbellaristRhodopenicht. Sollten sich in der Entwicklungsgeschichte von Rhodope keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die auf eine Verwandtschaft mit den Mollusken hindeuteten und Trıncazse’s Angaben im Wesentlichen Bestätigung finden, so würde man für Rhodope meines Erachtens eine neue Klasse schaffen müssen, die anhangsweise zunächst bei den Scoleciden unter- zubringen wäre. Graz, im Oktober 1892. Erklärung der Abbildungen. Buchstabenerklärung. At.g, Atrium genitale; el, Cilien ; Au, Auge; cs, Ciliensaum ; B.G, Buccalganglion ; ck, Centralkugel der Mesenchymzellen ; c, cu, Cuticula; cy, kernlose Plasmamasse in den Sperma- c.Fa, Marksubstanz der Ganglien ; togemmen (Cytophor); Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. 5 114 Co.c.p, Connectiv zwischen (.V.G u. P.G; Com.c.v, Kommissur zwischen den beiden Cerebrovisceralganglien; Com.p, Pedal-Subcerebralkommissur ; Com.px, Paracerebralkommissur (?); corz, Corneazellen ; C.V.G, Cerebrovisceralganglien; D.g, Genitalgang; D.h, Zwitterdrüsengang; ddrz, Darmdrüsenzellen; depz, depz', depz", Drüsenzellen des Epi- thels, depzn deren Kerne; depz.pl, Plasma der Zellen depz; drz, Drüsenzellen; ds, ds’, Dottersubstanz der Eizellen; E.D, Enddarm, edepz Epithelzellen des Enddarmes; E.Dr, Enddarmrinne; ep, Epithel (Zwitterdrüse) ; epd, epv, Epithel des Zwitterdrüsengan- ges; epz, Epithelzellen, epzn deren Kerne; Exc, Exkretionskanal, exz dessen Epithel; fep, Follikelepithel, fepz Zellen desselben; F.o, Eifollikel; F.s, Samenfollikel; fx, Fasern auf den Nerven und dem Röh- rensysteme X; 9, Geißel (Wimperflamme); gz, Wimperzelle; gk, Gallertkörper des Auges; Gl.alb, Eiweißdrüse (gl.alb!, 2, einzelne Lappen); Gl.h, Zwitterdrüse; Gl.i, infraösophageales Ganglion ; Gl.s, supraösophagealer Ganglienkom- plex;; gl.s, Speicheldrüsen, gl.s.z deren Zellen; Glz, Ganglienzellenrindenschicht, glz Ganglienzellen, glz.n deren Kerne; h, Membran der Corneazellen; hdr, Hautdrüsen, hdrz Hautdrüsenzellen; 3,4 deren Ludwig Böhmig, Kar, Kopfdrüsen, Kar’, Kdr”" Ausführgänge derselben, Kdrm Mündungsfeld der Kopfdrüsen, Kdrz Kopfdrüsenzellen ; Kep, Keimepithel, kz Keimzellen; m, Muscularis; me, Mesenchym , mepz Mesenchymzeilen (Pseudoepithel), mz Mesenchymzellen, mfg Fasergerüst im Mesenchym; M.D,Mitteldarm, mdepz Mitteldarmzellen; N (a,b, c.d, 0, p, v), Nerven; n, Kern, nu Kernkörperchen; ncy, Nährcytophor, ncyz Gytophorzelle; noe, Nervenendigungen in der Otocyste; nf, Nervenfasern; nfsi, Nervenfaserzüge zwischen @l.i und Gl.s; O, Mund; oep, Otocystenepithel; oh, Otocystenhülle; Ot, Otocyste; oil, Otolith;; 0v, 0vz, Eier, Eizellen; P, Penis, Ps Penisscheide, zapfen; p, Porus der Drüsenzellen; P.G, Pedalganglion; P.i, Pigmentschale des Auges; pls, Plasmafortsätze; rez, Retinazellen;; s, s’, s”’, Sekret; schwdr, Schwanzdrüsen; sp, Sperma; spg, spg', Spermatogemmen ; spo, Spermatogonien; spsb, Spermatozoenbündel; stz, Stützzellen, sizn deren Kerne; V.D, Vorderdarm; Zc, laterale Zellenkomplexe im Kopfe, zcz Zellen derselben; X, Röhrensystem, welches mit dem Ex- kretionsorgan in Verbindung steht; x%, Theile desselben. Pz Penis- Alle Zeichnungen wurden mit Hilfe eines Asse’schen Zeichenapparates von mir entworfen, ausgenommen Fig. 2—5 und Fig. 32, 32a. Benutzt wurde ein Mikro- skop der Firma SEIBERT in Wetzlar. Tafel III. Fig. 4. Längsschnitt durch Rhodope. Obj. I, Oc. A. Fig. 2—5. Querschnitte durch das Vorderende. Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. 115 Fig. 6. Querschnitt durch das Epithel. Obj. V, Oc. 2. Fig, 7. Flächenschnitt des Epithels. Obj. V, Oc. A. Fig. 8. Theil eines Querschnittes durch das Vorderende. Obj. IV, Oc. 2. Fig. 9. Querschnitt durch den lateralen Zellenkomplex des Kopfes. Obj. V, Oe. 4. nw, Netzgerüst; zs, Zellsubstanz. Fig. 40. Theil eines medianen Längsschnittes durch das Vorderende. Obj. IV, ve. 4. Fig. 44. Theil eines Qmerschnittes durch den Vorderdarm, Obj. V, Oc. 1. Fig. 42. Mitteldarmepithel. Obj. V, Oc. A. Fig. 43. Querschnitt durch den Mitteldarm an der Absangsstelle des End- darmes. Obj. V, Oc. A. Fig. 44—18. Längsschnitte durch das Centralnervensystem (aus einer Serie). Obj. IV, Oc. A. Tafel IV. Fig. 49. Längsschnitt durch den supraösophagealer Ganglienkomplex. Obj. IV, Fig. 20—26. Querschnitte durch das Centralnervensystem. Obj. IV, Oc. 1. Fig. 27. Längsschnitt durch das Auge. Fig. 28. Längsschnitt durch das Auge (auf einander folgende Schnitte). Obj. V, Fig. 29. Querschnitt durch das Auge. Obj. V, Oc. 2. Fig. 30. Längsschnitt durch die Otocyste und Umgebung. Obj. V, Oc. 2. Fig. 34. Längsschnitt durch die Otocyste und Umgebung. Obj. VI, Oc. A. Fig. 32. Schema des Genitalapparates von Rhodope. Fig. 32a. Schema des Genitalapparates eines 3,5 mm langen Individuums von Agriolimax agrestis (Mörch). Fig. 33. Längsschnitt durch Penis, Albumindrüse und Genitalgang.\ Obj. III, Fig. 34. Längsschnitt durch Penis, Albumindrüse und Genitalgang./ Oec.2. Fig. 35. Flächenschnitt durch das Epithel der Penisscheide. Obj. V, Oe. A. Fig. 36. Epithel der Penisscheide. Obj. V, Oc. 4. Fig. 37. Längsschnitt durch Penisscheide und Peniszapfen. Obj. V, Oc. A. Fig. 38. Theil eines Schnittes durch die Albumindrüse (gl.ald3). Obj. V, Oc.A. Tafel V. Fig. 39—41. Querschnitte resp. Theile von solchen durch die Albumindrüse und den Genitalgang. Obj. V, Oc. 2. Fig. 42. Theil eines Querschnittes durch die Albumindrüse (gl.alb!). Obj. V, Fig, 43, 44, Längsschnitte durch den Zwitterdrüsengang. Obj. V, Oc. 1. Fig. 45—47, Querschnitte durch die Zwitterdrüse. Obj. V, Oc. A. Fig. 48. Schnitt durch einen Ovarialfollikel. Obj. IV, Oc. 1. Fig. 49. Theil eines Schnittes durch einen Ovarialfollikel. Obj. V, Oc. A. Fig. 50. Theil eines Schnittes durch einen Ovarialfollikel. Obj. V, Oc. 4. Fig. 54. Schnitt durch einen Hodenfollikel. Obj. IV, Oc. A. Fig. 52. Theil eines Schnittes durch einen Hodenfollikel. Obj. V, Oc. A. Fig. 53 u. 53a. Theile des Röhrensystems X. a äußere, b innere Schicht der Röhren. Obj. Vl, Oc.A. s*+ 116 Ludwig Böhmig, Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. Tafel VI, Fig. 54—61. Querschnitte durch Rhodope, um die Lagerung des Penis, der Albumindrüse, des Genitalganges und Darmes in ihrem Verhältnis zu einander zu zeigen. ® bedeutet ventral, d dorsal, r rechts, ! links. Obj. I, Oc. A. Fig. 62 u. 63. Querschnitte durch die Niere. (Hinterer Exkretionskanal.) Obj. V, Oc. 14. Fig. 64 u. 65. Längsschnitte durch Wimperorgane, Obj. VI, Oc. 1. Fig. 66 u. 67. Querschnitte durch Wimperorgane. Obj. VI, Oc. A. Fig. 68. Partien des Mesenchyms und Röhrensystems X. Obj. IV, Oe. 4, Fig. 69. Mesenchym. Obj. VI, Oc. 4. Kh, Körnchen und Haufen von solchen, welche vielleicht Zerfallsprodukte von Mesenchymzellen darstellen. Zur Spermatologie der Turbellarien. Von W. Repiachoff (Odessa). Mit Tafel VII. Während eines mehrmonatlichen Aufenthaltes in Messina im Jahre 1889 habe ich Gelegenheit gehabt die bereits von anderen For- schern beobachtete, aber bis jetzt nicht näher beschriebene » durchsich- tige pelagische Acoele!« in anatomischer Hinsicht zu untersuchen und dabei unter Anderem auch die großen etwas eigenthümlich aussehenden Spermatosomen dieses Thierchens kennen zu lernen. Obgleich mir damals manche für die feineren histologischen Untersuchungen unent- behrlichen Hilfsmittel (wie namentlich stärkere homogene Immersions- systeme) nicht zu Gebote standen, so konnte ich doch der Versuchung nicht widerstehen, einige Beobachtungen über den Bau und die Ent- wicklung der erwähnten Spermatosomen anzustellen, da ich Angesichts der beträchtlichen Größe dieser Elemente doch hoffen konnte, einige neue und nicht ganz bedeutungslose spermatologische Thatsachen feststellen zu können, um so mehr, als es meine Absicht war, nach meiner Rückkehr nach Odessa meine Studien am konservirten Material mit besseren optischen Instrumenten fortzusetzen. Gewisse ungünstige Privatangelegenheiten und oft wiederkehren- des Unwohlsein haben mich aber gezwungen, alle wissenschaftliche Arbeiten für eine längere Zeit zu unterbrechen, und erst im Frühling des laufenden Jahres (1892) war ich im Stande, meine fast vor drei Jahren begonnenen Untersuchungen wieder aufzunehmen. In dem vorliegenden Aufsatze nun möchte ich zunächst nur die Entstehung der Spermatosomen unseres Thierchens aus Spermatiden 1 Das Thierchen wird von METsCHNIKorFF in seinen » Embryologischen Studien an Medusen« (Wien 1886) p. 156 erwähnt. 118 W, Repiachoft, beschreiben und an diese Beschreibung einige Bemerkungen allge- meiner Natur anknüpfen. In Messina fand ich bei meinen Untersuchungen eine wesentliche Unterstützung von Seiten des Herrn Professor KLEINENBERG, welcher mir gütigst die Benutzung eines Arbeitsplatzes in seinem Laboratorium gestattete und mich täglich mit frischem Material versorgen ließ. Es ist mir eine angenehme Pflicht an dieser Stelle Herrn KLEinenBErRe für seine Liebenswürdigkeit meine herzlichste Dankbarkeit auszusprechen. Bevor ich nun zum eigentlichen Thema dieses Aufsatzes übergehe, möchte ich im Interesse der Klarheit mir erlauben, ein Paar orienti- rende Bemerkungen über die Organisation der von mir untersuchten Turbellarie zu machen. Das Thierchen besitzt eine wohl entwickelte Leibeshöhle. Diese wird von zelligen Elementen durchsetzt, welche (ob alle?) die Bedeu- tung mesenchymatöser Muskelzellen haben. Die erwähnten Gebilde füllen jedoch die Leibeshöhle bei Weitem nicht aus, so dass der Mittel- darm (» Verdauungsparenchym« der Autoren), durch einen deutlichen Zwischenraum von der Leibeswand geschieden wird. Der unpaare längliche, »kompakte« auf der Dorsalseite gelegene Hoden und das paarige ventrale Ovarıum stehen mit der Leibeswand im innigsten Zusammenhang, vom Mitteldarm (» Verdauungsparenchym«) sind sie dagegen immer scharf abgegrenzt. Die Leibeswand besteht aus der Epidermis und den unter der- selben gelegenen Muskelfibrillen, Drüsen- und indifferenten Zellen. Die Gesammtmasse der letzteren ist wohl mit dem »reticulum de la couche musculaire« von DeLAsE (interstitielle Zellen« der Epidermis von v. GRAFF) identisch. Um nicht zu präjudiciren, werde ich im Folgenden diese Gewebsschicht, welche bekanntlich mit der parietalen Muskulatur und den Drüsen des Integumentes innig zusammenhängt, mit dem indifferenten Namen der inneren Parietalschicht bezeichnen. Die innere Parietalschicht besteht aus Zellen mit eigenthümlichen Kernen, welche an gefärbten Präparaten grob-granulirt erscheinen!. Ihre Granuli oder Körner scheinen aber weder Durchschnitte der Fadengebilde, noch wahre Nucleolen zu sein: vielmehr stellen sie be- trächtliche Knotenverdickungen eines sehr feinen und wenig ent- wickelten Kerngerüstes dar und sind größtentheils an der Peripherie des Kernes gelegen — können also auch in gewisser Beziehung zur Kernmembran stehen. Es gelang mir leider nicht, die feinere Struktur ! Die Kerne der Epidermiszellen finde ich an meinen gefärbten Schnitten immer farblos. Jedenfalls besteht die Epidermis aus distinkten Zellen mit deut- lichen Kernen. Zur Spermatologie der Turbellarien. 119 dieser Kerne vollständig aufzuklären, doch ist es auch ohnedem leicht, dieselben von allen anderen im Leibe unserer Turbellarie zu beobachten- den Kernen (diejenigen der die Leibeshöhle durchsetzenden Zellen aus- genommen) zu unterscheiden. Die innere Parietalschicht besitzt nicht überall dieselbe Mächtigkeit. Gehirn, laterale Hauptnervenstämme und die Geschlechtsdrüsen (wenigstens die Ovarien) sind in dieselbe ein- gebettet. Der in Rede stehenden Gewebsschicht sind außerdem beson- dere rundliche oder ovale, aus grobkörnigem Protoplasma und einem großen excentrisch liegenden Kerne bestehende Zellen an- resp. eingelagert. Solche Zellen kann man hier und da auch im Inneren der Geschlechtsdrüsen beobachten. Auf Schnitten ist es sehr leicht nachzuweisen, dass auf der Ober- fläche des Ovariums eine kontinuirliche Schicht abgeplatteter Zellen besteht, deren Kerne den oben beschriebenen Kernen der Parietal- schicht vollkommen ähnlich sind (vgl. Taf. VII, Fig. 3 f). Diese äußere Ovarialmembran entsendet ins Innere des Eierstockes Fortsätze, welche nach Art der Dissepimente die einzelnen Eierstockseier von einander trennen (Follikelzellen).. Andererseits geht sie in die mehrmals er- wähnte innere Parietalschicht über. Den Hoden anlangend, so muss ich bemerken, dass ich auf seiner freien (d. h. der Leibeshöhle zugewendeten) Oberfläche nur selten eine besondere (von den specifischen Elementen seines Inhaltes verschie- dene) äußere Zellschicht zu unterscheiden im Stande war. Die letztere erscheint in Schnitten aus höchst abgeplatteten Zellen zusammenge- setzt, deren Kerne in sehr weiten Abständen von einander gelagert und denjenigen der inneren Parietalschicht gleich gebaut sind. Ich bin geneigt anzunehmen, dass diese Zellen keine zufälligen Auflagerungen auf der Oberfläche des Hodens darstellen, sondern als eine der äußeren Ovarialmembran entsprechende Bildung aufzufassen sind. Zu Gunsten dieser Ansicht scheint mir zunächst die Analogie mit der weiblichen Geschlechtsdrüse, andererseits aber auch folgende Beobachtung zu sprechen. Wenn man ein ganzes (lebendes, oder mit Reagentien behandeltes) Thierchen unter dem Mikroskope untersucht, so erscheint der Samen- gang als eine direkte Fortsetzung des Hodens, welche den letzteren mit der Samenblase verbindet. Bei genauerer Betrachtung der Sagittal- schnitte überzeugt man sich außerdem, dass der genannte Samenleiter nur eine Lücke (oder vielleicht ein Lückensystem) in der inneren Parie- talschicht darstellt, da man im Inneren der letzteren zwischen dem Hoden und der Samenblase Spermatozoiden findet. Nach alledem 120 | W. Repiacholl, glaube ich annehmen zu dürfen, dass der Hoden wie der Eierstock unseres Thierchens von der inneren Parietalschicht allseitig umhüllt sei. Auf Schnitten der Individuen mit reifer männlicher Geschlechts- drüse erscheint der Inhalt der letzteren aus augenscheinlich regellos neben einander liegenden Zellenhaufen und Gruppen von Spermatoso- men auf verschiedenen Stufen ihrer Ausbildung zusammengesetzt. Die Elemente eines jeden Haufens sind ungefähr gleich gebaut, in ver- schiedenen Gruppen findet man aber auch verschiedene Zellenarten resp. verschiedene Entwicklungszustände der Spermatosomen. Was zunächst die Zellen anbetrifft, so unterscheiden sich ihre verschiedenen Arten von einander durch ihre Größe und namentlich durch die Größe und die Beschaffenheit ihrer Kerne. Karyokinetische Figuren kommen massenhaft vor. Da es nicht in meiner Absicht liegt an diesem Orte den ganzen Process der Samenbildung bei unserer Turbellarie zu schildern, so werde ich im Folgenden alle erwähnten Zellenarten nur in so fern be- rücksichtigen, als es für meinen Zweck nothwendig sein wird. Wie bereits oben bemerkt, soll hier nur die Umwandlung der Spermatiden in Spermatosomen näher besprochen werden. Dabei könnte man ent- weder von einer Spermatide, oder von einem fertigen Spermatosoma ausgehen. Das Letztere scheint mir viel bequemer zu sein, da es gewiss viel schwieriger ist eine Spermatide, denn ein fertiges Sperma- tosoma als solches zu erkennen und von anderen Gebilden zu unter- scheiden. Ich beginne also mit dem Bau der fertigen Spermatosomen. Die Schnitte eignen sich nur wenig zur Untersuchung der fertigen Spermatosomen: letztere besitzen, wie bereits erwähnt, eine relativ bedeutende Größe und sind außerdem in der Samenblase, wie gewöhn- lich, dicht neben einander gehäuft, wobei sie die verschiedensten Lagerungen einnehmen und desshalb in verschiedenen Richtungen durchschnitten werden. Dasselbe gilt auch von solchen Spermatozoen- haufen, welche man im Hoden selbst findet. In einem solchen Gewirr ist es kaum möglich ein Spermatosoma aufzufinden, dessen Längsachse in der Schnittebene gelegen wäre, und selbst in diesem Falle würde es schwer fallen, die Struktur des etwas geschrumpften und von seinen Nachbarn dicht umsäumten Samenkörperchen genau zu ermitteln. Daher habe ich den Bau der ausgebildeten Samenelemente haupt- sächlich an Quetschpräparaten studirt. An solchen Quetschpräparaten der ganzen Thiere habe ich die Zur Spermatologie der Turbellarien. 121 Spermatosomen zuerst im lebenden Zustande untersucht, dann auch andere, namentlich folgende Methoden verwendet. 1) Behandlung des ganzen Thierchens mit Herrwıc’s Flüssigkeit (Osmium-Essigsäure); Maceration (von 4 bis mehreren Stunden) in mit Essigsäure angesäuertem Meerwasser; Zerquetschen; Klopfen an das Deckgläschen. — Solchen Präparaten wurde gewöhnlich noch ein Tröpfchen Glycerin zugesetzt. 2) Behandlung des ganzen Thierchens mit 2°/,iger Osmiumsäure (einige Sekunden, höchstens 1I—2 Minuten) ; Färbung mit Brarr’s Karmin; Quetschen; Untersuchung in Braır’s Karmin, Glycerin, oder in einem Gemisch von diesen beiden Flüssigkeiten, bisweilen mit Zusatz von Meerwasser. 3) Behandlung des ganzen Thieres mit einem Gemisch von Meer- wasser und 2°/,iger Osmiumsäurelösung (etwas längere Zeit, doch höch- stens einige Minuten); Färbung mit BeaLr’s Karmin (die Farbe wurde in diesem Falle dem Gemisch von Meerwasser und Osmiumsäure einfach zugesetzt und die Thiere in dieser Flüssigkeit mehrere [bis 24] Stunden gelassen) ; Zerquetschen ; Untersuchung in derselben Flüssigkeit, manch- mal mit Zusatz von etwas Glycerin. %) Zerquetschen eines lebenden Thieres; Zusatz von 2"/,iger Os- miumsäurelösung; nach einigen Sekunden — Zusatz von Bzar’s Karmin. — Die nach dieser Methode bereiteten Präparate sind manchmal schon nach 10’—15’ fertig, können aber unter Umständen (das hängt von der Quantität der zugesetzten Säure und Farbe ab) ohne Übertragung der Objekte in ein anderes Medium tagelang brauchbar bleiben. Diese Methode liefert manchmal sehr schöne Präparate, ist jedoch ziemlich unsicher. Zerquetscht man unter dem Deckgiäschen ein lebendes, die männ- liche Geschlechtsreife erreicht habendes Thier, so bekommt man immer eine Anzahl isolirter, ziemlich langsam im Meerwasser sich bewegen- der Spermatosomen zu Gesicht. Jedes Samenkörperchen besteht aus einem ungefähr spindel- förmigen Kopfstück, welches an einem seiner Enden in einen dünneren Abschnitt — den Schwanzfaden — übergeht (Taf. VII, Fig. 10 und 11). Die Spermatosomenköpfe scheinen bei oberflächlicher Betrachtung quergestreift zu sein, bei näherer Prüfung erweist es sich aber, dass die scheinbare Querstreifung dadurch hervorgerufen wird, däss im Inneren des Kopfes eine Längsreihe großer, das Licht ziemlich stark brechender Körner sich befindet (Taf. VU, Fig. 10 und Ai n). Die äußere hyaline Schicht des Kopfes geht direkt in die Substanz des »Schwanzes « über. Die Körner verhalten sich den Färbemitteln gegen- 122 W. Repiachofl, über als Chromatin; an Osmiumkarminpräparaten sind sie immer viel intensiver als die sie umhüllende hyaline Substanz und dabei ganz gleichmäßig gefärbt — erscheinen also, wie auch im lebenden Zustande, homogen. In der Nähe der etwas verjüngten Spitze des spindelförmigen Kopfstückes werden diese Körner allmählich kleiner. Auch will ich hier nicht unerwähnt lassen, dass die Anordnung der Körner, nament- lich an komprimirten Präparaten manchmal einige Unregelmäßigkeiten aufweist. Bei starken Vergrößerungen und sehr aufmerksamer Beobachtung bemerkt man am Schwanzfaden zwei einander gegenüberstehende »undulirende Membranen « (Taf. VII, Fig. 14 und 12 u). Von einem besonderen »Zwischenstück « konnte ich nichts bemer- ken, und darf man wohl behaupten, dass ein solches nicht vorhan- den ist. So viel ich mich erinnere, sind die ziemlich langsamen Bewegungen der in Rede stehenden Spermatosomen im Meerwasser manchmal deutlich kriechend, wobei an diesen Gebilden sich wurmförmige Kon- traktionen bemerken lassen und der Schwanzfaden nach vorn ge- richtet wird. e Die Entstehung der Spermatosomen aus den Spermatiden. Alle oben erwähnten Methoden wurden auch bei der Untersuchung der Spermatosomenentwicklung verwendet. Es ist aber selbstverständ- lich, dass die dabei erlangten Resultate nur dann als brauchbar sich erweisen konnten, wenn sie beständig durch Beobachtungen an Schnittreihen kontrollirt wurden. Die zum Schneiden bestimmten Thiere wurden mit Sublimat oder KLEINENBERG'S Flüssigkeit behandelt, dann, nach allmählicher Entwässe- rung, mit Boraxkarmin gefärbt und schließlich in Paraffin eingebettet. 1) Beobachtungen an Quetschpräparaten. An Quetsch- präparaten der reifen, sowohl lebenden, als mit Reagentien behandelten Exemplaren findet man neben den oben beschriebenen fertigen Spermatosomen auch solche Gebilde, welche von denselben sich da- durch unterscheiden, dass ihr dem Schwanzfaden entgegengesetzter Kopfabschnitt kolben- oder keulenförmig angeschwollen erscheint. Fig. 8 auf Taf. VII stellt ein solches mit Osmiumsäure und BszaAur’s Karmin behandeltes Samenkörperchen dar: Kopf- und Schwanzstück sind deutlich von einander zu unterscheiden; die im Inneren des Kopfes sich befindende Reihe chromatinhaltiger Körner ist in der Gegend der‘ keulenförmigen Auftreibung schleifenförmig gebogen. Fig. 7 derselben Tafel ist auch nach einem Osmiumkarminpräparat Zur Spermatologie der Turbellarien, 123 entworfen: ein Bündel von spermatozoenartigen Gebilden wurde durch Zusatz von Osmiumsäure fixirt;, dann wurde dem Präparate Braur's Karmin zugesetzt, das Ganze mit einem Deckgläschen bedeckt und die einzelnen Spermatosomen nach einiger Zeit durch Klopfen an das Deckgläschen isolirt. — Ich habe die Herstellungsweise dieses Präpa- rates desshalb so ausführlich geschildert, weil ich es für möglich halte, dass die Gestalt des betreffenden Spermatosomas durch die in diesem Falle angewendete Behandlungsweise etwas verändert wurde. Ich habe bereits oben erwähnt, dass die eben angegebene Methode ziemlich unsichere Resultate liefert. Dies ist auch wohl begreiflich: um ein gutes Osmiumkarminpräparat zu erhalten, muss man vor der Färbung Osmium- säure um so länger auf das zu untersuchende Objekt einwirken lassen, je geringer die Koncentration der angewendeten Säurelösung ist. Wenn man aber einem Wassertropfen 2°/,ige Osmiumsäurelösung zu- setzt, so ist es sehr schwierig den Koncentrationsgrad des Gemisches zu schätzen. Außerdem kann in diesem Falle, selbst bei einer sorgfältigen Vermischung der Flüssigkeiten, Osmiumsäure zu verschiedenen in demselben Wassertropfen zerstreuten Elementen unmöglich in der- selben Koncentration und zu gleicher Zeit gelangen. Desshalb findet man an derartigen Präparaten neben gut konservirten und gefärbten Zellen — resp. Samenkörperchen — auch solche, welche durch Osmiumsäure nur ungenügend fixirt und daher durch Braırr’s Karmin unzweifelhaft alterirt, ja sogar zur Zersetzung gebracht worden sind. Umgekehrt kann man bisweilen an misslungenen Präparaten hier und da eine gut fixirte und gefärbte Zelle beobachten. — Schlecht konservirte Ele- mente können weiterhin auch durch das Klopfen auf das Deckgläschen und Verschiebung des letzteren gezerrt werden. — Jedenfalls glaube ich annehmen zu dürfen, dass bei dem auf der Fig. 7, Taf. VII gezeich- neten Gebilde die im Verhältnis zur Fig. 8 bedeutende Verdickung des Kopfstückes an seinem freien Ende kein Kunstprodukt ist, denn solche bedeutende Verdickung habe ich auch an lebenden und an mit anderen Reagentien behandelten (Beobachtungen an Schnitten) unfertigen Spermatosomen gesehen. In der Fig. 9, Taf. VII kann man ein Bündel von solchen durch Osmiumsäure und BzArr’s Karmin fast gar nicht veränderten Gebilden sehen. Außer den eben geschilderten Gebilden, welche den ausgebildeten Spermatosomen schon ziemlich ähnlich sind, findet man in Quetsch- präparaten verlängerte keulen- oder birnförmige Zellen, deren Kerne durch je eine gewundene Reihe von Chromatinkörnern (wie in Sperma- tosomen) repräsentirt wird (Taf. VII, Fig. 4, 5, 6; die äußere Gestalt 124 | W., Repiachofl, der auf der Fig. 6 dargestellten Zellen, scheint durch das Reagens etwas verändert zu sein). Bisweilen scheinen die Chromosomen Spuren einer mehrreihigen Anordnung aufzuweisen (Fig. 4 bei den mit a be- zeichneten Zellen; man vergleiche weiter unten: Beobachtungen an Schnitten). Es ist nicht schwer in den oben beschriebenen Elementen Ent- wicklungszustände der Spermatosomen zu erkennen. Eine solche An- nahme wird schon durch den Umstand höchst wahrscheinlich gemacht, dass Zellen, deren Kerne aus je einer gekrümmten oder. spiralig einge- rollten Reihe von chromatinhaltigen Körnern bestehen, mit den ausge- bildeten Samenkörperehen durch eine ganze Serie von Übergängen verbunden sind. Zur Gewissheit wird die in Rede stehende Annahme dadurch erhoben, dass,.wie die Untersuchung vollkommener Schnitt- serien der ganzen Thiere lehrt, alle erwähnten Gebilde im reifen Hoden, und zwar ausschließlich in diesem Organe sich vorfinden. Etwas Ähnliches kann man freilich auch in der weiblichen Ge- schlechtsdrüse beobachten, doch können die im Ovarium vorkommen- den Gebilde mit den oben beschriebenen wohl nur bei oberflächlicher Betrachtung verwechselt werden. In Quetschpräparaten findet man nämlich große runde Zellen, in welchen man ohne Weiteres Eier erkennt, was übrigens durch Ver- gleichung mit den an Schnitten gemachten Befunden bestätigt wird. Im Protoplasma mancher von diesen Eizellen ist nun eine Menge in Form einer gekrümmten Linie oder Spirale angeordneter Körner deut- lich zu sehen. Letztere erscheinen an gefärbten Präparaten intensiver als das Protoplasma tingirt. Dass solche spiralige Körnerreihen wirklich im Inneren der Eizellen sich befinden und nicht etwa nur äußerlich angeklebte Gebilde vorstellen, davon habe ich mich durch Untersuchung isolirter Eizellen, welche ich durch Verschiebung des Deckgläschens wiederholt hin und her gerollt habe, überzeugt. (Man vergleiche die Fig. 13 und 4% auf Taf. VII und deren Erklärung.) Die Thatsache, dass die eben beschriebenen Zellen von verschie- denen Dimensionen sind und ein Vergleich mit den von unserer Turbellarie abgelegten Eiern berechtigt die Annahme, dass wir es hier mit jungen Ovarialeiern zu thun haben, und zu demselben Resultate führen auch die an Schnitten gemachten Beobachtungen. Bei manchen dieser Eierstockseier sind die oben besprochenen Körnerreihen auf Schnitten deutlich zu sehen (Taf. VII, Fig. 45 «&). Die Bedeutung dieser Gebilde bleibt mir vollkommen räthselhaft, dass sie aber von den oben beschriebenen Entwicklungszuständen der Spermatosomen verschieden sind, ist, nach dem Gesagten, klar. he = 2 nA Er Br a nn Zur Spermatologie der Turbellarien. | 125 Ich kehre nunmehr, nach dieser Abschweifung, zu unserem Thema zurück. Wir haben gesehen, dass gewisse Entwicklungszustände der Spermatosomen durch verlängerte oder keulenförmige Zellen repräsen- tirt werden, deren Kerne aus je einer gewundenen Reihe von chroma- tinhaltigen Körnern bestehen. Es fragt sich nun, woher solche Zellen selbst stammen? Diese Frage vermag ich nicht endgültig zu entscheiden, möchte aber, auf Grund der gleich mitzutheilenden Beobachtungen, mir eine, wie mir scheint, ziemlich plausible Vermuthung erlauben. Wenn wir uns zunächst an Quetschpräparate halten, so scheinen die auf Taf. VII, Fig. 2 und 3 dargestellten Gebilde den in Rede stehenden Entwicklungsstadien der Spermatosomen am nächsten zu stehen: es sind Zellen, deren Nuclei aus einer Anzahl dicht neben einander liegender, homogener, in Osmiumpräparaten stark tingirter Fragmente bestehen. An solche Gebilde reihen sich ferner Zellen an, deren Kerne an Osmiumkarminpräparaten kugelförmig und dabei vollkommen homogen erscheinen (Taf. VII, Fig. I a). Nun bin ich geneigt in diesen mit homogenen Kernen versehenen Zellen Spermatiden zu erblicken — eine Vermuthung, welche auch durch die an Schnitten gemachten Befunde unterstützt wird, zu deren Beschreibung ich nunmehr übergehe. 2) Beobachtungen an Schnitten. An wirklichen Schnitten der Individuen mit reifen Hoden fallen im genannten Organ zunächst die uns bereits bekannten (zu Bündeln vereinigten) unfertigen Sperma- tosomen mit keulenförmig aufgetriebenem Kopfstück (Taf. VII, Fig. 8) ins Auge. Da diese Gebilde in verschiedensten Richtungen durchschnitten werden und die Schnittebene manchmal nur durch ihre angeschwolle- nen Kopfabschnitte geht, so ist es selbstverständlich, dass sie an Schnitten von den oben erwähnten, verlängerten oder birnförmigen Zellen mit gleich gebauten Kernen nicht immer zu unterscheiden sind. Auf manchen Schnitten finde ich ferner (immer zu Haufen ver- einigte) Gebilde, welche ich als Übergangsstadien zwischen den eben besprochenen und den oben an Quetschpräparaten beschriebenen Zellen mit fragmentirten Kernen zu betrachten geneigt bin. Es sind dies nämlich die auf Taf. VII, Fig. 19 abgebildeten verlängerten Zellen mit ebenfalls stark verlängerten und (ob immer?) mehr oder weniger gekrümmten Kernen. Letztere erscheinen bei starken Vergrößerungen 126 W. Repiachoff, (Zuiss homog. Immersion 3,0 mm Ap. 1,40) aus dicht gedrängten, aber keine einfache Reihe bildenden Körnern zusammengesetzt. | Es ist selbstverständlich, dass auch diese Elemente beim Schneiden in verschiedensten Richtungen durchschnitten werden und desshalb an Schnitten verschiedenartig aussehen können. Manchmal glaubt man z. B. Haufen von verhältnismäßig kleinen runden Zellen mit ebenfalls runden Kernen zu beobachten, welch’ letztere bei starken Vergröße- rungen aus einer Anzahl grober Körner zu bestehen scheinen. Unter- sucht man solche Gebilde auf ziemlich dicken Schnitten, so kann man bei wiederholter Hebung und Senkung des Tubus sich davon über- zeugen, dass die scheinbar kreisrunden Kerne nur Durchschnitte ver- längerter Gebilde darstellen. Dies ist namentlich dann leicht festzu- stellen, wenn die Schnittebene etwas schief zu der Längsachse der Zelle ausgefallen ist. Werden die in Rede stehenden Zellen in einer noch schieferen Richtung durchschnitten, so erscheinen sie mehr oder weniger verlängert und ihre Kerne kurz-, resp. länglich-spindelförmig. Manchmal sieht man in einer Zelle zwei Querschnitte (von je einem Schenkel) des gekrümmten Kernes (Taf. VII, Fig. 19 a). Zellen mit homogenen (stark tingirbaren) Kernen — sowohl aus einzelnen Fragmenten bestehenden, als solchen, deren Substanz eine einheitliche Masse bildet — lassen sich im Hoden an Schnitten mancher Individuen leicht nachweisen (Taf. VII, Fig. 18 und i6 a). Die ein- heitlichen homogenen Kerne bergen in ihrem Inneren manchmal ein vacuolenartiges Gebilde (Fig. 16 5) — manchmal auch mehrere solche Gebilde (Taf. VII, Fig. 17). Ich habe bereits oben die Vermuthung ausgesprochen, dass die Zellen mit homogenen Kernen Spermatiden seien. In der That ist be- kanntlich das Homogenwerden des Kernes eine der charakteristischsten Erscheinungen, welche in den ersten Phasen der Umbildung einer Spermatide in ein Spermatosoma Platz finden. Die Untersuchung der Schnittserien hat uns außerdem gelehrt, dass Zellen mit homogenen Kernen einen der wichtigsten Bestandtheile des reifen Hodens unseres Thieres bilden. Wir haben endlich gesehen, dass Zellen mit homo- genen Kernen durch eine ganze Reihe von Übergängen mit den fertigen Spermatosomen verbunden sind. Nach alledem scheint mir folgende Vorstellung von der Entstehung der Spermatosomen unserer Turbel- larie aus den vermeintlichen Spermatiden mit homogenen Kernen nicht ungerechtfertigt zu sein. Der homogen gewordene Kern der Spermatide zerfällt allmählich in einzelne (ebenfalls homogene) Abschnitte. Während dieser Process weiter geht, werden die einzelnen Kernfragmente immer kleiner, wobei Zur Spermatologie der Turbellarien. 127 sich der Kern und die ganze Zelle mehr und mehr in die Länge streckt. Die Streckung des Kernes vollzieht sich schneller als die des Proto- plasmaleibes, wesshalb sich der verlängerte Kern bald schlingenartig krümmen muss. Die einzelnen Kernfragmente nehmen dann eine ein- reihige Anordnung an. Der Zellenleib streckt sich immer mehr aus und differenzirt sich dabei in ein Kopf- und ein Schwanzstück; indem das letztere als ein fadenförmiger Anhang der Samenzelle hervor- sprosst, bleibt das erstere, namentlich an seinem dem Schwanze ent- gegengesetzten Ende, noch lange sehr dick. Später gleichen sich diese Unterschiede mehr aus, doch bleibt der Kopf immer viel dicker als der Schwanz, was wohl mit dem Umstande zusammenhängt, dass hier, wie gewöhnlich, der Spermatosomenkern ausschließlich im Kopfe seinen Platz findet. Ich habe mich bemüht es wahrscheinlich zu machen, dass die im Hoden unserer Turbellarie beobachteten Zellen mit homogenen Kernen als Spermatiden zu deuten sind. Wenn dem aber wirklich so ist, so muss die homogene Beschaffenheit des Kernes bei diesen Zellen all- mählich im Inneren des Hodens sich entwickelt haben !; mit anderen Worten — es müssen sich im Hoden Zellen mit solchen Kernen vor- finden, welche man als Übergangsstadien zwischen homogenen und gewöhnlichen Kernen betrachten könnte. Für solche Zwischenstadien bin ich geneigt die auf Taf. VII, Fig. 16 n gezeichneten Gebilde zu halten. Es sind Zellen, bei welchen die chromatische Substanz des Kernes im optischen Durchschnitt in Form von mehreren mit einander zusammen- hängenden Kreisen erscheint. Fixirt man einen solchen Chromatinring, indem man den Tubus langsam hebt oder senkt, so bemerkt man, dass die Kontouren des Ringes immer verschwommener werden und der innere helle Fleck sich allmählich verkleinert, bis er gänzlich schwindet. Aus diesen Beobachtungen schließe ich, dass die unter dem Mikroskop sichtbaren chromatischen Ringe Durchschnitte sphärischer Flächen sind, dass also der ganze Kern eine so zu sagen schaumartige Beschaffenheit besitzt. Nun habe ich bereits oben erwähnt, dass die »homogenen« Kerne in ihrem Inneren manchmal ein vacuolenartiges Gebilde bergen, manch- mal auch mehrere solche Gebilde enthalten. Denken wir uns, dass diese Vacuolen sich vergrößern, und ihre Wände immer dünner wer- den, so muss der ganze Kern natürlich ein schaumartiges Gefüge an- nehmen. Schließlich könnten die Wände der Vacuolen auch durch- 3 Dafür spricht einerseits die Analogie mit anderen Thieren, und andererseits der Umstand, dass alle übrigen im Hoden wie überhaupt im Körper unserer Tur- bellarie sich vorfindenden Zellen Kerne besitzen, die keineswegs homogen sind. 128 W. Repiachofl, löchert werden, wobei der Kern die Gestalt eines Korbes oder eines Knäuels annehmen würde. — Habe ich mit meiner Vermuthung das Richtige getroffen, so sind die eben geschilderten Vorgänge in den Spermatiden unseres Thieres als in entgegengesetzter Richtung ver- laufende zu denken. & | Wie bereits in der Einleitung gesagt, werde ich hier bei der Frage nach der Herkunft der Spermatiden selbst nicht verweilen. Es wäre zwar sehr leicht den ganzen Process der Samenbildung unseres Thier- chens auf das bekannte Schema von v. LA VALETTE ST. GEORGE zurück- zuführen, resp. alle Elemente des Hodeninhaltes, welche in obiger Darstellung keine besondere Berücksichtigung erfahren haben, in Spermatogonien und Spermatocyten (im Sinne v. La VaALerıE’s) einzu- theilen. Der Begriff der Spermatocyten wurde aber in der neueren Zeit von Prarner! und dann auch von O. Herrwig? etwas präciser ge- fasst, resp. nur auf die zwei der Spermatidenbildung unmittelbar vor- hergehenden (vorletzten und drittletzten) Zellengenerationen ange- wendet, welche sich nach den genannten Autoren durch gewisse wich- tige Eigenthümlichkeiten auszeichnen. Nach PıArtner und O. HERTwIe unterscheiden sich nämlich die Spermatocyten von den Spermatogonien namentlich dadurch, dass die zwei Theilungen der ersteren ohne ein- geschaltetes Ruhestadium sich unmittelbar an einander anschließen, wesshalb nach der zweiten Theilung die Zahl der chromatischen Ele- mente um die Hälfte vermindert ist®. Andere Merkmale der Spermato- cyten scheinen, nach den Beobachtungen der genannten Gelehrten zu urtheilen, bei verschiedenen Thieren verschiedenen Variationen unter- worfen zu sein. Prarner äußert sich hierüber folgendermaßen: »Zu- nächst zeichnen sich die Spermatocyten durch ihre beträchtliche Größe aus, besonders ist auch noch das Protoplasma im Verhältnis zum Kern sehr vermehrt. Diese Differenzen sind bei den von mir untersuchten Lepidopteren so bedeutende, dass sie allein schon genügen, um die betreffende Zellart sofort erkennen zu lassen..... Bei den Pulmonaten findet der Übergang mehr allmählich statt. Die Unterscheidung der einzelnen Zellgenerationen wird dadurch eine viel schwierigere. Hier muss ein anderes Merkmal bei der Beurtheilung mehr berücksichtigt werden. Es ist dies die Differenz in dem Theilungsmodus der Spermato- cyten und Spermatogonien. Bei den Lepidopteren lässt sich ohne Mühe bei der Theilung der letzteren Zellen das Vorkommen regulärer Knäuel und Schleifen feststellen, die, wie meine früheren Untersuchungen 1 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXXIII. 4889. p. 193. 2 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXXVI. 1890. p. 8. 3 Vgl. PLATNER, l. c. p. 195 und O, HErrwig, |. c. p. 61. i 2 7 Zur Spermatologie der Turbellarien. 129 ergeben haben, bei der Theilung der Spermatoeyten völlig fehlen '!«. Die Erscheinungen, welche O. Herrwıs während der Spermatogenese bei den Nematoden beobachtet hat, erinnern mehr an die bei Lepido- pteren obwaltenden Verhältnisse, indem bei den ersteren die Periode der Spermatogonienvermehrung von den Spermatocytentheilungen durch eine Wachsthumsperiode geschieden wird. Während dieser Wachs- thumsperiode vermehren sich die jungen Spermatocyten (»Spermato- meren« ©. H.) nicht, sondern nehmen nur an Größe beträchtlich zu. Indem nun O. Herrwie seine an Ascaris megalocephala ge- machten Befunde mit den von seinen Vorgängern bei anderen Thieren konstatirten Vorgängen vergleicht, kommt er zu dem wohl berechtigten Schluss, »dass dem bei Ascaris beobachteten Process der Samenbildung wohl eine allgemeinere Verbreitung zukommt«?. Es sollte demnach in Zukunft die nächste Aufgabe jeder Untersuchung über die ersten Processe der Samenbildung irgend eines Thieres sein, alle Details der Kernthei- lungen bei verschiedenen im Hoden sich vorfindenden Zellengenera- tionen genau zu ermitteln, um dieselben mit den bei Pulmonaten, Lepido- pteren und Nematoden sich abspielenden Vorgängen vergleichen zu können. Von diesem Gesichtspunkte aus habe auch ich die jüngeren Stadien der Spermatogenese bei der Messiner Acoele untersucht, bin aber bis jetzt zu keinen bestimmten Resultaten gelangt. Theoretische Betrachtungen. Eine genaue Kenntnis derjenigen Processe, in Folge deren bei ver- schiedenen Thieren Spermatosomen aus Spermatiden entstehen, ist namentlich für die Bestimmung des morphologischen Werthes der Samenkörper — resp. deren einzelnen Theile — von Bedeutung. Wie bekannt, bestehen in Bezug auf diesen Punkt gegenwärtig zwei verschiedene Ansichten: während die Mehrzahl der Histologen in 1 PLATNER, 1. c. p. 493, 2 ].e.p. 73. Nach PıcrET, dessen Arbeit (in den »Mittheilungen aus der Zool. Station zu Neapel«, Bd. X, 1. Heft) im Jahre 1891, also später als diejenige von O0. Herrwıs, erschienen ist »les spermatocytes se multiplient dans la regle par caryocinese ; mais on observe quelquefois, a la fin de ce mode de division, une ou deux generations de cellules qui prennent naissance par simple &tranglement du noyau (division directe ou acinetique)« (p. 445). Da nun PıcreEr dieser » division acynetique« keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet zu haben scheint und sie jedenfalls nicht näher beschreibt oder abbildet, so ist wohl die Vermuthung er- laubt, dass es auch hier (Echinidae, Siphonophorae, Pteropoda, Cephalopoda, Polychaeta, Tunicata) sich um einen dem von PLATNErR und O. Herrwiıc beschrie- benen homologen Vorgang handelt. — Den Ausdruck »spermatocytes« gebraucht PıcTET in seinem früheren Sinne. Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LVI. Bd. 9 130 W. Repiachoft, Samenelementen aller Thiere umgewandelte Zellen erblickt, nehmen Andere mit v. KöLt!ker an, dass Spermatosomen in der Regel ledig- lich Abkömmlinge der Spermatidenkerne darstellen’. Die Meinung v. Körtiker’s stützt sich hauptsächlich auf Beobachtungen über die Spermatogenese bei höheren Metazoen und namentlich Säugethieren?, wo derartige Untersuchungen mit außerordentlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Dass diese Schwierigkeiten bei dem jetzigen Zu- stande der mikroskopischen Technik kaum zu überwinden sind, be- weist, meiner Meinung nach, schon der Umstand, dass die Frage nach dem Ursprung des Schwanzes von solchen Autoritäten, wie v. KÖLLIKER anf der einen Seite und v. Lı VALertE St. GrorszE auf der anderen, auf Grund ihrer Beobachtungen in verschiedener Weise beantwortet wird. — Diese Frage, obgleich rein faktischer Natur, scheint mir zu denjeni- gen zu gehören, welche vorläufig nur annäherungsweise, und zwar auf Grund vergleichender Untersuchungen und mit Hilfe von theore- tischen Betrachtungen gelöst werden können. Ich habe oben zwei Ansichten über den morphologischen Werth der Spermatosomen citirt: zwischen diesen Ansichten hat man zu wählen, wenn man in der Zelle nur zwei wesentliche und nie fehlende Bestandtheile — das Protoplasma und den Kern anerkennt. Nun scheint aber eine Reihe von den in diesen letzten Jahren publieirten Beobach- tungen darauf hinzuweisen, dass es in jeder Zelle vaußer dem Kern, ein permanentes Organ eigener Art: die Attraktionssphäre mit dem Centralkörper « gäbe, welches bei den samenbildenden Zellen verschie- dener Thiere schon längst beobachtet und unter dem Namen » Neben- kern« beschrieben wurde. Ich glaube jedoch an diesem Orte auf die gewiss sehr wichtige Frage nach der Rolle, welche der Nebenkern bei der Spermatogenese spielt, nicht näher eingehen zu müssen: bei dem i Die Meinung, dass es Spermatosomen gebe, welche ausschließlich aus Proto- plasma bestehen, kann jetzt wohl nur eine historische Bedeutung haben. Z2yich =: legte in der fünften Auflage meiner Gewebelehre 4867, p. 531 und Fig. 383 neue Schilderungen und Abbildungen über die Entwicklung der Samen- fäden des Stieres vor, aus denen hervorgeht, dass die Kerne der Bildungszellen derselben mit ihrem größeren Abschnitte den Körper der Samenfäden und aus einem Theile ihres Inneren, d. h. des Kernsaftes, den Faden erzeugen. Diese meine letzten Darstellungen halte ich vor Allem für die Säuger, aber auch für viele an- dere Geschöpfe, auch neueren abweichenden Beschreibungen gegenüber aufrecht.« — Diese Zeitschr. Bd. XLII, 1885, p. 2—3 (A. v. KöLLıker, Die Bedeutung der Zell- kerne für die Vorgänge der Vererbung). 3 Die einschlägige Litteratur wird bei W. Fremnine, Über Zelltheilung, in Verhandl. der anat. Gesellsch. auf der fünften Versammlung in München vom 18, bis 20. Mai 1894 (Jena 4894), p. 126—129 eitirt. Vgl. auch Bürcer, Anat. Anzeiger, 7. April 1892, p. 223. Zur Spermatologie der Turbellarien. 131 von mir untersuchten Objekte gelang es mir überhaupt nicht, einen »Nebenkern« zu sehen!, und was die in der Litteratur vorhandenen An- gaben über das in Rede stehende Gebilde anbetrifft, so sind dieselben zum Theil schon ziemlich alten Datums, zum Theil von einander so ab- weichend, dass ich auf deren Grund mir keine bestimmte Vorstellung von dem definitiven Schicksal des Nebenkernes der Spermatiden bei verschiedenen Thieren zu bilden vermag; außerdem hat die neue Lehre von der Attraktionssphäre (mit ihrem Centralkörperchen), als einem selbständigen und permanenten Organ jeder Zelle, keineswegs einen allgemeinen Beifall gefunden und kann in der That in ihrer bisherigen Fassung zu gewissen Einwänden Anlass geben’. Nach alledem darf ich wohl bei meinen theoretischen Betrachtungen von der Existenz der Nebenkerne absehen und nur folgende Frage zu beantworten suchen: ist es wahrscheinlich, dass das Protoplasma den typischen thierischen Spermatosomen gänzlich fehle, so dass die letzteren nur aus Derivaten des Kernes — eventuell auch des Nebenkernes — bestehen ? Zu Gunsten einer bejahenden Antwort scheint zunächst der Um- stand zu sprechen, dass absolut keine Gründe vorliegen, dem Proto- plasma eine wesentliche Rolle bei der Befruchtung zuzuschreiben. Bis vor Kurzem konnte gewiss die Ansicht, dass das bei der Befruchtung allein thätige väterliche Element die Bedeutung des Zell- kernes besitze, als allgemein verbreitet und wohl begründet gelten, und mussten demnach selbst diejenigen Gelehrten, welche alle thieri- schen Spermatosomen für Zellen halten, zugeben, dass ihr Proto- plasma schwinden könnte (vielleicht auch schwinden müsste), wenn es nicht zu einem für die Befruchtung nothwendigen Hilfsorgan umgewandelt wäre. So sagt z. B. Pıcrer: »le spermatozoide n’ayant plus besoin de protoplasme, il devient Evident que ce dernier doit dis- paraitre, ä& moins qu'il ne puisse se modifier dans un but utile ä la fecondation. Or c’est precisement ce qui arrivec«t. In der letzten Zeit haben freilich einige Forscher nicht nur die Betheiligung des Centrosomas an der Bildung der Samenkörperchen beschrieben, sondern auch eine wichtige Rolle des ersteren bei dem 1 Einige Male glaube ich jedoch das Centrosoma beobachtet zu haben. 2 Man vergleiche z. B, die Angaben von PLArner (Archiv für mikr. Anatomie, Bd. XXXIII, 1889) mit denen von Pıcrer (Mittheilungen aus d. Zool. Stat. zu Neapel. Bd. X, ı. Heft, 41894) und Cu£nxor (Zool. Anzeiger, 28. März 1892, Nr. 387, p. 122). 3 Vgl. A. v. KöLLıker, Handbuch der Gewebelehre des Menschen. 6. Auflage (Leipzig 4889), p. 64—68 ($ 19); C. C. SCHNEIDER, Arbeiten aus dem zool. Institute der Universität Wien, Tom. IX, 2. Heft, p. 15—21, auch p. 32; O. Bürger, Anat. Anzeiger, 7. April 4892, p. 222— 231. * Mitth. aus der Zool. Station zu Neapel. Bd. X, 2. Heft, p. 146, 9%* 132 W. Repiachoff, Befruchtungsakt, wenigstens für gewisse Thiergruppen, wahrscheinlich gemacht !. Das Gentrosoma gehört aber nicht zum Protoplasma (s.sir), sondern zum Nebenkern. Man darf also nach wie vor annehmen, dass das Protoplasma für die Spermatosomen ganz überflüssig wäre, wenn es die Fähigkeit nicht besäße, ein für die Zwecke der Befruchtung nützliches Bewegungsorgan der Samenkörperchen zu bilden. Nun scheint der Kern auch selbst bewegungsfähig zu sein. Amö- boide Bewegungen des ganzen Kernes und seiner Bestandtheile (Kern- körperchen) sind schon mehrmals beschrieben worden und es ist wohl nicht einzusehen, warum unter Umständen der Kern nicht, wie das Protoplasma, auch Geißeln oder Wimpern treiben könnte. Jedenfalls muss man zugeben, dass, so lange bei einer männlichen Geschlechts- ‚zelle das Protoplasma noch da ist und seine uralte Eigenschaft — Loko- motionsorgane der Zelle zu liefern — nicht verloren hat —, für das Schwinden desselben keine Gründe vorliegen. Außerdem darf man die Bewegungsfähigkeit des Kernes im normalen Zustande nicht als streng bewiesen betrachten, denn sie wird von einigen hervor- ragenden Histologen bezweifelt — und unter Anderen von v. KÖLLIKER 2, mit dessen Ansicht über die Natur der Samenfäden sie so gut harmo- niren würde. Alle diese Bedenken wären gewiss von einer sehr geringen — vielleicht von gar keiner — Bedeutung, wenn man wenigstens nach- weisen könnte, dass es Spermatosomen gebe, deren zellige Natur nicht zu bezweifeln sei, bei welchen aber der Kern schon einen wesentlichen Antheil an der Bildung des Bewegungsorgans nehme. Nun sind bekanntlich in der That solche Samenkörperchen be- schrieben worden, bei welchen der Schwanz aus einer äußeren Proto- plasmaschicht und einem aus dem Kern stammenden Achsenfaden bestehen soll. Es sind nämlich die haarförmigen Spermatosomen der Paludina vivipara nach Max v. Bruxw®. Die betreffenden Angaben scheinen mir aber nicht überzeugend genug zu sein. Den nucleären Ursprung des Achsenfadens festzustellen würde wenigstens eben so schwierig sein, wie die Entstehung des ganzen Schwanzes aus dem Kern zu beweisen, und ist ein solcher Ursprung des in Rede stehenden Gebildes bei Paludina jedenfalls nicht direkt beobachtet worden. Die Bildung der haarförmigen Samenkörper beschreibend, giebt Max v. Bruns in Bezug auf das erste Auftreten des Achsenfadens nur an, ! PLATNER, Archiv f. mikr, Anat. Bd. XXXIII, 1889, p. 431—4132, 442 —A44 u. 192—203 ; Cuenor, Zool. Anzeiger, 28. März 4892, Nr. 387, p. 123. ?2 Handbuch der Gewebelehre des Menschen. 6. Auflage, 1889, p. 24 u. 25. 3 Archiv für mikr. Anat. Bd. XXIII, 1884, p. 434 u. 463. EEE Km 2 Zur Spermatologie der Turbellarien. 133 dass in einem gewissen Stadium »die Zelle schon einen außerordentlich zarten Faden« besitzt!, und später, wenn er seine Befunde zu deuten versucht, sagt er: »Es hat sich mir im Laufe der Untersuchung unwill- kürlich die Überzeugung aufgedrängt, dass der Kern das eigentlich plastische Element sei, indem er sich zu einem centralen Faden umbildet, der durch sein Längswachsthum das dadurch nicht resorbirte Protoplasma der Zelle mit in die Länge zieht und davon wie von einer zarten Haut überzogen wird. Mit dieser Erklärung steht keine der beobachteten Erscheinungen in Widerspruch«? .... etc. Der genannte Autor ist geneigt auch den Cilienbüschel der wurm- förmigen Spermatosomen von Paludina aus dem Kern entstehen zu lassen, bemerkt aber ausdrücklich: »ich wage nicht zu entscheiden, ob sie (d. h. die Cilien) primär von dem Kerntheile aus entstehen oder erst sekundär damit in Verbindung treten, doch halte ich entschieden Ersteres für das Wahrscheinlichere «°. Nach der Analogie urtheilend, darf man wohl vermuthen, dass der Achsenfaden bei den Spermatosomen der Mollusken immer ein Proto- plasmaprodukt sei, wie es nach den Beobachtungen von Pıcrer für Samenkörperchen der Cymbulia Peronii anzunehmen ist. — PıctEr spricht in seiner Beschreibung jedenfalls nicht von einem Achsenfaden, sondern nur von einem Schwanz im Allgemeinen, er sagt aber, dass die erste Anlage des letzteren » part d’un noyau, et traverse la cellule jusquw’ä sa peripherie« und dass später, wenn der Faden aus dem Zellenleib hervortritt, das Protoplasma » commence & couler en gouttelettes le long de la queue«*. Wäre also der betreffende Faden ein Kerngebilde, so müsste derselbe einen, sei es nur einen vergänglichen, Protoplasma- übergang erhalten. Der nucleäre Ursprung des Achsenfadens (resp. des ganzen Schwanzes) ist hier aber nach Pıcrer nur ein scheinbarer, wovon sich der genannte Gelehrte durch Anwendung verschiedener Reagentien und namentlich durch Messungen der einzelnen Sperma- tiden- und Spermatosomentheile überzeugt hat’. Bei anderen Mollusken (Gephalopoden), wie bei den meisten Thieren, bei welchen die Samen- bildung von Pıcter untersucht wurde, beobachtete derselbe die Ent- stehung des Spermatosomenschwanzes in Form eines äußeren, allmählich sich verlängernden Protoplasmafortsatzes. Bei den obigen Betrachtungen bin ich von der Voraussetzung ac. pr A538: 2 1.:c. p-. 462. 3 1.c.p. 464, * Mitth. aus der Zool, Station zu Neapel. Bd. X, 4, Heft, p. 447, 5 ],c. p. 447—A18, 134 W. Repiachoff, ausgegangen, dass die Spermatosomen -der ursprünglichsten Metazoen jedenfalls zellige Elemente repräsentirten. Die Richtigkeit dieser An- nahme könnte aber bezweifelt werden, wenn man die zellige Natur der Spermatosomen nur für einige aberrante Formen der letzteren zugäbe. v. Körziker äußert sich hierüber sehr vorsichtig. Er sagt nämlich: »Zellen gleichwerthig sind auf jeden Fall die Samenkörper der Nema- toden, wahrscheinlich auch die der höheren Kruster und möglicher- weise noch manche andere«!. Für die Entscheidung der eben berührten Frage über die morpho- logische Bedeutung der Spermatosomen bei den ursprünglichsten Metazoen wäre es aber sehr wichtig, die zellige Natur einiger typi- schen, oder wenigstens von der typischen Form nicht sehr abweichenden thierischen Spermatosomen zu beweisen und noch wichtiger wäre es, derartige Samenkörperchen bei niederen Metazoen, wie Coelenteraten und Plattwürmern zu finden. Dieser Forderung entsprechen die Beobachtungen von Pıcrer über den Bau und die Entwicklung der Spermatosomen bei den Siphono- phoren. Das allmähliche Hervorwachsen des Schwanzes aus dem Protoplasmaleib der Spermatide ist auf den Abbildungen von PicrEr so klar zu verfolgen, die beobachteten Übergangsstadien zwischen einer birnförmigen Spermatide und einem fertigen Samenkörperchen sind so zahlreich und die äußere Protoplasmaschicht des Kopfes, selbst bei den ausgebildeten Samenkörperchen, so deutlich, dass man schwerlich an der Richtigkeit des Schlusses zweifeln wird, welchen PıcrEr aus seinen in Rede stehenden Beobachtungen gezogen hat. Der genannte Autor resumirt nämlich seine Angaben über die Spermatosomen von Hali- stemma folgendermaßen: »les spermatozoides de l’Halistemma sont de veritables cellules, normalement constituees. Les spermatides ont seulement change de forme, sans perdre aucune de leur parties, et nous retrouvons chez le zoosperme mür une membrane cellulaire, un cytoplasme, un noyau et un Nebenkern. La tete du spermatozoide est done ici une cellule entiere et non pas seulement un noyau, tandis que la queue peut etre consideree comme un appendice vibratile, derivant du cytoplasme, et servant A la locomotion« 2. Was nun meine Beobachtungen über die Spermatogenese der Messiner Acoele anbetrifft, so glaube ich, dass dieselben, trotz ihrer Unvollständigkeit in mancher Beziehung, entschieden für die Zellen- natur der betreffenden Spermatosomen sprechen. Bei den fertigen Samenkörperchen geht die äußere hyaline Schicht des Kopfes direkt in 1 Diese Zeitschr. 4885, Bd. XLII, p. 3. 2 1. c.p. 443, Zur Spermatologie der Turbellarien. 135 den Schwanzfaden über, und auf keinem Entwicklungsstadium ist weder die erstere, noch der letztere von einer besonderen Substanz bedeckt, welche man als Rest des Spermatidenprotoplasma deuten könnte; im Gegentheil kann man sowohl bei den fertigen Samenele- menten, als bei verschiedenen Entwicklungszuständen derselben immer nur zwei in einander geschaltete Bestandtheile unterscheiden — eine äußere protoplasmaähnliche Substanz und eine von derselben umschlos- sene chromatinhaltige Masse. Es liegt also absolut kein Grund vor, die erstere nicht für Protoplasma, sondern für Achromatin des Kernes zu halten. Vergleicht man diese Spermatosomen mit denjenigen der Nema- toden, so bemerkt man, dass die Hauptunterschiede zwischen beiden genannten Gebilden — ihre äußere Form und die Zahl der Chromo- somen — wohl keine sehr wesentliche Merkmale bilden. Die Mehrzahl der thierischen Samenelemente unterscheidet sich aber in erster Beziehung viel schärfer von den Zoospermien der Nematoden, Dank der vorgeschrittenen Differenzirung von Kopf und Schwanzfaden. | In Bezug auf solche typische Spermatosomen ist die Meinung sehr verbreitet, dass ihr Kopf lediglich ein metamorphosirter Kern, der Schwanzfaden aber ein Protoplasmaprodukt sei. Diese Ansicht wird auch von Pıcter in seinem oben eitirten Aufsatze vertreten, obgleich die Beobachtungen des genannten Forschers, eben so wenig wie die- jenigen seiner Vorgänger, zu derselben zwingen. Pıcrer hat allerdings, in Übereinstimmung mit manchen anderen Forschern, bei der Mehrzahl der von ihm untersuchten Spermatosomen keinen Protoplasmamantel am Kopfe nachweisen können. Dieser Um- stand könnte aber eben sowohl von der Abwesenheit, als von außer- ordentlicher Dünnheit und Zartheit des fraglichen Gebildes abhängen. Das Letztere ist um so weniger für unmöglich zu halten, als Pıcrer selbst bei Siphonophoren eine zwar ziemlich dünne, aber vollkommen deutliche Protoplasmaschicht an der Oberfläche des Spermatosomen- kopfes beschrieben und abgebildet hat. Nun scheint mir die Annahme, dass der Kopf eines Samenkörperchens nur aus dem Kern der Sperma- tide und der Schwanzfaden nur aus deren Protoplasma stamme, an und für sich so befremdend und unwahrscheinlich zu sein, dass ihr, meiner Meinung nach, nur dann beizupflichten wäre, wenn sie aus unwiderleglichen Thatsachen mit unabweislicher Nothwendigkeit ge- folgert würde, und freue ich mich, mich dabei auf das Urtheil einer so hohen Autorität wie A. v. KöLuiger berufen zu können, welcher meint, » dass eine solche Entstehung einheitlicher beweglicher Elementartheile, 136 W. Repiachofl, wie die Samenfäden sie darstellen, aus zwei verwachsenden Bildungs- centren außer aller Analogie wäre«!. ‘Ich glaube also, dass wir bei dem jetzigen Zustand der Sperma- tologie zwischen folgenden zwei Vorstellungen zu wählen haben: entweder sind die Schwanzfäden der Spermatosomen, deren Köpfe nackte Kerne darstellen, auch Kernprodukte, oder die Abwesenheit des Protoplasmas auf der Oberfläche der erwähnten Spermatosomenköpfe ist nur eine scheinbare und muss durch die Unvollkommenheit der jetzigen mikroskopischen Technik erklärt werden. Wie man aus den obigen Auseinandersetzungen wohl ersehen kann, neige ich mich ent- schieden zu Gunsten der letzteren Annahme. Zum Schluss noch ein paar Worte über die Kerne der von mir beschriebenen Spermatosomen. Die auffallendste Eigenthümlichkeit dieser Kerne besteht darin, dass sie von je einer langen Reihe von chromatinhaltigen Körnern gebildet sind. Dies scheint jedoch, nach einer von Bönm mitgetheilten Beobachtung Kurrrer’s zu urtheilen, keine ganz isolirt dastehende Thatsache zu sein. Kurrrer beobachtete nämlich bei einer Turbellarie aus der Kieler Bucht Spermatosomen, welche Bönm mit folgenden Worten schildert: »In der Achse des keulenförmigen Spermatozoons (Fig. 37) findet sich eine Reihe kugelförmiger, glänzender Gebilde, die in der sich verjüngenden Partie desselben an Volumen abnehmen, um in dem fadenförmigen Schwanztheil, immer kleiner werdend, zu ver- schwinden.« (Archiv f. mikr. An. Bd. XXXII, 1888. p. 166, Taf. XXV, Fig. 37.) Leider wissen wir nicht, von welcher Turbellarie die von Kuprrer beobachteten Spermatosomen stammten, und selbst die Frage, ob die- selben vollkommen reif waren, lässt sich auf Grund der von Bönm gemachten Angaben nicht entscheiden, um so mehr als die betreffenden Gebilde eine auffallende Ähnlichkeit mit den unfertigen Samen- körperchen der von mir untersuchten Messiner Acoele haben. Odessa, im September 1892. Erklärung der Abbildungen. Allgemein gültige Bezeichnungen. f, Follikelzellen; m, Kernmembran; n, Nucleus; n’, Nucleolus; n‘, ein im Kernkörperchen sich befindendes vacuolenartiges Gebilde » Nucleolinus«; 0, Ei; I Diese Zeitschr. 4885, Bd. XLII, p. 3. um, Ar nn hd Zi u u ’ 3% “ Zur Spermatologie der Turbellarien. 137 p, Protoplasma; u, undulirende Membran; v, ein im homogenen Kern sich befin- dendes vacuolenartiges Gebilde; x, ein im Protoplasma eines Eierstockseies sich befindendes räthselhaftes Gebilde; «, Kerngerüst. Tafel VII, Die Fig. —41 stellen Osmiumkarmin-Präparate verschiedener Entwicklungs- zustände der Spermatosomen — resp. ausgebildeter Samenelemente — aus zer- quetschten Thieren dar. Fig. 9 ist bei Zeiss Syst. D, Oc. 3, alle übrigen sind bei Zeıss Syst. F, Oc. 3 gezeichnet. Fig. 1, Drei Zellen (a, a, a) mit homogenen Kernen (Spermatiden) und drei andere (b, b, b), deren Kerne aus einer Anzahl homogener Fragmente bestehen (wei- teres Entwicklungsstadium der Spermatosomen). Fig. 2 u. 3. Zellen, deren Kerne aus einer Anzahl homogener Segmente be- stehen. Fig. 4. Ein Stück eines aus konischen Zellen bestehenden Zellenhaufens. Die Kerne der Zellen bestehen aus je einer gewundenen oder gekrümmten Reihe chro- matinhaltiger Körner. (Ein noch späteres Entwicklungsstadium der Spermatoso- men.) In den Zellen a, a scheinen diese Körner Spuren einer mehrreihigen Anord- nung zu zeigen. Fig. 5. Ungefähr dasselbe Entwicklungsstadium eines Spermatosomas: eine birnförmige Zelle, deren Kern aus einer gewundenen Reihe chromatinhaltiger Körner besteht. Fig. 6. Ein Zellenhaufen mit eben solchen Kernen. Die äußere Gestalt der Zellen scheint durch das Reagens etwas verändert zu sein, Fig. 7. Ein junges Spermatosoma. Fig. 8. Ein etwas späteres Entwicklungsstadium eines solchen. Fig. 9. Ein Bündel der unfertigen Spermatosomen. Fig. 40 u. 14. Reife Spermatosomen. Fig. 42. Ein Theil des Kopfes nebst dem Schwanzfaden eines reifen Spermato- somas. Ein Thierchen wurde nach Behandlung mit Herrwıe’s Flüssigkeit (Osmium- Essigsäure) ca. 41/, Stunde in mit Essigsäure angesäuertem Meerwasser macerirt, dann in derselben Flüssigkeit zerquetscht, und die herausgetretenen Spermatoso- men, nach Zusatz von etwas Glycerin, untersucht und gezeichnet. Fig. 43. Ein isolirtes Eierstocksei (aus einem zerqueischten Thiere). Osmium- karmin-Präparat. Zeıss Syst. F + 0c. 3. Fig. 44, Dasselbe Ei in einer anderen Lagerung (durch Verschiebung des Deckgläschens gerollt), Die Fig. 45—20 sind aus Schnitten der mit Sublimat behandelten und mit Boraxkarmin gefärbten Thiere gezeichnet. Fig. 45. Ein Theil des Eierstockes (im Durchschnitt). Zeıss Syst. F+ 0c. 3. Fig. 16—20 stellen verschiedene Elemente des Hodeninhaltes dar und sind bei Zeiss, homog. Immers. 3,0 mm Ap. 1,40, Oc. 8/22,5 mm gezeichnet. Fig. 46. Zellen mit schaumartigen und (a, b) homogenen Kernen (Spermatiden). Fig, 47. Eine Zelle, deren Kern aus einer homogenen chromatinhaltigen Masse besteht, welche in ihrem Inneren vier Vacuolen enthält. Fig. 48. Zellen, deren Kerne aus homogenen chromatinhaltigen Fragmenten bestehen. Fig. 49. Zellen, deren verlängerte und gekrümmte Kerne aus einer großen Anzahl chromatinhaltiger Körner bestehen. In den Zellen a, a sieht man je zwei Durchschnitte des gebogenen Kernes. Fig. 20. Ein Durchschnitt durch die Köpfe der unfertigen (zu einem Bündel vereinigten) Spermatosomen, Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. | Von Rudolf Franze, Assistent am Polytechnicum zu Budapest. Mit Tafel VIII. Unter jenen Merkmalen, welche den Mastigophoren in den Augen der älteren Forscher den Stempel des thierischen aufdrückten, nimmt das häufige Vorkommen von Augenflecken oder Stigmata gewiss einen hervorragenden Platz ein. Ältere Forscher, wie Enreysere, analogisirten diese Gebilde ohne Weiteres den Augen der Rotatorien und Cyelopiden, aber während die Kenntnis der Sehorgane der letzterwähnten Thiere durch eine Reihe vorzüglicher Untersuchungen (LEUCKART, ZENKER, LEYDIG, CrAus u. A.) in hervorragender Weise gefördert wurde, blieb unser Wissen bezüglich der Stigmata der Mastigophoren weit zurück; erst in neuester Zeit erweiterten die Untersuchungen, besonders von Kırzrss und KÜNSTLER unsere Vorstellungen von diesen Zellorganen. Diese sich zum Theil widersprechenden Untersuchungen beziehen sich jedoch nur auf einen sehr kleinen Theil der Mastigophoren; ins- besondere mangelte eine Zusammenfassung der bisherigen Forschungs- ergebnisse und ein einheitlicher Überblick jener Differenzirungen, welche bei den Mastigophoren zur Lichtperception geeignet erscheinen. Dies möge zugleich zur Berechtigung vorliegender Untersuchungen dienen. I. Die Verbreitung der Stigmata ist bei den Flagellaten! so ziemlich auf die mit Chromatophoren versehenen Formen beschränkt, nur eine ! Ich zog nur die Nudiflagellaten in den Kreis meiner Untersuchungen; es mangelte mir an geeignetem Materiale, um die Stigmata der Dinoflagellaten ver- Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. 139 geringe Anzahl farbloser Formen zeigt ebenfalls ähnliche Differenzi- rungen; und zwar sind dies Monas vivipara, Anthophysa vegetans, Polytoma uvella, Polytoma spiecatum Krass., Diplomita socialis und Peranema trichophorum; doch sind diese Verhältnisse für Anthophysa, Polytoma uvella und Peranema zweifelhaft. Unter den mit Chromatophoren versehenen Mastigophoren sind es nur die Gryptomonaden, welche des Augenfleckes gänzlich entbehren; unter den Chrysomonadinen ist er bei Stylochrysalis und Nephroselmis, unter den Euglenoidinen bei Coelomonas und Merotricha nicht bekannt. BürscnLi! rechnet zu den Stigmata auch noch die sogenannte »Mundleiste« mancher Monaden; in wie fern diese Auffassung berech- tigt ist, werde ich nach Darlegung meiner eigenen BE wien ergebnisse weiter unten darzuthun suchen. Meine Untersuchungen beziehen sich hauptsächlich auf chromato- phorenhaltige Mastigophoren ; von den farblosen Formen berücksichtigte ich nur jene näher, welche in dieser Hinsicht zweifelhaft sind; Alles in Allem habe ich folgende Arten untersucht: Euglenoidina: Trachelomonas Kiarıda St. Euglena viridis Ehrb. ) volvocina Ehrb. > spirogyra St. » lagenella Ehrh. ) oxyuris St. Lepocinclis ovum (Perty). » deses St. Chlamydomonadina: » sanguinea Ehrb. Chlamydomonas pulvisculus Ehrb. » acus Ehrb. ) obtusa A. Br. » Ehrenbergii Klebs. » tingens A. Br. » velata Kl. Carteria multifilis (Rost.) Franze » tripteris Kl. Chlorogonium euchlorum Ehrb. » pisciformis Kl. Volvoecineae: » minima n. Sp. Gonium pectorale Ehrb. Phacus pleuronectes (Ehrb.) » sociale Cohn » longicauda (Ehrb.) Pandorina Morum Ehrb. » hispidula (Stein) Eudorina elegans Ehrb. » parvula Kl. Volvox Globator Ehrb. » pyrum (Ehrh.) » minor? Ehrb. gleichend morphologisch studiren zu können; für Hemidinium nasutum und Peridinium pulvisculus kann ich mit Bestimmtheit kein Stigma angeben; auch bei Glenodinium (= Peridinium) cinctum schien mir dasselbe zweifelhaft, entgegen der Angabe P. SchırLine’s (Die Süßwasser-Peridineen. Flora 4894), bei welchem Autor wir unsere jetzigen Kenntnisse der einschlägigen Verhältnisse der Dinoflagel- laten resumirt finden. 1 BürscaLı, Protozoen. p. 737. 2 Letztere untersuchte ich in dieser Beziehung nur nach den Präparaten Prof, Dr, Güza Entz’s, dem ich hiermit meinen herzlichsten Dank ausspreche, 140 Rudolf Franze, Von farblosen Formen: Oikomonas termo, Cyathomonas (= Goniomonas St.) truncata, Anthophysa vegetans, Polytoma uvella, Peranema trichophorum, auch berücksichtigte ich Bodo saltans und Gercomonas longicauda; studirte in dieser Hinsicht also im Ganzen 38 Mastigophoren. Außerdem zog ich jedoch auch Rotatorien, wie Brachionus urceo- laris, Philodina erytrophthalma, roseola, aculeata?'!, Euchlanis luna, Monostyla lunaris, Notommata vermicularis und Andere, von Turbella- rien, Polycelis nigra, von CGopepoden, Cycelops ornatus und phaleratus, sowie Naupliusformen in Betracht. Das Stigma liegt bei den verschiedenen Mastigophoren nicht immer an derselben Stelle des Körpers. Bei den Ghrysomonaden liegt der Augenfleck immer an der Geißel- basis, eben so wie bei den Dinobryinen; bei den Chlamydomonaden und Volvocineen liegt er entweder ganz im vorderen Ende neben der Geißel, wie bei Gonium, oder etwas seitwärts unterhalb der pulsiren- den Vacuole, wie bei Eudorina (Taf. VIII, Fig. 5), Chlamydomonas und Carteria. Bei einigen Chlamydomonas-Arten (wie Chl. obtusa und tingens) liegt das Stigma zuweilen tief an dem unteren Drittel des Körpers. Stein? gründete auf dieses Verhalten des Augenfleckes die Art Chl. metastigma, welche aber, wie ich nachzuweisen bereits Gelegenheit hatte®, nicht aufrecht erhalten werden kann. Mir sind aus eigenen Studien auch stigmalose Chl. pulvisculus- und obtusa- Individuen be- kannt; der Augenfleck scheint hier also nicht konstant vorzukommen, wie auch Bürscnzı? Ähnliches für Synura uvella angiebt. Ein dem oben erwähnten gleiches Verhalten fand ich bei Chloro- gonium euchlorum, wo der Augenfleck meist an dem vorderen mit Geißeln versehenen Ende liegt (Taf. VIII, Fig. 7); bei den Mierozoiden beobachtete ich jedoch auch solche Individuen, welche das Stigma im hinteren Theile des langgestreckten Körpers trugen (Taf. VIII, Fig. 15). Gleiche Verhältnisse wie bei Chlamydomonas finden wir auch bei Chloraster und Coccomonas; bei Pteromonas alata jedoch konnte ich den von Wırre und GoLenkın beschriebenen Augenpunkt gleich ! Die untersuchte Form scheint eine noch nicht beschriebene Philodina aus den warmen Quellen von Aquincum zu sein, welche sich am nächsten an Ph. acu- leata Ehrb. anschließt. 2 Fr. StEın, Der Organismus der Infusionsthiere. III. Abth., 4. Hälfte. Leipzig 1878, Taf. XV, Fig. 46 (Figurenerklärung). 3 R. Franze£, Systematische Studien über einige Chlamydomonaden. Natur- historische Hefte. Bd. XV, 4. Heft. * 0. Bürscauı, Protozoen. p. 734. Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. 141 Serıso nicht wahrnehmen; auch hier scheint also Inkonstanz des Vor- kommens vorzuwalten. Die für die Chlamydomonaden geschilderte Lage der Stigmata gilt auch für Eudorina (Taf. VII, Fig. 5) und Volvox, während wir sehr tiefliegende Stigmata bei dem nicht nur in dieser Hinsicht ungenügend bekannten Spondylomorum quaternarium finden; auch bei Volvox Glo- bator und minor liegt das Stigma zuweilen im unteren Theile des Körpers. Die Lage der Stigmata zu den anderen Organen des Körpers zeigt ebenfalls große Variabilität. Bei sämmtlichen Euglenoidinen liegt der Augenfleck dem Behälter — oder um den Ausdruck CaArrer’s zu ge- brauchen, welchen ich auch im Folgenden benutzen werde — dem Sinus an; eine Ausnahme fand ich bei Euglena acus und E. Ehren- bergii Kl. (= Amblyophis viridis Ehrb.). Bei manchen Individuen der ersteren Form war der Augenfleck oberhalb der kontraktilen Vacuolen im farblosen Gytoplasma des Vorderendes situirt (Taf. VIII, Fig. 1); auch bei E. Ehrenbergii schienen mir manchmal ähnliche Verhältnisse vorzuwalten. Das Stigma der Euglenen liegt nicht so oberflächlich, wie bei den CGhlamydomonaden und Volvocineen, wo es zuweilen, wie bei Gonium, Eudorina, Pandorina (Taf. VIII, Fig. 6) etwas über die Körperoberfläche hervorragt!. Der Augenfleck liegt bei den Euglenen häufig im farblosen Cyto- plasma, häufig jedoch wie bei Trachelomonas, Lepoeinclis (Taf. VII, Fig. 9), Phacus (Taf. VII, Fig. 8, +), E. sanguinea, E. spirogyra (Taf. VIII, Fig. 2) und anderen noch innerhalb des Chlorophors. Sehr große Variabilität zeigt aber der Augenfleck hinsichtlich seiner Gestalt. Derselbe ist meist eine flache Scheibe, und nur seltener, wie bei Chl. obtusa (Taf. VII, Fig. 12) und Chlorogonium euchlorum (Taf. VII, Fig. 7) ein langgestrecktes Stäbchen?; aber auch hier scheinen mir diese Gebilde zuweilen nach dem oberwähnten Typus geformt. Bei manchen Chlamydomonaden (Chl. pulvisculus, tingens) und den Volvocineen (Taf. VII, Fig. 5) macht der Augenfleck den Eindruck eines soliden Sphäroides; wie leicht verständlich, hängt die Gestalt 1 Nach Bürscauı (p. 735) ist das Stigma bei den Volvocineen noch mit einer dünnen Plasmalage überzogen, was ich jedoch nicht bestätigen kann. ? GOROSHANKIN, Beiträge zur Kenntnis und Systematik der Chlamydomonaden. I. Chl. Braunii mihi. (B. S. N. Mosc. 1890), erwähnt für seine Chl. Braunii (= Chl. pulvisculus), welche sich von Chl. pulvisculus nur durch die Fortpflanzungsver- hältnisse unterscheidet, ebenfalls einen stäbchenförmigen Augenfleck; ich kann diese Angabe nicht bestätigen, 142 Rudolf Franze, des Stigma aufs innigste mit dessen Ausbildung zusammen, ich ver- weise daher bezüglich mancher Details auf die Struktureigenthümlich- keiten. Das scheibenförmige Stigma ist in den meisten Fällen hohlkugel- artig gewölbt; die größte Wölbung finden wir bei Pandorina Morum (Taf. VIII, Fig. 6), während Euglena Ehrenbergii (Taf. VIII, Fig. 3) und E. acus (Taf. VIII, Fig. 1) das andere Extrem repräsentiren. Die Form varirt, wie für die Euglenen auch Kızss! bemerkt, innerhalb der Gattungen, ist aber für dieselbe Form ziemlich konstant, wir finden kreisförmige (E. oxyuris, Lepocinclis ovum [Taf. VIN, Fig. 9]), ovale (Trachelomonas volvocina, Phacus Pyrum [Taf. VII, Fig. #]), vier- eckige (Phacus longicauda [Taf. VIII, Fig. 8]), dreieckige (E. deses), fünfeckige (manche Formen der Euglena viridis) etc. Stigmata. Die Stigmata finden sich bei den meisten Mastigophoren nur in der Einzahl, nur in wenigen Fällen sind zwei oder mehrere bekannt und auch ein Theil dieser Fälle lässt sich auf Theilungsstadien zurück- führen. So lässt sich z. B. jene Angabe Enrenserg’s und Perry’s deuten, nach welchen diese Forscher bei Volvox globator-Individuen zuweilen zwei Augenflecke bemerkt haben wollen. Zwei Augenflecke besitzen Microglena und Synerypta beständig; aber auch Synura und Uroglena zeigen zuweilen zwei, die erstere Form meistens zahlreiche (bis zehn), Uroglena dagegen drei Stigmata. Falls sich die Angabe Stein’s ? bestätigen sollte, haben wir jene in Ein-, Dreizahl, zuweilen aber in großer Menge vorkommenden blass- röthlichen Körper, welche bei Polytoma uvella entweder im proximalen oder aber im Hinterende vorkommen, als Stigmata zu betrachten. Ich selbst habe bei Polytoma uvella häufig ein Stigma angetroffen (Taf. VIII, Fig. 13), welches scharf kontourirt und dunkelroth ist. Viel- leicht sind Srem’s blassrothe Körper Öltropfen, welche wir ja auch bei verschiedenen Flagellaten, wie von Chytridiaceen inficirten oder unter ungünstigen Verhältnissen lebenden Euglenen finden können. Die Größe der Stigmata ist bei den einzelnen Arten sehr variabel. Als Ergebnis zahlreicher Messungen kann ich für die Euglenen folgende Daten mittheilen. Euglena velata 5 w Euglena spirogyra 5 u ) viridis 5 wu Phacus pleuronectes 5 u » oxyuris d u » longicauda 5 u 1 G. Kıess, Über die Organisation einiger Flagellatengruppen etc, Unter- suchungen aus dem bot. Institut zu Tübingen. Bd. I. p. 260. 2 Fr. STEin, ]. c. Taf. XIV, Abth, V, Fig. 1—28. Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. 143 Phacus pyrum 4 u Lepocinclis ovum A u » hispidula 2 u ) obtusa n. sp. k u. Trachelomonas volvocina 5 u | Wie wir also sehen, wechselt bei den Euglenen das Mittel der Stigmagröße für Phacus zwischen 3—4 u, bei Euglena ist dieselbe 5 u, wie auch bei Trachelomonas, bei Lepocinclis dagegen 4 u; kleiner sind die Stigmata der übrigen grünen Formen, wie die Chlamydomo- naden und Volvocineen; relativ kolossal sind sie zuweilen bei Pando- rina oder Eudorina (Taf. VII, Fig. 5). Noch kleiner sind die Stigmata bei Volvox globator (Taf. VIII, Fig. 11) und minor, bei welchen Formen sie kaum I u erreichen, auch bei den farblosen Formen wie Polytoma (Taf. VIII, Fig. 13) und Anthophysa ist die Größe des Stigma kaum I u. Bis in die neueste Zeit wurden die Stigmata immer als homogene stark lichtbrechende, rothe Scheiben, Punkte oder Stäbchen beschrie- ben, erst die Untersuchungen von Gror«e Kress! wiesen für dieselbe eine Zusammensetzung aus Farbstoffkörnchen nach, was übrigens auch schon Dusarpın und Perry gelegentlich wahrnahmen. Auch Leyvıe? beschrieb bereits 1856 von dem Augenfleck mancher Infusorien (Euglenen, Peridineen und Ophryoglenen), »dieselben be- stehen aus kaum messbaren und stark lichtbreechenden Körnchen«. Ferner beschrieb KünstLer? im Jahre 1882 eine eigenthümliche Struktur der Stigmata; ebenfalls auf die Struktur der Stigmata bezüg- liche Daten finden wir noch bei Barsıanı, PoucHer? und ScairLixe°. Neuestens entfaltete besonders Künsızer in dieser Hinsicht eine große Thätigkeit; seine im Jahre 1889 erschienenen »Recherches sur la mor- phologie des Flagell&s«® bestätigen seine bereits früher gemachten Angaben, wie auch seine Arbeit über die »Augen»der Flagellaten’”. Ich verzichte auf ein näheres Eingehen auf die Ergebnisse der genannten Forscher an dieser Stelle, da ich dieselben gelegentlich meiner Untersuchungsergebnisse ohnedies ausführlich erörtern werde. Die Stigmata der Euglenoideen stellen, wie bereits erwähnt, eine, 1 G. Kuess, 1. c. p. 262. 2 Fr. Leyvig, Lehrbuch der Histologie. p. 262. 3 J. KünstLer, Contribution a l’etude des Flagelles. Bullet. soc. zool. de France 1882. 412 p. 3 Tafeln. 4 G. PoucHer, Nouvelle contribution a l’histoire des Peridiniens marins. Journ. de l’anatomie et la physiologie 4885. (War mir leider nicht zugänglich.) 5 P. ScaıLLing, Die Süßwasserperidineen. Flora LXXIV. Bd. 1891. p. 245. 6 J. KünstLer, Recherches sur la morphologie des Flagelles. Bullet. Scienti- fique 1889. (Sep.-Abdr.) p. 487—490. 7 J. KünstLer, Les »yeux« des Infusoires flagelliferes. Journ. de Micrograph. T.X. p. 493—496. 144 Rudolf Franze, dem Sinus anliegende, und dem entsprechend gekrümmte flache Scheibe dar. Schon bei mittelstarker Vergrößerung erkennen wir bei jenen Arten, bei welchen der Augenfleck mehr als 5 « im Durch- messer hat, wie z. B. bei Euglena Ehrenbergii (Taf. VIII, Fig. 3), eine Zusammensetzung aus kleinen runden, ziemlich dicht liegenden Körn- chen von hellrother Farbe (vgl. Taf. VIII, Fig. 17—24), die in einer blassen Protoplasmaschicht eingebettet sind. Diese Verhältnisse waren schon Kıess und Scauuıne bekannt, An beiden Seiten des Stigma liegen die Körnchen scheinbar dichter, da hier der Augenfleck gekrümmt ist und die Pigmentkörnchen dess- halb über einander in mehreren Schichten liegen (Taf. VII, Fig 3). Die Größe der Körnchen ist ungleich, neben größeren finden wir auch unmessbar kleine, es walten hier also dieselben Verhältnisse vor, wie in dem Pigmentbecher des Cyclops- oder des Polycelisauges. Deutlich sichtbar und am größten waren die Pigmentkörnchen außer bei Euglena Ehrenbergii (Taf. VII, Fig. 3) noch bei E. oxyuris (Taf. VII, Fig. 1), Phacus Pyrum (Taf. VIII, Fig. 4), Ph. longicauda (Taf. VIII, Fig. 8), Lepocinclis ovum (Taf. VIII, Fig. 9), L. obtusa n. sp. (Taf. VIII, Fig. 4%), bedeutend kleiner und daher nur bei starker Ver- größerung wahrnehmbar bei Euglena velata, E. viridis (Taf. VII, Fig. 18, 19), E. pisciformis, E. acus (Taf. VIII, Fig. 4), Trachelomonas volvoeina, Tr. hispida ete.; die Stigmen mancher der kleinsten Arten, wie Ph. parvula, oder die nur 27 u messende Euglena minima Franze schien auch bei den stärksten Vergrößerungen homogen; es scheint daher —, da bei der überaus großen Zahl der Fälle, in welchen der Farbstoff an Körnchen gebunden war, ein Analogieschluss berechtigt ist —, dass zwischen der relativen Größe der Pigmentkörnchen und der Größe der betreffenden Euglenoide ein Zusammenhang waltet. Die übrigen Flagellaten zeigen ähnliche Verhältnisse, jedoch ist hier meist das Stigma so klein, dass Differenzirungen der Pigment- schicht kaum wahrgenommen werden können; diese geringe Ausbildung des Pigmentes hängt aber mit weiteren Differenzirungen des Flagel- latenstigmas zusammen, von welchen weiter unten die Rede sein wird. Und zwar lässt eingehendere Untersuchung in den Stigmata stark lichtbrechende, runde oder ovale, bis stabförmige Körper erkennen, welche der Pigmentsubstanz entweder eingelagert sind oder aber der- selben aufliegen. Diese Gebilde finden sich bei sämmtlichen unter- suchten Flagellaten, so dass wir dieselben als integrirenden Bestandtheil des Stigmas aufzufassen haben; je nach den einzelnen Arten jedoch zeigte die Ausbildung derselben in Form, Zahl, Größe, Lagerung erheb- Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. 145 liche Variationen, wodurch eine eingehendere Schilderung der hier obwaltenden Verhältnisse geboten erscheint. Schon innerhalb der Gattung Euglena finden wir bedeutende diesbezügliche Verschiedenheiten. Wir können hier im Allgemeinen zwei Gruppen unterscheiden; in die erste gehören solche Arten, welche einen Krystallkörper !, und solche, welche deren mehrere besitzen. Zu dem ersten Typus gehören Euglena Ehrenbergii (Taf. VII, Fig. 3), E. deses und wahrscheinlich auch E. spirogyra (Taf. VII, Fig. 2); am wenigsten ausgebildet ist in dieser Hinsicht E. Ehrenbergii, am besten dagegen E. deses (Taf. VII, Fig. 22). Bei dieser schönen, nicht allzu häufigen Art ist die Pigmentschicht des in der Flächenansicht dreieckig erscheinenden Augenfleckes halbkugelförmig gebogen, und umhüllt einen kugeligen, ziemlich großen (3 u), stark lichtbrechenden Krystallkörper, von welchem man gewöhnlich nur etwa die Hälfte sieht (vgl. Taf. VIII, Fig. 17, 22); ähnlich verhält sich auch E. spiro- gyra (Taf. VII, Fig. 2), doch ist bei dieser Art der Krystallkörper be- deutend kleiner; noch mehr redueirt finden wir denselben bei E. Ehrenbergii (Taf. VIII, Fig. 3), wo er nur etwas größer als die Pigment- körner ist und hauptsächlich durch seine starke Lichtbrechung auffällt; seine lichtrosenrothe Farbe ist keine Eigenfärbung, sondern wird durch die rothen Farbstoffkörner reflektirt. Der zweite viel häufigere Typus umfasst sämmtliche übrigen untersuchten Euglena-Arten. Mit Ausnahme der E. minima Franz&?, bei welcher Form ich wegen der Kleinheit des Stigma keine weiteren Differenzirungen wahrnehmen konnte, liegt bei sämmtlichen übrigen Euglenen in der Mitte des Stigma ein großer Krystallkörper, um welchen sich mehrere bis zahl- reiche, bedeutend kleinere Linsenkörper ? lagern. Eine Ausnahme bildet in dieser Beziehung Euglena velata. Bei dieser Form liegt der Hauptkrystallkörper nur manchmal im Centrum 1 Mit diesem Namen benenne ich diese Gebilde wegen ihres krystallartigen Außeren, während ich die Pigmentschicht kurz als Pigmentosa bezeichne. 2 Diese Form, von welcher ich an anderem Orte eine eingehende, von Abbil- dungen begleitete Schilderung geben werde, weicht von allen bekannten Arten so sehr ab, dass ich dieselbe als besondere Art abzutrennen gezwungen bin. Ihre Chararakteristik möge bis auf Weiteres lauten: E.miniman.sp. Körper in der Bewegung kurz spindelförmig, zuweilen hinten zugespitzt. Cilie ..... Zellkern immer im hinteren Theile des Körpers, hinter dem Pyrenoide. Chromatophor in Gestalt spiraliger Bänder ; in der Mitte des Körpers ein bis zwei Pyrenoide. Wenig metabolisch. Durchschn. Länge = 0,027 mm, Breite = 0,009 mm. 3 Als solche bezeichne ich diese Gebilde mit Rücksicht auf ihre physiologische Funktion und zum Unterschiede von den Krystallkörpern. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LVI, Bd, 40 146 Rudolf Franze, des Augenfleckes, meist jedoch excentrisch (Taf. VIII, Fig. 20), bei noch anderen Individuen dagegen finden wir überhaupt keinen Krystall- körper, sondern nur mehrere, drei bis neun, gleich große Linsenkörper (vgl. Taf. VIII, Fig. 24); da aber der letztere Fall meist bei mehrere Tage in der feuchten Kammer gehaltenen Individuen konstatirt werden konnte, bin ich geneigt, in dieser Erscheinung ein Degenerationspro- dukt zu erblicken. Ähnliches finden wir zuweilen auch in den Stig- mata der Euglena viridis. Die typische Ausbildung des zweiten Falles zeigt folgende Lage- rungsverhältnisse: Wie der optische Durchschnitt des Stigmas ergiebt, liegen sämmt- liche accessorischen Linsenkörper in einer Ebene, bei jenen Formen deren Stigmata wie eben dasjenige der E. velata ziemlich eben sind; aber auch bei solchen Arten, deren Pigmentosa halbkugelig ge- krümmt ist, wie bei E. spirogyra (Taf. VIII, Fig. 2), E. sanguinea, viridis etc. finden wir die accessorischen Linsenkörper nicht in der Pigmentosa eingebettet, sondern derselben aufliegend, so dass wir im optischen Durchschnitte immer zwei Schichten unterscheiden können, die Pigmentosa und die Schicht der Linsenkörper, welche ich kurz als Linsenschicht bezeichnen will. | Der Krystallkörper liegt entweder der Pigmentosa an, wie z.B. bei E. deses, E. spirogyra (Taf. VIII, Fig. 2), E. pisciformis (vgl. Taf. VII, Fig. 22), oder aber er durchsetzt dieselbe, so dass wir in diesem Falle jederseits der Pigmentschicht eine halbkugelige, stark glänzende Her- vorragung gewahren, wie z. B. bei Euglena acus (Taf. VII, Fig. 21). Ähnliches beschreibt auch Kızss! von den » Paramylonkernen « mehre- rer Euglenen, wie z.B. E. velata. Die Gestalt der Linsenkörper ist meistens die einer Kugel, ins- besondere ist der Krystallkörper fast immer kugelig, nur zuweilen etwas breitgedrückt (Taf. VII, Fig. 22), oder wie bei E. viridis und pisciformis zuweilen ovoid. Größere Variabilität zeigen in dieser Be- ziehung die Körper der Linsenschicht. Ihre Gestalt, wie ihre Größe schwankt zwischen bedeutenden Grenzen. So finden wir sehr kleine, fast unmessbare, von den Pigmentkörnern durch die Größe fast gar nicht verschiedene, und wieder sehr lange, große, fast die Größe des Krystallkörpers erreichende Formen ; bei Euglena viridis, wo zuweilen das ganze Stigma oval ist, finden wir die längsten Linsenkörper, und dies ist zugleich so ziemlich das einzige Beispiel für stabförmige Linsen- körper (Taf. VIII, Fig. 23), derartige ovale Gebilde kenne ich sonst nur von E. velata. 1 G. KLEBS, op. cit. p. 265. Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. 147 Die gegenseitige und die Lage der Linsen zu dem Krystallkörper ist ziemlich verschiedenartig. Als Typus können wir hier die Verhält- nisse bei Euglena viridis und E. oxyuris betrachten. Bei diesen Arten liegen je nach der Form des Stigma die accesso- rischen Linsenkörper um das Centrum herum. Und zwar finden wir bei beiden Arten sehr häufig fünfeckige Stigmata (Taf. VII, Fig. 18), bei welchen dann in jeder Ecke ein — im Ganzen daher fünf — Linsenkörperchen liegt. Nicht minder häufig finden wir jedoch bei kreisföormigem Augenflecke in demselben auch sechs oder sieben accessorische Linsenkörper (Taf. VIII, Fig. 10). Bei Euglena viridis finden wir jedoch zuweilen eine Abweichung von dem Typus, da bei manchen Individuen die Linsenkörper nicht an der Peripherie, sondern dem centralen Krystallkörper genähert liegen (Taf. VII, Fig. 19). Noch wechselnder ist die Zahl derselben bei E. acus, wo wir bis zwölf derselben finden können, welche dann in zwei Reihen an der Peripherie geordnet sind (Taf. VIII, Fig. 1); die größte Regellosigkeit finden wir endlich bei E. velata, wo die Linsenkörperchen in wechseln- der Anzahl (drei bis zehn) zuweilen an der Peripherie, zuweilen gegen das Centrum des Stigma, meistens jedoch vollkommen regellos durch einander liegen (Taf. VIII, Fig 24). Ich will hier erwähnen, dass ich nach älteren Zeichnungen die Linsenkörper der Euglena viridis spiralig angeordnet zu sehen, und auch neuerdings bei E. velata Ähnliches zu sehen glaubte, doch konnte ich dies bei gründlichem Studium in der Mehrzahl der Fälle nicht kon- statiren. Weitgehende Modifikationen finden wir in dieser Hinsicht bei den übrigen Mastigophorengruppen. Das Stigma von Phacus schließt sich im ls ie! eng an die bei Euglena geschilderten Verhältnisse an. Nur einen Krystallkörper finden wir bei Phacus parvula, den für Euglena viridis als typisch geschilderten Bau dagegen bei Phacus his- pidula (St.) (= Chloropeltis hispidula Stein). Phacus longicauda (Taf. VIII, Fig. 8) besitzt einen ähnlich struktu- rirten Augenfleck, wie E. spirogyra, Ph. pyrum (Taf. VIII, Fig. 4) da- gegen schließt sich in dieser Hinsicht eng an E. velata an. Auch die übrigen Euglenen weichen nur durch sehr geringfügige Modifikationen ab, so z. B. Lepocinclis ovum, deren Stigma häufig einen Krystall- und neben diesem zwei accessorische Linsenkörper ent- hält (Taf. VIII, Fig. 9) ; die Trachelomonaden (Trachelomonas volvocina, hispida, lagenella) zeigen auf einer grobkörnigen Pigmentosa einen 10* 148 Rudolf Franze, undeutlichen centralen Krystallkörper; die Untersuchung wird hier durch den stark lichtbrechenden rostbraunen Panzer erschwert; bei Untersuchung einer bisher unbeschriebenen Lepocinclis-Art!, welche ich Lepocinclis obtusa Franze nennen will, glaubte ich in dem Stigma derselben öfter eine spiralige Anordnung der Linsenkörper wahr- nehmen zu können (Taf. VII, Fig. 5). Den Euglenoideen, welche durch ein, wie wir sahen, ziemlich komplieirt organisirtes Stigma ausgezeichnet sind, können wir die Chlamydomonaden und Volvocineen als Vertreter bedeutend einfacherer Verhältnisse gegenüberstellen, nachdem es hier auch im besten Falle nicht zur Bildung accessorischer Linsenkörperchen kommt. - Die Stigmata sämmtlicher Chlamydomonaden und Volvoceineen zeigen einen ungemein gleichförmigen Bau; wir können uns desshalb auf die Beschreibung der diesbezüglichen Verhältnisse eines typischen Vertreters dieser Gruppe, wie es z. B. Chlamydomonas ist, beschränken. Das Stigma von CGhlamydomonas pulvisculus besteht aus einem ziemlich großen, centralen kugeligen Krystallkörper und einer, den- selben ganz umhüllenden sehr feinkörnigen Pigmentosa, diese Struktur finden wir auch bei Carteria multifilis, Chl. tingens, Gonium pectorale, sociale, Eudorina elegans, Volvox globator u. V. minor? (Taf. VIII, Fig. 11). Die bereits erwähnten stabförmigen Stigmata von Chlamydomonas obtusa (Taf. VIII, Fig. 42), Chlorogonium euchlorum (Taf. VII, Fig. 7) und Spondylomorum quaternarium sind, wie ich dies wenigstens für Chlorogonium euchlorum (= Cercidium elongatum Dang) behaupten kann, nicht stab- sondern eiförmig, und bieten nur in der Seitenan- sicht den Anblick eines ein wenig gebogenen Stäbchens (s. Taf. VII, Fig. 12); ich glaube nicht irre zu gehen, wenn ich auch für sie einen centralen Krystallkörper annehme, obwohl ich, wie ich nochmals her- vorhebe, mich diesbezüglich nicht auf positive Wahrnehmungen stützen kann; doch scheint auch die starke Lichtbrechung der fraglichen Ge- bilde zu Gunsten meiner Annahme zu sprechen. Eine eigenthümliche Modifikation zeigt Pandorina Morum. Diese 1 Ich werde von dieser bei Budapest in Tümpeln und Teichen nicht allzu sel- tenen hochinteressanten Art an anderem Orte eine ausführliche Beschreibung geben ; ihre Charakteristik möge vorläufig lauten: Lepocinclis obtusa n. sp. Körper rund eiförmig, mit abgestutztem Hinterende und stark spiralig gestreifter Pellicula, ohne Endstachel. Cilie beiläufig doppelt so lang wie der Körper. Chlorophor in Gestalt zahlreicher, spiralig angeordneter, kleiner Scheiben. Zellkern in der Mitte des Körpers? Starr. Durchschn. Länge = 0,059 mm, Breite = 0,043 mm. 2 Ich konnte das Stigma von Volvox nur nach Präparaten untersuchen; neue Beobachtungen sind daher nicht nur wünschenswerth, sondern nothwendig. Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. 149 gemeine Volvocinee, deren Stigma 2 ıı im Durchmesser misst, trägt das- ‚selbe immer im Vorderende, nahe sowohl zur Geibelbasis als auch den kontraktilen Vacuolen. Das Stigma lässt schon bei mittelstarker Ver- größerung deutlich einen großen Krystallkörper erkennen, der einer ziemlich schwach entwickelten halbkugeligen Pigmentosa aufliegt (Taf. VIII, Fig. 6). Den für Chlamydomonas geschilderten Bau des Augenfleckes fand ich auch bei allen untersuchten farblosen Mastigophoren, wie bei Polytoma uvella (Taf. VIII, Fig. 13) und Anthophysa vegetans, deren Individuen, entgegen der Angabe BürscnLr's, nach meinen Untersuchun- gen regelmäßig ein Stigma zukommt; die in dieser Hinsicht zweifel- hafte Peranema trichophorum zeigte nie einen Augenfleck. Der Krystall- und die Linsenkörper wurden bereits von mehreren Forschern an einzelnen Mastigophoren gesehen, jedoch in ihren Lage- rungsverhältnissen etc. nicht richtig erkannt, und desshalb falsch gedeutet, indem einzelne Autoren wie KünstLer und Poucher, den- selben eine zu weit führende Bedeutung zuschrieben. Die detaillirtesten diesbezüglichen Angaben verdanken wir Künst- LER, dessen Ergebnisse wir im Folgenden wiedergeben können !. Auf Grund einiger Untersuchungen an Phacus sp. und Trachelo- monas hispida generalisirt KünstLer seine Ergebnisse für alle übrigen Flagellaten. Nach ihm besteht der Augenfleck bei Phacus aus einer vacuolären Plasmaschicht, welcher in dem gekrümmten Stigmenkörper nur an der einen Seite Pigmentkörner eingelagert sind (KünstLer’s Choroidea), während »auf der entgegengesetzten Seite des Körperchens die reticu- läre Substanz licht, homogen und durchsichtig wird.«?. Bei Phacus und Trachelomonas sah KünstLer auch den Krystall- körper, der nach ihm durch die Umwandlung der Chorioidea gebildet wird. Weniger enthalten die Untersuchungen von Kızss®, welche ihn zu dem Ergebnis führten, dass der Augenfleck aus einer plasmatischen netzigen Grundmasse bestehe, in welcher das Pigment in Form tröpfehenähnlicher Körperchen die Maschen desselben ausfüllt; andere Differenzirungen nahm Kress nicht wahr, ihm war also nur die Pig- mentosa bekannt. Eine ziemlich richtige Beschreibung eines Augenfleckes verdanken 1 J. KünstLer, Recherches etc. p. 487—490. 2 J. KünstLer, 1. c. p, 489, 3 G. Kress, 1. c. p. 260. 150 Rudolf Franze, wir Bausıanı!. Genannter Autor beschreibt das Stigma von Pandorina Morum als eine stark lichtbrechende Kugel, welche theilweise von einer rothen Substanz umhüllt wird; Ähnliches schreibt auch Poucner ? von Gymnodinium Polyphemos, nur soll sich bei dieser marinen Dino- flagellate zwischen der Pigmentosa und der Linsenschicht noch ein Stiel vorfinden, welcher beide Theile verbindet. Die weitaus richtigste Beschreibung einiger Stigmata gab jedoch G. Entz?, welcher die Krystall- und Linsenkörper einiger Flagellaten wahrnahm. Die Substanz der Pigmentosa, — deren Farbe vom Lichtrosenrothen (junge Euglena viridis, E. Ehrenbergii [Taf. VIII, Fig. 3]) bis zum Dunkelpurpurrothen fast Schwärzlichen (Anthophysa vegetans, Poly- toma uvella (Taf. VIII, Fig. 13) wechselt, — war schon oft Gegenstand mikrochemischer Untersuchungen (Dusarpın, Kress, BürschLi, EnTz etc.) ; trotzdem sind wir über deren eigentliche chemische Beschaffenheit noch ziemlich im Unklaren. Der größte Theil der Reaktionen weist auf eine ölartige Substanz, welche in einer Plasmaschicht in Gestalt kleiner Tröpfehen suspendirt ist, darauf weist z. B. die leichte Löslichkeit in Alkohol und Äther und auch jene Beobachtung von G. Kızss?, nach welcher die Stigmata der Euglenen bei hoher Temperatur missfarbig werden, während die Pigmenttheilchen zusammenfließen. Die Reaktionen, welche ich zum großen Theile bestätigen kann, lassen auch auf chemische Überein- stimmung mit dem Hämatochrom schließen. Über die chemische Beschaffenheit der Linsenschicht finden wir in der Litteratur nur die Angabe G. Entz’s®, dass die lichtbreechenden Körperchen, welche er von dem Stigma der Eutreptia viridis be- schreibt, nach Jodbehandlung farblos bleiben und erst später gebräunt werden. Meine diesbezüglichen Ergebnisse bei Eugleneen kann ich in Folgendem zusammenfassen ®. Die Substanz der Krystall- wie der Linsenkörper wird durch Ein- wirkung von Wasser oder Alkohol nicht verändert, dasselbe Resultat 1 E. Bausıanı, Les organismes unicellulaires. Les Flagelles. Journ. de Micro- graph. 1882. p. 428. ?2 G. Poucaer, 1. c. (cit. nach P., ScHiLLing p. 244). 3 G. Entz, Studien über Protisten. I. p. 308. 4 G. Kress, 1. c. p. 264. 5 G. Entz, Die Flagellaten der Kochsalzteiche zu Torda und Szamosfalva. Naturhist. Hefte. Bd. VII. p. 460. 6 Ich benutzte zu diesen wiederholten Versuchen Euglena viridis, Phacus pyrum und Ph. parvula. | Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. 151 gaben auch, sowohl verdünnte, wie koncentrirte Salzsäure und ver- dünnte Salpetersäure; Kalihydroxyd dagegen bewirkt eine fast augen- blickliche Quellung und Lösung, wodurch die Farbstoffkörnchen der Pigmentosa aus einander gesprengt werden; endlich werden die Linsenkörper von Chlorzinkjod nicht gefärbt. All diese Versuche er- gaben mit unumstößlicher Gewissheit, dass die Linsen- und Krystall- körper der Eugleneen aus Paramylon bestehen; dieselben sind daher Produkte des Stoffwechsels. Wir können also a priori annehmen, dass auch die Linsenkörper, betreffs der Größe und Zahl von der Intensität des Stoffwechsels abhängen; und thatsächlich finden wir, dass bei längere Zeit im Dunkeln gehaltenen Euglenen sowohl die Größe als auch Zahl der Linsenkörper im Verhältnisse des Verbrauches des Reserve- paramylons abnimmt; darauf weist auch die so variable Zahl des Vorkommens, und der Umstand, dass bei soeben getheilten Eugleneen, welche nur minimale Paramylonkörner enthalten, auch das hellrothe Stigma keine oder doch wenige kleine Linsenkörper enthält. Die oft so regelmäßige Lage der Linsenkörper haben wir demnach in der regelmäßigen Vertheilung der Entstehungscentren zu suchen. Die Linsenschicht der Chlamydomonaden und Volvocineen wird durch Jod gebläut, eben so die der farblosen Mastigophoren, wie ich dies mit Bestimmtheit von dem Stigma der Polytoma uvella behaupten kann, die Stigmata dieser Flagellaten bestehen daher aus Amylum; Chrysomonadinen standen mir leider nicht zur Verfügung, um sie in dieser Hinsicht untersuchen zu können. Das für die Euglenoideen Gesagte hat demnach auch für grüne Mastigophoren seine Gültigkeit. IT. Wie auch der größte Theil der Forscher mehr oder weniger Details an den Stigmata wahrnahm, so weichen auch die Meinungen über die physiologische Bedeutung dieser Gebilde weit aus einander. Der eine Theil der Autoren betrachtet die Stigmata nach v. Sırsorv’s ! Vorgange als zum Sehen kaum geeignet, so z. B. Stein und Kızss, andererseits wollen Künster und PoucHer in den Stigmata sämmtliche Bestandtheile des Wirbelthierauges wiederfinden und betrachten dieselben als zur Licht- und Farbenperception sehr geeignete, hochorganisirte Sinnes- organe. Diesen zwei, sich so schroff und unvermittelt dastehenden An- sichten gegenüber ist es am zweckmäßigsten von ihnen unabhängig, ! Ta. v. SızsoLp, Vergl. Anatomie der wirbellosen Thiere, 4845. p. 44. 152 Rudolf Franze, auf Grund der von mir für den Augenfleck der überwiegenden Mehr- zahl der stigmaführenden Mastigophoren nachgewiesenen Struktur- eigenthümlichkeiten zu ergründen, in welchem Maßstabe die Organi- sation der Stigmata Licht- und Farbenempfindung zulässt, dass, und in welch’ hohem Grade die chromatophorenhaltigen Flagellaten licht- empfindend sind, brauche ich nicht weiter zu erörtern. Die allen Autoren bekannte feinkörnige Pigmentosa, welche sich immer von dem umgebenden Protoplasma scharf abgrenzt, ist, vermöge ihres rothen Pigmentes besonders zur Absorption und in Folge dessen — wie dies zuerst G. Jäcer! bezüglich des Wirbelthierauges hervorhob — wie auch durch ihre plasmatische Grundsubstanz zur Lichtem- pfindung geeignet. Da nun bisher bei Protozoen kein Nervensystem bekannt ist, welches durch seine Sensibilität Sinneswahrnehmungen gestattet, und ferner im Mastigophorenkörper keine andere zur Licht- absorption so geeignete Stelle, als eben das Stigma sich findet, können wir mit Bestimmtheit annehmen, dass durch die Pigmentosa Licht- empfindungen vermittelt werden; diese beschränken sich freilich nur auf das allgemeine Gefühl des Lichtes oder der Dunkelheit?. Durch die plasmatische Pigmentosa werden aber auch noch andere Reize zum Bewusstsein gebracht, da einem allgemein bekannten physikalischen Gesetze zufolge dunkle Körper nicht nur mehr Licht, sondern auch Wärmestrahlen absorbiren, so dass die Pigmentosa nicht nur zur Licht-, sondern auch Wärmeperception geeignet erscheint. Es ist nun schon a priori wahrscheinlich, dass bei den Mastigo- phoren Licht- und Wärmereize dasselbe nur verschieden intensive Gefühl erzeugen, daher als Empfindung nicht von einander geschieden werden können. Diese Voraussetzung wurde durch meine in dieser Hinsicht ange- stellten und mehreremals wiederholten Versuche? vollkommen be- stätigt. 1 G. Jäger, Die Organanfänge. I. Kosmos. Bd. I. 1877. p. 98. 2 EnGELMANN (Über Licht- und Farbenperception niederster Organismen. PrLüser’s Archiv f. d. ges. Physiologie. Bd. XXIX. 1882. p. 387) giebt für Euglena auf Grund seiner spektroskopischen Untersuchungen an, dass die unmittelbar vor dem Auge liegende Schicht lichtempfindlich sei. Vor dem Stigma liegt entweder das farblose Cytoplasma oder Theile des Chlorophors; bei der allgemeinen Sensi- bilität des Protoplasmas sind diese, ja auch, wenn zwar nur wenig, lichtabsor- birende Differenzirungen lichtempfindlich. 3 Ich benutzte zu diesen Versuchen eine lange, dünne Glasröhre, welche an beiden Enden verschlossen werden konnte, an dem einen Ende jedoch von — je nach den einzelnen Versuchen — verschieden temperirtem (30—55° C.) Wasser bespült wurde; die ganze Vorrichtung befand sich in einem verfinsterten Raume, Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. 153 Ich ließ nämlich auf im Dunklen gehaltene Eugleneen! eine einseitige Wärmequelle successive bis zu 55° C. einwirken, bei welcher Temperatur dann bei den Eugleneen meist die Wärmestarre eintritt, während bei niederen Temperaturen (30—40° C) sich die Individuen der Wärmequelle größtentheils näherten. Zur Vorsicht ließ ich die Wärme auf der entgegengesetzten Seite der früheren Beleuch- tung einwirken, so dass eine Nachwirkung der früheren Lichtquelle ausgeschlossen erscheint. Diese Versuche ergaben aber gleichzeitig, dass die Eugleneen auf Wärmewirkung weder so prompt noch so intensiv reagirten, wie auf Lichteinwirkungen; die Thermotaxie? steht daher der Phototaxie an Intensität weit nach. In beiden Fällen muss jedoch auch das Athmungs- bedürfnis in Betracht gezogen werden, da bei längerem Verweilen unter dem Deckglase Athmungsgasmangel eintritt, die Eugleneen daher natur- gemäß sich an den Rand der Flüssigkeit begeben werden, wie wir Ähnliches auch bei anderen Protozoen bemerken können. Der zweite Bestandtheil des normal gebauten Stigma ist die Linsenschicht, in welcher wir zwei Bestandtheile unterscheiden können, welche aber physiologisch übereinstimmen. Diese Bestandtheile sind der Krystall- und die Linsenkörper; be- trachten wir die Funktionen beider Differenzirungen. Der Krystallkörper liegt entweder innerhalb der dann meist halbkugelförmig gebogenen Pigmentosa, oder er ragt an beiden Seiten über dieselbe hervor, wie ich dies für Euglena acus (Taf. VIII, Fig. 24) zeigte. In keinem Falle kann durch ihn ein wahrnehmbares Bild erzeugt werden, da bei der minimalen Größe desselben kein Bild auf die Pigmentosa geworfen werden kann. Eben so stehen die Verhält- nisse, wenn der Krystallkörper der Pigmentosa aufliegt, sowie auch bei den accessorischen Körperchen. Die Stigmata der farblosen Formen, sowie der Chlamydomonaden, zahlreicher Volvocineen, Dinobryineen (und sehr wahrscheinlich gehören auch die Chrysomonaden hierher) sind nur einfache, kugelige Linsen, welche von einer feinkörnigen Pigmentosa ganz umgeben werden. Diese Krystallkörper können aus derselben Ursache, wie die Linsen- körper der Eugleneen keine Bilder zu Stande bringen; wir haben auch in ihnen nur solche Gebilde zu erblicken, welche lediglich zur Licht- koncentration dienen. Die Funktion der Stigmata besteht daher nur darin, dass die I! Ich machte diese Versuche mit Euglena viridis, Phacus pyrum und Ph. par- vula, welche alle das gleiche Ergebnis gaben, 2 Wie wir das Reagiren auf Wärmeeinwirkungen bezeichnen können, 154 Rudolf Franze, Lichtstrahlen nach ihrer Intensität als verschieden starke Lichtempfin- dung zum Bewusstsein gebracht werden!. In Anbetracht der ziemlich komplicirten Struktur könnten wir geneigt sein, den Stigmata der Mastigophoren ein bedeutendes Seh- vermögen zuzuschreiben, wie z. B. Künster, der die Stigmata direkt » Augen« nennt?. Doch dem ist nicht so. Wir können die Frage, welcher Art sind die von den Mastigo- phoren empfundenen Lichteindrücke, dahin beantworten, dass die Stigmata nicht zum Erkennen der Gegenstände, sondern nur zur Unter- scheidung von licht und dunkel dienen können, keineswegs nicht einmal eine scharf umschriebene Silhouette des betreffenden Gegen- standes bieten ; Farbenempfindung ist in Anbetracht, dass nicht einmal so hoch organisirte Thiere wie Mollusken zur Farbenperception geeig- nete Augen haben, jedenfalls ausgeschlossen. Die Hauptaufgabe der Stigmata besteht jedenfalls darin, die Richtung des Lichtes und eventuell der Wärme zum Bewusstsein zu bringen, um so dem hohen Sauerstofibedürfnis der Mastigophoren entgegenzukommen. KünstLer vindieirt den Stigmata eine bedeutend höhere Aufgabe und führt zur Unterstützung seiner Ansicht an, dass die Augenflecke bei den in Dunkelheit gehaltenen Flagellaten schwinden °. Meine diesbezüglichen Versuche führten mich jedes Mal zu einem negativen Resultat; ich konnte die Stigmata auch an wochenlang im Dunkeln kultivirten Eugleneen konstatiren. Durch die ungünstigen Ernährungsverhältnisse wurde natürlich das Paramylon verzehrt und auch das Chlorophor größtentheils degenerirt; die so geschwächten Individuen waren meistentheils von Chytridiaceen inficirt, wodurch sich sehr häufig rothes Öl bildete; in Folge der dadurch eingetretenen Degeneration waren auch die Stigmata häufig in die einzelnen Pigment- i Interessant und zu Gunsten meiner Ansicht sprechend ist in dieser Bezie- hung das Vorkommen von wirklichen Ocellen bei Protozoen, und zwar bei der von R. Hertwiıe (Erythropsis agilis. Eine neue Protozoe. Morphol. Jahrbuch, Bd.X, 1884, p- 204—243, Taf. VI) entdeckten Erythropsis, welche marine Form auf der linken Seite »eine ocellusartige Bildung« trägt, welche aus einer kugeligen und koncen- trisch geschichteten Linse, und einem nach innen scharf begrenzten, rostbraunen Pigmentkörper besteht (BürscaLı, Protozoen, p. 4772). METSCHNIKOFF (Zur Streitfrage über Erythropsis agilis. Zool. Anz., VIII, 4885, p. 433—434) glaubte außerdem noch eine unter der Pigmentosa liegende »nervöse « Plasmaschicht bemerken zu können. Es sind jedoch noch weitere Untersuchungen abzuwarten. 2 J. KünstLer, Les » yeux« des Infusoires flagelliferes. Journ. de Micrographie, T.X. p. 493—496. 3 O, Bürscauı, Protozoen. p. 736. - Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. 155 körnchen zerfallen, und dies mag wohl Künstrer als Beginn des Stigmen- schwundes aufgefasst haben; doch ist dies, wie ich nochmals hervor- hebe, nur ein Symptom der Chytridiaceeninfektion, und keineswegs bei jedem Individuum der Fall. Interessant war, dass bei den meisten Individuen die Linsenkörper mehr oder weniger fehlten, ein neuerlicher Beweis, dass diese Gebilde aus Paramylon bestehen, indem sie in diesem Falle eben so, wie die anderen Reserveparamylonkörper aufgezehrt wurden. Von den eigentlichen Stigmen leiten einige eigenthümliche Ge- bilde zu jenen Organen des Mastigophorenkörpers, welche Stein als »Mundleiste« bezeichnete, und welchen Bürscazi! ebenfalls Lichtem- pfindung zuschreibt. Hier wäre in erster Linie jenes blassröthliche Körperchen zu nennen, welches Crark? als Stigma auffasst und welches er bei Pera- nema trichophorum immer gefunden haben will, eine Angabe, ‘welche auch Perry für einige Fälle bestätigt. Ich meinerseits habe bei meinen vielfachen Untersuchungen des Peranemeenkörpers nie ein derartiges Gebilde bemerkt, auch Kress ? erwähnt in seiner Eugleneenmonographie nichts davon; wahrscheinlich beruhen die Angaben obgenannter Forscher auf Interferenzerscheinungen eines wenig achromatischen Mikroskopes, welches ein Plasmakörnchen mit einem rosenrothen Saum versehen als Stigma vortäuschte. Hierher gehört auch jener farblose Augenfleck, welchen Perırran ! nicht selten bei Dinobryon fand, hierher gehört auch die von mir be- schriebene saline Chlamydomonas halophila5, welche zuweilen am Vorderende vis-a-vis dem normal gebauten rothen Augenfleck auch ein ungefärbtes Stigma trug. Wir können uns diese Verhältnisse so erklären, dass hier die Bildung des Farbstoffes in der Pigmentosa unterblieb, so wie wir Ähnliches von den Augen mancher blinden Krebse wissen, wo auch die Pigmentschicht, die Choroidea mangelt. Ich will übrigens noch bemerken, dass ich sowohl bei Dinobryon sertularia, wie auch bei Dinobryon stipitatum immer nur den einfach gebauten rothen Augen- fleck bemerken konnte. 1 O. BürscaLı, op. cit. p. 737. 2 J. Crark, On the Spongiae ciliatae as Infus. Flagell. etc. Annals a. magaz. nat. hist. 4 ser. Vol. I. p. 250. Tab. VI, Fig. 45. 3 G. Kress, op. cit. p. 324—326. * J. PELLETAn, Note sur la reproduction du Dinobryon an Journ. de Micrograph. T. VII. 1883,.p. 77—80. 5 R. Franze, Studien zur Systematik einiger Chlamydomonaden. Naturhistor., Hefte etc. Budapest. Bd. XV, 4, Heft. 156 Rudolf Franze, Diesen Bildungen ähnlich ist jenes eigenthümliche strich- oder leistenförmige Organ, welches Steın mit dem Namen »Mundleiste « bezeichnet. Diese Gebilde sind bisher nur von Monas guttula, M. vivipara und CGyathomonas (= Goniomonas St.) truncata St. bekannt, und stellen ein dunkel erscheinendes stark lichtbrechendes und häufig etwas ge- bogenes Stäbchen dar, welches immer in der Nähe der Geißelbasis in etwas schiefer Richtung situirt ist. Bürscarı ! war der Erste, der für Gyathomonas (seine Spumella) truncata nachwies, dass deren Mundleiste »aus einer Anzahl stark lichtbrechender, neben einander gereihter Körner besteht«; Weiteres finden wir bei Fısca?. Ich habe dieses Gebilde sowohl bei der in Infusionen gemeinen Oikomonas termo, als auch bei Cyathomonas truncata eingehend unter- sucht (Taf. VII, Fig. 16), und habe auch bei Oikomonas eine Zusammen- setzung aus mehreren (bis fünf) kleinen, stark lichtbrechenden Körn- chen gefunden, so dass das Gleiche auf für die mir leider nicht zu Gebote stehende Monas vivipara wahrscheinlich ist. Die Bedeutung dieser noch wenig bekannten Gebilde ist noch völlig im Unklaren. Bürscat: ? hält dieselbe für farblose Stigmata, doch scheint mir diese Auffassung aus folgenden Gründen unzulässig. Die langgestreckte Gestalt weicht von dem bisher bekannten all- gemeinen Typus. der Stigmata ab, und nähert sich den noch unklaren Verhältnissen der Chlamydomonas obtusa und Chlorogonium euchlo- rum (vgl. Taf. VII, Fig. 7 mit Taf. VII, Fig. 16 und Taf. VIII, Fig. 12); zu Gunsten der Auffassung als Stigmata spräche zwar die Zusammen- setzung aus Körnchen. Es ist jedoch sehr fraglich, ob wir der Mund- leiste die Bedeutung eines Stigmas zu vindiciren berechtigt sind, wenn wir in Betracht ziehen, dass bei der mundleistenführenden Monas vivipara ein schön rubinrother Augenfleck bekannt ist; ferner kommen farblose Stigmata, wie bei Chlamydomonas und Dinobryon nur aus- nahmsweise und vereinzelt neben der überwiegenden Mehrzahl der Fälle von rothen Stigmata vor, während die Mundleiste der Monaden immer farblos ist. Auch die konstante Lage der Mundleiste spricht für meine Auffassung. Selbstverständlich ist die Mundleiste auch zur Lichtperception i O0. Bürscatı, Beiträge zur Kenntnis der Flagellaten und einiger verwandter Organismen. Diese Zeitschr. Bd. XXX. p. 213. 2 Fısca, Untersuchungen über einige Flagellaten etc. Diese Zeitschr. Bd. XLII 4. Heft, 3 O. BürscaLı, Beiträge etc. p. 214. — Cf. Protozoen. p. 727. Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. 197 geringen Grades geeignet, nämlich nur in dem Maßstabe, wie wir dies von jedem stark lichtbrechenden Körnchen des ohne Nerven sensiblen Protoplasmas annehmen können. Möglicherweise steht die Mundleiste mit den Geißelverhältnissen oder mit dem Collar (über dessen Vorkommen bei zahlreichen Monaden ich demnächst ausführliche Mittheilungen machen werde) in Verbin- dung; auffällig ist es auch, dass die Mundleiste nach den Untersuchun- gen CiEnkowsky’s' bei Oikomonas termo (die Spumella vulgaris C1en- Kowsky’s), von der Geißelbasis immer in der Richtung gegen die kontraktile Vacuole führt (Taf. VII, Fig. 16), was jedoch nach meinen Untersuchungen durchaus nicht immer der Fall ist. Welch’ immer aber auch die Bedeutung der Mundleiste sein mag, so viel erscheint mir sicher, dass wir in ihr nicht ein specifieirtes Licht- empfindungsorgan zu erblicken haben; dass sie ein wichtiges Organ des Körpers ist, zeigt ihr nahezu konstantes Vorkommen und der Umstand, dass sie sich, wie wenigstens aus den Zeichnungen CiEn- Kows&y’s? hervorgeht, bei der Theilung vermehrt. Während die Aufgabe der Stigmata bei den chromatophorenhaltigen Förmen sich hauptsächlich darauf richtet die Individuen dem Lichte zuzuführen, scheinen die farblosen Flagellaten eben im Gegentheile sich vor dem Lichte zu flüchten. So ergaben meine wiederholten Ver- suche mit Polytoma uvella mit Bestimmtheit Photophobie, obwohl die Individuen auf Lichteinwirkung nicht so prompt reagirten, wie die hoch photophilen Euglenen. Ähnliche, weniger bestimmte Ergebnisse wie für Polytoma erhielt ich auch für Oikomonas termo, Bodo saltans, Cyathomonas truncata und CGercomonas longicauda, doch war bei allen diesen Monadinen und Cryptomonaden die Photophobie weniger ausgesprochen; jedenfalls müssen wir hier das, wie es scheint, ziemlich hohe al sehr in Betracht ziehen. Aus diesen Versuchen ging aber auch außerdem hervor, dass stigmafreie Formen wie Bodo und Cercomonas dennoch, wenn auch in geringem Grade, lichtempfindlich sind; dies ist eben der allgemeinen Sensibilität des Protoplasmas zuzuschreiben. - Bei allen den oben angeführten stigmataführenden Mastigophoren scheint daher dem Stigma eine andere, eben entgegengesetzte Aufgabe zuzufallen, wie bei den chromatophorenhaltigen, stigmaführenden Formen; der Augenfleck dient hier dazu, um die Individuen eben vom I CIENKOWSKY, Über Palmellaceen und einige Flagellaten. Archiv für mikr. Anat. Bd. VI. p. 432—434. Taf. XXIV, Fig. 44—56. 2 CIENKOWSKY, Op. cit. Taf. XXIV, Fig. 52, 54. 158 Rudolf Franze, Licht fernzuhalten, gewissermaßen als »Warnorgane«, wie wir Ähnliches von gewissen schlammbewohnenden Turbellarien wie z. B. Plagiostomum Girardi (Schmarda) Graff kennen. Thermotaktische Versuche mit den farblosen Formen führten zu keinem positiven Resultate, jedoch scheint im Allgemeinen Thermo- philie vorzuherrschen; das Verhältnis zwischen Thermotaxis und Phototaxis einerseits, und Chemotaxis andererseits ist noch ganz im Unklaren; dieses noch sehr vernachlässigte Feld der Physiologie ver- spricht späterer Forschung reichen Lohn. Es bleibt noch die Frage, können wir in den Stigmata Homologa der Sehorgane der Metazoen sehen, und wenn ja, welche Thiergruppe stimmt in dieser Beziehung mit den Mastigophoren überein? Schon von Enrengerc! wurden die Augenpunkte der Infusorien den Augen der Daphnien und Cyclopiden homologisirt; während jedoch die spätere Forschung in dem Auge der letzteren eine verhältnismäßig große Komplikation erkannte, blieben unsere Kenntnisse über die Stigmata bis in neuester Zeit so ziemlich auf dem Standpunkte Euren- BERG’S, wodurch jeder Versuch einer Vergleichung beider Organe im Keime erstickt wurde. Erst KünstLer? homologisirt das »ÄAuge« der Flagellaten in jeder Beziehung mit den Sehorganen der Turbellarien, wie auch Kızss3 »eine weitgehende Ähnlichkeit mit dem Rotatorien- und Cyelopsauge « zugiebt. Betrachten wir zuerst die Sehorgane der genannten Thiere näher, um sie dann mit den Stigmata vergleichen zu können. Bei den Türbellarien besteht das entweder ein- oder mehrzellige Auge, wie dies aus den Untersuchungen J. Carrıkre’st, — welche ich durch eigene Untersuchungen ebenfalls an Polycelis nigra bestätigen kann, — hervorgeht, im einfachsten Falle aus einer einzigen Zelle, »deren vorderer, peripherer Theil Pigment, deren centraler, oder axialer, den hyalinen Innenkörper abgeschieden hat«; zu diesen ein- fachen Organen führt ein Nerv, welcher vor dem Auge zu einem Ganglion anschwillt. Diese Augen leiten durch die bei den Rhabdocölen vorkommen- 1 Car. G. EHRENBERG, Über die Entwicklung und die Lebensdauer der Infu- sionsthiere etc. Abhandl. der Berl. Akad. 1834. p. 12. — Dritter Beitrag zur Er- kenntnis großer org. Ausbild. etc. Ibidem. 1833. p. 193. — Infusionsthierchen etc. p. 491. 2 J. KünstLer, Recherches sur la morphologie etc. p. 487. 3 G. Kress, Organisation einiger Flagellaten. Unters. aus dem bot. Institut zu Tübingen. Bd. I. p. 262. 4 J. CARRIERE, Die Augen von Planaria polychroa und Polycelis nigra Eb. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XX. p. 4160—174. Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren, 159 den höchst einfachen, jedoch mehrzelligen Augen!, zu den Sehwerk- zeugen der Rotatorien. Diese noch wenig erforschten und weiterer Forschung noch ein weites Arbeitsfeld bietenden Augen schließen sich, wie ich nach meinen Untersuchungen an Philodina erythrophtalma, roseola, aculeata?, No- tommata vermicularis, Monostyla lunaris, Euchlanis luna, Brachionus urceolaris und Anderen mittheilen kann, in morphologischer Hinsicht am nächsten an die Stigmata der Mastigophoren an. Diese Gebilde stellen nämlich rothe, in Ein- oder Mehrzahl vor- kommende, immer scharf kontourirte, verschieden geformte Körper dar, welche entweder dem Gehirnganglion aufliegen, oder, wie bei Stephanops zu beiden Seiten des Körpers, jedoch immer dorsal situ- irt sind. | Sie bestehen ausnahmslos aus einer rothen Pigmentschicht, welche sowohl in chemischer, als auch morphologischer Hinsicht vollkommen mit der Pigmentosa der Mastigophoren übereinstimmt. Diese in zahlreichen Fällen halbkugelig gebogene Pigmentschicht umschließt einen großen Krystallkörper, welcher entweder in der Einzahl, wie bei Stephanops lamellaris, Monostyla lunaris, und Notom- mata vermicularis?, oder aber wie bei Euchlanis luna, Philodina erythrophtalma, roseola, aculeata? etc. von kleinen, peripherischen Linsenkörperchen umgeben ist. Interessant ist, dass auch die Augen mancher Räderthierembryonen, welche schon in einem frühen Entwicklungsstadium vorhanden sind, später aber schwinden — so dass sie bei dem ausgebildeten Thiere nicht mehr vorhanden sind —, dieselbe Struktur zeigen, wie die Augen der anderen Räderthiere; wie ich dies für die Larvenaugen von Flos- ceularia ornata behaupten kann, welche aus einer grobkörnigen Pigmen- tosa und einem großen Geritraleii! durch die BIEmEN Ich halb verdeckten Linsenkörper bestehen. Wir finden also manches Übereinstimmende zwischen den Augen der Rotatorien und den Augenflecken der Flagellaten, was jedenfalls, da die Bedeutung des Räderthierauges außer allem Zweifel steht, dafür spricht, in den Stigmata physikalisch zur Lichtempfindung geeignete Organe zu betrachten. In mancher Hinsicht übereinstimmend scheint mir auch das 1 Ch. L. v. GrarF, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. Leipzig 1882. ü 2 Cf. diesbez. S. Bartsch, Die Räderthiere etc. (Ungarisch.) p. 32. Diese Augenverhältnisse bedürfen den widersprechenden Angaben Leypie’s und DUJARDIN’S zufolge noch weiterer Untersuchungen, 160 Rudolf Franze, Turbellarienauge gebaut zu sein. Wir können dieses Organ auf eine Zelle zurückführen, welche durch theilweise Modifikationen zur Licht- perception geeignet wurde. Der tiefgreifende wichtige Unterschied zwischen den Augen dieser Würmer und den Stigmata der Mastigo- phoren beruht meiner Meinung nach darin, dass die Linsenschicht bei den letzteren nicht ein Sekret der Pigmentosa, sondern ein Produkt des Stoffwechsels, Paramylon, respektive Amylon ist, welches sich auch an anderen Stellen des Körpers bilden kann; dass wir die Stigmata der Mastigophoren immer mit Linsenkörpern versehen finden ist nun eine Folge des Kampfes ums Dasein, in welchem die mit, originell viel- leicht nur zufällig Linsenkörperchen enthaltenden Stigmen versehenen Individuen durch höhere Lichtempfindung, also besseres Sehen den Platz behaupteten; die Linsenkörper der Würmer dagegen sind im Laufe der phylogenetischen Entwicklung geerbte, und nicht originell, neu erworbene Bestandtheile des Auges, dessen Linsenkörper ein Sekret der Pigmentosa ist. Darin, und in dem Umstande, dass die Augen der Turbellarien und Rotatorien auch im ungünstigsten Falle immer wenigstens den morphologischen Werth einer Zelle besitzen, während die Stigmata ausnahmslos Zellenorgane sind, liegt der morphologische Unterschied beider Differenzirungen; die Funktionen beider Organe sind jedoch gleich, auch das Sehen der Rotatorien und Turbellarien kann sich nur auf Wahrnehmung von Licht und Dunkel beschränken. Eben aus der gleichen Funktion erklärt sich die morphologische Ähnlichkeit, wie wir hierfür im Thierreiche zahlreiche andere Beispiele finden können. Noch höhere Differenzirungen treten im Auge der Copepoden speciell der Cyclopiden auf. Die Augen der letzteren! sind immer mehrzellig, und bestehen nach CARRIERE ?, »aus einem unpaaren, medianen, bauchständigen und zwei rückenständigen, kugeligen Theilen, deren jeder von einer Anzahl durchsichtiger, stark lichtbrechender Zellen und einer großen schalen- formigen Pigmentplatte, in welcher die ersteren Zellen eingesetzt sind, gebildet wird«. Weiter auftretende Differenzirungen sind Wölbungen der Cuticula über dem Augenbulbus, welche eine Cornea darstellen, und eine Hülle, welche das ganze Auge umgiebt und Bindegewebe- fasern und Muskeln enthält, mit deren Hilfe das Auge bewegt werden kann, wie z. B. bei Diaptomus oder Temora?, eine Einrichtung, welche an das zusammengesetzte Auge der Gladoceren erinnert. 1 Vgl. C. Craus, Die freilebenden Copepoden etc. Leipzig 1863. p. 44—52. 2 J. D. CArRIERE, Sehorgane etc. p. 477. 3 C. CrAus, op. cit. p. 45. — Cf. J. Dapay, Monographia Eucopepodorum etc. Budapest 4882. p. 159. Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. 161 Ich will noch hinzusetzen, dass nach meinen Untersuchungen an Cyelops ornatus und C. phaleratus, die Pigmentbecher von einer netzi- gen Protoplasmamasse gebildet werden, in welcher kleine, rothe Pig- mentkörner eingelagert sind'!. Eben so sind auch die Pigmentbecher der Naupliusformen gebaut. Innerhalb jedes Pigmentbechers finden sich hyaline Sehzellen mit großem ovalen Kerne; über diese wölbt sich endlich die stark licht- brechende Cornea. Die Sehorgane der Cyclopiden stehen bezüglich ihrer Kompli- kation gegenüber den Flagellaten, aber auch den Rotatorien, auf einer hohen Stufe der Organisation; sie haben mit den Lichtempfindungs- organen dieser gar keine Homologitäten, wie dies die älteren Forscher und neuerdings Kress annahmen, als vielleicht die gleiche Struktur der Pigmentschicht und deren noch zweifelhafte chemische Überein- stimmung. Es blieben nur noch einige Worte über das Auge der Cladoceren, speciell der Daphniden s. str., in welchen ältere Forscher, wie Enken- BERG, ein Homologon der Stigmata erblicken wollten, es ist überflüssig nochmals zu betonen, dass zwischen diesen Gebilden keinerlei Über- einstimmung herrscht. Das originell paarig angelegte Daphnia-Auge? ist hoch organisirt, seine Krystallkegel, Retinulae, Rhabdome, sein besonderes Ganglion opticum, von welchem die Nervenfasern an die Retinulae treten, seine Muskeln etc., all dies weist mehr auf das Fächerauge der Arthro- poden, als auf das einfachste Camera obseura-Auge der niederen Würmer. Mehr Beziehungen zu dem Cyelopsauge hat das sogenannte Nebenauge, welches von Leypıs? den oberwähnten Gebilden gleich-- gestellt wird, aber weder dieses, noch das eigentliche Auge der Daphniden zeigt nicht einmal in der Ausbildung der Pigmentosa auch nur entfernte Ähnlichkeit zu den einfachsten Sehorganen der Mastigophoren. Zusammenfassung der Resultate. Die Stigmata der Flagellaten sind die einfachsten Sehorgane und bestehen aus einer plasmatischen, feinmaschigen Grundsubstanz, in welche zahlreiche, ölartige, rothe Körnchen eingelagert sind (Pigmen- 1 Worauf auch G. Kuess (Organisation, p. 262) hingewiesen hat. Neue Unter- suchungen sind auch in dieser Hinsicht höchst wünschenswerth. 2 cf. Dapay, Crustacea Cladocera Faunae Hungaricae. 4888. p. 45—47. 3 F, Leypıe, Naturgeschichte der Daphniden, 1860. p. 36—41. — Vgl. auch D. CARRIERE, Sehorgane etc. p. A72—A74. Zeitschrift f, wissensch, Zoologie. LVI, Bd, aA 162 Rudolf Franze, tosa), und aus entweder einem oder einigen bis zahlreichen stark lichtbrechenden, bei den Euglenoideen aus Paramylum, bei den übrigen Mastigophoren aus Amylum bestehenden Körnchen, welche meist regelmäßig, zuweilen jedoch regellos gruppirt eine Sonderung in größere, centrale oder acentrale Krystall- und kleinere immer zahl- reiche Linsenkörper erlauben. Die größeren Körnchen liegen meist in der Pigmentosa eingebettet, oder durchsetzen dieselbe, die kleinen Linsenkörper liegen der Pigmentosa auf. Außer diesen Stigmata können wir auch solche unterscheiden, welche aus einem größeren Amylonkorn, und einer dasselbe allseitig umhüllenden Pigmentosa bestehen; derartige Stigma sind die Regel bei den CGhlamydomonaden, Volvocineen, Dinobryineen und wahr- scheinlich Chrysomonaden, sowie bei den farblosen Formen, eine Aus- nahme bildet bisher Pandorina morum. Bei den Flagellaten dienen die Stigmata zur Lichtempfindung; der Krystallkörper koncentrirt das Licht, auch die Linsenkörper dienen zur Koncentration der Lichtempfindung; die Pigmentosa ist nicht nur eine lichtabsorbirende, sondern auch lichtempfindende Schicht. Die Stigmata dienen außer der Lichtwahrnehmung auch noch zur Wärmeempfindung; die Wärmeeinwirkung bringt thermotaktische Bewegungen hervor; dieselben äußern sich entweder als Thermophilie oder Thermophobie. Die Augen der Turbellarien und Rotatorien sind keine Homologa der Stigmata, sondern die äußerliche Ähnlichkeit beider Differenzirun- gen wird durch die gleichen Funktionen bedingt; noch viel weniger ist eine Vergleichung mit den Augen der Harpactiden und Cladoceren statthaft. Die sogenannte »Mundleiste« mancher Monaden ist wahrscheinlich bei sämmtlichen dieses Organ besitzenden Mastigophoren, so auch bei Oikomonas aus stark lichtbrechenden Körnchen zusammengesetzt; die eigentliche Funktion ist bis jetzt noch zweifelhaft, gewiss ist nur, dass sie keine specifieirte Lichtempfindungsorgane sind. Budapest, den 3. November 1892. Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren, 169 Erklärung der Abbildungen. Tafel VIII. Sämmtliche Figuren sind nach der Natur, bei — wo nicht anders angegeben — 650 facher Vergrößerung gezeichnet. Die Cuticularstreifen sind, um die Deutlich- keit des Bildes nicht zu stören, meistens nicht angegeben, Fig. 4. Euglena acus Ehrb. Ausnahmefall, in welchem das Pyrenoid hoch über den Vacuolen liegt. Fig. 2. Euglena spirogyraEhrb. Von der Seite gesehen; die halbkuge- lige, dem Sinus anliegende Pigmentosa enthält nur einen Krystallkörper. Fig. 3. Euglena Ehrenbergii Kl. Von der Seite gesehen. Der außer- ordentlich große Augenfleck lässt deutlich die großen Pigmentkörnchen der Pigmen- tosa, sowie den kleinen centralen Krystallkörper erkennen. Fig. 4. Phacus pyrum Stein. Der Augenfleck zeigt einen excentrischen Krystall und vier unregelmäßig gelagerte Linsenkörper. Fig.5. Eudorina elegans Ehrb. Ein Individuum der Kolonie von der Seite gesehen. Das abnorm große Stigma besteht nur aus einem großen Krystall- körper und einer kugeligen Pigmentosa. Fig. 6. Pandorina morum Ehrb. Halbschematisch. Das Stigma wird durch die halbkugelige Pigmentosa, welche den großen Krystallkörper nur an seinem unteren Theile umschließt, gebildet. Fig. 7. Chlorogonium euchlorum Ehrb. 800fach vergr. Das stäbchen- förmige Stigma liegt etwas oberhalb des Pyrenoides. Fig. 8. Phacus longicauda Duj. Das viereckige Stigma lässt einen cen- tralen Krystall- und fünf seitliche Linsenkörper erkennen. Fig. 9. Lepocinclis ovum Stein. Das große Stigma ist eine runde, gebo- gene Scheibe mit drei Paramylonkörnchen. Fig. 40—47 bei 650facher Vergr., Fig. 18—24 bei 800facher Vergr. gezeichnet. Sämmtliche Abbildungen sind aus zahlreichen Zeichnungen kombinirt, Fig. 10. Euglena oxyuris Schmarda. Von der Seite gesehen. Der ge- krümmte Stigmenkörper lässt sieben Paramylonkörnchen erkennen. Fig. 44. Volvox Globator Ehrb. Nach einem Präparate Prof. Dr. GEzA Entz’s. Ein Individuum des Coenobiums von der Seite gesehen, mit dem kleinen kugeligen Stigma. Fig. 42. Chlamydomonas obtusa A.Br. Die mit zahlreichen Pyrenoiden versehene Form, mit einem langgestreckten Stigma. Fig. 43. Polytoma uvella Ehrb, Im Vorderende liegt der beinahe sch warz- purpurne, kugelige Augenfleck. Fig. 44. Lepocinclis obtusa Franze. Das große Stigma lässt zahlreiche, der Pigmentosa aufliegende, regellos zerstreute Linsenkörper erkennen. Fig. 45. Chlorogonium euchlorum Ehrk. Microzoid mit sehr tiefliegen- dem Stigma. Fig. 46. Oikomonas termo Ehrb. Mit einem Faden angeheftetes und mit Collar versehenes Individuum. Die Mundleiste lässt deutlich die Zusammensetzung aus Körnchen erkennen. 44* 164 Rudolf Franze, Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. Fig. 17. Stigma von Trachelomonas volvocina Ehrb. mit der feinkör- nigen Pigmentosa und dem centralen Krystallkörper. Fig. 418. Stigma von Euglena viridis Ehrb. Typische Form. Fig. 49. Stigma von Euglena viridis Ehrb. mit einwärts liegenden Linsen- körperchen. Fig. 20. Stigma von Euglena velata Klebs. Fig. 21. Stigma von Euglena acusEhrb. in der Seitenansicht; der Krystall- körper ragt zu beiden Seiten über die Pigmentosa hervor. Fig. 22. Stigma von Euglena deses Ehrb. Der Krystallkörper liegt der Pigmentosa auf. ] Fig. 23. Stigma von Euglena viridis Ehrb. Die Linsenkörper. sind stäb- chenförmig. Fig. 24. Stigma von Euglena velata Kl. Die Linsenkörper liegen der Pig- mentosa ganz regellos an. Fig. 47—24 sind halbschematisch gehalten. Bemerkungen über die Gattung Apus. von Dr. F. Braem in Breslau, Mit Tafel IX. Herr Aırkep E. Day, Professor am »Syrian Protestant College« zu Beirut (Syria), fand am 19. April d. J. in einem zehn englische Meilen nordöstlich von Gaza gelegenen Tümpel, der zu dem Dorfe Beit Tima gehört, zahlreiche Exemplare von Apus und Estheria, wovon er mir einige zur näheren Bestimmung übersandte. Die Estheria ist die von SEBASTIAN Fischer ! als besondere Art beschriebene E. hierosolymitana, welche nach GrugE? mit E. tetracera Krynicki übereinstimmt. Der Apus ist meines Wissens noch nicht bekannt. Zum Zweck der Bestimmung habe ich das Material der Breslauer Sammlung einer genauen Durch- sicht unterworfen, die ich um so lieber vollendete, als mir manche der bisher gültigen Angaben keineswegs hinreichend begründet zu sein schienen. Die Breslauer Phyllopoden-Sammlung ist Dank der Thätig- keit Gruse's eine so reichhaltige, dass ich auf Grund derselben sowohl die Angaben Gruse’s selbst, als auch namentlich die von F. BRAUER theils berichtigen, theils ergänzen zu können glaube. Brauer? hat behauptet, dass unter dem Namen Apus productus drei verschiedene Arten zusammengeworfen würden, die er als Lepi- durus Lubbocki n. sp., L. Grubei n. sp. und L. productus Bose be- zeichnet hat. Er unterscheidet dieselben nach der Größe und Form des Schildes, des Nackenorgans und des Rückenkiels, nach der Zahl der Zähne im Schildausschnitte, nach der Gestalt der Schwanzlamelle und nach der Zahl der beinlosen Segmente. In L. productus Bosc sieht ! Abhandl. Münch. Akad. VIII. 1860. p. 649. Taf. XX. 2 Über die Gattungen Estheria und Limnadia und einen neuen Apus. Archiv f. Naturgesch. XXXI, 4865. = 3 Verhandl. zool.-bot. Gesellsch. Wien. XXI. 1873, p. 493. 166 F. Braem, er die von ScHärrzr beschriebene Art (»krebsartiger Kiefenfuß! mit der langen Schwanzklappe«), welche neuerdings nur in der Umgegend von Wien wieder aufgefunden und demnach längs des Stromgebietes der Donau verbreitet sein soll. L. Grubei soll längs der Oder und bei Berlin vorkommen (GRUBE, v. SIEBOLD, GERSTÄCKER), vermuthlich auch bei Königs- berg i. Pr., Dorpat und Warschau beobachtet sein (ZannacaH). L. Lub- bocki wird als französische und sicilianische Form der Mediterranfauna zugeschrieben. Um über den Werth dieser Eintheilung ein Urtheil zu gewinnen, habe ich zuerst die Breslauer Spielart, L. Grubei, untersucht. Das Material, in der nächsten Umgebung Breslaus gesammelt und von GRUBE selbst etikettirt » Apus productus«), stammt vom Mai 1860, März 1861, 7. Mai 1866, Mai 1867 und 4. April 1868. Es ist in jeder Serie durch zahlreiche Exemplare vertreten. Die Untersuchung zeigte sehr bald, dass die Beschreibung Brauer’s, dem die Breslauer Form nur in drei Stücken vorlag, zu eng gefasst sei. Sie gilt für einzelne Individuen, nicht für deren Gesammtheit. Die neugeschaffene Art beruht auf der Einführung systematisch belang- loser, weil rein persönlicher Merkmale. Auch Exemplare der Wiener Form, des angeblich allein echten L. productus Bose, haben mir vorgelegen. Die Aufschrift bezeichnet sie als »Apus productus. Parndorf bei Neusiedl a. See. v. Türk«. Der Fundort ist derselbe, den Brauer angiebt. Ich will die von Brauer betonten Unterschiede kurz durchgehen. Nach Brauzr ist bei der Breslauer Form der Schild »am Vorder- rande kreisförmig«, bei der Wiener Form »parabolisch«. — Ich finde ihn bei mehreren Exemplaren aus Parndorf genau halbkreisförmig, bei solchen aus Breslau nach vorn etwas hervortretend, also ebenfalls »parabolisch «. | Bei der Breslauer Form soll das Nackenorgan »etwa 1/, länger als breit«, bei der Wiener »viel länger als breit, elliptisch« sein. — Bei vier Exemplaren aus Parndorf mit einer Schildlänge von 13,5 —21 mm (in der Medianlinie gemessen) ist das mittlere Verhältnis der Länge und Breite des Nackenorgans —= 0,45:0,27 mm; Minimum 0,40: 0,25, Maximum 0,50:0,30 mm. Bei fünf nahezu eben so großen Exemplaren aus Breslau ist das Mittel — 0,446 : 0,268 mm, Minimum 0,35 : 0,27, Maximum 0,53 : 0,32 mm. Die Form des Organs, sowie die Größe und Stellung der Augen stimmen gleichfalls überein. | Breslau: »Im Schildausschnitte jederseits ca. 21 abwechselnd L 2 1 »Kiefe« = Kieme, Bemerkungen über die Gattung Apus. 167 größere und kleinere Zähne.« Wien: »Jederseits ca. 18 bis 19 fast gleich große, selten mit einigen kleineren abwechselnde Zähne.« — Auf die Gesammtzahl der Zähne ist eben so wenig ein entscheidender Werth zu legen, wie auf das relative Verhältnis der größeren zu den kleineren. Ich finde bei jugendlichen Thieren die Zähnchen im Schildausschnitte zahlreicher und gleichmäßiger als bei älteren, wo sie wahrscheinlich nicht mehr durch neue ergänzt, sondern nur durch das Wachsthum modificirt und zum Theil verwischt werden. Sie erscheinen dann un- regelmäßiger, einige groß, andere sehr klein und weitläufig. Die äuße- ren, nach den Ecken des Ausschnittes zu gelegenen schwinden zuweilen fast gänzlich, so dass sie nur noch als braune Pünktchen am Rande hervortreten und man zweifelhaft wird, ob sie bei der Feststellung der Zahl zu berücksichtigen sind oder nicht. Da diese Frage fast jedes Mal zu erwägen ist, so werden die bezüglichen Angaben immer nur an- näherungsweise gelten können, wie denn offenbar in den meisten Fällen nur die deutlich ausgeprägten Zähne in Rechnung gezogen sind. Ich zähle bei 13 Thieren aus Breslau jederseits im Mittel 18,8 Zähnchen, Minimum 13 (Schildlänge in der Mediane 27 mm), Maximum 22 (Schild- länge 9 mm). Häufigste Zahl 20. Bei vier mittelgroßen Individuen aus Parndorf zähle ich 16, 18 und zweimal 20 Zähnchen. Unterschiede in Form oder Stellung sind nicht vorhanden. Übrigens ist zu bemerken, dass die Zahl auf beiden Seiten des vorspringenden Kiels fast nie über- einstimmt, was bereits ScuHÄrrer hervorhebt. Die letzte Rückenplatte soll bei Lep. Grubei und productus »jeder- seits mit einem starken Dorne« bewehrt sein, während bei L. Lubboeki von »einem Höcker « die Rede ist, »auf dem ca. 4 Dornen stehen«. — Hier muss erwähnt werden, dass der bedornte Höcker bei allen Apus- formen, also auch bei productus und Grubei, sowie bei cancriformis sich wiederfindet. Er ist das Basalglied eines fadenförmigen Anhangs, der auf jugendlichen Entwicklungsstadien vorhanden ist und später abfällt. Brauer hat diesen Anhang in seiner Mittheilung über die Ent- stehung des Apus productus Bose! gezeichnet, ohne seiner im Text zu gedenken. Bei Thieren von Apus cancriformis ist er bei einer Schild- länge von 2 mm noch nachweisbar. Ausnahmsweise findet er sich auch bei älteren Individuen, so bei einerd Apus productus mit 13 mm Schild- länge. Später bleibt nur die Narbe zurück, welche in einer mit dem Wachsthum des Thieres sich vergrößernden Warze besteht, deren Rand mit drei, vier und mehr Stacheln bewehrt ist. Diese sind nicht immer gleichmäßig entwickelt, zuweilen überragt einer die übrigen an Größe. 1 Sitzungsber. Kaiserl. Akad. d. Wissensch. Wien, Mathem,-Naturwissensch, Klasse. Bd. LXIX. 4. Abth. 4874. Taf. II, Fig. 6 d. 168 | F. Braem, Es herrscht jedoch darin keine feste Gesetzmäßigkeit, so dass der je- weilige Zustand für die Systematik belanglos bleibt. Die Warze findet sich auf der Rückenplatte jederseits von der Mediane, in der Verlänge- rung des inneren Randes der beiden langen Schwanzborsten (Taf. IX, Fig. 1,3, 7,12). Bei Lep. Grubei soll nach Brauer die Schwanzklappe 2'/mal so lang als breit, am Grunde etwas schmäler und am Rande mit feinen Borsten besetzt sein. Bei L. productus soll sie nur 41/y mal so lang als breit, am Grunde nur wenig verengt, stets breiter als am Ende, der Rand grob und ungleich gezähnt sein. — Von all diesen Unterschieden, die ich sorgfältig berücksichtigt habe, existirt nicht einer. Die eigenen Befunde Brauze’s hätten zur Vorsicht mahnen können. Bei einem der Breslauer Exemplare, welche Braurr vorlagen, ist die Schwanzlamelle nicht 2!/,, sondern nur 2mal so lang als breit (3,3 : 1,6 mm), bei einem von den drei Wiener Exemplaren, deren Maße angeführt werden, ist sie nicht A'!/, sondern 2!/amal so lang als breit (2,3: 1,0 mm). Schon hier also kehrt sich das angeblich normale Verhältnis um. Ich habe bei der Vergleichung beider Formen nicht den geringsten typischen Unterschied in der Gestaltung der Schwanzlamelle entdecken können. Durchschnittlich kann man sagen, dass die Länge derselben die Breite um das Doppelte übertrifft, wobei jedoch erhebliche Schwankungen zu Gunsten der einen oder der anderen Dimension vorkommen können. Denn die Form ändert sich bedeutend, je nach dem Alter und der Größe der Thiere. Bei einer Schildlänge von 6—8 mm bildet die Schwanzlamelle ein fast gleichseitiges Dreieck (Fig. I, 2), am Grunde ist sie viel breiter als in der Mitte. Sie wächst dann rasch in die Länge, so dass sie zungenförmig erscheint (Fig. 3, %), wobei sich die Differenz zwischen ihrer Breite am Grunde und der in der Mitte immer mehr verringert. Bei einer Schildlänge von ungefähr 20 mm hört diese Diffe- renz ganz auf und die Seitenränder verlaufen nahezu parallel (Fig. 5). Die Lamelle wächst dann in ihren distalen Theilen noch fort, während das Wachsthum am Grunde bereits erloschen ist, und daher ist sie bei alten Thieren in der Mitte am breitesten, in der Nähe der Basis ver- schmälert (Fig. 6). Dieser letztere Zustand darf also keineswegs als charakteristisch für die Breslauer Form bezeichnet werden, da er nur bei großen Individuen und im späteren Lebensalter auftritt. Der Rand der Lamelle ist grob und ungleich gezähnt (Fig. 1—6), doch können die Zähne mitunter an den Seitenrändern stellenweise gänzlich fehlen (Fig. 5, 6). An der Spitze findet sich stets ein durch zwei große Zähne begrenzter Einschnitt, in welchem ein oder mehrere kleinere Zähne stehen, und dessen Tiefe meist mit der Vergrößerung Bemerkungen über die Gattung Apus. 169 der Lamelle zunimmt. Nur selten geschieht es, dass der Einschnitt völlig verwächst und die Lamelle mit einer einfachen gezähnten Spitze endigt. Auf dem medianen Kiel der Lamelle steht eine Reihe kräftiger, ziemlich gleich großer Dornen von wechselnder Zahl, die bei 25 darauf hin untersuchten Thieren von 5 bis I1 schwankt. Gewöhnlich kommen neben diesen großen Dornen auch ganz kleine vor. Ein Unterschied zwischen der Breslauer und der Wiener Form — Brauer giebt bei Lep. Grubei ca. 16, bei Lep. productus ca. 6 Dornen an — findet nicht statt. Um die Wachsthumsverhältnisse und die Variabilität in der Bil- dung der Schwanzlamelle zu illustriren, gebe ich folgende Tabelle. Mediane Schwanzlamelle Länge des Breite Tiefe des ErORS Dornen Schildes Länge er N des Kiels Apus productus — Breslau. 6 mm 0,3 0,2 0,3 0,06 9 8 0.5 0,35 0,5 0,04 5 9 0,75 0,4 0,55 0,12 7 40 0,9 0,4 0,5 0,44 6 AA 4,0 0,6 0,75 0,15 44 12 1,1 0,55 07 0,12 AA 44 1,3 0,75 0,85 0,15 7 16 1,5 4,0 AA 0,2 9 47 1,9 0,95 1,0 0,15 7 20 2,5 1,05 < 1,4 0,3 8 22 3,3 13 — 1,3 0,2 8 22 3,2 > 1,2 0 8 24 3,6 1,9 1,6 0,2 7 27 3,8 1,6 1,35 0,5 9 Apus productus — Wien 13,5 1,3 0,7 0,9 0,45 6 47 1,5 0,92 1,2 0,47 7 19 2,0 4,4 4,4 0,18 8 2A 2,2 4,15 1,4 0,29 7 Nach meinen Befunden ist die specifische Trennung von Lep. Grubei und Lep. productus Bosc völlig unbegründet: die Breslauer und die Wiener Form haben nicht einmal den Werth von Varietäten. Nie- mand ist im Stande, sie ihrem Bau nach zu unterscheiden, am wenig- sten vermöge der von BrAauzr gegebenen Charakteristik, die nur dadurch erklärlich wird, dass eine ganz geringe Zahl von Beobachtungen vor- schnell verallgemeinert wurde. Das einzige Merkmal, welches den mir vorliegenden Exemplaren aus Wien eigenthümlich erscheint, ist die grüne Färbung, die hier etwas stärker hervortritt als bei den Exemplaren aus Breslau. Die 170 F. Braem, Farbe wird aber von den Beobachtern der lebenden Thiere überein- stimmend als dunkelgrün bezeichnet (»dunkelgrün« GrusE, »schön dunkelolivengrün« Brauer), so dass der Unterschied wohl durch die Art der Konservirung bedingt ist. Die Beschreibung, welche Scnärrer von den bei Regensburg vorkommenden Thieren geliefert hat, passt in allen Punkten eben so- wohl auf die Breslauer wie auf die Wiener Form. An Exemplaren des Königsberger Museums habe ich mich über- zeugen können, dass auch die in Ostpreußen und in dem östlich von der Weichsel gelegenen Theile Westpreußens (bei Königsberg, Wehlau, Briesen in Westpr.) gefundenen Apus productus mit denen aus Breslau und Wien übereinstimmen. Ich fasse sie alle unter dem Namen Apus productus var. Schäfferi zusammen. Ein naher Verwandter unseres heimischen Apus productus ist der im nördlichen Grönland vorkommende Apus glacialis Kröyer. Man hat die Art vornehmlich wegen der Form der Schwanzlamelle und wegen der geringeren Zahl der beinlosen Segmente begründet. Der letztere Unterschied dürfte jedoch hinfällig sein. Die Angabe Kröyer’s, dass nur vier beinlose Segmente vorhanden seien, wird durch ein von Brauer ! untersuchtes Exemplar des Wiener Museums, welches deren sechs besitzt, widerlegt. Von zwei mir vorliegenden Exemplaren, welche Gruse als »Apus glacialis Kr. Grönland« bezeich- net hat, besitzt das kleinere fünf, das andere sechs beinlose Segmente, welche Zahlen auch bei unseren Apus productus die Regel bilden. Die Schwanzlamelle (Fig. 7) ist kürzer als die des erwachsenen Apus productus, aber der des jugendlichen ganz ähnlich (Fig. 1, 2). Ein Exemplar von 9,7 mm Schildlänge zeigt sie in folgenden Dimen- sionen: Länge 0,7 mm, Breite in der Mitte 0,5, an der Basis 0,75 mm. Bei dem anderen Exemplar von 12 mm Schildlänge ist das entsprechende Verhältnis 0,8:0,6 :1,00 mm. Kieldornen drei. Brauer fand bei einer Schildlänge von 14 mm die Schwanzlamelle um '/, länger als breit, Länge —= 1 mm, was nahezu auch für gleich große Apus productus zutrifft. Bedenkt man, dass die Lamelle bei Apus productus erst im späte- sten Lebensalter ihre endgültige Form erreicht, also voraussichtlich durch äußere Einflüsse leicht modificirt werden kann, so wird man dem genannten Unterschiede schwerlich ein großes Gewicht beimessen. Die Kälte des hohen Nordens wird die Lamelle in ihrer Entwicklung 1 Verhandl. zool.-bot. Gesellsch. Wien. XXIII. 1873. p. 200, TE "Bemerkungen über die Gattung Apus, 171 gehemmt und sie auf einem Stadium zurückgehälten haben, wo sie dem umgebenden Medium eine kleinere Oberfläche darbot. Dass der Rückenschild, dessen mediane Kante bis zum Nacken hinaufreicht, ein wenig kürzer und daher breiter erscheint als bei unserer Form, ist vielleicht in ähnlicher Weise zu erklären. Durch klimatische Verhältnisse dürfte auch die auffallende Größe der Eier, die man bisher außer Acht gelassen hat, bedingt worden sein, indem der schwierigere Nahrungserwerb vermuthlich eine reichere Ausstattung der Eier mit Nährmaterial zur Folge gehabt hat. In den von mir vorgenommenen Messungen sehe ich eine Bestätigung dieser Annahme. Die Eier von A. glacialis aus Grönland haben einen Durchmesser von 0,70 mm, die von A. productus aus Breslau >» » » 0,55-0,60 » » » ) » Parndorf » ) » 0,50-0,53 » » » DIREL: » Beirut ) ) » 0,20-0,45 » Ich bezweifle, dass A. glacialis eine selbständige Art bildet. Während bei den bisher besprochenen Formen von Apus pro- ductus die Männchen nur äußerst selten auftreten, scheint dies bei einer aus Kiew stammenden Form nicht der Fall zu sein. Ein von Gruse mit der Aufschrift »Apus productus Bose. v. Middendorf. Kiew« versehenes Gefäß enthält unter drei Exemplaren nur ein Weibchen, so dass beide Geschlechter am Fundorte wenigstens in gleicher Zahl vorhanden gewesen sein müssen. Offenbar hat Gruse den Inhalt nicht genau untersucht, da er die Existenz der Männchen nicht bemerkt hat. Die Thiere sind im Jahre 1864 in den Besitz des Museums gelangt. Bei einer Schildlänge von ca. 16 mm zeigen sie im Vergleich mit der Breslauer Form folgendes Eigenthümliche. Im Schildausschnitte stehen jederseits von dem vorspringenden Rückenkiel 12—-18 kleine Zähn- chen, welche durch sehr zahlreiche noch kleinere Zwischenzähnchen von einander getrennt werden (Fig. 10). Kiel hinterwärts scharfkantig, nach vorn abfallend, aber nicht gänzlich schwindend. Schwanzlamelle (Fig. 8) sehr lang, elliptisch, in der Mitte am breitesten. Länge 4,5 bis 6,0 mm, größte Breite 1,5—1,7 mm, schmalste Stelle an der Basis 1 mm. Der Rand ist fein und scharf gezähnt, kleinere und größere Zähnchen ziemlich regelmäßig abwechselnd. Der Einschnitt am Ende entweder völlig fehlend oder sehr klein. Auf dem Kiel der Lamelle zahlreiche (25—31) Dornen, worunter nur etwa fünf größere, welche auf der Basalhälfte stehen. Nackenorgan elliptisch wie bei der heimi- schen Form, jedoch etwas kleiner (Länge 0,3, Breite 0,2 mm). 172 F. Braem, Die Geschlechter unterscheiden sich durch die Bildung des elften Beinpaares und durch die verschiedene Länge des fünften fadenförmigen Anhangs des zweiten Beinpaares, welcher beim Männchen fast um !/, länger und breiter ist als beim Weibchen (313,6, © 2,6 mm) und hier den vierten und sechsten ungefähr um das Doppelte überragt (1*, 25, 16 nach Fig. 15). Da man auf die Gestalt der Schwanzlamelle großen Werth gelegt und sie sogar zur Begründung selbständiger Arten für ausreichend gehalten hat, so wird es angezeigt sein, die eben beschriebene Form eigens zu benennen. Ich bezeichne sie als var. Middendorffii. Sehr nahe verwandt ist der Eingangs erwähnte Apus aus Syrien, den ich nach seinem Entdecker var. Dayi nenne. Unter fünf Exemplaren befinden sich drei Weibchen und zwei Männchen, so dass letztere auch hier in nahezu gleicher Zahl wie die Weibchen vorkommen dürften. Die Gestalt ist in Fig. 11 wiedergegeben. Die mediane Schild- länge beträgt 15—20 mm. Die Form des Schildes ist im Wesentlichen dieselbe wie bei der heimischen Varietät, jedoch ist der Ausschnitt spitzwinkeliger. Bei einer Länge von 15—16 mm ist die größte Breite des Schildes, etwa am Ende des vorderen Drittels gelegen, 14—42 mm, die Gesammtlänge des Körpers bis zum After 20—22 mm. Der Kiel ist bis zum Nacken hinauf scharfkantig, also vollständig wie bei Apus cancriformis. Er ragt nicht mittels eines längeren Zahnes in den Aus- schnitt hinein. Dieser hat jederseits 18—20 scharfe Zähnchen, die innersten und die äußersten am kleinsten, keine Zwischenzähnchen. Schalendrüsen deutlich, aber nicht gerade sehr auffällig. Nackenorgan elliptisch, etwa 0,34 : 0,22 mm. Die zusammengesetzten Augen groß, vorn fast zusammenstoßend oder völlig verschmolzen (Fig. 14). Farbe des Schildes der konservirten Thiere weißlich braun, Rückenkante und Nackenfurche, sowie der Zahnrand des Ausschnittes braun. Vom Schilde nicht bedeckte Segmente ca. 11, wie bei var. Schäfferi. Die Lamelle des letzten Segmentes (Fig. 12) ist eben so lang, aber bedeu- tend breiter als bei var. Middendorffii: Länge «—6 mm, größte Breite 2,5—3,0 mm, schmalste Stelle an der Basis 1,6—-2,0 mm. Randzähn- chen sehr fein, in Form von Wimpern, die an der Basis der Lamelle am dichtesten stehen, weiter hinauf weitläufiger werden, in der distalen Hälfte zuweilen fast ganz fehlen. Am Ende befindet sich eine flache Ausrandung, die sich mitunter noch in einen spitzwinkeligen Einschnitt vertieft. Auf dem nicht scharfkantigen Kiel der Lamelle stehen zwei bis vier Dornen, deren letzter sich meist in der Mitte der Medianlinie findet und den Abschluss des Kiels bildet. Beinlose Segmente fünf bis sechs. Längster Anhang des ersten Beinpaares (5 nach Fig. 15) ca. 8 mm. Bemerkungen über die Gattung Apus. 173 Geschlechtsunterschiede wie bei var. Middendorffii. Der fünfte faden- förmige Anhang des zweiten Beinpaares zeigte beim Männchen eine Länge von 3,5 mm, beim Weibchen von 2,5 mm, der sechste bei beiden eine solche von ca. 2 mm (Fig. 15 25, 19). | Durch die Häufigkeit der Männchen sowohl, als durch die Eigen- thümlichkeiten der Körperbildung stehen die Formen aus Kiew und Syrien dem von Brauer beschriebenen Apus aus Siceilien und dem von Lusgock im Jahre 1863 bei Rouen entdeckten! sehr nahe. Die letzteren beiden hat Brauer unter dem Namen Lepidurus Lubbocki zusammengefasst, ohne dass ihre völlige Identität sichergestellt wäre. In der Beschreibung Lussocr’s, welchem sehr große Thiere (bis gegen 2 Zoll) vorlagen, fällt die Angabe auf, dass der Schild nur sieben Segmente und zuweilen noch weniger unbedeckt lässt, während sonst elf unbedeckte Segmente die Regel bilden ?. Nach Brauers Beschreibung unterscheidet sich die sicilische Form von der oben charakterisirten syrischen insbesondere durch den fast kreisrunden Umriss des Nackenorgans, die größere Zahl der beinlosen Segmente (sieben bis acht, gegenüber fünf bis sechs) und durch die Länge der Schwanzfäden. Die letztere giebt Brauer auf 35 mm an bei einer Schildlänge von 26 mm. Bei den mir bekannten Formen von Apus productus stimmt die Länge der Schwanzfäden überall ziemlich genau mit der medianen Länge des Rückenschildes überein. In den Kreis der var. Lubbocki und Dayi gehört augenscheinlich ein Exemplar, welches Gruse mit der Aufschrift: »Apus (Lep.) produc- tus Lch. erwachsen. Prof. v. SırsoLp gehörig. Wien« versehen hat. Es ist ein großes Weibchen, mediane Schildlänge 26 mm. Der Ge- sammthabitus erinnert sehr an die syrische Form, dagegen finden sich kleine Differenzen im Einzelnen. Augen in normalem Abstand von einander, geringste Entfernung 0,7 mm. Nackenorgan_ elliptisch, 0,68: 0,52 mm. Länge der Schwanzlamelle 5 mm, größte Breite, im distalen Theile gelegen, 2,8 mm, an der Basis 2 mm. Ende der Lamelle durch den Einschnitt zweilappig, Lappen abgerundet, stumpf. Auf dem Kiel der Lamelle etwa 15 Dornen, darunter acht größere, die in der Mehrzahl auf die proximale Hälfte entfallen. Sieben beinlose Segmente. 1 Trans. Linn. Soc. XXIV. 1864, p. 205 f. 2 Diese Regel ist jedoch vielen Ausnahmen unterworfen. Auch bei der Bres- lauer Form ist zuweilen das ganze Abdomen vom Schilde bedeckt, ohne dass man zufällige Kontraktionen, die etwa beim Konserviren eintraten, dafür verantwortlich machen könnte. Es ist daher nicht so befremdlich, wenn Lussock erwähnt, dass bei einigen seiner Exemplare auch noch die Schwanzlamelle vom Schilde bedeckt war. 174 F, Braem, Leider ist der Ursprung dieser Form ungewiss, da die Angabe »Wien« vielleicht nur den Ort bezeichnet, von wo das konservirte Exemplar in SızsoLv’s Hände gelangte. Ich glaube das Thier der bei Rouen vorkommenden Spielart zurechnen zu müssen, weil die Be- schreibung Lussocr’s den Eigenheiten desselben am ehesten gerecht wird. Da es wünschenswerth ist, die bekannten Formen aus einander zu halten, so lange ihre Zusammengehörigkeit nicht sicher erwiesen ist, und da die Identität der Form Lussock’s mit der aus Sieilien zum min- desten fraglich scheint, so will ich die erstere als var. Sieboldii be- zeichnen. Der Name Lussocr’s ist schon von Brauer für die sicilische Form vergeben. Die Besprechung des Braver’schen Lepidurus Grubei hat gezeigt, dass man durch übertriebene Werthschätzung kleinlicher Charaktere die Systematik der Gattung Apus und namentlich die von A. productus über Gebühr komplieirt hat. Nicht jede Verschiedenheit in der Zahl der Zähne des Schildausschnittes und der Schwanzlamelle oder in den Dimensionen der letzteren ist hinreichend zur Begründung selbständiger Arten. Diese Merkmale zeigen so bedeutende individuelle Schwankun- gen, dass sie nur mit großer Vorsicht für die systematische Unterschei- dung verwerthet werden dürfen. Auch die Bedornung der einzelnen Segmente finde ich im Allgemeinen so übereinstimmend, im Besonderen aber, selbst bei Thieren des gleichen Satzes, so wenig konstant, dass sie mir für die Charakteristik der Arten und Varietäten belanglos zu sein scheint. Dass man die Einheit der alten Gattung Apus zu Gunsten der neueren Lepidurus aufzugeben genöthigt ist, glaube ich nicht. Als das einzige Kennzeichen der letzteren würde sich der lamellenförmige Anhang des Aftersegmentes darstellen. Dieser Anhang bildet ja frei- lich ein sehr bequemes Unterscheidungsmerkmal, und sollte dasselbe mehreren Arten gemeinsam sein, so würde esnur durch Änderung des Gattungsnamens in der Nomenklatur zum Ausdruck gelangen können. Aber wenn man nach dem bei Entomologen beliebten Princip überall da eine neue Gattung einführen wollte, wo eine Mehrzahl von Arten durch ein, wenn auch noch so geringfügiges Merkmal vor anderen Arten sich auszeichnet, so würde das bald eine vollständige Ent- werthung des Gattungsbegriffes zur Folge haben. Nicht jeder syste- matisch wichtige Charakter ist an jeder Stelle verwendbar, nicht jeder ein Gattungscharakter. Der Gattungsname besitzt nicht bloß den formalen Werth eines Klassifikationszeichens, welches den Unterschied Bemerkungen über die Gattung Apus. 175 zweier Artenreihen lediglich der bequemeren Handhabung des Systems zu Liebe betont, sondern er setzt ein ganz bestimmtes Maß morpholo- gischer Eigenart voraus, welches die Vertheilung verschiedener Arten ‚ in verschiedene Gattungen auch dann bedingen müsste, wenn jede der letzteren nur durch eine Art repräsentirt würde. Man wird daher bei der Neuschaffung von Gattungen in erster Linie das unterscheidende Merkmal derselben zu wägen haben und erst in zweiter Reihe die künstliche Gliederung und Durchsichtigkeit des Systems berücksichtigen dürfen. Die bloße Existenz der Schwanzlamelle, bei Abwesenheit sonstiger Unterschiede, würde als Artmerkmal ausreichen, dagegen erscheint sie nicht bedeutsam genug zur Begründung von Gattungen. Was nun den Kreis des Apus productus betrifft, dem ich auch A. glacialis zurechne, so treten an den oben erwähnten Repräsentanten desselben keine so wichtigen Unterschiede der äußeren Form zu Tage, dass eine Theilung der Art dadurch nothwendig würde. Gleichwohl lassen sich auf Grund der vorhandenen Unterschiede zwei Formen- gruppen erkennen, die in sich selbst fester gefügt sind, als in ihrem gegenseitigen Zusammenhange. Die eine Gruppe wird von den Formen Schäfleri und glacialis, die andere von Middendorffii, Dayi, Lubbocki und dem Apus aus Rouen gebildet. Bei jener ist die Schwanzlamelle um ein Bedeutendes kürzer als bei der letzteren, und diese Differenz bleibt auch bestehen, wenn man die Variabilität der Bildung gebührend in Anschlag bringt. Ich finde bei den mir vorliegenden, annähernd gleich großen Exemplaren der ersten und zweiten Gruppe das Längen- verhältnis der Lamelle durchschnittlich = 1:3 und in einigen Fällen sogar =1:%. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass die größte Ausdehnung, welche die Lamelle bei der Scnärrer’schen Art erreichen kann, den Dimensionen, die sie normalerweise bei den Thieren der zweiten Gruppe besitzt, sehr nahe kommt. Bei einigen Breslauer Exemplaren von 23—25 mm Schildlänge ist ihre Länge — 4 mm, ihre Breite in der Mitte = 2, an der Basis — 1,6 mm. Bei einem Männchen von 201/, mm Schildlänge sind die entsprechenden Dimensionen sogar —= 4,5, = 2,5 und = 1,8 mm!. Ist hiermit einerseits das Maximum gegeben, wel- ches die Schwanzlamelle bei den mir zugänglichen Exemplaren der var, Schäfferi erreicht, so ist dieses Maximum andererseits ein solches, dass es ganz wohl auch für ein Individuum der var. Dayi von 15 mm Schildlänge gelten könnte. Aber schwerlich werden bei Exemplaren von gleicher Größe derartige Berührungen stattfinden, und selbst wenn 1 Bei allen drei mir bekannten Männchen der Breslauer Form ist die Schwanz- lamelle um Einiges größer als bei den gleich großen Weibchen desselben Salzes. 176 F, Braem, man die Möglichkeit dieses Falles zugiebt, kann die außerordentliche Differenz des durchschnittlichen Größenverhältnisses der Lamelle nicht bezweifelt werden. Ich würde jedoch diesen Umstand nicht so betonen, wenn er nicht von einem anderen Gesichtspunkte aus bedeutsam erschiene. Es ist nämlich sicher, dass in den beiden Gruppen die Männchen in einem ganz verschiedenen Procentsatze vorzukommen pflegen, in der ersten sind sie äußerstselten, in der zweiten treten siein nahezu gleicher Zahl auf wie die Weibchen. Trotz der andauernden und sorgfältigen Untersuchungen, welche man der Scnärrer’schen Form seit ihrem Bekanntwerden gewidmet hat, ist die Zahl der bis heute beobachteten Männchen eine verschwindend kleine. Sie beträgt laut der Zusammenstellung, welche GERSTÄckER bei Bronn (Klassen und Ordnungen des Thierreichs, Bd. V, 1. Abth. Grusta- ceen, p. 961 f.) gegeben hat, 22% auf 3106 genau untersuchte Thiere. Männchen von Apus glacialis sind überhaupt noch nicht aufgefunden. Die Formen der zweiten Gruppe sind bisher nur durch gelegent- liche Funde bekannt geworden, ohne fortdauernd an dem nämlichen Standorte beobachtet zu sein. Trotzdem sind unter den vorhandenen Stichproben die Männchen so häufig, dass kein Zweifel darüber be- stehen kann, dass sie in ungefähr gleicher Zahl wie die Weibchen ver- treten sind. Lussock, der Erste, der überhaupt Männchen von Apus productus zu Gesicht bekam, fand bei Rouen deren 33 unter 72 Indi- viduen. Von vier Exemplaren der Form aus Sicilien, welche BrAUER beschrieb, sind zwei männlichen Geschlechts. Bei der im Breslauer Museum befindlichen var. Middendorffii kommen auf drei Exemplare zwei Männchen, bei var. Dayi ebenfalls deren zwei auf fünf Exemplare. In Summa 39 Männchen auf 84 Individuen. Da nun dieser so wichtige Unterschied Hand in Hand geht mit Differenzen der Körperbildung, so wird man jene beiden Gruppen systematisch zu trennen haben. Ob sie jedoch als Varietäten einer einzigen Art zu betrachten sind, oder ob jede für sich eine besondere Art bildet, lässt sich zur Zeit nicht sicher entscheiden. Es ist immerhin möglich, dass es Zwischenformen giebt, welche sowohl in Bezug auf die Dimensionen der Schwanzlamelle, als auch hinsichtlich der Zahl der Männchen eine vermittelnde Stellung einnehmen; oder dass die Männchen auch bei der Scnärrer’schen Art gelegentlich häufiger sind, was nach einer unten mitgetheilten Beobachtung sogar für wahrschein- lich gelten kann; oder dass man künftig in der Lage sein wird, die ungleiche Vertheilung der Geschlechter in beiden Gruppen auf äußere Bedingungen zurückzuführen, von denen das Auftreten der Männchen Bemerkungen über die Gattung Apus. 177 abhängen könnte. So lange aber darüber nichts Zuverlässiges bekannt ist, wird man berechtigt sein, beide Gruppen als Arten zu unterscheiden. ‚Ich glaube, dass dies dem in solchen Fällen üblichen Verfahren am meisten entspricht. Außerdem hat es den Vorzug, die Aufmerksamkeit der Beobachter auf eine Frage zu lenken, welche nicht bloß in syste- matischer Hinsicht von Interesse ist. Unter Apus productus würde dann vornehmlich die var. Schäfferi zu verstehen sein. Für die Formen der zweiten Gruppe schlage ich die Bezeichnung Apus extensus vor, wobei ich absichtlich einen verwandten Speciesnamen gewählt habe. Es wären demnach zu trennen: Apus productus Bose. Var. Schäfferi (Regensburg, Wien, Berlin, Breslau, Königs- berg u. a.). ? Var. glacialis Kröyer (Grönland). Apus extensus n. sp. Var. Sieboldii (Rouen). Var. Lubbocki Brauer (Sicilien). Var. Dayi (Syrien). Var. Middendorffii (Kiew). Wollte man von Apus glacialis absehen, so würde ein weiteres Unterscheidungsmerkmal der beiden Gruppen gewonnen sein, indem in der zweiten der Kiel des Schildes bis zum Nacken hinauf scharf- kantig ist, während er bei var. Schäfferi nur hinterwärts, in der Nähe des Ausschnittes, die gleiche Eigenschaft zeigt. Die Stellung des A. glacialis bleibt in so fern problematisch, als durch die vollständige Aus- bildung des Rückenkiels ein Unterschied gegenüber der heimischen Form gegeben ist. Ich zweifle jedoch, ob dieser erst von Brauer be- tonte Charakter überall hinreichend konstant ist, um für die Artdiagnose maßgebend sein zu können. Im Breslauer Museum befinden sich drei schön erhaltene Exem- plare des von Grusel beschriebenen Apus numidicus, welche ver- muthlich im Jahre 1861 mit anderen von Dr. Arrx. Strauch in Algerien gesammelten Gegenständen dem Institute geschenkt wurden. Das Ge- fäß ist von Grusz selbst etikettirt und trägt die Aufschrift »Apus nu- midicus Gr. A. Strauch. Alger. Bon-Bada 15. Juni«. Da Grusr den- selben Geber und den nämlichen Fundort auch in seiner Beschreibung angeführt hat, so ist kein Zweifel, dass diese Exemplare den Originalen verschwistert sind, sicher jedoch sind sie nicht mit ihnen identisch. 1 Über die Gattungen Estheria etc, p. 75 ff, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd, 19 178 F. Braem, Abgesehen davon, dass sie keinerlei Spuren einer näheren Unter- suchung erkennen lassen, ergänzen sie die Beschreibung Gruse’s gerade in den Punkten, in welchen dieselbe eine dem Autor selbst fühlbare Lücke bot. Grurz erwähnt, dass er bei keinem seiner Exemplare am 14. Fußpaare eine Kapsel für Eier oder eine Öffnung, wie sie Kozu- Bowskı für die Männchen von Apus cancriformis angiebt, habe wahr- nehmen können, und er schließt daraus, dass er es mit noch nicht erwachsenen Thieren zu thun gehabt habe, obwohl seine Exemplare bereits eine Körperlänge von 18 mm aufwiesen. Diese Folgerung war eine irrige. Offenbar hat Gruse nur Männchen vor sich gehabt, deren selbst bei Apus cancriformis schwer sichtbare Geschlechtsöffnung ihm entgangen ist. Bei dem einen der mir vorliegenden Individuen besitzt das 11. Beinpaar nicht allein die für das Weibchen charakte- ristische Bildung, sondern es ist auch von Eiern erfüllt, welche schon dem unbewafineten Auge bemerkbar werden. Da die Dimensionen des Thieres ziemlich genau mit den von GrusE angegebenen Maßen über- einstimmen und die Beschreibung auch sonst eben sowohl für das Weibchen wie für das Männchen zutrifft, so wird man dieselbe in Zu- kunft als vollgültig zu betrachten haben. Ich will jedoch hier noch einige Angaben hinzufügen, da Manches, worauf man seither Werth gelegt hat, von GruseE nicht genügend be- rücksichtigt worden ist. Der Kiel des Schildes ist von der letzten Querfurche des Nackens an als erhabene Leiste ausgeprägt, also vollständig wie bei Apus cancri- formis. Er ragt nicht in Form eines vorspringenden Zahnes in den Schildausschnitt hinein, sondern verläuft am Ende in einer flachen Abdachung, so dass die Kontinuität des Bogens, welchen der Ausschnitt bildet, nicht unterbrochen wird. Die Zähne im Ausschnitt sind braun und sehr klein, daher die Zwischenräume verhältnismäßig groß er- scheinen. Meist sind die medianen Zähnchen am kleinsten, doch ist der Unterschied nur gering. Nach außen zu erscheinen sie schräg gestellt und an den Ecken können sie völlig schwinden. Ich zählte bei den drei Exemplaren 45, 50 und 51 Zähnchen, gegen 54 nach Gruse’s An- gabe. Die Entfernung der Ecken des Ausschnittes von einander beträgt 4,5 mm. Das Nackenorgan ist, wie auch die GrugE’sche Figur zeigt, von rundlich dreieckiger Form mit einem Durchmesser von 0,5—0,6 mm. Die beiden hinteren, paarigen Ecken treten schärfer aus dem Kreis- bogen heraus als die vordere Spitze. Die Bedornung der Segmente zeigt im Vergleich zu anderen Formen kaum etwas Eigenthümliches, dorsal sechs bis acht Dornen, ventral eben so viel nebst zahlreichen kleinen Börstchen, seitlich je ein Dorn. Auf der Rückenfläche des letz- Bemerkungen über die Gattung Apus. ten Segmentes findet sich eine größere Zahl von Stacheln in der Mediane, links und rechts liegen die beiden für die Gattung charakteristischen Dornenwarzen, an den Seitenrändern stehen in dichter Häufung kleinere Stachelchen. Wie erwähnt, ist das eine der von mir untersuchten Thiere weib- lichen Geschlechts, die anderen beiden sind Männchen. Da die GrusE- schen Exemplare wahrscheinlich der letzten Art angehörten, so ist anzunehmen, dass an dem Fundorte die Männchen nicht nur in gleicher, sondern sogar in überwiegender Anzahl vorhanden waren. Geschlechtsunterschiede zeigen sich außer am !1. Beinpaare auch am - zweiten, das beim Männchen kräftiger erscheint als beim Weibchen. Die Gesammtlängen verhalten sich etwa wie 3:4. Das hakenförmige Glied der Schere misst bei einem Männchen von 17 mm Länge 1,8, bei dem Weibchen von 18 mm Länge 1,4 mm; das gegenüberstehende stumpfe Glied bei demselben Männchen 2,2, beim Weibchen 1,5 mm. Auch für das 1. Beinpaar scheint ein ähnliches Verhältnis zu gelten, da der ent- sprechende Anhang (!5 nach Fig. 15) beim Männchen 7, beim Weibchen 6,2 mm Länge hat. Umgekehrt sind die Schwanzfäden beim Weibchen erheblich länger, sie messen I%2 mm gegenüber 9 mm beim Männchen. Das größere Männchen zeigt Dimensionen, welche die von GrUBE angegebenen um Einiges übertreffen. Schild median 9,5 mm, bis zu den Ecken des Ausschnittes 41, Breite 11,5 mm. Breite des Ausschnit- tes 4,5 mm. Körperlänge bis zum After 20, Borsten 9,5 mm. Die Zahl der beinlosen Segmente finde ich bei den beiden Männ- chen = 14, beim Weibchen — 11. Da Gruse 11—1% angiebt, so dürfte der Unterschied nicht als zuverlässiger Geschlechtscharakter zu be- trachten sein. Die Eier sind um ein Geringes größer als bei Apus cancriformis. Ich finde den Durchmesser bei letzterer Form = 0,40—142 mmI, bei Apus numidicus — 0,45—149 mm. Eine Form, die sich nur als eine Größenvarietät des Grusr’schen Apus numidicus darstellt, hat Dr. B. Dysowskı gelegentlich seiner Expe- dition nach dem Baikal-See im Quellgebiet des Amur entdeckt. Sie ist bezeichnet als »Apus sp. Dybowski. Darasun (Dauria)«. Unter 15 Exem- plaren befinden sich 9 Männchen und 6 Weibchen. In der Form sind sie dem Gruge’schen Apus numidicus durchaus ähnlich, nur in den Dimen- sionen ihm überlegen. Mediane Schildlänge 13—17 mm, Gesammtlänge des Körpers 23>—35 mm. Dieser Differenz ungeachtet ist das Nackenorgan 1 Beiläufig sei erwähnt, dass ich weder einen Einfluss der Jahreszeit noch des Lebensalters auf die Größe der Eier konstatiren konnte. Schon bei Weibchen von 40 mm Schildlänge ist der Behälter von Eiern erfüllt. 12* 180 F, Braem, kaum größer. Der in der Regel halbkreisförmige Ausschnitt des Schildes ‘ist in der Mitte zuweilen leicht gewinkelt, die ihn begrenzenden Zinken treten nicht immer gleich scharf auf beiden Seiten hervor. Die Farbe ist nicht rein weiß wie beim Apus numidicus aus Algerien, sondern fällt etwas ins Bräunliche, was namentlich an der Unterseite des Hinter- leibes durch die zahlreichen braunen Dornen bewirkt wird, die den Rand der Segmente in Form eines Schuppenkranzes bedecken. Bein- lose Segmente 10—14, 40 und 11 bei den Weibchen, 43 und 1% bei den Männchen. Die Eier haben einen Durchmesser von ca. 0,4 mm, sind also denen von Apus cancriformis fast gleich. | Ich bezeichne diese Varietät als Apus numidicus var. Dybowskii. Ihr gegenüber möge die von GrusE beschriebene Form nach ihrem Entdecker var. Strauchii benannt sein. Fr. Brauer ! beschreibt in Apus dispar und A. sudanicus zwei neue Arten, die er früher ? als A. numidicus longus et brevis bezeichnet hatte. Er selbst erkennt an, dass die Abbildung Gruse’s vortrefflich zu nennen sei (1872 p. 284) und dass dieselbe auf jede der neuen Arten passe (1877 p. 592). In seiner Charakteristik von A. dispar finde ich nichts, was nicht eben so gut für A. numidicus zuträfe. Der »schwarze feine Saum« am Schildrande wird kaum ernsthaft zu nehmen sein, da er sich nicht allein bei A. numidieus, sondern mehr oder weniger bei allen Apus-Formen als Folge einer Chitinverdickung wiederfindet. Diese Art ist sicher belanglos. Apus sudanicus wird als Art gelten können. Ich glaube, dass ich hierüber auf Grund eigener Anschauung zu ur- theilen vermag. Als Apus sudanicus erkenne ich eine Form, die sich unter den Beständen der Breslauer Sammlung als »Apus. China« be- zeichnet findet. Der Standort ist interessant, da Brauer seinen A. sudani- cus aus der Gegend von Chartum empfing. Von acht nicht gut erhal- tenen Exemplaren sind sechs männlichen und nur zwei weiblichen Geschlechts. Von A. numidieus unterscheiden sie sich zunächst durch die beträchtliche Größe, durch die verhältnismäßige Kürze des Hinter- leibes und durch die mehr bräunliche Färbung. Bei einer medianen Schildlänge von 20 mm beträgt die Gesammtlänge des Körpers etwa 33 mm. Zwanzig vom Schilde nicht bedeckte Segmente. Nackenorgan dreieckig, Durchmesser 0,7 mm. Zähnchen im Ausschnitt größer als bei A. numidicus, an Zahl gleich. Der Kiel schwindet nicht vor dem Aus- schnitt, sondern endigt mit einem Zähnchen, das die übrigen jedoch 1 Sitzungsber. Kaiserl. Akad. d. Wissensch. Wien, Mathem.-naturwissensch, Klasse. Bd. LXXV, 4. Abth. 1877. p. 583 ff. 2 Ebenda. Bd. LXV. 1872. p. 279 ff, Bemerkungen über die Gattung Apus. 181 an Länge kaum übertrifft. Die scharfen Zinken des Schildes, welche bei A. numidieus den Ausschnitt beiderseits begrenzen, treten nur andeutungsweise auf und fehlen meist gänzlich. | Der wesentlichste Unterschied von Apus numidicus liegt in der geringeren Zahl der beinlosen Segmente. Brauzr giebt für A. sudanicus deren 8—9 an, 8 beim Weibchen, 9 beim Männchen. Ich finde bei meinen Exemplaren 6—9 beinlose Segmente, 6 und 7 bei den Weib- chen, 8 und 9 bei den Männchen. Außerdem unterscheidet sich die chinesische Form von derjenigen Braver’s durch den minder flachen und rundlichen Rückenschild, das Fehlen der scharfen Zinken des Ausschnittes und dadurch, dass die Eiertaschen keine auffällige Größe besitzen. Ich will diese Form Apus sudanicus var. chinensis nennen, wäh- rend die Form aus Chartum passend als var. Braueri zu bezeichen wäre, Ich vermuthe, dass Apus sudanicus durch geschlechtliche Mischung von Apus numidicus mit cancriformis entstanden ist. Die var. Braueri steht der ersten Art etwas näher als die var. chinensis. Unter den Vorräthen des Breslauer Museums, welche gelegentlich des Auftretens der Kiefenfüße in der Nähe der Stadt! zu verschiedenen Zeiten und ohne bestimmten Zweck zusammengebracht worden sind, habe ich bei der Durchsicht Männchen in erheblicher Zahl vorge- funden und ich möchte das Ergebnis hier kurz mittheilen. Was zunächst den Apus productus anlangt, so habe ich nur unter den im Mai 1867 gesammelten Thieren beide Geschlechter nachweisen können. Unter 35 großen Exemplaren von 19—25 mm Schildlänge fanden sich drei Männchen. Der hieraus sich ergebende Procentsatz von 8,5 Männchen übertrifft das von SırsoLp in den Jahren 1866 und 4874 für die Breslauer Form konstatirte Verhältnis, wonach damals auf 400 Individuen nur 4 Männchen kam. Für Apus canceriformis fand ich Folgendes: 1. 6. Oktober 1859 15 Individuen, darunter 0 Männchen ll. Juli 1864 AA » ) 2 » — MS yn II. Mai 1868 6 » » N )) 0 IV. 30. Juli 4879 24 » ) 5) » — 9 %, V, Ohne Datum k ) )) 1 » —, 29 un VI » )) 32 » ) 0 )) VII. > ) 37 > ». 47 ) — 46%, 427 Individuen, darunter 26 Männchen — 20 '/, I Leider ist der ehemals ergiebigste Standort, die » Viehweide«, schon seit längerer Zeit durch Applanirung und theilweise Bebauung unfruchtbar geworden. 182 F. Braem, SırsoLD fand bei Breslau im Jahre 1865 unter 1026 Individuen 1444 Männchen = Al %, ) 1867 » 417 » 29 » = Es würde also nur unsere VII. Reihe ein Novum in der ge- schlechtlichen Zusammensetzung der Individuen darstellen. Und aller- dings ist hier, wo die Männchen den Weibchen beinahe das Gleichge- wicht halten, das Verhältnis ein günstigeres als in irgend einem der bisher bekannt gewordenen Fälle. Unter diesen steht der von Kozu- sowskı verbürgte obenan, wonach am 25. Juli 1858 von 39 der bei Krakau vorkommenden Thiere 14 Männchen waren, also 36°/,. Im Ganzen fand Kozusowskı unter 549 vom 20. bis 26. Juli gesammelten Individuen 154 Männchen, = 28 /y !. Leider ist jene Serie nicht datirt. Im Übrigen bürgt der Umstand, dass die Exemplare vom Konservator des Museums gesammelt und unter der eben so falschen als unvollständigen Bezeichnung »Apus produetus« aufbewahrt sind, für ihre wissenschaftliche Unberührtheit. Die obigen Zahlen im Verein mit den Angaben Sırsorp’s machen es wahrscheinlich, dass bei den Breslauer Apus cancriformis die Männ- chen wenigstens um die Mitte der warmen Jahreszeit nie ganz gefehlt haben. Und die Thatsache, dass sie zu Zeiten in fast gleicher Zahl wie die Weibchen auftraten, leistet der Annahme Vorschub, dass auch diese Thiergruppe dem immer mehr bestätigten Gesetze sich fügt, dass keine Art sich dauernd durch eingeschlechtliche Fortpflanzung zu er- halten vermag?. | Es sei noch erwähnt, dass mehrere der auf Grund äußerer Merk- male erkannten Männchen secirt und mikroskopisch untersucht wurden, was denn lediglich die Richtigkeit der ersten Diagnose bestätigte. Ich muss endlich noch auf ein Merkmal zu sprechen kommen, welches von BrAUuER mit einiger Emphase als ein sicheres Mittel zur 1 v. SIEBOLD, Beitr. z. Parthenog. d. Arthrop. 1871. p. 166. ?2 Die erste Angabe über das Vorkommen von Apus cancriformis in der Um- gegend von Breslau findet sich meines Wissens in einer kleinen Schrift von P. S. Scaırrıng: »Ausführliche Beschreibung und Abbildung der zu Wien und Bres- lau im Monat August 1824 vorgeblich aus der Luft gefallenen Insekten«. Breslau 1821 (80. 44 S. A Taf.). Hier erwähnt der Verfasser auf p. 43, dass er die Kiefen- füße »seit länger als 20 Jahren sowohl in der Nähe von Breslau als auch in ande- ren Gegenden unserer Provinz häufig zu beobachten Gelegenheit gehabt « habe. Es ist also eine nahezu hundertjährige Dauer des Standortes verbürgt. — Ich möchte gleichzeitig daran erinnern, wie sehr es von Interesse wäre, wenn die Apus-Pfütze zu Gossberg bei Forchheim in Mittelfranken, wo SIEBOLD (a. a. O.p. 168 ff.) in sechs auf einander folgenden Jahren nur Weibchen auffand, wieder einmal untersucht würde. Bemerkungen über die Gattung. Apus. 183 Unterscheidung der Geschlechter der Kiefenfüße bezeichnet ist. »Der von Kozusowskı gegebenen Beschreibung des Männchens, sagt Brauer, kann ich noch ein wichtiges Moment hinzufügen; es besitzt nämlich das Männchen stets um ein fußloses Segment mehr als das Weibchen. Ich habe dieses Merkmal nicht nur bei Apus cancriformis, sondern auch bei Apus numidicus Grube in vielen Exemplaren nachweisen können!.« Das Nämliche soll auch für die Abtheilung Lepidurus zutreffen. Obwohl dieser Behauptung meines Wissens bisher nicht wider- sprochen ist, dieselbe vielmehr als zu Recht bestehend hingenommen zu werden pflegt, so wird sie doch durch das mir zugängliche Material nur ganz näherungsweise bestätigt. Folgendes sind meine Befunde. Apus cancriformis. A. Weibchen. 1) Gefunden bei Breslau, 6. Oktober 1859. Unter 15 Exemplaren (mediane Schildlänge 18—28 mm) 6 mit 5, 9 mit 6 beinlosen Seg- menten 2. 2) Gefunden bei Breslau, Juli 1864. 6 junge Exemplare (Schild- länge 10—12 mm). 2 mit 5, 4 mit 6 beinlosen Segmenten. 2a) Dessgleichen. 9 alte Exemplare (Schildlänge 28—30 mm). 4 mit 6, 5 mit 7 beinlosen Segmenten. 3) Gefunden bei Breslau, Mai 1868. 5 Exemplare (Schildlänge 15—20 mm). % mit 6, I mit 7 beinlosen Segmenten. %) Gefunden bei Breslau (Domslau), 26. Juli 1869. 1 Exemplar (Schildlänge 32 mm). 6 beinlose Segmente. 5) Gefunden bei Breslau, 30. Juli 1879. 2 Exemplare (Schild- länge 41 und 40 mm). Das kleine Exemplar mit 5, das große mit 6 beinlosen Segmenten. 5a) Dessgleichen. 17 Exemplare (Schildlänge 19—23 mm). 3 mit 5, 44 mit 6 beinlosen Segmenten. 6) Gefunden bei Breslau, September (ohne Jahr). 4 Exemplare (Schildlänge 16—27 mm). 6 beinlose Segmente. 7) Gefunden bei Breslau, ohne Datum. 3 Exemplare (Schildlänge 19—20 mm). 2 mit 6, 4 mit 7 beinlosen Segmenten. 8) Dessgleichen. 20 Exemplare (Schildlänge 16—22 mm). 16 mit 6, 4 mit 7 beinlosen Segmenten. 1 BRAUER, Sitzungsber. d. Akad. Wien. Bd. LXV. 4872. p. 283. 2 Wenn ein Segment nur am Grunde befußt ist, ist es zu den beintragenden Segmenten gerechnet, ohne Rücksicht darauf, dass der größere Theil von Beinen frei ist. — Wo das vorletzte Segment, wie es häufig geschieht, nicht vollständig entwickelt ist, ist es trotzdem für voll gerechnet. Auch Brauer verfährt so. 184 F. Braem, 9) Dessgleichen. 20 Exemplare (Schildlänge 17—30 mm). 44 mit 6, 9 mit 7 beinlosen Segmenten. 10) 3 Exemplare (Schildlänge 38—40 mm), 4 aus Schlesien, 2 aus Bonn, 1854. 1 Exemplar mit 5, 2 mit 6 beinlosen Segmenten. 14) Gefunden bei Neukuhren am samländischen Ostseestrande, »bis 3. September 1865«. A Exemplare (Schildlänge 25 mm). 3 mit 5, 1 mit 6 beinlosen Segmenten. ' 12) Gefunden bei Dornbach nächst Wien, Juli 1874. A sehr großes Exemplar (Schildlänge 45 mm). 7 beinlose Segmente. 13) »Ap. cancer. Radde. Krym«. 4 Exemplar (Schildlänge 19 mm). 7 beinlose Segmente!. | 14) »Ap. cancer. Menetrier (Men6tries). Gasp. Meer. Salian« (in Per- sien). 2 Exemplare (Schildlänge 14 und 22 mm). 6 beinlose Segmente. Im Ganzen unter 113 Weibchen 16 mit 5, 75 mit 6, 22 mit 7 beinlosen Segmenten. B. Männchen. 1) Zu A,2a. 2 Exemplare (Schildlänge 22 mm). 1 mit 7, A mit 8 beinlosen Segmenten. 2) Zu A, 3. 1 Exemplar (Schildlänge 17mm). 7 beinlose Segmente. 3) ZuA, 5. 5 Exemplare (Schildlänge 17—20 mm). 4 mit 7, 4 mit 8 beinlosen Segmenten. 4) ZaA,7. 4 Exemplar (Schildlänge 16 mm). 7 beinlose Seg- mente. 5) ZuA, 8. 17 Exemplare (Schildlänge 15—17 mm). 45 mit 7, 2 mit 8 beinlosen Segmenten. 6) 2 Kozusowskische Originale aus Krakau (Schildlänge 17 und 21 mm). 7 beinlose Segmente. 7) »Ap. cancer. g'. Brauer. Wien« 4 Exemplare (Schildlänge 43—19 mm). 2 mit 6, 2 mit 7 beinlosen Segmenten. 8) I unbezeichnetes Exemplar (Schildlänge 14 mm). 8 beinlose Segmente. Im Ganzen unter 33 Männchen 2 mit 6, 26 mit 7, 5 mit 8 bein- losen Segmenten. Apus numidicus. A. Weibchen. 1) Var. Strauchii (Algerien). 1 Exemplar. 11 beinlose Segmente. 2) Var. Dybowskii (Daurien).. 6 Exemplare. 1 mit 10, 5 mit 41 beinlosen Segmenten. | ! Das Nackenorgan ist bei diesem Thiere breit elliptisch statt kreisförmig. Bemerkungen über die Gattung Apus, 185 B. Männchen. 4) ZuA, 1. 2 Exemplare. 14 beinlose Segmente. 2) Zu A,2. 9 Exemplare. 3 mit 13,6 mit 14 beinlosen Segmenten. Apus sudanicus, 2 Weibchen der Var. chinensis mit 6 und 7 beinlosen Segmenten. Unter 6 zugehörigen Männchen I mit 8, 5 mit 9 beinlosen Seg- menten, Apus productus. A. Weibchen. 1) Gefunden bei Breslau zu verschiedenen Zeiten. 16 Exemplare (Schildlänge 6—27 mm). 10 mit 5, 6 mit 6 beinlosen Segmenten. Die kleineren Thiere (bis zu 14 mm Schildlänge) zeigten 5, die größeren 6 beinlose Segmente. 2) Gefunden bei Breslau, Mai 1867. 32 Exemplare (Schildlänge 49—25 mm). 1 mit 4, 28 mit 5, 3 mit 6 beinlosen Segmenten. 3) Gefunden bei Parndorf bei Neusidl a. S. 10 Exemplare. 5 bein- lose Segmente. 4) Apus glacialis. 1 Exemplar mit 5, 4 mit 6 beinlosen Segmenten. Im Ganzen unter 60 Weibchen / mit A, 49 mit 5, 40 mit 6 bein- losen Segmenten. B. Männchen. Zu A, 2. Drei Exemplare (Schildlänge 20—22 mm). 4 mit 5, 2 mit 6 beinlosen Segmenten. Apus extensus. A. Weibchen. 4) Var. Middendorffii. 4 Exemplar. 5 beinlose Segmente. 2) Var. Dayi. 3 Exemplare mit 5, 4 mit 6 beinlosen Segmenten. B. Männchen. 1) Zu A, \. 2 Exemplare. 6 beinlose Segmente. 2) Zu A, 2. 2 Exemplare. 6 beinlose Segmente. Unter den vorstehend erwähnten Thieren sind 186 Weibchen und 57 Männchen. Es zeigt sich, dass die Zahl der beinlosen Segmente in keinem Ge- schlechte konstant ist, sondern dass sie bei Weibehen und Männchen der einzelnen Varietät zwischen drei Ziffern schwanken kann; so bei A. cancriformis Q 5—7 beinlose Segmente, g' 6—8, A. productus © k—6 beinlose Segmente, 186 F. Braem, Die Zahl der beinlosen Segmente ist desshalb im einzelnen Falle kein sicheres Kennzeichen der Art oder der Varietät. Durchschnittlich ist die Zahl der beinlosen Segmente im männlichen Geschlecht eine größere als im weiblichen. Bei der einzelnen Varietät differiren die Durchschnittszahlen im Allgemeinen um 1, bei A. numidi- cus und sudanieus um 2 und 3. Nur so weit gilt also die Brauer’sche Regel. Der Satz, dass »das Männchen stets um ein fußloses Segment mehr besitzt als das Weibchen «, trifft unter 26 Exemplaren von A. numidi- cus und sudanicus nur für 2 zu. Von 9 © und 17 g! nähert sich nur je i Exemplar (A. sudanicus) dem anderen Geschlechte bis auf die Diffe- renz 1. Bei allen übrigen Individuen sind die Differenzen größer. Nach Brauer sollen im weiblichen Geschlechte bei A. eaneriformis konstant 6 beinlose Segmente, bei A. productus aus Breslau und Wien deren 5 vorhanden sein. Von 174 in Betracht kommenden Exemplaren fügen sich dem nur 123. Bei 48 ist die Segmentzahl eine andere, und zwar ist sie bei 17 um 1 kleiner, bei 31 um eben so viel größer. Im letzten Falle erreicht sie diejenige Höhe, welche nach Brauer nur für. die Männchen charakteristisch ist. Im männlichen Geschlechte sollen für A. cancriformis 7, für A. productus 6 beinlose Segmente konstant sein. Unter 36 maßgebenden Exemplaren trifft nur für 28 diese Behauptung zu. 5 Männchen be- sitzen 1 Segment mehr, 3 haben / weniger, und damit zugleich die- jenige Zahl an Segmenten, welche nach Brauer ausschließlich den Weibchen eigen sein soll. Es bleibt also nur die Bildung des 11. Beinpaares als sicherer Ge- schlechtscharakter übrig, neben welchem die sonstigen Merkmale ledig- lich eine Wahrscheinlichkeit der Diagnose begründen können. Breslau, im November 1892. Erklärung der Abbildungen. Tafel IX. Fig. —6. Schwanzlamelle von Apus productus var. Schäfferi aus Breslau, *Rückenseite. Fig. 4. Exemplar vom 4. IV. 1868. Schildlänge 6 mm. a, Stelle des durch- scheinenden Afters; w, Dornenwarzen; B, Basis der Schwanzborsten. Vergr. 36. Fig. 2. Exemplar vom III. 1864. Schildlänge 8 mm. Vergr. 48. Fig. 3. Exemplar vom III. 41864. Schildlänge 44 mm. Vergr. 18. Fig. 4. Exemplar vom 7. V. 4866. Schildlänge 17 mm. Vergr. 48. Fig. 5. Exemplar vom 7. V, 1866. Schildlänge 20 mm. Vergr. 48. Bemerkungen über die Gattung Apus, 187 Fig. 6. Exemplar vom 7. V. 4866. Schildlänge 27 mm. a, Stelle des Afters. Vergr. 45. Fig. 7. Schwanzlamelle von Apus glacialis aus Grönland. Schildlänge 9,7 mm. Vergr. 46. Fig. 8. Schwanzlamelle von Apus extensus var. Middendorffii aus Kiew. Schildlänge 16 mm. Vergr. 15. Fig. 8a. Die Spitze der Lamelle bei 36facher Vergrößerung, um die Zähnelung des Randes zu zeigen. Fig. 9, Die Spitze einer anderen Lamelle mit Andeutung des Einschnittes. Vergr. 36. Fig. 10. Ein Theil des Schildausschnittes von Apus extensus var. Midden- dorffi. Vergr. 36. Fig. 44. Apus extensus var. Dayi aus Syrien. Rückenansicht. Wenig ver- größert. Schildlänge 45 mm, Fig. 42. Dessgl. Schwanzlamelle. Schildlänge 19,5 mm. a, Stelle des Afters; w, Dornenwarzen. Vergr. 45. Fig. 43, Dessgl. Schwanzlamelle und letzte Segmente von der Seite gesehen, s, Stelle der rechten (fehlenden) Schwanzborste;, a, After; w, rechte Dornenwarze. Vergr. 7. Fig. 44, Dessgl. Die Augen (vorn verschmolzen) und das Nackenorgan. Ver- größerung 18. Fig. 15. Dessgl. Zweites rechtes Bein des Männchens. Vergr. ca. 4. 11—I$8, die Anhänge der Innenseite; br, Kieme; b, blasenförmiger Anhang; m, Muskeln am Hüftgelenk. Untersuchungen über den Bau der Trematoden. (Monostomum trigonocephalum Rud., reticulare van Ben., proteus Brandes.) > Von \ Emil Walter aus Bernburg. Mit Tafel X—XII und I Figur im Text. Vorliegende Arbeit wurde im Zoologischen Institut der Universität Halle angefertigt, wo ich längere Zeit unter der Leitung meines hoch- verehrten Lehrers, des Herrn Professor Dr. GrenacHeEr arbeitete. Für die vielfache Anregung, die mir derselbe im Laufe meines Aufenthaltes im Institut hat zu Theil werden lassen, sei mir auch an dieser Stelle gestattet, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Zur Aufnahme dieser Arbeit wurde ich angeregt von Herrn Privatdocent Dr. Brandes, und es ist mir eine sehr angenehme Pflicht, demselben für die liebens- würdige Theilnahme, die er meiner Arbeit angedeihen ließ, und für den sachkundigen Rath, mit dem er, gestützt auf umfassende Kenntnisse in dem Forschungsgebiet dieser Arbeit, mich so oft unterstützte, gleich- falls meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Auch Herrn Professor Dr. ©. TascHengerg bin ich für Gestattung der Einsicht in seine Präpa- ratensammlung zu Dank verpflichtet. Das Material zu dieser Arbeit stammt aus einer Seeschildkröte (Chelone viridis), die hier geschlachtet wurde. Im Darme der Schild- kröte wurde gefunden 1) Amphistomum scleroporum Rud., 2) Monosto- mum trigonocephalum Rud., 3) Monostomum reticulare van Ben., %) Monostomum proteus Brandes. Zur Untersuchung habe ich die drei Monostomenspecies ausgewählt und muss dabei sehr bedauern, dass, da der Fund in die Herbstferien fiel, meine Untersuchungen sich auf konservirtes Material beschränken mussten. Jedenfalls hätte mir die Untersuchung der lebenden Thiere über manche räthselhafte Punkte besseren Aufschluss gegeben. Das gesammte Material wurde mit 5'/,iger wässeriger Sublimatlösung, der zwei Theile Essigsäure zuge- Aeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd, 13 190 Emil Walter, fügt war, abgetödtet und mit Jodalkohol ausgewaschen. Der durch diese Methode herbeigeführte Erhaltungszustand hat mich im Allgemeinen recht befriedigt. Als Färbemittel wurde hauptsächlich GrEnAcHEr’sches Borax-Karmin angewandt. Auch Hämatoxylin lieferte gute Resultate. Es wurden fast nur Schnittserien von vorher durchgefärbten Thieren angefertigt. Einige leidliche Totalpräparate erhielt ich durch Behand- lung mit Glycerin-Essigsäure und auch hier und da durch schwache Färbung. Doch blieb hier viel zu wünschen ührig. So habe ich z. B. an solchen Präparaten niemals eine Darstellung des Nervensystems er- zielen können. Es blieb für die genauere Kenntnis desshalb nur die Methode der Schnitiserien übrig. Die Hauptmasse meines umfangreichen Materials bestand aus zwei Formen von Monostomum proteus. Diese Species hat Herr Dr. BrAnDEs noch vor dem Funde meines Materials in altem Material des Kopen- hagener Museums unter der Bezeichnung Amphistomum scleroporum und mit Exemplaren dieser Species vermischt aufgefunden und wegen ihrer wechselnden Form proteus genannt. Dieses alte Kopenhagener Material habe ich, so weit es gestattet war, mit zur Untersuchung herangezogen, doch wies dasselbe einen derart ungünstigen Erhaltungs- zustand auf, dass ich auf die histologische Untersuchung dieser Formen verzichtet habe. Ein einziges Schnittserienpräparat, das mir Dr. Bran- DES gütigst zur Verfügung stellte, war leidlich erhalten, und so konnte ich noch einige interessante Ergänzungen den Untersuchungen der Formen von proteus aus dem hiesigen Material hinzufügen. Ferner fanden sich in kolossalen Mengen sehr kleine Trematoden- formen, die sich bei näherer Untersuchung als Jugendstadien von Mon. reticulare auswiesen. Sie bieten manches Interessante dar. Das aus- gewachsene geschlechtsreife Mon. reliculare war nur in wenigen Exemplaren vertreten. Die beiden Mon. reticulare und Mon. trigonocephalum sind bereits einmal von P. J. van BEneDEn untersucht und beschrieben worden (1). Die Untersuchung ist aber nur an Totalpräparaten ausgeführt, histo- logische Verhältnisse sind nicht berücksichtigt. Über Mon. proteus finden sich einige Angaben bei Branpes (2). Ferner habe ich über Mon. proteus und Mon. reticulare einige Angaben in einer vorläufigen Mit- theilung gemacht (3). Nach Abschluss dieser Arbeit kam mir eine Abhandlung Monriczıırs (32) zu Gesicht, in welcher die gesammten Monostomen einer Durchsicht unterzogen werden. Die Vermuthung dieses Autors, dass Mon. reticulare mit einem Distomum identisch sei, wird durch die folgende Beschreibung dieser Species widerlegt. Untersuchungen über den Bau der Trematoden. 191 Monostomum trigonocephalum Rud. . (Fig. 4, Taf. X.) Die Länge des Wurmes beträgt durchschnittlich 3 mm; sie kann aber his 5 mm steigen, ja im Kopenhagener Material, in dem sich außer Mon. proteus auch noch Mon. trigonocephalum und die Jugend- stadien von Mon. reticulare fanden, habe ich Exemplare von 7 mm Länge gemessen. Er besitzt im Verhältnis zu seiner Länge einen ge- ringen Umfang; die Dicke beträgt 0,2—0,3 mm, die Breite ca. 0,5 mm. Die Rückenseite ist stark konvex, die Bauchseite konkav, die Seiten- ränder des Körpers sind mehr oder weniger bauchwärts umgeschlagen, so dass der Querschnitt die Form eines Kahnes aufweist (Fig. 4). Der hintere Körperpol ist stumpf abgerundet. Die beiden umgeschlagenen Seitenränder gehen hier in einander über. Der vordere Körperpol ist etwas zugespitzt. Der Saugnapf liegt terminal. Unterhalb des Saug- napfes bilden die Seitenränder je eine eigenthümliche Verdickung, die der vorderen Körperpartie das Aussehen eines Dreiecks giebt: ein Charakteristicum, dem das Thier ja auch den Namen verdankt. Sonst vermag man äußerlich noch wahrzunehmen, dass die Thiere mehr oder weniger nach der Bauchseite zu gekrümmt sind, doch mag das durch die Konservirung bedingt sein. Der Verdauungstractus beginnt mit dem 0,12 mm langen und 0,09 mm dicken Saugnapf. Dieser geht in den 0,3 mm langen Öso- phagus über, in dessen Verlauf kein Pharyngealtheil eingeschaltet ist. An seinem Ende setzen die beiden Darmschenkel an, die nun den Körper in seiner ganzen Länge durchziehen. Im Beginn derselben be- merkt man auf Totalpräparaten eigenthümliche blindsackartige Gebilde, die den Eindruck hervorrufen, als ob die Darmwand mit gestielten Drüsen besetzt sei (Taf. X, Fig. 2 db und Fig. 3); auch van Benepen hat dieselben gesehen. Im weiteren Verlaufe treten nur noch unbedeu- tendere Krümmungen und Ausbuchtungen auf, so dass dadurch das Darmlumen kleinen. Schwankungen unterworfen ist. Die Darmschen- _kel verlaufen in der Nähe der Seitenränder, am hinteren Körper- pol nähern sie sich aber der Körpermitte und bilden nun eine a-föormige Krümmung (Fig. 2), die, wie wir später sehen werden, durch die Lage der Hoden bedingt ist, an deren hinterer Seite sie blind endigen. Der Exkretionsapparat (Fig. 2) besteht zunächst aus der am hinte- ren Pole rückenständig mündenden Exkretionsblase. In diese Blase schiebt sich vom Rücken aus eine Parenchymfalte ein und theilt sie so in zwei Gänge, die sich Anfangs der Innen-, dann der Unterseite 13* 192 Emil Walter, per Darmschenkel anlegen, um schließlich dort, wo die Darmschenkel die x-förmige Krümmung beginnen, etwa in der Höhe des Ovariums, auf die Außenseite des Darmes umzubiegen. Nun verlaufen sie, zu- weilen dem Darme anliegend, meist in geringer Entfernung vom Darme (Fig. #4), nach vorn, wo sie wenig unterhalb des Saugnapfes in einander übergehen. Diese Gefäße besitzen meist ein außerordentlich großes Lumen. Es kann das des Darmes um das Drei- bis Vierfache überstei- gen. Nur in der Nähe der Übergangsstelle unterhalb des Saugnapfes ist dasselbe sehr gering. Das Nervensystem besteht aus zwei etwas unter dem Saugnapf gelegenen Ganglien, die durch eine dorsale Kommissur verbunden sind. Es lassen sich mit Sicherheit nur drei Nerven erkennen, die jederseits von den Ganglien abgehen; ein nach vorn verlaufender, ein seitlicher und der Bauchnerv. Alle diese habe ich aber nicht über ihre ersten Anfänge hinaus verfolgen können. Die männlichen Geschlechtsdrüsen bilden die beiden ovalen Hoden (Fig. 2). Sie liegen neben einander im hinteren Körpertheil, und ihre Masse verdrängt die Darmschenkel aus ihrer ursprünglichen Richtung dorsalwärts und zugleich nach der Mitte zu, so dass dadurch die er- wähnte &-förmige Krümmung derselben zu Stande kommt. Die Vasa efferentia vereinigen sich etwa in der Höhe des Ovariums. Das Vas deferens zieht eine Strecke lang in derselben Stärke, wie die Vasa efferentia, und in gerader Richtung nach vorn; alsdann schwillt es bedeutend an und bildet unter vielfachen Krümmungen und Windun- gen die mit Sperma gefüllte, ziemlich umfangreiche Samenblase, die ganz unvermittelt in einen engen Kanal übergeht, der vom Cirrusbeutel umgeben ist, einem 0,5 mm langen und 0,1 mm dicken Organ, dessen unterer Theil einen starken Komplex chromatophiler Zellen, die Pro- statadrüsen der Autoren, beherbergt. Das letzte Stück des männlichen Ausführungsganges bildet der bei meinen Exemplaren fast immer etwas ausgestülpte Cirrus, der in einen schwach ausgebildeten Sinus genitalis mündet, welcher unterhalb der Gabelung des Darmrohres liegt, bauchständig und ein wenig aus der Mittellinie des Körpers nach links verschoben. Das rundliche Ovarium liegt oberhalb der beiden Hoden in der Mittellinie des Körpers. Der kurze, nach hinten führende Oviduct giebt zuerst dorsalwärts den Laurer’schen Kanal ab, der, wie ich öfters gesehen habe, eine Windung macht, dann nimmt er den unpaaren Dottergang auf. Hier findet sich auch die große kompakte Schalen- drüse; es bildet diese Stelle des Oviduetes das Ootyp. Der Oviduet setzt sich nun in den Uterus fort, der mit seinen vielfachen Windungen Untersuehungen über den Bau der Trematoden, 193 und Schlingen meist den ganzen Raum zwischen den beiden Darm- schenkeln ausfüllt und ihn nur im oberen Theil mit den Windungen der Samenblase theilt. Über die Darmschenkel hinaus verlaufen die Uterusschlingen nicht, die beiden Seitenränder bleiben frei davon. Etwa da nun, wo der Prostatatheil des Samenganges beginnt, geht der Uterus in die Vagina über, die sich durch ihre starke, im Gegensatz zum Prostatatheil des Vas deferens frei ins Parenchym ragende Drüsen- umgebung deutlich vom Uterus abgrenzt. Die Vagina mündet, wie schon erwähnt, neben dem Cirrusbeutel in den gemeinsamen Sinus genitalis. Die Dotterstöcke (Fig. 2) sind nicht stark entwickelt; sie finden sich in den Seitenrändern der unteren Körperhälfte. Erwähnt sei hier noch, dass die van Benepev’sche Fig. 4 sich nicht auf Mon. irigonocephalum bezieht, sondern ein auf dem Kopfe stehendes Am- phistomum scleroporum darstellt. Im Übrigen sind jedoch seine Beschrei- bung und Abbildungen nach den echten Monostomen verfasst worden. Monostomum reticulare van Ben. (Fig. 5, Taf. X.) Die größten Exemplare dieses Wurmes wiesen eine Länge von —5 mm auf. Die Mehrzahl der geschlechtsreifen Individuen zeigte jedoch nur eine Länge von 3—3,5 mm. Ein van Benzpen’sches Original- exemplar, das mir Dr. Brandes zeigen konnte, mab sogar 9 mm. Das Thier erreicht seinen größten Umfang in der Nähe des hinteren Körperpoles; die Breite beträgt hier etwa 1.mm, die Dicke etwa 0,5 mm. Der Körper ist also im Verhältnis zu seiner Dicke langgestreckt zu nennen. Im vorderen Körpertheil wird er bedeutend schlanker und erreicht am Saugnapf seinen geringsten Umfang (etwa 0,2 mm Durch- messer). Der hintere Körperpol ist stark abgerundet. Die Rückenseite ist konvex, die Bauchseite plan (Fig. 8a). Von umgebogenen Rändern ist wenig oder nichts zu bemerken. Auch dieser Wurm zeigt sich im konservirten Zustand meist etwas nach der Bauchseite zu gekrümmt. Der Eingang zum Verdauungskanal (Fig. 6) besteht aus einer Art von Mund- oder Lippenbildung, die durch die vorgestülpten Körper- ränder gebildet wird und zurückgezogen werden kann (ef. Fig. 12 Ib). Hierauf folgt der 0,11 mm lange und 0,09 mm dicke Saugnapf, der in seinem unteren Ende neben der Einmündung des Ösophagus zwei eigenthümliche, querstehende, 0,03 mm lange Gänge aufweist (Fig. 7). Er führt in den fast I mm langen Ösophagus, der in die normal ver- laufenden Darmschenkel übergeht (Fig. 6). Ein scharf abgegrenzter Pharynx ist nicht vorhanden, aber es tritt am Ende des Ösophagus eine allmähliche Verdickung der Ringmuskulatur ein, so dass eine spindel- 194 | Emil Walter, förmige, 0,11 mm lange und 0,06 mm breite Anschwellung zu Stande kommt, die wohl einem Pharynx verglichen werden kann. Die am hinteren Körperpol etwas rückenständig ausmündende Ex- kretionsblase ist außerordentlich groß, einmal habe ich 1 mm Länge ge- messen. Aus der Endblase entspringen vier größere Längsstämme, die dorsal und ventral von beiden Darmschenkeln hinziehen (Fig. 8a). Zwei kleinere Längsgefäße, die nach außen und seitlich vom ventralen Gefäß verlaufen, zeigen ein nur sehr geringes Lumen. Alle diese Längsgefäße gehen im vorderen Körpertheile in große Lakunen über, die sich bis zum Saugnapf hin erstrecken. Außerdem findet sich ein besonderes peripheres, netzförmiges Gefäßsystem, das dem Thiere den Namen gegeben hat, und durch mehrere feine Kanäle mit der Exkretionsblase und vielleicht auch mit den vorderen Lakunen in Verbindung steht. Van BENEDEN hat gute Abbildungen davon gegeben, so dass ich es nicht für nöthig halte, dasselbe nochmals darzustellen. Vom Nervensystem lassen meine Präparate außer dem Centraltheil und einem großen Bauchnerven nur wenig erkennen. Die beiden leicht gebuchteten Hoden (Fig. 6) liegen hinter einander in der Mittellinie und zwar in der zweiten Körperhälfte. Die Vasa efferentia vereinigen sich dicht vor dem ersten Hoden mit einander zum Vas deferens, das nach Bildung einer stark gewundenen Samen- blase nicht weit unterhalb des Saugnapfes in der Mittellinie des Körpers nach außen mündet. Ein deutlicher Cirrus ist nicht vorhanden, wohl aber ein Prostatatheil und eine dem Cirrusbeutel entsprechende Bildung. Doch umgiebt hier die Ringmuskulatur beide Geschlechts- wege, den Ductus ejaculatorius und die Vagina (Taf. XI, Fig. 35), ein Verhalten, das mir bemerkenswerth erscheint. Dicht hinter den Hoden liegt, etwas aus der Mittellinie nach links verschoben, das Ovarıum, dem die Schalendrüse dicht angelagert ist (Fig. 6). Ein Laurer’scher Kanal ist vorhanden. Der Oviduet zieht unter schwacher Schlingenbildung nach vorn. Die Dotterstöcke liegen am Rande der hinteren Körperhälfte und zu beiden Seiten der Ex- kretionsblase (Fig. 6). Die paarigen Dottergänge verlaufen normal. Ein einziges Mal beobachtete ich auf Schnitten noch einen dritten Dottergang, der mit der Vereinigungsstelle der beiden Dotterstöcke über der Exkretionsblase in Verbindung stand. Jugendstadien von Monostomum reticulare. (File 9, Tax) Die kleinsten Formen (Fig. 9 und 10) besitzen etwa eine Länge von 1,5 mm. Die Breite ist gering; sie beträgt ca. 0,5 mm. Eben so Untersuchungen über den Bau der Trematoden, 195 die Dicke, die etwa 0,2 mm beträgt. Auch bei Formen, die schon die Länge des geschlechtsreifen Thieres erreicht haben (Fig. 11), hat der Umfang erst wenig zugenommen. Die Rückenseite erscheint konvex, die Bauchseite, abweichend vom geschlechtsreifen Thier, etwas konkav (Fig. 86). Der oberste Rand des Saugnapfes ist bei der Jugendform in kleine, nur bei stärkerer Vergrößerung wahrnehmbare, papillenähn- liche Spitzen ausgezogen, die einen Kranz innerhalb der Lippen bilden (Fig. 12) und mehr oder weniger aus der Mundöffnung hervor- ragen können. Ich habe 20 solcher papillenähnlicher Spitzen gezählt. Sie sind beim geschlechtsreifen Thier verschwunden. An den Rändern des Körpers bemerkt man schon mit der Lupe ein Hauptcharakteristi- cum dieser Jugendformen. Bei den kleinen Formen sind nämlich hier beiderseits 20—25 (gewöhnlich 23) große Blasen vorhanden, die dicht neben einander stehen und vom vorderen bis hinteren Körperpole gleichmäßig vertheilt sind (Fig. 9). Die Blasen zeigen in der Mitte des Körpers einen Durchmesser von 0,5 bezw. 0,4 mm, wobei der längere stets senkrecht zur Längsachse der Thiere liegt. Gegen die beiden Enden des Körpers nimmt ihre Größe etwas ab. Bei den länge- ren Jugendformen von 3—3!/, mm Länge finden sich jederseits nur 10—12 Blasen, die natürlich in viel größeren Abständen stehen und auch nicht mehr so aus den Rändern hervorquellen, dass der Rand jenes gewellte Aussehen erhält, wie bei den kleinen Formen (Fig. 9). Bei den geschlechtsreifen Individuen findet man endlich nur noch sehr selten, und zwar nur auf Schnitten Reste der Blasen vor, so dass ich dieselben gänzlich übersehen haben würde, wenn ich nicht, durch die Jugendform darauf aufmerksam gemacht, danach gesucht hätte. Dann aber habe ich sie auch mit aller Bestimmtheit nachweisen können. Es findet sich noch ein Punkt, in dem diese Jugendformen von dem geschlechtsreifen Thiere abweichen. Man beobachtet nämlich zwei lange seitliche Taschen, die neben dem Ösophagus hinziehen und zu den Seiten desselben in den Grund des Saugnapfes einmünden (Fig. 12). Rudimente derselben findet man bei dem geschlechtsreifen Thier, und zwar als zwei kleine quere Gänge, die den unteren Theil des Saug- napfes durchsetzen und in denselben sich öffnen (Fig. 7). Auch im Bau des Exkretionssystems sind Unterschiede zu kon- statiren. Während wir beim entwickelten Thiere vier Hauptstämme und zwei Nebenstämme mit ganz geringem Lumen von der Exkretions- blase nach vorn ziehen sehen, finden wir hier das Lumen der letzt- erwähnten Nebenstämme eben so stark entwickelt als das der Haupt- stämme (Fig. 8a und b). Die Lumina des peripheren Netzwerkes sind viel geringer als beim ausgebildeten Thiere. Jedoch ist dies eben so 196 Emil Walter, wenig auffallend, als dass das Darmlumen und sein Epithel, die Ge- schlechtsdrüsen und Gänge noch nicht die definitive Größe und Gestalt besitzen. Die Thiere sind eben noch im Wachsen begriffen. Auch die Ex- kretionsblase hat noch nicht ihre definitive Größe erreicht; daher kommt es, dass es scheint, als ob die Geschlechtsdrüsen beim jugendlichen und geschlechtsreifen Thiere eine verschiedene Lage hätten (vgl. Fig. 6, 40, 41). Von den Dotterstöcken ist überhaupt noch nichts sichtbar. Monostomum proteus Brandes. Diese Species wurde, wie schon gesagt, von BrAnDEs für eine Reihe ziemlich abweichend von einander gebauter Trematoden aus dem Darme von Chelone viridis aufgestellt. Als dann im hiesigen Institut bei der Durchsuchung einer Chelone viridis von Herrn Professor O. TAscHENBERG eine große Menge Trematoden gefunden wurden, glaubte BrAnDzs in einem Theile derselben Mon. proteus wieder zu erkennen. Im Folgenden werden wir die einzelnen Formen und ihre Beziehungen zu einander betrachten. Wenden wir uns zuerst zu der leider histologisch sehr schlecht erhaltenen einzigen Form mit Geschlechtsprodukten a. d.K.M.!. Sie besitzt im Allgemeinen die Gestalt eines Kahnes (Fig. 22), dessen vor- deres Ende zugespitzt erscheint, während das hintere abgerundet ist. Die bauchwärts umgeschlagenen Seitenränder sind eigenthümlich gewellt; sie legen sich nicht vorn an den Saugnapf an, sondern gehen unterhalb desselben auf der Bauchseite in einander über, so dass der Saugnapf mit seiner Umhüllung wie ein aus dem Vorderende des Körpers hervorragender stielförmiger Fortsatz erscheint. Ferner kann man schon mit der Lupe auf der Bauchseite des Thieres etwa sieben Längsreihen warzenförmiger Erhebungen wahrnehmen. Der oberste schmale Rand des Saugnapfes ragt, wie die Fig. 23 zeigt, etwas aus dem Vorderende heraus. Der untere Theil des Saugnapfes ist in zwei starke Taschen ausgezogen, die zu den Seiten des Ösophagus hinziehen (Fig. 23 und 25). Der an den Saugnapf anschließende, ziemlich lange Ösophagus schließt mit einem wohl ausgebildeten Pharyngealtheil ab, der in die blind endigenden Darmschenkel führt. Die beiden Hoden liegen hinter einander in der hinteren Hälfte zwischen beiden Darmschenkeln. Hinter ihnen befindet sich das Ova- rium, hinter diesem die Schalendrüse. Der Uterus zeigt einen stark gewundenen Verlauf, seine Schlingen greifen selbst über die Darm- 1 Künftig werde ich die Abkürzung a. d. K. M. = aus dem Kopenhagener Material un da. d. H. M. = aus dem Hallenser Material gebrauchen. Untersuchungen über den Bau der Trematoden. 197 schenkel hinaus. Die Dotterstöcke liegen in den Rändern der hinteren Körperhälfte und zu den Seiten der Exkretionsblase, bieten also etwa dieselben Verhältnisse dar, wie bei Mon. reticulare. Der gemeinsame Sinus genitalis findet sich etwas unterhalb des Saugnapfes in der Mittel- linie auf der Bauchseite. Mit dem Ausführungsgang der zweizipfeligen Exkretionsblase hängt ein merkwürdiges, komplicirt gebautes Organ zusammen, dessen Querschnitt (Taf. XI, Fig. 30) etwa die Form einer Rosette aufweist. Das centrale Nervensystem zeigt den gewöhnlichen Bau. Die weitere Verfolgung des Exkretions- und Nervensystems war mir des schlechten Erhaltungszustandes halber unmöglich. Alle anderen Formen enthalten keine Geschlechtsprodukte und zeigen auch sonst so auffallende innere Veränderungen, dass wir sie als abnorm bezeichnen müssen !. Worin diese Abnormitäten ihren Grund haben, ist schwer zu sagen, jedoch scheinen die stets leere Hohlräume darstellenden Geschlechtsdrüsen darauf hinzudeuten, dass es Fort- pflanzungsverhältnisse sind, die hier in Betracht kommen; wahrschein- lich haben die Thiere ihre Geschlechtsreife bereits hinter sich, und die Ablage der Geschlechtsprodukte ist beendet. Allerdings ist der Uterus bei diesen Formen, abweichend von der normalen Form, nur wenig gewunden (Taf. X, Fig. 19) und verläuft ohne starke Schlingenbildung nach vorn; aber es ist wohl denkbar, dass er sich nach Entleerung der Eier stark kontrahirt hat. Sein auffallendes Aussehen, wie ich es in Fig. 39, Taf. XI dargestellt habe, scheint mir auf einen derartigen Vorgang hinzuweisen, und der Zustand des umgebenden Parenchyms, das streckenweise ganz zerrissen und zerstört erscheint, steht damit nicht in Widerspruch. Nach dem, was uns bei Mon. reticulare über die Veränderung des Saugnapfes und seiner Anhänge während der postembryonalen Ent- wicklung bekannt geworden ist, wird uns der Umstand, dass wir bei den abnormen Formen auch nur Rudimente der Seitentaschen des Saugnapfes (Taf. X, Fig. 21) auffinden, nicht besonders Wunder nehmen. Auch der Ausführungsgang der Exkretionsblase, die, ganz zusammen- gefaltet, ebenfalls unter der allgemeinen Degeneration gelitten hat, erinnert nur durch kleine, zusammengeschrumpfte Ausstülpungen an das komplieirte Organ des normalen Thieres. I Es finden sich hier u, A, gewaltige Auftreibungen der Darmschenkel, auf- fallende Degeneration der Gewebe und Organe, Anfüllung des Parenchyms mit Exkretionsstoffen, massenweises Auftreten von Spaltpilzen im Gewebe etc. Vor Allem die nachher zu besprechende Lanzenspitzenform zeichnet sich hierdurch aus, so dass ich es nicht für unangebracht halte, diese als absterbende Form zu betrachten. | 198 .. Emil Walter, In der großen Reihe dieser Übergangsstadien fallen nun durch ihre Formbeständigkeit zwei in großer Individuenzahl auftretende Formen auf, eine Kahnform a. d. H. M. und eine Lanzenspitzenform, die in beiderlei Material vorhanden ist. Von diesen beiden will ich zuerst diejenige beschreiben, die äußerlich die größere Ähnlichkeit mit der eben beschriebenen Kahnform a. d. K.M. zeigt und die mir bei der Untersuchung mancher Verhältnisse sehr werthvolle Aufschlüsse gab. Wie die Fig. 13 a—d zeigen, besitzt diese Form, die dem Hallenser Material entstammt, ebenfalls die Gestalt eines Kahnes. Die glatten Ränder des Körpers sind bauchwärts umgebogen (Fig. 16) und lagern sich vorn an den Saugnapf an, hinten dagegen ziehen sie sich über das Körperende hinaus in zwei Zipfel aus, die entweder gerade nach hinten gestreckt (Fig. 13d) oder mehr oder weniger bauchwärts um- gebogen sind (Fig. 13a und c). Die warzenförmigen Erhebungen auf der Bauchseite fehlen diesen Exemplaren. Die Größe des Thieres stimmt im Allgemeinen mit der der Kahnform a. d.K.M. überein. Die Länge beträgt im Mittel 3,5 mm (Q—4,5), die Dicke 0,5 mm. Die Zipfel sind ca. 0,5 mm lang. Im Verdauungs- und Geschlechtsapparat zeigt sich nichts von der Kahnform a. d. K. M. Abweichendes. Das Ex- kretions- und Nervensystem habe ich hier näher studiren können. Das erstere ist ziemlich komplicirt. Von der Exkretionsblase gehen vier Kanäle aus, von denen sich zwei bald spalten, so dass nunmehr sechs Kanäle den größten Theil des Körpers durchlaufen. Sie sind durch einige Anastomosen mit einander verbunden und geben oberhalb des Pharynx noch mehrere Seitenäste ab. Die Fig. 15 u. 46« und 5b und die Figurenerklärung werden über den Verlauf und die Lagerung der Gefäße, Äste und Anastomosen zur Genüge informiren. Die vielfach gekrümmten, fast ausschließlich peripher verlaufenden Kanäle besitzen alle ein sehr enges Lumen (ca. 0,013 mm). Sie vereinigen sich, wie es scheint, nach und nach sämmtlich mit den beiden dorsalen Gefäßen, die schließlich oberhalb des Saugnapfes in einander übergehen. Von dem centralen Theile des Nervensystems gehen sieben Nervenpaare ab, drei nach vorn, vier nach hinten, von denen die beiden Bauchnerven die stärksten sind. Das Genauere giebt die Fig. 17 und die Figurenerklärung. Die zweite Form ist wohl am besten mit einer Lanzenspitze zu vergleichen (Fig. 18). Sie ist fast plan und zeigt nirgends Erhebungen oder Umfaltungen. Hauptsächlich ihre Länge ist oft um ein Beträcht- liches, zuweilen um das Doppelte größer als die der eben beschriebe- nen Form. Die charakteristischen Zipfel am hinteren Pol sind jedes Mal vorhanden, aber meist stark zusammengeschrumpft. Wo ich die inneren Untersuehungen über den Bau der Trematoden, 199 Organe, die, wie erwähnt, hier fast immer sehr stark degenerirt sind, studiren konnte, habe ich dieselben Verhältnisse, wie bei den oben erwähnten Formen, konstatiren können !. Das Parenchym’’. Wenn man die Litteratur über Trematoden durchmustert, so findet man sehr widersprechende Ansichten und nicht unbeträchtliche Unter- schiede in der Beschreibung des Parenchyms dieser Thiere. Die meisten Autoren der neueren Zeit sind jedoch in so fern zu einer gewissen Einigung gekommen, als sie zwei Komponenten des Paren- chyms unterscheiden, ein faseriges Bindegewebe, das ein Maschenwerk bildet, und in die Maschen eingelagerte, kugelige bis polygonale Zellen mit mehr oder weniger hellem, wässerigem Inhalt. Diese Ansicht wird vertreten von KerBERT (%), TAscHenBERG (12), Ziester (13), Looss (6), SCHWARZE (7), JÄGERSKIÖLD (8). Auch Levckarr (14) schließt sich dieser Deutung in der ersten Auflage seines unerreichten Parasitenwerkes an. In der zweiten Auf- lage hat er jedoch seine frühere Auffassung verlassen und tritt dafür ein, dass das Parenchym aus einerlei Zellen (Blasenzellen) gebildet sei, die uns durch eigenthümliche Umwandlungen ihres Inhaltes die beiden heterogenen Komponenten vorspiegeln. Er sagt bei Gelegenheit der Besprechung des Parenchyms von Distomum hepaticum (1%, p. 188): »Um die Eigenthümlichkeiten der Grundsubstanz mit jener Auffassung in Einklang zu bringen, muss man annehmen, dass entweder zwischen die Blasenzellen noch eine besondere Bindemasse eingelagert ist, oder dass erstere ihr Protoplasma im Laufe der Zeit durch Ansammlung einer hellen Flüssigkeit im Inneren auf eine der Wand anliegende feste Rindenschicht reducirt haben. Ich trage kaum Bedenken, mich für die letztere dieser Eventualitäten auszusprechen. « Dieser Auffassung des Blasenzellentypus kann ich mich nur an- schließen. Dieser Typus ist jedoch nicht der einzige, der bei einer Betrachtung und Erklärung des Trematodenparenchyms in Betracht ! z.B. habe ich in zwei Fällen genau das gleiche, komplicirte Exkretions- gefäßsystem konstatiren können. 2 Während des Druckes dieser Arbeit, die übrigens schon im Oktober 1892 vollendet war, erschien die Looss’sche Abhandlung: Zur Frage nach der Natur des Körperparenchyms der Trematoden etc. in: Berichte der königl. sächs. Gesellsch. der Wissenschaften ; Mathem.-physische Klasse; Sitzung v. 9. Jan. 1893, Ich konnte desshalb nicht mehr, wie ich es gern gemocht hätte, auf die gewissenhaft begrün- deten Resultate dieses Forschers eingehen, die zu meiner Freude mit einem be- trächtlichen Theile meiner Angaben und Ansichten über das Parenchym der Trema- toden übereinstimmen, 200 ° Emil Walter, kommt. Wir sind durch andere Autoren von ganz abweichenden Parenchymformen unterrichtet. Auch ich war zum Theil durch die gütige Überlassung von Präparaten der Herren Professor Dr. TascHrn- BERG und Dr. Brandes, zum Theil durch eigene Präparate in den Stand gesetzt, mich von dem recht verschiedenen Aussehen des Parenchyms einer großen Reihe ektoparasitischer und entoparasitischer Trematoden- formen zu überzeugen. Levckarr selbst stellt an anderer Stelle außer dem Blasenzellentypus noch einen weiteren Typus auf, der sich als »homo- gene, höchstens feinkörnige Substanz mit zahlreichen eingesprengten Kernen« darstellt. Diese beiden Typen sind jedoch so verschieden, dass sie nicht ohne Weiteres von einander abgeleitet werden können. Den- noch glaube ich, dass es möglich ist, ein einheitliches Erklärungsprineip für das so verschiedenartig aussehende Trematodenparenchym auf- zustellen. Für diese Erklärung scheinen mir die Verhältnisse, wie sie sich bei den nächsten Verwandten der Trematoden finden, von hohem Werthe zu sein. LeuckArr giebt p. 188 in einer Anmerkung an, dass seine vorhin angeführte Auffassung vom Blasenzellentypus theilweise mit der übereinstimme, die Arno» Lang über das Parenchym der Poly- kladen entwickelt hat. Die Lang’sche Schilderung, die sich in seiner prachtvollen Monographie der Polykladen (15) findet, ergiebt nun so viele und bedeutende Übereinstimmungen mit dem Parenchym der Trematoden, dass ich mit kurzen Worten darauf eingehen möchte. Lang unterscheidet hauptsächlich drei Modifikationen des auch hier sehr vielgestaltigen Parenchyms. Überall hält er jedoch, gegen- über den gegentheiligen Ansichten Minor’s (16), der das Parenchym aus zwei selbständigen Elementen, einem zelligen Balkennetz und ovalen Zellen, bestehen lässt, an der Gleichartigkeit der das Grundgewebe bil- denden Zellen fest, die nur durch die verschiedenartigen Modifikationen ihres Inhaltes das verschiedene Aussehen des Parenchyms bedingen sollen. Er unterscheidet drei Modifikationen, deren dritte sich auf die zweite, und deren zweite sich auf die erste zurückführen lässt. Die erste Modifikation stellt eine feinkörnige Plasmamasse ohne Zellgrenzen mit zahlreich eingestreuten Kernen und mit Vacuolen dar. Die zweite Modifikation ist identisch mit dem Levexarr'schen Typus der Blasen- zellen. Die dritte Modifikation weicht in so fern von der zweiten ab, als die Wände der Zellen vielfach durchbrochen sind, so dass unregel- mäßige Hohlräume und Lakunen entstehen. Das Resultat seiner Untersuchungen fasst Lang zusammen, indem er betont, dass das Parenchym aller von ihm untersuchten Polykladen, abgesehen von drüsigen Gebilden, immer nur aus dem einen Elemente der mehr oder weniger modifieirten, meist blasenförmigen Parenchym- zellen bestehe, dass die größeren und kleineren Vacuolen und Hohl- räume intracellulär und nicht intercellulär sind, und dass » die stets farblose klare Flüssigkeit, welche diese Räume enthalten, die soge- nannte periviscerale Flüssigkeit, ein Produkt der Verflüssigung von Parenchymzellen ist, die dadurch entweder blasenförmig oder im extremen Falle unregelmäßig verästelt werden «. Ich glaube, dass es unter Berücksichtigung der Laws’schen und Leuexart’schen Modifikationen sehr wohl gelingen dürfte, ein einheit- liches Schema aufzustellen, in das alle die abweichenden Formen hineinpassen, und in dem man außerdem eine Modifikation aus der anderen abzuleiten vermag. Mit Verwendung der Resultate meiner eigenen Untersuchungen und der einiger anderer Autoren habe ich den Versuch gemacht ein Schema zu geben, das es sich zur Aufgabe stellt, die beiden eben ausgesprochenen Bedingungen zu erfüllen. Das- selbe ist in aller Kürze Folgendes. Untersuchungen über den Bau der Trematoden. 301 I. Typus. Als erstes und ursprüngliches Verhalten des Parenchyms möchte ich die zweite Modifikation Leuckarr’s in Anspruch nehmen. Das Parenchym besteht hier aus einer homogenen bis feinkörnigen Substanz, in der Kerne eingebettet sind, und die deutliche Zellgrenzen nicht er- kennen lässt. Wir haben es hier wahrscheinlich nur mit den mehr oder weniger modificirten Resten des Urmeristems zu thun. Auch wo das Parenchym im Inneren des Körpers ganz andere Gestalt angenom- men hat, erhalten sich stellenweise diese Reste noch unter dem Haut- muskelschlauch des Thieres. Als Beispiel kann die Beschreibung und Abbildung dienen, die Looss (6) von dem Parenchym unter dem Haut- muskelschlauch von Distomum reticulatum gegeben hat. Dieser embryonale Typus des Parenchyms wird aber nur selten und dann nur an einzelnen Stellen des Körpers auftreten. Meist hat sich das Gewebe schon mehr und mehr verändert. Hauptsächlich ist festzuhalten, dass der Charakter der von nun ab auftretenden Ver- änderungen durch die Tendenz zur Vacuolenbildung bedingt ist, und dass darin der Grund zu der enormen Größe der Parenchymzellen gewisser Trematodenformen zu suchen ist. II. Typus. Innerhalb des Zellplasmas zwischen den Zellkernen treten kleinere oder größere intracelluläre Vacuolen auf. Auch hier sind deutliche Zellgrenzen nicht wahrnehmbar. Je nachdem die Masse der Vacuolen die des Zellplasmas über- 202 Emil Walter, wiegt oder nicht, kommt nun ein ganz verschiedener Habitus des Parenchyms zu Stande, und man kann demnach zwei Unterabtheilun- gen unterscheiden: 1) Die Masse der Vacuolen hat die des Plasmas noch nicht erreicht. Es können hier eine oder mehrere Vacuolen in jeder Zelle auftreten. Da ihr Umfang aber noch nicht bedeutend ist, so behält das Parenchym im Wesentlichen den sub I geschilderten Charakter. Als Beispiel wäre hier vielleicht das Parenchym aufzustellen, das nach Looss (6) auf den unter dem Hautmuskelschlauch liegenden und sub I geschilderten Typus weiter nach dem Inneren des Distomum reticulatum zu folgt. Hier hätten wir zugleich ein Beispiel eines direkten Überganges des ersten Typus in die erste Modifikation des zweiten Typus, welche letz- tere etwa der ersten Lang’schen Modifikation entspricht. Auch in den Zeichnungen Scnwarze’s (7) finden sich häufig Bilder, die den Lane’schen ähnlich sind und desshalb zu dieser Modifikation gerechnet werden könnten (z. B. Fig. 11, 18, 19, 21, 22, 24, 29). 2) Die Masse der in Vielzahl vorhandenen Vacuolen überwiegt die Masse des Plasmas. Hierdurch wird der Charakter des Gewebes mehr und mehr ver- ändert. Man erhält jetzt auf Schnitten den Eindruck eines Maschen- werkes. In Wirklichkeit haben wir es aber mit einem Fachwerk zu thun, in welchem jedes der in diesem Falle kleinen Fächer nicht einer Zelle, sondern einer Vacuole entspricht. Es kommen also viele kleine Fächer auf eine Zelle. Diese Modifikation kann natürlich je nach der Anzahl, Größe und Gestalt der Vacuolen einen sehr verschiedenartigen Eindruck machen. Im Allgemeinen ist zu sagen, dass die Stärke der Plasmahüllen von der Größe und Menge der Vacuolen abhängig sein wird. Als Beispiel möge das in Fig. 44, Taf. XII abgebildete Pack von Mon. trigonocephalum dienen. Ich habe diese Modifikation außer- dem nachweisen können bei Distomum endolobum, Dist. veliporum und Dist. megasiomum. III. Typus. Derselbe entspricht der zweiten Lang’schen Modifikation und dem Leucrarr’schen Typus der Blasenzellen. Die Größe der Vacuolen ist hier so bedeutend, dass das Protoplasma nur eine oberflächliche dünnere oder dickere Hülle der Zelle bildet, die mit der Nachbarzelle verschmol- zen und zu einer festen Schicht umgewandelt ist, so dass ein auf Schnitten als Maschenwerk erscheinendes Fachwerk entsteht, in dem aber, im Gegensatz zum vorigen Typus, jedes Fach einer Zelle ent- Untersuchungen über den Ban der Trematoden. 203 spricht. Die Zellkerne sind hier meistens dem Fachwerk ein- oder an- gelagert. Ich habe diese Modifikation bei Mon. reticulare (Fig. 414 und 12, Taf. XII), Amphistomum megalocoiyle und Amphistomum cerumeniferum angetroffen. Als Beispiel einer ziemlich starken Rindenschicht könnte vielleicht Looss’ (6) Beschreibung und Abbildung (Fig. 5) des Paren- chyms von Dist. palliatum aufgestellt werden. IV. Typus. Derselbe entsteht aus dem vorhergehenden dadurch, dass die Vacuolen mit einander in Verbindung treten, indem die Rindenschich- ten stellenweise zerplatzen und zerreißen. Er würde also der dritten Lang’schen Modifikation entsprechen, und es würde im extremen Falle, wie Lang angiebt, ein unregelmäßig verästeltes Maschenwerk zu Stande kommen, das seine Entstehung aus dem ursprünglichen blasenartigen Fachwerk gar nicht mehr erkennen lässt. Ich habe diese letzte Modifikation des Parenchyms angetroffen in gewissen Körperpartien des erwachsenen Mon. reticulare. Sie be- stimmt den Gesammtcharakter des Parenchyms von Monostomum proteus (Fig. 43, Taf. XII)!, Amphistomum conicum? und Amphistomum subelavatum. Diese Verhältnisse, die ich beim letzterwähnten Thier zuerst auf Schnittpräparaten studirte, bestätigten mir weiterhin auch Beobachtungen, die ich am lebenden Thier derselben Species ge- macht habe. Mit starken Vergrößerungen habe ich nämlich hier beob- achtet, dass kleine Körnchen, die innerhalb der wasserhellen und wasserdünnen Flüssigkeit des Parenchyms suspendirt waren, bei Ein- wirkung eines geringen Druckes oder bei Muskelkontraktionen des Thieres einen Weg von mindestens 1 mm zurücklegten. Da auf I mm jedenfalls viele Maschen kommen, so spricht dies für eine Kontinuität der perivisceralen Flüssigkeit in diesem Falle. So weit geht das von mir gegebene Schema. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass es noch immer gewisse Schwierigkeiten haben wird, alle Formen ohne Weiteres in dem Schema unterzubringen, und dass mit den aufgezählten Modifikationen die Zahl der Möglichkeiten 1 Wenn nicht besonders angegeben, beziehen sich alle weiteren Angaben über die Species Mon. proteus auf die Kahnform a. d. H. M., die allein von allen Formen einen leidlichen histologischen Erhaltungszustand aufwies. 2 BrLumgBErg (17) giebt an, dass sich innerhalb einer Masche dieses Thieres mehrere Kerne — er zählt deren ein bis neun — nachweisen lassen. Diese Beob- achtung kann ich bestätigen. Schon daraus würde hervorgehen, dass sich der In- halt einer solchen Masche aus mehreren Zellen rekrutirt. 204 Emil Walter, noch nicht erschöpft ist. So will ich z. B. gleich noch darauf aufmerksam machen, dass ich nach Manchem, was ich bei gewissen Formen der Ektoparasiten und der Holostomen gesehen habe, es für möglich halte, dass stellenweise die direkten Abkömmlinge der Meristemzellen eine Umwandlung in dem Sinne, wie wir sie im Vorstehenden kennen ge- lernt haben, die also hauptsächlich in einer zuweilen kolossalen Volum- vergrößerung durch Wasseraufnahme besteht, dadurch unmöglich machen, dass sie sich mit einer Membran umgeben. Dafür behalten sie jedoch, wie es scheint, das Vermögen der Zellvermehrung, das sie im Bedürfnisfalle auch ausgiebig anwenden werden. Alle weiteren Umwandlungen des Urparenchyms können jedoch, wie ich glaube, er- klärt werden, wenn man nur dabei beachtet, dass als oberstes Erklä- rungsprineip die Tendenz zur Vacuolenbildung zu betrachten ist. Es wird natürlich schon aus der Entwicklung des Schemas her- vorgegangen sein, dass dasselbe nicht so aufgefasst werden darf, dass das Parenchym sowohl während der Entwicklung des Thieres, als auch während eines bestimmten Zeitpunktes innerhalb des ganzen Körpers ein und denselben Habitus aufweise. Das Parenchym zeigt vielmehr seiner Entwicklungsstufe entsprechend sowohl in verschiedenen Alters- phasen des Thieres, als in verschiedenen Körpertheilen desselben Exemplares eine mehr oder weniger verschiedenartige Ausbildung. Man kann demnach im Allgemeinen nur davon sprechen, dass eine bestimmte Modifikation den Gesammitcharakter des Parenchyms be- herrsche. Vielleicht haben auch noch innerhalb einer Species ge- wisse äußere Existenzverhältnisse, Wirthsthier, Nahrung des Wirths- thieres etc. einen Einfluss auf die Gestaltungsfähigkeit des Parenchyms der Trematoden. So ist es mir zuweilen passirt, dass Thiere derselben Species, die aus verschiedenem Material stammten, eine ganz verschie- dene Ausbildung des Parenchyms zeigten, was jedoch nach dem eben Gesagten ganz erklärlich wird. Was nun schließlich die physiologische Bedeutung der theilweise so bedeutenden Wasseraufnahme und Vacuolenbildung betrifft, so kann ich mich hier ganz den Ausführungen Scuwarze’s (7) anschließen, der darauf aufmerksam macht, dass die Bewegungsfähigkeit der Trematoden von der Spannung der Haut oder des Hautmuskel- schlauches, und diese wieder von der durch die Wasseraufnahme zu Stande kommenden Turgescenz der Zellen abhängig sei. Es ge- winnt diese Annahme weiterhin dadurch, dass die Funktion gewisser Muskeln, die, wie wir nachher sehen werden, sich direkt in der Cuti- cula inseriren, überhaupt nur bei einer gewissen Spannung der Cuti- cula denkbar ist. Untersuchungen über den Bau der Trematoden. 205 Die Cuticula. Die Körperbedeckung bildet bei allen drei von mir untersuchten Species eine stark chromatophile, fast undurchsichtige Schicht, deren Grundmasse homogen bis feinkörnig erscheint. Der Rand der Cuticula zeigt häufig an der konkaven Bauchseite quer verlaufende, mikro- skopisch kleine Einkerbungen, die aber nicht regelmäßig sind. Ich schreibe sie der einseitigen Krümmung der Thiere zu. Am dünnsten ist die Cuticula bei Mon. trigonocephalum; sie misst hier ca. 0,003 mm. Beim jugendlichen Mon. reticulare ist sie ebenfalls ca. 0,003 mm stark, sie wächst jedoch beim geschlechtsreifen Thiere auf ca. 0,007 mm. Die Cuticula der Bauchseite ist gewöhnlich etwas dicker als die der Rücken- seite. Auf der Rückenseite misst die Guticula von Mon. proteus 0,008 bis 0,019, im Mittel 0,013 mm, auf der Bauchseite 0,005—0,027, im Mittel 0,046 mm. Bei Mon. trigonocephalum und Mon. reticulare ist die Guticula in ihrer ganzen Dicke gleichmäßig gebaut und zeigt keine weiteren Komplikationen. Bei Mon. proteus bemerkt man, dass der innere Theil der Cuticula nicht, wie der äußere, eine sich stark färbende homogene, sondern eine helle, etwas glänzende Schicht darstellt, die bei starken Vergrößerungen einen schaumartigen Eindruck macht. Auf Tangential- schnitten zeigt sich, dass dieses Aussehen durch eine Menge sehr kleiner, dicht an einander liegender Vacuolen hervorgerufen wird (Fig. 455, Taf. XII). Ob diese Vacuolen normal oder auf die Konser- virung zurückzuführen sind, kann ich nicht entscheiden. Auf die eigentliche Cuticula folgt dann eine fast immer sehr dünne, homogene und niemals gefärbte Schicht, die auf den meisten Präparaten völlig undurchsichtig erscheint. Direkt unter dieser Schicht (bei Mon. reticu- are und trigonocephalum direkt unter der Cuticula) liegt die periphere Ringmuskellage. In der Cuticula von Mon. proteus bemerkt man weiter — zwar nicht auf allen Präparaten, aber doch häufig und dann besonders deutlich auf der Bauchseite — eine feine, senkrechte Strichelung, bei deren Anblick man zuerst auf den Gedanken einer Existenz von Poren- kanälchen kommt. Dass es jedoch nicht bloße Lücken in der Grund- substanz der Cuticula sind, geht daraus hervor, dass die anscheinenden Porenkanälchen auf manchen Schnitten, auf denen die Cuticula hell, wenig gefärbt, etwas durchscheinend, wie macerirt aussieht, als dünne, glasige aber kompakte Fädchen ein wenig über den Rand der Cuticula hinaustreten. Auf Tangentialschnitten bemerkt man Folgendes. In der homogenen Grundmasse finden sich viele kleine, unregelmäßig zer- Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. 7WA 206 Emil Walter, streute und nicht nach einem gewissen Princip angeordnete Pünktchen — die Querschnitte der vorerwähnten, die Cutieula durchsetzenden Fädchen (Fig. 45 a, Taf. XII). Zwischen den Vacuolen der inneren Schicht finden sich diese Querschnitte wieder (Fig. 455, Taf. XI). Über die Deutung dieser feinen, die Cuticula durchsetzenden Fäden bin ich lange Zeit im Unklaren gewesen. Im Laufe der Unter- suchung fiel mir nun auf, dass die sehr feinen Fibrillen der Parenchym- muskelbündel, welche letztere sich in der Nähe der Peripherie des Thieres pinselförmig in jene Fibrillen auflösen, etwa dieselbe Zahl und Richtung aufwiesen, wie die anscheinenden Porenkanälchen. Lange Zeit konnte ich sie aber nicht über das innerste undurchsichtige Band hinaus verfolgen. Schließlich gelang es mir jedoch, einige geeignete Präparate herzustellen, die deutlich den Übergang der dorso- ventralen Muskelfibrillen, auch durch das innerste Band hin- durch, in die anscheinenden Porenkanälchen erkennen ließen (Fig. 43, Taf. XI). Ich glaube nun, dass diese Befestigungs- und Endigungsweise der Parenchymmuskelfibrillen ziemlich allgemein unter den Trematoden verbreitet ist. Dafür spricht Folgendes. Einerseits ist von vielen Auto- ren bereits die Beobachtung gemacht, dass an der inneren Grenze der Cutieula feine Fasern ihre Ansatzstelle finden, die sich im Inneren des Thierkörpers verlieren. Einige neuere Autoren haben sogar direkt beobachtet, dass es die divergirenden Fibrillen der Parenchymmuskeln sind, die sich an der Innenseite der Cuticula inseriren. Andererseits wird uns auch von vielen Autoren über das Vorkommen einer aller- dings sehr verschieden gedeuteten, senkrechten Strichelung theils in der ganzen Dicke der Cuticula, theils nur in dem unteren Theile der- selben berichtet!. Wenn man ferner erwägt, wo denn eigentlich die Parenchymmuskeln ihren Insertionspunkt finden, so kommt man zu 1 Ich will hier nur kurz folgende Namen nennen: v. Lınstow (18) erwähnt Ähn- liches bei Distomum validum, BLungerg (17) bei Amphistomum conicum, HAsweLı (19), WeBeEr (20), Braun (24) bei Temnocephala, Sommer (5), LEUCKART (44), ZIEGLER (43) bei Distomum hepaticum. Eine Zusammenstellung findet man bei Braun (14), Ein- schlägiges auch bei Brannes (2). Der Widerspruch in der Behauptung des Vor- handenseins oder Nichtvorhandenseins der angeblichen Poren oder der senkrech- ten Strichelung, der sich bei verschiedenen Autoren bezüglich derselben Species findet, deutet schon darauf hin, dass unter gewissen Verhältnissen die Strichelung thatsächlich unkenntlich bleibt, und dass es unter Umständen schwer ist, sich von dem Vorhandensein einer solchen zu überzeugen. Auch bei Mon. proteus war es auf manchen Präparaten unmöglich, die Strichelung zu erkennen. Das lässt wohl darauf schließen, dass es nur ein günstiges Zusammentreffen von bisher noch un- bekannten Bedingungen ist, wenn diese zarten und hinfälligen Strukturen nach der Konservirung noch in der Cuticula wahrnehmbar sind. Untersuchungen über den Bau der Trematoden. 207 dem Resultat, dass das im weichen und nachgiebigen Parenchym eben so wenig der Fall sein kann, wie an anderen Muskeln — den peripheren Muskeln. Es bleibt für die Insertion der Parenchymmuskeln nur die Guticula, oder im weiteren Sinne die äußere Hülle des Trematodenkörpers übrig. Damit ergiebt sich aber auch die physiologische Bedeutung der Trematodenecuticula. Sie ist ähnlich, wie bei den Arthropoden, als eine Art Hautskelett aufzufassen, das gewissen Muskeln zur Anheftung dient, freilich aber eine geschmeidigere Beschaffenheit bewahrt, als bei dem eben genannten Thierstamme. Ich will nicht unterlassen, hier darauf aufmerksam zu machen, dass die, morphologisch allerdings von der Trematodencuticula verschiedene, Basalmembran der Polycladen, der nächsten Verwandten der Trematoden, eine gleiche physiologische Bedeutung besitzt !. Nachdem ich nun die Verhältnisse bei Mon. proteus klar erkannt hatte, habe ich ähnliche Verhältnisse in der Struktur der Cuticula noch bei verschiedenen anderen Species nachweisen können. Niemals ist es mir jedoch wieder gelungen, deutlich den Übergang der Parenchym- muskeln in die Cuticula zu verfolgen. Zunächst fand sich in der Quti- cula der Jugendstadien von Mon. reticulare ebenfalls eine feine Striche- lung. Die Oberfläche der Cuticula besitzt hier etwa dieselbe Zeichnung, wie ich in Fig. 45a, Taf. XII dargestellt habe. Beim geschlechtsreifen Thier, wo die Guticula dicker und viel intensiver gefärbt erscheint, ist von diesen Dingen nichts mehr wahrzunehmen. Während die Cuticula von Mon. trigonocephalum a. d. H. M. ganz homogen erscheint, kann man in der Guticula eines Exemplares derselben Species, das aus dem Kopenhagener Material stammt, ganz deutlich, wenigstens stellenweise, dicht gedrängte, sehr feine, senkrecht stehende Stäbchen wahrnehmen. Auf Tangentialschnitten durch die Guticula des hinteren Saug- napfes von Amphistomum subclavatum findet sich eine mosaikartige Zeichnung (Fig. 46, Taf. XII). Die Hauptmasse bildet ein sehr feines, stark gefärbtes homogenes Netzwerk, dessen ca. 0,001 mm weite Maschen einen inneren hellen Hof umschließen. Ähnliche Verhältnisse habe ich in der Guticula der Saugnäpfe von Amphistomuwm conicum und Tristomum papillosum beobachtet. Die Angabe Brumsere’s (47) über 1 Lang fasst in seiner Monographie die Resultate über die Basalmembran der Polycladen, in der er viele feine Fasern bemerkt hat, die aller Wahrscheinlichkeit nach, wie er angiebt, die Endigungen der Parenchymmuskeln darstellen, folgender- maßen zusammen: »Histologisch ist sie ein Bindegewebe, das morphologisch wohl kaum zum Epithel gehört; physiologisch ist sie eine Art Hautskelett, das dem Kör- per zur Stütze und speciell den Muskeln zur Anheftung dient.« 14* 208 Emil Walter, die senkrechte Strichelung in der Guticula von Amphistomum conicum kann ich bestätigen. Außerdem habe ich eine senkrechte Strichelung noch nachweisen können in der Körpercuticula von Amphistomum crumeniferum und Amphistomum megalocotyle, Distomum megastomum und Disiomum veliporum. Was nun den morphologischen Werth der Trematodeneuticula betrifft, so sind bezüglich desselben folgende, sehr von einander ab- weichende Ansichten geäußert. 1) Keserr (4), Stiepa (21), Fıscher (22), Schneider (23), Minor (24) halten die Cuticula für die Basalmembran eines verloren gegangenen Epithels. Diese Ansicht wird, abgesehen von vielem Anderen, einfach dadurch widerlegt, dass sämmtliche entwicklungsgeschichtliche Unter- suchungen festgestellt haben, dass außer dem zarten Häutchen der Jugendstadien (dem Cercarienhäutchen) kein Epithel existirt. Das Gercarienhäutchen ist zwar, wie das gleichfalls gmit Sicherheit fest- gestellt ist, zelliger Abkunft, aber nicht als eigentliches Epithel zu betrachten und funktionirt auch nicht als solches. 2) Eine andere Ansicht, der sich nachmals viele Autoren zuge- wandt haben, ist durch Zıeezer (13) begründet. In letzter Zeit hat sie hauptsächlich in Braun (11) einen Vertreter gefunden. Nach diesen Autoren soll die Hautschicht das Produkt der Umwandlung eines Epi- thels sein. Als ein solches Epithel kann hier wieder, nach dem sub I Ge- sagten, nur das Cercarienhäutchen in Betracht kommen. Nun hat schon Brandes (2) darauf hingewiesen, dass es höchst unwahrscheinlich sei, dass ein doch meist sehr bedeutendes Wachsthum in der zarten »glas- hellen, doppelt kontourirten Haut« der Cercarien auftrete, die doch im Gegentheil sich mit zunehmendem Alter immer mehr abplattet und ihre zellige Struktur mehr und mehr verliert. Es müsste sonst, wie er angiebt, »keine Abnahme und kein Verschwinden der Kerne, sondern im Gegentheil eine noch lange über das Cercarienstadium hinaus dauernde kräftige Kernvermehrung mit Leichtigkeit nachzuweisen sein«. Nun findet aber, wie das durch Schwarze (7), Looss (9) und meine Angaben über die Dicke der Cuticula des jugendlichen und geschlechtsreifen Mon. reticulare nachgewiesen ist, noch in der späteren Entwicklung ein ziemlich kräftiges Dieckenwachsthum der Cuticula statt. Da aber innerhalb der Cuticula keines der Attribute aufzufinden ist, mit denen in kräftiger Entwicklung begriffene Epithelien aus- gestattet sind, so muss eben das Wachsthum der Cuticula anderweitig zu Stande kommen. Schießlich macht noch der Umstand, dass die Untersuchungen über den Bau der Trematoden. 209 Cutieula in ihrer ganzen Dieke von den zahllosen, feinen und dicht- gedrängten Parenchymmuskelfibrillen durchsetzt wird, diese zweite An- sicht höchst unwahrscheinlich. Aus dem Vorstehenden geht also hervor, dass die Cuticula nur ein Produkt des darunter liegenden Thierinneren, also nur eine echte Cutieula sein kann. Darin stimmen denn auch sämmtliche weiter zu besprechende Ansichten überein. Bezüglich des Näheren finden wir jedoch noch Abweichendes. 3) Viele Autoren haben sich der Meinung LzuckArr’s angeschlossen, der in der ersten Auflage seines Parasitenwerkes die Cutieula der Trematoden von einer darunter liegenden Körnerschicht mit zelliger Struktur ableitete. In der zweiten Auflage seiner Parasiten giebt Leuckart die Ansicht von der zelligen Subcuticula auf und setzt an ihre Stelle eine »Substanzlage von hellerem Aussehen und geringerem Liehtbrechungsvermögen, die wohl dazu dient, die darüber hinziehende Schicht zu verdicken und der peripherischen Abnutzung das Gleich- gewicht zu halten«. Diese Ansicht hat sehr viel für sich, wenn damit nur zugleich eine Erklärung der Herkunft dieser subeuticulären oder intermuskulären Substanzlage gegeben wäre. Desshalb haben auch neuere Autoren eine andere Erklärung für die Bildung und das Wachsthum der Cutieula gesucht. Sie finden dieselbe in dem regelmäßigen Auftreten von eigen- thümlichen Zellen, die, unter oder zwischen den Hautmuskeln liegend, die Cuticula überall begleiten, und die ich, da sie sich von ihrer Um- gebung durch die stärkere Aufnahme von Farbstoffen unterscheiden, »chromatophile Subeuticularzellen« nennen möchte. So thut dies A) Branpes (2) indem er darzuthun sucht, dass wir es in diesen Zellen mit wirklichen Drüsen zu thun haben, deren Ausführungsgänge an die untere Seite der Cuticula herantreten, aber in der dichten Muskel- und Körnerschicht meist unsichtbar werden. Das Sekret dieser Drüsen, das dann direkt an die untere Fläche der Cuticula durch die Ausführungsgänge herangebracht würde, soll die Bildung und das Wachsthum der Cuticula hervorbringen. Looss schließt sich in seiner neuesten Arbeit (9) im Allgemeinen den Ausführungen von BRrANDES an. Auch ich glaube, dass die chromatophilen Subeuticularzellen in Beziehung zur Bildung der Guticula stehen. Sie finden sich bei allen drei von mir untersuchten Species vor und zwar begleiten sie die Cutieula in ihrer ganzen Ausdehnung, also auch dort, wo sich dieselbe in das Innere des Körpers einschlägt, an der Geschlechtsöffnung, dem 210 Emil Walter, Exkretionsporus und vor Allem am Pharynx (ef. Fig. 14 scz), dem Öso- phagus und dem Saugnapf. Sie können sich übrigens auch, zumal an den beiden Körperpolen, weiter ins Parenchym hinein verbreiten. Abgesehen von ihrer schon erwähnten Verwandtschaft zu Farb- stoffen zeichnen sich die chromatophilen Subecuticularzellen, die bei Mon. reticulare und trigonocephalum eine Größe von etwa 0,015 mm besitzen und mit einer zarten Membran umgeben zu sein scheinen, durch ihre ziemlich (ca. 0,006 mm) großen Kerne aus, deren scharf abgegrenzte Membran ein ganz helles Innere umschließt, in dem wieder ein stark gefärbtes Kernkörperchen deutlich hervortritt (vgl. Fig. 47—49a—c, Taf. XI). Diese Zellen zeigen nun häufig Fortsätze (Fig. 47 und 48 a—c, Taf. XI): doch treten dieselben nicht bloß in Einzahl, sondern in Vielzahl auf; auch strahlen sie nach allen Rich- tungen des Körpers hin aus, und selbst diejenigen, die gegen die Cuti- cula gerichtet sind, habe ich nie bis zur Cuticula verfolgen können, sie verlieren sich vielmehr bald in der Subeutieula, die die Subeutieular- zellen umgiebt und den Zwischenraum zwischen diesen und der Guti- cula ausfüllt und die bei den von mir untersuchten Species eine körnige, zuweilen mit sehr kleinen Vacuolen erfüllte Masse darstellt. Diese Momente sind es nun, die mich veranlassen, diese Zellen, im Gegensatz zu Brandes nicht direkt mit der Cuticula, sondern mit der Subeutieula in Verbindung zu bringen. Auch Jäserskıörp (8) hat etwa gleichzeitig mit Brandes die Ansicht ausgesprochen, dass diese Zellen die Aufgabe besäßen, die Subeuticula und durch diese die Gutieula zu erhalten. Aber dieser Autor hält merkwürdigerweise noch daneben an der zelligen Abkunft der Cuticula fest. Meine Ansicht ist also die, dass die Guticula ein Produkt der darunter liegenden Subeuticula und diese wiederein Produkt der chromatophilen Subeuticularzellen ist. Auf welche Weise allerdings die Bildung der Subcuticula vor sich geht, ob durch permanente Ausscheidung von Subeuticularsubstanz, oder durch Zerfall der Zellen, das dürfte vorläufig noch unentschieden bleiben. Nebenstehendes Schema möge die über die Guticula gewonnenen Resultate versinnlichen. A—B, Zustand des Gercarienhäutchens (ch), an dessen Innenfläche sich die Parenchymmuskelfibrillen (pmf) inseriren. B—(, aus dem peripheren Meristemzellenlager sondern sich die chromatophilen Sub- euticularzellen (scz) und die Subeuticula (sc). Es beginnt die Bildung der Cutieula (c), die so vor sich geht, dass die Subeuticula (sc) und der in ihr eingebettete Hautmuskelschlauch (m) nach innen verdrängt werden, während die Cuticularmasse die äußersten Enden der Parenchym- Untersuchungen über den Bau der Trematoden. 211 muskelfibrillen umhüllt. Jetzt folgt die Abnutzung des (ercarien- häutchens, C—D, oder eine plötzliche Häutung. ZE--F Abnutzung und Neubildung der Guticula halten sich das Gleichgewicht. prk Die sog. »großen Zellen« der Trematoden. Unter diesem Namen sind von vielen Autoren Zellen ganz eigen- thümlicher Art beschrieben worden, die von den meisten als Ganglien- zellen aufgefasst sind. Looss ist es jedoch gelungen (6), die Verbin- dung dieser Zellen mit parenchymatischen Elementen zweifellos nachzuweisen. Ich habe mich, wie wir nachher sehen werden, von der Richtigkeit seiner Befunde überzeugen können. Bei der Unter- suchung dieser Zellen sind mir jedoch noch weitere Eigenthümlich- keiten aufgefallen. So ist es auffallend, dass die meisten Autoren sie nur inner- halb des Saugnapfes gefunden haben !. Ich habe sie bei den drei von mir untersuchten Species in großen Mengen nicht nur im Saugnapf, sondern allenthalben im Körper verbreitet angetroffen, allerdings, wie wir sehen werden, in gewisser Lagerungsbeziehung zu anderen Ele- menten. Eben so sprechen Leuckarr (4) und Monızz (27) von einer weiteren Verbreitung. Ich habe ferner, wie die Fig. 2—44 und 47—50, Taf. XII zeigen, . eine solche Mannigfaltigkeit in der Beschaffenheit des Habitus wie des Inhaltes, sowohl bei verschiedenen Species als bei demselben Exemplar, konstatiren können, dass eine einheitliche Schilderung geradezu un- möglich wird. Hierdurch aufmerksam gemacht, kam ich zu dem Ergebnis, dass die Gestaltsmannigfaltigkeit darin begründet ist, dass 1 So z. B. JÄGERSKIöLD bei Ogmogaster plicata (8). Ich habe sie bei Exempla- ren dieser Species, die aus dem Material des genannten Autors stammen, auf jedem Schnitte im Parenchym gefunden. Es ist allerdings erklärlich, dass sie im Saug- napf am meisten auffallen müssen. 212 Emil Walter, diese Gebilde gar nicht eiwa Dauerelemente besonderer Art, sondern Übergangsstadien darstellen. Wenn man nun diese Entwicklungs- stadien bis zu ihren ersten Anfängen verfolgt, wie ich es in den Fig. 47—49 dargestellt habe, so ergiebt sich, dass wir in den chro- matophilen Subcuticularzellen die Ausgangspunkte für die »großen Zellen« zu suchen haben. Damit stimmen denn auch die Lagerungsverhältnisse der »großen Zellen« vollständig überein. Sie finden sich nämlich entweder direkt in der Zone der chromato- philen Subcuticularzellen oder von dieser Zone aus etwas gegen die Cuticula oder ins Parenchym vorgeschoben. Da diese Zone, wie vor- erwähnt, sich auch durch den Saugnapf hindurchzieht (wo sie sofort an den verhältnismäßig großen Zellkernen zu erkennen ist), so finden sich die »großen Zellen« auch im Saugnapf. Was nun die verschiedenen Stadien der Zellen betrifft, so lassen sich folgende allgemeine Gesichtspunkte der Entwicklung aufstellen (vgl. die Fig. 42—44 und 47—50, Taf. XI). Die 0,006 mm großen Kerne der chromatophilen Subcuticularzellen nehmen allmählich an Größe zu und können einen Durchmesser von 0,016 mm erreichen. Dabei wird ihr Inhalt meistens ganz hell; nach außen werden sie durch eine Membran scharf begrenzt. Das Kernkörperchen wächst ebenfalls ganz kolossal (bis auf 0,003 mm) und erscheint auf allen Schnitten außer- ordentlich intensiv gefärbt. Später nimmt es wieder an Größe ab und scheint schließlich ganz zu verschwinden. Während dieser Veränderungen des Kernes stellt sich das Plasma der Zelle Anfangs meist dunkel und körnig dar; allmählich treten aber kleine, helle Flecke darin auf, die immer größer werden und sich ver- mehren. Mit dieser Vermehrung hängt eine Vergrößerung des Volums der Zellen, die schließlich die bedeutende Größe von 0,046 mm er- reichen können, zusammen, und so haben wir es hier wahrscheinlich mit dem bei der Beschreibung des Parenchyms geschilderten Vorgang der Wasseraufnahme und Vacuolenbildung zu thun. Die plas- matischen Brücken zwischen den Vacuolen, durch deren Anordnung die meistens ganz eigenthümliche Zeichnung der Zellen bedingt ist, sind immer sehr dünn, zuweilen homogen, zuweilen körnie. Die meisten der außerordentlich zahlreichen »großen Zellen«, welche ich gesehen habe, stehen auf diesem Stadium. So habe ich z. B. im Saugnapf von Mon. proteus (Fig. 50) und im hinteren Saugnapf von Dist. megasiomum, obgleich diese Präparate nicht mit der komplieirten Looss’schen Färbemethode, sondern einfach mit Boraxkarmin behan- delt waren, etwa dieselben Bilder erhalten, welche Looss zeichnet (6, Taf. XXI, Fig. 6 und 7). Auf diesem Stadium stehen ferner die Untersuchungen über den Bau der Trematoden, 2183 » großen Zellen« im Parenchym von Mon. trigonocephalum, deren Be- srenzung gegen das Parenchym sich allmählich verliert, wodurch das durch die Vacuolen entstandene Fachwerk der Zelle schließlich un- merklich in das ganz gleich gebaute des Parenchyms übergeht (Fig. 44, Taf. XI. Ich habe aber weiter auch noch Zellen bemerkt, in denen das feine plasmatische Netzwerk verschwindet und nur die äußere Be- grenzungsschicht des Plasmas übrig bleibt. Somit hätten wir denn schließlich drei Möglichkeiten: das Plasma der Zellen ordnet sich ent- weder in Gestalt von verästelten Strängen, oder in Form eines Fach- werkes oder endlich als oberflächliche Rindenschicht an. Hiermit wäre die Entwicklungsgeschichte der chromatophilen Subecutieularzellen, oder die Schilderung der »großen Zellen« beendet. So weit nun Looss (6) meint, dass wir in diesen »großen Zellen« nicht gangliöse, sondern parenchymatische Elemente zu erblicken haben, stimme ich mit ihm vollkommen überein. Seine weiteren Aus- führungen erleiden natürlich, gemäß obiger Darstellung, einige Ab- änderungen. Diese Zellen sind nicht die direkten »Reste der ehemaligen Bildungszellen des Saugnapfes«, sondern sie sind Übergangsstadien dieser Reste, der chromatophilen Subeuticularzellen, — die nicht nur im Saugnapf, sondern im ganzen Körper verbreitet sind. Da nun ihre späteren Formen immer mehr den Parenchymformen ähnlich, ja gleich werden, da sie den früher geschilderten Entwicklungsgang der Paren- chymzellentypen verfolgen und schließlich unmerklich in das Paren- chym übergehen (Fig. 42, 44, 49, 50, Taf. XI), so können wir vielleicht annehmen, dass das Parenchym während der Entwicklung der Thiere einer fortwährenden Erneuerung und Vermehrung bedarl[, die eben durch die Umwandlung der chromatophilen Subeuticularzellen besorgt wird, indem sich hauptsächlich von der Peripherie des Körpers aus immer neue Elemente in das Parenchym hineinschieben !. 1 Eine weitere Stütze für diese Vermuthung würde die auffallende Ähnlich- keit zwischen den geschilderten Verwandlungsvorgängen und dem Übergang der Meristemzellen der Cercarie in die parenchymatischen Blasenzellen, wie ihn SCHWARZE (7) bei der Cercaria armata schildert, bilden. Der genannte Autor schreibt: »Die ersten Differenzirungen innerhalb des Meristems sind bald nach der Darmbildung bemerkbar, und zwar zunächst in der Nähe der Bauchfläche. Einige der Meristemzellkerne nehmen bedeutend an Größe zu (von 5 auf 9 u); zu- gleich verliert ihre Grundsubstanz die Imbibitionsfähigkeit und erscheint auf ge- färbten Schnitten glashell. Das Kernkörperchen (2 «) und die Chromatinkörner treten dagegen durch ihre dunkle Färbung deutlich hervor. Auch das Plasma der Zelle vergrößert sein Volumen und wird glashell, doch zeigt es auf Hämatoxylin- präparaten zuweilen eine äußerst feinkörnige Zusammensetzung. Nach und nach treten diese eigenthümlichen ‚Blasenzellen‘ (deren Größe SchwARzE auf 30 u an- 214 { Emil Walter, Die chromatophilen Subeutieularzellen würden dann zweierlei Funktionen erfüllen. Sie wtrden durch Umwandlung das Parenchym zu ergänzen und außerdem indirekt die Cuticula zu ernähren haben, eine Aufgabe, die wir ihnen um so eher vindieiren dürfen, als wir in ihnen wahrscheinlich meristematische Reste, oder direkte Abkömm- linge solcher, zu erblicken haben!. Die Randblasen der Jugendstadien von Mon. reticulare. Ihr Verhältnis zu den verschiedenen Altersstadien, ihre Größe und Lage (Fig. 9 und 54) sind bereits früher geschildert. Auf Schnitten bemerkt man nun Folgendes (Fig. 52, Taf. XII). Da sie dicht unter der Körperdecke liegen, so drängen sie den Hautmuskel- schlauch etwas bei Seite. Sie sind rings von einem, an der dem Körperrande abgewendeten Seite am stärksten ausgebildeten Muskel- stratum umgeben, dessen Kontraktionsresultante in die Längsachse der Blase, auf die gleich zu erwähnenden Spitzchen zu, fällt. Bei auf- merksamem Studium bemerkt man in dem wenig chromatophilen Binnenraum der Blasen die äußerst zarten Kontouren einer Anzahl kleinerer Bläschen (Fig. 52), die der Wand der großen Blase aufsitzen und sehr feine fadenartige Fortsätze aussenden. Diese feinen Fort- sätze, die, je nach der Lage der Bläschen, kürzer oder länger sein können, durchbrechen die große Blase und die an dieser Stelle sehr dünne Guticula und erheben sich dann noch ein klein wenig über die Oberfläche des Randes. Ich habe etwa 12 solcher feinen Spitzchen gezählt. Weitere Differenzirungen, als Zellkerne etc., habe ich nicht ermitteln können. Doch glaube ich, dass es in Anbetracht des Sach- verhaltes nicht zu gewagt ist, wenn ich die Vermuthung ausspreche, dass diesen Randblasen eine exkretorische Funktion zukommt. Dass das Exkret dieser Drüsen dann nach außen geschafft wird, unterliegt keinem Zweifel, da die Spitzchen der Blasen sich über die Cuticula erheben. Welcher Art aber dieses Exkret ist, und welche Funktion es zu erfüllen hat, darüber bin ich nicht einmal im Stande eine Ver- muthung auszusprechen. giebt) auch in den übrigen Körperregionen auf; ihre stärkste Entwicklung erhalten sie jedoch an der Bauchfläche. « ! Eine ähnliche Bedeutung ist diesen Zellen schon von anderen Autoren bei- gelegt worden. Macz (95) vermuthet in ihnen Reserveelemente des Trematoden- körpers. LEucKART (44, p. 188) sagt über sie: »Aussehen und Beschaffenheit dieser Zellen erinnern im hohen Grade an die Parenchymzellen gewisser Cercarien, SO dass man fast geneigt ist, sie diesen zur Seite zu setzen und als Gebilde zu betrach- ten, die ihre Entwicklungsgeschichte noch nicht zum vollen Abschluss gebracht haben.« Untersuehungen über den Bau der Trematoden. 215 Sonstige Haut- und Parenchymdrüsen habe ich bei den drei von mir untersuchten Species nicht aufgefunden. Speecifische Drüsenbil- dungen sollen im Anschluss an die betreffenden Organe erwähnt werden. Die Muskulatur. Was über die Muskulatur der einzelnen Organe zu sagen ist, wird unten gesagt werden. Hier möge nur eine kurze Darstellung der peri- pheren und der Parenchymmuskulatur folgen. Der Hautmuskelschlauch zeigt bei allen Species eine auffallende Übereinstimmung. Direkt auf die Cuticula folgt eine einschichtige Lage sehr feiner Ringmuskelfasern, die dicht neben einander liegen, nur durch die zwischen ihnen in die Cuticula eintretenden, noch viel feineren Parenchymmuskelfibrillen getrennt. Auf die Ringmuskeln folgt eine einschichtige Lage etwas kräftiger entwickelter Längsmuskeln, auf diese eine Schicht von Diagonalmuskeln (Fig. 42—44, Taf. XI). Bis hierher stimmen die drei Species überein. Während aber bei Mon. trigonocephalum die Diagonalmuskelschicht den Abschluss des Hautmuskelschlauches bildet, folgt auf sie bei Mon. proteus und Mon. reticulare eine hauptsächlich bei ersterem sehr kräftig entwickelte innerste Längsmuskelschicht (Fig. 42, 43, 44, Taf. XIM)!. Diese letztere besteht, im Gegensatz zu den stets einfachen Muskeln der übrigen Lagen, immer aus länglich runden Muskelkomplexen, die aus zwei bis mehreren einfachen Muskeln zusammengesetzt sind (Fig. 42, A3). Eine gleiche Schichtenfolge des Hautmuskelschlauches ist schon mehrfach konstatirt worden, z. B. von Vırror (28) und Poıkrıer (29). Über die Ansatzstelle der Parenchymmuskelfibrillen ist oben aus- führlich gesprochen. Die von der Basis der Guticula herabziehen- den, konvergirenden feinen Fibrillen setzen sich zu einem mehr oder minder starken Bündel zusammen, welches das Parenchym durchzieht und sich an der gegenüberliegenden Seite des Körpers divergirend wieder in die Fibrillen auflöst. Diese Bündel sind auf vielen Präpara- ten überhaupt nicht sichtbar. Zuweilen gelingt es jedoch, sich von ihrer ziemlich bedeutenden Anzahl zu überzeugen. Besonders stark ist diese Muskulatur in dem vorderen Körpertheile und den beiden, hinter dem Saugnapf liegenden Wülsten von Mon. trigonocephalum entwickelt. 1 Hierbei macht das geschlechtsreife Mon. proteus a. d. K. M. nicht etwa eine Ausnahme, und so ist es ein Irrthum, wenn BraAnpes (3) die Schichtenfolge der peripheren Muskulatur dieser Exemplare etwas anders angiebt, ein Irrthum, der seine Erklärung findet in dem schlechten Erhaltungszustand des Kopenhagener Materials, der mich auch veranlasste, auf eine eingehendere Beschreibung dieser Exemplare zu verzichten. 216 Emil Walter, Man bemerkt hier im vorderen Körpertheile außer sehr zahlreichen dorsoventralen Muskelbündeln noch schräg verlaufende Bündel, die, vorn an der Bauchfläche ansetzend, die dorsoventralen Muskeln im spitzen Winkel schneiden und schräg nach der hinteren Rückenfläche ziehen. Diese bedeutende Entwicklung der Muskulatur im vorderen Körpertheile lässt darauf schließen, dass das Thier hauptsächlich mit dem Vorderende Bewegungen ausführt. Eine analoge Bewegung hat v. SıeBoLD (30) am lebenden Mon. mutabile beobachtet. Dieses Thier bewegt sich nur mit dem Vorderkörper, während sich der hintere Theil ziemlich passiv verhält. Nicht bloß an den Parenchymmuskelbündeln, sondern auch an anderen Muskeln des Hautmuskelschlauches habe ich, wie JÄGERSKIÖLD 8) an den Längsmuskeln von Ogmogaster plicata, zuweilen eine Zusammen- setzung aus feinen Fibrillen bemerken können. Auch die in letzter Zeit häufig erwähnte röhrenförmige Anlage der Muskeln ist mir stellenweise bei allen stärkeren Muskeln aufgefallen. Ähnliche »Hohlmuskeln« sind erwähnt von Poırıer (29), Brumgerg (17), Looss (9), Leuckarr [siehe Looss (9) ], Brannes (2), Jueı (31), JÄGERSKIÖLD (8). Demnach scheinen diese Hohlmuskeln sehr weit unter den Trematoden verbreitet zu sein. Der Verdauungsapparat. Während die Mundöffnung bei Mon. trigonocephalum direkt mit dem Saugnapf beginnt, bilden die vorgestülpten Körperränder bei Mon. reticulare (Fig. 12) und Mon. proteus (Fig. 20, Taf. X) noch vor dem Saug- napf einen Trichter, der wohl am besten mit dem Ausdruck »Lippen- bildung« zu bezeichnen ist. Die Ringmuskulatur des Körpers setzt sich in diese Bildung fort, und es kann durch Kontraktion derselben ein fester Verschluss gebildet werden. In diesem Fall faltet sich, wie ich das öfters bemerkt habe, die mit Cuticula ausgekleidete Mundöffnung stark zusammen, und dieser Umstand lässt auf eine sehr geschmeidige Beschaffenheit der Guticula schließen, die auch von anderen Autoren als zähflüssige Substanz geschildert wird. Für die Zurückziehung der Lippen sind Muskeln vorhanden, die sich in der Cuticula inseriren, und schräg nach der Außenfläche des Körpers verlaufen, und die wahr- scheinlich nichts weiter darstellen, als die vordersten Stränge der dorsoventralen Muskulatur. / | Die Verhältnisse des Saugnapfrandes bei den Jugendstadien von Mon. reticulare (Fig. 12) und bei dem geschlechtsreifen Mon. proteus (Fig. 23, Taf. X) sind schon früher geschildert. Die äußere Begrenzung des Saugnapfes bildet eine homogene, Untersuehungen über den Bau der Trematoden. 217 glasartige Membran, die jedenfalls den einen Insertionspunkt für die Radiärmuskelfasern abgiebt. Der andere liegt in der Cuticula, die das innere Lumen auskleidet. Eingebettet ist die Muskulatur in ein dichtes Parenchymlager, das allerdings auf manchen Präparaten ganz undeut- lich ist. Was nun die Anordnung der Muskulatur betrifft, so kann man bei Mon. proteus einen inneren und einen äußeren Ring unterscheiden (Fig. 24, Taf. XI), deren Grenze durch eine nicht allzu starke Äquatorial- muskelschicht bezeichnet wird. Beide Ringe werden von der am kräf- tigsten entwickelten Radiärmuskulatur durchsetzt. Unter der äußeren Hüllmembran liegt eine einschichtige Meridionalmuskelschicht (Fig. 50, Taf. XII). Im inneren Ring finden sich noch mehrere meridionale Schichten, hauptsächlich eine unter der inneren Cuticula. Der innere Ring ist durch einen Einschnitt, der als kleine Rinne erscheint, scharf in zwei gleiche Theile gespalten (Fig. 24, Taf. XI). Genau über der Rinne verläuft im äußeren Ring ein kräftiger Längsmuskelkomplex (Fig. 24). Die beiden Theile des inneren Ringes liegen, wenn der Saug- napf außer Funktion ist, so auf einander, dass die Cuticula des einen in ihrer ganzen Ausdehnung die Cuticula des anderen bedeckt, und so von einem Hohlraum wenig oder nichts übrig bleibt. So erscheint der ganze Saugnapf plattgedrückt (Fig. 24). Im unteren Theile des Saugnapfes von Mon. proteus ündet man, wie schon bemerkt, zwei sich gegenüber stehende Gänge (Fig. 21, Taf. X), die mit Cuticula ausgekleidet sind und mittels einer kleinen Faltenbildung in das innere Lumen münden. Durchschnittlich er- reichen sie eine Länge von 0,05 mm und ziehen dann eine kleine Streeke im äußeren Ring nach unten. Ihr Lumen ist außerordentlich gering, und ihre ganze Struktur macht es von vorn herein unwahr- scheinlich, dass sie irgend eine Funktion zu erfüllen haben. Die Unter- suchung des geschlechtsreifen Mon. proteus a. d. K.M. ergiebt denn auch, dass wir sie als rudimentäre Organe betrachten müssen. Wir finden nämlich hier, dass in der Nähe der Mündung des Ösophagus zwei Taschen sich in den Saugnapf öffnen, die eine direkte Fortsetzung des letzteren bilden, auch im Wesentlichen denselben Bau zeigen wie der Saugnapf Fig. 23, Taf. X). Sie laufen eine ganze Strecke neben dem Ösophagus her und ihre Größe ist so bedeutend, dass die des Öso- phagus daneben fast verschwindet (Fig. 25, Taf. XI). Ihr Querschnitt erscheint als ein Oval von 0,25 mm Länge. Diese Verhältnisse sind ähnlich wie bei Amphistomum subelavatum, dessen Taschen ich zur Ver- gleichung ebenfalls abgebildet habe (Fig. 26 «—c, Taf. XI). Die Bedeutung dieser Saugnapftaschen ist, wie ich glaube, gar 218 Emil Walter, nicht zu verkennen. Da sie die direkte Fortsetzung des Saugnapfes bilden, auch genau denselben Bau zeigen wie dieser, so werden sie auch dieselbe Funktion besitzen. Sie werden also die Aufgabe haben, durch Vergrößerung des geschlossenen Raumes eine 'stärkere Ver- dünnung der Luft, und damit eine kräftigere Wirkung des Saugnapfes herbeizuführen !. Der Bau des Saugnapfes von Mon. reticulare ist ähnlich, wie der von Mon. proteus, nur dass sich, der geringeren Größe entsprechend, nicht alle jene Muskelelemente wiederfinden, die wir dort kennen gelernt haben. Man kann aber auch zwei Ringe unterscheiden, einen inneren und einen äußeren, die durch eine äquatoriale Muskelschicht getrennt sind. Im unteren Theile des Saugnapfes finden sich nun auch hier zwei einander gegenüberstehende, quere Gänge, die etwa eine Länge von 0,03 mm zeigen (Fig. 7). Auch sie müssen wir als Rudimente betrachten, und zwar auf Grund des Befundes, den der Saugnapf der Jugendstadien dieser Species darbietet. Hier ziehen nämlich zu den Seiten des Ösophagus zwei lange Taschen (Fig. 12), die in den Grund des Saugnapfes eintreten und mit dem inneren Lumen kommuniciren. Diese Taschen sind jedoch, wie der histologische Befund ergiebt, nicht etwa Verlängerungen des Saugnapfes, sondern Anhangsgebilde des- selben. Sie besitzen nämlich eine nur sehr schwach entwickelte Muskulatur ; Radiärmuskeln fehlen gänzlich, Ring- und Längsmuskeln sind beide in einer sehr schwachen Schicht vorhanden. Das Lumen der Taschen ist mit Cuticula ausgekleidet, und entsprechend derselben findet sich außerhalb der Muskulatur erst ein kleiner Kreis einer feinkörnigen grauen Substanz, die Subcuticula, dann eine Zone chro- matophiler Subcuticularzellen (Fig. 51, Taf. XI). Die Taschen können die beträchtliche Länge von 0,25 mm und einen Durchmesser von 0,06 mm erreichen. Um die Einmündung der Taschen und des Öso- phagus liegen in kolossalen Mengen Kerne, die derartig chromatophil sind, dass man von ihrem Inhalt gar nichts unterscheiden kann. Sie sind bedeutend kleiner als die Kerne der chromatophilen Subeuticular- zone. Einen deutlich zu ihnen gehörigen Zellleib habe ich nicht be- merken können, eben so wenig von ihnen ausgehende Fortsätze, so dass ich sie nicht für Speicheldrüsen zu halten geneigt bin, zumal sie dem geschlechtsreifen Thiere völlig fehlen. Auf Totalpräparaten er- scheinen sie als große Packete (Fig. 12). Was nun die Funktion dieser Taschen anbelangt, so Kann ich i Die chromatophilen Subcuticularzellen innerhalb der Taschenmuskulatur können nicht etwa als Speicheldrüsen aufgefasst werden, denn sie bilden nur die direkte Fortsetzung der chromatophilen Subcuticularzellen des Saugnapfes. Untersuchungen über den Bau der Trematoden. 919 darüber etwas Sicheres nicht aussagen. Die schwach entwickelte Muskulatur des Saugnapfes würde es nicht unverständlich erscheinen lassen, dass ihnen dieselbe Bedeutung zukommt wie den Taschen von Mon. proteus und Amph. subelavatum, dass sie also die Wirkung des Saugnapfes zu verstärken haben. Die Entwicklung des Saugnapfes dieser Jugendformen ist noch nicht weit vorgeschritten. Der äußere Ring ist bereits vollkommener ausgebildet, als der innere, dessen Hauptbestandtheil noch das Paren- chymlager bildet, und der, zumal in seinem unteren Theile um die Einmündungsstelle der Saugnapftaschen, mehrere Falten und Lappen aufweist. Die Muskelsysteme, vor Allem die Radiärmuskeln, machen sich noch kaum bemerkbar. Wahrscheinlich hängt damit die auffallende Erscheinung zusammen, dass der Saugnapf dieser Jugendstadien nicht nur relativ, sondern absolut größer, als der des geschlechtsreifen Thieres ist. Es dürfte dann mit der stärkeren Ausbildung vor Allem der Radiärmuskulatur eine größere Zusammenziehung des ganzen Ge- bildes und damit die geringere Größe erreicht werden. Bei Mon. irigonocephalum ist der Saugnapf einfacher gebaut, als bei Mon. proteus und reticulare. Es fällt hier sogar die Unterscheidung des inneren und äußeren Ringes weg, da die mittlere äquatoriale Muskelschicht nicht vorhanden ist. Nur im obersten Viertel findet sich eine starke Entwicklung von Äquatorialmuskeln, die hier vielleicht, da eine Lippenbildung fehlt, die Aufgabe haben, einen Verschluss des Saugnapfes herbeizuführen. Der Bau des ziemlich langen Ösophagus ist überall der gleiche. Zu äußerst findet sich eine Längsmuskulatur, darunter eine Ringmusku- latur, innen eine Cuticula; außerhalb der Muskulatur liegt eine starke Zone grauer, feinkörniger Substanz, die Subeuticula, an deren Grenzen eine Schicht chromatophiler Subeuticularzellen. Die das innere Lumen auskleidende Cuticula kann eine bedeutende Stärke erreichen, und dann finden sich meist Leisten und Einkerbungen, die auf dem Quer- schnitt den Eindruck von Zähnen machen. Am Ende des Ösophagus liegt bei Mon. reticulare und proteus ein Pharyngealtheil, der aber auffallenderweise bei beiden Species keine Radiärmuskulatur aufweist. Er bleibt klein bei Mon. reticulare und besteht in einer Verstärkung der Ringmuskulatur. Bei Mon. proteus ist er genau so gebaut, nimmt aber größere Dimensionen an (Fig. 14). Sein unterer Theil hängt hier frei in eine darunter liegende Erweite- rung des Ösophagus herab. Am Grunde derselben spaltet sich der Ösophagus in zwei Äste von ca. 0,3 mm Länge, die etwa senkrecht zum Ösophagus verlaufen. An diese setzen sich die nach hinten 220 Emil Walter, ziehenden Darmschenkel an, die im Gegensatz zu den mit Cutieula ausgekleideten wagerechten Ästen des Ösophagus mit Epithel ausge- kleidet sind. Der Übergang der gerade hier sehr starken Cuticula ist ein sehr schroffer und wird noch auffallender durch das plötzliche Aufhören der den euticulahaltigen Theil begleitenden chromatophilen Subeuticularzellen (Fig. 14). Bei Mon. reticulare geht der Ösophagus unmittelbar hinter dem Pharynx in die epithelhaltigen Darmschenkel über. Bei Mon. trigono- cephalum, bei dem ein Pharynx überhaupt nicht existirt, tritt ebenfalls sofort an der Theilungsstelle des Ösophagus das Darmepithel auf. Was nun die Muskulatur des Darmes anlangt, so ist bei Mon. proleus eine ziemlich kräftige innere Ring- und äußere Längsmuskulatur vorhanden (Fig. 14). Beim geschlechtsreifen Mon. reticulare habe ich nur undeutliche Spuren einer Muskulatur entdecken können. Dass sie aber auch hier vorhanden ist, bestätigt das Verhalten der Jugend- stadien, wo ich ganz deutlich Ring- und Längsmuskulatur unterschei- den konnte. Bei Mon. trigonocephalum habe ich keine Muskulatur gefunden. | Das Epithel des Darmes ist bei jeder Species verschieden. Bei Mon. proteus zeigt es einen Basaltheil von 0,016 mm Höhe, der stark chromatophil ist, in dem aber trotzdem die Kerne noch recht gut her- vortreten, und einen darüber liegenden Saum von 0,04 mm Höhe, der von Farbstoffen wenig oder gar nicht angegriffen wird, sich also scharf und deutlich vom Basaltheil abhebt. Oft habe ich sogar gesehen, dass die beiden Theile durch eine Linie, die wie eine Membran erscheint, von einander getrennt werden. Der Basaltheil zeigt eng an einander gepresste, äußerst schmale Zellleiber, die, wie ich zuweilen bemerkt habe, einen Fortsatz durch die umhüllende Muskulatur nach außen schieken. Auf meinen besten Präparaten kann man den Übergang der Basalzellen in den Saumtheil verfolgen (Fig. 27a, Taf. XI). Sie bilden an ihrem Ende kolbenförmige Anschwellungen, und zwar nicht alle auf der gleichen Höhe. So kommt es, dass die Oberfläche des Epithels nicht ganz glatt, sondern etwas gewellt und eingekerbt erscheint. Zwischen den kolbenförmigen Anschwellungen und dem Beginn des Basaltheiles besitzen die Zellen eine große Vacuole, deren Inhalt aber vielfach in Gestalt von kleinen Bläschen in das Darmlumen übergetreten ist. Auch auf Querschnitten durch das Epithel kann man sich von der Anwesenheit dieser Vacuolen überzeugen (Fig. 27b, Taf. XI). Bei Mon. reticulare finden wir ebenfalls einen stark chromatophilen Basaltheil von 0,004 mm Höhe mit den Kernen, die aber hier nicht so dicht liegen, und einen wenig färbbaren Saumtheil von 0,016 mm Höhe, Untersuchungen über den Bau der Trematoden, 391 der indessen auf allen meinen een eine gänzlich homogene Masse darstellt. Bei Mon. trigonocephalum kann man nicht zwischen Basal- und Saumtheil unterscheiden. Das Epithel besteht hier aus Zellen, deren Breite meist größer ist als ihre Höhe (0,01 mm), nähert sich also mehr einem Plattenepithel (Fig. 28, Taf. XI). Innerhalb der Zellen treten sehr regelmäßig Vacuolen auf. Ferner findet sich die bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit, dass sich die in das Darmlumen ragenden Wände der Zellen mehr oder weniger stark verdickt haben, so dass die Aus- kleidung des inneren Lumens einen cuticulaartigen Charakter erhält (Fig. 28, Taf. XI). Die Darmschenkel von Mon. trigonocephalum zeigen in ihrem Be- ginn auf eine Strecke von 0,2 mm eine große Menge blindsackartiger Ausstülpungen. Das Epithel des Darmes setzt sich eine Strecke weit in das Innere derselben fort. Die äußere Cuticula des Epithels wird aber dünner und verschwindet schließlich ganz. Den inneren Grund nimmt nun eine eigenthümliche Masse ein, über deren Bedeutung ich mir nicht klar bin. Es ist das eine aus stark chromatophilen, feineren und gröberen Körnchen bestehende Substanz (Fig. 28). Sie ist gegen das Parenchym nicht scharf abgegrenzt und erstreckt sich zuweilen tief in dasselbe hinein, Zellgrenzen sind in ihr nicht nachweisbar. Dagegen findet man in ihr meist einen oder mehrere Kerne, die nicht besonders deutlich hervortreten und keine Abweichungen von den Kernen des Darmepithels erkennen lassen. Bestimmte Aussagen kann ich über die Funktion dieser drüsenartigen Gebilde nicht machen; möglich, dass dieselben zur Absonderung eines Sekretes dienen. Was den Inhalt des Darmes betrifft, so habe ich bei Mon. proteus und reticulare innerhalb eines Gerinnsels verschiedengestaltige Kerne und große Zellen mit Kernen und Kernkörperchen gefunden, in denen ich die Blutkörperchen des Wirthsthieres vermuthe. Das Exkretionssystem. Das Topographische dieses Systems ist bereits früher geschildert. Wimpertrichter habe ich niemals nachweisen können. Dies erklärt sich aber dadurch, dass, wie Looss (9) nachgewiesen hat, diese feinen Endigungen nur Lückenräume zwischen den Zellen darstellen, die natürlich der Konservirung schwer zugänglich sind. Feine Gänge von 0,003 mm Weite stehen mit den großen Gefäßen von Mon. tr N, in Verbindung. Wimperzonen habe ich in den großen Gefäßen niemals aufgefun- den. Das Lumen dieser Gefäße schwankt nicht unbeträchtlich; bei Zeitschrift f, wissensch, Zoologie, LVI, Bd, 45 222 Emil Walter, Mon. trigonocephalum zwischen 0,0% und 0,16 (!) mm, bei Mon. reticulare zwischen 0,03 und 0,08 mm. Das laterale Gefäß des letzteren Thieres (Fig. 8a), das bei den Jugendformen noch keine abweichende Größen- verhältnisse zeigt, ist beim geschlechtsreifen Thier etwas bauchwärts verlagert, und seine Größe hat sich auf 0,01 mm und weniger ver- ringert (vgl. Fig. 8a und b). Die Lumina des peripheren Netzwerkes von Mon. reticulare, das durch einige feine Anastomosen mit der Blase, vielleicht auch mit den vorderen großen Lakunen, wahrschein- lich aber nicht mit den Längsgefäßen, in Verbindung steht, schwanken zwischen 0,008 und 0,03 mm. Nach dem vorderen Körperpol zu ver- ringern sie sich immer mehr. Dieses Netzwerk hat seine Lage unter dem Hautmuskelschlauch (Fig. 42 pk, Taf. XII). Einzelne Aussackungen reichen auch mehr oder weniger in denselben hinein. Dass sie jedoch — wie Looss (6) es bei dem in dieser Beziehung ähnlich gebauten Dist. reticulatum für wahrscheinlich hält, obgleich er auch keine That- sachen dafür angeben kann — mit der Außenwelt durch feine, die Cutieula durchbohrende Spältchen in Verbindung ständen, habe ich nicht bemerken können. Die vielen Längskanäle von Mon. proteus besitzen alle den gleichen Durchmesser von ca. 0,02 mm. Alle diese Gefäße sind auf meinen Präparaten häufig platt zusammengedrückt oder sternförmig zusammen- gefaltet. Was den Bau der Exkretionsgefäße anlangt, so ist derselbe ziem- lich einheitlich. Wir finden überall eine Hülle von ca. 0,002—0,003 mm Dicke mit eingestreuten Kernen. Bei Mon. proteus sind die Kerne be- sonders zahlreich, bei Mon. trigonocephalum besonders spärlich. Eine Muskulatur fehlt durchgehends allen Gefäßen. Auch die Exkretionsblase besitzt, so weit ich beobachten konnte, keine eigene Muskulatur. Die Wirkung derselben wird wahrscheinlich durch die Parenchymmuskeln ersetzt. Auch die Wandung der Blase weicht in ihrem Bau nicht von der der Gefäße ab; sie stellt eine 2—3 u dicke Tunica mit aufgelagerten Kernen dar. Nicht selten habe ich aber über der Tunica noch Überreste von Zellen entdeckt, Kerne, Bläschen und Stücke von Zellmembranen, so dass die Möglichkeit vorhanden ist, dass über der Tunica noch ein zartes und hinfälliges Epithel sich befand. Mit Bestimmtheit habe ich ein solches Epithel von 0,01! mm Höhe und mit 0,003 mm großen Kernen in der in zwei Zipfel ausgezogenen Blase des geschlechtsreifen Mon. proteus wahrnehmen können. Hier habe ich auch bemerkt, dass kleinere und größere Drüsen an das Epithel herantreten. Aus der Blase führt ein Gang nach dem mehr oder weniger rücken- Untersuchungen über den Bau der Trematoden. 223 ständig gelegenen Exkretionsporus. Dieser Ausführungsgang ist aber keineswegs so einfach gebaut, sondern bei allen drei von mir unter- suchten Monostomenspecies sind ganz komplieirte Einrichtungen in seinen Verlauf eingeschaltet, die ich am besten an dem erwähnten Branpes’schen Präparat des geschlechtsreifen Mon. proteus studiren konnte. Die Blase ist hier in zwei Zipfel ausgezogen. An der Vereinigungs- stelle der beiden Zipfel beginnt der Ausführungsgang, der in gerader Linie nach dem rückenständig gelegenen Exkretionsporus läuft. Sein Lumen ist sehr gering, doch erweitert es sich vor dem Porus zu einem großen Trichter. Dieser verengt sich wieder und geht schließlich in den Exkretionsporus über (Fig. 29, Taf. XI). Von diesem Trichter aus haben sich nun mächtige Aussackungen gebildet, die dicht neben dem Ausführungsgang entlang ziehen und unter der Blase blind endigen (Fig. 29). Diese Divertikel, die aus einem etwas undeutlichen Flimmer- epithel bestehende Eigenwandungen besitzen, sind nur durch eine dünne Schicht Bindegewebe mit eingelagerten Kernen von einander getrennt (Fig. 31). Ich habe ihrer 15 gezählt. Sie bieten auf Quer- schnitten das ziemlich regelmäßige Bild einer Rosette (Fig. 30, Taf. XI). Durch den Exkretionsporus hindurch zieht sich noch eine kleine Strecke weit die Cuticula des Körpers in den Hohlraum hinein. Über der Cuticula dieses Theiles liegen dicht gedrängt große Massen von chro- matophilen Zellen, die den Eindruck von Drüsen machen. In einiger Entfernung von der Cuticula zieht eine dünne Schicht von Ringmuskeln zwischen den Drüsen hindurch, die wahrscheinlich einen Sphincter darstellt,ler den Verschluss des Porus bewirkt. Bei Mon. reticulare finden wir ganz ähnliche Verhältnisse, als bei Mon. proteus, wie der abgebildete Querschnitt (Fig. 32, Taf. XI) zeigt, nur dass hier, der geringeren Größe des Thieres entsprechend, nicht so viele Divertikel vorhanden sind. Es sind ihrer etwa acht. Ein Sphincter von Ringmuskeln findet sich hier, wenn mich nicht die minimen Ver- hältnisse getäuscht haben, um den Ausführungsgang der Blase. Den Übergang des letzteren in den Porus sowie die direkte Umgebung des Porus habe ich nicht genau studiren können, vermuthe jedoch, dass auch hier analoge Verhältnisse, wie bei bei Mon. proteus herrschen werden. Noch schwieriger ist das Studium dieses Theiles bei Mon. trigono- cephalum. Ich habe hier sehr verschiedenartige Bilder erhalten und gebe das Folgende nur unter allem Vorbehalt. Wie Fig. 33, Taf XI zeigt, senkt sich die Blase in einer trichterförmigen Bildung bis zum Exkretionsporus herab. In dem Trichter sind nun, wie es scheint, 224 Emil Walter, Längsrippen vorhanden, die das Flimmerepithel tragen, in dem ich aber keine Kerne nachweisen konnte. Den ganzen Trichter umhüllt eine einschichtige Lage von Ringmuskeln, die als Fortsetzung der Körper- ringmuskulatur erscheint. Im Umkreise des Trichters findet sich ein Stratum drüsenähnlicher Zellen. Der Querschnitt, der in Fig. 34, Taf. XI abgebildet ist, scheint diese Verhältnisse im Großen und Ganzen zu bestätigen. Wir finden, dass hier rippenähnliche Fortsätze, die mit dem Flimmersaum bedeckt sind, in das Lumen des Ausführungsganges ragen. Die Natur und Beziehung der umliegenden drüsenähnlichen Bildungen ist mir nicht klar geworden, zumal da verschiedene Thiere eine ganz verschiedene Ausbildung und Anordnung derselben zeigen. Auch über das Verbreitungsgebiet des Flimmersaumes kann ich nichts Sicheres aussagen. Es genügt mir jedoch, zu zeigen, dass auch hier an den Ausführungsgang der Exkretionsblase eigenthümliche Kompli- kationen geknüpft sind. Wenn wir nun die eben beschriebenen Gebilde der drei Species mit einander vergleichen, so ergiebt sich, dass die erwähnten Verhältnisse noch am einfachsten bei Mon. trigonocephalum liegen. Hier könnte man vielleicht auf den Gedanken kommen, dass die Flimmerrippen die Auf- gabe hätten, die Exkretionsstoffe aus der Blase zu entfernen. Bei den analogen, und doch wieder verschiedenen Verhältnissen der beiden anderen Species ist aber dieser Gedanke gänzlich ausgeschlossen. Hier hat der Flimmerapparat des Charakter eines besonderen und nur mittelbar mit dem Exkretionssystem zusammen- hängenden Organs angenommen, in dessen Aufbau das Princip der Oberflächenvergrößerung als maßgebend hervortritt. ®Eine be- stimmtere Analyse seines physiologischen Werthes kann ich jedoch nicht geben. Eine eingehende Beobachtung des Organs am lebenden Thier, vielleicht auch der Gewohnheiten des Wirthsthieres scheint mir hierzu unerlässlich. Ähnliche Bildungen bei Trematoden sind in der Litteratur nirgends erwähnt. Aus dem Vorkommen derselben bei allen drei von mir unter- suchten Species möchte ich aber schließen, dass sie eine noch weitere Verbreitung besitzen. Dr. Branpes theilte mir mit, dass er eine ähn- liche Bildung bei Distomum maculosum am lebenden Thiere beobachtet habe. Das Nervensystem. Das Nervensystem habe ich in seinen feineren Verzweigungen nur bei Mon. proteus studiren können, und so hat alles Nachfolgende auch nur auf diese Species Bezug. Untersuchungen über den Bau der Trematoden. 225 An den Saugnapf habe ich hier öfter Nerven herantreten sehen. Abgesehen von diesem großen innervationsbedürftigen Hohlmuskel finden wir nun den Hauptbestandtheil der Körpermuskulatur entweder ganz (Hautmuskelschlauch) oder wenigstens die Ansatzstellen (Paren- chymmuskeln) an die Peripherie verlegt. Dem entspricht denn auch die ganz bedeutende Ausbreitung der Nerven unter der Körperdecke, die ich wenigstens von den vorderen Nerven und den großen Bauch- nerven mit Sicherheit nachweisen konnte. Die vorderen Nerven be- decken, wofür mir Mon. proteus ein sehr günstiges Objekt darbot, mit einem dichten Geflecht den vorderen Körpertheil und namentlich die erwähnte Lippenbildung. Auch von den beiden Bauchnerven, die, wie es scheint, am hinteren Körperpole nicht in einander übergehen, habe ich viele feinere und derbere Äste über den Bauch und bis tief in die Ränder ziehen sehen. Ich zweifle nicht, dass, wie schon mehrere Au- toren bestimmt beobachtet haben, die über den Bauch ziehenden Äste in einander übergehen und so Queranastomosen zwischen den beiden Bauchnerven bilden. Auch die übrigen Nerven scheinen in Anbetracht ihrer bedeutenden peripheren Ausbreitung irgend wie mit einander in Verbindung zu treten. Einen Übergang der feinen Nervenästchen in irgend welche Gan- glienzellen habe ich niemals beobachtet. Die kleinen Ganglienzellen, die in dtinner Lage Ganglien und zum Theil die Kommissur bedecken, die ich aber in keinem Nerven nachweisen konnte, zeigen nirgends auf meinen Präparaten eine distinkte Plasmafärbung. Ihre Kerne sind hell mit einem dunklen Kernkörperchen versehen, und besitzen eine Größe von 0,005 mm. Zwischen den Ganglienzellen finden sich nun Kerne, deren Größe zwei bis dreimal so gering ist, als die der Ganglienzellenkerne, und die in Folge ihrer dunklen Färbung ihren Inhalt nicht erkennen lassen. Sie sind zuweilen ganz deutlich durch eine glasige Membran mit einander verknüpft, und desshalb glaube ich, dass wir es hier mit einer bindegewebigen Scheide zu thun haben, die nicht nur die Gan- glien, sondern auch die größeren Nerven und Nervenäste umgiebt, wie sie auch entwicklungsgeschichtlich von Heckerr (10) für Distomum macrostomum und von Schwarze (7) für Distomum endolobum nach- gewiesen ist. Die männlichen Geschlechtsorgane. Da den Hoden eine eigene Muskulatur fehlt, so dient allem Anschein nach die Parenchymmuskulatur, die in sehr kleine Ausbuch- tungen der Hoden hineingreift, dazu, das reife Sperma in die Aus- 226 Emil Walter, führungsgänge zu pressen. Die Umhüllung der Hoden bildet eine bindegewebige Lage, in der ich bei Mon. reticulare und Mon. proteus Kerne nachweisen konnte. Aus ihr gehen die ebenfalls muskellosen Vasa efferentia hervor, die sich auf dem kürzesten Wege zum Vas deferens vereinigen, das sich bald in die beim geschlechtsreifen Thier strotzend mit Sperma gefüllte Samenblase umwandelt. Diese besteht aus einer Tunica mit aufgelagerten Kernen und, abgesehen von Mon. trigonocephalum, spärlichen Ringmuskelfasern. Der nun folgende Ausführungstheil des Samenganges zeigt nur bei Mon. trigonocephalum normale Verhältnisse. Die Samenblase tritt hier, wie gewöhnlich, in den Cirrusbeutel ein, der ein ansehnliches Organ von über 0,5 mm Länge und über 0,13 mm Dicke darstellt. Er besteht aus einer ziemlich starken Längs- und Ringmuskulatur, deren Stärke gegen den Ausführungstheil zu etwas abnimmt. Innerhalb dieses Hohl- muskels lassen sich zwei Theile unterscheiden, ein Prostatatheil und der Cirrus. Der Prostatatheil beherbergt eine große Menge von Zellen mit chromatophilen Zellkernen, die man allgemein als eine Art von Prostatadrüsen ansieht, und die den sehr engen, mit einer schwachen Ring- und Längsmuskulatur versehenen Ductus ejaculatorius umhüllen, der die Fortsetzung der Samenblase bildet und schließlich in den zweiten Theil, den Cirrus, übergeht. Abweichende Verhältnisse finden wir bei Mon. reticulare. Ein eigentlicher Cirrusbeutel, wie wir ihn sonst bei den Trematoden finden, fehlt hier überhaupt. Dafür ist jedoch ein nicht sehr starker Muskel- schlauch vorhanden, der gemeinsam die Endtheile sowohl des männ- lichen, als des weiblichen Ausführungsganges einschließt und anschei- nend nur aus Ringmuskeln besteht (Fig. 35, Taf. XT). Innerhalb der Prostatadrüsen nimmt der Ductus ejaculatorius einen etwas gewundenen Verlauf. Seine innere Bekleidung bildet hier ein undeutliches Epithel mit sehr spärlichen Kernen. Eine Muskulatur habe ich über der Tunica dieses Epithels nicht bemerkt. Das Epithel wird in dem letzten Theile des männlichen Ausführungsganges durch eine Membran von cutieula- artiger Beschaffenheit ersetzt, die in die Körpercuticula übergeht. Auch in diesem letzten Theil, der sehr kurz ist, und über dessen Auffas- sung als Cirrus ich zweifelhaft bin, finden sich viele chromatophile Kerne. Eine Ausstülpung desselben, wie ich sie mehr oder minder stark immer bei Mon. trigonocephalum angetroffen habe, habe ich hier nie bemerkt. Bei Mon. proteus fehlt allem Anschein nach sowohl ein Cirrus- beutel als ein Cirrus. Dagegen habe ich wenigstens Prostatadrüsen bei dem geschlechtsreifen Mon. proteus aufgefunden. Untersuchungen über den Bau der Trematoden, 291 Der Sinus genitalis ist bei allen drei Species sehr schwach aus- gebildet. Die weiblichen Geschlechtsorgane. Das Ovarium ist von einer bindegewebigen Hülle umgeben, die bei Mon. proteus und Mon. reticulare Kerne enthält. Den Oviduct konnte ich genauer nur bei Mon. reticulare studiren. Seine mit einer feinen Lage von Ringmuskelfasern versehene Wandung besteht hier aus einem epithelähnlichen Gebilde mit eingestreuten Kernen (Fig. 36, Taf. XI). Diese Wandung wird von einer Lage drüsenähnlicher Zellen umgeben, die vielleicht nur parenchymatischer Natur sind. Das Ganze ist nochmals in eine bindegewebige Haut eingeschlossen. Ein Laurer’scher Kanal ist bei allen drei Species vorhanden, und so wird die Vermuthung Braun’s (11), dass dieser der gesammten Gat- tung Monostomum fehlen dürfte, hinfällig. Seine Wandung bildet eine strukturlose cuticulaartige Membran, in deren Umgebung sich zahl- reiche Zellkerne finden, zum Theil mit umgebendem Plasma. Häufig habe ich bemerkt, dass der Laurer’sche Kanal erst noch eine oder zwei kleine Windungen macht, ehe er in den Oviduct eintritt !. Die Hülle der Dotterstöcke wie der Dottergänge besteht aus einer sehr feinen, hyalinen und kernlosen Membran, der Muskelelemente gänzlich fehlen. | Die gegen das Parenchym nicht besonders abgegrenzte Schalen- drüse ist stets kompakter Art und setzt sich aus großen, spindelförmigen Drüsenzellen zusammen. | Die Wandung des Uterus besteht aus einer Tunica mit aufgelager- ten Kernen. Der Uterus ist bei Mon. reticulare ein dünner Kanal, in dem die Eier eines hinter dem anderen liegen. Die vorhandene Ring- muskulatur bewirkt, dass die zwischen zwei Eiern gelegenen Stücke sich kräftig zusammenziehen, so dass ein perlschnurartiges Gebilde zu Stande kommt (Fig. 37, Taf. XI). Der Uterus von Mon. trigonocephalum bildet weite Höhlen, in denen viele Eier neben einander liegen. Es fehlt hier auch die Ringmuskulatur. Dagegen ist bei Mon. proteus a. d. H. M. außer einer sehr kräftigen Ringmuskulatur noch eine Längs- muskelschicht vorhanden. ! Der Durchmesser des Laurer’schen Kanals beträgt z. B. bei Mon. irigonoce- phalum 0,008 mm, während der ausgestülpte Cirrus desselben Thieres 0,043 mm Durchmesser besitzt. Dass eine Einführung des Cirrus in den Endtheil des Uterus stattfindet, ist einige Mal mit Sicherheit bei Trematoden beobachtet worden. Auch ich habe, wie andere Autoren, zuweilen die (von der Schalendrüse an) ersten Schlingen des Uterus mit Sperma gefüllt angetroffen, während der Laurkr’sche Kanal niemals irgend welche Füllung aufwies. 228 Emil Walter, Am stets leeren Uterus dieses Thieres findet sich noch eine auf- fallende Erscheinung. Wie Fig. 39, Taf. XI zeigt, gehen von den dicht auf einander liegenden, mit vielen Kernen bedeckten Wänden große, ringförmige Aussackungen aus, deren Wände ebenfalls dicht auf einander gepresst sind. Wie schon oben gesagt, sind diese Aus- sackungen vielleicht dadurch entstanden, dass der Uterus nach Ablage der Eier sich wieder stark kontrahirt hat. Eine Erklärung dieses Vor- ganges würde dann in dem Verhalten des Uterus des geschlechtsreifen Mon. reticulare liegen, an dessen von Eiern freien Stellen sich, wahr- scheinlich unter der Einwirkung der Muskulatur, kugelförmige Erweite- rungen gebildet haben (Fig. 38, Taf. XI), die bei noch stärkerer Kon- traktion ringförmig zusammengepresst werden müssten. Der letzte Theil des Uterus, die Vagina, zeichnet sich durch eine Umhüllung drüsenartiger Zellen aus, die bei Mon. reticulare nur sehr schwach entwickelt sind. Eine Längs- und Ringmuskulatur ist vorhan- den, letztere aber bei Mon. reticulare, dessen Vagina in den für männ- lichen und weiblichen Ausführungsgang gemeinsamen Ringmuskel eingeschlossen ist (Fig. 35), in Wegfall gekommen. Am Sinus genitalis schlägt sich die Cuticula eine Strecke weit in die Vagina ein. Die Weite der Scheide beträgt bei Mon. trigonocephalum 0,02 bis 0,03 mm. Eine Einführung des 0,043 mm dicken Cirrus halte ich dess- halb sehr wohl für denkbar. Bei Mon. reticulare und proteus ist die Scheide, trotz der bedeutenderen Größe der Thiere, viel enger. Das er- scheint jedoch in Anbetracht dessen, dass ein Cirrus diesen Thieren wahrscheinlich fehlt, sehr erklärlich. Die Geschlechtsprodukte. Die primitiven Keimzellen besitzen allenthalben kleine, 0,003 bis 0,005 mm große Zellkerne. In dem spärlichen Plasma sind Zellgrenzen nicht deutlich wahrnehmbar. Von diesen Zellen aus geht die Bildung der Geschlechtsprodukte vor sich. Der Umhüllung der Hoden liegen sie in ganzer Ausdehnung auf. Die Größe der fertigen, mit Körnern angefüllten Dotterzellen, die einen Kern meist nicht mehr erkennen lassen, beträgt durchschnittlich 0,045 mm. In den Dottergängen finden sich größtentheils ganze Dotter- zellen vor, und die Bruchstücke von solchen, die man ab und zu sieht, scheinen mir ein Produkt der Behandlung des Präparates zu sein. Die oben erwähnten primitiven Keimzellen liegen der Hülle des Ovarıums von Mon. reticulare nicht in ganzer Ausdehnung auf, sondern füllen nur den Grund der der Einmündung des Oviductes abgewandten Hälfte aus. Je näher der Mündung des Oviductes, um so größer werden Untersuchungen über den Bau der Trematoden, 229 die Eizellen (Fig. 36, Taf. XT) und erreichen schließlich eine Größe von 0,046 mm. Der helle Kern misst 0,01 mm (!), das Kernkörperchen 0,003 mm. Eine Zellmembran besitzen sie nicht. Nachdem sie mit Dotter und Schale versehen sind, stellen sie ein großes Oval von 0,077 mm Länge und 0,05 mm größtem Durchmesser dar. | Die Eier von Mon. proteus (a. d. K.M.) besitzen gleichfalls die Ge- stalt eines großen Ovals von 0,09 mm Länge und 0,05 mm größtem Durchmesser. Bei Mon. trigonocephalum liegen die primitiven Keimzellen in der ganzen Peripherie des Ovariums und erreichen während ihrer Ent- wicklung nur eine Größe von 0,041 mm. Der Zellkern, der mit einer großen Menge kleiner Chromatinkörner angefüllt ist, besitzt kaum die Größe von 0,005 mm. Eine Zellmembran ist nicht vorhanden. Die fertigen Eier stellen ein kleines Oval von 0,013 mm größtem Durch- messer und 0,024 mm Länge dar. Während sie den Uterus passiren, bilden sich allmählich an ihren Enden zwei stachelförmige, glasartige Fortsätze aus (Fig. 40, Taf. XII), deren Länge ich zuweilen auf 0,11 mm gemessen habe. Diese Fortsätze sind aber nicht konstant. van BEnEDEN hebt ausdrücklich das Fehlen jeglicher Anhänge der Eier hervor. Auch unter meinen Exemplaren habe ich viele gefunden, deren Eiern die Filamente vollkommen fehlten, sowie etliche, die nur geringe Andeu- tungen derselben zeigten. Demnach müssen wir annehmen, dass die Ausbildung der Eifilamente bei dieser Species variirt. Halle a. S., im Oktober 1892. Verzeichnis der angezogenen Litteratur. 4. P. J. van BENEDEN, Notice sur la tortue franche (Chelonia midas) dans la mer du Nord, ses commensaux et ses parasites. Bulletins de l’Acad. royale de Belgique. 2me serie. Tome VI. No. 4. Bruxelles 4859. . Gustav BRANDES, Zum feineren Bau der Trematoden. Habilitationsschrift Halle- Wittenberg. 1894. (Diese Zeitschr. Bd. LIII. Jahrg. 1894.) 3. EmıL WALTER, Über einige Monostomen aus dem Darme einer Schildkröte. Zool. Anzeiger Nr. 395. 4892. . KERBERT, Beitrag zur Kenntnis der Trematoden. Archiv f, mikr. Anat. Bd. XIX. 5. SOMMER, Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum. Diese Zeitschr. Bd, XXXIV. 6. Looss, Beiträge zur Kenntnis der Trematoden. Diese Zeitschr. Bd, XLI. 7. SCHWARZE, Die postembryonale Entwicklung der Trematoden, Diese Zeitschr. Bd, XLM. [85] En 230 Emil Walter, 8. 2) DE 41: 12. JÄGERSKIÖLD, Über den Bau des Ogmogaster plicatus. Kongl. Svenska Vetens- kaps-Academiens Handlingar. Bd. XXIV. No. 7. Looss, Über Amphistomum subclavatum und seine Entwicklung. Festschrift für LEUCKART. Leipzig 1892. HECKERT, Untersuchungen über die Entwicklungs- und Lebensgeschichte des Distomum macrostomum. Bibliotheca zoologica. I. 4. Heft. Kassel 1889, Braun, Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs: Vermes. O. TASCHENBERG, Beiträge zur Kenntnis ektoparasitischer mariner Trematoden. Abhandlungen der naturf. Gesellsch. zu Halle. Bd. XIV, 3. — Derselbe, Weitere Beiträge zur Kenntnis etc. Festschrift der naturf. Gesellschaft zu Halle. 4879. . ZIEGLER, Bucephalus und Gasterostomum, Diese Zeitschr. Bd. XXXIX. . LEUCKART, Die Parasiten des Menschen etc. Leipzig 1863. Zweite Auflage im Erscheinen. . A. Lang, Die Polycladen des Golfes von Neapel etc. in: Fauna und Flora des Golfes von Neapel. Leipzig 1884. . CH. S. Minor, Studien an Turbellarien. Beitr. zur Kenntnis der Plathelminthen. Arbeiten aus dem zool.-zoot. Institut der Univ. Würzburg. Bd. Ill. 4877. . BLUMBERG, Über den Bau des Amphistoma conicum. Inaugural-Dissertation. Dorpat 41871. 18. v. Lınstow, Helminthologische Beobachtungen. Archiv f. Naturgesch. 50. Jahrg. 19, 20, 2A 22. 23. 24, 27. 29, 30. Bd. I. 4886. HasweLL, On Temnocephala an aberrant monogenetic Trematode. Quart. journ. mier. science. Vol. XXVII. 1888. Weser, Über Temnocephala Blanch. Zool. Ergebnisse einer Reise in Ostindien. Leiden 1889. . L. SrıepAa, Über den Bau des Polystomum integerrimum. Archiv für Anat. und Physiol. von REICHERT und nu Boıs-REymonD. 1870. Nr. A, P. M. Fıscuer, Über den Bau des Opisthotrema cochleare nov. gen., noY. Spec. Diese Zeitschr. Bd. XL. 1884. SCHNEIDER, Untersuchungen über Plathelminthen. Bericht der oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. XIV. Gießen 1873. Mınot, On Distomum crassicolle; with brief notes on HuxLey’s proposed classi- fication of worms. Memoirs of the Boston Society of Natural History. Vol, III. 1879, ). MacE, Recherches anatomiques sur la grande douve du foie. Paris 1882. . SCHAUINSLAND, Beitrag zur Kenntnis der Embryonalentwicklung der Tremato- den. Jenaische Zeitschr. für Naturwissenschaft. Neue Folge. < Bd. IX, 3. Heft. MonıeEz, Description du Distoma ingens n. sp. et remarques sur quelques points de l’anatomie et d’histologie comparees des Tr&ematodes. Bull. de la soc. zoolog. de France. XI. 1886. . VıLLor, Organisation et d&veloppement de quelques especes des Trematodes endoparasites marins. Annales des sciences. 6. serie. Zool. Tom VIII 1878. Art. No. 2. Poırıer, Contribution a l’histoire des Trematodes. Arch. de zool. exp. et gen, 2. serie. Vol. III. 1885. Tu. v. SIEBoLp, Helminthologische Beiträge. Archiv für Naturgesch. 4. Jahrg. 1835. Bd. ], Untersuchungen über den Bau der Trematoden, 251 34. Juer, Beiträge zur Anatomie der Trematodengattung Apoblema. Bihang till k. Svenska Vet. Akad. Handlingar. Bd. XV. 4. Nr. 6. Stockholm 1889. 32. MonticeLLı, Studii sui Trematodi endoparassiti:. Monostomum cymbium Dies. Estratto dalle Memorie della R. Academia delle Scienze di Torino. 1892. Serie II, Tom. XLII. Erklärung der Abbildungen. Tafel X. Fig. 4. Monostomum trigonocephalum. a, natürliche Größe. Fig. 2. Anatomie von Mon. trigonocephalum. Schematisch; vom Rücken ge- sehen. s, Saugnapf; oe, Ösophagus; db, blindsackförmige Ausstülpungen im An- fangstheile der Darmschenkel; eb, Exkretionsblase; ep, Exkretionsporus; eg, Exkretionsgefäß; t, Hoden; sd, Schalendrüse; o, Ovarium; ve, Vas efferens;, vd, Vas deferens; ut, Uterus; ds, Dotterstock; sg, Sinus genitalis; vg, Vagina; cb, Cirrus- beutel. Fig. 3, Die blindsackförmigen Ausstülpungen im Anfangstheil des Darmes von Mon. trigonocephalum auf einem Längsschnitt durch den Darm. Vergr. 468. Fig. 4. Schematischer Querschnitt durch Mon. trigonocephalum, um die Lage der Exkretionsgefäße zu zeigen. d, Darm; eg, Exkretionsgefäß. Fig. 5. Monostomum reticulare. a, natürliche Größe. Fig. 6. Anatomie von Mon. reiiculare. Schematisch; von der Bauchseite ge- sehen. s, Saugnapf; oe, Ösophagus; ph, Pharynx ; d, Darmschenkel; ep, Exkretions- porus; eb, Exkretionsblase; ti, Hoden; o, Ovarium; sd, Schalendrüse; ds, Dotter- stock; sg, Sinus genitalis. _ Fig. 7. Die Quergänge im unteren Theile des Saugnapfes von Mon. reticulare neben der Einmündung des Ösophagus; etwas schräger Schnitt; der Ösophagus (oe) ist etwas unterhalb seiner Einmündung in den Saugnapf (s) getroffen. /s, Lumen des Saugnapfes;; q9, Quergänge; c, Culicula. Vergr. 375. Fig. 8. Mon. reticulare. Schematische Querschnitte. a durch das geschlechts- reife Thier, d durch das Jugendstadium, um die Lage der Exkretionsgefäße zu zeigen. d, Darm; deg, dorsales Exkretionsgefäß; veg, ventrales Gefäß; leg, laterales Gefäß. Fig. 9. Jugendstadium von Mon. reticulare von A1/g mm Länge mit ca. 24 Rand- blasen auf jeder Seite. Das sattelförmig gebogene Exemplar ist nur desshalb ge- wählt, um die Randblasen besser hervortreten zu lassen. Die meisten Exemplare sind mehr oder weniger gerade gestreckt. a, natürliche Größe. (Die Habitusbilder sind keineswegs mit derselben Vergrößerung gezeichnet!) Fig. 40 u. 44. Anatomie zweier Jugendformen von Mon. reticulare. Fig. 10 von Al/a mm Länge = Fig. 9. Fig. 14 von 3 mm Länge mit ca. 42 Randblasen jeder- seits. Schematisch. ta, Taschen des Saugnapfes;; im Übrigen gelten dieselben Be- zeichnungen wie in Fig. 6. Fig. 42. Der Anfang des Verdauungsapparates der Jugendstadien von Mon reticulare. Nach einem Totalpräparat gezeichnet. ld, Lippenbildung der Körper- ränder ; ssp, der in papillenähnliche Spitzen ausgezogene Rand des Saugnapfes; 232 A Emil Walter, ta, Taschen, die in den Saugnapf münden: kp, Packete von kleinen, stark chromato- philen Kernen, die um den unteren Theil des Saugnapfes herumliegen ; oe, Ösopha- gus. Vergr. 375. Fig. 13. Monostomum proteus (Kahnform a. d. H.M.). a von der Bauchseite gesehen, db, natürliche Größe, c seitliche Ansicht, d ein Exemplar von der Bauch- seite gesehen, dessen Zipfel gerade nach hinten gestreckt sind, das also bereits zur Lanzenspitzenform (Fig. 18) überleitet. Fig. 44. Längsschnitt durch Ösophagus, Pharynx und Darmschenkel von Mon. proteus. oe, Ösophagus; ph, Pharynx; rm, Ringmuskulatur; Im, Längsmuskulatur; rf, Ringfalte des Ösophagus, die sich rings um den unteren Theil des Pharynx er- streckt; c, Cuticula; scz, Zone der chromatophilen Subcuticularzellen; d, Darm- schenkel; epi, Epithel des Darmes. Vergr. 55. Fig. 15. Anatomie von Mon. proteus (Kahnform a. d. H.M.). Schematisch. Saugnapf, Ösophagus, Pharynx und Darm sind nicht bezeichnet. t, Hoden; o, Ova- rium; sd, Schalendrüse; eb, Exkretionsblase; deg, dorsales Exkretionsgefäß: veg, ventrales Gefäß; leg, laterales Gefäß; reg, Randgefäß;; ieg, Gefäß, welches etwas unter der Höhe des Pharynx vom Randgefäß entspringt und auf der Rückenseite etwa zwischen lateralem und Randgefäß verläuft; oeg, Gefäß, welches etwa auf der halben Höhe des Ösophagus vom ventralen Gefäß entspringt und neben dem Öso- phagus verläuft; a,, erste Anastomose (von der Exkretionsblase an gerechnet) zwi- schen lateralem und Randgefäß; as, zweite Anastomose zwischen dorsalem und ventralem Gefäß; a3, dritte Anastomose zwischen den beiden dorsalen Gefäßen (alle diese Gefäße vereinigen sich, wie es scheint, mit den oberhalb des Saugnapfes in einander übergehenden beiden deorsalen Gefäßen); sg, Sinus genitalis. Fig. 16. Schematische Querschnitte durch Mon. proteus (Kahnform a. d.H.M.). a unterhalb, 5b oberhalb des Pharynx, um die Lage der Nerven und Exkretions- gefäße zu zeigen. d, Darm; oe, Ösophagus. Die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. 15 und 17. Fig. 47. Schematische Darstellung des Nervensystems von Mon. proteus (Kahn- form a. d. H.M.). Von der Bauchseite gesehen. 7, Nervus dorsalis ant.; 2, Nervus lateralis ant. ; 5, Nervus ventralis ant.; 4(nd), Nervus dorsalis post.; 5, Nerv, der wahrscheinlich die Geschlechtsöffnung innervirt; 6 (nl), Nervus lateralis post.; 7 (nv), Nervus ventralis post.; co, Kommissur; ga, Seitenäste. Fig. 48. Lanzenspitzenform von Mon. proteus. a, natürliche Größe. Fig. 49. Anatomie der Lanzenspitzenform von Mon. proteus. Schematisch. Von der Bauchseite gesehen. Es gelten dieselben Bezeichnungen wie für die Fig. 2 und 6. Fig. 20. Etwas schräger Längsschnitt durch das Vorderende von Mon. proteus (Kahnform a. d.H. M.). !d, Lippenbildung der Körperränder; sr, der nach innen eingeschlagene Rand des Saugnapfes; mb, Muskelbänder; !, große Lakunen zu den Seiten des Saugnapfes, die vielleicht dazu dienen, diesem den nöthigen Spielraum zu gewähren. Vergr, 55. Fig. 24. Querschnitt durch den untersten Theil des Saugnapfes von Mon. pro- teus (Kahnform a. d. H.M.). aegm, Äquatorialmuskelschicht;; oe, Ösophagus; 99, Quergänge, etwas unterhalb ihrer Einmündung in den Saugnapf getroffen. Vergr.120. Fig. 22. Die geschlechtsreife Kahnform von Mon. proteus (a. d. K.M.). a, na- türliche Größe. Fig. 23. Längsschnitt durch das Vorderende des geschlechtsreifen Mon. pro- teus. sr, Saugnapfrand, der aus der Mundöffnung herausragt; !, Lakunen, ähnlich, Untersuchungen über den Bau der Trematoden. 233 wie in Fig. 20. oe, Ösophagus; ia, Taschen des Saugnapfes; doch sind dieselben auf dem etwas schrägen Schnitt nicht in ihrer vollen Länge getroffen. Vergr, 55. Tafel XI. Fig. 24. Querschnitt durch den Saugnapf von Mon. proteus (Kahnform a. d. H. M.). md, Muskelbänder, scz, Zone der chromatophilen Subcuticularzellen ; gz%, Kerne der sog. »großen Zellen«; aeg, Aquatorialmuskelschicht, welche den Saug- napf in einen inneren und einen äußeren Ring theilt; Im, Längsmuskelkomplex, der genau über der Rinne liegt, durch welche der innere Ring in zwei gleiche Hälf- ten getheilt wird. Vergr. 120. Fig. 25. Querschnitt durch die Taschen und den Ösophagus des geschlechts- reifen Mon, proteus. aegm, Aquatorialmuskulatur; c, Cuticula; scz, chromatophile Subcuticularzellen ; oe, Ösophagus mit Ring- und Längsmuskulatur. Vergr. 120. Fig. 26. Querschnitte durch die Saugnapftaschen von Amphistomum subela- vatum. a kurz vor der Vereinigung des Ösophagus (oe) und der beiden Taschen (ta) zum Lumen des Saugnapfes; b die Taschen besitzen noch eine theilweise (auf ihrer Innenseite) gemeinsame Radiärmuskulatur. Der Ösophagus liegt außerhalb der Taschenmuskulatur (ventral); ce jede Tasche besitzt eine eigene Muskulatur; scz, Zone der chromatophilen Subeuticularzellen. Vergr. 32. Fig. 27. a Längsschnitt durch den Darm von Mon. proteus (Kahnform a. d. H.M.). Im, Längsmuskulatur ; rm, Ringmuskulatur; bt, Basaltheil der Epithelzellen, deren Fortsätze durch die Muscularis hindurchtreten; si, Saumtheil der Epithel- zellen; va, Vacuolen dieses Theiles. 5b Querschnitt durch den Vacuolentheil. Vergr. 375. Fig. 28. Querschnitt durch den Anfangstheil (Fig. 2 db und Fig. 3) des Darmes von Mon. trigonocephalum. va, Vacuolen der Darmzellen (die Anzahl der Vacuolen müsste in der Figur größer sein); c, cuticulaartige Verdickung der inneren Zell- wände; ast, blindsackartige Ausstülpungen der Darmwandung von drüsenähn- lichem Habitus. Vergr. 375. Fig. 29. Schema des Begleitorgans des Ausführungsganges der Exkretions- blase des geschlechtsreifen Mon. proteus. di, sackförmige Divertikel der trichter- förmigen Erweiterung des Ausführungsganges (aeb) der in Zwei Zipfel ausgezogenen Exkretionsblase (eb); ep, Exkretionsporus. Fig. 30. Querschnitt durch dieses Begleitorgan von Mon. proteus. Man bemerkt, in Form einer Rosette angeordnet, 15 Divertikel, zwischen ihnen einen Pfeiler, in dessen Mitte die spaltförmige Öffnung des Ausführungsganges der Exkretionsblase. Vergr. 468. Fig. 31. Ein Theil dieses Organs von Mon. proteus mit seinem Flimmerepithel. Vergr. 375. Fig. 32. Querschnitt durch dieses Begleitorgan von einem jugendlichen Mon. reticulare. In der Mitte der Ausführungsgang der Exkretionsblase mit seinem aus Ringmuskeln bestehenden Sphincter. Um diesen herum acht Divertikel mit Flimmer- epithel, Vergr. 375. Fig. 33. Längsschnitt durch dieses Begleitorgan von Mon. trigonocephalum mit seiner Umgebung. Vergr, 375. Fig. 34. Querschnitt durch dieses Begleitorgan von Mon. u Vergr. 375. Fig. 35. Querschnitt durch den gemeinsamen Hohlmuskelschlauch (km) der Geschlechtsgänge von Mon. reticulare, de, Ductus ejaculatorius; pr, chromatophile 234 Emil Walter, Zellen, die sonst als Prostatadrüsen gedeutet werden. va, Vagina mit Längsmusku- latur (lm); oe, Ösophagus mit Cuticula (c), Ringmuskulatur (rm) und Längsmusku- latur (Im); pm, Parenchymmuskelfibrillen ; scz, chromatophile Subeuticularzellen (die peripheren Subcuticularzellen sind etwas zu groß gerathen). Vergr. 375. Fig. 36. Längsschnitt durch Ovarium und Oviduct von Mon. reticulare. sd, Schalendrüse; ep, epithelartige Auskleidung des Oviductes; rm, Ringmuskulatur desselben; dr, drüsenähnliche Bildungen, die aber vielleicht nur parenchymatische Elemente darstellen; kz, Keimzellen im Ovarium; Zu, zellige Tunica des Ovariums, die auch den Oviduct umhüllt. Vergr. 375. Fig. 37. Ein Stück des Uterus von Mon. reticulare mit zwei Eiern. Vergr. ca.400. Fig. 38a u. b. Von Eiern freie Stücke des Uterus von Mon. reliculare im Längs- schnitt mit kugelförmigen Erweiterungen. Die Ringmuskulatur ist sichtbar. Vergr.250. Fig. 39. Längsschnitt durch den stets leeren Uterus von Mon. proteus (Kahn- form a. d. H. M.) mit ringförmigen Aussackungen, die durch die starke Kernlage bezeichnet sind. /m, Längsmuskulatur; rm, Ringmuskulatur. Vergr. 375. Tafel XII. Fig. 40. Ei von Mon. trigonocephalum mit den (nicht konstanten) Filamenten. Das Ei ist seines Inhaltes beraubt. Vergr. 375. Fig. 44. Parenchym des jugendlichen Mon. reticulare. Vergr. ca. 300. Fig. 42. Querschnitt durch das geschlechtsreife Mon. reticulare. Zu äußerst die Cuticula, dann der Reihenfolge nach Ringmuskulatur, äußere Längsmuskulatur, Diagonalmuskulatur, innere Längsmuskulatur, Subcuticula, chromatophile Sub- cuticularzellen; zwischen letzteren die Lumina der peripheren Exkretionskanäle (pk); dann Parenchym; auf der Grenze von Subcuticularzellen und Parenchym eine »große Zelle« der Aut. Das Ganze wird durchsetzt von einigen Parenchymmuskel- bündeln. Vergr. 375. Fig. 43. Querschnitt durch Mon. proteus (Kahnform a. d. H.M.). Man sieht, wie die Parenchymmuskelfibrillen die Cuticula durchsetzen. In der Cuticula kann man unterscheiden eine äußere dunkle (ac) und eine innere helle Schicht (öc). Dar- auf folgt ein helles homogenes Band (b), dann die Ringmuskulatur ete., wie in der vorigen Figur. Hier ist das’Parenchym mit Exkretionsstoffen angefüllt (p. 197 Anm.). Vergr. 375. Fig. 44. Querschnitt durch Mon. irigonocephalum. Schichtenfolge wie 'in Fig. 42. Es fehlt die innere Längsmuskulatur der beiden anderen Species. Im Parenchym zwei »große Zellen« der Aut. Die eine scheint ihre Begrenzung gegen das Parenchym zu verlieren. Vergr. 375. Fig. 45. Tangentialschnitte durch die Cuticula von Mon. proteus (Kahnform a, d. H.M.). a durch die äußere dunkle Schicht (ac der Fig. 43); b durch die innere helle Schicht (ic der Fig. 43). In der homogenen dunklen Grundsubstanz, die in b eine Menge kleiner, heller Vacuolen zeigt, liegen die Querschnitte der Parenchym- muskelfibrillen. Vergr. 375. Fig. 46. Tangentialschnitt durch die Cuticula des hinteren Saugnapfes von Amphistomum subclavatum. Die intensiv dunkel gefärbten großen Kerne, die ganz unregelmäßig zerstreut sind, und von denen einer in der Figur gezeichnet ist, sind wahrscheinlich Kunstprodukte. Die Mosaik besteht aus der Cuticularsubstanz, die hellen Punkte darin sind die Querschnitte der Radiärmuskelfibrillen des Saug- napfes. Vergr. 375. Fig. 47—49. Fig. 47 bezieht sich auf Mon. reticulare, Fig. 48 auf Mon. tri- Untersuchungen über den Bau der Trematoden. 235 gonoecphalum, Fig. 49 auf Mon. proteus (Kahnform a. d. H. M.). Die Figuren stellen den Übergang der chromatophilen Subcuticularzellen in die » großen Zellen« der Aut. und weiter den Übergang dieser letzteren in Parenchymzellen dar (siehe übri- gens auch Fig. 42, 43, 44, 50). Vergr. etwa 375. scz, chromatophile Subcuticular- zellen ; 93, »große Zelle« der Aut.; pz, Parenchymzelle. Zu bemerken ist, dass die Linien meist etwas stärker als nöthig aufgetragen sind, um die durch die Vacuolen- bildung hervorgerufene eigenthümliche Gruppirung des Plasmas besser hervortre- ten zu lassen. Das Nämliche gilt für die folgende Figur. Fig. 50. Querschnitt durch den Saugnapf von Mon. proteus (Kahnform a. d. H.M.). Es ist nur ein Theil des äußeren Ringes (vgl. Fig. 24) gezeichnet. Der äqua- toriale Muskelring (aeg) bezeichnet die Grenze zwischen beiden Ringen ; gm, hyaline äußere Grenzmembran; rm, Radiärmuskeln; merm, Meridionalmuskeln; pk, Paren- chymzellkerne, deren zugehöriges Zellplasma ein durch die Vacuolenbildung her- vorgerufenes Maschenwerk (oder vielleicht Fachwerk) bildet; mitten durch den äußeren Ring zieht sich eine Zone chromatophiler Subcuticularzellen (scz) mit um- gebendem, noch indifferentem Protoplasma; eine derselben (gz) ist im Begriff, durch Vacuolenbildung ihr Plasma nach Art der umliegenden Parenchymzellen zu differenziren. Ihr Plasma ist bereits mit dem der Parenchymzellen in Verbindung getreten. Vergr. ca. 450. Fig. 54. Querschnitt durch das jugendliche Mon. reticulare auf der Höhe der Saugnapftaschen (ta). oe, Ösophagus; hm, gemeinsamer Ringmuskel des männlichen und weiblichen Ausführungsganges; rd, Randblasen. Vergr., 55. Fig. 52. Schnitt durch die Randblase auf einem Querschnitt durch das jugend- liche Mon. reticulare. c, Körpercuticula; id, die kleinen Blasen innerhalb der Rand- blase ; sp, die Ausführungsgänge dieser kleinen Blasen, die sich über die Cuticula erheben; mst, Muskelstratum, das die Blase, und zwar hinten am stärksten, um- hüllt. Vergr. 375. Neue Rotatorien des Sülswassers. | Von Prof. Dr. A. Wierzejski (Krakau) und Dr. O. Zacharias (Plön). Mit Tafel XIII. 1. Bipalpus vesiculosus Wierz. et Zach. (Fig. 1—5.) Diagnose. Weibchen: Körper sackförmig, hinten abgerundet, vorn gerade abgestutzt; Krone mit einfachem Wimperkranz und zwei seitlichen Ohrenlappen, auf denen je ein fingerförmiger Palpus steht, mit Andeutung einer Gliederung, auf ihrem Mittelfelde acht stumpf kegel- förmige mit Sinneshaaren versehene Erhebungen; Fuß ventral am Beginn des letzten Drittels der Körperlänge eingefügt; Auge einfach oceipital; Mundtheile mit schwachen Kauern, Cuticula mit schaumiger Hypodermis, auf dem Rücken zu einem V-förmigen Schilde verdickt, mit glatter Oberfläche. Länge 0,15—0,5 mm, Fußlänge 0,1—0,28 mm. Dieses seltene Räderthier wurde von jedem von uns unabhängig aufgefunden. WiIErzEJSKI entdeckte es 1891, wenn auch nur in einigen Exemplaren in der Uferzone eines kleinen Teiches bei Krakau; im Jahre 1892 waren sie daselbst nicht mehr zu finden. ZacHarns fand es 1892 bei seinen Planktonforschungen im großen Plöner See, wo es während der Sommermonate sehr häufig vorkommt; auch im Herbste wurden einige Exemplare in der Tiefe gefischt; sie sind von der Sommergeneration in so fern verschieden, als der Hinterkörper länger und schmächtiger, und der Dotterstock bedeutend kleiner wie bei der Sommerform ist. In seinen Bewegungen ist Bipalpus den Brachioniden ähnlich ; in manchen Punkten des inneren und äußeren Baues dagegen erinnert er an Notops hyptopus und an die Synchaeten, unterscheidet sich aber auf den ersten Blick von allen Notops- und Synchaeta-Arten durch den Besitz von zwei bilateral stehenden Palpen der Krone und Neue Rotatorien des Süßwassers. 2931 durch die eigenthümliche, auffallende Struktur der Haut. Der sack- förmige Körper hat eine breit eiförmige Gestalt, ist seitlich etwas zu- sammengedrückt und vorn gerade abgeschnitten. Die Krone ist schwach konvex und in zwei seitliche, halbkreisförmige Lappen ausgezogen, deren Rand längere Wimperhaare trägt als der übrige Kronenrand. Auf ihrer konvexen Fläche erheben sich sechs größere und zwei kleinere stumpfe Kegel, welche Büschel von Sinneshaaren tragen; zwei dersel- ben sind lang, griffelartig (Fig. 1). Die Palpen (ihr histologischer Bau wurde leider nicht untersucht) sitzen mit breiter Basis den Seitenlappen auf, sind nach auswärts ge- bogen und an der Spitze etwas verdickt (Fig. 4 Pp). Ihre Cuticula ist mit winzigen Wärzchen bedeckt, die sehr wahrscheinlich die Tast- empfindung vermitteln. Zacuarıas zählte an einem Palpus vier glieder- artige Einschnürungen. Beim Einziehen der Krone klappen die Seitenlappen sammt ihren Palpen über dem Munde zusammen; möglich, dass dabei letztere auch die Beschaffenheit der Nahrung prüfen. Die Hypodermis der Cuticula besitzt eine sehr auffällige, sonst bei keinem Räderthier vorkommende schaumige Textur; sie besteht näm- lich aus Luftzellen ?, die nach außen vorragen, wodurch die Cuticula aus lauter Kugelsegmenten zusammengesetzt erscheint. Besonders auf- fallend ist die schaumige Struktur der Haut bei ganz jungen Thieren, wo sie die inneren Organe ganz verdeckt (Fig. %). Bei jungen Bipal- pusexemplaren des großen Plöner Sees, deren Ausschlüpfen von Zacaı- Ras direkt unter dem Mikroskope beobachtet wurde, war — was nicht unerwähnt bleiben soll — von einem solchen Hervortreten der schau- migen Struktur nichts zu bemerken. An der Rückenseite befindet sich eine schildförmige Erhebung der Cutieula von der Gestalt eines lateinischen V (Fig. I Rs). Im hinteren Theile derselben liegt der Rückentaster (Fig. 3 Rt), und vorn zwischen den divergirenden Armen das Auge. Hinter dem Schild läuft quer eine deutliche Furche, welche besonders bei der Seitenansicht deutlich her- vortritt (Fig. 3 Rf). An den Seiten zieht eine bogenförmige feine Leiste, die vielleicht zwei Bauchlappen der Schale andeutet (Fig. 3 S]). Der Verdauungsapparat besitzt einen ganz ähnlichen Bau wie bei den Synchaeten, Notops hyptopus und bei Brachioniden. Er gliedert sich in einen Pharynx mit Kauapparat, einen ziemlich langen Ösopha- gus, einen kugelförmigen Magendarm und einen kurzen Enddarm. Der Pharynx ist ziemlich weit, der Kauapparat besteht aus einem Fulcerum, auf dem eigenthümlich gebildete Rami ruhen, aus zwei Mallei, deren Manubria lang, deren Unei aber nur einzähnig sind. Zwischen dem Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LVI. Bad. 46 238 A, Wierzejski und 0. Zacharias, Fulerum und den auf ihm senkrecht stehenden Armen des Incus be- findet sich eine sehr starke Muskelmasse; auch die Manubria sind gleichsam eingehüllt in quergestreifte Muskelfasern. Den Zusammen- hang der einzelnen Bestandtheile des Kauapparates veranschaulicht Fig. 5. Zu beiden Seiten des Kauapparates liegen große Speichel- drüsen (Fig. 3 Sp). Der Ösophagus ist dünnwandig und von hell vio- letter Farbe; bei den von ZacnArss untersuchten Exemplaren war er farblos. Der Magendarm nimmt den ganzen Raum im Hinterkörper über dem Ovarium ein. Seine Wände sind aus großen mit Ölkugeln angefüllten Zellen zusammengesetzt, die eine schmutziggrüne Flüssig- keit enthalten. In Folge dessen erscheint das ganze Thier grün, beson- ders beim gefüllten Magen. An der vorderen Wand des Magens sitzen zwei farblose pankreatische Drüsen (Fig. 1 Pa). ZıcHARIAS Sah bei einer Herbstform den Magen mit zwei Binde- gewebsfäden an die hintere Leibeswand befestigt. Der Enddarm ist sehr schwer zu sehen, er mündet wahrscheinlich hinter dem Fuß aus und nimmt auch die kontraktile Blase in sich auf. Das Exkretionsorgan ist bilateral und besteht aus zwei Längs- stämmen und einer kontraktilen Blase. Erstere beginnen unter der Krone seitwärts vom Mastax, ziehen in schiefer Richtung gegen die Fußbasis, wo sie seitwärts in die kontraktile Blase einmünden. Letz- tere ist ziemlich klein. Die Anfangstheile der Gefäßstämme liegen in der Tiefe, knapp unter der Krone, und sind schwer zu verfolgen, es sind nur zwei größere Lappen mit Wimpertrichtern gesehen worden, deren Bau Fig. 3 Ex darstellt. Im weiteren Verlaufe sind die Röhren geschlängelt und von flockigen Bändern breit umgeben. Hinsichtlich der Muskulatur wurde von uns nur die Beobachtung gemacht, dass ein Paar starke, lange Retraktoren vorhanden sind, welche von der Fußbasis zum Pharynx ziehen, außerdem mehrere Ring- muskeln unter der Schale in der Gegend des Magens. Das Gehirn ist groß. Zu den Sinnesorganen gehört außer den bei Beschreibung der Krone erwähnten noch ein querovales einfaches Auge mit schwarzem Pigment und der Rückentaster, der, wie bereits ge- sagt, an dem V-förmigen Rückenschilde liegt und aus einem kurzen Zapfen besteht, welcher ein winziges Haarbüschel trägt. Einziehbar schien dieses Organ nicht zu sein. Das Ovarium ist klein und wird für gewöhnlich durch den Magen verdeckt; man bekommt es aber häufig bei der Seitenlage des Thieres zu Gesicht. Der Dotterstock hingegen ist von sehr beträchtlicher Größe und herzförmiger Gestalt. Er nimmt fast die ganze Bauchseite des Bi- palpus ein und enthält sehr große Kerne (Fig. ! Di). Neue Rotatorien des Süßwassers. 239 Nach den Beobachtungen von ZacuArus in der Biologischen Station zu Plön gehören die abgelegten Eier von Bipalpus während der Sommer- monate zu den regelmäßigen Erscheinungen im Limnoplankton; sie besitzen eine mächtige hyaline Umhüllung, die aus einer stark quell- baren Substanz besteht. Hierdurch werden dieselben befähigt sich schwebend im Wasser zu erhalten, auch wenn dieses sehr bewegt ist. Übrigens kommen die Eier stets nur einzeln treibend vor. Im Mittel hat jedes derselben folgende Maße: 0,16 mm Längsdurchmesser; 0,12 mm Querdurchmesser. Die Hülle 0,28 mm Längsdurchmesser, 0,22 mm Querdurchmesser. Der Fuß ist in seinen zwei oberen Dritteln quer geringelt, über halb so lang als der Körper und mit langen Zehen bewaffnet, deren Gestalt derjenigen der Wiederkäuerklauen sehr ähnlich ist. Sie sind gewöhnlich mit der flachen Seite an einander gedrückt. Die Spitzen derselben sind sehr fein und mit einer Öffnung versehen. Fußdrüsen wurden nicht beobachtet. Der Fuß kann bedeutend verkürzt, aber nicht in den Leib eingezogen werden. Das Männchen wurde von ZacHarıs ebenfalls im Plöner See ge- fischt, aber nur flüchtig beobachtet. Es zeichnet sich durch einen zehen- losen Fuß aus, der wahrscheinlich zugleich als Copulationsorgan fungirt. An seiner Ursprungsstelle befand sich eine mit Samen gefüllte Blase. Exemplare aus dem Plöner See: Länge 0,33 mm, Höhe 0,18 mm, Fußlänge mit Zehen 0,21 mm; aus dem Diek-See: Länge 0,50 mm, Fuß mit Zehen 0,28 mm, Zehen 0,09 mm; galizische Exemplare: Länge 0,29, 0,22, 0,16 mm, Fuß 0,14, 0,12, 0,14 mm, Zehen 0,04, 0,04, 0,04 mm. Was die Verwandtschaftsbeziehungen unseres Bipalpus betrifft, so wurde bereits oben erwähnt, dass er im Habitus und inneren Bau mit Notops hyptopus noch am nächsten verwandt zu sein scheint. Die Gat- tung Notops vereinigt aber bekanntlich drei sehr verschieden gebaute Thiere, die Hupsox wohl nicht ohne Zwang zusammenstellte ; mit ihnen stimmt in mancher Beziehung auch Triphylus lacustris überein, worauf letzterer ebenfalls hinweist. Keinem Notopiden lässt sich unsere Art ohne Weiteres an die Seite stellen, dessgleichen keiner Synchaeta, ob- wohl sie auch einige Merkmale dieser Gattung trägt. Im Bau des Kau- apparates ist er auch mit Polyarthra platyptera sehr nahe verwandt und im Habitus mit Brachionus-Arten. Er scheint somit ein Mittelglied zwischen Hydatiniden und Synchaetiden zu sein, welches in mancher Beziehung zu den Brachioniden herüberführt. Da er aber weder der Gat- tung Notops noch Synchaeta sich ohne Weiteres anschließen lässt, so schien es uns angezeigt ein neues Genus für denselben aufzustellen, das in die Familie der Hydatiniden einzureihen wäre. In dasselbe würde außer 16* 240 A. Wierzejski und 0. Zacharias, unserem Bipalpus noch der folgende Bipalpus Iynceus undGom- phogaster areolatus Gosse aufzunehmen sein. Übrigens müssen noch allseitige, eingehende Untersuchungen vorgenommen werden, um die systematische Stellung dieser Art und der nächst verwandten sicher zu stellen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Bipalpus vesiculosus mit einer von den drei Gastropus-Arten, welche Imsor im Zool. Anzeiger Nr. 355 sehr karg charakterisirte, identisch ist. Wer kann es aber entscheiden, so lange wir eine eingehendere Beschreibung und Abbildung dieser drei Arten bis dato vermissen und Dr. Imnor auf eine direkte Anfrage von Dr. ZacHarıas die Auskunft schuldig blieb. Wir fanden demnach keinen Anlass mit der Beschreibung unserer neuen Art so lange zu warten, bis Dr. Innor seine Gastropus-Arten näher kennzeichnet, und für die Identificirung derselben mit einer seiner Arten fehlten uns that- sächlich die nöthigen Anhaltspunkte. 2. Bipalpus lynceus Ehrbg. ?Euchlanis Iynceus Ehrhe. (Fig. 6—10.) Diese Art stimmt sowohl im Bau der Mundwerkzeuge, in der Ge- stalt der Krone und des Fußes als auch im inneren Bau mit der vorangehenden fast ganz überein. Die für die Krone der letzteren charakteristischen Palpen sind bei ihr ebenfalls vorhanden, dessgleichen Büschel von Sinneshaaren; ob aber die letzteren in derselben Zahl und Form bei ihr vorkommen, darüber fehlen genauere Beobachtungen. Sie unterscheidet sich sowohl von Bipalpus vesiculosus als auch von allen übrigen bisher bekannten Rotatorien durch einen sehr eigenthümlich gestalteten Panzer, welcher an der Bauchseite klaffend, dessen Rückenplatte aber beweglich ist, so dass das Thier nach Ein- ziehen des Räderorgans dieselbe wie einen Deckel zuklappen kann; eben so kann es die Schalenränder schließen und zwischen dieselben den gegen den Kopf aufgerichteten Fuß verstecken, worauf es einem kleinen Lynceiden auffallend ähnlich ist. Der Panzer ist mit dicht stehenden punktförmigen Vertiefungen geziert und besitzt mehrere Längs- und Querfurchen, deren Verlauf aus den Fig. 6, 7, 8 klar zu ersehen ist. Der Kopfschild hat eine drei- eckige Gestalt und ist vorn viermal ausgeschnitten, in der Mittellinie gekielt. Dieser Kiel theilt sich an dem Vorder- und Hinterende gabelig; das von diesen Leisten begrenzte Feld am Hinterende der Rückenplatte ist vertieft, und im Grunde dieser Vertiefung liegt ein Rückentaster von derselben Gestalt wie bei B. vesiculosus. Hinter der Rücken- resp. Kopfplatte ist der Panzer mit zwei tiefen Querfurchen und Neue Rotatorien des Süßwassers. 241 eben so vielen Querleisten versehen, wodurch eine Art Gelenk für die- selbe gebildet ist. Die Längsfurchen haben wohl auch dieselbe Bedeutung für die Bewegung der beiden Hälften des Rumpfpanzers. Leider konnte an den zwei zur Verfügung stehenden Exemplaren die Muskulatur nicht näher studirt werden. Es mag noch erwähnt werden, dass das Gehirn ‚groß, das Auge einfach, groß, schwarz, der Magen mit großen pankreatischen Drüsen versehen und dunkelgrün ist. Länge des Thieres mit ausgestrecktem Wimperorgan 0,19 —0,26 mm, Panzerlänge 0,15—0,21 mm. Die größte Breite des Panzers 0,009 mm, Länge des Fußes 0,07 mm. Wirrzesskı fand das Thier in einem Wildteiche in der Umgebung von Krakau, und zwar ein einziges Mal in zwei Exemplaren. Es scheint daselbst, wie überhaupt, sehr selten zu sein. Allem Anscheine nach stimmt Bipalpus lynceus mit EnkenBerg’s Euchlanis Iynceus überein, wesshalb Wırrzesskı den Artnamen dieses Forschers beibehielt. Jedoch geschah diese Identifieirung nicht ohne Bedenken, da weder die Beschreibung noch die Abbildung Enrensere’s auf diese Art vollkommen passt. Indessen scheint es aber sehr wahrscheinlich zu sein, dass die obwaltenden Differenzen bloß von einer irrthümlichen Auffassung der Gestaltung der Schale und Krone seitens EHrENBERG’S herrühren, die leicht erklärlich ist, da es faktisch einige Schwierigkeit hat, die reiche Modellirung eines so winzigen Gegenstandes richtig zu erfassen. Ob dem wirklich so ist, darüber können erst künftige Beobachtungen entscheiden. Dr. Insor will die Enrengerg’sche Art beobachtet haben und hat dieselbe in Gastropus Ehrenbergi umgetauft (Zool. Anz. Nr. 355, p. 37). Da er aber bis dato eine nähere Beschreibung und Abbildung dieser umgetauften Art schuldig geblieben ist, so fehlt jeder Anhaltspunkt zur Beurtheilung, ob das von ihm beobachtete Thier mit der oben beschrie- benen resp. EHrENBERG’Schen Art thatsächlich identisch, oder aber eine von beiden verschiedene Form ist. Gelegentlich müssen wir gegen eine derartige Umtaufung Einsprache erheben, da sie weder nothwendig noch gerecht ist, um so mehr als die neue Bezeichnung über die Natur und systematische Stellung dieses so wenig bekannten Thieres nicht mehr Aufschluss giebt als die alte. EurEnBers wusste es ganz wohl, dass sein Euchlanis kein solcher sei, und setzte vor diesen Gattungs- namen ein Fragezeichen; eben so bezweifelt Hupson die Zugehörig- keit dieser Art zum Genus Euchlanis. Dr. Innor glaubte nun durch die Wahl eines neuen Gattungsnamens die Sache erledigt zu haben, ohne zu 242 A. Wierzejski und 0. Zacharias, bedenken, dass dieser an und für sich nicht im mindesten zur näheren Kenntnis des Thieres beitragen kann, eben so wenigals ein Paar loser Be- merkungen. Den Enurengere’schen Artnamen abzuschaffen hatte er aber weder Recht noch dringendes Bedürfnis, da die Bezeichnung »lynceus« von diesem Forscher sehr zutreffend gewählt worden ist. In der That sieht Bipalpus Iynceus besonders in der Seitenansicht einem kleinen Lynceiden so sehr ähnlich, dass er bei oberflächlicher Betrachtung sehr leicht mit einem solchen verwechselt werden kann, zumal wenn er den Kopfschild und die Seitenhälften seiner Schale zuklappt, oder auf der Seite liegend mit dem Fuße sich fortzuschieben trachtet. Die radikale Umtaufung hatte somit keinen Zweck, abgesehen davon, dass eine solche nicht üblich ist. Wir wollen demnach den alten EHrENBERG- schen Namen bis auf Weiteres für unsere Form wieder zu Ehren brin- gen und hoffen, dass dies Dr. Imuor ebenfalls billig finden wird. 3. Mastigocerca capucina Wierz. et Zach. (Fig. 11—43.) Diagnose. Weihchen: Körper fast eylindrisch mit deutlich abge- setztem Kopf, Panzer ohne Rückenkamm, sein vorderer Theil breit, bauchwärts wellig ausgeschnitten und längsgefurcht, dorsalwärts in eine lange, dreieckige (kapuzenartige) Platte ausgezogen, die sich über das Räderorgan wölbt; Fußgriffel halb so lang als der Körper, mit zwei Nebendornen an der Basis; Krone mit fünf fingerartigen Palpen und zwei Sinneshaarbüscheln ; Lateralantennen im hinteren Drittel des Leibes. Länge 0,24 mm ohne Kappe. Galizische Exemplare, Länge 0,28 mm, Kappe 0,08 mm, Höhe des Leibes 0,07 mm, Fußsgriffel 0,12 mm. Männchen unbekannt. Charakteristisch für diese Art erscheint der kappenartig verlängerte Kopfschild, unter welchem die Krone Schutz findet. Letztere ist mit fünf fingerförmigen Palpen versehen, von denen der unpaare der längste ist, zu seinen Seiten steht je ein Paar kleinerer und dünnerer, und auswärts von diesen auf einem Kegel ein Büschel von Sinneshaaren (Fig. 12). Außerdem befinden sich nach Zacnarıas im hinteren Drittel des Leibes jederseits Büschel von Sinneshaaren, die als den Lateral- antennen anderer Rotatorien homologe Organe zu deuten sind. Bei anderen Mastigocercen scheinen sie nicht vorzukommen, wenigstens findet man sie nicht in Hunsow’s großem Rotatorienwerk. Der innere Bau bietet keine auffallenden Abweichungen vom gewöhnlichen Typus, ist übrigens bisher auch nicht speciell von uns untersucht worden. Neue Rotatorien des Süßwassers. 343 Von den zwei Nebendornen des Fußgriffels ist einer etwas länger als der andere und wellig gebogen, er greift quer über .den Griffel über. Die Kauwerkzeuge sind sehr schmächtig und symmetrisch (Fig. 13). Das Thier ist nach den Beobachtungen von ZacHarIs im großen Plöner See und mehreren anderen holsteinischen Wasserbecken ein Bestandtheil des Plankton; es ist fast ganz farblos. Wiırrzesskı fischte dasselbe in einem kleinen Teiche in der Umgebung von Krakau, aber nur in einem einzigen Exemplare, im Jahre 1891. Heuer (1892) entzog es sich ganz der weiteren Beobachtung. Krakau, im November 1892. Nachsehrift. Aus einer Zuschrift des Herrn Dr. JigerskıöLo (Upsala) an Dr. ZacnA- RIAS, welche vom 4. Januar 1893 datirt ist, geht hervor, dass es Herrn Dr. Bergenpar in Lund gleichfalls geglückt ist, Euchlanis Iynceus oder »eine dieser Species sehr nahe stehende Form aufzufinden. Aus derselben Zuschrift des schwedischen Forschers ist zu entnehmen, dass der oben beschriebene Bipalpus vesiculosus (von dem inzwischen eine kurze Beschreibung im Bullet. der Krakauer Akad. der Wissenschaften erschienen war) mit einem Rotatorium identisch ist, welches neuer- dings (und ohne, dass wir davon irgend welche Kenntnis hatten) von Dr. BerGEenpaL entdeckt und mit dem Namen Gastroschiza flexilis be- zeichnet worden ist. Dessgleichen gab Dr. JÄGErskıöLD eine kurze Beschreibung (Zool. Anz. Nr. 407) von zwei neuen Rotatorien: Gastro- schiza flexilis und G. foveolata, die allem Anscheine nach mit unseren Bipalpus vesiculosus und Bip. lynceus identisch sind. Es scheint uns angemessen und als das beste Mittel, unliebsamen Prioritätsstreitig- keiten vorzubeugen, wenn wir am Schlusse dieser Abhandlung auf das Datum hinweisen, an welchem dieselbe bei Herrn Geheimrath Prof. Dr. Euters in Göttingen eingereicht worden ist, um in dieser Zeitschrift Aufnahme zu finden. Dies Datum war der 25. November 1892. I44 A. Wierzejski und 0, Zacharias, Neue Rotatorien des Süßwassers. Erklärung der Abbildungen. Tafel XIII. Fig. ı—5. Bipalpus vesiculosus Wierz. et Zach. Weibchen. Die Zeich- nungen sind etwas schematisirt. Fig. 1. Das Thier in der Rückenansicht. Vergrößerung Zeıss DO. Pp, Palpi;, Rs, Rückenschild; Rt, Rückentaster; Sp, Speicheldrüsen; Oe, Öso- phagus; Md, Magendarm; Pd, pankreatische Drüsen; Ex, Anfangstheil der Exkre- tionsgefäßstämme; Wt, Wimpertrichter; Dt, Dotterstock. Fig. 2. Das Thier von der Bauchseite gesehen. Vergrößerung Zeıss DO;. Mx, Mastax;; Cd, kontraktile Blase. Fig. 3. Seitenansicht des Thieres. Vergrößerung Zeıss DO3. M, Muskel; Cd, kontraktile Blase; SI, Seitenleiste, welche die Bauchlappen der Schale andeutet. Fig. 4. Ein junges Thier von der Rückenseite, um die schaumige Textur der Hypodermis, welche die inneren Organe verdeckt, zu zeigen. Vergr. ZEıss CO>. Fig. 5. Kauapparat von der Bauchseite gesehen. Gezeichnet bei ZEıss DO, und um die Hälfte verkleinert. F, Fulcrum; R, Rami; Mb, Manubrium; Uc, Unci. Fig. 6—40. Bipalpus1ynceus Ehrbg. Weibchen. Die Figuren bezwecken hauptsächlich die Veranschaulichung der Konfiguration der Schale. Fig. 6. Seitenansicht des Thieres. Vergrößerung Zeıss DO.. Rt, Rückentaster. Fig. 7. Rückenansicht desselben Thieres. Vergrößerung Zeıss DO3. Rt, Rückentaster. Fig. 8. Das Thier von der Bauchseite. Vergrößerung Zeıss DO». Fig. 9. Kauapparat von der Rückenseite. Vergrößerung Zeıss DO;. Fig. 40. Kauapparat von der Bauchseite. Vergrößerung Zeıss DO4. F, Fulerum; R, Rami; Mb, Manubrium; Uc, Unci. Fig. 14—13. Mastigocerca capucina Wierz. et. Zach. Fig. 44. Seitenansicht des Thieres. Vergrößerung Zeıss DO». Ks, kappenartig verlängerter Kopfschild; Pp, Palpi; Kb, Kegel mit Sinnes- haarbüschel; D, Darm; Et, Eierstock; Cb, kontraktile Blase; Gr, Griffel; Nd, Nebendorn. Fig. 42. Vorderende des Körpers mit Palpen. Vergrößerung Zeıss DO;. Fig. 43. Kauapparat. Vergrößerung DO,. Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam, Von Dr. Richard Heymons, Assistenten am zoologischen Institut in Berlin. Mit Tafel XIV—XVI. Die vorliegende Arbeit wurde von mir in der Absicht unter- nommen, um den Process der Furchung und Keimblätterbildung bei einem Gasteropoden genauer zu verfolgen. Gerade die interessanten, sich aber noch unvermittelt gegenüber stehenden Ergebnisse, zu welchen v. ErLANnGErR in neuerer Zeit bezüg- lich der Mesodermbildungbei Paludina und Bythinia gelangt ist, mussten eine abermalige Prüfung dieser Frage an anderen Schnecken als wün- schenswerth erscheinen lassen. Meine Wahl fiel auf Umbrella, weil ich zufällig von dieser Form eine größere Anzahl von Eiern erhielt. Ferner durfte sie auch um desswillen Interesse beanspruchen, weil gerade über die Entstehung der Keimblätter bei den Opisthobranchiern über- haupt noch keine ausreichenden Beobachtungen vorliegen. Als meine Aufgabe habe ich es demgemäß betrachtet, die ersten Entwicklungsphasen bis zur Gastrulation und zur Ausbildung der Meso- dermstreifen möglichst genau klar zu legen. Dagegen habe ich nicht be- absichtigt, auch die späteren Stadien in derselben Weise zu behandeln und ein zusammenhängendes Bild des gesammten Entwicklungsver- laufes zu geben. Dies geschah schon zum Theil um desswillen nicht, weil mir die letzten Embryonalstadien bis zum Ausschlüpfen der Larven ‚nicht mehr in völlig ausreichender Weise zu Gebote standen. Überhaupt werden sich manche Punkte in der Opisthobranchier- entwicklung erst dann mit Sicherheit entscheiden lassen, wenn es ge- lingt, in die Entwicklungsvorgänge bei der Larve ebenfalls einen Ein- blick zu gewinnen. Alle auf dieses Ziel gerichteten Versuche sind aber bisher gescheitert, weil wir leider mit den jetzigen Hilfsmitteln die 246 Richard Heymons, außerordentlich hinfälligen Larven in den Aquarien nicht zur Weiter- entwicklung bringen können. Wenn ich trotzdem auch auf die späteren Embryonalstadien noch in mancher Beziehung eingegangen bin, so ist es nur geschehen, um das weitere Schicksal einzelner bei dem Fur- chungsprocess auffallender Zellen zu verfolgen und zugleich ein Urtheil über das an der rechten Körperseite der Opisthobranchierembryonen schon vielfach beobachtete räthselhafte Organ zu gewinnen. Die Untersuchung wurde von mir im Frühjahr 1892 in der Zoo- logischen Station zu Neapel begonnen, in der mir von seiten des Kgl. Preußischen Kultusministeriums ein Arbeitsplatz auf einige Monate zur Verfügung gestellt war. Im Laufe desselben Jahres ist sie sodann in Berlin zum Abschluss gebracht worden. Material und Methoden. Die Eier, deren Entwicklung hier geschildert werden soll, wurden in der Nacht vom 29. Februar zum 1. März im Schneckenbassin des Neapler Aquariums abgelegt. Sign. Lo Bianco hatte die Freundlichkeit, mir mitzutheilen, dass dieselben von Umbrella mediterranea Lam. her- rührten, und sie mir zugleich bereitwilligst zur Untersuchung zu über- lassen, wofür ich ihm auch an dieser Stelle noch meinen besonderen Dank ausspreche. Da in der mir zu Gebote stehenden Litteratur keine Angaben über den Laich von Umbrella zu finden waren, so will ich kurz erwähnen, dass derselbe ähnlich wie bei Pleurobranchaea und Doris ein etwas gewundenes breites Gallertband bildete, dessen Länge gegen 30, dessen Breite 8—10 em betrug. In der farblosen Gallertmasse waren die bräunlichgelben Eikapseln in’ gewundenen Längsreihen angeordnet. Die Eikapseln besaßen eine etwas flachgedrückte, annähernd linsen- förmige Gestalt und enthielten 30—%0 Eier. Von letzteren kommen nicht alle zur normalen Entwicklung, indem ein Theil von ihnen gleich nach den ersten Stadien abweichende Ver- hältnisse und Missbildungen zeigt und später dem Zerfalle unterliegt. Nicht selten sind auch Doppel- oder gar Mehrfachbildungen zu beobachten, die durch Aneinanderwachsen der Eier zu Stande kommen, wie sich im zwei- oder vierzelligen Stadium leicht nachweisen lässt, und die demgemäß auch die doppelte resp. mehrfache Größe besitzen. Solche Doppelbildungen sind häufig noch ziemlich spät, noch nach Anlage des Fußes und der Schalendrüse anzutreffen und können bis auf die Berührungsstelle ganz normal ausgebildet sein. Zur Bearbeitung wurden die Eier aus den Kapseln herausgenom- men und im lebenden oder aufgehellten Zustande untersucht. Als Zur Entwieklungsgesehichte von Umbrella mediterranea Lam. 247 Konservirungsmittel kamen besonders Pikrinschwefel-, Pikrinsalpeter-, Pikrinessigsäure sowie Chromosmiumessigsäure zur Anwendung. Zur Färbung sind hauptsächlich Hämatoxylin und Alaunkarmin benutzt worden. Die weitere Behandlung (Einlegen in Dammarlack, Schnei- den etc.) war die gewöhnliche. I. Die Entwicklung bis zur Ausbildung der Keimblätter. Das Ei von Umbrella ist 95 «u groß und von kugeliger Gestalt. Sein Inneres wird von Dotterkugeln, sog. Protoleeithtropfen fast voll- ständig ausgefüllt, wodurch das Ei im frischen Zustande beinahe un- durchsichtig erscheint, ein Umstand, der die Untersuchung lebender Eier selbstverständlich bedeutend erschwert. Zwischen den Protole- eithtropfen befindet sich ein äußerst feines Netzwerk von Protoplasma. Eine größere Ansammlung desselben liegt in der Umgebung des Kernes am animalen Pol, und ist schon am lebenden Ei als hellerer Fleck leicht erkennbar. Die Vorgänge während der Bildung der beiden Richtungskörper und. der Befruchtung habe ich nicht verfolgt. Das Ei von Umbrella ist wegen seiner Kleinheit und Undurchsichtigkeit hierfür ein zu ungünstiges Ob- jekt. Auch sind die betreffenden Verhältnisse bereits an anderen Opistho- branchiern (Aeolidien) von Trıncuzse (4) genauer untersucht worden. Der Furchungsprocess begann bei Umbrella etwa 12 Stunden nach der Ahlage der Eier. Die erste Furche schneidet vom animalen Pol aus in gerader Linie in das Ei ein und zerlegt dasselbe in zwei ungleiche Hälften AB und OD (Fig. 1). Das Größenverhältnis der beiden ersten Furchungskugeln unterliegt ziemlich bedeutenden Schwankungen. Während es in man- chen Fällen kaum möglich ist, einen Größenunterschied überhaupt wahrzunehmen, fällt er bei anderen Eiern sofort in die Augen und kann bisweilen zu einer so weit gehenden Differenz führen, wie dies für die beiden ersten Furchungskugeln von Aplysia bekannt ist. Wenn ich auch bezüglich der Vertheilung der Dottersubstanz in den ersten beiden Blastomeren von Umbrella niemals Unterschiede bemerken konnte, so erscheint mir doch letzteres Verhalten um desswillen inter- essant, weil nach Brocnmann (3) die Furchung bei den Eiern von Aplysia in abnormer Weise ebenfalls vollständig regelmäßig verlaufen kann. Schwankungen in der Größe der ersten Furchungskugeln hat übri- gens auch Pırtex (33) an den Eiern von Patella beobachtet. Nach einer verhältnismäßig langen Ruhepause von etwa 10—12 Stunden bereitet sich das Ei zur nächsten Theilung vor. Die Kerne nehmen in beiden Blastomeren beinahe gleichzeitig die Spindelform an. Pur Ne: OR Se En 248 Richard Heymons, Der Theilungsprocess verläuft aber an dem kleineren Blastomer CD weit schneller, was wohl seinen Grund in der geringeren Masse der hier zu bewältigenden Zellsubstanz haben mag. Sobald die beiden Kernplatten aus einander gewichen sind, schneidet die Furche wieder vom animalen Pole aus ein und greift bald auch auf die vegetative Seite des Blastomers über. Damit wird das letztere in zwei gleich große Hälften C und D zerlegt, und wir haben nun ein dreizelliges Stadium ‘vor uns. Die Durchschnürung ist jedoch dieses Mal in schräger Richtung von der animalen nach der vegetativen Seite hin erfolgt, und zwar in Bezug auf die spätere Orientirung des Eies von links nach rechts. Es geht während dieses Vorganges eine auffällige Lageveränderung der beiden neu entstandenen Blastomeren C und D vor sich. Das eine derselben, C, wölbt sich nämlich etwas nach dem animalen Pole empor und schiebt sich gewissermaßen vom Gentrum fort, das andere, D, be- wegt sich etwas nach der vegetativen Seite, sowie dem Centrum hin und drückt sich zugleich in die noch nicht durchgeschnürte Masee des ersten Blastomers AB ein (Fig. 2). An letzterem kann man bald darauf denselben Vorgang beobach- ten. Auch hier schneidet die Furche schräg, und zwar von rechts nach links durch. Es tritt dann gleichfalls eine Verschiebung ein, und es lässt sich dann ein dem unteren, d.h. vegetativen Pol genähertes Theil- stück B und ein damit gleichgroßes, näher dem oberen oder animalen Pol befindliches Stück A unterscheiden. Die vier Blastomeren liegen nunmehr kreuzweis über einander (Fig. 3). Die beiden unteren B und D stoßen in einer breiten » Quer- furche « zusammen, die beiden oberen A und C sind von einander durch die Richtungskörper getrennt. Zur Ausbildung einer zweiten sog. dor- salen Querfurche kommt es niemals. Hiermit ist das für die Eier der Gasteropoden, wie auch für die Eier sehr vieler anderer Thiere so charakteristische vierzellige Stadium erreicht, welches darin beruht, dass die vier Furchungskugeln mit ein- ander alterniren, d. h. dass sich nur zwei gegenseitig berühren, wäh- rend die beiden anderen mehr oder weniger vom Centrum abgedrängt sind. Diese typische Anordnung der vier ersten Blastomeren bei den Gasteropoden haben schon früher BLocHmann (2) und Rasgr (34) wohl mit Recht auf mechanische Ursachen zurückgeführt. Nicht übereinstimmen kann ich dagegen mit der früheren Ansicht, dass der Grund in der un- gleichen Größe der Blastomeren zu suchen sei, da wir dasselbe Ver- halten auch bei gleichgroßen Furchungskugeln antreffen, noch auch wird die ungleichzeitige Theilung der beiden ersten Furchungskugeln Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 249 wesentlichen Einfluss haben können. Vielmehr scheinen mir mecha- nische Prineipien in so fern maßgebend zu sein, als- die vier Blasto- meren das Bestreben haben, möglichst dicht an einander zu rücken und zugleich ihre ursprüngliche kugelige Form beizubehalten. Dies wird am vollkommensten durch die beschriebene Anordnung erreicht, gerade wie sich Schaumblasen etc. stets unter Bildung von »Quer- furchen« an einander legen. Die Frage, in wie weit die vier Blasto- meren einander als gleichwerthig anzusehen sind, mag hierbei unbe- rücksichtigt bleiben. ; Besonders aufmerksam möchte ich auf das bei Umbrella anfänglich sehr deutlich hervortretende kreuzweise Übereinanderlegen der vier ersten Furchungskugeln machen. Ein ähnliches Verhalten scheint auch Warnecek (47) bei Limnaeus beobachtet zu haben, ist aber später für die Gasteropodeneier nicht mehr beschrieben worden. For (13) er- wähnt für die Pteropoden sogar ausdrücklich, dass die vier ersten Zellen sich in einer Ebene befinden. Eine Übereinanderlagerung der ersten Furchungszellen wurde dagegen schon bei Turbellarien festgestellt. Lane (22) hat darauf hin- gewiesen, dass bei Discocoelis tigrina sich die vier Blastomeren in zwei verschiedenen Ebenen befinden, indem zwei kleinere Zellen sich kreuz- weis über zwei größere legen. Auch bei den Anneliden scheint dieser Fall häufiger vorzukommen, worauf neuerdings besonders von WıLson (48) Werth gelegt worden ist. Wırsox betrachtet das Übereinanderlegen der Furchungskugeln als in Zusammenhang stehend mit einer frühzeitigen Rotation derselben und leitet diesen sog. Spiraltypus von einem ursprünglich genau radiä- ren Furchungstypus ab. Eine thatsächliche Lageveränderung oder Rotation der einzelnen Blastomeren, nachdem sie einmal als solche fertig ausgebildet sind, scheint mir jedoch nach meinen Beobachtungen bei Umbrella nicht stattzufinden. Die Kernspindeln liegen in den beiden Blastomeren AB und CD anfänglich zwar genau in derselben Ebene, sie erleiden aber noch, während die Durchschnürung vor sich geht, allmählich eine der- artige Verschiebung, dass ihre Längsachsen einen Winkel mit einander bilden. Die Folge davon ist, dass zwei der Furchungskugeln weiter nach dem animalen Pole gelangen und sich über die anderen beiden legen. Wir können somit, wie dies Wırson und wie es schon Lang gethan hat, diese zweite Theilung des Eies, welche zur Bildung des vierzelligen Stadiums führt, als eine sog. spiralige auffassen. Es geht dieselbe, gerade wie die Mehrzahl der später zu beschreibenden Theilungen in 356 Richard Heymons, schiefer Richtung vor sich, und zwar, wenn wir das Ei vom animalen Pol betrachten, im entgegengesetzten Sinne der Bewegung eines Uhr- zeigers, indem von den Zellen B und D gleichsam je eine neue Zelle (A und C) nach der animalen Seite des Eies abgeschnürt wird. Es erübrigt noch, einige Worte über die Achsenverhältnisse des vierzelligen Stadiums zu sagen. | Schon For (13) war es bekannt, dass sich in diesem Stadium die Hauptachsen des zukünftigen Embryos erkennen lassen. Rısr (34) und besonders Brochmann (2) haben dann darauf hingewiesen, dass die Be- rührungsfläche der beiden Zellen (in unserem Falle der Zellen B und D) der späteren Transversalebene, die darauf senkrecht stehende (die Zellen B und D in gleiche Hälften zerlegende) Ebene, als Medianebene aufzufassen sei. Auch nach v. ErrAnger (10) entsprechen die vier . Blastomeren dem Vorder- und Hinterende, sowie den beiden Seiten des künftigen Embryo. Für die Turbellarien ist von SerexkA (43) und Lang (22) ebenfalls dasselbe Verhalten beschrieben worden. So wenig ich die Richtigkeit der Beobachtungen seitens der ge- nannten Autoren anzweifeln will, so kann ich mich doch dieser Ansicht nicht anschließen. Ich sehe vielmehr in Übereinstimmung mit CoxkLin, der leider über diesen interessanten Punkt erst zwei kurze Mitthei- lungen gemacht hat (6, 7. in der zweiten hat er seine frühere Ansicht wieder zurückgezogen), die Hauptebenen in den die einzelnen Blasto- meren von einander trennenden Furchen repräsentirt. Es entspricht die erste Furche, welche AB von CD getrennt hat, der späteren Trans- versalebene, die zweite Furche, durch welche A und 2, sowie Cund D von einander geschieden sind, der späteren Medianebene. Betrachten wir das vierzellige Stadium vom animalen Pol, so liegt mithin die Zelle A vorn links, B vorn rechts, C hinten rechts und D hinten links. Wir können ferner die animale Hälfte des Eies als Dorsal-, die vegetative Hälfte als Ventralseite bezeichnen. Die die Mitte des animalen und vegetativen Poles verbindende Achse mag den Namen Dorsoventral- achse oder Vertikalachse führen. Dieselben Ausdrücke werde ich auch in der folgenden Darstellung gebrauchen. Auf eine Begründung dieser Ansicht kann ich jedoch erst nach der Schilderung des weiteren Entwicklungsverlaufes eingehen. Nach einer Ruhepause von 5—6 Stunden kommt es zur Bildung der ersten Äquatorialfurche. Das Auftreten der Kernspindeln und das Abschnüren der Mikromeren findet in der Regel bei den ersten vier Blastomeren, die wir von nun an als Makromeren bezeichnen wollen, gleichzeitig statt. Ein Voraneilen der Zellen A und B habe ich niemals Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lan. 2291 beobachtet, dagegen findet dies bisweilen bei den Zellen C und D statt, ohne dass man jedoch hier von einer so gesetzmäßigen Aufeinander- folge der Theilungen sprechen dürfte, wie sie z. B. BrocHmann für Neritina nachweisen konnte. Die vier Mikromeren a’ b’c’d’ erleiden während ihrer Bildung eine Verschiebung im Sinne der Bewegung eines Uhrzeigers (Fig. %). Sie nehmen das Centrum des animalen Poles ein und unterscheiden sich am lebenden Ei durch ihre glashelle durchsichtige Färbung von den dunklen, dotterreichen Makromeren. Letztere beginnen jetzt ihre frühere charakteristische Übereinander- lagerung allmählich einzubüßen, an die dann später nur noch durch das schiefe Einschneiden der Furchen erinnert wird. Bisweilen kann sie sich jedoch auch noch während der Abschnürung von vier weiteren Mikromeren erhalten, welche sich in der der Uhrzeigerbewegung ent- gegengesetzten Richtung von den Makromeren abtrennen. Diese neuen Mikromeren «” b’ c” d” nehmen ihren Platz weiter peripher von denen der ersten Generation ein und liegen immer an den trennenden Ein- schnitten zwischen zwei Makromeren (Fig. 5). Nach den übereinstimmenden Beobachtungen von WAarnEck (47) an Limnaeus, BrocHmann (2) an Neritina, sowie von For (13, 14) an Pteropoden und Heteropoden kommt es nunmehr zu einer Theilung der vier zuerst entstandenen Mikromeren. Bei Umbrella findet dagegen regelmäßig zunächst eine abermalige Theilung der vier Makromeren statt. Man beobachtet, dass die Kernspindeln in den beiden hinteren Makromeren in vielen Fällen früher auftreten wie in den vorderen. Die vier neu gebildeten Mikromeren «’” b” c’’ d’" werden wieder wie die zuerst entstandenen im Sinne der Uhrzeigerbewegung abgeschnürt. Sie nehmen ihren Platz zwischen den Mikromeren der zweiten Gene- ration ein. Die Mikromeren der ersten Generation sind am kleinsten, die der letzten am größten. Unter einander sind die Mikromeren einer Generation stets von gleicher Größe (Fig. 6). Wir treffen hier somit andere Verhältnisse an wie bei der Furchung vieler Anneliden. Mit dem Ablauf der zuletzt beschriebenen Theilung ist das 16zel- lige Stadium erreicht. Die Makromeren haben hinter einander drei Generationen von je vier Mikromeren abgegeben. Aus diesen letzteren geht das gesammte Ektoderm hervor, an dessen Bildung die Makro- meren sich nicht mehr betheiligen. Sie enthalten vielmehr jetzt nur noch die Bestandtheile des Entoderms und Mesoderms. Im nächsten Stadium (Fig. 6) sehen wir die Zellen «' b’ c’ d’ sich theilen und im Sinne der Uhrzeigerbewegung die Zellen «a, db’, cd’, abgeben. Unmittelbar darauf und in vielen Fällen schon gleichzeitig 252 Richard Heymons, treten auch in den Zellen a” b"c” d" Kernspindeln auf. Die Theilung erfolgt in demselben Sinne wie die vorige, und es entstehen vier etwas kleinere Mikromeren «”, b", €’, d",, die sich etwas über die Zellen a” b" cd" schieben (Fig. 7). Diese neuen Mikromeren fallen da- durch auf, dass sie relativ hoch liegen und liefern hiermit auch noch für spätere Stadien ein bequemes Mittel zur Orientirung. Den Verlauf der bisherigen Theilungen habe ich so geschildert, wie er bei der Mehrzahl der Eier zu beobachten ist. Doch kommen nicht selten auch Abweichungen vor. Häufig ist besonders zu be- merken, dass die Ruhepause im zwölfzelligen Stadium sehr lange an- dauert, und dass darauf ganz gleichzeitig alle zwölf Zellen sich zu theilen beginnen. Der bei Umbrella gewöhnliche Fall, dass sich von den Makromeren hinter einander zwölf Mikromeren abschnüren, die sich dann erst zu theilen beginnen, ist meines Wissens bisher noch nicht beobachtet worden. Dagegen gilt das andere soeben von mir erwähnte Verhalten, dass das zwölizellige Stadium direkt durch gleichzeitige Theilung aller Zellen in das 24zellige Stadium übergeht, nach Rası (34) für die Eier der Pulmonaten und Dermatobranchier als Regel. Rısı glaubte diese Erscheinung auf die geringe Menge des in diesen Eiern enthaltenen Nahrungsdotters zurückführen zu müssen. Hieraus zieht er dann den Schluss, dass: »bei den Keimen mit reich- lichem Nahrungsdotter von dem Zeitpunkte an, als die Äquatorial- furchen auftreten, die Zellvermehrung in arithmetischer, bei den Keimen mit spärlichem Nahrungsdotter dagegen zuerst in arithmetischer, sodann aber in geometrischer Progression erfolgt«. Wiewohl ich mit RasL im Princip völlig darin übereinstimme, dass ein Mangel an Dottermaterial einen schnelleren Verlauf der Furchung veranlassen kann, so dürfte doch der erwähnte Satz, zumal in seinem mathematischen Gewande, nicht so allgemein hinzustellen sein. Gerade bei der Furchung von Umbrella zeigt es sich, dass individuellen Schwankungen ein weiter Spielraum gesteckt ist, ohne dass sich doch desshalb Unterschiede im Dotterreichthum der betreffenden Eier nachweisen lassen. Nach Ablauf der beschriebenen Theilungen besteht das Ei aus 24 Zellen (Fig. 7). Am vegetativen Pol befinden sich die vier Makromeren, die hinsichtlich ihrer Struktur, sowie ihrer charakteristischen Lage, eben so wenig wie die sie von einander trennenden Furchen, noch keinerlei Veränderungen erkennen lassen. Über ihnen liegen 20 Mikro- meren. Von einer Furchungshöhle ist keine Spur zu finden. Bis zu diesem Stadium ist die radiärsymmetrische Anordnung der einzelnen Zellen vollkommen beibehalten worden. Nunmehr tritt jedoch eine Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 253 Störung ein. Man bemerkt schon am lebenden Ei, dass das Plasma der linken hinteren Makromere D eine bedeutend dunklere Färbung, als das der übrigen Makromeren annimmt. Die Zelle wölbt sich zugleich weiter nach dem vegetativen Pole vor. Untersucht man solche Stadien im aufgehellten Zustande, so zeigt sich in der Zelle D eine Kernspindel, die in der Nähe des Eicentrums sich befindet und schräg von der dor- salen und linken nach der ventralen und rechten Seite gerichtet ist. Die Theilung erfolgt in zwei ungleiche Hälften. Wir unterscheiden eine kleinere im Centrum des vegetativen Poles befindliche Zelle D und eine größere davon abgetrennte Zelle D’ oder M. Die erstere haben wir als die erste Entodermzelle zu betrachten, die letztere stellt die Anlage des Mesoderms dar. Das Plasma der Zelle M zeichnet sich durch dunk- lere Färbung aus und enthält einen großen im hinteren Theil befind- lichen Kern. Gleich nach dem Erscheinen der Zelle M bemerkt man, dass dieselbe weiter nach vorn und rechts gerückt ist, und dass sie dadurch einen Theil der Zelle € überdeckt. Bei der Ansicht vom vege- tativen Pol ist daher bald nur noch ein kleines Stück ihres hinteren Abschnittes sichtbar (Fig. 8). Wenn ich hier von einer Lageveränderung spreche, so glaube ich, dass eben so wenig wie früher bei der Bildung der Mikromeren eine thatsächliche und selbständige Bewegung der Zelle M eintritt. Dieselbe ist vielmehr nur eine scheinbare, indem die Theilung, wie schon durch die erwähnte schräge Lage der Kernspindel angedeutet war, in schiefer Richtung erfolgt ist. Zugleich mit der Theilung der Makromere D geht eine Verschie- bung der gesammten Ektodermscheibe vor sich. Bisher befand sich das durch die Richtungskörperchen gekennzeichnete Centrum des ani- malen Poles genau oberhalb der Querfurche, nunmehr erscheint es etwas nach links, und vor Allem nach hinten verschoben. Dadurch werden bei der Ansicht vom vegetativen Pol zwei Ektodermzellen c” und d”' sichtbar. Sie liegen dort zu den Seiten der Zelle M. Ehe es noch zu einer Theilung der letzteren kommt, lassen sich schon wieder Kernspindeln in den Ektodermzellen, und zwar dieses Mal in denen der dritten Generation a” b” c” d”’ erkennen. Eine be- stimmte Aufeinanderfolge in ihrem Auftreten ist nicht zu konstatiren. Die Spindeln sind rechtwinkelig zur Dorsoventralachse des Eies ge- stellt (vgl. Fig. 9, bei welcher die Theilung von d”’ bereits vollendet ist). Nach erfolgter Durchtrennung treffen wir vier neue Ektoderm- zellen an, die sich am weitesten peripher befinden und sich etwas in dem der Uhrzeigerbewegung entgegengesetzten Sinne fortbewegt haben. Durch die vorhin erwähnte Verschiebung der Ektodermscheibe nach Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LVI. Bd. 47 254 Richard Heymons, dem Hinterende des Eies wird es erklärlich, dass die beiden Zellen dhaen und c”’, bei der Ansicht von oben nicht mehr erkennbar sind. Sie sind bereits völlig auf die vegetative Seite des Eies hinübergerückt. Ihre Lagerung veranschaulicht Fig. 8, bei welcher übrigens erst d”’, ausge- bildet ist, während sich c” noch in Theilung befindet. Bevor noch die beschriebenen Theilungen sämmtlich vollendet sind, treten Kernspindeln in den Zellen «”, b”, c’, d”, auf. Fig. 9 zeigt sie in den Zelien b”, und c”, schon ausgebildet, während die Kerne von @, und d”, auffallend groß und hell geworden sind, ein Zeichen ihrer bevorstehenden Umwandlung zur Spindel. Es trennen sich von diesen Zellen nach dem Centrum des animalen Poles hin, und zwar in dem der Uhrzeigerbewegung entgegengesetzten Sinne, vier weitere Zellen ala di. d”i.; ab. Es sind dies die kleinsten Ektodermzellen, welche bisher gebildet wurden. Sie nehmen ihren Platz neben a’, b', ete. ein (Fig. 10 und A). Die Theilungen folgen jetzt sehr rasch auf einander. Auch hier sind die Zellen «a”,., etc. häufig noch nicht vollzählig, wenn man bereits wieder andere Theilungsfiguren auffinden kann. In Fig. 10 zeigen sich dieselben in den Zellen b’" und d”. Ihre Theilung, sowie die der beiden anderen entsprechenden Zellen erfolgt in derselben Weise wie vorhin die Theilung der benachbarten Zellen a” b” etc. Es werden hiermit vier neue Zellen, «’, b”",c’; d’", weiter vom Centrum des animalen Poles fortgeschoben (s. Fig. 14). Von ihnen ist die Zelle d”, bei der Betrachtung vom animalen Pole aus nicht mehr sichtbar. Währenddessen ist die Zelle M in zwei gleichgroße Hälften M M zerfallen, welche als Urmesodermzellen zu bezeichnen sind. Die Thei- lung von M scheint sich sehr schnell zu vollziehen. Es ist mir nur in wenigen Fällen gelungen, die dazu gehörige Kernspindel aufzufinden. Schon vor der Theilung hatte sich die Zelle M so weit nach rechts ver- schoben, dass sie sich der Trennungslinie zwischen den beiden Makro- meren A und B gerade gegenüber befand (Fig. 8). Es ist daher leicht verständlich, dass nach der erfolgten Theilung die beiden Urmesoderm- zellen sich rechts und links von der Verlängerung der erwähnten Trennungslinie befinden müssen (vgl. Fig. 12). Bei der Ansicht vom vegetativen Pole zeigt es sich ferner, dass nur der hintere Abschnitt der beiden Urmesodermzellen noch sichtbar ist. Ihre größere vordere Partie liegt über den drei noch ungetheilten Makromeren. Die Kerne der Urmesodermzellen liegen stets am hinteren Ende und sind kleiner und chromatinreicher als die der Makromeren. Durch die beiden auffallend großen und sehr leicht aufzufinden- den Urmesodermzellen wird die Orientirung der Eier von nun an ur: \ Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 355 wesentlich erleichtert, und es tritt durch sie zugleich das erste An- zeichen der bilateralen Symmetrie deutlich hervor. Die Urmesoderm- zellen liegen stets am hinteren Ende des Eies, und zwar rechts und links von der späteren Medianebene. Im Gegensatz zur bilateralen Lagerung des Mesoderns steht jedoch noch die Anordnung des Ektoderms. Die nach Ablauf aller vorhin geschilderten Theilungen vorhan- denen 32 Mikromeren sind genau radiär angeordnet. Man kann einen vorderen, hinteren, rechten und linken Quadranten unterscheiden, von denen ein jeder aus acht Zellen besteht. Wie aus Fig. A1 ersichtlich ist, wird der Überblick über die 32 Zellen durch die vier Zellen a”, 6”, ec”, d”, bedeutend erleichtert, welche durch ihre Form und ver- hältnismäßig hohe Lage leicht bemerkbar sind. Sie bilden gewisser- maßen ein rechtwinkeliges Kreuz, von dem zwei Arme nach vorn, zwei dagegen nach hinten gerichtet sind. Die radiäre Anordnung der Ektodermzellen erleidet aber schon im nächsten Stadium eine auffallende Störung. Die beiden Zellen c” und d” nehmen eine hellere Färbung an, sie wölben sich deutlich über die Oberfläche empor, und es treten zugleich damit in ihnen die Kern- spindeln auf. Die letzteren sind bereits in Fig. 11 sichtbar. Die Thei- lung erfolgt genau senkrecht zur Dorsoventralachse des Eies und liefert zwei Paare vollkommen gleich großer Zellen. Wir wollen die nach der Mitte zu liegenden Zellen eines jeden Paares als E resp. E’ bezeichnen, während die seitlichen ihren Namen d”’ resp. c”” beibehalten sollen. Zu einer Theilung der entsprechenden Zellen «” und b”’ kommt es nicht. Die neu gebildeten Zellen c” Ed” E’ besitzen eine sehr charakte- ristische Gestalt und Lage. Es sind relativ große Zellen mit hellem Plasma, die sich stets in dem stumpfen Winkel befinden, den die bei- den Urmesodermzellen mit den beiden daran stoßenden Makromeren A und € bilden. Auf wirklichen und optischen Durchschnitten sind sie daher sowohl in diesem, wie in den folgenden Stadien immer leicht zu erkennen. In Fig. 13 ist ihre Lage an einem optischen Schnitt zu er- sehen. Nach dieser gewissermaßen sprungweisen Vermehrung von 32 zu 3% Mikromeren nehmen die Theilungen in der Ektodermscheibe wieder ihren früheren regelmäßigen Verlauf. Es spielen sich mit anderen Worten die in einem Quadranten auftretenden Zelltheilungen alsbald auch an den entsprechenden Zellen der anderen drei Quadranten ab. Zunächst sind es die vier central gelegenen Zellen, welche sich zum zweiten Male theilen. Es schnüren sich von ihnen in dem ent- 417% 256 Richard Heymons, gegengesetzten Sinne der Uhrzeigerbewegung die Zellen a’, b’y c', d’, ab. Letztere schieben sich zwischen die durch die erste Theilung ge- bildeten Zellen a’, b’, ete. ein und drängen zugleich damit die kleinen Ektodermzellen «”,.; b”,., ete. vom Centrum des animalen Poles fort. Die Mitte der Ektodermscheibe bekommt dadurch eine außerordentlich regelmäßige Gestaltung. Sie besteht, wie Fig. 14 zeigt, aus 12 an- nähernd gleich großen Zellen, vier davon liegen im Mittelpunkt und werden von einem Kranz von acht Zellen umgeben, der von ihnen aus entstanden ist. Zu erwähnen ist, dass die zweite Theilung von a’ b’ c’ d’ nicht sel- ten schon beginnt, wenn noch ec” und d” in Theilung begriffen sind (vgl. Fig. 41). Sobald die 38 Mikromeren vollzählig ausgebildet sind, scheint eine kurze Pause einzutreten. Man bemerkt wenigstens, dass sich einmal sämmtliche Ektodermkerne im Ruhestadium befinden. Dagegen wird nun das Interesse durch Veränderungen gefesselt, welche am vegetativen Pole statthaben. In vielen Fällen ist es zuerst die Makromere C, welche in ähnlicher Weise, wie es vorhin die Zelle D that, eine dunklere Färbung annimmt und sich über das Niveau der übrigen Makromeren, nach der vegeta- tiven Seite hin, emporwölbt. Die Theilung führt zur Abtrennung einer ungefähr gleich großen, weiter dorsal befindlichen Zelle C’, während, wie eine Betrachtung des vegetativen Poles lehrt, die Zelle C anfäng- lich noch die Zellen B und D etwas überlagert. Unmittelbar darauf treten auch Kernspindeln in den Makromeren A und B auf. Dieser Fall wird durch die Fig. 15 veranschaulicht. In den meisten anderen Fällen dagegen findet die Theilung der drei Makromeren gleichzeitig statt. Stets ist aber mit der Theilung eine Verschiebung der neu gebildeten Zellen A’ B’ C’ verbunden, gerade wie bei der Mehrzahl der vorhin beschriebenen Ektodermtheilungen, und zwar erfolgt die Verschiebung im entgegengesetzten Sinne der Uhrzeigerbewegung, wenn wir wie früher das Ei vom animalen Pol aus betrachten. Es ist hervorzuheben, dass die Theilung der Makromere D, die zur Bildung der Urmesoderm- zelle führte, in ganz entsprechender Weise vor sich gegangen ist. Wir werden hiermit den ganzen Theilungsprocess so auffassen können, dass sich jetzt von den vier am vegetativen Pol befindlichen Zellen eine neue Generation von Zellen nach dem animalen Pol hin abgeschnürt hat. Nach dem Ablauf der letzten Theilungen liegen, wie sich aus Fig. 16 ergiebt, die aus den Makromeren hervorgegangenen Zellen in zwei Schichten über einander. Am vegetativen Pol befindet sich eine R Zur Entwieklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 957 Lage von vier Zellen, von denen zwei B und D unter Bildung einer Querfurche im Centrum zusammenstoßen, die beiden anderen C und A seitlich davon abgedrängt sind. Unmittelbar darüber liegt in ent- sprechender Lagerung eine Schicht von fünf Zellen A’ B’ C’, sowie die beiden, die Zelle D’ ersetzenden, Urmesodermzellen M M. Hiermit hat das Ei eine vollkommen bilateral-symmetrische Form angenommen. Die beiden Urmesodermzellen bezeichnen das Hinterende, die Zelle B’ das Vorderende desselben. Durch die Zelle A’ wird die linke, durch C’ die rechte Körperseite kenntlich gemacht. Das Ei ist dabei vom ani- malen nach dem vegetativen Pole hin abgeplattet und hat dadurch eine herzförmige Gestalt gewonnen. Wenn wir darauf wieder unsere Aufmerksamkeit den Ektoderm- zellen zuwenden (Fig. 14), so ergiebt sich die Anfangs überraschende Thatsache, dass das vorhin erwähnte Kreuz, welches von den Zellen a, 6", c”, d”, gebildet wird, nunmehr eine andere Lagerung aufweist. Im Gegensatz zu früher können wir jetzt einen vorderen, einen hinteren, einen rechten und linken Arm unterscheiden. Es muss somit eine Drehung desselben um 45 Grad stattgefunden haben. Diese Verschiebung hängt, wie sich Schritt für Schritt nachweisen lässt, lediglich mit der Theilung der drei Makromeren A B (C zusammen. Besonders bei einer gleichzeitigen Theilung der letzteren zeigt es sich sehr deutlich, dass mit der in schiefer (der Uhrzeigerbewegung ent- gegengesetzten) Richtung erfolgenden Abschnürung ihrer dorsalen Stücke A’ B’ C’ zugleich eine ganz allmähliche Bewegung der densel- ben aufgelagerten Ektodermscheibe Hand in Hand geht. Inzwischen sind abermals Kerntheilungsbilder in den Mikromeren aufgetreten, und zwar in den Zellen a”, D”, ec’, d”,. In Fig. 14 ist die Theilung von c”, und d”, schon vollendet, und es sind zwei neue Zellen c’,.g d”)., entstanden, die weiter nach dem vegetativen Pol vorgeschoben sind. Der Kern von b”, ist noch in Theilung begriffen und zeigt die senkrecht zur Dorsoventralachse des Eies gestellte Spindel. Der Kern von d”, ist vergrößert und bereitet sich gleichfalls zur Theilung vor. Annähernd zu derselben Zeit theilen sich auch die Zellen «” b” c” d”. Die Theilung geht in demselben Sinne wie die eben beschrie- bene vor sich, und es resultiren hieraus die Zellen «”; b”; ec”, d”, (Fig. 17). Hiermit erhöht sich die Zahl der Ektodermzellen auf 46. Erst während dieser Zeit kommt es zu einer Vermehrung der Mesoderm- zellen. Fast in allen Fällen sieht man zuerst in der linken und dann in der rechten Urmesodermzelle die Kernspindel auftreten. Die Längs- achse derselben verläuft schräg von hinten und ventral nach vorn und 258 Richard Heymons, dorsal. Es kommt hierauf zur Abtrennung zweier Mesodermzellen m m, welche weit kleiner, kaum !/, so groß wie die Urmesodermzellen sind. Sie liegen ungefähr im Centrum des Eies, nicht in derselben Ebene wie die Urmesodermzellen, sondern etwas mehr dem animalen Pol ge- nähert. Die rechte noch etwas höher wie die linke. Fig. 21 stellt einen optischen Querschnitt durch ein derartiges Stadium dar. Die nächsten Theilungen gehen wieder, wie man aus Fig. 17 er- sieht, bei den Mikromeren vor sich. Man trifft jetzt Kernspindeln in den Zellen «”’ und b” an, und auch die Kerne von d”’ E’ c”’ E bereiten sich bald darauf zur Theilung vor. Dieselbe ist in dem Stadium von Fig. 19 bereits beendet. Die Zellen a” und b”’ haben sich in etwas schiefer (der der Uhrzeigerbewegung entgegengesetzten) Richtung in a” a". und b” b”’, getheilt. Die Zellen a”, und b”’, sind bisweilen ein wenig kleiner. Das Ei hat jetzt eine kugelige Form angenommen und bietet bei der Betrachtung vom animalen Pol ein in auffallender Weise wieder durchaus regelmäßiges Ansehen dar. Die Arme des Kreuzes bestehen aus je vier Zellen (durch das Hin- zutreten von a’ «as etc. entstanden), zwischen denen immer je zwei verhältnismäßig große Zellen liegen. Berücksichtigt man aber auch die an der vegetativen Seite des Eies befindlichen Ektodermzellen, so er- giebt sich ein Plus von vier Zellen zu Gunsten der hinteren Eihälfte. Es sind dies die durch die zuletzt erwähnte Theilung entstandenen Zellen c”, E, d”, E’,. Sie sind außerordentlich klein, fallen aber durch ihre dunklen Kerne sowie ihre symmetrische Lagerung leicht in die Augen (Fig. 18). Von der nächsten Theilung werden die Zellen a’, b’, c', d’, be- troffen. Die Kernspindeln sind in Fig. 19 noch bei a’, und b’, sichtbar. Die Theilung erfolgt in der Uhrzeigerrichtung und es werden vier neue Zellen gebildet: a. b’ı-ı Ch. din Es besteht jetzt somit die Ektodermscheibe aus 56 Zellen. Die Theilungen der Mikromeren sind bisher — wenn wir von dem Auftreten der beiden Zellen E E’ absehen — ganz regelmäßig erfolgt, indem ihre Zahl sich immer von je vier zu vier erhöht hat. Nunmehr tritt eine weitere Störung auf. Es theilen sich die beiden Zellen «”, und b”, durch eine Meridionalfurche, d.h. senkrecht zur Vertikalachse in je zwei gleiche Hälften, ohne dass an den beiden entsprechenden Zellen dc”, und d”’, derselbe Vorgang stattfände. Es besitzt hiernach die hintere Partie des Eies wieder nur ein Mehr von zwei Ektodermzellen. Die nächsten Theilungen spielen sich wieder ganz regelmäßig, und Zur Entwieklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 259 zwar in den Zellen «', b’y c’y d’, ab. Dieselben geben in der Be der Uhrzeigerbewegung vier auffallend kleinen Zellen «/., b’g.4 Ca. d’a- den Ursprung (Fig. 20). Ferner theilen sich die Zellen a”, b”, c”, d”, annähernd senkrecht zur Vertikalachse in je zwei gleich große Zellen. Es entstehen hier- durch die Zellen «a”,.z b”.3 1.3 d”).3. Gleichzeitig damit schnürt sich von den Zellen «";., b”.2 €’j.g d’}.„2 in der Uhrzeigerrichtung je eine kleinere Zelle ab: a”... 61.2.1 C1-2.1 W132. (Fig. 20). Endlich geht noch der entsprechende Process bei den Zellen a’ a, etc. vor sich, wodurch wiederum acht neue Ektodermzellen ge- bildet werden. | Die Gesammtzahl der Ektodermzellen erhöht sich damit auf 78. Hierzu kommen noch sieben Makromeren resp. ihre Derivate und sechs Mesodermzellen, so dass das Ei in diesem Stadium im Ganzen 91 Zellen besitzt. Von nun an wird es außerordentlich schwierig, die weiteren Thei- lungen der Ektodermzellen genau zu verfolgen. Es hat dies seinen Grund einmal in der schon vorhin erwähnten kugelförmigen Gestalt, die das Ei angenommen, wodurch die Übersicht wesentlich erschwert wird, sowie ferner darin, dass die Niveaudifferenzen zwischen den Ektodermzellen verschwinden und dass die kreuzförmige Anordnung der Zellen durch die letzten Theilungen verloren gegangen ist. Schließ- lich beginnen jetzt immer mehrere Theilungen auf einmal einzutreten, die, ehe sie sich in allen Quadranten abgespielt haben, bereits wieder durch neue überholt werden. in Mit Sicherheit habe ich noch die Theilung der vier central ge- legenen Zellen a’ b’ c’ d’ beobachten können. Sie geben nach der Mitte des animalen Poles sehr viel kleinere Zellen ab. Letztere haben in ihrer Anordnung eine ganz auffallende Ähnlichkeit mit den vier Zellen der »apical rosette« von Nereis, welche Wırson (48) beschrieben hat, und die gleichfalls durch die dritte Theilung der vier Mikromeren der ersten Generation gebildet werden. | Ferner habe ich noch Theilungen der Zellen «a”,., ete., sowie der Zellen a’, etc. beobachtet, ihren genaueren Verlauf aber nicht mehr verfolgt. Bereits früher, ungefähr in dem Stadium von 60 Mikromeren, ist die zweite Theilung der Urmesodermzellen vor sich gegangen. Die- selben theilen sich wieder in der Richtung von vorn nach hinten und zerfallen dieses Mal in zwei annähernd gleiche Stücke. Stets sind aber die vorderen M M noch etwas größer wie die hinteren M’ M’, so dass die ersteren als Urmesodermzellen im engeren Sinne zu bezeichnen 260 Richard Heymons, sind (Fig. 22). Bald beginnt eine interessante Lagerungsverschiebung einzutreten. Es rücken nämlich die hinteren Zellen weiter nach dem animalen Pol hin und legen sich vollkommen auf die vorderen auf. Wir treffen jetzt somit am Hinterende vier große Mesodermzellen an, zwei dorsale und zwei ventrale. Vor ihnen und in derselben Höhe wie die ersteren liegen die durch die erste Theilung gebildeten Mesoderm- zellen m m. Nicht lange darauf theilen sich die beiden Urmesoderm- zellen wieder. Es schnüren sich dieses Mal von ihnen zwei sehr kleine Mesodermzellen m’ m’ ab, welche noch nicht einmal die Größe der zu- erst gebildeten Zellen m m haben, an welche sie sich hinten anlegen. Die nächste Theilung geht auch wieder bei den beiden Urmesoderm- zellen M M vor sich. Es entstehen dadurch zwei weitere kleine Meso- dermzellen m” m”, die sich seitlich an die vorhin gebildeten Zellen an- schließen. In Fig. 23 ist die Zelle m” der linken Seite gerade in Bildung begriffen. In einzelnen Fällen habe ich beobachtet, dass die zuletzt erwähnten Zellen von M’M’ geliefert werden. Dasselbe gilt von der nächsten Generation kleiner Mesodermzellen, die sowohl von den Urmesoderm- zellen, wie von den Zellen M’ M’ gebildet werden kann. Diese im Inneren des Eies sich abspielenden Vorgänge lassen sich selbstverständlich nicht am lebenden Objekt studiren, und es ist daher schwer, ihre Aufeinanderfolge genau festzustellen, doch halte ich es für wahrscheinlich, dass die Zellen M’ M’ nur eine, die Urmesoderm- zellen dagegen die übrigen Generationen von kleinen Mesodermzellen nach dem Centrum des Eies hin abgeben. Inzwischen fallen die Veränderungen ins Auge, welche die bei der letzten Theilung aus den Makromeren hervorgegangenen Zellen betreffen. Es zerfällt zunächst die Zelle Din zwei gleiche hinter einander ge- legene Stücke D und D”. Dasselbe geschieht mit der Zelle €, welche in C und 0” sich theilt, und schließlich wird von B und A je eine größere vordere Zelle B” und A” abgetrennt. Wie schon durch die Benennung der Zellen ausgedrückt ist, müssen wir diese Theilungen als die Bildung einer abermaligen (der fünften) Generation von Zellen ansehen, welche die vier im Gentrum des vegetativen Poles gelegenen Zellen (Makromeren) ABOD |iefern. An Fig. 27 erkennt man, dass diese letzteren ihre charakteristische An- ordnung auch jetzt noch beibehalten haben, indem sogar noch die » Querfurche« erkennbar ist. Diese fünfte Theilung der Zellen ABCD ist in anderer Weise vor sich gegangen, als wie die vier früheren Theilungen. Bei den letzteren erfolgte die Abschnürung der zu bildenden Zeilen in schiefer Richtung, Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 261 so dass es zu einer Verschiebung der neu entstandenen Zellen kanı. Dieses Mal liegen jedoch die Kernspindeln in den Zellen ABOD parallel zur zweiten Furche, welche A und B, sowie C und D trennt, mithin parallel zur späteren Medianebene, so dass jetzt eine Abschnürung nach vorn und hinten vor sich geht. Es lässt sich daher diese fünfte Theilung als eine bilateral-symmetrische bezeichnen. Hierauf verschieben sich alle aus den beiden letzten Theilungen von den Makromeren abstammenden Zellen, mit Ausnahme der Ab- kömmlinge der Zelle M, in der Weise, dass sie sämmtlich annähernd in eine Ebene zu liegen kommen. Wir haben jetzt somit, wie an Fig. 27 ersichtlich ist, sechs kleinere in der Mitte des vegetativen Poles be- findliche Zellen, die rechts, links und vorn von großen dotterreicheren Zellen umgeben werden. Die sechs centralen Zellen ABCDE"D", welche sich auch durch ihr helleres Plasma und ihre weit kleineren Kerne leicht erkennen lassen, wollen wir als die sechs primären Darm- zellen bezeichnen. Die Ektodermkappe rückt nun immer weiter nach der vegetativen Seite hinüber und beginnt bereits, wie Fig. 27 zeigt, die hinteren der primären Darmzellen zu überdecken. Die beiden großen Ektoderm- zellen E E' sind bei der Ansicht vom vegetativen Pol kaum noch zu er- kennen, weil sie sich mehr an der Seite des Eies befinden. Dagegen fallen jetzt am Hinterende desselben zwei große mit hellen Kernen versehene Ektodermzellen aa auf. Es sind dies die späteren Analzellen, die schon seit längerer Zeit bekannt sind, und auf deren Lage und Beziehung zum Blastoporus besonders BrLocnmanN hingewiesen hat. In diesem Stadium ziehen die Vorgänge, die an den Mesoderm- zellen stattfinden, wieder die Aufmerksamkeit auf sich. Sobald acht kleine, central gelegene Mesodermzellen gebildet sind, beginnen die vier großen Mesodermzellen sich neben einander zu legen. Dies geht dadurch vor sich, dass die Zellen M M nach der Dorsalseite des Eies verschoben werden, während gleichzeitig die Zellen 4’ M’ weiter late- ralwärts rücken und sich den ersteren anlegen. Die kleinen Meso- dermzellen rücken bei diesem Vorgang viel weiter nach hinten. Das Mesoderm hat dann etwa die Gestalt eines Hufeisens (s. Fig. 24), dessen Schenkel von den vier großen Zellen gebildet werden, und an dessen Grund sich die Gruppe der kleinen Zellen befindet. Unter diesen fallen die zuerst gebildeten Zellen m m sowohl durch ihre Größe, wie durch ihre centrale Lage auf. Bald darauf theilen sich die beiden Urmesodermzellen und liefern je eine weitere Mesodermzelle M”, die hinsichtlich ihrer Größe zwischen 262 Richard Heymons, den Zellen M und 3’ die Mitte hält und sich zwischen und über beide lagert (s. Fig. 25, bei welcher bereits wieder neue Kernspindeln in M und NM’ der rechten Seite sichtbar sind). Währenddessen wird das Interesse durch eine Anzahl anderer Entwicklungsvorgänge in Anspruch genommen. Dieselben betreffen zunächst die äußere Form des Eies, das wieder eine herzähnliche Ge- stalt anzunehmen beginnt. Es kommt dieselbe dadurch zu Stande, dass sich das Vorderende schärfer absetzt und sich zugleich etwas dorsal- wärts vorwölbt. Ferner treten am Hinterende zwei Ausbauchungen hervor. Hieran sind lebhafte Wucherungsprocesse im Ektoderm betheiligt. Dieselben schließen sich im Wesentlichen an die neuerdings auch von Coxkuin (7) beschriebenen Erscheinungen an. Im hinteren Theile des Ektodermfeldes beginnen die Zellen sich mehrfach zu theilen und nach vorn fortzuschieben, während gleichzeitig das durch die Richtungskörper gekennzeichnete Gentrum des animalen Poles allmählich an das Vorder- ende gelangt. Nur der hinterste Theil des Ektodermfeldes nimmt an dieser Verschiebung keinen Antheil, sondern wuchert weiter nach hinten, d. h. nach dem vegetativen Pol hin. Die beiden Urmesoderm- zellen werden dadurch gewissermaßen vom Ektoderm entblößt, oder doch nur von sehr wenigen plattenförmig ausgebreiteten Ektoderm- zellen an ihrer dorsalen Fläche bedeckt. Letztere stellen damit die Grenze zwischen der nach vorn und der nach hinten wachsenden Par- tie des Ektoderms dar. Unmittelbar vor ihnen macht sich später, wenn die eben geschilderten Vorgänge beendet sind, wieder eine starke Vermehrung und Anhäufung von Ektodermzellen bemerkbar, die sich später in das Innere einsenken und die Anlage der Schalendrüse bilden. Die Verschiebung des CGentrums der Ektodermscheibe an das spätere Vorderende und die Anlage der Schalendrüse sind bereits von BrLocnmann (2,3) bei Neritina resp. Aplysia erwähnt und durch Figuren erläutert worden, so dass ich hier einfach auf dieselben verweisen kann. Die Zellen E E’ verließen wir früher in dem Stadium, wo das Ei noch aus verhältnismäßig wenigen Zellen bestand. Auch später noch waren sie durch ihre bestimmte Lage und verhältnismäßige Größe leicht aufzufinden ‚vgl. Fig. 22—28). Aus diesem Grunde konnten auch ihre weiteren Schicksale festgestellt werden. In einem Stadium, in welchem etwa acht Mesodermzellen gebildet sind, treten in ihnen und in den ihnen benachbarten Zellen c’” d” Kernspindeln auf. Die Thei- lung geht in demselben Sinne vor sich wie die erste. Die vier neuent- standenen Zellen sind nur wenig größer, als die zum ersten Mal abge- Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam, 263 schnürten. Sie werden gleichfalls nach dem vegetativen Pol hin abgegeben und schieben sich zwischen die Zellen c’”’, E, d'”, E’, und ihre bezüglichen Muiterzellen ein. Kurz darauf bereiten sich die Zellen zum dritten Male zur Theilung vor. Die Durchschnürung erfolgt senk- recht zur Dorsoventralachse. Die Zellen E E’ geben je eine kleinere Zelle nach der Medianlinie ab. Die Zellen c”’ d”’ zerfallen in ungefähr gleiche Theile. Nunmehr beginnen die Zellen E E’ sich etwas zu vergrößern. Ihr Kern erreicht gleichfalls einen beträchtlicheren Umfang und nimmt eine etwas hellere Färbung an, so dass die Zellen nun noch deutlicher hervortreten. Bei den Zellen c” @” findet dies nicht statt. Während der oben geschilderten im Ektoderm vor sich gehenden Wachsthums- processe gelangen die Zellen E E’ etwas weiter nach der Dorsalseite, und zwar liegen sie dort an den beiden vorhin erwähnten Ausbau- chungen am Hinterende des Eies. Nachdem die vegetative Seite vom Ektoderm bis an die sechs pri- mären Darmzellen hin überwachsen ist, beginnen die letzteren in das Innere des Eies einzudringen, wodurch es zur Anlage des Urdarmes kommt. Der Invaginationsprocess fängt bei der Zelle D an, welche durch ihre dunklere Färbung und ihren kleinen Kern (Fig. 27) sich von den übrigen unterscheidet. Die Zelle D” nimmt zugleich damit das hinterste Ende des ganzen Entodermfeldes ein. Bald darauf beginnt auch sie zwischen die beiden großen Zellen ©’ und A’ sich einzusenken, bleibt dort aber noch längere Zeit hindurch sichtbar. Während dessen ist eine Theilung der beiden Zellen 0’ und A’ er- folgt. Die Lage der Kernspindel von (’ zeigt Fig. 27. Sie geben nach vorn zwei Zellen 4’, und C’, ab, die etwa die Größe von A” und B” haben, an die sie sich unmittelbar hinten anschließen (Fig. 28a). Die Zelle B’ rückt bald darauf nach der Dorsalseite hin, Ihre Lage wird durch eine am Vorderende des Eies dorsalwärts gerichtete, zipfel- förmige Ausbauchung gekennzeichnet, die von großen hellen Ektoderm- zellen bekleidet ist. Das Ei beginnt damit die sehr charakteristische und eigenartige Form des Gastrulastadiums anzunehmen, die wir in Fig. 285 dann völlig ausgeprägt sehen. Die Invagination des Entoderms macht jetzt rasche Fortschritte, auch die anderen primären Darmzellen senken sich bald in das Innere ein, und zwar verschwinden von den sechs Zellen zuerst die beiden mittleren, dann die vorderen und zuletzt die hinteren, so dass die Zelle D” noch am längsten vom vegetativen Pole aus sichtbar bleibt, bis auch sie zwischen den beiden nach der Medianlinie auf einander hin- rückenden Zellen 0’ und A’ verschwindet. 264 Richard Heymons, Der Blastoporus bildet während dieser Übergangszeit einen Spalt, der vorn am tiefsten ist und hinten in eine seichte Grube ausläuft, die zwischen den beiden hinteren Vorwölbungen allmählich verstreicht. Er erstreckt sich somit von der Mitte bis zum Hinterende der Ventral- fläche (Fig. 28 a). Es ist hervorzuheben, dass sich an der Invagination des Ento- derms nur die sechs mittleren, von mir als »primäre Darmzellen« be- zeichneten Zellen betheiligen. Aus ihnen besteht anfänglich der ganze Urdarm, der zunächst nur eine flache Vertiefung darstellt. Erst wenn die primären Zellen noch weiter nach der Dorsalseite rücken, nehmen auch die anderen Entodermzellen an der Bildung des Urdarmes An- theil. Diese letzteren Zellen stehen sowohl durch ihre Größe, wie durch ihren Dotterreichthum im Gegensatz zu den primären Darm- zellen, und ich will sie, weil sie von den primären Zellen ABCD ab- stammen, von jetzt an als »sekundäre Darmzellen« bezeichnen!. Während sich der Urdarm in das Innere des Eies einsenkt, voll- zieht sich die völlige Umwachsung des letzteren von Seiten der Ekto- dermzellen, die dann bis zum Rande des Blastoporus reichen. Dieser gewinnt damit eine scharfe Umgrenzung und bekommt eine ungefähr lanzettförmige Gestalt (Fig. 28). Der Gastrulationsprocess von Umbrella ist also, wie bei einer Anzahl anderer Gasteropoden, ein Mittelding zwischen dem epibolischen und dem Invaginations-Typus. Zugleich mit der Einstülpung des Entoderms gelangt ein Theil der kleinen Mesodermzellen nach hinten. Ihre nunmehrige Lage zeigt eın Frontalschnitt durch das Ei (Fig. 26). Man sieht, dass das Mesoderm sich rechts und links weiter nach vorn erstreckt. Die Urmesoderm- zellen und die Zellen M’ M’ haben sich jetzt in je zwei ungefähr gleich große Zellen getheilt. Die Zellen M” M” sind in eine Anzahl kleinerer Zellen zerfallen, und auch die übrigen Mesodermzellen sind in lebhafter Vermehrung begriffen. Nur die zuerst gelieferten Zellen m m sind noch ungetheilt und schon etwas nach hinten geschoben. Noch weiter fort- geschritten ist dieser Process in Fig. 29, welche einen stärker ver- größerten Frontalschnitt durch die hintere Region darstellt. Die beiden Zellen m m beginnen jetzt die beiden Urmesodermzellen seitlich aus einander zu schieben. Auf sie folgen noch zwei weitere kleine Meso- ! Die sehr ähnlich lautenden Ausdrücke primäres und sekundäres Entoderm sind bereits von SALENsky (39, 40), aber gerade im entgegengesetzten Sinne wie hier, angewendet worden. Ich möchte sie schon um desswillen nicht für empfeh- lenswerth halten, weil die Bezeichnung primäres und sekundäres Entoderm be- reits in anderer Bedeutung (= Entoderm vor und nach der Abtrennung des Meso- derms) gebräuchlich ist, Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 265 dermzellen, die bis an das Ektoderm reichen und sich gerade an die Analzellen anschließen. Die beiden aus einander gewichenen Urmeso- dermzellen liegen in den oben erwähnten beiden Vorsprüngen am Hinterende des Eies. Es ist nöthig, an dieser Stelle noch einmal kurz auf die Analzellen zurückzukommen. Es ist mir gelungen, dieselben bei Umbrella bereits in einem Stadium aufzufinden, in welchem die beiden primären Darm- zellen C und D noch ungetheilt sind. Sie reichen dann nicht unmittel- bar bis an das Entoderm heran, sondern sind durch eine Reihe von Ektodermzellen davon getrennt. Letztere bedecken, wie oben erwähnt wurde, später die hintere Partie des Entodermfeldes (vgl. Fig. 27, 28 a), so dass die Analzellen von nun an thatsächlich mit dem hintersten Ab- schnitt des Entoderms in Berührung stehen. Diese Lage behalten sie bei, auch wenn die Darmzellen sich einzusenken beginnen. Anderer- seits legen sich nun aber auch, wie Fig. 29 zeigt, kleine Mesoderm- zellen an ihre Innenfläche an. Es kennzeichnen jetzt somit die Analzellen gerade die kritische Stelle des hinteren Blastoporusrandes, an welchem die drei Keimblätter an einander stoßen. Die Beziehung der Analzellen zum Blastoporus wird besonders durch das in Fig. 28a abgebildete Gastrulastadium veranschaulicht. Die Analzellen (a a) befinden sich an dem hintersten Ende des Gastrula- mundes, dort wo derselbe als eine seichte Furche allmählich verstreicht. Zwischen den Analzellen und den sich einsenkenden primären Darm- zellen liegen noch zwei kleine Ektodermzellen, welche den hintersten Theil der Zelle D” überdecken. Bei dem in Fig. 285 dargestellten etwas älteren Gastrulastadium haben sich allerdings die Analzellen scheinbar vom Blastoporus ent- fernt, doch hängt dies nur mit dem allmählichen Schlusse desselben zusammen, welcher von hinten nach vorn erfolgt. Die Analzellen und zugleich damit der hintere Theil des Entoderms bleiben unverändert am Hinterende des Eies liegen, während der letzte Rest des Blasto- porus in der Nähe des Vorderendes an der Ventralseite zum Ver- schluss gelangt. | II. Die Keimblätterbildung bei anderen Gasteropoden !. Die ersten Furchungsstadien sind bei den Gasteropodeneiern bereits seit längerer Zeit bekannt und besonders von Sars (42), NorD- ! Ich beabsichtige in dieser Übersicht keine vollständige Zusammenstellung sämmtlicher hierher gehöriger Arbeiten zu geben, sondern verweise in dieser Be- ziehung auf das Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte von Kor- SCHELT und HEIDER, III, Theil, 4893, sowie bezüglich der Mesodermfrage auch auf Specialarbeiten, insbesondere die v. ErLANGER'S (8, 40). 266 Richard Heymons, MANN (34), Fr. Mürzer (29) u. A. beschrieben worden. Man wusste, dass das Ei durch zwei nach einander auftretende und senkrecht zu einander stehende Furchen in vier Theilstücke zerfällt, und dass durch eine folgende äquatoriale Furche vier kleinere Zellen sich von den größeren abtrennen. Der weitere Verlauf der Theilungen wurde dagegen nicht untersucht. Hierüber haben die Untersuchungen von Warneck (47) den ersten Aufschluss gegeben, der schon beobachtete, dass die Dotterkugeln, d. h. die Furchungszellen sich nur bis zum vierzelligen Stadium in geome- trischer Progression vermehren, während später ihre Zahl in arıthme- tischer Progression zunimmt. Sehr eingehend sind die Mittheilungen von For (13—15), die derselbe über die Entwicklung der Pteropoden, Heteropoden und Pulmonaten macht. Er beschreibt, dass sich bei diesen Gruppen in übereinstimmender Weise von den vier Makromeren nach einander drei Generationen von Mikromeren ablösen, die das Ektoderm des zu- künftigen Embryo bilden. Allerdings behauptet er, dass ihre Zahl dann noch durch Abgabe weiterer Zellen seitens der Makromeren zunehmen solle. In den letzteren erkannte er bereits den Entodermantheil des Eies und hat auch ihre ersten Theilungen richtig beschrieben. Unabhängig hiervon gelangte Bosrerzey (4) zu denselben Resul- taten an Prosobranchiern und machte uns noch zugleich mit einigen interessanten, durch die große Menge des Nahrungsdotters verursach- ten, Abweichungen des Furchungsprocesses bekannt. Allein durch die genannten Untersuchungen war die Bildung der Keimblätter und speciell die des mittleren doch noch nicht völlig sicher gestellt. Die älteren Autoren haben über diesen Punkt keine Angaben gemacht, und auch For konnte über den Ursprung des Mesoderms nicht ganz ins Klare kommen, glaubte aber, ähnlich wie dies SıLenskY (38) für Calyptraea that, dasselbe vom Ektoderm herleiten zu müssen. BoBrETzKY führt das Mesoderm bei Nassa auf einige große, am Keimscheibenrande befindliche Zellen zurück und giebt für Fusus gleichfalls dessen Entstehung vom Ektoderm, oder doch vom Blastoderm- rande an. Nach Worrson (50) stammt das Mesoderm bei Lymnaeus von den Makromeren. Bürscati (5) konnte diese Frage bei Paludina nicht mit Sicherheit entscheiden, während Sarasın (41) für Bythinia wieder für die Ableitung vom Ektoderm aus eintritt. Der Furchungsverlauf ist darauf von Ragı (34) und BrocHmann (2) in sehr gründlicher und eingehender Weise untersucht worden. Hinsichtlich der Mesodermfrage kamen dieselben zu tibereinstimmenden Resultaten. An Planorbis stellte Rası fest, dass die vier Makromeren drei Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella medite rranea Lam. 267 Generationen von Mikromeren entstehen lassen, und dass das gesammte Ektoderm nur aus diesen 12 Mikromeren hervorgeht. Die Makromeren enthalten daher nach Ahgabe der letzteren nur noch Entoderm- und Mesodermbestandtheile. Das Mesoderm ist jedoch lediglich in der hin- teren der vier Makromeren enthalten, welche sich im 24zelligen Stadium in zwei ungleiche Hälften theilt, von denen die eine die Urzelle des Mesoderms darstellt. Diese Angaben fanden durch die Untersuchungen von BLOcHMANN an Neritina ihre Bestätigung. Auch hier ist die hintere Makromere als Entomesodermzelle aufzufassen, durch die Theilung zerfällt dieselbe in ein entodermales und ein mesodermales Stück, aus welchem letzteren die Urmesodermzellen hervorgehen. Pırten (33) beschreibt in seiner Arbeit über die Entwicklung von Patella einige Furchungsstadien dieser Form. Das Mesoderm tritt hier sehr spät, erst nach Anlage des Velums auf und wird von ihm auf das Entoderm zurückgeführt. Auch bei Chiton stammt nach KowaL£vsky (20) das Mesoderm von einigen Entodermzellen, die sich symmetrisch rechts und links zu den Seiten des Blastoporus befinden. Nach Sırznskv (39) ist bei Vermetus die Anlage des Mesoderms bilateral. Es finden sich zwei Mesodermstreifen, die durch Abspaltung vom Ektoderm ge- bildet werden. Außerdem giebt es noch eine unpaare Anlage (m&so- derme pericardique), die aber auch höchst wahrscheinlich vom Ekto- derm aus entsteht. Mit einer sehr abweichenden Bildung des Mesoderms machte uns sodann v. ERLANGER (8) bekannt. Nach seinen Beobachtungen tritt bei Paludina dasselbe gleichfalls sehr spät auf, und zwar soll es hier in höchst bemerkenswerther Weise in Form eines umfangreichen Diver- tikels an der Ventralseite des Urdarmes entstehen. Letzteres schnürt sich dann völlig vom Entoderm ab, gelangt in die Furchungshöhle und löst sich später in die charakteristischen Spindelzellen auf. Bei Bythinia (9, 10) konnte dagegen v. ERLANGER wieder zwei typische Urmesodermzellen auffinden und schließt sich hiermit an die Ergebnisse von Brocnmann und Rısı an. Denselben Bildungsmodus des Mesoderms hat neuerdings auch Conkuin '6, 7) für Crepidula festgestellt. Auch bei einem Pteropoden (Glione limacina) sind Urzellen des Mesoderms von Knıpowrisch (18) beschrieben worden. Nur findet sich hier in so fern ein abweichendes Verhalten, als die Urmesodermzellen direkt durch Theilung einer Makromere in zwei Hälften gebildet wer- den sollen, so dass die letztere hiernach anscheinend nu: Ektoderm- und Mesodermbestandtheile enthalten würde. Wie aus dieser Übersicht hervorgeht, sind die Angaben, welche 268 Richard Heymons, bisher über die Mesodermbildung bei Prosobranchiern und Pulmonaten, sowie den nahestehenden Heteropoden und Pteropoden gemacht wor- den sind, zum großen Theil sich einander widersprechende. Das mittlere Keimblatt soll sich bald aus dem Ektoderm, bald aus dem Ento- derm entwickeln, es soll seinen Ursprung aus einem Urdarmdivertikel nehmen, und in anderen Fällen sich auf zwei Urzellen zurückführen lassen, die dann wieder entweder direkt durch Theilung einer Makro- mere entstehen, oder erst durch Theilung einer von ihr abgeschnürten Zelle gebildet werden. Noch weit weniger ist der Ursprung des Mesoderms bei den Opisthobranchiern sichergestellt, welche Gruppe ich bisher unberück- sichtigt gelassen habe. Dies mag seinen hauptsächlichen Grund wohl darin haben, dass die Furchung derselben erst sehr wenig studirt wor- den ist. Die älteren Arbeiten, welche von van BENEDEN (4), NORDMAnN (31), Sırs (42), LAngerHans (23) u. A. über die Entwicklung der Opistho- branchier gemacht wurden, sind zum Theil noch unvollkommen, zum Theil entwerfen sie ein durch den damaligen Stand der Wissenschaft hedingtes unrichtiges Bild vom Furchungsprocess. Eingehender sind die im Jahre 1882 veröffentlichten Beobachtungen von MAnFrEDI (26) über die Entwicklung von Aplysia. Er beschreibt, dass das Ei durch die erste Theilung in eine kleinere animale und eine größere vegeta- tive Furchungskugel zerlegt würde, die durch die nächste, senkrecht zur ersten stehende Furche in zwei Hälften zerfallen. Die zwei anima- len Blastomeren theilen sich darauf in vier und stellen, nachdem sich durch eine Art Delaminationsprocess von ihnen vier Mesodermzellen abgetrennt haben, das Ektoderm dar. Die beiden großen Furchungs- kugeln bilden das Entoderm, das später vom Ektoderm umwachsen wird. Doch soll sich der Blastoporus am aboralen Pol schließen. Es folgten hierauf die, leider etwas fragmentarischen, Angaben von TrıncHzse (45) über die Entwicklung der Aeolidien. Die »Morula« besteht nach ihm aus gleich großen Zellen, nur an ihrem vegetativen Pol zeigen sich zwei Zellen von etwas größerem Durchmesser. Später, wenn sich der Urdarm eingestülpt hat, finden sich zwischen Ektoderm und Entoderm zwei Urmesodermzellen, deren Ursprung nicht festge- stellt werden konnte, wenngleich ihre Beziehung zu den vorhin er- wähnten großen Zellen als wahrscheinlich gilt. Bald darauf studirte BLochmann (3) die Entwicklung der Aplysia lima- cina. Seine genaue Schilderung der ersten Furchungsstadien dieser Form ist zugleich die einzige gründliche, die wir von den Opisthobranchiern überhaupt besitzen. So sorgfältignun aber auch BLocamann die Entwick- ° VE a. a e Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam, 269 lung verfolgte, so gelang es ihm nicht, die beiden, von ihm bei einem Prosobranchier beobachteten, Urzellen des Mesoderms. aufzufinden. Der Ursprung des mittleren Keimblattes, das erst auf späten Sta- dien, nach Anlage des Fußes, deutlich erkennbar war, musste demnach für Aplysia unklar bleiben. Auch Ruo (37), der die Entwicklung von Chromodoris elegans wenigstens in ihren allgemeinsten Grundzügen dargestellt hat, ist es nicht gelungen, diesen Punkt sicher zu stellen. Das Mesoderm wurde von ihm erst auf einem verhältnismäßig späten Stadium, nach dem Auftreten des Velums, der Schalendrüseneinstülpung und des Fußes gesehen. Es soll hier aus einer Reihe von vier Zellen bestehen, die rechts und links zu den Seiten des Urdarmes sich befinden. Da sie dieselbe Färbung wie die Entodermzellen besitzen, so erscheint ihr Ursprung von denselben als wahrscheinlich, obwohl Ruo hervorhebt, dass er einen solchen Ursprung nicht nachweisen konnte. In neuester Zeit hat endlich noch Mazzarerui (27) sehr interessante Angaben über das erste Auftreten des Mesoderms bei Aplysia gemacht. Dasselbe zeigt sich gleichfalls erst nach dem Schluss des Blastoporus. Am oralen und aboralen Pol, dort wo noch die Verbindung des Ur- darmes mit dem Ektoderm geblieben ist, vergrößern sich je zwei Ento- dermzellen. Sobald alsdann die Einsenkung des Ektoderms, welche zur Anlage der Schalendrüse führt, sowie die Bildung des Stomodäums erfolgt ist, gelangen diese vier Zellen in die Furchungshöhle, Es sind die Urmesodermzellen‘, die auffallenderweise in Vierzahl vorhanden sind und zu je zwei und zwei an den einander gegenüberliegenden Polen des Embryo sich befinden. Ziehen wir nun nach dieser Übersicht auch die oben geschilderte Furchung von Umbrella zum Vergleich heran, so ergiebt sich, dass die letztere in ihren Grundzügen mit der der bisher genauer studirten Formen übereinstimmt. Die Bildung von drei Generationen von Mikromeren, die weitere Vermehrung derselben bis zum 24zelligen Stadium, vor Allem aber die darauf folgende Theilung einer Makromere, und die damit verbundene Entstehung des Mesoderms, schließen sich, wenn sie auch bisher noch nicht für Opisthobranchier bekannt waren, so doch im Wesentlichen an die gleichen Vorgänge bei Planorbis, Neritina und Grepidula an, d. h. an die drei einzigen bis jetzt in Bezug auf ihre Furchung genau untersuchten Gasteropoden. Im Einzelnen ergeben sich freilich einige Differenzen mit Neritina (über Crepidula liegen vorläufig erst kurze Mittheilungen vor). Für Zeitschrift f, wissensch, Zoologie, LVI, Da. 48 2370 Richard Heymons, einen der wichtigsten Unterschiede möchte ich den halten, dass bei Umbrella die erste Theilung der zweiten Generation von Mikromeren im Sinne der Uhrzeigerbewegung, hei Neritina im entgegengesetzten erfolgt. Hierdurch kommt es, dass das früher erwähnte sogenannte Kreuz von Ektodermzellen, auf welches neuerdings auch ConkLın Werth gelegt hat, bei Neritina sogleich seine normale Lage besitzt, indem seine Arme nach vorn, hinten, rechts und links gerichtet sind, während bei Umbrella diese Lage erst viel später durch eine Drehung um 45° erreicht wird. Auch bei’ Planorbis findet die entsprechende Theilung, wie bei Neritina, in dem der Uhrzeigerbewegung entgegengesetzten Sinne statt. Die Vermehrung der Mikromeren ist von Rısr jedoch nur bis zum 25zelligen Stadium verfolgt worden, so dass der weitere Entwicklungs- verlauf noch unbekannt ist. | Die etwas abweichende Aufeinanderfolge der einzelnen Theilungen bei Umbrella im Gegensatz zu Planorbis und Neritina halte ich nicht für wesentlich. Wir haben ja oben gesehen, dass sogar bei einer und derselben Form in dieser Hinsicht Unterschiede sich zeigen können. Die Theilungen der vier zuerst gebildeten Furchungszellen ABCD sind, so weit ich sie verfolgen konnte, bei Umbrella durchaus regel- mäßig verlaufen. Bei den ersten drei Theilungen geben dieselben 12 kleineren Zellen den Ursprung, die wir desshalb als Mikromeren be- zeichnet haben, und die die Anlage des Ektoderms repräsentiren. Bei der vierten Theilung entstehen vier sehr viel größere Zellen: die drei sekundären Darmzellen A’ B’ C’ und die Urzelle des Mesoderms D’ oder M. Auch bei der fünften Theilung entstehen wieder vier größere Zellen, die als Entodermzellen aufzufassen sind. Von Interesse erscheint es mir, dass die Urzelle des Mesoderms gewissermahen eine der sekundären Darmzellen ersetzt. Die hier vorgetragene Auffassung, nach welcher die Urzelle des Mesoderms mit anderen (sekundären Darm-)Zellen zusammen in Form einer vierten Zellgeneration von den Makromeren nach dem animalen Pol hin abgeschnürt wird, weicht von der früheren bei Gasteropoden üblichen Anschauung ab. Bisher hatte man bei der Bildung der Ur- mesodermzellen einfach von der Theilung einer der Makromeren, oder einer von ihr herrührenden Zelle gesprochen. Nach Conkuin (7) sollen dagegen die primären Darmzellen (endoderm cells) in Ursprung und Lage den beiden Urmesodermzellen entsprechen, eine Ansicht, die ich für Umbrella entschieden zurückweisen muss. Zu bemerken ist das regelmäßige Alterniren der Richtung, in welcher die einzelnen Zellgenerationen von den vier Makromeren sich abtrennen. Die erste und dritte Generation ‘werden in der Richtung Zur Eutwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 271 der Uhrzeigerbewegung, die zweite und vierte in der entgegengesetz- ten abgeschnürt. Erst die fünfte Theilung weicht von diesem Typus ab, indem sie eine rein bilateral-symmetrische ist. Das Abschnüren von nur drei Generationen von Mikromeren dürfte wohl für eine sehr große Anzahl von Gasteropoden und auch von Anne- liden (vgl. in dieser Beziehung Wiırson [48], v. Wistinenausen [49] u. A.) das typische Verhalten sein. Doch trifft dies nicht für alle Formen zu. Abweichende Angaben haben insbesondere für die Gasteropoden For (13—15) und Bosrerzky (4), MacMurrich (30) für Fulgur, sowie auch SALENSKY (39) für Vermetus gemacht. In diesen Fällen schnüren sich von den Makromeren (AB CD) hinter einander eine große Anzahl kleinerer Zellen, bis zur völligen Umwachsung des Entoderms, ab. Ähnliches scheinen auch Sarasın (41) und v. Erzancer (9) bei Bythinia beobachtet zu haben. Wenn wir die — leider nur sehr wenigen — Arbeiten mit einan- der vergleichen, in welchen die Furchung genau Zelle für Zelle ver- folgt ist, so ergiebt sich ferner eine interessante Thatsache: das Meso- derm entsteht stets durch die vierte Theilung einer Makromere, und zwar geht es immer aus einer ganz bestimmten, der linken hinteren, oder bei anderer Orientirung der hinteren, Makromere hervor. Stets ist es aber eine von den beiden Makromeren, welche in der Mitte des Eies sich in der (ventralen) Querfurche mit der gegenüberliegenden berührt. Dies hat zur Zeit durch die übereinstimmenden Resultate von RagL, BLOCHMANN, CoNnKLIN und mir eine Bestätigung gefunden, und kann schon jetzt außer für Planorbis, Neritina, Grepidula und Umbrella, so viel sich aus Abbildungen entnehmen lässt, noch für zahlreiche andere Formen, deren Furchung noch nicht so eingehend studirt worden ist, als sehr wahrscheinlich gelten. Es scheint mir von besonderer Wichtigkeit zu sein, dass ganz das- selbe Verhalten neuerdings auch für eine größere Anzahl von Anneli- den hat festgestellt werden können. Wir verdanken dies den schönen Untersuchungen von Wırson (48), durch welche besonders die Fur- chung von Nereis sehr genau bekannt geworden ist. Die Bildung des Mesoderms geht hier in ganz derselben Weise vor sich, wie bei den oben erwähnten Gasteropoden. Auch bei Nereis ist es eine Makromere, und zwar ihrer Lage nach wieder ganz die gleiche (linke hintere), wie bei Grepidula und Umbrella, von der aus bei ihrer vierten Theilung eine große Zelle entsteht. Letztere (»second somatoblast.«) zerfällt auch hier durch ihre erste Theilung in zwei Urmesodermzellen (» primary mesoblasts«), die dann die Mesodermstreifen liefern. Bei allen diesen, in Bezug auf ihre Furchung genau untersuchten 18% 212 Richard Heymons, Formen sind zwei symmetrisch gelagerte Urzellen des Mesoderms auf- gefunden worden. Zu dieser Entstehungsweise des Mesoderms scheint aber bei den Gasteropoden ein anderer Bildungsmodus im völligen Gegensatz zu stehen. Es liegen, wie früher erwähnt, eine Reihe von Beobachtungen vor, nach welchen das Mesoderm in verhältnismäßig späten Stadien durch Einwandern von Zellen des äußeren Keimblattes gebildet wird. Diese Angaben sind jedoch vielfach bezweifelt worden. Besonders Ragr hat sich in seiner »Theorie des Mesoderms« dagegen ausgesprochen, und v. ERLANGER (8, p. 348) sagt in Bezug auf diesen Punkt: »Ohne die Möglichkeit eines ektodermalen Ursprunges von Bestandtheilen des mittleren Keimblattes ganz in Abrede stellen zu wollen, bin ich, trotz vieler Widersprüche, der Ansicht, dass dasselbe bei den Gasteropoden in allen Fällen vom Entoderm abzuleiten ist.« Sollten wir in der Erscheinung, dass das Mesoderm durch die vierte Theilung einer bestimmten Makromere gebildet wird, ein allge- meiner gültiges Gesetz erblicken dürfen, so müssen wir annehmen, dass in den oben erwähnten Fällen (For, BoBrRETZEY, SALENsKy), in welchen sich zahlreiche Mikromeren von den Makromeren abschnüren, das Mesoderm anfänglich die Form einer Mikromere habe. Es würden sich in diesen Fällen die Mesodermzellen gar nicht von den übrigen Mikromeren unterscheiden, und sie würden ihrer geringeren Größe wegen auch nicht sogleich in die Furchungshöhle gedrängt zu werden brauchen, sondern sich im Zusammenhang mit den Ektodermzellen weiter vermehren. Sobald in späteren Entwicklungsstadien die Me- sodermzellen dann ins Innere wandern, wird natürlich der Eindruck einer ektodermalen Entstehung hervorgerufen werden. In der That haben auch Foı, BoBrETZkY und SıLensky, welche die Abschnürung zahlreicher Mikromeren beobachteten, nicht die typischen, frühzeitig gesonderten Urzellen des Mesoderms auffinden können, es treten vielmehr For und Sırens£y mit mehr oder weniger Bestimmtheit für den ektodermalen Ursprung des Mesoderms ein, und auch BoBRETZEY lässt dasselbe bei Fusus von Zellen des Blastodermrandes aus entstehen. Es werden also, sofern die obige Voraussetzung zutrifft, die beiden, anscheinend jetzt so schroff einander gegenüberstehenden Bildungsweisen des Mesoderms vom Entoderm oder vom Ektoderm, sich annähernd auf ein gemeinsames Schema zurückführen lassen. Es würde vom Dotterreichthum der Eier, oder von anderen noch nicht näher zu bestimmenden Ursachen abhängen, ob das Mesoderm in Form umfangreicher Zellen auftritt, die frühzeitig in die Furchungshöhle gelangen (Urmesodermzellen, entodermaler Ursprung), oder ob die Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 273 ersten Mesodermzellen klein sind, länger im Verbande des Ektoderms bleiben und erst später ins Innere wandern (ektodermaler Ursprung). Es ist vielleicht nicht ausgeschlossen, dass das letztere Verhalten einen ursprünglicheren Modus darstellt. Dieser Erklärungsversuch muss freilich durchaus eine Hypothese bleiben, so lange man nicht eine größere Anzahl von Formen hinsicht- lich ihrer Furchung genau studirt hat, was leider in den eitirten Fällen von For, BOBRETZKY und SıLensky noch nicht zur Genüge geschehen ist. Eine Stütze scheint aber diese Auffassung schon jetzt durch die Beobachtungen von Wırsonx (48) an Anneliden zu gewinnen, bei wel- chen die Bildung des Mesoderms ganz identisch mit der von Umbrella ist. In einzelnen Fällen, wie z. B. bei Nereis, bleiben die Mesoderm- zellen längere Zeit hindurch im Zusammenhang mit dem Ektoderm, während in anderen, z. B. bei Polymnia, die Urmesodermzellen so- gleich in die Furchungshöhle hinein gelangen. Über die bezüglichen Verhältnisse von Nereis sagt Wırsox (p. 393): »The origin of the meso- blast in Nereis is ectoblastic (because it forms a part of the »outer layer«), or entoblastie (because it arises from one of the four entomeres), or neither (because it forms the lip of the »blastopore «).« Die Beziehungen des Mesoderms zum Gastrulamund sind bei den Gasteropoden gleichfalls schon bei vielen Formen dargelegt worden. Die beiden Urmesodermzellen befinden sich stets am hinteren Rande des Blastoporus. Aber auch in den Fällen, in welchen das Mesoderm einen typischen » entodermalen« Ursprung aufweist, entsteht es immer in der Umgebung des Urmundes, wie aus den Angaben von-Hannon (17), MacMurrich (30), Kowarzvsky (20) u. A. hervorgeht. Auch in diesen Fällen ist jedoch die Furchung bisher noch nicht gründlich genug untersucht worden, und man hat vielleicht desshalb Urzellen des Meso- derms nicht entdecken können. Sollten sich die bezüglichen Angaben bestätigen, so würde hier allerdings die Absonderung des Mesoderms erst viel später erfolgen. Auch nach v. Erzangzr tritt das Mesoderm bei Bythinia erst in einem Stadium auf, in welchem etwa sechzig Mikromeren vorhanden sind. Die durch v. Erranger (8) bei Paludina beschriebene Anlage des Mesoderms in Form eines Cölomdivertikels steht zur Zeit noch völlig isolirt da, indem sie von anderen Autoren bisher noch nicht beob- achtet wurde. Die ersten Theilungen der Urmesodermzellen und die Lagerungs- beziehungen der einzelnen Mesodermzellen zu einander sind jedenfalls bei Umbrella sehr charakteristische und von den bisher bei Gasteropoden beschriebenen Verhältnissen abweichende. Es scheinen anfänglich ge- 274 Richard Heymons, wissermaßen vier über einander gelagerte Urmesodermzellen vorhanden zu sein, welche kleine Mesodermzellen produeiren. Dass die ersteren zu den vier von Mazzarzrıı (27) bei Aplysia beschriebenen Urmeso- dermzellen in Beziehung zu setzen sind, erscheint ihrer Lage nach ausgeschlossen. Eher würden sie schon den von Knıpowitsch (18) bei einem Pteropoden (Glione limacina) aufgefundenen Mesoblasten ähneln. Noch besser lässt sich vielleicht die von Wırson (48) für Nereis beschriebene Entwicklung des Mesoderms mit der von Umbrella ver- gleichen, und zwar in so fern, als auch bei den erwähnten Anneliden die Urmesodermzellen zuerst kleine Zellen produeiren, ehe sie sich in gleiche Hälften theilen, und die Mesodermstreifen aus ihnen hervor- gehen. Auch die Lage der kleinen Mesodermzellen ist bei den beiden Formen eine sehr ähnliche, indem sie sich zwischen den eigentlichen Mesodermstreifen und unmittelbar am Hinterende des Blastoporus be- finden, wenn sie auch bei Umbrella nicht direkt in das Ektoderm übergehen (vgl. Wırson Plate XVII, Fig. 70 mit Taf. XVI, Fig. 29 dieser Arbeit). Wenn später bei Umbrella das Mesoderm die charakteristische Gestalt von zwei Streifen angenommen hat, so erinnert es in auffallender Weise an einige Bilder, welche Rasr von Planorbis gegeben hat. Hier findet sich nach ihm am Ende jeden Mesodermstreifens eine große Zelle, die bei der späteren Entwicklung gewissermaßen einen neuen Streifen von kleineren Zellen entstehen lässt. In ganz übereinstim- mender Weise geben auch bei Umbrella die beiden vorderen großen Mesodermzellen 4’ M’ zwei Reihen von noch weiter vorn befindlichen kleineren Mesodermzellen den Ursprung. Ich werde unten noch ein- mal auf diesen Punkt zurückkommen und nur im Voraus bemerken, dass die folgende Entwicklung einen weiteren Vergleich nicht gestattet. Die Untersuchungen v. Erranger’s (8,40) haben gezeigt, dass nicht nur bei Paludina, sondern auch bei Bythinia ein Hohlraum zwischen dem somatischen und dem visceralen Blatt der Mesodermstreifen auftritt, so dass hei diesen Schnecken auf einem gewissen Entwicklungsstadium ein deutliches Cölom vorhanden ist. Paarige Cölomsäckehen sind neuerdings von demselben Autor auch bei Gapulus beobachtet worden (11). Ein solches Verhalten findet sich bei Umbrella niemals. Die Zellen liegen hier so dicht an einander, dass zu keiner Entwicklungs- periode auch nur die Spur eines Spaltraumes in den Mesodermstreifen zu erkennen ist. Auch Brocnmann (2), Rası (34), Parıen (33) u. A. er- wähnen nichts von einem Cölom. Endlich ist vielleicht noch die Ansicht in Frage zu ziehen, nach welcher das Ektoderm neben dem Vorhandensein von Urmesoderm- Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 275 zellen noch mehr oder weniger an der Bildung des Mesoderms bethei- list sein soll, und nach welcher das Mesoderm überhaupt nicht als »mittleres Keimblatt« aufzufassen ist. Eine Lösung des letzteren Problems kann natürlich die vorliegende Untersuchung nicht bean- spruchen wollen; es lässt sich bei Umbrella jedoch so viel mit Sicher- heit nachweisen, dass die beiden Mesodermstreifen lediglich aus den beiden Urzellen hervorgehen, welche in letzter Instanz auf die linke hintere Makromere zurückzuführen sind. Schon vor der völligen Aus- bildung der Mesodermstreifen hat bei Umbrella das Ektoderm die Form eines einschichtigen Plattenepithels angenommen. Eine spätere Betheiligung desselben muss ich um so mehr für unwahrscheinlich halten, als ich niemals an einer Stelle eine besonders lebhafte, mit einer Einwucherung in Verbindung zu setzende Vermehrung von Ektodermzellen nachweisen konnte, noch überhaupt in den letzteren senkrecht zur Oberfläche gerichtete Kernspindeln aufgefunden habe. Damit will ich jedoch nicht in Abrede stellen, dass vielleicht in späten, von mir nicht mehr untersuchten, Entwicklungsstadien, einzelne, etwa mit den sogenannten Nuchalzellen zu vergleichende, Zellen des Ekto- derms ins Innere einwandern mögen. Bezüglich der Theilungen der Ektodermzellen war es seit den Untersuchungen von WArnEcK (47) bekannt, dass die Zellvermehrung bereits vom vierzelligen Stadium an in arithmetischer Progression er- folgt, dass sich mithin die Zahl der Zellen immer ganz gleichmäßig von je vier zu vier erhöht. Auf die etwas abweichende Ansicht von Rası (34) bin ich an anderer Stelle eingegangen. | Der weitere Verlauf der Theilungen ist nur von BLocHmann (2) und CoNnKLIN (6, 7) genauer untersucht worden. Brochmann hebt hervor, dass die Zellvermehrung auch noch in späteren Stadien eine regelmäßige sei, obgleich dies nicht immer mehr so deutlich hervortritt, weil oft mehrere Theilungen gleichzeitig er- folgen. Auch auf seinen Abbildungen lässt sich diese Regelmäßigkeit in schönster Weise erkennen, indem die Ektodermzellen auch hier ein sog. Kreuz bilden. Erst später verlängert sich der hintere Arm des- selben und die Ektodermanlage wird damit bilateral-symmetrisch. GonkLin hat gleichfalls die Theilungen der Ektodermzellen bei Crepidula in eingehenderer Weise verfolgt. Er sagt darüber: » The formation of micromeres proceeds with wonderful regularity, following the law formulated by RasgL, new micromeres always being formed in fours either by cutting off from the four macromeres or by the division of four mieromeres already formed.« Auch hier bilden die Ektoderm- 276 Richard Heymons, zellen ein Kreuz und auch hier wird bei der weiteren Entwicklung durch ein abweichendes Verhalten des hinteren Armes die Ektoderm- scheibe bilateral-symmetrisch. Um so auffälliger ist in dieser Beziehung das Verhalten von Um- hrella. Bei dieser Form wird die Ektodermanlage schon gleich nach dem 32zelligen Stadium bilateral und zwar in abweichender Weise dadurch, dass rechts und links im hinteren Abschnitt je eine weitere Ektodermzelle auftritt. Der fernere Verlauf der Theilungen ist nun wieder regelmäßig, indem die Zellen sich zu je vier und vier theilen. Dies findet, so weit ich die Furchung verfolgen konnte, bis gegen 100 Zellen statt. Erst dann prägt sich die bilaterale Anordnung deut- licher aus, indem nun auch andere Abweichungen eintreten, wie z. B. die, dass sich die Zellen «”, und b”, theilen, ohne dass dies bei den entsprechenden Zellen im hinteren Abschnitt der Fall ist. Die beiden im Stadium von 32 Ektodermzellen entstandenen Zellen EE’ lassen sich auch noch weiterhin leicht verfolgen und sie — oder doch normalerweise wenigstens die eine von ihnen — haben Antheil an dem Aufbau eines wichtigen Organs, wie dies im nächsten Theile erläutert werden wird. Ehe ich zur Schilderung des weiteren Entwicklungsverlaufes über- gehe, muss ich noch auf die Achsenverhältnisse und die von mir ange- wendete Orientirung der bisher betrachteten Furchungsstadien zu- rückkommen. Bei der Beschreibung des vierzelligen Stadiums habe ich bereits erwähnt, dass ich im Gegensatz zu der früheren Auffassung und in Übereinstimmung mit Conkuın (7) die erste Furche als der späteren Transversalebene, die zweite als der späteren Medianebene entspre- chend ansehe. Die Gründe für meine Auffassung ergeben sich im Wesentlichen aus der Lagerung des Mesoderms. Die durch die Theilung der Makro- mere D entstandene Zelle M nimmt einen derartigen Platz ein, dass sie sich der trennenden Furche zwischen A und B gerade gegenüber befindet (Fig. 8). Nachdem sie in die beiden Urmesodermzellen zerfallen ist, tritt der bilateral-symmetrische Bau deutlich hervor. Die Urmesodermzellen behalten während des weiteren Entwicklungsverlaufes ihre Lage bei und bezeichnen das Hinterende des Eies. Die Linie, in der die beiden Urmesodermzellen sich gegenseitig berühren, muss der Medianlinie ent- sprechen, denn die älteren Stadien ergeben ganz klar, dass die Ur- Zur Entwieklungsgesehichte von Umbrella mediterranea Lam, 2711 mesodermzellen sich genau symmetrisch rechts und links von der spä- teren Medianebene des Körpers befinden. Wie Fig. 12 beweist, liegt nun die Berührungslinie der beiden Urmesodermzellen gerade in der Verlängerung der trennenden Furche zwischen den Makromeren A und B, so dass daher auch diese zweite Furche als der späteren Medianebene entsprechend aufgefasst werden muss. Die erste Furche zwischen AB und OD fällt hiernach mit der Transversalebene zusammen. Bei Grepidula (7) scheint sich diese Anordnung längere Zeit hin- durch zu erhalten. Bei Umbrella dagegen wird sie bald dadurch zerstört, dass die Makromeren A B und C in Theilung übergehen. Ist dieselbe vollendet, so liegt die Zelle B’ am Vorderende A’ an der linken, C’ an der rechten Seite des Eies. Es sind somit diese Zellen in der der Uhrzeigerbe- wegung entgegengesetzten Richtung verschoben worden. Die vier am vegetativen Pol befindlichen Zellen A BC D dagegen haben genau die- selbe Anordnung bewahrt, wie die vier noch ungetheilten Makromeren. Fig. 16 giebt von diesen Verhältnissen ein deutliches Bild. Dass etwa eine Verschiebung der Zellen ABCD vor sich ge- gangen sei, während die Zellen A’ B’ C’ ihrer Lage nach unverändert geblieben wären, halte ich aus dem Grunde für ausgeschlossen, weil dann zugleich eine Drehung der beiden sehr umfangreichen Mesoderm- zellen erfolgt sein musste, die jedoch an dem ganzen Vorgang sichtlich unbetheiligt sind. Dies würde auch mit den früheren Theilungen der ART en in Widerspruch stehen. Die Zellen A’B’ C’ M entsprechen trotz ihrer Größe nur einer vierten Generation von Zellen, welche sich von den Makromeren nach dem animalen Pol hin abgeschnürt hat. Auch bei der Abschnürung der drei früheren Generationen hat stets eine Drehung derselben stattgefunden. Zugleich mit der Verschiebung der Zellen A’ B’ und ©’ muss natürlich eine Drehung des darauf liegenden Ektoderm- kreuzes um 45 Grad vor sich gehen, dessen Arme von nun an mit den Hauptachsen des Körpers zusammenfallen. Bei Neritina (2) hat — wie schon oben erwähnt — das Ektoderm- kreuz sogleich seine definitive Lage, doch ergiebt die Anordnung der lichtbrechenden Körnchen, welche in den späteren Querarmen des Kreuzes sich befinden, dass auch hier allmählich eine Verschiebung der Körnchen um 45 Grad stattgefunden hat. Diese Verhältnisse sind aus einem Vergleich der von Brocumann (2) gegebenen Fig. 46 und Fig. 51 der Taf. VII recht klar zu ersehen. Bei Umbrella tritt die entsprechende Drehung erst viel später ein. 278 Richard Heymons, Zu erwähnen ist noch die Ansicht, nach welcher das Gentrum des animalen Poles dem Vorderende, das Centrum des vegetativen Poles dem späteren Hinterende entsprechen soll. Bei den Gasteropoden ist PATTEN (33) von diesem Gesichtspunkt ausgegangen. Ich kann mich für Umbrella dieser Meinung nicht anschließen, weil durch die p. 262 erwähnten Wachsthumsprocesse im Ektoderm das Centrum des animalen Poles mitsammt den Richtungskörpern erst sekundär an das Vorderende gelangt. Der animale Pol entspricht daher der späteren Dorsal-, der vegetative der späteren Ventralseite. Neuer- dings ist Wırson (48) bei Nereis bezüglich der Achsenverhältnisse zu einer Auffassung gelangt, welche sich mit der eben begründeten, sowie mit der von GonkLın durchaus im Einklang befindet. III. Die weitere Entwicklung und Anlage des Exkretionsorgans, Während der Einstülpung des Entoderms geht eine Gestaltyer- änderung des Eies vor sich. Dasselbe verliert seine frühere Herzform und gewinnt ein mehr eiförmiges Aussehen. Der größte Durchmesser verläuft von vorn nach hinten, der Querdurchmesser ist dagegen ver- ringert worden. Bald darauf beginnen sich die Ränder des Blastoporus noch dichter an einander zu schließen. Die Einstülpungsöffnung ist bald nur noch ein schmaler schlitzförmiger Spalt und verschwindet endlich vollkommen. Die vorderste Partie des Eies, die dem früheren animalen Pol ent- spricht, wird von hellen großen Ektodermzellen bekleidet. Dieser ganze Theil setzt sich bald noch schärfer als in früheren Stadien von der übrigen Masse des Eies ab, und zwar geschieht dies besonders durch das Auftreten des Velums. Letzteres beginnt sich gleich nach dem Verschluss des Gastrulamundes zu zeigen und besteht anfänglich aus einigen hellen und körnchenreichen Ektodermzellen, die sich später an einander legen und dann in einer kontinuirlichen Reihe rings um den Embryo herum ziehen. Der von ihnen umschlossene Bezirk ist als Velarfeld zu bezeichnen. Die Mitte desselben fällt mit dem früheren Gentrum des animalen Poles zusammen, welches, wie oben erwähnt wurde, mitsammt den Richtungskörpern an das Vorder- ende des Embryonalkörpers gelangt war. Nach Broonmann’s (2) Beobachtungen lässt sich bei Neritina das Velum auf zwei Ektodermzellen zurückführen, die schon im 12zelligen Stadium durch ihren Reichthum an stark lichtbrechenden Körnchen auffallen. Diese ‚Körnchen sind sogar schon in den beiden ersten Furchungskugeln zu erkennen und können bis zu ihrem Übergang in die Velarzellen verfolgt werden. Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 279 Von einer frühzeitigen Differenzirung solcher Urvelarzellen war bei Umbrella nichts zu bemerken und auch Conkrin (6) konnte nicht finden, dass die entsprechend gelagerten Zellen bei Crepidula an der Bildung des Velums Antheil nehmen. Nach der Beschreibung von Conkun tritt das Velum zuerst an der ventralen Seite unmittelbar vor dem Munde auf und besteht anfänglich nur aus einer einfachen Zell, reihe. Dies stimmt auch mit meinen Beobachtungen überein. Das Entoderm verließen wir in dem Stadium, als die sechs pri- mären Darmzellen sich in die Masse des Eies einsenkten. Schon während des Hineinrückens begannen sich dieselben zu vermehren. Sie stellen jetzt eine Gruppe von 12—15 Zellen dar, die an der Be- srenzung des Bodens und der Seitentheile des Urdarmes Antheil nehmen. Die übrige Begrenzung desselben wird von großen dotter- reichen Elementen gebildet, welche wir als sekundäre Darmzellen be- zeichnet haben. Das Lumen des Urdarmes ist nur ein spaltförmiges. Bei seitlicher Ansicht zeigt es sich, dass er eine etwa trichterförmige Gestalt hat. An der Figur 31, welche bereits ein etwas älteres Stadium darstellt, sieht man, dass die Spitze des Trichters von einer ektodermalen Ein- senkung eingenommen wird, und dass sich zugleich schon die Mund- öffnung (o) gebildet hat. Hinten setzt sich der Urdarm in einer Reihe von 5—6 Zellen fort, die durch Theilung der Zellen C” und D” ent- standen sind und am Hinterende ihren Zusammenhang mit dem Ekto- derm bewahrt haben. Aus diesem Theil geht später a Endabschnitt des Darmkanals hervor. Ich will an dieser Stelle noch kurz die Beziehungen von Mund und After zum früheren Blastoporus hervorheben, wenngleich die- selben bei Umbrella ganz ähnliche wie bei einer Anzahl anderer Gasteropoden sind, und im Wesentlichen hierdurch nur die von BLocHmAnN (3) bei Aplysia gemachten Beobachtungen bestätigt werden können. Der Blastoporus befand sich früher als ein verhältnismäßig kurzer Längsspalt an der Ventralseite des Eies, indem er sich von der Mitte bis zum hinteren Ende derselben erstreckte. Der Schluss des Gastrula- mundes erfolgte von hinten nach vorn, und auch an seinem vordersten Theil verschwindet, wie bereits erwähnt, bald die letzte Spur der Einstülpungsöffnung. Die Ektodermzellen überdecken jedoch diese Partie nicht in einer kontinuirlichen Lage, sondern berühren sich in der Medianebene in einer scharf hervortretenden Längslinie. An dieser Stelle senken sie sich dann zur Bildung des Ösophagus in das Innere ein, womit es zugleich zur Bildung der Mundöffnung kommt (Fig. 310). 286 Richard Heymons, Der Mund entsteht daher bei Umbrella an dem Vorderende des früheren Blastoporus. Das Hinterende des Blastoporus wurde durch die beiden Anal- zellen gekennzeichnet, welche, wie schon von BrocHmann u. A. hervor- gehoben wurde, ein außerordentlich bequemes Mittel zur Orientirung abgeben. Zugleich mit den Wachsthumsprocessen, die während des Invaginationsprocesses und der Einsenkung der Schalendrüse vor sich gehen, gelangen die Analzellen weiter nach der Dorsalseite des Körpers, doch behalten sie hierbei ihre charakteristische Lage zu den hinteren der primären Darmzellen unverändert bei (Fig. 31a). Die Afteröffnung entsteht sehr viel später wie die Mundöffnung und zwar erst zur Zeit, wenn die Torsion vor sich geht. Der After bildet sich unmittelbar vor den Analzellen, mithin an dem Punkt, an welchem sich früher das hin- terste Ende des Blastoporus befand. Die Partie des Körpers, an welcher sich der Blastoporus ge- schlossen hat, ist somit, wie Fig. 31 zeigt, außerordentlich stark in die Länge gezogen worden. Die Schlussstelle erstreckt sich jetzt über einen großen Theil der Ventralfläche und zwar befindet sie sich in der Mittellinie zwischen dem Mund (o) und den Analzellen (a). Dieselbe entspricht demjenigen Theil des Embryo, an welchem sich später der Fuß anlegt. Die Beziehung der sekundären Darmzellen zu den sieben umfang- reichen, im Gastrulastadium vorhandenen und aus den Makromeren hervorgegangenen Zellen lässt sich bei dem in Fig. 31 dargestellten Stadium nicht mehr mit Sicherheit entscheiden, weil sich die letzteren Zellen noch mehrfach getheilt haben. Nur so viel lässt sich sagen, dass das Vorderende des Eies von der Zelle B’ eingenommen wird, welche durch eine in dorsoventraler Richtung erfolgte Theilung in zwei Zellen zerfallen ist. Die früheren Zellen A’ und C’ resp. ihre Abkömmlinge liegen rechts und links am Hinterende des Eies und nehmen später an der Fußbildung Antheil. Die sekundären Darmzellen bilden die Hauptmasse des Eies, in- dem sie fast seinen ganzen Binnenraum ausfüllen und auch noch einen sehr großen Theil der Urdarmwand bilden. Charakteristisch für sie ist, dass ihre Kerne stets in den Theilen der Zellen sich befinden, welche die Darmhöhle begrenzen. In letztere ragen die Zellen meist buckel- förmig hinein. Zwischen der umfangreichen Entodermmasse und der Ektoderm- bekleidung breitet sich als eine dünne Schicht das Mesoderm aus. Dasselbe beginnt seine regelmäßige Gestalt nun allmählich einzubüßen. Rechts und links von der Medianlinie sieht man am Hinterende noch Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 2381 die beiden Urmesodermzellen, die durch ihre Größe auffallen. An sie ‚schließt sich schräg nach vorn und ventralwärts verlaufend eine Reihe von vier bis fünf ebenfalls verhältnismäßig großen Zellen an. Am Ende derselben, etwas weiter dorsal gelegen, folgt dann wieder eine um- fangreichere Zelle, die ohne Zweifel identisch mit der Zelle M’ der früheren Stadien ist. Von ihr geht gleichfalls nach vorn eine Zellreihe aus. Außer diesen Hauptreihen finden sich dann noch zahlreichere kleinere Mesodermzellen, die in Zügen angeordnet sind und wie die vorigen sich ebenfalls Zelle für Zelle dicht an einander schließen. Über diese Verhältnisse kann man sich schon im Wesentlichen durch Betrachtung ganzer Embryonen in seitlicher Ansicht Klarheit verschaffen. Fertigt man Frontal- oder Transversalschnitte an, so er- giebt sich weiter, dass die Mesodermzellen zwar stellenweis (besonders am Hinterende) in einer doppelten Schicht unter dem Ektoderm sich hinziehen, dass aber dadurch eine scharfe Sonderung in zwei differente Blätter nicht hervortritt (Fig. 30). Zwischen den beiden aus einander gewichenen Urmesodermzellen befindet sich eine Anzahl von 4—6 kleineren Mesodermzellen. Die- selben entsprechen der Zellgruppe, an deren Bildung die zuerst ent- standenen kleinen Mesodermzellen m m Antheil nahmen. Letztere sind jetzt allerdings nicht mehr als solche herauszufinden. Die erwähnte Zellgruppe liegt in der Medianlinie am Hinterende der Schalendrüsen- einstülpung. Das Ektoderm weist nach Ablauf der Gastrulation ebenfalls erheb- liche Veränderungen auf. Abgesehen von dem Antheil, welchen es durch ungleichmäßiges Wachsthum an der Gestaltveränderung des ganzen Eies genommen hat, haben besonders lebhafte Vermehrungs- vorgänge in der Gegend stattgefunden, in welcher sich die Anlage für die Schalendrüse befindet. Dieselbe hat sich nunmehr schon tief in das Innere des Embryonalkörpers eingesenkt (Fig. 31). Ferner sind jetzt Theilungsstadien von Ektodermzellen an den Seitentheilen des Embryo zu bemerken, und zwar an den Stellen, an welchen sich später die Otolithenblasen einstülpen. Im Übrigen hat der überwiegende Theil der Ektodermzellen schon eine plattenförmige Gestalt angenommen. Eine Ausnahme hiervon machen jedoch die am Hinterende des Eies in der Mittellinie befindlichen beiden Analzellen, die sich jetzt etwas über das Niveau des Körpers hervorzuwölben beginnen. Un- mittelbar davor findet sich der Punkt, an welchem sich die hintersten Entodermzellen an das Ektoderm ansetzen, und an welchem später der After durchbricht. 232 Richard Heymons, Auch die Zellen ZE’ finden wir wieder. Sie sind durch die Wachsthumsprocesse, welche mit der Einsenkung der Schalendrüse in Zusammenhang stehen, weiter nach der Dorsalseite, wie vor Allem weiter nach der Medianlinie gelangt und liegen nun rechts und links in unmittelbarer Nähe von den Analzellen. Die Zelle £ weist jetzt recht bemerkenswerthe Veränderungen auf, welche während der Einstülpung des Entoderms vor sich gegangen sind. Der Kern hat sich bedeutend vergrößert, das Kernkörperchen und das Chromatingerüst treten in ihr sehr deutlich hervor, so dass sie sich sehr stark von allen anderen Ektodermzellen unterscheidet. Bei der links gelegenen Zelle E’ ist Derartiges nicht zu bemerken. Im Gegentheil unterscheidet sie sich jetzt sehr viel weniger von den übri- gen Ektodermzellen, und ihre Lage lässt sich in den späteren Entwick- "lungsstadien überhaupt nicht mehr mit Sicherheit angeben. Die Lage der Zelle E zeigt der Medianschnitt auf Fig. 31, wo die Zelle dadurch, dass der Schnitt im hintersten Theile etwas schief ge- fallen ist, mit getroffen wurde. Da diese Zelle, wie wir später sehen werden, sich später an der Bildung eines Exkretionsorgans betheiligt, so will ich sie von jetzt an kurz als » Exkretzelle« bezeichnen. In dem darauf folgenden Stadium zeigt der Embryo wieder eine etwas veränderte Gestalt. Dieselbe wird durch den Fuß bedingt, wel- cher als eine mächtige Vorwölbung an der Ventralseite zwischen Mund und Analzellen erscheint (Fig. 32). Er wird zum weitaus größten Theil von sekundären Darmzellen ausgefüllt, außerdem finden sich in seinen Seitentheilen noch vereinzelte Mesodermzellen. Ferner fällt die Asymmetrie auf, welche der Embryo jetzt anzu- nehmen beginnt. Die umfangreiche Anlage der Schalendrüse ist ganz auf die linke Körperhälfte hinübergerückt. An ihr ist bereits das Schalenhäutchen zur Absonderung gelangt (Fig. 32 sch). Nach der ent- gegengesetzten Seite sind dagegen die beiden Analzellen geschoben worden, welche als ansehnliche Buckel über die Oberfläche hinaus- ragen. Rechts und links an der Basis des Fußes finden wir die beiden Otolithenblasen vor, die bereits vollkommen von der Oberfläche abge- schnürt sind. Die ektodermale Einsenkung am Vorderende hat sich bedeutend vertieft und damit den Ösophagus gebildet. An ihn schließt sich ein kurzer Abschnitt an, der von den sekundären Darmzellen begrenzt wird. Hierauf folgt der eigentliche Magentheil, dessen Wandung aus den kleinen primären Darmzellen besteht. Von den letzteren haben sich diejenigen, die die hintere Begrenzung bilden, wohl durch Auf- nahme von Dottersubstanz bedeutend vergrößert und eine eylindrische Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam, 283 Gestalt angenommen. Das Lumen des ganzen Darmkanals ist noch ein außerordentlich enges. Der Magen bildet hinten einen blindsackartigen Zipfel und geht vorn in den sog. Enddarm über, dessen Zellen ebenfalls schon einen feinen Hohlraum umschließen, und der rechts bis zu den Analzellen reicht. | Betrachten wir das Mesoderm in diesem Stadium, so zeigt es sich, dass sich seine Zellen fast überall gleichmäßig unter dem Ektoderm ausbreiten. Die Mesodermstreifen sind somit vollkommen aufgelöst. Ihre Zellen haben den früheren innigen Zusammenhang aufgegeben und schon zum Theil eine verästelte oder spindelförmige Gestalt ange- nommen. Die Urmesodermzellen lassen sich nicht mehr nachweisen, wenn- gleich am Hinterende in manchen Fällen noch größere Zellen anzu- treffen sind. Noch früher sind die als M’ M’ bezeichneten großen Mesodermzellen verschwunden. Sie haben sich durch wiederholte Theilungen in kleinere Zellen aufgelöst. Schon oben erwähnte ich, dass Ragı (34) bei Planorbisembryonen ebenfalls zwei besonders auffallende Mesodermzellen an den vorderen Abschnitten der Mesodermstreifen aufgefunden hatte. Es lag nahe, diese Zellen mit den beiden großen ganz ähnlich gelagerten Zellen M’ M' von Umbrella in Beziehung zu setzen. Das weitere Schicksal dieser Zellen ist aber nach Rısr ein anderes. Sie beginnen nach seiner Schilderung in die Länge zu wachsen, sich auszuhöhlen und damit die Anlagen von den bei Planorbis ziemlich umfangreichen inneren Ur- nieren zu bilden. Von diesen Verhältnissen war jedoch bei Umbrella nichts zu bemerken. Endlich wäre noch der Verbleib der kleinen, aus höchstens etwa sechs Zellen bestehenden Gruppe zu berücksichtigen, in welche die zuerst von den Urzellen aus entstandenen kleinen Mesodermzellen m m übergegangen waren. | Diese Zellen lagen am Hinterende der Ektodermeinstülpung, die die Schale zu liefern hat, und zwar zwischen dieser und dem Enddarm. In späteren Stadien schließen sie sich an den letzteren dicht an und sind darauf, wenn der Fuß eine stärkere Entwicklung zeigt, nicht mehr als differente Gruppe nachzuweisen. Ich halte es für wahrscheinlich, dass sie die Mesodermzellen liefern, welche später an der Außenfläche des Enddarmes anzutreffen sind. Auch an andere Stellen, besonders an die Oberfläche des Magens und Vorderdarmes, legen sich später einzelne Mesodermzellen an, über deren Beziehung zu den Zellen der Mesodermstreifen ich jedoch keine Angaben machen kann. Eine bemerkenswerthe Veränderung zeigt inzwischen die Exkret- 254 Richard Heymons, zelle. Nachdem sich bereits früher ihr Kern vergrößert hatte, erlangt nunmehr auch ihr Zellleib einen im Vergleich zu den übrigen Ekto- dermzellen außerordentlichen Umfang (Fig. 32). Anfänglich wölbt sich die Zelle dabei nicht selten über das Niveau des Körpers hervor. Betrachtet man ein solches Stadium von der Seite, so kann es dann den Eindruck machen, als ob drei Analzellen vorhanden wären. Doch ist bei der Exkretzelle der Zeilleib von anderer Beschaffenheit. Er ist weit heller und scheint von Flüssigkeit erfüllt zu sein. Der Kern, welcher ebenfalls durch seine Größe (7 u) und helle Färbung auffällt, liegt stets im proximalen, d.h. dem nach dem Inneren des Körpers zu- gewandten Theil der Zelle. Bei ein wenig älteren Embryonen zeigt es sich, dass die Exkret- zelle sich in das Innere des Körpers einzusenken beginnt. Sie wird an ihrer Oberfläche dann von kleineren umliegenden Ektodermzellen über- wachsen, die sich anfänglich von der dorsalen, später auch von den anderen Seiten her über sie hinschieben und nur ihre mittlere Partie frei lassen. Es mag hier gestattet sein, noch einige Worte über die Analzellen anzuschließen, die durch ihre Größe mit der vorhin beschriebenen Exkretzelle in eine gewisse Parallele zu stellen sind. Auch ihre Kerne, welche ich immer ohne Schwierigkeit nachweisen konnte — im Gegen- satz zu Aplysia nach Brocnmann — haben eine ähnliche helle Färbung, wie der Kern der Exkretzelle. Nur unterscheiden sie sich von ihm durch ihre weit geringere Größe. Ihr Zellplasma erscheint im distalen Theil homogen und färbt sich oft auffallend stark, während es im proxi- malen Theil körnchenreicher ist und dort den Kern enthält. Bisweilen konnte ich auch eine Vacuole auffinden, welche im Zellplasma aufge- treten war, doch weiß ich nicht, ob dies vielleicht ein pathologischer Zustand gewesen ist. Die Analzellen scheinen bei den Opisthobranchiern ganz allgemein verbreitet zu sein. Sie wurden ferner von For (13, 14) bei Pteropoden und Heteropoden beschrieben; auffallenderweise hat man sie aber erst bei einem Prosobranchier (Patella) gefunden. Die Bedeutung der Analzellen ist noch unbekannt. Pırren (33) hat für Patella die Vermuthung geäußert, dass die Zellen die Orientirung des Embryos bei seinen Bewegungen unterstützen möchten. Vielleicht könnte andererseits aber auch das gelegentliche Auftreten von Vacuo- len, sofern dies eben ein normales Verhalten darstellt, auf eine exkre- torische Funktion hindeuten. Erwähnenswerth ist noch, dass ich nicht selten in späteren Entwicklungsstadien noch eine thatsächliche dritte Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 385 Analzelle (vgl. Fig. 34) gefunden habe, über deren Herkunft ich jedoch im Unklaren geblieben bin. Die äußeren Veränderungen, welche hierauf der Elche zeigt, sind zunächst nicht sehr wesentliche. Es beginnt sich der Fuß an seiner Spitze einzurollen, die Otolithenblasen vergrößern sich, und die Öso- phaguseinstülpung ist tiefer geworden, sie reicht nunmehr bis in die Gegend der letzteren. Dadurch erscheint denn auch der Magen weiter nach hinten geschoben, während sich sein Lumen gleichzeitig er- weitert hat. Interessanter sind die Vorgänge, welche während dieser Zeit die Exkretzelle betreffen. Ihre Größe hat gegen früher noch zugenommen. Sie besitzt jetzt eine eiförmige Gestalt. Der größte Durchmesser be- trägt etwa 19 u. Der Kern liegt im proximalen Theil und zwar stets an der dorsalen, mithin der von den Analzellen abgewendeten Seite (Fig. 33 und 3%). Das Ektoderm in der nächsten Umgebung dieser Zelle ist jetzt der Schauplatz mehrerer Veränderungen. Man bemerkt zunächst häufig Kerntheilungsbilder, welche wohl mit dem Überwachsen der Exkretzelle in Zusammenhang stehen dürften. Etwas weiter dorsal nehmen die Kerne einiger Ektodermzellen eine hellere Färbung an. Bald darauf erfüllt sich das Plasma dieser Zellen mit bräunlichen Konkrementen. Solche Konkremente sind schon vielfach bei den Gasteropoden in den Zellen der Nieren und Urnieren gefunden worden. Es kann also auch hier wohl kein Zweifel mehr sein, dass die betreffenden Zellen eine exkre- torische Funktion übernommen haben. | Schon während dieser Zeit begann eine zweite, vor der Exkretzelle befindliche Ektodermzelle sich zu vergrößern und eine längliche Ge- stalt anzunehmen. Ihr Kern wird umfangreicher, chromatinärmer, das Kernkörperchen stark lichtbrechend. Bald nimmt diese »zweite« Exkretzelle dieselben außergewöhnlich großen Dimensionen an, wie die erste, und sinkt dann gleichfalls in das Innere des Embryonal- körpers ein. Ich habe hier noch auf einige individuelle Verschiedenheiten auf- merksam zu machen, auf welche aber wohl kein großer Werth zu legen ist. Während nämlich in den meisten Fällen die beiden großen Exkret- zellen annähernd gleichzeitig in die Tiefe sinken, kann auch bei manchen Embryonen die zweite große Zelle erst sehr viel später auftreten. Im Gegensatz hierzu habe ich auch beobachtet, dass sich schon bisweilen in früheren Stadien zwei gleichmäßig ausgebildete Exkretzellen vorfanden, die noch ganz oberflächlich gelagert waren. Die genauere Herkunft dieser zweiten großen Zelle habe ich nicht Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI, Ba. 49 256 Richard Heymons, feststellen können, weil sie auf früheren Stadien sich nicht von den übrigen Ektodermzellen unterscheiden lässt. Dass sie erst später direkt durch Theilung der ersten Exkretzelle gebildet ist, halte ich für vollkommen unwahrscheinlich, weil diese auf allen Stadien ihr sehr charakteristisches Aussehen bewahrt hat, ohne dass Kerntheilungs- bilder jemals zu bemerken waren. Ihrer Lage nach muss es ferner ausgeschlossen sein, dass sie auf die früher erwähnte, mit E’ bezeich- nete, links gelegene Zelle zurückzuführen ist. Dagegen haben wir ge- sehen, dass die Zellen E und E’ sich vor dem Gastrulastadium dreimal getheilt haben. Es ist vielleicht daher auch nicht unmöglich, dass sie eine der damals entstandenen Zellen ist, oder dass sie sich in letzter Instanz auf die mit c”” bezeichnete Zelle zurückführen lässt. Dies sind aber nur Vermuthungen. In Fig. 33 gebe ich einen Querschnitt durch den hinteren Theil eines Embryos, an dem das sich entwickelnde Exkretionsorgan zu sehen ist. Es ist eine der großen Exkretzellen getroffen (Z). Man bemerkt, dass sie sich ins Innere eingesenkt hat, und an ihrer distalen Fläche srößtentheils von kleinen Zellen bedeckt wird. Diese letzteren sind mit Konkrementen erfüllt. Das Plasma der Exkretzelle ist auf den pro- ximalen Theil beschränkt und bildet dort einen breiten Halbmond, in dem der Kern liegt. Im distalen Theil der Zelle befindet sich eine Va- cuole, die wohl jedenfalls mit den vielfach in den Nierenzellen bei Mollusken beschriebenen » Sekretionsbläschen « identisch sein dürfte. In Fig. 34 sind dieselben Verhältnisse an einem etwas stärker vergrößerten Tangentialschnitt dargestellt. Nunmehr beginnt der Embryo allmählich die Form der freischwim- menden Veligerlarve anzunehmen. Das Velum wird auf einen verhält- nismäßig kleinen Bezirk in der Nackengegend beschränkt und besteht aus zwei mächtig entwickelten Lappen, die ausgestreckt und einge- zogen werden können. Der Fuß hat auf seiner Rückseite das Opercu- lum ausgeschieden (Fig. 35, 36) und die hintere Partie des Körpers wird bereits völlig von der Schale eingeschlossen. Der Darm beginnt die schon von anderer Seite an Opisthobran- chierembryonen beschriebene charakteristische Gestalt mit den zwei seitlichen Nährsäcken anzunehmen, welche von den großen dotter- reichen sekundären Darmzellen gebildet werden. Der After liegt an der rechten Körperseite, von einer ektodermalen Einsenkung ist an ihm nichts zu bemerken. Aus dem Mesoderm hat sich eine Anzahl von Muskeln differenzirt, deren Vertheilung im Körper schon von Trınceuesz (45) bei Aeolidien genauer beschrieben wurde. Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam, 287 Das Exkretionsorgan weist in diesen letzten von mir untersuchten Stadien keinen nennenswerthen Fortschritt auf. Die beiden großen Exkretzellen werden jetzt an ihrer ganzen Oberfläche von Ektoderm- zellen bedeckt. Letztere sind in der Umgebung der großen Zellen von den braunen Konkrementen erfüllt und haben zum Theil eine stark abgeplattete Gestalt angenommen, zum Theil senken sie sich gleichfalls in die Tiefe ein. In diesem Falle beginnen sie sich auch zu vergrößern, und es können dann gleichfalls in ihnen Vacuolen auftreten. Die beiden großen Zellen berühren sich unmittelbar mit ihren Längsseiten. Auffallend ist die Stärke der Zellwand derselben. Die verhältnismäßig sehr großen und noch immer mit stark lichtbrechenden Kernkörper- chen versehenen Kerne liegen in ihnen stets an den einander zuge- kehrten Seiten. Fig. 35 zeigt einen Sagittalschnitt durch das Organ in dem erwähnten Entwicklungsstadium; Fig. 36 soll die Lage des- selben in Beziehung zum übrigen Embryonalkörper verdeutlichen. Die weitere Entwicklung konnte von mir nicht genauer verfolgt werden, doch scheint es, als ob das Exkretionsorgan bis zum Aus- schlüpfen der Larven im Wesentlichen auf dieser Stufe verbleibt. Das hauptsächlichste Ergebnis, das durch das Studium der Entwicklung des Organs zu Tage getreten ist, dürfte darin liegen, dass dasselbe rein ektodermaler Natur ist. Das Mesoderm betheiligt sich gar nicht an demselben. Unterhalb des Exkretionsorgans treffen wir zwar auch vereinzelte Mesodermzellen an, doch bleiben dieselben frei von Konkre- menten und finden sich in gleicher Weise auch unter anderen Stellen des Ektoderms. Ehe wir dazu übergehen, das Organ mit ähnlichen, schon früher beschriebenen Bildungen zu vergleichen, will ich noch erwähnen, dass dasselbe gelegentlich bei Umbrella auch paarig auftreten kann. Das Vorhandensein der an der linken Körperseite befindlichen Zelle E’, welche erst im Gastrulastadium verschwindet und sicher das Homologon der rechten als E bezeichneten Exkretzelle ist, deutet hierauf schon hin. In drei Fällen habe ich nun thatsächlich auch bei Embryonen von dem in Fig. 36 dargestellten Stadium das Organ ganz gleichmäßig rechts und links entwickelt gesehen. Das von mir im vorigen Abschnitt als Exkretionsorgan beschriebene Gebilde ist bereits seit langer Zeit bekannt. Schon Lov£n (25) beobachtete im Jahre 1839 an Opisthobranchier- embryonen einen neben dem After befindlichen, eigenthümlichen, blasenförmigen Körper, den er für ein noch unentwickeltes Ge- schlechtsorgan hielt. 19* 288 Richard Heymons, Dasselbe Organ wurde dann auch von Sars (42) erwähnt. LAnGeErHAns (23) fand das von Lovin entdeckte Organ sowohl bei Doris wie bei Acera bullata auf. Er beschreibt, dass bei letzterer Form zwei runde Körper neben dem Enddarm liegen, von denen der eine »eine Zusammensetzung aus einzelnen keulenförmigen Abschnitten zeigt, die eine helle Randschicht und ein mit dunkel glänzenden Tropfen gefülltes Lumen besitzen«. Da LangernAns eine Entleerung der Tropfen nach außen beobachten konnte, so schreibt er dem Organ im Gegen- satz zu Lov£n eine exkretorische Funktion zu. Nach Ray Lankester (24) entsteht das fragliche Organ bei Aplysia aus großen hellen Zellen, die dem Darmkanal angehören, doch hält er es nicht für ausgeschlossen, dass das Organ auch durch Einwuche- rung vom Epiblast aus gebildet sein könne. Auch er glaubt, dass es ein Exkretionsorgan sei und vergleicht es mit dem Bo,anus’schen Organe der Muscheln. Trıncugse (45) beobachtete darauf an den frei schwimmenden Larven von Ercolania ein an der rechten Körperseite befindliches, birnförmiges und stark pigmenthaltiges Organ, das wahrscheinlich gleichfalls den vorhin erwähnten Gebilden entspricht. Es wird von ihm seiner Lage nach als Analdrüse bezeichnet. Nach seiner Beschrei- bung entsteht es aus drei bis vier Mesoderimzellen, in denen bald Pig- ment auftritt, und die durch weitere Theilung das ziemlich umfang- reiche Organ bilden. Dasselbe findet sich auch bei Amphorina und Berghia. Hier enthält es aber kein Pigment, sondern eine stark licht- brechende Substanz. Bei Doto coronata ist es paarig. Hınvon (47) fand bei einem Prosobranchierembryo (Janthina fragilis) eine violette Masse an der rechten Seite in unmittelbarer Nähe des Afters. Er macht darauf aufmerksam, dass derselbe Körper auch bei Opisthobranchiern vorkomme, so bei Philine aperta ebenfalls an der rechten Seite, bei Elysia viridis links und bei Pleurobranchidium auf beiden Seiten. Im Jahre 1888 beschrieb Ruo (37) die Entwicklung desselben Or- gans bei Chromodoris elegans. Es entsteht nach ihm aus wenigen Mesodermzellen, welche reich an gelblichen Körnchen sind. Später nimmt das Gebilde eine ziegelrothe und dann eine violette Färbung an. Die in den Zellen enthaltenen Körnchen glaubt er als Exkretstoffe an- sehen zu müssen, während er das Organ selbst als Urniere deutet. Er schließt dies vor Allem aus seiner übereinstimmenden Lage mit der rechten Urniere bei Prosobranchierembryonen. Auch darin, dass das Organ nur unpaar an der rechten Körperseite sich befindet, glaubt Rao keine Schwierigkeit zu finden, indem er darauf hindeutet, dass das Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 239 entsprechende Gebilde der linken Seite durch Anpassung an das Larvenleben allmählich verschwunden sein könne. Lacaze-Durniers und Pruvor (24) beobachteten darauf das Organ bei den Embryonen zahlreicher Opisthobranchier, wie Aplysia, Philine, Bulla, Pleurobranchus, Doris und bei Aeolidien. Sie konnten sich von der Herkunft desselben aus dem äußeren Keimblatt überzeugen, legten ihm aber die Bedeutung eines Sinnes- organs, und zwar die eines analen Auges zu. Zu dieser irrthümlichen Auffassung wurden sie wohl dadurch veranlasst, dass gerade bei den von ihnen besonders untersuchten Larven von Philine die Kopfaugen fehlen. | Die Entwicklung geht nach den beiden Autoren in der Weise Vor sich, dass vier Ektodermzellen sich über die Oberfläche erheben und sich mit kleinen Pigmentkörnchen anfüllen. Sie fassen eine fünfte Ektodermzelle zwischen sich, deren Inhalt hell und durchscheinend wird, und welche von den genannten Autoren als Linse angesehen wurde. Diese centrale Zelle wird später von den peripher gelegenen überwachsen, so dass nur eine kleine Partie an ihrer Spitze frei bleibt. Dann platten sich die Zellen ab und senken sich ein. Beim Ausschlüpfen der Larven befindet sich das jetzt schwarz pigmentirte Organ am Mantelrand in unmittelbarer Nähe des Afters. in neuester Zeit hat sich noch MazzarzıLı (27) mit dem in Rede stehenden Organ in eingehender Weise beschäftigt. Der italienische Forscher hat zunächst das Verdienst, zum ersten Male die von anderen Untersuchern gewonnenen Resultate berücksichtigt und einen ge- nauen historischen Überblick gegeben zu haben. Er wendet sich vor Allem gegen die von LacazE-Dursiers geäußerte Ansicht und macht darauf aufmerksam, dass das Gebilde auch denjenigen Larven zukommt, welche im Besitz von wohlentwickelten Kopfaugen sind. Das Organ entsteht nach ihm bei Aplysia aus den zwei aboralen Urmesodermzellen, die sich vermehren und eine Anhäufung von Zellen liefern, in deren Innerem sich ein mit Flüssigkeit und Konkretionen gefüllter Hohlraum ausbildet. Später wird das Innere des nunmehr sackförmigen Gebildes durch eine Ektodermeinstülpung mit der Außen- welt in Verbindung gesetzt. Die Lage des Organs ist ganz die nämliche wie bei Umbrella. MazzarerLı hält das Gebilde für ein Exkretionsorgan, und zwar sieht er in ihm die Anlage der definitiven Niere. Er schließt dies aus seiner Entwicklung, seiner Lagerung stets hinter gewissen, als Kopf- nieren beschriebenen Säckchen, sowie ferner aus dem Grunde, dass bei Embryonen von Prosobranchiern (Capulus) die definitive Niere 290 Richard Heymons, einen ganz ähnlichen Platz einnimmt, wie das fragliche Organ bei den eben ausgeschlüpften Larven von Aplysia. Leider gelang es ihm nicht, diese letzteren am Leben zu erhalten, so dass er gleichfalls die weitere Entwicklung nicht studiren konnte. Schließlich ist das fragliche Organ auch noch bei CGorambe von Fıscuer (12) beobachtet worden, der die Vermuthung ausgesprochen hat, dass es zu einer kleinen am Nierenporus gelegenen Drüse in Be- ziehung stehen könne. Es dürfte wohl kaum ein Organ bei einer Thiergruppe geben, welches in so verschiedenartiger Weise gedeutet worden ist, und das man hinter einander als Geschlechtsorgan, als merkwürdigen Pigment- fleck, als Drüse, Vorniere, Auge oder als definitive Niere aufgefasst hat. Eben so verschieden sind die Resultate, zu denen die verschiedenen Forscher bezüglich der Entwicklungsgeschichte gelangt sind. Das Organ soll, wie schon Mazzareıtı hervorhebt, bald aus dem Ektoderm, bald aus dem Entoderm oder dem Mesoderm entstehen. Aus der überein- stimmenden Lage an der rechten Körperseite von Opisthobranchier- embryonen, in der Nähe des Afters und am Mantelrand ergiebt sich aber wohl ohne Zweifel, dass nicht etwa verschiedenartige Gebilde untersucht wurden, sondern dass thatsächlich immer dasselbe Organ vorgelegen hat. Hierfür sprechen auch die Abbildungen, welche Ray LANKESTER für Aplysia, LANGERHANS und Rxo für Doris gegeben haben. Ob auch die von Trınchese beschriebenen »glandule anali« hier- hin gehören, weiß ich nicht sicher, doch wird es von MazzAreLıı ange- nommen. Bei Umbrella kann bezüglich der Herkunft des fraglichen Organs kein Zweifel sein, da die ektodermale Abstammung sicher nachzu- weisen ist. Auch lässt der histologische Bau auf die Bedeutung als Exkretionsorgan wohl mit Sicherheit schließen. Ektodermale Exkretionsorgane sind zwar noch nicht von Opistho- branchiern bekannt, doch schon mehrfach an Pulmonaten und Proso- branchiern beschrieben worden. Ich habe hier die sogenannten äußeren Urnierenzellen im Sinne, auf welche bereits Ganın (16) aufmerksam gemacht hat. BoBrETZKY (%) beobachtete ihre Entstehung bei Nassa. Es tritt bei dieser Form zu beiden Seiten des Fußes eine Anzahl von Ektoderm- zellen über die Oberfläche hervor, die sich später außerordentlich stark vergrößern und in deren Plasma sich bräunliche Konkremente ansammeln. Ganz identische Organe fand Sırexsky (38) bei den Embryonen von Galyptraea sinensis. Sie bestehen in der Regel aus vier » verhält- Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 391 nismäßig kolossalen Zellen«, die in ihrem Inneren ein sogenanntes Sekretionsbläschen enthalten, das mit Flüssigkeit und Harnkonkretionen erfüllt ist. Eine äußere Öffnung war nicht nachzuweisen. SaLunsky, der auch bei Nassa reticulata diese Organe beobachtete, hebt noch besonders ihre äußerliche Lage hervor. MacMurricH (30) beschrieb darauf ganz dieselben Bildungen bei Fulgur und Fasciolaria, welche vermuthlich mit den schon von Ossorn (32) bei der letzteren Form als »subvelar masses« bezeichneten Körpern übereinstimmen. Endlich hat in neuester Zeit noch v. ErLAN- GER (11) die sogenannten äußeren Urnieren bei den Embryonen von Capulus in Gestalt einer großen hellen, jedenfalls hinter dem Velum befindlichen Ektodermzelle aufgefunden. Bei manchen Pulmonaten (Limnaeus und Planorbis) beobachtete BürscaLı (5) außer den typischen »inneren Urnieren« noch Gebilde, welche er auf die vorhin beschriebenen bezieht. Sie bestehen nach ihm aus jederseits drei sehr großen mit Körnchen erfüllten Ektoderm- zellen, die sich über die Oberfläche des Embryo hervorwölben. Eine ganz übereinstimmende Schilderung gab auch For (15), der noch die Möglichkeit einer Beziehung zu den inneren Urnieren an- deutet. Im Gegensatz hierzu sprach freilich Rasr (31) die Meinung aus, dass die sogenannten äußeren Urnieren der Süßwasserpulmonaten weiter nichts als Theile des Velums seien, eine Ansicht, welcher sich auch v. ERLANGER (10) angeschlossen hat. Zu weit dürfte es aber wohl gehen, auch die von verschiedenen Seiten beschriebenen »äußeren Urnierenzellen« gewisser Prosobranchier als Velarzellen aufzufassen und ihnen damit jede exkretorische Funktion abzusprechen. Die histologische Struktur dieser eine ungewöhnliche Größe erreichenden Zellen weicht doch erheblich von der der Velar- zellen ab, und auch ihre Lage stimmt durchaus nicht mit der des Velums überein. Auffallend ist die außerordentliche Ähnlichkeit, welche diese Zellen mit denen des Exkretionsorgans von Umbrella besitzen. Bei letzterer Form kann von einer Verwechslung mit Velarzellen um dess- willen nicht die Rede sein, weil die beiden Exkretzellen am Hinterende zur Ausbildung kommen, während das Velum erst sehr viel später an der entgegengesetzten Seite sich anlegt. Mit meinen entwicklungsgeschichtlichen Ergebnissen an Umbrella dürften sich noch am besten diejenigen von Lacaze-Duraers und Pruvor in Einklang bringen lassen. Die von ihnen als Linse gedeutete große helle Ektodermzelle, welche_später ins Innere sich einsenkt und von m FE ee | 292 Richard Heymons, den angrenzenden Ektodermzellen überdeckt wird, erinnert überaus stark an die große Exkretzelle von Umbrella, welche gleichfalls von den umliegenden Ektodermzellen überwachsen wird. MazzArsıLı erwähnt ebenfalls, dass das Lumen des Organs von verhältnismäßig großen Zellen ausgekleidet sei, er stimmt aber mit Trınchzse und Rao darin überein, dass es vom Mesoderm gebildet wird. Ich will darauf aufmerksam machen, dass; sobald die Exkretzellen von Umbrella in die Tiefe gesunken und an ihrer Oberfläche von Ektodermzellen bekleidet sind, sie leicht den irrthümlichen Eindruck einer mesodermalen Entstehung hervorrufen können. Wenn bei anderen Formen dieses Einsinken sehr frühzeitig stattfinden sollte, so ließe sich vielleicht dadurch ein Theil der erwähnten abweichenden Ansichten erklären. Ein analoger Fall scheint mir in dieser Hinsicht bei Nereis sich zu finden. Nach den Beobachtungen von Wırson (48) entsteht hier ein als »head-kidney« beschriebenes Exkretionsorgan aus Ektodermzellen in der Nähe des animalen Poles, welche gleichfalls frühzeitig unter die Oberfläche sich in die Tiefe einsenken und später noch nach hinten wandern, ehe sie eine exkretorische Funktion annehmen. Ein Gegensatz zwischen dem von mir bei Umbrella und den von MazzareLLı und Trincuzse beschriebenen Gebilden besteht noch darin, dass die von letzteren untersuchten Organe eine mehr oder weniger sackförmige Gestalt annehmen, und sich ihr Lumen mit der Außenwelt in Verbindung setzt. Hier geben vielleicht die Beobachtungen von Rao (37) eine Erklä- rung. Nach seiner Schilderung entwickelt sich an der Seite des Organs eine Kapsel, die, wenn der Embryo das Ei verlässt, das ganze Organ umschließt und neben dem After mit einer Öffnung ausmündet, durch welche die Exkretstoffe nach außen gelangen können. | Noch wichtiger sind die Ergebnisse von Bosrerzky (4), welcher beschreibt, dass sich bei Fusus während der späteren Entwicklung in den Zellen der äußeren Urnieren Vacuolen ausbilden, die zu einem gemeinsamen Hohlraum zusammenfließen, wodurch dann eine sack- förmige Gestalt der Urniere bedingt wird. Entsprechende Verhältnisse hat auch MacMurric# (30) erwähnt, und es sind diese Beobachtungen noch durch v. ErLanger bestätigt worden. Es ist daher durchaus nicht unwahrscheinlich, das bei der weiteren, von mir nicht mehr studirten Entwicklung von Umbrella sich durch Auseinanderweichen oder durch Zerfall der Zellen ebenfalls ein Hohl- raum im Inneren des Exkretionsorgans ausbildet, welches möglicher- weise dann später noch eine Öffnung nach außen gewinnt. Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 293 Suchen wir nun nach einer Deutung des Organs, so spricht gegen die von Ray Lankzster und MazzureıLı vertretene Auffassung als Niere, dass das fragliche Organ bei Umbrella aus dem Ektoderm entsteht. Auch mit den inneren Urnieren der Prosobranchier, wie es Ruo gethan, lässt es sich aus demselben Grunde nicht vergleichen. Die Herkunft der inneren Urnieren aus dem Mesoderm, zum wenigsten die ihres secer- nirenden Theiles werden wir nach den bestimmten Angaben von Ras (34) und v. ErtAnGer (8, 10) für Pulmonaten und Prosobranchier wohl als sicher ansehen dürfen. Hierzu kommt, dass man bei Opisthobranchiern bereits als »Urnieren« bläschenförmige Gebilde angesprochen hat, die bei einigen Formen rechts und links in der Nackengegend sich finden. Ihre Deutung ist freilich sehr unsicher'. Am ehesten ließe sich vorläufig noch bei Umbrella das in Rede stehende Exkretionsorgan mit den sogenannten äußeren Urnierenzellen der oben erwähnten Prosobranchierembryonen vergleichen. Gerade wie diese sind die Zellen des Exkretionsorgans von Um- brella ektodermaler Natur, sie enthalten in gleicher Weise bräunliche Konkremente und Vacuolen oder sogenannte Sekretionsbläschen und fallen ebenfalls zum Theil durch ihre außerordentliche Größe auf. Der Umstand, dass die äußeren Urnieren der Prosobranchier paarig sind, wird keine Schwierigkeit machen, da die Entwicklungsgeschichte von Umbrella für eine ursprünglich paarige Anlage spricht. Auch die Lage des Organs am hinteren Körperende braucht noch kein Grund da- gegen zu sein. Durch die Untersuchungen von MacMurrıcn (30) wissen wir, dass die äußeren Exkretionszellen der Prosobranchier ebenfalls bald etwas weiter vorn, bald etwas weiter hinten sich befinden. Wenn ich hiermit das Exkretionsorgan von Umbrella mit den äußeren Urnieren mancher Prosobranchierembryonen in eine gewisse Parallele gestellt habe, so kann dies natürlich nur vermuthungsweise geschehen, und ich bin um so weiter davon entfernt, hier von einer vollständigen Homologie zu sprechen, als gerade die bezüglicheu Ver- hältnisse bei den Prosobranchiern noch sehr wenig untersucht sind, während, wie wir gesehen haben, die Ansichten für die Opisthobranchier zur Zeit sogar noch vollständig aus einander gehen. Berlin, im Januar 1893. 1 v. ErtAnger (Biol. Centralblatt, Nr. 4, 1893) ist neuerdings geneigt, diese mit Konkretionen gefüllten Bläschen der Opisthobranchier sowohl mit den inneren Urnieren der übrigen Gasteropoden, wie mit den sog, äußeren Urnieren der Proso- branchier zu homologisiren. Besonders in Bezug auf den letzteren Punkt dürfte aber der Beweis wohl erst noch geführt werden müssen. 294 Richard Heymons, 21. . VAN BENEDEN, Recherches sur le developpement des Aplysies. Ann. d. sc. nat. . F. BrLocunann, Über die Entwicklung der Neritina fluviatilis Müll. Diese Zeit- . F. Brocunann, Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung der Gastropoden. Diese . N. BoBRETZEY, Studien über die embryonale Entwicklung der Gastropoden. . 0. Bürscaui, Entwicklungsgeschichtl. Beiträge. Diese Zeitschr. BE. XXIX, 1877. . E. G. Conkuin, Preliminary Note on the Embryology of Crepidula fornicata and . E. G. Conkuin, The Cleavage of the Ovum in Crepidula fornicata. Zool. Anz. . R. v. ERLANGER, Zur Entwicklung von Paludina vivipara. Theil 1. u. 2. Morph. . R. v. ERLANGER, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gasteropoden. I. Zur ‚ R. v. ERLANGER, Mittheilungen über Bau und Entwicklung einiger marinen . H. Fischer, Recherches anat. sur un Mollusque nudibranche appartenant au . F. For, Etudes sur le developpement des Pteropodes. Archives de zoologie exp. . F. For, Sur le developpement embryonnaire et larvaire des Heteropodes. Arch. . F. For, Sur le developpement des Gasteropodes Pulmones. Archives de zoo- . M. Ganın, Beiträge zur Lehre von den embryonalen Blättern bei den Mollusken. . A. C. Hannon, Notes on the development of Molluska. Quart. Journ. of Micer. . N. KnıpowırscH, Über die Entwicklung der Clione limacina. Biolog. Centralbl. . KoRscHELT u. Heiner, Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der .‚ A. KowAevsky, Embryogenie du Chiton Polii. Annales du Mus. Hist. Nat. de Litteraturverzeichnis. 2. ser. Tom. XV. 1841: schrift. Bd. XXXVI. 1882. Zeitschr. Bd. XXXVIII. 1883. Archiv für mikr. Anat. Bd. XIII. 1877, of Urosalpinx cinerea. Johns Hopkins Univ. Circ. Baltimore, Vol. X. 1894, Nr. 23991 71892. Jahrbuch. Bd. XVII. 1891. R. v. ERLANGER, Zur Entwicklung von Bythinia tentaculata. Zool. Anz, Nr. 376, 1894, Entwicklung von Bythinia tentaculata. Mittheil. aus der Zool. Station zu Neapel. Bd. X. 1892, Prosobranchier. Zool. Anz. Nr. 408. 1892. genre Corambe. Bull. Scient. de la France et de la Belgique. Tom XXI. 4894. (Mir nicht zugänglich gewesen.) gen. Tom IV. 1875. de zoologie exp. gen. Tom V. 1876. logie exp. gen. Tom VIII. 4880. Warschauer Univ. Berichte. Nr. 4. 4872. Russisch. Science. Vol. XXII. 1882. Bd. XI. 1894, wirbellosen Thiere. Heft 3. Jena 4893. Marseille. Tom I. 1883. LACAZE-Durnıers et PruvoT, Sur un oeil anal larvaire des Gasteropodes opistho- branches. Compt. Rend. Acad. Sc. Paris, Tom CV. 1887. A, Lang, Die Polycladen des Golfes von Neapel. in: Fauna u. Flora des Golfes von Neapel. XI. 1884. Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. 295 33. P. LAnGERHANS, Zur Entwicklung der Gastropoda Opisthobranchia. Diese Zeit- schrift. Bd. XXIII. 1873, 24. E. Ray Lankester, Contribution to the developmental history of the Mollusca. Philosophical Transactions of the Royal Society. Vol. CLXV. Part I. London 4875. 25. S. Lovzn, Bidrag til Kännedomen of Molluskernas utveckling. Kongl. Vetens- kaps-Academiens Handlingar för ar 1839. Stockholm 1841. 26. L. MAnFreDI, Le prime fasi dello sviluppo dell’ Aplysia. Atti della R. Accad. Scienze Fisich. Mat. Napoli. Vol. IX. 1882. 27. G. MAZZARELLI, Intorno al preteso occhio anale delle larve degli Opistobranchi. Rendiconti della R. Accad. dei Lincei. Cl. d. sc. fisich., mat., nat. Vol.I. ser. 5a. Roma 1892. 28. M.G, Moovis-Tanoon, Recherches anatomiques sur l’ombrelle de la Mediterranee. Annales d. sc. nat. Vol. XIV. Paris 4870. | 29. F. MürLLer, Zur Kenntnis des Furchungsprocesses im Schneckenei. Archiv für Naturgesch. Jahrg. XIV. Bd. I. 4848, 30. J. Pr. MacMurrica, A contribution to the embryology of the Prosobranch Gasteropods. Studies from the Biological Laboratory of the Johns Hopkins University Baltimore. Vol. III, 1884—1887. 34. A. v. NorDmAnn, Essay d’une Monographie du Tergipes Edwardsii. Annales d. sc. nat. Tom V, 4846. 32. H. L. Ossorn, Development of the Gill in Fasciolaria. Studies from the Biologi- cal Laboratory of the Johns Hopkins University Baltimore. Vol. Il. 1884—1 887. 33. W. PArıen, The embryology of Patella. Arbeiten des zoologischen Instituts der Univ. Wien. Bd. VI. 1886, 34. C. RasL, Über die Entwicklung der Tellerschnecke. Morph. Jahrbuch. Bd. V. 1879. 35. C. Ras, Über den »Pedicle of invagination« und das Ende der Furchung von Planorbis. Morph. Jahrbuch. Bd. VI. 1880. 36, GC. Ragı, Theorie des Mesoderms. Morph. Jahrbuch. Bd. XV. 41889, 37. F. Ro, Studi sullo sviluppo della Chromodoris elegans. Atti della R. Accad. Scienze Fisich. Mat. Napoli. Vol. I. 1888. 38. W, SALENsKY, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Prosobranchien. Diese Zeitschr. Bd. XXI. 1872. 39. W, Sırensky, Etudes sur le developpement du Vermet. Archives de Biologie. Paris. Vol. VI. 4885. 40. W, SALEnsky, Zur Entwicklungsgeschichte des Vermetus. Biol. Centralblatt. Bd. V. Nr. 18. 1885. 44. P. Sarasın, Die Entwicklungsgeschichte der Bythinia tentaculata. Arbeiten zool, Institut Würzburg. Wiesbaden, Bd. VI. 1883, 42. M. Sars, Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Mollusken. Archiv für Natur- geschichte, Bd. VI, 1840. Zusatz über die Nudibranchier. 44. Jahrg. Bd. I. 1845, 43. E. SELENKA, Zoologische Studien. II. Zur Entwicklungsgeschichte der Seepla- narien, Leipzig 1884, 44, S. TRIncHESsE, I primi momenti dell’ evoluzione nei Molluschi. Atti della R. Accademia dei LLincei. Cl. Fisich., Mat., Nat. Vol. VII. ser. 3. Roma 4880. 45. S. TRINCHESE, Per la fauna marittima italiana. Aeolididae e famiglie affini. Atti 296 Richard Heymons, R. Accad. dei Lincei. Mem.Cl. d. sc. Fisich., Mat., Nat. Vol. XI. ser. 3. Roma 1881. j 46. A. VAyssıERE, Recherches zoologiques et anatomiques sur les Molluskes opistho- branches du Golfe de Marseille. Ann. du Musee d’Histoire Nat. de Mar- seille. Tom ll. Mem. 3. 1885. 47. N. A. WARnEcK, Über die Bildung u. Entwicklung des Embryos bei den Gastero- poden. Bull. de la Soc. Imp. des Naturalists de Moscou. Tom XXIII. 1850. | 48. E. B. Wırson, The cell Jineage of Nereis. Journ. of Morphology. Vol. VI. No.3. 1892. 49, G, v. WISTINGHAUSEN, Untersuchungen über die Entwicklung von Nereis Dume- rilii. Mitiheilungen aus der Zool. Station zu Neapel. Bd. X. 1891. 50. W. Worrson, Die embryonale Entwicklung des Limnaeus stagnalis. Bull. de l’Academie de St. Petersbourg. Tom XXVI. 1880. Erklärung der Abbildungen. Tafel XIV. Fig. 4. Zweizelliges Stadium vom animalen Pol gesehen. 42 Stunden nach der Ablage der Eier. AB und CD die beiden ersten Blastomeren;; rk, Richtungskörper. Vergr. 280. Fig. 2. Ei im Stadium der Viertheilung, 24 Stunden nach der Ablage. Das kleinere Blastomer ist in zwei Zellen Cund D zerfallen, das größere AB noch nicht durchgeschnürt. Vergr. 280. Fig. 3. Vierzelliges Stadium vom animalen Pol gesehen. 30 Stunden alt, Vergr. 280, Fig. 4. Achtzelliges Stadium, 2 Tage alt. Von den vier Makromeren ABCD hat sich die erste Generation von Mikromeren a’b’c’d’ abgeschnürt, Vergr. 280. Fig. 5. Zwölfzelliges Stadium, 2!/g Tage alt. Die Mikromeren der zweiten Generation a”b”c”’d" sind entstanden, die Makromeren bereiten sich zur dritten Theilung vor. Vergr. 280. Fig. 6. Zwanzigzelliges Stadium, 3 Tage alt. Die Mikromeren der dritten Generation a’”’’b”’c"’d"' sind gebildet, die Theilung der ersten Generation von Mikromeren ist bis auf d’ vollendet. Die Mikromeren der zweiten Generation be- reiten sich zur Theilung vor. Vergr. 280. Fig. 7. Vierundzwanzigzelliges Stadium, 3 Tage alt. Ruhestadium, das der Mesodermbildung vorangeht. Vergr. 280. Fig. 8. Ei, vom vegetativen Pol gesehen, 4 Tage alt. Durch die Theilung der linken hinteren Makromere D ist die Urzelle des Mesoderms M entstanden. Ver- größerung 280. Fig. 9. Ei, vom animalen Pol gesehen, 4 Tage alt. Die Mikromeren der dritten Generation, sowie die Zellen a”’,b”)c”,d’, bereiten sich zur Theilung vor. Ver- größerung 280. Fig. 10. Ei, vom animalen Pol gesehen, am Ende des 4. Tages. Die Theilungen des vorigen Stadiums sind bis auf die Bildung der Zellen c”ı.ı und d”j.ı beendet. Theilungsfiguren in 5’ und d’, Vergr. 280. Zur Entwieklungsgesehichte von Umbrella mediterranea Lam. 297 Fig. 44. Ei, vom animalen Pol gesehen, 5 Tage alt. Symmetrische Theilung von c”’ und d”’, wodurch die Zellen E und E’ gebildet werden. Vergr. 280. Fig. 12. Ei, vom vegetativen Pol gesehen, 5 Tage alt. Die beiden Urmeso- dermzellen MM sind entstanden. Vergr. 280. Tafel XV. Fig. 43. Optischer Frontalschnitt durch das Stadium der Fig. 12, um die Lage der Urmesodermzellen und der Zellen EE’ zu zeigen. Vom vegetativen Pol aus gesehen. Vergr. 280. Fig. 44. Ei, vom animalen Pol gesehen, am Ende des 5. Tages. Die Ekto- dermscheibe erscheint um 45° gedreht, ihr Centrum besteht aus 42 Zellen, die aus den Mikromeren der ersten Generation a’ b’c’d’ hervorgegangen sind. Die letzte- ren sind auf dieser, sowie auf den folgenden Figuren nicht mehr bezeichnet. Ver- größerung 280. | Fig. 15. Ei, vom vegetativen Pol gesehen, 51/, Tage alt. Vierte Theilung der drei Makromeren ABC, bei letzterer bereits vollendet, Vergr. 280. Fig. 46. Ei, vom vegetativen Pol gesehen, 6 Tage alt. Durch die vierte Thei- lung sind von den Makromeren die Zellen A’B’C’ entstanden. Vergr. 280. Fig. 47. Ein wenig älteres Ei, wie das der vorigen Figur. Stadium von 46 Ektodermzellen. Vergr. 280. Fig. 48. Ei am 8. Tage, vom vegetativen Pol gesehen. Die Zellen c”’ Ed’ E’ haben je eine kleine Zelle nach dem vegetativen Pol abgegeben: cz Eı d”’'3E’,. Vergr. 280, Fig. 19. Ei, vom animalen Pol gesehen, 81/, Tage alt. Theilungen von a’, d,, bei c’, und d’, ist dieselbe bereits vollendet. Theilung von «a”’, und b”’,. Vergr. 280. Fig. 20. 9 Tage altes Ei, vom animalen Pol gesehen. Vergr. 280. Fig. 21. Optischer Frontalschnitt durch ein 7 Tage altes Stadium, vom vege- tativen Pol aus gesehen, Die Urmesodermzellen haben zwei kleine Mesodermzellen mm gebildet. Letztere sind bei tiefer Einstellung gezeichnet und überdecken da- her die Zellen MM. Vergr, 280, Fig. 22. 40 Tage altes Stadium. Frontalschnitt, wie die nächstfolgenden vom animalen Pol aus betrachtet. Die zweite Theilung der Urmesodermzellen ist vor sich gegangen. Vergr. 280. Fig. 23. 14 Tage altes Stadium. Die Zellen M’ M’ haben sich den Urmesoderm- zellen aufgelagert. Die Urmesodermzelle der linken Seite ist in Theilung begriffen. Vergr. 280. Fig. 24. 12 Tage altes Stadium. Die Zellen M’M’ sind vor die Urmesoderm- zellen gerückt. Vergr. 280. Tafel XVI. Fig. 25. Stadium von 14 Tagen. Die Zellen M"’ M" sind gebildet. An der rech- ten Seite sind die Urmesodermzelle und die Zelle M’ in Theilung begriffen. Ver- größerung 280. Fig. 26. Stadium von 45 Tagen. Es soll die weitere Ausbildung des Meso- derms gezeigt werden. Am Hinterende die Analzellen aa. Vergr. 280. Fig. 27. Ei, vom vegetativen Pol betrachtet, 43 Tage alt. In der Mitte die sechs primären Darmzellen ABC Dund C’” D”, umgeben von fünf sekundären Darm- zellen 4’A”’ B’B"C’. Die Ektodermkappe ec beginnt die vegetative Seite zu über- wachsen, Hinten die Analzellen aa. Vergr, 280. 398 _ Richard Heymons, Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. Fig. 28a. Ei mit beginnender Invagination der primären Darmzellen (Gastrula- stadium), 45. Tag. Am Hinterende des Blastoporus die beiden Analzellen aa. Ver- erößerung 280. Fig. 285. Etwas älteres Gastrulastadium, mit beginnendem Schluss des Blasto- porus 5l, 46. Tag. Vergr. 280. Fig. 29. Frontalschnitt durch den hinteren Theil eines Eies im Gastrulasta- dium, 47. Tag. Die Urmesodermzellen MM sind aus einander gewichen. Zwischen ihnen kleinere Mesodermzellen m und m’, die bis an die Analzellen aa reichen. Vvergr. 400. Fig. 30. Frontalschnitt durch das Ei nach dem Ablauf der Gastrulation, 20 Tage alt. M,Urmesodermzellen; mes, Mesoderm; pr,primäre, sec, sekundäre Darm- zellen; v, Velum; ec, Ektoderm; d, Urdarm. Vergr. 280. Fig. 34. Sagittalschnitt durch ein etwas älteres Stadium, 24. Tag. o, Mund; sd, Schalendrüse. Die übrigen Bezeichnungen sind dieselben wie bei der vorigen Figur. Vergr. 280. Fig. 32. Embryo in seitlicher Ansicht, 314. Tag. a, Analzellen; af, After; E, Exkretzelle; ex, mit Konkrementen gefüllte Ektodermzellen; F, Fuß; mw, Mantel- wulst; ot, Otolithenblase; sch, Schale; v, Velum; vf, Velarfeld. Vergr. 280. Fig. 33. Querschnitt durch den hinteren Theil eines Embryo, 34 Tage alt. d, Darm ; en, primäre Darmzellen; end, Enddarm; Ek, Kern der Exkretzelle; Es, sog. Sekretionsbläschen; ex, mit Konkrementen gefüllte Ektodermzellen; mw, Mantel- wulst; sec, sekundäre Darmzellen;; sch, Schale; schf, Schalenfalz. Vergr. 400. Fig. 34. Sagittalschnitt durch das Exkretionsorgan, 37. Tag. Die Bezeich- nungen sind dieselben wie früher. Vergr. 520. Fig. 35. Sagittalschnitt, 41. Tag. Es sind zwei große Exkretzellen EE ge- troffen. op, Deckel. Vergr. 520. Fig. 36. Seitliche Ansicht eines 42 Tage alten Embryo, schematisch gehalten. Ex, das Exkretionsorgan. Vergr. 400. Über den Zusammenhang von Markrohr und Chorda beim Amphioxus und ähnliche Verhältnisse bei Anneliden. Von Basilius Lwoft, Privatdocent an der Universität in Moskau. Mit Tafel XVII. Vor etwa zwei Jahren habe ich meine Untersuchungen über Bau und Entwicklung der Chorda von Amphioxus publieirt! und dort jene Fasern beschrieben, die paarweise in kleinen Zwischenräumen ent- sprechend den paarweise gestellten Öffnungen in der Chordascheide in diese Öffnungen eintreten, um sich an der inneren Fläche der Chorda- scheide zu befestigen. Ich habe hervorgehoben, dass diese, so zu sagen, ventralen Fasern anderen Fasern ähnlich sind, die von allen Seiten aus dem Rückenmark ausgehen, sich in die bindegewebige Hülle des- selben einsenken und von verschiedenen Verfassern als bindegewebige Fasern, von Ronpe als Stützfasern beschrieben wurden. Was die Bedeutung der fraglichen Fasern betrifft, so habe ich mich dahin aus- ausgesprochen, dass sie zur Befestigung des Rückenmarkes dienen. Ich äußerte mich damals so: »Ob sie eine andere Rolle spielen oder irgend welche andere Bedeutung haben, konnte ich bis jetzt nicht er- mitteln.« 2 Indem ich diese Zeilen niederschrieb, schwebte mir zwar eine Erklärung vor; da ich aber diesen Theil meiner Arbeit noch nicht für abgeschlossen hielt, so habe ich vorgezogen, meine Ansicht nicht aus- zusprechen und die diesbezüglichen Abbildungen nicht zu veröffent- lichen. Jetzt, nachdem ich für meine Auffassung neue Anhaltspunkte von anderer Seite gewonnen, will ich dieses Thema von Neuem in An- griff nehmen, um die Bedeutung dieser Fasern ins Klare zu bringen. Die eingehendste Schilderung der Stützfasern innerhalb des Cen- 1 Mittheilungen aus der Zool. Station zu Neapel. Bd. IX, 4. Heft, 1890. p. 483. 2 ].c.p. 499. 300 Basilius Lwofl, tralnervensystems des Amphioxus verdanken wir Ronpe!, der diese Fasern überhaupt beschreibt, den ventralen Fasern aber, die in die Chordascheide eintreten, keine besondere Aufmerksamkeit schenkt. Roune beschreibt im Nervensystem von Amphioxus kegelförmige Zellen, die den Centralkanal auskleiden, deren Basen dem Gentralkanal zuge- wendet, deren Spitzen aber stets in Fasern ausgezogen sind, welche entweder ungetheilt, oder unter wiederholter Verästelung das Central- nervensystem durchsetzen und sich an der bindegewebigen Scheide desselben inseriren. Er hebt hervor, dass diese Zellen und Fasern ektodermalen Ursprungs sind und das ganze Stützgewebe im Central- nervensystem des Amphioxus bilden und bezieht sich in dieser Hin- sicht auf GIerke?2, der über das Stützgewebe des Gentralnervensystems der höheren Wirbelthiere zu ähnlichen Resultaten gekommen war. Was das Verhalten dieser Fasern zu den Reagentien betrifft, so sagt Ronpe darüber: » Die Stützfasern verhalten sich histologisch den feinen Nervenfasern vollständig gleich und lassen diesen gegenüber nach. Färbemitteln durchaus keinen Unterschied erkennen, eine Beobachtung, die schon Ronon hervorhebt °. In meinem schon erwähnten Aufsatze über Bau und Entwicklung der Chorda von Amphioxus konnte ich diese Angaben von Roupe be- stätigen. Obgleich ich hauptsächlich den ventralen Fasern, die in die Chordascheide eintreten, meine Aufmerksamkeit widmete, habe ich doch gefunden, dass diese ventralen Fasern sich von den übrigen Stützfasern wesentlich nicht unterscheiden. Seitdem ist, so viel ich weiß, nur ein Aufsatz über diese Fasern erschienen; es ist eine kurze Notiz von Juzıa B. PıAtt®. Sie giebt erstens an, dass die Fasern, die in die Chordascheide eintreten, bei Fixirung mit Goldchlorid, eben so wie Nervenfasern sich verhalten, und dass bei der Doppelfärbung mit Alaunkarmin und Bleu de Lyon die bindegewebige Chordascheide sich intensiv blau färbt, während die in den Öffnungen der Scheide befindlichen Fasern ungefärbt bleiben. Daraus schließt sie mit Recht, dass es keine bindegewebigen Fasern sind. Zweitens findet sie, dass diese Fasern Fortsetzungen der Zellen sind, die im Gentralnervensystem liegen, und schließt daraus, dass sie 1 E. Roape, Histologische Untersuchungen über das Nervensystem von Am- phioxus lanceolatus. in: Zool. Beitr. von A. Schneider. Bd. II, 2. Heft. 4888. p. 169. ? GiERKE, Die Stützsubstanz des Centralnervensystems. Archiv für mikr. Anat. 41885 und 4886, 8 ROHDE, l. c. p. 477. * JuLıa B. PrAtt, Fibres connecting the central nervous system and Chorda in Amphioxus. in: Anat. Anzeiger 4892, Nr. 9—40, p. 282. Über den Zusammenhang von Markrohr und Ghorda beim Amphioxus ete. 301 ektodermalen Ursprungs sind. Es stimmen also die Angaben von J. B. Pratr mit denen von Roune ganz überein!. Diese Angaben kann ich, wie gesagt, nur bestätigen. Obgleich J. B. Pıarr die Frage über die Bedeutung dieser Fasern nicht entscheidet, giebt sie doch die Möglichkeit zu, dass sie eigentliche Nerven vorstellen, die neben dor- salen und ventralen Nerven als eine dritte ventrale Nervenreihe nur bei Amphioxus existiren?. Die Möglichkeit dieser letzteren Ansicht muss ich, wie später erörtert werden soll, entschieden in Abrede stellen. Indem ich zur Beschreibung meiner Abbildungen übergehe, hebe ich hervor, dass ich zum Theil meine früheren Angaben darüber wiederholen muss, da ich das Verhalten dieser Fasern schon damals richtig erkannt und beschrieben hatte. Das wesentlich Neue in dieser Arbeit bilden die Abbildungen und die Deutung meiner Befunde. Auf einem Querschnitte durch das gut konservirte Rückenmark von Amphioxus kann man diese Stützzellen und Stützfasern sehr gut sehen. Auf der Fig. 2 sieht man, dass der Gentralkanal von den kegel- förmigen Zellen ausgekleidet ist, die mit ihrer Basis dem Centralkanal zugewendet sind; auf der entgegengesetzten Seite aber sind sie in Fasern ausgezogen, die bis zur Oberfläche des Rückenmarkes vor- dringen und sich in die bindegewebige Scheide desselben einsenken. Man kann hauptsächlich zwei Gruppen von Fasern unterscheiden: erstens die Fasern, die aus den Zellen, die zu beiden Seiten des Cen- tralkanales liegen, ausgehen und nach rechts und links horizontal ver- laufen (horizontale Fasern); und zweitens die Fasern, die aus den Zellen, die dem Boden des Centralkanales anliegen, ausgehen, schräg nach unten ziehen und in die Chordascheide übergehen (ventrale Fasern). Die ventralen Fasern (Fig. 2 v.sif) sind etwas stärker, als die horizontalen und enthalten in ihrem Verlaufe Kerne — ein Um- stand, auf den ich später zurückkommen werde —, sonst unterscheiden sie sich in nichts von den horizontalen Fasern. Was die ventralen Fasern betrifft, so muss ich noch hervorheben, dass die Zellen, von welchen sie ihren Ursprung nehmen, nicht immer dem Centralkanal direkt anliegen, sondern manchmal in einiger Entfernung davon sich befinden. Manchmal aber ist es sehr schwer zu entscheiden, ob man einen Kern oder eine schmale spindelförmige Zelle vor sich hat. Ob- gleich diese Stützfasern sich nach den Färbemitteln von den Nerven- fasern nicht unterscheiden lassen, kann man sie doch, wie aus der Fig. 2 ersichtlich ist, von einander nach ihrem Aussehen unterscheiden. I Es scheint mir doch, dass J. B. Prarr die Arbeit von Ronpe nicht kennt, da sie dieselbe nicht erwähnt. ? »Third and ventral line of nerves peculiar to Amphioxus. « 1. c. p. 284. Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LVI. Bad. 30 302 Basilius Lwofl, Die Stützfasern sind stärker, als die Nervenfasern, und haben ein mehr straffes Aussehen — was mit ihrer Rolle als Stützelemente ganz harmonirt. Wenn man diese Fasern auf einer Serie von Querschnitten ver- folgt, so bemerkt man bald, dass nicht jeder Schnitt alle diese Fasern enthält, dass sie sich vielmehr in gewissen Zwischenräumen ziemlich regelmäßig wiederholen. Diese Anordnung der Stützfasern ist am besten auf Längsschnitten zu sehen. Auf Sagittalschnitten (Fig. 4 und 6 A), wo die ventralen Stützfasern getroffen sind, sieht man, dass die Gruppen dieser Fasern in regelmäßigen Abständen von einander sich befinden. Man kann äußerst deutlich sehen, dass die Fasern die Fortsetzung der kegelförmigen Zellen, die den Centralkanal auskleiden, bilden, nach unten und etwas schräg verlaufen und in die Chordascheide übergehen (Fig. 4). Auf horizontalen Längsschnitten lässt sich eine ähnliche An- ordnung der horizontalen Stützfasern beobachten (Fig. 3). Aus Querschnitten (Fig. 2), sowie aus Sagittalschnitten (Fig. 4) kann man ersehen, dass neben den Zellen, aus denen die ventralen Stützfasern ausgehen, die verhältnismäßig großen Pigmentzellen ge- lagert sind. Diese Pigmentzellen liegen zum Theil unter dem Central- kanal, zum Theil in dem Centralkanal selbst, zum Theil zu beiden Seiten des Bodens desselben, also etwa in der Medianebene des Thieres. Darum dienen sie zur Orientirung bei der Betrachtung der Schnitte. Wenn (zum Beispiel) diese Pigmentzellen auf einem horizon- talen Schnitte durch das Rückenmark getroffen sind (Fig. 3), so ist es so zu deuten, dass der Schnitt auf dem Niveau des Bodens des Gentral- kanales geführt worden ist. Auf Sagittalschnitten sind die Pigment- zellen nur dann zu sehen, wenn der Schnitt in der Nähe der Median- ebene geführt ist. Auf solchen Schnitten sind die Pigmentzellen zu- sammen mit den ventralen Stützfasern zu sehen (Fig. 4 und 6A). Ein ähnliches Bild finden wir in Fig. 49 der Abhandlung von Ronox!, wo die Stützfasern irrthümlicherweise als ventrale Wurzelfasern bezeichnet werden. Aber, abgesehen von anderen Umständen, ist das schon dess- halb unmöglich, weil die ventralen Wurzelfasern ganz seitlich liegen und an einem Sagittalschnitte zusammen mit den Pigmentzellen nicht getroffen werden können (man vgl. Fig. 2). Während die horizontalen Stützfasern einfach in die bindegewe- bige Scheide des Rückenmarks übergehen, bieten die ventralen das besondere Interesse, dass sie in die Öffnungen der Chordascheide ein- * Rosos, Untersuchungen über Amphioxus lanceolatus. Denkschr. Akad. Wien. Bd. XLV. 1882. Über den Zusammenhang von Markrohr und Chorda beim Amphioxus etc. 303 treten. Schon W. Mürzer! hat gefunden, dass die obere Seite der Chordascheide von paarweise gestellien Öffnungen durchbohrt ist, die sich ziemlich regelmäßig wiederholen (Fig. 7). In meinem Auf- satze über die Chorda von Amphioxus habe ich diese Öffnungen schon eingehend beschrieben. Auf Querschnitten (Fig. 4 und 2) erscheinen sie gewöhnlich als abgerundete Aussackungen;; auf Sagittalschnitten, wo man eine lange durch den ganzen Schnitt ziehende Reihe von ihnen überblickt, haben sie manchmal dasselbe Aussehen (Fig. 5), manchmal aber (je nach der Behandlungsweise) erscheinen sie als schmale trichterförmige Öffnungen, welche die Chordascheide durchbohren. Die Fasern, die in den Öffnungen getroffen werden, färben sich inten- siv mit Hämatoxylin und lassen sich auf solche Weise sehr deutlich sehen (Fig. k und 6 B). Da die Öffnungen etwas weiter nach außen ge- legen sind, als die ventralen Stützfasern (Fig. 2), so kann man beide zusammen auf einem Sagittalschnitte nur selten sehen; es gelingt nur auf solchen Schnitten, die etwas dick und nicht streng sagittal ausge- fallen sind (Fig. #4). Hier kann man deutlich sehen, wie die ventralen Stützfasern in die Öffnungen der Chordascheide eintreten. Ihre gegen- seitige Beziehung und Anordnung lässt sich auf der ganzen Serie von Sagittalschnitten beobachten, indem auf den Schnitten, die näher der Medianebene geführt sind, die ventralen Stüzfasern (Fig. 6 A), auf den Schnitten, die mehr nach außen liegen, die Öffnungen zu sehen sind (Fig. 66). Auf Horizontalschnitten der Chordascheide kann man auch sehen, wie diese Fasern in die Öffnungen eintreten, und zwar am besten, wenn der Schnitt etwas schräg ausgefallen ist. Alsdann sieht man diese Fasern zuerst auf der oberen Fläche der Chordascheide, ferner hier und da, wie sie in die Öffnungen eintreten, endlich auf der unteren Fläche der Scheide. Sie verlaufen immer in der Längs- richtung des Thieres, oberhalb und unterhalb der Chordascheide. Dar- um erscheint die letztere (an dieser Stelle) auf Horizontalschnitten längs- gestreift (Fig. 7). Da sie der Scheide sehr dicht anliegen, so werden sie auf Sagittalschnitten an der inneren Fläche der Scheide nur dann deut- lich, wenn diese zufällig sich von der Chorda abgelöst hat. Sie treten dann als dünne Fasern, manchmal mit Kernen, hervor (Fig. 5 sif). J. B. Prarr giebt die Möglichkeit zu, dass diese Fasern eigenthüm- liche Nerven vorstellen. Ich muss gestehen, dass ich, als ich diese Fasern zum ersten Mal (noch im Jahre 1889) auf einem Sagittalab- schnitt (Fig. 4) zu Gesicht bekam, auch neue Nerven entdeckt zu haben glaubte: so verlockend war diese Annahme. Aber nach sorgfältiger 1 W. Mürter, Über den Bau der Chorda dorsalis. Jenaische Zeitschr. Bd. VI. A874. p. 327. 20* 504 Basilius Lwofl, Untersuchung, nachdem ich gefunden, dass diese ventralen Fasern, die in die Öffnungen der CGhordascheide eintreten, sich von den anderen (horizontalen) Stützfasern nicht unterscheiden, musste ich auf diese Ansicht verzichten. Was die Rolle dieser Fasern betrifft, so muss ich das wiederholen, was ich vor zwei Jahren gesagt habe. Die ven- tralen Stützfasern dienen, wie auch die anderen, zur Befestigung des Rückenmarkes; sie thun das aber in höherem Maße, als die anderen, da sie etwas stärker als die anderen Stütz- fasern sind. Was die phylogenetische Bedeutung dieser Stützfasern betrifft, so will ich darüber einige Worte sagen. Zuerst muss ich betonen, dass die radiär verlaufenden Stützfasern nicht nur bei Amphioxus, sondern auch bei den höheren Wirbelthieren sich bemerken lassen. Der radiär-faserige Bau der Neuroglia im embryonalen Rückenmarke der Wirbelthiere wurde schon von vielen Verfassern beschrieben. Es wurde schon von vielen Seiten darauf hingewiesen, dass die Epithelzellen des Centralkanales im Rückenmarke verschiedener Wirbelthierembryonen sich nach außen in feine Fasern fortsetzen, die das Rückenmark durchsetzen und bis zur Pia mater heraustreten. Ohne in die eingehende Besprechung aller diesbezüglichen Arbeiten einzugehen, muss ich bemerken, dass diese Arbeiten den Nachweis erbracht haben, dass die Neurogliazellen und Fasern einen ektodermalen Ursprung haben und sich aus den Epithel- zellen des Centralkanales entwickeln. Ich werde nur einer dieser Arbeiten Erwähnung thun, nämlich des im vorigen Jahre erschienenen Aufsatzes von Mica. v. Lexmossik !, aus dem ich einige Angaben ent- nehme, da sie für mich besonders wichtig sind. M. v. LenHossek beschreibt im Rückenmark der menschlichen Embryonen lange, dünne Stützfasern, die nach der Peripherie hin aus- strahlen und ihren Ausgangspunkt in besonderen Zellen haben, die theils als Ependymzellen am Centralkanal stehen, theils als Neuro- gliazellen über die graue und in etwas geringerer Zahl über die weiße Substanz vertheilt sind. Fast alle diese Fasern gehen im Bereich der weißen Substanz Theilungen ein, wobei die Äste allesammt die Ober- fläche erreichen. Alle diese Stützelemente entstammen dem Ektoderm. ! Mıca. v. LENHOSSER, Zur Kenntnis der Neuroglia des menschlichen Rücken- markes. Verhandlungen der anatom. Gesellschaft auf der fünften Versammlung in München. 4894. p. 493. ? Ich will an dieser Stelle erwähnen, dass meine eigenen diesbezüglichen, noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen, die ich an den verschiedenen Wirbel- thierembryonen angestellt habe, im Wesentlichen mit den Angaben v. LENXHoSsER’s übereinstimmen. is Su In Über den Zusammenhang von Markrohr und Chorda beim Amphioxus ete. 305 Anderweitige Neurogliaelemente, als die geschilderten, vermisst v. Len- HossEk vollständig. Er giebt ferner an, dass dieser Plan der Anordnung der Stützelemente im Rückenmark keineswegs als ein embryonaler, vorübergehender zu betrachten ist; dieser Plan soll auch weiterhin als Grundtypus bleiben, allerdings unter Hinzutritt einiger Komplikationen. Diese Veränderungen bestehen erstens in der Ausbreitung und Ver- ästelung der von den Zellen ausgehenden Fasern. Zweitens auch die »ungleichmäßige Anordnung der Gliazellen unterliegt einem Wechsel, indem aus der Anfangs durch großen Kernreichthum sich auszeichnenden grauen Substanz mehr und mehr Stützzellen in die weiße auswandern, wodurch eine mehr gleichmäßige Vertheilung der Neurogliaelemente: herbeigeführt wird«'. Was die Ependymzellen betrifft, so interessirt uns zunächst die Angabe, dass die Ependymzellen in der Gegend der vorderen Kommis- sur eine sehr charakteristische Anordnung zeigen, und ihre Fasern stets ungetheilt und etwas stärker als die übrigen Ependymfasern sind ?. Wenn diese Angabe keine zufällige ist, so ist sie von großer Bedeutung, denn diese stärkeren Fasern entsprechen ihrer Lage nach den ventralen Stützfasern von Amphioxus, die auch etwas stärker, als die anderen Stützfasern sind. Ich habe so viele Angaben aus der Arbeit von v. Lennossek ent- nommen, um darzuthun, in wie vielen Punkten die Zustände beim Amphioxus mit denen der höheren Wirbelthiere in dieser Hinsicht übereinstimmen. Ich muss auch der Ansicht von v. Lennossek bei- pflichten, dass die Ependymzellen die ältesten Elemente der Neuroglia darstellen, da ich selbst auf Grund meiner Untersuchungen bei Amphi- oxus zu demselben Schlusse gekommen war. Die Ependymzellen von Amphioxus, die denähnlichenZellen anderer Wirbel- thiere homolog sind, bilden die urspünglichen Stützele- mente des Rückenmarkes. Schon bei Amphioxus sehen wir, dass nicht alle Stützzellen dem Centralkanal direkt anliegen; einige sind schon in einiger Entfernung davon gelegen. Bei den höheren Wirbel- thieren lässt sich dieser Process der Auswanderung der Stützzellen in mehr periphere Theile des Markes sehr deutlich verfolgen. Bei Amphioxus finden wir also primitivere Zustände, da diese ursprünglichen Stützzellen mit ihren Fasern beim aus- gewachsenen Thiere äußerst deutlich zu sehen sind (Fig. 2), während bei den höheren Wirbelthieren diese primitiven Zustände durch weitere Komplikationen etwas verwischt sind. l. c. p. 200, 2 cup 30%, 306 Basilius Lwofl, Was speciell die ventralen Stützfasern von Amphioxus betrifft, die in die Ghordascheide eintreten, so bieten sie das besondere Interesse, dass sie auf eine nähere Beziehung zwischen dem Nerven- system und der Ghorda hinweisen. Es ist in dieser Hinsicht lohnend, die Zustände bei Amphioxus mit denen bei Anneliden zu ver- gleichen, da dabei eine sehr wichtige und interessante Homologie sich nachweisen lässt. Fig. 8 und 9 stellen Querschnitte durch das Nerven- system, Bauchmark mit angrenzenden Theilen von Sigalion sguamatum dar. Man sieht die kegelförmigen, mit ihrer Basis der Guticula anliegenden Stützzellen mit langen Fasern, die das Stützgewebe des Nervensystems bilden {Fig. 9. Diese Stützfasern, die das Nervensystem zum Theil umhüllen, treten in das epitheliale blasige Gewebe, das unterhalb des Nervensystems, zum Theil zu beiden Seiten desselben gelegen ist, ein und verschwinden hier, indem sie sich zwischen den Zellen inseriren. Dieses Gewebe besteht aus den blasigen Zellen mit Kernen, die den Chordazellen der Wirbelthiere nicht unähnlich sind; aber diese Ähn- lichkeit wird manchmal durch feine Fasern verwischt, die zwischen den Zellen sich befinden. An diesem epithelialen Gewebe inseriren sich auch die Muskeln, die einerseits zur Oberfläche des Körpers, andererseits zum Darm abgehen. Zu beiden Seiten davon liegt die Längsmuskulatur des Rumpfes (Fig. 8). Wenn man einen solchen Schnitt von Sigalion (Fig. 9) mit einem Querschnitt durch das Nerven- system mit der Ghorda von Amphioxus (Fig. 2.) vergleicht, so sieht man, dass die Stützzellen von Sigalion denen von Amphioxus entsprechen. Aber das ist noch nicht Alles. Das epitheliale blasige Gewebe von Sigalion, in welches die Stützfasern eintreten, wird von diesem Standpunkte aus der Chorda vonAmphioxusent- sprechen. Einerseits dient dieses Gewebe zur Befestigung der Stütz- elemente des Nervensystems, andererseits zur Insertion der Muskulatur, mit anderen Worten bietet es dieselben Beziehungen zu den angrenzen- den Theilen wie die Chorda. Ich muss bemerken, dass ich schon im Jahre 1890, indem ich die Verbindung des Nervensystems mit der Chorda bei Amphioxus zu er- klären suchte, auf dieses Gewebe bei Sigalion meine Aufmerksamkeit gelenkt habe. So vielich weiß, ist dieses Gewebe bei Anneliden spora- disch ziemlich verbreitet. Ronpe hat in seinen histologischen Unter- suchungen über das Nervensystem der Chaetopoden! dieses Gewebe, welches er als Subeutieularfasergewebe bezeichnet und als Hüllgewebe des Nervensystems deutet, bei Sigalion und einigen anderen Anneliden ! Zoologische Beiträge von A. ScunEiver. Bd. II, 4. Heft. 1887. p- #, Über den Zusammeuhang von Markrohr und Ghorda beim Amphioxus ete. 307 beschrieben. Auch Harscaek hat in seinem Lehrbuch der Zoologie dieses Gewebe bei Sigalion abgebildet und es zutreffend als blasiges epitheliales Stützgewebe bezeichnet!. Da diese Frage für mich sehr wichtig war, so habe ich schon damals während meines Aufenthaltes in der Zoologischen Station zu Neapel es bei Sigalion untersucht und gefunden, dass die Ähnlichkeit zwischen diesem Gewebe und der Chorda sehr groß war. Aber da dieses Gewebe ektodermaler Herkunft ist, ich aber damals an der herkömmlichen Auffassung festhielt, nach der die Chorda aus dem Entoderm entsteht, so musste ich diese Ähn- lichkeit für eine mehr äußerliche halten und wollte meine Ansicht nicht publieiren, um die Versuche, ein chordaähnliches Organ bei Anneliden aufzufinden, mit einem neuen nicht zu vermehren. Nun, nachdem ich durch meine embryologischen Untersuchungen zu dem Schlusse gekommen, dass die Ghorda nicht aus dem Entoderm, sondern aus dem Ektoderm entsteht?, habe ich für meine Ansicht neue Anhalts- punkte gewonnen. Das Hauptresultat bezüglich der Chorda, zu welchem ich in meiner embryologischen Arbeit gekommen war, besteht im Wesentlichen darin, dass die Chorda aus einer mit der Seitenmuskulatur gemeinsamen ektoblastogenen Anlage entstanden ist, und zwar als ein Gebilde, das einerseits zur Befestigung des Nervensystems, andererseits zur Insertion der Seitenmuskulatur diente. Die Verbindung mit dem Darme musste ich als eine sekundäre betrachten. Von diesem Gesichtspunkte aus kann das beschriebene blasige Gewebe von Sigalion mit vollem Recht als ein chordaähnliches Organ bezeichnet werden, da es die- selben Beziehungen zum Nervensystem und zu den Muskeln darstellt, wie die Chorda von Amphioxus. Was diese Ähnlichkeit besonders deut- lich macht, das sind die ventralen Stützfasern von Amphioxus, da sie zeigen, dass zwischen dem Nervensystem und der Chorda eine direkte Verbindung besteht. Diese Fasern können also im phylogenetischen Sinne verwerthet werden. Ich kann nicht angeben, wie dieses blasige Gewebe (das chorda- ähnliche Organ) bei Sigalion oder bei anderen Anneliden sich ent- wickelt. Aber ich glaube, es lässt sich bei den Annelidenlarven ein Gebilde nachweisen, welches mit vollem Rechte für homolog der Chorda gehalten werden kann. In meiner vorläufigen Mittheilung über 1 HATscHEk, Lehrbuch der Zoologie. 1. Lieferung. 4888. p. 135, 2 Siehe darüber im Biolog. Centralblatt meine zwei Mittheilungen: A) Über einige wichtige Punkte in der Entwicklung des Amphioxus und 2) Über die Keim- blätterbildung bei den Wirbelthieren. 308 Basilius Lwofl, die Keimblätterbildung bei den Wirbelthieren! habe ich schon darauf ‚hingewiesen, dass das Kopfschild, resp. Bauchschild der Lopadorhyn- chuslarve auch als ein chordaähnliches Gebilde aufzufassen ist. Um diese Ansicht zu begründen, will ich einige Angaben darüber aus der Abhandlung von Kırinengerg? entnehmen. Nach der Angabe von Kırinengerg schließt sich das Kopfschild anatomisch dem nervösen Gewebe an und entsteht aus den Ektodermzellen. »Diese Zellen ziehen sich von der Oberfläche in die Tiefe des Ektoderms zurück und dabei scheidet sich in ihrem Inneren eine klare Flüssigkeit aus, die schnell so sehr zunimmt, dass das Protoplasma zu einer dünnen membranartigen Hülle ausgedehnt wird, die an einer Stelle den geschrumpften Kern enthält. Die derart umgebildeten Zellen rücken an einander und er- halten unregelmäßig polyedrische Formen«?. Es scheint mir die Ähnlichkeit des eben geschilderten Processes mit der Differenzirung der CGhordazellen lässt sich nicht verkennen. Eben so entsteht auch das Bauchschild aus den Ektodermzellen. Beide Gebilde (das Kopf- und Bauchschild) stellen ein vergängliches Stütz- gewebe dar, das ich nach seiner Entwicklung, seiner Lage undseinem Bau als ein chordaähnliches Organ betrachte. In meiner Auffassung habe ich mich hauptsächlich auf meine embryologischen Untersuchungen gestützt, die mich belehren, dass die Chorda aus dem Ektoderm entstanden ist und sich aus einer Anlage differenzirt hat, aus der auch das Nervensystem und die Seitenmusku- latur sich entwickeln. Diese Auffassung wird andererseits durch den Nachweis einer direkten Verbindung zwischen dem Nervensystem und der Chorda beim Amphioxus und der ähnlichen Verhältnisse bei Anne- liden gestützt. Mögen die Zoologen, die sich mit der Morphologie und Ent- wieklungsgeschichte der Anneliden beschäftigen, auf diese Frage ihre Aufmerksamkeit lenken. Moskau, im December 1892. ! Biolog. Centralblatt. 2 KLEINENBERG, Die Entstehung des Annelids aus der Larve von Lopadorhyn- chus. Diese Zeitschr. Bd. XLIV. 1886. 3 KLEINENBERG, 1. C. p. 62. Über den Zusammenhang von Markrohr und Chorda beim Amphioxus ete. 309 Erklärung der Abbildungen, Tafel XVII. Alle Figuren sind mit der Camera ABBE gezeichnet, und zwar Fig. 1, 6, 7 und 8 mit Zeıss System AA, Ocular 2, die übrigen mit Zeıss Apochrom. 8, Compens.-Ocular 4. c, Gentralkanal; ch, Chorda; ch.sch, Chordascheide; cu, Cuticula; D, Darm; Im, Längsmuskulatur des Rumpfes; m, Muskeln; Mk, Bauchmark; mn, mo- torische Nerven; N, Rückenmark; oe, Öffnungen in der Chordascheide; sn, sensible Nerven; siz, Stützzellen; sif, Stützfasern; v.sif, ventrale Stützfasern. Fig. 1. Aus einem Querschnitt von Amphioxus. Man sieht das Rückenmark und die Chorda. Osmiumsäure, Platinchlorid — Chromsäure, Pikrokarmin. Fig. 2. Querschnitt durch Rückenmark und Chorda von Amphioxus. Subli- mat-Eisessig, Boraxkarmin. Fig. 3. Horizontalschnitt durch das Rückenmark von Amphioxus. Sublimat- Eisessig, Boraxkarmin. Fig. #4. Sagittalschnitt durch das Rückenmark von Amphioxus, Rechts sieht man die ventralen Stützfasern in die Öffnungen der Chordascheide eintreten. Mürrer’sche Flüssigkeit, Hämatoxylin RenAur. Fig. 5. Aus einem Sagittalschnitte, Man sieht dasRückenmark und die Chorda- scheide mit den Öffnungen. An der inneren Fläche der Scheide sind Fasern zu sehen. Sublimat-Eisessig, Boraxkarmin., Fig. 6. Zwei Sagittalschnitte aus derselben Serie. Mürter’sche Flüssigkeit, Hämatoxylin RenAur. A, Ein näher der Medianebene gelegener Schnitt, auf welchem die ventralen Stützfasern getroffen sind. B. Ein etwas mehr nach außen gelegener Schnitt, auf welchem die Öffnungen in der Chordascheide zu sehen sind. Fig. 7. Horizontaler Schnitt durch die obere Seite der Chordascheide. Man sieht die paarweise gestellten Öffnungen in derselben. rig. 8. Aus einem Querschnitt von Sigalion squamatum, ch, chordaähn- liches Gebilde. Alkohol, Boraxkarmin. Fig. 9. Ein Theil eines solchen Schnittes von Sigalion bei stärkerer Vergröße- rung, Kritische Bemerkungen über die Systematik der Neomeniiden. Von Dr. Heinrich Simroth. Bei dem hohen Interesse, welches die Solenogastres oder Aplaco- phoren als Reste einer alten und dem Ursprunge des Typus nahestehen- den Molluskengruppe naturgemäß gefunden haben, seit man einmal auf sie aufmerksam geworden ist, hat sich, man möchte sagen von Stick zu Stück des seltenen Materiales die Kenntnis des anatomischen Aufbaues allmählich etwas geklärt. Jede Form, die untersucht wurde, stellte neue Fragen zur Diskussion, und die neuen Funde wurden eifrigst darauf angesehen, in wie weit sie verwerthbar waren zu einem Für oder Wider bei der morphologischen Spekulation. Wenn auch die systematische Verschiedenheit der bearbeiteten Formen nicht unbe- achtet bleiben konnte, so trat sie doch viel weniger in den Vorder- grund, als es in jeder altbekannten Thiergruppe der Fall gewesen sein würde. An und für sich mag ja die Namengebung und die damit ver- bundene Zerklüftung als etwas Äußerliches zum Glück nicht mehr den Werth beanspruchen, wie früher. Aber ein Bild von dem vermuth- lichen Umfange der neuen Ordnung oder Familie vermag man doch erst dann zu erhalten, wenn das Gewicht der morphologischen Differenzen einigermaßen abgeschätzt und, so gut es gehen will, zu den für die übrigen, mindestens die verwandten Thiergruppen geltenden Normen, so unbestimmt sie sein mögen, in Verhältnis gesetzt ist. Zweifellos haben wir in den beiläufig zwei Dutzend bisher be- schriebenen Arten von Neomeniiden nur erst wenige Fragmente der ganzen Gruppe vor uns; es kommt darauf an, die Aussichten zu prüfen, was wir etwa noch zu erwarten haben. Und das kann nur dadurch, wie mir scheint, geschehen, dass man einigermaßen festzustellen sucht, wie weit die äußeren und inneren Charaktere aus einander gehen und wie sie bei den untersuchten Arten sich gruppiren, ob zu fortlaufenden Reihen, oder sprungweise, ob man also glauben darf, die Species als Kritische Bemerkungen über die Systematik der Neomemiden, all ganz kleine Ästehen eines einzigen Zweiges, oder als Spitzen einer größeren Anzahl stärker divergirender Äste ansehen zu sollen. Ich glaube, es wird sich zeigen, dass die letztere Auffassung die meiste Berechtigung hat. Mir kam es für die Bearbeitung der Mollusken für Bronn’s Klassen und Ordnungen darauf an, zunächst einmal das Mate- rial zu möglichster Klarheit aus einander zu legen und zu sichten. Pruvor! hat allerdings bereits einen derartigen Versuch gemacht, aber dabei eine ungleich weniger glückliche Hand gehabt, als bei der trefllichen Rekonstruktion des Baues aus seinen Schnittserien. Um nur ein Beispiel anzuführen, er hat, für eine kleine freilebende Form An- schluss bei schon beschriebenen suchend, sie mit Proneomenia vagans Kowalewsky et Marion ? identifieirt. Es dürfte aber keinen Mollusken- anatomen geben, der die Unterschiede als solche von Varietäten gelten ‚lassen möchte, und nur wenige, welche beide Geschöpfe in dieselbe Gattung stellen würden; Subgenera würden schwerlich genügen. Zunächst ist die Radula grundverschieden, die eine hat in einer Quer- reihe viele gleichmäßig spitze Zähne, die andere nur zwei gebogene, an der Innenseite mit Nebenspitzen versehene kräftige Haken, die einander kieferartig gegenüberstehen und wohl auch als zufassende Raubkiefer gebraucht werden. Dazu eine Menge Differenzen, deren Werth sich noch nicht im Einzelnen bestimmen lässt. Die Art von Kowatewsky und Marıonx hat nur ein Paar ventrale Speicheldrüsen, die von Pruvor außerdem ein Paar dorsale;; bei jener sendet der Mitteldarm einen Blindzipfel weit nach vorn über das Hirn, der bei dieser eben so weit hinter demselben zurückbleibt; bei jener liegt die caudale Sinnes- knospe ein Stück vor dem Ende, bei dieser rein terminal, für das Äußere von wesentlicher Bedeutung; jene hat gleichmäßig nadel- förmige Kalkspicula in der ganzen Haut, diese fügt stärkeren Nadeln noch eigenartige Angelhakenformen dazu, diese hat den ganzen Ei- leiter mit Blindsäckchen besetzt, die jener fehlen, und was dergleichen mehr sich ergeben mag. Das Gemeinsame beider Thiere ist im Wesent- lichen ihre kurze wurmförmige Gestalt und der Umstand, dass sie frei leben, ohne auf einen bestimmten Hydroidpolypen angewiesen zu sein. Wenn das Umgekehrte in Bezug auf die Lebensweise der Fall wäre, könnte man’s eher in Rechnung ziehen. Zur Scheidung’der Gattungen verwendet Pruvor die An- oder Ab- wesenheit von Kiemen, im Grunde ein eben so gutes Merkmal, wie 1 G. Pruvor, Sur l’organisation de quelques N&eomeniens des cötes de France. Arch. zool. exper. et gen. 1894, ® A. Kowarzwsky et A. F. MArıon, Contributions Aa ’histoire des Solenogastres ou Aplacophores, Ann. Mus. Hist. Nat. Marseille 1887 ff, 312 Heinrich Simroth, jedes andere, wenn es nicht zu gewaltsamen Eingriffen und Verschie- bungen verleitete. Zwei Thiere, die glücklich von Hansen! aus dem älteren Kollektivbegriff Solenopus herausgelöst waren, Proneomenia margaritacea und Sarsii, in sehr klarer Gegenüberstellung gegen Neo- menia, die andere Solenopus-Hälfte, fallen wieder mit letzterer zu- sammen und scheiden aus der immerhin weiter abstehenden Gattung Proneomenia aus, desshalb, weil Hansen bei ihnen Kiemen angab, die aber bei genauerem Nachsehen von sehr problematischem Werthe sind. Denn bei den Neomeniiden sind die Kiemen der Kloaken- (Mantel-) Höhle weit weniger typisch ausgebildet, als bei Chaetoderma. Sie können fehlen, sie können in einfachen Längsfalten bestehen zur Ober- flächenvergrößerung, sie können sich, bei höchster Ausbildung, zu fingerförmigen Säckchen erheben. In jedem Falle leistet wohl die dünne Haut der Fußleiste, mit Blutraum darunter, ihren Beitrag zur Respiration, und die Papillen der Mundhöhle stehen in gleichem Verdacht (vielleicht selbst das Reetum). Hansen giebt aber ausdrücklichan, dass bei Proneomenia Sarsii nur Längsfalten da seien, die erst bei Pron. mar- garitacea sich etwas stärker erheben. Es handelt sich also nur um An- fänge von Kiemen. Dem stehen aber gegenüber die sehr guten Gründe, mit denen Hansen diese Proneomenien von den Neomenien nach Autopsie abgliedert; erstens die Gestalt, sie sind gestreckt wurmförmig, gegenüber den verkürzten, gedrungenen Neomenien, zweitens haben sie Radula und Speicheldrüsen (und d. h. bei unserer Gruppe gleich enorm große), die beiden Neomenia fehlen, Neomenia hat zwei Penes mit Gonchiolinrinne und CGonchylingriffel darin, im Zusammenhang mit Leitungswegen, welche von den Zwittergängen aus in den Grund der Penisscheiden führen, die beiden quaest. Proneomenien haben zwei Blindsäcke mit Conchiolinrohren ohne Stylus und zuleitendem Gang, wahrscheinlich bloße Reizorgane. Wer behält hier Recht mit der Be- stimmung der Gattung, Hansen oder Pruvor? So viel ich sehe, würde es uns aber mit jedem einseitig der Ein- theilung zu Grunde gelegten Merkmal eben so ergehen. Daher es das Beste sein wird, die ganze Rüstkammer von Merkmalen, aus denen sich ein System mit einiger Naturwahrheit aufführen ließe, auf ihre einzelnen Vorräthe durchzustöbern. A. Die Körperform. Während die Mundöffnung durchweg etwas ventral hinter dem vorderen Körperpol liegt, kann die Kloakenöffnung an das hintere Ende ! A. Hansen, Neomenia, Proneomenia und Chaetoderma. Bergens Mus, Aarsber. 4888, Kritische Bemerkungen über die Systematik der Neomeniiden. 313 rücken, mit breiter Querspalte bei Ismenia Pruv., beutelförmig ver- schließbar bei Paramenia Pruv. Sonst liegt auch sie subterminal an der Bauchseite. Der Umriss ist im einfachsten Falle kurz und gedrungen, so dass der Längsdurchmesser nur um wenige Male den queren übertrifft, da- bei entweder mehr seitlich komprimirt und Vorder- und Hinterende gleichgestaltet: Neomenia Tullberg, — oder vorn dicker und nach hinten verjüngt: Lepidomenia Kow. et Mar. Diese Thiere können ihre Gestalt, wie es scheint, nur schwach in der Sagittalebene krümmen, so dass die Ventralseite etwas konkav wird, in der Horizontalebene so gut wie gar nicht. Ismenien und Paramenien strecken sich etwas in die Länge, sagen wir in der Gestalt unserer Nacktschnecken. Ihr Hinterende charakterisirt sie. Dabei scheinen sie nur geringer Verbiegungen fähig in seitlicher Richtung wie in der Medianebene. Etwas gestreckter werden die Proneomenien der Äutoren und Dondersia festiva Hubrecht!. Ja die ersteren mögen von den Propor- tionen einer Nackischnecke etwa bis zu denen eines Regenwurmes schwanken. Die stärkste Differenz der Längs- und Querachse mag un- gefähr sein 10 oder höchstens 15:1. Die Proneomenien sind vorn etwas dicker als hinten, sonst aber an beiden Enden gleichmäßig ab- gerundet. Auch ihre Beweglichkeit beschränkt sich fast ganz auf eine ventrale Krümmung in der Medianebene. Nur geringe Abweichungen sind möglich bis zu einer enggedrehten Schraube. Dondersia festiva ist rein wurmförmig mit kolbig verdiektem Vorderende, das Schwanz- ende spitzt sich fingerförmig über der Kloake zu. Dondersia banyulensis und flavens Pruvot haben zwar ungefähr dieselben Körperpole, sind aber ungleich gestreckter, Längs- und Querachse steigen bis auf das Verhältnis 40:1. Dabei werden ihre Bewegungen zu ganz freien Biegungen in der Median- wie in der Horizontalebene, ein Theil des Körpers kann sich schraubig ringeln, während der nächste unter rechtem Winkel nach links oder rechts abbiegt, wie bei einer Nemertine, Polia eiwa. B. Der Fuß. Die letztberührten Unterschiede würden weniger ins Gewicht fallen, wenn nicht gerade bei diesen beiden Arten der Fuß verkümmert, die Bauchrinne ausgeglichen wäre, ein Beweis für den Werth selbst untergeordneter Abweichungen in der Körperhaltung. Im Übrigen ! HusrecuHt, Dondersia festiva. Donders Festbundel Nederl, Tijdschr. Genees- kunde 1887, 314 Heinrich Simroth, hängt das Verstreichen der stets mit der vorderen Fußdrüse beginnenden Sohlenrinne mit der Ausbildung einer unteren Kloakenlippe zusammen. Wo eine solche sich nicht aufwulstet, geht sie einfach in die Kloake selbst über. C. Die Bedeckung des Notaeums. Lage und Umschreibung der frontalen Sinnesknospe, An- oder Ab- wesenheit, Stellung, Stachelgarnirung, Vervielfältigung der eaudalen (?) mögen vorläufig zur Artunterscheidung benutzt werden. Wichtiger erscheinen mir die Cuticula, die Kalkspieula und die über die Haut ver- streuten Sinneswerkzeuge. Die Cuticula kann dünner bleiben und die Kalkspieula auf ihrer Oberfläche tragen, sie kann sich ‚verdieken und die Spicula nebst Sinnesorganen einschließen. Sie verdickt sich zu einer mächtigen Lage hei den Proneomenien, etwas weniger bei den Neomenien. Bei allen diesen bleiben die Spicula mehr gestreckt nadelförmig. Dabei erheben sich vom Epithel oder der Hypodermis aus in die Cuticula hinein Stränge, die oben keulenförmig anschwellen und besondere Kugelige Endzellen tragen, jedenfalls, da Nervenverbindungen nachgewiesen sind, eine Art von Tastkörperchen. Bei Proneomenia aglaopheniae hildet nur eine Zelle das Keulenende, die Keulen aber ordnen sich unter der obersten Cuticularschicht zu einer zusammenhängenden Lage. Wo die Keule sich aus mehreren, meist vier Endkugeln aufbaut, liegen die Körperchen in weiteren Abständen zerstreut. In allen diesen Fällen verlieren die unter rechten Winkeln sich kreuzenden Spicula den Zusammenhang mit der Hypodermis. Anders bei Proneomenia Sluiteri. Hier fehlen die Tastkolben, dagegen bleiben die Spicula, deren Basis sich ebenfalls von der Hypodermis entfernt, durch Zellstränge mit derselben in Verbindung. Sie übernehmen offenbar zugleich die Funktion des Tastgefühles, wozu sie der charakteristische elastische Ver- band der Spicula mit der Cuticula vorzüglich befähigt erscheinen lässt. Man würde vielleicht den Unterschied nicht allzu sehr betonen dürfen, wenn er nicht mit anderen anatomischen Differenzen, vor Allem aber mit einer geographischen Sonderung Hand in Hand ginge. Der zuletzt besprochene Typus kommt den nordischen, der erste (mit Tastkolben) sämmtlichen mediterranen Proneomenien zu. Wo die Spieula der Guticula aufliegen, können sie sehr wechseln. Ihre Formen sind genügend gewürdigt worden, sie weichen ins Lanzett- liche und Schaufelförmige ab bei den Dondersien der Autoren, sie wer- den fischschuppenartig wie Ismenia, sie werden zu eigenthümliehen Angelhbaken bei Paramenia impexa und sierra, bei Paramenia palifera Kritische Bemerkungen über die Systematik der Neomeniiden. 315 aber nehmen sie zum Theil die Gestalt einer Hacke an, deren Platte der Haut aufsitzt, während der gekrümmte, zugespitzte Stiel frei vor- ragt, — Besonderheiten, die zusammen mit wesentlichen inneren Unter- schieden (s. u.) zur Gattungsscheidung hindrängen. Lepidomenia hat gleichmäßig pfriemenförmig sich deckende Schup- pen, aber doch mit einem gewaltigen Unterschiede der beiden Arten Lep. hystrix und corallophila. Bei den ersteren stehen sie in demselben festen Verbande wie auf dem Gürtel vieler Chitonen, bei der letzteren sind sie aufrichtbar, und zwar in einer für den Schutz des Thieres höchst wirksamen Weise. Wenn das Mollusk zwischen den weißlichen Polypen des Corallium rubrum umherkriecht, legen sie sich nieder und geben der Haut die weiße Farbe des Kalkes, wenn es auf den rothen Stamm kommt, richten sie sich auf und lassen das rothe Pigment der Hypo- dermis frei erkennen. Die chromatische Funktion, sonst durch die Augen vermittelt, welche hier fehlen, wird wahrscheinlich direkt durch die Pigmentzellen besorgt, die mit Nerven- und Muskelfasern zusammen- hängen. Die Vermuthung stützt sich auf den Nachweis derartiger Ele- mente bei Neomenia durch Turıserc. Die Kiemen sind bereits gewürdigt. D. Schlundkopf, Radula, Speicheldrüsen. Die Werkzeuge, die der Nahrungsgewinnung vorstehen, heischen besondere Beachtung, da sie tiefgreifende Unterschiede in der ganzen Lebensweise bedingen. Neomenia entbehrt der Radula und der Speicheldrüsen. Ein konischer ausstülpbarer Schlundkopf mit starkem oberen und unteren Sphincter sitzt ohne Ösophagusverengerung direkt unter dem weiten Mitteldarm, seine untere, bezw. hintere Wand erhebt sich in zwei Wülsten zu einer Bodenrinne, die von der Mundöffnung unmittelbar in den Magen führt. Radiale Muskeln sorgen für die Dila- tation des Schlundkopfes. Offenbar liegt ein Saugorgan vor, das schlür- fend weichen Nahrungsbrei in das Intestinum überführt; welchen indess? Diatomeenschlamm oder dergleichen? Auch in anderen Fällen kann die Radula schwinden, aber die Speicheldrüsen bleiben, und die Radulascheide bleibt als gemein- samer Speichelgang erhalten: Proneomenia aglaopheniae, Dondersia flavens, letztere noch mit einem Paare dorsaler Drüsen. Die Differenzen im Bau derselben mögen hier übergangen werden. Ein Ösophagus ist vorhanden. Die Thiere nähren sich von den Hydranthen der Coelen- teratenstöcke, auf denen sie leben, wahrscheinlich sie leicht abrupfend (Lafoea und Aglaophenia!). In diesen Kreis gehört vermuthlich auch ı Allgemein werden die Thiere als Kommensalen der Thierstöcke, auf denen 316 Heinrich Simroth, Proneomenia Sluiteri mit schwächerer in einem Blindsack abgeschlosse- ner, kaum noch brauchbarer Radula, ähnlich Dondersia festiva, jene auf Aleyonarien, die sie frisst. Die Radula fehlt gleichfalls bei Dondersia banyulensis. Aber der Apparat ist doch wesentlich anders. An Stelle der Raspel liegt ein muskulöser kräftiger Conus, central durchbohrt vom Ösophagus, darunter vom gemeinsamen Speichelgange, der mit dem Ösophagus zusammen an der Spitze ausmündet. Ist schon das Hervorstoßen dieses Zapfens- an und für sich wahrscheinlich, so gewinnt die Vermuthung wesent- lich an Sicherheit durch den nur hier so langen, nach vorn umgeboge- nen und von vorn in den Mitteldarm einmündenden Ösophagus. Ein besonderer Bau der Speicheldrtisen, mit einer Ampulle am Ausführgang legt es sehr nahe, sie für Giftdrüsen zu halten. Zum mindesten weist die Ampulle als Speicherapparat darauf hin, dass das Sekret zeitweilig (nicht kontinuirlich) zur Verfügung stehen muss, und wie die äußeren Mündungen auf dem Zapfen zeigen, im Momente der Nahrungsauf- nahme. Bei normaler Radulaausbildung stellt sich jener Unterschied ein zwischen vielen spitzen Zähnchen oder nur zwei Haken in einer Quer- reihe (s. o.). Zu betonen ist, dass von den drei Paramenien die Par. palifera dem poly-, die anderen dem distichen Typus folgen. Das Hakengebiss deutet selbstverständlich auf eine räuberische Lebensweise. Und da ist’s denn in der That überraschend, wie sich die Thatsachen dem fügen. Es sind vier Arten, die solche Radula haben, Proneomenia vagans Pruv., Paramenia impexa und sierra und Lepidomenia hystrix. Die ersten beiden sind in mehreren (bis 20) Exemplaren erbeutet stets frei umherkriechend; von der Par. sierra lag zwar nur ein Individuum vor, das scheinbar eine Ausnahme macht, es saß an einer Aglaophenia, aber doch wenigstens an einer Hydror- rhiza. Lepidomenia hystrix ist auch nur nach einem Exemplar be- schrieben. Wir haben also Bodenformen vor uns, die eine freie, räuberische Existenz führen. Da jedoch die gleichfalls frei lebende Pron. vagans Kow. et Mar. die polystiche Radula hat, kann das Gebiss nicht bloß auf Rechnung dieser Lebensweise gesetzt werden, sondern ist von phylogenetischer Bedeutung. Die Variationen des Mitteldarmes sind nicht eben wesentlich, doch können auch sie Verwerthung finden. sie leben, bezeichnet, eine wunderliche Verwechslung. So weit wir die Nahrung kennen, fressen sie ihre Tischgenossen, die ihre Wirthe sind, auf, sind also Para- siten oder Raubthiere, die sich auf ihrer stockbildenden Beute dauernd niederlassen. Kritische Bemerkungen über die Systematik der Neomeniiden. 317 E. Die Geschlechtswerkzeuge. Der erste Unterschied, den man zwischen den Chaetodermatiden und den Neomeniiden aufstellen kann, ist wohl der, dass jene dioecisch, diese Hermaphroditen sind, dass jene getrennte Genital-(Nephridial-)Pori besitzen, diese die Geschlechtswege zu gemeinsamer Mündung ver- einigen. Vermuthlich bedingt das eine biologische Folgerung. Die Chaetodermen, in Schlammröhren lebend und der Begattungswerkzeuge entbehrend, werden Eier und Samen frei ausstoßen, sei es nun, dass die Befruchtung dem Spiele des Zufalls überlassen wird, sei es, dass die weiblichen Thiere das ausgestoßene Sperma in die Geschlechtswege einschlürfen zu innerer Befruchtung. Der erste Weg hat wohl darum die größere Wahrscheinlichkeit für sich, weil von Schalendrüsen nichts bekannt geworden ist. Die Eier werden vermuthlich ohne Schale aus- gestoßen, eben um außerhalb noch empfängnisfähig zu bleiben. Bei den Neomeniiden finden wir bald Kopulations-, bald Reizwerk- zeuge, eine Schalendrüse, Samenblasen und dergleichen. Die gemein- same Öffnung, hinter der zunächst eine Schalendrüse zu liegen pflegt, ist mit Reizpapillen besetzt bei Neomenia, die auch in so fern die höchste Komplikation aufweist, als jederseits der Zwittergang noch ein Vas deferens abgiebt zum Penis, dieser hat eine Conchiolinrinne mit einem Stilet darin. Das Vas deferens scheint keiner anderen Form zuzukom- men. Damit verlieren die Penes ihren Charakter als Leitungswege und werden zu reinen Stimulationswerkzeugen, entweder als CGonchiolin- stilette oder als (ausstülpbare?) Schläuche ohne alle Bewaffnung (Reiz- drüsen?). Die Einzelheiten lassen sich natürlich klassifikatorisch verwerthen, wenn auch vielleicht mit geringerem Nachdruck, ähnlich wie wir bei den Pulmonaten innerhalb der Gattung (nach jetzigem Stande der Kenntnis) Liebespfeile und Pfeildrüsen sich mannigfach modeln sehen. Dasselbe gilt wohl von den mancherlei Formen der Samenblasen und sonstigen Ausstülpungen der Leitungswege. F. Das Nervensystem. Auch ihm kann man natürlich taxonomische Bedeutung beimessen. Bekanntlich hat es in seiner Symmetrie mit einem vorderen Schlund- ringe, mit vier gangliösen durch Querkommissuren und einer hinteren, über dem Rectum gelegenen Visceralkommissur verbundenen Längs- stämmen, sowie mit einem schwächeren stomatogastrischen Schlund- ringe die Vereinigung mit den Chitoniden und die Aufstellung der Amphineuren veranlasst. Ich möchte nur auf die für phylogenetische Spekulationen gefähr- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Dad. 3A 813 Heinrich Simroth, liche Thatsache aufmerksam machen, dass man drei wesentlich ver- schiedene Grundtypen aufstellen kann, die sich bei der einen oder anderen Gattung ziemlich klar ausgeprägt finden. Von jeder kann man, wenn man Lust hat, die übrigen ableiten. Erstes Schema: Wir können es das radiäre nennen. Ein oraler und ein analer Nervenring (Schlund- und Afterring) entsprechen sich; sie werden durch vier Längsstämme verbunden, zwei seitliche und zwei pedale. Ein fünfter dorsaler ist angedeutet durch’die Innervirung der dorsoterminalen Sinnesknospe. Alle vier (bez. fünf) werden durch Querkommissuren verbunden. Die höhere Aktivität des Vorderendes findet in dem stomatogastrischen Schlundring oder der Sublingual- kommissur ihren Ausdruck. Die Abenteuerlichkeit der Auffassung ver- mindert sich dadurch, dass Mundhöhle und Kloake bisweilen einen auf- fällig gleichen Bau haben, in so fern als zwei Längsfalten von der Decke herunterhängen und eine mediane Rinne einschließen. Die Mundhöhle zeigt die Bildung bei den meisten, die Kloake bei Proneo- menia sopita. Zweites Schema: Ein vorderes Ganglion über dem Schlund und ein hinteres über dem Rectum werden durch Lateralnerven ver- bunden. Am Bauche liegt ein segmentirter Doppelstrang, eine Strick- leiter mit Ganglien in den Kreuzungspunkten (Dondersia festiva). Die Pedalkette verbindet sich durch Connective mit den Ganglien über dem Darm. Annelidentypus. Drittes Schema: Ein supraösophageales Hirn entsendet vier gangliöse Längsstämme, die sich durch Kommissuren verbinden. Die Bildung geht vom Vorderende aus und erstreckt sich schließlich bis zum Hinterende. Platodentypus. G. Die Exkretionsorgane. Das Cölom. Ein dorsaler und ein ventraler Blutraum durchziehen das Schizo- cöl. Sieht man sich nach der Stelle um, wo ein Herz zu vermuthen wäre, so kann sie bei der ganzen Anlage nur dorsal in der Nähe der Kloake mit ihren Kiemen liegen. In der That findet sich hier ein er- weiterter Raum, der vorn die Gonaden aufnimmt und hinten die Ge- schlechtswege abgiebt, das Perikard. Es liegt nahe, Perikard und Gonadenwand als Cölom, Geschlechtswege als Nephridien zu betrach- ten. Und wirklich hängt von der Decke des Perikards ein Körper herunter, der zugleich die erweiterte Wand des Dorsalsinus darstellt. Vor ihm münden die Gonaden in das Perikard, an seiner Außenwand zieht eine Rinne entlang, welche das Sperma weiter leitet, die Eier aber, als zu groß, herausdrängt. Aber dieses Herz, wo es im Leben Kritische Bemerkungen über die Systematik der Neomeniiden. 319 beobachtet werden konnte, pulsirt zwar, aber nicht immer, und bei Chaetoderma wird es von drei Paar Kiemenmuskeln durchsetzt, die durch eine obere Öffnung eintreten. Wir haben es also bisher nur mit einer morphologischen Spekulation zu thun, der zum mindesten die physiologischen Grundlagen fehlen, zumal in den Nephridien Harnkonkremente bisher vermisst wurden. Für die Exkretionsorgane scheint nur eine andere Deutung zu bleiben, wiewohl die betreffen- den Gebilde noch nicht überall erkannt wurden, es sind die Prä- analdrüsen, d. h. die hinteren Abschnitte jener oberhalb der ganzen Sohlenlänge vertheilten Drüsen, deren Ausführgänge unten seitlich in die Kloake münden. Bedenklich bleibt nur die überreiche Ausstattung der Gänge mit Muskulatur. Andererseits ist sehr zu betonen, dass die Chitonnieren keineswegs als einfache Nephridialgänge vom Cölom (Perikard) nach außen führen, sondern dass sie sich, vielverzweigt, ich möchte sagen atypisch, bis weit vor das Perikard durch den Körper erstrecken, ähnlich den hinteren Fußdrüsenabschnitten der Neomenii- den. Unter diesem Gesichtspunkt macht die Homologisirung keine Schwierigkeiten. Dann aber hat die Hypothese, welche mit reinen Annelidennephridien rechnet, an Gewicht eingebüßt. Vielmehr wären die Mollusken, wie ich’s früher that, von Zwischenstufen zwischen Plathelminthen und Anneliden abzuleiten, die Rückenhaut wäre er- härtet und dadurch der Respiration entzogen, daher die Entstehung von Kiemen, Kreislauf, Cölom ete. Die Bauchseite hat dagegen Plathel- mintheneigenschaften bewahrt, im muskulösen ungegliederten Fuß ete. Die Exkretionsorgane folgen ursprünglich noch diesem Platodentypus und verbinden sich nachträglich erst mit dem Cölom. Ich wüsste nicht, wie man ohne ontogenetische Gegenbeweise das Wesen der Weich- thiere sachgemäßer auffassen könnte. H. Die Eintheilung der Neomeniiden. Es ist natürlich immer misslich, mit vielen neuen Namen aufzu- treten, zumal ohne Autopsie!. Andererseits bin ich überzeugt, dass künftige Funde jeder hier aufgestellten Sonderform bald weitere an- gliedern werden, mag auch der eine oder andere Gattungsname, wie- wohl unwahrscheinlich, auf den Rang eines Subgenus herabgedrückt werden. Auf jeden Fall hoffe ich, da mir einmal die Durcharbeitung des Materials oblag, der Weiterforschung die Einreihung ihrer Schätze zu erleichtern. 1 Durch das Kassiren des größeren Theiles der in der Litteratur für unsere Nacktschnecken gebräuchlichen Artnamen hoffe ich den Vorwurf, systematische Haarspalterei zu treiben, ohne Weiteres zurückweisen zu können. 24* 320 Heinrich Simroth, Selbstverständlich sind die Namen, die bereits vorhanden sind, in erster Linie zu verwerthen. Und da bietet sich willkommene Gelegen- heit, den ausgemerzten Solenopus Sars, unter dem Korex und DANIELSSEN gleich eine ganze Reihe von Formen in die Wissenschaft einführten, wieder zu Ehren zu bringen für diejenige von ihren Species, die einer Abgliederung, bei leidlicher Kenntnis, bedürfen. So viel wir bisher übersehen können, stimmt keine nordische Gattung mit einer mediterranen überein. Es ist daher mit großer Wahrscheinlichkeit zu vermuthen, dass die Neomenia affınis von Mes- sina von der nordischen Neomenia carinata, der sie nach der Determi- nation nur im Ganzen ähneln soll, eine neue Gattung bildet. Die Ent- scheidung kann noch nicht gefällt werden. Ich darf es aber kaum unterlassen, die offenbar nordische Proneo- menia Sluiteri, die Lane in seiner vergleichenden Anatomie (p. 569) neuerlich als Original abbildet, specifisch von der echten Pron. Sluiteri zu trennen. Wenn Husrrenr das Äußere seiner beiden (einzigen) Exemplare aus der Barents-See als ganz übereinstimmend schildert (beide sind bei ihm abgebildet), dann bleibt kaum ein anderer Ausweg, zumal die Ausbildung des Nervensystems von der Lane’schen Form mit den mehrfachen hinteren Visceralkommissuren HusrecHt, der kaum eine bestimmt erkennen konnte, schwerlich entgangen wäre. Auch die Größe von 10 cm steht zwischen der größten skandinavischen Pron. Sarsii (7 cm) und der noch größeren Pron. Sluiteri in der Mitte. Das Übrige ergiebt sich aus dem Vorstehenden. Versuch eines Systems. A. Nordische Formen. 1. Genus. Neomenia Tullberg. Körper kurz, seitlich komprimirt. Längsachse die Querachse nur einige Male übertreffend. Vorn und hinten gleich gestaltet. Sohle er- halten, Kloakenöffnung auf der Ventralseite. Cuticula von mittlerer Dicke, von nadelförmigen Stacheln durchsetzt, mit kurz keulenförmigen, kaum gestielten Sinnespapillen. Darunter eine dicke, aus Bindegewebe, Muskeln, Nerven etc. gewebte Cutis (nur hier). Radula und Speichel- drüsen fehlen. Der Pharynx zum Saugen (Schlürfen) eingerichtet, ohne Ösophagus dem Mitteldarm direkt ansitzend. Penes mit Conchiolinrinne und Stylus, Vasa deferentia (nur hier) vorhanden. Geschlechtsporus (weibliche Öffnung) mit Reizpapillen. 1.Neomenia carinata Tullbere. Solenopus nitidulus Koren et Danielssen. Kritische Bemerkungen über die Systematik der Neomeniiden. 321 2. Neomenia Dalyelli Kor. et Danielssen SPeL. ? Vermiculus cerassus Dalyell. Solenopus Dalyelli Kor. et Dan. — — Beiallen übrigen liegt ein einschichtiges Epithel (Hypodermis) unmittelbar auf der Muscularis. II. Genus. Proneomenia Hubrecht. Wurmförmig, steif, fast nur in der Mittelebene biegsam. Längs- achse: Querachse etwa = 10:1. Von vorn nach hinten etwas verjüngt. Sohle vorhanden. Kloakenöffnung auf der Ventralseite. Guticula dick, von nadelförmigen, unten glatt abgeschnittenen, die Körperachse unter k5°, sich gegenseitig unter 90° schneidenden Stacheln durchsetzt. Die Basen der Stacheln liegen in wechselnder Höhe und sind durch Zell- säulen mit der Hypodermis verbunden, sie dienen vermuthlich als Tastwerkzeuge. Polystiche Radula. Zwei lange Speicheldrüsen. Penes und Reizorgane fehlen. Keine Kiemen. 3. Proneomenia Sluiteri Hubrecht. III. Genus. Solenopus Sars. Körperform ähnlich wie bei Proneomenia. Radula vorhanden. Zwei Speicheldrüsen. Zwei einfache, röhrenförmige Reizorgane. Kiemen als schwächere oder stärker erhabene Längsfalten der Kloake. k. Solenopus margaritaceusKor. et Dan. Neomenia margaritacea Pruvot. Proneomenia margaritacea Hansen. 5. Solenopus Sarsii Kor. et Dan. Neomenia Sarsii Pruvot. Proneomenia Sarsii Hansen. Weitere Untersuchungen über die Haut, die Beschaffenheit der Radula müssen zeigen, ob diese provisorische Gattung tiefere Berech- tigung hat oder als Subgenus unter Proneomenia einzufügen ist. Unmöglich ist es vor der Hand zu entscheiden, ob die übrigen nordischen Formen unter Proneomenia oder Solenopus gehören. Incertae sedis: 6. Solenopusinerustatus Kor. et Dan. Proneomenia inerustata Hansen. 7. Solenopus borealis Kor. et Dan. Proneomenia borealis Hansen. 8. Proneomenia filiformis Hansen. 322 Heinrich Simroth, 9. Proneomenia Langi n. sp. Proneomenia Sluiteri Lang. Kopfende verdickt. Dahinter eine Einschnürung. Hinten drei Visceralkommissuren. B. Mediterrane Formen. 10. Neomenia affinis Hansen? Solenopus affınis Kor. et Dan. Höchst wahrscheinlich eine neue Gattung. IV. Genus. Rhopalomenia !n. g. Körperumrisse ähnlich wie bei Proneomenia. Cuticula dick von langgestielten, keulenförmigen Sinnespapillen (Ästheten) durchsetzt, neben nadelförmigen beiderseits zugespitzten, von der Hypodermis sich ablösenden Spiculis. Sohle vorhanden. Kloakenöffnung auf der Ventralseite.. Kiemen fehlen. Die übrigen Merkmale schwanken stark. Man könnte recht wohl daran denken, diese Gattung als Subgenus zu Proneomenia Hubrecht zu ziehen, wenn nicht die fünf bekannten Arten selbst wieder in einer Weise differirten, welche sogar in Zukunft weitere Scheidung vermuthlich herbeiführen wird. Die Radula, wenn vorhanden, polystich, kann verschwinden, wobei wenigstens die Tasche bestehen bleiben kann. Die Speicheldrüsen, ein Paar, können mit der Radula zusammen fehlen, aber auch noch ohne Radula vorhanden sein. Wo eine Radula, sind sie stets da. Reizorgane sind entweder als sehr lange Griffel ausgebildet oder sie fehlen ganz. Die intracuticularen Papillen schwanken sehr etc. Es gelingt nicht, eine fortlaufende Reihe aufzustellen, sobald man mehr als ein Organ in Rechnung zieht. Auf jeden Fall machen sich Subgenera nöthig, für welche ich indess nicht abermals neue Namen einführen möchte. So mancher Malakolog wird vielleicht bereits den Kopf schütteln, wenn hier Formen mit und solche ohne Radula zusammengelassen werden. a) 44. RKhopalomenia gorgonophila Kowalewsky et Marion. Die Tastpapillen bestehen aus einer langgestielten, keulenförmigen Zelle, deren Anschwellungen unter der Oberfläche der Cuticula eine zusammenhängende Schicht bilden. ß) Bei den übrigen stehen die aus vielen Zellen aufgebauten Papillen vereinzelt, wenigstens durch Zwischensubstanz von ihrer eigenen Dicke getrennt. 12. Rhopalomenia vagans Kow. et Marion (non Pruvot). 1 öorakov, Keule. Kritische Bemerkungen über die Systematik der Neomeniiden. 3933 13. Rhopalomenia desiderata Kow. et Marion. I%. Rhopalomenia aglaopheniae Kow. et Marion. Cuticula geschichtet. 15. Rhopalomeniasopita Pruvot. Ausgezeichnet durch zwei besondere ventrale Längsmuskeln, so- wie durch zwei von der Decke herabhängende hohe Falten in der Kloake. Für die übrigen Merkmale mag der folgende Schlüssel dienen: Tastpapillen Reizorgane er Radula «) einzellig fehlen zwei vorhanden: Rhopalomenia gorgonophila. ’ (zwei Zwei vorhanden: » vagans, ß) vielzellig vorhanden: » desiderata. zwei fehlen | fehlt: » aglaopheniae. fehlen fehlt: » sopita. V. Genus. Macellomenia!n. 2. Gattungs- und Artdiagnose fallen wieder zusammen, da nur ein Exemplar bisher erbeutet wurde: Körper walzenförmig, schwach in der Querebene gekrümmt. Längsachse : Querachse ungefähr = 4:1. Hinten quer abgestutszt. Kloakenöffnung endständig, mit fingerförmigen Kiemen. Auf der Guti- cula stehen hakenförmige Spicula. Die Platte liegt auf, der gebogene Stiel steht frei ab. Die Fußrinne wird durch längere Spicula gestützt. Zwei Speicheldrüsen. Schläuche für Reizorgane, doch ohne Reizkörper. Radula polystich, wenn auch fast rudimentär. Pruyor vermuthete schon, dass die Form wegen der eigenartigen Hautbedeckung von den Paramenien, mit denen sie in den Körperum- rissen übereinstimmt, abgegliedert werden müsste. Die polystiche Radula scheint mir mit aller Bestimmtheit die Trennung zu fordern. 16. Macellomenia palifera. Paramenia palifera Pruvot. VI. Genus. Dondersia Hubrecht. Körper gestreckt wurmförmig. Längsachse : Querachse — 10:1. Kopfende verdickt. Hinterende über der Kloake fingerförmig zugespitzt, Sohle vorhanden. Auf der Cuticula nadel- oder schaufelförmige Spicula. Reizorgane fehlen. Ventrale und dorsale Speicheldrüsen vorhanden. Radula vorhanden, aber klein. Leider lässt sich aus Hugreeur’s Beschreibung und Abbildung nicht entnehmen, wie die Radula beschaffen ist. Zur Zeit seiner Publikation 1 uaxelle, Hacke, Fi 994 Heinrich Simroth, | war die distiche Form noch nicht bekannt. Am ersten macht mir’s den Eindruck, als ob hier der polystiche Typus vorläge. Sollte sich das Gegentheil ergeben, so würde diese Gattung nebst den beiden folgen- den am besten an das Ende des ganzen Systems gestellt werden. 17. Dondersia festiva Hubrecht. VII. Genus. Nematomenian. £. Körper langwurmförmig. Längsachse: Querachse = 40:1. Vorder- und Hinterende wie bei Dondersia. Fuß nicht vorhanden. Dafür hat ‚sich eine freie Biegsamkeit in der Längs- und Querebene eingestellt. Spicula blattförmig, nicht allzu sehr von der Nadelform abweichend. Radula fehlend, ihre Scheide noch angedeutet. Ventrale und dorsale Speicheldrüsen vorhanden. Ösophagus kurz und nach hinten gerichtet. Reizorgane fehlen. 18. Nematomeniaflavens. Dondersia flavens Pruvot. VIII. Genus. Myzomenia!n. g. Äußere Verhältnisse wie bei der vorigen. Längsachse : Querachse — 30:4. Der wesentliche Unterschied liegt in den Mundwerkzeugen. Die Radula fehlt. Dafür im Grunde des Pharynx ein Kegel, auf dessen Spitze sich der Pharynx und der gemeinsame Ausführgang der ventra- len Speicheldrüsen öffnen. Drtise von besonderem Typus mit Ampulle etc. (s. o.), vermuthlich Giftdrüsen. Dorsale Speicheldrüsen fehlen. Dafür, dass der Conus herausgeschleudert wird, spricht der lange, nach vorn zurückgekrümmte Ösophagus. 19. Myzomenia banyulensis. Dondersia banyulensis Pruvot. IX. Genus. Paramenia Pruvot. Wenn ich in dieser Gattung Proneomenia vagans Pruvot mit des- selben Autors Paramenia impexa und sierra vereinige, so folgt wohl daraus schon, dass selbst diese Zusammenfassung nur ein vorläufiger Nothbehelf ist. Auch hier wird sicherlich später weiter geschieden werden. Der Körper wurmförmig, wenig in der Querebene biegsam. Fuß vorhanden. Längsachse : Querachse etwa —= 4:1. Zu nadelförmigen Spiculis kommen andere, die wie ein Angelhaken gekrümmt sind. Radula distich, aus zwei kräftigen Hakenreihen gebildet. «) Ohne Kiemen ; mit Reizorganen. I! uvlsıv, saugen. Kritische Bemerkungen über die Systematik der Neomeniiden. 395 20. Paramenia (Pararrhopalia) Pruvotin. sp. Proneomenia vagans Pruvot. Die gekrümmten Spicula beschränken sich auf in hintere Körper- u hälfte. Ventrale und dorsale Speicheldrüsen. 5 8) Aus der terminalen Kloakenöffnung ragt ein Kranz fir 7 föormiger Kiemen heraus. Reizorgane fehlen. 21. Parameniaimpexa Pruvot. x Zwei ventrale und zwei dorsale Speicheldrüsen. N 22. Paramenia sierra Pruvot. ur Nur zwei ventrale Speicheldrüsen. Radula zwar nicht angegeben, N \ vermuthlich aber wie bei den anderen. ie X. Genus. Ismenia Pruvot. Körperumrisse ähnlich wie bei der vorigen Gattung. Aber die \ Kloake öffnet sich in einer breiten, zweilippigen, endständigen Quer- spalte. Fuß vorhanden. Kiemen fehlen. Spieula lang zu den Seiten der Bauchrinne, sonst fischschuppenartig. Die starke Radula ließ sich nicht korrekt schneiden, schien aber distich zu sein. 23. Ismeniaichthyodes Pruvot. XI. Genus. Lepidomenia Kowalewsky et Marion. Klein, nach hinten verjüngt. Längsachse zur größten Querachse etwa — 6:1. Sohle vorhanden. Radula distich. Die Spicula sind gestreckt, kegelförmig, jedoch mit der Spitze nach hinten gekrümmt, ohne Zwischenräume der Cuticula aufgelagert, sich schuppenförmig deckend. 2%. Lepidomenia hystrix Kowalewsky et Marion. XI. Genus. Echinomenia n. & Ähnlich der vorigen Gattung, zu der sie vielleicht als Subgenus gezogen werden kann. Die Schuppen sind willkürlich aufrichtbar, wie bei keiner anderen beobachteten Form. 25. Echinomenia corallophila. Lepidomenia corallophila Kowalewsky et Marion. Incertae sedis: 26. Proneomenia neapolitana Thiele (s. diese Zeitschr. XLIX. p. 429) = Rhopalomenia’? | Wem die Zahl der Gattungen in Anbetracht der wenigen Arten ungeheuerlich erscheinen sollte, dem gebe ich zu bedenken, dass die ersten vier Species, die genauer durchgearbeitet wurden, auch sofort 326 Heinrich Simroth, zur Aufstellung von vier Genera geführt haben, die noch von Niemandem bekrittelt sind: Neomenia, Proneomenia, Lepidomenia und Dondersia. \ .. a - I. Über die verwandtschaftlichen Beziehungen der Aplacophoren. Über das nähere Verhältnis zu den Chitonen ist wohl nicht mehr ı streiten; auch will ich auf die anatomisch - morphologischen Fragen ier nicht eingehen. Ich möchte nur auf einen Umstand hinweisen, der auf die Entstehung der Neomeniiden Licht zu werfen geeignet sein dürfte. Es ist das ihr Aufenthalt. Sie hausen in der Mitte zwischen der Litoralfauna und der abyssischen, keiner eigentlich angehörend. Sie beginnen mit etwa 50 Meter abwärts, ohne schärfere Grenze nach unten. Man sollte doch wohl erwarten, dass die Thiere, die im Mittel- meer in dieser Tiefe leben, in der kalten mehr oberflächlich sich auf- hielten. Das ist nicht der Fall. Man wird das Gemeinsame wohl dadurch bezeichnen können, dass man sagt: Sie vermeiden die Ober- flächenregionen, so weit die Wasserbewegung des Wellen- schlags reicht. Pruvor’s Entdeckung, dass Myzomenia banyulensis in der Jugend die Rückenplatten der Chitonen trägt, beweist, dass die Chitonform die ursprünglichere ist, oder wenigstens eine Mittelform, welche die ge- gliederte Rückenschale trug. Die Chitonen erklären sich aber wohl naturgemäß nur als Brandungsformen, mit dem Rückenschutz und der breiten Saugsohle. In den Neomenien haben wir es also wohl mit Gestalten zu thun, die aus der Zone des bewegten Wassers nach unten sich ausbreiteten. Die feste Rückenschale als Schutz gegen die Welle und den mit ihr kommenden Detritus und Sand wurde überflüssig, das Stachelkleid des Gürtels, gegen thierische Angriffe viel vortheilhafter, nahm überhand auf Kosten der Schale. (Ob auch der Chitonenschale ein Borstenkleid voraufgegangen ist, bleibt hier außer Betracht.) Am wichtigsten aber ist der Einfluss auf die Sohle. Diese verschmälert sich und wird rudi- mentär, resp. ihr Wimperspiel genügt noch der langsamen Lokomotion, ihre Rinne dient als Matrix für den Schleimfaden, der von der ver- größerten vorderen Fußdrüse ausgeht, wie es Pruvor beschreibt. Bei senügender Streckung des Leibes wird eine wurmartige Krümmung und Fortbewegung ermöglicht, welche die Sohle völlig überflüssig macht (Myzo- und Nematomenia). Chaetoderma passt sich dem reinen Schlickgrund an und bohrt sich Gänge; die Stirnfläche wird ent- sprechend zum Conchiolinschild. Der in die Mundhöhle vorragende, der Radula entsprechende Chitinzahn dient vielleicht als Seihapparat, um gröberem Detritus den Eintritt in den Schlund zu verwehren. Die Kritische Bemerkungen über die Systematik der Neomeniiden, 327 Neomenien nutzen als Raubthiere die Rasen von Wurmröhren-, Hydro- und Bryozoenstöckchen aus, an denen sie schließlich zu reinen Schma- rotzern werden. Wie die Kloake entstand, bleibt noch ein werig zweifelhaft. Vermuthlich erfolgte, bei Verschmälerung der Sohle von vorn her, eine stärkere Einstülpung des hinteren kiementragenden Theiles. Damit war die Möglichkeit geboten, die einander nahe ge- rückten Genitalöffnungen zum Zwecke der Copula zueiner zu vereinigen. Wenigstens waren wahrscheinlich die Genitalporen ursprünglich ge- trennt, bei breiter Sohle wurden sie aus einander gedrängt, bei ver-- schmälerter rücken sie wieder zusammen. Jedenfalls scheint dieser Genitalporus, zusammen mit Penes und Reizorganen, zu beweisen, dass die Vorfahren der Mollusken Begattungswerkzeuge besaßen, dass die freie Befruchtung im Seewasser ein nachträglicher Zustand ist. Man dürfte sich nach diesen Befunden in der That für berechtigt halten, anzunehmen, dass aus der zweiseitigen Begattung eine einseitige sich entwickelt habe, mit Verkümmerung der Genitalwege auf der anderen Seite, ein Moment, welches ich wiederholt benutzt habe, um die Auf- windung des Schneckenhauses zu erklären. Es liegt schließlich nahe, auch den stärksten inneren Unterschied zwischen Poly- und Aplacophoren, den gewundenen Darm der ersteren und den gestreckten der letzteren, aus dem Aufenthalte zu erklären. Die Aplacophoren haben sich in Tiefen zurückgezogen, wo Licht und Pflanzenwuchs abnehmen, sie sind Fleischfresser geworden. Die Chitoniden hausen, der großen Mehrzahl nach, in Regionen mit reichem Pflanzenwuchs. Herbivorie würde ihren langgewundenen Darm zur Folge gehabt haben müssen. Ob freilich die Erfahrungen über die Ernährung der Käferschnecken zu solchem Schluss bereits berechtigen, muss wohl noch dahingestellt bleiben. v. NRZ ‚ Über Entstehung und Bedeutung der in den Kernen vieler Protozoen und in Keimbläschen von Metazoen vorkommenden Binnenkörper Jucleolen). Eine Theorie zur Erklärung der verschiedenartigen Gestalt dieser Gebilde. Von '" Dr. L. Rhumbler, Privatdocent und Assistent in Göttingen. Mit Tafel XVII. Bei dem Studium des Weichkörpers von verschiedenen Foramini- feren, dessen Resultate später an anderem Orte eingehend veröffentlicht werden sollen, fiel mir auf, dass die oft in sehr großer Zahl in den Kernen dieser Thiergruppe enthaltenen Nucleolen meist sehr ver- schiedenartig (in einem und demselben Kern) gebaut sind. Da all diesen verschieden gebauten Nucleolen dasselbe Verhalten gegen Farb- stoffe und andere Reagentien zukam, so war es sehr wahrscheinlich, dass die Veränderlichkeit ihres Baues nicht etwa durch eine eben solche ihrer chemischen Zusammensetzung hervorgerufen werde, sondern dass ihre Strukturunterschiedein verschiedenen physika- lischen Verhältnissen, unter welchen sie ihre Entstehung genommen, eine Erklärung finden müssten. Ich glaube eine solche Erklärung gefunden zu haben, die auf sehr einfache Weise den verschiedenen Bau aller hier in Betracht gezogenen Nucleolen erklärt. Ich muss dieser Erklärung den Namen einer Hypo- these beilegen, weil ich nicht in der Lage war, die von mir vermuthete Entstehungsweise der Nucleolen an lebendem Material zu prüfen. Was aber dieser Hypothese, wie ich hoffe, einen gesunden Halt verleihen wird, ist einmal eine Beobachtung, die Aınt Schneider an einer leben- den Gregarine gemacht hat und die ich ohne Zwang auf meine Weise auszulegen vermag, dann aber der Vergleich mit anderen Gebilden, die in denselben Formen wie die Nucleolen auftreten, und deren Ent- Über Entstehung u. Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz. vork, Binnenkörper. 329 stehung auf die, von mir zu schildernde, Art und Weise, wohl kaum einer Anfechtung ausgesetzt sein dürfte. In den Kernen gewisser Foraminiferen — ob aller Foraminiferen ist mir noch zweifelhaft — finden sich zu gewissen Zeiten kleine Körperchen eingelagert, welche stärker lichtbrechend sind, als das Protoplasma und eine scharf umschriebene, mehr oder weniger rund- liche Oberflächenform zeigen. Die Körperchen sind überall hin, auch gegen die anderen Bestandtheile des Kernes, Kernsaft und Chromatin, abgegrenzt und müssen somit als Nucleolen in dem Sinne Freuming’s! bezeichnet werden. Ich werde aber in diesem Aufsatze lieber den Ausdruck »Binnenkörper« für sie gebrauchen. Einmal nämlich war für die Nucleolen der Radiolarienkerne schon früher die Bezeichnung Binnenkörper im Gebrauche, dann aber möchte ich durch diesen Aus- druck die Nucleolen der Gewebezellen von meinen Betrachtungen aus- schließen. Mir scheint es nämlich noch keineswegs sicher, ob die Nucleolen der Gewebezellen und die Nucleolen der Keimzellen bezw. vieler Protozoen (vielleicht ausgenommen die Ciliaten und Suctorien) analoge Gebilde sind; obgleich auch das Gegentheil wegen des ähn- lichen Verhaltens der beiderlei Nucleolenarten während der Mitose sehr zweifelhaft bleiben muss. Ich enthalte mich also jeder Entscheidung in dieser Frage, schließe aber vorläufig durch die Bezeichnung Binnen- körper die Nucleolen der Gewebezellen bei den im Nachstehenden mit- getheilten Erwägungen aus. Die Zahl der Binnenkörper ist einem außerordentlichen Wechsel bei ein und derselben Protozoenspecies unterworfen, so mag: ihre An- zahl bei der Sandforaminifere Saccammina sphaerica M. Sars, zwischen A—300 schwanken. Ähnlich wechselnd wie ihre Zahl ist ihre Größe, ihr Lichtbreehungsvermögen und ihre Gestalt. Die kleinsten in Saccammina aufgefundenen Binnenkörper hatten einen Durchmesser von 0,00149 mm, die größten einen solchen von 0,00745 mm, dazwischen kamen dann alle Größenstufen vor (Fig. I u. 2). Die kleinsten Binnenkörper stellen meist einfache Kugeln dar, die durch und durch homogen erscheinen und sonst keine Struktur er- kennen lassen; größere pflegen ebenfalls kugelförmig zu sein, lassen aber in ihrem Inneren eine Zusammensetzung aus kleineren Kugeln, oft von sehr ungleicher Größe erkennen. Weiterhin finden sich Binnen- körper, die ebenfalls aus kleineren Kügelchen zusammengebaut sind, dabei aber durch die jeweilige Zusammenordnung derselben sehr ver- schiedenartige traubige Gestalt angenommen haben (vgl. Fig. 1). Am ı W, FLenning, Zellsubstanz, Kern und Zeltheilung. Leipzig 1882. p. 138. 330 L. Rhumbler, auffallendsten sind jedoch in der Regel die größten unter ihnen gebaut; sie zeigen meist eine, durch stärkeres Lichtbrechungsvermögen aus- gezeichnete Innenmasse, in welche kleinere, noch stärker brechende und oft von der Kugelgestalt abweichende unregelmäßige Körperchen eingelagert sind, und eine dunklere weniger lichtbrechende Außen- masse, die in gleichmäßiger Dicke wie eine feste Membran um die Innenmasse herum gelagert ist. Die Außenmasse nimmt bei Eosin- tinktionen eine braunrothe Färbung an: die Innenmasse erscheint unter denselben Bedingungen heller; die in die Innenmasse eingelager- ten Körperchen bleiben meist gänzlich ungefärbt oder tragen doch bloß nur einen kaum merklichen Schein von Eosinfärbune. Auf einem Schnitte durch den Saccamminaweichkörper traf ich schließlich einmal einen Binnenkörper von 0,00745 mm Durchmesser, welcher in seiner ziemlich dünnen Außenschicht eine deutliche, scharf umschriebene Öffnung zeigte (Fig. 2 dOe). Diese Öffnung traf ich bei anderen Binnenkörpern, obgleich ich eine sehr große Zahl daraufhin genau untersuchte, nicht wieder; meiner Ansicht nach hat die Öffnung einem Zufalle ihre Existenz zu verdanken, einem Zufall aber, der wie ich zu zeigen versuchen werde, leicht seine Erklärung findet, wenn man sich der von mir im Nachstehenden mitgetheilten Theorie über die Entstehung der Nucleolen anschließt. Ich glaube nämlich aus dem verschiedenartigen Aufbau dieser Binnenkörper schließen zu dürfen, dass sie durch Zusammen- fließen anfänglich leicht flüssiger, dann zähflüssiger und schließlich erstarrender Massen entstanden sind. Ich nehme an, dass die Binnenkörpersubstanz an allen oder auch nur an bestimmten Stellen (das Letztere da, wo eine fixirte Nucleolenzahl Regel ist) des Kernplasmas zuerst in Gestalt kleinster, erstarrender Tröpfehen abgeschieden wird, die auf verschiedenen Stadien ihrer Erstarrung an einander treffen (vgl. Fig. 3 u. 4). Die Annahme einer Ent- stehung der Binnenkörper auf diese Weise darf desshalb für berechtigt gelten, weil Aım£ Schneider im Kern der Gregarine Actinocepha- lus — die Gregarinen besitzen ähnlich gestaltete Nucleolen wie die Foraminiferen — häufig zahlreiche feine Granulationen wolkenartig erscheinen sah, die sich zu einem centralen Haufen verdichten konnten. »Dans les Actinocephalus, on voit souvent comme un nuage de fines granulations dans le nucleus, qui peuvent se prendre en corps et constituer un amas central. Dans les Hoplorhynchus, Stylo- rhynchus et Bothriopsis, ces phenom£nes peuvent &tre parfaite- ment constates. Dans tous ces genres, jamais deux individus ne sont semblables A eux-memes au point de vue du nombre, de la grandeur, Über Entstehung u. Bedentung der in den Kernen vieler Protoz. vork. Binnenkörper. 331 de la configuration, de l’opacit@ ou de la transparence de leurs nu- cel&oles!.« Trafen kleine fast erstarrte Tröpfchen zusammen, so verklebten sie nur an ihrer Oberfläche mit einander oder platteten sich gegenseitig nur unbedeutend ab, zusammen zu einem festen traubigen Konglomerat erstarrend (Fig. 1). Traf nun dieses Konglomerat mit einem größeren, noch dünn- flüssigen Tropfen zusammen, so floss dieser um das Konglomerat herum und bildete eine Außenschicht. War diese Außenschicht breit genug, so konnte sie wie eine Membran erscheinen; war der herumgeflossene Tropfen nur sehr klein, so musste die Außenschicht für das Auge ver- loren gehen und rundete dann nur, die Rolle einer Kittmasse über- nehmend, das vorher bestandene, zähflüssige Konglomerat zu einer seinem Erstarrungszustand entsprechenden mehr oder weniger voll- ständigen Kugel ab (Fig. 1,55 u. 29). Es konnte nun auch vorkommen, dass bereits erstarrte, kleinere unregelmäßige Konglomerate zu mehre- ren in das Bereich einesnoch dünnflüssigen größeren Tropfens geriethen. Diese kleineren Konglomerate wurden dann ebenfalls von dem Tropfen ganz umflossen und erscheinen dann als die stark lichtbrechenden Einlagerungen in den größeren Nucleolen, wie ich sie oben beschrieben habe (Fig. 2 E). Das starke Lichtbrechungsvermögen dieser Einlage- rungen steht mit ihrem höheren Alter vollkommen im Einklang, die umflossenen Massen waren eben schon bei dem Umfließungsvorgange erstarrt, ihre Dichtigkeit war daher größer und ist auch bis zur Kon- servirung größer geblieben als diejenige der neu hinzugekommenen Masse, welche sich um sie herumgelegt hat. Aus demselben Alters- unterschied lässt sich die hellere Färbung der Innenmasse bei zwei- schichtigen Binnenkörpern ohne Einlagerungen erklären; die Innen- masse ist älter, ihrem vollendeten Erstarrungszustande näher, daher auch dichter als die Außenlage; ihr erhöhtes Lichtbrechungsvermögen arbeitet dem Zutagetreten der aufgenommenen Färbung entgegen. Die größeren dünnflüssigen Tropfen, deren Annahme zur Ent- stehung zweischichtiger Binnenkörper nothwendig ist, würden sich ein- fach durch vollständiges Zusammenfließen kleiner, ebenfalls noch dünn- flüssiger Tropfen erklären lassen. Die Öffnung, welche ich, wie oben erwähnt, einmal die Außen- schicht eines doppelschichtigen Binnenkörpers durchsetzend fand (Fig. 2 dOe), würde derart entstanden zu denken sein, dass ein nicht ! AımE SCHNEIDER, Contributions’a l’histoire des Gregarines des invertebres de Paris et de Roscoff. in: Archives de Zoologie exp6rimentale et generale. Bd. IV. 1875. p. 543. 332 L. Rhumbler, mehr ganz dünnflüssiger größerer Tropfen mit einem bereits erstarrten zusammengetroffen und während der Umfließung selbst so weit erstarrt ist, dass er diese nicht mehr vollenden konnte, oder aber dass der um- fließende Tropfen nicht groß genug war, den bereits erstarrten ganz einzuhüllen. Es könnte meiner Auffassung gegenüber der Einwand erhoben werden, dass bei einer solchen Entstehungsweise der Binnenkörper einem fortgesetzten Anfließen von neuer Substanz keine Grenze gesetzt sei und die Frage wäre zu beantworten: Warum treten die verschiedenen Tropfen nicht zu einem einzigen großen Binnenkörper zusammen? Wenn mehrere Binnenkörpertröpfchen in einem Gebiete des Kern- raumes sich zu Konglomeraten vereinigt haben, so sind die Bildungs- herde dieses Gebietes, von welchem die Tröpfehen herstammen, für einige Zeit erschöpft, d. h. es wird eine gewisse Zeit dauern, bis sich an denselben Orten wieder neue Tröpfchen bilden, die groß genug sind, um sich bei verminderter Entfernung und angewachsener Masse — die erstere ist die unmittelbare Folge der letzteren — gegenseitig anzuziehen und sich zu vereinigen. Da die Anziehungskräfte der einzelnen Tröpfchen zu einander mit ihrer Entfernung in der zweiten Potenz abnehmen und schließlich gleich 0 werden müssen, so werden derartige Erschöpfungszonen einen Wall um die Binnenkörperkonglome- rate herum bilden, der die Konglomerate vollständig isolirt, d. h. jede weitere Anziehung von neuen Tröpfchen hindert. Die neuen Tröpfchen selbst, welche sich in der Zwischenzeit außerhalb der Erschöpfungs- zone bilden, werden aber zu einem anderen Konglomerat zusammen- treten und ebenfalls eine Erschöpfungszone um sich herum bilden, dann nämlich wenn sich alle in einem Anziehungsbereich gelegenen vereinigt haben. So sind beide Konglomerate bis zu ihrer Erstarrung isolirt und sind dann der Verschmelzung nicht mehr fähig, selbst wenn sie später zur unmittelbaren Berührung mit einander kommen sollten. Wiekommtes, dass die Binnenkörper nicht gleich- mäßigin dem Kerne vertheiltsind? Es rührt dies meiner Meinung nach daher, dass die einzelnen Tröpfchen jedenfalls nicht an allen Stellen des Kernraumes zu genau derselben Zeit entstehen. Zu einer gleichmäßigen Vertheilung der Binnenkörper wäre nach der vorgetragenen Theorie unbedingt erforderlich, dass die Ent- stehungsherde der Tröpfchen absolut gleichmäßig in dem Kernraum vertheilt lägen und dass alle insgesammt genau zur selben Zeit ent- ständen und desshalb auch in demselben Erstarrungszustand sich Über Entstehung u. Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz. vork, Binnenkörper. 333 vereinigten. Die geringste Abweichung von diesen Bedingungen müsste augenscheinlich jede gleichmäßige Anordnung sofort zerstören. Dass aber die Binnenkörper nicht alle gleichzeitig entstehen, dafür bürgt ihr verschiedenes Lichtbrechungsvermögen, welches von ver- schiedener Dichtigkeit zeugt und — nach der hier vertretenen An- schauung — auf ihren verschiedenen Erstarrungsgrad! bezw. auf ihr verschiedenes Alter schließen lässt. Ist nun einmal das Alter der Binnenkörper verschieden, d.h. werden z. B. noch neue Tröpfchen gebildet, während andere schon zu Konglomeraten zusammengetreten sind, so ist auch jede weitere gleichmäßige Verbreitung der Ent- stehungsherde unmöglich; die bereits gebildeten, verschieden großen Konglomerate stehen einer solchen im Wege. So erklärt das Aussehen der Binnenkörper zugleich die Ursache ihrer unregelmäßigen Lagerung. Im Allgemeinen müssen die Binnenkörper um so unregelmäßiger gebaut und um so regelloser im Kernraum vertheilt sein, je größer der Kern ist, in welchem sie eingebettet liegen; weil mit der Größe des Kernes auch die Anzahl der Variationen wächst, welche in Gruppirung der Entstehungsherde, in der Aufeinanderfolge der Entstehungszeiten und in der Komposition der einzelnen Konglomerate möglich ist. So finde ich bei kleineren Kernen der Saccammina immer nur wenig Binnen- körper, von meist rein kugeliger Gestaltung. Auch in jungen Eizellen, deren Nucleolen ich ebenfalls eine ähnliche Entstehungsweise zuschrei- ben muss, und die ich eben desshalb als Binnenkörper bezeichnen werde, findet sich in der Regel anfänglich nur ein einziger Binnen- körper. Später treten dann mehrere, ursprünglich meist .kleinere, Binnenkörper, die sich erst nachträglich durch neuen Zufluss ver- größern, in dem Kernraum auf. Die letztere Thatsache und der Umstand, dass die neugebildeten, kleineren Binnenkörper dann und wann sich an größere anlegen und mit ihnen ganz oder theilweise verschmelzen, hat zu der weitverbreiteten Annahme geführt, dass der ursprünglich in der Einzahl vorhandene Nucleolus die spätere Vielzahl der Nucleolen durch Selbsttheilung oder auch durch Abschnürung hervorbringe. Verschmel- zungserscheinungen wurden irrthümlich für Theilungsvorgänge gehalten. Zur weiteren Stütze der hier vertretenen Verschmelzungstheorie möchte ich merkwürdige, den Binnenkörpern sehr ähnlich gebildete Ag- gregate erwähnen, welche zwischen den Fäkalballen derSaccammina in großer Zahl vorzukommen pflegen. Sie sind meistens traubig zu- sammengelagert, stark lichtbrechend, und zeigen meist eine so deut- liche Zusammensetzung aus einer dunkleren Außenmasse und einer ! Wie sollte man sonst die Verschiedenheit im Lichtbrechungsvermögen der Binnenkörper erklären. Zeitschrift £f. wissensch, Zoologie, LVI. Bd. 99 334 | L. Rhumbler, helleren stärker lichtbrechenden Innenmasse, dass ich lange im Zweifel war, ob die Außenmasse nicht eine Zellmembran bedeute, und ob die fraglichen Gebilde nicht etwa als schmarotzende Algen aufzu- fassen seien. Diese Zweifel wurden vollständig dahin entschieden, dass es sich hier nur um mit einander verschmolzene Substanzen handeln konnte, als ich einmal einen vollständig regelmäßig ausgebildeten Ring fand, der aus derselben Substanz wie die zellähnlichen Bildungen bestand (Fig. 6 +). Eine Algenzelle konnte nie Ringgestalt annehmen, dagegen muss diese Gestalt sehr leicht zu Stande kommen, wenn winkelig an einander gelagerte aus einzelnen Tröpfehen bestehende zähflüssige Massen mit ihren freien Schenkeln zusammengerathen. Die Ringgestalt resultirt dann unmittelbar aus einer möglichsten Reduktion der Ober- flächenspannung (vgl. Fig. 7 und deren Erklärung p. 363). Wir sehen also, dass Substanzen, welche ganz dieselben Formge- staltungen aufweisen wie die betrachteten Binnenkörper, ohne jeden Zweifel aus Verschmelzungen hervorgegangen sein müssen; wir werden dieselbe Entstehung daher auch für die Binnenkörper selbst annehmen dürfen. Entstehen aber die Binnenkörper wirklich auf die vermuthete Art und Weise, so müssen wir weiter den Schluss ziehen, dass die Binnen- körper keine morphologisch strukturirten Gebilde sein können. Ihre jeweilige Zusammensetzung ist vielmehr in hohem Grade dem Zufall oder, besser gesagt, den jedes Mal herrschenden Lagerungs- und Massen- verhältnissen ihrer Komponenten preisgegeben. Meiner Ansicht nach stellen sie Reservestoffe dar, die eben so wie die Dotterplättchen des Eies bei dessen Wachsthum, bei der weiteren Ausbildung des Kernes verbraucht werden. Die Natur dieser Reservestoffe scheint aber sehr verschieden sein zu können; bei Saccammina nehmen die Binnenkörper in demselben Maße ab, als das Chromatin zunimmt; es dürfte hier also die schon von anderen Seiten ausgesprochene Ansicht, dass die Nucleolensubstanz in irgend welcher Beziehung zum Chromatin steht, als zutreffend angezogen werden. Doch kann allem Anscheine nach, wie gesagt, auch der Stoff zu anderen Kerntheilen gelegentlich in derselben Form aufgespeichert werden. Da es sich bei Entstehung der Binnenkörper um ganz all- gemein gültige, physikalische Gesetze handelt, wie ich behaupten muss, so liegt nicht der geringste Grund vor, dass sich nicht gelegent- lich sehr verschiedene Substanzen nach Binnenkörperart im Kern ab- lagern können. Die Gesetze, welche die Entstehung der Binnenkörper veranlassen, Über Entstehung u. Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz. vork. Binnenkörper. 335 könnten vielleicht folgendermaßen formulirt werden (vorausgesetzt, dass man den Kernsaft für eine mehr oder weniger flüssige Substanz hält und ihm nicht eine feste Konsistenz zuschreibt. Letzteres ist wohl so gut wie ausgeschlossen und meines Wissens noch nie behauptet worden). 1) Flüssige Substanzen von denselben oder sehr ähn- lichen specifischen Eigenschaften müssen sich mit ein- ander vereinigen, d.h. miteinander verschmelzen, wennsie in anders gearteten, flüssigen Medien zusammentreffen 2) Esist wahrscheinlich, dass Substanzen von denselben oder sehr ähnlichen specifischen Eigenschaften in anders gearteten flüssigen Medien zusammentreffen. Ihr speeifisches Gewicht wird ihnen eine ganz bestimmte Lage in dem anders flüssigen Medium anweisen!. Diese bestimmte Lage, die alle Substanzen von derselben oder von sehr ähnlicher Konstitution einzunehmen suchen, wird flüssigen Massen in ausgiebigster Weise Gelegenheit zu Verschmelzungen geben. Festgewordene werden sich nur zusammenscharen. Es ist hierbei die Einschränkung zu machen, dass den flüssigen Massen, die sich vereinigen sollen, keine Hindernisse in den Weg treten dürfen. Nun ist in der That in den Kernen der Saccammina, in den Kernen der Radiolarien und in denen der Gregarinen, welche alle große Übereinstimmung in ihrem Verhalten zeigen, zur Zeit, wo die Binnenkörper in großer Zahl auftreten, weder ein Chromatin- noch ein Liningerüst vorhanden. Die flockigen Massen, welche sich ohne irgend welche Stucktur zu zeigen, in dem Kernsafte finden, sind wohl als bei der Konservirung entstandene Gerinnungsprodukte (jedenfalls irgend einer im Kern enthaltenen Eiweißverbindung) aufzufassen. Ein die Vereinigung der gleichartigen Massen hemmendes Hindernis scheint 1 Ich glaube nicht, dass der Kernsaft an allen Stellen dieselbe Dichte, resp. ein und dasselbe specifische Gewicht besitzt. Es werden in dem Kern, wenn auch nur um weniges, differente Druckverhältnisse herrschen, die sich mit seiner jewei- ligen Thätigkeit in geringen Grenzen ändern werden; dabei werden die einzelnen Gebiete des. Kernsaftes in verschiedener Weise von diesen Änderungen berührt werden; um ein Beispiel zu geben, die centralen Partien jedenfalls anders als die peripheren, Mit den Druckverhältnissen bez. den Dichtigkeiten muss sich aber auch das specifische Gewicht an den betreffenden Stellen ändern. Wäre das spe- eifische Gewicht des Kernsaftes in all seinen Partien dasselbe, so müssten sich die Nucleolen da, wo sie in unseren Fällen durch kein Gerüst aufgehalten werden, entweder alle an der obersten Stelle des Kernsaftes, oder an seiner untersten von der Schwerkraft geleitet ansammeln, je nachdem ihr specifisches Gewicht geringer oder größer als dasjenige des Kernsaftes wäre. Das specifische Gewicht aller, den Kern zusammensetzenden, Bestandtheile wird im Großen und Ganzen wenig von einander abweichen. 33” 336 L. Rhumbler, also zur Zeit der wahrscheinlichen Entstehung der Binnenkörper nicht vorhanden. Außer dem specifischen Gewicht und der Masse, welche als Ver- einigungsfaktoren wirken, scheint aber der Kernsaft selbst Bewegungen vorzunehmen, welche der Vereinigung gleichartiger Substanzen weiteren Vorschub leisten müssen. Ich schließe dies aus den öfter vorkommenden Windungen und Umbiegungen, der zu längeren Strängen verschmol- zenen Nucleolen (Fig. 28 e). Es ist eben in den herangezogenen Fällen keinerlei Gerüstwerk vorhanden, welches die Gestalt der erwähnten Stränge zu erklären vermöchte. Dass die Annahme von Bewegungen im Kerne keine unerlaubte ist, beweist die Thatsache, dass selbst in solchen Kernen, welche durch die Ausbildung eines Gerüstwerkes bestimmtere, höher differenzirte Zustände vorstellen, eine Änderung in dem Verlauf dieses Gerüst- werkes und eine wechselnde Einbuchtung der Kernmembran intra vitam beobachtet ist!, solche Änderungen müssen auch Verschiebungen des Kernsaftes mit sich bringen. Eine Erklärung der hier vermutheten Bewegungen des Kerninhaltes kann zum Theil auf dem Ausgleich der im Kernlumen angenommenen verschiedenen Druckverhältnisse gegründet werden. Auch in solchen Kernen, wo der Vereinigung der Binnenkörper durch die Anwesenheit eines Gerüstes Hemmnisse in die Bahn gelegt sind, wie bei vielen Keimzellen, werden die Einzelmassen den oben angeführten Gesetzen nachzukommen suchen. Es können desshalb auch in solchen Kernen ähnliche Binnenkörper auftreten, da durchaus nicht alle Einzelmassen an dem Gerüstwerk hängen bleiben müssen. Ver- änderungen in der Anordnung des Gerüstes müssen auch hier weiteren Vereinigungen von gleichartigen Massen Vorschub leisten. Ich möchte nunmehr auf zwei weitere Fragen eingehen, welche sich hier, nach Besprechung der physikalischen Verhältnisse, anfügen lassen. 4) Müssen aus der Verschmelzung von kleineren Sub- stanzmassen immer dieselben oder dochähnlich gestaltete Gebilde hervorgehen, wie die seither beschriebenen? 2) Könnennurchemisch gleichartige Stoffe miteinander im Kernraum verschmelzen? 1 W. Frennming, Beiträge zur Kenntnis der Zelle. Theil I. p. 314—347. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XVI. — Pruppen, Beobachtungen am lebenden Knorpel. Vırcuow’s Archiv Bd. XV, 2. Heft. 41879. — W. ScHLEicher, Nouvelles communi- cations sur la cellule cartilagineuse vivante. in: Bulletin de l’acad. royale de Belg. 187927 27Ser. Bd, XLVII. No. 6. Über Entstehung u. Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz. vork. Binnenkörper. 337 Beide Fragen müssen mit: »Nein « beantwortet werden. Das auf die erste Frage abgegebene Nein gründet sich auf folgende Überlegungen. Es müssen nicht bloß solche Substanzen zur Vereinigung kommen, welche wie der seither besprochene Stoff der Binnenkörper nach unserer Annahme erst dünnflüssig, dann zähflüssig sind und schließlich er- starren; sondern auch solche, welche dünnflüssig sind und dünnflüssig bleiben; ferner solche, welche von Anfang an zähflüssig sind und in diesem Zustande verbleiben oder starr werden, und in letzter Reihe sogar möglicherweise Körper, die von Anfang an fest und starr sind, wenn es solche überhaupt im Kerne giebt. Die Gründe, welche zu ihrer Vereinigung führen werden, sind dieselben, die vorher genannt wurden. Eben so muss auch hier wieder die Voraussetzung erfüllt sein, dass sich dem Vereinigungsvorgang kein Hindernis in Gestalt irgend welchen Gerüstes oder sonst wie entgegensetzt. Der Kernraum muss überallhin frei wegbar sein; man braucht desshalb aber keineswegs anzunehmen, dass der Kernsaft ein unorgani- sirtes, chemisches Gemisch sei, eben so wenig wie das Bildungsplasma in den teloleeithalen Eiern dadurch zu einer unorganisirten Substanz wird, dass es aus allen Eipartien durch die schwereren Dottermassen nach dem oberen Eipole hin zusammengedrängt wird. Meiner Ansicht nach ist in den Kernzuständen, um die es sich hier handelt, gerade der Kernsaft der einzige sichtbare, organisirte Bestandtheil; das Ghromatin, das wohl unbestrittenes Recht auf Organisation hat, tritt ja erst später auf oder wird wenigstens erst später nachweisbar, wenn die Binnen- körper an Zahl und Masse abnehmen. i Wenn sich nun dauernd dünnflüssige Substanzen — sie können dünnflüssiger als der Kernsaft selbst sein — oder auch dauernd zähflüssige mit einander vereinigen, so werden sie zu größeren Tropfen zusammenfließen und von der Kugelgestalt nicht abweichen, so lange sie nicht einem festeren Stoffe begegnen, dem sie sich nach späteren Erörterungen anlegen müssten. Man würde in diesem Falle jedoch, namentlich bei dünnflüssigen Substanzen, nicht von Binnenkörpern sondern von Vacuolen reden. Das Vorkommen von Vacuolen im Kern scheint keine sehr häufige Erscheinung zu sein. P. A. Loos! macht die Angabe, dass die Eiweißtröpfehen, welche in den Eileiterdrüsen der Amphibien gebildet werden, nicht bloß im Zellprotoplasma sondern auch im Zellkern vorkommen. Bürger ? theilt über die größeren Ganglienzellen der Nemertinen i A, Loos, Über die Eiweißdrüsen im Eileiter der Amphibien und Vögel. Dissert. Leipzig 1884. p. 412, auch diese Zeitschr, Bd. XXXV, 2 Orro BÜRGER, Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Nemer- tinen nebst Beiträgen zur Systematik. in: Diese Zeitschr. Bd. L, p. 113. 338 L. Rhumbler, einen ebenfalls hierher gehörigen Befund mit, den ich hier wörtlich anführen will, weil er für uns noch einmal später von Werth sein wird. »Bei den meisten Formen kommt neben dem dunkel gefärbten ein- zigen Nucleolus noch ein größeres Bläschen von mattem Glanz und nur sehr schwach gefärbt zur Geltung (Fig. 8 u. 9 hier). Dasselbe liegt fast immer dicht neben dem Nucleolus und umfasst selbst denselben. Zu- weilen sah ich auch viele kleine Bläschen um den Nucleolus gelagert oder an der Membran des Keimes kranzförmig angeordnet, in einem besonders großen lag alsdann der eigentliche Nucleolus« (Fig. 8, 9a, b, ce). Ich möchte die Angaben Bürger’s in dem Sinne für meine Theorie verwerthen, dass ich die zuletzt geschilderte, kranzförmige Anordnung von vielen kleinen Bläschen an der Kernmembran für das Ausgangs- stadium der anderen Befunde halte, wo nur ein Bläschen dem Nucleolus anliegt. Letzteres wäre demnach aus dem Zusammenfluss der vielen kleinen Bläschen entstanden zu denken. Es scheint mir kein großes Waenis, die Vermuthung auszusprechen, dass die kleinen Bläschen die Lagerung, in der Nähe der Kernmembran, ihrer Entstehung verdanken, sie dürften auf endosmotischem Wege durch die Kernmembran aus dem Zellraum her eingedrungen sein. Ich könnte hier weiter ein Vorkommnis von mehreren Vacuolen in einem Kerne von Sacecammina anführen, doch unterlasse ich es, weil der betreffende Kern möglicherweise erst durch die Konservirung seine Vacuolen erhalten hat. Die Befunde Bürger’s scheinen mir durch die regelmäßige Lagerung der kleinen Bläschen im Kern Fig. 8 gegen eine Auffassung als Produkte von Konservirungsfehlern geschützt zu sein. Wieder anders wie die ständig flüssigen Substanzen werden sich Massen verhalten, die schon bei ihrer ersten Bildung zähflüssig sind, eines dünnflüssigen Zustandes demnach ganz entbehren, und schnell erstarren. Diese werden sich gegenseitig nicht umfließen, sondern in günstigen Fällen nur mit einander verkleben und ihre beiderseitigen Kontouren zu einem gemeinsamen, den vorherigen Rechnung tragenden Kontour abrunden. Die neue Gestaltung der verschmolzenen Substanzen muss auf dem Wege nach derjenigen Form liegen, welche die geringste Oberflächen spannung zeigt, also auf dem Wege nach der Kugelform. Wenn dieser Weg oft nur in seinen Anfängen durchlaufen wird, so ist.die schnelle Erstarrung der verschmolzenen Massen hieran Schuld. Für solche Binnenkörper, die aus zähflüssigen, schnell erstarrenden Massen zusammengeflossen sind, möchte ich die Binnenkörper an- sprechen, die Rıcnarn Herrwıc ! in den Kernen von, in Alkohol gehärte- ! R. Herıwig, Zur Histologie der Radiolarien. Leipzig 1876. Über Entstehung u. Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz, vork, Binnenkörper. 339 ten, Thalassicolla nucleata vorgefunden hat. Die in merkwürdiger Weise bald L-förmig, bald gipfelartig, bald in Biskuitform auftretenden stark lichtbrechenden Binnenkörper (Fig. 10, 11 u. 20) haben eine so außerordentliche Ähnlichkeit mit den Kieselstäbchen !, welche die Ge- häuse einiger Süßwasserdifflugien, vor Allem die der Leequeureusia (Difflugia) spira lis zusammensetzen, dass ich nicht bezweifle, ihre Ähnlichkeit beruhe auf der Ähnlichkeit der physikalischen Faktoren, welche bei ihrer jederseitigen Bildung mitgespielt haben, so sehr ver- schieden auch ihre chemische Zusammensetzung sein muss. Ich habe zum Vergleich mit den Binnenkörpern der Thalassicolla nucleata eine Auswahl der Stäbchen in Fig. 13 abgebildet. Jeder der Binnenkörper könnte seiner Form nach ohne Weiteres in ein Gehäuse von Lecgeu- reusia spiralis eingeordnet werden, ohne dass er selbst von einem Kenner als Fremdsubstanz in dem Gefüge wieder erkannt werden könnte (vgl. Fig. 13—16 mit Fig. 10, 14 u.20). Nun habe ich in dem Weichkörper derLeequeureusia mehrmals Stäbchen angetroffen, welche zweifellos aus Verschmelzung von kleineren Kieselportionen entstanden sein mussten, das sah man an Einschnürungen, welche sich in sehr ver- schiedener Tiefe und Ausbildung um die Stäbchen herumlegten. Von einer einfachen Berührung bis zur gänzlichen Verschmelzung der ein- zelnen Kieselportionen waren alle Übergänge aufzufinden (vgl. Fig. 13, 14 u.15). Niemand wird diese Vorkommnisse in umgekehrter Folge als Theilungserscheinungen erklären wollen. Kieselsäure wird sich kaum aus sich selbst heraus zu theilen im Stande sein. Da die Kieselsäure vom Weichkörper abgeschieden wird, so ist überdies von vorn herein sehr wahrscheinlich, dass sie ursprünglich als ein flüssiges Silikat auftritt, dessen Aggregatzustand die Verschmelzungen ermöglicht. Überdies wurden auch hier vollständig ausgebildete Ringe aufgefunden, welche sich, wie ich oben gezeigt habe, sehr einfach als durch Verschmelzung mehrerer Stücke entstandene Vereinigungen erklären lassen. Würden die Binnenkörper und Kieselstäbchen nicht sehr Schnell erstarren, so müssten sie nothwendigerweise, wie ich bereits bemerkt habe, durch die Spannungsgesetze Kugelform annehmen, resp. die kugeligen Komplikationen zeigen, die ich für die Nucleolen der Sac- cammina angegeben habe. Anklänge hieran finden sich im Kerne der Fig. 12. Auch dafür, dass sich von Anfang an feste Substanzen, zu einem mehr oder weniger festen Gefüge auf rein mechanischem Wege zu- ! Die Stäbchen widerstehen allen Säuren (Fluorwasserstoffsäure war jedoch in meine Versuche nicht eingeschlossen), allen Alkalien, und eben so der Roth- gluthhitze, 346 L. Rhumbler, sammenordnen können, kann ich einen Beleg anführen. Ich fand nämlich einige Male die Eisenkiesablagerungen, welche sich zuweilen im verwesenden Weichkörper der Foraminiferen bilden, in Gestalt von Nebeln innerhalb eines größeren durchscheinenden Tropfens auftreten, den ich für ein Derivat der verwesenden Sarcode halte (Taf. XVII, Fig. 17). In den Gehäusen, die von dem zersetzten Weichkörper keine Reste mehr enthalten und nur mehr oder weniger von Eisenkies erfüllt sind, finden sich derartige fein vertheilte Eisenkiestheile nicht mehr, sondern der Eisenkies hat in ihnen die Gestalt mehr oder weniger vollendeter Kugeln angenommen, wenn er nicht zu einer Krystalldruse zusammen- getreten ist. Diese Kugeln sind nicht fest, sie lassen sich unter dem Deckglas wieder in einzelne Theilchen zerdrücken, die an Größe ganz den kleinen, in dem Nebel zusammengescharten Eisenkiespartikelchen entsprechen. Mir scheint es unzweifelhaft, dass die größeren Kugeln aus einer rein mechanischen Aneinanderordnung der ursprünglich als nebelartiger Niederschlag auftretenden Eisenkiespartikelchen entstan- den sind. Ich habe diesen Fall hier angeführt um zu zeigen, dass selbst solche Substanzen, die von Anfang an in fester Form auftreten, sich in flüssigen Medien unter normalen Verhältnissen zu einem Gefüge zu- sammenordnen können. Ob ähnliche Fälle innerhalb des Kernraumes bekannt werden mögen, ist nicht abzusehen, scheint mir aber nicht undenkbar. Was die zweite Frage, ob auch chemisch verschiedene Stoffe zusammentreten können, anlangt, so muss sie ohne Weiteres bejaht werden. Die ganzen Vereinigungsvorgänge sind nach der seitherigen Auffassung rein mechanische Erscheinungen, bei denen die chemische Zusammensetzung ! der sich vereinigenden Stoffe keinerlei Rolle spielt. Sie beruhen darauf, dass flüssige Substanzen zusammentreten, wenn sie mit einander in Berührung kommen und je nach ihren jeweiligen Asgregatzuständen die oben beschriebenen Formen annehmen müssen. Die gestaltende Kraft der Vereinigungen ist in dem Bestreben der Flüssigkeiten zu suchen, diejenige Form anzunehmen, bei welcher ihre Oberfläche die geringste Spannung auszuhalten hat. Für Flüssigkeiten ist dies die Kugelform. Wenn diese Form nicht in allen Fällen erreicht wird, so beruht dies darauf, dass oft die vereinigten Massen auf ihrem Wege zur Kugelform erstarren. Kommen zähflüssige und dünnflüssige Substanzen mit einander in Berührung, so muss sich nothwendigerweise immer die dünnflüssige um die zähflüssige herumlegen, nie umgekehrt; ! Die chemische Zusammensetzung kann nur in so fern bei diesen Vorgängen mitwirken, als sie bestimmte physikalische Eigenschaften, specifisches Gewicht, Aggregatzustand etc, etc. zur Folge hat, Über Entstehung u, Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz. vork, Binnenkörper, 341 dies wird selbst dann der Fall sein, wenn die dünnflüssige Masse die zähflüssige bedeutend an Menge überwiegt. Es gilt dies in gleicher Weise für die Vereinigung von verschiedenen Aggregatzuständen ein und desselben Körpers, wie es für den Zusammentritt chemisch ver- schiedener Stoffe gilt. So hat sich das in den Kernen von Ganglienzellen der Nemertinen auftretende Bläschen allenthalben dem augenscheinlich dichteren Nucleolus angelagert (Fig. 8 und 9). Das Bläschen ist an der Berüh- rungsstelle abgeplattet oder gar eingebuchtet. Der Grad derartiger Einbuchtungen oder Anschmiegungen, wie ich sie nennen möchte, wird ganz von der Kohäsionskraft der an einander getretenen Sub- stanzen selbst, also auch von ihrem Aggregatzustande, und von der zwischen beiden Substanzen zur Wirkung kommenden Adhäsionskraft abhängen !. Dabei wird auch die dichtere Masse, sofern sie nicht fest ist, ihre Form im Sinne der angeschmiegten Masse mehr oder weniger ändern. Die Grade der Formänderung, welche zwei flüssige Massen bei ihrer Aneinanderlagerung erfahren, wird im Allgemeinen dem Grade ihres Flüssigkeitszustandes direkt, ihren Massen aber indirekt proportional sein. Als Kernkörperchen, welche zweifellos aus zwei verschiedenen Substanzen bestehen, führe ich die bekannten Beispiele der Eierstockskerne lamellibranchiater Mollusken an. In Fig. 18 ist die dunklere Partie als die dünnflüssigere aufzufassen, in Fig. 19 ist es die hellere. Es lässt sich nicht immer so klar wie bei den letzt herangezoge- nen Binnenkörpern entscheiden, ob die Masse, die sich in unterscheid- barer Weise an eine oder um eine andere herumgelagert hat, eine von der umlagerten verschiedene Substanz oder bloß einen anderen dünn- flüssigeren Aggregatzustand der umlagerten Partie darstellt. So mögen die Binnenkörper von Thalassicolla nucleata (Fig. 12) nicht aus verschiedenen Substanzen, sondern aus verschiedenen Aggregatzustän- den derselben Substanz ihren Ursprung genommen haben, es scheint mir dies dadurch wahrscheinlich, dass R. Hrrrwıc andere Binnenkörper 1 Dass Substanzen, welche so wenig Adhäsionskraft besitzen, wie z. B. das Quecksilber, innerhalb des Kernes vorkommen sollten, ist durchaus un- wahrscheinlich, So viel ich weiß, steht das Quecksilber in dieser Eigenschaft unter allen bekannten Stoffen ziemlich isolirt da. Quecksilber würde sich trotz seiner Dünnflüssigkeit nie um festere Substanzen herumlegen, sondern sich stets von ihnen zu entfernen suchen, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man in einen größeren Quecksilbertropfen mit irgend einem spitzen Instrument, etwa einer Glasnadel hineinsticht. Der Tropfen fließt dann von der Glasnadel weg, bis sich ihre Spitze außerhalb des Tropfens befindet. Gäbe es solche Substanzen im Kerne, so würden für diese unsere Erörterungen nicht gelten, sie würden sich nur unter einander vereinigen. 342 L. Rhumbler, derselben Form abbildet, die allem Anschein nach nur aus einem Stoff bestehen. R. Herrwiıc glaubt, dass die oben eitirten Formen der Nucleolen, welche so große Ähnlichkeit mit den Leequeureusia- Stäbchen besitzen, möglicherweise erst durch die Wirkung des Alkohols zu Stande gekommen seien. Ich halte diese Auslegung für sehr berech- tigt, wenn auch, eben so wie R. HErTWwIe, nicht für unbedingt nothwendig. In jugendlicheren lebenden Kernen fand R. Hrrrwie einen verzweigten Binnenkörper von scheinbar flüssiger Konsistenz, in welchen kleinere, stärker lichtbrechende (also wohl zähflüssigere) Kügelchen eingelagert waren (Fig. 21). Nun ist es wohl denkbar, dass bei dem Zusatze des zum Zwecke der Konservirung verwendeten Alkohols, die zähflüssigen Tröpfchen sich plötzlicher als sonst vereinigt haben (etwa dadurch, dass sie durch Wasserverlust dichter wurden) und eben so schneller er- starrten als unter ihren normalen Lebensverhältnissen, unter denen sie vor ihrer Erstarrung Zeit genug haben, sich zu vollkommenen Kugeln umzuwandeln (vgl. Fig. 12). Die ursprüngliche Grundmasse, welche aus kleineren, noch nicht lange entstandenen Tröpfchen zusammenge- flossen sein wird, musste sich als Außenmasse um die zäh vereinigten Tröpfcehen herumlegen, weil sie, ihrer Jugend entsprechend, dünn- flüssiger war als jene!. So kann der Alkohol hier ein Stadium festge- halten haben, das im Leben so rasch verläuft, dass es kaum als solches aufgefasst werden kann. Zähflüssige Massen (der Alkohol hat sonst leichtflüssige Substanzen in zähflüssige umgewandelt) zeigen Ver- schmelzungsstadien, die bei dünnflüssigen momentan verlaufen. Man kann sich die seither geschilderten Verschmelzungskör- per auf sehr leichte Weise künstlich herstellen. Ich verwendete zu diesem Zwecke eine leichtflüssige Wachskomposition (eine vorräthige Injektionsmasse,, deren Zusammensetzung ich leider nicht ermitteln konnte); doch erhält man auch mit gewöhnlichem Wachs zum Theil recht gute Resultate. Ein kleines Stückchen dieser Wachskomposition wurde in einem Reagensgläschen mit Wasser bis zu heftigem Aufkochen erhitzt — durch das Kochen wird die Wachsmasse in kleinen Portionen innerhalb des Wassers vertheilt — dann wurde das kochende Wasser mit dem flüssigen Wachs in ein kleines Glasgefäß geschüttet, das un- ! Die verzweigte Form des jugendlichen Binnenkörpers (Fig. 24) dürfte darauf zurückzuführen sein, dass er erst kürzlich aus Verschmelzung mehrerer Einzel- massen entstanden sei; oder man müsste annehmen, es seien Widerstände im Kern- plasma vorhanden gewesen, die seiner Abrundung zur Kugelgestalt entgegenge- arbeitet hätten. In letzterem Falle hätte er sich jedenfalls in mehrere Stücke zertheilt, denn das Bestreben nach Verminderung der Oberflächenspannung hätte die einzelnen Aststücke zur kugeligen Kontraktion treiben müssen. In Fig. 11 u.42 sind in der That mehrere Binnenkörper im Kern vertheilt. Über Entstehung u, Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz, vork, Binnenkörper, 343 gefähr eben so viel kaltes Wasser enthielt und zur völligen Ausbreitung der Wachsmasse groß genug war. Hierdurch erkaltet auch das kochende Wasser allmählich und bringt das Wachs zum Erstarren. Ist der Versuch gut gelungen — er gelingt sehr leicht — so wird man keine der hier erwähnten Verschmelzungskörper vermissen, weder die zweischichtigen Formen, noch die traubigen, weder irgend eine Variation der Stäbchen, noch die Formen mit unvollständiger Um- schließung der Innenmasse, d.h. mit einer Öffnung in der Außenschicht; selbst die Ringform kommt hin und wieder zur klaren Ausbildung. Die Stäbchenformen finden sich in der Regel da, wo das Wachs zu einer äußerst feinen Haut zusammengetreten ist, dieser Haut aufgelagert. Die Wachsmasse ist zu leichtflüssig, um häufiger im freischwebenden Zustand zu Stäbchenformen zu verschmelzen. Da aber, wo die kleinen Wachsperlchen der feinen Haut angeklebt sind, wird ihre Vereinigung verlangsamt, die Wachshaut sucht sie festzuhalten; so kommen Er- scheinungen zu Stande, wie sie sonst, in freibeweglichem Zustande, nur zähflüssige Substanzen hervorzubringen vermögen, so kommen, kurz gesagt, die Stäbchenformen zur Ausbildung. Bei diesen Experimenten kommt es häufiger vor, dass Luftblasen in die kleinen Wachskugeln eingeschlossen werden. Das widerspricht unserer früher aufgestellten Behauptung, dass sich dichtere Medien nicht um dünnere herumlegen können, sondern nur die dünneren um die dichteren. Die scheinbare Ausnahme wird dadurch hervorgerufen, dass bei dem Kochen viel gewaltsamere Vorgänge Platz greifen, als bei einem einfachen Zusammentreten zweier Substanzen jemals auftreten können. Die kleinen Luftbläschen werden in die flüssige Wachsmasse hineingeschleudert; sind sie einmal in ihnen, so können sie nicht wieder heraus. Die Oberflächenspannung des Wachstropfens widersetzt sich ihrem Austritte. Wäre der Vorgang des Zusammentritts von Luft und Wachs ohne Gewaltmittel vor sich gegangen, so hätte sich immer nur die Luft um das Wachs herumlegen können, nie umgekehrt, Kommt es auf Erzeugung der Stäbchenformen nicht an, so erreicht man die verschiedenen kugeligen Formen der Binnenkörper noch leichter, wenn man statt des Wassers eine 1—2"/,ige Gelatinelösung als Kochmittel des Wachses benutzt. Hierbei scheidet sich die ganze Wachs- masse in kleinste Kugeln verschiedener Komposition. Will man sich die Entstehung der Stäbchenbildungen veranschaulichen, so lasse man einige Tropfen Kollodium an freier Luft auf einem Objektträger erstarren. Dann wähle man sich einen Tropfen aus, der bei seinem Festwerden Luftbläschen in sich eingeschlossen hat. Übergießt man nunmehr die noch nicht ganz hart gewordene Kol- 344 L. Rhumbler, lodiummasse mit Wasser und beobachtet den Raum der Luftblase bei schwacher oder mittlerer Vergrößerung! unter dem Mikroskop, so wird man bald kleinste Wassertröpfchen in den Luftblasenraum eintreten sehen. Das Wasser diffundirt durch die Wand des Kollodiumtropfens und sammelt sich in dem Raum an, welchen die Luftblase geschaffen hat. Dabei kleben die Wassertröpfehen der Wand des Hohlraumes an und kommen desshalb wieder langsamer zur Vereinigung (gerade wie vorher die Wachströpfehen auf der Wachshaut) als freischwebende Tröpfchen des dünnflüssigen Wassers es thun würden. Der Vorgang ist sehr leicht in Scene zu setzen, die Verschmelzungsbilder können den Stäbchen der Leequeureusia und den Binnenkörpern der Thalassi- colla völlig gleich sein. Ich habe die vorstehenden Experimente erst angestellt, als ich die Entstehung der Binnenkörper in der vorgetragenen Form im Manuskript dem Wortlaute nach schon festgelegt hatte. Sie sollten den Prüfstein für meine Auffassung abgeben und haben mich, wie vorauszusehen war, nicht im Stich gelassen. So verschieden auch die Bedingungen im Einzelnen sein mögen, welche bei Entstehung der Binnenkörper und bei der Bildung der Wachskügelchen mitspielen, eins scheint mir aus den Versuchen klar hervorzugehen, dass nämlich jede geschilderte Form der Binnenkörper sich durch die Annahme erklären lässt, dass langsam oder rascher erstarrende Massen zur Vereinigung gekommen sind, wie denn die entstandenen Wachsmassen die Binnenkörper nachgebildet haben. Wie sollmansich das erste Auftreten und die allmäh- liche Erstarrung der Nucleolen vorstellen? Hierüber kann Bestimmtes nicht gesagt werden, da wir über die chemische Zusammensetzung der Binnenkörper noch zu sehr im Un- sicheren sind. Man könnte sich den Vorgang als eine Abscheidung aus einer Mutterlauge vorstellen, müsste dann aber den Binnenkörpern krystalloide Eigenschaften zuschreiben und den Kernsaft für eine gesättigte Lösung der Binnenkörpersubstanz halten. Der Kernsaft könnte neben dieser Lösung noch sehr viel andere Stoffe enthalten. Es lässt sich aber die Binnenkörpersubstanz überhaupt nur sehr vorübergehend auf gewissen Stadien der Mitose von Keimzellen im Kernsafte nachweisen. Hiermit würde eine Auffassung der Abscheidungsvorgänge im erörterten Sinne auf allzu schwachen Füßen stehen, um für eine Theorie verwerthet werden zu können, zumal sie auch in keiner Weise die allmähliche Er- starrung der ausgeschiedenen Stoffe zu erklären im Stande wäre. ! Auch die Wachskügelchen müssen mit diesen Vergrößerungen betrachtet werden, Über Entstehung u, Bedeutung der in den Kernen vieler Profoz. vork. Binnenkörper. 345 Wahrscheinlicher ist es, dass die Binnenkörpersubstanz im Kern- plasma erst dann erzeugt wird, wenn sie in kleinen Tröpfchen auftritt, ihre Erstarrung müsste dann auf die Thätigkeit einer besonderen Sub- stanz zurückgeführt werden. Man kann sich die Vorgänge durch die Anwesenheit zweier Substanzen im Kernsafte, erstens einer Substanz, welche die Binnenkörper löst, und zweitens einer solchen, welche sie erstarren macht, recht gut erklären. Beide Substanzen scheinen ein inniges Gemenge zu bilden, und zwar ein Gemenge das nach einem gesetzmäßig bestimmten Mischungsverhältnis der beiden Substanzen strebt, so dass immer die vorwiegende Substanz so zu sagen auf der Suche nach der anderen ist. Das Mischungsverhältnis nenne ich Mischungs- optimum. Bei jeder Trennung der Substanzen werden sie daher wieder zur Vereinigung zu gelangen suchen. So mag es kommen, dass die lösende Substanz, welche den eben, irgendwie erzeugten Binnenkörper- stoff immer sofort aufnimmt, nachträglich von dem starrmachenden Stoffe aus der Binnenkörpersubstanz wieder ausgezogen wird!. Die an- ‚genommenen Verhältnisse sind weit einfacher, als sie auf den ersten Blick hin scheinen; dieselben Vorgänge finden sich z. B. bei jedem Austrocknungsvorgange an freier Luft. Das Wasser vertritt in solchen Fällen das lösende Medium, die Luft das starrmachende; das Mischungs- optimum von Luft und Wasser liegt vor dem Sättigungspunkte beider Medien. So müssen die Binnenkörper auf dem Wege einer allmäh- lichen Erstarrung zur Ausscheidung kommen, gemäß der schrittweisen Abnahme der lösenden Substanz, welche von der starrmachenden Substanz aus ihnen ausgezogen wird. Die allmähliche Erstarrung der Binnenkörper auf eine erst verringerung zurückzuführen, wie sie die Ursache für die Erstarrung der Wachsmasse ist, scheint mir nicht zulässig. Doch können bei dem Erstarrungsprocess auch ganz andere Vorgänge vorliegen, deren Er- klärung der Chemie oder der Molekularphysik zuzuweisen wäre und die aus einander zu setzen ich mich nicht berufen fühle. Ich möchte aber daran erinnern, dass ja auch die Protoplasmaabscheidung bei Bildung des Primordialschlauches der Pflanzen ein allmähliches Fester- werden erkennen lässt, wie sehr die spätere Rigidität der Zellmembran auch erst sekundär, durch nachträgliche Einlagerungen, hervorgerufen worden sein mag. Es wäre nunmehr zu erörtern, ob alle Gebilde, welche man bis- lang als Nucleolen bezeichnet hat, auf dieselbe Weise durch Verschmelzung aus kleineren Massen entstanden zu denken 1 Dabei muss auch eine stufenweise Zunahme der beiden einander entgegen- wirkenden Zellsaftsubstanzen angenommen werden. 346 L. Rhumbler, sind. Das ist schwer zu entscheiden. Zwar scheint mir die fixirte Anzahl der Nucleolen in den meisten Gewebezellen der Metazoen, die als Gegenbeweis angeführt werden könnte, nicht absolut gegen eine ähnliche Entstehung zu sprechen, da man sehr wohl annehmen könnte, dass die Bildungsherde der kleinen Nucleolenpartikelchen in einem oder doch nur in wenigen Gebieten des Kernraumes lokalisirt wären und so nahe bei einander lägen, dass jedes neugebildete Tröpfchen sofort an die bereits vorhandene Hauptmasse anschießen würde. Man müsste dann aber annehmen, dass der Nucleolus in den betreffenden Zellen immer im flüssigen Zustand verharre, weil sonst die neu hinzugeflossenen Partien sich in irgend einer Weise kenntlich machen müssten und sicher von ein oder der anderen Seite schon beobachtet worden wären. Nun scheint aber der Nucleolus in den Gewebezellen der Metazoen in den meisten Fällen ein festes Gebilde zu sein. Immerhin kann die Frage nicht endgültig verneint werden, da eine andersartige Entstehung der Nucleolen, wie oben schon gesagt wurde, bei dem allgemein gleichen Verhalten,: welches sie mit den hier besprochenen Binnenkörpern während der Karyokinese gemein haben, nicht leicht verständlich wäre. Es steht weiterhin kaum zu bezweifeln, dass selbst dann, wenn ein Unterschied zwischen Nucleolen und Binnenkörper existirt, die Binnenkörper auch hier und da in den Kernen von Gewebezellen auf- treten. Es darf dies keineswegs verwundern, da nach meiner Auf- fassung der Begriff »Binnenkörper« ein eben so allgemeiner ist wie z. B. der Begriff »Vacuole«. Mit letzterem Ausdrucke wird nicht das Geringste über die chemische Eigenart des in der Vacuole enthaltenen Stoffes ausgesagt; er zeigt nur an, dass in einem dichteren Medium ein dünneres in Tropfenform eingelagert ist. Eben so soll der Begriff »Binnenkörper« nach meiner Anschauung nur das zum Ausdruck bringen, dass festere Körper in ein dünnflüssigeres Medium, speciell in die Kernflüssigkeit, eingelagert sind. Vacuolen und Binnenkörper dürften das mit einander gemeinsam haben, dass sie beide aus Zu- sammentreten von kleineren Substanzportionen entstanden zu denken sind — von den pulsirenden Vacuolen vieler Protozoen ist dies Zusam- mentreten ja zur Genüge bekannt — sie dürften sich aber beide darin von einander unterscheiden, dass beide bei ihrer Entstehung flüssig, die Vacuolen auch späterhin flüssig bleiben, während die Binnenkörper zu einer festen oder gallertigen oder wenigstens nicht frei beweglichen Masse erstarren. Es liegt somit kein Grund vor, warum die Gewebe- . zellen nicht eben so gut wie die Eizellen gelegentlich Binnenkörper in ihren Kernen zur Ablagerung bringen sollten. Wenn also ein Unter- schied zwischen echten Nucleolen und Binnenkörpern gemacht werden Über Entstehung u. Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz. vork, Binnenkörper. 347 muss, so darf hierbei nicht vergessen werden, dass sie beide möglicher- weise neben einander vorkommen können, dass aber echte Nucleolen weder bei allen Protozoen noch bei den Keimbläschen bis jetzt nachge- wiesen sind, sondern dass beide Zellarten meist bloß Binnenkörper ent- halten; wie denn auch Oskar Herrwiıc! in seinem neuen Buche über die Zelle die Keimflecke der Eier als Nucleinkörper von den Gewebe- zell-Nucleolen unterschieden hat. Es liegen schon mehrere Beobachtungen bez. Vermuthungen vor, die für Ei- und Gewebezellen eine Entstehung der sogenannten Nucleo- len, unserer Binnenkörper, durch Konfluenz wahrscheinlich machen. Zuerst hat PrLücer wohl die Entstehung des Keimfleckes (Nucleolus der späteren Autoren) aus einem sich verdichtenden Niederschlag im Keimbläschen der Säugethiere beobachtet?. Da es sich aber bei dieser älteren Beobachtung um Absterbungserscheinungen handeln kann, so ist auf diese Angabe nicht allzuviel Werth zu legen. Später hat v. La VALETTE St. George? für die Isopoden angegeben, dass man mit großer Klarheit die Entstehung des Keimflecks vom Körnerhaufen bis zu mas- siven Klumpen verfolgen könne. Die Beobachtung ist möglicherweise an frischem Material gemacht worden, da an der betreffenden Stelle von Konservirung nirgends die Rede ist. Aversach?! vermuthet die erste Entstehung der Nucleolen in den Furchungszellen des Froscheies aus centralen, mehr oder weniger aus- gedehnten, wolkigen Trübungen. »Gewöhnlich ist diese Trübung im Centrum am deutlichsten und verliert sich nach der Peripherie hin ins Unbestimmte, ist jedoch zuweilen bis über die Mitte des Kernradius hin zu verfolgen. Je kleiner sie ist, desto mehr markirt sich im Centrum eine auffallend dunkle Stelle, ein unbestimmt begrenzter und von einem kleinen wolkigen Hofe umgebener Nucleolus. Danach ist wohl das Material des Nucleolus nicht ein an Ort und Stelle, d. h. im Centrum durch Umbildung der Kernsubstanz gewonnenes. Vielmehr sprechen die beschriebenen Erscheinungen dafür, dass von allen Seiten her sehr feine Körnchen nach dem Centrum hin streben, um hier zum Nucleolus zusammenzutreten« (loc. cit. p. 83). Derselbe Autor giebt eine Verschmelzug der Nucleolen in den Kernen der Fettkörperzellen von Fliegenlarven an. Er leitet aber an- fänglich die Nucleolen durch Theilung von einander ab; er wurde hierzu 1 Oskar Herrwis, Die Zelle und die Gewebe. Jena 1892. 4. Buch, p. 42. 2 PFLÜGER, Über die Eierstöcke der Säugethiere und des Menschen. Leipzig 1863. p. 52 u. 109. A 3 LA VALETTE ST. GEORGE, Über den Keimfleck und die Deutung der Eitheile. Archiv für mikrosk. Anatomie, Bd. Il. p. 59. 1866. 4 L. AUERBACH, Organologische Studien. 4, Heft. Breslau 1874. 348 L. Rhumbler, durch Bilder bewogen, welche ich in umgekehrter Reihenfolge als Ver- schmelzungserscheinungen deuten würde. Auch in neuerer Zeit sind Angaben über Verschmelzung von Binnenkörpern nicht ausgeblieben. Ich nenne hier Prırzuwer !, welcher mit vollem Rechte darauf hinweist, dass die Bilder, welche seither als Theilungserscheinungen der Nucleolen aufgefasst worden sind, eben so gut Verschmelzungsvorgängen ihren Ursprung verdanken können, und welcher triftige Gründe für die Verschmelzung ins Feld führt. Es handelt sich um die Kerne des Ektoderms von Hydra grisea: »In einem ge- wissen Stadium, wo die Nucleolenbildung beginnt, ist eine ganze An- zahl vorhanden; je mehr sich der Tochterkern dem Ruhestadium nähert, desto mehr vermindert sich die Zahl unter gleichzeitiger bedeutender Größenzunahme der übrig gebliebenen, bis für das ausgesprochenste Ruhestadium das Vorhandensein eines einzigen großen central ge- legenen Nucleolus geradezu typisch wird. « STRASSBURGER ? giebt Nucleolenverschmelzung im Wandbeleg des Embryosackes von Galanthus nivalis an. Korsca£eLt® sieht sich durch seine Befunde bei Epeira diade- mata veranlasst, anzunehmen, »dass sich kleinere im Kern befindliche Körper schließlich zu größeren und endlich wohl zu einem umfang- reichen Kernkörper vereinigen .«. Eben so hat Brauer? für die Binnenkörper im reiferen Keimbläschen der Hydra grisea eine Entstehung aus Zusammenfluss von kleineren Theilchen vermuthet. Wer die Abbildungen der verschieden großen Keimbläschen, welche bei derselben Vergrößerung dargestellt und hier in Figg. 22 a«—d wiedergegeben sind, mit einander vergleicht, wird dieser Vermuthung volle Berechtigung einräumen müssen. Schließlich ist noch Häcker® zu nennen, welcher die Vermuthung ausspricht, dass der Nucleolus im Urei von Canthocamptus aus Zusammenballung einer blassgefärbten Masse entstanden sei.. Von allen diesen Angaben ist aber die bereits oben eitirte (cf. p. 330) von i W. Prıtzner, Beiträge zur Lehre vom Bau des Zellkerns und seinen Thei- lungserscheinungen. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXII. p. 623. 1883. 2 E. STRASSBURGER, Die Kontroversen der indirekten Kerntheilung. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXI. p. 265. 1884. 3 E. KorscHELt, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkerns. in: Zool. Jahrbücher. Zeitschrift für Anatomie und Ontogenie der Thiere (SpENGEL). Bd. IV. 4889, (p. 57, 59 u. 440.) * Auscust BRAUER, Über die Entwicklung von Hydra. Diese Zeitschr. Bd. LII. p. 184. 4894. 5 V. Hiczer, Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. Zool. Jahrb. (SPENGEL). Bd. V. 4892. p. 215. Über Entstehung; u. Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz. vork. Binnenkörper. 349 SCHNEIDER für uns desshalb am wichtigsten, weil Schneider die Ver- schmelzung von wolkenartigen Anhäufungen im Kern der Gregarine Actinocephalus am lebenden Thier direkt beobachtet hat. Dass also Binnenkörper auf die von mir vertretene Art und Weise entstehen können, ist durchaus sicher; es fragt sich nur, ob viele oder alle Binnen- körper auf dieselbe Weise ihren Ursprung nehmen. Von botanischer Seite liegt ebenfalls eine Beobachtung der Ver- schmelzung zweier Nucleolen vor. E. Zaczarıas! beobachtete in leben- den Charazellen Verschmelzungen zweier Stücke zu einem Nucleolus. Ein solcher aus zwei Stücken zusammengetretener Kernkörper zeigte nach vierzehn Stunden eine eigenthümliche Erscheinung; er wechselte nämlich seine Gestalt, bildete unregelmäßige Fortsätze, nahm dann eine langgezogene Form an mit reich verzweigten Fortsätzen und zerfiel schließlich in einzelne unregelmäßige Theile. Diese Mittheilungen über Bewegungen von Nucleolen sind nicht die einzigen, die in der heutigen Litteratur vorliegen. Des Weiteren sind nämlich Bewegungen der Binnenkörper ange- geben, bezüglich aus der verschiedenen Gestaltung derselben er- schlossen worden von: v. La VaLerrz Sr. Grorez ? für Geschlechtszellen der Libellenlarven, von A. Braspr* für die Eizellen von Insekten, Spinnen, Myriopoden, Distomeen und Nematoden, von Eimer? für die Eier des Wels und des Karpfen, von O. Herrwie® für die Eier des Frosches und für die Eierstockseier von Pterotrachea, von KurrtscutrzkKy ’ für die Eier von Ascaris marginata. Ich bin überzeugt, dass sich bei sorgsamem Suchen noch eine be- trächtlich größere Zahl solcher Angaben finden würden; ich stehe aber von einer Vervollständigung des Litteraturregisters ab, weil ich glaube, dass die aufgeführten Mitiheilungen vollkommen ausreichen werden, 4 E. ZachArıas, Über den Nucleolus. Botanische Zeitung. 43. Jahrg. 1885. p- 291. 2 v, LA VALETTE ST. GEorGE, Über den Keimfleck und die Deutung der Ei- theile. Archiv für mikr. Anat. Bd. IT. 1866. 3 A. BrAnDt, Über aktive Formveränderungen des Kernkörperchens. Archiv für mikr. Anat. Bd. X. 1874. p. 508, 4 Derselbe, Über das Ei und seine Bildungsstätte. Ein vergl.-morphol. Ver- such mit Zugrundelegung des Insekteneies. Leipzig 1878, 5 Tu. Eıner, Über amöboide Bewegungen des Kernkörperchens. Archiv für mikr. Anat. Bd. XI. 4875. 6 0. Herrwic, Beiträge zur Kenntnis der Bildung u. Theilung des thierischen Eies. in: Morphol. Jahrb. Bd. I. 1876. 7 N. Kurtscuizey, Über die Eireifung und die Befruchtungsvorgänge bei Ascaris marginata. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXXI. p. 674. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LVI. Bad. 93 350 L. Rhumbler, um außer Frage zu stellen, dass die Binnenkörper vieler Eier mannig- fache Formveränderungen zeigen. Stehen aber solche Bewegungen mit der Verschmelzungstheorie nicht in direktem Widerspruch? Wenn die Binnenkörper Bewegungen auszuführen im Stande sind, so müssen sie, so sollte man glauben, bestimmt gebaute Organe sein mit kontraktilen oder anderen Elemen- ten, welche Bewegungen hervorbringen können; als eine bloße Auf- einanderhäufung einer in sich leblosen Substanz scheinen sie da- nach nicht aufgefasst werden zu dürfen. Unter den Mittheilungen von Binnenkörperbewegungen finden wir auch den Namen v. LA VALETTE St. George’s wieder. Es ist derselbe, der mit als Erster die Entstehung der Binnenkörper aus der Vereinigung kleinerer Theilchen behauptet hat. Es muss daraus schon geschlossen werden, dass sich die beobachteten Bewegungsvorgänge der Binnenkörper mit ihrer Entstehung aus kleine- ren Theilchen in Zusammenhang bringen lassen müssen; und in der That scheint mir das gar nicht so schwer zu sein. Wenn wir annehmen, dass ein Binnenkörper zur Beobachtung kommt, der, selber zähflüssig, kurz zuvor eine zähflüssige Anlagerung aufgenommen hat, so wird zu- erst eine Form entstehen, die einer der oben geschilderten Formen von Thalassicolla nucleata (Fig. 10, 41) sehr ähnlich sein wird, diese Form wird sich dann aber nach unseren früheren Erörterungen zu einer Kugel abrunden! (vorausgesetzt, dass sie auf diesem Wege nicht erstarrt, in welchem Falle sie eine mehr ellipsoide Gestaltung fest- halten würde). Es wäre somit eine Gestaltveränderung des Binnen- körpers gegeben, die sehr wohl einen Theil der beobachteten Be- wegungserscheinungen erklären würde; sie könnte dem Einziehen der lappigen Pseudopodien einer Amöbe verglichen werden. Da nun der Zusammentritt von Binnenkörpertheilchen aller Voraussicht nach sehr schnell vor sich gehen, ihre Verschmelzung aber, ihrem zähflüssigen Zustande gemäß, sehr viel langsamer verlaufen wird, so wäre es auch zu erklären, warum der Verschmelzungsvorgang zur Beobachtung ge- kommen ist, nicht aber der Zusammentritt der Binnentropfen. Das Ausschieben von Lappen und Fortsätzen, wie es Eımer ? bei Binnen- körpern der Eier von Wels und Karpfen beobachtet hat, ließe sich auf diese Weise allerdings nicht erklären. Aber auch diese Angabe dürfte meine Theorie nicht zerschlagen. Ich glaube diese Erscheinung auf zweierlei Weise erklären zu können. Die Bewegungen setzen von ! Auf diese Weise scheint mir ganz zweifellos die von v. La VALETTE ST. GEORGE intra vilam beobachtete Nucleolenbewegung im Keimbläschen einer Libellenlarve zu erklären zu sein. Vgl. Über den Keimfleck etc, 1. c. Taf. IV, Fig. 2a, bu. c. 2 Archiv für mikr. Anat. Bd. XI. p. 325. a Fr Über Entstehung u. Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz. vork. Binnenkörper. 351 vorn herein voraus, dass der Binnenkörper in dem betrachteten Falle keine starre Masse war, sondern sich in flüssigem oder zähflüssigem Zustande befand. Die Bewegungen des Binnenkörpers können also recht wohl passive gewesen sein, die von Verschiebungen im Kern- safte herrührten. Es bleibt aber außer dieser Erklärung noch eine an- dere übrig; es kann sich nämlich bei diesen Erscheinungen um Auf- lösungsvorgänge handeln. Betrachten wir diese Auflösungsvorgänge von vorn herein von einem allgemeinen Standpunkte aus. | Wenn die Binnenkörper, wie ich mit vielen anderen Forschern im Einklang überzeugt bin, keine Organe des Zellkernes, sondern bloß einen vom Kern auf irgend eine Weise erzeugten, in sich selbst leblosen Stoff darstellen, der sich in mehr oder weniger vollstän- diger Weise zu einzelnen Portionen zusammengruppirt, so fragt es sich weiter, ob diese Anhäufungen etwa Nebenprodukte des im Kerne vor sich gehenden Stoffwechsels vorstellen, als solche zwecklos sind und nicht weiter verwerthet werden, oder ob ihnen im Kernleben eine weitere Aufgabe gestellt wird. Die erste Möglichkeit bedarf kaum der Diskussion; einmal ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein, ohne Frage so überaus wichtiges Organ, wie der Zellkern, mit störendem Ballast beschwert werde — die Natur hätte wohl einen Weg gefunden, der- artige Substanzen ohne Störungen für die Kernfunktionen nach außen zu schaffen —, dann aber steht die Substanz der Binnenkörper viel- fach in einer so auffälligen Wechselbeziehung zu der Menge des im Kern auftretenden Chromatins (mit der Zunahme des letzteren schwinden die Binnenkörper mehr und mehr), dass man sehr oft auf eine Wechsel- beziehung zwischen CGhromatin und Binnenkörper schließen darf. Diese Wechselbeziehungen brauchen keine direkte zu sein, derart, dass etwa aus den Binnenkörpern sich ohne Zwischenstufen Chromatin bilde, sondern sie können durch mehrere, wenn nicht vielleicht durch viele Zwischenvorgänge mit einander in Verbindung! stehen. Wie dem aber auch sei, immer ergiebt sich hieraus für die Binnenkörper eine wich- tige, wenn auch jedenfalls passive Rolle für die wechselnden Lebens- aufgaben des Zellkerns. Es ist nun sehr wahrscheinlich, dass ein starrer strukturloser 1 W. STANLEY MARSHALL macht in seiner jüngst erschienenen Arbeit: Beiträge zur Kenntnis der Gregarinen (in: Archiv für Naturgesch. von WIEGMAnNN. 59, Jahrg. P- 25—44) die Angabe, dass die Nucleolen direkt in eine Anzahl Stücke chroma- tischer Substanz zerfallen. Diese Auslegung der von MaArsHuALL abgebildeten Be- funde (l. c. Taf. II, Fig. 9) scheint mir etwas bedenklich, da nach unserer heutigen Auffassung des Chromatins als Vererbungssubstanz Chromatin nur von Chromatin stammen kann, Ich erkläre mir den citirten Fall als eine Auflösungserscheinung des Nucleolus, wie ich sie später beschreiben werde. 93* 352 L. Rhumbler, Körper erst in Lösung übergeführt werden muss, wenn er in die physiologischen Thätigkeiten des Kerns eingreifen soll. Wir wissen nun in der That, wie allgemein bekannt ist, dass die Binnenkörper auf ge- wissen Stadien der Karyokinese gänzlich fehlen, während sie vor diesen Stadien eben so regelmäßig vorhanden sind. Ihr Verschwinden muss ihrer Auflösung zugeschrieben werden; zwar konnte letztgenannter Vorgang noch nicht in allen Details beobachtet werden, doch weisen die Veränderungen, welche man zu den betreffenden Zeiten vor dem Verschwinden an den Binnenkörpern beobachtet hat, mit großer Be- stimmtheit auf ein solches Schicksal der Binnenkörper hin. Die Auflösung der Binnenkörper muss nach unserer Annahme von zwei, im Kernsaft enthaltenen, sich gegen die Binnenkörper konträr verhaltenden Substanzen, auf eine Überschreitung des angestrebten Mischungsoptimums von Seiten der lösenden Substanz zurückgeführt werden. Diese Überschreitung kann sich in zweierlei Weise äußern; einmal kann sie sich einfach dadurch kund geben, dass jetzt die starr machende Substanz nur leichter die lösende ablässt als früher, ehe das Optimum überschritten worden war. Die lösende Substanz kann hierbei immer noch sehr regelmäßig in der starr machenden Substanz vertheilt sein. Ein ander Mal wird sich aber die lösende Substanz an einzelnen Stellen des Kernsaftes besonders ansammeln, es wird eine Übersät- tigungserscheinung eintreten, wie sie etwa überschüssiger Wasser- dampf darbietet, der sich in der Luft zu Regentropfen ansammelt. Die erste Erscheinung wird als Vorstufe der letzteren angesehen werden müssen. Wenn sie bei der Auflösung vieler Binnenkörper nicht in die zweite übergeht, so wird dies daher rühren, dass jeder abgebbare Über- schuss an lösender Substanz sofort durch die Binnenkörper in Anspruch genommen wird. Die zweite Erscheinung einer ungleichen Vertheilung und stellenweise Ansammlung von lösender Substanz im Kernraume wird überall da eintreten, wo das Mischungsoptimum überschritten ist und die Produktion der lösenden Substanz schneller erfolgt, als diese durch die Binnenkörper mit der Auflösungsarbeit beschäftigt werden kann. Es ist nun durchaus nicht nöthig, dass die derart verschieden vertheilte Substanz sich etwa in Gestalt von Vacuolen oder sonst wie kund gebe, da beide Substanzen, die lösende und die starr machende, ja dasselbe oder annähernd dasselbe Lichtbrechungsvermögen besitzen können; sie können sogar bloß besondere Modifikationen ein und derselben chemischen Verbindung darstellen. Beide Erscheinungen, welche mit dem Überhandnehmen der lösen- den Substanz verbunden sein können, finden sich nun auch bei den Auf- lösungsvorgängen der Binnenkörper; ich möchte den ersteren als den Über Entstehung u, Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz. vork, Binnenkörper. 353 ruhigen Auflösungsvorgang der Binnenkörper, den zweiten _ als ihren bewegten Auflösungsvorgang bezeichnen. Betrachten wir zuerst die ruhige Auflösung, wie sie uns an den Binnenkörpern der Saecammina sphaerica entgegentritt. Da die Saccammina-Binnenkörper ihre ältesten und dichtesten Partien im Binnenkörpercentrum, ihre jüngeren und weniger dichten Bestandtheile aber in peripherer Lagerung besitzen, so muss sich der Auflösungsprocess gerade in umgekehrter Richtung vollziehen als der Verschmelzungsprocess. Nehmen wir also einen zweischichtigen Binnen- körper an, dessen Innenmasse aus einem Aggregat von ungleich großen Kugeln besteht, so muss sich zuerst die Außenschicht des Binnenkör- pers auflösen, alsdann wird die zwischen die einzelnen ungleich großen Kugeln eingedrungene, die Stelle einer Kittsubstanz versehende Masse zur Lösung kommen. Mit ihrem Schwunde werden die kleinen Kügel- chen wieder aus einander fallen, gerade wie sie bei Entstehung des zweischichtigen Binnenkörpers anfänglich zusammengetreten waren; schließlich wird eine Auflösung auch dieser kleineren Kügelchen alle Reste des früheren Binnenkörpers für das Auge verschwinden machen. Bei loseren Vereinigungen von ungleich großen, zu ungleicher Zeit erstarrten Binnenkörpermassen, werden die jüngeren Substanzen all- mählich von den älteren abfallen; es wird so das in der Litteratur oft geschilderte Bild entstehen können, als ob ein großer Nucleolus sich durch Theilung in kleinere zerklüfte. Binnenkörper, welche durch Zusammenfließen von noch dünn- flüssigen Tröpfchen entstanden sind, werden einen derartigen Zer- schnürungsvorgang bei ihrer Auflösung nicht vortäuschen. Sie werden einfach immer mehr und mehr an Umfang abnehmen, ohne dass man in den meisten Fällen sehen wird, was mit ihnen vorgeht. Das starke Lichtbrechungsvermögen, das die Binnenkörper im festen Zustande zu kennzeichnen pflegt, kann in schwächerem Grade auch noch in der eben erst gelösten Substanz vorhanden sein; so wird sich in vielen Fällen der oft stark glänzende Hof erklären lassen, der sich öfters um die Binnenkörper herumgelagert findet. Die ruhige Auflösung wird nun nicht immer so ruhig verlaufen, wie ich dies aus meinen Befunden für die Saccammina-Binnen- körper annehmen musste. Es wird nämlich der Fall eintreten können, dass die Binnenkörper selbst eine gewisse Anziehungskraft auf die lösende Substanz ausüben, die mehr derselben von den über- schüssigen Vorräthen des Kernraumes einholt als augenblicklich bei dem Lösungsvorgange — namentlich an der Peripherie des Binnen- ‚körpers, wo sich auch die starrmachende Substanz geltend macht — N N s A a aa 954 L. Rhumbler, beschäftigt werden können. Die auflösende Substanz muss sich unter solchen Umständen ganz besonders stark innerhalb der Binnenkörper anhäufen und hier müssen denn auch die Auflösungsvorgänge ganz besonders energisch verlaufen; denn die starrmachende Substanz kann in das Innere des Binnenkörpers nicht vordringen, sie verbaut sich selbst den Weg, während die lösende Substanz jeden Widerstand, den ihr die Festigkeit der Nucleolen entgegensetzt, durch Auflösung zu beseitigen vermag. Diese Auffassung ist keine gekünstelte; meiner Ansicht nach müssen sich alle in einer gewissen Flüssigkeit leicht löslichen Stoffe auf dieselbe Weise verhalten, wenn dieser Flüssigkeit eine andere flüssige Substanz beigemengt ist, in welcher der betreffende Stoff unlöslich ist, oder mit welcher er eine unlösliche Verbindung eingeht. Es ist klar, dass die in die Binnenkörper eingedrungene lösende Sub- stanz sich hier nothwendig in Form von Vacuolen zu erkennen geben muss, da die Binnenkörper natürlich fester sind als die eingedrungene Kernflüssigkeit, und desshalb, gerade so gut wie vor dem Eintritte der Auflösung, ein anderes Lichtbrechungsvermögen haben werden als der lösende Theil der Kernfiüssigkeit. Unter den geschilderten Verhältnissen wird in das Innere des Binnenkörpers immer mehr lösende Substanz eindringen, und die Lösung wird nun nicht mehr wie früher von der Peripherie aus vor sich gehen, sondern wird in weit höherem Grade im Inneren des Binnenkörpers stattfinden. Es ließen sich auf diese Weise, wie mir scheint einwurfsfrei, viele der Vacuolenbildungen erklären, welche sich öfters in den Binnenkörpern finden; durch Um- fließung könnten letztere niemals in das Innere gerathen sein (vgl. p: 340). Durch die fortgesetzte Auflösung des Binnenkörpers von innen her muss die erstarrte Außenlage der Lösunsssphäre einem bedeuten- den Druck nach außen hin unterworfen werden; sie wird sich wie eine Blase immer mehr und mehr ausdehnen, wenn die lösende Sub- stanz nicht erschöpft wird, schließlich zerreißen und die gelöste Substanz durch den Druck, unter welchem ihre Wandung steht, nach außen hervorpressen. Der Grad der Vacuolenbildung wird natürlich je nach dem Mischverhältnis der beiden einander entgegenwirkenden Substanzen ein sehr verschiedener sein können. Die einzelnen Vacuolen werden innerhalb der Binnenkörper eben so gut nach Vereinigung streben müssen, wie wir dies früher von den Vacuolen des Kernes gesehen haben. Die Fig. 233 «—/ geben uns ein klares Bild über diese Vorgänge; in Fig. 23 e scheint die Nucleolenwand an der Stelle R, die von KorscHeLr! in der Figur deutlich gezeichnet ist, gerissen zu Sein, 1 E. KorscueLr, Beitr. z. Morph, u. Phys. d. Zellk. 1. c. Fig. 58. Taf. IV, Fig.88-93, we... EEE he u. Über Entstehung u, Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz, vork. Binnenkörper. 355 sich dann aber wieder an einander gelegt zu haben, nachdem jedenfalls die gelöste Substanz nach außen gepresst worden war!. Den Aus- pressungsvorgang veranschaulicht die Fig. 24 sehr deutlich, und ist von ihrem Autor Hicker ? auch in diesem Sinne gedeutet worden. Bei den Vertheilungsverhältnissen der lösenden Substanz im Kernraume, welche ich vorgreifend für den bewegten Auflösungs- vorgang der Nucleolen in Anspruch genommen habe, muss es sehr leicht eintreten, dass die lösende Substanz an einer Stelle den Binnen- körper früher berührt als an anderen, an dieser Stelle wird nun die lösende Substanz sofort ihre Thätigkeit beginnen und zwar viel energi- scher als bei dem ruhigen Auflösungsvorgang, weil sie hier von Anfang an ohne die störende, starrmachende Substanz zur Wirkung kommt. Man wird eine Auflösungserscheinung erhalten, die sich in nichts von einer Pseudopodienbildung unterscheidet; die gelöste Substanz wird sich nämlich von der Stelle ihrer Lösung aus in den Kernraum, dem Wege der lösenden Substanz folgend, vorstrecken; diese Vorstreckung wird so lange dauern, bis die die Lösung vermittelnden Stoffe und die der Lösung feindliche Substanz im Gleichgewicht sind, dann ist an dieser Stelle für eine gewisse Zeit jede Ursache für weitere Formver- änderungen in distaler Richtung geschwunden; der vorgestreckte Theil wird in stark gequollenem, nicht mehr festem, sondern zähflüssigem Zustande vorläufig von an ihm selbst stattfindenden Lösungsvorgängen nicht mehr nach vorn bewegt. Nun fällt er aber anderen Kräften anheim, die wir schon früher bei Entstehung der Binnenkörper kennen gelernt haben. Der flüssige gelöste Theil muss sich nämlich unseren früheren Erörterungen zufolge um die festeren Massen herumlegen, d.h. das Pseudopodium wird wieder eingezogen werden müssen. Wenn ein- mal in den angezogenen Fällen physikalischen Kräften so viel Spielraum eingeräumt werden muss, so muss man sie auch so lange gelten lassen, als ein Hindernis, das ihre Wirkung aufhalten könnte, nicht aufgefunden werden kann; ein solches ist aber nach unseren heutigen Kenntnissen nirgends vorhanden. Der Binnenkörper muss also seine vorher vor- geschickte, in Lösung begriffene Masse wieder an sich heranziehen. Derartige Vorgänge werden an verschiedenen Stellen des Binnenkörpers zu ganz verschiedenen Zeiten eintreten können, es wird so eine Form- veränderung des Binnenkörpers zu Stande kommen, wie sie uns durch die Mittheilungen Eımer’s für die Nucleolen der Keimbläschen von Wels ! Diese Auslegung ist von mir. 2 V. Hicker, Die Eibildung bei Cyclops u. Canthocamptus. |. c. Taf, XIX Fig. 7. p. 224. Vgl. hier auch in Betreff des Zusammentrittes der Vacuolen, p. 220, Taf. XIX, Fig. 3—5. 356 L. Rhumbler, und Karpfen bekannt geworden sind. Wenn sich bei diesen Formver- änderungen die Pseudopodien von der ursprünglichen Kugel ihrem helleren Aussehen nach unterscheiden ließen, so entspricht das ganz dem dünnflüssigen Zustande der Lösungspseudopodien. Die zarte Scheidewand, welche oft die Pseudopodien von dem Binnenkörper in den Einer’schen Beobachtungen zu trennen schien, dürfte wohl auf zurückgeflossene frühere Lösungspseudopodien zurückzuführen sein. Auch über die zuletzt vermutheten Vorgänge suchte ich mir durch physikalische Experimente Rechenschaft zu geben. Ich benutzte eine Gelatinelösung, die ich für andere Zwecke seit mehr als einem halben Jahre vorräthig hatte'!, und warf in diese Gelatinelösung kleine Stück- chen von übermangansaurem Kali, wobei ich solche auswählte, die ungefähr eben so lang waren als breit, damit eine Bevorzugung der Auflösung in irgend einer Richtung möglichst vermieden wurde. Ich dachte, dass in der Gelatinelösung das Wasser die Rolle der lösen- den Substanz, die Gelatine aber die der Lösung feindliche Substanz übernehmen würde. Der Versuch gelang denn auch mit dieser Lösung ganz vorzüglich, ich erhielt Auflösungserscheinungen und Formver- änderungen, wie ich sie in Fig. 25 abgebildet habe. Zurückgehen der Pseudopodien nahm ich nicht wahr; sie konnten aber auch nicht er- wartet werden, weil die Gelatine mit dem übermangansauren Kali eine Substanz bildete, die zu weiteren Bewegungen zu fest war, daher erklärt sich auch, dass die Lösungspseudopodien sich so sehr verzweig- ten, die Verzweigungspunkte entsprechen Stellen, wo die Erstarrungs- hülle von dem Drucke der im Centrum sich lösenden Substanz durchbrochen wurde. Die Form der Lösungspseudopodien war bei Anwendung dieser Gelatine immer dieselbe ästige. Leider gelang es mir nicht mit frisch hergestellten Gelatinen die- selben Lösungserscheinungen zuwege zu bringen. Meist löste sich das übermangansaure Kali in einer mehr oder weniger vollkommenen Kugel, deren Radius um so schneller anwuchs, je dünner die Lösung war. Nur bei einer warm angewandten Lösung, die auf eine Gelatine- platte von gewöhnlicher Durchschnittsgröße 50 cem Wasser enthielt und im Paraffınofen hergestellt worden war, erreichte ich ähnliche, pseudopodiale Auflösungserscheinungen, die fünfzehn Minuten lang dieselben charakteristischen baumartigen Formen zum Ausdruck brachten, nach dieser Zeit aber mit der Erstarrung der Gelatine von einer sich langsam ausbreitenden Lösungskugel überdeckt wurden. ! Der Gelatinelösung war seiner Zeit zum Schutze gegen Bakterien etwas Karbolsäure zugesetzt worden und hatte mehrere Wochen in einem offenen Glase gestanden (zur Eindickung). & 8 MEERE ET NENNE 7 Über Entstehung u. Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz. vork. Binnenkörper. 357 Ließ ich die zur Verwendung gekommene Gelatine vollständig er- starren, so fand sich innerhalb der Auflösungswolke, welche Form sie auch angenommen haben mochte, immer eine bedeutende Menge dünn- flüssiger Substanz angehäuft, während die umgebenden Massen, wie gesagt, erstarrt waren. Ein Beweis für die oben aufgestellte Behauptung, dass das lösende Wasser hier nach dem, in Lösung befindlichen über- mangansauren, Kali in größerer Menge vorgedrängt ist als die der Lösung feindliche Gelatine (vgl. p. 35%). Eine eben so charakteristische aber anders gestaltete Auflösungserscheinung erhielt ich bei Anwendung einer anderen kalten Gelatinelösung (eine Stange Gelatine auf 66,5 ccm Wasser), in die ich übermangansaures Kalium warf (Fig. 26«). Letzteres löste sich auch in zu halben oder zu zwei Drittel Theilen mit Wasser ver- dünntem Glycerin in ganz ähnlicher radiärstreifiger aber weniger aus- geschnittenen Form (vgl. Fig. 265). Ich erwähne dies darum, weil diese Versuche beweisen, dass ein und dieselbe Substanz sich bei ihrer Auflösung sehr verschieden verhält, je nach der Anzahl der die Auf- lösung störenden Faktoren, dass aber ganz verschiedene Substanzen, wie Gelatine und Glycerin, unter Umständen ganz ähnliche Auf- lösungsbilder liefern können. Es wird dies ohne Zweifel auf der Ähnlichkeit der jeweils herrschenden physikalischen Bedingungen, unter welchen die Auflösung statt hat, beruhen. Man darf also sagen, dass die physikalischen Bedingungen bei der Konfiguration sich lösender und wohl auch im Erstarren begriffener Substanzen eine größere Rolle spielen als die chemischen Eigenschaften derselben. Vorstehende Erörterungen werden in Hand mit den experimentellen Versuchen zur Genüge beweisen, dass die Binnenkörper trotz der Bewegungen, welche in seltenen Fällen an ihnen auftreten, keineswegs als organisirte, mit Bewegungsorganen begabte Gebilde aufgefasst werden müssen. Im Gegentheil lassen sich alle seither besprochenen über die Binnenkörper bekannt gewordenen Mittheilungen auf das schönste mit einer allmählichen Entstehung durch Zusammentritt von verschieden gearteten Substanzen in Zusammenhang bringen. Giebt es nun nicht auch andere Umstände, die, vollgültiger als die Bewegungs- erscheinung, eine organisirte Struktur der Binnenkörper erfordern? Man könnte mir hier jene Art des Binnenkörpers vorhalten, die Aım& Scuneiper ! als »nucl&ole primitif ou ancetre« für die Gregarine Klossia octopiana beschrieben hat. Ich habe das Exemplar, worauf SCHNEIDER Seine Anschauungen gründet in Fig. 27 d kopirt. . ScHNEIDER meint, dass der Binnenkörper A aus dem Binnenkörper B ausgetreten ! Nouvelles observations sur la sporulation du Klossia octopiana. in: Arch. de zoologie exper. et gener, ser. 2, Bd. I. p. 77—A04, 358 L. Rhumbler, sei, und dass der Binnenkörper B das Bildungsorgan vorstelle von einer ganzen Reihe von anders gebauten, nämlich homogenen Binnenkörpern, die keinerlei Schichtung erkennen lassen (vgl. Fig. 27 b). Merkwürdiger- weise sollen diese homogenen Binnenkörper, die er als »sous forme d’exeretion« aus dem Inneren des Bildungsnucleolus hervorknospend auffasst, später selbst wieder zu Bildungsnucleolen werden können !. SCHNEIDER stützt diese Annahme auf die hier kopirten Fig. 27 «a, b und d. SCHNEIDER scheint vollständig übersehen zu haben, dass Fig. 27 c seiner ganzen Entstehungstheorie jeden Halt nimmt. Es findet sich hier überhaupt kein Bildungsnucleolus, sondern nur kleinere homogene Binnenkörper; es müsste also angenommen werden, dass die kleinen Binnenkörper auch auf eine andere Weise entstehen könnten, oder dass sich der Bildungsnucleolus auch in einen gewöhnlichen Binnen- körper umwandeln könnte, eben so wie die gewöhnlichen Binnenkörper zum Bildungsnucleolus werden könnten. Mit einer solchen, nach allen Richtungen hin knetbaren Auffassung würde wohl Scanzıper selbst nicht einverstanden gewesen sein. Warum den unnöthigen Komfort der Bildungsnucleolen, wenn die Binnenkörper auch einfacher entstehen können; warum diese unerklärliche Metamorphose der Binnenkörper? Mir scheint die Form des Binnenkörpers (Fig. 27d) mit den hier ver- tretenen Anschauungen leicht zu erklären zu sein, und zwar auf mehrere Weisen, von denen ich nur eine anführen möchte, welche mir am wahr- scheinlichsten scheint. 1) Der Binnenkörper A ist wirklich aus dem Binnenkörper B hervorgetreten und zwar in Folge von Auflösungsvor- gängen, welche an dem Binnenkörper B in Wirkung treten. Der Binnen- körper B besteht aus zwei verschiedenen Massen, die sich gegenseitig umlagert haben (vgl. p. 340), von diesen beiden Massen ist die innere in dem bei der Lösung thätigen Medium leichter löslich als die äußere c. Die Folge davon ist, dass die Innenmasse aus der Corticalmasse c hervor- quillt (ähnlich dem oben angegebenen Falle). Der Nucleolus A ist eine solche hervorgequollene Masse. Die Masse z ist offenbar viel älter als die umgelagerte Masse c. Sie muss bereits schon vollständig erstarrt gewesen sein, als sie von der zäheren Masse c umlagert wurde; sonst hätte die Umlagerung umgekehrt sein müssen. Dass die Innenmasse wirklich älter ist beweist Fig. 27c, wo noch kein Binnenkörper eine dunklere Außenschicht aufweist. Die Innenmasse i besteht aus zwei Ballen; sie ist wohl ursprünglich aus mehreren zähflüssigen Tropfen zusammengeflossen; ! ist der Lösungshof der Innenmasse. Die radiäre Streifung, welche die Corticalmasse c in Fig. 27d aufweist und welche leicht für einen weiteren Beweis einer höheren Organisation dieser 1 l.c. p. 83—86. Über Entstehung u. Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz. vork, Binnenkörper. 359 Corticalschicht angesehen werden könnte, ist keine ständige Erscheinung (vgl. Fig. 27a); ich führe sie auf den Druck zurück, unter welchem die Corticalmasse bei Aufquellung der Innenmasse nothwendig stehen muss. Lässt man Wasser bei großer Kälte in einem cylindrischen Hafen gefrieren, so kann man eine ganz ähnliche Erscheinung beobachten; die ganze Eismasse ist von radiär gerichteten hell glänzenden Strahlen (Luft oder Sprünge) durchsetzt. ‚Ich hatte bei der großen Kälte dieses Winters zweimal Gelegenheit diese Gefrie- rungserscheinung zu sehen. Einmal in einem Fischglase des hiesigen Instituts, das andere Mal bei einem Eisblock, der den vollständigen Ausguss eines Regenfasses darstellte, das unter dem Drucke der Eisbildung geplatzt und von dem Eisblocke abgefallen war. Namentlich der letztere Fall scheint mir sehr instruktiv, so dass ich näher auf ihn eingehen möchte. Das Bild der radiär nach dem Inneren des Eis- blockes gerichteten Strahlen war ganz das einer Attraktionssphäre, wie man sie in vielen Zellen findet. Dieser Vergleich erstreckt sich nur auf die Form und soll hier nicht auf die Entstehungsweise beider Erscheinungen ausgedehnt werden. Die physikalischen Bedingungen, unter welchen die Erscheinung zu Stande kam, scheinen mir folgende gewesen zu sein. Die äußeren Schichten an der Fasswan- dung, an der Öffnung und am Boden des Fasses müssen nothwendig zuerst gefroren sein, sie haben sich dabei ausgedehnt, und zwar nach innen, da die Fasswandung sich einer Dehnung nach außen widersetzte. Bei dieser ersten Gefrierung der Außen- schicht wird sich das Wasser der Dehnung des Eises folgend im Fasse gehoben haben. Später aber, als die gefrorene Eisschicht in der starken Kälte zu einer sehr festen Masse erstarrt war, war ein Ausweichen des gefrierenden Wassers nach oben nicht mehr möglich. Dadurch muss die Innenmasse unter immer mehr anwach- senden Druck versetzt worden sein, je mehr die erstarrende Wirkung der Kälte nach dem Fassinneren vordrang. Da nun in der Gleichgewichtslage Druck und Gegendruck gleich sind, und das Eis nicht aus einander gesprungen ist, so muss derselbe Druck sich auch auf die äußeren Lagen fortgepflanzt haben. Eis gefriert niemals in radiären Figuren, wenn man ihm Platz zur Ausdehnung verschafft, wenn man z. B. die gefrorene Decke von Zeit zu Zeit durchstößt oder, wenn es nicht so kalt ist, dass es selbst die nicht so feste Decke durchbrechen kann, Daraus schließe ich, dass es eben nur die Druckbelastung ist, welche die geschilderten Erschei- nungen hervorrief. Ob nun die Strahlen von Luft oder von Sprüngen herrühren, das thut nichts zur Sache ; jedenfalls muss sich die Eismasse nach ganz bestimmten Geseizen aus zahlreichen radiär orientirten Eisschichten von sehr verschiedener Dichte zusammenbauen; sonst könnten sich weder Luft noch Sprünge, welche an den Stellen geringster Dichtigkeit zusammengedrängt werden müssen, in so auf- fallend regelmäßiger Richtung anordnen, Dieselbe radiäre Streifung lässt sich übri- gens mit mehr oder weniger großer Sicherheit bei den oben erwähnten Wachs- kugeln beobachten, wenn man sie in einem aufhellenden Medium betrachtet. Das Wachs zeigt nun die umgekehrte Erscheinung, es zieht sich bei seiner Erstarrung zusammen; da es aber von außen her erstarrt, so müssen die inneren Partien auch hier unter einem erhöhten Drucke zur Auskryslallisirung kommen, unter einem Drucke, der allerdings nur so lange anhält, als noch die Innenmassen nicht ebenfalls erstarrt sind. Desshalb mögen sich beim Wachse die Strahlen oft nachträglich wieder verwischen. So zeigen also auch andere Substanzen eine, an die Cortical- schicht der Gregarinennucleolen erinnernde, radiäre Streifung, wenn sie unter Druck fest geworden sind, 360 L, Rhumbler, Der Auffassung Scaxeıer’s hat sich in jüngster Zeit WiırLıam STantEy MArsHarı angeschlossen, welcher durch ähnliche Bilder (vgl. Fig. 28 c—e) bei Glepsidrina blattarum zur Annahme von Forma- tionsnucleoli gelangte. Hier möchte ich dasselbe einwerfen, was ich bei den Scaneiper’schen Mittheilungen zubedenken gab. Es treten auch hier Binnenkörper auf zu einer Zeit, wo noch gar kein »Formationsnuceleolus« existirt (vgl. Fig. 28a u. db). Wenn uns W. MaArsnaLı mittheilt, dass sich die Nucleolen, nachdem sie aus dem Formationsnucleolus ausgetreten seien, an einem anderen Orte zu sammeln schienen, während der For- mationsnucleus also mehr oder weniger isolirt bleibt, so sehe ich hierin die Folge der Verschmelzung von mehreren Binnenkörpern zu dem so- genannten Formationsnucleolus. Es müssen ja die, an der betreffenden Gegend gelegenen, Binnenkörper mit in den Formationsnucleolus durch die umfließenden Massen eingeschmolzen worden sein, so dass die nächste Umgebung des Verschmelzungsproduktes für längere Zeit keine Binnen- körper mehr aufweisen kann. An Stellen wo die Binnenkörper nicht mit einander verschmolzen sind, erscheinen sie natürlich zahlreicher, aber, einzeln genommen, an Masse kleiner als der sogenannte For- mationsnucleolus. Als einen weiteren Beweis dafür, dass die Auffassung der zu- sammengesetzten Binnenkörper als eine besondere Art von Formations- nucleoli nicht richtig ist, führe ich Verhältnisse an, wie ich sie bei Truncatulina lobatula auffand. Wenn man den in Fig. 30 abge- bildeten zusammengesetzten Binnenkörper für einen Formationsnucleo- lus im Sinne Aımt Scuneiper’s anspricht, so wird man auch den Binnen- körper Fig. 29 für einen solchen halten müssen. Dieser Binnenkörper besitzt aber gar keine Corticalmasse, er entbehrt also gerade des Haupt- charakteristicums der Formationsnucleoli; um eine ausgestoßene Binnen- körperportion kann es sich hier aber auch nicht handeln, da sich im ganzen Kern kein Binnenkörper mit Corticalschicht oder Knospungs- höhle findet. Aus all diesen Schwierigkeiten und Widersprüchen befreit die Annahme einer Entstehung der Nucleolen durch Verschmelzung aus kleineren Stücken. Mit der Nichtigkeitserklärung der Annahme von besonderen For- mationsnucleolen fällt, wie mir scheint, der letzte Einwand, der gegen die von mir verfochtene Entstehungstheorie der Binnenkörper erhoben werden könnte. Es ist gewiss kein Zufall, dass sich die hier be- handelten, über die Binnenkörper bekannten Erscheinungen, allen Er- wägungen fügen, welche ich mir zusammenzustellen erlaubt habe und welche gewiss noch durch manche andere ergänzt werden könnten. Ich habe in dem Vorstehenden keine durchaus neue Theorie ge- Über Entstehung u. Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz. vork. Binnenkörper. 361 liefert, denn der Verschmelzungsvorgang ist schon von mehreren Forschern erschlossen oder vermuthet worden — neu dürfte nur die Annahme einer allmählichen oder auch rascheren Erstarrung der ur- sprünglich flüssigen Binnenkörpersubstanz sein. Ich wollte zu zeigen versuchen, dass keine Thatsache uns bis jetzt zwingt, die Nucleolen in dem besprochenen Umfange, d. h. die Binnenkörper für organisirte Gebilde zu halten, sondern dass im Gegentheil die wechselnde Gestalt dieser Gebilde weit mehr auf eine Accumulation von Substanzen schließen lässt, die wohl aus einem organischen Stoffe bestehen werden, jedenfalls aber gar keine organische Struktur oder, technisch ge- sprochen, keinen morphologischen Aufbau besitzen, d. h. keine Organe sind. Sie verhalten sich eben ganz wie andere, nicht organisirte Massen. Man wird wohl nicht bestreiten wollen, dass ein Organ einen um so regelmäßigeren Bau zeigen muss, je weniger der Elemente sind, die es zusammensetzen. Ich kann mir ganz gut denken, dass ein zusammen- gesetztes Organ in dem Bau seiner einzelnen Elemente, den Zellen, ohne Gefahr für das Organ einmal abweichen kann. Ich kann mir aber nicht denken, dass ein Organ des Zellkernes einmal doppelschichtig, dann traubig, kuglig, biskuitförmig sein kann oder in welchen Formen sonst die Binnenkörper noch auftreten können. Vielleicht könnte ein Bedenken in so fern erhoben werden, als in einem so überaus wichtigen Organ, wie es der Zellkern unstreitig ist, sich nicht strukturirte Sub- stanzen vorfinden sollen. Ich erinnere aber hier nur daran, welche Stoffe nicht alle schon im Zellkerne nachgewiesen sind!. Vor Allem be- weist das gelegentliche Vorkommen von Krystallen, dass durchaus nicht alle Bestandtheile, welche sich innerhalb der Kernmembran finden, ein organisirtes Gefüge haben müssen. Man wird sich mehr und mehr mit 1 Eine Zusammenstellung dieser fremdartigen Stoffe findet sich in KÖLLikEr, Handbuch der Gewebelehre des Menschen. Leipzig 18389. Ich entnehme der eitirten Stelle nachfolgende Angaben. Carnoy fand in den Kernen verschiedenarli- ger Zellen: Krystalle, Amylum, Glykogen, Fetttröpfchen, Chlorophyll, Pigment- körner, eiweißähnliche Gebilde und Fermentkörper; KöLLıker selbst Krystalle und fadenförmige Gebilde. Leyvıs Körperchen unbekannter Art. STRASSBURGER und Weıss Amylumkörner. Diesen Angaben möchte ich noch folgende hinzufügen: Loos findet Eiweißtröpfehen in den Kernen von Zellen der Eileiterdrüsen bei Am- phibien (in seiner oben p. 337 citirten Schrift). Jon. FreszeL, Über Bau und Thätig- keit des Verdauungskanals der Larve des Tenebrio molitor mit Berücksichtigung anderer Arthropoden. Inaug.-Diss. Göttingen 4832. FRENZEL findet und untersucht Krystalloide in den Zellkernen des Mitteldarmepithels von Tenebrio molitor. Außer- dem möge an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass bei manchen Radiolarien (Sphaerideen) sogar ziemlich umfangreiche Skeletttheile von dem Kerne allmählich umwachsen und in den Kernraum eingeschlossen werden. cf. Bürscauı, Protozoa. p. 423. Br: 362 L. Rhumbler, der Auffassung vertraut machen müssen, dass der Zellkern nicht immer ein gleichwerthiges, für alle Zellen in gleicher Weise aufgebautes Organ darstellt, sondern einen Theil der Zelle repräsentirt, der zwar immer die wichtigsten Theile der Zelle, so die Vererbungssubstanzen, enthalten wird, daneben aber auch andere Stoffe in sich aufnehmen kann, die in anderen Fällen vielleicht außerhalb des Zellkernes zu suchen sind. Die Einheit, welche der Zellkern als Ganzes vorzustellen scheint, wird nur dadurch vorgetäuscht, dass sich um die wichtigsten Theile der Zelle, um diejenigen Theile, welchen die Erhaltung der Art zuzuschreiben ist, eine Schutzhaut herumgelegt hat, die Kernmembran. Man wird nun annehmen dürfen, dass unnöthige Stoffe aus dem Kerne möglichst, wenn nicht immer, ferngehalten wurden, und wird Stoffen, die sich in dem Kerne finden, wohl immer eine nahe Beziehung zu den geschützten edleren Zelltheilen zuschreiben dürfen. Mir scheinen die Binnenkörper Reservestoffe darzustellen, die für eine Zeit aufgespeichert werden, wo die Theilung eine große Zunahme des Vererbungsapparates bez. des Idioplasmas im Sinne Weısmann’s erfordert, wo aber diese Stoffe nicht rasch genug durch die Zellmembran hindurch Nahrung finden können. Ich glaube, dass die normalen Funktionen einer Zelle durch den Thei- lungsakt, wenn auch nur in geringem Grade eine Einbuße erleiden, und dass desshalb Einrichtungen vorhanden sind, welche eine möglichst große Beschleunigung des Theilungsvorganges ermöglichen; zu diesen Einrichtungen wird denn auch die Aufspeicherung des Reservematerials zu zählen sein. Es ließe sich hier noch eine weitere Frage anknüpfen, nämlich die, ob das Reservematerial immer in genau derselben Menge aufgenommen wird, und ob seine ganze Masse während der Kernthei- lung aufgebraucht wird. Beides scheint mir nicht der Fall zu sein, da- gegen spricht einmal die schwankende Menge der Binnenkörper, welche sich in Kernen desselben Stadiums auffinden lässt, und dann der Um- stand, dass nach Ablauf der Karyokinese meist wieder sehr bald Binnen- körper zur Ausscheidung kommen. Die letztere Thatsache darf viel- leicht als ein Argument dafür aufgefasst werden, dass in der Regel mehr Binnenkörpermasse aufgespeichert wird, als die wesentlichen Bestandtheile des Kernes während der Theilung gebrauchen; und dass die nicht verbrauchte Masse dann wieder aus dem Zellsafte zu neuen Binnenkörpern zusammentritt. Wo aber nach einigen Beobachtungen unter denselben Umständen die sofortige Bildung von Binnenkörpern ausbleiben kann, da mag die ganze Binnenkörpersubstanz verbraucht worden sein. Göttingen, zoologisch-zootomisches Institut, 5. März 1893. et ee NE Ser Über Entstehung u. Bedeutung der in den Kernen vieler Protoz. vork. Binnenkörper. 363 Erklärung der Abbildungen. Tafel XVIII, Fig. 1. Kern vonSaccammina sphaerica mit sehr verschieden gestalteten Binnenkörpern bei 300maliger Vergr. doppelt vergrößert. Fig. 2a—d. Einzelne Binnenkörper zusammengesetzten Baues. A, Außen- schicht; I, Innenschicht; E, Einlagerungen. Ebendaher. Der Binnenkörper d enthält eine Öffnung (Oe) in seiner Außenschicht. Die Einlagerung des Binnenkörpers b ist aus zwei Tröpfchen zusammengesetzt, welche sehr bald nach ihrer Berührung er- starrt sind, die Masse / hat sich erst später um diese erstarrten Tröpfchen herum gelagert. Vergr. 750. Fig. 3u.4. Difflugia acuminata (vom Titimoor). Vergr. 610. Fig. 3. Im Nucleus (nel) finden sich kleinste Substanztheilchen, welche sich in Fig. 4 zu größe- ren Binnenkörpern vereinigt zu haben scheinen. An, angesammelte Bausteinchen, welche später zum Aufbau eines Tochtergehäuses verwendet werden; K, Kittmasse, mit welcher diese Steinchen festgehalten werden. Fig. 5. Kerne einkerniger Acanthometriden, nach Osmiumkarminbehandlung. a, einer Acanthometra cuspidata; db, einer größeren Xiphacantha ser- rata; c, einer jungen Amphilonche belonoides nach R. Herrwic, Organism. der Radiol., Taf. II, Fig. 2. A, Außenschicht; I, Innenschicht; E, Einlagerungen ; J,, würde, falls noch weitere Nucleolensubstanz auftreten würde, zu einer Innen- schicht werden. Fig. 6. Eigenartige Gebilde, wie sie zwischen den Fäkalballen der Saccam- mina vorkommen und ebenfalls durch Verschmelzung kleinerer Stücke entstanden zu denken sind. +, eine ringförmige Form. Vergr. 1000, Fig. 7. Theoretische Darstellung der Entstehung eines Ringes durch Zu- sammenfließen von zähflüssigen Massen. Die Figuren a und b sind nach wirklich aufgefundenen Kompositionen nur in so weit abgeändert worden, als es zur Erklä- rung der Ringbildung nöthig war. a, zwei aus einzelnen Tröpfchen gebildete Ket- ten nähern sich mit ihren Enden x; b, die Enden & sind zu dem Stück x, ver- schmolzen, diese Verschmelzung, die sich in der Richtung des Pfeiles (mit dem knopfförmigen Ende) fortzusetzen strebt, bringt auch die Enden y der beiden Ketten zur Verschmelzung; ce und d, die Verschmelzung ist durchgeführt. Die Spannungsgesetze wandeln das Verschmelzungsprodukt zu einem Ring um. Fig. 8. Kern einer größeren Ganglienzelle von Cerebratulus margina- tus mit einem Bläschenkranze. Nach O. Bürger (cit. Text p. 337). Fig. 9a,b,c. Größere Ganglienzellen aus dem Gehirn von Langia formosa. Wiskeı, Oc. 2, Obj. 8. Nach O. Bürger, 1. c. (Text p. 337). Fig. 40. Querschnitt durch ein Binnenbläschen (Kern) mit Binnenkörpern von Thalassicolla nucleata nach R. Herrwie, Zur Histologie der Radiolarien. Leipzig 4876. Taf. IV, Fig. 2. Vergr. Zrıss D, Oc. 2. Fig. 44. Binnenbläschen von Thalassicolla nucleata. Nach R. Herrwiıg, l.c. Taf. V, Fig. 4. Die Binnenkörper bestehen aus Innenmassen, um die sich Außenschichten herumgelagert haben, Fig. 12. Binnenbläschen von Thalassicolla nucleata. Die Binnenkörper . zeigen hier zweischichtigen Bau, die Außenschichten derselben haben zum Theil lea: is mehrere Innenmassen umflossen. Nach R. Herrwig, 1. c. Taf. V, Fig.2. ZeıssD, Oc.2. Fig, 43. Stäbchen verschiedener Form aus der Gehäusewand von Lecqueu- reusia spiralis. Vergr. 640. Fig. 44. Stäbchen aus dem Weichkörper derselben. Die einzelnen Partien sind zum Theil noch nicht mit einander verschmolzen. Vergr. 610. Fig. 15. Ein Stück einer Gehäusewand von Lecqueureusia spiralis,in die ausnahmsweise wenig Stäbchen eingelagert sind. Vergr. 640. Fig. 16, Stück einer Gehäusewand von Lecqueureusia Spiralis. Ver- größerung 610. 364 L. Rhumbler, Über Entst. u. Bed. der in den Kernen vieler Protoz. vork. Binnenkörper. Fig. 17. Eisenkiesablagerungen aus einer abgestorbenen Rotalia Becarii. a, innerhalb eines verwesenden Sarkodetropfens befindet sich ein nebelartiger Niederschlag von Eisenkies; b, eine Eisenkieskugel aus einem ausgestorbenen Ge- häuse. Vergr. 500. Fig. 1484. Kernkörper aus dem Ovarienei von Tichogonia polymorpha. HARrTNAcK IX, 3 und noch vergrößert dargestellt. Fig. 48B. Kernkörper von reifen Augusteierstockseiern von Anodonta. HArT- NACK IX, 2. Beide nach W. Fremmine, Über die ersten Reifungserscheinungen am Ei der Teichmuschel. in: Archiv f. mikr. Anat. Bd.X. Taf. XVI, Fig. 3u.4. Meine Auffassung: Der dünnflüssige Theil d hat sich um den zähflüssigen z herumgelegt (Fig. 184). Fig. 18B. Auflösungserscheinung des Nucleolus im reifen Ei. Die dünn- flüssigere Nucleolenmasse d ist in Lösung begriffen, zerfällt in kleinere Kügelchen, während der zähflüssige Theil erst einige kleine Vacuolen enthält. Fig. 49. Kern eines Eierstockseies von Unio, frisch aus der Zelle getreten in Ovarialflüssigkeit. Geringe Theile der Kerngerüste sichtbar. Nach W. FLEMMING, Zellsubstanz, Kern und Zelltheilung. Leipzig 1882. p. 447. Hier scheint mir die hellere Substanz die zähflüssige zu sein, außerdem scheint sich im Kernraum noch weitere zähflüssige Masse zu bilden z,. d, dünnflüssige, z, zähflüssige Binnenkörper- substanz. Fig. 20. Binnenbläschen von Thalassicolla nucleata. Nach RR. HERTwIG, l. c. Taf. IV, Fig. 3. Die Binnenkörper hängen zum Theil zusammen und werden von einer gemeinsamen Schicht umhüllt. Zeıss D, Oc. 2. Fig. 21. Binnenbläschen mit verästeltem Binnenkörper von. einer jungen Thalassicolla im frischen Zustand. Zeıss F, Oc. 4. Nach R. Herrwis, 1. c, Taf. III, Fig. 44, Fig. 22 a,b,cu.d. Verschiedene Altersstufen eines Keimbläschens von Hydra grisea. Nach BRAUER, |. c. Taf. IX, Fig. 1—4 (cit. p. 348). Fig. 23. Binnenkörper aus dem Keimbläschen von Dolomedes fimbria- tus in verschiedenen Eistadien. Vergr. 355fach. Nach E. KorscHELtT, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkerns (cit. Text p. 348). Taf. IV, Fig. 88—92. Im Original sind die Keimbläschen, welche hier der Raumersparnis halber weg- gelassen wurden, mitgezeichnet. In Fig. e bei R ein Riss, der durch das Austreten von gelöster Binnenkörpersubstanz entstanden sein dürfte. Fig. 24. Eimutterzelle von Canthocamptus, NachV.Häcker,l.c. Taf. XIX, Fig. 7. Bk, Binnenkörper, aus welchem ein Flüssigkeitsballen ausgetreten ist (7); T, halte ich für einen ähnlichen Tropfen, der schon vorher ausgetreten sein mag. Vergr. ZEıss apochr. Syst., Apert. 1,30, Brennw. 3,0, Oc. 12. Fig. 25. Figur, wie sie bei der Auflösung eines Stückchen übermangansauren Kaliums in einer älteren Gelatinelösung von unbekannter Koncentration entstand. Nat. Größe. K ist der zur Auflösung verwendete Krystall. Fig. 26a. Auflösungsfigur eines Krystalls (K) von übermangansaurem Kali in einem anderen Gelatinegemisch (eine Stange Gelatine auf 66,5 ccm Wasser). Nat. Größe. Fig. 265, Ahnliche Auflösungsfigur eines Krystalls (K) von übermangansau- rem Kali in einem Gemisch von !/, Vol. Glycerin mit 1/, Vol. Wasser. Nat. Größe. Fig. 27a,b,c. Kerne mit Kernkörperchen von Klossia octopiana. Nach AıME SCHNEIDER, 1. c. Pl. VIII, Fig. 4, 5, 6. Fig. 27d. Einzelne Binnenkörper aus demselben Kern. Fig. 28. Kerne vonClepsidrinablattarum, mit Binnenkörperchen. Nach W. STAnLEY MARSHALL, 1. c. Taf. II, Fig. 2, 3, 5, 6, 7, 8. Vergr. au. b Zeıss 1/)jo—3; c Zeıss 1/j9—3; d u. e Zeıss D, 3. f wohl Auflösung der Binnenkörper. Fig. 29. Kern von Truncatulinalobatula. Der Binnenkörper Bk besteht aus einem kugeligen Haufen kleiner Kügelchen. Vergr, 450. Fig. 30. Ein anderer Kern von Truncatulina lobatula. Der Binnenkörper Bk besteht aus zwei Schichten, von denen die innere aus kleineren Kügelchen be- steht. Vergr. 450. Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Ascidien. Von Oswald Seeliger, Privatdocenten an der Universität Berlin. Mit Tafel XIX—XX und 2 Textfiguren. Die Untersuchungen über die Embryonalentwicklung der Aseidien haben bisher zu übereinstimmenden Ergebnissen bezüglich der Bildung des Peribranchialraumes nicht geführt. Während Merscunikorr! zwei Kloakalbläschen vom Entodermblatt sich vollständig abschnüren und dann zu einem einheitlichen Peribranchialraume verschmelzen ließ, leitete KowaLevsky? die beiden ursprünglichen Bläschen vom äußeren Keimblatte ab. Ich selbst habe diese letztere Angabe durchaus bestätigen können? und den Nachweis geführt, dass der gesammte Peribranchialraum des ausgebildeten Thieres vom Ektoderm ausge- kleidet ist. Eine dritte Ansicht endlich haben van BeneDen und Juin in mehr- fach modifieirter Weise vertreten‘. In ihrer ersten Mittheilung?, in welcher allerdings die beweisenden Ausführungen erst in Aussicht gestellt werden, behaupten sie, dass die Wände des Peribranchialraumes größtentheils entodermal seien. Die beiden bereits von KowaLEVSkY beobachteten Ektodermeinstülpungen — die Kloakalbläschen — sollen 1 Er. METscHnIKorF, Entwicklungsgeschichtliche Beiträge. VIII. Embryonalent- wicklung der einfachen Ascidien. Bulletin de l’Acad. St. Petersbourg. T. XIII. 4868. 2 A. KowaLevsky, Weitere Studien über die Entwicklung der einfachen Asci- dien. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. VII. 1871, 3 O0. SEELIGER, Die Entwicklungsgeschichte der socialen Ascidien. Jenaische Zeitschr. für Naturw. Bd. XVIII. 1885. * Hıorr ist im Irrthum, wenn er (Zool. Anz. Nr. 400, p. 328, 41892) Van BEnt- DEN u. Jurın als Gewährsmänner für die ektodermale Entstehung der Peribranchial- = wände anführt. = 5 VAN BENEDEN et JuLin, Le syst&me nerveux central des Ascidies adultes et ses rapports avec celui des larves urodeles, Arch. de Biologie. Vol. V. 1884, R Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd, 9% 366 Oswald Seeliger, sich nämlich nur sehr wenig vertiefen, dagegen frühzeitig zwei Ento- dermausstülpungen sich bilden, welche mit diesen verschmelzen: » Ges deux diverticules hypoblastiques sont les &bauches des cavites peri- branchiales droite et gauche et les invaginations &piblastiques, par lesquelles elles debouchent ä l’exterieur, donnent naissance aux bordu- res Epitheliales qui garnissent les orifices externes de ces cavit&s« (p. 360). So wie in der Knospenentwicklung sollen die Entodermdivertikel dann vollständig vom Kiemendarm, von welchem aus sie entstanden sind, sich loslösen und die späteren Kiemenspalten sämmtlich eine völlige Neubildung darstellen: »Les diverticules hypoblastiques ont cess& de communiquer avec la portion respiratoire du tube digestif par les ori- fices branchiaux internes (embouchures primitives des culs-de-sacs peribranchiaux); mais de chague cöte du plan median apparait d’abord une (Fig. 11), puis bientöt apres une seconde serie de stigmates« (p. 361). In einer folgenden Abhandlung! hat diese Auffassung in so fern eine Änderung erfahren, als nunmehr die äußere Peribranchialwand als ektodermal, die innere als entodermal in Anspruch genommen wird (p. 626). Daaber die jüngsten von van BENEDEN und Juin beobachteten Stadien der Phallusia bereits viel zu weit vorgeschritten waren, um zur Beurtheilung dieser Verhältnisse maßgebend sein zu können und kein anderes Beweismaterial vorgelegt wurde, so ist nicht zu ersehen, worauf der veränderte Standpunkt sich stützt. Bemerkenswerth ist ferner, dass der mediane Theil des Peribranchialraumes, die Kloake, als ein ausschließlich vom Ektoderm gebildeter Abschnitt zu den beiden seitlichen in einen schroffen Gegensatz gebracht wird, was ich weiter unten noch zu beleuchten haben werde. In einer dritten Arbeit endlich halten die belgischen Forscher? an dem Auftreten von paarigen entodermalen Peribranchialausstülpun- gen zwar fest, sind aber nunmehr zweifelhaft, ob sich dieselben vom Kiemendarme vollständig abtrennen, oder ob die Stellen, an welchen die Ausstülpungen erfolgten, zu zwei bleibenden Kiemenspalten würden (p. 404). Auch die Grenzen des ektodermalen und entodermalen An- theiles in den Peribranchialwänden sind sie sicher anzugeben nicht in der Lage: »Nous pensons que le feuillet visceral de la membrane peribranchiale, s’il est permis d’employer ce terme, est en grande partie d’origine hypoblastique« (p. 403). Es ist für die Keimblätterlehre nicht ohne Bedeutung, ob in der 1 Van BENEDEN et JuLin, Recherches sur le developpemept postembryonnaire d’une Phallusie (Phallusia scabroides nov. sp.). Arch. de Biologie. Vol. V. 4884. 2 VAn BENEDEN et JuLın, Recherches sur la Morphologie des Tuniciers. Arch. de Biologie. Vol. VI, 4886. 7 Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Ascidien. 367 Embryonalentwicklung bei der Bildung des Peribranchialraumes das Entoderm sich betheiligt oder nicht. Denn in übereinstimmender Weise haben alle Untersuchungen festgestellt, dass in den Knospen der Aseidien jener Raum aus Divertikeln des Darmes hervorgeht. Ließe sich auch in der Embryonalentwicklung ein entodermaler Antheil nachweisen, so würde dadurch eine befriedigende Erklärung gewonnen sein. Es wäre ganz gut zu verstehen, wenn in der ungeschlechtlich entstehenden Generation die Bedeutung des äußeren Keimblattes im Verhältnis zu der des inneren bei der Peribranchialbildung zurückträte und nur noch die unmittelbare Umgebung der Egestionsöffnung vom Ektoderm geliefert würde. Entwickelt sich aber in den Embryonen der Peribranchialraum rein ektodermal, so wird man van BENEDEN und JuLın zustimmen, dass dann »les bases m&me de la theorie des feuillets en seraient fortement ebranl6&es« (Arch. de Biolog. V, p.359), allerdings, wie ich hinzufügen muss, der Blätterlehre nur in einer solchen extremen Auffassung, wie sie, van BENEDEN und mit ihm so manche andere Em- bryologen üben. Im Hinblicke auf diese theoretische Bedeutung, schien es mir nothwendig zu sein, die oben erwähnten kontroversen Angaben durch eine erneute Untersuchung klar zu stellen, zumal zu befürchten war, dass die Angaben van BEnEDEn’s und Juri’s, die ich nicht für zutreffend halten konnte, als die jüngsten bald Eingang in die Wissenschaft finden würden, wenn sie unwiderlegt blieben. Ich sammelte daher während eines längeren Aufenthaltes in Messina im Frühjahr des vergangenen Jahres Embryonen und Larven von Clavelina, die ich im Pantano bei Faro fand, und konservirte sie in Pikrinsäure oder Pikrin-Schwefel- säure. Die Art dürfte mit derjenigan übereinstimmen, an welcher ich meine ersten Untersuchungen in Triest anstellte und die ich unter der Bezeichnung Savıeny's als Glavelina lepadiformis angeführt habe. Während im Triester Hafen die Clavelinen fast stets an den Pfählen saßen, habe ich sie im Pantano an den eingerammten Holzstangen nie- mals entdecken können, sondern fand sie immer dem Uferrande nahe im Sande stecken, in einer Tiefe von 3— m, so dass sie bei ruhiger Oberfläche sehr gut erkannt und mit dem Schabnetze herausgeholt werden konnten. Wenn auch die vorliegende Untersuchung in den wesentlichsten Punkten nur eine Bestätigung meiner früheren Angaben bietet, so bin ich doch nunmehr in den Stand gesetzt, an besser erhaltenem Materiale und vollständigen Schnittserien mancherlei Details hinzuzufügen, auf die ich vor zehn Jahren nicht geachtet hatte, die aber bei der inzwischen vertieften Fragestellung nicht ohne jedes Interesse sein dürften. a4* 368 Oswald Seeliger, Den Angaben über die Entwicklung von Clavelina füge ich einige, zum Theil ältere Beobachtungen hinzu, die ich über die Bildung des Kiemenkorbes an einer solitären Ascidie gemacht habe. In einem Schlussabschnitte werde ich einige vergleichende Bemerkungen vorzu- bringen haben. I. Die Bildung des Peribranchialraumes bei Clavelina. Die ersten Anlagen des Peribranchialraumes zeigen sich als zwei seitliche Vertiefungen des ektodermalen Hautepithels, welche dicht hinter dem vorderen, bläschenförmigen Theile des embryonalen Nervenrohres ein wenig der Rückenseite genähert liegen. Bei der Triester Form fand ich seiner Zeit fast ausnahmslos zuerst auf der linken Seite die Einstülpung gebildet, während in den Embryonen des Pan- tano eben so wie bei den Neapeler Thieren nach van BENEDEN und JuLIN die Grübchen auf beiden Seiten ganz gleichzeitig auftreten, oder bald die linke, bald die rechte Einsenkung zuerst sich zeigt. Eine derartige noch wenig vorgeschrittene Bildung der linken Seite zeigt Fig. 4 Taf. XIX im Durchschnitte. Die eingestülpten Zellen des Peribranchialgrübchens sind noch sehr groß und führen so wie die benachbarten, etwas niedrigeren des Hautepithels reiche Dotterein- lagerungen. Die Kerne liegen vorwiegend in den dünneren, äußeren Zellenden und erweisen sich im Zusammenhange mit den raschen Entwicklungsvorgängen, welche diese Region betreffen, sehr häufig in Theilung begriffen. Die Ebenen der chromatischen Elemente stehen meistens nahezu senkrecht zu der Oberfläche des Epithels, so dass bei den in gleichem Sinne erfolgenden Zelltheilungen stets die Einschichtig- keit gewahrt bleibt. Hin und wieder trifft man freilich, wie auch in der Abbildung zu sehen ist, in einer Zelle zwei in verschiedenen Höhen gele- gene ruhende Kerne an. Eshandelt sich dabei aber nur um eine vorüber- gehende Erscheinung, und die verspätet eintretende Durchfurchung des Zellkörpers erstreckt sich von der inneren bis zur äußeren Seite. Beträchtlich vertieft und vergrößert sieht man die Peribranchial- einstülpungen in dem Stadium, das Fig. 2 und 3 abgebildet zeigen. Die Einstülpungsstelle selbst ist schlitzförmig verengt, und in den Schnitten, welehe nicht durch sie hindurchgeführt sind, erscheinen die Peribranchialräume als vollkommen isolirte Säckchen (Fig. 3), welche dem Kiemendarme dicht anliegen und manchmal sogar in eine grubenförmige Vertiefung der entodermalen Wandung eingebettet sein können. Ist in einer unvollständigen Schnittserie gerade die schmale Übergangsstelle in das ektodermale Hautepithel ausgefallen oder in Folge einer ungeeignet gewählten Schnittrichtung schwer nachweisbar, Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Ascidien. 369 so liegt die Versuchung nahe, die Bläschen vom inneren Keimblatte abzuleiten. Es ist das wenigstens eine Möglichkeit, welche van BENEDEN und Juin zu ihren Deutungen veranlasst haben kann. Die Ektodermzellen der Leibeswand haben nach Art einer cuti- cularen Bildung mit der Absonderung des äußeren Gellulosemantels begonnen. Derselbe erscheint als ein homogener, noch sehr dünner Randsaum und überdeckt auch die Öffnungsstellen der Peribranchial- einstülpungen. In histologischer Beziehung ist keine bemerkenswerthe Verände- rung vor sich gegangen, nur sind die Zellen namentlich im distalen Theile der Einstülpung etwas niedriger geworden. Kerntheilungsfiguren findet man recht häufig. Fast ausnahmslos liegen sie in den dem Lumen zugekehrten Zellenden, sind aber in keiner bestimmten Richtung eingestellt, obwohl nirgends das Epithel der Peribranchialbläschen mehrschichtig ist. ; Weiterhin verschieben sich die beiden Öffnungen der Peribran- chialbläschen immer mehr gegen den Rücken zu, um sich ganz allmäh- lich der Medianebene zu nähern. Dieser Vorgang ist schon den älteren Beobachtern bekannt gewesen, und es war selbstverständlich, dass eine solche Annäherung nur dadurch möglich wurde, dass der ganz schmale ektodermale Zellstreifen, welcher sich zwischen den beiden Öffnungen bogenförmig ausbreitet und von links und rechts her über den Rücken hinzieht, nach und nach ebenfalls in den Peribranchial- raum einbezogen wird. Ich glaube wenigstens, dass nach der von mir gegebenen Darstellung darüber kaum ein Zweifel bestehen konnte. Van BEneden und Jun bringen diesen dorsalen Abschnitt des Peri- branchialraumes zu den übrigen Theilen in einen so scharfen Gegensatz, wie er, was weiter unten näher begründet werden soll, in Wirklichkeit nicht besteht, obwohl es immerhin, besonders mit Rücksicht auf die verwickelteren Verhältnisse der ausgebildeten größeren Ascidienfor- men, nicht unzweckmäßig erscheint, den altherkömmlichen Ausdruck »Kloake « für ihn beizubehalten. In dem Stadium, welchem die in Fig. 4 und 5 gezeichneten Schnitte entnommen sind, erscheinen die beiden Öffnungen der Peribranchial- bläschen von der Medianebene dorsal noch ansehnlich weit entfernt. In dem einen Falle war es die linke, in dem anderen die rechte Öffnung, welche sich weiter dorsalwärts vorgeschoben hatte. Die innere Wand der Peribranchialbläschen verwächst an einer kleinen Stelle sowohl der vorderen als auch der hinteren Kante mit dem Kiemendarme. Während sich die innere Peribranchialwand zwischen den beiden Verwachsungsstellen nach außen zu konvex krümmt, thut dies die 370 Oswald Seeliger, Darmwand nach innen zu. So erhält man in den Frontalschnitten zwischen den beiden Wänden einen Spaltraum, der in Form und Größe mehrfache individuelle Verschiedenheiten aufweist und als besonders umgrenzter Theil der primären Leibeshöhle zu betrachten ist. In der Mitte einer jeden Verwachsungsstelle entsteht eine zunächst äußerst feine Öffnung, indem die Zellen daselbst ein wenig aus einander wei- chen. So sind also auf jeder Körperseite zwei hinter einander liegende Verbindungswege zwischen Kiemendarm und Peribranchialsäckchen geschaffen. Vollständig gleichzeitig vollzieht sich die Bildung aller vier Spalten wohl kaum jemals, indem, wie es schon beim Auftreten der Peribranchialbläschen der Fall war, die eine oder die andere Seite in der Entwicklung vorauseilt. In weitaus den meisten Fällen sah ich ferner die vorderen Spalten ein wenig früher als die hinteren sich bilden. Der in Fig. 5 abgebildete Schnitt lässt den Weg, den die vordere Kiemenspalte nehmen wird, bereits vollkommen deutlich erkennen (k,), und an den Wandungen dieser letzteren ist der ektodermale, von der Peribranchialeinstülpung herrührende Antheil von dem entodermalen des Kiemendarmes mit äubßerster Schärfe zu unterscheiden. Diese letztere Eigenthümlichkeit lässt sich allerdings nur selten erkennen, denn meistens erfolgt, wie dies auch bei der Bildung der hinteren Kiemenspalte Äk; in derselben Figur zu sehen ist, an der Verwachsungs- stelle eine theilweise Auflösung der Zellgrenzen. In einer gleichartigen centralen Plasmamasse trifft man dann mehrere Kerne dicht neben einander, die zum großen Theil in Vermehrung begriffen sind. In dieser in reger Entwicklung begriffenen Partie ist die Auflösung der im Plasma suspendirten Dotterkörperchen oft schon vollkommen vor sich gegangen, in jedem Falle aber weiter vorgeschritten als in den benachbarten Zellen. Daher erscheint die Verwachsungsstelle nach Anwendung von solchen Tinktionsmitteln, welche vom Zellplasma festgehalten werden, in einem dunkleren Farbentone als das übrige Epithel des Entoderms und der Peribranchialsäckchen. Fig. 4 zeigt bereits den Weg für die erste hintere Kiemenspalte kr vorbereitet und lässt ebenfalls den ursprünglich ektodermalen und ento- dermalen Antheil ihrer Wandung genau feststellen. Die Schnittrichtung ist derartig ausgefallen, dass die obere Spalte hier nicht zu sehen ist. Wohl aber unterscheidet man jederseits einen engen dorsal und nach außen zu gerichteten Fortsatz des Kiemendarmes, welcher mit der inneren Wand des Peribranchialsackes verwachsen ist. In dieses Divertikel ist die Kiemenspalte durchgebrochen, was sich bei geeigneter Schnitt- richtung leicht feststellen lässt. Noch in beträchtlich älteren Stadien kann man diese beiden taschenförmigen Ausstülpungen nachweisen, Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Ascidien. 371 welche jederseits zur ersten vorderen Kiemenspalte führen, aber nicht in diese, sondern allmählich wieder in den Kiemendarm einbezogen werden. Bei der Durchmusterung von zahlreicheren Individuen stößt man auf kleine Verschiedenheiten bezüglich der Größe und der Rich- tung jener beiden Divertikel und sieht sie manchmal wie in dem in Fig. 4 abgebildeten Falle in ansehnlicher Länge. Es scheint mir hier eine zweite Möglichkeit zu liegen, van BEnEDEN’s und JuLiw’s Irrthum bezüglich des entodermalen Antheils an den Wandungen des Peri- branchialraumes zu erklären, da die Vermuthung nahe liegt, es hätten die belgischen Forscher die Kiemendarmdivertikel für Theile des Peri- branchialraumes und die Übergangsstelle der Divertikel in den Kiemen- darm für die Kiemenspalten selbst gehalten, obwohl diese letzteren in Wirklichkeit weiter auswärts liegen. Ein etwas vorgerückteres Stadium zeigen die Schnitte Fig. 6—8. Während sich die äußeren Öffnungen der beiden Peribranchialsäcke nach dem Rücken zu verschieben, dehnen sich die Blindenden der letzteren immer mehr gegen die Bauchseite zu aus. In der Richtung der Hauptachse des Thieres ist die Erweiterung der Säckchen in den ersten Stadien nur eine sehr beschränkte. Fig. 6 zeigt die zuerst ent- standene dorsale Spalte der hinteren Reihe; Fig. 7 lässt ventral von dieser eine neue Verwachsungsstelle erkennen, an welcher sich die Bildung der zweiten hinteren Spalte %7r einleitet. In Fig. 8 sieht man ° die proximale Region des rechten Peribranchialsackes, die sich an die Einstülpungsstelle anschließt. Für die Demonstration der beiden Kiemenspalten der vorderen Reihe ist die eingehaltene Schnittrichtung ungeeignet, und man erkennt in der letzten Abbildung die erste vordere Spalte an ihrem Hinterrande nur daran, dass eine innige Verwachsung der Kiemendarm- und Peribranchialwand sich vollzogen hat. — Gegenüber den vorhergehenden Stadien erscheint der Peribranchial- raum bedeutend erweitert, seine Wandungen dagegen sind ein wenig dünner geworden. Die beiden Abbildungen 9 und 10 entstammen einem Stadium, welches dem von van BENEDEN und Juri auf Taf. IX (Recherches sur la Morphologie des Tuniciers) als Stadium 2 gezeichneten fast vollkommen entspricht. Ich darf daher eine weitere Beschreibung wohl unterlassen, und mich auf die Bemerkung beschränken, dass der in Fig. 9 als abge- schlossenes Lumen erscheinende Raum kd den rechten Divertikel des Kiemendarmes darstellt, welcher in die erste vordere Kiemenspalte führt. Der Peribranchialhöhle darf er auf keinen Fall zugerechnet werden. — Die Vereinigung der beiden äußeren Öffnungen der Peribranchial- 372 Oswald Seeliger, säckchen zur unpaaren, medianen Egestionsöffnung erfolgt gewöhnlich schon in dem letzten Embryonalstadium (Fig. 11). Manchmal aber trifft man allerdings auch freischwimmende Larven an, in welchen die beiden Säckchen dorsal noch sehr weit von einander entfernt sind (Fig. 15). Auf eine solche auffallend verspätete Bildung der Egestionsöffnung ist dann die Erscheinung zurückzuführen, dass gelegentlich noch in jungen festsitzenden Larven die beiden Peribranchialtaschen durch einen ge- meinsamen, ansehnlich langen und quergestellten Schlitz dorsal sich öffnen (Fig. 25, Taf. XX), während normalerweise nur eine ganz kleine, kreisförmige Stelle die Egestionsöffnung in diesen Stadien bezeichnet. Wie ich oben schon bemerkt habe, ist die Vereinigung der beiden Säckchen zum einheitlichen Peribranchialraum und die Bildung der Egestionsöffnung dadurch bedingt, dass der ektodermale Zellstreifen zwischen den beiden Einstülpungsstellen allmählich einsinkt und die ventralen Ränder der letzteren sich dorsal zu vorschieben. Die Unter- suchung von Schnittserien giebt einen vollständigen Einblick in diesen Vorgang. In freischwimmenden Larven oder Embryonen, deren Peribranchial- einstülpungen etwas näher an einander gerückt sind als es in Fig. 15 gezeichnet ist, zeigen die medianen Längsschnitte zwischen beiden Öffnungen eine rinnenförmige Vertiefung (Fig. 12), welche auf jeder "Seite ganz allmählich in das Peribranchialsäckchen übergeht. Diese Rinne bildet sich nicht etwa zuerst in der Medianebene aus, um von da aus nach rechts und links zu vorzuschreiten und die Öffnungsstellen der Peribranchialbläschen allmählich zu erreichen, sondern der Vorgang ist — was mir für die theoretische Bedeutung der Kloake nicht ohne Wichtigkeit zu sein scheint — ein gerade entgegengesetzter; von dem medialen Rande der beiden Einstülpungsstellen nimmt jederseits selb- ständig eine Rinne ihren Ursprung, verlängert sich dorsal zu, bis in der Medianebene oder nahe dieser die Vereinigung erfolgt. So ist denn auch unmittelbar nach vollzogener Vereinigung gerade median die Rinne am flachsten. | Paramediane Längsschnitte durch ein etwas weiteres Stadium, in welchem die ursprünglich ventralen Einstülpungsränder einander noch mehr genähert erscheinen, stellen Fig. 13 und 14 dar. Die Rinne hat sich vertieft und in ihrem basalen Theile beträchtlich erweitert, an ihren Seitentheilen ist sie bereits geschlossen, und nur auf fünf Schnitten war ihre Öffnung nach außen noch nachweisbar. Diese letztere hat also in ganz ausgezeichneter Weise schlitzförmiges Aussehen und darf auf diesem Stadium wohl schon als Egestionsöffnung bezeichnet werden. In den Querschnitten erscheint sie in ganz ähnlichem Bilde, Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Aseidien. 373 wie es Fig. 25, Taf. XX für eine ältere bereits festgesetzte Larve zeigt. Bemerkenswerth ist die Gruppirung einzelner Mesenchymzellen zu Strängen, welche die Egestionsöffnung umgeben und bereits in histo- logischer Differenzirung zu Ringmuskeln begriffen sind. Der mediane Raum, in welchen die schlitzförmige Öffnung führt, ist durch die Ver- einigung der beiden ursprünglich getrennten Peribranchialsäckchen entstanden und wird als Kloake bezeichnet. Er geht, da das Epithel der Wandungen sich überall gleichartig verhält, ohne irgend welche be- stimmte Grenze in die beiden Seitentheile des Peribranchialraumes über (vgl. Fig. 26, Taf. XX). Nach der Festsetzung der Larve verkürzt sich gewöhnlich sehr rasch die schlitzförmige Egestionsöffnung, wo sie in dieser Gestalt überhaupt noch bestanden hat, und erscheint als eine sehr feine kreis- förmige Perforation mit einem nach außen zu vorspringenden Rande (Fig. 27). Die Ausbildung der umschließenden Ringmuskeln ist weiter vorgeschritten, und es lässt sich ein vollkommener Sphinkter bereits unterscheiden. Die weiteren Veränderungen, die die Region der Egestionsöffnung betreffen und der bedeutend komplieirtere Bau in der ausgebildeten Glavelina kommen für die hier zu erörternden Fragen nicht weiter in Betracht!. Während die eben beschriebenen Vorgänge an dem medianen dorsalen Theile des Peribranchialraumes sich vollziehen, schreitet in den seitlichen Abschnitten die Bildung der Kiemenspalten rasch weiter. In den freischwimmenden Larven kann man in jeder der vier Reihen drei bis fünf Kiemenspalten erkennen, die freilich noch nicht alle vollständig durchgebrochen sind. Die dorsale Spalte in jeder Reihe ist die älteste und größte, ventral zu folgen sie einander entsprechend der Alters- und Größenreihe; die am meisten ventral gelegenen sind in Bildung begriffen und stellen erst scharf umschriebene Verwachsungs- zonen zwischen beiden Epithelien dar. Der Peribranchialraum zeigt demnach ein ganz ähnliches Verhalten, wie es für eine eben festge- setzte Larve in Fig. 19, Taf. XX zu sehen ist. In dieser letzteren fällt, was hier nur beiläufig bemerkt sein möge, die mächtige Entwicklung des äußeren Mantels auf. An der Stelle, an welcher das äußerste Ende des eingezogenen Ruderschwanzes liegt, inserirt sich mit stark ver- ! Van BENEDEN und Juris (Arch. de Biolog. V, p. 362) lassen die larvale Ege- stionsöffnung durch vollkommene Verwachsung sich gänzlich schließen und die bleibende als eine Neubildung an derselben Stelle entstehen. Das habe ich nicht bemerkt, sondern höchstens eine dichte Aneinanderlagerung der Egestionsränder sefunden. Die definitive Egestionsöffnung fasse ich daher durchaus nicht als eine Neubildung auf, 974 Oswald Seeliger, jüngtem Ende ein äußerst langer, unregelmäßig geformter Anhang. In Fig. 19 ist nur sein vorderer Abschnitt eingezeichnet, der wenig mehr als !/, der Gesammtlänge bildet. Dieser peitschenförmige Anhang hat genau das Aussehen des äußeren Mantels und stellt in der That den umgeformten Mantel des Ruderschwanzes dar, aus welchem sich alle inneren Theile herausgezogen haben. Später fällt er vollständig ab, ohne in den Mantel der ausgebildeten Form einbezogen zu werden, wie ich das schon in meiner früheren Untersuchung aus einander gesetzt habe. Da der Anhang nur sehr locker mit dem Hauptabschnitte verbunden ist, löst er sich außerordentlich leicht von diesem bei der Konservirung und der gewaltsamen Abtrennung der festsitzenden Larve von der Unterlage ab und konnte desshalb früher übersehen werden. Am lehrreichsten für die Beurtheilung der Kiemenspaltenbildung und namentlich für die Feststellung des Antheiles beider Keimblätter sind die in frontaler Richtung geführten Längsschnitte. Drei einer solchen Serie durch eine freischwimmende Larve sind in Fig. 16—18 gezeichnet. Im Kiemenkorbe ließen sich in jeder Reihe 3—4 Spalten oder Spaltenanlagen zählen. In Fig. 16 hat der Schnitt die zweite Spalte jeder Reihe getroffen, die der vorderen Ä, aber nicht in ihrer ganzen Ausdehnung. Es lässt sich aber genau der Weg bestimmen, den die Öffnung auf einem benachbarten Schnitte zeigt, und feststellen, dass die Wandung der Kiemenspalte von beiden Keimblättern, vom ektoder- malen Peribranchialraume allerdings nur zum kleineren Theile, gebildet wird. Später, wenn die Perforation etwas umfangreicher geworden ist, lassen sich die Grenzen nicht mehr erkennen. Das ist auch da der Fall, wo — wie in der hinteren, zweiten Kiemenspalte k;r dieser Ab- bildung — gerade die Mitte der Spalte durchschnitten sich zeigt. Man sieht hier mit voller Deutlichkeit, dass die Spalten der vorderen und hinteren Reihe in fast senkrechter Richtung zu einander verlaufen, und das ist denn auch der Grund, wesshalb man in Querschnittsserien höchstens die Öffnungen einer Reihe in ihrer ganzen Länge vom Kiemen- darm bis in den Peribranchialraum auf einem Schnitte verfolgen kann, während die der anderen Reihe immer nur als kreisähnliche Perfora- tionen entweder der Kiemendarm- oder der Peribranchialwand er- scheinen!. Zwischen je einer vorderen und hinteren Spalte erscheint ! Auch bei der Betrachtung des Kiemenkorbes von der Seite aus sieht man — in so fern nicht durch den Druck des Deckglases absichtlich Verschiebungen hervor- gerufen werden — höchstens die Spalten der einen Reihe in ihrer ganzen Ausbrei- tung. Ich glaube daher, dass van BENEDEN und JuLm (Arch. d. Biolog. V) in dem in Fig. 14, Taf. XVII abgebildeten und p. 361 beschriebenen Embryo die vorderen Kiemenspaltenreihen übersehen haben. I Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Aseidien.. 375 ein ansehnlicher Raum, der im Durchschnitte ungefähr dreieckige Form zeigt; er ist auf die primäre Leibeshöhle zurückzuführen und enthält desshalb Mesenchymzellen. Die Wandungen sowohl des Peribranchial- raumes als des Kiemendarmes sind bedeutend dünner geworden, und die Zellen erscheinen merklich kleiner als in dem Fig. 6—8 ge- zeichneten Stadium. Der in Fig. 47 abgebildete Schnitt ist in der vorderen Reihe zwischen den beiden ersten Kiemenspalten geführt, in der hinteren trifft er bereits den ventralen Rand der ersten Spalte k,, deren ganze Ausdehnung dann erst der dorsal zu folgende Schnitt zeigt. Diesen habe ich aber hier nicht eingezeichnet. Da die Peribranchialwand dem Kiemendarme zwischen den Spalten einer Reihe nicht dicht anliegt, steht hier der oben erwähnte Theil der primären Leibeshöhle mit dem Hauptraume in Verbindung. Fig. 18 endlich, welche einen mehr dorsal geführten Schnitt dar- stellt, zeigt die Mitte der ersten vorderen Kiemenspalte durchschnitten; die erste Spalte der hinteren Reihe ist nicht mehr zu sehen, denn sie liegt bei der eingehaltenen Schnittrichtung ventralwärts. Schnitte durch ein erheblich entwickelteres Stadium einer bereits festsitzenden Larve zeigen die Fig. 22—24 Taf. XX. In jeder Reihe sind 5 Spalten gebildet; die ältesten besitzen länglichrunde Gestalt, die jüngeren ventralen erscheinen als kleine kreisförmige Perforationen. Der Kiemenkorb hat das in Fig. 19 wiedergegebene Stadium bereits überschritten, ohne aber noch das in Fig. 20 gezeichnete Aussehen er- langt zu haben. In Fig. 22 sind die zweiten Kiemenspalten beider Reihen in ihrer ganzen Ausdehnung zu sehen, und es entspricht also dieses Bild dem für ein jüngeres Stadium in Fig. 16 Taf. XIX gezeichneten. Bei der Vergleichung ergiebt sich leicht die inzwischen vollzogene Er- weiterung der Spalten, die Verdünnung sämmtlicher Wandungen, ob- wohl der Peribranchialraum in der Richtung der Hauptachse sich kaum ausgedehnt und nur ventralwärts vorgeschoben hat. Die Grenzen des Ektoderms und Entoderms lassen sich in den Spalten nicht feststellen; wohl ist das aber zum Theil wenigstens möglich in den Schnitten, welche die jüngsten, in Bildung begriffenen Spalten getroffen haben (Fig. 23 u. 24). Da zeigt es sich unzweifelhaft, dass nicht nur die innere Wand des Peribranchialraumes zwischen den beiden Spaltenreihen rein ektodermal ist, sondern dass auch die Spalten selbst an dem in die Peribranchialhöhle führenden Theile vom äußeren Keimblatte umgrenzt werden. Die Kiemenspalten verlängern sich nun sehr rasch, ohne dass die Zahl der Reihen zunächst zunimmt, und erhalten lange Flimmerbegren- 376 ‚Oswald Seeliger, zung, welche die Cirkulation des Wassers besorgen hilft. Zwischen beiden Reihen erhebt sich eine gegen das Darmlumen gerichtete Quer- falte der Kiemendarmwand, die ich als ersten Flimmerreifen bezeichnet und früher bereits beschrieben habe, und dorsal bildet sich auf ihr der erste Rückenzapfen. So zeigt der Kiemenkorb das in Fig. 20 gezeichnete Aussehen. Nach weiterer Vergrößerung der Spalten und Vermehrung ihrer Zahl zeigt die Region des Peribranchialraumes sich in einem Fig. 21 ähnlichen Bilde. Man erkennt, dass die Neuanlage von Spalten nicht ausschließlich am ventralen Ende, sondern auch zwischen den alten in der Mitte erfolgen kann. Erst später erfährt die Zahl der Reihen eine Vermehrung; über die Art und Weise wie das geschieht, habe ich hier keine neuen Beobachtungen vorzubringen. Einen frontalen Schnitt durch zwei hinter einander liegende Spalten der beiden Reihen sieht man in Fig. 28. Das äußerste Ventralende des Peribranchialraumes eines ganz gleichen Stadiums ist in Fig. 29 und 30 durchschnitten. Sowohl die Wandungen des Peribranchialraumes als des Kiemendarmes sind zum größten Theile zu einem feinen Platten- epithele abgeflacht. Nur die Kiemenspalten sind von hohen Cylinder- zellen begrenzt, welche sehr lange, in die cuticulare Randzone mit ver- hreiterten Enden eingebettete Geißeln tragen. Zwischen den beiden Kiemenspalten zeigt Fig. 28 den Durchschnitt durch den Flimmerreifen, der die beiden Reihen trennt und sich bereits weit ventral zu erstreckt, daselbst aber noch keine Flimmern trägt (Fig. 29). Da, wo eine neue Kiemenspalte sich bilden soll (Fig. 30), sieht man die Eingangs be- schriebene Verwachsung der an dieser Stelle verdickten Epithelien. Einen Querschnitt endlich durch die ventrale Partie einer Kiemen- spaltenreihe aus einer jungen 4 mm langen Clavelina habe ich in Fig. 31 abgebildet. Die angewendete Vergrößerung ist zu gering, um die histologischen Details erkennen zu können, doch bieten die Quer- schnitte in dieser Beziehung für den Peribranchialraum und die Kiemen- spalten nichts Bemerkenswerthes dar, was sich nicht bereits aus den Längsschnitten ergeben hätte. Am Endostyl, dessen einzelne Abschnitte nur in Umrissen gezeichnet sind, liegen drei größere Lakunenräume, ein medianer und zwei seitliche. Sie sind erst an einzelnen Stellen von einem besonderen Endothel ausgekleidet, im Übrigen direkt von der gallertartigen Intercellularmasse begrenzt, welche die anderen Theile der primären Leibeshöhle erfüllt. Ihre Größe und Gestalt variüirt außerordentlich selbst in den unmittelbar einander folgenden Schnitten der Serie, und es bestehen vielfache Verbindungen mit anderen be- nachbarten kleineren Lückenräumen. Sie alle stellen die Bahnen des freie Mesenchymzellen führenden Blutes dar. An die seitlichen Ränder Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Aseidien. 377 des Endostyls setzt sich auf jeder Seite ein Flimmerstreifen an, der aus kleinen, kubischen Zellen besteht, den Endostyl in seiner ganzen Länge begleitet und dessen Verbindung mit der übrigen Kiemendarmwand herstellt. Vorn gehen diese Flimmerstreifen in den Flimmerbogen über. Die Art und Weise der Verbindung des Peribranchialraumes und des Kiemendarmes durch die Kiemenspalten sind ohne Weiteres aus der Abbildung verständlich. Im Anschlusse an die vorstehende Darstellung der Entwicklung des Peribranchialraumes und der Kiemenspalten möchte ich noch die Bildung eines Organs des Kiemendarmes behandeln, welches zwar mit dem Peribranchialraume selbst in keinem direkten Zusammenhange steht, aber eine nicht unwichtige physiologische Bedeutung besitzt: ich meine den Flimmerbogen oder den sillon pericoronal der belgischen Autoren. Wie für jüngere Stadien in Fig. 19 und 20 deutlich zu sehen ist, umkreist er den Eingang des Kiemendarmes. Dorsal zieht er dicht hinter der Mündung der Flimmergrube hin, bildet daselbst bei Doliolum eine Spiraltour und erweitert sich bei manchen Salpen zu einem um- fangreicheren Wimperorgan; ventral geht er jederseits, wie oben schon bemerkt wurde, in die seitlich vom Endostyl verlaufenden Flimmer- streifen über, nachdem er sich in diesen eingesenkt hat. Sein Vor- kommen ist bei allen Tunicaten ein sehr konstantes. In alten Thieren wird er häufig zugleich mit anderen Theilen des Kiemendarmes rück- gebildet, stets zu fehlen scheint er unter den Appendicularien dem Genus Kowalewskaia, denn For!»? berichtet ausdrücklich, dass es auch bei dessen Larven und Jugendzuständen gänzlich vermisst wurde. Über die physiologische Bedeutung dieses Gebildes, sowie des Endostyls hat For in den beiden eben erwähnten Untersuchungen Auf- schluss gegeben. Danach stellt der Endostyl lediglich ein schleimab- sonderndes Drüsenorgan dar. Ein kleiner Theil des Schleimes quillt aus der Endostylspalte hervor und wird durch die Flimmerbewegung der seitlich den Endostyl begleitenden Flimmerstreifen nach hinten geführt, dort von der an den Endostyl heranreichenden und in den Öso- phagus führenden Bewimperung der hinteren Kiemendarmwand über- nommen und in den Verdauungskanal geleitet. Die Hauptmasse des Endostylschleimes tritt aber am vorderen Ende aus, wo der Flimmer- bogen mit seinen beiden Schenkeln sich ansetzt. Dieser führt die Schleimmassen, die einzelne Fransen oder eine kontinuirliche Lamelle ı For, Etudes sur les Appendiculaires du detroit de Messine. 4872. 2 For, Über die Schleimdrüse oder den Endostyl der Tunicaten. Morph. Jahrb. Bd. I. 4876. 378 Oswald Seeliger, bilden können, gegen die Rückenseite zu. In diesen Schleimmassen werden die mit dem Athmungswasser durch die Ingestionsöffnung ein- tretenden Nahrungstheilchen aufgefangen und festgehalten. Auf der Rückenseite werden Schleim und Nahrungselemente zu einem »Er- nährungsfaden« vereinigt, der dem Ösophagus zugeführt wird!. Eine vollständige Erklärung für alle Details des Vorganges hat For. allerdings damals noch nicht geben können, und es erheben sich, wie nur natür- lich, nunmehr eine Reihe weiterer Fragen, die der Lösung harren. In Fig. 32 habe ich ein Stück aus einem frontalen Längsschnitte durch eine junge festsitzende Larve gezeichnet, in welchem der Flim- merbogen quer durchschnitten ist. Erbesteht aus höheren prismatischen Zellen, welche gegen das Kiemendarmlumen zu ein dichtes Flimmer- kleid tragen. Vorn geht er in das noch kubische Epithel der der Inge- stionsöffnung benachbarten Region über, von welcher er durch eine sehr seichte Einkerbung abgegrenzt erscheint; nach hinten zu werden die Zellen niedriger, verlieren die Flimmern und führen allmählich in das Plattenepithel des Kiemendarmes über. Hier, sowie überall bei Tu- nicaten springt die erste Anlage des Flimmerbogens mit konvexer Fläche in die Athmungshöhle vor, und die Flimmern kleiden nicht etwa den Boden einer Rinne aus, sondern stehen auf der Höhle eines wulst- artigen Gebildes. Ich habe daher früher schon den Ausdruck »Flimmer- rinne« für dieses Organ vermieden, da er leicht zu einer falschen Vor- stellung Veranlassung geben kann, und die Bezeichnung »Flimmer- bogen « angewendet, die mir entsprechender zu sein scheint. For scheint übrigens in der That die Auffassung zu hegen (Morph. Jahrb. I, p. 235), dass die Flimmerbogen bewimperte Rinnen bilden. Schärfer abgegrenzt von den benachbarten Plattenepithelien und 1 Man wird demnach die Sehergabe des Prof. Doarn, der seiner Zeit mir litte- rarische Unkenntnis ganz ungerechtfertigt vorgeworfen hat, nicht gerade hoch anzu- schlagen haben, wenn er (Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. XII. Thyreoidea und Hypobranchialrinne, Spritzlochsack und Pseudobranchialrinne bei Fischen, Ammocoetes und Tunicaten. Mitth. der Zool. Stat. Neapel, Bd. VII, 1887, p. 324) sagt, die Bedeutung des Endostyls und der Wimperapparate bei Tuni- caten »kann vielleicht so erklärt werden, dass die Schleimmassen dazu dienen, die mit dem Meerwasser aufgenommenen Nahrungspartikel festzuhalten und durch die Wimperrinnen in den Ösophagus gelangen zu lassen. Dies wird sich vielleicht durch direkte Beobachtung wahrscheinlich machen lassen«. Wie oben aus einander gesetzt, war diese Prophezeiung des Prof. Donrn 44 beziehungsweise 45 Jahre be- vor sie ausgesprochen wurde, bereits erfüllt. FoL’s zweite Arbeit scheint übrigens auch Donrn selbst nicht unbekannt geblieben zu sein. Er citirt sie wenigstens in seiner achten Studie (Die Thyreoidea bei Petromyzon, Amphioxus und den Tuni- caten. Mitth. der Zool. Station Neapel, Bd. VI, p. 57, erschienen 28. März 1885), hatte aber bedauerlicherweise einen wesentlichen Theil ihres Inhaltes bei der Ab- fassung seiner 42. Studie (erschienen 48. April 4887) nicht mehr im Gedächtnisse. Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Aseidien. 379 stärker in die Kiemendarmhöhle vorspringend zeigt den Flimmerbogen der in Fig. 33 abgebildete Schnitt, der einer etwas älteren Larve, die das in Fig. 20 gezeichnete Stadium schon überschritten hat, entnommen ist. Ich füge hier in Fig. 34 zur Vergleichung einen Schnitt durch den Flimmerreifen bei, welcher weiter hinten im Kiemendarme, zwischen den beiden ersten Kiemenspaltenreihen in einer etwa gleich alten Larve sich gebildet hat. Man überzeugt sich leicht von der vollständigen Übereinstimmung beider Gebilde in ihrem Baue, wasich nicht erst weiter auszuführen brauche. Bezüglich ihrer Bildung habe ich nur den Unter- schied zu bemerken, dass der Flimmerreifen einmal stets später auftritt als der Flimmerbogen und zweitens nur allmählich vom Rücken aus an den beiden Seiten gegen den Bauch zu vorschreitet. Ich glaube nicht, dass man den letzteren Gegensatz besonders hoch wird anschlagen dürfen. Der erstere aber erklärt sich zur Genüge daraus, dass der Flimmerreifen eine phylogenetisch spätere Bildung darstellt. Die Appen- diceularien besitzen wohl das Homologon für den Flimmerbogen, aber der Flimmerreifen fehlt ihnen noch. Erst mit der Zunahme der Zahl der Kiemenspaltenreihen treten die Flimmerreifen auf, die als hintere, dem vorderen Flimmerbogen durchaus homodyname Gebilde zu be- trachten sind. Es ist das nicht ohne Wichtigkeit für die Beurtheilung der Bedeutung des Flimmerbogens selbst, über welche bekanntlich Dourn eine eigenthümliche Auffassung zur Geltung zu bringen ver- sucht hat. Ich werde in einer späteren Abhandlung Gelegenheit finden, diese Fragen eingehender zu erörtern und möchte hier nur betonen, dass die Homodynamie von Wimperbogen und Wimperreifen durchaus nicht eine echte Segmentation des Tunicatenkörpers voraussetzt. Fig. 35 endlich zeigt den Flimmerbogen einer jungen 5 mm langen Clavelina im Durchschnitte. Im Wesentlichen sind die Verhältnisse die gleichen geblieben wie im zuletzt beschriebenen Stadium. Der Bogen ist nur etwas breiter geworden und ragt tiefer in die Kiemen- darmhöhle hinein. Das Epithel ist durchaus einschichtig und trägt die Flimmern in einen cuticularen Randsaum eingebettet. Ich habe in der Figur den dem Flimmerbogen benachbarten Theil der primären Leibes- höhle bis zum äußeren ektodermalen Hautepithel eingezeichnet. Man sieht die Höhle mit einer homogenen gallertartigen Masse erfüllt, die noch sehr wenig dicht zu sein scheint und in Karmin und Hämatoxylin nur äußerst zart sich färbt. Es ist daher am zweckmäßigsten sehr dicke Schnitte anzufertigen, um sie überhaupt sicher nachweisen zu können. In der Gallertmasse befinden sich zerstreut die Mesenchymzellen; ob diese letzteren sie aber gebildet haben, vermag ich nicht zuversicht- lich zu behaupten, obwohl es mir am wahrscheinlichsten dünkt. Die 380 Oswald Seeliger, Gallerte erfüllt nun nicht vollkommen die primäre Leibeshöhle, sondern es bestehen zahlreiche Lakunen, die mit einander in Verbindung stehen und die Blutbahnen darstellen. Regelmäßig sind solche Bahnen in der Nachbarschaft des Flimmerbogens anzutreffen, wo sie sich aber, eben so wie am Endostyl, in überaus wechselnder Form und Größe zeigen. Eine kontinuirliche Endothelauskleidung fehlt noch. Zum Schlusse füge ich noch zwei Holzschnitte bei, welche Schnitte durch den linken und rechten Schenkel des Flimmerbogens einer fast ausgebildeten Form darstellen. Das Thier war 20 mm lang und zeigte RN fast reife Geschlechtsor- — ı ı gane. Auch in diesem Sta- | i dium waren die Blut- bahnen nur stellenweise von einem Endothel aus- gekleidet, ob sich in den vollständig ausgewachse- nen Thieren dieses Ver- hältnis ändert, kann ich nicht angeben, da mir En nr augenblicklich kein ge- Fig. I. Fig. II. nügend konservirtes Ma- Fig. I. Schnitt durch die rechte Seite des Flimmerbogens A V fi ht einer fast geschlechtsreifen Clavelina. 230/1. terıal zur Ver ügung steht. Fig. I. Schnitt durch den linken Schenkel desselben Flim- Auffallend ist die sehr merbogens. 230/1. f, Flimmerbogen; bl, Blutbahnen; en, Ento- 2 derm des Kiemendarmes; mz, san irimelen. verschiedene Art der Krümmung der beiden Schenkel des stark verbreiterten Flimmerbogens, die leicht zu erkennen ist, obwohl in Fig. II der Querschnitt nicht genau senkrecht ausgefallen ist. Es stehen diese verschiedenen Formen im Zusammenhange mit den Kontraktionen des Gesammtkörpers. Wo, wie in den abgebildeten Fällen, die Ingestionsöffnung eingezogen und der ganze Vorderkörper stark kontrahirt ist, erscheint in den Durchschnitten der Flimmerbogen außerordentlich tief in die Kiemendarmhöhle eingefaltet. Es ist leicht verständlich, dass die Einkrümmung nicht an allen Stellen in voll- kommen identischer Weise sich vollzieht. Ist die Ingestionsöffnung weit geöffnet und der Vorderkörper lang ausgestreckt, so bildet auch der Flimmerbogen einen nur schwächer vorspringenden Wulst. II. Bemerkungen zur Bildung des Kiemenkorbes einer solitären Ascidie (Ciona intestinalis?). Die Larven, an welchen ich die nachfolgenden Beobachtungen an- gestellt habe, zog ich im Sommer 1882 in Triest aus befruchteten Eiern Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Aseidien. 381 auf. Das Material hat seither in starkem Alkohol gelegen, erwies sich aber zur Untersuchung noch sehr wohl geeignet. Ich habe die Art da- mals als Ciona intestinalis bestimmt, möchte aber jetzt nicht mehr die Verantwortung dafür übernehmen, dass meine damalige Bestimmung richtig gewesen sei. Obwohl ich die erste Bildung der Peribranchial- bläsehen nicht habe untersuchen können, bin ich doch im Stande über die späteren Vorgänge in der Entwicklung des Kiemenkorbes Einiges vorzubringen, was vielleicht nicht ohne alles Interesse sein dürfte, und namentlich die von van BEnEDEN und Jurin beschriebene eigenthümliche Art und Weise der Kiemenspaltenbildung bei Phallusia scabroides an einer anderen Art bestätigen zu können. Fig. 36 zeigt eine festgesetzte Larve von der linken Seite. Es ist nur der vordere Theil des stoloartigen Fortsatzes an der hinteren Ven- tralseite gezeichnet, der die Festheftung vermittelt. Der Ruderschwanz der freischwimmenden Larve ist zu einem rundlichen, bräunlich ge- färbten Zellhaufen rückgebildet, der am Verdauungskanale liegt. In jüngeren festsitzenden Stadien befindet er sich in einer stärker vor- springenden bruchsackartigen Hervorwölbung der primären Leibes- höhle auswärts vom Darmkanal, in dessen Bereich er erst allmählich hineinrückt. Eine eingehendere Beschreibung des Baues beabsichtige ich aber nicht hier zu geben und möchte nur die Verhältnisse des Kiemenkorbes aus einander setzen, die übrigens die nämlichen sind wie in den durch Kowaevsky und Kuprrer bekannt gewordenen Larven. Auf der Bauchseite fällt der Endostyl auf, der eine sehr tiefe, durch die ganze Länge des Kiemendarmes sich erstreckende Furche bildet; vorn sieht man den verhältnismäßig breiten Flimmerbogen. Die Seiten- wand des Kiemendarmes ist von zwei mächtigen quergestellten Spalten jederseits durchbrochen. Sie liegen hinter einander, und eine jede er- streckt sich in dorsoventraler Richtung fast über die ganze Breite der Kiemendarmwand. Fast ausnahmslos war die vordere Kiemenspalte etwas länger als die hintere, wesshalb ich auch annehme, dass sie etwas früher auftritt. Die Richtung der Spalten ist wohl nie eine vollständig parallele. Ferner erkennt man zwischen den beiden Kiemenspalten, doch der vorderen näher liegend, jederseits eine mehr dorsal gelegene Öffnung (p) des ektodermalen Hautepithels, welche den Eingang in jedes Peribranchialsäckchen darstellt. Einen vollständigen Einblick in die anatomischen und histolo- gischen Verhältnisse erhält man aber erst durch Längs- und Quer- schnitte. Einen frontalen Längsschnitt durch ein etwas jüngeres Stadium, das aber im Wesentlichen der in Fig. 36 abgebildeten Larve gleicht, sieht man in Fig. 38. Bald hinter dem Eingange in den Kiemen- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. 95 382 Oswald Seeliger, darm trifft man die Durchschnitte durch die beiden Schenkel des Flimmerbogens, in welchen ich aber erst den Beginn einer Wimper- bildung feststellen konnte. Die Bewimperung war noch unvollständig, und viele Zellen zeigten gegen die Kiemendarmhöhle zu glatte Grenzen. Doch ist es nicht unmöglich, dass dieses Verhalten lediglich durch das lange Liegen der Larven im Alkohol künstlich hervorgerufen worden ist. Der übrige Theil der Kiemendarmwandungen wird von einem zarten Plattenepithel gebildet; auszunehmen sind nur ein Wimper- streifen in der hinteren Wand, der vom Endostyl zum Ösophaguüs führt, und die Wandungen der Kiemenspalten. In der Abbildung erscheinen diese letzteren quer durchschnitten. So wie wir es bereits für die Spalten der vorderen und hinteren Reihe der Clavelina-Larven kennen gelernt haben, sehen wir auch hier die beiden Kiemenspalten einer jeden Seite einen gleichen Winkel mit einander bilden. Den Peribranchialraum einer Seite und das Entoderm der Kiemen- spaltenregion eines gleichen Stadiums habe ich in Fig. 39 bei stärkerer Vergrößerung wiedergegeben. Man erkennt sofort die vollständige Übereinstimmung mit den entsprechenden Entwicklungsformen der Glavelina in Fig. 22 oder 28 auf Tafel 20, und danach wird wohl auch hier über die Deutung keine Unsicherheit bestehen können, dass der Peribranchialraum gänzlich vom Ektoderm ausgekleidet ist. Wichtig ist die Feststellung des ektodermalen Ursprungs für die innere Wand des Peribranchialraumes (b), welche sich zwischen den beiden Kiemen- spalten ausbreitet. Wie weit aber das Ektoderm an der Auskleidung der Spalten selbst betheiligt ist, das möchte ich hier nicht festzustellen versuchen, ohne jüngere Stadien zu kennen. Die Spaltenwan- dungen bestehen aus ziemlich hohen prismatischen Flimmerzellen und schlagen sich nach innen und außen in das Plattenepithel des Kiemendarmes beziehungsweise des Peribranchialraumes um. Zwei Querschnitte durch ein ähnliches Stadium zeigen Fig. %k0 und 41; sie sind durch die Einstülpungsstellen der beiden Peribran- chialsäckchen geführt worden. So wie normalerweise nur bei den Embryonen der Clavelina sind hier in der festgesetzten Larve die äußeren Öffnungen der Peribranchialtaschen stets von der Median- ebene dorsal noch weit entfernt. Trotzdem erkennt man bereits, wie es ausführlich von van BEnEDENn und Juin für ihre Phallusia beschrieben worden ist, dass Mesenchymzellen zur Bildung der Sphinktermuskulatur der späteren Egestionsöffnung zusammengetreten sind. Der ektodermale Ursprung der Peribranchialwandungen ergiebt sich aus diesen Quer- sehnitten mit großer Wahrscheinlichkeit. Da alle Kiemenspalten schräg zur,,Schnittrichtung verliefen, sieht man sie in den Abbildungen Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Aseidien. 383 nirgend in ihrer ganzen Länge getroffen, so dass die Zeichnungen in dieser Beziehung wenig lehrreich sind. Die weiteren Entwicklungserscheinungen habe ich nur unvoll- kommen an wenigen zum Theil nicht mehr gut erhaltenen Präparaten untersuchen können und wende mich daher gleich zur Beschreibung eines jungen Thieres, das jederseits sechs Kiemenspaltenreihen zeigt und in Fig. 37 abgebildet ist. Die beiden Peribranchialtaschen sind längst zu einem einheitlichen Raume verschmolzer, und auf der Rückenseite mündet die Kloake durch die unpaarige Egestionsöffnung nach außen. Alle sechs Reihen Kiemenspalten jeder Seite sind von einander verschie- den; sie sind nach einander gebildet worden, und da alle den gleichen Entwicklungsverlauf durchzumachen haben, stellen die jüngsten Reihen getreue Wiederholungen des jugendlichen Aussehens der älteren Spaltenreihen dar. Danach lässt sich auch für die in Fig. 37 abgebildete Form die Reihenfolge des Auftretens der einzelnen Kiemenspalten feststellen. In der hintersten, sechsten Reihe sind zwei Spalten zu sehen, welche zwar bereits vollständig von einander gesondert erscheinen, deren Ränder sich aber noch an einer kleinen Stelle berühren. Beide Spalten sind eben durch Theilung einer einzigen sehr langgestreckten ent- standen, welche die ganze Breite der Kiemendarmwand einnahm. In der fünften Reihe sind zwar auch nur zwei Spalten vorhanden, aber das vorgerücktere Stadium lässt sich doch daran erkennen, dass eine Berührung nicht mehr statt hat und ein ansehnlicher Zwischen- raum sich gebildet hat. | In der zweiten Reihe ist jede der beiden großen Kiemenspalten im Begriff sich in weitere zu zerlegen. Die dorsale hat eine Zweitheilung fast bereits vollendet, und nur an einer ganz kleinen Stelle stehen die Lumina der neugesonderten Spalten noch mit einander in Verbindung. Die ventrale Spalte theilt sich in drei Theile; der dorsale ist fast voll- kommen gesondert, während die beiden anderen erst durch eine von der hinteren Wand vorspringende Falte angedeutet sind. Die dritte Reihe erhebt sich nicht wesentlich über das Stadium der zweiten, zeigt aber doch die Verhältnisse unter einem etwas ab- weichenden Bilde. Es ist hier die ventrale Spalte, welche die Zwei- theilung fast beendigt hat, während die dorsale bereits die Andeutungen einer Viertheilung erkennen lässt. Eine tiefe mittlere Furche zerlegt die letztere in zwei Abschnitte, die aber noch unvollkommen getrennt sind, während gleichzeitig jeder der beiden, und zwar der ventrale durch eine tiefere, der dorsale durch eine flachere von der hinteren Wand ausgehende Falte, sich abermals in zwei Theile zu sondern beginnt. ee 05.’ Ne SEE a; 384 Oswald Seeliger, Weiter gebildet erweist sich die vierte Reihe, in welcher drei voll- ständig getrennte Spalten vorhanden sind. Offenbar sind die beiden dorsalen durch Theilung einer größeren entstanden. Eine jede der- selben ist aber bereits wieder im Begriffe, sich weiter zu zerlegen; in der ventralen ist die Zweitheilung bereits ziemlich vorgeschritten, die dorsale ist ziemlich unregelmäßig geformt, nur lässt sich erkennen, dass anihrem ventralen Ende eine schräg gestellte kleinere Kiemenspalte sich abschnüren wird. Die große ventrale Spalte zeigt unregelmäßige Kon- touren, aus welchen sich nur mit Wahrscheinlichkeit erschließen lässt, dass eine Zweitheilung bevorsteht. Doch sind auch hier bereits weitere Sonderungen angedeutet. Die erste Kiemenspaltenreihe endlich ist am weitesten entwickelt. Es sind fünf vollständig gesonderte Spalten zu zählen. Die beiden größeren dorsalen und die drei ventralen sind aus je einer Spalte ent- standen. Die am weitesten dorsal gelegene stellt einen lang gezogenen Querschlitz dar, in welchem ich keine Andeutungen unmittelbar be- vorstehender weiterer Theilungen wahrnehmen konnte. Die ventral von ihr gelegene zeigt dagegen ein bereits weit vorgeschrittenes Stadium der Zweitheilung. Ventral zu folgen dann zwei kleine langgestreckte Kiemenspalten, eine längere und eine kürzere, deren weitere Theilung mir unwahrscheinlich zu sein scheint. Ich möchte vielmehr annehmen, dass sie direkt zu zwei bleibenden Spalten des ausgebildeten Thieres werden, ohne das allerdings beweisen zu können!. Die am weitesten ventral zu gelegene Spalte ist wiederum schlitzförmig gestreckt, und es hat den Anschein, als ob ihr dorsales Ende zu einer kleinen Kiemen- spalte sich abschnüren wollte. Es ist nun allerdings nicht unmöglich, dass eine später auftretende Spalte eine ältere im Wachsthum und in der Entwicklung überholt, und in einem solchen Falle wird sich natürlich der Schluss vom Aus- sehen einer Kiemenspaltenreihe auf die Zeitfolge ihrer Entstehung als trügerisch erweisen. Eine derartige Unsicherheit kann besonders da bestehen, wo zwei oder mehrere Kiemenspaltenreihen einander sehr ähnlich sind und sehr nahe stehende Stadien darstellen. In dem vor- liegenden Falle ist das die zweite und dritte Reihe. Sieht man aber von der Möglichkeit einer derartigen ungleichmäßigen Entwicklung der Spaltenreihen ab, so würde sich ihre Reihenfolge des Auftretens in der ontogenetischen Entwicklung durchaus nicht mit der Reihenfolge ihrer Lagerung, von vorn nach hinten zu gezählt, decken. Am deutlichsten lässt sich der Gegensatz durch folgendes Schema vergegenwärtigen: ! Zusatz bei der Korrektur. Nach der kürzlich erschienenen Untersuchung Wiırzey’s bestätigt sich meine Vermuthung nicht. = Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Ascidien. 385 Reihenfolge der Lage von vorn u RER | 4 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 Reihenfolge des ontogenetischen Auftretens . | I | IV | II u | V | VI Für die erste, dritte, fünfte und sechste Spalte würden sich dem- nach Lage und Reihenfolge im ontogenetischen Auftreten decken. Die zeitlich an zweiter und vierter Stelle auftretenden Spalten liegen dagegen räumlich als vierte und zweite Reihe. Als eine bemerkens- werthe Thatsache ergiebt sich daraus, dass jedenfalls zwischen den beiden zuerst auftretenden Spalten neue Reihen später sich bilden. Da nun, wie wir oben gesehen haben, die innere Wand des Peri- branchialraumes in den jungen Larven zwischen den beiden ersten Spalten ektodermal ist, so folgt das auch für diesen ganzen Theil des ausgebildeten Peribranchialraumes, der von zahlreichen Spaltenreihen durchbrochen wird. Damit ist vau BEneDen’s und JuLim’s Auffassung widerlegt, dass die Innenwand des Peribranchialraumes entodermal sei. Für Phallusia scabroides sind nach den belgischen Forschern (Arch. de Biologie Bd. V, p. 620) die Beziehungen der Lage zur Zeitfolge des Auftretens der Spalten etwas andere. Sie fügen sich dem oben gegebenen Schema leicht in folgender Weise an: Reihenfolge des ontogenetischen Auftretens der Spalten von Phallusia. ....... BI BVL NOS AIR) VN Der bemerkenswertheste Gegensatz liegt darin, dass es hier die hintere und nicht die vordere der beiden ersten Kiemenspalten ist, welche am frühesten auftritt und am raschesten sich entwickelt. Wich- tig ist aber die Übereinstimmung des Ergebnisses, dass auf dem sechs- reihigen Stadium zwischen die beiden ersten Spalten zwei neue sich eingeschoben haben. Wie ich schon in den einleitenden Worten dieses Abschnittes bemerkt habe, bilden sich nach van BEneDen und Jucin, genau so wie es hier geschieht, die definitiven Kiemenspalten einer Reihe durch Theilungen aus einer einzigen schlitzförmig gestreckten Spalte. Von der entodermalen Kiemendarmwand aus bilden sich zwischen den Spaltenreihen zapfenförmige Fortsätze, welche in das Darmlumen in wechselnden Richtungen hineinragen und den Anfang zu weiteren Komplikationen im Bau des Kiemenkorbes darstellen, die ich aber nicht mehr untersucht habe. Im hinteren Abschnitte zwischen und an den jüngsten Kiemenspaltenreihen fehlen zunächst diese Fortsätze. Bei seitlicher Betrachtung der Totalpräparate bemerkt man zwischen je zwei Reihen in dorso-ventraler Richtung verlaufende Querbänder, 386 Oswald Seeliger, die dunkler erscheinen als die benachbarten Theile des Kiemenkorbes und leicht für bewimperte Reifen gehalten werden könnten, dem Wimperreifen ähnlich, der bei Glavelinalarven auftritt. Frontale Längsschnitte geben sofort Aufschluss. Fig. 42 zeigt die Zwischenregion zwischen zwei Kiemenspaltenreihen durch- schnitten; der benachbarte Theil des Peribranchialraumes und die epitheliale Leibeswand ist ebenfalls eingezeichnet worden. Im oberen Theile der Figur ist die hintere Kiemenspaltenwand der vorderen, im unteren die vordere Wand der hinteren Spalte zu sehen. Beide be- stehen aus feinen Prismenzellen, welche sehr lange Geißeln tragen. Gegen den Peribranchialraum zu schlägt sich die Wand der Kiemen- spalten in das sehr zarte ektodermale Plattenepithel um, das so ziemlich eben verläuft und nur unbedeutende wellenförmige Erhebungen und Einsenkungen aufweist. Nach der Seite des Darmlumens folgt dagegen das Plattenepithel entodermalen Ursprungs, das in rein histologischer Beziehung dem ektodermalen ganz gleicht. Zunächst verläuft es sowohl vorn als hinten eine kleine Strecke weit so ziemlich der inneren Peri- branchialwand parallel, springt dann aber in großem Bogen gegen die Kiemendarmhöhle vor, so dass zwischen je zwei Kiemenspaltenreihen in der That reifenartige Hervorwölbungen entstehen. Im Gegensatze zu dem Verhalten, das wir bei Clavelina angetroffen haben, bestehen diese Reifen aber aus einem Plattenepithel, das nur auf ihrer Höhe ein wenig verdickt ist. Eben so wenig konnte ich in diesem Stadium eine Bewimperung der Reifen erkennen. So ist also in der Mitte der Zonen, die sich zwischen je zwei Kiemenspaltenreihen ausbreiten, ein breiter Kanal geschaffen, der sich auf die primäre Leibeshöhle zu- rückbeziehen lässt und mit Mesenchymzellen erfüllt ist. Im lebenden Objekte schien es mir seiner Zeit, dass sich in diesen Blutbahnen para- sitäre gelbe Algenzellen ansammeln, doch konnte ich das jetzt nicht mehr im konservirten Materiale sicherstellen. Einen Schnitt endlich durch dieselbe Region, der gleichzeitig einen in Bildung begriffenen seitlichen Zapfen (rz) seiner Länge nach durch- schnitten hat, sieht man in Fig. 43. Bemerkenswerth gegenüber der vorhergehenden Abbildung ist die Eigenthümlichkeit, dass hier der Reifen mit verbreiterter Basis sich direkt an die Wandung der Kiemen- spalten ansetzt und die Zwischenstücke vorn und hinten fehlen. Der Seitenzapfen entspringt aus der Mitte des Reifens und besteht wie dieser aus einem sehr flachen Epithel. Der Hohlraum des Fortsatzes stellt eine Blutbahn dar und führt so wie die anderen Lakunenräume der primären Leibeshöhle freie Mesenchymzellen. Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Aseidien, 387 III. Vergleichende Bemerkungen. Aus der vorstehenden Beschreibung ergiebt sich mit vollster Sicherheit, dass in der Embryonalentwicklung der Aseidien die ge- sammte Wandung des Peribranchialraumes vom Ektoderm gebildet wird. Paarige Entodermdivertikel, welche in diesen Raum einbezogen würden, fehlen durchaus, und damit ist auch der vermit- telnde Standpunkt van BEnEDEN’s und JuLiw’s, den ich Eingangs erwähnt habe, als haltlos erwiesen. Im Gegensatze zur Embryonalentwicklung entsteht in den Ascidienknospen der Peribranchialraum aus Ento- dermdivertikeln. Ich habe früher! gemeint, dass bei Glavelina eine unpaare entodermale Peribranchialausstülpung auftrete, habe mich aber nunmehr davon überzeugt, dass ich damals ein abnormes, un- symmetrisches Verhalten für allgemeingültig gehalten, denn auch bei Clavelina sind es, wie bei allen anderen Aseidien, zwei paarige, sym- metrisch gelagerte Entodermdivertikel, welche den Peribranchialraum bilden. Die beiden Entodermdivertikel verhalten sich bei der weiteren Entwicklung im Wesentlichen ganz ähnlich wie die beiden ektodermalen Peribranchialtaschen der Embryonen. Nothwendigerweise besteht aber eine Verschiedenheit in der Bildung der Egestionsöffnung, die in den Larven durch Verschmelzung der beiden ursprünglichen Einstülpungs- stellen zu Stande kommt, in den Knospen wohl überall eine stets un- paare Bildung darstellt, an welcher das äußere Blatt sich betheiligt. Der eben aus einander gesetzte Gegensatz in der Embryonal- und Knospenentwicklung der Ascidien ist eine Thatsache, und es ist ein verkehrtes Beginnen, wenn man diese zu bezweifeln versucht, um einen theoretischen Standpunkt zu retten, der sich auf Beobachtungen stützt, die vielleicht weniger zuverlässig sind als die über den Peri- branchialraum der Ascidien. Es besteht in der That die Alternative, die van BEnEDEN und JuLin (Arch. d. Biolog. Bd. V, p. 358) als undenkbar hinstellten: entweder sind die Peribranchialräume in den durch Knospung und aus befruchteten Eiern entstandenen Individuen einander nicht homolog, oder es kann ein Organ entodermalen Ursprungs einem solchen homolog sein, das aus dem Ektoderm sich bildet. Die erste Möglichkeit wird, meine ich, ernstlich gar nicht erwogen werden können. Die Übereinstimmung beider Generationen im ganzen anato- mischen Bau der vollständig entwickelten Stadien ist gerade bei Ascidien eine nahezu vollkommene, was ich im Besonderen für Glavelina früher 1 SEELIGER, Zur Entwicklungsgeschichte der Ascidien. Eibildung und Kno- spung von Clavelina lepadiformis. Sitzungsber. der k. Akad. der Wissensch,. Wien. Bd. LXXXV. 1882. 383 Oswald Seeliger, bereits dargelegt habe. Ich habe neuerdings noch ältere solitäre Clave- linen, die aus befruchteten Eiern entstanden waren, untersuchen können und die Anlage des Zwitterapparates beobachtet, so dass nicht einmal der von Ganın behauptete Unterschied, dass nur die durch Knospung entstandenen Individuen die Geschlechtsorgane bilden, überall besteht. Speciell die Peribranchialraumwände sind in ihrem anatomischen Bau, in ihren Lagebeziehungen zu den anderen Organen, in ihrem feinsten histologischen Verhalten in beiden Generationen identisch, und wollte man ihre Homologie in Abrede stellen, so wüsste ich nicht, wie man den Begriff »homolog« definiren könnte, wenn er überhaupt noch anwendbar bleiben soll. Danach muss man sich nothgedrungen dazu verstehen, Homologien zuzugeben, auch wenn in der ontogenetischen Entwicklung die be- treffenden Organe aus verschiedenen Keimblättern hervorgehen, wie in dem vorliegenden Falle der Peribranchialraum vom Ektoderm oder auch Entoderm ausgekleidet sein kann. Eine Erklärung dieses Unterschiedes in der Knospung und Embryonalentwicklung lässt sich in der land- läufigen Art und Weise leicht vorbringen und mag einem Bedürfnis nach oberflächlicher Verständigung vielleicht genügen. Man kann von der Annahme ausgehen, dass ursprünglich in der Knospenentwicklung die Peribranchialräume eben so wie im Embryo ektodermal gebildet worden seien. Allmählich aber sei durch die zuerst auftretende Kiemenspalte jeder Seite ein entodermaler Antheil für die Peribranchial- wände selbst und nicht nur bloß für die Auskleidung der ersten Spalte herausgetreten, der sich nach und nach immer mehr ausgedehnt und den ektodermalen Antheil verdrängt habe. Dieser letztere sei nunmehr auf die Egestionsöffnung beschränkt. Die beiden ersten Kiemenspalten, aus welchen das Entoderm hervorgetreten sein müsste, würden dann den Stellen entsprechen, an welchen in den Knospen die entodermalen Peribranchialdivertikel hervortreten. Es lassen sich also unschwer die beiden extremen Fälle, wie sie gegenwärtig Embryonalentwicklung und Knospung der Ascidien aufweisen, durch eine kontinuirliche Reihe hypothetischer Übergangsstadien verbinden, und das mag für viele Grund genug sein, einen ursprünglich gleichen Entwicklungsvorgang anzunehmen. Es lässt sich aber auch ein anderer Standpunkt einnehmen. Schon beim ersten phylogenetischen Auftreten der Knospung bei den As- cidien könnte das ektodermale Hautepithel der Stammform, welches zum Ektoderm der Knospe wird, einen so ausgeprägten Grad der histo- logischen Differenzirung besessen haben, dass eine Rückkehr auf ein mehr embryonales Stadium, wie es die Bildung der Peribranchialbläs- Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Aseidien. 389 chen verlangt, unmöglich war. Die ungeschlechtliche Vermehrung wurde nur dadurch möglich, dass ein anderes Keimblatt und zwar das Entoderm in dem in die Knospe übertretenden Abschnitte embryonales Material, wenn ich so sagen darf, erhalten zeigte, welches sich zur Bildung auch solcher Organe geeignet und fähig erwies, die im Embryo ektodermal entstehen. Ich habe diesen Standpunkt in meinen früheren Arbeiten über die Knospung eingenommen und halte ihn auch jetzt noch für deneinzig richtigen. Ein vollständiger Parallelismus der Organ- entwicklung in Knospen und Embryonen besteht nicht und hat auch phylogenetisch niemals bestanden. So wie sich das Ektoderm der Ascidien-Knospen unvermögend erweist, die Peribranchialwände zu bilden, ist es auch nicht im Stande, das Nervensystem zu liefern. Kowaızvsky leitete das letztere vom Entoderm ab, was neuerdings von Hyorr bestätigt worden ist und sich damit wohl verträgt, was ich eben über den embryonalen Charakter dieses Knospentheiles erwähnt habe. Die Annahme einer Reihe konti- nuirlicher Übergangsstadien zwischen einem rein ektodermalen und entodermalen Ursprung ist weniger wahrscheinlich, und ich glaube, “ dass so wie der Peribranchialraum auch das Nervensystem gleich beim phyletischen Auftreten der Knospung aus dem inneren Keimblatte seinen Ursprung genommen habe. In meiner ersten Untersuchung (Sitzungsber. d. k. Akad. Wien, Bd. LXXXV, 1882, p. 400) habe ich aus rein theoretischen Gesichtspunkten, die ich nunmehr allerdings nicht mehr für durchaus zutreffend erachte, einen mesodermalen Ursprung des Ganglions für wahrscheinlich oder möglich gehalten. ImHinblick darauf, dass ich neuerdings mehrfach — namentlich von solcher Seite, die gern bereit ist, dem Vorgänger Fehler vorzuwerfen — kurzweg als Gewährsmann für die mesodermale Entstehung des Ganglions in den Ascidienknospen genannt worden bin, möchte ich mir doch erlauben zu bemerken, dass ich mich damals mit der denkbar größten Vorsicht geäußert habe. Es wird das durch die ganze Darstellung und im Be- sonderen durch folgende Stellen erwiesen: »Leider konnte ich keine Knospen auffinden, in welchen das erste Auftreten dieser Organe (Ganglion und Flimmergrube) hätte beobachtet werden können.... Wie gesagt, fand ich keine so jungen Stadien, aus welchen eine Zu- rückführung des Nervenrohres auf eines der Blätter mit Sicherheit zu erkennen gewesen wäre; aber zwei Gründe zwingen mich denn doch zu dem Gedanken, dass sich hier in KowaLevsky’s Anschauungen ein kleiner Irrthum eingeschlichen. « Der ganze nervöse Apparat ist bei seinem ersten Auftreten in seinen einzelnen Theilen von den umgebenden Geweben so schwer 390 Oswald Seeliger, aus einander zu halten, dass nur an der Hand der neueren technischen Hilfsmittel eine vollständig befriedigende Lösung der schwebenden Fragen möglich ist. Dasist auch der Grund, wesshalb alle älteren Unter- suchungen und auch meine ersten Angaben, die nicht an vollständigen Schnittserien gewonnen wurden, Unsicherheiten bieten. Das betrifft auch die nämlichen Vorgänge in der Embryonalentwicklung. Ich habe daher im Sommer des vorigen Jahres eine nochmalige Untersuchung vorgenommen, und meine Beobachtungen waren bereits bis auf einen einzigen Punkt abgeschlossen, als die beiden vorläufigen Mittheilungen von Hsorr! und WirreY? erschienen, mit denen sie im Wesentlichen vollkommen übereinstimmten. Daher habe ich vorläufig von einer Ausarbeitung meiner Ergebnisse abgesehen. In den Knospen der Asci- dien spielt das primäre Nervenrohr, das vom Entoderm sich bildet, die gleiche Rolle wie das vom Mesoderm entstandene primäre Nervenrohr in den Pyrosomaknospen. Ich habe 3, wie ich meine, in einer klaren und jeden Zweifel ausschließenden Weise aus einander gesetzt, wie bei Pyro- soma der Vorderabschnitt des Rohres zur Flimmergrube wird und wie das Ganglion von der Dorsalwand und die Subneuraldrüse (die sogenannte Hypophysisdrüse) auf der Ventralseite des primären Nervenrohres resp. der Flimmergrube hervorknospen. SırenskyY* hat einen abweichenden Standpunkt bezüglich der Bildung des nervösen Apparates in den vier ersten Ascidiozooiden der Kolonie eingenommen, und ich habe an einem anderen Orte5 den Gegensatz unserer Anschauungen festgestellt®. Mit der Verschiedenheit in der Entwicklungsweise des Peribran- chialraumes und der nervösen Apparate sind aber die Gegensätze von Embryonalentwicklung und Knospung der Ascidien noch keineswegs erschöpft. Ich darf aber wohl hier von einer weiteren Erörterung ab- sehen, indem ich auf die Ausführungen verweise, die ich bei früheren Gelegenheiten gegeben habe. 1 J. Hıort, Zum Entwicklungsceyclus der zusammengesetzten Ascidien. Zool. Anz. 4892. p. 328, 2 A. WıLLey, On the development of the Hypophysis in the Ascidians. ibid. p. 332. 3 SEELIGER, Zur Entwicklungsgeschichte der Pyrosomen. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Bd. XXIII. 1889. * SıLEnsky, Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. Zool. Jahr- bücher. Bd. V. 5 SEELIGER, Bemerkungen zu Herrn Prof. Sırensky's Beiträgen zur Embryo- nalentwicklung der Pyrosomen. Zool. Anzeiger 4892. Nr. 385. 6 Es ist mir daher geradezu unverständlich, wie Angesichts dieser klaren Sachlage Hıorr (p. 330) dazu kommt, meine Auffassung Herrn SıLensky, mir aber irgend eine andere zuzuschreiben. Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Aseidien. 391 Nach einer anderen Richtung scheinen mir die vorliegenden Unter- suchungen und im Besonderen die über Qlavelina geeignet zu sein, die Bedeutung der Kloake klarzustellen. Vorausschieken möchte ich nur die Bemerkung, dass ich nach wie vor den Standpunkt vertrete, es seien die Verhältnisse, die die Appendicularien in ihrem Kiemendarme auf- weisen, als die der Stammform aller Tunicaten am nächsten stehenden aufzufassen. Danach hätten also zunächst zwei Kiemenspalten be- standen, je eine rechts und links gelegene, durch welche die Verbin- dung der Kiemendarmhöhle mit je einer tiefen ektodermalen Einstül- pung hergestellt wurde. Das Vorhandensein dieser letzteren werde ich in einer demnächst folgenden Untersuchung bei den Appendicularien erweisen. Sie entsprechen den beiden Peribranchialeinstülpungen der Ascidienembryonen. Bei den Appendicularien treten die ektodermalen Einstülpungen seitlich und zwar sehr weit ventral zu auf, was wahr- scheinlich bereits auf eine sekundäre Verschiebung in dieser letzteren Richtung innerhalb des Appendicularienstammes zurückzuführen ist; bei den Ascidienembryonen liegen sie ausnahmslos mehr dorsal, und die weiteren ontogenetischen Stadien zeigen eine immer weiter gegen den Rücken zu vorschreitende Verschiebung bis zur Vollendung der medianen Vereinigung. Van BENEDEN und Jun lassen diese letztere dadurch zu Stande kommen, dass eine neue und von den Peribranchialeinstülpungen un- abhängige Einsenkung der dorsalen Leibeswand erfolge, in welche die Peribranchialsäckchen mittels ihrer ursprünglichen beiden Öf- nungen einmünden. »Quant ä la cavite cloacale, qu’il convient de di- stinguer des cavit&s peribranchiales, comme le montre si bien l’histoire delaPhallusie scabroide, elle n’est qu’une depression de laparoi du corps dans laquelle debouchent les cavites p6ribranchiales« (Arch. d. Biol. VI. p- 425). Diesen Process, den sie in der ontogenetischen Entwicklung der Aseidien festgestellt zu haben glauben, beziehen sie auf einen phylo- genetischen: die den ektodermalen Einstülpungen der Appendicularien vergleichbaren Gebilde »debouchent dans une d&pression medio-dorsale de la surface du corps (cloaque) chez les autres Tuniciers«. Wie ich oben für Clavelina aus einander gesetzt habe, giebt es eine solche von den Peribranchialeinstülpungen unabhängige dorsale Ein- senkung der Leibeswand nicht. Die äußeren Öffnungen der Peribran- chialsäckehen münden weiterhin nicht etwa in einen besonderen Raum, sondern bleiben bestehen und vereinigen sich zur definitiven Egestions- öffnung. Gerade dieses letztere Verhalten tritt bei der von den belgischen Forschern untersuchten Phallusia klar und deutlich hervor. Die beiden Hälften der Sphinktermuskeln für die Egestionsöffnung 392 Oswald Seeliger, legen sich an jeder Öffnung der Peribranchialeinstülpungen getrennt an und rücken mit diesen immer weiter dorsal gegen die Medianebene zu. Bei der Clavelina ist das viel weniger deutlich zu erkennen. Dazu kommt ferner, dass bei Phallusia scabroides die sechs Lappen, welche die Egestionsöffnung umstellen, ebenfalls in zwei Hälften zu je drei ganz getrennt angelegt werden. Wenn die beiden Einstülpungsstellen der Peribranchialbläschen noch weit von einander abstehen, bilden sich an den Rändern derselben je drei Lappen, die allmählich dorsalwärts wandern, bis füglich die Vereinigung zu einem sechslappigen Kranze vollzogen ist. Damit haben also van BENEDEN und Jurin so klar, wie es überhaupt nur gefordert werden kann, bewiesen, dass die alten Ränder der beiden getrennten Öffnungen der Peribranchialeinstülpungen die Egestionsöffnung umgrenzen und dass also die Kloake nicht durch eine neue dritte Einstülpung sich bildet. Durch den oben geführten Nach- weis, dass ein Unterschied bezüglich der Antheilnahme der Keimblätter in den Wandungen des dorsalen und der seitlichen Abschnitte des be- reits vereinigten Peribranchialraumes nicht besteht, ist ein weiterer Grund, der die belgischen Forscher zu ihrer Auffassung veranlasst hat, beseitigt. Endlich haben van BENEDEN und JuLın darin einen wesent- lichen Gegensatz zwischen den seitlichen Peribranchialräumen und der dorsalen diese letzteren vereinigenden Kloake gefunden, dass die Klo- akenwand nichts Anderes sei, als ein Theildes ursprünglichen ektoder- malen Hautepithels der Larve... »il est clair que l’epithelium qui constitue le fond de ce cloaque, n’est autre chose que cette partie de l’epiblaste de la larve qui se trouvait interpos6e entre les orifices bran- chiaux externes et qui s’est successivement aflaissee« (Arch. d. Biol. V. p.362). Ich kann aber darin keinen Gegensatz erblicken, denn die sich einstülpenden Zellen der beiden jungen Peribranchialbläschen (vgl. Fig. I) haben ja ursprünglich ebenfalls im ektodermalen Epithel der äußeren Leibeswand gelegen. Eben so wie die Zellen der Wände in den seitlichen Theilen des Peribranchialraumes Folgegenerationen ursprüng- licher Hautzellen des Embryos darstellen, ist das auch mit denen der medianen Partie der Fall, nur dass die Einstülpung hier später aufgetreten ist. Das dorsale Hautepithel der Larve rückt durchaus nicht unver- ändert in die Tiefe, um den Kloakenboden zu bilden, sondern die von Zell- theilungen begleiteten Vorgänge gleichen durchaus denjenigen, welche in den Seitentheilen vorausgegangen sind. Bestände ein Gegensatz in dem von VAN BENEDEN und Juin angenommenen Umfange, so müsste man er- warten, dass die Zellen des Kloakenbodens sowie die des Hautepithels im Unterschiede zu denen im seitlichen Peribranchialraume einen Cellu- losemantel bilden, oder sich gleich mit einem solchen einsenken. Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Ascidien. 393 Ich bin demnach der Ansicht, dass zwischen dem dorsalen Ab- schnitte des Peribranchialraumes (der Kloake) und den seitlichen Theilen ein so tiefgreifender Gegensatz, wie ihn van BENEDEN und JuLin an- nehmen und worin ihnen auch Sırensky gefolgt ist, nicht besteht. Egestionsöffnung und Kloake sind, sowie es noch gegenwärtig die onto- genetische Entwicklung zeigt, auch phylogenetisch nicht etwa aus einer besonderen medianen Einstülpung hervorgegangen, in welche die beiden seitlichen Peribranchialsäckchen, die bereits bestanden haben, sekundär sich geöffnet hätten, sondern sie kamen dadurch zu Stande, dass die beiden Peribranchialbläschen sich dorsal zu ausbreiteten und die beiden Öffnungen und die angrenzenden proximalen Abschnitte sich mit einander verbanden. Zum Schlusse möchte ich noch einige Bemerkungen, auf die zum Theil allerdings schon von früheren Autoren, im Besonderen von vAn BENEDEN und Juris, hingewiesen worden ist, hinzufügen. Sie betreffen die Be- deutung der zweiten Art der Kiemenspaltenbildung, die oben für Ciona intestinalis beschrieben wurde. Als ein feststehendes Ergebnis der Untersuchungen muss es be- trachtet werden, dass in der Embryonalentwicklung sowohl bei manchen einfachen Ascidien (Ciona intestinalis, Phallusia scabroides) als auch bei gewissen zusammengesetzten (Botryllus, nach den Unter- suchungen von GArstane!) eine Kiemenspaltenreihe aus einer primären, großen Spalte (Protostigma) hervorgeht, während bei anderen Arten eine jede bleibende Kiemenspalte der ausgebildeten Form sich selbständig anlegt. In wie weit die eine und die andere Entstehungsweise auf be- stimmte Familien oder Gruppen beschränkt ist, lässt sich augenblicklich. noch gar nicht recht übersehen, wiewohl es immerhin möglich er- scheint, dass dieser Gesichtspunkt für die Systematik nicht ohne Be- deutung sein werde. Es liegt nämlich überaus nahe, die Formen, bei welchen eine Kiemenspaltenreihe ontogenetisch aus einer primären großen Querspalte entsteht, phylogenetisch von solchen Vorfahren her- zuleiten, welche — wie das z. B. gegenwärtig noch bei den Pyrosomen der Fall ist — nur eine Reihe segmental hinter einander liegender Spalten besessen haben, deren jede auf jeder Seite vom Bauch bis zum Rücken sich erstreckte. Jede Kiemenspalte der Pyrosomen entspricht dann einer queren Kiemenspaltenreihe der Ascidien, obwohl man, wie 1 GARSTANG, »On the development of the stigmata in Asceidians«. Proceed.Roy. Society. Vol,LI. 41892. Ich kenne aber diese Untersuchung nur aus dem Referate in: Journ. Microsc. Societ. 1892, Part, 6, p. 773, auf welches ich von befreundeter Seile aufmerksam gemacht worden bin, 394 Oswald Seeliger, ich meine, desshalb nicht wird versuchen dürfen, von den Pyrosomen selbst die Ascidien abzuleiten. Würde nun auch die zweite Entwicklungsweise der Kiemen- spaltenreihen, wie sie z. B. die Ontogenie der Clavelina zeigt, palinge- netisch sein und auf einen gleichen phyletischen Ursprung hindeuten, so müsste eine ganz ähnliche Endform des Ascidien-Kiemenkorbes zweimal selbständig aus einem appendicularienähnlichen Vorfahren- stadium sich gebildet haben. Höchstens könnte man eine solche Form als letzte Stammform postuliren, in welcher einige, vielleicht nur zwei, kleinere und hinter einander gelegene Spalten jederseits vorhanden waren. Nach der einen Richtung würde die Entwicklung sich so ge- staltet haben, dass die Spalten sich quer über die ganze Breite des Kiemendarmes vergrößert und dann in einzelne in Querreihen ange- ordnete kleinere Kiemenspalten zerlegt hätten. In der zweiten Ent- wieklungsreihe wären die Spalten klein geblieben, und neben ihnen würden, zu Querreihen angeordnet, neue selbständig entstanden sein. In beiden Typen konnte natürlich in den bestimmten Weisen eine nachträgliche Vermehrung der Reihen erfolgen. Ich glaube jedoch, man wird nur dann daran denken können, die beiden ontogenetisch verschiedenen Bildungsarten der Kiemenspalten- reihen auf verschiedene phylogenetische Processe zu beziehen, wenn es sich in der That erweisen sollte, dass sie bei solchen Arten, die man aus vergleichend-anatomischen und bestimmten anderen entwicklungs- geschichtlichen Gründen bisher als nahe Verwandte betrachtet hat, nicht neben einander vorkommen, sondern auf zwei auch anatomisch ver- schiedene Gruppen der Ascidien vertheilt sind. Doch scheint mir gegenwärtig nur wenig Aussicht vorhanden zu sein, dass Letzteres in der That stattfindet. Es dürfte darauf besonders der Umstand hinweisen, dass auch bei Synascidien und zwar für Botryllusembryonen dieselbe Art der Entstehung der Kiemenspalten durch Garstang nachgewiesen wurde, die bei Ciona und Phallusia auftritt. Denn trotz des Vor- kommens von besonderen Eigenthümlichkeiten in der Knospung der Botrylliden würde ich es mit dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnis der Tunicaten nicht recht vereinbar halten, die Botrylliden von den übrigen Synaseidien zu trennen und in die nächste Beziehung zu den Phallusien zu bringen. Ich halte den Standpunkt GiArv’s und Drascne’s, dass in einem natürlichen Systeme der Aseidien die einfachen und zusammengesetzten Formen nicht in zwei Gruppen getrennt werden dürften, aus den bereits früher entwickelten Gründen auch jetzt noch für nicht gerechtfertigt, da bisher weder der Beweis erbracht worden ist, dass unter den Ascidien die Knospung mehrere Male selbständig Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Aseidien. 395 entstanden ist, noch nachgewiesen wurde, dass die solitären Formen ursprünglich sich ebenfalls ungeschlechtlich vermehrt, dieses Vermögen aber später wieder verloren hätten. Demnach halte ich es für wahrscheinlicher, dass die beiden in der Ontogenie auftretenden Bildungsarten der Kiemenspalten nicht auf zwei phylogenetisch ganz verschiedene und auf zwei gesonderte Asci- dienstämme beziehbare Processe zurückzuführen seien, sondern nur Modifikationen Eines solchen darstellen. Wie dieser letztere wohl vorzu- stellen sei, darüber möchte ich mich hier nicht weiter aussprechen, weil ich es vermeiden möchte, das Gebiet rein hypothetischer Muth- maßungen zu betreten. Nur das Eine möchte ich hervorheben, dass es a priori wahrscheinlicher ist, es stelle die bei Clavelina auftretende Bildungsweise eine cänogenetisch verkürzte Form jener anderen dar. Dafür würde, obwohl diese Thatsachen gar nicht besonders stark ins Gewicht fallen, die von Garstang betonte Entwicklungsweise von Botryllus sprechen, bei welcher Form die Kiemenspalten im Embryo nach Art von Ciona, in den Knospen nach dem Typus der Clavelina entstehen. Auch dafür ließen sich übrigens Gründe finden, dass dieser letztere Typus der Kiemenspaltenbildung als ein phylogenetisch spä- terer bei der Vermehrung der Spalten auch an solchen Formen aufge- treten sei, die ihren Kiemenkorb anfänglich auf die Weise der Ciona entwickelt hatten. Was die Bildungsweise der Kiemenspalten bei Phallusia und Ciona im Besonderen noch anbelangt, so wird man van BENEDEN und JuLın wohl Recht geben müssen, wenn sie ausführen, dass die Reihen- folge des Auftretens der Spalten sich mit den Vorstellungen über die Bildungsweise echter Segmente kaum in Übereinstimmung bringen lässt. Sowohl die von den belgischen Forschern gegebene Reihe II, IV, V,1, 1, VI als die für Ciona gültige I, IV, III, I, V, VI (vgl. p. 385 dieser Abhandlung) zeigt für die ersten Kiemenspaltenreihen durchaus nicht das für die Segmentation charakteristische Auftreten der jüngsten seg- mentalen Bildungen am Hinterende. Freilich können Intercalationen neuer Segmente zwischen älteren wohl stattfinden; doch handelt es sich hier nicht um eine derartige zufällige Interpolation, sondern um eine bei verschiedenen Formen in identischer Weise auftretende Ein- lagerung zweier neuer Spalten zwischen die beiden ältesten. 396 Oswald Seeliger, Nachschrift. Erst nach Vollendung der vorliegenden Untersuchung erschien eine Abhandlung von A. Wırzzy (Studies on the Protochordata. I. On the origin of the branchial stigmata, praeoral lobe, endostyle, atrial cavi- ties etc. in Ciona intestinalis with remarks on Clavelina lepadiformis. Quart. Journ. Microse. Sc. Bd. XXXIV. 1893), in welcher zum Theil die nämlichen Fragen an denselben Objekten behandelt werden, wie es oben von mir geschehen ist. Bezüglich der Entstehung des Peribranchialraumes der Clavelina bestätigt WıLLey im Gegensatze zu van BENEDEN und JuLın meine älteren Angaben und vermisst sowohl einen entodermalen Antheil in den Peribranchialwänden als auch eine besondere ektodermale Kloakalein- stülpung. Diese Frage kann somit als erledigt gelten. Weit ausführlicher sind Wırrry’s Mittheilungen über die Entwick- lung des Kiemenkorbes bei Ciona intestinalis. Die beiden ersten Spalten jeder Seite, die bereits in einem jüngeren als dem von mir in Fig. 36 gezeichneten Stadium gesondert zu erkennen sind, leitet er durch Theilung von einer ab. Doch ist zu bemerken, dass ihn dazu mehr theoretische Gründe als Beobachtungen veranlassen, da er in überzeugender Weise eine derartige Entstehungsweise nicht gesehen hat. So wie ich es oben aus einem älteren Stadium mit sechs Kiemen- spaltenreihen erschlossen habe, geht aus den beiden ersten Spalten jeder Seite in der That die erste und vierte Reihe hervor. Bemerkens- werth aber ist Wırıry’s Angabe, dass die zweite und dritte Reihe nicht, wie ich auf Grund von van BENEDEN’S und JuLin’s Untersuchungen ange- nommen habe, aus zwei an diesen Stellen selbständig auftretenden Per- forationen hervorgehen, sondern aus zwei quergestellten Kiemenspalten sich bilden, welche sich von den beiden zuerst aufgetretenen ab- schnüren. Diese Sonderung erfolge aber nicht etwa in der Weise, dass die der Lage nach erste Spalte die zweite bilde, die dritte dagegen sich von der vierten abschnüre, sondern » the slits II and Ill are, howe- wer, not distinet productions of I and IV respectively, but are essenti- ally ajoint production of the two latter slits« (p. 322). Diese Entstehungsweise der Spalten II und II ist für Wırrey mit ein Grund, die beiden ersten aus einer gemeinsamen hervorgehen zu lassen. Be- züglich der fünften und sechsten Kiemenspaltenreihe stimmen wieder unsere Angaben überein. Doch sei nochmals betont, dass ich selbst keine gut erhaltenen Zwischenstadien von Larven mit zwei und vier Über die Entstehung des Peribranchialranmes in den Embryonen der Aseidien. 397 Kiemenspalten habe untersuchen können und dass mir auch keine älte- ren Thiere als das in Fig. 37 abgebildete zur Verfügung standen. Nach Wirzev’s Untersuchungen würde die Weiterentwicklung und die Bildung der definitiven Kiemenspalten in anderer Weise erfolgen als ich es nach VAN BENEDEN’S und Juriw’s Angaben vermuthet hatte. Die folgenden Reihen sollen nämlich nicht als selbständige Perforationen sondern durch Quertheilung aller Spalten der bereits gebildeten ersten sechs Kiemenspaltenreihen entstehen. Danach würden also bei Ciona in- testinalis sämmtliche Kiemenspalten jeder Seite aus drei hinter einander liegenden » primary gill-slits« abzuleiten sein, eine Entwicklungsweise, die Wırıry als eine rein palingenetische betrachtet. So gelangt er dazu, für sämmtliche Tunicaten eine mit drei Kiemenspalten ausgestattete Urform zu postuliren, durch welche die Verbindung mit Amphioxus und den Vertebraten hergestellt werde. Da aber die Appendicularien nur eine Kiemenspalte jederseits besitzen, muss er sie als rückgebildete Formen betrachten. Meinen durchaus abweichenden Standpunkt will ich an dieser Stelle nicht erst besonders aus einander setzen und ver- theidigen, zumal ich an einem anderen Orte Gelegenheit finden werde, dies ausführlicher zu thun als es hier angemessen wäre. Nur auf einen schwachen Punkt in Wırızy’s Beweisführung möchte ich hier gleich hinweisen. Er betrifft die Art und Weise, wie bestimmte Vorgänge in der ontogenetischen Entwicklung der Ciona intestinalis als palingeneti- sche aufgefasst werden und wie auf eine mit drei Spaltenpaaren ver- sehene Vorfahrenform der Tunicaten geschlossen wird. Wirızy (p. 328) erwähnt selbst die Möglichkeit, dass nicht sämmt- liche Kiemenspalten der ausgebildeten Ciona durch Theilungen aus den drei primären jeder Seite entstehen, sondern dass einige direkt als besondere Perforationen auftreten, welch letzteres Verhalten als ein cänogenetisches aufzufassen sei. Danach wäre also die ontogenetische Entwicklung des Kiemenkorbes der Ciona nicht in allen Phasen palin- genetisch und die Frage wohl berechtigt, warum gerade die Bildung der sechs ersten Spaltenpaare dem phylogenetischen Processe genau entsprechen soll. Bei Clavelina bilden sich alle Kiemenspalten, welche meist zu sehr zahlreichen Querreihen angeordnet sind, aus gesondert auftretenden Perforationen. In den Embryonen der Botrylliden entstehen selbständig zahlreichere primäre Querspalten, welche sich durch Theilungen in die definitiven Kiemenspaltenreihen verwandeln; bei Pyrosomen endlich bildet sich ebenfalls jede der zahlreichen Querspalten aus einer selb- ständigen Perforation, ohne sich aber weiterhin noch in kleinere zu zerlegen. Alle diese Entwicklungsarten betrachtet Wırrrv selbst als Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bad. 96 398 Oswald Seeliger, cänogenetische und führt die zahlreicheren Spalten und Spaltenreihen auf drei ursprüngliche, hinter einander gelegene zurück. Es erlaubt also in diesen Fällen, seiner Ansicht nach, die Zahl der gesondert auftretenden primären Querspalten nicht, auf die ursprüngliche Anzahl der segmental angeordneten Kiemenspalten zu schließen. Wenn aber bei Botryllus, Pyrosomen und bestimmt noch bei einer großen Anzahl anderer Formen cänogenetische Erscheinungen zu einem zahlreicheren Auftreten von pri- mären selbständigen Spalten in der ontogenetischen Entwicklung führen, so wird man eine überzeugendere Beweisführung, als WıLLery sie gegeben hat, dafür verlangen müssen, dass nicht auch bei Ciona ähnliche Verhält- nisse vorliegen, sondern dass hier das selbständige Auftreten der fünften und sechsten Spalte palingenetisch allen Tunicaten gemeinsam sei. Lässt sich dieser Beweis nicht führen, und meiner Meinung nach ist er gar nicht zu erbringen, so erscheint Wırıry’s Annahme, dass die Stammform aller Tunicaten jederseits drei primäre Kiemenspalten besessen haben müsse, hinfällig. Man gelangt dann vielmehr zu einer Urform mit nur einem einzigen Kiemenspaltenpaare, und damit tritt die hohe phylo- genetische Bedeutung der Appendicularien in ihr volles Recht. Berlin, im Februar 1893. Erklärung der Abbildungen. Buchstabenbezeichnung. a, äußere, b, innere Wand des Peribranchialraumes; bl, Blutbahnen; c, Cellu- losemantel; cl, Kloake, dorsaler Theil des Peribranchialraumes nach Vereinigung der beiden Peribranchialbläschen; ch, Chorda; e, Egestionsöffnung; ec, ektoder- male Leibeswand; ed, Enddarm; en, entodermaler Theil der Kiemenspaltenwan- dung; Entoderm; ep, Endostylfortsatz = vAn BENEDEN’s Epicardium; es, Endostyl; f, Flimmerbogen; fg, Flimmergrube, sog. Hypophysis; fr, Flimmerreifen; g, Gan- glion der ausgebildeten Form; gı, Ganglion des Embryos und der freischwimmen- den Larve, sog. Rumpfganglion ; gd, Subneuraldrüse, sog. Hypophysisdrüse; h, Haft- papillen; hz, Herz; i, Ingestionsöffnung; k, Kiemenspalte; mit k,, ka, ka ...... sind die auf einander folgenden Spalten der vorderen, mit k1, kız, KIII..... die der hinteren Reihe bezeichnet; kd, Kiemendarm;; I, primäre Leibeshöhle; Im, Längsmuskel ; lz, Lippenzapfen; m, Magen; md, Mitteldarm; mz, Mesenchymzellen; n, dorsaler Nervenstrang, der aus dem embryonalen Nervenrohr sich bildet; nr, Nervenrohr, resp. Sinnesblase des Embryos und der freischwimmenden Larve; o, Augenanlage der Larve; oe, Ösophagus;; p, Peribranchialraum, rechtes oder linkes Peribranchial- bläschen = KowaArzvsky’s Kloakalbläschen ; pc, Perikardium; rz, Rückenzapfen und seitliche Zapfen des Kiemendarmes; rm, Ringmuskeln der Ingestions- und Ege- stionsöffnung; sm, Schwanzmuskel;; t, darmumspinnende Drüse. Sämmtliche Abbildungen sind mit der Aser’schen Camera lucida entworfen worden. Die Entfernung des Spiegels vom Zeichentisch betrug 20 cm. Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Aseidien.. 399 Tafel XIX, Alle Abbildungen beziehen sich auf Clavelina lepadiformis und sind Schnitt- serien entnommen. Konservirt wurde in KLEINENnBERG scher Pikrinschwefelsäure, gefärbt in Hämatoxylin. Die angewendete Vergrößerung betrug — in so fern nicht ein anderes Maß angegeben ist — 355/4, Zeıss, Obj. E, Oc. 2. Fig. 4. Schnitt durch die linke Peribranchialeinstülpung aus einer frontalen Längsschnittserie durch einen jungen Embryo. Fig. 2. Schnitt durch die Einstülpungsstelle eines vorgerückteren Stadiums des linken Peribranchialraumes. Fig. 3. Schnitt durch das distale Blindende einer gleich weit vorgeschrittenen linken Peribranchialeinstülpung. Fig. 4. Die Region des linken Peribranchialraumes aus einem frontalen Längs- schnitte durch einen älteren Embryo. Bildung des ersten Kiemenspaltenpaares. Fig. 5. Schnitt durch ein fast gleich weit entwickeltes Stadium einer Peri- branchialeinstülpung. Fig. 6—8. Aus einer schräg geführten Querschnittserie durch einen älteren Embryo; die Region der rechten Peribranchialeinstülpung. Fig. 7 u. 8 sind durch einen Zwischenschnitt getrennt. Es wurde von hinten nach vorn zu geschnitten. Fig. 9 u. 40, Zwei Schnitte durch die rechte Peribranchialeinstülpung eines älteren Embryos. Die Schnittrichtung ist eine derartige, dass die beiden Kiemen- spalten sich nicht in ihrer ganzen Ausdehnung auf einem Schnitte übersehen lassen. Fig. 9 zeigt den rechten Divertikel des Kiemendarmes, der zur Kiemenspalte führt, als ein vollkommen abgeschlossenes Lumen. Fig. 40, durch einen Zwischenschnitt von der vorhergehenden Figur getrennt, zeigt das hintere dorsale Blindende des Peribranchialsäckchens. Fig. 44. Schnitt durch die Vereinigungsstelle der beiden Peribranchialbläs- chen, Bildung der Egestionsöffnung im letzten Embryonalstadium, kurz vor Sprengung der Follikelhaut. 230/4. Fig. 42. Die dorsale Vereinigungsstelle der beiden Peribranchialbläschen aus einem medianen Längsschnitte durch eine freischwimmende Larve. Fig. 43. Paramedianer Längsschnitt durch den rechten Rand der Egestions- öffnung einer freischwimmenden, etwas entwickelteren Larve. Die Egestionsöff- nung stellt einen quergestellten, auf fünf Schnitten nachweisbaren Schlitz dar. Fig. 14. Paramedianer Längsschnitt aus derselben Serie, zwei Schnitte weiter nach rechts zu. Fig. 45. Querschnitt durch die Region der Peribranchialsäckchen einer frei- schwimmenden Larve. Die beiden Öffnungen sind dorsal noch ansehnlich weit von einander entfernt. 445/A. Fig. 46—48. Aus einer frontalen Schnittserie durch eine freischwimmende Larve die Region des rechten Peribranchialsäckchens. Fig. 16. Der Schnitt hat die zweiten Kiemenspalten der vorderen und hinteren Reihe getroffen. Fig. 47. Ein dorsal zu folgender Schnitt. In der hinteren Reihe ist die Stelle kenntlich, an welcher im nachfolgenden Schnitte die erste dorsale Spalte (kz) geöffnet erscheint. Fig. 18. Drei Schnitte dorsal zu von Fig. 47 entfernt. Die erste Kiemenspalte der vorderen Reihe (k,) ist an ihrer weitesten Stelle durchschnitten. 26* 400 “ Oswald Seeliger, Tafel XX. Fig. 19—35 beziehen sich auf Clavelina. Fig. 49—21 sind nach Totalpräpa- raten, alle anderen nach Schnitten gezeichnet. Es wurde, mit den besonders er- wähnten Ausnahmen, bei 355facher Vergrößerung gezeichnet, in Pikrin-Schwefel- säure konservirt und in Hämatoxylin gefärbt. Fig. 19. Festsitzende Larve mit spiralig eingerolltem Ruderschwanze (Chorda, Nervenrohr und Muskelblätter,. Die Ektodermbekleidung des letzteren ist am äußersten Körperende zu einem Zellhaufen zusammengezogen, der nach und nach resorbirt wird. Der Mantel des Schwanzes haftet der Larve nur noch lose an und wird später abgeworfen ; nur sein proximaler Theil ist eingezeichnet worden. 95/4, Boraxkarmin. Fig. 20. Vorderende einer älteren festsitzenden Larve, um die Beschaffenheit des Kiemenkorbes zu veranschaulichen. Der gesammte Ruderschwanz ist zu einem dorsal vom Magen liegenden Zellhaufen rückgebildet. 145/4, Überosmiumsäure, Pikrokarmin. Fig. 21. Ein Theil des Kiemenkorbes einer beträchtlich älteren Larve. A 45/4, Alkohol absol., Pikrokarmin. Fig. 22—24. Aus einer frontal geführten Längsschnittserie durch eine fest- sitzende Larve, die entwickelter ist als das in Fig. 49 abgebildete Stadium. Nur die Region des rechten Peribranchialraumes ist gezeichnet. Pikrinsäure. Fig. 22. Der Schnitt ist durch die zweiten Kiemenspalten beider Reihen geführt. Fig. 23. Der Schnitt hat die jüngsten, noch unvollkommen entwickelten fünf- ten Spalten getroffen. > Fig. 24. Der ventral zu folgende Schnitt. Fig. 25. Querschnitt durch dienoch weite Egestionsöffnung einer jungen fest- sitzenden Larve. 230/14, Pikrinsäure. Fig. 26. Querschnitt durch die bereits vereinigten Peribranchialsäckchen einer fast gleich alten Larve dicht hinter der Egestionsöffnung. 230/41, Pikrinsäure. Fig. 27. Querschnitt durch die bedeutend verengte Egestionsöffnung einer etwas entwickelteren Larve. Pikrinsäure. | Fig. 28. Aus einem frontalen Längsschnitte durch einen Kiemenkorb, der dem in Fig. 24 abgebildeten Stadium nahezu gleicht. Es sind zwei genau hinter einan- der liegende Spalten, die dem ventralen Ende des linken Peribranchialraumes nahe stehen, ihrer Länge nach durchschnitten. Alkohol absol. Fig. 29 u. 30. Zwei einander nahe liegende, in derselben Richtung geführte Schnitte durch ein gleich altes Stadium. Das äußerste Ventralende des Peribran- chialraumes ist durchschnitten. Fig. 34. Aus einem Querschnitte durch die Region der vorderen Kiemen- spaltenreihe einer festgesetzten 4 mm langen Clavelina. 445/4, Alkohol absol. Fig. 32. Frontaler Längsschnitt durch den Flimmerbogen einer festgesetzten Larve, die nur wenig entwickelter ist als das in Fig. 419 abgebildete Stadium. Fig. 33. In gleicher Richtung geführter Schnitt durch den Flimmerbogen einer Larve, die etwas älter ist als das in Fig. 20 gezeichnete Stadium. Fig. 34. Längsschnitt durch die dorsale Kiemendarmwand einer Larve, die dem in Fig. 20 abgebildeten Stadium entspricht. Die Flimmerreifen zwischen den beiden Kiemenspaltenreihen ist quer, der dorsale Nervenstrang der Länge nach durchschnitten. + Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Ascidien. 401 Fig. 35. Schnitt durch den Flimmerbogen einer jungen 5 mm langen Clave- lina. Alkohol absol. Fig. 36—43 beziehen sich auf Ciona intestinalis (?). Fig. 36 u. 37 sind nach Totalpräparaten gezeichnet worden, alle anderen stellen Schnitte dar. Fig. 36. Junge festsitzende Larve nach Rückbildung des Ruderschwanzes zu einem Zellhaufen. Die beiden Peribranchialräume sind noch vollständig getrennt; in jeden derselben öffnen sich zwei quer gestellte Kiemenspalten (jede entspricht einer Spaltenreihe bei Clavelina). Überosmiumsäure. 175/1. Fig. 37. Ein junges Thier mit sechs noch unvollständig entwickelten Kiemen- spaltenreihen. Jede Reihe ist aus einer langgestreckten Spalte hervorgegangen. Alkoh. absol, 70/4. Fig. 38. Frontaler Längsschnitt durch ein ähnliches Stadium wie Fig. 36, Osm. 230/1. | | Fig. 39. Die Region des linken Peribranchialsäckchens aus einem ähnlichen Schnitte bei stärkerer Vergrößerung. Osm. Fig. 40. Querschnitt durch ein ähnliches Stadium in der Höhe der Öffnungen der beiden Peribranchialeinstülpungen. Osm. 230/1. Fig. 44. Drei Schnitte weiter gegen das Hinterende zu; aus derselben Serie. Nur die linke Hälfte ist gezeichnet. 230/A. Fig. 42. Aus einem frontalen Längsschnitte durch das in Fig. 37 abgebildete Thier die zwischen zwei benachbarten Kiemenspaltenreihen gelegene Region. Fig. 43. Aus derselben Serie ein Schnitt durch die nämliche Region mit einem seitlichen, in das Kiemendarmlumen vorspringenden Zapfen. Über Doliolum denticulatum und eine neue dieser Art nahe verwandte Form aus dem atlantischen Ocean. Von Dr. A. Borgert (Kiel). Mit einer Textfigur. Die Bearbeitung der geographischen Verbreitung der von der Plankton-Expedition heimgebrachten Thaliacea bot für mich die Ver- anlassung, mich näher mit der Gattung Doliolum zu beschäftigen. Es stellte sich dabei heraus, dass in Bezug auf Doliolum dentieulatum in der Litteratur eine gewisse Verwirrung herrscht, die theils durch die unnöthige Änderung der Speciesbenennung von Seiten Kronv’s, theils durch Versehen späterer Autoren entstanden ist. Ich werde im Folgen- den versuchen, die fehlerhaften Angaben zu berichtigen und muss zu diesem Zwecke auf die Geschichte unserer Kenntnis der genannten Art eingehen. Im Jahre 1835 beschrieben Quoy und GAmarnp! unter dem Namen Doliolum denticulatum eine kleine freischwimmende Tunicaten-Art, die sie in der Banda-See auf der Rhede von Amboina und später auch an der Küste der Insel Vanikoro während der Forschungsreise des »Astro- labe« gefischt hatten. Allein sowohl die von ihnen gegebene Beschrei- bung als auch die beigefügten Figuren sind so unzureichend, dass eine sichere Identificirung mit einer anderen Art nicht ausführbar ist. Als dann später Huxıry auf der Reise der »Rattlesnake« (1846—1850) im südpacifischen Ocean zwischen Sydney und Neu-Seeland eine Do- liolum-Speecies beobachtete, die er mit der von den französischen Fer- schern beschriebenen Form für identisch hielt — was auch nach meiner Ansicht höchst wahrscheinlich der Fall ist — gab er unter der von Quoy und GammarD eingeführten Speciesbezeichnung eine genaue Be- schreihung sowie sorgfältige Abbildungen der von ihm eingehender i Voyage de decouvertes de l’Astrolabe (4826—1829). Zoologie. Tome Ill, Paris 1835. p. 599 ff. Pl. LXXXIX, Fig. 25—28. Über Doliolum dentie. u. eine neue dieser Art nahe verw. Form aus d. atlant. Ocean. 403 untersuchten Exemplare!. Zweifellos identisch mit Huxıey’s Dol. denti- culatum scheint mir das von Kroun? im folgenden Jahre (1852) beschrie- bene Dol. Ehrenbergii aus dem mittelländischen Meer zu sein®. Obgleich Kroun in dieser Form Quov und Gamarp’s Dol. denticulatum erkannte, so änderte er doch den Speciesnamen in Ehrenbergiüi um, da er densel- ben »in so fern für unpassend« hielt, »als die Vordermündung auch bei den anderen Arten durch die Läppchen wie gezähnelt erscheint«. Urianın, welcher im Jahre 1884 eine Monographie der Doliolum-Arten des Golfes von Neapel veröffentlichte, glaubte in einer von ihm im mittelländischen Meere beobachteten neuen Art, die er als Dol. Gegen- bauri bezeichnet?, Huxrzy’s Dol. denticulatum wieder zu erkennnen. Abgesehen davon, dass in diesem Falle der ältere Name Huxıry’s die Priorität haben würde, zumal wenn man wie Urianin, Quoy und GAI- marv’s Dol. denliculatum als »zweifelhafte Art« ausscheiden würde, so zeigt doch schon ein Vergleich der Abbildungen, dass es sich hier um zwei verschiedene Arten handelt. Die Lage der Kieme, des Endostyls, des Hodens, alles Dies ist so gänzlich verschieden bei beiden Formen, dass es mir unmöglich ist, Urianin’s Ansicht zu theilen. Eben so ver- mag ich nicht einzusehen, wesswegen Urranın bei Dol. Ehrenbergü Krohn die von Kronun gegebene Diagnose abändert. Aus der Beschrei- bung und den Abbildungen, welche Kronn giebt, geht deutlich hervor, dass die Kieme nicht, wie Urıanın schreibt (l. c. p. 132), »an der Bauch- seite in der Nähe des ersten Muskelreifens angeheftet« ist, sondern sich nur bis an den dritten Muskelreifen nach vorn erstreckt. Dass die von Hrrnman® (1887) als Dol. denticulatum bezeichnete, von Murray während der Fahrt des »Triton« im nordatlantischen Ocean gefischte Form zu einer bis dahin unbekannten Art gehört, hat Ersterer bereits selbst in seinem Bericht über die Challenger-Tunicaten ! Remarks upon Appendicularia and Doliolum, two genera of the Tunicata. Philos. Transact. of the Royal Society of London. 4854, Part II. p. 600ff. Pl. XVIII, Fig. 5—9. 2 Über die Gattung Doliolum und ihre Arten. Archiv f. Naturgesch. 18, Jahrg. Bd. I. 4852. p. 57 Anm. 3 Ich stehe hiermit im Gegensatz zu HEerpmAn, welcher (Chall. Rep. Zoology, Vol. XXVII, Report on the Tunicata, Part III) HuxLey’s Dol. denticulatum und Dol. Ehrenbergiü Krohn als besondere Arten auffasst und von einander trennt, während schon KEFERSTEIN und Enters (Zool. Beiträge 1864) sowie später auch GRoBBEN (Arb. a. d. Zool. Inst. d. Univ. Wien 1882) beide Formen unter dem Namen Dol. denticu- latum Quoy und Gaimard vereinigten, * Fauna und Flora des Golfes von Neapel. Monographie X. 1884. p. 134. Pl. VII, Fig. 5. 5 cf. auch HerpmAn, Report on the Tunicata. Part III. p. 43. 6 Transactions of the Royal Society of Edinburgh. Vol, XXXII 14887. p. 404. 404 A, Borgert, (1888) hervorgehoben und derselben den Namen Dol. tritonis gegeben. In Bezug auf Dol. Ehrenbergü Krohn finden sich in diesem Werke je- doch dieselben irrthümlichen Angaben wie bei ULianın. Zwar weist Herpman in einer Anmerkung (p. 46) auf den Widerspruch hin, der zwi- schen Urianin’s Beschreibung von Dol. Ehrenbergiüi Krohn und den An- gaben von Krrerstein und ErLers über Dol. deniiculatum — welche die beiden genannten Forscher als identische Arten anführen — besteht, doch geht er nicht auf die Arbeit Kronn’s zurück, sondern giebt sowohl in seiner Beschreibung als auch in der schematischen Abbildung von Dol. Ehrenbergü Krohn ULsniw’s fehlerhafte Angabe über die Lage der Kieme bei dieser Art wieder. Auch die anderen Unterschiede, die HERDMAN anführt, scheinen mir nicht vollgültig zu sein. Was z.B. Herpman über die Zahl der Stigmata sagt (l.c. p. 46), welche bei Dol. Ehrenbergii zahlreicher (bis 45 an jeder Seite) sein sollen als bei Huxzey's Dol. denti- culatum, kann ich nicht bestätigen. Die Abbildung, welche Huxıry giebt (l. ec. Taf. XVII, Fig. 5), weist im Gegentheil eher eine noch größere Zahl auf!. Eben so soll wohl nach Herpman’s Ansicht bei Dol. Ehren- bergii der Endostyl etwas kürzer sein als bei Dol. denticulatum, doch zeigt ein Vergleich der von Kerersteiın und Eners (l. e. Taf. IX, Fig. A und 2) und Grossen (l. c. Taf. I, Fig. 4) veröffentlichten Abbildungen, dass in Bezug auf die Länge dieses Organs kleine individuelle Schwan- kungen bei derselben Species vorkommen, die vielleicht nur auf ver- schieden starke Kontraktion bei der Konservirung zurückzuführen sind. Endlich muss ich leider Hrrpman auch darin widersprechen, dass nach seiner Angabe (l. c. p. 45) bei Huxrey’s Dol. denticulatum die Mund- öffnung nur von ungefähr neun Läppchen umstellt sein soll. Zwar lassen Huxıey's Abbildungen nicht genau die Zahl derselben erkennen, doch enthält seine Beschreibung (l. c. p. 600) die Bemerkung, dass die vordere Öffnung mit etwa zwölf abgerundeten Zähnchen versehen sei. Das einzige Merkmal, durch welches sich Huxzey’s Dol. denticulatum von Dol. Ehrenbergüi Krohn, zugleich aber auch von allen bisher beschrie- benen Doliolum-Arten unterscheiden würde, könnte man vielleicht in der Ausbildung einer größeren Zahl feiner Fortsätze, die nach Huxıry die hintere Körperöffnung umgeben, erblicken. Allein es handelt sich in diesem Falle offenbar um einen kleinen Beobachtungsfehler, der auf die zarte Längsstreifung der hinteren Läppchen zurückzuführen ist. Durch die Übereinstimmung der ganzen inneren Organisation dürfte die Identität der beiden in Rede stehenden Formen zur Genüge sicher gestellt sein. ! Huxter's Beschreibung enthält keinerlei Angabe über die Zahl der Stigmata. Über Doliolum dentie. u. eine neue dieser Art nahe verw. Form aus d, atlant. Ocean. 405 Im Folgenden habe ich für Doliolum denticulatum die Synonyma zusammengestellt, wie sie sich entsprechend den obigen Ausführungen ergeben: | Doliolum denticulatum Quov et GaımanD, Voyage de l’Astrolabe Zoologie. Tome II. 1834—1835. p. 599. Doliolum denticulatum Q. u.G. Huxıev, Philosophical Transact. Part I. 1851. p. 600 ff. Doliolum denticulatum Q. u. G. Kroun, -Archiv f. Naturgesch. 18. Jahrg. Bd. I. 1852. p. 57. Doliolum denticulatum Q. u. G. Kererstein u. Esters, Zoologische Bei- träge. 1861. p. 65. Doliolum denticulatum Q. u. G. GrosBBEn, Arbeiten aus d. Zool. Inst. d. Univ. Wien, Tom IV. 1882. p. 6ff., p. 74. Doliolum denticulatum Q. u. G. Herpxwan pro parte, Challenger Report. Zoology. Vol. XXVII. Report on the Tunicata. Part III, p. #4. Doliolum Ehrenbergü Krosn, Archiv für Naturgesch. 18. Jahrg. Bd. 1. 1852. p. 57 Anm. Nicht Doliolum denticulatum Q. u. G. Herpman, Transact. Roy. Soc. of Edinb. Vol. XXXI. 1887. p. 101. Nicht Doliolum Ehrenbergii K. Urranın, Fauna und Flora des Golfes von Neapel. Monogr. X. 1884. p. 132. Nicht Doliolum Ehrenbergi K. Herpman, Challenger Report. Zoology. Vol. XXVII. Rep. on the Tunicata. Part III. p. 46. Nicht Doholum Gegenbauri Uuianın, Fauna u. Flora des Golfes von Nea- pel. Monogr. X. 1884. p. 134. Um in Zukunft Verwechslungen zu vermeiden, dürfte es am zweck- mäßigsten sein, den Namen Dol. Ehrenbergü Krohn als unnöthige Ab- änderung der ursprünglichen Bezeichnung vollständig fallen zu lassen und durch die ältere (Dol. denticulatum Q. u. G.) zu ersetzen, sowie für die mit kleinen Mängeln behafteten Darstellungen der älteren Autoren ! die genauen Beschreibungen und Abbildungen zu substituiren, welche KerERSTEIN und EnLers sowie GRoBBEN von Dol. denticulatum geben. Die Beschreibung von Dol. denticulatum — ich beschränke mich hier auf das Geschlechtsthier — lautet kurz etwa folgendermaßen: Mantel dünn, von fester Konsistenz. Die an der Rückenseite bei dem zweiten Muskelreifen, gewöhnlich ein wenig vor demselben, befestigte Kieme erstreckt sich bis in den fünften Intermuscularraum nach hinten, ! Auch Kronn’s Abbildungen sind nicht ganz einwandfrei. So schlägt sich z. B. bei Fig. 1 und 2 die Kieme erst hinter dem sechsten Muskelreifen nach vorn um, 406 A, Borgert, wo sie sich nach vorn umschlägt und an der ventralen Seite des Thieres bei dem dritten Muskelringe endigt. Endostyl etwa vom zweiten bis zum vierten Muskelbande reichend. Darm gebogen, After in der Nähe des sechsten Muskelreifen auf der rechten Seite in halber Körper- höhe mündend. Ovarium im sechsten Intermuscularraum gelegen. Hoden von gestreckter kolbenförmiger Gestalt und wechselnder Länge, parallel zur Längsachse des Körpers verlaufend. — Länge bis 6 mm!. Ehe ich meine Ausführungen über Dol. denticulatum schließe, möchte ich noch kurz auf einen Punkt hinweisen. Bei mehreren Auto- ren finden sich in den Diagnosen oder Bestimmungstabellen bestimmte Angaben über die Länge des Hodens, der nach den übereinstimmenden Angaben von Kronun, GRoOBBEN und ULianin bei dieser Species sich bis zum vierten Muskelreifen nach vorn erstrecken soll. Ich hatte Gelegen- heit, in dem reichen Material der Plankton-Expedition Exemplare von Dol. denticulatum in den verschiedensten Entwicklungsstadien des Hodens zu beobachten. Bei manchen Individuen reichte derselbe kaum bis an den fünften Muskelring, bei zahlreichen anderen dagegen bis an den zweiten, oder bei noch anderen gar bis zwischen den ersten und zweiten Muskelreifen nach vorn. Schon Huxıry erwähnt (l. c. p. 602), dass der Hoden bei den von ihm untersuchten Exemplaren von Dol. denticulatum je nach dem Alter des Individuums eine verschiedene Größe hatte und auch Kerersteın und Enters weisen (l. c. p. 63) auf ‚die wechselnde Länge dieses Organs hin. Es erscheint mir daher richtiger in den Diagnosen derartige bestimmte Angaben über die Länge des Hodens fortzulassen, da dieselben eher geeignet sind, die Genauigkeit der Beschreibung zu beeinträchtigen als zu erhöhen. Doliolum nationalis n. sp. Die neue Doliolum-Art, die ich im Folgenden in Kürze beschreiben werde, und die ich nach dem Dampfer der Plankton-Expedition Dolio- lum nationalis nennen werde, ist eine dem Dol. denticulatum nahe ver- wandte Form. Sie unterscheidet sich von letzterem hauptsächlich durch die Lage der Kieme. Während nämlich bei Dol. denticulatum die Kieme an der ventralen Seite des Thieres sich bis an den dritten Muskelreifen nach vorn erstreckt, ist dieselbe bei Dol. nationalıs zwischen dem vierten und fünften Muskelringe befestigt. Es war dieses Verhalten bei den zahlreichen von mir untersuchten Exemplaren ein so konstantes, dass ich kein Bedenken trage, Dol. nationalıs als neue ! Die größten Exemplare fand ich in dem von Herrn Kapitän Brunn im süd- atlantischen Ocean, südlich vom Kap der guten Hoffnung (18° 20’ ö, L., 34° 52’ s, Br.) gefischten Material. ’ F Über Doliolum dentie. u. eine neue dieser Art nahe verw. Form aus d. atlant. Ocean. 407 Art der Zahl der Doliolum-Species einzureihen. In Bezug auf die an- deren Organe herrscht allerdings eine auffallende Übereinstimmung mit Dol. denticulatum. Dagegen ist die Verbreitung der beiden Formen in dem vom »National« durchfahrenen Gebiete eine ziemlich ver- schiedene. So wurde Dol. denticulatum von der Plankton-Expedition vom Floridastrom an in allen durchforschten Strömungsgebieten, Ja, nahezu an jeder Station gefischt, während Dol. nationalis seine haupt- sächlichste Verbreitung im Gebiete des Nordäquatorialstromes, im Pr mr 5 | en N Die Figur stellt ein Individuum der geschlechtlichen Generation von Doliolum nationalis n. sp. von der ventralen Seite gesehen dar. A, Auswurfsöffnung; Ak, äußere Körperwandung (Mantel); An, After; Br, Kieme; D, Darm; E, Einfuhröffnung (Mund); End, Endostyl; H, Herz; Ik, innere Körper- wandung; Le und La, Läppchen der Mund- und Auswurfsöffnung; M, Muskelreifen; Mg, Magen; Mr, Mundrinne; N, Nervencentrum; Oes, Ösophagus; Ov, Ovarium; 7, Hoden; Wb, Wimperbogen. Guineastrome und im Südäquatorialstrome zeigt. Am zahlreichsten waren die Fänge, welche Dol. nationalis enthielten, auf der Strecke zwischen den Gapverden und Ascension; die anderen Fundorte liegen mehr zerstreut, beschränken sich aber auf den für Dol. dentigulatum angegebenen Verbreitungsbezirk. In einzelnen Strömungsgebieten, wo Dol. denticulatum vorkommt (Floridastrom, Sargasso-See), scheint jedoch Dol. nationalıs vollkommen oder nahezu vollkommen zu fehlen. Dagegen fand es sich andererseits an einzelnen Orten, wo erstere Art nicht gefangen wurde, so z. B. an Station 30. X der Plankton-Expedition im südlichen Arm des Golf- stromes. Hier bildete unsere neue Doliolum-Art in Gemeinschaft mit 408 A. Borgert, Über Dol. dentic. u. eine neue dieser Art nahe verw. Form a. d. atlant. Ocean. einer anderen (Dol. Krohni Herdm.)! einen sehr diehten Schwarm, auf welchen die Steigerung der für die quantitativen Planktonfänge aufgestellten Volumenkurve? an dieser Stelle zurückzuführen ist. Da ich in den »Ergebnissen der Plankton-Expedition« ausführlicher über Dol. nationalis berichten werde, so will ich hier nicht auf Einzelheiteu eingehen und zum Schluss nur noch eine kurze Beschreibung des Ge- schlechtsthieres dieser Art geben. | Dol. nationalis, Mantel dünn und von fester Konsistenz, Kieme dorsal bei dem zweiten Muskelreifen angeheftet und nach hinten stark vorgewölbt, ventral zwischen dem vierten und fünften Muskel- reifen befestigt. Endostyl zwischen dem zweiten und vierten Muskel- ringe gelegen. Darm gebogen und hinter dem sechsten Muskelreifen auf der rechten Körperseite ausmündend. Ovarium im sechsten Inter- muscularraume. Hoden von gestreckter kolbenförmiger Gestalt und wechselnder Länge, parallel zur Längsachse des Körpers verlaufend. — Länge 3 mm und darüber. Kiel, im April 1893. 1 cf. Reisebericht der Plankton-Expedition, p. 42 u. 359. 2 ef. ebendaselbst Taf. I. Über die Hautdrüsen der Amphibien. Von Philippos Nicoglu aus Stenimachos (Bulgarien). Mit Tafel XXI—XXII. (Aus dem Institute für vergleichende Anatomie, Embryologie und Histologie des Herrn Geh. Rath v. KöLLıkEr.) Eine Reihe gelegentlicher Beobachtungen an den Hautdrüsen der Tritonen gaben den Anstoß zu den in den nachfolgenden Blättern beschriebenen Untersuchungen !. Es fanden sich nämlich in den von den Autoren sogenannten Giftdrüsen Bildungen, welche aufeine unter ganz besonderen Formen sich abspielende Epithelregeneration bezogen werden mussten. Ein Vergleich mit den in der Litteratur bereits vor- handenen Angaben ergab ferner, dass die erwähnten Befunde voll- kommen allen bisherigen Berichten über die in den Giftdrüsen der Amphibien vor sich gehenden Regenerationsprocesse widersprachen. Ich habe mich demnach bemüht, diese Angelegenheit, die mir ein be- sonderes Interesse zu haben schien, für die Gattung Triton möglichst nach allen Richtungen hin zu verfolgen, sei es, dass bei diesen Thieren besondere Verhältnisse vorliegen, oder sei es auch, dass die früheren Untersucher, Carmers (5), Seek (48) und P. Scaurtz (46), welche sich im Übrigen vorwiegend mit den Batrachiern beschäftigten, irgend welchen Irrthümern zum Opfer gefallen sind. Außer den Giftdrüsen sind von den Autoren im Anschluss an ‘ Engermanv’s (14) Untersuchungen für die Haut der Amphibien auch Schleimdrüsen beschrieben worden?. Gift- und Schleimdrüsen sind 1 Inaugural-Dissertation unter Leitung des Herrn Dr. M. HeıpenuAın, Über die Ergebnisse meiner Arbeit ist eine vorläufige Mittheilung von Seiten des Herrn Dr. HeıpenHanm in den Sitzungsber. der Physikal.-medicin. Gesellsch. zu Würzburg veröffentlicht worden (17). 2 Von den Zehendrüsen und von der Glandula abdominalis Duvsrnoy’s sehe ich in meiner Arbeit vollkommen ab. 410 Philippos Nicoglu, nach diesen Beschreibungen dem allgemeinen Baue nach völlig über- einstimmende Organe von der äußeren Form einer diekbauchigen Flasche. Der Flaschenhals stellt den Ausführungsgang vor; dieser soll bei den kleineren Drüschen ganz innerhalb der Epidermis gelegen sein und nur bei den größeren Drüsen wird ein »Halsstück« unter- schieden, welches noch innerhalb der Lederhaut befindlich ist; nach abwärts schließt sich dann der das secernirende Epithel beherbergende eigentliche Drüsenkörper an, welcher von kugliger Gestalt ist oder bei den großen Drüsentypen wohl auch eine mehr sackartige Form (z. B. in der sog. Parotis des Salamanders) aufweisen kann. Bei einer genaueren Durchsicht der Litteratur zeigte sich nun weiterhin, dass schon bezüglich des bloßen histologischen Aufbaues der in Rede stehenden Drüsen noch immer eine große Reihe kontroverser Fragen ihrer Erledigung harren. An diesen konnte und durfte ich nicht vorübergehen; denn für Denjenigen, der die Frage nach den na- türlichen Verhältnissen des Zellersatzes im Drüsenepithelzu der seinigen macht, ist eine genaue Kenntnis der Zusammensetzung des ganzen Or- gans im Gröberen und Feineren eine unerlässliche Vorbedingung. Während die vorliegende Untersuchung bereits im Gang war, er- schien dann eine Arbeit von Leypıe (31), in welcher die Zulässigkeit der für die secernirenden Organe in der Haut der Amphibien seit etwa 20 Jahren üblichen Unterscheidung von Schleim- und Gift- drüsen bestritten wurde. So war ich gezwungen, trotzdem es meine anfängliche Absicht nicht war, über Schleimdrüsen zu arbeiten, die Frage, ob man Recht oder Unrecht daran that zwei getrennte Reihen specifisch verschieden funktionirender Drüsenorgane anzunehmen, von Neuem zu behandeln, — dies trotz der Bemühungen so vieler mir vor- angegangener Autoren. Indessen habe ich meine Untersuchungen nach der bezeichneten Richtung hin nur so weit ausgedehnt, bis es mir gelang den physiologischen Charakter jeder einzelnen Drüse in jedem einzelnen Präparate mit Sicherheit zu erkennen. Nachdem ich so weit gekommen war, habe ich dann weiterhin meine Studien auf diejenige Serie von Drüsen beschränkt, deren völlig ausgebildete Formen als Typus der Giftdrüsen bereits allgemein bekannt sind. Die physiologischen und toxikologischen Untersuchungen über das Sekret der Giftdrüsen setzen bereits eine eigene Litteratur zusammen, und ich möchte aus diesem Grunde, ehe ich meine mikroskopischen Wahrnehmungen zur Darstellung bringe, vor allem Anderen aus der Litteratur Einigesüber die Wirkung des Giftes berichten. Ich lasse hier nur Leyvıs und GrATIoLeET zu Worte kommen; eine ausführ- liche Zusammenstellung der älteren hier einschlagenden Litteratur findet Über die Hautdrüsen der Amphibien. 411 der Leser bei ZaLEsky (51); der neueste Bearbeiter von physiologischem Gesichtspunkte aus ist Roserr (27). In seinem Werke über die allgemeinen Bedeckungen der Amphibien (32, p. 218) bespricht Lrypıe zunächst die klebrigen Eigenschaften des Hautsekretes und fährt dann fort: »Dann ist aber zweitens das Sekret ein Vertheidigungsmittel. Der frisch ausquellende Saft ist scharf, ätzend, wirkt betäubend und, in den Magen gebracht, kann er den Tod herbeiführen. Selbst die Haut unserer Hand röthet sich, unter Auftreten eines brennenden Gefühls, wenn wir uns'längere Zeit mit einem lebendigen Laubfrosch oder einem Molch zu schaffen machen. So oft ich ferner die Ohrdrüse der lebenden Kröte für meine Zwecke untersuchte, reizte der Inhalt die Nasenschleimhaut zu fortwährendem Niesen, wie wenn ein starker Schnupfen im Anzug wäre.« »Die be- treffende Wirkung des Sekretes scheint besonders während der Fort- pflanzungszeit erhöht zu sein. Ich besuchte gegen Ende April wieder- holt in der Abenddämmerung einen Tümpel, in dem sich Bufo variabilis und B. calamita zahlreich des Laichgeschäftes wegen eingefunden hatten. Die äußerst lebendigen und behend herumschwimmenden Thiere ließen, herausgefischt, ihren Saft reichlich abfließen, von dessen flüchtigen Stoffen sich nicht nur die Schleimhaut des Auges, der Nase und des Rachens getroffen fühlte, sondern es meldete sich auch Betäubtheit und Eingenommenbheit des Kopfes, so dass ich die Jagd immer früher aufgab als im Plane lag. « GRATIOLET und Crozz (14 u. 15) machten Vergiftungsversuche mit den frischen Giften von Salamandra und Bufo. Sie fanden, dass das milchige Hautsekret von Salamandra in geringen Mengen bei Vögeln unter die Haut gebracht eine tödliche Wirkung nach sich zog; die Thiere starben in einer Zeit von 3 bis 25 Minuten, und zwar nach dem Voraufgehen schrecklicher Konvulsionen. Kleine Säugethiere bekamen Konvulsionen, starben aber nicht. Das Krötengift, in ähnlicher Weise zur Anwendung gebracht, tödtete Vögel in kurzer Zeit, doch traten hier Krampferscheinungen nicht ein. Aus diesen Versuchen besonders geht hervor, dass das Hautsekret der Amphibien außerordentlich starke toxische Eigenschaften haben muss, eine Thatsache, die um so bemerkenswerther ist, als ja die Zahl derjenigen Wirbelthiere, welche scharfe Gifte produeiren, im Ganzen eine geringe ist. An dieser Stelle erinnere ich daran, dass viele Am- phibien durch auffallende Widrigkeitsfärbungen ausgezeichnet sind, so vor Allem der gefleckte Salamander, die Tritonen, Bombinator igneus und andere. 412 Philippos Nicoglu, Zur Behandlung meines Themas übergehend bespreche ich zu- nächst, einem guten Brauche folgend, Material und Methoden der Untersuchung. Ich habe alle bei uns in Deutschland einheimischen Tritonenspecies unter dem Messer gehabt (Triton alpestris, cristatus, helveticus, taeniatus), jedoch wurden die Detailbeobachtungen fast ausschließlich an Tr. al- pestris zur Ausführung gebracht. Im Folgenden beziehen sich daher alle Einzelbeschreibungen auf diese Species, sofern ich mich nicht ausdrücklich auf andere Arten berufe. Daneben habe ich zur weiteren Vergleichung gelegentlich auch Präparate von Sala- mandra maculata hergestellt. Anfangs untersuchte ich Hautstrecken von den verschiedensten Körpertheilen, späterhin habe ich es bequem gefunden mich an die Untersuchung der Haut auf den Kloakenlippen zu halten. Wenn man die hinter dem Becken ventralwärts von der Wirbel- säule gelegene Gewebepartie, welche den äußeren Kloakenspalt samt dem hinteren Ende der Kloake enthält, im Zusammenhang abträgt, so erhält man nach der Paraffineinbettung leicht schneidbare Stücke, wobei dann auf den Schnitten nach der Vornahme färberischer Ver- suche die verschiedensten Gewebeformen zur Vergleichung bereit liegen. Außer der Epidermis und der Cutis und den reichlich ent- wickelten Hautdrüsen findet man in solchen Präparaten die Kloaken- wand mit ihrer starken Muskulatur und ihrem theils flimmernden, theils verschleimten Oberflächenepithel vor. Ferner bekommt man bei den Männchen immer Theile der Beckendrüse, Bauchdrüse und Kloaken- drüse zu sehen; weiter nach vorn hin erreicht man auch die Nieren. Bei den Weibchen trifft man auf die Receptacula seminis von SIEBOLD’S und gelegentlich auch auf die hier nur rudimentär entwickelte Bauch- drüse. Fixirt wurden die Stücke in koncentrirter Pikrinsäure- oder Sublimatlösung; darauf folgte eine sorgfältige Nachhärtung in Al- kohol von steigender Koncentration und schließlich durch Vermittelung von Xylol, Terpentinöl oder am besten Bergamottöl die Einbettung in Paraffın. Die Schnittdieke wurde für die feineren Untersuchungen bis auf 6 u herabgedrückt. Hierbei möchte ich gleich bemerken, dass an den Leibern der von Lryvıe sogenannten »Riesenzellen« sich un- gemein leicht Schrumpfungen produeiren. Ferner zerdrückt und zer- stückt man diese Zellen sehr leicht auch bei dem sorgfältigsten Paraffin- schnitt, namentlich da die Herstellung feinerer Schnitte unbedingt die Einbettung in hartes Paraffin erfordert. Diese Zellen haben meiner Über die Hautdrüsen der Amphibien. 413 Meinung nach eine ähnliche fatale Schnittkonsistenz wie die dotter- reichen Eier der Amphibien. Die Schnitte wurden fast durchgängig unter Zuhilfenahme des heizbaren Tischehens mittels destillirten Wassers auf dem Ob- jektträger fixirt. Die Färbung erfolgte im Stück oder im Schnitt. Die Stückfärbung beschränkte sich auf die Anwendung des Alaunkarmins und des reinen Hämatoxylins mit nachheriger Extraktion in 1°/,iger Alaun- lösung. Im ersteren Falle wurden die in Sublimat erhärteten und in Alaunkarmin während 24 bis 438 Stunden durchgefärbten Stücke mit Pikrinsäure-haltigem Alkohol extrahirt. Man erhält eine Tinktion, welche guten Pikrokarminfärbungen gleichwerthig ist. Verschmäht man die Anwendung der Pikrinsäure, so muss der Überschuss der Farbe während weiterer 24 Stunden mit destillirtem Wasser ausgewaschen werden. Diese Färbungen geben brauchbare und reinliche Übersichts- bilder; das Gleiche gilt von der oben genannten Hämatoxylin-Alaun- färbung. — Wurden die Stücke in Sublimat fixirt, so soll man sich die kleine Mühe nicht verdrießen lassen die auf dem Objektträger be- festigten Schnitte in jodhaltigem Alkohol für kurze Zeit (15 Minuten bis eine halbe Stunde) aufzustellen; man entfernt damit auf die leich- teste Weise die bekannten üblen Sublimatniederschläge vollständig. Während sonst auch bei gut ausgewässerten Sublimatstücken die Niederschläge noch hinterher, nach Monaten, in den in Balsam aufge- stellten Schnitten sich einzustellen pflegen, hat man hier bei den mit dünner Jodlösung auf dem Objektträger behandelten Schnitten die Ga- rantie, dass etwas Derartiges nie vorkommen wird: die Präparate bleiben stets sauber und rein. Die beiden bisher genannten Färbungen stellen im Wesentlichen Kernfärbungen vor. Handelte es sich um die Darstellung der Strukturverhältnisse im Protoplasma des Zellleibes, so zog ich meist die Brionpr’sche Lösung und die Hämatoxylineisenfärbung zu Rathe. Die Bıoxpı’sche Lösung wurde nach einigen neuerdings gege- benen Vorschlägen behandelt (19, p. 116). Danach werden die Schnitte auf dem Objektträger zuerst angesäuert, dann mit Jodtinktur behandelt und erst hinterher während 12 bis 24 Stunden gefärbt. Eine Extraktion der Schnitte ist nicht nöthig; sie werden mit destilliriem Wasser und Ale. abs. abgespült und können sogleich in Balsam aufgestellt werden. Sehr wesentliche und durch kein anderes Mittel völlig ersetzbare Dienste haben mir die Hämatoxylin-Eisenlackfärbungen von M. Hrınpznumaın geleistet (19, p. 118). Die Vorzüge des Verfahrens bestehen einmal in der außergewöhnlichen Schärfe und Distinktion der Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Ba. 97 414 Philippos Nicoglu, mikroskopischen Bilder und zweitens lassen sich mit diesem Mittel viele Dinge specifisch darstellen, die bei anderen Färbungen nur in höchst mittelmäßiger Art färberisch hervorgehoben werden können. Das Ver- fahren ist dabei leicht auszuüben und gleicher Zeit so biegsam, dass man nur selten einen Schnitt völlig verliert. Die Figuren 5, 6, 7, 8, 15 und 17 sind nach Eisenlackpräparaten gezeichnet und geben zugleich die natürlichen Färbungsverhältnisse wieder: die meisten Struktur- theile innerhalb der Gewebe, die sich überhaupt bei Anwendung dieser Methode färben, nehmen eine intensiv schwarze Farbe an. Was die Ausübung des Verfahrens anlangt, so möchte ich noch bemerken, dass ich dasselbe in höchst einfacher Weise zur Ausführung brachte. Die in jodhaltigem Alkohol extrahirten Schnitte (von in Sublimat fixirten Stücken) wurden während 1 bis 3 Stunden in einer 411/,0/,igen Lösung von Eisenalaun aufgehellt, dann mit Wasser kurz abgespült und in weiteren 12 bis 24 Stunden mit einer !/°/,igen Lösung von Hämatoxilinum purissimum behandelt. Danach zeigen sich die Schnitte total schwarz und undurchsichtig, können aber in der oben genannten Eisenlösung leicht aufgehellt und differenzirt werden; während der Differenzirung muss der Schnitt ab und zu bei schwacher Vergrößerung angesehen werden, bis der gewünschte Färbungseffekt eingetreten ist. Die Farbe ist konstant in sauren, neutralen und alka- lischen Schnitten. Ich habe ferner als protoplasmafärbendes Mittel mehrfach das Bordeaux R in Anwendung gezogen. Es ist dies ein ausgezeichneter Farbstoff, vorausgesetzt, dass er richtig behandelt wird. Will man schöne Protoplasmafärbungen erzielen, so muss mit einer 1°/,igen Lösung gearbeitet werden; ferner müssen die Schnitte aus der Farbe sofort in absoluten Alkohol übertragen werden. Obgleich an feinen Schnitten hierbei zu gleicher Zeit eine recht ansehnliche Kernfärbung erzielt wird, die beim Gebrauche guter Immersionen völlig tauglich erscheint, so ist es im Allgemeinen doch gerathener, die betreffenden Schnitte zuvor mit Bönmer’schem Hämatoxylin zu tingiren. Im weiteren Verlaufe meiner Untersuchungen stellte sich das Be- dürfnis heraus eine größere Reihe von Mucinfärbungen herzu- stellen; über die färberischen Hilfsmittel, welche diesem Zwecke dienten, wird weiter unten berichtet werden‘ Es ist selbstverständlich, dass ich mein Objekt, die Hautdrüsen, auch in frischem Zustande untersucht habe. Hier kann ich vor Allem ein schon berühmt gewordenes Objekt, die Nickhautdrüsen des Frosches, empfehlen. Die Nickhaut ist in der That in Folge der glasartigen Durchsichtigkeit der sie zusammensetzenden Gewebe in Über die Hautdrüsen der Amphibien. 415 wundervoller Weise für das Studium geeignet. — Mit Macerations- und Isolationsversuchen habe ich im Ganzen wenig Glück gehabt. Man hat eben heut zu Tage im Allgemeinen doch nicht mehr die Geduld, wochen- und monatelange Bemühungen an derartige Präparationen zu setzen, wie man das früher thun musste, weil man andere Hilfsmittel nicht kannte, oder wenigstens den derzeit vorhandenen Konservirungs- und Färbungsmethoden noch nicht in dem Grade trauen durfte als dies heute der Fall ist. Daher haben auch eine ganze Reihe von Unter- suchern, namentlich der 60er Jahre, an der Hand der gedachten ein- facheren Mittel bei Weitem mehr erreicht als ich auf eben demselben Wege erzielen konnte. Im Übrigen muss ich auf der anderen Seite die Bemerkung machen, dass die kritiklose Benutzung der modernen histo- logischen Technik in einigen in mein Gebiet einschlagenden Arbeiten zu ‘schwerwiegenden Irrthümern geführt hat. Sofern nicht zu der bloßen Ausübung der in der Litteratur niedergelegten Methodik eine fortwährende Kritik ihrer am Objekt producirten Effekte hinzutritt, hat man kein Gewähr für den wahren Werth der gewonnenen Resultate; anderenfalls degradirt man die wissenschaftliche Methode zum bloßen überlegungslosen Handwerk. Kapitel I. Über die Frage, ob mehrere specifisch verschiedene Drüsen- formen in der Haut der Amphibien unterschieden werden müssen. Im Anschluss an EngeLuann haben mehrere neuere Schriftsteller, vor Allem P. ScnuLtz und Srrk, sich bezüglich der für uns in Frage kommenden Drüsenformen für eine scharfe Unterscheidung Schleim absondernder und Gift producirender Drüsen ausgesprochen. Der erstere Autor giebt die strikte Erklärung ab (46, p. 33), dass die Giftdrüsen nur Giftdrüsen, und die Schleimdrüsen nur Schleimdrüsen seien. Eben so werden bei Ser (48) für Bufo, Rana, Salamandra und Triton die Gift- oder »Körnerdrüsen« streng von den Schleimdrüsen getrennt. Nun hat Lryvie (31) es unternommen die beiden erstgenannten Autoren in einer im vorigen Jahre erschienenen Publikation zu kritisiren, und, hört man seine Äußerungen, so ist es von vorn herein klar, dass trotz aller Arbeiten, die jemals über die Haut der Amphibien geschrie- ben worden sind, doch die angezogene Frage, ob dort zwei verschie- dene Drüsenformen durchaus von einander geschieden werden müssen, immernocheine offene ist. Ich nehme mir die Freiheit an dieser Stelle Leyvıe ausführlich zu eitiren, da ich von ihm nothwendigerweise in meinen weiteren Dar- stellungen ausgehen muss. 27* 416 Philippos Nicoglu, »In den meisten Drüsen«, berichtet Leyvıe (31, p. 460), »ist ein echtes Epithel zugegen, und die Neueren pflegen seit den Unter- suchungen von EngGELMmAnNn die Hautdrüsen der Batrachier in zwei Gruppen zu scheiden, in solche von hellem und in solche von dunk- lem Aussehen. Die ersteren nennen sie Schleimdrüsen, die zweiten Körnerdrüsen oder Giftdrüsen. Warum ich nun selber, da ich ja die Arten und Formen des Epithels im Einzelnen behandelt habe und dabei ebenfalls ausdrücklich darauf hinweise, dass die Zellen bald von heller Beschaffenheit seien, bald von Körnchen trüb geworden, dieser Ein- theilung doch nicht folgte, geschah aus einem nahe liegenden Grunde, den aber die Anderen gar nicht bemerkt zu haben scheinen.« »Es war mir nämlich nicht gelungen die Überzeugung zu ge- winnen, dass die kleineren kugeligen Drüsen in dem einen Fall immer dunkel und in dem anderen immer hell seien, sondern es wollte mir scheinen, dass in ein und derselben Drüse der helle und der dunkle Zustand vorkomme und also ein wechselnder sei. « (34, p. 461:) »In der oben erwähnten Dorpater Dissertation (SEEk) wird der Satz aufgestellt, dass in den ‚Schleimdrüsen‘ der Inhalt ein ‚Zellensekret‘ sei und die Epithelzellen Becherzellen wären; in den Körnerdrüsen hingegen sei der Inhalt ‚metamorphosirtes Protoplasma‘. Die Richtigkeit einer derartigen Unterscheidung will mir zufolge des von mir Gesehenen nicht einleuchten. Das Verhältnis, in welchem Zellplasma und Sekret zu einander stehen, zeigt sich mir vielmehr in sämmtlichen Drüsen in der Weise, dass man das Sekret allzeit für eine umgewandelte Partie des Protoplasmas anzusprechen sich berufen füh- len darf. Das vordere in den Raum des Drüsensackes reichende Ende der Zellen wandelt sich in das Sekret um, und die Zellen, in diesem Vorgang begriffen, erscheinen in ihrem oberen Abschnitt derart ohne Grenze, dass ihr Körper mit der Substanz, welche den Innenraum des Sackes erfüllt, zusammenfließt.« Diese Sätze Leynıe’s enthalten Wahres und Irrthümliches in einer derartigen Weise durch einander geworfen, dass ich erst auf Grund einer sehr langwierigen Untersuchung den wirklichen Thatbestand feststellen konnte. Wie man sieht, statuirt Leypıc in den sogenannten Schleim- und Giftdrüsen der Autoren den nämlichen Modus der Sekret- bereitung und findet außerdem die ihnen entsprechenden »hellen« und » dunklen« Zellen unter Umständen in demselben Drüsenbeutel ver- einigt. Da ferner Levvic über den der Norm entsprechenden endlichen Untergang der »Giftzellen« und die Verhältnisse der Epithelregenera- tion keine Beobachtung aufzuweisen hat, so kommt er nothwendiger- weise zu der Vorstellung, dass die Drüsenzellen durchweg permanente Über die Hautdrüsen der Amphibien. 417 Organe sind, deren specifische Funktion jedoch nach Lage und Um- ständen eine wechselnde sei, wobei mit dem funktionellen Wechsel auch das Aussehen der Drüsenelemente »vom Hellen ins Trübkörnige und umgekehrt« sich verändert. Leypie hätte vielleicht für seine Anschauungen die Arbeiten von Carmes, BIEDERMANN und Drasch verwerthen können, welche ebenfalls in ein und demselben Drüsenbeutel »helle« und »dunkle«, körnchen- freie und körnchenhaltige Zellen auffanden. Diese Arbeiten scheint jedoch Levvig nicht zu kennen, sonst würde er nicht behaupten, dass dies »die Anderen gar nicht bemerkt zu haben scheinen «. Carmeıs versichert, dass die Drüsen am Bauch der Kröte aus- schließlich ein indifferentes, schleimiges oder wenig differentes Sekret absondern, während die Drüsen am Rücken des Thieres mit den am Fundus befindlichen Zellen geschickt seien eine giftige Masse zu pro- dueiren; hiernach sollen in den Rückendrüsen die dem Ausführungs- gang benachbarten Elemente sich den secernirenden Zellen in den Drüsen der Bauchwand gleich verhalten, also auch nur ein indifferentes Sekret liefern. Nach diesen in der Litteratur vorliegenden Kontroversen musste ich also für mein Objekt, den Triton, folgende Fragen zu entscheiden suchen: 1) Kommen Drüsen vor, welche reine Giftdrüsen sind? und 2) giebt es solche, dienur Schleimdrüsen sind? 3) Giebt es Drüsenbeutelchen, welche neben einander Gift- und Schleimzellen enthalten? Die Feststellung dieser drei Punkte würde die bloße Erhebung des jeweiligen Thatbestandes, d.h. die Erkenntnis der im Einzel- falle augenblicklich vorhandenen Sachlage betreffen. Wir haben noch ein weiteres Problem zu erwägen: 4) Ist der physiologische Charakter der einmal völlig ausgebildeten Drüse ein stabiler auf die Dauer des Lebens? Oder a) Vermag eine Schleim secernirende Zelle vermöge eines totalen Wechsels der Funktion zu anderer Zeit das giftige Sekret zu liefern? Und umgekehrt: Kann eine Zelle, an welche die Pro- duktion der Gifte geknüpft ist, ihren Charakter derart ändern, dass sie hinterher nur ein indifferentes, schleimiges Sekret liefert? b) Kommen je nach Lage und Umständen (vermöge einer Art metamorphosirender Regeneration) Substitutionen eines schleimsecernirenden Epithels durch specifische » Giftzellen« und umgekehrt der Ersatz von »Giftzellen« durch Schleimzellen vor? 418 Philippos Nicoglu, Ich hoffe diese Fragestellung so übersichtlich entworfen zu haben, dass sie auch in der Zukunft für ähnliche Untersuchungen an der Haut der Amphibien die Grundlage bilden kann. Natürlich ist es nicht mög- lich, dass schon Eingangs meiner Arbeit alle diese Fragen ihre völlige Erledigung finden; sie werden in den nachfolgenden Auseinander- setzungen erst allmählich in eingehender Weise ihre Beantwortung finden. Hier kann ich zunächst nur die orientirenden Voruntersuchungen mittheilen. | Dass eine genaue und den natürlichen Verhältnissen entsprechende physiologische Klassifikation derinden Hautdrüsen vor- kommenden Drüsenepithelzellen nicht allein auf dem Grunde ihrer äußeren Gestaltungsverhältnisse oder ihrer inneren Struktur- eigenthümlichkeiten so ohne Weiteres durchgeführt werden könne, das schien mir von vorn herein festzustehen, denn im anderen Falle wäre man längst über alle Kontroversen hinausgekommen. Es blieb noch ein Weg offen, der Weg der färberischen Reak- tion, den ich um so lieber beschritt, als die ausgezeichnete Abhand- lung von Hoyzr (23)!: » Über den Nachweis des Mueins in den Geweben vermittels der Färbemethode« sehr reiche Anweisungen bezüglich der hier in Betracht kommenden technischen Werkzeuge enthält. Ich ver- suchte also den in den Hautdrüsen der Amphibien bereiteten schlei- migen Stoff specifisch zu färben, um auf diese Weise die zugehörigen Orte seiner Entstehung zu markiren. Dabei musste sich herausweisen, 1 Hover (p. 354) äußert sich über die Hautdrüsen der Amphibien wie folgt: »Die Untersuchungen von PAuLickı über die Hautdrüsen des Axolotls, von BIEDER- MANN über die Nickhautdrüsen des Frosches und von P, Scauıtz über die Giftdrüsen der Kröten und Salamander lassen eine erneute Untersuchung der Hautdrüsen von Amphibien mit Hilfe des mucinfärbenden Präparates sehr erwünscht erscheinen. Einige wenige diesbezügliche Versuche haben mir gezeigt, dass auf diesem Wege interessante Aufschlüsse über manche Sekretionsvorgänge in den Hautdrüsen zu erzielen sein dürften, doch würden dazu ausführliche Versuchsreihen erforderlich sein, Die wenigen fragmentarischen Versuche, welche ich anzustellen Gelegenheit hatte, erscheinen für die Publikation nicht geeignet. Ich kann daher hier nur kurz andeuten, dass ich trotz mehrfacher Versuche an den Nickhautdrüsen der Frösche keine charakteristische Mucinfärbung erhalten habe, während die Zellen in einzel- nen kleineren Hautdrüsen des gefleckten Salamanders deutliche Mueinfärbung auf- wiesen. Auch in einzelnen Giftdrüsen fanden sich bei einem frisch eingefangenen Salamander zwischen den großen körnigen farblosen Zellen einzelne Zellen und Zellgruppen, welche mit Thionin rothviolette Färbung annahmen, bei einem über- winterten Exemplare war dagegen von Mucinfärbung nichts wahrzunehmen. Mög- licherweise deutet dieses eigenthümliche Verhalten auf eine genetische Beziehung der in den Drüsenzellen enthaltenen mucinähnlichen Substanz zu dem giftigen Sekrele.« Über die Hautdrüsen der Amphibien. 419 ob alle Drüsen den betreffenden schleimigen Körper produciren, oder ob eine zweite Reihe von Drüsen existirt, die an der Schleimproduktion überhaupt keinen Antheil nehmen; diese mussten dann den Gift- drüsen der Autoren entsprechen. An der Hand einer Mucinreaktion bei gleichzeitiger eingehender Berücksichtigung der histologischen Ver- hältnisse hoffte ich auch ermitteln zu können, ob etwa — das Bestehen zweier völlig getrennter Drüsenformen vorausgesetzt —, zwischen bei- den Reihen Übergangsglieder vorkämen. Hoyer machte die höchst interessante Beobachtung, dass von den Anilinfarbstoffen nur die von Enrricn sogenannten basischen Anilin- farben schleimfärbende Mittel sind. Von den bei Hoyzsr angeführten wirksamen Substanzen habe ich eine ganze Reihe, unter Anderem Methylgrün 00, Gentianaviolett, Methylenblau, Safranin und Thionin in Anwendung gezogen. Die besten Resultate (für das vorliegende Objekt) ergab mir das Thionin, und zwar nach folgendem Verfahren. Die auf dem Objekt- träger mittels Wasser fixirten Schnitte von in Sublimat gehärteten Stücken wurden in koncentrirter wässeriger Lösung von Thionin ge- färbt und unter dem Deckglas in der Farbstofflösung untersucht. Es stellte sich nämlich gleich im Anfang meiner Färbungsversuche heraus, dass die Anfangs vorhandene charakteristische Mucinreaktion vieler Drüsen (in der Haut vom Triton und Salamander) nach Anwen- dung von Alkohol behufs späterer Aufstellung der Schnitte in Dammar- lack wieder verschwand. Schon wenn die Schnitte nach Applikation der Farbstofflösung mit Wasser abgespült werden, giebt das in den Hautdrüsen enthaltene Muein einen Theil der Farbe ab; änlässlich der nun folgenden Entwässerung der Schnitte vermittels absoluten Alko- hols wurden die Mucindrüsen bis auf die Kerne nahezu farblos. Man ist daher genöthigt, die Schnitte unmittelbar aus der Farbstoff- lösung zu untersuchen, ein Verfahren, das nicht den geringsten Anstand hat, sofern man nur dafür sorgt, dass zwischen Deckglas und Schnitt immer nur eine möglichst geringe Flüssigkeitsschicht befindlich ist. Um in jedem einzelnen Falle eine Kontrolle darüber ausüben zu können, ob die von mir bethätigten Manipulationen überhaupt geeignet waren eine Mucinfärbung zu produciren, habe ich auf jedem Objekt- träger neben den zu färbenden Hautschnitten auch einen Schnitt durch den Zungengrund vom Kaninchen befestigt, da nämlich an dieser Stelle reichliche Schleimdrüsen vorhanden sind, welche sich sehr leicht färben, die specifische metachromatische Thioninreaktion geben und diese auch im fertig aufgestellten Schnitte konserviren. Das Thionin, ein sehr naher Verwandter des Methylenblaus 420 Philippos Nicoolu, (23, p. 316), zeigt in wässeriger Lösung eine schöne violettrothe Farbe. Es werden auf dünnen Schnitten von demselben die protoplasmati- schen Substanzen des Zellleibes im Allgemeinen nur wenig gefärbt, obgleich gewisse Protoplasmen vorkommen, die eine ungemein starke Verwandtschaft zu dem Thionin zeigen, wie z. B. das Protoplasma der Pankreaszellen (wenigstens beim Triton in sog. ruhenden Pankreas- zellen). Eben so wird das Bindegewebe gemeinhin nur wenig tingirt; dagegen nehmen die Kerne eine prachtvoll blaue Färbung an. Unter- sucht man mit Thionin tingirte Kerne unter einer homogenen apochro- matischen Immersion von hoher Apertur (Zeıss 3 mm; 1,40), so zeigt sich eine Verdeutlichung der Kernstruktur von wunderbarer Feinheit; diese Färbung ist nach kurz dauernden Tinktionen wesent- lich an das Chromatin gebunden, geht aber, wenn das Mittel über längere Zeit hin einwirkt, successive auf die in dem Lininfadengerüst enthaltenen färbbaren Mikrosomen des Lanthanins (M. HEıpDEnaHaAmmn, 19, p. 124 ff.) über. Die Nucleolen, welche in den meisten Fällen deut- lich eine chromatische Randschicht erkennen lassen (19, p. 124), färben sich nicht rein blau, sondern metachromatisch mit einem starken Stich ins Rothe. Diese metachromatische Reaktion zeigen nun auch (vgl. bei Hoyzr) das Sekret und die Drüsenzellen der meisten schleim- secernirenden Organe. Man findet die mueinösen Substanzen meist roth-violett oder rosa gefärbt, wodurch sie sich gegenüber den stark blau gefärbten Kernen sehr deutlich abheben. Ähnlich färbt sich, was schon Hoyer bemerkte, die Grundsubstanz des Knorpels, welche den Angaben der Autoren zufolge ja ebenfalls Mucin enthalten soll. Dieselbe Reaktion findet man ferner bei den Körperchen des sog. Ge- hirnsandes, ferner in einzelnen Fällen, aber nur sehr schwach ausgebildet, auch am Bindegewebe und dem Zellenprotoplasma. Die »Reaktion « ist also, wie man sieht, nicht auf das Mucin beschränkt, indessen springen an einem mit Thionin gefärbten Schnitt die in helle- ren oder dunkleren Purpurfarben tingirten mueinösen Substanzen gewöhnlich auf den ersten Blick so stark ins Auge, dass die Reaktion für die schleimbereitenden Organe immer noch etwas Typisches und Charakteristisches bleibt. An den Hautdrüsen vom Triton nun ist der Untersucher in so fern in einer ungünstigen Lage als die metachromatische Reaktion hier meist nur eine schwache, zudem nicht ganz konstante ist. Indessen genügt sie, sofern von den inneren Bauverhältnissen der Zellen her einige unterscheidende Merkmale mit herangezogen werden, vollkommen, um zu einer Entscheidung der hier vorliegen- Über die Hautdrüsen der Amphibien. 421 den prineipiellen Fragen zukommen. Beim Salamander ist die speeci- fische Farbenreaktion zudem oft sehr stark ausgesprochen. Die von mir gewonnenen Hauptresultate sind nun die folgenden; man muss drei Klassen von Drüsen unterscheiden: 1) Erster Typus: die Drüsen dieser Reihe geben in der Mehr- zahl der Fälle die Thioninreaktion. 2) Zweiter Typus: die Drüsen geben unter keinen Um- ständen eine ausgesprochene Thioninreaktion. 3) Dritter Typus: die Drüsen sind ihrem augenblicklichen Ef- fektivbestande nach Doppelbildungen. Sie enthalten inner- halb eines gemeinsamen Drüsenbalges ein Drüsensäckchen des ersten Typus, welches in einigen Fällen deutlich die Thionin- reaktion gab; sie enthalten daneben aber auch Zellen des zweiten Typus, welche die Thioninreaktion niemals, auf keiner Stufe ihrer Entwicklung geben. Zu obigen Aufstellungen gebe ich vorläufig noch folgende weitere Ausführungen. 2 Die Drüsen des ersten Typus entsprechen großentheils (aber nicht ganz) den Schleimdrüsen oder »hellen« Drüsen der Autoren. Ich habe sie bei Triton cristatus und Salamandra aufgefunden, während ich sie bei Tr. alpestris, helveticus und taeniatus bisher noch nicht ge- sehen habe. Diese Drüsen haben immer ein weites Lumen und die in dem letzteren befindliche Sekretmasse enthält niemals geformte Be- standtheile. Die secernirenden Zellen sind kubische bis cylindrische Elemente, welche in verschiedenen Zuständen vorkommen. Betrachten wir vorerst nur die extremen Formen der ganzen Ent- wicklungsreihe, so würden wir am Anfang derselben Zellen vorfinden, deren Protoplasmaleib die Vorstufen der mucinösen Substanz unter der Form albuminoider Granula enthält, während am Ende schließlich die Gesammtmasse der lebenden Zellsubstanz von einer un- gemein feinen Pseudofilarstruktur vorgestellt wird, in deren Maschen die die Thioninreaktion gebende Schleimsubstanz fertig enthalten ist. Diese verschleimten Zellen sind nichts Anderes als die gemeinhin als »Becherzellen« bezeichneten Drüsenelemente. — Jene Granula färben sich in Bronnpı’scher Lösung blass-orange und bei Anwendung der Hämatoxylin-Eisenlackfärbung intensiv schwarz; dies sind Farbenreaktionen, welche dem Muein, wie man es in den fertig ge- bildeten Sekreten vorfindet, nicht zukommen. Die Zellen können von Granulis dicht erfüllt sein; man vermag aber eine Serie von Zellen zu- 422 Philippos Nicoglu, sammenzusetzen, in welcher die Zahl der Granula stetig abnimmt bis sie ganz verschwinden; so kommt man successive bis auf die typische »Becherzelle«. Es finden sich daneben in manchen Drüsensäckchen der hier besprochenen Art auch vereinzelte Zellen, welche jene albuminoi- den Granula offenbar unter einer anderen Form, in gequollenem und chemisch verändertem Zustande enthalten. Diese gequollenen Granula sind also erstlich im Durchschnitt größer als die vorhin be- sprochenen, zweitens färben sie sich in der Bionpr’schen Lösung nicht orange, sondern dunkelblauroth, drittens entfärben sie sich beim Ver- fahren der Eisenfärbung vollkommen und viertens geben sie die Thioninreaktion. Man kann diese Granula nicht für fertig gebildete Schleimtröpfchen halten, denn der fertige Schleim färbt sich in diesen Drüsen bei Anwendung der Bıonvr’schen Lösung überhaupt nicht oder doch nur leicht hellgrün, im Tone des Methylgrüns, nicht aber blauroth. Man hat hier entschieden einen Übergangszustand zwischen der rein albuminoiden Vorstufe und dem fertigen Sekrete vor sich. Man vermag also hier im Inneren des Zellleibes das Sekret auf drei verschiedenen Stufen seiner Entwicklung zu unterscheiden: man findet es zuerst unter der Form feiner Granula, etwa bis zu 3 u Größe, dann in Form gequollener Granula und schließlich als fertiges Sekret. Mit diesen Beobachtungen an gefärbten Sublimatpräparaten stim- men BIEDERMANN’S Untersuchungen an überlebenden schleimbereitenden Zellen in ausgezeichnetster Weise überein. Dieser Autor fand in der Schleimhaut der Zungenunterfläche und des Mundhöhlenbodens beim Frosch (2, p. 262) körnchenhaltige Vorstufen der Becherzellen, welche jedoch auf Reagentienzusatz (Wasser und Osmiumsäure) sich ver- schieden verhielten. In den einen Körnerzellen quollen die Granula so stark auf, dass die Zellen sich in Becher mit deutlich rundem Stoma verwandelten; in den anderen dagegen blieb die Quellung ganz aus oder erfolgte nicht mit der gleichen Geschwindigkeit. In den letztgenannten Elementen sieht Bırpermann die jüngsten Entwicklungsformen, in den ersteren dagegen Übergangsstufen, welche direkt hinüberführen zu anderen Zellen, welche das Sekret bereits unter der Form heller, va- kuolenähnlicher Tröpfehen enthalten. Ich glaube nun annehmen zu dürfen, dass in meinen Präparaten jene BırpermAann’schen Körnchen, welche auf Reagentienzusatz überhaupt nicht quollen, repräsentirt werden durch die bei der Eisenbehandlung sich intensiv schwarz fär- benden Granula; die anderen leicht quellenden dagegen müssten wohl mit den in Bıonpr’scher Lösung sich blauroth färbenden, aufgequollenen Granulis indentificirt werden. BIEDERMANN (2, p. 253 ff.) bestätigt ferner den schon von EngeL- Über die Hautdrüsen der Amphibien. 423 MANN (11, p. 508) erhobenen Befund, dass in den Nickhautdrüsen des Frosches schon bei frischer Untersuchung körnchenhaltige von körnchenfreien Zellen unterschieden werden können; von der Richtig- keit dieser Angaben kann man sich sehr leicht durch den eigenen Augenschein überzeugen. BIEDERMAnN hält auch hier die Körnchen für die geformten Vorstufen des Sekretes und an der Richtigkeit seiner Feststellungen werden gewiss die gegentheiligen Versicherungen Drascn’s (7, p. 121) nichts ändern, der mit Bezug auf die Nickhaut- drüsen des Frosches behauptet, dass er ein und dieselbe Drüse Stunden hindurch beobachtet, sie tagelang unter dem Mikroskop eingestellt gelassen habe, und doch nie unter seinen Augen die Körner in den Körnerzellen habe abnehmen oder sich vermehren sehen. Die Drüsen des zweiten Typus sind dadurch ausgezeichnet, dass sie selbst bei vielen Versuchen niemals eine deutliche Thioninreaktion geben. Sie entsprechen im Allgemeinen den Giftdrüsen der Autoren und bilden den eigentlichen Gegenstand dieser Arbeit. Die vollständig ausgebildeten Drüsen dieser Art sind zum Theil sehr groß, zeigen (beim Triton!) kein Lumen und sind gekennzeichnet durch die Gegenwart enorm großer Epithelzellen, der sogenanntenRiesenzellen von Leyoıs, welche in ihrem Inneren ungeheure Mengen eines geformten Sekretmaterials, die sogenannten »Giftkörner« der Autoren, zur Entwicklung bringen. Hier bildet sich die Sekretmasse dadurch, dass die ganze Zelle abstirbt und in Zersetzung übergeht. Da die ab- gestorbenen Epithelzellen durch neue ersetzt werden, so ist für die Drüsen dieses Typus das Auftreten bestimmt gerichteter, ord- nungsmäßiger Regenerationsprocesse charakteristisch, wie sie weiter unten ausführlich besprochen werden sollen. Die Jugendformen, die zu dieser zweiten Reihe gehören, zeigen die Riesenzellen nicht, sind mit einem geräumigen Lumen ver- sehen und zeigen ein kubisches, meist jedoch eylindrisches Epithel, dessen zugehörige Elemente die »Giftkörner« in großer Zahl bereits erkennen lassen. Da die »Giftkörner« gegenüber dem Verfahren der Eisenfärbung und gegenüber der Bıonprschen Lösung die gleiche Reaktion zeigen wie die albuminoiden geformten Vorstufen der Schleim- substanz in den Epithelien der Schleimdrüsen, so können die letzteren, wenn sie viel »Körnerzellen« enthalten, in meinen Präparaten auf das leichteste mit jungen Giftdrüsen verwechselt werden. Dies ist um so leichter möglich, als in den letzteren fast immer einige, in einzelnen Fällen sogar viele Zellen dem Anscheine nach eine Art schleimiger Um- wandlung durchmachen; allein an diesen Zellen fand ich niemals die Thioninreaktion. Der Leser wird sich aus der obigen Darstellung ferner 424 Philippos Nicoglu, entsinnen, dass die schleimartigen Körper sich mit den basischen Ani- linfarbstoffen zu tingiren pflegen; hier an diesen Elementen der jungen Giftdrüsen, welche ein Ineinanderfließen der protoplasmatischen Sub- stanzen wahrnehmen lassen und daher von ungefähr den Eindruck machen, als seien sie in einer schleimigen Umwandlung begriffen, findet man dagegen (eben so wie an der Sekretmasse im Lumen der zuge- hörigen Drüschen) in den Präparaten aus Bıonprscher Lösung eine deut- liche Vorliebe, sich mit dem Rubin S zu beladen, welches doch ein saurer Anilinfarbstoff ist, ja mitunter, an sehr stark veränderten Ele- menten, findet man eine purpurrothe Färbung des Zellleibes. Hier handelt es sich nun, wie ich weiter unten beweisen werde, um ster- bende Zellen, und aus diesem Grunde heraus erklärt sich auch die für einen sauren Anilinfarbstoff (das Rubin S) zunehmende Färbbarkeit (vgl. Hoyer junior 24). Es gehen in den jungen Giftdrüsen sehr viele Zellen totaliter zu Grunde und ihre Überreste mischen sich dem Se- krete bei, ein Vorgang, den ich in den Schleimdrüsen nicht wieder- finden konnte. Wir haben also außer an dem Fehlen der Thionin- reaktion auch noch an diesem in typischer Weise vor sich gehenden Zellenschwundeinbesonderscharakteristisches Merkmal für die jungen Giftdrüsen gegenüber den ähnlich gestalteten Schleim- drüsen. Auf alle diese Dinge kann ich hier vorläufig näher nicht ein- gehen, sondern verweise auf das weiter unten folgende Kapitel, welches ausschließlich den Jugendformen der Giftdrüsen gewidmet ist!. Auch auf die Drüsen des dritten Typus kann ich hier noch nicht eingehender zu sprechen kommen; ihre genaue Beschreibung finden sie ebenfalls erst weiter unten. Ich will hier nur erwähnen, dass sich ihre Gegenwart auf folgende Weise erklärt. Die secernirenden Elemente der alten ausgereiften Giftdrüsen gehen, wie schon mehrere Autoren versichert haben und wie ich vollends bestätigen kann, dadurch voll- kommen zu Grunde, dass ihr ganzer Leib in Sekretmasse umgewandelt wird. Natürlich werden die Zellen durch einen specifischen Regenera- tionsprocess ersetzt. Hierbei kann es vorkommen, dass in dem Balge der alten Drüsen nicht wiederum »Giftzellen«, son- dern Schleimzellen nachwachsen; man findet dann neben den i Aus dem Gesagten geht auf jeden Fall hervor, dass es nicht richtig ist von » Körnerdrüsen« und Schleimdrüsen als etwas Gegensätzlichem zu reden, denn die Schleimdrüsen können sich unter Umständen als » Körnerdrüsen« präsentiren, wenn sie nämlich viele Zellen enthalten, deren Körper von albuminoiden Granulis erfüllt ist. Die Bezeichnung »Körnerdrüsen« kann daher zu Verwechslungen führen; es wäre daher am besten, man ließe diesen Ausdruck ganz fallen und hielte sich dafür ausschließlich an die rein physiologischen Bezeichnungen; Schleim- und Giftdrüsen, Über die Hautdrüsen der Amphibien. 425 alten, mehr oder minder erhaltenen »Giftzellen« ein schleimsecerniren- des Drüsensäckchen jüngerer Formation. Offenbar hatten sich in einem solchen Falle die äußeren Existenzbedingungen des betreffenden Thieres derart geändert, dass es für dasselbe von Vortheil war, in seiner Haut eine größere Anzahl von Schleimdrüsen neuerdings zu entwickeln, worauf dann in einem Theil der Giftdrüsen eine Art metamorphosi- render Regeneration auftrat; um es kurz und präcis zu bezeichnen: ich meine, dass wir es hier mit einem Beispiele funktioneller An- passung zu thun haben. Einen direkten totalen Wechsel oder einen Austausch ihrer speci- fischen Funktionen habe ich an Schleim- und Giftzellen nie gesehen: nie geht eine echte Schleimzelle in eine Giftzelle über oder umgekehrt. Damit stelle ich das thatsächliche Vorkommen derartiger Vorgänge, wie sie ihrer bloßen Möglichkeit nach auf p. 447 sub Aa in Frage gezogen wurden, vollkommen in Abrede. Dagegen sind die sub Ab aufgeworfenen Fragen zu bejahen, mit der Einschränkung jedoch, dass die Substitution eines schleimsecer- nirenden Epithels durch Giftzellen nicht wirklich beobachtet wurde, sondern nur der umgekehrte Process, d. h. der völlige Ersatz des speci- fischen Epithels Gift bereitender Drüsen durch Schleimzellen mir zu Gesicht kam. Danach sind also, wie ich Leypıs gegenüber noch einmal hervorhebe, die Giftzellen immer nur Giftzellen und die Schleimzellen nur Schleimzellen, dagegen können die Giftdrüsen zu anderer Zeit den Charakter der Schleimdrüsen annehmen, und mit höchster Wahrschein- lichkeit muss geschlossen werden, dass eine Drüse, die ab origine eine Schleimdrüse war, zu anderer Zeit auch Giftzellen zur Ausbildung bringen kann. Hier will ich auch die Beobachtungen eitiren, die Busnıon (4) und ihm folgend Ranvıer (43, p. 164) am Proteus in Betreff der Haut- drüsen erheben konnten. Bucnıon (p. 314) fand, dass dieses Thier nur Schleimdrüsen und keine Giftdrüsen besitzt: »Le mucus du protee... n’a aucune propriete toxique; on peut en mouiller la langue et la con- jonctive sans ressentir la moindre irritation; avee le suc qui suinte de la peau d’un triton ou d’un axolotl, cette experience ne serait pas A conseiller.« Offenbar, da doch sonst, so weit man weiß, alle langge- schwänzten Amphibien im Besitz von Giftdrüsen sind, hat hier eine An- passung an die äußeren Existenzbedingungen stattgefunden. Der Pro- teus ist durch die Orte, an denen er lebt, mehr als irgend ein anderer seiner Verwandten, vor Verfolgung geschützt. Man wird daher nach meinen Erfahrungen über den mit großer Leichtigkeit erfolgenden Er- satz der Gift- durch Schleimzellen annehmen können, dass bei den 426 - Philippos Nicoglu, Vorfahren des Proteus die dauernde Ablösung der Gift- durch Schleim- drüsen mit der gleichen Leichtigkeit erfolgte. Wenn nun auch Drüsen vorkommen können, welche dem Gesagten zufolge gleicher Zeit neben einander Gift- und Schleimzellen enthalten (p. 417 sub 3), so sind doch die Drüsen, die man in der Regel der Fälle zu Gesicht bekommt, entweder reine Giftdrüsen oder reine Schleimdrüsen (p. 417 sub I und 2), und alles Andere gehört unter die Ausnahmefälle. | Um meine Ausführungen vor einer spitzfindigen Kritik von vorn herein sicherzustellen, theile ich am Schlusse dieses lediglich orien- tirenden Kapitels mit, dass im ausführenden Apparate der Giftdrüsen Zellen vorkommen (bei Triton beobachtet; es sind etwa vier im Ganzen), welche eine schleimige Substanz abscheiden können und in seltenen Fällen den typischen Becherzellen ähnlich sehen. Es würde offenbar thöricht sein auf dem Grunde dieser Thatsache die Giftdrüsen der Au- toren als gemischte Drüsen zu bezeichnen; denn erstlich handelt es sich hier nicht um das secernirende Epithel des eigentlichen Drüsen- körpers und zweitens wäre es nicht angebracht den Charakter eines solchen Drüsenorgans nach einem verschwindenden Nebenumstande beurtheilen zu wollen!. Kapitel Il. Der ausführende Apparat der Giftdrüsen. Ich bespreche hier zunächst die allgemeinen Bauverhältnisse der Giftdrüsen, von denen ich sagen kann, dass sie mit großer Wahr- scheinlichkeit sich in genau der gleichen Weise an den Schleimdrüsen wiederholen werden. Eingehende Untersuchungen habe ich nach der bezeichneten Richtung hin an den letzteren Drüsen nicht gemacht, doch glaube ich, nach den gelegentlich von mir erhobenen Beobach- tungen zu urtheilen, dass die durchgreifenden Unterschiede beider Drüsenarten wesentlich auf der specifischen Differenzirung der Epithel- zellen beruhen werden (vgl. bei SeEk p. 30). Der folgenden Beschreibung liegen zunächst die älteren völlig ausgebildeten Formen der Giftdrüsen zu Grunde, wie man sie in den Fig. 6, 7 und 8 sehen kann. Dänach unterscheide ich an dem ganzen Apparat außer dem beutelförmigen Drüsenkörper und dem Aus- 1 Rasvier (43, p. 164) unterscheidet in der Haut der Frösche drei Drüsen- formen: seröse, Schleim- und Giftdrüsen; bei den urodelen Amphibien konnte er die serösen Drüsen nicht wahrnehmen. Die Drüsen der Nickhaut beim Frosch sollen ausschließlich seröse Drüsen sein ; hier wäre daran zu erinnern, dass HovEr (23, p. 355) keine charakteristische Mucinreaktion von diesen Drüsen erhalten konnte. Über die Hautdrüsen der Amphibien. 427 führungsgange auch noch ein Schaltstück (vgl. die Fig. I und 2), dessen ganz besondere und typische Gestaltung bisher noch keinem Untersucher aufgefallen ist. i Der Ausführungsgang. % a: Der Ausführungsgang liegt innerhalb der Epidermis und durch- setzt dieselbe in senkrechter Richtung und in gestrecktem Verlaufe (Fig. 4 u. 2). Auf dem Querschnitt betrachtet erscheint er unter dem Bilde einer Spindelfigur (Fig. 3 u. 4), da er bandartig abgeplattet ist und die seitlichen Ränder eine Zuschärfung aufweisen. Die unmittel- bare Bekleidung des Lumens beruht auf der Gegenwart einer einzigen, auf sich selbst zurückgebogenen, sehr flachen Epidermis- zelle, die ich von ihrer äußeren Form her die Trichterzelle nenne (Fig. 2, 5u. 15). Es ist möglich, dass bei irgend welchen Amphi- bien, z. B. Triton eristatus oder Salamandra, bei denen die Epidermis dicker ist als bei dem von mir zumeist untersuchten Tr. alpestris, mehrere Zellen die unmittelbare Begrenzung der Wand des Aus- führungsganges bilden. Bei dem von mir bevorzugten Untersuchungs- objekte kann ich nur eine solche Zelle wahrnehmen !. Die Trichterzelle steht einerseits in unmittelbarem Anschluss an die Häutungsschicht, welcher sie zugehört (Fig. 2 u. 5); auf der anderen Seite erreicht sie die Zellen des Schaltstückes (Fig. 1 u. 2). Alle Details, welche auf diese Zelle Bezug haben, konnte ich mit großer Deutlichkeit wahrnehmen, da sowohl beim Gebrauch der Bıoxpr'schen Lösung als auch besonders bei der Anwendung der Hämatoxylineisen- färbung sich dieses Element in voller Schärfe von der Umgebung ab- hebt. Bei dem letzteren Verfahren wird die Trichterzelle häufig in toto, in ihrer ganzen Substanz intensiv geschwärzt (Fig. 5, 15 und 17), eine Farbenreaktion, welche sie mit den über den Epidermiswärzchen sitzenden Deckelzellen ? gemein hat (Fig.5 DZ). Da nun sonst das Proto- plasma der Zellen die Hämatoxylineisenfarbe bei der Differenzirung ! Vgl. auch bei Kreim (26, p. 441): »These tubes (bei Tr. cristatus) are made up of a transparent membrane finely and indistinctly longitudinally striated, and showing a compressed nucleus at or about the opening. These structures represent, therefore, one or two flattened cells rolled into a tube«. Ranvier (43, p. 469) be- richtet über den Ausführungsgang der Nickhautdrüsen des Frosches Folgendes: (die Zellen des Drüsenepithels) .... tranchent sur les grandes cellules cylindriques a pied de la couche profonde de l’eEpiderme. Le canal se retr&cit dans la couche sup£rieure, et, la, il ya comme une cuticule: en re&alit& le canal est limite la par des cellules analogues a celles qui forment la surface du r&vetement &pidermique de la grenouille, cellules ayant subi une d&mi-ke£ratinisation ..... « ?2 Diese Bezeichnung erlaube ich mir hierdurch einzuführen. 428 Philippos Nicoglu, leicht abgiebt!, so ersieht man hieraus, dass beiderlei Elemente, Deckelzellen und Trichterzellen, eine specifische Umwandlung ihrer Substanz erfahren haben. ; An der Trichterzelle selbst unterscheide ich das Mundstück des Trichters und den Trichterstiel. Jenes beherbergt den Kern (Fig. 2, 5 und 17) und bewerkstelligt den unmittelbaren Anschluss an die Häutungsschicht; dieser dagegen stellt einen hautartig verdünnten Theil des Zellenkörpers vor, welcher gewissermaßen von dem Niveau der Häutungsschicht her bis zu dem Schaltstück herabgestülpt ist. Die früheren Autoren haben die Substanz des Trichterstiels zumeist für eine Cuticula gehalten, welche von den unterliegenden Epidermis- zellen abgeschieden wird und nur in äußerlicher Weise mit der »Stoma- zelle« (Eserru), dem Trichtermundstück, in Verbindung seht. Ich finde den Beweis für die einheitliche Zellennatur des ganzen Gebildes darin, dass zwischen ihm und den unterliegenden Epidermiszellen eine durch- gängige organische Verknüpfung auf dem Wege intercellularer Brücken (Fig. 2) besteht. Diese Intercellularbrücken lassen sich also nicht bloß am Trichtermundstück, sondern eben so auch entlang der ganzen Ausdehnung des Trichterstieles beobachten. Einen weiteren Beweis für die ursprüngliche Zusammengehörigkeit beider Theile der Zelle finde ich in der durchaus gleichartigen Reaktion gegenüber der Hämatoxylineisenfärbung; die Substanzen von Stiel und Mundstück gehen in der That ohne jede Abgrenzung in einander über. Auf Querschnitten durch den Ausführungsgang beobachtet man in der Nähe der Trichterzelle eine höchst eigenthümliche Anordnung der Epidermiselemente. Hält man sich zunächst an die typische Stellung der zugehörigen Kerne, so findet man von den letzteren je drei oder vier entsprechend den Flachseiten des Ausführungs- gangesüber einander geschichtet (Fig. 4). Bei einer genaueren Verfolgung der Zellengrenzen gewahrt man dann, dass die Zellenleiber etwa wie die Blätter einer Zwiebel über einander liegen. Bei dem Aus- führungsgang der Fig. 4 ergab sich dann ferner, dass außer der Trichter- zellenoch zwei andereZellenganzundgarauf sich selbstzurück- gerollt waren (Fig. 4,Nr. I und II). Da nun die Trichterzelle bei jeder Häutung des Thieres mit ausgestoßen wird, so stellen natürlich diese beiden letzteren röhrenförmige Elemente in Bezug auf die Trichterzelle die beiden nächstfolgenden Generationen vor. Man wird sich vorstellen müssen, dass nach der Abstoßung der Häutungsschicht die in Fig. 4 ! Von den paraplasmatischen Einflüssen ist hier nicht die Rede; diese färben sich zum Theil sehr intensiv und halten dann die Farbe mit großer Zähigkeit zu- rück. Auf diesen Punkt komme ich noch weiter unten bei Gelegenheit zurück. Über die Hautdrüsen der Amphibien. 439 mit Nr. I bezeichnete Zelle zur Trichterzelle wird und dieser würde wiederum Nr. II succediren. Man bemerkt, dass die Kerne dieser Ele- mente nicht auf der gleichen, sondern auf den gegenüberliegenden Seiten des Ausführungsganges liegen. Die dritte Generation der Triehterzellen finden wir offenbar in Nr. II, deren Kern auf Seiten der Nr. I liegt; dies Element wird — man betrachte den oberen Theil der Figur — von einer anderen Epidermiszelle, welche in der Abbildung als Nr. IV gekennzeichnet ist, zum kleinen Theil überdeckt, und es er- giebt sich hieraus, dass wir in dem letztbezeichneten Zellenkörper noch eine weitere, eine vierte Generation der Trichterzellen vor uns haben; der zugehörige Zellenkern liegt auf Seiten der Nr. I. Aus allem Diesem gehthervor, dass dieaufeinander folgenden Gene- rationen der Trichterzellen innerhalb der Epidermis zum Theile schon vorgebildet sind; bezeichnet man die hier inBetracht kommenden Zellen, wie geschehen, mit Ord- nungsnummern, so liegen die Kerne der Zellen ungerader Zahl auf dereinen, diejenigen gerader Zahlaufderanderen Seite des Ausführungsganges. Die besprochene eigenartige gesetzmäßige Anordnung der Epi- dermiszellen muss sich selbstverständlich auch auf dem Querschnitts- bilde der Oberhaut nachweisen lassen; regelmäßige Bilder wird man allerdings nur dann erhalten können, wenn der Schnitt senkrecht zur Breitenausdehnung des Ausführungsganges fiel (vgl. Fig.4). Ich denke, dass in den Fällen, welche die Fig. I, 5 u. 17 zur Anschauung bringen, diese Bedingung ganz oder theilweise zutrifft. Man wird nun gewahr, dass von jenen Epidermiszellen, welche in der Zukunft an Stelle der Trichterzelle zu treten berufen sind, die jüngsten am meisten in die Tiefe gerückt sind, während die im Alter folgenden Zellen sich all- mählich in die Höhe recken, wobei der Kern successive nach aufwärts verlagert wird. Die oberen Enden der Zellen liegen daher im Allge- meinen wie treppenartig über einander gestuft; dies Verhältnis lässt sich leicht aus der Stellung der Kerne ermitteln, welche in der Reihe der Zellen mit geraden und ungeraden Nummern jedes Mal wie in einer aufsteigenden Serie angeordnet liegen (Fig.5 u.17). Die Kerne der voll- kommen eingerollten Zellen liegen mithin am höchsten; diese Elemente sind der Länge lang am ganzen Ausführungsgang hingestreckt, während dem entsprechend ihr Breitendurchmesser nur ein relativ geringer ist. Legt man eine Serie von Flächenschnitten durch die Epidermis, - 80 findet man, dass im tiefsten Schnitt die Kerne der vollständig einge- rollten Zellen nicht enthalten sind (Fig. 3). Auch in senkrechten Durch- schnitten durch die Epidermis findet man die Kerne der innersten ein- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. 98 430 Philippos Nicoglu, gerollten Zellen häufig abgeschnitten (Fig. 2). Wenigstens gewahrt man, dass in den zu beiden Seiten des ausführenden Kanals gelegenen proto- plasmatischen Feldern, welche nichts Anderes als die Leiber eingerollter Epithelzellen vorstellen können (Fig. 2 P), die Kerne sehr oft fehlen; die letzteren müssen dann nothwendigerweise in Nachbarschnitten enthalten sein und können nur in einem oberen Niveau der Epidermis gesucht werden. In Bezug auf den Bau des Ausführungsganges liegen in der Litteratur mehrere Streitfragen vor; während nach Eserra (9, p. 10) und Eneer- mann (44, p. 510) beim Frosch der Ausführungsgang innerhalb einer Zelle der Hornschicht mündet, welche von dem ersteren Autor den Namen »Stomazelle« erhalten hat, versichert Serx, dass der Aus- führungsgang an seinem äußeren Ende zwischen mehrere Zellen zu liegen komme. Ich schließe mich zunächst für die Hautdrüsen des Triton den Aus- führungen von EsertH und EnGELMmAnN an, da überall, wo ein genauer Befund der Sachlage erhoben werden konnte, ich nur eine Zelle der Hornschicht in den Ausführungsgang hineinragen sah. Für den Frosch habe ich ferner eine genaue Untersuchung an den abgeworfenen Fetzen der Häutungsschicht ! gemacht, und muss ich nun auch für dieses Objekt ausdrücklich bezeugen, dass die dreistrahlige Öffnung des ausführen- den Kanales immer innerhalb einer Epidermiszelle zuliegen kommt, und zwar ergeben zweckentsprechend behandelte Präparate (Hämatoxylineisenfärbungen nach Fixirung mit Prikrinsäure; vgl. 18), dass die » Stomazelle« von Esertu nichts Anderes ist als ein ringförmig i Die Häutungsschicht des Frosches ist gemeinhin nur einschichtig (gegen E. ScauLzeE [47, p. A67] und gegen P. ScauLtz [46, p. 19]). Wenn die oberste ein- fache Zellenlage von dem Thiere abgestoßen wird, so lösen sich jedoch häufig auch einzelne Zellen, Zellengruppen und mitunter ganze Zellenfetzen von der nächst unteren Zellenschicht mit ab; diese Zellen sind protoplasmareich im Gegensatz zu der stark verhornten obersten Zellenlage. Anlässlich der Eisenfärbungen tin- giren sich die Elemente der letzteren nur wenig, die ersteren dagegen färben sich sehr dunkel und können daher leicht im mikroskopischen Bilde unter- schieden werden. Untersucht man die abgestoßenen Hautfetzen frisch oder unter Anwendung von Färbungsmitteln, welche vorwiegend die Kerne tingiren, So geräth man leicht in Gefahr anzunehmen, dass für gewöhnlich zwei Zellen- lagen abgehäutet werden, was doch nicht der Fall ist. Man erhält nämlich ein Trugbild dadurch, dass sehr häufig die untere Zellenlage auf der Unterfläche der Häutungsschicht im negativen Abdruck erscheint: man findet dann die mosaik- arlige polygonale Felderung einer zweiten Zellenschicht vor, ohne dass jedoch im Allgemeinen die ihr zugehörigen Zellenkörper wirklich gegenwärtig sind; nur an einzelnen Stellen, wie erwähnt, findet man diese dann wirklich vor. Vgl. SCHUBERG 54, p. 485 ff. Über die Hantdrüsen der Amphibien. 431 auf sich selbst zurückgebogener Zellenkörper. Man kann nämlich in vielen Fällen am Trichtermundstück in der Aufsicht eine hell- glänzende radiär gestellte Nahtlinie mit großer Deutlichkeit wahr- nehmen, jedoch nur in jenem Theil der Zelle, welcher wie ein schmaler Reifen die Mündung umfasst. Was die unmittelbare Begrenzung des ausführenden Kanals auf seinem Verlaufe innerhalb der Epidermis anlangt, so haben einige Autoren sich mit der Angabe begnügt, dass die Hornschicht sich in den Ausführungsgang einstülpt (42, p. 505; 46, p. 36). In diesen Fällen mögen lediglich die Ausführgänge großer Hautdrüsen’ vorge- legen haben, welche nach den Berichten Leypie’s (32, p. 147) und ScHuBER@’S (45, p. 2%) von einer verhornten Zellentapete ausgekleidet sein können. Bei den kleinen Formen der Hautdrüsen, mit denen wir es hier beim Triton ausschließlich zu thun haben, kann der vorliegende Gegenstand mit einer so kurzen Bemerkung nicht abgethan werden. Wie aus meinen oben mitgetheilten Befunden ersichtlich ist, kann ich dieuns von Egertu und EngzLmann überlieferten Angaben, denen zufolge der Ausführungsgang solcher kleiner Drüsen von einer Guticula aus- gekleidet sein soll, nicht für zutreffend erachten, und ich stehe somit auch in Widerspruch zu Lryvie (3%, p. 22; 32, p. 146), nach dessen Meinung die Zelle an der Mündung einen » Guticularfortsatz« in die Tiefe hinabsenden soll. Dieses feine Häutchen, welches die Wand des Kanals unmittelbar begrenzt, ist vielmehr nichts Anderes als ein fein ausgezogener Theil der Stomazelle von Eserrn, also ein Theil des Zellenleibes selbst, eine Anschauung, die schon Graceıo vertreten hat. Für den Triton wenigstens wird meine Auffassung zur Evidenz bewiesen, erstlich durch die schönen Bilder, welche die Hämatoxylineisenfärbungen liefern (Fig. 5, 15 und 17), zweitens durch den Nachweis der Intercellularbrücken zwischen der sogenannten Cutieula und den darunter liegenden Zellen, und drittens durch die Existenz vollkommen eingerollter Zellen in der nächsten Nachbarschaft des Ausführungsganges. Diese können ja durchaus nichts Anderes vor- stellen als jugendliche protoplasmareiche Trichterzellen, welche bei den nächstfolgenden Abhäutungen erst an die freie Oberfläche rücken. Ich will hier ferner bemerken, dass ich von der Existenz einer Cuticula auf der Oberhaut der Tritonen, für welche Leyvig noch letzthin gekämpft hat, ebenfalls durchaus nichts bemerken kann. Ich finde an der Epidermis zu oberst die Häutungsschicht bestehend aus polygonalen Zellen mit Kernen !, und sie ist es, welche auf der freien 1 Von den neueren Autoren hat nur ALFRED STIEDA (53, p. 20) es fertig ge- bracht die Kerne der Hornschicht zu übersehen. Schon Pritzwer (l. c. p. 503) wies 28* 432 Philippos Nicogln, Oberfläche eine feine Skulptur, bestehend in leistenartigen Erhebungen, zur Ausbildung bringt. Diese Skulptur wird von Leypıe der Cuticula zugeschrieben, doch kann ich eben von einer solchen auf vielen Hun- derten von Schnitten, welche in der verschiedensten Weise gefärbt wurden, durchaus nichts gewahren (vgl. auch 48, p. 28, ferner 47, p. 166)!. Die Zellen der Hornschicht selbst sind es, welche sich zu sehr feinen Leistehen erheben, und kann ich diese an Exemplaren von Tr. alpestris, welche zur Zeit des Wasseräufenthaltes gefangen wurden, ganz leicht sehen, eine Thatsache, die wiederum mit der Angabe Lryvig’s (32,p. 121) in Widerspruch steht, dass diese Leistchen sich nur zur Zeit des Landaufenthaltes dieser Thiere finden sollen. Mit meinen Befunden bezüglich der Cuticulafrage steht ferner in Einklang, dass auch die von Leypie sogenannten Guticularkäppchen [34, p. 20; 32, p. 127; 34, p. 446) über den Epidermiswarzen bei Triton nicht bloß eutieulare Ausscheidungen, sondern vielmehr völlige, kernhaltige, aber in ihrer Substanz umgewandelte Zellen sind. Ihre Kerne färben sich sogar leicht in allen Kernfarbstoffen. Bei Anwendung der Eisen- färbungen schwärzen sie sich durch und durch, wie die Trichterzellen, und geben im mikroskopischen Schnitt die zierlichsten Bilder (Fig. 5 DZ). Eben so ist unrichtig, dass unter diesen » Deckelzellen«, wie ich sie oben genannt habe, nur je eine größere Epithelzelle gelegen sein soll (Leyoie). Es findet sich vielmehr der Regel nach unter jedem » Cutieular- käppchen« von Leypis eine ganze Säule abgeflachter, senkrecht übereinander geschichteter Zellen. Über die Bedeutung dieser eigenartigen Organe habe ich keine Vermuthung. Schließlich will ich noch bemerken, dass zwar schon mehrere Au- toren davon gesprochen haben, dass die in nächster Nachbarschaft des ausführenden Kanales befindlichen Elemente »koncentrisch« oder » kreisförmig« zu jenem gestellt seien, dass aber noch Niemand darauf aufmerksam geworden ist, wie leicht die zu einander gehörigen Zellen- generationen erkannt und ihrer Altersfolge nach bestimmt werden können. darauf hin, dass sich dieselben sehr leicht färben lassen, eine Angabe, die ich durchaus bestätigen kann. Vgl. auch das hier beigefügte Citat nach Kreın. ! Kıeın (26, p. 410, Tr. cristatus) äußert sich zu diesem Punkte wie folgt: »Under the mikroskope the cuticule presents itself as a single layer of beautiful transparent squamous polygonal epithelial cells, each with an oval or sometimes round nucleus, that takes the staining very well.« »There can be, there- fore, no doubt that the most superficial layer of the epidermis .... is composed of nucleated squamous epithelial cells, not of non-nucleated nor, Sulaer eX- cretions‘, as maintained by Levpıe for all amphibia. « Über die Hautdrüsen der Amphibien. 439 Das Schaltstück. Die Vermittlung zwischen der Epidermis einerseits und dem eigent- lichen, kugligen Drtisenkörper andererseits wird bei den Drüsen der Tritonen durch ein besonderes »Schaltstück« hergestellt. Dieses ent- hält nur etwa vier Zellen, welche an der unteren Grenze der Epidermis auf dem nämlichen Niveau zu einem Ringe angeordnet sind. Wird der ausführende Apparat in irgend einer Weise der Länge nach ange- schnitten, so findet man meist zwei der »Schaltzellen« im Präparate vor (Fig. 1, 2, 5, 10, 42, 13, 16, 17 und andere). Diese Unterscheidung eines besonderen Schaltstückes beruht durchaus nicht auf einer gekünstelten Art die Dinge zu klassificiren, sondern ich will hiermit sagen, dass die Schaltzellen histologische Personen einer ganz bestimmten Art, vontypischem Gha- rakter sind. Nach der Seite der Epidermis hin grenzt das Schaltstück einmal an die Trichterzelle (Fig. | und 2) und zweitens an jene Protoplasma- felder an, welche den tiefen Theilen eingerollter Epidermiszellen ent- sprechen (Fig. I und 2). Zwischen diesen Epidermiszellen und dem Sehaltstück gewahrt man öfters sehr feine Intercellularbrücken. — Auf der anderen Seite schließen an das Schaltstück die Epithelzellen des eigentlichen Drüsenbeutels an; dies sind bei alten Giftdrüsen zunächst ganz flache endothelartige Elemente (Fig. 1 und 3 XZ), welche von allen Untersuchern bisher übersehen wurden, wie denn auch das Schalt- stück selbst in seinen eigenartigen Lagebeziehungen bisher noch von Niemandem erkannt worden ist. Wenn von manchen Autoren behauptet wird, die Hautdrüsen der Amphibien seien Einstülpungen der Marrieurschen Schicht der Epider- mis (48, p. 68; vgl. auch oben p. 427 das Citat aus Ranvier), so er- giebt sich aus Obigem, dass eine solche Aufstellung für die Tritonen nicht zutrifft. Denn die Zellen des Schaltstückes stehen durchaus nicht in Konnex mit den tiefsten Lagen der Oberhaut, sondern sie schließen an die Trichterzelle, d. i. die Häutungsschicht, und an die der letzteren nächst benachbarten Zellenlagen an. Wenn man also schon von »Einstülpungen« reden will, dann müsste man sagen, dass es gerade die obersten Zellenstrata der Epidermis sind, welche sich unter der Form der Drüsenbeutelchen in die Cutis hinabstülpen. Auf Querschnitten durch die Haut weisen die Schaltzellen häufig eine höchst charakteristische Form auf (Fig. I und 2): sie erscheinen fast jedes Mal, wenn der ausführende Apparat im mittleren Längsschnitt vorliegt, unter dem Bilde eines stumpfwinkligen bis rechtwinkligen 434 Philippos Nicogln, Triangels, wobei der stumpfe (rechte) Winkel der Tiefe des Drüsen- beutelchens zugewendet ist. Von den Winkeln dieses Dreiecks ist einer, nämlich der dem Lumen des Schaltstückes gegenüber, nach außen hin liegende, meist in schönem Bogen abgerundet (Fig. I und 2). Weiterhin zeigt sich, dass der Kern dieser Zellen gewöhnlich weit nach außen hin gerückt ist; ja sehr häufig ist er so tief in den abge- rundeten Außenwinkel der Zelle hineingedrückt, dass man selbst unter Anwendung der besten Immersionen kaum im Stande ist, irgend etwas von der die Außenfläche des Kernes überziehenden Protoplasmalamelle zu entdecken (Fig. 2). Schließlich habe ich noch zu erwähnen, dass diese Zellen im Stande sind Schleim zu produciren (vgl. oben p. 426). Man findet ab und zu die inneren Enden der Zellen in deutlicher Verschlei- mung begriffen (Fig. 2), ja, in seltenen Fällen kann eine solche Zelle den Eindruck einer Becherzelle machen. Der abgesonderte Schleim liegt mitunter wie ein Pfropf im Halstheil der Drüse; da diese Masse in dem Rubin der Bıonpr’schen Lösung sich in ähnlicher Weise färbt wie das Zellenprotoplasma, so können die Schaltzellen und der von ihnen producirte Schleim an Präparaten aus Bıonpr’scher Lösung nur schwer im mikroskopischen Bilde von einander getrennt werden. Es scheint, als ob die hier in Rede stehende schleimige Substanz die gewöhnlichen Farbenreaktionen des Mucins nicht giebt, wie denn schon der Umstand befremdend ist, dass sie aus der Bıonpr’schen Lösung das Rubin aufnimmt, nicht aber das Methylgrün, welches doch ein schleim- färbendes Mittel ist. Ein besonderer »Drüsenhals«, welcher dem Schaltstück entspricht, ist bisher nur an den größten Formen der Giftdrüsen, wie sie bei Sa- lamandra und Bufo, nicht aber beim Triton, vorkommen, beobachtet worden. Über diesen Halstheil großer Drüsen habe ich keine eigenen Beobachtungen aufzuweisen; die Angaben der Autoren widersprechen sich in Betreff dieser Bildungen sehr, — man vergleiche die Angaben von SenuLzz und SzEEk — und wäre hier eine Nachuntersuchung durch- aus nothwendig. Es giebt nur eine Bemerkung in der ganzen Litteratur, welche sich auf das von mir an kleineren und kleinsten Drüsen be- obachtete Schaltstück beziehen lässt, und dies ist die Angabe von Serk (l. c. p. k4), dass bei den Schleimdrüsen des Salamanders — und diese gehören zu den kleinen Drüsenformen — »der Ausführungsgang mit einem kleinen Theil bis in die Cutis hineinragt«, so dass man auch hier einen »zwischen oberem Drüsenniveau und unterem Epidermis- rande gelegenen Abschnitt« als Drüsenhals bezeichnen kann. Über die Hautdrüsen der Amphibien. 435 ENGELMANN (l. ec. p. 508) behauptet für die Schleimdrüsen des Frosches, dass zwischen den Epithelzellen des Ausführungsganges und denjenigen der Drüse selbst sich die glatten Muskelfasern trennend einschieben; diese Angabe dürfte auf ein völliges Übersehen des Schalt- stückes zurückzuführen sein (vgl. Fig. 2), welches ja zwischen den beiden genannten Epithelformen das Bindeglied bildet. Wenigstens finde ich bei den Schleimdrüsen von Triton cristatus das Schaltstück in seinen Beziehungen zur Epidermis, den Drüsenzellen und der glatten Muskulatur in einer ähnlichen Weise wieder vor, wie ich es bei den Giftdrüsen beobachten konnte. Kapitel Ill. Die Muskulatur der Giftdrüsen. Bevor ich zu der Schilderung der epithelialen Elemente der hier zunächst in Rede stehenden älteren, funktionstüchtigen Giftdrüsen über- gehe, erlaube ich mir in Kurzem mitzutheilen, was ich aus der Litteratur und am Objekt von der glatten Muskulatur der Drüsen in Erfahrung bringen konnte. Die Frage nach der Gegenwart einer ken Muskula- tur an den Hautdrüsen der Amphibien ist lange Zeit Gegen- stand der Erörterung gewesen. Nachdem Ascnerson (1, 1840) Bewe- gungserscheinungen an den lebenden Drüsenbeuteln wahrgenommen hatte, vermeinte Ecknaror (10, 4849) die denselben zugehörigen glatten Muskelfasern bei der Kröte aufgefunden zu haben. Es ist jedoch mög- lich, dass dieser Autor nur Bindegewebsfasern vor sich gehabt hat, denn seine Schilderungen der angeblich von ihm gesehenen kontraktilen Fasern stimmen nicht zu den Befunden, die späterhin an dem wirklich vorliegenden Objekt erhoben werden konnten. Desswegen muss HEn- sche (21, 1856. Größere Drüsen bei Rana temporaria) das Verdienst zuerkannt werden, die glatten Muskeln an den Hautdrüsen zuerst mit Sicherheit nachgewiesen zu haben, ein Fund, dessen Werth um so höher anzuschlagen ist, als kurz zuvor Leyvıs beim Salamander (36, 1853) ganz vergeblich nach der in Frage stehenden Muskulatur gesucht hatte. Erst in der Histologie Leyvie’s (1857, p.85) und in einer Arbeit Srırpa’s (29, 1865) wird Hensone's Entdeckung bestätigt. Nun fand Leyvıs auch beim Salamander in der Wand der großen Drüsen die früher vermissten glatten Muskeln (38, 1867), aber erst die Untersuchungen von Szesny (50, 1867) und Graccıo (6, 1867) brachten die Gewissheit, dass wirklich an allen Drüsen, nicht bloß an den größeren Formen, die Muskulatur vorhanden ist!. Diese beiden letzteren Arbeiten augenscheinlich ver- 1 Die Arbeit BoLAu’s (4866) darf wohl als minderwerthig bezeichnet werden ; der Verfasser fand von den Muskeln überhaupt nichts. 436 Philippos Nicoglu, anlassten Lryvie (3%, 1868) sogleich noch einmal auf den Gegenstand zurückzukommen, um auch seinerseits die Gegenwart der Muskelhaut für die kleineren Drüsen zu bezeugen. Man sollte nun denken, dass hiermit die ganze Angelegenheit hätte abgethan sein müssen; allein Eserru (9, 1869) vermisste darauf beim Frosch an einer Reihe von kleineren Drüsen, so namentlich an denen der Nick- und Schwimmhaut die Muskeln. An eben diesen Orten fanden sie zwar späterhin Engeımann (1.c. 1872) und Ranvıer (l. e. 1887) wieder auf; da jedoch Drascn (7, 1889) in der neuesten Zeit an den berühmten Nickhautdrüsen wiederum zu negativen Resultaten kam, so könnte es scheinen, als ob hier immer noch eine offene Frage vorhanden sei. In- dessen halte ich diese Sache doch für vollkommen erledigt, denn beim Triton habe ich die Muskeln überall, wo ich ernsthaft nachsah, gefunden und auch an den Nickhautdrüsen des Frosches glaube ich sie schon in frischem Zustande wahrgenommen zu haben. Will man sich durch eigene Kenntnisnahme von der bloßen That- sache überzeugen, dass an den Drüschen die glatten Muskeln überhaupt vorkommen, so braucht man nur in einer Serie von Schnitten an einer älteren Giftdrüse die Gegend um das Schaltstück herum abzusuchen und man wird die glatten Muskelfasern in anscheinend einfacher Schicht den epithelialen Elementen direkt aufgelagert finden (Fig. und 2). Nach der Beschreibung der Autoren sind die kontraktilen Faser- zellen an dem Globus des Drüsenbeutels im Allgemeinen meridian- artig angeordnet und zwar in einschichtiger Lage!. In Überein- stimmung hiermit sehe ich in vielen Fällen auf Schnitten, welche die Drüsenwand tangential berühren, dass die Muskelzellen in der Richtung vom oberen gegen den unteren Pol des Drüsenglobus hinziehen. Eben so sieht man leicht auf Flachschnitten durch die Haut mit großer Deut- lichkeit, dass die kontraktilen Fasern gegen das Schaltstück hin kon- vergiren. Im Einzelnen den Verlauf und die Anordnung der Muskeln genau festzustellen, würde dagegen wohl eine sehr schwierige Auf- gabe sein, Während nun die Muskelzellen am oberen Drüsenpol meist (bei älteren Drüsen) als stark entwickelte kräftige Gebilde imponiren, deren zugehörige Kerne in der Zelle eine axiale Stellung einnehmen (Fig. 1, 2), findet man weiter nach abwärts in der Regel der Fälle nur schmale, stark abgeplattete (Fig. 13), aber ebenfalls die Drüsenzellen ohne Da- zwischentreten anderer Elemente bedeckende Bänder vor, bei denen i Der sogenannte ScuuLtzE’sche Sphincter (l. c. p. 39) existirt bei Tri- tonen nicht. Der Autor dürfte Epithel- und Muskelzellen mit einander verwechselt haben, Über die Hautdrüsen der Amphibien. 437 sehr häufig eine stark excentrische Stellung des Kernes wahrgenommen wird (Fig. 13), in der Art, dass der letztere mehr nach den Drüsen- zellen hin zu liegen kommt. | Oft wird man an weiten Strecken des Drüsenumfanges die Muskel- zellen vermissen. Dies kann wohl darin seine Erklärung finden, dass die Muskelelemente keine in sich durchaus zusammenhängende Schicht bilden, sondern lange spaltförmige Lücken zwischen sich lassen, welche leicht in ganzer Ausdehnung vom Messer erreicht werden. Hier ver- weise ich auf die jüngsten Angaben von Drasen (8, p. 248), welcher für den Salamander aus einander setzt, dass zwischen den einzelnen aus drei bis fünf Muskelfasern bestehenden flachen Bündeln spaltförmige Lücken, welche in ihrer Gesammtheit ebenfalls meridianartig angeordnet sind, bestehen bleiben. An der unteren Drüsenhälfte sollen sogar zwischen allen Drüsenzellen durchgängig derartige Spalträume vor- handen sein!. Auf der anderen Seite glaube ich hier ganz besonders darauf aufmerksam machen zu müssen, dass man die Muskelzellen, auch wenn sie im ganzen Umfang der Drüse vorhanden sind, doch sehr leicht übersehen kann, da ihr Dickendurchmesser häufig bis auf eine Größe unter A u herabsinkt. Will man daher auf Schnitten die Ausbreitung der Muskulatur an den Drüsenbeutelchen verfolgen, so muss man zu einem Färbemittel greifen, durch welches die kontraktile Substanz sehr stark gefärbt wird. Hier dürfte eine stark saure Bıonpr’sche Lösung am meisten am Platze sein. Man gewahrt dann in derart gefärbten Prä- paraten zwischen dem umgebenden Bindegewebe und den Drüsen- zellen an der Stelle der Muskulatur häufig nur einen stark roth ge- färbten, sehr schmalen Saum, welchem die typischen Kerne glatter Muskelzellen scheinbar nach einwärts hin aufliegen (in der Fig. 18 rechts unten sieht man etwas Derartiges). Gegen den oberen Pol der Drüse hin nimmt auch in solchen Fällen der Breitendurchmesser dieses protoplasmatischen Saumes gewöhnlich an Ausdehnung zu, bis er schließlich in der Nähe des Schaltstückes in den typischen Körper einer glatten Muskelzelle übergeht (eine ähnliche Situation zeigt etwa die Fig. 16). In einer anderen Reihe von Fällen zeigt sich die Muskulatur im 1 RANVIER (l. c. p. 244) konnte in der glatten Muskelhaut der Nickhautdrüsen des Frosches zwischen den kontraktilen Zellen irgend welche Spalträume nicht auffinden, trotzdem er sein besonderes Augenmerk auf diesen Punkt richtete, Nach dem Vorgange von ENGELMAnNN hält der genannte Autor sich an die Resultate, die ihm systematisch ausgeführte Silberimprägnationen gaben: es färben sich zwischen den Muskelfasern wirkliche Kittlinien und von Spalträumen ist nichts zu sehen, 438 Philippos Nieogln, ganzen Umfang der Drüse gleichmäßig und sehr kräftig ent- wickelt (Fig. 24). Diese Drüsen zeigen dann an ihren epithelialen Elementen typische und ganz charakteristische Merkmale, welche in den einen Fällen auf einen im Drüseninneren sich vollziehenden patholo- gischen Process (Fig. 24), in den anderen — sit venia verbo — auf eine»Überreife« der Giftzellen hinweisen. Es scheint nämlich vor- zukommen, dass einzelne Drüsen auf lange Zeit hinaus nicht entleert, nicht von dem Thier als Waffe gegen einen feindlichen Angriff gebraucht werden. Dann sterben mit der Zeit alle Drüsenzellen ab und bilden eine Sekretmasse, die den ganzen Binnenraum des Beutelchens ausfüllt. Sollte diese sehr umfängliche Sekretmasse ausgetrieben werden, so würde man eine sehr kräftige Muskelaktion voraussetzen müssen, und diese Drüsen sind es nun, wie erwähnt, die neben anderen offenbar patho- logischen Formen, eine excessiv entwickelte Muskulatur zeigen, eine Erscheinung, die man also passend als eine funktionelle Hyper- trophie deuten könnte. Die Muskelzellen alter Giftdrüsen zeigen, wie schon ScauLtz er- wähnt, die von EngELmann und von v. KÖLLIKER zuerst nachgewiesene Fibrillirung der kontraktilen Substanz. An den in Bıoxpr’scher Lösung gefärbten Präparaten präsentirt sie sich im Längsschnittsbilde als eine sehr deutliche, stark rothe Streifung, besonders schön zu be- obachten an Tangentialschnitten durch die Drüsenwand. Auf Quer- schnitten der Fasern findet man in Übereinstimmung hiermit eine stark purpurrothe, ebenfalls sehr deutliche Punktirung. — Leypıe behauptet zu mehreren Malen (33, p. 226; 32, p. 20%; 31, p. 459), dass beim Salamander an den glatten Muskelzellen der Hautdrüsen eine körnige Achse und eine homogene Rinde zu unterscheiden sei. Bei den Tritonen ist mir aber nichts Dergleichen vor Augen gekommen. Wenn unter der »körnigen Achse « ein protoplasmatisches nicht weiterhin in speeifischer Weise differenzirtes Material verstanden sein soll, so muss ich gestehen, dass ich nur in seltenen Fällen eine sehr geringe Menge derartiger Sub- stanz in der Nähe desKernes wahrgenommen habe. Dieses ist bekanntlich ein Befund, wie er sonst bei glatten Muskelzellen sehr gewöhnlich ist, der nun aber gerade bei diesem Objekt sehr selten erhoben werden kann. Die prachtvolle Fibrillirung der Muskelzellen scheint Leypie entgangen zu sein. Auch Ranvıer (l. c. p. 209) bemühte sich an den Nickhautdrüsen des Frosches ganz vergeblich sie nachzuweisen. An dieser Stelle erlaube ich mir eine Bemerkung vergleichend- histologischen Inhaltes einzuschalten. Wie ich oben erwähnte, zeigen die Kerne der glatten Muskelhaut oft eine eigenartige excentrische Lagerung, so zwar, dass sie der Innenfläche der Muskelfasern aufzu- Über die Hautdrüsen der Amphibien. 439 ruhen scheinen (Fig. 13, 18). Es ist in der That selbst unter Zuhilfe- nahme der besten Immersionen mitunter unmöglich auf der Innenseite der Kerne einen protoplasmatischen Überzug zu entdecken. Ein sehr ähnliches Verhalten ist von den glatten Muskelzellen der Schweiß- drüsen her bekannt geworden: schon in der mikroskopischen Anatomie v. KörLzmer’s (p. 160) finde ich die Thatsache erwähnt, dass in den glatten Muskelfasern der Schweißdrüsen der Kern »nicht selten mehr seitlich ansitzt und leicht von der Faser sich löst«. Der Kern ist auch hier gegen die secernirenden Zellen hin verlagert, liegt also auf der Innenseite der kontraktilen Fasern (vgl. auch bei v. KöLuıker 30, p. 253; RANVIER, 1. c. p. 208). Die Muskellage weist höchst eigenartige intime Be- ziehungen zu dem Schaltstück der Drüse und zur Epi- dermis auf, welche bisher nur in höchst unvollkommener Weise bekannt geworden sind. Die den oberen Pol der Drüse erreichenden Muskelfasern enden nämlich nicht, wie man voraussetzen sollte, mit zugespitzten Enden am Schaltstück, sondern sie zeigen sich auf dem Niveau des Drüsenhalses noch in voller Breite entwickelt und umfassen die abgerundeten Außenflächen der Schaltzellen mit entsprechenden Auskehlungen (Fig. ! und 2). Die Muskelzellen schließen also mit ihren oberen Enden eng und knapp an das Schaltstück an, ja der räumliche Zusammenschluss der beiden doch so verschiedenartigen Elemente, der Muskel- und Epithelzellen ist so fest gefügt, dass man in vielen Fällen selbst unter Tauchlinsen die zwischen beiden Theilen sich einschiebende Zellengrenze entweder überhaupt nicht oder nur mit großer Mühe auffinden kann. Ich weiß nicht mit Sicherheit anzugeben, ob alle Muskelelemente das Schaltstück erreichen; ich meine aber annehmen zu dürfen, dass dies nicht der Fall ist. Denn auf Flachschnitten sah ich in einem Fall drei Muskelfasern mit einer Schaltzelle in Verbindung; da nun der Regel nach vier Schaltzellen vorhanden sind, so käme man zu einer Zahl von 12 Muskelfasern, die den oberen Drüsenpol erreichen. An den größeren Drüsen dürften jedoch viel mehr kontraktile Elemente im ganzen Umfange des Organs vorhanden sein. Ist man an der oben bezeichneten Stelle, an welcher die glatte Muskelzelle sich in der innigsten Weise an die Schaltzelle anschmiegt, so glücklich die Zellengrenze zu sehen, so stellt sich diese meist unter dem Bilde einer Intercellularlücke vor, welche von feinen Intercel- lularbrücken in großer Zahl durchsetzt wird (18). Diese Intercellu- larbrücken, welche also zwischen glatten Muskelzellen einerseits, und ektodermatischen Epithelzellen andererseits ausgespannt sind, sind von ba An Bir In En £ ern r 440 Philippos Nicoglu, ganz ähnlicher Art wie zwischen den Oberhautzellen selbst, und dient ihr Vorkommen zum Beweise dessen, dass die Muskelelemente an den Hautdrüsen ektoblastischer Natur sind, eine Ver- muthung oder Behauptung, die schon mehrfach von anderen Forschern ausgesprochen worden ist (siehe Leynis, 38, p. 89; 37, p. 636; 39, p- 151; EneeLmann, 1. c. p. 512; Ser, |. c. p. 61; M. Heipennain, 18. Ferner vgl. betreffs der Muskeln an den Schweißdrüsen auch bei v. KÖLLIkER, 29, p. 204; 30, p. 258 und 138 und bei Ranvıer in 43). Jene glatten Muskelzellen, welche in der eben beschriebenen Weise mit den Zellen des Schaltstückes in organischer Kontinuität stehen, enden nun an dieser Stelle nicht, sondern eine zipfelartig ausgezogene Verlängerung der kontraktilen Fasern (Fig. 2) streicht aufwärts an dem Schaltstück vorbei und dringt in die Epidermis ein. Die Faser endet in Wahrheit innerhalb der Oberhaut, wie die Abbildung (Fig. 2) lehrt, ganz in der Nähe des ausführenden Kanales und der Trichter- zelle, jedoch von dieser getrennt durch den Leib einer (oder mehrerer?) der eingerollten Epidermiszellen (Fig. 3). Diese Dinge kann man in voll- ständiger Weise nur sehen an guten Bıoxpr’schen Präparaten, und auch hier gelingt es sehr oft nicht Muskel- und Epidermiszellen scharf und reinlich von einander zu scheiden. Dann hat man Bilder vor Augen, wie ein solches durch Fig. I veranschaulicht wird. Hier kann man nur sehen, dass die oberen Enden der Muskelfasern in irgend einer nicht näher bestimmbaren Weise mit der Epidermis zusammenfließen. Zur Ergänzung der Präparate aus Bıonpr'scher Lösung dienen dann Hämatoxylineisenfärbungen. Hier bleiben im Allgemeinen zwar die Körper der Muskelzellen bis auf den Kern farblos, allein die zipfel- förmigen Verlängerungen der mit den Schaltzellen in Konnex stehen- den Fasern färben sich öfters tief schwarz (Fig. 15), ein Hinweis darauf, dass die Substanz der glatten Muskelzelle an diesem Orte eine innere Umwandlung erlitten hat. Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich annehme, dass diese innerhalb der Epidermis liegenden obersten Enden glatter Muskelfasern die Bedeutung von Sehnen haben. Man kann ferner in Hämatoxylineisenpräparaten oft die Bemerkung machen, dass sich die elastischen Fasern tief schwarz tingiren, und so liegt der Gedanke nahe, dass es sich hier um eine Metamorphose der kontraktilen in eine der elastischen nahe stehenden Substanz handelt. Diese Metamorphose geht aber nur bis zur Höhe des Schaltstückes herab, denn die an das letztere nach abwärts hin anschließenden breiteren Theile der Muskel- fasern zeigen keine besonderen Farbenreaktionen mehr und lassen häufig und deutlich die kontraktilen Fibrillen erkennen. Ich habe öfters die oben beschriebenen oberen Sehnenenden glatter Über die Hautdrüsen der Amphibien. 441 Muskelfasern auf Flächenschnitten durch die Epidermis wieder aufge- funden; in Fig. 3 ist ein derartiges Querschnittsbild zur Zeichnung gekommen. Dort habe ich die optischen Durchschnitte von fünf band- artigen Körpern sorgfältig ihrer Lage nach eingetragen, welche den oberen zipfelförmigen Enden glatter Muskelfasern entsprechen; nur das Eine weiß ich nicht anzugeben, ob jedes dieser fünf Bänder in mehrere oder nur in eine Muskelfaser nach abwärts hin sich verlängert. Die erstere Annahme dürfte die größere Wahrscheinlichkeit für sich haben'!. Wie der Leser aus Vorstehendem ersieht, existiren also am oberen Drüsenpole höchst eigenartige Anordnungen, von denen ich als das Wichtigste die nahen Beziehungen der glatten Muskelzellen zu der Epidermis einerseits, und zu den Schaltzellen andererseits hervorhebe. Sinn und Bedeutung des ganzen Apparates ergeben sich wohl aus Folgendem. Bei den Giftdrüsen der älteren Formen stehen die Riesenzellen (die Drüsenepithelzellen) in keiner nachweis- baren mittel- oder unmittelbaren organischen Verknüpfung mit dem Schaltstück. Vielmehr findet man dem ausführenden Apparat in breite- ster Ausdehnung eine Sekretmasse vorgelagert, welche durch den Körper einer, selten mehrerer untergegangener Riesenzellen repräsen- tirt wird (z. B. Fig. 7 u. 12). Also wird das ganze Material im Inneren nur durch die Muskelhaut zusammengehalten, welche hier die einzig vorhandene feste architektonische Basis bildet. Wäre daher die Muskelhaut nicht durch die Vermittelung einzelner Fasern fest in und an der Epidermis verankert, so würde bei einer gewaltsamen Kontrak- tion der Muskulatur, welche das Drüsensekret herausbefördern soll, die Gefahr vorhanden sein, dass der ganze Drüsenbeutel von der Epi- dermis abreißt. So aber existirt an der unteren Grenze der Epidermis 1 Hier habe ich noch eines Befundes zu gedenken, über dessen Deutung ich im Unklaren bin. Man findet am oberen Pole der Drüsen den Muskelzellen direkt aufliegend häufig faserartige Gebilde, welche längliche Kerne mit sich führen, die den Kernen glatter Muskelzellen ähnlich sehen. Bei der Beurtheilung dieser Elemente, deren Lage aus Fig. 4 (siehe die Erklärung der Abbildungen) ersichtlich ist, han- delt es sich um eine Differentialdiagnose zwischen glatten Muskelzellen und Zellen des Bindegewebes. Diese zu leisten bin ich außer Stande; liegen hier wirklich kontraktile Elemente vor, so handelt es sich um sehr schmächtige, unscheinbare Bildungen. Die Muskellage würde dann am oberen Pole der Drüsen, aber nur an diesem, zwei Schichten aufweisen. Öfters glaubte ich wahrzunehmen, dass diese kernhaltigen Fasern sich mit den in ihrer Nähe liegenden Muskelzellen zugleich in die Epidermis hineinsenkten: doch sind dies ganz unsichere Dinge, von denen mir jede genauere Kenntnis fehlt. 442 Philippos Nicoglu, für das Drüsenbeutelchen ein punctum fixum, gegen welches der Drüseninhalt hinbewegt wird, wenn der Drüsenglobus durch die Aktion der glatten Muskulatur sich verkleinert. Hier erinnere ich auch daran, dass man häufig das Schaltstiick mehr oder minder vollkommen durch einen Schleimpfropf verschlossen findet (siehe oben p. 434), welcher dem Sekrete zunächst den Austritt verwehrt. Bei einer Kon- traktion der Muskelhaut würde also in solchen Fällen der Drüseninhalt zunächst unter einen höheren Druck gesetzt werden, worauf dann beim Ausweichen der Schleimmassen das Sekret mit um so größerer Heftig- keit hinausgetrieben werden würde. Dass die glatten Muskelzellen mit ihren oberen Spitzen über die Cutis hinausragen, das ist von Leyvıc ausdrücklich und genau beschrie- ben und durch sehr hübsche Abbildungen illustrirt worden (32, p. 20%; 33, p. 296). Leypıe fand an macerirten Hautstücken vom Salamander, von welchen die Oberhaut heruntergezogen worden war, dass die am oberen Drüsenpole konvergirenden glatten Muskelzellen mit ihren Enden strahlig zusammenneigen und so das Bild einer Fischreuse erzeugen, wesshalb er die ganze Bildung als »Fischreusenapparat« bezeich- net. Doch irrte er mit Bezug auf die Lagerung dieser oberen Enden glatter Muskelzellen im Thierkörper, denn es heißt bei ihm (32, p. 20%): » an Flächenschnitten durch die erhärtete Epidermis ist die Reihe dessen, was man sieht: zu innerst der von den Epidermiszellen (?) abgeschie- dene homogene Cuticularsaum, dahinter die Durchschnitte der Muskeln und die ringförmig gelagerten Epidermiszellen«. Nach meinen Unter- suchungen würden dagegen (Fig. 3) die in eine elastische Substanz umgewandelten Endzipfel der glatten Muskelfasern nicht unter die Leypig’sche Cuticula, d. i. unter die Trichterzelle zu liegen kommen, sondern man findet dieselben erst im weiteren Umkreis des ausführen- den Kanales in dieIntercellularräume zwischen den proto- plasmatischen Leibern der Epidermiszellen eingeschaltet. Gerade also das Moment der festen Verankerung der Muskelhaut in der Epidermis ist Leynıe entgangen, wie er denn auch eine Deutung seines »Fischreusenapparates« nicht beizubringen wusste. Leyois hält sich offenbar für den Entdecker der oben besprochenen Vorrichtung, doch hat EngGeLmann sicher schon etwas davon gesehen; wenigstens deutet folgender Passus bei dem letzteren Autor darauf hin (I. ec. p. 507). »Von oben gesehen erscheint die innere Öffnung des Ausführungsganges oft sehr zierlich von einer Rosette von Faserzellen eingerahmt. Zuweilen schlagen sich auch wohl die Enden einiger dieser Fasern ein wenig nach oben auf die Innenfläche der Wand des 'Ausführungsganges um.« Prirzwer (l. c. p. 505) hat nur sehr wenig, Über die Hautdrüsen der Amphibien, 443 P. Scenurrz (l. e. p. 50) gar nichts von den in Rede stehenden Dingen ge- sehen. Die Beschreibung, die Szxk (l. c. p. 37) von den hier in Frage kommenden Territorien des Drüsenapparates gegeben hat, scheint den Verhältnissen in der Natur nicht zu entsprechen; es ist zwar von einem »Übergang« der »Umhüllungszellen« (alias: Muskelzellen) in das Rete Malpighi die Rede, allein ich kann nicht darüber ins klare kommen, ob dieser Autor diese ganz bestimmten und ganz konstanten Anordnungen vor Augen gehabt hat, welche oben weitläufig dargestellt worden sind. Der einzige Schriftsteller, welcher das Bild der » Fischreuse « wenigstens in der Art wiedergefunden hat, wie es ehedem Leyvıc beschrieb, ist Drasca (8, p. 248). Es ist bisher nur von der Muskulatur älterer völlig ausgebildeter Giftdrüsen die Rede gewesen und so komme ich am Schlusse dieses Kapitels noch ganz kurz auf die Muskelelemente junger Gift- drüschen zu sprechen. An den alten Drüsen, sie mögen groß oder klein sein und ihre Größe ist ab origine schon eine individuell verschiedene, sind die kontraktilen Elemente im Allgemeinen leicht zu unterscheiden. Dies ist nicht im gleichen Maße bei den durchschnittlich viel kleineren Jugendformen der Fall. Hier sind die Muskelzellen oft sehr, sehr un- scheinbare im Schnittpräparate kaum erkenntliche Gebilde. Indessen habe ich mich durch eine genaue Untersuchung von ihrer beständigen Gegenwart überzeugt. Am leichtesten findet man die ihnen zugehörigen Kerne auf, welche ihre typische Gestalt auch hier bewahrt haben und die gleichen topographischen Lagebeziehungen innehalten, wie an den alten Drüsen (vgl. p. 436f.). Sucht man lange hin und her, so wird man zunächst allerdings nur bei einigen von den jungen Drüschen auch die Körper der zugehörigen Faserzellen unterscheiden lernen, welche frei- lich der Regel nach so zart und dünn sind, dass ihre Substanz mit der zwischen Epithel und Bindegewebe auftretenden Kontourlinie vor den Augen des Beschauers gleichsam zusammenfließt. Am leichtesten ge- lingt es die Muskelzellen in der Gegend des oberen Drüsenpoles als solche nachzuweisen, denn es zeigt sich in vielen Fällen, dass sie auch schon bei den Jugendformen in jenen oben beschriebenen intimen und eigenartigen Lagebeziehungen gegenüber dem Schaltstück angetroffen werden; auch hier schon umfassen die oberen Enden glatter Muskel- zellen mit rundlichen Auskehlungen die Außenflächen des Schaltstückes, eine Thatsache, die gleicher Zeit zum Beweise dient, dass man es hier wirklich mit eben jenen kontraktilen Elementen zu thun hat, wie man sie ohne Weiteres überall an den alten Drüsen beobachten kann. Hier drängt sich nun noch eine Frage besonderer Art auf. Ich 444 Philippos Nicoglu, werde nämlich im weiteren Verlaufe dieser Arbeit nachweisen, dass die Giftdrüsen einen bestimmten Entwicklungsgang durchmachen und dass alle alten Giftdrüsen mit vollkommen ausgebildeter Muskulatur wieder in kleinere, jugendliche Formen sich umbilden, welche den Gyklus der Entwicklung von Neuem beginnen. Also muss wohl auch für die Muskelelemente, da sie ja an den jüngeren Drüsen unter anderen Bildern sich zeigen alsbei den aus- gereiften Formen, irgend ein gesetzmäßiger Wandel der Gestaltung vorliegen. Nun stehen zwei Möglichkeiten offen: ent- weder die Muskulatur der alten Drüsen geht völlig zu Grunde und es entwickelt sich eine neue Muskulatur von einer Quelle her, die näher nicht zu kennzeichnen ist, oder aber es ist auch möglich, dass an den alten Giftdrüsen, nachdem sie alle alten hierzu bereitstehenden Zellen in Sekretmasse -umgewandelt und ausgestoßen haben, die Muskulatur atrophisch wird. Dies Letztere ist nun das Wahrscheinlichere. Denn einmal fehlen an den Muskeln normaler Drüsen, so weit meine Beobach- tungen reichen, Veränderungen degenerativer Natur, derart, dass sie zum Zellentode führen würden, gänzlich, und zweitens wird die Annahme einer atrophischen Rückbildung der Muskelzellen nach Ablauf einer Sekretionsperiode durch die Natur der Dinge an die Hand gegeben: es geht nämlich aus dem Studium des Zellenersatzes in diesen Drüsen her- vor, dass sie auf jeden Fall für eine Zeit von vielen Monaten in ein Sta- dium relativer Ruhe eintreten, innerhalb dessen nur geringe Mengen von Sekret fabrieirt werden. Da zu dieser Zeit die Muskulatur kaum oder nur in geringem Grade in Anspruch genommen werden dürfte, so ist die Voraussetzung einer nunmehr eintretenden funktionellen Atrophie das durch die Natur der Dinge Gegebene. Dass die Muskulatur auch excessiv hypertrophisch werden kann, wurde schon oben erwähnt, und so bin ich denn geneigt die ungemein wechselnden Bilder, die man von der Muskulatur der Hautdrüsen erhält, durchgehends aufdem Grunde funktioneller Anpassungen zu erklären. Kapitel IV. Die epithelialen Bestandtheile in den völlig ausgebildeten Giftdrüsen. Vorübergehend erwähnte ich schon (p. 433), dass an die Zellen des Schaltstückes zunächst abgeflachte Epithelzellen sich an- schließen, denen eine speecifische physiologische Funktion nicht zukommt. Man gewahrt solche Elemente vorzüglich in den Figuren I und 2, ferner in den Figuren 8 und 9. Ihre eigenthümliche, endothelartige Form erhalten diese Elemente ohne Zweifel erst durch den Druck der gegen sie empor- wachsenden Giftzellen (Riesenzellen von Leypie). Sie vermögen jedoch Über die Hautdrüsen der Amphibien. 445 unter Umständen wiederum eine rundliche Gestalt anzunehmen, wenn nämlich die vorderste, dem Ausführungsgang benachbarte Giftzelle derart zerfällt, dass nur relativ geringe gerinnselartige Massen von ihr übrig bleiben; dann fällt nämlich die Pressung fort, unter welcher sie vordem standen. | Der ganze übrige Drüsenbeutel wird bei normalen ihrer speci- fischen Aufgabe harrenden Giftdrüsen ausgefüllt vonenormgroßen Zellen, den »Giftzellen« der Autoren oder »Riesenzellen« von Leypıc. Ein eigentliches Lumen existirt nicht und die Lücken, welche man häufig zwischen den Riesenzellen wahrnimmt (Fig. 6, 7, 13, 1%, 15), muss ich für Artefakte erklären. Diese Spalträume entstehen zum Theil wahrscheinlich durch die Wirkung des Messers beim Mikrotomiren, denn diese großen Zellen schneiden sich augenscheinlich schlecht, sie bröckeln leicht ab oder werden durch das Messer (bei feinen Schnitten!) zerdrückt; zum Theil sind die Spalten aufRechnung von Schrumpfungs- vorgängen zu setzen, deren man nur dann Herr werden dürfte, wenn man sich entschlösse Konservirungsmittel zu brauchen, die von vorn herein eine Quellung der Eiweißkörper erzeugen. Die Anzahl der Giftzellen, die jedes Mal in einer Drüse an- getroffen werden, ist keine auch nur annähernd konstante. Man kann leicht, namentlich an den Rändern der Kloakenlippen, Drüschen finden, die jedenfalls schon ab origine sehr klein sind und nur zwei Giftzellen enthalten (ähnlich wie dies Fig. 8 zeigt); auf der anderen Seite kommen größere Drüsen mit vielen Zellen vor, wie sie in Fig. 6 und 7 zur Dar- stellung gekommen sind. Wie man sich auf Serienschnitten leicht überzeugen kann, sind dieäußerlichen Formen der Giftzellen außerordentlich verschieden- artige, nur das ist ihnen allen gemeinsam, dass sie mit einer gewölbten Fläche der Drüsenwand, i. e. der Muskulatur aufsitzen und mit dem Rest ihrer Oberfläche sich gegen die Nachbarn anstemmen, so dass sie im Übrigen polyedrische Körper bilden. Leypıg hat die von ihm als Riesenzellen bezeichneten Drüsen- elemente zuerst bei Coecilia (35), späterhin bei Salamandra (38) ge- sehen. Er hält dafür, dass die Bezeichnung »Zelle« für diese Gebilde wenig passe; es seien vielmehr lange Gylinder oder Würste, welche nahe ihrem hinteren Ende einen Kern beherbergen. Auf Grund von Untersuchungen an der Ohrdrüse von Salamandra (32, p. 210) kam Leypisg zu dem Schluss, dass die Riesenzellen ein Zusammengesetztes seien, »in der Weise, dass sie aus dem eigentlichen Zellenkörper (!) und zweitens aus dem abgeschiedenen Sekrete bestehen (32, p. 210). Indem das letztere längere Zeit mit dem Zellenleibe innig verbunden bleibt, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd, b 99 446 Philippos Nicoglu, kommen die cylindrischen Massen zur Ausbildung«. Für Triton taenia- tus beschreibt Leyvie die Riesenzellen (ebendort p. 211) wie folgt: »Die einzelne Zelle zeigt im erhärteten Zustande eine gewölbte Fläche, welche der Drüsenwand zugekehrt war, nach der anderen Seite er- scheinen kantig sich zuschärfende Flächen, mit denen sie den Nachbar- zellen sich anlegen. Der Kern kann deutlich hervortreten, oder auch verdeckt sein durch die Körnermasse. Die eine Hälfte dieser großen hüllelosen, das Epithel und Sekret zugleich vorstellenden Körper ist gern in der einen Hälfte hell und homogen, in der anderen körnig.« — Bei Ser (l. c. p. 37) finde ich folgende Beschreibung der Zellen in den Giftdrüsen von Triton cristatus: »Dieselben stellen mächtige Zellen dar, deren polygonale Basis einen Durchmesser von 0,06 mm und darüber haben kann. Sie füllen so ziemlich das ganze Lumen der Drüse aus. Ihre Gestalt ist eine ganz regellose, oft cylindrisch, kegel- oder keulen- förmig. « »Das Protoplasma dieser Zellen ist im peripheren Theile äußerst fein granulirt, mehr nach dem Centrum der Drüse zu werden diese Körner stark lichtbrechend und erreichen eine Größe bis zu 0,01 mm im Durchmesser. In der Nähe der Basis, zuweilen noch etwas weiter- hin, zeigen die Zellen seitlich eine deutliche Begrenzung, während man zum Centrum des Drüsenlumens hin nicht immer Zellengrenzen findet. Das zu stark lichtbrechenden Kügelchen umgewandelte Protoplasma der Zellen fließt zusammen und füllt das Lumen der Drüse als Sekret aus.« An einer anderen Stelle (p. 55) heißt es bei demselben Autor: »Vielfach auch sieht man die medianen, schon in Drüsensekret meta- morphosirten Zelltheile noch ziemlich deutlich von einander abgegrenzt, so dass das Sekret gleichsam in den einzelnen Zellen entsprechende Klumpen geballt erscheint.« Zu diesen Citaten aus der Litteratur, denen ich späterhin noch weitere hinzufügen werde, bitte ich ferner noch ein- mal Leypie’s letzte Äußerungen (abgedruckt auf p. 416) zu vergleichen. Gegenüber diesen Darstellungen erlaube ich mir vorab zur besseren Orientirung in Beziehung auf mein Untersuchungsobjekt (Tr. alpestris) Folgendes zu bemerken: der Norm nach existirt an diesen Drüsen, wie schon erwähnt, kein Lumen, sondern die Zellen füllen den ganzen Binnenraum aus; hierin stimme ich mit Carneıs (5, p. 349) überein. Ein Drüsenlumen ist höchstens der Idee nach gegeben, in so fern eine dem Ausführungsgang benachbarte Zelle (Fig. 7und 8) alle- mal schon mehr oder weniger vollkommen in Sekretmasse umge- wandelt ist; man kann also den scharf umschriebenen Platz, den diese Zelle einnimmt, wenn man durchaus will, für das Lumen ansehen. Ferner finde ich dieZellengrenzen, so weit meine Beobach- tungen reichen, immer scharf und deutlich ausgeprägt, Über die Hautdrüsen der Amphibien. 447 so dass also nicht etwa die Zellen im Centrum der Drüse mit einander verschmelzen. Sodann sehe ich fast den ganzen Zellenleib gleich- mäßig erfüllt von kugligen Granulis, welche ein »Sekretmaterial « vorstellen, so dass also nicht etwa die eine ganze Hälfte einer solchen großen Zelle homogen erscheint (Fig. 6, 7 und 8). Diese Zellen sind nicht etwas ganz Besonderes, etwas »Zusammengesetztes«, wie LEYDIG will, sondern sie sind Zellen schlechtweg, aber große Zellen, häufig auch mit vielen sehr großen Kernen; sie stoßen nicht bloße Theilstücke ihres Leibes als Sekret ab, wie etwa die Zellen der Milchdrüse, sondern, wenn ihre Stunde gekommen ist, wandeln sie sich in toto in Sekretmasse um. Bis zu dieser Zeit verhalten sie sich ganz so, wie andere Drüsenzellen, welche ein geformtes Sekretmaterial in ihrem Leibe aufspeichern, also etwa wie die Pankreaszelle, die während des Ruhezustandes die sogenannten Zymogenkörner zur Entwicklung bringt. Unter den specifischen Drüsenzellen muss man also bei unserem Objekte lebenskräftige und im Zerfall begriffene Individuen streng von einander unterscheiden; die mikroskopischen Vorgänge, welche bei Gelegenheit der Umwandlung der Zellen in die Sekretmasse sich be- obachten lassen, werde ich späterhin besprechen und schildere zu- nächst nur die innere Zusammensetzung derjenigen Zellen, welche in meinen Präparaten vor dem Beginn des ihnen allen bevorstehenden. natürlichen Auflösungsprocesses zur Abtödtung kamen. Wie bekannt enthalten diese Riesenzellen eine Mehrzahl von Kernen. Wie viele es in maximo sein können, habe ich nicht fest- gestellt; doch habe ich an Schnitten von 0,04 mm Dicke bis zu sieben Kernen in einer Zelle vorgefunden. Sie liegen der Drüsenwand ge- nähert, haben also eine basale Stellung. Über ihre enorme Größe ist schon oft berichtet worden und sie haben davon den Namen »Riesen- kerne« erhalten. Bei Triton alpestris ist es ein ganz gewöhnlicher Fall, dass ihre Länge 30 bis 50 u beträgt; dabei sind sie meist ovoid oder kugelig gestaltet (Fig. 9, 11, 12), so dass also auch der Breitendurch- messer ein beträchtlicher ist. Übermäßig lange Kerne sind jedoch relativ schmal. Bei Triton cristatus kommen ganz gewöhnlich noch größere Kerne vor als bei der erstgenannten Species. Bei einem Exem- plar betrug die Länge 66, die Breite 15 u. Bei Triton helveticus maß ich einen enorm großen Kern aus; die Länge war etwa gleich 90, die Breite gleich 15 u. Bei derartigen Untersuchungen über die normale Größe der Kerne der Giftzellen muss man sich wohl hüten nicht an pathologische Drüsenformen zu gerathen. Wie ich am Schlusse dieser Arbeit berichten werde, kommen Drüsen vor, deren Kerne in abnormer Weise vermehrt und ins Ungeheuerliche gewachsen sind. Aus diesem 29* 448 Philippos Nicoglu, Grunde lässt sich auch schwer entscheiden, ob, wenn man einzelne, bei Weitem über die Durchschnittsgröße hinausgehende Kerne in den Drüsen vorfindet, diese dann noch für normale Bildungen gehalten werden sollen. In diesem Zweifel befinde ich mich z. B. gegenüber einem Kern aus einer Drüse von Triton cristatus, welcher 120 u lang war und dabei eine größte Breite von 21 u aufwies!. Bezüglich der Zusammenlagerung der Riesenkerne innerhalb der Zellen habe ich noch Folgendes nachzutragen. Man findet häufig, dass zwei oder mehr Kerne so dichtan einander liegen, dass sie mit einem größeren Theile ihres Umfanges sich direktberühren. Bei Triton eristatus besonders kann man an der Basis der Zelle auf eng zusammengeschlossene Kernmassen treffen, an denen nicht mit Sicherheit zu erkennen ist, ob sie aus mehreren völlig diskreten Theilen bestehen oder ob sie noch in einer durchgängigen organischen Verknüpfung unter einander stehen. Diese Bilder können mit ziemlicher Sicherheit auf eine direkte Theilung des Zellen- kernes bezogen werden (Kıeın), um so mehr als mitotische Figuren an diesen Riesenkernen überhaupt nicht vorzukommen scheinen. Mit den Strukturen im Inneren der Kerne habe ich mich wenig beschäftigt, denn ich sah ein, dass sie ein langwieriges Special- studium ausmachen müssten, und dies hielt ich für eine häusliche An- gelegenheit der Kernhistologie. Was man für gewöhnlich an Präparaten, die nicht eigens für die Untersuchungen am Kern hergerichtet sind, sehen kann, ist nicht gerade eben viel. An den in Bıonpr’scher Lösung gefärbten Objekten gewahre ich eine enorm dichte Anordnung der Substanzmassen im Inneren des Kernes. Man findet dort außer dem, wie es scheint, wesentlich in gröberen Balken angeordneten Chromatin und außer einer Vielzahl von Nucleolen noch eine intensiv färbbare Substanz, das Lanthanin von M. Hrıpennaın (19, p.12% ff.). Die Gegen- wart dieses Körpers, welcher eine Neigung hat sich mit » Protoplasma- farbstoffen« zu beladen, bewirkt, dass die chromatischen Strukturen fast vollkommen verdeckt werden. Der ganze Kern erscheint undurch- sichtig und von den weiten leeren Räumen, wie man sie bei gewöhn- lichen Kernfärbungen zwischen den chromatischen Balkenwerken ge- wahrt, ist hier nichts zu sehen. Die Theile der chromatischen Kernstruktur, die durch das Methylgrün der Bıonprschen Lösung gekennzeichnet sind, zeigen oft sehr deutlich eine polare Orientirungim Sinne Ragı’s, eine Thatsache, die schon von KLeın (25, p- 292) und Fremning (12,p. 761) genügend hervorgehoben worden ist. I Kreis (26, p. 405) giebt als Maß der kleinsten Riesenkerne von Triton crista- tus eine Länge von 21—22 u, für die größten eine solche von 126—129 u an. Über die Hautdrüsen der Amphibien. 449 Diese specifischen Anordnungen innerhalb der Chromatingerüste zeigen sich um Vieles schöner an den Thioninpräparaten. Wird nur kurze Zeit gefärbt, so tingirt sich im Wesentlichen außer den Nucleolen nur das Chromatin, während das Lanthanin ungefärbt bleibt. An diesen überaus klaren Bildern zeigt es sich, dass der Chromatinreichthum der Riesenkerne ein außerordentlich großer ist und dass die chromatische Substanz wesentlich in stärkeren Strängen enthalten ist (vgl. 13, p. 10%). Was die Nueleolen angeht, so liegen sieinnerhalb der Kern- struktur und können außerordentliche Dimensionen erreichen. Bei Triton eristatus maß ich die Länge eines sehr großen Exemplars zu 15, die Breite zu 6 u. Außer länglichen Formen kommen rundliche und unregelmäßig polyedrische vor, welche leicht bis 9 u im Durch- messer halten !. In ihrem Inneren gewahrt man öfter kleine rundliche Körperchen, welche als Nucleololi imponiren. Kırım (25, p. 291) meint, dass die Nucleolen aus derselben Substanz bestehen wie das chroma- tische Kerngerüst; dies ist jedoch nicht richtig, denn sie reagiren den Farbstoffen gegenüber genau so wie die echten Nucleolen der Autoren in anderen Kernen auch. So nehmen sie in Bıonpr’scher Lösung nicht das Methylgrün an, sondern sie beladen sich mit dem Rubin S und werden purpurroth. Dass hier, gegenüber dem Chromatin gehalten, eine Substanzverschiedenheit zu Grunde liegt, geht auch aus dem Ver- halten gegenüber dem Thionin hervor. Denn bei Thioninfärbungen tingiren sich die Nucleolen in den Riesenkernen wie auch anderen Orts nicht rein blau wie das Chromatin, sondern metachromatisch mit einem Stich ins Rothe. Dabei sind hier wie überall die Nucleolen scharf umgrenzte Körper und nicht bloße Verdickungen des chromatischen Netzwerkes. Was den Leib der Riesenzelle anlangt, so erhält er sein typi- sches Aussehen durch die ungeheure Menge der in ihm aufgespeicherten Sekretkörperchen (Fig. 6 und 7), welche von den Autoren in neuer Zeit mit dem Namen der » Giftkörner« bezeichnet worden sind. Dieser Ausdruck erscheint mir doch nicht ganz passend, denn es ist immerhin fraglich, ob das von den Zellen produeirte Gift wesentlich an die Ent- wicklung dieses geformten Sekretmaterials gebunden ist. Es könnte ja sein, dass in diesen Granulis zunächst nur indifferente Eiweißkörper enthalten sind und dass erst später bei der nachfolgenden destruktiven Zersetzung des Zellenleibes die Gifte sich bilden. Daher bezeichne ich diese Granula (Fig. 6 und 7) lieber mit einem indifferenten Namen als ! Vergleiche auch die Beobachtungen KıEın’s über dieiniedenkernd (25): die frischen, überlebenden Kerne sollen in deutlicher Weise amöboide Bewegungen zeigen. 450 Philippos Nicoglu, » Sekretkörperchen«, oder in ihrer Gesammtheit als » Sekretmaterial«, da nämlich in physiologischer Hinsicht als Thatsache wohl nur das Eine gelten darf, dass sie dem geformten Sekretmaterial vieler anderer Drüsen entsprechen, z. B. den sogenannten Zymogenkörnern des Pan- Kreas. Die Granula erscheinen meist unter rundlichen Formen und treten in verschiedener Größe auf. Man kann außerordentlich feine Körnchen unterscheiden, welche wohl als die jüngsten ihrer Art zu gelten haben, und von diesen bis zu etwa 3 u im Durchmesser haltenden findet sich eine kontinuirliche Serie von Übergangsformen. Bei Triton cristatus sah ich auch viele mehr elliptische bis stäbchenförmige Sekretkörperchen bis zu einer Länge von etwa 4!/, u. Diese Körperchen färben sich alle in dem Rubin der Bıonpr’schen Lösung purpurroth, selten mit einem Stich ins Gelbe. Bei Anwendung der Eisenfärbung werden sie inten- siv geschwärzt (Fig. 6 und 7), derart, dass sie kein Licht mehr hindurchfallen lassen; da die Kontouren der Körperchen gleicher Zeit rein und scharf erscheinen, so darf mit Sicherheit angenommen werden, dass das Verfahren der Eisenfärbung die beste Methode zur Darstellung der specifischen Granulationen der Giftzellen ist!. Diese Farbenreaktionen gegenüber dem Rubin und dem Häma- toxylineisenlack haben die Sekretkörper der Giftzellen gemein mit dem geformten Sekretmateriale vieler anderer Drüsenzellen. Gerade so verhalten sich auch die Zymogenkörner des Pankreas, die körnigen Bildungen in den Zellen der schlauchförmigen Drüsen des Amphibien- magens, die Granula in den secernirenden Zellen der Harnleiter (Sammelröhren, Spenser) bei den Salamandrinen und die oben erwähn- ten (p. 421) albuminoiden Vorstufen der mucinösen Substanzen in den Hautschleimdrüsen von Triton eristatus. Überall ist hier die Eisen- färbung überlegen, da sie die in Rede stehenden paraplasmatischen Körperchen mit der denkbar größten Schärfe und Präeision zur An- schauung bringt. Hier will ich noch erwähnen, dass auch die bräun- lichen, kugeligen Pigmentkörperchen in den secernirenden Epithelien der Amphibienniere den Hämatoxylineisenlack bei der Differenzirung sostark festhalten, dass sie hinterher vollkommen geschwärzt erscheinen. Das Zellenprotoplasma, welches zwischen den ungezählten Legionen der Sekretkörperchen gelegen ist, färbt sich in der Bronpr’schen Lösung stark roth, bleibt dagegen fast farblos in den Eisenpräparaten. Genauere Beobachtungen über die etwa vorhandene innere Zusammen- ! Diese Färbungen sind so rein und scharf, dass sie eine 4500fache Vergröße- rung der Objekte gestatten. Voraussetzung sind nur eine starke Lichtquelle einer- seits und eine gute Tauchlinse (Apochromat) andererseits. Über die Hautdrüsen der Amphibien, 451 setzung dieser plasmatischen Substanz habe ich nicht machen können; dies würde wohl eine der schwierigsten Aufgaben der Zellenhistologie sein. Unter sich zusammenhängende, mehr oder minder granulafreie Protoplasmastrata findet man nur an der Basis der Zelle, also entlang der konvexen sich gegen die Drüsenwand anlehnenden Fläche, d. h. in eben derselben Region, in der auch die Kerne gelegen sind. Dies ist ebenfalls ein Verhalten, wie es in vielen Drüsenzellen, die ein speci- fisches Sekretmaterial ausbilden, wiederkehrt. Betrachtet man in Bıonpr'scher Lösung gefärbte Hautschnitte, so wird man schon bei schwacher Vergrößerung in den alten Giftdrüsen auf sehr starke Färbungsdifferenzen der Riesenzellen treffen, immer einzelne gegen den Ausführungsgang hin gelegene Elemente tingiren sich im Ganzen nur hellrosa, so dass sie sich in scharfer Umgrenzung von den Nachbarzellen abheben. Diese Unterschiede der Tinktions- fähigkeit treten um so mehr hervor, als die erst beschriebenen Formen der Riesenzellen meist einen viel dunkleren Farbenton aufweisen als überhaupt irgend ein anderes Gewebselement in den betreffenden Schnitten. Ähnliche Bilder erhält man, wenn das Bordeaux R in An- wendung gezogen wird. Diese Zellen, welche einen Theil ihrer Färb- barkeit verloren haben, zeigen bei stärkerer Vergrößerung weitgehende innere Destruktionsprocesse. Es handelt sich also um sterbende oderabgestorbene Elemente, deren Körper durch einen inner- lichen Auflösungsprocess auf direktem Wege in Sekretmasse übergefürt wird. Ähnliche Färbungsunterschiede erhält man an den Hämatoxylin- eisenpräparaten; hier zeigen sich die gleichen Zellen entweder voll- kommen farblos, oder die färbbare Substanz ist mehr oder weniger in der Abnahme begriffen (Fig. 6, 7, 8). Ferner kann man schon bei schwacher Vergrößerung konstatiren, dass es in jeder Drüse meist nur eine, selten zwei Zellen sind, die zur nämlichen Zeit dem Tode an- heimfallen. Um eine größere Anzahl von Zellen könnte es sich nur dann handeln, wenn für gewöhnlich der Fall zuträfe, dass die abge- storbenen Zellen zu einer einheitlichen Masse verschmelzen, so dass man die Territorien der ehemals vorhandenen Drüsenelemente nicht mehr aus einander halten könnte. Indessen fehlen für eine solche An- nahme die thatsächlichen Unterlagen. Diese Ausführungen gelten nur für die Drüsen, welche den nor- malen, gewöhnlichen Cyklus der Entwicklung durchmachen. Ich habe indessen schon oben erwähnt, dass — immer, in allen Präparaten — Drüsen vorkommen, bei denen die Entleerung des Sekretes aus irgend einem Grunde hintangehalten wurde und die als »überreife« 452 Philippos Nicoglu, Drüsen alle Zellen im Zustande des vollständigen Verfalls zeigen (Fig. 41 R). Hier färbt sich der Drüseninhalt in der Broxpı- schen Lösung meist braunroth, bei Anwendung der Eisenfärbung zeigen sich die abgestorbenen Massen der Zellenleiber auch hier wieder farblos. Schon bei schwacher Vergrößerung zeigt sich ferner, dass die der Regel nach einzige in jedem Drüsenbeutelchen vorhandene abgestorbene Zelle eine relativ große Fläche bedeckt; man muss also annehmen, dass ihre Masse in starker Quellung befindlich ist, wenn man nicht etwa auf die Hypothese der Verschmelzung mehrerer Zellen zurückkom- men will. Die mikroskopischen Bilder, die beim Triton gelegentlich des Ab- sterbens der Giftzellen und der Umwandlung des Zellenkörpers in Sekretmasse zur Beobachtung gelangen, lassen nicht auf einen typisch jedes Mal hierbei in ganz derselben Weise sich abspielenden Process schließen. Es ist sogar sehr schwer die in Rede stehenden Vorgänge in allgemeiner Weise zu charakterisiren. Der Norm nach lassen sich jedoch zwei Veränderungen an den zu Grunde gehenden Zellen mit Leichtigkeit konstatiren: erstens eine Zersetzung der protoplas- matischen Substanz und zweitens eine Vergrößerung, eine Art Aufquellung des specifischen Sekretmaterials, der »Giftkörner«. Die Zersetzung des Zellenprotoplasmas deutet sich gemeinhin durch die Umwandlung in eine gerinnselartige Substanz an, welche die Zwischenräume zwischen den aufquellenden Körnern aus- füllt. An anderen Stellen, namentlich in der Nähe der äußeren, der Drüsenwand anliegenden Oberfläche des Zellleibes geht die Intergranu- larsubstanz, das ehedem lebensfähige Protoplasma in eine dichte, homogen aussehende, sich tief färbende Masse über. Was die Sekretkörperchen anlangt, so nehmen sie, wie schon bemerkt, an Volumen zu und wandeln sich meist in bläschenartige Ge- bilde von sehr verschiedener Größe um, deren Durchmeser im Mittel etwa 5 bis 6 u. beträgt. Diese Bläschen zeigen dann einen dunkleren Kontour, wie von einer Membran herrührend. Ihr Inhalt zeigt sich bei den Präparaten aus Bıonpisscher Lösung entweder homogen und nur wenig gefärbt, oder sehr feinkörnig, oder der Inhalt erscheint klar und zeigt eine Reihe stark färbbarer Flitterchen. Sehr eigenartig erscheint das Aussehen dieser zuletzt genannten Umwandlungsformen der Sekret- körperchen in den Hämatoxylineisenlackpräparaten : die feinen Flitter- chen färben sich intensiv schwarz und zeigen in ihrer Gesammtheit ein Aussehen etwa wie die chromatischen Gerüstwerke mancher Kerne. Da diese Anordnungen innerhalb eines bläschenartigen Gebildes statt- Über die Hautdrüsen der Amphibien. 453 finden, so ähneln diese kleinen Körperchen dann lebhaft einem kleinen Zellenkerne mit stark gefärbten Binnenstrukturen (Fig. 6). Wie weit im einzelnen Falle die successiven Veränderungen der Sekretkörperchen innerhalb des Thierkörpers fortschreiten, das wird wohl oft davon abhängen, ob das betreffende Geschöpf in die Lage kommt den Inhalt seiner Drüsen öfters entleeren zu müssen oder nicht. Aus den Sekretkörperchen können schließlich wasserklare Blasen her- vorgehen, von kugliger oder ellipsoidischer Gestalt, häufig von beträcht- licher Größe (9 bis 12 u). Im Ganzen genommen kann man von der Färbbarkeit der Se- kretkörperchen sagen, dass sie während der Aufquellungs- periode fortwährend abnimmt. Dies beobachtet man sowohl an Präparaten aus Bionpi’scher Lösung als auch an den Eisenfärbungen und ist die typische Aufhellung des sterbenden Zellenleibes im Fär- bungsbilde wesentlich an die Abnahme der Tinktionsfähigkeit des quellenden Sekretmaterials gebunden; an Eisenpräparaten erscheint die Sekretmasse sogar schließlich ganz farblos. Es kommen freilich mehr ausnahmsweise auch Fälle vor — und ich habe solche namentlich bei Triton eristatus beobachtet — in denen die Granula auch noch nach einer beträchtlichen Größenzunahme sehr stark färbbar sind (in Rubin S und Bordeaux R) und als homogene solide Kugeln imponiren. Ähn- liches sieht man in Fig. 10 bei Triton helveticus; die Membranbildung an der Oberfläche — vielleicht handelt es sich hier um eine Nieder- schlagsmembran — scheint in solchen Fällen auszubleiben. — Eben- falls seltener findet man innerhalb der größeren bläschenartigen Ge- bilde ein oder mehrere kleinere von ähnlichem Aussehen vor; dies kam mir bei Triton alpestris mehrere Male zu Gesicht. Durch die Kombination so vieler dem äußerlichen Ansehen nach sehr verschiedener Umwandlungsformen der Sekretkörperchen inner- halb einer gemeinsamen im Leben wohl flüssigen Grundmasse, deren Aussehen ebenfalls wechselt, kommen dann eine ungemeine Zahl außerordentlich wechselvoller Bilder zu Stande. In den Fig. 6 bis 10 und 12 ist versucht worden einige davon in genauer Nachzeichnung festzuhalten. Wie sich aus Vorstehendem ergiebt, kann man jedoch nicht erwarten hier durchgreifende Regeln der Formgestal- tung vorzufinden. In Fig. 12 zeigen die fast durchgängig nur sehr wenig vergrößerten specifischen Granula einer alten in Zerfall begriffenen Giftzelle ein sehr feinkörniges Aussehen. Jedes Körperchen besteht wiederum aus feineren färbbaren Theilchen, die in einer hellen Substanz eingebettet liegen ; man trifft größere und kleinere Formen, von denen die ersteren 454 Philippos Nicoglu, die weiter vorgeschritteneren sind. Von den größeren zeigen viele eine ganz geringe Färbbarkeit: sie erscheinen als helle Bläschen, die im Inneren einige feine Flitterchen beherbergen. Rechts und unten in dem Körper der hier dargestellten Riesenzelle (Fig. 12R) ist die Zwischen- substanz oder das ehemalige Protoplasma wenig färbbar, eine helle Masse; nach links hin nimmt allmählich ihre Färbbarkeit zu, bis sie am konvexen Rande der Zelle in eine tief gefärbte, homogene Substanz übergeht. Hier heben sich die hellen Bläschen als »Vacuolen« von dem umgebenden Untergrunde ab und zeigen bedeutende Dimensionen; ihr färbbarer Inhalt ist an dieser Stelle entweder gleich Null oder doch nur ein sehr geringer (links oben in der Figur). Am rechten oberen Rande ist eben diese Zelle vollkommen zerfallen; es befinden sich dort ge- rinnselartige Bildungen, die jedoch in ihrer Anordnung noch erkennen lassen, dass sie einer Zwischensubstanz entsprechen, welche ursprüng- lich eine große Reihe bläschenartiger Gebilde unter einander zu einer einheitlichen Masse verband. Während dieser Figur ein Präparat aus Bıonpr'scher Lösung zu Grunde lag, stellt Fig. 6 eine Hämatoxylineisenlackfärbung vor. Der Zustand der dort sichtbaren, riesigen, im Ganzen hell gefärbten, in Zer- fall begriffenen Zelle ist hier ein ähnlicher, wie er durch die vorige Figur veranschaulicht wird. Die Sekretkörperchen sind hier alle zu bläschenartigen Gebilden verschiedener Größe (in maximo 9 u Durch- messer) aufgequollen. An dem konvexen Außenrand der Zelle (nach oben hin) ist die Zwischensubstanz zwischen den Bläschen sehr viel dichter und heben sich auch hier wieder die Bläschen von ihrer Um- gebung wie Vacuolen ab. Ihr Inhalt erscheint zum Theil noch stark färbbar, zum Theil ist derselbe wasserklar; zwischen beiden Zuständen, von denen der letztere wiederum dem weiter fortgeschritteneren ent- sprechen würde, finden sich alle Übergänge. Es hat hier den Anschein, als ob die färbbare Substanz mit Vorliebe sich der Wandung des Bläs- chens anlagert. In Fig. 9 erscheint der obere Theil der hier abgebildeten Riesen- zelle wie schaumig durch die Gegenwart vieler und großer Vacuolen, welche aus den Sekretkörperchen hervorgingen; eben dieselben Bil- dungen zeigen im unteren Theil der Zelle einen leicht gefärbten homo- genen Inhalt, daher sie als helle homogene Kugeln imponiren. Das eigenartige Bild, welches hier vorliegt, kommt wesentlich dadurch zu Stande, dass im oberen Theile der Zelle die Protoplasmareste zwischen den Vacuolen eine starke Färbung aufweisen, was weiter nach unten hin nicht der Fall ist. — In Fig. 40 haben wir eine der Art nach ganz ähnliche Bildung vor Augen; nur ist hier die Zahl der »Vacuolen« und Über die Hautdrüsen der Amphibien. 459 substanzarmen Kügelchen im Ganzen eine geringe, während die Zwischenmasse breiter entwickelt ist. — Fig. 7 und 8 sind nach Hä- matoxylineisenlackfärbungen entworfene Bilder. Die Sekretmassen, welche den einst lebenden Zellenkörper vorstellen, haben sich hier gar nıcht mehr gefärbt. Die inneren Umsetzungen sind also auf einem Stadium angelangt, welches noch über das Bild der Fig. 6 hinausführt. Wegen der Farblosigkeit der Objekte ließen sich hier die Einzelheiten nicht mit größerer Sicherheit wahrnehmen. Ich habe schon oben erwähnt, dass der Norm nach jeder Drüsen- beutel nur eine im Zerfall begriffene Zelle zeigt — wenigstens ist dies bei Triton alpestris so der Fall; in dieser Beziehung mögen bei verschie- denen Species mannigfache Unterschiede vorkommen, doch habe ich mich an diesem Punkte auf eine genauere vergleichende Untersuchung nicht eingelassen. Man wird für Triton alpestris demnach annehmen müssen, dass eine Zellenach der anderen in Sekretmasse um- gewandelt wird und dass eben so eine Zelle nach der anderen zur Ausstoßung kommt. Dass die Riesenzellen in den Drüsen in verschie- dener Anzahl vorhanden sind — bald sind es viele, bald nur wenige — das ist gewiss zum einen Theil auf die successive Entleerung der Drüsenbeutelchen zurückzuführen; andererseits ist, wie ich ebenfalls schon erwähnte, als sicher anzunehmen, dass die Drüsen ihrer Ent- stehung nach schon eine verschiedene Größe haben und demnach von Anfang an bald mehr, bald weniger specifische Drüsenzellen enthalten. Die auf p. 438 bereits kurz beschriebenen »überreifen« Drüsen weichen von der Norm stark ab, da bei ihnen meist der ganze Binnenraum von abgestorbenen und zerfallenden Zellen erfüllt wird, sofern nicht etwa nebenher schon wieder eine Regeneration beginnt (Fig. 11). Diese Drüsen betrachte ich darum als »überreife«, weil ich annehmen muss, dass die Epithelzellen hier nur desswegen alle im Zustande des Verfalles sich zeigen, weil die zuerst abgestorbene Zelle nicht entleert wurde und weil über die Dauer der Zeit hin auch die übrigen Zellen sich demjenigen inneren Zustande näherten, in welchem ihre Umwandlung in normales Sekret hätte eintreten müssen. Die Zellen, die man in der Tiefe solcher Drüsen trifft, zeigen nicht die oben geschilderte Form der inneren Destruktion. Die Sekretkörperchen, die Granula, quellen nicht auf, ja sie sind vielleicht im Durch- schnitt sogar etwas kleiner wie sonst. In ihrem Inneren zeigen sie eine Substanzabnahme, derart, dass schließlich nur mehr eine dieke mem- branartige Hülle bestehen bleibt, während der Inhalt klar (wenig färb- bar) erscheint. Bei stärkerer Vergrößerung zeigt sich eine solche Zelle wie durchsetzt von einer Unmasse feiner heller Ringelchen, den 456 Philippos Nicoglu, optischen Querschnitten der geschilderten bläschenartigen Bildungen. Die Zwischensubstanz, das Protoplasma, zerfällt und schließlich zer- fallen auch die Sekretkörperchen ganz und gar. Die ehemaligen Zellen, deren Umgrenzungen sehr oft (aber durchaus nicht immer) noch gut erhalten sind, bestehen jetzt zumeist aus gerinnselartigen Massen (Fig. 11 die beiden oberen Riesenzellen), zwischen denen mancherlei größere Lücken, Hohlräume, auftreten; doch ist hier im Einzelnen nicht auszumachen, wie viel davon Kunstprodukt ist und wie viel dem natür- lichen Zersetzungsprocesse entspricht. Auf der anderen Seite jedoch ist wieder auch ganz sicher, dass durch den Zerfall dieser Zellen im Inneren der Drüsen auf sekundärem Wege große und weite, unregelmäßig begrenzte Lumina entstehen, welche sonst in alten Drüsen, die den normalen Entwicklungsgang durchmachen, nicht vor- kommen. Bei diesen entstehen besten Falls in der Sekretmasse gegen- über dem Ausführungsgang und in unmittelbarem Anschluss an diesen kleine Aushöhlungen, welche in breiter Öffnung mit der Lichtung des Schaltstückes kommuniciren. Schwierig ist die Frage zu beantworten, was aus den Kernen aller dieser zu Grunde gehenden Zellen wird. Nun ist das Eine ganz sicher, dass niemals von ihnen irgend welche Neubildungen ausgehen; denn ich habe an vielen Hunderten von abgestorbenen Zellenindividuen mich ganz vergeblich nach etwas Derartigem umge- sehen ; dagegen ist über das definitive Schicksal der Kerne nur schwer etwas auszumachen. Lange Zeit hindurch zeigen sie ein fast normales Aussehen, doch findet man häufig auch Exemplare, die, wenigstens was das Chromatin angeht, ihre normale Färbbarkeit völlig verloren haben. Ich bin der Meinung, dass sie schließlich mit dem Sekret aus der Drüse entfernt werden und auf diese Weise endlich der Beobachtung auf mikroskopischen Schnitten sich entziehen. Das Eine möchte ich noch hervorheben, dass ich niemals an diesen Kernen typische chro- matolytische Figuren habe sich bilden sehen, wie solche von anderen Orten her beschrieben worden sind (52, 40). Zwar kommen in den degenerirenden Zellen untergehende Riesenkerne vor, deren Chromatin vorwiegend wandständig ist, wie dies dem chromatolytischen Process entsprechen würde, allein das Gesammtbild verhält sich in so fern ab- weichend, als es anscheinend niemals zur Ausbildung kugelschalen- förmiger Chromatinansammlungen an der Kernmembran kommt; auch die so überaus charakteristische chromatolytische Fragmentirung kommt nicht zur Beobachtung. Eigenthümlich und abweichend verhalten sich die Kerne über- reifer Drüsen. Diese nehmen sichtlich an Größe ab und oft zeigen sie Über die Hautdrüsen der Amphibien. 457 auf dem Querschnitt eines ganzen Drüsenbeutels nicht über das ge- wöhnliche Maß hinausgehende Dimensionen. Dabei ist ihre Färbharkeit offenbar zunächst erhöht. Ich glaube daher annehmen zu müssen, dass diese Kerne aus ihrem Inneren Flüssigkeit an die Umgebung abgeben, und dass auf diese Weise, durch eine abnorme Dichtigkeit der Kern- substanz, die abnorm hohe Färbbarkeit erklärt wird. Am Schlusse dieses Kapitels setze ich die oben begonnene Litte- raturbesprechung weiter fort. Drasch (8, p. 249) schreibt über den Salamander: »Bei näherer Untersuchung ergiebt sich nun, dass die Giftzellen in einem Syneytium eingebettet sind. Die Gestalt der Kerne desselben ist außerordent- lichen Schwankungen unterworfen, und hängt selbe offenbar von dem physiologischen Zustande der Drüse ab.« »Noch eine andere Art von Zellen liegt im Syneytium und zwar knapp über den Muskeln. Es sind dies stern- oder spindelförmige Gebilde mit großem Kern und häufig mit Pigment im Zellleibe.« An den großen Drüsenbeuteln der Parotis vom Salamander fand ich nun an Präparaten, die mit Bönmer’schem Hämatoxylin und Bordeaux R behandelt waren, durchaus nichts von einem Synceytium. Die Riesenzellen sitzen der Wandung der Drüse auf und begrenzen ein großes Lumen, welches von Sekretmasse erfüllt ist. In dieser gewahrt man eine Unsumme dicht an einander gedrängter, ‚heller, ungefärbter Bläschen verschiedener Größe; ferner findet man da roth gefärbte Körner, die jedoch an Menge sehr zurücktreten. Die Sekretmasse entsteht augenscheinlich durch Zerfall der Drüsenelemente, denn das Epithel ist nicht kontinuirlich über die Drüsenwandung ausge- breitet, sondern man findet weite Lücken von bald geringerer, bald größerer Ausdehnung dazwischen, welche, wie das Lumen auch, von der Sekretmasse kontinuirlich erfüllt werden. Diese Lücken ent- sprechen zu Grunde gegangenen Zellen, denn die Kerne der letzteren, Riesenkerne, sind zum großen Theil noch erhalten und liegen platt der Drüsenwand auf. Ich kann nur vermuthen, dass Drascn die Sekret- masse im Verein mit den restirenden Kernen für ein lebendes » Syney- tium« genommen hat. — Von den stern- und spindelförmigen Zellen, welche häufig Pigment enthalten sollen, habe ich in meinen probeweis angefertigten Präparaten vom Salamander nichts finden können. Bei Triton alpestris habe ich verödete Drüsensäckchen mit pigment- haltigen Zellen ab und an einmal gesehen; letztere zeigten die Astro- sphäre und ich darf sie wohl als Bindegewebszellen oder pigment- haltige Wanderzellen ansprechen. Höchst auffallend ist, dass sämmtliche Autoren, welche über die 458 | Philippos Nicoglu, Parotis der Bufonen gearbeitet haben, in ziemlich übereinstimmender Weise berichten, dass auf der Muskellage der Drüsenwand kein echtes Epithel aufgelagert sei, sondern dass sich dort eine zusammenhängende Protoplasmamasse mit eingelagerten Kernen finde. Wenn man diese Angaben für wahr nehmen will, so wäre dann hier ein echtes Syncytium vorhanden. Für meine Person werde ich nicht eher von dem Zutreffen dieser Darstellungen überzeugt sein, als bis man gezeigt hat, dass es unmöglich ist an der Hand der sonst diesem Zwecke dienenden proto- plasmafärbenden Mittel Zellengrenzen nachzuweisen. Ähnliche Verhältnisse, wie ich sie beim Triton bezüglich der Sekretbildung auffand, sind für den Axolotl schen von Paurickı (41, p. 450) beschrieben worden. Dieser Autor äußert sich folgender- maßen: »In den großen Drüsen findet sich nun fast regelmäßig die vorderste Drüsenzelle von anderem Aussehen als die übrigen Drüsen- zellen. Die Zelle erscheint zunächst bedeutend heller und besitzt nicht das gleichmäßig körnige Aussehen, sondern auf einer wasserhellen Grundfläche sieht man Figuren, die in ihrem Aussehen an Fetttropfen erinnern. Es macht den Eindruck, als ob hier das Protoplasma der Zelle in eine fettige Sekretmasse umgewandelt wäre.« Ich entnehme hieraus, dass auch beim Axolotl der Regel nach die dem Ausführungs- gang benachbarte Zelle in toto in Sekretbestandtheile übergeht. Merk- würdigerweise hat Paurickı an den Drüsen keinen Ausführungsgang nachweisen können. Ä Ich will hier schließlich noch erwähnen, dass Kırın (25, p. 293) an Riesenzellen, die er in frischem Zustande untersuchte, einige sehr bemerkenswerthe Beobachtungen machen konnte. Er sah nämlich, dass sie „sehr hübsche amöboide Bewegungen « ausführen. »Die Bewegungen bestehen in dem Hervorwölben von kleineren oder größeren Buckeln mit oder ohne Feitpartikeln; diese vergrößern sich oder werden wieder eingezogen. In vielen Fällen habe ich die Abschnürung größerer oder kleinerer solcher Buckeln — ebenfalls mit Fettpartikeln gefüllt — ver- folgt. Die freigewordenen kernlosen Buckel bewegen sich ganz deut- lich durch geraume Zeit.« Von diesen Vorgängen ist doch sehr fraglich, ob sie im Verlaufe der normalen Thätigkeit an den Giftdrüsen vorkom- men!. Ich halte vielmehr dafür, dass die Bewegungen der Riesenzellen und die höchst merkwürdigen Abschnürungen erst in Folge abnor- maler durch die Methode der Präparation gegebener Reize herbeigeführt ! Vgl. 26, p. 408. Wenn Kreın meint, dass diejenigen Zellen, welche man in seiner Fig. 4, Taf. XVII zunächst dem Ausführungsgang gelegen sieht, in der Lage sind ihr Sekretmaterial aktiv ausstoßen zu können, so muss ich dieser Vorstellung lebhaft widersprechen. Diese Zellen sind vielmehr bereits abgestorbene oder im Absterben begriffene Elemente. Über die Hautdrüsen der Amphibien. 459 wurden. Ich erinnere hier an die Beobachtungen von Scanıpr (44) und R. HeipenHany (16), wonach auf besondere Reize hin die Kuppen der Flimmerzellen und der Darmepithelzellen sich abschnüren können, was gewiss doch nicht ein Vorgang ist, welcher der Norm entspricht. Kreın hat ferner gesehen, dass »große und kleine Riesenzellen wie mit einem Ruck ihre Fettpartikel ganz oder theilweise entleeren«. Auch diese Beobachtungen sind nach meinen Untersuchungen nicht auf einen der Norm entsprechenden Sekretionsvorgang zu beziehen, schon aus dem einen Grunde nicht, weil in alten Giftdrüsen beim Triton, — und Triton eristatus ist das Untersuchungsobjekt Krein’s —, gar kein Lumen vor- handen ist, in welches hinein die »Fettpartikelchen« ausgestoßen wer- den könnten. Was es mit diesen »Fettpartikeln« für eine Bewandt- nis hat, weiß ich nicht. Es könnten wohl die albuminoiden und leicht färbbaren Giftkörner nebenbei auch noch Fett enthalten, allein ich kann über diesen Punkt nichts aussagen, da mir mit Osmiumsäure gehärtete Präparate nicht zu Gebote stehen. Im Übrigen haben auch die neueren Autoren nichts von Fett in den Giftdrüsen erwähnt. Kapitel V. Über den Zellersatz in den Giftdrüsen. Mit den Verhältnissen der Regeneration in den Giftdrüsen haben sich bisher drei Autoren speciell beschäftigt: Carmers, P. ScauLtz und SEER. CAımELs (l.c. p. 322 ff.) berichtet, dass bei Bufo die älteren eylin- drischen »Giftzellen« nahe der Basis eine seitliche Protoplasmaan- sammlung ausbilden (une monticule de protoplasma), in welcher ein neuer Kern »endogen« aus einem kleinen Knötchen (un nodule ä peine teinte de rose par le carmin) entsteht. Diese protoplasmatischen ge- kernten Scheibchen schnüren sich späterhin von den Mutterzellen ab und liegen dann in der Tiefe des Epithels zwischen den Basen der älteren Zellen. Die jungen Zellen sind zunächst im optischen Quer- schnitt dreieckig, die Basis des Triangels ist nach außen, die Spitze nach innen gekehrt, so dass sich die letztere keilförmig zwischen die Nachbarzellen einschiebt. Während die älteren Zellen zerfallen, wobei der Kern atrophirt, geht aus den Ersatzzellen eine endothelähnliche For- mation hervor, welche die Wand der Drüse bekleidet. Aus diesen flachen Zellen gehen dann höhere Zellenformen hervor: kubische und schließlich eylindrische ; letztere werden zu typischen Giftzellen. Nach den Ab- bildungen von CALneLs zu urtheilen ist es sehr leicht möglich, dass der Autor die Querschnitte glatter Muskelzellen für jugendliche Ersatzzellen gehalten hat. Da die dreieckigen Querschnitte glatter Muskelzellen in den einen Fällen den Kern gar nicht zeigen würden, während er 460 Philippos Nicoglu, wiederum in anderen Fällen bald in voller Breite, bald nur an der äußersten feinen Spitze vom Messer erreicht sein kann, so würde sich nach solchen Bildern auch die eigenthümliche Hypothese von der endogenen Entstehung des Kernes erklären. Schon P. Scuurtz (l.c. p. 42 ff.) vermuthet, dass Carmers Epithelzellen mit Muskelzellen ver- wechselt hat. Jedoch geht Scaurtz in seinen Vorwürfen CALMELS gegen- über viel zu weit. Die Zellenformen, die Carners als Type eubique und Type cylindrique &lev&ee beschreibt, kommen thatsächlich in jugend- lichen Giftdrüsen vor, und es brauchen hier keine weiteren Verwechse- lungen mit Muskelelementen vorzuliegen. P. Scaurtz lässt sich über das Drüsenepithel und dessen Ent- wicklung vernehmen wie folgt: » Dasselbe besteht aus flachen, bald rundlichen, bald unregelmäßigen, im Verhältnis zu ihrer späteren Entwicklung außerordentlich kleinen Zellen mit großem Kern und trübem, dunklem, meist gleichmäßigem Protoplasma. Das ist der Jugendzustand der Giftzelle, Giftkörner sind in ihr nicht vorhanden..... Die jugendlichen Zellen liegen unmittelbar über den kontraktilen Fasern und finden sich überall in den Drüsen mit Ausnahme des Drüsenhalses. Aber sie bilden nicht etwa eine gleichmäßige, die ganze Innenfläche der Drüse ‘überziehende Epithellage, wie man wohl er- warten sollte, vielmehr finden sich dieselben im ruhenden Zustande der Drüsen nur hier und da zerstreut..... Es findet hier nicht eine gleichmäßige, nicht eine gleichzeitige Entwicklung des ganzen Epithels statt,«e — so dass also immer jugendliche Zellen zurückbleiben, von denen her die Regeneration stattfindet. »Die Vermehrung der Zellen geschieht durch indirekte Kern- theilung; die hier gefundenen Kerntheilungsfiguren sind von so mäch- tiger Größe, wie man sie selten findet.« Das Merkmal der Giftzellen erhalten diese jugendlichen Zellen durch das Auftreten der Giftkörner. Durch ein Größenwachsthum, an welchem der Kern Theil nimmt, erreichen die Zellen ihren enormen Umfang. Die Sekretmasse geht aus den Überbleibseln abgestorbener Zellen hervor; der Kern geht mit zu Grunde. In wie weit diese Schilderungen von Scaurtz für die großen Drüsen des Salamanders und der Kröten zutreffend sein mögen, entzieht sich meinem Urtheil. Beim Triton geschieht die Regeneration der zu Grunde gehenden Zellen in einer durchaus anderen Weise, wie wir sehen werden. Von den bei Scaurrz erwähnten enorm großen Theilungs- figuren habe ich an meinem Objekt nichts finden können. Möglich, dass Scaurtz diejenigen Riesenkerne, welche eine besonders deutliche bipolare Orientirung des Chromatingerüstes zeigten, für echte mitotische F Knäuelfiguren genommen hat. Sagt doch schon Kırın, dass die Anord- nung der Gerüste in den Riesenkernen der sogenannten »Korbform « der mitotischen Kerne entspräche. Die merkwürdigsten Auseinandersetzungen hat Serk über die Neubildung der verloren gegangenen Drüsenelemente gegeben. Durch eine konsequente Serie histologischer und physiologischer Grübeleien hat sich der Autor glücklich die glatten Muskelzellen abdisputirt, so dass sie ihm schließlich zu Ersatzzellen werden, welche, » wie es scheint zeitlebens von dem Thier durch kontinuirliches Nachrücken von den Zellen des Rete Malpighi neugebildet und nachgeschoben werden«. Diese Auffassung der Dinge ist nicht mehr als ein litterarisches Kurio- sum. Irgend welche thatsächliche Befunde betreffs der Regeneration in den Drüsen finde ich bei See nicht. Wie der Leser ersieht schließen sich die Angaben der drei eitirten Autoren gegenseitig aus, sofern man annimmt, dass bei allen Amphibien die Wiederanbildung der Drüsenelemente in der gleichen Weise ge- schieht. Unter dieser Bedingung würden, wenn einer von ihnen im Rechte wäre, die Angaben und Anschauungen der anderen vollkommen irrig sein. Was die von mir wesentlich an Triton alpestris beobachteten zur Regeneration in Beziehung stehenden Thatsachen anlangt, so habe ich in der Litteratur auch nicht die geringste Andeutung davon gefun- den, dass jemals an den Hautdrüsen der Amphibien auch nur irgend etwas von fern her Ähnliches gefunden worden wäre. Ich stehe also wiederum mit meinen Vorgängern in vollkommenem Widerspruch und erst spätere Arbeiten können zeigen, wer hier schließlich das Richtige getroffen hat. Über die Hautdrüsen der Amphibien. 461 Bei der nachfolgenden Beschreibung des in den Giftdrüsen statt- findenden Erneuerungsprocesses, gehe ich von Fig. 12 aus, welche ein etwas weiter vorgeschrittenes Stadium demonstrirt. Die zu dieser Abbildung gehörige Drüse war kugelig und es lag ein mittlerer Durchschnitt vor, in welchem der Ausführungsgang im Längsschnitt getroffen war. Im rechten oberen Quadranten des Drüsen- beutelchens, — es ist nur die obere Hälfte desselben zur Wiedergabe gekommen —, zeigt sich hier eine typische Bildung, die ich in außer- ordentlich vielen Fällen in ähnlicher Weise wiederkehren sah: man gewahrtdaeinzweites, kleineres, mit einem Lumen ver- sehenes Drüsenbeutelchen, welches innerhalb der alten Giftdrüse gelegen, an deren Wandung platt angedrückt ist. Dieses jugendliche Epithelsäckchen, welchesalle epithe- lialen Theile der alten Drüse mit Ausnahme der Schalt- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bad. 30 462 Philippos Nicoglu, zellen in sich vorgebildet enthält, ist bestimmt sich an Stelle der alten zerfallenden Giftzellen zu setzen und neuerdings den Drüsenbalg vollkommen auszufüllen. Die Zusammensetzung der neuen Drüsenanlage ist auf diesem Stadium bereits eine außerordentlich komplicirte. Man kann zunächst ein schmaleres Halsstück bei # von einem breiteren Drüsenkörper unter- scheiden; beide Theile gehen ohne eine besondere Grenzmarke in einander über. Im Halstheil ist das Lumen stets nur ein äußerst feiner Kanal (vgl. auch Fig. 13), welcher in der Nähe des Schaltstückes frei mündet. Nach dem Drüsenfundus hin erweitert sich gewöhnlich das Lumen etwas, doch meist nicht in sehr beträchtlicher Weise. Dass in Fig. 12 das Lumen sehr breit erscheint, hat seinen Grund nur darin, dass zur Zeichnung diejenige Einstellungsebene aufgesucht wurde, bei welcher das Lumen den breitesten optischen Querschnitt aufwies; in anderen Einstellungsebenen war das Lumen, beiläufig auf einem Schnitt von 0,01 mm, durch Zellen der Wandbekleidung bereits voll- ständig verlegt. Auch wurde die Einstellungsebene zweckentsprechend während der Aufnahme der Kontourlinien derart geändert, dass alle Aussackungen des Lumens mit wiedergegeben werden konnten. Im Querschnittsbilde würde sich das Drüsenlumen jedenfalls nur als ein schmaler Spaltraum gezeigt haben. — Das Drüsenlumen ist ferner bei allen etwas weiter vorgeschrittenen Stadien meist ein unregel- mäßiger Kanal oder Gang, welcher gar nicht selten röhrenför- mige Seitenausläufer (Fig. 20 bei Z,) zwischen die benachbarten Zellen hineinschiebt. Diese Seitenausläufer können bis auf die Muskel- wand hinabreichen (vgl. Fig. 13 bei Z2,). Erhält man auf diesem Stadium einen Querschnitt durch den Drüsenhals, so glaubt man einen quergeschnittenen kleinen Tubulus vor Augen zu haben (Fig. 6 Dr.A). Der Drüsenkörper ist sehr viel voluminöser. Schon an den Längsschnitten (Fig. 12) ersieht man, dass seine Dicke gegen das blinde Ende hin beträchtlich zunimmt. Noch größer ist die Volumenzunahme in der Breitenausdehnung, wie dies auf Querschnittsbildern leicht ersichtlich ist (Fig. 20, 21). Ein derartiges, junges Drüsensäckchen, wenn es vom Schnitt durchquert wird, zeigt ungefähr die Form eines Halbmondes. Die konvexe stark gewölbte Seite liegt der Wand der alten Drüse an; die Innenseite, welche an die alten Giftzellen anstößt, ist abgeflacht, leicht konvex oder leicht konkav gestaltet. Mithin hat die ganze Bildung ungefähr die Gestalt eines ab- geflachten Beutels, von dessen Breitseiten die eine, die äußere, die Wölbung einer Kugelfläche zeigt, während die andere mehr abge- dacht ist. Über die Hautdrüsen der Amphibien. 463 Man kann ferner im Allgemeinen sagen, dass die voluminösere Gestaltung des Drüsenkörpers wesentlich auf Rechnung einer Größen- zunahme der Drüsenzellen kommt, denn die Entfaltung des Drüsen- lumens ist dem gegenüber eine unwesentliche. Der Hauptdrüsengang, — von den etwa vorkommenden Seitenzweigen abgesehen —, hält sich in seinem Verlaufe nahe der inneren ahgeflachten Grenzfläche der Drüsenanlage (Fig. 11, 20, 21) und liegt, bei der Betrachtung im Querschnittsbilde, von beiden Seiten- flanken des Drüsenbeutelchens gleich weit entfernt. Wird der oft nur feine Kanal zufällig der ganzen Länge nach getroffen, so zeigen sich von ihm aus gerechnet nach einwärts hin die Epithelzellen des Drüsen- körpers verhältnismäßig niedrig, während sie auf der Außenseite sehr viel höher sind (Fig. 11). Diese niedrigen Zellformen, welche das Lumen des jungen Drüschens von dem Inhalt der alten Giftdrüse tren- nen, zeigen auch sonst in mancher Beziehung ein abweichendes Ver- halten und will ich sie daher besonders bezeichnen, ich nenne sie Deckzellen (Fig. 12, 13, 20, 24). Ehe ich nun die verschiedenen Zellenarten bespreche, welche in diesen Drüsenanlagen vorkommen, will ich die Entwicklung ihrer äußeren Formen von der ersten Entstehung an bis zur völligen Aus- bildung der jungen Giftdrüschen (Fig. 17) zur Darstellung bringen. Fig. 9 und 40 stellen zwei der frühesten Stadien vor, welche ich in meinen Präparaten auffinden konnte. In der Drüse, welche der ersteren Abbildung entspricht, ist der Ausführungsgang der Länge lang getroffen ; in dem Exemplar, welches zu der anderen Figur gehört, war, wie man sieht, das Schaltstück tangential angeschnitten. Auch hier liegt also ein ungefährer mittlerer Durchschnitt von einem zum anderen Pole der Drüse vor. Von dem Inhalt des alten Drüsenbeutels ist in beiden Fällen nur die dem Ausführungsgang benachbarte in Zersetzung begriffene Zelle nachgezeichnet worden. Man sieht nun, dass zur einen Seite des Ausführungsganges auf einem schmalen Bezirke, dessen Längserstreckung in die Richtung eines Drüsenmeridianes fällt, auf einer Stelle, an welcher sonst in alten Giftdrüsen nur ganz flache, ab- geplattete Elemente zu liegen kommen (Fig. I und 2), eine epi- theliale Wucherung entstanden ist, welche im Inneren ein Lumen beherbergt und im Ganzen etwa wie ein kleiner Tubulus sich ausnimmt. Der Fundus eines solchen blinden Röhr- chens ist nicht oder nur sehr wenig voluminöser als der weiterhin gegen das Schaltstück hin gelegene (spätere) Halstheil. Die diese Bildungen zusammensetzenden Zellen sind klein, mit relativ großen Kernen, und die Kerne liegen der Wand der alten Drüse 30* On. „ai VEre ee we: 464 Philippos’Nicoglu, genähert. Die Zellenleiber, deren protoplasmatische Substanz meist keine Besonderheiten bietet, wölben sich nach einwärts um den Drüsen- gang herum; es scheint, dass der letztere innerhalb einer ursprünglich soliden Wucherung als einfache Spaltbildung zwischen den Zellen ent- stand. Besondere »Deckzellen« konnte ich auf diesem Stadium noch nicht unterscheiden. Ob diese Drüsenanlagen sich von jenen abgeflachten Zellen her entwickeln, welche sonst an dieser Stelle in den alten Drüsen zu finden sind, oder ob sie ihren Ursprung von den Schaltzellen aus nehmen, konnte ich am Objekt selbst nicht entscheiden. Jedenfalls aber spricht die größere Wahrscheinlichkeit für den ersteren Modus der Entwick- lung. Eben so wenig kann ich endgültig darüber aburtheilen, ob diese Zellen sich der Norm nach auf dem Wege der direkten oder in- direkten Theilung vermehren. Bilder, welche auf die erstere Thei- lungsform schließen lassen, habe ich überhaupt nicht, Mitosen nur dreimal gefunden. An diesen Misserfolgen der Untersuchung waren gewiss nicht die Präparationsweisen Schuld, denn die mitotischen Figuren zeigten sich in der MArricur'schen Lage der Epidermis sehr oft in der schönsten Weise konservirt und gefärbt, und ließen sich leicht auch in großen Mengen auffinden. Die angezogene Frage, ob Mitose oder Amitose, wird sehr schwer zu entscheiden sein, da wie ich weiter unten noch zeigen werde, es wohl ganz sicher ist, dass die Entwicklung der jungen Drüsen außerordentlich langsam vor sich geht und dass man schon aus diesem Grunde an unserem Objekte Zelltheilungen nur sehr selten finden wird. Die geschilderten, kleinen, schon mit einem Lumen versehenen Drüsenanlagen nehmen nun successive an Größe zu und wachsen an der Wand der alten Drüse entlang, sich zwischen der Muskulatur auf der einen Seite und den alten Giftzellen andererseits immer weiter nach abwärts vorschiebend. Hierbei nimmt der gegen das blinde Ende hin gelegene Theil der Drüsenanlage relativ rascher an Volumen zu und die Deckzellen fangen an sich deutlich zu sondern. Wir gelangen zu dem Stadium der Fig. 12 und auch über dieses hinaus noch wird die anfängliche Wachsthumsrichtung zunächst in der gleichen Weise bei- behalten. So schiebt sich das an Volumen immer mehr gewinnende Drüschen allmählich gegen den unteren Pol der Drüse hin vor und er- reicht diesen schließlich. Ein solches Stadium ist in Fig. I1 festgehalten worden. Hierbei will ich erwähnen, dass die Dickenausdehnung der abgeflachten und an die Wand gedrückten Drüsenanlage keine kon- stante ist; vielmehr wechselt der Tiefendurchmesser von frühen Stadien an. So kann, wenn die Gesammt-Entwicklung so weit gediehen ist, Über die Hautdrüsen der Amphibien. 465 wie Fig. 14 veranschaulicht, unter Umständen schon die ganze eine Hälfte des alten Drüsenbeutels von jungen Zellen ausgefüllt sein. In dem unteren Theile der Drüsenanlage, welche in der angezogenen Fig. 11 zur Abbildung gebracht ist, lief der Drüsengang in einen sehr feinen Kanal aus. Erst in diesen weiter vorgeschrittenen Entwicklungs- zuständen findet man an letzterem ein reichlicheres Auftreten von feinen Seitenästchen; sie scheinen indess nicht immer vorhanden zu sein, und ist dies der Fall, so kommen sie bald in größerer bald in ge- ringerer Anzahl zur Beobachtung. Während die Neubildungen im Inneren der alten Drüsen heran- wachsen, muss natürlich eine allmähliche Entleerung der Mutterdrüsen stattfinden. Wenn man sich nun zwei unmittelbar auf einander folgende Stadien vorstellt, bei denen in dem einen Fall ein oder zwei Riesen- zellen noch erhalten sind, während diese in dem anderen schon aus- gestoßen wurden, so wird man einsehen, dass in beiden Fällen das bloße histologische Bild vollkommen verschieden aus- fallen muss. Denn wenn auch nur eine Riesenzelle vorhanden ist, so beherrscht sie (auf dem mittleren Schnitte von Pol zu Pol) doch das mikroskopische Bild. Wir müssten also im weiteren Verfolge der Ent- wicklung einmal an eine Stelle kommen, wo dem äußeren Ansehen nach ein plötzlicher Sprung stattfindet, und zwar würden die äußer- lichen Unterschiede der beiden in Frage kommenden Stadien um so mehr ins Auge fallen, als die vollkommen entleerte Drüse jedenfalls relativ klein, die unvollkommen entleerte in Folge der Gegenwart einer oder der anderen Riesenzelle relativ sehr groß ist. Da man ferner den Regenerationsprocess häufig auch in »überreifen« Drüsen antrifft, in denen also viele Zellen auf einmal in Zerfall begriffen sind, so wäre es möglich, dass diese bei gegebener Gelegenheit simultau zur Ausstobung kommen: jener Sprung in dem äußeren Bilde der Entwicklung, von dem ich sprach, könnte also unter Umständen ein dem bloßen An- scheine nach ganz außerordentlicher sein. Auf welchem Punkte der Entwicklung nun der Norm nach die letzten alten Giftzellen entleert werden, zu welcher Zeit also jene plötzliche Umgestaltung des Drüsen- körpers erfolgt, das weiß ich nicht mit Sicherheit anzugeben. In- dessen habe ich bezüglich der Beurtheilung dieser Frage an meinen Präparaten doch einigen Anhalt. Ich finde nämlich diejenigen Fälle sehr rar, in welchen die wachsende jugendliche Anlage sich (über das Stadium der Fig. 41 hinaus) auch noch in die andere Hälfte des alten Drüsenglobus hinein ausdehnt. Es könnte also immerhin sein, dass die- jenige Kontraktion der glatten Muskelhaut, welche aus einer alten in Regeneration begriffenen Drüse plötzlich eine jugendliche nur aus 466 Philippos Nicoglu, jungen Zellen bestehende macht, etwa schon zu einer Zeit erfolgt, in welcher die Neubildung annähernd auf dem Stadium der Fig. 11 be- findlich ist. Es sind mir aber doch mehrfach Drüsen vorgekommen, innerhalb deren die junge Anlage sich ziemlich weit über den unteren Drüsenpol hinweggeschoben hatte; daneben war in einigen Fällen nur noch eine Riesenzelle vorhanden. In einem anderen Falle, der eine sehr große Drüse betraf und von mir in Fig. 13 zur Abbildung gebracht worden ist, war zwar schon etwa ?/, der ganzen Fläche des mittleren Durchschnittes von jungen Drüsenelementen bedeckt, doch fand sich daneben noch eine ganze Reihe von in völligem Zerfall begriffenen Riesenzellen. (Das Lumen der jungen Drüsenanlage ist auf diesem Schnitt nur abschnittweise getroffen; doch lässt sich unschwer erkennen, dass hier die gesammte Zellenmasse von vielen seitlichen Abzweigungen [L!, L,2 L,? L?] des Hauptkanals durchsetzt wird; die ersteren gehen an zwei Stellen bis auf die Muskelhaut herab; vgl. die Figurener- klärung.) In Fig. 16 endlich stelle ich eine nicht ganz von Pol zu Pol, sondern etwas seitwärts vom Hals der jungen Anlage durchschnittene Giftdrüse vor, diegerade in dem Momente zur Fixirung gekommen ist, in welchem die allerletzten Reste der alten Giftzellen ausgestoßen werden sollen. Von solchen Überbleibseln fallen namentlich ein großer (überfärbter) Riesenkern und einige gerinnsel- artige Bildungen ins Auge. Was die jungen Giftzellen anlangt, so füllen sie den größten Antheil des ganzen Drüsenbeutels aus und man be- merkt wiederum den typischen Unterschied zwischen den platten Deck- zellen einerseits und den übrigen cylindrischen Elementen anderer- seits. Das Drüsenlumen ist angeschnitten und bei Z sichtbar. Da aus dem in Fig. 16 abgebildeten Entwicklungsstadium nicht un- mittelbar jene Formen der Giftdrüsen hervorgehen, die durch die Gegenwart der Riesenzellen und durch den Mangel eines Lumens cha- rakterisirt sind, sondern da zunächst, wie die Fig. 17, 18, 19 lehren, Jugendliche, mit einem Lumen versehene und von Gylinder- epithel ausgekleidete Drüschen sich heranbilden, so wird jedenfalls der letzte Schritt in der geschilderten ersten Etappe der Ent- wicklung darin bestehen, dass nach oder während der Ausstoßung der letzten alten Zellenreste (siehe Fig. 16 im Vergleich zu Fig. 18) das Lumen der jungen Anlage sich beträchtlich vergrößert und nun die Deckzellen sich entweder an die noch freien Theile der alten Drüsen- wand anlegen oder vielleicht auch zu Grunde gehen, eine Möglichkeit, die zwar sehr wenig Wahrscheinlichkeit für sich hat, aber doch nicht ganz von der Hand zu weisen wäre. Man denke sich das in Fig. 16 Über die Hautdrüsen der Amphibien. 467 mit Z bezeichnete Lumen um ein Beträchtliches vergrößert: dann würde dieses jugendliche Epithelsäckchen auch gegen die noch freie Wand des alten Drüsenbeutels hin zur Entfaltung gekommen sein und diesen ganz ausfüllen. Geht der Process in dieser Weise vor sich, dann würde ferner das auf diese Weise neu konstituirte Giftdrüschen anfänglich nicht symmetrisch gebaut sein, sondern es müsste, wenn der Schnitt durch die schmale Reihe der abgeflachten ehemaligen Deckzellen hin- durchfällt, ein unsymmetrisches Querschnittsbild entstehen, da ja auf der gegenüberliegenden Seite die Zellenformen viel höhere wären. Wenn man nun viele jugendliche von Pol zu Pol durchschnittene Gift- drüschen auf diesen Punkt hin untersucht, so trifft man unter anderen auch auf stark asymmetrische Formen, welche den besprochenen theore- tischen Bedingungen vollkommen genügen. Aus diesem Grunde bin ich geneigt zu glauben, dass die Deckzellen zunächst nicht zu Grunde gehen, sondern beim Aufbau der Drüsenwand mit Verwendung finden. Ist schon die äußere Formgestaltung der jungen Drüsenanlagen in manchen Beziehungen schwierig einzusehen, so gilt dies noch bei Weitem mehr von ihrem zelligen Inhalt. Wir können da große und kleine Zellen von verschiedenartiger Form und verschiedenartigem In- halt unterscheiden, wobei es aber nicht gelingt für jeden einzelnen Typus gleicher Zeit auch die physiologische Bedeutung festzustellen. Die eine Annahme erscheint mir jedoch unabweislich, dass nämlich in den jungen Drüsensäckchen schon von frühen Zeiten an Sekrete abge- schieden werden. Hierauf weist schon die vollständige und hohe Aus- bildung des ausführenden Apparates hin, ich meine die in älteren Stadien oft reichliche Verzweigung des primären Drüsenganges; ferner kommen auch an den Zellen gewisse Anzeichen vor, welche auf einen specifischen Wechsel des funktionellen Zustandes schließen lassen. Die Form und Größe der Zellen ist, wie oben erwähnt, in den jungen Drüsenanlagen außerordentlich veränderlich. Im Allgemeinen nimmt die Größe der Elemente nach dem Halstheil hin kontinuirlich ab (Fig. 11 und 12); ferner sind diejenigen Zellen, deren Basis der abgeflachten oder leicht gekrümmten inneren Oberfläche des Drüsenbeutelchens entspricht, auffallend niedrig; dies sind die Deck- zellen (Fig. 44 und 12); im Gegensatz hierzu sind die anderen Elemente des Drüsenkörpers, deren Basalseite auf der Muskelwand aufruht, im Durchschnitt viel größer, weiter gegen den Drüsenfundus hin oft hoch- eylindrisch (Fig. 20, 21). Allerdings muss ich bemerken, dass auch in dieser äußeren Epithelplatte — ganz abgesehen vom Drüsenhalse —, niedrige Zellenformen vorkommen können (Fig. 20), welche zwischen 468 Philippos Nicoglu, den Basen der Nachbarzellen eingeschlossen liegen. In einzelnen Fällen gelang es mir zu sehen, dass eine solche kleine Zelle von einer Abzweigung des Hauptdrüsenganges erreicht wurde; ob dies immer der Fall ist, steht dahin. Da man offenbar sehr leicht durch die wechsel- vollen Bilder, welche Schief- und Tangentialschnitte durch die Wand des Drüsenbläschens erzeugen, zu Täuschungen über die Konstitution des Epithels veranlasst werden kann, so muss ich schließlich erklären, dass ich nicht weiß, ob man diese sehr unregelmäßig gestaltete äußere Wand der Drüsenanlage unter die typisch einschichtigen oder viel- schichtigen Epithelien subsumiren soll. Mir scheint fast, dass ich, — unter Hinzurechnung aller von mir beobachteten Einzelfälle —, hier auf die Gegenwart einer atypischen Bildung schließen müsste. Ist dies der wirkliche Thatbestand, so wird es an diesem Epithel erst dann zur Ausbildung einfacherer Verhältnisse kommen, wenn bei der Konstituirung der jugendlichen Einzeldrüse das Lumen sich entfaltet und die Mehr- zahl der unregelmäßigen Aussackungen desselben verschwinden. Eben so verschiedenartig wie die Größe und Form der Epithel- zellen junger Drüsenanlagen ist, eben so mannigfaltig ist ihr Inhalt. Was zunächst die meist kugligen oder ovoiden Kerne anlangt, so habe ich besondere Merkmale an ihnen nicht wahrnehmen können. Sie lassen neben dem Chromatin und Lanthanin häufig eine Mehrzahl von Nucleolen erkennen. Auffallend ist, dass ein Theilder Kerne substanzarm erscheint und sich nur wenig färbt; hiervon wird noch weiter unten die Rede sein. Was den Zellenleib angeht, so sind sehr viele Drüsenelemente dadurch ausgezeichnet, dass sie schon die Giftkörner in massenhafter Zahl zur Ausbildung gebracht haben. An ihnen zeigt sich nun ein ganz eigenartiges färberisches Verhalten. In einem großen Theil meiner in Bıoxpr’scher Lösung gefärbten Präparate nämlich haben sich die jungen »Giftkörner « nicht purpurroth wie in den alten Riesenzellen, sondern orange gefärbt. Da hierdurch die Ge- sammtfärbung der jungen Drüschen bedingt wird, so heben sie sich schon bei ganz schwacher Vergrößerung scharf und deutlich von den Zellen der alten Giftdrüsen ab. Dies Verhalten ist es auch, welches Herrn Dr. M. HeıpenHamn schon vor Jahren zur Entdeckung der jungen Drüsenanlagen führte, einen Befund, den er mir dann zur weiteren Ver- folgung übergab. Nichtinallen Zellen sind die Granula gleich groß. Die Deckzellen enthalten, wenn überhaupt, meist nur feinere Granula, während die größeren Elemente der äußeren Zellenplatte im Allge- meinen gröbere Granula mit sich führen (Fig. 11 und 13). Dies ist das 4 \ Über die Hautdrüsen der Amphibien. 469 Verhalten im Körper des Drüsenbeutelchens; in der Halsgegend trifft man mit ziemlicher Konstanz auf fein granulirte Zellen (Fig. 11,12, 13). Unter diesen fand ich bei Tr. alpestris häufig ein oder zwei, die tief purpurroth gefärbte Granula enthielten (Fig. 13 E,); was diese im mikroskopischen Bilde höchst auffallende Erscheinung zu bedeuten haben mag, bleibt völlig unklar. Viel seltener ist es, dass man in der äußeren Zellenplatte weiter gegen das blinde Ende hin auf fein granu- lirte Zellen stößt. Abgesehen von den schon erwähnten Ausnahme- fällen (Fig. 13E,) färben sich die feinen Granula durchgehends viel weniger als die gröberen und sind darum sehr viel schwerer wahrzu- nehmen. Häufig kann man die Beobachtung machen, dass die eine Drüsen- anlage durchschnittlich kleinere, die andere durchschnittlich gröbere Granula enthält. Hierbei kann es vorkommen, dass ein jüngeres Drüsensäckchen im Allgemeinen gröbere, ein älteres feinere Granula ent- hält. So stieß ich auf Drüsenanlagen des in Fig. 11 wiedergegebenen Stadiums, welche doch nur einzelne gröber granulirte Elemente ent- hielten. Was die erste Entstehung der Granula anlangt, so kann man sie mitunter schon in so jungen Drüsenanlagen, wie sie in Fig. 9 und 10 dargestellt sind, in den Zellen am blinden Ende des kleinen Tubulus erkennen; sie erscheinen dort bei ihrem ersten Auftreten in äußerst feiner Art und sind nur sehr wenig färbbar (in Bıonpr’scher Lösung). Außer den gröber und feiner granulirten Zellen enthalten die Drüsensäckchen auch solche, welche ein geformtes: Sekrelt- material nicht zur Ausbildung bringen. Derartige Elemente finden sich einerseits am Drüsenhalse, konstant z. B. in der nächsten Nachbarschaft des Schaltstückes (Fig. 11, 12 und 13); zweitens ent- halten aber auch etliche von den Deckzellen überhaupt keine Granula und schließlich drittens gehören dazu, wie es scheint, oft auch jene kleinen Zellen, welche sich in der äußeren Epithelplatte zwischen den Basen größerer Nachbarelemente eingeschaltet finden. Hier erwähne ich auch diejenigen Zellen, welche durch helle, sub- stanzarme, sich wenig färbende Kerne ausgezeichnet sind (Fig. 13 E,). Man findet sie zwischen den Zellen anderer Art hier und dort einge- schaltet, gleichsam eingequetscht vor, denn sie zeigen nur schmächtige Formen. Da Zellen dieser Gattung überhaupt nur selten vorkommen, so bin ich nicht in der Lage gewesen ein ausgiebiges Material in Betreff ihrer aufsammeln zu können. Der Schnitt trifft sie außerdem meist nicht der ganzen Länge nach, sondern man hat nur einen Abschnitt der Zelle vor Augen; darum tragen natürlich meine Beobachtungen an 470 Philippos Nicoglu, dieser Stelle einen sehr fragmentären Charakter. Was man am Zellen- leib sehen kann, ist, dass er in ähnlicher Weise substanzarm erscheint wie der Kern; körnige Bildungen im Protoplasma habe ich nicht mit Sicherheit beobachten können, sie kommen hier vielleicht nicht vor. Der Kern ist mitunter deutlich nach dem Lumen hin verlagert. Wenn ich ein Urtheil über diese Zellenkörper abgeben darf, so möchte ich die Ansicht aussprechen, dass es sich um absterbende Elemente handelt, die späterhin völligzu Grunde gehen. Ich bin geneigt die röhrenförmigen Seitenzweige des Hauptdrüsenganges (vgl. Fig. 20) auf die Zerstörung schmaler Zellen zurückzuführen, nach deren Zerfall das von ihnen eingenommene Territorium einen Theil des Drüsenlumens bilden würde. Eine solche Hypothese würde auch eine Erklärung für den Umstand abgeben, dass das Drüsenlumen mit seinen Aussackungen gar nicht so selten die Oberfläche der Muskelhaut erreicht. Eben so bin ich geneigt überhaupt alle groben Unregelmäßigkeiten an der inneren Begrenzungsfläche des Drüsenepithels auf einen Ausfall einzelner Ele- mente mit nachfolgendem mehr oder minder unvollkommenem Zu- sammenschluss der Nachbarzellen zurückzuführen; derartige grobe Un- regelmäßigkeiten sieht man in Fig. 44 und 13 bei Z. In dieser An- nahme bestärken mich zwei Umstände. Erstens konnte ich auf einem Schnitt der jungen Drüsenanlage der Fig. 16, welcher dem hier wieder- gegebenen benachbart war, konstatiren, dass eine von den großen pris- matischen Epithelzellen der ganzen Länge nach so vollständig zum Schwund gekommen war, dass an ihrer Stelle nur mehr ein gleichge- formter breiter Kanal bestand; die Thatsache, dass in den jungen Drüsensäckchen Zellen überhaupt zu Grunde gehen können, steht also fest. Zweitens kommt hier als wesentlich in Betracht, dass für die jungen, in allen ihren Theilen vollständig angelegten Giftdrüschen (Fig. 17) der Untergang einzelner Elemente eine physiologische Erscheinungist. Die Annahme, dass der Zellenschwund in allerdings sehr beschränktem Maße schon in frühen Entwicklungsstadien beginnt, ist demnach keine so sehr absonderliche. Schließlich möchte ich darauf hinweisen, dass der Untergang (anscheinend) jugendlicher Drüsenelemente in den noch nicht aus- gewachsenen Organen in demselben Sinne verstanden werden kann, wie der zweifellose vollständige Zerfall der alten Riesenzellen. Es darf wohl als eine Möglichkeit bezeichnet werden, dass hier von frühen Zeiten an die Substanz vor Kurzem neuentstandener Zellen in eine Sekretmasse umgewandelt wird, welche in physiologischer Beziehung dem Sekret ausgewachsener Giftdrüsen gleichwerthig ist. Dass über- haupt in den Drüsenbläschen, wie die Fig. 11, 12 und 13 sie als Neu- Über die Hautdrüsen der Amphibien, 471 bildungen zeigen, eine sekretive Thätigkeit vor sich geht, das scheint mir ferner aus der Thatsache hervorzugehen, dass die Kerne der grob- granulirten Zellen mitunter nicht kugelig sind, sondern zackig, sehr stark dunkel färbbar und dabeiumVieleskleiner. Derartige Formwandlungen der Kerne sind aber ganz gewöhnliche Erscheinungen in den Zellen funktionirender Drüsen. An dieser Stelle bleibt mir noch übrig von jenen Drüsen zu handeln, die in der von mir gegebenen systematischen Klassifikation auf p. 424 als Drüsen des dritten Typus zusammengefasst worden sind. Von diesen wurde schon oben berichtet, dass sie (p. 424 f.) neben alten Giftzellen ein epitheliales Drüsensäckchen jüngerer Formation enthalten, welches aus schleimsecernirenden Elementen be- steht (Fig. 14, 15 und 22). Vergleicht man eine Reihe von Drüsen dieser Art, so ergiebt sich ohne Weiteres, dass hier ein Regenerations- process im Gange ist, welcher äußerlich genommen wohl genau unter denselben Formen abläuft, wie wir ihn in Vorstehendem als typisch für die Giftdrüsen kennen gelernt haben. Nursind hier dienachwachsenden Zellen nicht mehr Giftzellen, sondern Schleimzellen. An ihnen konnte ich in einigen Fällen eine deutliche Thioninreaktion wahrnehmen. Die jungen Drüsenanlagen, welche ohne weitere besondere Hüllen innerhalb des von der alten Muskelhaut umschlossenen Raumes flach der Wan- dung angepresst liegen, zeigen, wie sonst auch, ein deutliches Lumen, welches indessen in den zu Fig 14 und 15 gehörigen Präparaten nicht mit in den Schnitt gefallen war. In einigen Fällen konnte ich auch die abgeflachten Deckzellen deutlich unterscheiden. Es ist ferner mit Sicherheit anzunehmen, dass diese Drüsenbeutelchen schon in Funktion begriffen sind, also ein mucinhaltiges Sekret liefern, wie auch die (allerdings oft fehlende oder nur sehr schwach ausgebildete) Thionin- reaktion beweist. Vergleicht man die Fig. 14, 15 und 22 in der hier angegebenen Reihenfolge, so wird man bemerken, dass sie ganz genau den Fig. 12, A1 und 16 entsprechen: wir haben drei verschiedene Stadien des besprochenen Regenerationsprocesses vor uns. In Fig. 14 dehnt sich die Drüsenanlage über einen, in Fig. 15 nahezu über zwei und in Fig. 22 über drei Quadranten des mittleren Drüsendurch- schnittes aus. Die räumliche Ausdehnung des von den Giftzellen eingenommenen Territoriums nimmt in gleichem Maße ab, wie die Entfaltung des wachsenden Schleimdrüschens zunimmt. Die secernirenden Zellen zeigten in allen Fällen das bekannte durchsichtige, glasige Aussehen der Schleimzellen und wiesen in ihrem Inneren eine Pseudofilarstruktur von großer Feinheit auf. Die 472 Philippos Nieoglu, zugehörigen Kerne waren bald mehr rundlich, bald zackig und eckig. Genauere Untersuchungen über den Bau dieser Zellen konnte ich nicht anstellen, da die Präparate (von Triton cristatus), welche diese Drüsen zeigten, nur zum geringeren Theile mit protoplasmafärbenden Mitteln behandelt waren. Ohne dies ist es aber heut zu Tage nicht möglich, genauere Angaben über den Bau von Drüsenzellen zu machen. Kapitel VI. Die jungen Giftdrüsen. Wenn die in innerer Verjüngung begriffenen alten Giftdrüsen ihr gesammtes anfänglich vorhandenes Zellmaterial aufgebraucht und als Sekret auf die Hautoberfläche hin ausgestoßen haben, dann stellen sie sich unter völlig neuen Bildern dar, denn die Entfaltung des Lumens der jungen Drüsenanlagen einerseits und das völlige Fehlen der Riesen- zellen andererseits giebt ihnen so zu sagen einen völlig neuen histologi- schen Charakter. Die allgemeine Form dieser nun entstandenen jugendlichen Giftdrüsen, welche im Durchschnitt beträchtlich kleiner sind als diejeni- gen, aus denen sie hervorgingen, erkennt man leicht aus den inFig.17u.18 gegebenen Abbildungen. Über die Verhältnisse des Ausführungsganges und des Schaltstückes habe ich natürlich nichts Neues hinzuzufügen, von der Muskulatur war schon p. 443 die Rede und so bleibt nur noch eine genaue Besprechung der Epithelauskleidung übrig. In allen Drüsen von diesem Typus schließen an das Schaltstück zunächst kleinere Zellenformen an, welche den oberen Theil des Drüsenglobus auskleiden. Diese Elemente sind offenbar größtentheils identisch mit jenen Zellen, welche vordem den Halstheil der Drüsen- anlage bildeten. Weiter gegen den unteren Drüsenpol hin werden die Zellen meist plötzlich höher, so dass wir an dieser Stelle der Regel nach auf hocheylindrische Formen stoßen (Triton alpestris); indessen finden sich auch Drüsenbeutelchen, deren Fundus von einem mehr kubischen Epithel ausgekleidet wird. Diesen Elementen der unteren Hemisphäre entsprechen in der Drüsenanlage die nach abwärts vom Halstheil gelegenen Zellen ; man findet daher jene wie diese meist dicht erfüllt von groben kugeligen Granulis. Es ist nun schon oben erwähnt worden, dass in den jugendlichen Giftdrüsen außerordentlich viele Zellen zu Grunde gehen, eine durch sehr sichere Beobachtungen gestützte Thatsache, die mir zunächst höchst merkwürdig und schwer erklärbar erschien. Indessen steht uns hier die schon einmal auf p. 470 aufgenommene Hypothese frei: dass auch in der jungen Drüse schon Gifte auf ähnlichem Wege gebildet werden wie in der ausgereiften, wobei also die Zellen in toto in Sekret- Über die Hautdrüsen der Amphibien. 473 masse umgewandelt werden würden, und andererseits führt eine weitere sehr einfache Überlegung nothwendigerweise zu dem Schluss, dass während der weiterenAusbildungder jungenDrüsen Zellen nicht bloß zu Grunde gehen können, sondern sogar durchaus zu Grunde gehen müssen. Vergleicht man nämlich junge und alte Drüsen hinsichtlich der Anzahl der in ihnen enthaltenen epithelialen Elemente, so zeigt sich, dass die letzteren zwar größere aber im Ganzen nur wenige, die ersteren dagegen augenscheinlicherweise relativ sehr viele Zellen enthalten. Wenn jede ursprünglich vorhandene Zelle einer Drüsenanlage zu einer »Riesenzelle « auswüchse, so müsste das definitive Organ eine außer- ordentliche Größe erreichen: also ist ein bis zu gewissem Grade fort- schreitender Zellenschwund vorauszusetzen. Die anfängliche Zellen- überproduktion könnte, — abgesehen von der schon vorgetragenen Möglichkeit der Auffassung (p. 470) —, auch folgenden Sinn haben. Man sieht, dass die im Leibe der alten neuangelegte Drüse sich zu- nächst so zu sagen nach dem Urbilde eines wachsenden Epithelbläschens entwickelt. Es liegt nahe für den Mechanismus dieser Entwicklung als conditio sine qua non vorauszusetzen, dass dabei durch successive Theilung eine gewisse Zahl von Zellen erreicht werde, die zwar für die Entwicklung des ganzen Gebildes als eines Bläschens im Augen- blick unerlässlich ist, dagegen in Rücksicht auf die spätere specifische Funktion wiederum einer Reduktion unterworfen werden muss. Die schon erwähnten meist kleinen Zellen, welche das obere Drüsengewölbe zusammensetzen (Fig. 18 zwischen A und S.Z), können in zwei Klassen gebracht werden. Die Zellen einer ersten Art haben eine meist cylindrische Form, sind relativ sehr klein, besitzen einen länglichen Kern und eine nur geringe Proto- plasmamasse, die irgend welche specifische Bestandtheile nicht erken- nen lässt; diese Elemente findet man immer in nächster Nachbarschaft des Schaltstückes (Fig. 17 und 18 zwischen F.Z und S.Z). Weiter nach abwärts schließen dann die Zellen der zweiten Art an; das sind im Gan- zen unregelmäßig gestaltete, meist kubische oder abgeflachte, ebenfalls kleine Elemente mit kugeligem Kern. Die Leiber dieser Zellen bergen in ihrem Inneren häufig sehr feine, rundliche, in Bıonprscher Lösung schwach, durch Hämatoxylineisenlack gar nicht färbbare Granula (Fig. 17 F.Z). Bei einer genauen Durchmusterung vieler Präparate überzeugt man sich leicht, dass diese Elemente zu denen gehören, welche für die Dauer keinen Bestand haben. Man trifft überall auf Individuen, welche in mehr oder weniger vollkommenem Zerfalle be- griffen sind. Hierbei verliert der Zellenleib sein festes Gefüge, die in 474 Philippos Nicoglu, ihm eingeschlossenen Körnchen fallen so zu sagen aus einander und die Trümmer gerathen dann in das Drüsenlumen, in welchem das durch den Erhärtungsprocess niedergeschlagene Sekret unter der Form gerinnselartiger, körniger Massen enthalten ist. Die zugehörigen Kerne verlieren ihre normale Färhbarkeit, werden immer blasser und blasser, und sind, bevor sie ganz zu Grunde gehen, selbst bei der den Kern- inhalt doch so sehr stark färbenden Eisenhämatoxylinmethode schließ- lich nur noch mit Mühe aufzufinden. An Stelle der ausgefallenen Zellen bemerkt man, — und dies ist ein ganz gewöhnlicher Befund —, häufig Lücken im Epithel (Fig. 18, 19 A), welche sich unter dem Bilde bis auf die Muskelwand herabgehender Aussackungen des Lumens präsentiren. Die häufig ganz unregelmäßige Gestaltung der inneren Oberfläche des Epithels führe ich darauf zurück, dass die durch den Ausfall einzelner Zellen entstandenen Löcher im Epithel von Seiten der Nachbarzellen durch Aneinanderrücken nur unvollkommen geschlossen wurden. Die besprochenen häufig kanalartigen Auszweigungen des Lumens findet man besonders oft gerade in jener Gegend, in welcher der Übergang der niederen Zellenformen des oberen Drüsenabschnittes in die am Drüsenfundus befindlichen hocheylindrischen Elemente stattfindet (Fig. 18, 19 A). Diese Zellen des unteren Drüsenabschnittes kann man gleichfalls in zwei Klassen trennen. Die Zellen eines ersten Typus zeigen grobe Granula, welche sich in Bionprscher Lösung orange und in Hämatoxylineisenlack intensiv schwarz färben (Fig. 17); sie sind identisch mit den grobgranulirten Zellenformen der vorher- gehenden Entwicklungsstadien. Die Zellen des zweiten Typus (Fig. 17, 18, 19 U.Z) sind dadurch charakterisirt, dass sich das gesammte Material ihres Protoplasmakörpers in Brıonpr’scher Lösung nur sehr schwach rosa, in Hämatoxylineisenlack gar nicht tingirt. Zwischen beiden Reihen finden sich Übergangsglieder. Die Zellen der ersten Art zeigen an ihrem Leibe unter Anwendung der genannten Färbungsmethoden wesentlich ein negatives Bild des Zellenprotoplasmas. Der größte Antheil des Zellenkörpers wird erfüllt von stark färbbaren Granulis, welche im Mittel 2 bis höchstens A!’ u messen. Das zwischen ihnen gelegene Protoplasma ist so gut wie unsichtbar, da das mikroskopische Bild durch die Anhäufung der Granula vollkommen beherrscht wird. Der Ort des Protoplasmas wird jedoch genau bezeichnet durch die zwischen den Granulis vorhandenen Lücken. Man kann also hier von einem negativen Bilde des Zellen- protoplasmas sprechen, welches übrigens mittels der Eisenfärbung an vielen ein geformtes Sekretmaterial aufspeichernden Drüsenzellen in Über die Hautdrüsen der Amphibien. 475 der gleichen Weise erhalten wird. — Die am Drüsenfundus befind- lichen Zellen des zweiten Typus zeigen bei Anwendung des Bıonpı- schen Verfahrens zu den obigen die positiven Bilder (Fig. 19 U.Z). Man findet den Körper der Zellen ganz dicht durchsetzt von kugeligen, vacuolenartigen Räumen, zwischen welchen ein schwach gefärbtes, protoplasmatisches Septenwerk bestehen bleibt. Die Granula, welche eben jenen vacuolenartigen Räumen entsprechen, haben hier ihre Färbbarkeit großentheils verloren und treten daher im mikroskopischen Bilde völlig in den Hintergrund; dafür stellen sich jetzt die rein proto- plasmatischen Theile des Zellenleibes um Vieles deutlicher dar. Selbst- verständlich ist auch in diesem Fall die Gegenwart der Granula für die Ausbreitung der protoplasmatischen Substanzen das Bestimmende; letztere werden eben auf gewisse zwischen den Granulis frei bleibende Bahnen beschränkt. Dass die Granula hier noch vorhanden sind, ob- wohl sie durch gewöhnliche Mittel nicht zur Anschauung gebracht werden, kann man auf anderem Wege beweisen. Beim Gebrauche einer Hämatoxylinvanadiumlackfärbung! erhält man nämlich von diesen Zellen wiederum das negative Bild des Zellenprotoplasmas, da sich in diesem Falle die zugehörigen Granula intensiv schwarzblau färben und wiederum den sinnlichen Eindruck beherrschen. Die Zellen der zweiten Art gehen aus denen der ersten Art hervor. Man findet alle Übergangsstufen, also z. B. Zellen, deren Granula bei Anwendung des Bıonprschen Verfahrens bald zum ge- ringeren, bald schon zum größeren Theile den Verlust ihrer normalen Färbbarkeit aufweisen. Die Substanz der Granula wird in irgend einer Weise chemisch verändert, während die Struktur der Zelle zunächst die gleiche bleibt. Für den Mikroskopiker, der solche Elemente, wie sie in Fig, 17 und 19 bei UZ abgebildet sind, vor Augen hat, erhebt sich sogleich die Frage, ob diese Zellen in ihrem gegenwärtigen Zustande etwa den schleimsecernirenden Zellen gleich zu setzen sind. Das bloße Aussehen spricht von ferne dafür; im Ganzen zeigen die Zellen sich durchsichtig, glasig, auf dem optischen Querschnitt erscheint eine Pseudofilarstruktur, ja es sieht mitunter selbst so aus, als ob die Gra- nula während der besprochenen inneren chemischen Umwandlung eine geringe Quellung durchmachen, ähnlich wie sie Biepermann in größerem Umfange beim Übergang der Mucigenkügelchen in Mucintröpfehen nachweisen konnte. Dass die hier im Inneren des Zellenleibes vor- handenen sekretartigen Bestandtheile in den Hämatoxylinvanadium- 1 Diese Tinktionen wurden von Herrn Dr. HEıDEnBAIN nach einem bisher noch nicht publieirten Verfahren angefertigt. 476 Philippos Nicoglu, lösungen sich schwarzblau färben, spräche nicht gegen ihre mueinöse Natur, denn auch die zwischen den Maschen der Protoplasmagerüste echter Schleimzellen enthaltene Substanz färbt sich bei der gleichen Behandlung in einem blauen Farbentone. Lägen hier Schleimzellen vor, so würden die in Obigem unter Anderem auch (im Sinne der Autoren) als jugendliche »Giftkörner« bezeichneten Bildungen die in- differente Vorstufe einer Sekretmasse sein, welche unter Umständen einen schleimigen Charakter anzunehmen vermag, in anderen Fällen dagegen bei der Produktion der specifischen Gifte eine Rolle spielen würde. Hier wäre dann auch wiederum darauf hinzuweisen, dass die albuminoiden Mucigenkörner in den echten Hautschleimdrüsen fast die gleichen Farbenreaktionen geben wie das geformte Sekretmaterial der Riesenzellen. | Alle diese Umstände lassen die Annahme, dass die jungen Gift- drüsen unter Anderem auch Schleimzellen zur Ausbildung bringen, sehr verlockend erscheinen. Indessen muss ich einer solchen Auf- fassung auf das lebhafteste widersprechen. Erstlich ist die Thioninreaktion nicht vorhanden; dies würde nun an sich nichts beweisen, denn sie fehlt unter Anderem auch am Oberflächenepithel des Magens, trotzdem dort eine schleimige Substanz in massenhafter Weise produeirt wird. Allein es kommen noch viele andere und wich- tige Gegengründe hinzu. So habe ich zweitens niemals ein Aus- fließen irgend welcher Sekretmassen aus den oberen Zellenenden be- obachten können, ein Vorgang, der sich an Schleimzellen aller Arten doch so leicht feststellen lässt. Drittens: Lägen hier Schleimzellen vor, so müssten diese Zellen auf dem hier vorliegenden funktionellen Zustande relativ kleine, eckige und dunkel färbbare Kerne haben, eventuell würden die Kerne flach am Boden der Zelle liegen. Diese Zustände zeigen sich am Kern der Schleimzellen immer und ausnahms- los, sobald der ganze Zellenkörper von einer weitmaschigen Pseudofilar- struktur durchzogen ist; daher kann. man auch in jeder größeren Schleimdrüse Tausende von Zellen finden, die bezüglich des Kernes den hier aufgestellten Forderungen entsprechen. Ich habe aber an den hier in Frage stehenden Elementen die erwähnte typische Formengebung des Kernes doch nur ausnahmsweise einmal angetroffen, eben so wie es eine Ausnahme ist, wenn man in den Zellen des ersten Typus, also vor der chemischen Metamorphose der Granula, eine solche Kernform vorfindet. Als ein viertes Argument gegen ihre Schleimzellennatur führe ich die Wahrnehmung ins Feld, dass viele unter diesen Zellen an ihrem Körper Veränderungen wahrnehmen lassen, welche mit einer voll- Über die Hautdrüsen der Amphibien. 477 ständigen Zerstörung des vorherigen Strukturbildes einhergehen. Man findet in diesen Fällen zunächst das protoplasmatische Struktur- system der Zelle undeutlich werden, worauf dann das Plasma und die von ihm eingeschlossenen Granula zu einer homogenen oder mitunter auch leicht fasrig erscheinenden Substanz zusammenfließen (Fig. 18). Wenn eine leichte Streifung oder Faserung des Zellenkörpers zu er- kennen ist, so nimmt sich diese mehr so aus, als ob ein Gerinnungs- phänomen vorläge. In dieser zusammengeflossenen Masse treten dann ferner kleinere und größere vacuolenartige Hohlräume auf (Fig. 18), welche mit Vorliebe in die nächste Nähe des Kernes zu liegen kommen; hierbei werden dann häufig Theile der Kernoberfläche von jeglichem Überzuge protoplasmatischer Substanz befreit, d. h. vollkommen bloß- gelegt (Fig. 18). Nicht selten ist es, dass ein großer Hohlraum den halben Leib der Zelle oberhalb des Kernes einnimmt. irgend welche färbbare Substanzen habe ich in diesen anscheinend von wässeriger Flüssigkeit erfüllten Räumen nicht wahrnehmen können. Auch handelt es sich schließlich nicht um »Vacuolen« im eigentlichen Sinne des Wortes; denn die Begrenzung dieser Räume ist keine glatte, scharfrandige, sondern die Grenzlinie erscheint oft unregelmäßig, wie angefressen. Häufig gewahrt man ferner, dass die Substanz solcher Zellen das Rubin der Bıonpr'schen Lösung um Vieles stärker aufnimmt als vorher. Es ist dies eine Beobachtung, die man ganz gewöhnlicher Weise an sterbenden Zellen machen kann: Wenn unter vielen Zellen des gleichen Typus einige sich in dem Rubin der genannten Anilinfarb- stoffmischung dunkelroth oder dunkelpurpurroth färben, während sonst die Färbungsintensität eine sehr viel geringere ist, dann stellt ein ge- naueres Zusehen oft die Thatsache heraus, dass es sich um sterbende oder abgestorbene Elemente handelt (R. HrıpenHArn und Hoyer junior). Man trifft dann ferner in der Klasse der hier zur Diskussion stehenden Zellen auf eine weitere Reihe von Bildern, welche ich aus den letztbesprochenen Zuständen ableiten zu müssen glaube und die mit großer Sicherheit auf ein völliges Absterben bezogen werden können. Die Vacuolen sind in diesen Fällen geschwunden und die Zelle ist in sich zusammengesunken, so zwar, dass sie in der Mitte wie eingeschnürt erscheint, während das nach dem Lumen hin gelegene Zellenende die ursprüngliche Breite mehr oder weniger vollkommen beibehalten hat. Daraus ergiebt sich für das ganze Element eine Sand- uhr- oder Keulenform, je nachdem der an der Basis gelegene Kern eine größere oder geringere Auftreibung des basalen Zellenendes verursacht. Diese Erscheinung möchte ich darauf zurückführen, dass die nicht mehr lebenskräftige Zelle ihre innere konstruktive Festigkeit verloren hat, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. 34 478 Philippos Nicoglu, worauf sie dem Druck der Nachbarzellen nachgiebt und sich so zu sagen von diesen zerquetschen lässt. Hierbei würde dann der flüssige Inhalt der vacuolenartigen Räume durch einen aktuell werdenden Seitendruck aus dem Zellenleib herausgetrieben werden. Der Schwund der Vacu- olen wäre demnach keine Lebenserscheinung mehr. Es muss wohl sein, dass die an diesen Zellen stattfindende Ein- schnürung in vielen Fällen einen außerordentlich hohen Grad erreicht, denn es ist mir in meinen Präparaten oft unmöglich gewesen zu jedem der in der Tiefe des Epithels gelegenen Kerne den zugehörigen Zellen- körper aufzufinden, während es mir andererseits eben so oft nicht ge- lang die keulenförmigen Körper untergehender Zellen von ihrem brei- testen Theile an der freien Oberfläche des Epithels her weiter als bis etwa gegen die Mitte des Epithels hin zu verfolgen: entweder, so stelle ich mir vor, ist nun der mittlere Theil des Zellenkörpers fadenartig dünn, oder er ist ganz durchgeschnürt. In Übereinstimmung mit diesen Befunden treffe ich in der Region der Kerne ungemein häufig auf völlig degenerirte Kernexemplare, deren Färbbarkeit eine minimale ist, deren Umrisslinie oft sich nicht einmal mehr mit Sicher- heit konstatiren lässt. Eben so gewöhnlich sind an jener Stelle isolirte chromatische Fetzchen und Partikelchen, die nur von unter- gegangenen Epithelkernen herrühren können. Nach allem Diesem halte ich dafür, dass sämmtliche im Fun- dus derjungen Giftdrüsen gelegenen Zellen, deren Granula die Eisenhämatoxylinreaktion nicht mehr geben, dem Untergange verfallen sind und dass sie eine specifische Funktion nicht mehr auszuüben im Stande sind. Ferner muss ich nach den schon weiter oben mitgetheilten Befunden und in Rücksicht auf die mir vor- liegenden Präparate auch für den größten Theil der das obere Drüsen- gewölbe bildenden Zellen annehmen, dass sie im weiteren Verlaufe der Entwicklung zum Ausfall kommen. Es scheinen von den Zellen des oberen Drüsenabschnittes nur jene kleinen cylindrischen und stets körnchenfreien Elemente erhalten zu bleiben, welche ihrer Lage nach unmittelbar an das Schaltsttick angrenzen (Fig. 17, 18). Diese sind wohl identisch mit den in den alten Giftdrüsen am oberen Drüsenpol befindlichen, abgeflachten Elementen (Fig. I und 2), welche zwischen den Riesenzellen einerseits und dem Schaltstück nebst den glatten Muskeln andererseits eingezwängt gefunden werden. Sie würden mithin als die »Keimzellen« zu betrachten sein, von denen her alle innerhalb der alten Giftdrüsen vor sich gehenden Regenerationsprocesse ihren Ur- sprung nehmen. Von den großen eylindrischen Elementen der jungen Giftdrüsen Über die Hautdrüsen der Amphibien. 479 würden im Ganzen nur wenige erhalten bleiben und zu Riesenzellen auswachsen, und zwar ist die Anzahl derjenigen Zellen, welche den ganzen Entwicklungsgang durchmachen, für die einzelnen Drüsenbeutel keine konstante. Demnach schwankt auch in den einzelnen Fällen die Zahl der untergehenden Elemente außerordentlich, wie man sich leicht durch den Augenschein überzeugen kann. An denjenigen Stellen der Haut, an denen man sehr kleine Giftdrüsen der ausgereiften Form kon- stant vorfindet, Drüschen mit vielleicht nur zwei Riesenzellen, wie man sie z. B. an den Rändern der Kloakenlippen der Männchen sieht, an diesen findet man auch jugendliche Giftdrüschen, welche eine ganz außerordentliche Anzahl degenerirender Zellen enthalten. So stammt auch das Drüsenexemplar, welches der Fig. 18 entspricht, aus der nächsten Nachbarschaft des äußeren Kloakenspaltes und wie man sieht, zeigen sich hier auf einem einzigen Durchschnitte neben einander eine ganze Serie nicht mehr lebensfähiger Zellen. Schließlich möchte ich noch einmal im Besonderen auf die weit- gehende Übereinstimmung der allgemeinen Anordnungen bei den völlig neu konstituirten Giftdrüschen einerseits und den Drüsenanlagen im Leibe der ausgereiften Giftdrüsen andererseits hinweisen. Zunächst haben wir in beiden Fällen ein Lumen mit seitlichen Ausläufern, welche wahrscheinlich überall durch den völligen Ausfall einzelner Elemente zu Stande kommen. Dann finden wir beiderseits dem Schalt- stück benachbart körnchenfreie Zellen von geringer Größe, in denen der Kern die Hauptmasse ausmacht. Daran grenzt wiederum in beiden Fällen eine Region, in welcher das Vorkommen fein granulirter Zellen Regel ist, und erst weiter nach abwärts davon stoßen wir auf den Typus der jugendlichen Giftzellen. Nachdem nun die Zahl der ursprünglich vorhandenen Zellen eine erhebliche Reduktion erfahren hat, muss nothwendigerweise eine neue Etappe der Entwicklung beginnen, während deren die schließlich über- lebenden Zellen allmählich zu den Riesenzellen auswachsen und ihre Kerne an Zahl und Größe zunehmen. Diese weitere Entwicklung, von der man sich leicht eine Vorstellung wird machen können, habe ich nicht beobachtet. In meinen Präparaten von Triton alpestris, welche ich der genaueren Beschreibung zu Grunde gelegt habe, sind solche Entwicklungsstadien der Giftzellen nicht vertreten, welche von der hocheylindrischen Form zu der Form der Riesenzellen hinüberführen. Für diesen Umstand glaube ich eine vollkommene Erklärung beibringen zu können. So weit ich mich entsinnen kann, ist mein sämmtliches Thier- 31* 480 Philippos Nicoglu, material in der Zeit vom Mai bis Juli zur Konservirung gekommen. Diese Präparate zeigen nun massenhaft die in denFig. 12 und 13 wieder- gegebenen Entwicklungsstadien. Fast in jeder alten Giftdrüse kann man ein derartiges Drüsensäckchen jüngerer Formation erkennen. Eben so sind die völlig ausgebildeten jungen Giftdrüschen (Fig. 17 etc.) in großer Menge in meinen Schnitten vertreten. Dagegen sind die frühen Stadien (Fig. 9 und 10) mir nur an Serien von Triton helve- ticus zu Gesicht gekommen und die späten Formen, wie sie für den Abschluss der ganzen Reihe erforderlich sind, fehlen mir überhaupt gänzlich. Daher glaube ich annehmen zu müssen, dass die Regeneration in den Drüsen nicht an jeder Hautstelle in jedem Augenblick beginnen, fortschreiten und endigen kann, sondern dass diese Entwicklungen schubweise erfolgen. Nach dem mir vorliegenden Materiale zu ur- theilen würde die Zellerneuerung im frühesten Frühjahr beginnen, während des Sommers fortschreiten und gegen den Herbst erst würden die inzwischen neugebildeten jungen Drüschen zu größeren Drüsen- beuteln mit Riesenzellen auswachsen. Die von mir nicht gesehenen Endstadien sind von CGarmeLs beschrieben worden, und stellen die diesbezüglichen kurzen Bemerkungen des genannten Autors gleicher Zeit das Einzige vor, was von dem gesammten Entwicklungsprocess bisher thatsächlich bekannt geworden ist. Carmers beschreibt, wie die cylindrischen Elemente des Drüsenfundus allmählich auswachsen, das Lumen der Drüse ausfüllen und ihre Kopfenden durch gegenseitigen Druck sich abplatten. Kapitel VII. Über pathologische Processe an den Drüsen. Obgleich es in meiner Aufgabe nicht liegen kann alle möglichen pathologischen Zustände, die sich an den Giftdrüsen ‚ab und an einmal einstellen können, einer ausgedehnten Besprechung zu unter- ziehen, so will ich doch wenigstens Einiges davon kurz beschreiben, schon um zu zeigen, dass ich überall beflissen war das Normale vom Abnormalen zu scheiden. Von besonderem histologischen Interesse war mir bei einem Exemplare von Triton alpestris eine alte Giftdrüse, welche bei beson- ders großem Umfang eine ganz eigenartige Umwandlung ihrer speci- fischen Epithelzellen zeigte. Die Riesenzellen waren hier vollkom- men frei von geformtem Sekretmaterial und ließen ein prachtvoll ausgebildetes Cytomitom erkennen, wobei die nicht regelmäßig ange- ordneten Zellenfäden aussahen etwa wie ein dichter Haarfilz. Hier und dort zeigte die Zellsubstanz verdichtete Stellen, welche sich wie es et > Über die Hantdrüsen der Amphibien. 481 Klümpchen ausnahmen. Die Zellen waren verschieden groß; die größte maß in der längsten Ausdehnung 180, im Breitendurchmesser 128 u und besaß drei Kerne von 92 zu 48, 60 zu 32 und 60 zu 48 u Durchmesser, — das sind also durchweg riesige Dimensionen! Nirgends waren die Kerne der Riesenzellen von normaler Beschaffenheit. Sie zeigten nicht die sonst so leicht erkennbaren groben Chromatingerüste der normalen Riesenkerne, sondern sahen feinkörnig oder feinfädig aus und waren im Ganzen violett gefärbt (Bıonpr’sche Lösung!). Die Nucleolen erschienen unter der Form größerer und kleinerer purpur- rother Tröpfchen. Von den Zellen waren einige, welche dem Aus- führungsgang zunächst lagen, in ihrer Substanz zerstört, augenscheinlich in einer Art von Auflösungsprocess begriffen. Dieselbe Giftdrüse schloss ein junges Drüsensäckchen neuer Bildung in sich ein, welches aber ebenfalls Merkmale einer deutlichen cellulären Degeneration an sich trug. — Aus den Beobachtungen, die sich an dieser Drüse an- stellen ließen, lernte ich, dass die Riesenzellen potentia die Fähigkeit zur Ausbildung einer regulären Filarstruktur besitzen. Handelte es sich in Vorstehendem um einen Einzelfall, der sonst in meinen Präparaten nicht wiederkehrte, so finden sich Bilder anderer, ebenfalls pathologischer Art häufiger. In diesen letzteren Fällen handelt es sich alle Mal um ein in verschiedenartigem Grade erfolgendes Zu- sammentreffen folgender vier Momente: 1) Es können die Kerne der Drüsenzellen an Zahl über das normale Maß hinaus vermehrt sein oder 2) sie sind im Durchschnitt sehr viel größer als sonst ; 3) die Muskulatur kann hypertrophisch sein oder 4) anormale Erscheinungen an den Kernen aufweisen. Drüsen mit abnorm vielen und hypertrophischen Ker- nen finden sich nicht selten, besonders bei Tr. eristatus habe ich sie oft gesehen. Mitunter ist fast der ganze Binnenraum der Drüse voll- gestopft von abnorm großen Kernen. Diesen Zustand sieht man in Fig. 24 abgebildet, wozu ich noch bemerken will, dass der einzelne Schnitt der betreffenden Serie eine Dicke von 0,015 mm besitzt und das ganze Organ auf sieben Schnitte zu liegen kommt: es ist also hier nur ein verhältnismäßig kleiner Theil der überhaupt in der ganzen Drüse vorhandenen Epithelkerne abgebildet worden. Diese erscheinen namentlich in Folge einer Zunahme des Breitendurchmessers volumi- nöser als sonst. In normalen Drüsen sind die größten Kerne immer zu gleicher Zeit relativ schmal (vgl. p. 447); hier fand ich z. B. an einem Kern von 84 u Länge eine Breite von 68 u, was ganz abnorm ist. Diese Riesenkerne zeigen in färberischer Beziehung meist ein 482 - Philippos Nicoglu, normales Verhalten ; oft kann man eine deutliche polare Anordnung der chromatischen Elemente wahrnehmen (vgl. p. 448f.). Daneben finden sich ab und zu untergehende Kerne und zwar entweder in Form wenig färbbarer, heller Bläschen, welche im Inneren normale Strukturen nicht mehr erkennen lassen, oder in Form homogener dunkler Körper, welche etwa wie Farbstofftropfen aussehen. — Ich habe ferner eine ganze Reihe von Fällen beobachten können, in denen ein Kern im Ausführungsgangsteckte oder zum Theil schon durch ihn hin- durchgetreten war; dies zeigen auch die beiden hierher gehörigen Abbildungen Fig. 23 und Fig. 24, welche in dieser Beziehung keiner weiteren Erklärung mehr bedürfen. — Diejenigen meiner Präparate, auf denen Drüsen der besprochenen Art zu sehen sind, waren nur mit Kernfarbstoffen behandelt; ich kann daher keine weiteren Auskünfte darüber ertheilen, wie sich in solchen Fällen das Protoplasma der Riesenzellen verhalten mag. Die Muskulatur weist an eben diesen Drüsen oft abnorme Erschei- nungen auf. Inden einen Fällen fand ich sie so abnorm stark ent- wickelt, wie ich dies sonst nirgends beobachten konnte (Fig. 2%), in anderen Fällen zeigten die Muskelkerne deutliche Zerfallserscheinungen: es schien sich um Fragmentirungen zu handeln (Fig. 23), ohne dass sich indessen hierbei feststellen ließ, in wie weit die einzelnen Kerntheile unter sich noch in Zusammenhang standen. An den glatten Muskel- zellen normaler Drüsen habe ich derartige Zustände am Kern niemals beobachten können. Zum Schlusse möge es mir gestattet sein meinem hochverehrten Lehrer Herrn Geheimrath von Köruker für die Überlassung des ge- sammten im Verlaufe dieser Arbeit benöthigten Materials sowie für die Zustellung der einschlägigen Litteratur meinen ehrerbietigsten Dank auszusprechen. Eben so fühle ich mich Herrn Dr. M. Hrınznnanm, unter dessen An- leitung ich meine Untersuchungen vorgenommen habe, für den mir ertheilten Beistand zu Danke verpflichtet. Herr Dr. HeıpenHAmn hat mir aus seiner Sammlung eine Reihe einschlägiger Serien zur Ausnutzung überlassen und der größte Theil der Zeichnungen ist nach solchen Präparaten unter seiner Beihilfe, zum Theil auch von ihm selbst ange- fertigt worden. Würzburg, im März 1893. Über die Hautdrüsen der Amphibien. 483 Litteraturverzeichnis. 4. AschERson, Über die Hautdrüsen der Frösche. MüLter’s Archiv 1840. 23. 20. 21, . BIEDERMANN, Zur Histologie und Physiologie der Schleimsekretion. Wiener Sitzungsberichte. Jahrgang 4886. . Borav, Beiträge zur Kenntnis der Amphibienhaut. Inaugural-Dissertation. Göt- tingen 1866, . Busnıon, Organes sensitifs du protee et de l’axolotl. Bulletin de la societe Vaudoise des sc. nat. 2e serie. Vol. XII. No. 70. . CarmErs, Etude histologique des glands a venin du crapaud et recherches sur les modifications apportees dans leur evolution normale par l’excitation electrique de l’animal. Archive de Physiologie. Bd. XV. 1883. . Cıaccıo, Intorno alla minuta fabrica della pelle della Rana esculenta. Palermo 4867. Estratto dal Giornale di Sceienze Naturali ed Economiche. Vol. II. . DrascH, Beobachtungen an lebenden Drüsen mit und ohne Reizung der Nerven derselben. Archiv für Physiologie. 1889. . Derselbe, Über die Giftdrüsen des Salamanders. Verhandlungen der anatomi- schen Gesellschaft. 1892. . EBERTH, Untersuchungen zur normalen u. pathologischen Anatomie der Frosch- haut. Leipzig 4869. W. Engelmann. . EckHArn, Über den Bau der Hautdrüsen der Kröten und die Abhängigkeit der Entleerung ihres Sekretes vom centralen Nervensystem. Archiv für Anat, u. Phys. 4849. . EnGELMANN, Die Hautdrüsen des Frosches. Prrtücer’s Archiv. Bd. V. ‚ FLemmine, Über die Unsichtbarkeit lebendiger Kernstrukturen. Anat. Anzeiger 1892. . Derselbe, Zellsubstanz, Kern und Zelltheilung. Leipzig 1882. . GRATIOLET et CLoEz, Note sur les proprietes veneneuses de !’humeur lactescente que secretent les pustules cutanees de la Salamandre terrestre et du Cra- paud commun. Comptes rendus 1854. . Dieselben, Nouvelles observations sur le venin contenu dans les pustules cu- tan&es des Batraciens. Comptes rendus 1852. . RUDOLF HEIDENHAIN, Beiträge zur Histologie und Physiologie der Dünndarm- schleimhaut. PrLüser’s Archiv. Bd. XLIII. Supplementheft. . MArrın HEIDEnHAIN, Die Hautdrüsen der Amphibien. Würzburger Sitzungsbe- richte. 4893. . Derselbe, Über das Vorkommen von Intercellularbrücken zwischen glatten Muskelzellen und Epithelzellen von ektodermaler Abkunft und deren theo- retische Bedeutung. Anat. Anzeiger 1893. Derselbe, Über Kern und Protoplasma. Separatabdruck aus der Festschrift zum 50jährigen Doktorjubiläum des Herrn Geh. Rath v. KöLLıker, Leipzig 4892. Wilhelm Engelmann. Derselbe, Beiträge zur Kenntnis der Topographie und Histologie der Kloake und ihrer drüsigen Adnexa bei den einheimischen Tritonen. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXXV. HenscHe, Über die Drüsen und glatten Muskeln in der Haut von Rana tempo- raria. Diese Zeitschr, Bd. V. 4856. 484 s - Philippos Nicoglu, . HERMANN, Beiträge zur Histologie des Hodens. Archiv für mikroskop. Anatomie. Bd. XXXIV. 3. Hoyer, Über den Nachweis des Mucins in Geweben mittels der Färbemethode. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXXVI. . Hoyer junior, Beitrag zur Kenntnis der Lymphdrüsen. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXXIV. . Krein, Ein Beitrag zur Kenntnis des Zellkernes und der Lebenserscheinungen der Drüsenzellen. Centralbl. f. d. medic. Wissensch, 4879. Nr. 17. . Derselbe, Observations on the glandular Epithelium and Division of nuclei in the skin of Newt. Quart. Journ. of mikr. Sc. 4879. . KoBErT, Giftabsonderung der Kröten. Sitzungsber. der Naturforschergesellsch. Dorpat 4889. Bd. IX. . v. KÖLLIKER, Mikroskopische Anatomie. Leipzig 1850. Wilh. Engelmann. . Derselbe, Die embryonalen Keimblätter u. die Gewebe. Diese Zeitschr. Bd. XL. . Derselbe, Handbuch der Gewebelehre des Menschen. 6. Auflage. Leipzig 1889. Wilh. Engelmann. . Leypıc, Zum Integument niederer Wirbelthiere abermals. Biolog. Centralblatt. Bd. XII. 1892. . Derselbe, Über die allgemeinen Bedeckungen der Amphibien. Archiv für mikr. Anat. Bd. XII. 1876. . Derselbe, Die Hautdecke und Hautsinnesorgane der Urodelen. Morph. Jahrb. Bd. Il. 4876. . Derselbe, Über Organe eines sechsten Sinnes. Nova Acta. 1868. . Derselbe, Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere. 1857. . Derselbe, Anatomisch-histologische Untersuchungen über Fische u. Reptilien. Berlin 1853. . Derselbe, Über die Kopfdrüsen der einheimischen Ophidier. Archiv für mikr, Anat. Bd. IX. 4873. . Derselbe, Über die Molche der württembergischen Fauna. Berlin 1867. . Derselbe, Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Thiere. Bonn 1883 . Nissen, Über das Verhalten der Kerne in den Milchdrüsenzellen während der Absonderung. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXVI. . PauLickı, Über die Haut des Axolotl. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXIV. . PFITZnER, Die Epidermis der Amphibien. Morph. Jahrb. Bd. VI. 1880. . RAanviEr, Sur la m&ecanisme de la secretion. Journal de Micrographie 1887. . Curt Scunipt, Über eigenthümliche aus dem Flimmerepithel hervorgehende Ge- bilde. Archiv für mikr. Anat. Bd. XX. . Schußerg, Über den Bau und die Funktion der Haftapparate des Laubfrosches. Arbeiten aus dem zool.-zoot. Institut zu Würzburg. Bd. X. . P. Scaurtz, Über die Giftdrüsen der Kröten und Salamander. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXXIV. . F. E. Scautze, Epithel- und Drüsenzellen. Archiv für mikr. Anat. Bd. III. . SEEK, Über die Hautdrüsen einiger Amphibien. Inaug.-Diss. Dorpat 489. . L. Srıeva, Über den Bau der Froschhaut. Archiv von Reichert u. Du Boıs-Rey- MOND. A865. . SZESNY, Beiträge zur Kenntnis der Struktur der Froschhaut. Inaug.-Diss. Dorpat 1867. . ZALESKY, Über das Samandarin. Mediein.-chemische Untersuchungen, heraus- gegeben von Horrr-SeyLer. Berlin 4866. Über die Hautdrüsen der Amphibien. 485 52. FLemmine, Über die Bildung von Richtungsfiguren in Säugethiereiern beim Untergang GrAAr'scher Follikel. Archiv für Anat. und Phy. Anat. Abth. 4885. 53. ALFRED STiEDA, Über die Kloake und das Receptaculum seminis der weiblichen Tritonen. Inaug.-Diss. Königsberg 1891. Während des Druckes erschienen: 54, SCHUBERG, Beiträge zur Kenntnis der Amphibienhaut. Zool. Jahrbücher. Abth. f. Anat. u. Ontog. Bd. VI. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXI. Fig. 4 u. 2. Querschnitte durch die Haut von Triton alpestris mit je einem Ausführungsgang. Bıonpr’sche Lösung. Apochrom. 3 mm; 4,40. Oc. Nr. 8. Proji- eirt auf den Arbeitstisch. C, sog. Cuticula des Ausführungsganges; cF, kontraktile Faserzellen ; der Kerninhalt ist in der Zeichnung nicht wiedergegeben worden; F, Kern einer (bindegewebigen ?) Faserzelle, Kerninhalt ebenfalls zeichnerisch nicht weiter ausgeführt; derartige Kerne findet man am oberen Drüsenpol in sym- metrischer Lagerung; Ho, Hornschicht; Ib bezeichnet die Stelle, an welcher inter- cellulare Brücken zwischen der glatten Muskelzelle und der Schaltzelle vorkommen; 1, breiter Intercellularraum zwischen der Hornschicht und der übrigen Epidermis mit sehr deutlich sichtbaren Intercellularbrücken ; KZ, Keimzellen (Text p. 478); MZ, oberster in die Epidermis hineinragender Zipfel einer glatten Muskelzelle; P, protoplasmatischer Zellenleib, bei welchem der zugehörige Kern abgeschnitten ist; Pig, dichte Pigmentmassen der Cutis; SZ, Schaltzellen; TZ, Trichterzellen. — Fig. 4 stellt ein Bild dar, wie man es ganz gewöhnlich beobachten kann: hier sieht man die glatten Muskelzellen in einer undeutlichen Weise mit der Epidermis ver- fließen. In Fig. 2 dagegen ist einer jener seltenen Fälle dargestellt, in welchen es gelingt den intraepidermoidalen Verlauf der obersten Enden der glatten Muskel- zellen genau zu verfolgen ; linker Hand ist der Endzipfel der Muskelzelle nahe seiner Basis durchgeschnitten. Fig. 3u. 4. Triton alpestris. Bıonprsche Lösung. Leitz, Immers. Nr. 9, Oc. 4. Flächenschnitte durch die Epidermis mit dem ausführenden Kanal. TZ, Trichterzelle; MZ, Muskelzelle. Text p. 428. Fig. 5. Triton alpestris. Hämatoxylin-Eisenlackfärbung. Leitz, Obj. Nr. 7, 0c.4, Ausgezogener Tubus, Projektion auf den Arbeitstisch. DZ, Deckelzelle über einer Hautwarze; K, Kern in der Häutungsschicht;; SZ, Schaltzellen ; TZ, Trichter- zelle. Die lateinischen Ziffern / bis IV an den Kernen rechts und links vom Aus- führungsgang bezeichnen das relative Alter der zugehörigen Zellen von der ältesten zur jüngsten hin gerechnet. Fig. 6. Triton alpestris. Hämatoxylin-Eisenlackfärbung. Leitz, Obj. Nr. 7, Oc.A. Eingeschobener Tubus; projicirt auf die Höhe des Objekttisches. Der hier vorliegende Schnitt durch eine alte Giftdrüse ist dem mittleren Längsschnitt benachbart zu denken. Es sind nur die epithelialen Elemente herausgezeichnet worden, Die Spalträume zwischen diesen sind artificiell. Ein Kranz von normalen 486 Philippos Nicoglu, Riesenzellen (R) umgiebt eine Sekretmasse (RS), welche ihrerseits einer abgestor- benen und völlig veränderten Riesenzelle entspricht. Dr.A, junge Drüsenanlage am Halstheil quer durchschnitten. Größe der Bläschen in der Sekretmasse bis 9 u. Höhendurchmesser der normalen Riesenzellen 24—33 u. Fig. 7. Triton cristatus. Hämatoxylin-Eisenlackfärbung. Leitz, Obj. Nr. 7, Oc. 4. Eingeschobener Tubus. Projektion auf den Arbeitstisch. Typus einer alten Giftdrüse, der Ausführungsgang ist nur angeschniften. In der Zeichnung sind wesentlich nur die Riesenzellen (Rj berücksichtigt. RS, Riesenzelle, abgestorben und in Sekretmasse umgewandelt. Fig. 8. Triton alpestris. Hämatoxylin-Eisenlackfärbung. Zeıss, Apochrom. 4 mm, Oc. Nr. 4; projcirt auf den Arbeitstisch. Kleine Giftdrüse der ausgereiften Form. AR, Riesenzelle; RS, Riesenzelle, abgestorben und in Sekretmasse umge- wandelt; A.Dr, nachwachsendes Drüsensäckchen neuer Formation. Tafel XXII. Fig. 9. Triton helveticus. Bıonprssche Lösung. Zeıss, Apochrom. 4 mm, Oc. Nr. 6; projieirt auf den Arbeitstisch. Oberer Abschnitt einer alten Giftdrüse mit beginnender Regeneration. Die junge Drüsenanlage ist, einem kleinen Tubulus ähnlich, links oben sichtbar. A, Ausführungsgang;; SZ, Schaltzelle; KZ, Keimzelle; cF, kontraktile Faser; Dr.A, junge Drüsenanlage; Z, ihr Lumen; R, abgestorbene und völlig veränderte Riesenzelle. Fig. 40. Wie vorstehend. M, schief durchschnittene Muskelhaut. Die Schalt- zellen SZ sind zwar angeschnitten, aber von dem Lumen des ausführenden Appa- rates liegt nichts im Schnitt. Die Kerne der Riesenzelle (R) sind in den Nachbar- schnitten enthalten. Der Durchmesser der größeren vacuolen- und tropfenartigen Gebilde beträgt hier 6—9 u. Größter Durchmesser der Riesenzelle 417 u. Fig. 44. Triton alpestris. Bıonpr'sche Lösung. Vergrößerung wie vorher. Überreife Giftdrüse (Text p. 438 u. 455) mit junger Drüsenanlage links. R, in Zer- fall begriffene Riesenzellen; H, Halstheil des neugebildeten Epithelsäckchens; L, Lumen desselben; D, Deckzellen. Die Muskulatur ist in der Zeichnung nicht wieder- gegeben worden. Querdurchmesser der ganzen Drüse 447 u; Länge der größten Zelle A44 u. Fig. 42. Triton alpestris. Bıonpr’sche Lösung. Leitz, Immersion Nr. 9, Oc. 4. Eingeschobener Tubus; projicirt auf den Arbeitstisch. Alte Giftdrüse mit junger Drüsenanlage rechts und großer in Zerfall begriffener Riesenzelle (R) links; M, Muskulatur, zum Theil schief angeschnitten; SZ, Schaltzellen; D, Deckzellen; Eı, granulafreie Epithelzelle; Eoa, ebensolche mit groben, Es, mit feinen Granulis; L, Lumen der Neubildung. Langer Durchmesser des größeren Riesenkernes 24 u. Die größeren der körnigen Sekretkügelchen haben einen Durchmesser von nur 3 u. Fig. 13. Triton alpestris. Bıonpr’sche Lösung. Zeiss, Apochrom. 4 mm, Öc. 6. Projicirt auf die Höhe des Arbeitstisches. Alte Giftdrüse mit schon weit in der Entwicklung vorgeschrittener junger Drüsenanlage. Die Riesenzellen der alten Drüse (a.D) sind nur den Umrissen nach wiedergegeben worden. Das Schaltstück (SZ) ist tangential angeschnitten worden. H, Halstheil des jugendlichen Epithel- säckchens; L, L, bis L;, Theile des angeschnittenen Lumens;; E,, Epithelzellen mit feinen, sehr stark gefärbten Granulis; Es, Epithelzelle ohne Granula; E3, Epithel- zellen mit substanzarmen Kernen; M, Muskulatur. Fig. 44. Triton cristatus. Alaunkarmin. Leitz, Obj. 7, Oc.4. Einge- schobener Tubus; projieirt auf die Höhe des Objekttisches. Vgl. Text p. 474. AH, Über die Hautdrüsen der Amphibien. 487 artificieller Hohlraum, durch Schrumpfung und Ausbröckelung entstanden; DrA, junge Drüsenanlage mit Schleimzellen; R, Riesenzellen. Fig. 45. Triton ceristatus. Hämatoxylin-Eisenlackfärbung. Leitz, Obj. 7, Oe. A. Eingeschobener Tubus. Projektion auf die Höhe des Objekttisches. Vgl. Text p. 474. MZ, obere Endzipfel glatter Muskelfasern; TZ, Trichterzelle; Ho, Hornschicht; DrA, Drüsenanlage mit Schleimzellen; RS, Riesenzelle in Sekretmasse umgewandelt. Bezeichnungen sonst wie vorstehend. Tafel XXIII. Fig. 46. Triton alpestris. Bönmer’sches Hämatoxylin. Zeıss, Apochrom. 3 mm, Oc. 6; projieirtaufden Arbeitstisch. Schnitt tangential durch das Schaltstück (SZ); der Hals der jungen Drüsenanlage ist abgeschnitten; cF, kontraktile Faser- zellen; RK, Riesenkern, gehörig zu den Überresten zerfallener alter Giftzellen; KDZ, Kerne, welche zu Deckzellen gehören ; L, Lumen der neu gebildeten Drüsen- anlage, Fig. 47. Triton alpestris. Hämatoxylin-Eisenlackfärbung. Leırz, Obj. 7, Oc. 3. Eingeschobener Tubus; projieirt-auf den Arbeitstisch. Junge Giftdrüse. H, Hornschicht; TZ, Trichterzelle; SZ, Schallzellen; FZ, feinkörnige Zellen; UZ, untergehende Zellen. Fig. 48. Triton alpestris. Bıonpr'sche Lösung. Zeıss, Apochrom. 3 mm, Oc. 6. Projieirt auf den Arbeitstisch. Typus einer jugendlichen Giftdrüse. SZ, Schaltzellen, FZ, feinkörnige Zellen; A, Aussackungen des Drüsenlumens L; UZ, untergehende Zellen; M, Muskelfaser. Fig. 49. Wie vorstehend. Zeiss, Apochrom. 4 mm, Oc. 8. Projicirt auf den Arbeitstisch. Fig. 20 u. 24. Triton alpestris. Bıonpi’sche Lösung. Zeıss, Apochrom. 3 mm, Oc. 6. Projieirt auf den Arbeitstisch. Kontourzeichnungen vermittels des AssE’schen Apparates. Querschnitte durch jugendliche Drüsenanlagen, welche etwa den Längsschnitten der Fig. 14 und 42 entsprechen. ZL, Lumen; L; (in Fig. 20), Querschnitt des Hauptdrüsenganges im vorhergehenden Schnitt; La und L3, Aus- sackungen des Lumens; DZ, Deckzellen. Fig. 22. Triton eristatus. Alaunkarmin. Leitz, Obj. 7, Oc.4. Eingescho- bener Tubus; projicirt auf die Höhe des Objekttisches. Eine Giftdrüse mit Gift- zellen (G) hat sich fast vollständig in eine Schleimdrüse umgewandelt. Das Lumen der letzteren L. Fig. 23 u. 24. Pathologische Drüsenformen von Triton cristatus. Vgl. Text p. 484f. cF, kontraktile Faserzellen; GMS, glatte Muskulatur schief ange- schnitten; ZMK, zerfallene Muskelkerne,; RK, Riesenkern im Ausführungsgange steckend. Leitz, Obj. 7, Oc.4. Eingeschobener Tubus; projicirt auf den Arbeits- tisch. Einige Beobachtungen über die Bildung des äufseren Mantels der Tunicaten. Von Oswald Seeliger, Privatdocenten an der Universität Berlin. Mit Tafel XXIV. Die jüngsten, bedeutsamen Untersuchungen von KowaLevsky! über die Bildung des Ascidienmantels haben einen wesentlich veränderten Standpunkt für die Beurtheilung dieses Organs geschaffen. Während früher — nachdem einmal festgestellt war, dass die Testazellen am Aufbau des Embryos sich nicht betheiligen — ausnahmslos die Zellen des Mantels vom ektodermalen Hautepithel abgeleitet wurden, lieferte Kowaevs&y den Nachweis, dass es bei den solitären Ascidien (Phallusia mammilata) Mesodermzellen sind, welche das Hautepithel durchwandern und in den zunächst nur von diesem letzteren gebildeten, noch völlig strukturlosen Cellulosemantel hineingelangen. Sehr treffend vergleicht er diesen Vorgang mit dem von CARRIERE, KÖLLIKER und namentlich von Sröur beobachteten Austreten der Lymph- resp. Mesodermzellen ver- schiedener Vertebraten auf die Oberfläche der Schleimhäute und ver- sucht die Funktion und Bedeutung der Ascidienmantelzellen aus deren mesodermalem Ursprunge abzuleiten. Ein weiteres Eingehen auf seine überaus wichtigen Ausführungen liegt aber hier nicht in meiner Ab- sicht, da sie allgemein bekannt sein dürften. Seither sind KowaLzvsky’s Angaben bereits bestätigt worden. Zu- nächst durch Sırensky? bei Pyrosoma; doch sollen außer Mesenchym- zellen auch Ektodermzellen des CGyathozooids auswandern. Die Zurück- ! A. KowALevskv, Einige Beiträge zur Bildung des Mantels der Ascidien. Mem. Acd. St. Petersbourg. VII. Ser. T. XXX VIII, No. 10. 1892. ? W. SıLEnsky, Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. Zoolog. Jahrbücher. Abth. für Anat. u. Ontog. Bd. V. 4892. Einige Beobachtungen über die Bildung des äußeren Mantels der Tunicaten. 489 führung der Mantelzellen auf das mittlere Blatt begründet er haupt- sächlich durch die Formen der Kerne. »In einigen (Mesoderm-) Zellen sind die Kerne rund und nicht von denjenigen der Ektodermzellen zu unterscheiden, in anderen erscheinen sie jedoch stark modifieirt, wulst- förmig, vier- oder fünfeckig und zeichnen sich vor den übrigen Kernen durch ihr stärkeres Lichtbrechungsvermögen aus. Diese Kerne treten auf Schnitten so deutlich hervor, dass man die Zellen, denen sie an- gehören, sogleich von anderen unterscheidet. Wenn diese Zellen aus- wandern, so kann man sie leicht zwischen den Zellen des Ektoderms erkennen, und dadurch wird die Entscheidung der oben aufgestellten Frage über die Natur der außerhalb des Embryos liegenden Zellen be- deutend erleichtert« (p. 13). Ein Gegensatz zu Ascidien besteht nur darin, dass die Mesenchymzellen erstens austreten bevor noch eine Gelluloseschicht vom Ektodermepithel gebildet worden ist und zweitens zwischen den einzelnen Ektodermelementen hindurchtreten, indem sie sich vorübergehend genau dem einschichtigen Ektodermepithel ein- fügen, während bei Phallusia die Mesodermzellen in die platteren Ekto- dermzellen sich einbohren und von einer solchen ganz umschlossen werden. Wenn aber Sarensky der Ansicht ist: »die Ascidiozooide scheiden keine Celluloseschicht selbständig aus. Der Gellulosemantel, von dem sie in späteren Entwicklungsstadien umhüllt sind, stammt von dem des Cyathozooids ab« (p. 15), so bleibt schwer verständlich, wie in den Ascidiozooiden auch nach vollständiger Rückbildung des letzteren der Mantel sich ausdehnen und umformen könne, was doch in be- merkenswerther Weise geschieht. Ferner hat Juin! eine theilweise Bestätigung von KowaLevsky’s Be- funden durch seine Beobachtungen an der zu den Cynthiaceen ge- hörenden Styelopsis geliefert. Nur die roth pigmentirten Zellen des Mantels betrachtet er als eingewanderte Mesenchymzellen, die farb- losen dagegen leitet er vom ektodermalen Hautepithel ab. Entsprechend diesem doppelten Ursprunge soll auch die Funktion der Mantelzellen eine verschiedene sein: »il est tr&s probable que le röle phagocytaire, joue, chez d’autres especes, par les cellules du manteau, s’il s’accomplit chez notre espece, n’est exerc& que par les cellules pigmentees de rouge, d’origine mösoblastique«(p.52). Die farblosen Mantelzellen sollen dagegen wahrscheinlich nur dazu dienen, die Cellulosesubstanz für den sich vergrößernden Mantel in der postembryonalen Entwicklungszeit zu ! Ga. Juin, Les Ascidiens des cötes du Boulonnais, I. Recherches sur l’ana- tomie et l’embryogenie de Styelopsis grossularia. Bull. scientif, de France et Belgique. T. XXIV, 4892, 490 Oswald Seeliger, liefern. Juzın erwähnt übrigens selbst, dass seine diesbezüglichen Untersuchungen noch nicht als abgeschlossen zu betrachten seien. Ich selbst habe im April des vorigen Jahres einige Beobachtungen an lebenden Salpenembryonen im zoologischen Laboratorium zu Messina angestellt und konnte mich leicht von dem Auswandern der Mesen- chymzellen in den Mantel überzeugen. Am konservirten Materiale und namentlich an Schnittserien habe ich dann noch mancherlei Einzel- heiten nachtragen können. In einem zweiten Abschnitte füge ich einige Angaben über Glavelina hinzu, durch welche ein gleicher Process auch für die socialen Ascidien nachgewiesen wird. In einem dritten endlich werde ich einige Beobachtungen vortragen, die ich an Appendicularien gemacht habe und die in einem bemerkenswerthen Gegensatze zu den vorhergehenden stehen. Die Appendicularien habe ich ebenfalls in Messina gesammelt. Herrn Prof. KLeinengerG bekenne ich gern meine Dankbarkeit dafür, dass er mir in liebenswürdigster Weise die Hilfs- mittel seines Institutes zur Verfügung gestellt hat. I. Salpa democratica. 1. Beobachtungen am lebenden Objekte. Zur Untersuchung der Auswanderung von Mesenchymzellen in den äußeren Cellulosemantel erweisen sich die Embryonen von Salpa demo- cratica-mucronata überaus geeignet. Sie lassen sich sehr leicht aus dem Mutterthiere herauspräpariren und leben unter dem Deckglase viele Stunden lang, indem sie sich in ganz normaler Weise weiter ent- wickeln; sie sind klein genug, um die Anwendung mäßig starker Ver- größerungen zu gestatten, ohne dass ein Zerquetschen des Präparates zu befürchten wäre. So wie bei den Ascidienlarven hat auch hier das ektodermale Hautepithel eine glashelle, strukturlose Mantelschicht überall ausge- schieden bevor die Auswanderung der Zellen beginnt. Dieser homogene Mantel des Embryos ist noch sehr dünn, nur zwischen Placenta und eigentlichem Embryo, über den beiden hinteren seitlichen Röhrenfort- sätzen (Fig. 5) und in den beiden hinteren medianen Dornfortsätzen ist er etwas umfangreicher. Die folgende Darstellung bezieht sich auf das früheste Einwandern von freien Mesenchymzellen aus den Blutbahnen in den noch zellenleeren Mantel. An verschiedenen Stellen sieht man die im Blutstrome sich be- wegenden freien Mesodermzellen an der inneren Seite des Ektoderm- epithels, das überall durchaus einschichtig ist, sich anheften. In Fig. 1 A habe ich eine Gruppe vier solcher Zellen unmittelbar nach Einige Beobachtungen über die Bildung des äußeren Mantels der Tunicaten. 491 ihrer Fixirung gezeichnet. Die meisten Zellen sind bohnenförmig und befestigen sich mit einem der spitzeren Enden. Doch kann auch die Festsetzung mit einer Breitseite erfolgen, ist dann scheinbar eine besonders innige, ohne aber desshalb eine dauernde sein zu müssen. Manche Zellen bleiben unveränderlich in der Form und Lage, die sie im Momente der Befestigung besessen haben, andere runden sich ab oder erscheinen im Durchschnitte dreikantig mit breiterer Basis dem Ektoderm ansitzend, kurz man beobachtet alle möglichen Formen fixirter Mesodermzellen. Für die Zellen, welche nicht zu Bindegewebszellen werden, ist die Festheftung nur eine ganz vorübergehende. Oft schon nach wenigen Sekunden, manchmal aber erst nach 5—10 Minuten oder noch längerer Zeit werden sie von dem in wechselnden Richtungen vorbeiströmenden Blute wieder abgerissen, um an anderen Stellen abermals vorüber- gehende oder dauernde Insertionen zu gewinnen. In. dem in Fig. 1A gezeichneten Falle waren 9 Minuten später drei Zellen bereits wieder weggeschwemmt worden, und nur die vierte schickte sich an, das Ekto- derm zu durchsetzen. 15 Minuten nach dem zuerst gezeichneten Stadium (Fig. I B) sieht man sie mit zugespitztem Ende tief in die Ektodermschicht eingedrungen, während das kolbenförmig verdickte Ende in die Blutbahn hineinreicht. Wiederholt habe ich beobachten können, wie bereits derartig einge- drungene Zellen wiederum in den Blutlauf einbezogen wurden. Es schien mir das durch die mechanische Einwirkung der vorbeiströmen- den Flüssigkeit bedingt zu sein, obwohl damit nur ein wichtiger Faktor gegeben sein mag. Unmittelbar nach der Fixirung und dem Beginn des Eindringens länglicher oder keulenförmiger Zellen kann man nämlich häufig, freilich nicht immer, beobachten, wie deren Stellung zur Ekto- dermwand parallel mit dem Wechsel in der Richtung des Blutstromes sich verändert, oder wie die Wirkung des Stromes sich in zitternden Bewegungen der Zelle äußert. Ob dadurch allein eine bereits einge- drungene Zelle wieder entfernt werden könne, vermag ich allerdings nicht zu bestimmen. Jedenfalls kommt als ein zweites Moment der aktive Widerstand der Ektodermzellen in vielen Fällen in Betracht. Ich schließe auf einen solchen daraus, dass nach Entfernung einer in Einwanderung begriffenen Mesodermzelle im Ektoderm keine ent- sprechende Lücke, keine Narbe besteht, sondern die Innenwand sofort glatt erscheint. Es machte auf mich den Eindruck als ob durch die Kontraktionen des Plasmas der Ektodermzelle die eintretende Zelle in die Blutbahn zurückgedrängt würde. Doch darf ich nicht verhehlen, dass ich, um jeden Druck des Deckgläschens zu vermeiden, das lebende 499 Oswald Seeliger, Objekt nur mit schwächeren Systemen untersucht habe, so dass mir vielleicht das eine oder andere Detail entgangen sein kann. Vier Minuten später, also 19 Minuten nach dem zuerst beobachteten Stadium sieht man in C die Zelle vollständig in das Ektoderm einge- treten und von diesem ganz umschlossen. Sie ist allseitig abgerundet, fast kugelförmig und etwas heller als das Plasma der Ektodermzellen. In dem abgebildeten Falle entspricht ihr Durchmesser genau der Dicke des Hautepithels, wo aber dieses dünner ist, erkennt man leicht die Stelle, an welcher eine eingetretene Mesodermzelle sitzt, an einer knotenförmigen Verdickung. Dass eine Zelle im Stande gewesen wäre ein ihren Durchmesser an Dicke erheblich übertreffendes Epithel zu durchsetzen, habe ich hier niemals wahrnehmen können. Nach 21 Minuten (Fig. D) erscheint der größere Theil der nunmehr birnförmig gestalteten Zelle in den homogenen Cellulosemantel aus- getreten; das innere zugespitzte Zellende steckt noch im Ektoderm ohne aber dessen ganze Dicke zu durchsetzen. Zwei Minuten später (Fig. E) ist die Auswanderung e eits merk- lich weiter vorgeschritten, und nur ein kleiner Theil der Zelle erscheint noch in das Hautepithel eingesenkt. Eine Minute darauf (Fig. F) sieht man die Zelle gerade im Begriffe, sich vollständig abzulösen, und nach- dem ein weiterer, gleicher Zeitraum verflossen ist (Fig. @), liegt die Zelle vollständig isolirt auswärts vom Epithel im Mantel. Jetzt erfolgen auch rasche Formveränderungen; in dem abgebildeten Falle ist die Zelle bohnenförmig geworden. Fig. H zeigt den Vorgang nach 27 Minuten. In dichter Nachbar- schaft ist eine zweite Zelle ausgetreten, und bei den nachfolgenden Form- und Lageveränderungen bin ich weiterhin nicht im Stande gewesen, beide Elemente sicher aus einander zu halten und gesondert zu verfolgen. Doch ist das für die hier zu erörternde Frage vollständig belanglos. Nach 30 Minuten (Fig. 7) sieht man eine Zelle in zwei getheilt. Die beiden Theilstücke haben gleiche Form und Größe, liegen dicht neben einander und haben sich auch vom Ektoderm nur unbedeutend entfernt. Die andere Zelle — und ich glaube, dass es dieselbe ist, deren Wan- derung ich bisher beschrieben habe — erscheint bohnenförmig und hat sich etwa um das Doppelte ihrer Länge im Mantel nach auswärts zu bewegt. Die Bewegung schreitet in dem gleichen Sinne sehr rasch weiter, denn schon nach kaum einer viertel Minute (Fig. K) ist die Zelle an der Peripherie des Mantels angelangt und hat damit abermals eine Strecke zurückgelegt, die das Doppelte ihrer Körperlänge beträgt. Amöboide Fortsätze habe ich dabei nicht bemerkt, wenigstens waren sie bei der angewendeten Vergrößerung nicht zu erkennen. Einige Beobachtungen über die Bildung des äußeren Manteis der Tunicaten. 493 Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass die angegebenen Zeitbe- stimmungen auf allgemeine Gültigkeit keinen Anspruch machen können, vielmehr nur für den speciellen beobachteten Fall zutreffen. In anderen geht die Durchwanderung rascher, in noch anderen wiederum lang- samer vor sich. Im Besonderen möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dass ich manchmal die Mesodermzelle in das Ektodermepithel habe eintreten und diesem sich einfügen sehen, ohne das Austreten auf der anderen Seite innerhalb zehn Minuten wahrnehmen zu können. Tritt dann später eine solche Zelle doch noch nach außen, so ist es außerordentlich schwer festzustellen, dass sie nicht ektodermalen Ur- sprungs ist. Gewöhnlich zeigen die in den Mantel übergetretenen Zellen sehr lebhafte Formveränderungen. Ohne dieselben hier erschöpfend be- handeln zu wollen, möchte ich doch auf einige derselben hinweisen. Fig. 2A zeigt eine dreigelappte Zelle kurz nach ihrem Austritt aus dem Ektoderm. In Bund C sieht man die Umrisse derselben Zelle 3, be- ziehungsweise 4 Minuten später. In Fig. 3 habe ich vier Stadien einer anderen Zelle gezeichnet, die in überaus lebhaftem Formwechsel be- griffen war; Fig. A—D zeigen das Aussehen der Mantelzelle am Ende von vier auf einander folgenden Minuten. Die Abbildungen sind ohne Weiteres verständlich, so dass ich eine weitere Beschreibung wohl unterlassen kann. Außer dem oben beschriebenen Typus der Epitheldurchwanderung einer Mesenchymzelle habe ich noch einen anderen, etwas abweichen- den in nur wenigen Fällen beobachten können. Er scheint nur da vor- zukommen, wo das Epithel besonders dünn ist und charakterisirt sich dadurch, dass zu keiner Zeit die Mesenchymzelle vollständig im Ekto- derm steckt, sondern stets an einem oder auch beiden Enden aus diesem hervorragt. In Fig. 4 habe ich vier Stadien eines solchen Vorganges, der sich innerhalb fünfMinuten vollzog, abgebildet. A zeigt eine Mesenchymzelle, die im Begriffe ist, sich mit zugespitztem Ende an der inneren Seite des Ektodermepithels einzubohren. In B hat ein Theil der Zelle das Ekto- derm durchsetzt und sich an dessen Außenseite bereits ausgebreitet. An der Leibeshöhlenseite bemerkt man den Rest des Zellkörpers als eine knopfförmige Auftreibung. C stellt ein unmittelbar folgendes Stadium dar. Der äußere Theil der Zelle hat sich auf Kosten des inneren be- trächtlich vergrößert, welch letzterer nur noch als ein kleiner Zapfen in die Blutbahn hineinragt. In D endlich sieht man bereits die Zelle an der Außenseite des Ektoderms, nur ein zapfenförmiger Fortsatz ruht noch in diesem, ohne es aber vollständig zu durchsetzen. Auf einem Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. 39 494 Oswald Seeliger, weiteren Stadium wird auch dieser Fortsatz herausgezogen, und die Zelle liegt frei im äußeren Mantel. Während der Durchwanderung wird sie vom Plasma der Ektodermelemente dicht umschlossen, so dass gleichzeitig mit dem Austritt des letzten Stückes die Außenseite des Epithels glatt und ohne Narbe erscheint. — In Fig 5 habe ich einen Röhrenfortsatz eines jüngeren Embryos nach dem lebenden Objekte gezeichnet. Ein starker Nervenstamm tritt in jenen ein, verzweigt sich und endigt frei in den Ektodermzellen. Der homogene Mantel ist noch zellenleer, aber an der Innenseite des Hautepithels haben sich einige Mesodermelemente festgesetzt, um sich zur Durchwanderung desselben anzuschicken. Eine Mesenchymzelle ist bereits eingedrungen. Die Ektodermzellen, welche die Hinterwand bilden, springen mit sehr stark konvex gekrümmten Flächen in den Mantel vor, so dass daselbst die Außenseite des Hautepithels nicht glatt, sondern voller Unebenheiten erscheint. In späteren Stadien bilden die Zellen dann stachel- und buckelförmige Fortsätze (Fig. 6 A), welche, wie die Untersuchung des lebenden Embryos lehrt, nicht starr, sondern veränderlich sind. Auch an anderen Stellen sieht man die Ektodermzellen derartige Erhebungen bilden und wieder einziehen. Fig. 6 B zeigt die Erhebung zweier ursprünglich flacher Zellen an der Placenta. Beobachtet man nur den Beginn des Vorganges, so kann man leicht veranlasst werden, eine Auswanderung von Ektodermzellen in den Mantel anzunehmen, und es scheint mir in der That, dass die älteren irrthümlichen Angaben zum Theil dadurch bedingt worden sind. 2%. Untersuchung des konservirten Materials. Nachdem einmal die Auswanderung von Mesenchymzellen in den Mantel am lebenden Objekte festgestellt wurde, bietet die Deutung der Schnittpräparate keine weiteren Schwierigkeiten. Am eingehendsten habe ich die Vorgänge in etwas vorgeschritteneren Embryonen verfolgt, in deren Mantel bereits eine größere Anzahl Zellen eingewandert war. Den Hinterabschnitt eines derartigen Stadiums zeigt Fig. 7 bei schwächerer Vergrößerung. Es fallen namentlich die zellenerfüllten Manteltheile des linken Röhrenfortsatzes und der beiden medianen Dornfortsätze auf. In den ältesten Embryonen, die zum Ausschlüpfen bereit sind, bilden die äußeren Zellenden des Ektoderms lange stachelförmige oder faden- ähnliche Fortsetzungen, die — wie schon frühere Beobachter betont haben — zur Mantelabsonderung in Beziehung stehen. Ich will sie als Sekret- fäden bezeichnen. Besonders lang sind sie am Ende der Röhrenfortsätze, über welchen sich der Mantel als ein langer Zapfen erhebt. Wenn bei Einige Beobachtungen über die Bildung des äußeren Mantels der Tunicaten. 495 der Präparation das blinde Röhrenende in die Leibeshöhle sich einstülpt, reißen die Sekretfäden mit den breiten Basaltheilen vom Ektoderm- epithel ab und bleiben im Mantel stecken (Fig. 10). Mehr stachelförmig sieht man die Fortsätze der Ektodermzellen in den beiden medianen Fortsätzen (Fig. 8), buckelförmig erscheinen sie dorsal zwischen den beiden Röhrenfortsätzen (Fig. 9), doch sind die verschiedenen Formen durchaus nicht auf bestimmte Stellen beschränkt. An den verschieden- sten Orten im Ektoderm kann man gelegentlich feine, längere oder kürzere Sekretfäden beobachten (Fig. 11), während sie in unmittelbarer Nachbarschaft fehlen. Derartige Fortsetzungen der Ektodermzellen in den Mantel sind bereits mehrfach beschrieben und abgebildet worden. Eine genauere Darstellung haben Drıra Varre! für Distaplia und Maurice? für Fraga- roides gegeben. Sarensky hat ebenfalls Sekretfäden in dem sich ent- wickelnden Cyathozooid der Pyrosomen festgestellt und in einer schönen Abbildung wiedergegeben: »Die Ektodermzellen .... ziehen sich in je einen kleinen protoplasmatischen Fortsatz aus, welcher durch die ganze Dicke der Gelluloseschicht hindurchgeht und auf der Oberfläche der letzteren mit zugespitztem Ende aufhört« (Zoolog. Jahrb. Bd. V p. 15, Taf. III, Fig. 31). Ich stimme mit ihm darin vollkommen überein, dass diese Fortsätze für die Ausscheidung der Cellulosesubstanz von Be- deutung sind. — Bezüglich der Auswanderung von Mesenchymzellen in den Mantel führt die Untersuchung des konservirten Materials nur zur Kenntnis einiger histologischer Details. Namentlich ergiebt es sich, dass nicht alle auswandernden Zellen vollkommen gleichartig sind. Am deutlich- sten lässt sich natürlich der Vorgang für solche Mesodermelemente verfolgen, welche sich möglichst scharf von den Ektodermzellen unter- scheiden. Da aber auch diese letzteren sich nicht an allen Stellen des Hautepithels gleichartig verhalten und manchmal Kerne führen, die denen der Mesodermzellen ähnlich sind, erscheinen nur bestimmte Regionen des Embryos für die Beobachtung besonders geeignet. Als solche ergaben sich mir die Stellen, an welchen das Epithel etwas flacher, die Kerne im ruhenden Zustande groß und bläschenförmig mit sehr fein vertheiltem Chromatin angetroffen wurden. Ich verfolge zunächst die Auswanderung solcher Mesodermzellen, ! DertA VALLE, Nuove contribuzioni alla Storia naturale delle Ascidie com- poste del Golfo di Napoli. Atti dei Lincei Mem. Ser. III. Vol. X. p. 449, Tav. II, Fig. 17. 1884. * Maurice, Etude monographique d’une espece d’Ascidie compos6e (Fraga- roides aurantiacum). Arch. de Biologie. 1888. 32* 496 Oswald Seeliger, deren Kerne gegenüber denen des Ektoderms durch geringere Größe aber stärkere Färbbarkeit ausgezeichnet sind. Stets sieht man das Chromatin in gröberen Körnern und gröberem Gerüstwerke angeordnet, so dass eine deutliche Unterscheidung von den Ektodermelementen jederzeit möglich ist. In Fig. 11 ist auf der rechten Seite eine derartige Mesenchymzelle gezeichnet, die sich in das Hautepithel bereits ein- bohrt. Nur eine kleine Spitze steckt in diesem, der weitaus größere Zelltheil liegt noch in der primären Leibeshöhle. Ein weiter vorgeschrittenes Stadium zeigt Fig.13. Das zugespitzte, zuerst eingedrungene Zellende hat bereits die ganze Dicke des Epithels durchsetzt, ein großer Theil des Zellkörpers mit dem Kerne ragt noch in die Leibeshöhle hinein. Da die ektodermalen Zellgrenzen sehr deutlich hervortreten, so kann man sich leicht überzeugen, dass die Mesodermzelle nicht zwischen zwei Ektodermelemente, sondern in ein solches eintritt. In Fig. 14 erscheint der größte Theil einer Mesenchymzelle in das Ektoderm eingedrungen, nur ein spitzer Zapfen springt in die Leibes- höhle vor. Im Gegensatze zu dem zuletzt beschriebenen Stadium liegt hier der Kern in dem zuerst eingetretenen Theile der Mesenchymzelle. In Fig. 15 sieht man die Zelle vollständig in ein Ektodermelement eingetreten und sogar schon an der äußeren Seite ein wenig in den Mantel hineinragen. In Flächenschnitten durch das Hautepithel erhält man besonders deutliche Bilder dieses Stadiums. Fig. 18 zeigt drei Zellen eines solchen Schnittes. In die beiden seitlichen ist je eine Mesodermzelle eingetreten, die mittlere ist frei. Ich habe eine solche Stelle ausgewählt, an welcher die polygonal erscheinenden Ektoderm- zellen besonders groß, die eingewanderten Mesodermelemente ver- hältnismäßig klein waren, weil dann die einzige Veränderung im Epithel in einer nur ganz unbedeutenden Verschiebung der Kerne nach dem Zellrande zu besteht. Ist dagegen die eingetretene Zelle verhältnis- mäßig groß, so können Verschiebungen der Zellgrenzen im Ektoderm erfolgen. Eine Mantelzelle, die das Ektodermepithel fast durchwandert hat, zeigt Fig. 16 abgebildet; nur ein ganz kleiner Theil steckt noch im Ektoderm. Über diesem erscheint der ausgeschiedene Mantel homogen, glashell und noch sehr dünn, mit wellenförmiger Oberfläche. Die Mantelzelle zeigt noch durchaus die Struktur der Mesenchymzellen, die ich oben beschrieben habe, die aber, wenn die Zelle weiter peripher zu wandert, sehr bald verloren geht. Eine detaillirte Beschreibung der Umbildungen der Mantelzellen hier zu geben, liegt nicht in meiner Absicht, da es mir in erster Linie Einige Beobachtungen über die Bildung des äußeren Mantels der Tunicaten, 497 nur darauf ankam, die Wanderung von Mesenchymzellen in den Cellu- losemantel durch das Ektodermepithel hindurch für Salpen festzu- stellen. Ohnehin sind die weiteren Veränderungen bei Salpa demo- cratica viel weniger mannigfach und weitgehend als bei anderen Formen. Nur die Umbildung zur sogenannten Hohlzelle möchte ich mit einigen Worten erwähnen. Dieselbe leitet sich durch das Auftreten einer Vacuole im Plasma ein, die fast stets peripher, nur sehr selten central zunächst als ein kleines bläschenartiges Gebilde erscheint. Rasch vergrößert sie sich (Fig. 19 A), um füglich fast die ganze Zelle zu erfüllen (Fig. 19 B). Der Kern wird dadurch vollständig an die Peripherie gedrückt, wo er als ein linsenförmiges Gebilde zu erkennen ist. Das Plasma erscheint auf eine dünne Rindenschicht beschränkt, die nur an der Stelle, an welcher der Kern liegt, etwas verdickt ist, so dass dieser in sie eingebettet ruht. Die Formveränderungen, die ich oben für das lebende Objekt beschrieben habe, lassen sich auch im konservirten Material fest- stellen und betreffen die Entwicklungsstadien, die der ausgebildeten Hohlzelle im Embryo vorhergehen. Ich verweise, um Wiederholungen zu vermeiden, nur auf Fig. 19 C, in welcher eine dreilappige Mantelzelle gezeichnet ist. Links liegt die bereits ansehnliche Vacuole, in der Mitte der Kern, und rechts ist ein plasmatischer Lappen zu sehen. Nicht immer aber kommt es, wie ich es oben erwähnt habe, zu einer nach- folgenden Einziehung aller Lappen, sondern es kann eine vollständige Theilung erfolgen, bei welcher kernlose Plasmastücke abgetrennt werden. Mehrfach habe ich solche Stücke an den verschiedensten Stellen des Mantels und manchmal auch vollkommen peripher in einiger Entfernung von echten Mantelzellen angetroffen, so dass ich anzu- nehmen geneigt bin, es komme auch diesen kernlosen Zelltheilen die Fähigkeit aktiver Beweglichkeit zu. Lange aber scheinen sie sich im Mantel nicht zu erhalten, sondern dürften bald zerfallen und resorbirt werden. — Die oben beschriebenen Mesenchymzellen sind nicht die einzigen, welche zu Mantelzellen werden. Vielleicht häufiger noch kann man bereits in den an der Innenseite des Ektoderms befestigten Mesoderm- elementen die Vacuole im Plasma vorgebildet sehen. Fig. 9 und 12 zeigen derartig vacuolisirte Zellen. Die Art der Durchwanderung ist genau die gleiche wie bei den anderen Zellen, und ich habe es daher nicht erst nothwendig, dieselbe zu beschreiben. Nur auf Fig 17 möchte ich verweisen, in welcher eine vacuolisirte spätere Mantelzelle inner- halb einer polygonal erscheinenden größeren Ektodermzelle zu sehen ist. Nachdem im Mantel selbst auch die erste Art Zellen Vacuolen er- STETTEN We 498 | Oswald Seeliger, halten hat, sind die beiden anfänglich verschiedenen Formen nicht mehr aus einander zu halten. Ferner, wenn allerdings auch viel seltener, scheinen solche Meso- dermzellen in den Mantel auswandern zu können, deren Plasma in einem gröberen Wabenwerk angeordnet ist. In Fig. #1 ist eine solche Mesodermzelle zu sehen. Obwohl ich keine Zwischenstadien bemerkt habe, schließe ich doch auf einen solchen Vorgang daraus, dass ich im Mantel vereinzelt Zellen von genau der gleichen Struktur habe antreffen können. Auch sie dürften sich später in Hohlzellen verwandeln. Ziemlich häufig endlich habe ich die Auswanderung von Mesen- chymzellen beobachten können, deren äußerst chromatinarmer, blasser Kern in einem sehr fein granulirten und ebenfalls nur schwächer färb- baren Plasma lag. In Fig. 13 liegt eine solche Zelle einer dunkel- kernigen, in Einwanderung begriffenen an, und in Fig. 11 sieht man links zwei solcher Elemente im Begriffe, selbst in das Ektoderm ein- zutreten. Im Mantel habe ich sie gar nicht selten angetroffen, doch halte ich es für überflüssig, alle Phasen des Vorganges hier durch Ab- bildungen zu erläutern. — Genau die gleichen Processe, die ich eben für ältere Embryonen . beschrieben habe, lassen sich in den jüngeren bei der Auswanderung der allerersten Mesenchymzellen in den noch zellfreien Mantel eben- falls feststellen. Doch gelingt es da, weil zunächst nur wenige Zellen austreten, nicht so leicht, alle Zwischenstadien neben einander zu be- obachten. Am geeignetsten scheint mir die Basis der beiden Röhren- fortsätze zu sein, um die Herkunft der Mantelzellen zu entscheiden, weil daselbst die Auswanderung von Zellen zahlreicher stattfindet als an anderen Stellen. Nur ganz kurz will ich auf diese Vorgänge hin- weisen. So wie in den älteren Embryonen sind auch in den jüngeren Stadien die zur Auswanderung sich anschickenden Mesodermzellen verschieden gestaltet. Vorherrschend besitzen sie eine Vacuole und einen chroma- tinreichen Kern, der von dem helleren bläschenförmigen der Ektoderm- zellen sich deutlich unterscheiden lässt (Fig. 22C). Manche Zellen zeigen ihr Plasma in netzförmiger Anordnung (B), andere wieder ent- behren jeglicher Vacuolen und besitzen sehr verschieden große, manch- mal (A) sehr umfangreiche Kerne, die sich aber stets durch intensivere Färbbarkeit gegenüber denen des Epithels auszeichnen. Die allerersten, im Mantel auftretenden Zellen sind oft noch ohne Vacuolen und stammen dann von den ähnlich gebauten Mesoderm- zellen ab (Fig. 23A). Die meisten dagegen besitzen eine ansehnliche Vacuole |B, C), die aber noch nicht so umfangreich entwickelt ist wie Einige Beobachtungen über die Bildung des äußeren Mantels der Tunicaten. 499 in den ausgebildeten Hohlzellen älterer Embryonen. Ihre kleineren Kerne liegen stets peripher. Was die Art der Durchwanderung des Epithels anbelangt, so habe ich oben eine ausführlichere Darstellung am lebenden Objekte gegeben, um die Thatsachen für genügend begründet halten zu dürfen. Ich will daher nur auf Fig. 20 und 21 verweisen, welche überzeugend darthun, dass die das Ektoderm durchsetzenden Mesodermzellen histologisch ‚verschieden sein können. Fig. 20 zeigt eine abgerundete Mesoderm- zelle vollständig von einer Ektodermzelle umschlossen. Das Plasma ist gleichartig gekörnt, ohne Vacuolen, der peripher liegende Kern ist stark gefärbt und klein. Fig. 21 stellt das Austreten einer Mantelzelle aus dem Epithel dar und zeigt die erstere mit einer umfangreichen Vacuole versehen. Der plasmatische Zelltheil, in welchen der Kern eingebettet ist, ruht noch zum größten Theil im Epithel. II. Clavelina lepadiformis. Die Bildung der homogenen Mantelschicht beginnt ziemlich früh- zeitig in der Embryonalentwicklung nach Art einer cutieularen Ab- sonderung von den Zellen des ektodermalen Hautepithels. Das Auf- treten von Sekretfäden habe ich in diesen ersten Stadien nicht beobachten können, fand vielmehr die Außenseite glatt (Fig. 24). Erst in der späteren Embryonalzeit, wenn der Mantel eine gewisse Dicke erlangt hat, die Ektodermzellen dagegen etwas flacher erscheinen, lassen sich die Mantelzellen nachweisen. Am geeignetsten zur ‚Unter- suchung sind aber die Larven unmittelbar nach erfolgter Festsetzung. Es wandern in diesem Stadium so zahlreiche Zellen aus, dass man auf wenigen Schnitten einer Seriesämmtliche Zwischenstadien von typischen Mantelzellen und Mesenchymzellen der Leibeshöhle auffinden kann. Dazu kommt weiter als ein ganz besonders günstiger Umstand die be- deutende Verschiedenheit der Kerne in beiden Keimblättern. Fig. 25 und 26 zeigen Stücke des Ektodermepithels und einige anliegende Mesodermzellen. Die ruhenden Kerne der Ektodermzellen sind bedeutend größer als die der letzteren; das Chromatin erscheint in feiner Vertheilung im achromatischen Gerüstwerk, nur selten finden sich gröbere Brocken und große Körner. Ziemlich regelmäßig sind ein oder zwei achromatische Nucleolen zu beobachten. Auch wenn die Kerne zur Theilung sich anschicken und das Chromatin zu den Chro- mosomen sich verkürzt und verdichtet (Fig. 25 links), ist eine Ver- wechselung mit den Kernen der eingedrungenen Mesodermzellen nicht leicht zu begehen. Die Mesodermzellen, welche das Epithel zu durchwandern befähigt 900 Oswald Seeliger, sind, zeigen dieselben Mannigfaltigkeiten. wie bei Salpen. Ihre Kerne sind aber durchwegs kleiner und stärker färbbar als die des Ektoderms und lassen auch im ruhenden Zustande das Chromatin in Form gröberer Körner deutlich erkennen. Bemerkenswerthe Verschiedenheiten zeigt das Verhalten des Zellkörpers. Meist erfüllt das Plasma in gleich- mäßiger Anordnung den gesammten Zellleib und erscheint etwas gröber (Fig. 38 A—C) oder feiner (Fig. 38 D) gekörnt. Seltener bildet es ein gröberes Wabenwerk (Fig. 28, 38 E), und manchmal endlich zeigt sich im Plasma eine größere, peripher gelegene Vacuole (Fig. 38 F,G). Die Gestalt der Zellen ist vorherrschend stark abgerundet, ellipsoid oder kugelähnlich, doch kommen auch langgestreckte und recht un- regelmäßige Formen vor, wie man sich aus den Abbildungen leicht überzeugen kann. Einige Male habe ich (Fig. 26) in Mesenchymzellen zwei ruhende Kerne bemerkt, was darauf zurückzuführen ist, dass der Kern- theilung keine Durchfurchung des Zellkörpers gefolgt ist. Ein Ähnliches hat Kowaugvsky bei Phallusia beobachtet, und er konnte die zweikernigen Zellen auch noch innerhalb des Epithels nachweisen. Nach den Ausführungen, die ich im vorigen Abschnitte gegeben habe, darf ich wohl von einer besonders eingehenden Darstellung des Auswanderungsprocesses der Mesodermzellen in den Mantel absehen und mich auf die folgenden Angaben beschränken. Eine eben in das Ektoderm eintretende Mesodermzelle zeigt Fig.27, und ein gleiches Stadium für eine Zelle mit reticulär erscheinen- dem Plasma sieht man in Fig. 28. Tiefer eingedrungen ist die Zelle in Fig. 29 und 30; im ersteren Falle liegt der Kern im hintersten noch frei in die Leibeshöhle hineinragenden Theile, im zweiten erscheint er da- gegen tief in die Ektodermzelle vorgedrungen. In Fig. 31 ist die Meso- dermzelle vollständig in ein Ektodermelement eingebettet. Auffallend sind an diesen letzteren die in den Mantel hineinragenden Fortsätze, die vollkommen den Sekretfäden der Salpen entsprechen, ‘aber freilich nur viel spärlicher auftreten als bei diesen. Ein ganz gleiches Stadium für eine vacuolisirte Mesenchymzelle sieht man in Fig. 32; das Ektoderm zeigt an der betreffenden Stelle eine buckelförmige Erhebung gegen den Mantel zu. Fig. 33 und 34 zeigen den Austritt der Zellen aus dem Epithel und die Einwanderung in den Mantel. Die erstere Abbildung stellt eine vacuolisirte Mantelzelle dar, in der zweiten ist das Plasma der Mesenchymzelle durchaus gleichartig gekörnt, der Kern birnförmig. Mantelzellen, die das Hautepithel vollständig durchwandert haben, sind in Fig. 35—37 abgebildet. Die Vacuole liegt meistens an einem der beiden spitzeren Zellenden (Fig. 35), seltener nur nimmt sie eine Breitseite ein (Fig. 36) und ist dann linsenförmig. Ohne Vacuolen ist i Einige Beobachtungen über die Bildung des äußeren Mantels der Tunicaten. 501 die in Fig. 37 gezeichnete Zelle, die keulenförmig erscheint und einen verhältnismäßig großen Kern trägt, während in Fig. 39 A eine stärker abgerundete zu sehen ist. So wie in der Leibeshöhle findet man auch im Mantel hin und wieder Zellen, deren Plasma in einem groben Waben- werke angeordnet ist (Fig. 39 B). In den Mantelzellen vergrößert sich weiterhin die Vacuole sehr rasch, und es entstehen, so wie bei den Salpen, die sog. Hohlzellen, welche in jungen Thieren weitaus vorherrschen. In Fig. 39 0—E sind solche zu sehen. Das spärliche Plasma bildet eine sehr dünne Rindenschicht und eine linsenförmige Verdickung, in welche der Kern eingebettet ist. Den Bau des Mantels älterer und ausgebildeter Thiere habe ich nicht weiter untersucht. III. Appendicularien. (Oikopleura cophocerca.) Die Bildung der Schale oder des Gehäuses der Appendicularien ist bereits zu wiederholten Malen, am eingehendsten wohl von For! be- schrieben worden, dessen Darstellung gerade für Oikopleura besonders ausführlich ist. In übereinstimmender Weise wird überall das schlei- mige Sekret, welches zum Gehäuse erhärtet, als eine Absonderung des ektodermalen Hautepithels betrachtet, doch fehlen genauere Angaben über die Art der Ausscheidung. Im ersten Stadium sitzt die noch dünne Schale, wie For ausführt, fest am Ektoderm des Thieres. Dann verdickt sie sich rasch gwächst weiter nach hinten über das Schwanz- ende des Thieres hinaus und ‘überragt dieses um ein Mehrfaches an Größe. Gleichzeitig lockert sich der Zusammenhang zwischen Schale und Ektodermepithel, so dass sich die Appendicularie in ihrem Gehäuse frei bewegen kann. Oft schon innerhalb einer Stunde ist die Gehäuse- bildung vollendet, aber nie länger als 3 Stunden sah For ein Thier in seiner Schale ausharren. Meist verlässt die Appendicularie dieselbe noch früher, um bald wieder mit einer Neubildung zu beginnen. Bei der gewöhnlichen Fangweise mit dem Mürzer’schen Netze erhält man nur nackte Appendicularien und leere Gehäuse, da die Thiere durch die Störungen zur Auswanderung aus diesen veranlasst werden. Bei der nachträglichen Untersuchung des konservirten Materials fand ich nur die ersten Stadien der Gehäusebildung und zwar in Form eines sehr verschieden dicken schleimartigen Überzuges um den vorderen Körperabschnitt. In übereinstimmender Weise sah ich in allen Schnittserien sowohl 1 H. For, Etudes sur les Appendiculaires du detroit de Messine. Me&m. de la Societe de Phys. et d’hist. natur, de Geneve. T. XXI. 2. 4872, 502 Oswald Seeliger, durch ganz junge, 2—3 mm lange als auch alte, geschlechtsreife Thiere in der äußeren Schleimschicht freie Zellen oder Zellenreste eingebettet, die — wie sofort aus einander gesetzt werden wird — aus dem ekto- dermalen Hautepithel stammen. Ich vermag es nicht sicher zu ent- scheiden, ob sich auf diese Zellen folgende Angabe LeuckaArr’s! bezieht: »Der Mantel erscheint als eine homogene Substanz mit zahlreichen körnigen Einlagerungen, die bald einzeln neben einander liegen, bald auch zu kleinen und größeren Häufchen zusammengruppirt sind. Ähnliche Körnehen kennt man bekanntlich auch aus dem Mantel der ausgebildeten Aseidien « (p. 82). Die Zellen fand ich stets in der Nähe des Epithels gelegen und konnte sie immer nur in geringer Zahl nachweisen. Höchstens zählte ich 16—18, manchmal auch nur drei oder vier. Da diese Zellen, wie sich sofort ergeben wird, nicht persistiren, sondern vergänglich sind und in jedem Altersstadium, wenn auch nur in geringer Anzahl sich konstatiren lassen, dürfte aber die Gesammtzahl der von einem Thiere abgesonderten Ektodermelemente nicht unerheblich sein. Weder in jungen noch in ausgebildeten Thieren ist das Hautepithel an allen Stellen durchaus gleichartig, sondern flache Pflasterzellen wechseln mit hohen prismatischen ab. Dadurch entstehen ziemlich regelmäßige gürtelförmige Streifen, deren Anordnung jedoch für die uns hier interessirende Frage ohne Bedeutung ist. Das Austreten hoher Prismenzellen aus dem Ektodermepithel in die Schleimschicht zeigt Fig. 40. Man bemerktgwei keilförmige Zellen, deren Kerne dem äußeren Rande nahe liegen, erst wenig über die Oberfläche erhoben. Viel weiter vorgeschritten ist die Auswanderung in Fig. Al, in welcher die Zelle nur noch mit feiner Spitze dem Epithel verbunden ist. Die vollständige histologische Übereinstimmung macht es zweifellos, dass es sich um den Austritt von Ektodermzellen handelt, und bei dem Mangel von freien Mesodermzellen in der Leibeshöhle entfällt die Möglichkeit, dass hier derselbe Process wie bei an und Salpen sich abspielen könne. Fig. 42—AA zeigen einige Schnitte durch ein anderes Thier, in welchem ebenfalls die Schleimschicht erst sehr dünn war. In den beiden ersten Figuren sieht man je eine Zelle im Begriffe, aus dem Epithel auszutreten; Fig. 43 enthält außerdem noch eine bereits frei in der Schleimschicht liegende abgerundete Zelle, und zwei solche sind in Fig. 44 zu erkennen. Stücke aus einer Längsschnittserie durch ein ähnliches noch junges ! R. LeuckArt, Zoologische Untersuchungen. 2. Heft. Salpen und Verwandte. 1854. Einige Beobachtungen über die Bildung des äußeren Mantels der Tunicaten. 503 Thier habe ich in Fig. 45—47 abgebildet. In Fig. 47 ist das Epithel ziemlich flach, zwei bereits ausgetretene Zellen liegen ihm eng an, und dicht daneben ist eine dritte Zelle bereit, den epithelialen Ver- band, dem sie vorläufig noch eingefügt ist, zu verlassen. In Fig. 45 ist eine, in Fig. 46 zwei vollständig losgelöste Ektodermzellen zu sehen. In ganz alten geschlechtsreifen Thieren lässt sich ebenfalls das Austreten von Ektodermzellen unschwer feststellen. Der histologische Charakter des Epithels hat sich inzwischen merklich verändert. Ab- gesehen davon, dass die Zellen bedeutend größer geworden sind, zeigen auch die Kerne in verschiedenen Zonen ein sehr wechselndes Aussehen. Bald sind sie bläschenförmig, mehr oder minder groß, mit spärlichem Chromatin versehen, bald stäbchenförmig, säbelförmig gekrümmt oder selbst verzweigt, wie es für viele Drüsenzellen charakteristisch ist. Ich beschränke mich hier darauf, auf Fig. 49 zu verweisen, welche den Durchschnitt durch das Hautepithel an einer solchen Stelle zeigt, an welcher die Zellen sich durch besondere Kleinheit auszeichnen. Man erkennt leicht die in Auswanderung begriffene Zelle und neben ihr eine bereits ausgetretene und in Auflösung begriffene. In Fig 48 habe ich drei frei in der Schleimschicht gelegene Ektodermzellen gezeichnet, die in voller Rückbildung stehen. Im Plasma sind Vacuolen aufgetreten, und ein Theil der Randschicht hat sich bereits aufgelöst und dem Schleim vermischt. Die Kerne sind unregelmäßig geformt, besitzen scharfe Ecken und Kanten, und ein geordnetes Gerüstwerk lässt sich in ihnen nicht mehr nachweisen. Auch noch weitere Stadien degenerirter Zellen lassen sich in der Schleimschicht unschwer auffinden. Sie be- stehen in unregelmäßigen Plasmafetzen, welche Kernfragmente tragen. Aus diesen Beobachtungen ergiebt sich mit überzeugender Deutlich- keit, dass die Bildung des Gehäuses nicht etwa nach Art einer Quticula erfolgt, sondern physiologisch zu vergleichen ist mit der Absonderung der Hautdrüsen und im Besonderen der Milchdrüsen der höheren Thiere. Natürlich gilt dieser Vergleich nur ganz im Allgemeinen, und im Einzelnen bestehen genug Verschiedenheiten, die ich hier nicht erst erörtern will. Das Gemeinsame in den Vorgängen liegt aber darin, dass in die ausgeschiedene Substanz gleichzeitig auch Zellen oder auch nur Zelltheile übertreten, um in dieser füglich zu zerfallen. Berlin, März 1893. 904 Oswald Seeliger, Erklärung der Abbildungen. Buchstabenbezeichnung. c, äußerer Cellulosemantel der Salpen und Ascidien, die das Gehäuse bilden- den Schleimmassen der Appendicularien; d, Darmkanal; dd, dorsaler, dv, ventra- ler medianer Dornfortsatz; e, Elaeoblast; ec, ektodermales Hautepithel; !, primäre Leibeshöhle; mz, Mesenchymzellen und Mantelzellen; n, Nervenast im Röhrenfort- satz; p, Placenta des Salpenembryos; r, hintere seitliche Röhrenfortsätze des Ektoderms; s, Stolo prolifer ; sf, Sekretfäden. Tafel XXIV. Sämmtliche Abbildungen sind mit der Camera lucida entworfen worden. Fig. —6 sind nach dem lebenden Objekte, Fig. 7 nach einem in Kanadabalsam eingeschlossenen Totalpräparat gezeichnet worden, alle anderen stellen Schnitte dar. Fig. 4—23. Salpa democratica. Fig. 4. Zehn auf einander folgende Stadien (mit A bis K bezeichnet) der Aus- wanderung einer Mesodermzelle in den Cellulosemantel. Nur in I und K ist dieser letztere eingezeichnet. Der ganze Vorgang vollzog sich innerhalb einer halben Stunde; am unteren Ende einer jeden Abbildung befindet sich die Zeitangabe in Minuten. 230/1. Fig. 2. Formveränderungen einer Mantelzelle. B und C stellen Stadien am Schlusse der 3. und 4. Minute dar. 355/14. Fig. 3. Formveränderungen einer anderen Mantelzelle innerhalb drei Minuten. Die Zeitangaben stehen am unteren Ende der Abbildungen. 355/1. Fig. 4. Vier innerhalb eines Zeitraumes von fünf Minuten auf einander folgende Stadien eines zweiten Typus der Auswanderung einer Mesodermzelle. 230/A. Fig. 5. Linksseitiger hinterer Röhrenfortsatz eines jungen Embryos. In den Cellulosemantel sind noch keine Zellen eingewandert. 145/4. Fig. 6A. Stachelförmige Fortsätze zweier Ektodermzellen eines Röhrenfort- satzes in den Gellulosemantel. 355/1. Fig. 6B. Zwei buckelförmig erhobene Ektodermzellen an der Placenta des- selben Embryos. 355/1. Fig. 7. Hinterabschnitt eines älteren Embryos von links gesehen. Pikrinsäure, Boraxkarmin. Zeıss, Obj. A mit abgeschraubter Frontlinse, Oc. 2. Fig. 8. Schnitt durch eine Anzahl Ektodermzellen des dorsalen Dornfortsatzes eines gleich alten Embryos. Pikrinsäure, Boraxkarmin. 355/19. Fig. 9. Schnitt durch die Leibeswand eines ähnlichen Embryos; die Rücken- region zwischen den beiden Röhrenfortsätzen ist getroffen. Pikrinsäure, Hämatoxy- lin. 4000/4, Fig. 10. Aus derselben Schnittserie drei Sekretfäden im Mantel der Röhren- fortsätze. 1000/A. Fig. 14—18. Verschiedene Stadien der Auswanderung von Mesenchymzellen in den Mantel; aus derselben Schnittserie. 1000/4. Fig. 19. Drei Mantelzellen in stärkerer Vergrößerung. Pikrinsäure, Hämatoxy- lin. 1500/4. A, aus derselben Serie wie die vorhergehenden Abbildungen stammend; B und C, aus einem noch älteren Embryo. Einige Beobachtungen über die Bildung des äußeren Mantels der Tunicaten. 505 Fig. 20—23. Aus einer Schnittserie durch einen jungen Embryo. Pikrinsäure, Hämatoxylin. 1500/A. Fig. 20. Stück aus dem Ektodermepithel; in die mittlere Zelle ist eine Mesen- chymzelle eingebettet. Fig. 24. Auswanderung einer Mesenchymzelle aus dem Ektoderm in den Mantel. Fig. 22. Drei Mesenchymzellen aus der Leibeshöhle, die sich zur Einwande- rung in das Ektoderm anschickten. Fig. 23. Drei Mantelzellen. Fig. 24—39. Clavelina lepadiformis. Fig. 24. Schnitt durch die Leibeswand eines jungen Embryos, in dessen dünnen CGellulosemantel noch keine Zellen eingetreten sind. Pikrin-Schwefelsäure, Hämatoxylin. 4500/4. Fig. 25—37. Verschiedene Stadien der Auswanderung von Mesenchymzellen in den Mantel. Aus einer Querschnittserie durch eine eben festgesetzte Larve, Pikrinsäure, Hämatoxylin. 1500/4. Fig. 38. Sieben zur Auswanderung bereite Mesenchymzellen aus derselben Serie. 1500/4. Fig. 39. Fünf Mantelzellen aus der nämlichen Serie. 1500/1. Fig. 40—49. Oikopleura cophocerca. Fig. 40 u. 44. Querschnitte durch das Hautepithel eines ganz jungen Thieres. Salpetersäure, Boraxkarmin. 355/A. Fig. 42—44. Querschnitte durch das Hautepithel eines anderen noch sehr jungen Thieres. In die abgesonderten Schleimmassen des Gehäuses sind einzelne Ektodermzellen eingetreten. Salpetersäure, Boraxkarmin. 355/1. Fig. 45—47. Aus einer Längsschnittserie durch ein junges Thier; nur die Leibeswand und die äußere Schleimschicht sind eingezeichnet. Salpetersäure, Boraxkarmin. 355/1. Fig. 48 u. 49. Zwei Querschnitte durch das Hautepithel eines ganz ausge- bildeten Thieres. Im Schleim des Gehäuses sind einige ausgewanderte Ektoderm- zellen zu sehen, die theilweise bereits in Auflösung begriffen sind. Pikrinsäure, Hämatoxylin. 230/4, Über Ophiopus arcticus (Ljungman), eine Ophiure mit rudimentären Bursae. Von Th. Mortensen, Stud. mag. in Kopenhagen. Mit Tafel XXV und XXVIL. Im Jahre 1867 beschrieb Lsuneman (44, p. 309) eine Ophiure, die er Ophiopus areticus nannte, und von der er die Meinung aussprach, dass sie eine Zwischenstellung zwischen den Gattungen Ophioglypha und Amphiura einnähme. Was besonders dieses Genus auszeichnete, war nach Lsuncman, dass die Mundpapillen in doppelter Reihe geordnet wären. 1872 beschrieb dann G. O. Sırs (22, p. 112) eine Ophiure, die er Ophiaregma abyssorum nannte, und deren am meisten hervortre- tende Eigenthümlichkeit der MangelanGenitalspalten war. Er sagt darüber (l. c.): »Diese sogenannten Genitalspalten fehlen ganz und gar bei dieser Form, indem die Haut der Scheibe sich unmittelbar mit der Basis der Arme längs deren ganzer in die Scheibe aufgenom- mener Partie ohne zwischenkommende Öffnung verbindet. Die Gene- rationsorgane, die bei einzelnen Exemplaren innerhalb der Haut der Scheibe deutlich bemerkbar waren, können also nur durch eine Ruptur davon ihren Inhalt entleeren, ein Verhältnis, das in dieser Thiergruppe ganz und gar unbekannt ist.« Wie gezeigt werden soll, ist diese Vermuthung von Sırs ganz richtig. Nur seine Bemerkung, dass ein solches Verhältnis sonst nicht bei den Ophiuren vorkomme, ist unrichtig; es findet ja immer ein Durchbruch der Haut statt bei der Entleerung der Geschlechtsstoffe. Aber man muss sich erinnern, dass Sırs dies schrieb, bevor die Untersuchungen Lupwic’s erschienen waren. Da- mals betrachtete man also noch die Bursalspalten als die eigentlichen Geschlechtsöffnungen. Später erkannte dann Lyuncman, dass Ophiaregma abyssorum (Sars) mit seinem Ophiopus arcticus synonym sei, und er theilte das Lyman Über Ophiopus areticus (Ljungman), eine Ophiure mit rudimentären Bursae. 507 mit. Lsuneman hat also das merkwürdigste Verhältnis bei dieser Ophiure, nämlich das Fehlen der Bursalspalten, übersehen. Was er als eine dop- pelte Reihe der Mundpapillen deutete, ist nichts als die Fußpapillen der innersten Saugfüßchen. Das dritte Paar Saugfüßchen ist dem Mundrande ziemlich nahe gerückt, so dass die entsprechenden Fußpapillen über die des zweiten Paares, die eigentlichen Mundpapillen, zu liegen kommen, wobei es wohl scheinen kann, als wäre es eine doppelte Reihe Mundpa- pillen. — Übrigens hat das nicht viel zu bedeuten; die Mundpapillen sind ja nichts als die Fußpapillen der innersten Saugfüßchen, entweder des ersten — wie bei Ophioglypha — oder des zweiten Paares — wie bei Ophiopholis. In seiner großen Monographie der Ophiuren spricht Lyman auch von Ophiopus arcticus; aber in der Beschreibung sagt er, es seien »two genital openings in each interbrachial space« (15, p. 156). — Wo- her Lyman das nimmt, ist mir unverständlich. Lsungman spricht gar nicht von Genitalöffnungen in seiner Beschreibung; die Worte »ineisurae disci obsoletae, papillis destitutae« können nicht den Bursalspalten gelten, sondern nur den Einbuchtungen der Scheibe bei den Armen und den hier sitzenden Papillen wie bei Ophioglypha. Weiter unten sagt dann Lyman, dass die Synonymie von Ophiopus und Ophiaregma »leads to the inference, that it has no genital openings«. Es ist sonderbar, dass Lyman diese zwei Sätze zusammenstellen kann. Wenn die zwei syno- nym sind, muss man doch die beiden Beschreibungen zusammenfassen, und was Sırs von Ophiaregma beschrieben hat, gilt dann natürlich auch von Ophiopus. Liuneman sagt von Ophiopus: »Hoc genus inter Ophioglyphas et Amphiuras medium tenet locum«. Ein sehr unmotivirter Ausspruch ! Ophiopus gehört zur Amphiuragruppe, und hat nichts mit Ophioglypha zu thun. Lyman hat vollständig Recht, wenn er sagt: »It would be hard to say, what were its affinities with the former (Ophioglypha).« Da- gegen kann ich nicht mit Lyman einverstanden sein, wenn er sagt: »I am at a loss to separate this genus from some species of Ophiactis, that have no disk spines (e. g. Ophiactis canotia).« Das Fehlen der Bursae ist nach meiner Meinung ein Verhältnis von viel größerer Bedeutung als eine kleine Eigenthümlichkeit an den Mundpapillen oder Ähnliches der gewöhnlichen systematischen Charaktere. Wenn aber auch dies Alles mit Ophiactis stimmte, würde ich es doch nicht in Zweifel ziehen, Ophiopus als ein besonderes Genus zu behaupten. Man muss hier natürlich fragen: giebt es ein Ophiuridengenus, in dem einige Arten Bursae haben, andere aber nicht? In diesem Falle | würde ja auch Ophiopus zu dem Genus Ophiactis gerechnet werden 508 Th. Mortensen, können. Nach Lyman giebt es nun ein solches. Es ist das Genus Ophio- musium, in dem zwei Arten, O. pulchellum Lym. und O. flabellum Lym. sich von den übrigen Arten desselben Genus durch das Fehlen der Bursae unterscheiden. Lyman behauptet, es sei vollständig berechtigt, diese zwei Arten zum Genus Ophiomusium zu stellen; aber zugleich sagt er, dass sie »strongly distinguished from others of the same genus« sind, besonders durch die großen Seitenarmplatten des ersten Paares, die bei O. flabellum den ganzen Interbrachialraum decken; weiter da- durch, dass die erste Ventralplatte (d. h. nach dem gewöhnlichen syste- matischen Gebrauch, morphologisch die zweite) dieselbe. Form wie die folgenden Ventralplatten hat mit den Fußporen und Fußpapillen an demselben Platz, an dem die folgenden Platten sie haben (15, p. 99). Es wird also mit anderen Worten das Verhältnis sein, dass das zweite Paar Saugfüßchen ungewöhnlich weit vom Munde herausgerückt ist. Diese Verhältnisse in Verbindung mit dem Fehlen der Bursae scheinen gerade zu fordern, dass die zwei genannten Arten vom Genus Ophio- musium getrennt werden — es sind lange nicht alle Ophiuridengenera, die so gut charakterisirt sind. Es giebt also kein Genus, in dem einige Arten Bursae haben, andere sieentbehren. Auch Ophiopus muss ein selbständiges Genus bilden. Außer diesen zwei Arten nennt Lyman zwei andere Ophiuren, die keine Bursae haben, und er vermuthet, dass es sich zeigen wird, dass sie bei mehreren Ophiuren fehlen. Bisher ist dieses Verhältnis nicht untersucht worden, und — wie Lyman sagt — »an observer is apt to take the crease in the disk close to the arm for a true opening, where there may be none at all« (15, p. 156). Man muss aber bedenken, dass die Bursae nur Einstülpungen der Haut sind, und dann kann ein solcher » crease in the disk« ja wohl als eine rudimentäre — oder beginnende — Bursa angesehen werden. Das ist eben das Verhältnis bei Ophiopus, wie es unten gezeigt werden soll. Die zwei Ophiuren, die Lyman nennt, sind Ophiocymbium caver- nosum Lym. und Ophiothamnus vicarius Lym. — Bei Ophiocymbium cavernosum findet sich »apparently large genital openings, but these are merely the creases on either side of the arm; for in reality the under disk surface with a very delicate scaling is continuous over the arm, and there are no genital openings in their usual position « (15, p. 163). Warum es hier nicht wirkliche »genital openings« (Bursalspalten) sein können, ist nicht klar. Dass »the under disk surface is continuous over the arm with a very delicate sealing«, soll wohl sagen, dass auch die Haut der Einstülpungen mit Kalkplatten versehen ist; aber das ist kein Grund gegen die Deutung, dass es Bursae sind — auch bei Ophiomyxa Über Ophiopus aretieus (Ljungman), eine Ophiure mit rudimentären Bursae. 509 und Ophiocoma finden sich Kalkplatten in der Bursalwandung (12, p- 382—383). Wahrscheinlich sind die Bursae des Ophiocymbium weniger entwickelt als gewöhnlich, aber kein Grund liegt vor, ihm die Bursae abzusprechen. Vom Genus Ophiothamnus sagt Lyman: »In each interbrachial space two genital openings, beginning close outside the mouth shield«, und weiter unten » There is no genital scale, and the genital plates instead of oceupying their usual position at the side of the arm, lie on top, side by side and touching each other (Pl. XLII, Fig. I). Then the ovarial bursae have their walls clad in thin lime plates, making a regular wall, in wich I was unable to discover a genital opening of any sort« (15, p. 214 f.). Diese Beschreibung ist recht schwer verständlich. »Es sind zwei Genitalöffnungen in jedem Interbrachialraum.« — »Ich war außer Stande eine Genitalöffnung irgend welcher Art zu entdecken.« — Der Ausdruck »genital opening« muss hier in zwei Bedeutungen gebraucht sein, erstens von der Bursalspalte, zweitens von den eigentlichen Geni- talöffnungen in die Bursae hinein. So weit ich es habe verstehen können, finden sich also bei Ophiothamnus, wie gewöhnlich bei den Ophiuren, Einstülpungen längs der Arme. Der Grund aber, warum Lyman sie nicht als Bursae ansehen will!, ist der, dass sich keine Genitalöffnungen in deren Wandungen finden. Diese Öffnungen sind ja nicht so groß und können vielleicht übersehen werden; aber wenn sich auch wirklich keine Genitalöffnungen darin fänden, wäre das doch kein ausreichender Grund, sie nicht als Bursae anzusehen. Die wichtigste Funktion der Bursae ist ja die Respiration, erst in zweiter Linie kommt das Verhältnis zu den Geschlechtsorganen. Auch der Ausdruck »ovarial bursae« ist sehr unklar. An der Figur, die Lyman von den anatomischen Verhältnissen bei Ophiothamnus remo- tus giebt (15, Pl. XLII, Fig. 1) sieht man etwas, das in hohem Grade an die reifen Ovarien bei Ophiopus, wie sie unten beschrieben werden sollen, erinnert. Das ist es, das Lyman »ovarial bursae« nennt. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass es die reifen Eier sind, die man durch die dünne Peritonealbekleidung durchscheinen sieht. Wo die dünnen Kalkplatten liegen sollen, ist nicht recht klar; die polygonalen Felder, 1 Dass dies wirklich Lymav’s Meinung ist, geht aus seiner Besprechung von Ophiopus hervor. Er sagt hier (45, p. 156): »The presence or absence of genital openings among Ophiurans has not yet been fully worked out. An observer is apt to take the crease in the disk close to the arm for a true opening, where there may be none at all- In Ophiocymbium and in Ophiothamnus I have not been able to detect any opening, although the skin was extremely thin and might readily be ruptured. « Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. 33 510 Th. Mortensen, die man sieht, können — wie gesagt — gewiss nur die Eier sein. — Im Ganzen genommen ist Lyman nicht glücklich gewesen in der Wahl der Bezeichnungen der anatomischen Verhältnisse. Warum nicht die ge- wöhnlichen Namen: Ovarien und Testikel für die einzelnen Geschlechts- schläuche, Geschlechtsöffnungen für deren Öffnungen in die Bursae hin- ein, und Bursalspalten für die Öffnungen der Bursae verwenden? — dann kann keine Unklarheit auf Grund der Namen vorkommen. Es muss dann gegen Lyman behauptet werden, dass weder Ophiocymbium noch Ophiothamnus zu den Ophiuren ohne Bursae gerechnet werden können. So weit wir bisher wis- sen, fehlen die Bursae nur bei den zwei mit Unrecht zu Ophiomusium gerechneten Arten: O. pulchellum und Ö. flabellum und bei Ophiopusarcticus; und obendreinkann man bei Ophiopus — wie man unten sehen wird — Spurenvon Bursae finden; nur den beiden zuerst genannten Arten scheinen sie absolut zu fehlen. Ophiopus arctieus ist zuerst bei Spitzbergen gefunden worden, später an den Küsten Norwegens, bei Grönland (Davisstraedet), im Faerökanal (kalte Zone). Auf Ryper’s Expedition nach Ost-Grönland in den Jahren 1890—1892 wurde eine Anzahl Exemplare dieser Ophiure im Schleppnetz nordwärts vor Island (ca. 70° n. B.) gesammelt aus Tiefen von 200—940 Meter. Einige dieser Exemplare waren vollstän- dig geschlechtsreif. Durch das Wohlwollen des Herrn Inspektor LEvInsEN habe ich vier Exemplare für anatomische Untersuchung bekommen, wofür ich ihm hier meinen herzlichsten Dank ausspreche. Sie waren alle in Alkohol konservirt, ließen also in Hinsicht auf die histologischen Verhältnisse wohl etwas zu wünschen übrig; aber zur Konstatirung der gröberen anatomischen Verhältnisse, besonders der Geschlechts- organe, waren sie vollständig befriedigend. Wegen der geringen Größe — der Scheibendurchmesser ist nur ca. 5 mm — konnte die makro- skopische Untersuchung nicht viel ergeben, an Schnittserien mussten im Wesentlichen die Untersuchungen durchgeführt werden. — Zur Ent- kalkung wurde !/,°/,ige Chromsäure, zur Färbung Pikrokarmin benutzt. Betrachtet man die Unterseite eines erwachsenen Ophiopus genau mit einer schwachen Vergrößerung, so sieht man zwei kleine runde Löcher in jedem Interbrachialraum (Fig. 1). Sie liegen nicht alle gleich weit vom Rande der Scheibe, wie die Figur zeigt. Das sind die Öff- nungen, wodurch die Eier entleert werden. Fig. 2 zeigt ein Stadium, wo das Ei eben durch die Öffnung herauszudringen angefangen hat. Man sieht, wie der Theil des Eies, der durch die kleine Öffnung hin- durchgekommen ist, sich wieder erweitert. Nimmt man die Rückenhaut Über Ophiopus aretieus (Ljungman) eine Ophiure mit rudimentären Bursae, 911 eines geschlechtsreifen Ophiopus ab, so sieht man, dass jeder Inter- brachialraum von zwei großen Eiermassen fast ganz ausgefüllt ist. Die Eier, die durch die dünne Peritonealhaut hindurchscheinen, sind gegen einander gedrückt, so dass sie kantige Formen annehmen (Fig. 3). Das sind die Ovarien. Es findet sich also nur ein Ovarium jeder- seits der Arme, während bei den mit Bursae versehenen Ophiuren sich meistens eine ganze Reihe Genitalschläuche längs jeder Bursa findet, wie es Lupwıc beschreibt (12, p. 37% £.). Eine Querschnittserie durch ein reifes Ovarıum und die ventrale Körperhaut zeigt, wie die Eier entleert werden. Fig. 4 ist ein Schnitt durch ein Ovarium, wo die Eier eben sich zu entleeren begonnen haben. Von dem der Öffnung am nächsten liegenden Ei ist ein Theil heraus- gedrungen, und dieser Theil hat schon anzuschwellen begonnen. Die Öffnung misst 0,25 mm, die Eier — so weit man sie messen kann, da sie so gedrückt sind — 0,39—0,40 mm. Es müssen die Eier also ganz bedeutend verdünnt werden, um durch die Öffnung hindurchzukommen. Auf Flächenschnitten durch die Scheibe sieht man am besten, wie und wo die Ovarien sich bilden. Fig. 6 ist nach einem solchen Schnitte gezeichnet. Man sieht ein junges Ovarium vom Rande der Scheibe in der Ecke bei dem Arm hervorragen. Die durch die schon recht großen Eier angeschwollene Spitze des Ovariums ragt in den Enterocoelraum hinein, ein wenig schief gegen die Mitte des Interbrachialraumes ge- richtet. Wenn die Eier nun an Größe und Anzahl zunehmen, wächst das Ovarium zu der bedeutenden Größe, die es beim erwachsenen hat, heran; die Scheibenhaut wird auch etwas erweitert, um dem Ovarium Platz zu machen, und der Stiel kommt dann nicht mehr am Rande, sondern etwa an der Unterseite der Scheibe zu sitzen. Die zwei Ova- rien in jedem Interbrachialraum sind, wenn vollständig ausgewachsen, nur durch einen kleinen Zwischenraum, den Enterocoelraum, getrennt (Fig. 3). Die Ovarien werden nicht immer alle auf einmal entleert. Fig. 5, die aus dem dritten Schnitte nach dem, wonach Fig. / gezeichnet ist, genommen ist, zeigt das eine Ovarium fast vollständig entleert. Ein Ei sitzt noch in der Öffnung, ein anderes, das letzte, liegt noch ganz in dem Ovarium, wie die vorhergehenden Schnitte zeigen. Die Peritoneal- haut des Ovariums liegt darüber zusammengefaltet. Das andere Ova- rium in demselben Interbrachialraum hat, wie Fig. 4 zeigt, eben die Eier zu entleeren begonnen. Wie das Loch gebildet wird, ob durch Resorption oder durch Ruptur, ist nach meinen Präparaten nicht bestimmt zu sagen. Die runde Form, die man bei Betrachtung von der Fläche sieht, deutet wohl an, 33* 5172 Th. Mortensen, dass eine Resorption stattfindet. Wäre es durch eine Ruptur gebildet, müsste man ein ganz unregelmäßiges Loch erwarten. Betrachtet man aber den in Fig. 5 abgebildeten Schnitt genauer, scheint eine Spren- gung der Körperhaut stattzufinden. Man sieht an der rechten Seite der Öffnung einen Strang, der aus der Öffnung hervorragt, und der eine direkte Fortsetzung des fibrillären Bindegewebes innerhalb der Kalk- platten zu sein scheint!. Zweifelsohne findet sowohl eine Resorp- tion (der überliegenden Kalkplatte) als eine Sprengung (des unterliegenden Bindegewebes) statt. Beim ersten Anblick scheint Ophiopus in Hinsicht auf die Verhält- nisse der Geschlechtsorgane von den übrigen Ophiuren recht verschieden zu sein. Ein genauerer Vergleich wird doch zeigen, dass es prineipiell dieselben Verhältnisse sind; nur eins ist wesentlich verschieden, die Genitalöffnungen. Denn dass sich hier nur ein großes Ovarium findet, während sonst bei den Ophiuren sich eine ganze Reihe kleiner Ovarien längs jeder Bursa findet, das macht ja nur einen geringen Unterschied. Auch bei Ophiopholis? findet sich ja nur ein großes Ovarium, und Ophiothamnus remotus wird ohne Zweifel dasselbe Verhältnis wie Ophiopus zeigen. Aber was den Unterschied ausmacht, das sind, wie schon oben gesagt, die Genitalöffnungen. Bei den übrigen Ophiuren sind die Genitalöffnungen von einem epithelialen Ringwalle umgeben (12, p. 384) und werden an der Basis des Stieles der Genitalschläuche gebildet. BeiOphiopus werden die Öffnungen nichtander Basis des Stieles®, sondern an der Spitze des Ovariums, unterhalb der zuerstreifen Eier gebildet. Die Öffnungen sind nicht von Epithel umgeben, und sie treten nicht an bestimmten Plätzen auf, so dass sie nicht gleich weitvom Rande der Scheibe entfernt sind. Bei allen bisher untersuchten Ophiuren finden sich die zuerst ent- wickelten Eier an der Spitze des Ovariums. Erst wenn alle die jungen ! Leider war das Präparat ziemlich schlecht in histologischer Hinsicht, so dass dies nicht sichergestellt werden konnte. 2 Es ist aber möglich, dass dies eine Ovarium bei Ophiopholis eigentlich von mehreren ursprünglich geschiedenen Genitalschläuchen zusammengesetzt sei, wie Lupwic es vermuthet (12). ‚3 Allerdings ist der Stiel des reifen Ovariums sehr undeutlich wegen des Druckes der großen Eier; bisweilen schien es mir sogar, es wäre das reife Ovarium ohne Verbindung mit dem Genitalstrange. Darüber darf ich mich aber doch nicht bestimmt aussprechen. Dass es sich aber mit den Öffnungen, wie es oben darge- stellt ist, verhält, das zeigt ein Vergleich der Fig. 4 und 6 zur Genüge: Der Stiel sitzt am Rande der Scheibe, die Öffnung liegt fast am Mundschilde — sie müssen von einander ganz unabhängig sein. Über Ophiopus aretieus (Ljungman), eine Ophiure mit rudimentären Bursae, 513 Eier ausgereift sind, wird die Öffnung gebildet, und die Eier werden entleert. Es müssen sich also zuerst alle die jungen Keimzellen des Ovariums zu Eiern entwickeln, bevor die Entleerung stattfindet, und dann wird der ganze Inhalt des Ovariums entleert. Nur bei Amphiura squamata werden nicht alle Keimzellen auf einmal zu Eiern entwickelt, so dass nie der ganze Inhalt entleert wird (1, p. 186); das steht aber damit in Verbindung, dass sie lebendiggebärend ist und das ganze Jahr hindurch reife Geschlechtsstoffe produeirt. Bei den übrigen Ophiuren muss also der ganze Inhalt auf einmal entleert werden. Bei Ophiopus braucht es nicht so zu sein, da ja die Genitalöffnung unterhalb der Spitze des Ovariums mit den zuerst reifen Eiern gebildet wird. Es können sich also fortwährend neue Eier in dem Stiele des Ovariums entwickeln, während die reifen Eier in der Spitze entleert werden. Natürlich kann das nicht stattfinden, falls das Ovarium sich wirklich vom Genitalstrange ablöst. Jedenfalls dauert die Ausbildung junger Eier nicht lange fort, nachdem die Entleerung begonnen hat. Das in Fig. 5 abgebildete Ovarıum, worin. — wie schon gesagt — nur noch zwei Eier sich finden, zeigt keine Spur junger Keimzellen. Ob sich dann später neue Ovarien von dem Genitalstrange aus bilden, lässt sich nach dem vorliegenden Material nicht bestimmt sagen; die Zellen des Genitalstranges unter dem reifen Ovarium waren fast immer sehr klein; nur einmal waren Urkeimzellen deutlich darin zu sehen. Jeden- falls wachsen die neuen ÖOvarien erst, wenn die alten ganz entleert sind, hervor — ob überhaupt neue Ovarien auswachsen, denn viel- leicht kann man auch etwas dagegen anführen, wie es unten angedeutet werden wird. Wie es sich mit der Erneuerung der Ovarien bei den übrigen Ophiuren verhält, darüber werden bestimmte Angaben ver- misst. Nur bei Cu£nxor findet sich die Äußerung: »Lorsque l’ovaire s’est vide par une ponte, il est tres-probable, que la portion du cordon genital, qui penetre A son interieur, est le point de depart de nouvelles generations d’oeufs« (3, p. 76). Es wäre wohl der Mühe werth das näher zu untersuchen. Die männlichen Geschlechtsorgane sind ein wenig kom- plieirter, aber man sieht doch leicht, dass es wesentlich dieselben Ver- hältnisse sind wie beim Weibchen. Ich habe keine Flächenschnitte davon, glaube aber doch vollständige Klarheit darüber bekommen zu haben. Man erinnere sich den Verlauf des aboralen Blutgefäßes, in dem der Genitalstrang liegt. In den Radien verläuft es an der Dorsalseite der Arme, nahe dem Scheibenrande, geht dann an der Seite des Armes bis zur Ventralseite des Interradius herab, verläuft weiter oralwärts fast bis zum Mundrande, geht hier quer über den Interbrachialraum, 514 Th. Mortensen, um dann aboralwärts längs der Seite des anderen Armes bis zum Scheibenrande zu verlaufen, steigt danach über den Arm hinauf und verläuft in derselben Weise in dem nächsten Interbrachialraum; dabei ist es immer von einem Schizocoelraum (Perihämalraum) umgeben (man vgl. Taf. VI, Fig. 7 von Hamann [7, Heft 4]). Eine Querschnittserie durch die Scheibe eines Männchens, so orientirt, dass die Richtung der Schnitte winkelrecht auf der Längsachse eines Armes steht, wird dann Folgendes zeigen. Zuerst, nahe dem Rande, sieht man auf der Dorsalseite des Armes das Blutgefäß mit seinem Genitalstrange (Fig. 7). Die Urkeimzellen sind sehr deutlich. Schon hier sieht man das Blut- gefäß mit dem Genitalstrange sich etwas an der Seite des Armes herab verlängern. Das wird deutlicher auf den folgenden Schnitten (Fig. 8). Zugleich sieht man hier zwei recht große Zellenmassen in dem Schizo- coelraum liegen (auf den nächst vorhergehenden Schnitten sieht man nur die untere dieser Zellenmassen). Die folgenden Schnitte legen es klar, wie es sich mit den zwei Zellenmassen verhält (Fig. 9)!. Man sieht hier den Genitalstrang längs der Seite des Armes herabsteigen. Der Blutgefäßraum ist fast ganz vom Genitalstrange ausgefüllt, so dass man nur einige kleine Räume (Bl.lac) an den Seiten des Stranges sieht. Vom Genitalstrange geht eine große Zellenmasse wie eine Aussackung her- vor. Durch eine tiefe Furche ist sie in zwei große Lappen, einen oberen und einen unteren, getheilt. Das ist der Testikel. Es findet sich also auch nur ein Testikel auf jeder Seite des Armes; die zwei Zellenmassen, die man auf den vorhergehenden Schnitten sieht (Fig. 8), sind also nur die zwei Lappen des Testikels, die sich aboral- wärts verlängern. Weiter oralwärts gehend sieht man wieder die zwei Zellenmassen, und bald nur die eine, die untere (Fig. 10). — Die zwei Lappen verlängern sichalsosowohlaboralwärtsals oral- wärts vor dem Stiele des Testikels längs der Seite des Armes, und der untere Lappen ist der größte. AufFig. 40 sieht man außer dem Testikellappen das quergeschnittene aborale Blutgefäß, das oralwärts verlaufende Stück nämlich, mit dem Genitalstrange. Zu- letzt verschwindet auch der untere Lappen des Testikels, und nur das Blutgefäß von seinem Schizocoelraum umgeben findet sich in den folgenden Schnitten. ! Die Figur ist nach zwei Schnitten kombinirt. Die Verbindung zwischen dem Testikel und dem Genitalstrange war erst an dem Schnitte zu sehen, der nach dem folgte, wo die zwei Lappen des Testikels vereinigt waren. Da aber die Schnitt- richtung ein wenig schief war, ist es wahrscheinlich, dass die Verbindung der zwei Lappen genau oberhalb des Stieles sich findet. Jedenfalls waren die dargestellten Verhältnisse hier so deutlich zu sehen, dass es mir erlaubt schien die zwei Schnitte zu kombiniren, um nicht zu viele Abbildungen zu bekommen. Über Ophiopus areticus (Ljungman), eine Ophiure mit rudimentären Bursae. 515 Es fanden sich keine geschlechtsreifen Männchen, so dass die Weise, auf welche die Spermatozoen entleert werden, nicht sichergestellt werden konnte. Selbstverständlich muss auch hier ein Durchbruch der Körperwandung stattfinden, wie es ja bei allen Ophiuren geschieht. Es kann nur fraglich sein, ob der Durchbruch unter dem Stiele ge- schieht, wie sonst bei den Ophiuren, oder an einem anderen, nicht ganz bestimmten Ort der Scheibenhaut, wie bei dem Weibchen von Ophio- pus. Nach der Analogie mit den übrigen Ophiuren ist es wahrschein- lich, dass der Durchbruch unter dem Stiele geschieht. Es finden sich die reifen Spermatozoen nicht an der Spitze, sondern in der Mitte der Hoden, wie es Hamann beschreibt (7, Heft 4,p.49). Wahrscheinlich findet sich bei Ophiopus dasselbe Verhältnis. Die Ovarien stimmen ja mit denen der übrigen Ophiuren, indem die Eier zuerst in der Spitze sich zu entwickeln beginnen, und dann ist es ja a priori wahrscheinlich, dass auch die Hoden sich in dieser Hinsicht wie die der übrigen Ophiu- ren verhalten. Der in Fig. 9 abgebildete Schnitt scheint auch darauf zu deuten. In der Spitze des unteren Lappens liegen die Zellen ganz dicht beisammen, während die Zellen nahe dem Stiele recht weit von einander liegen; dazwischen sieht man einige viel kleinere Zellen, die den von Hamann beschriebenen Spermamutterzellen ähnlich sehen. Weiter sieht man in der Mitte des Lappens einige kleine Punkte, die wohl Spermatozoenköpfe sein können; wegen der mangelhaften Konser- virung war das aber nicht deutlich. Um dies sicherstellen zu können, müsste man weiter entwickelte und besser konservirte Männchen zur Verfügung haben als das, nach dem die Figuren gezeichnet sind. Nach dem oben Gesagten ist es doch sehr wahrscheinlich, dass sich die reifen Spermatozoen in der Mitte der Hoden finden, und dann liegt wohl kein Grund vor, um nicht anzunehmen, dass die Öffnung sich am ge- wöhnlichen Platze, an der Basis des Stieles finden wird. Auf Fig. 8 und 9 sieht man einige Falten der Haut zwischen dem Arm und dem Interbrachialraum, also an dem Platze, wo sonst die Bursae sich finden. Es finden sich dort recht zahlreiche Kerne, die epithelartig angeordnet sind. Die Kalkplatten sind hier nicht besonders stark ausgebildet. Diese Falten müssen als rudimentäre Bursae angesehen werden. Denkt man sich die Einstülpung der Haut fortge- setzt, so bekommt man eine Bursa mit einem großen Genitalschlauche am aboralen Ende. Ein ähnliches Verhältnis findet man bei Ophiopholis, wie es Lupwıc beschrieben hat (12, p. 383). In den Bursen der übrigen Ophiuren ist das Epithel besonders stark, während das übrige Körper- epithel viel geringer entwickelt ist, ja es kann — nach Hamann — sogar vorkommen, dass die Epidermis von der Cutis kaum zu trennen ist. 516 Th. Mortensen, Das war eben bei Ophiopus der Fall; das Epithel des Körpers war nur selten deutlich zu sehen, und jedenfalls nie so deutlich wie in den Falten. Auch ist es in den Falten etwas höher als sonst an dem Körper. Dies stimmt sehr gut mit dem bei den übrigen Ophiuren obwaltenden Ver- halten des Epithels und spricht für die Homologie der Falten mit den Bursen der übrigen Ophiuren. MacBeıpe beschreibt die erste Entstehung der Bursae bei Amphiura squamata folgendermaßen: »The first sign of their appearance is an increase in size and number of the peritoneal cells (Fig. 19), afterwards the ectodermal invagination is apparent (Fig. 20). Tkis first rudiment of the Bursa is often very like a portion of the genital rachis, and as it is found at a stage, when this is imperfectly or not at all formed, it is apt to lead to confusion« (17, p. 143). MacBkrıpe’s Figuren scheinen mir dies nicht zu erweisen. Auf Fig. 19 ist die Peritonealwucherung durch eine deutliche Membran von der Haut getrennt; wie es mit dieser weiter geht, sagt MacBrıpe nicht. AufFig. 20 sieht man eine undeutliche Linie zwischen dem Lumen der Zellenwucherung und der Körperhaut; viel- leicht kann sie von der Membran herrühren. Aber ein wesentlicher Einwurf gegen MacBripe’s Deutung scheint mir der zu sein, dass auf diese Weise die Peritonealzellen einen Theil des äußeren Bursalepithels bilden sollen, und dieses Epithel geht dann ohne Grenze in das Ekto- derm über. Das ist doch ein wenig unwahrscheinlich. Bestimmt wage ich mich aber nicht gegen die positiven Angaben MacBkrıpe’s auszu- sprechen. Auch kann diese Entstehungsweise keinen Einfluss auf die Deutung der Falten als rudimentäre Bursae haben. Die Peritoneal- wucherung kann ja nur auf den frühesten Stadien gesehen werden, kann also auch wohl bei dem jungen Ophiopus auftreten, bevor die Hautfaltungen gebildet werden. Allenfalls muss ja auch bei Amphiura squamata die Bursa, nachdem die Peritonealwucherung sich nach außen geöffnet hat, etwa eine solche Gestalt wie die Falten bei Ophiopus haben, und sie ist dann bei Ophiopus auf diesem Stadium stehen geblieben, während sie sich bei den übrigen Ophiuren weiter ein- stülpt. Es geht aus dem oben Dargestellten hervor, dass Lyman Unrecht hat, wenn er von einigen Ophiuren, wie Ophiocymbium cavernosum, sagt, dass siekeine Bursae haben — (der Aus- druck »genital opening«, den Lyman gebraucht, wird ja Bursalspalte sagen, die Meinung wird also die sein, dass sie keine Bursae haben) — son- dern nur »ereases in the disk«. Dazwischen besteht kein wesentlicher Unterschied, sondern nur ein quantitativer. Eine Bursa ist ja eben nur eine tiefe Einstülpung der Haut, eine »crease« Über Ophiopus areticus (Ljungman), eine Ophiure mit rudimentären Bursae. 517 nur eine geringe Einstülpung, und das macht keinen morphologischen Unterschied, dagegen wohl einen physiologischen. Es liegt die Frage sehr nahe, ob das oben geschilderte Verhältnis bei Ophiopus etwas Ursprüngliches oder etwas Sekundäres ist. Man muss dann zuerst untersuchen, ob Ophiopus den am höchsten oder den weniger differenzirten Ophiuren zuzurechnen ist. Es kann kein Zweifel darüber sein, dass Ophiopus zur Amphiuragruppe gehört. Die bisheri- sen Ophiuridensysteme — besonders von Lürken (16, III, p. 85f.) und von Lyunaman (14) — sind wesentlich auf äußere Charaktere, Zähne, Zahnpapillen etc. begründet. Wie Lürken selbst hervorhebt, kann eine natürliche systematische Ordnung nicht auf solche Verhältnisse begrün- det werden. Erst nachdem die Anatomie der Ophiuren genauer studirt worden ist, besonders von Lupwis, ist es möglich gewesen, eine an- nähernd natürliche Ordnung dieser zahlreichen Thiergruppe zu geben. Eine solche giebt Beır (2). Er gebraucht die Armwirbel zum Einthei- lungsprineip. Als die niedrigsten Ophiuren betrachtet er die »Strept- ophiuren«, d. h. diejenigen, deren Armwirbel durch einfache »ball-and- socket-joints« verbunden sind. Am niedrigsten steht die von ihm beschriebene, sehr interessante Form, Ophioteresis, die keine Ventral- platten hat, und deren Adambulacralplatten von den Ambulacralplatten abstehen, so dass es an die Asteriden erinnert. Von den Streptophiuren aus bilden die »Zygophiuren«, d. h. diejenigen, deren Wirbel mit Gruben und Processen, »Apophysen«, versehen sind, und die »Astrophiuren« zwei divergirende Gruppen. Es kann gewiss kein Zweifel darüber sein, dass Beır hier in der Hauptsache — allenfalls für die eigentlichen Ophiu- ren — das Richtige getroffen hat. Ob er in den weiteren Abtheilungen immer das Richtige getroffen hat, lässt sich wohl vorläufig nicht sagen. Wahrscheinlich werden verschiedene Änderungen dieses Systems vor- zunehmen sein, wenn man einmal die einzelnen Formen anatomisch untersucht haben wird, und wenn die fossilen Formen mit in Betracht genommen werden. Ophiopus gehört nun zu den Zygophiuren, also zu den am höchsten differenzirten Ophiuren. Es wird daher im hohen Grade unwahrschein- lich, dass die geringe Entwicklung der Bursen ein ursprüngliches Ver- hältnis repräsentiren solle, es muss als ein sekundäres Verhältnis angesehen werden. — Es würde von großem Interesse sein die zwei »Ophiomusium«-Arten, denen die Bursae ganz fehlen, untersucht zu bekommen. Sie werden gewiss auch andere Eigenthümlichkeiten zeigen; so wird z.B. das zweite Paar Saugfüßchen hier ohne Zweifel vom Radiär- kanal versorgt werden, während sonst der Ringkanal die zwei ersten Saugfüßchenpaare versorgt. 518 i Th. Mortensen, Die übrige Anatomie des Ophiopus hat nicht vollständig studirt werden können, da das Material dazu nicht ausreichte; doch wurden einzelne Verhältnisse von Interesse gefunden. Das Blutgefäßsystem weicht ein wenig von dem gewöhnlichen ab, indem der Zweig des aboralen Ringes, der bei den übrigen Ophiuren längs der adradialen Seite der Bursae verläuft, hier, wie natürlich, fehlt. Sonst scheint es mit dem von Hamann (7) bei Ophioglypha albida und Ophiothrix fragilis beschriebenen zu stimmen. Das Verbindungsgefäß zwischen dem aboralen Blutgefäßring und der Darmwandung, das von Hamann und Russo (21) beschrieben worden ist, habe ich nicht sehen können, da die Rückenhaut abgenommen werden musste, weil der Darm mit Sand (worin sich Radiolarien und Diatomeen fanden) gefüllt war. MacBriveE (17, p. 140f.) sucht darzulegen, dass das, was Lupwıc und Hamann als Blutgefäße beschreiben, keine wirklichen Blutgefäße sind. Er hat nur die kleine Amphiura squamata (und zum Theil Amphiura Chiajei) untersucht. Hätte er andere größere Ophiuren untersucht, wäre er sicher nicht dahin gekommen den Ophiuren das Blutgefäßsystem abzusprechen und die angeblichen Blutgefäße als »the degenerate part of a (genital-)rachis« zu erklären. Vocr und Yune (25, p. 608) wollen die Gefäße als sterile Genitalstränge ansehen, geben aber keine Gründe dafür. Es leuchtet nicht recht ein, warum hier nicht ein Blutgefäß- system sein soll; die Annahme liegt doch viel näher als die von MacBrıpe oder die von Vogt und Yung angenommene. Übrigens war das Material nicht so vorzüglich konservirt, dass es von den histologischen Verhält- nissen des Blutgefäßsystems Aufklärung geben konnte. Das Wassergefäßsystem zeigt auch die gewöhnlichen Ver- hältnisse. Es findet sich eine Porr'sche Blase in jedem Interbrachialraum, den ausgenommen, worin der Steinkanal liegt. Die Madreporenplatte hat nur eine Öffnung. Die zwei ersten Saugfüßchenpaare werden wie gewöhnlich bei den Ophiuren vom Wassergefäßringe versorgt. Es findet sich ein ähnlicher Ventilapparat, wie es Hamann (7, Heft A, p. 33) näher beschreibt. Die Saugfüßchen sind ganz einfach, nicht mit Papillen be- setzt, wie die des Ophiothrix fragilis. Ein Längsschnitt durch ein Saugfüßchen giebt ein Bild, wie es Fig. 14 darstellt. Nach außen liegt das gewöhnliche, hohe Epithel, dann kommen zwei Reihen von sehr kleinen Punkten, sie sind nicht in der ganzen Länge der Saugfüßchen zu sehen, was von der Schnittrichtung herrührt. Die Saugfüßchen sind ja fast nie ganz gerade, ein Längs- schnitt kann dann auch nicht das Saugfüßchen seiner ganzen Länge nach median treffen. Innerhalb dieser Punktreihen kommt ein ziemlich undeutliches Längsband, die Längsmuskeln. Das innere Epithel ist re Über Ophiopus arcticus (Ljungman), eine Ophiure mit rudimentären Bursae. 519 wegen der Konservirung in Alkohol nicht deutlich. Das Bindegewebe, von welchem alle Schriftsteller, die den Bau der Saugfüßchen be- schreiben, sprechen, war nicht deutlich zu sehen. Aber das kann ja hier möglicherweise so dünn sein, dass man es nicht bei der Konservi- rung in Alkohol sehen kann; da es sich bei den übrigen bisher unter- suchten Ophiuren findet, wird es sich gewiss auch hier finden. Auch die Nervenschicht war undeutlich, doch ist es wahrscheinlich, dass die fibrilläre Schicht, die man auf Fig. 13 außerhalb der Membran sieht, die Nervenschicht ist. Die Punktreihen außerhalb der Längsmuskeln sind elastische Fasern, wie deren Verhalten gegen Reagentien zeigt; Kalihydrat hat keine Einwirkung auf sie, sie können also nicht Muskeln sein. Ein Querschnitt durch ein Saugfüßchen (Fig. 12) zeigt zu innerst (das Epi- thel immer undeutlich) die quergeschnittenen Längsmuskeln, dann eine deutliche Membran, deren innerer und äußerer Rand scharf hervor- tritt, während der Zwischenraum ein homogenes Aussehen hat. Es ist also die Außen- und Innenseite der Membran, in der die elastischen Fasern sich ausbilden. So weit ich es habe finden können, hat Niemand bisher diese Fasern gesehen oder wenigstens deutlich dargestellt. Sımrora (23, I, p. 478) spricht von einem Binde- gewebe, das zwischen der Nervenschicht und den Muskelfasern liegt. Er hat »besonders transversale, außerordentlich zarte und feine, dicht gedrängte Bindegewebsfasern, schwer wahrnehmbar« gesehen. Ob das möglicherweise die elastischen Fasern sein können, lässt sich nicht be- stimmt sagen; wahrscheinlich ist es aber nicht, da er gar nicht die elastische Membran außerhalb der Längsmuskeln gesehen zu haben scheint. Die homogene Membran, die er zwischen den Längsmuskeln und dem inneren Epithel gefunden zu haben glaubt, existirt nicht. Teuscher (24, p. 269) spricht nur von einer breiten Bindegewebsschicht, »geschlängelte Fasern und Zellen enthaltend« — das kann gewiss nur dem außerhalb der Membran liegenden Bindegewebe gelten; die Mem- bran hat auch er nicht gesehen. Lupwic (13) verweist auf die Angaben von Sımroru und Teuscher; KoEHLEr (9) findet innerhalb des Bindege- webes »un liser€ brillant, indiquant la presence d’une membrane elastique«. Gu£nor (3, p. 53) beschreibt den Bau der Saugfüßchen folgendermaßen: »d’abord Vepithelium ambulacraire, une couche de muscles longitudinaux, une &paisse couche conjonctive, dans l’epaisseur de laquelle on voit du cöte interne le nerf ambulacraire et enfin l’epi- thelium externe«. Er hat also auch nicht die Membran gesehen. Hamann (7, Heft 4, p.27) ist mit Koener in Übereinstimmung. Die Wandung der Saugfüßchen setzt sich bei Ophioglypha albida nach Hamann aus folgen- 520 Th. Mortensen, den Schichten zusammen: 1) aus dem äußeren Körperepithel, 2) einer sehr gering entwickelten Bindesubstanzschicht, von welcher nach innen zu 3) eine elastische Membran aufliegt, #) die Längsmuskelschicht, 5) das innere Epithel. Die Nervenschicht liegt am basalen Ende der äußeren Epithelzellen, die Fortsätze dahinein senden — dasselbe Verhältnis findet sich ohne Zweifel bei Ophiopus, wie Fig. 13 anzudeuten scheint. Wie man sieht, hat Niemand — Sımrorn vielleicht ausgenommen — von diesen Fasern gesprochen!. Auf Hımann’s Taf. IV, Fig. 4 sieht man an der rechten Seite außerhalb der Längsmuskeln eine kleine Reihe von Punkten. Das sind ohne Zweifel die quergeschnittenen Fasern. Hamann hat sie also wohl gesehen, aber nicht davon gesprochen. Bei den Echinen hat Hamann eine elastische Membran mit cirkulär verlaufenden Fasern in einer Schicht gefunden (7, Heft 3, p.53). Bei den Asteriden findet sich nach demselben Verfasser eine hyaline Membran zwischen der Längsmuskelschicht und dem Bindegewebe; »sie ist voll- kommen homogen« (7, Heft2,p.23). Bei den Holothuriden giebt er gar keine elastische Membran an, eben so fehlt sie den Crinoideen. Das Nervensystem der Ophiuren ist nach den Schilderungen von Hamann (7, Heft 4) und JıckeLi (8) in hohem Grade zusammengesetzt. Nach Hamann finden sich eigentlich zwei radiäre Nervenstämme, der wohlbekannte ventrale Radiärnerv und die dorsalen Ganglienzellen, die Lange (10) allein als das radiäre Nervensystem anerkannte. Nach Jıckeuı finden sich nicht weniger als vier radiale Nervensysteme: das ventrale, das mittlere, das dorsale und das laterale radiale Nerven- system, und es entspringen von diesen vier Systemen neun Nervenpaare in jedem ambulacralen Segmente. Es fällt ein wenig schwer zu glauben, dass dies Alles wirklich Nerven sein sollen. Ganz a priori scheint es sonderbar, dass die Ophiuren ein so kolossal ausgebildetes Nervensystem besitzen sollen. Trotz den Beobachtungen Preyzr’s (19) scheinen ihre Lebensäußerungen nicht auf eine so hohe Differenzirung zu deuten. Dass, wenn ein Arm in Noth gerathen ist, die anderen Arme sich hin- beugen um ihm zu helfen, ist ja sehr schön, aber dass vier Nerven- systeme dazu nothwendig sein sollen, scheint nicht einleuchtend zu sein. Es soll nun das Nervensystem des Ophiopus beschrieben und dann einige Bedenken gegen die Auffassung JıckeLr’s und Hamann’s, dass alle die Zellenmassen, die man in den Perineuralkanälen des Armes sieht, Ganglien seien, daran geknüpft werden. Nur das radiale Nervensystem ! Vosr und Yung geben keine Beschreibung von dem Bau der Saugfüßchen der Ophiuren; bei den Asteriden geben sie eine hyaline Membran an, die zwischen dem Bindegewebe und der Muskelschicht liegt. 7 i Über Ophiopus aretieus (Ljungman), eine Ophinre mit rudimentären Bursae. 521 wurde näher studirt; zur vollständigen Aufklärung über das Nerven- system der Scheibe reichte das Material nicht aus. | Von der Basis nach der Spitze des Armes gehend trifft man in jedem ambulacralen Segmente zuerst einen großen Lateralnerven, mit dem wahrscheinlich die Nerven der Stacheln in Verbindung stehen (doch war es nicht deutlich zu sehen). Wenige Schnitte danach kommt der Füßchennerv, der ein Pedalganglion bildet, wie Hamann es beschreibt. Die Muskelnerven, die von der dorsalen Seite des Nervenstranges aus- gehen, konnten bei Ophiopus nicht aufgefunden werden; es kann aber keinem Zweifel unterliegen, dass sie da sind — selbst die großen Late- ralnerven konnten nur ein ganz kleines Stückchen verfolgt werden, es kann daher nicht verwundern, dass die viel kleineren Muskelnerven nicht beobachtet werden konnten. Auch den Apicalnerv, der von dem Füßchennerv entspringt, zu sehen, war nicht möglich. Hamann giebt von Ophioglypha albida einen zweiten Lateralnerven an; der scheint sich bei Ophiopus nicht zu finden. Der große Radiärnerv liegt wie bekannt in einem Raum, dem Peri- neuralraum (Perihämalraum Lupwie’s). Dieser Raum ist durch den Radiärnerv in zwei getheilt, der ventrale und der dorsale Perineural- kanal. In diesen Kanälen finden sich Zellen, die zum größten Theil eine endothelartige Bekleidung der Wandungen bilden, mit bestimmten Zwischenräumen aber als große Zellenmassen auftreten. Die Zellen- massen sind es, die Lange, Hawann und JıckzLi als Ganglien ansehen. Lange und Hamann nennen nur die Zellenmassen Ganglien, die auf der dorsalen Seite des Radialnervs liegen; konsequent muss man aber mit JıckeLi alle die in den Kanälen auftretenden Zellenmassen Ganglien nennen. — Die Kanäle sind von einer deutlichen Membran begrenzt, auf der die Zellen liegen. Diese Membran scheint nicht unter- brochen zu sein, esscheinen die Perineuralkanälealsoin der ganzen Länge geschlossene Räume zu sein. Ophiopus er- weist das sehr klar, indem die Membranen hier besonders stark entwickelt sind. Die Fig. 14—18 sollen das Verhalten der Membranen an den ver- schiedenen Stellen zeigen. Fig. 1% ist nach einem Schnitte, der kurz nach dem Füßchennerv folgt (immer in aboraler Richtung), gezeichnet. Man sieht hier den dorsalen und ventralen Perineuralkanal sich nach den Seiten hin erweitern; in der Mitte stoßen die Membranen zu- sammen, aber unterhalb des ventralen Armmuskels trennen sie sich wieder und biegen resp. zur dorsalen und ventralen Seite der Kanäle um. Die Membran ist in der Figur auf der dorsalen Seite des dorsalen Perineuralkanals nicht deutlich, auf anderen Schnitten war sie aber hier sehr deutlich, so dass kein Zweifel darüber sein kann, dass sie 522 Th. Mortensen, auch hier ununterbrochen verläuft. Weiter sieht man eine Membran, die dort an die Membranen der Perineuralkanäle stößt, wo sie sich trennen. Das ist die Membran, die den dorsalen Enterocoelkanal des Armes auskleidet. In den folgenden Schnitten werden die Perineural- kanäle immer mehr nach der ventralen Seite des Armes eingeengt (Fig. 15), bis die Seiten des Radiärnervs die Seitenwandungen der Peri- neuralkanäle berühren. Dann kommt man zum großen Lateralnerv. Auf dem in Fig. 16 abgebildeten Schnitte scheint die Membran hier unterbrochen zu sein, so dass der dorsale Perineuralkanal sich gegen das Bindegewebe hinaus öffne. Auf Fig. 18 sieht man dagegen die Membran deutlich ununterbrochen. (Der Schnitt ist schief geführt, so dass nur die linke Seite den Lateralnery zeigt.) In den nächstfolgenden Schnitten kommt der Füßchennerv, und hier ist es wieder klar, dass der dorsale Perineuralkanal geschlossen ist (Fig. 17). Im Ganzen gilt es aber, dass diese Membranen nicht überall deutlich zu sehen waren. Da aber kein Grund vorliegt, um anzunehmen, dass die Membranen sich nicht in allen ambulacralen Segmenten übereinstimmend verhalten, kann gewiss kein Zweifel darüber sein, dass sie überall ununterbrochen sind. Dass man es nicht überall sehen konnte, rührt zweifelsohne von dem Erhaltungszustand meiner Präparate her. Dass der ventrale Peri- neuralkanal immer geschlossen ist, war leicht zu sehen. Es ergiebt sich also mit großer Wahrscheinlichkeit, dass die Perineuralkanäle immer vollständig geschlossen sind. Das scheint dagegen zu sprechen, dass die Zellenmassen, die in den Kanä- len liegen, Ganglien sind. Es müssten dann nämlich die Fibrillen, die davon ausgehen, die Membran durchbohren, um sich mit den von dem Radiärnerv ausgehenden Fibrillen zu vereinigen, wie sie es nach Hamann thun. Auch erheben sich mehrere Bedenken dagegen. Erstens ist es sonderbar, dass zwei verschiedene, durch eine Membran getrennte Nervensysteme sich, um einen gemeinen Nerven zu bilden, vereinigen. Zweitens ist es sonderbar, dass eine Ganglienzellenschicht ohne Grenze in ein gewöhnliches mesodermales Epithel übergehe. Ein Bild, wie das in Fig. 18 dargestellte, spricht auch keineswegs dafür, dass es Ganglien- zellen seien. — Dasselbe gilt natürlich auch von den Zellen, die die dorsale Wand des dorsalen Perineuralkanals auskleiden, das ist JıckeLr’s dorsales radiales Nervensystem, und von den Zellen, die man an der ventralen Wand des ventralen Perineuralkanals sieht, das sind die » Ventralganglien« — die Membran des Kanals tritt immer klar darunter hervor; falls Nervenfibrillen davon ausgehen, müssen sie die Membran durchbohren. Das laterale radiale Nervensystem JıckzLr's ist wohl die Zellenmasse, die man unmittelbar aboralwärts vor dem Pedalganglion Über Ophiopus areticus (Ljungman), eine Ophiure mit rudimentären Bursae. 523 sieht (Fig. 44), auch davon gilt es — die Membran ist immer deutlich darunter, es können das kaum Ganglien sein. | Noch einen anderen Einwurf konnte man gegen die nervöse Natur dieser Zellen erheben, nämlich dass sie vom Mesoderm herrühren. Nachdem aber Cu£xor (k) angegeben hat, dass sich bei den Asteriden ein mesodermales Nervenepithel findet, das ohne Grenze in das gewöhnliche Enterocoelepithel übergeht, kann man hierin keinen Gegenbeweis finden, eher scheint diese Beobachtung Cu£nxor’s die ner- vöse Natur dieser Zellen zu vertheidigen. Auch scheinen die Figuren Hanmann’s ganz geeignet zu zeigen, dass sie wirklich nervöser Natur sind. Ich habe nicht selbst Gelegenheit gehabt, seinen Untersuchungen nach- zugehen; nur von einer Ophioglypha albida habe ich Schnitte genom- men, sie war aber nicht gut genug konservirt, um solche feinen histologischen Verhältnisse zeigen zu können. Es sind besonders die Muskelnerven, die dafür sprechen, diese Zellen als Ganglienzellen anzu- sehen, da sie nach Hamann’s Figuren nur von den »dorsalen Ganglien- zellen« ausgehen. — Die oben beschriebenen Verhältnisse der Membra- nen scheinen der Annahme von der nervösen Natur dieser Zellen nicht günstig zu sein, aber bestimmt wage ich es nicht, mich über die nervöse oder nicht nervöse Natur dieser Zellen auszusprechen. An einigen Schnitten schienen auch Nervenfibrillen in diesen Zellenmassen vorzu- kommen. Aber bei der Konservirung konnte es nicht sichergestellt werden. Es scheint mir indessen das Verhalten der Membranen nicht ohne Bedeutung zu sein für die Frage, ob alle die in diesen Kanälen vorkommenden Zellenmassen Ganglien seien. Bisweilen kann man an vertikalen Längsschnitten durch die Arme den Radiärnerv wellig gekrümmt sehen (Fig. 19). Das muss daher kommen, dass alle Armmuskeln sich auf einmal zusammengezogen haben — der Nerv wird dann zusammengeschoben und muss sich krümmen. Dafür bieten die Perineuralkanäle reichlichen Platz. Der Enterocoelraum der Scheibe ist sehr klein, die Darmwan- dung liegt der Haut fast unmittelbar auf (Fig. 20), und es finden sich nicht die Bindegewebssepten, die z. B. bei Ophioglypha albida den Enterocoelraum durchsetzen. Der Darm zeigt nicht die Aussackungen und Einbuchtungen wie sonst bei den Ophiuren, er reicht überall bis nahe an den Rand. Ein Rückenporus, wie Hamann ihn von Ophioglypha albida be- schreibt, findet sich nicht — im Ganzen genommen ist dieser Porus ja auch ein recht problematisches Gebilde; Hamann hat ihn ja nur auf zwei Serien gesehen. Es mögen noch einige wenige Bemerkungen über die Skelett- 524 Th. Mortensen, bildung folgen. An jungen Armen sieht man an der Spitze, zwischen dem Fühlerglied und dem vorletzten Armglied die neuen Wirbel in der Form von zwei gestreckten, am oralen Ende etwas verzweigten Kalk- stäbchen, ganz wie es Lupwıc bei Amphiura squamata beschreibt (14). Auf Fig. 21 sieht man deren zwei Paare. Die Adambulacralplatten des letzten Paares sind noch ganz klein, die des vorletzten schon fast ganz ausgebildet. In den vorhergehenden Zwischenräumen der Armglieder sieht man die ersten Anlagen der Ventralplatten, und weiter adoralwärts gehend kann man sie in allen Entwicklungsstadien finden (Fig. 22 a—.c). Ich habe sie nicht als solche dreistrahlige Kalkstäbchen, wie Lupwis sie bei Amphiura squamata beschreibt, gesehen. Auf dern jüngsten beob- achteten Stadium (Fig. 22a) sind sie schon etwas verzweigt, aber doch sieht man leicht, dass die Grundform dieselbe dreistrahlige wie bei Amphiura squamata ist. Der unpaare Zweig ist jedoch nicht gerade aboralwärts gerichtet, sondern etwas schief gegen die eine Seite des Armes. — Die auf Fig. 23 abgebildete Armspitze zeigt keine jungen Wirbel; die Ventralplatte des vorletzten Armgliedes und die letzten Ambulacralplatten sind schon recht groß. Vielleicht könnte das darauf hindeuten, dass der Arm nur bis zu einer bestimmten Länge auswächst. Der Ophiopus scheint danach also nicht über eine bestimmte Größe — etwa 5 mm Scheibendiameter — hinauszukommen, welche Größe alle die von mir gesehenen geschlechtsreifen Exemplare erreicht hatten. Dies mit den oben hervorgehobenen Thatsachen, dass man im entleerten Ovarium keine Spur von Keimzellen mehr findet, und dass im Genital- strange nur selten Urkeimzellen zu sehen sind, wenn die Ovarien zur Entleerung reif sind, zusammengehalten, könnte vielleicht darauf hin- deuten, dass diese Ophiure nur einmal geschlechtsreif wird und dann nach der Eiablage stirbt. Aber um das sicherstellen zu können müsste ein sehr reiches Material vorhanden sein; hier muss ich mich damit begnügen auf die Frage aufmerksam gemacht zu haben. Die kleinen Kalkplatten, die man auf Fig. 23 jederseits der Ventral- platte sieht, sind die Anlagen der Fußpapillen. Sie sind nicht gleich weit entwickelt, die der rechten Seite ist eben angelegt. Fig. 2% zeigt eine weiter entwickelte Fußpapille.. Die Entwicklung der Stacheln habe ich nicht recht klar sehen können. Fig. 25 zeigt eins der jüngsten beobachteten Stadien; es finden sich hier nur zwei verzweigte Stäbchen. Wo deren Zweige sich vereinigen, können neue Längsstäbchen hervor- treten (Fig. 26). Die Kalkplatten der Scheibenhaut vermehren sich durch das Auftreten neuer Platten in den Zwischenräumen der alten (Fig. 27a—d). Bisweilen können zwei Anlagen zu einer verwachsen, wie Fig. 27 e es zeigt. Über Ophiopus aretieus (Ljungman), eine Ophiure mit rudimentären Bursae. 525 Es möge noch eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Resul- tate dieser Untersuchung folgen: Ophiopus muss ein selbständiges Genus bilden, die rudimentären Bursae sind ein guter Gattungscharakter. Es giebt kein Genus der Ophiu- ren, in dem einige Arten Bursae haben, andere sie entbehren. Die zwei Arten: Ophiomusium pulchellum Lym. und flabellum Lym. sind mit Unrecht zum Genus Ophiomusium gerechnet, sie müssen ein selbstän- diges Genus bilden. Nur diesen zwei Arten fehlen die Bursae völlig. Bei Ophiopus finden sich sehr rudimentäre Bursae. Die zwei anderen ÖOphiuren, Ophiocymbium cavernosum Lym. und Ophiothamnus vicarius Lym., von denen Lyman angiebt, dass sie keine Bursae haben, sondern nur »creases in the disk«, haben in der Wirklichkeit Bursae. Es ist kein morpho- logischer Unterschied zwischen Bursae und solchen »creases«; beide sind Einstülpungen der Haut, nur die Tiefe der Einstülpungen ist ver- schieden. Es findet sich nur ein großes Ovarium jederseits der Arme des Ophiopus, das mit dem des benachbarten Armes den ganzen Inter- brachialraum erfüllt. Die Geschlechtsöffnung wird nicht wie sonst bei den Ophiuren an der Basis des Stieles, sondern an der Spitze des Ova- riums, unterhalb der zuerst reifen Eier gebildet. Die Öffnungen sind nicht von Epithel umgeben; bei deren Ausbildung findet sowohl eine Resorption (der Kalkplatte) wie eine Ruptur (des fibrillären Binde- gewebes) statt. Sie treten nicht an bestimmten Plätzen auf, so dass sie nicht gleich weit vom Rande der Scheibe entfernt sind. Es findet sich eben so auch nur ein großer Testikel jederseits der Arme. Er ist durch eine tiefe Furche in zwei große Lappen, einen oberen und einen unteren, getheilt; der untere ist der größte. Wahr- scheinlich wird die Genitalöffnung sich am gewöhnlichen Platze, an der Basis des Stieles finden. Die geringe Entwicklung der Bursae muss als ein sekundäres Ver- halten angesehen werden. Am Blutgefäßsystem fehlt der Zweig des aboralen Ringes, der bei den übrigen Ophiuren längs der adradialen Seite der Bursae verläuft. In der elastischen Membran der Saugfüßchen ist eine doppelte Lage elastischer Fasern ausgebildet. Die Perineuralkanäle sind von einer deutlichen Membran ausge- kleidet, die überall ununterbrochen zu verlaufen scheint, was viel- leicht gegen die nervöse Natur der diese Kanäle auskleidenden Zellen spricht. Einige Thatsachen deuten vielleicht darauf, dass Ophiopus nur Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LVI. Bd. 34 526 Th. Mortensen, bis zu einer bestimmten Größe — ca. 5 mm Scheibendiameter — aus- wächst, dass er nur einmal geschlechtsreif wird und nach der Eiablage stirbt. Zuletzt muss ich noch den Herren Inspektor G. M. R. Levinses und Dr. R. S. Bereu meinen herzlichsten Dank aussprechen für die Hilfe, die sie mir geleistet, und das Interesse, das sie mir und meiner Arbeit gezeigt haben. Zool. Museum in Kopenhagen, im Juni 1893. Litteraturverzeichnis. 4. N. Carısto-APostoLides, Anatomie et developpement des Ophiures. Arch. de Zool. exper. et gener. X. 4882. 2. F. JEFFREY BELL, A Contribution to the Classification of Ophiuroids. Proc. Zool. Soc. London 4892. 3. L. Cvkxor, Etudes anatomiques sur les Ophiures. Arch. Zool. exper. et gener. 2ser. VI. 1888. 4. — Systeme nerveux enterocoelien des Echinodermes. Compt. rend. CXI. 4890. 5. J. Dzmoor et M. CuArzAux, Contribution A la physiologie nerveuse des Echino- dermes. Tijdschr. d. Nederl. Dierk. Veren. 2Ser. III. 4891. 6. O. Hamann, Die wandernden Urkeimzellen und ihre Reifungsstätten bei den Echinodermen. Diese Zeitschr. Bd. XLVI. 4880. „ —— Beiträge zur Histologie der Echinodermen. 4A—4. 1884—1889. . C. F. JıckeLı, Vorläufige Mittheilungen über das Nervensystem der Echinoder- men. Zool. Anz. Nr. 282. 4888. 9. R. KoEuLer, Recherches sur l’appareil circulatoire des Ophiures. Ann. des Sc. nat. 7Ser. Il. 4887. 40. W. LaAnGe, Beitrag zur Anat. u. Histologie der Asterien u. Ophiuren. Morphol. Jahrbuch. II. 4876. 44, LsungmAan, Ophiuroidea viventia huc usque cognita. Öfvers. af Kgl. Vetensk.- Akad. s. Förhandl. 1866, 12. H. Lupwie, Beiträge zur Anatomie der Ophiuriden. Diese Zeitschr. Bd. XXXI. o I 41878, 43. —— Neue Beiträge zur Anatomie d. Ophiuriden. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. 1880. 44, —— Zur Entwicklungsgeschichte des Ophiurenskelettes. Diese Zeitschr. Bd. XXXVlI. 4882. 15. Te. LymAn, Report on the scientific results of the exploring voyage of H.M.S. Challenger. Zoology. — Ophiuroidea. Vol. V. 16. Car. F. Lürken, Additamenta ad historiam Ophiuridarum. Vidensk. Selsk. Skr. 5. R., mathem.-naturw. Afd. Bd. V og Bd. VIII. II. 41864—4869. 47. E. W. MacBripe, Development of Amphiura squamata. Quarterly Journ. micr. Sc. New Ser. XXXIV. 1892. 48. J. MüLLer, Über den Bau der Echinodermen. Abhandl. der kgl. Akad. d. Wiss. Berlin. Aus dem Jahre 1853. Über Ophiopus aretieus (Ljungman), eine Ophiure mit rudimentären Bursae. 19. VII. 4886—4887. 20. 927 PREYER, Über die Bewegungen der Seesterne. Mitth. a. d. Zool. Stat. zu Neapel. A. Russo, Fasi di sviluppo del sistema acquifero e dello scheletro calcarea nell’ Amphiura squamata. Anat. Anz. VI. 1894. 21. —— Sulla connessione dello stomaco ed il circolo delle lacune sanguigne aborali nelle Ophiotrichidae. Zool. Anz. Nr. 443. 4893. 22. G. 0. Sars, Bidrag til Kundskaben om Dyrelivet pä& vore Havbanker. Vidensk. Selsk. Forhandl. Christiania 4872. 23. Bd. XXVII u. XXVII 24, Bd. X. 4876. 25. H. Sınrora, Anatomie und Schizogenie der Ophiactis virens. Diese Zeitschr, R. TEUSCHER, Beiträge zur Anatomie d. Echinodermen. Jen. Zeitschr. f. Naturw. C. Vocr et E. Yung, Traite d’anatomie comparee pratique. ]. 4888. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXV und XXVI. Sämmtliche Figuren sind nach SEIBERT's Mikroskop mit der Camera entworfen. In allen Figuren bedeutet: Ad.pl, Adambulacralplatte; a.Gr, äußere Grenze der elastischen Membran; A.pl, Ambulacraliplatte; B, Bursaleinstülpung;; B.gew, Bindegewebe ; B.gew.d.D.h, Bindegewebe der Darm- haut; B.gew.lac, Bindegewebslacune; Bl.gef, Blutgefäß; Bl.lac, Blutlacune; d.P.c, dorsaler Perineuralkanal; e.F, elastische Fasern; Ent, Entoderm; Ent.c, Enterocoelkanal des Armes; Ent.r, Enterocoelraum ; Fibr.B.gew, fibrilläres Bindegewebe; F.n, Füßchennerv; F.p, Fußporen; F.pap, Fußpapille; F.pl, Fühlerplatte; G.O, Genitalöffnung; G.sir, Genitalstrang; H, Hoden; I.br.r, Interbrachialraum; i.Gr, innere Grenze der elastischen Mem- bran; L.m, Längsmuskel; L.n, Lateralnerv; M, Muskel; M.br, Membran; M.p, Madreporenplatte; N.f, Nervenfibrillen; O, Ei; Ov, Ovarien; Ped.g, Pedalganglion; Perit, Peritonealauskleidung; R.n, Radiärnerv; Sch.r, Schizocoelraum; S.f, Saugfüßchen ; St, Stachel; v.P.c, ventraler Perineuralkanal; V.pl, Ventralplatte; W.gf, Wassergefäß. Fig. 4. Ein Stück der ventralen Scheibenfläche, mit den Genitalöffnungen und der Madreporenplatte. Obj. 00, Oc. 0, Fig. 2. Ein kleines Stück der ventralen Scheibenfläche; ein Ei drängt sich durch die Genitalöffnung. Obj. 00, Oc. 0. Fig. 3. Ein Interbrachialraum von der Rückenseite gesehen, die dorsale 34* 528 Th. Mortensen, Über Ophiopus arctieus (Ljungman) ete. Scheibenhaut und das Entoderm hinweggenommen, dass man die Ovarien sieht. Obj. 00, Oe. 0. Fig. 4. Querschnitt durch ein reifes Ovarium;fein Ei drängt sich durch die Genitalöffnung. Obj. II, Oc. 0. Fig. 5. Querschnitt durch dasselbe Ovarium weiter oralwärts. Nur die abra- diale Seite des Ovariums ist gezeichnet. Daneben sieht man das andere Ovarium fast entleert; ein Ei sitzt in der Öffnung; die Peritonealauskleidung des Ovariums liegt darüber zusammengefallen. Obj. II, Oc. 0. Fig. 6. Stück eines Flächenschnittes durch einen Arm und das angrenzende Stück der Scheibe. In jeder Ecke des Interbrachialraumes an dem Arm ein junges Ovarium. Obj. II, Oe. 0. Fig. 7—40. Aus einer Querschnittserie eines jungen Testis. Obj. V, Oc. 0. Fig. 41. Längsschnitt eines Saugfüßchens. Obj. V, Oc. IH. Fig. 42. Stück eines Querschnittes eines Saugfüßchens. Obj. V, Oc. IH. Fig. 43. Stück eines Querschnittes eines Saugfüßchens. Obj. V, Oc. III. Fig. 44—47. Querschnitte durch den Radiärnerv eines Armes; sie folgen abo- ralwärts nach einander; zeigen die Verhältnisse der Membranen der Perineural- kanäle. Obj. V, Oc. ®. Fig. 48. Querschnitt durch den Radiärnerv von dem in der Scheibe aufgenom- menen Stück eines Armes. Etwas schief geführt. Obj. V, Oc. 0. Fig. 19. Längsschnitt durch das in die Scheibe aufgenommene Stück eines Armes nicht ganz median. Obj. II, Oc. 0. Fig. 20. Stück eines Schnittes durch die Rückenhaut. Obj. II, Oe. 0. Fig. 21. Stück einer Armspitze; zeigt die jungen Armwirbel. Obj. V, Oc. 0. Fig. 22a—c. Entwicklungsstadien der Ventralplatte. Obj. V, Oc. 0. Fig. 23. Armspitze. Obj. II, Oe. 0. Fig. 24. Fußpapille. Obj. V, Oc. 0. Fig. 235>—26. Entwicklungsstadien der Stacheln. Obj. V, Oc. ®. Fig. 27. Entwicklungsstadien der Kalkplatten der Scheibenhaut. Obj. II, Oc. 0. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. Von Rudolf Fick, a. o. Professor und Prosektor der Anatomie in Leipzig. Mit Tafei XXVII—XXX, Aus dem anatomischen Institut zu Würzburg. Vorbemerkung. Bevor ich auf die Darstellung meiner Untersuchungen eingehe möchte ich es nicht unterlassen, auch an dieser Stelle noch einmal meinem verehrten Freunde Herrn Prof. Dr. Oskar ScHULTZE meinen wärmsten Dank auszusprechen für die werthvolle Unterstützung, die mir von ihm bei dieser Arbeit zu Theil wurde. Vor Allem verdanke ich ihm die Anregung beziehungsweise Überlassung derselben, sodann die Einführug in die schwierige Technik der Amphibieneier - Unter- suchung. Außerdem stellte er mir auch noch eine namhafte Anzahl von ihm selbst seiner Zeit geschnittener Serien namentlich unbefruchteter Eier zur Mitverwerthung bei'meiner Untersuchung zur Verfügung. Meine Arbeit ist daher eine Ergänzung und die Fortsetzung von ScauLtze's! Untersuchung über die Eireifung der Amphibien. Durch die Güte des Herrn Geheimrath von KöLLıker wurde ich in dıe glückliche Lage versetzt, diese Untersuchung an den Eiern unseres »histologischen Kleinodes « des Axolotls ausführen zu können, wofür ich Herrn Geheimrath von KöLLıker auch hier noch meinen ganz besonderen Dank ausspreche. I. Das Ei und seine Reifung. 1. Methode. Die Eier wurden in verschieden großen Zeiträumen nach der Ablage sammt Hüllen in Chrom-Essigsäure (25 cem 1°/,ige Chromsäure 1 OscAr SCHULTZE, Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. Erste Abhandlung. Diese Zeitschr. Bd. XLV. 1887. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Ba. 35 530 Rudolf Fick, —+- 75 cem Wasser + 0,i cem konc. Eisessig) 24 Stunden fixirt. Die Chromsäuremischung scheint auch durch die Gallerthüllen hindurch sofort den Tod der Eier zu bewirken, so dass sich eine vorherige Ent- fernung der Hüllen als durchaus unnöthig erwiesen hat; nie habe ich Spuren einer Weiterentwicklung der Eier in der Fixirungsflüssigkeit beobachtet. Erst nach der Fixirung wurden die Eier von ihren Hüllen befreit, wozu ich mich meist der Präparirnadel und Schere bediente. Sodann wurden die hüllenlosen Eier 24 Stunden lang in fließendem Wasser ausgewaschen und kamen auf abermals 24 Stunden in 60°/,igen Alkohol, aus diesem auf 24 Stunden in 80°%/,igen Alkohol und von da auf dieselbe Zeit in eine alkoholische Boraxkarminlösung; hierauf Diffe- renzirung in 70°%/,igem salzsauren Alkohol, und Härtung in 900/,igem Alkohol (3 Stunden lang). Die gehärteten Eier wurden in Bergamottöl für die Paraffineinbettung vorbereitet (”>—4 Stunden) und die Einbettung geschah in Paraffin vom Schmelzpunkt 50°. Bei der Übertragung der Eier aus dern Bergamottöl in das Paraffin leistete der von Born ange- gebene Sieblöffel vorzügliche Dienste. Bei der Einbettung wurde auch gleich die Orientirung der Eier vorgenommen, indem mit einer heißen Nadel bei allen Eiern, sie selbst gar nicht oder kaum berührend, dem schwarzen Pol eine bestimmte Stellung gegeben wurde. Im Paraffın verblieben die Eier !/;—1 Stunde, bei längerem Verweilen werden sie hart und brüchig. Auf der Mikrotomklammer wurden die Eier meist so gerichtet, dass das Messer nicht an einem Pol zu schneiden begann, sondern gleich weit von beiden Polen entfernt an einem Punkt des Äquators, so dass auf jedem Schnitt die eine Hälfte der Peripherie pigmentirt, die andere Hälfte unpigmentirt ist und man Aussicht hat, eine radiär gestellte Polspindel gerade längs getroffen auf den Schnitt zu bekommen, also vorwiegend Seitenansichten nicht etwa Polansichten der radiären Spindel zu erhalten. Die Schnitte wurden 5—10—15 u dick in zusammenhängenden Bändern geschnitten und nach der zuerst im Breslauer physiologischen Laboratorium angewandten Methode mit destillirtem Wasser aufgeklebt. Bei den Axolotleiern eignen sich entschieden etwas dickere Schnitte (von 10—15 u) besser zur Unter- suchung als die ganz dünnen, weil auf letzteren die Elemente, auf deren Untersuchung es ankommt, auf gar zu viele Schnitte vertheilt sind. Richtig eingebettete Eier sind noch nach Monaten gut zu schnei- den und zur Untersuchung zu brauchen. 2. Der Zellkörper des Eies. Durch die Untersuchungen von C. VoGT, WALDEYER, OSKAR SCHULTZE u. A. ist uns das Amphibienei im Allgemeinen und auch das Axolotlei Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 531 im Besonderen bekannt. Ich werde}daher bei der Struktur des reifen Eies nur einige Einzelheiten und strittige Punkte zu berühren haben. Was die Größe der abgelegten Eier betrifft, so ist hervorzuheben, dass sie sehr verschieden ist; selbst Eier derselben Laichperiode desselben Weibchens zeigen sehr beträchtliche Größendifferenzen: während die meisten ca. 2 mm im Durchmesser zeigen, fand ich fast immer auch kleinere von 1,5 mm und übergroße bis zu fast 3 mm Diameter ; das Durchschnittsmaß aus einer sehr großen Anzahl von Messungen einzelner Eier ist r —= 1,156 mm, also der Durchmesser = 2,312 mm. Ferner ist auch die Form verschieden; als Regel muss selbstver- ständlich die Kugelform gelten, doch fand ich oft auch eine große Anzahl deutlich länglicher, großer Eier, die fast an kleine Exemplare der sog. »Ameiseneier« in Größe und Form erinnerten. Unmittelbar nach der Ablage zeigen die Eier häufig Facetten, die durch den Druck der Nachbareier entstanden sind. Auch in der Farbe machen sich bei den Eiern Unterschiede be- merkbar; während bei der Mehrzahl die schwarze Kappe sich scharf gegen den weißen Theil absetzt, ist oft die Begrenzung der Kappe eine ganz unregelmäßige, ja gar nicht selten bieten die Eier ein ganz schecki- ges, fleckiges Aussehen dar unmittelbar nach der Ablage, wo also von »Entwicklungsunregelmäßigkeiten in Folge von Polyspermie« nicht die, Rede sein kann. Über den weißen Fleck am schwarzen Pol, den Prtvosr und Dumas ! »Cicatrieula«, K. E. von Baer? »Keimpunkt«, Max ScHuLTzE® »Fovea germinativa« nannten, kann ich die Angaben von O. ScuuLtzs, namentlich auch Herrwıc gegenüber durchaus bestätigen: auch ich finde ihn oft excentrisch in dem schwarzen Feld des Eies gelegen; ich möchte übrigens für den hellen Fleck, da er den Richtungsspindeln in seiner Lage entspricht, den Namen »Richtungsfleck« vorzuschlagen mir erlauben, da er, wie unten (p. 54%) gezeigt werden wird, keines- wegs identisch mit der »Grube« ist. Außer den zwei Gallerthüllen, die bei unserem Konservirungs- verfahren entfernt wurden, besitzt das Axolotlei noch eine eigne das Ei direkt umschließende Hülle, die sog. »Dotterhaut«. Sie ist voll- kommen homogen, strukturlos und ca. 2,0—2,5 u diek. Sie stammt 1 Prevost et Dumas, Deuxieme me&moire sur la generation. Annal. des scienc. nat. T. II. 41824. p. 409. 2 K.E. v. Baer, Die Metamorphose des Eies der Batrachier etc. J. MüLLer's Archiv, 4834, p. 485, 3 Max ScauLtze, Observ, nonnullae de ovorum ranar. segmentatione. p. 14. 35* 532 Rudolf Fick, offenbar vom Follikelepithel ab, dem sie direkt anliegt (Fig. 4) und kann, wie es von van Bamsere ! geschehen ist, Chorion oder vielleicht am besten Zona pellucida genannt werden. Nach innen von dieser finde ich im Gegensatz zu OSKAR SCHULTZE 2, Dum£rıL®, JorLy4, Rosın® und Stıerva® eine zweite, bei Weitem zartere Haut und erst dieser möchte ich die Bedeutung einer eigentlichen Zell- membran zuerkennen. Dass diese „innere Dotterhaut« oder besser »Eizellmembran« nicht nur eine dichter geronnene Randschicht, sondern eine wirkliche Membran ist, geht daraus hervor, dass sie sich unter Umständen isolirt vom Dotter abheben lässt. Manchmal finde ich die zwei Dotterhäute von einander und vom Dotter getrennt (Fig. 10); nicht selten ist dann die innere Dotterhaut an der schwarzen Seite, namentlich direkt am Pol stark gefältelt und es hängen ihr oft die äußersten Pigmentschichten ziemlich innig an. Beiläufig will ich er- wähnen, dass am schwarzen Pol die äußere Dotterhaut meist fester haftet als an anderen Stellen. Weiter unten bei der Ausstoßung der Richtungszellen und bei der Penetration der Spermatozoen 'werde ich noch einmal auf die Eihaut zurückkommen müssen und ich verweise daher wegen der zwei Dotterhäute auch auf die dort gegebenen Ab- bildungen (Fig. 7, 8, 9, 10, 41, 25, 26, 27). Mit der Befruchtung hat dieBildung der Zellhaut desEies nichts zuthun, denn sie findet sich schon bei den Eiern in den oberen Theilen des weib- lichen Genitaltractus. Ich fand sie zuerst bei Bauchhöhleneiern; an Ovarialeiern jedoch ist sie noch nicht gebildet. Von einer »radiär ge- streiften Schicht« nach innen von der (äußeren) Dotterhaut, wie sie bei anderen Amphibien gefunden ist (Rana fusca, Triton taeniatus)”?, ist beim Axolotl nichts zu sehen. 1 van BAMBERE, Nouvelles recherches sur l’Embryologie des Batraciens. Arch. de Biol. par van BENEDEN et van BAMBERE. Brüssel 4880. Vol. I. p. 3 (307). 2. c. p. 188 u. 489. 3 Comptes rend. de l’Acad. des sciences. 47. IV. 4865. T. LX. p. 766. 4 Jory, Etud. sur les metamorph. des Axolotl du Mexique, developpement et rotat. de leur embryon dans l’oeuf. Revue des scienc. nat. publie sous la direction de MM. Dusrevir et E. Hecker. T. I. No. 4. Julin 4872. p. 7. Pl. I, Fig. A ff. 5 Rosın, Observat. sur la fecond. des Urodeles. Journ. de l’Anat. et de la Physiolog. 1874. p. 382. Pl. XV, Fig. 3 u. 4. 6 Stıepa, Zur Naturgeschichte des mexikan. Kiemenmolches. Sitzb. d. Dorpat. Naturforschergesellsch. Vortrag in der 84. Sitzung. 20. III. 1875. p. 8 des Separat- abzuges. ? LeuckArt, Artikel Zeugung in WAcner’s Handwörterbuch der Physiologie. 1853. IV. p. 795. — WALDEYER, Eierstock u. Ei. p. 75ff. — Lupwic, ‘Über die Ei- bildung im Thierreich. Würzburger Preisschrift 4874. — O. SCHULTZE, 1. c. p. 488. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 533 Wie schon O. Scnurrze angiebt, ist das Pigment beim Axolotl durch das ganze Ei in feinsten Körnchen verbreitet, doch auf der einen Hälfte in viel größerer Dichte, so dass diese Hälfte auf dem Durchschnitt erheblich dunkler aussieht. Van BamsereE! machte schon im Jahre 1870 auf eine netzförmige Anordnung des Pigmentes als besonderes Charakteristikum des Axolotleies gegenüber anderen Amphibieneiern aufmerksam und bildete dieses Netzwerk auch bereits in zwei Figuren ab; ich kann seinen Angaben vollständig beipflichten. Die Eier zeigen in der That auf dem Durchschnitt eine bald mehr, bald weniger deut- liche, in der Intensität individuell wechselnde Sprenkelung (vgl. Fig. 3). An der Oberfläche ist das Pigment zu einer fast kompakten »Pigment- kruste« zusammengedrängt. Die Dichte und Dicke dieser Pigmentkappe verringert sich gegen den Äquator hin allmählich. Vom Äquator ab kann man von einer Pigmentrinde nicht mehr sprechen, doch finden sich von dieser Regel, wie oben bereits erwähnt, Ausnahmen. Noch allmählicher ist der Übergang der pigmentreichen in die pigmentarmen Theile im Inneren des Eies. Ich möchte es nicht unterlassen, hier eine Erscheinung zu er- wähnen, die gewiss auch schon andere Untersucher pigmentirter Am- phibieneier bemerkt haben, dass nämlich bei den in Lack einge- schlossenen Präparaten die dem Deckglasrand benachbarten Pigment- partien nicht schwarzbraun, sondern ganz hellgelb, wie abgeblasst erscheinen (cf. Fig. 17a), was wohl auf einer Oxydation durch den Luftzutritt beruhen dürfte; auch die Röthe der mit Karmin gefärbten Präparate ist an solchen Stellen abgeblasst. Durch andere Oxydations- mittel, z. B. koncentrirte Salpetersäure, scheint übrigens, wenigstens bei kürzerer Einwirkung, diese Pigmententfärbung nicht bewirkt zu werden. Über die Natur des Pigmentes kann auch ich nichts Genaueres angeben, doch darf man vielleicht der Vermuthung Raum geben, dass dieser Farbstoff mit dem Phymatorhusin oder dem Melanin identisch ist und ein Abkömmling bezw. Verwandter des Hämatins (C;, H,;, N, Fe O,) ist und sich vielleicht nur bei Thieren mit rothem Blut findet. Der Farbstoff scheint übrigens eine vielleicht sogar freie Eisenver- bindung zu enthalten, und zwar wie es scheint vorwiegend Ferro- ll verbindungen, denn bei Zusatz von Ferrieyankalium (X; (C, Ns), Fe = pet & u) bildet sich sofort ein intensiver blauer Niederschlag, SG, N=Ka 1 van BAMBEKE, Sur les trous vitellins, que pr6sentent les oeufs feconde6es des Amphibiens. Bull. de l’Acad. R. de Belgique. Brüssel 4870. p. 63f, 534 Rudolf Fick, offenbar von Kalium-Ferri-Ferrocyanür oder löslichem Berlinerblau Fe? So —K NG Na — Be braune Färbung nachzuweisen wäre, die auf die Anwesenheit einer Ferriverbindung im Pigment zu beziehen wäre. Bei Einwirkung von YGN=K NGN;=K, Luft sich matt bläuender Niederschlag, offenbar Ferro-Ferrocyanür und m 1 (C, N), FeFe, ohne dass nebenher eine dunkel- /I Ferrocyankalium (X, Fe (C;, N,);, = Fe entsteht ein an der Ferrokaliumferroeyanür (Fe (C, N3)3 Fe, und Fe(G, Ns), Fe K,]. Ich führte die Reaktion in der Weise aus, dass ich von mehreren Eiern die schwarze Kappe abschälte (was sich ganz leicht ausführen lässt) und auf der einen Seite eines Objektträgers mit Aqua dest. verrieb, während ich auf der anderen Seite des Objektträgers die weißen Hälften der Eier gerade so behandelte. Sobald ich nun einen Tropfen einer rothen Blutlaugensalzlösung (Ferrieyankalium) zum schwarzen Dotter hinzu- fügte, trat eine lebhafte Blaufärbung ein, bei dem weißen Dotter aber erfolgte nichts, oder nach längerer Einwirkung an den Rändern hier und da ein Anflug von Blaufärbung (ganz pigmentfrei ist ja auch die weiße Hälfte des Eies nicht). Auch mit Gerbsäure (C,,H,,0s) erhielt ich eine deutliche Eisenreaktion des Pigmentes, während ich mit Rhodankalium (ONSK) keine solche bekam. Der Dotter besteht aus gelblichen Körnern von rundlicher, meist ovaler Form und ich kann O. ScauLtze nur beistimmen, wenn er sagt, dass es sich nicht um platte Täfelchen, sondern um kugel- oder eiförmige Bildungen handelt. Man sieht in der That unter normalen Verhältnissen, d.h. wenn die Dotterkörner nicht zerfallen sind, auch bei Untersuchung frischen Dotters niemals Seitenansichten der fraglichen Plättchen und ich möchte außerdem glauben, dass man die Dotterelemente, wären sie platte Gebilde, gewiss häufig sich dachziegelförmig decken, oder schuppenähnlich über einander liegen sehen würde; das ist aber nicht der Falle Die Größe der Dotterelemente ist sehr verschieden; sie schwankt von unmessbarer Feinheit bis zu 13 « und mehr im Längs- durchmesser. Die Größe der Dotterelemente nimmt im Allgemeinen vom schwarzen gegen den weißen Pol hin zu, doch findet man auch in der Gegend des schwarzen Pols einzelne sehr große Elemente und um- gekehrt am weißen Pol sehr kleine. In den Abbildungen ist auch auf die Größe der Dotterkörner Rücksicht genommen, ich habe immer eine große Anzahl derselben und immer die größten der be- treffenden Gegend, ziemlich vollzählig, direkt mit dem Zeichenprisma in die Figur eingetragen, so dass auch in dieser Beziehung die Abbildungen Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 535 unter einander vergleichbar sind. Man sieht, dass keineswegs die Dotter- elemente, auch nicht am animalen Pol, von der Bildung des Eies bis zu seiner Reife stetig wachsen, sondern in der Abbildung der ersten Fur- chungsspindel z. B. sehen wir auffallend kleine Elemente (Fig. 47). Dass die Dotterkörner einfach Stearintäfelchen, krystallisirtes Fett, Tristearin [C; #, 03(C, Hs; O);] sind, wie z. B. C. Vogr glaubte, ist natürlich auszuschließen; eben so, dass sie etwa aus Cholesterin (03644; OH) bestehen, das sich ja sonst an vielen Orten im Thierkörper auch krystallinisch findet, denn sie zeigen, wie ich mich überzeugt habe, nicht die charakteristischen Cholesterinreaktionen. Es wird sich vielmehr bei ihnen wohl um ein Gemisch von eiweißartigen und von stickstofffreien Substanzen handeln, wenn auch bisher in den Emydin, Ichthin, Ichthidin und Ichthulin benannten Dottersubstanzen nur N- haltige Verbindungen Lecithin, Nuclein und Eiweiß gefunden wurden. Bei in Sublimat fixirten Eiern zeigten die Dotterkörner in Aqua destillata untersucht einen koncentrisch geschichteten Bau. Von der eigentlichen protoplasmatischen Struktur der Eizelle ist bei dem dotterreichen Axolotlei natürlich kaum etwas zu sehen; nur unter gewissen später zu besprechenden Bedingungen ist davon einiges wahrzunehmen. Die Eizelle scheint von einem ganz zarten, aus Proto- plasmafäden zusammengesetzten lockeren Netzwerk durchzogen zu sein (Fig. 10), das ganz vollgepfropft ist mit Dotter- und Pigmentkörnchen. Wenn das Ei während der Behandlung im Inneren birst, wenn Spalten im Inneren auftreten, so werden diese erfüllt von einer durch die Reagentien offenbar zur Gerinnung gebrachten, wohl eiweißhaltigen, feinstkörnigen, färbbaren Masse, die gewiss als »Hyaloplasma« oder wie man es wohl am einfachsten nennen kann, als Zellsaft anzusehen ist. Ba 5 ie 3. Die Reifung des Kernes. a) Keimbläschen — 1. Richtungsspindel (Fig. 1—k). Meine Untersuchung erstreckt sich vorwiegend auf die späteren Stadien der Eireifung im Ovarium, wenn die Eizelle bereits eine Größe von ca. 2 mm Durchmesser hat. Auch bei Eiern von 2,0—2,2 mm Durchmesser hat das Keimbläs- chen Anfangs noch eine wenig excentrische Lage; es liegt (Fig. A) in einer gegen den Dotter scharf abgegrenzten kugeligen Höhle (4 in Fig. A) von ca. 0,7 mm Durchmesser. Das Keimbläschen selbst zeigt eine ganz unregelmäßige, zackige Begrenzung (»stark gefältelte Membran«, M in Fig. 1 und 2) und liegt meist der dem Eicentrum benachbarten Wand der Höhle an. Die scharfe Begrenzung, sowie zum Theil auch die rundliche Form und endlich die ziemlich konstante Größe der 596 Rudolf Fick, Höhle sprechen entschieden dagegen, dass es sich hier nur um ein Kunstprodukt handelt. Ich möchte mich vielmehr in dieser Frage der Hauptsache nach O. ScnuLtze anschließen, der mit GörrE meint, dass bei der Eireifung eine Ausstoßung von Kernsaft aus ‘dem dadurch schrumpfenden Keimbläschen stattfände und dass diese Flüssigkeit den erwähnten Hohlraum ausfülle. ©. SchuLtze meint nun, dass bei der Fixirung der Eier dieser Saft gerinne und durch die Gerinnung zu- sammenschrumpfe und daher den Hohlraum nicht mehr ganz ausfülle, so dass eine wirklich leere, auch nicht von Gerinnseln erfüllte Lücke zwischen Keimbläschen und Dotter auftrete. Diese Lücke hält er mit BAmBERE und O. Herrwic für Kunstprodukt. OÖ. ScauLtze geht aber weiter und sagt, die den Hohlraum erfüllende Flüssigkeit sei das später an der Ei-Oberfläche auftretende Perivi- tellin; das kann aber nur zum Theil richtig sein, denn auch schon in dem von uns beschriebenen Stadium findet sich bereits bei manchen Eiern eine ganz ansehnliche Schicht Perivitellin dem Dotter aufgelagert, allerdings vor deutlicher Differenzirung der Zellhaut des Eies (P in Fig. 1 und 3). Damit soll jedoch keineswegs in Abrede gestellt werden, dass später beim Emporrücken und Verschwinden des Keimbläschens und seines Hofes sich die im Hof befindliche Perinuclearflüssigkeit dem Peri- vitellin beigesellt, sich ihm beimischt. Ich halte nämlich dafür, dass der »leere Hof« oder die Höhle nicht leer, sondern von dem ausgetretenen Kernsaft erfüllt sei und dass sich bei der Fixirung vielleicht nur ein- zelne Gerinnsel darin bilden, wie man in Fig. I eines der Wand der Höhle ankleben sieht (G Fig. 1), dann muss die übrige Höhle auf den Präparaten leer aussehen, ohne dass ein Kunstprodukt vorliegt; die auffallend starke Schrumpfung des Keimbläschens freilich ist in unseren Präparaten ohne Zweifel zum Theil durch die Fixirungsflüssig- keit bedingt. Für den Austritt des Perivitellins aus dem Ei macht Herr- wıs Dotterkontraktionen verantwortlich, die durch den Eintritt des Wassers durch die Gallerthüllen nach der Eiablage ausgelöst werden sollen, wogegen aber die eben erwähnte Thatsache spricht, dass Peri- vitellin sich schon an Ovarialeiern findet. | Das geschrumpfte Keimbläschen enthält meist in seinem Inneren, oft aber auch peripheriewärts einen lichteren oder dichteren Haufen großer (bis zu 16 u. im Durchmesser) und kleiner (bis 3,3 u und weniger) Nucleolen (N Fig. 1—3), die sich bei unserer Behandlungsweise ziemlich lebhaft roth färben. Sie enthalten sehr häufig eine oder mehrere Vacuolen!. Von einer bestimmten Anordnung der Nucleolen ! Nebenbei will ich bemerken, dass sich in den meisten Präparaten feinste Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 537 innerhalb des Haufens oder des ganzen Keimbläschens ist nichts zu bemerken; auch außer dem Haufen finden sich immer vereinzelte Nucleolen im Keimbläschen zerstreut. Immer sind einzelne Nucleolen weit schwächer gefärbt als die übrigen, sehen aus, als ob sie in Auf- lösung begriffen wären, machen einen schattenhaften Eindruck (vgl. NS in Fig. 2). Bei diesen Nucleolen, die von Alters her immer noch den beson- deren, jetzt allerdings wohl überflüssigen Namen »Keimkörperchen « führen, kann kein Zweifel sein, dass wir es mit selbständigen Bil- dungen zu thun haben, nicht etwa mit Kernnetzknoten, die von vielen Autoren z. B. Waıpeyer ! und E. Kırın? auch noch Nucleoli genannt werden. Bei den Nucleolen des Keimbläschens liegt es sehr nahe mit. STRASBURGER und Prirzwer daran zu denken, dass sie vielleicht eine Art Reservestoffbehälter darstellen. Wie weit die Ansichten über die Nucleolen noch aus einander gehen, erhellt klar aus der übersichtlichen Zusammenstellung WaALoeyer’s l. c. und ich möchte glauben, dass sich für das Studium der Nucleolen und ihrer Bedeutung kaum ein besseres Objekt finden dürfte als gerade die in den Keimbläschen. Zwischen den Nucleolen zerstreut sieht man eine große Anzahl ein- zelner, ganz isolirter, aus kleinsten Körnchen (Mikrosomen) zusammen- gesetzter chromatischer Fadenstücke (Chr in Fig. 2), die die man- nigfachsten Formen zeigen. Man sieht kleine rundliche Stäbchen, am häufigsten aber gabelig getheilte, Y-förmige, fast geweihartig zu nennende Figuren, und sehr häufig auch paarweise in ein- oder mehr- fachen Achterturen verschlungene, zopfartig mit einander ver- flochtene Fäden (Z in Fig. 2). Lage und Gestalt dieser Chromosomen machen einen sehr unregelmäßigen Eindruck. Die Bilder sind offenbar ganz genau dieselben, die Rückerr im Selachierei bei der Reifung des Keimbläschens beschreibt 3? und deuten auf eine stattfindende Spaltung der Chromosomen. Rückerr’s Beschreibung (l. c. p. 120 u. 125 mit Fig. 3 u. 4) passt fast Wort für Wort auch für den Axolotl (vgl. auch Abschn. V Luftbläschen (?) gerade den Nucleolen aufgelagert finden von verschie- dener Größe, die unter gewissen Umständen wie intensiv roth gefärbte Krystalle aussehen können; da sie sich nur auf oder in den Nucleolen finden, könnte man verleitet werden, etwa an eine Gasentwicklung der Nucleolen bei der Behandlungs- weise (Säureeinwirkung etc.) zu denken. 1 WALDEYER, Über Karyokinese und ihre Beziehungen zu den Befruchtungs- vorgängen. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXII. 1888. p. 13, ? E. Krems, Observ. on cells and nuclei. Quart. Journ. of microscop. Science. Vol. XVII and XIX. 3 Rückert, Zur Entwicklungsgeschichte des Ovarialeies bei Selachiern. Anat. Anz. 4892. Heft 4 und 5. 938 Rudolf Fick, p- 592 ff.) und eben so stimmen meine Befunde mit den Angaben Born’s! über die vielfach in einander geschlungenen Ghromatinschleifen bei der Eireifung des Triton taeniatus sichtlich überein. Bei dieser großen Übereinstimmung der Objekte ist daher wohl auch für den Axo- lotleinErhaltenbleiben des chromatischen Kerngerüstes in der ganzen Entwicklung des Keimhläschens im Sinne Rückerr’s und Borv’s anzunehmen. | Sehr oft sind gerade in der Nähe der Chromosomen viele abge- blasste Nucleolen, die oben erwähnten »Nucleolenschatten«, zu finden und im weiteren Verlauf der Chromosomenausbildung für die erste Spin- del verschwinden die Nucleolen beim Axolotl vollständig (beim Frosch erhalten sie sich länger) ; doch möchte ich die Frage eines ursächlichen Zusammenhanges dieser Thatsachen offen lassen. Rückerr ist dieser Frage neuerdings näher getreten? und hat die Vermuthung geäußert, dass die Nucleolen einerseits den Chromosomen, sich ihnen innigst anlegend, Chromatin zuführen, andererseits aber bei der Reduktion der Chromo- somen es ihnen wieder abnähmen, also wirklich ganz im Sinne von STRASBURGER, PFITZNER und Fremning als »Reservestoffbehälter« fungirten. Wenn dem so wäre, müsste man aber entschieden erwarten, dass die Größe und Färbbarkeit der Nucleolen umgekehrt proportional gefunden würde der Größe und Färbbarkeit der Chromosomen. Dem wider- spricht aber die von Rückerr selbst angeführte Thatsache der gleich- zeitigen Massenzunahme und gleichzeitigen Massenre- duktion beider Gebilde. O. Scaurtze hat direkt eine »Rekon- struktion der verschwundenen Chromosomen aus den Nucleolen« an- genommen. Horr gar hält bei der menschlichen Eizelle den Nucleolus für den einzigen sich erhaltenden Chromatinrest des Keimbläschens. An unseren Präparaten lässt sich nun auch die von O. ScHULTZE übrigens selbst hervorgehobene, von Born neuerdings angeführte Lücke ausfüllen, es lässt sich an ihnen das Emporrücken des Keim- bläschens an die Oberfläche deutlich feststellen (Fig. 3) (vgl. auch Abschnitt V, p. 595). Das Keimbläschen bleibt bei dem Emporsteigen von der oben besprochenen Höhle umgeben. Oben angelangt plattet sich das ganze bläschenförmige Gebilde stark ab zu einem ellipsoidischen. Körper, dessen lange Achse ca. 0,72—0,80, die kurze 0,32—0,30 mm Länge zeigt. Dabei ist das Bläschen auch an der dem Eirand nächsten Stelle doch noch von einer dtinnen Dotterschicht von nicht ganz 0,1 mm 1 Born, Die Reifung des Amphibieneies u. die Befruchtung 'unreifer Eier bei Triton taeniatus. Anat. Anz. 4892. Heft 23 u. 24. p. 779. 2 RÜckERT, ]. p. 537 c. p. 139. TEEN WR Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 539 © Dicke überkleidet (Fig. 3). Diese reißt bei der umständlichen Behand- lungsmethode selbstverständlich oft ein. In dem nächstfolgenden Stadium unserer Präparate (Fig. 4) finden wir das Bläschen verschwunden und statt dessen an der hellen Stelle der Oberfläche, am »Richtungsfleck« einen Haufen unregelmäßiger Chromatinstückchen, die gegen das vorige Stadium kontrahirt und ab- gerundet erscheinen; sie stellen jetzt cylindrische Gebilde dar. Da in letzter Zeit von verschiedenen Seiten sehr großes Gewicht auf die Zahlenverhältnisse der Ghromosomen gelegt wird, so bemühte ich mich, womöglich auch hierüber beim Axolotl ins Klare zu kommen. Freilich macht sich jetzt bereits eine Reaktion gegen diese Zahlenforschung geltend, die mit STRASBURGER davor warnt, den Ghromo- somenzahlen übertriebenes Gewicht beizulegen, da es sich dabei offen- bar um etwas Unwesentliches handle, denn bei ganz nah verwandten - Thieren ist sie in der That sehr verschieden: Bei Ascaris megalocephala z. B. ist sie 2, bei Asc. lumbricoides 24 etc. Bei den Wirbelthiereiern ist überdies, wie Rückert schon hervorgehoben hat, die Zählung der chromatischen Elemente durch die Dotterkörner sehr erschwert; beim Axolotl gar ist es in Folge der Größe der Kerntheilungsfiguren, die sich durch mehrere (drei bis fünf) Schnitte hinziehen und durch die nicht ganz gleichmäßige Form der einzelnen Fäden einer Figur einfach un- - möglich, mit voller Sicherheit die Zahl festzustellen. Leichter ist es wohl in den Furchungszellen und Körperzellen, doch sind mir Angaben darüber nicht bekannt. In den Abbildungen, die Berioncı! von den ersten Furchungsstadien des Axolotl gegeben hat, zähle ich einmal (in seiner Fig. 5) zwölf Chromosomen, andere Male (Fig. 8 u. a.) hingegen nur deren acht. KöLuıker ? zeichnet etwa fünf bis acht Schleifen. Auch über die Gruppirung der chromatischen Elemente (Vierergruppen etc.) kann ich keine genaue Angabe machen. Der Chromosomenhaufen ist, wie Fig. 4 zeigt, von feinstkörnigem, von dünnen Fäserchen durchsetzten Protoplasma, nicht direkt von Dotterkörnern umgeben. Gentralkörperchen sind nicht aufzufinden. Einzelne Nucleolen liegen in der Gegend zwischen den Dotter- körnern zerstreut, doch scheint die überwiegende Mehrzahl derselben ganz der Auflösung anheimgefallen zu sein (beim Froschei erhalten sie sich länger). | 1 Bertoncı, Int. alla Cariocinesi nel segmentat. dell’ ovo di Axolotl. Nota R. Academ. dei Lincei 1884. 2 KöLLıker, Handbuch der Gewebelehre des Menschen. 6. Aufl. Bd. I. 1889, p. 53. Fig. 38—40 incl. 540 Rudolf Fick, b) Erste Riehtungstheilung (Fig. 5—11). Weiterhin formirt sich der Chromatinhaufen zu einer typischen, und zwar zu einer mit ihrer Längsachse tangential zur Eioberfläche stehenden Kerntheilungsspindel, der ersten Richtungsspindel, die be- reits von O. Scuurtze beschrieben und auch abgebildet wurde (Fig. 5 — Fig. 31 O. Scaurrze’s). Sie ist etwa 70 u lang und 30 u breit. Die Chromosomen haben sich zur Aquatorialplatte geordnet und dabei wieder etwas gestreckt. Die Chromosomen sind aber immer noch deut- lich walzenförmig, auf dem Querschnitt vollständig rund, nicht etwa bandförmig wie beim Ascaris megalocephala.. Nach mehrfacher Ab- zeichnung der Schleifenstücke in den einzelnen Schnitten mit dem Zeichenapparat und Kombinirung derselben glaube ich über die An - zahl der Chromosomen in der ausgebildeten ersten Richtungsspin- del sagen zu können, dass es deren sicher mehr als vier und weniger als zehn sind. Da aber die Anzahl doch wohl eine Potenz von 2 sein wird, so darf man mit größter Wahrscheinlichkeit annehmen, dass es 23 = 8 Chromosomen sein werden und somit höchstens nur halb so viel als im reifenden Keimbläschen. Die Spindelfasern der ersten Richtungsspindel scheinen sich aus dem feinkörnigen Plasmahof gebildet zu haben, der wohl auch noch als ein Rest der Keimbläschensubstanz angesehen werden muss. Für Ascaris marginata giebt freilich Kurtsenitzey die Entstehung der ersten Spindel aus dem Eizellprotoplasma an. An je ein Chromosom setzen sich offenbar mehrere Spindelfäden an, denn es sind bedeutend mehr Fäden als Chromosomen zu sehen. Es scheint auch eine von Pol zu Pol durch- laufende Centralspindel vorhanden zu sein. Ein Gentrosoma oder eine Polstrahlung konnte ich auch bei der vollständig ausgebildeten ersten Richtungsspindel nicht finden. Sie scheinen hier eben so wie bei Ascaris nach van BEnEDEn und BovEkrı und z. B. auch bei Branchipus nach Brauer ! und bei Rhynchelmis nach VE)povsky ?zu fehlen, während sie bei Aulastomum hingegen von PLATNER 3 in vollkommener Deutlichkeit beobachtet sind. Born beschreibt an den Spindelpolen der Tritonen » Kuelie An- sammlungen körnigen Protoplasmas«, ohne dass es ihm jemals gelungen 1! Brauer, Das Ei von Branchipus Grubii V. Dyb. von seiner Bildung bis zur Ablage. Anhang zu den Abhandl. der königl. preuß. Akademie der Wissensch. 1892. ? VEspovskY, Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. Heft4. Reifung, Befruchtung und Furchung des Rhynchelmiseies. Prag 1888. 3 PLATNER, Die Bildung der ersten Richtungsspindel im Ei von Aulastomum Gulo. Mikrosk. Arch. Bd. XXXIII. p. 204 ff. 4].p. 3538 c. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 541 sei, ein Centrosoma zu färben; dafür hat er öfters »helle Kügelchen « an den Polen gesehen. Um die Spindel herum erscheint eine mehr oder weniger auf- fallende Anhäufung von Pigment, die zum Theil gewiss darauf zurück- zuführen ist, dass die Spindelausbildung das Pigment aus seinem früheren Platz in die Nachbarschaft verdrängt hat, so dass sich in ihrer Umgebung mehr Pigmentkörnchen finden als in der übrigen ent- sprechenden Eizone. Nun erfolgt die von ©. ScauLtze beschriebene Drehung der Spindel aus der tangentialen in die radiäre Richtung, und dabei trennen sich die Schleifen im Äquator zu zwei gegenüberliegenden Platten, die, wie es scheint, aus je acht noch nicht weiter getheilten cehromatischen Elementen bestehen. Ob die Drehung in einer bestimmten Ebene, etwa der künftigen Medianebene des Körpers erfolgt, oder ganz zufällig, kann natürlich nicht angegeben werden, ohne eine eigens darauf gerichtete experi- mentelle Untersuchung. Obwohl O. Scaurtze bereits eine schiefstehende erste Spindel abgebildet hat, gebe ich doch auch noch zwei solche Abbildungen (Fig. 6 u. 7), da meine Spindeln eine etwas andere Ge- stalt haben, als die von O. ScuuLtze; die von mir gefundenen sind nicht tonnenförmig (wie sie namentlich beim Frosch vorkommen), sondern an beiden Polen stark zugespitzt. Mittlerweile ist die Auswanderung des Eies in die Bauch- höhle erfolgt. Meist auf dem Wege in die Tube oder manchmal auch erst in den obersten Abschnitten dieser selbst vollzieht sich dann die Ausstoßung des ersten Richtungskörperchens. Somit findet die erste Richtungstheilung beim Axolotl etwas früher statt als bei den von Bor untersuchten Tritonen, und es hat desshalb der Schluss, den er aus seinen Untersuchungen zieht, dass »bei den Urodelen allgemein« das erste Richtungskörperchen im unteren Theil der Tube ausgestoßen werde, für den Axolotl entschieden keine Geltung. Darin jedoch kann ich Born und anderen Autoren vollkommen bei- stimmen, dass die Reihenfolge der Reifestadien nicht immer ganz genau der Reihenfolge der Eier im Genitaltractus entspricht (entgegen den Angaben Bovzrr’s bei der Spermatogenese der Ascaris meg.). Groß sind jedoch die Unregelmäßigkeiten in der Reifung nicht; so habe ich z. B. nie ein abgelegtes Ei gefunden, bei dem ich mit Sicherheit hätte nachweisen können, dass das erste Richtungskörperchen noch nicht ausgestoßen sei; denn daraus, dass man kein Richtungskörperchen an der Oberfläche findet, darf man noch nicht schließen, dass die vor- liegende Spindel die erste Richtungsspindel sei, denn das erste Rich- 542 Rudolf Fick, tungskörperchen kann abgefallen sein und man wird daher oft bei genauer Messung und Vergleichung in solchen Fällen finden, dass es sich nicht um eine erste, sondern um eine zweite Spindel handelt. Die Bildung der beiden Tochtersterne erfolgt wohl so, dass sich die Spindelfasern kontrahiren und die Chromosomen an den Fäden zu den beiden Polen wandern. Dabei fragt es sich nun, falls wir mit Boverı und den meisten anderen Autoren in der Spindel, den Pol- körperchen und der Polstrahlung eine Vorrichtung zu sehen haben zur Entfernung der beiden Hälften der Äquatorialplatte von einander nach den Polen hin, wo in unserem Falle die Spindelfasern ihren Stützpunkt bei der Kontraktion finden, da hier weder Polkörperchen noch Pol- strahlungen nachzuweisen sind. Bei der Furchungsspindel von Ascaris meg. fand übrigens Bovzrı die von van BEnzDEn angegebene Polstrahlung auch nicht!, wie er meint desshalb, weil die Fasern zu dünn seien. Prarner leugnet überhaupt die von van BENEDEN angegebene Polrinne, die bei der Spindelkontraktion als Einziehungsfurche zu Stande kommen soll, und sagt, auch die Polstrahlen konvergirten schließlich nach der. Oberfläche. Bei unserem Objekt muss man jedenfalls eine Modifikation des van BENEDEn-Boverrtschen Theilungsmechanismus annehmen in der Weise, dass sich die Spindelfasern des peripheren Pols an die innere Dotterhaut ansetzen (Fig. 7), die des centralen Poles aber viel- leicht in Verbindung mit dem Plasmagerüst des übrigen Eikörpers treten und in diesem ihren Stützpunkt bei der Kontraktion finden, falls überhaupt eine solche stattfindet (cf. p. 548). Auch bei der Ausstoßung des ersten Richtungskörperchens sind unsere Präparate im Stande eine Lücke in unseren Kenntnissen aus- zufüllen: Es liegen uns vollkommen klare Bilder von dem Abschnü- rungsakt selbst vor (Fig. 8 und 9). Nach der Ausstoßung finden wir das erste Richtungskörperchen ganz unzweideutig zwischen den zwei Dotterhäuten, d. h. zwischen der »Eizellmembran « und der »Zona pel- lueida« (Fig. 10) und es drängt sich daher die Frage auf, wie es die Ei- zellmembran passirt hat. Man könnte nach früheren Abbildungen daran denken, dass es an einer umschriebenen kleinen Stelle dieselbe auflöse und dort aus dem Dotter herausschlüpfe. Wenn wir aber die alte Auf- fassung auch van BEnEDEN’s, dass es sich bei der Richtungskörperchen- abschnürung nur um eine Ausstoßung nutzloser Kerntheile handelt, ver- lassen und uns der Annahme Bürscnur’s? und Boverr’s anschließen, die 1 Boverı, Zellenstudien. 2. Heft. Die Befruchtung und Theilung des Eies von Ascaris megalocephala. 1888. p. 108 u. 14. 2 BürscaLı, Studien über die ersten Entwicklungsvorg. der Eizelle, die Zell- theilung und die Konjugation der Infusorien. Abhandl. der SEnckEnBERG’schen Naturf.-Ges. Bd. X. 1876. p. 213 ff. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 543 die Richtungstheilungen für rudimentäre Zelltheilungen der Eizelle halten, dann müssen wir von vorn herein erwarten, dass sich die »innere Dotterhaut« bei der Richtungstheilung ganz wie jede Zellmembran bei der Zelltheilung verhält, dass das Richtungskörperchen auch von der Zellmembran bekleidet ist. Diese Erwartung wird nun durch die Be- obachtung vollkommen bestätigt. Wir sehen (Fig. 8) wie sich zuerst ein von der zarten Eimembran umgebener Vorsprung, eine Art Knospe an der Eizelle bildet, die die periphere Chromosomengruppe der ersten Richtungsspindel enthält. Dieser Vorsprung erhebt sich dann immer mehr über die Oberfläche, die Basis, mit der er dem Ei aufsitzt, ver- jüngt sich, es bildet sich eine halsartige Einschnürung, die rings von der Zellmembran umgebene Knospe hängt nur mehr durch einen Stiel mit dem Ei zusammen (Fig. 9) und endlich schnürt sich die kleine rudimentäre Eizelle ganz von ihrer großen Schwesterzelle ab, — die erste Richtungszelle ist ausgestoßen (Fig. 40). Die Richtungsthei- lung beim Axolotl bildet demnach entschieden eine voll- komm ene Bestätigung der Bürscauı-Boveri’schen Annahme, und erhebt sie aus dem Bereiche der Hypothesen in das der Thatsachen. So erklärt sich jetzt auch ganz einfach die Beobachtung von O. ScHuLtze, »dass sich bisweilen außen um das Polkörperchen herum eine Art Membran, vielleicht nur eine dichter geronnene Schicht ab- - grenzt;« es handelt sich hier eben einfach um eine wirkliche, allerdings sehr zarte Zellmembran und wir sind voll berechtigt das Körperchen eine »Zelle« zu nennen. | Der Vorgang ist zugleich eine Bestätigung meiner obigen Behaup- tung, dass wir die »äußere Dotterhaut« nicht als die Zellmembran der Eizelle, wie das von früheren Autoren geschehen ist, ansehen dürfen, sonst dürfte die abgeschnürte Richtungszelle nicht nach innen von ihr liegen. Übrigens liegt auch in den Abbildungen von O. ScuuLtze das Richtungskörperchen unter der äußeren Dotterhaut also nach seiner Auffassung noch innerhalb der Eizelle. Auch Bönm! erklärt beim Neun- auge das erste Richtungskörperchen ausdrücklich für membranlos, in seiner Abbildung (l. c. Fig. 10) ist aber eine deutliche innere Dotterhaut oder Eizellmembran, die auch das in Abschnürung begriffene erste Richtungskörperchen überzieht, gezeichnet, wenigstens ist der Grenz- kontour mindestens eben so ausgeprägt als bei der Bildung des zweiten Richtungskörperchens (l. c. Fig. 15), das nach Bönm von einer Membran umgeben ist. Die Bestandtheile der ersten Richtungszelle sind, wie 1 Bönm, Über die Reifung und Befruchtung des Eies von Petromyzon Planeri. Archiv f, mikr, Anat. Bd. XXXI. 1888, 544 Rudolf Fick, schon O. ScHuLtze angab: Chromatin, Protoplasma, hier und da Dotter- körner und Pigment. Das Chromatin finde ich beim Axolotl meist im Gegensatz zu Born’s Befunden bei anderen Amphibien noch geraume Zeit nach der Ausstoßung in Asterform (z. B. Fig. 17a); erst später kontrahiren sich die Chromosomen zu unregelmäßig geformten Klumpen oder Stäbchen. Das Protoplasma der Richtungszelle besteht wohl wesent- lich aus dem peripheren Theil der achromatischen Spindel. Die Gestalt der ersten Richtungszelle ist ungeheuer wech- selnd, bald rund, bald oval, bald mehr abgeplattet, fast scheibenförmig. Natürlich wird die Gestalt wesentlich durch die Umgebung beeinflusst, und je nachdem die äußere Dotterhaut (Zona pellucida) dem Dotter straffer oder schlaffer anliegt, wird die Richtungszelle tiefer oder weniger tief in die Eioberfläche eingepresst. Dadurch entsteht ein Grübchen im Dotter; das ist offenbar die Entstehungsweise der von Max SchHuLTzE sogenannten »Fovea germinativa«, die daher nicht wie bisher als eine primäre Einsenkung der Eioberfläche, sondern als eine durch Druck der ersten Richtungszelle verursachte Delle aufzufassen ist. Max Scaurtze ! unterscheidet offenbar auch bereits zwischen dieser »Richtungsdelle« und dem »hellen Richtungsfleck« im Allgemeinen, denn er sagt, dass die »trichterförmige Grube« oft von einem »weib- lichen Hof« umgeben sei; mit letzterem hat er nämlich gewiss die helle Stelle am schwarzen Pol gemeint. Das Zustandekommen des hellen Fleckes aber erkläre ich mir durch Auseinanderdrängung des Pigmentes durch den aus dem Keimbläschen aufsteigenden Kernsaft und über- haupt die Reste der Keimbläschensubstanz. Es darf daher nicht, wie es geschehen ist, das Richtungsgrübchen und der Richtungsfleck schlecht- hin Fovea germinativa genannt werden. Was das weitere Schicksal der Richtungszellen betrifft, so finde ich in der Litteratur nur ganz spärliche Angaben. Beim Axolotl erhalten sie sich noch lange, oft bis zur Furchung wenigstens in Resten. Allmählich schrumpfen sie und scheinen schließlich der » Pigmentatro- phie« anheimzufallen. In späteren Stadien finde ich sie oft weit von der Richtungsstelle entfernt, sie sind an einen anderen Ort verschoben worden. Bei vielen ersten Richtungszellen jedoch finde ich eine Andeu- tung einer nochmaligen Theilung, die allerdings meist nur in einer Tren- nung der vielleicht vorher schon zweitheiligen Chromosomen besteht oder in einer Sonderung des Chromatins in zwei Hauptklumpen. Unter 1 Max ScauLtze, 1. p. 534 c. Fovea in formam infundibuli excavata saepe albidum praebet colorem et circulo albido circumdata estetin ovis recentibus statim post partum fere omnibus et foecundatis et non foecundatis facile cognoscitur. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 545 den Hunderten von mir untersuchten Eiern fand ich nur eine einzige erste Richtungszelle, bei der eine wirkliche Theilung zu konstatiren war (Fig. 11). In diesem Fall ist die Theilung allerdings bis zu fast voll- kommener Abschnürung der beiden ersten Richtungszellen (wohl durch direkte Kern- bezw. Zelltheilung) gediehen, nur auf einem Schnitt scheinen sie noch durch eine schmale Brücke zusammenzuhängen. Auf den anderen Schnitten liegen beide vollständig von einander getrennt neben einander in der Richtungsmulde, jede enthält eine kleine Chroma- tinportion. Dass es sich hier etwa um die erste und zweite Richtungs- zelle handelt, ist vollkommen ausgeschlossen, da im nächsten Schnitt die zweite Richtungsspindel zu sehen ist, und es sich überdies um ein Ei aus der Bauchhöhle handelt. Wir haben es hier offenbar zu thun mit einem Analogon einer nochmaligen Theilung des ersten Richtungskörper- chens bei niederen Thieren. So wurden ja bereits im Jahre 4852 von KörLiker bei Dorisarten drei Richtungskörper beschrieben, von denen zwei offenbar durch Theilung der ersten Richtungszelle entstanden sind. Auch in unserem Falle würden bei Weiterentwicklung des Eies dreiRichtungskörper zu finden gewesen sein. Dieser Befund beim Axolotl bildet ebenfalls entschieden eine Be- stätigung der Annahme Bovzrrs, dass die Richtungstheilungen phylo- genetisch reducirte weitere Theilungen der Eizelle darstellen. c) Zweite Richtungstheilung (Fig. 12—1B8). Unmittelbar nach Abschnürung der ersten Richtungszelle bildet sich aus dem centralen Theil des ersten Richtungsspindeldiasters die zweite Richtungsspindel. Das Ei befindet sich zu dieser Zeit noch in der Bauchhöhle oder in den oberen Theilen der Tube. Obwohl schon seiner Zeit O. SchuLtze und nun auch ich selbst nicht das Glück hatten, ein Ei zu finden, in dem eine ganz normale (vgl. p. 548 oben) zweite Richtungs- spindel genau tangential steht, ist nach Born’s neuen Angaben doch mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sie auch beim Axolotl zuerst tangential an der Eioberfläche liegt, entgegen der Angabe Bo- verr’s!, der allgemein die zweite Richtungsspindel sich nicht in tangen- tialer Lage bilden lässt. Offenbar ist jedoch das tangentiale Stadium nur ein sehr rasch vorübergehendes, da auch Born nur wenige Eier mit sol- chen Spindeln auffand. Beim frühesten, normalen uns vorliegenden Stadium bildet die zweite Spindel mit der Tangente an die betreffende Eioberfläche einen Winkel von ca. 30—40°, liegt also noch sehr schräg (Fig. 12). Auch hier weichen wieder die von mir beobachteten Spindeln 1 Bovarı, Referat über Befruchtung in MERREL-BonneErT's Jahresber. 4892. p. 447. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LVI, Bd, 36 546 | Rudolf Fick, in ihrer Form wesentlich von denen O. Scurtze’s ab, seine sind deutlich tonnenförmig, meine spitzpolig. Aus der schrägen Lage dreht sich die Spindel dann langsam in immer steilere Lagen. (Über die Ursache der Spindeldrehungen s. p. 596 f.) Unterdessen ordnen sich die Chromoso- men der centralen Chromatingruppe des ersten Richtungsdiasters, die sich zu einem dichten Knäuel zusammengeballt hatten, zu einer regulären Äquatorialplatte um, ohne sich vorher in ein ruhendes Kern- gerüst umgewandelt zu haben. Man beobachtet dabei, dass die Schleifen zuerst noch stark gekrümmt sind, so dass sie auf einem Schnitt mehrfach getroffen eine größere Chromosomenzahl vortäuschen können; erst allmählich strecken sie sich und bilden einen regulären Mutterstern. Wiederum scheinen acht Chromosomen vorzuliegen, ob eintheilig oder bereits zweitheilig, wage ich wie gesagt nicht zu ent- scheiden, doch erfolgt jedenfalls die Spaltung der Schleifen sehr bald und es bilden sich, was übrigens bei der ersten Spindel auch der Fall ist, sehr früh = oder >-ähnliche Figuren, dadurch dass die Schleifen- theile am einen Ende bereits nach den Polen aus einander gehen, während die Hauptmasse derselben noch eng verbunden mit einander der Länge nach verklebt ist (Fig. 6, 7 und 12), wie das auch Boverı bei Ascaris und Born bei den Tritonen gesehen haben. Dieachromatische Spindel scheint sicher zum Theil aus dem centralen Abschnitt der ersten Spindel hervorzugehen, während der periphere ganz mit in die erste Richtungszelle übergeht. KurscHırzey! hingegen lässt die erste Spindel ganz zu Grunde gehen und die zweite sich ganz unabhängig von ihr entwickeln. Bei der Bildung der zweiten Spindel scheint übrigens die Ausbildung der peripheren Hälfte schneller zu erfolgen, als die Ausbildung der centralen Hälfte, denn ich finde bei einigen Präparaten die periphere Spindelhälfte vollkommen ausgebildet, während die centrale kaum angedeutet ist. Gentro- somen und Polstrahlungen sind auch hier wieder nicht zu finden, auch keine deutliche Ansammlung feinstkörnigen Protoplasmas an den Polen, wie es Born gefunden hat. Übrigens ist hervorzuheben, dass die zweite Richtungsspindel weit schlanker, zierlicher gebaut ist als die erste, so zart, dass oft der Spindelmantel von den umgebenden Dotterkörnern an einzelnen Stellen oberhalb und unterhalb des Äquators eingebaucht wird, so dass also die Spindelfasern des Mantels nicht in gerader Richtung vom Äquator zum Pol laufen, sondern in nach einwärts konvexen Bögen (Fig. 12, 13 und 14), was bei der ersten Spindel seltener vorzukommen ‘ Kurschıtzey, Eireifung und Befruchtungsvorgang bei Ascaris marginata. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXII. p. 671. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 547 scheint. Öfters tritt diese »seitlich komprimirte« Spindelform freilich auch auf, ohne dass der umgebende Dotter dieselbe bewirkt zu haben scheint. Die Gracilität der zweiten Spindel ist so auf- fallend, dass es leicht gelingt, wenigstens wenn man kurz vorher erste Spindeln gesehen hat, eine zweite ohne Weiteres an der Zierlich- keit zu erkennen und von den plumpen, dicken ersten Spindeln zu unterscheiden. Ihre Länge beträgt meist nur ca. 50 u oder weniger, die Breite ca. 23 u. Meist steht die zweite Spindel ganz an der Peripherie, sehr oft ge- rade unter dem ersten Richtungsgrübchen; dann hat also die erste Richtungszelle die Eiperipherie mitsammt der darin befindlichen zwei- ten Richtungsspindel nach einwärts eingedrückt (Fig. 13). Sehr häufig aber findet auch das Umgekehrte, ein Vordrängen der zweiten Spindel statt, so dass die erste Richtungszelle seitlich abrutscht und neben der zweiten Spindel ein Grübchen in die Eioberfläche eindrückt (wie Fig. 34 bei O. Scaurrze). In einem Fall fand ich merkwürdigerweise die Spindel tief im Inneren des Eies. Ferner ist auffallend, dass um die zweite Spindel trotz ihrer ge- ringeren Größe doch noch mehr Pigmentangehäuft ist, als um die erste Spindel, so dass man nicht nur eine mechanische Zusammen- drängung sondern auch eine Neubildung von Pigment in der Umgebung der Spindel annehmen muss (vgl. auch die Angaben über Pigment- plattenbildung p. 548). In diesem Zustand bleibt nun das Ei auf seiner ganzen Wanderung durch den mütterlichen Genitaltractus, bis es beim Durchgang durch die Kloake befruchtet wird, stehen, wenigstens ist es mir bisher bei keinem der Mutter entnommenen Ei gelungen, die Ausstoßung des zweiten Richtungskörperchens zu finden und bei allen Fällen, wo ich ein zweites Polkörperchen vor der Befruchtung ausgestoßen glaubte, fand ich nachträglich doch noch ein oder mehrere an der weißen Seite ein- gedrungene Spermatozoen, die mir bei der ersten Untersuchung ent- gangen waren, da sie in der That oft sehr schwer zu finden sind. Es wird demnach auch beim Axolotl die erste Richtungszelle vor, diezweite aber erst nach der Befruchtung ausgestoßen, wie das bereits für den Frosch von O. Scaurtze ! und für das Neunauge von Kuprrer und Bönn ? nachgewiesen wurde. Der weitere Verlauf der zweiten Richtungstheilung ist der, dass sich die schräg stehende Spindel allmählich in eine ganz radiäre Lage stellt, doch erfolgt diese Drehung sehr langsam, denn es liegt mir eine 1.110000 , 2 KupFFer u, BöHMm, Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. München, Febr. 1887. 36* 548 Rudolf Fick, namhafte Anzahl von Eiern vor, bei denen sich die zwei Spindeln be- reits in der Phase des Diasters befinden und doch noch sehr schief gegen die Oberfläche stehen, in Winkeln von 45—70° gegen die Tangente (vgl. Fig. 14); in einem Fall sogar noch tangential. Das Auseinanderweichen der Schleifen nach den Polen erfolgt wie bei jeder regulären Kerntheilung ganz in der von FLEmmIne zuerst genau ver- folgten Weise. In dem Stadium des Diasters verweilt die zweite Richtungstheilung auch beim Axolotl lange Zeit, wie das bei den Tritonen von Born gefunden wurde. Sehr auffällig ist die Erhaltung der Form der achromati- schen Spindel oder besser der Doppelkegelfigur auch nach voll- endeter Wanderung der Schleifen zu den Polen hin. Nach Boverr's Ansicht, nach der die Chromosomen durch aktive Kontraktion der Spindelfasern nach den beiden Polen resp. Gentrosomen hin gezogen werden, müsste man erwarten, im Stadium des Diasters zwischen den heiden Sternen höchstens » Verbindungsfäden« van BENEDEN'S, d. h. dünn ausgezogene Chromatinfäden bezw. die dünn ausgezogene achro- matische Brückensubstanz zwischen je zwei Tochterschleifen, aber keine achromatische Spindelfasern zu finden. Es sollten eylinderähnliche oder höchstens tonnenförmige Figuren resultiren ; statt dessen finde ich jedoch regelmäßig an beiden Polen ganz spitz ausgezogene, im Äquator aber sehr breite Doppelkegel von ungeheuer zahlreichen achromatischen Spindelfasern durchsetzt (Fig. 13 und 14), als ob die Chromosomen nur an den Fasern zu den Polen hingeglitten, nicht aber durch deren Kontraktion dorthin geführt wären. Oder als ob sich nicht nur in und bei der Spindelachse von einem Pol zum andern durchlaufende Fäden (» Centralspindel« Hermann’s), sondern auch allenthalben sonst im Spindelraum durchlaufende Spindelfasern befänden. Vielleicht handelt es sich hier doch auch um eine ähnliche Bildung wie bei dem achro- matischen Zwischenkörper, dem Mitosom oder Thelyid Hrnkıne’s!, das er bei der Spermatogenese und Richtungstheilung der Insekten gefun- den hat. Am Äquator zeigt sich außerdem sehr häufig eine Art Verdichtung der beiderseitigen Fäden, so dass eine allerdings nur sehr zarte Platte entsteht, die man entschieden als Andeutung einer Zellplatte auf- fassen muss (Fig. 13 und 14). In dieser Auffassung werde ich noch bestärkt durch die höchst auffallende Thatsache, dass ich in einzelnen meiner Präparate bei zweiten Richtungsdiastern am Äquator eine förm- liche Pigmentplatte finde, wie sie bei der Furchung des Axolotls als 1 HeEnkıng, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in d. Eiern der Insekten. I. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. 1890. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 549 erstes Zeichen der künftigen Zellscheidewand vorkommt, was auch bereits von Berroxcı! bei der Furchung des Axolotleies gesehen und abgebildet ist. Darin liegt wieder ein Beweis, dass es sich bei den Rich- tungstheilungen wirklich um eine Zelltheilung handelt. Diese Pigment- platten bei den Richtungsspindeln, sowie manchmal auch die zwischen zwei sich trennenden Furchungszellen stehen in gar keiner Verbindung mit dem Oberflächenpigment, eine Thatsache, die entschieden gegen die Annahme Herrwıe’s spricht, dass das Pigment zwischen den Furchungs- zellen von der Oberfläche hineingezogen sei; es scheint vielmehr an der künftigen »Zellscheidewand« eine Pigmentbildung aufzutreten. Eine Andeutung reicherer Pigmentirung am Äquator giebt auch Fig. 1%. Übrigens scheint auch bei der ersten Furchungsspindel der Ascaris eine Andeutung von Zellplattenbildung vorzukommen nach Boverr's? Fig. 44a und bei Brachipus nach Brauer’s® Fig. 36, 38 und 40. Bei den Tritonen hingegen scheinen nach Born keine ähnlichen Bilder aufzutre- ten, wenigstens sagt Born, dass beim ersten Richtungsdiaster nach der Trennung der Tochterplatten in der Mitte der Kernfigur ein heller Raum auftritt, der nur von »äußerst feinen Fäden« durchzogen ist. Diese Fäden sind wohl als »Verbindungsfäden« im Benepen’schen Sinne zu betrachten. Bei den zweiten Richtungsdiastern fällt weiterhin auf, dass sich häufig die für das zweite Richtungskörperchen bestimmte Chromatin- gruppe schon frühzeitig flach ausbreitet (eine Andeutung davon zeigt Fig. 14 verglichen mit Fig. 13), während die centrale Gruppe für den Eikern oft zu einer ganz scharfen Spitze konvergirt. Ferner quillt sehr häufig die Zellmembran des Eies (innere Dotterhaut) zwischen ersten Richtungskörperchen und zweiter Spindel, da wo sich die periphere Spindelhälfte ansetzt, dick auf und erscheint bei unserer Methode deut- lich roth gefärbt (Fig. 13). Diese gequollene Stelle der Eimembran hebt sich leicht von der zweiten Spindel ab, so dass der periphere Pol ganz offen, ohne irgendwelche Anheftung erscheint. Eine eigentliche kuglige Ansammlung von Plasma am Pol im Born’schen Sinne, wie sie durch Fig. 14 vielleicht vorgetäuscht werden könnte, existirt aber auch bei abstehender (bezw. abgerissener) Eimembran nicht. Auch sonst finde ich manchmal den peripheren Pol nicht spitz, sondern »oflen«, wie das auch Bovzrı bei der zweiten Richtungsspindel der Ascaris abgebildet hat (Boverrs Fig. 10, Heft II), ohne aber auf den Theilungsmechanismus in diesem Fall oder auf eine Erklärung der Erscheinung eingegangen zu sein. Auch O. Scaurrze bildet solche offene Pole ab (Fig. 37), eben 11.p.539c.p.5 u. Fig, 10. 2 Boverı, |. p. 542 c.} 3 BRAUER, |. pP. 540 c.p. 23. 990 Rudolf Fick, so Kurscaıtzky! (l. ec. Fig. 17,18 und 20) und Brauer? fast in allen seinen Abbildungen der Richtungstheilungen. Man hätte auch hier wieder anzunehmen (ef. p. 542), dass in Ermangelung der Centrosomen und ihrer Polstrahlung einerseits die Zellhaut direkt, andererseits das Zell- plasmagerüst als Stützpunkte bei der Spindelkontraktion, falls eine solche stattfindet, benutzt werden. Die Ausstoßung der zweiten Richtungszelle die bisher noch nicht bei Urodelen beschrieben und abgebildet wurde, entspricht vollständig der Abschnürung der ersten Polzelle. Auch das zweite Richtungskörperchen erhebt sich zuerst rings von der Zellmembran umgeben über die Oberfläche der Eizelle (Fig. 15); dann tritt eine hals- artige Einschnürung vom großen Zellkörper ein, so dass der zweite Richtungskörper nur mehr durch einen dünnen Stiel, der von feinsten Fäden (Centralspindel oder » Verbindungsfäden?«) durchzogen ist, hut- pilzartig dem Ei aufsitzt (Fig. 16 und 175). Schließlich wird denn auch noch dieser Stiel durchschnürt, die Isolirung der zweiten Richtungszelle ist vollendet (Fig. 18). Die Bestandtheile derselben sind ebenfalls die gleichen wie die der ersten Polzelle: Membran, Dotterkörner, Protoplasma, Pigment und Chromatin. d) Vergleich beider Richtungskörperchen (Fig. 17—18). Alle Bestandtheile, namentlich auch das Chromatin enthält die zweite Polzelle in kleinerer Menge, so dass sich auch in der Größe ein deutlicher Unterschied bemerkbar macht /Fig. 17 a u. b u. Fig. 18). OÖ. ScauLtze hat den zweiten Richtungskörper nur bei Anuren beobachtet und fand dort (bei Lupenvergrößerung) »beide Richtungskörper fast regelmäßig genau gleich groß«. Diese Gleichheit musste nach Allem, was wir aus den neueren Untersuchungen über den Gegenstand wissen, sehr auffallen und es war daher von vorn herein zu erwarten, dass beim Axolotl mit seinen großen Elementartheilen sich der theoretisch postulirte Größenunterschied auch thatsächlich nachweisen lasse. Hier und da ist der Unterschied sehr auffallend, wenn nämlich zufällig beide Richtungszellen im gleichen Schnitt nahe bei einander liegen (Fig. 18); da findet man manchmal die erste Polzelle mehr als doppelt so groß wie die zweite. Genauere Messungen an einer größeren Zahl von Eiern, bei denen beide Richtungszellen gut messbar waren, ergaben im Mittel für beide eine ovale Gestalt und beim ersten Richtungskörperchen für den langen Durchmesser 30,4 u, für den kurzen 15,5 u, beim zweiten IR. 546:6, 29. P-540%, Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 551 Richtungskörperchen aber für den langen Durchmesser nur 10,6 u, für den kurzen 6,5 u. Die erste Polzelle erscheint meist auf zwei bis drei Schnitten hinter einander, die zweite nur auf ein bis zwei Schnitten. Selbstverständlich wurden die Messungen immer an den Schnitten vor- genommen, auf denen die Polzelle am größten, am vollständigsten schien, d. h. in der Mitte ihres Zellleibes getroffen war. Außer durch die Größe unterscheiden sich die beiden Richtungszellen auch noch in Folgendem: Die zweite Richtungszelle ist fast immer dunkler pigmentirt (Fig. 47 und 18), das Ghromatin bildet bei ihr meist einen kompakteren Klumpen, nur selten erscheint es auch bei ihr noch in Asterform, nie zeigt sich bei ihm eine Andeutung von nochmaliger Theilung. Durch all diese Umstände wird die zweite Richtungszelle weniger durchsichtig als die erste. Ferner liegt die zweite, im Gegensatz zur ersten, selten in einer tieferen Grube, sondern oft auf der nur sanft eingedrückten Kuppe des Hügels rechts oder links neben dem ersten Richtungs- grübchen (Fig. 18). Endlich muss ich noch erwähnen, dass in seltenen Ausnahmsfällen eine oder die andere Richtungszelle innerhalb der Eizelle zu liegen scheint, nicht zwischen der Eimembran und der Zona pellucida. 4. Die Bildung des Eikernes und seine Wanderung zur Copulation (Fig. 16, 17,49). Oftschon vor vollendeter Abschnürung der zweiten Rich- tungszelle bildet sich die centrale Chromatingruppe des zweiten Rich- tungsdiasters zu einem selbständigen Gebilde um, das sich aus dem Verbande der Richtungsspindel löst und auf die Wanderschaft in das Eiinnere begiebt (Fig. 17 u. 16). Wir nennen von jetzt an das Gebilde im Anschluss an O. Hrrrwıc den »Eikern«; Andere, namentlich van BENEDEN, gebrauchen bekanntlich die Bezeichnung »weiblicher Vorkern«, oder » weiblicher Halbkern«, doch scheint mir der Name »Eikern« aus den von Herrwiıe und Anderen angeführten Gründen namentlich seiner Einfach- heit wegen vorzuziehen. Die Ausbildung des Eikernes geht in der Weise vor sich, dass sich aus dem centralen chromatischen Tochterstern der zweiten Spindel ein dichter Knäuel bildet, der oft ganz im Randpigment versteckt liegt (Fig. 32) und kaum 7 « (Durchmesser) groß ist. So wie er die Peripherie verlässt, werden die Chromosomen blasser und breiten sich feinstkörnig im Kern aus, der nun einen ganz mattrosa gefärbten Körper darstellt; ob auch die centrale Hälfte der achromatischen Spindelfasern mit in den Eikern übergeht, wie O. ScaurLrz: annimmt, oder ob diese sich vollständig auflöst, wie es Bovzrı bei Ascaris fest- gestellt hat, kann ich bei dem dotterreichen Axolotlei nicht sicher an- 552 Rudolf Fick, geben, doch scheint mir Letzteres wahrscheinlicher. Bald bildet sich um den kleinen Eikern herum eine Membran. Wir haben es hier offen- bar mit einer Ruheform des Kerneszu thun, was auch Nussgaum schon für Ascaris angegeben hat. In diesem Zustand, ohne besonderes Merkmal, ohne jeden Pigment- hof, ohne eine Andeutung einer » nagelförmigen Figur« etc., höchstens von einer kleinen Lichtung des Dotters umgeben (Fig. 19 und 33), ist dieses kleine blasse Gebilde außerordentlich schwer zu finden, so wie es sich einige !/,,n mm von der Richtungsstelle entfernt hat, wie ja auch Herrwıg bei Anuren angiebt, ihn überhaupt nur einige Male ge- funden zu haben. Der Eikern nimmt übrigens oft seinen Weg nicht direkt nach der Eimitte, sondern steuert einem benachbarten Spermakern zu. Auch jetzt ist noch von einer Attraktionssphäre oder einem CGentrosoma bei ihm nicht die Spur zu sehen. Die Form ist rundlich elliptisch oder kreisförmig auf dem Durchschnitt und deutet durch pseudopodienartige Auswüchse auf die aktive Beweglichkeit des Eikernes hin. Bei dieser Wanderung tritt nun ein ganz bedeutendes Wachs- thum des Eikernes ein und zwar deutlich nachweisbar erst, nachdem der Kern bereits einen beträchtlichen Weg im Ei zurückgelegt hat. Ein bestimmtes Gesetz über die Beziehung zwischen der Kerngröße und der Entfernung von der Peripherie aufzustellen, bin ich jedoch nicht im Stande. Das Verhältnis scheint individuell zu wechseln, doch ist folgende kleine Tabelle vielleicht geeignet, eine ungefähre Vorstellung über das Wachsthum zu geben, worin mit »Kernabstand« die ungefähre Entfernung der Mitte des Eikernes von der Eioberfläche und mit »Kern- größe« der Flächeninhalt des betreffenden Kernquerschnittes bezeichnet ist. Der Flächenraum wurde bei den ovalen Kernen als Ellipse (Fläche — R?r - nn R.r-zv) berechnet, nachdem der große Durch- messer (2 R) und der kleine (2r) gemessen war; bei den ganz runden Kernen als Kreis berechnet (o?7c), nachdem der Durchmesser (20) be- stimmt war. Da die Form der Kernquerschnitte jedoch natürlich nicht ganz regelmäßig elliptisch oder kreisförmig ist, so entsprechen die An- gaben auch nur annähernd der Wirklichkeit, können aber doch als un- gefährer Maßstab zur Beurtheilung der Wachsthumsverhältnisse dienen. Die Tabelle enthält nicht Mittelwerthe, sondern konkrete Fälle, Originalmessungen. ! Nusssaum, Ascaris und Leptodora. Sitzungsber. der niederrheinischen Ges. Bonn. 5. VIII. 1883, Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 553 Kernabstand: ! Kerngröße: 1) 10 u 300.020, 3,5) 2) 80 u 130,7 u2 (= 6,6 4) 3) AA u 245.0. 42 (= 9,957 8,25); kl) 237 u 2ye a0 293,9 5) 329 u 343,5 u? (o = 10,7) 6) 460 u 468,8 u? (o = 12,5). Der Radius ist demnach bei der Wanderung um mehr als das Drei- fache gewachsen, denn ganz an der Peripherie war er kaum 3,5 u groß, der Flächenraum des Durchschnittes also um das Neunfache, der Kubik- inhalt um das 27fache (ef. Fig. [19, 33] 16, 175 und 45). Unzweifelhaft wird bei dieser Vergrößerung des Eikernes eine Vermehrung des Protoplasmas im Kern auftreten, aber es wird doch wohl auch das Chromatin an dem Wachsthum theilnehmen, nicht nur etwa aufquellen, sondern wohl auch an Masse zunehmen, sich wirklich vermehren. Ob dabei die Chromosomenindividuen erhalten bleiben, oder ob die Zahl der Chromosomen wenigstens dieselbe bleibt wie im centralen Pol des zweiten Richtungsdiasters, oder aber, ob sich ganz neue Chromosomen bilden, wie das Brauer für Branchipus angiebt, darüber sagen mir meine Präparate nichts aus; eben so wenig natür- lich über das Verhältnis der Chromosomenzahl und -Entstehung bei den Geschlechtszellen im Gegensatz zu den Körperzellen. Ich kann daher einstweilen nicht Stellung nehmen zu den, wenn sich die That- sachen bestätigen, sehr einleuchtenden Anschauungen Brauzr’s tiber diese Verhältnisse. Il. Das Spermatozoon (Fig. 20—24). Während es uns jetzt allgemein als fast selbstverständlich scheint, dass bei der Befruchtung des Eies durch den Samen, die Samenfäden die Hauptrolle spielen, war das noch vor wenigen Jahrzehnten ganz anders. Auch die größten Embryologen wie K. E. von Barr ! hielten die Samenfäden für unwichtige, aceidentelle Gebilde, für Entozoön der Samenflüssigkeit, und schrieben dieser letzteren die Wirkung bei der Befruchtung zu. KörLıker war der Erste, der im Jahre 1841 in seiner philosophischen Doktordissertation nachwies, dass die Samenfäden Elementartheile des Thierkörpers sind und mit aller Bestimmtheit aus- sprach, dass die Samenfäden die alleinigen Träger der väterlichen Erbmasse bei der Befruchtung sind. Die Samenfäden des Axolotls sind seit der kurzen Mittheilung von 1 K.E. v. Baer, Die Metamorphose des Eies der Batrachier etc. Mürrer’s Arch. 1839, p. 503 und Artikel Befruchtung in BurpaAcn#’s Physiologie p. 146. 994 Rudolf Fick, Marsrane! über das Siredonsperma, die eine frühere Mittheilung von Dun£rır ? berichtigt, neuerdings nur von Barrowırz® bei seinen ein- gehenden Studien über die Spermatozoön der verschiedensten Thier- klassen berücksichtigt. Doch auch Barrowırz giebt nur Abbildungen einzelner Theile der Axolotlsamenfäden, so dass dieselben noch nie bei stärkerer Vergrößerung im Ganzen einer Abbildung gewürdigt sind. Zur Untersuchung sind außer den Samenfäden im Vas deferens auch die in Spermatophoren ins Wasser abgesetzten Spermatozoen sehr wohl zu verwerthen, selbst wenn sie schon mehrere Stunden im Wasser gelegen haben, nur die Bewegungen hören ziemlich bald nach der Ab- setzung auf und sind auch durch verdünnte Alkalien nicht wieder zu erwecken. Bei Fixirung der zerzupften Trockenpräparate in warm .gesättigter Sublimatlösung erhalten sich auch die feinsten Details der Struktur monatelang. Die Axolotlspermatozoen sind 0,4—0,6 mm lange, sehr dünne Fäden, die bei starker Vergrößerung einen lang ausgezogenen, Kkoni- schen, hinten etwas verdickten Kopf, ein etwas dünneres Verbindungs- stück und einen langen, ganz dünnen Schwanz mit einer undulirenden Membran erkennen lassen (Fig. 20). 1. Der Kopf. Die Köpfe der Samenfäden sind 0,14—0,13 mm lang und weisen meist eine starke Krümmung nach einer Seite auf. Sie sind sehr quellungsfähig, aber nicht in ihrer ganzen Ausdehnung, denn das »Vorderstück« (Fig. 20 und 21) mit der Spitze bleibt immer unge- quollen in einer Länge von ungefähr 0,04—0,06 mm. Wenn der übrige Kopf, was sehr häufig der Fall ist, korkzieherartig gewunden ist oder mehrfache, unregelmäßige Krümmungen zeigt, nimmt dieses Stück nicht an denselben Theil, sondern streckt sich gerade oder behält die sanftere Krümmung, wie sie dem nicht durch Reagentien beeinflussten, abgestorbenen Spermakopf eigenthümlich ist, bei und macht daher einen steifen Eindruck (Fig. 24). Dieses Stück scheint es zu sein, was BarLowirz? für den Rerzıus'schen »Spieß« gehalten hat, denn er schreibt dem Spieß ein hinteres fadenförmiges Ende zu, »das sich bis etwa zur ! MALBRANc, Über das Sperma vom Siredon. Würzburger Verh. N. F. Bd. IH. 1872. 2 A. Dum&rır, Metamorphose des Batraciens urodeles a branchies externes du Mexique, dits Axolotls, observees A la menagerie des Reptiles du Musee d’histoire naturelle. Annal. de scienc. naturell. VII. 1867. 3 BarLowırz, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXVI. 4890, 21.10, 9.0937, En i Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 555 | Mitte des Kopfes hinein verfolgen lässt und giebt ihm in seiner Fig. 56 eine Länge von 17 mm, was also etwa 42,3 « entsprechen würde, während Rerzıus! den Spieß nur 15 u lang gefunden hat. Ich sehe nun aber am vordersten Ende des Kopfes, besonders deutlich an Hämatoxylinpräparaten, eine ganz ungefärbte, vollkommen starre, dünne Spitze von ca. 9,6 «u Länge (Fig. 20, 21 u. Fig. 23), und ich glaube, dass diese Spitze es ist, die dem Rerzıus’schen Tritonenspieß entspricht. Wenn ich auch keine » Trennung vom Kopf durch einen mehr oder weniger deutlichen Querstrich« finde, so markirt sich der Übergang vom Kopf zum Spieß doch ganz unverkennbar durch eine plötzliche Kaliberabnahme. Das letzte Ende des Kopfvorderstückes erscheint manchmal ein ganz klein wenig angeschwollen (Fig. 21 u. 23); dann hebt sich der dünne Spieß natürlich erst recht deutlich von ihm ab (vgl. auch p. 560). Der starre Spieß läuft in eine ganz feine Spitze aus und erscheint daher in hohem Maße dazu geeignet die Hüllen des Eies zu durchbohren, zu »durchspießen«. Einen Widerhaken, wie er bei Salamandra atra schon von (zermak ? beschrieben ist, kann ich an meinen Präparaten, auch an den dem Samenleiter entnommenen Samen- fäden nicht nachweisen. Eben so wenig findet sich eine knopfförmige Anschwellung, wie sie von Poucuer? bei Triton cristatus gefunden und für »eine Art Mund« gehalten wurde. Der Kopf färbt sich mit Fuchsin, Methylviolett und mit Häma- toxylin sehr intensiv, mit Eosin aber nur schwach. Bei der Quellung des Kopfes z. B. in Aqua dest. schwillt nament- lich das hintere Ende stark auf, so dass der Kopf deutlich kegelförmig wird ; in diesem Fall tritt dann hinten eine deutliche Vertiefung auf, in die das Verbindungsstück eingezapft ist. Bei weiterer Einwirkung des destillirten Wassers verquillt der Kopf übrigens bald zu einer ganz breiten, wolkigen Masse. An leicht gequollenen, erblassten Köpfen der Fuchsinpräparate sieht man, dass die Quellung auch den A chsenfaden im Kopf betrifft, der häufig Spuren bröckeligen Zerfalles zeigt und zwar stets in querer Richtung, niein Längsrichtung. Diese Zerfallsschollen sind ganz unregel- mäßig gestaltet, so dass man nicht etwa von einer Querstreifung des Kopfes sprechen kann. Trotz des beginnenden Zerfalls im Inneren zeigt ! Rerzıus, Zur Kenntnis der Spermatozoen, Biol. Untersuchungen. 4884. 2 CZERMAK, Über die Spermatozoiden von Salamandra atra. Übersicht der Arb, u. Veränderungen der schles. Gesellsch. f. vaterl. Kultur. Breslau 4849. 3 Poucher, Theorie positive de l’ovulation spontane et de la f&condat. des mammiferes et de ’espece humaine. Paris 4841. p. 307. »Qui doit correspondre A un organe bucceal.« 556 Rudolf Fick, der Kopf äußerlich meist noch scharfe Kontouren, so dass entschieden auf das Vorhandensein einer resistenteren Randschicht, einer Art Membran geschlossen werden darf. Nebenbei mag erwähnt sein, was Marsranc bereits bemerkt hat, dass die Köpfe häufig sich vom übrigen Samenfaden ablösen; oft bleibt aber auch das nächste Glied, das Verbindungsstück, dabei an ihnen hängen. 2. Das Verbindungsstück. Maısranc, der zuerst beim Axolotl das Zwischenstück zwischen Kopf und Hals fand, nannte es »Schaltstück «. Im Interesse einer ein- heitlichen Nomenklatur empfiehlt es sich aber wohl, die auch von BırLowItz in seinen ausgedehnten Untersuchungen durchgeführte Rerzıus’sche Bezeichnungsweise beizubehalten. Desshalb werde ich für das Schaltstück zwischen Kopf und Schwanz, das von Anderen (z. B. F. Hermann) auch »Mittelstück « genannt wird, den Namen » Verbindungs- stück « gebrauchen, obgleich der Kürze des Ausdrucks wegen auch die Bezeichnung »Hals« ganz zweckmäßig erschiene, die für das Axolotl- spermatozoon auch sonst nicht unpassend wäre. Das Verbindungsstück scheint eine sehr beständige Größe zu besitzen und ist leicht zu messen, weil es im Präparat meist ganz gerade ausgestreckt zu finden ist. Bei einer sehr großen Zahl von Messungen fand ich seine Länge gleich 9,6 u. Die Breite beträgt ca. 4,7 u. Das Verbindungsstück ist vollkommen eylindrisch und ganz glatt kontourirt, d. h. die undulirende Membran setzt sich nicht bis zu ihm hinauf fort. Sehr auffallend ist, dass es bei der ge- wöhnlichen Fuchsin- oder Hämatoxylinfärbung, wobei die Köpfe alle mehr oder weniger aufquellen, ähnlich wie der Spieß ungequollen bleibt und dieser Umstand lässt es natürlich sehr deutlich gegenüber dem Kopf hervortreten (Fig. 21). Während aber der Übergang des Kopfes in den Spieß wenigstens im Inneren allmählich erfolgt, ist hier der Übergang ein ganz scharfer, Kopf und Verbindungsstück sind jeder Zeit mit Sicherheit scharf von einander abzugrenzen. Ist der Kopf stark gequollen, so sieht man sehr deutlich, wie das Verbindungsstück noch eine Strecke weit in den Kopf hineinreicht mit einem Zapfen (Z in Fig. 22), der an seinem vorde- ren Ende hier und da noch einen kleinen Stachel (Stin Fig. 22) erken- nen lässt, ganz ähnlich wie ihn Barzowırz beim Triton taeniatus abbildet. Die » Einzapfung« des Verbindungsstückes in den Kopf ist oft scheinbar eine excentrische, was jedoch wohl nur auf einer ungleichmäßigen Quellung des Kopfes beruhen dürfte. Eben so sicher, aber nicht ganz so auffallend, ist die Abgrenzung des Verbindungsstückes gegen den Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 557 Schwanz. Der Dickenunterschied dieser beiden Theile ist nur gering, aber fast immer deutlich nachweisbar, er beträgt ca. 0,4—0,5 u. Außer- dem ist meist auch in transversaler Richtung die Trennung durch einen deutlichen Querstrich markirt. Das Verbindungsstück besteht aus einem soliden Kern, einem sowohl kopf- als schwanzwärts scharf abgegliederten eylindrischen Stäbchen und einem ziemlich eng anliegenden blassen Mantel (Fig. 22). Eine komplieirtere Struktur, etwa einen fibrillären, quer- streifigen oder spiraligen Bau des Stäbchens, wie er sich bei anderen Spermatozoen findet, konnte ich nicht nachweisen, was übrigens nach den Erfahrungen von Barrowirz auch nicht zu erwarten war. Auch in der Färbbarkeit unterscheidet sich das Verbindungs- stück wesentlich vom Kopf und Schwanz. Mit den Kernfärbemitteln wie Fuchsin und Hämatoxylin ete. färbt es sich im Gegensatz zum Kopf nur wenig. Diese Thatsache legt bereits den Gedanken nahe, im Kopf des Samenfadens allein Kernbestandtheile, im Verbindungsstück und Schwanz aber cytoplasmatische Bestandtheile zu vermuthen. Dafür sprechen aber auch eine große Anzahl von neueren Untersuchungen über die Spermatogenese, so die von KoLossow !, KoROTNEFF ?, PRENANT®, PrArner * und namentlich die von F. Herrmann? über die Histogenese der Samenfäden des Salamanders und der Maus, sowie die von HEnkıng ® bei Insekten. Nach diesen Autoren betheiligt sich am Aufbau des Ver- bindungsstückes auch der »Nebenkern« der Spermatide und da dieser zum Theil wenigstens sicher dem Archoplasma Boverr’s entspricht, so drängte sich mir auch von diesem Gesichtspunkte aus die Vermuthung auf, dass im Verbindungsstück vielleicht eine Attraktionssphäre mit CGentrosoma zu suchen sei, die dann durch den Samenfaden in das Ei eingeführt werde. Wir besitzen nun, wie M. Hrıpennaın 7 gezeigt hat, ein vorzügliches 1 A. KoLossow, Beitr. zur Frage von der Entwicklung der Samenfäden bei Säugethieren. Med, Centralbl. Bd. XXX. 4888. p. 562. 2 KOROTNEFF, Beitr. zur Spermatologie. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXI. 3 PRENAnT, Observat. cytologiques sur les el&ments s&minaux des Gastero- podes pulmones. La cellule.. T. IV, 4. fasc. 1888. * PLATNER, Beitr. zur Kenntnis der Zelle und ihrer Theilungserscheinungen. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXIII. 4889. 5 F. Hermann, Beitr. zur Histologie des Hodens. Arch.f. mikr. Anat. Bd. XXXIV, 1889, 6 Henkıng, Über Reduktionstheilung der Chromosomen in den Samenzellen von Insekten. Internat. Monatsschr. für Anat. u, Phys, VIL 4890 u. diese Zeitschr. Bd, LI, 7 M. HEIDENHAIn, Über Kern und Protoplasma. KöLLıker-Festschrift. 1892. 558 Rudolf Fick, Mittel, um die Gentrosomen der Zellen different zu färben, nämlich die Eisenhämatoxylinfärbung von Weiserr!. Ich war daher einigermaßen gespannt aufden Ausfall eines Versuches mit dieser Methode bei den Spermatozoen. Der Ausfall war entschieden überraschend: Das ganze Verbindungsstück, aber auch nur dieses, färbte sich intensiv schwarz, Kopf und Schwanz waren absolut farblos (Fig. 23). Weitere Versuche zeigten mir übrigens, dass die Färbung durch- aus nicht von der Anwendung » schwefelsauren Eisenammonoxydes «? oder wie wir nach der modernen Nomenklatur sagen würden: Ferri- Ammonsulfates oder des Eisenammonalauns (NH, — SO, — Fe= S0,) als.Beize abhängig ist, sondern ich erhielt die gleiche Reaktion auch mit anderen Ferrisalzen, z. B. mit Eisenchlorid (Fe,0/,), ja auch mit Ferro- salzen, z. B. mit Eisensulfat (FeSO,). Auch das Eisen ist nicht das Aus- schlaggebende, die Färbung gelingt eben so gut mitanderen Metallsalzen, z. B. mit Kupfersulfat (CuSO,). Man lässt irgend eines dieser Salze in ca. 4/,iger Lösung (genau kommt es auf den Koncentrationsgrad nicht an) 1/,—2 Stunden (oder auch noch länger) auf das Trockenpräparat oder das in Sublimat fixirte Präparat wirken, spült mit gewöhnlichem Wasser ab und bringt nun das Präparat in eine Hämatoxylinlösung auf ca. 12 Stunden. Danach wird das Präparat unter öfterer Kontrolle mit dem Mikroskop in der vorher angewandten Beizlösung differenzirt und dann abgespült. Die verschiedenen Salze wirken verschieden rasch: das Eisenchlorid ent- färbt sehr rasch, das Kupfersulfat hingegen langsam. Die so behandelten Präparate kann man dann noch mit beliebigen anderen Farben nach- färben. (Irgend welche Vorfärbungen zeigten sich von keinem Vortheil.) So schlagend und unzweideutig die Thatsache dieser Reaktion des Verbindungsstückes ist, so unsicher ist ihre Deutung. Die Untersuchun- gen von WEIGERT, HERXHEIMER und M. HrıDEnHAIN zeigen, dass außer den Gentrosomen auch Nervenfasern, elastische Fasern, Chromatin und Nucleolen dieselbe Reaktion geben. Dass die Färbung in unserem Falle auf nervöser oder elastischer Substanz beruht ist wohl einfach auszuschließen und wohl auch die Anwesenheit von Chromatin, wenigstens des gewöhnlichen Chromatins, wie wir es im Spermakopf finden, denn der wird bei der Methode voll- ständig entfärbt. Ob nicht aber vielleicht die Nucleolen der Spermatide in das Verbindungsstück eingehen und diese Reaktion hervorrufen, 1 WEıGERT, Fortschritte der Medicin. 1885. Nr. 8 und Herxneınmer, Fortschritte der Mediecin. 1886. Nr. 24. ? M. HEIDENHAIm, 1. c. p. 448. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 559 das ist eine Vermuthung, die nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen ist. | Andererseits ist es aber ebenfalls höchst unwahrscheinlich, dass das ganze Verbindungsstück ein etwa in die Länge gezogenes Üentro- soma darstellen sollte, da es viel zu groß dafür ist. Endlich könnte man auch noch an Archoplasma denken: Die Attraktionssphären in den Körperzellen entfärben sich aber bei dem geschilderten Verfahren fast total. Ich versuchte es desshalb, durch weitere Differenzirung zur Darstellung feinerer Details im Verbindungsstück, etwa eines oder mehrerer Gentrosomen zu gelangen, aber ich erhielt nur eine unregel- mäßige, meist allerdings von außen nach innen (vom Mantel zum Stäbchen Fig. 22) und von vorn nach hinten fortschreitende totale Entfärbung des Verbindungsstückes. Bei dieser allmählichen Entfär- bung wird demnach zuerst das schwarze »Verbindungsstäbchen « zwischen Kopf und Schwanz dünner, dann wird es konisch mit vorde- rer Spitze oder aber die Entfärbung geht in der Mitte schneller vor sich, dann entstehen biskuitähnliche Formen etc. und schließlich ist das ganze Verbindungsstück entfärbt. Es lässt sich daher über das Vorhandensein einer Attraktionssphäre mit einem oder mehreren Gentrosomen im Spermafaden und deren Lage durch diese Reaktion nichts ganz Bestimmtes aussagen, doch ist eben so wenig auszu- schließen, dass das Archoplasma bei seiner Verwandlung in einen Samenfadenbestandtheil eine Modifikation erfährt, die es in seiner Reaktion der Metallsalz- Hämatoxylinfärbung gegenüber dem Centro- soma ähnlicher macht, dass mit anderen Worten eine kompaktere _ Archoplasmamodifikation vorliegt, die der Entfärbung hartnäckiger widersteht als das gewöhnliche, ausgebreitete Archoplasma der Körper- zellen, so hartnäckig wie wir es sonst nur bei den Gentrosomen sehen. Jedenfalls weist uns diese Reaktion, wenn wir überhaupt im Samenfaden eine Attraktionssphäre und Gentrosoma vorge- bildet vermuthen, entschieden auf das Verbindungsstück hin!. Wir werden im dritten Abschnitt (II. 4) sehen, dass diese Vermuthung durch das Verhalten des Samenfadens im Ei zur vollen Gewissheit erhoben wird, während umgekehrt die neuesten Unter- suchungen über die Spermatogenese von BennvA ? bei Säugethieren und Vögeln den vordersten Theil der Spermatozoen (Spitzenknopf, Kopf- 1 Wie ich bereits in der vorläufigen Mittheilung (Anat. Anzeiger, 1892, p. 818) erwähnte, finde ich bei den menschlichen Samenfäden bei Anwendung der gleichen Methode Schwarzfärbung des hintersten Kopfendes und des sog. Mittelstückes. 2 BenpA, Verhandlungen der physikal. Gesellsch. Berlin 1894/1892. Nr. 5 und Verh, des 6. Anatom. Kongresses in Wien 1892. 560 Rudolf Fick, kappe, Vorderstück, Spieß) als »archiplasmatisch « nachzuweisen suchen und so die Befunde Partners! bei Limax agrestis, Paludina vivipara und Schmetterlingen (Pygaera bDucephala) zu bestätigen scheinen. Wie BırLowırz?, so fand auch ich an den Verbindungsstücken sehr häufig Protoplasmaklümpchen anhängen, jedoch nicht mit der auffallenden Regelmäßigkeit wie er, so dass man sie wohl als zufällig hängen gebliebene Protoplasmareste aus den Hodenkanälchen zu be- trachten hat. Durch verdünnte Salzsäure quellen die Verbindungs- stücke bläschenförmig bis zu etwa 5 u Breite auf; aber auch an anderen Präparaten findet man hier und da Verbindungsstücke, die in ihren hinteren Partien fast kugelförmig gebläht erscheinen, so dass wein- pokalähnliche Formen entstehen. An den Präparaten mit schwarzem Verbindungsstück ist auch der Spieß sehr deutlich zu erkennen; an solchen Präparaten erkannte ich ihn zuerst mit Sicherheit; denn hier endigt der Kopf meist mit einem allerdings winzig kleinen grauschwarzen Knöpfchen, aus dem dann der gänzlich farblose glänzende Spieß deutlich sichtbar hervor- steht (Fig. 23). Der Spieß ist wie oben angegeben etwa gerade so lang als das Verbindungsstück. 3. Der Schwanz. Der Schwanz ist ein fadenförmiges Gebilde, dessen Länge 0,25 bis 0,30 mm, und dessen Breite am vorderen Ende ca 1,2 u beträgt. Nach hinten verjüngt sich der Schwanz noch etwas und endigt mit einer ungemein feinen Spitze. Mit Karmin, Fuchsin, Methylviolett und Malachitgrün färbt sich der Schwanzfaden schwach, mit Hämatoxylin und Eosin aber intensiv. Was am Schwanzfaden am meisten auffällt, ist entschieden die »undulirende Membran«. Es handelt sich hier, wie bei allen urodelen Amphibien nicht um einen »Spiralsaum«, wie ihn z. B. die Vogelspermatozoön besitzen, sondern wie Levpıc ? zuerst erkannt hat, um eine einseitig der Konvexität des Hauptfadens entlang fest- sitzende, ungemein zarte, glashelle Membran, deren freier Saum zu einem isolirbaren Randfaden verdickt, Wellenform zeigt (Fig. 20 und 24). Mit Boraxkarmin färbt sie sich fast gar nicht, mit Hämatoxylin jedoch ganz gut. An den Wellenbergen ist demnach die ! Prarner, Beitr. zur Kenntnis der Zelle u. ihre Theilungserscheinungen. I—VI. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXIII. — Samenbildung u. .Zelltheilung im Hoden der Schmetterlinge. Ebenda. 2 ].p.554 c.p, 258. 3 Leypie, Die anuren Batrachier der deutschen Fauna. Bonn 4877, Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 561 Membran breit, an den Wellenthälern schmal; die einzelnen Lappen der»Wellenmembran«, wie ich sie kurz nennen will, liegen im Präparat anscheinend unregelmäßig, bald nach der einen, bald nach der anderen Seite umgeklappt (Fig. 20). Immer aber sieht man die Kontouren des Randfadens, wenn der Samenfaden nicht verdreht ist, nur auf einer Fläche des Hauptfadens vorüberziehen, auf der »Oberfläche« oder auf der »Unterfläche« desselben, die Membran ist eben, wie gesagt, nichtspiralig um den Hauptfaden herumgewickelt, sondern einseitig befestigt. Die Wellenfigur ist übrigens keine Sinuskurve, sondern die Wellen sind unregelmäßig gekrümmt, oft fast eckig geknickt, zeigen sekundäre Einsenkungen etc. und sind überdies ungleich groß. Die Wellenmembran erstreckt sich nach vorn nur bis zum Ver- bindungsstück (Fig. 20, 21, 22), dieses selbst bleibt vollkommen frei davon; auch nach hinten reicht sie nicht bis zum äußersten Schwanz- ende, sondern hört etwa 0,020—0,012 mm vor demselben auf (Fig. 20). Vorn entspringt der Randfaden aus der Mantelschicht des Schwanz- anfanges dicht hinter dem hinteren Ende des Verbindungsstückes (Fig. 22); hinten schließt sich das Ende der Wellenmembran dem Endfaden des Spermatozoon an (Fig. 20 und 24). Die interessanten Beobachtungen von Bırrowirz über die fibrilläre Struktur des Randfadens kann ich in vollem Umfang bestätigen: Auch ich finde sehr häufig den Randfaden von der Membran abgelöst und streckenweise in meist zwei gleich dicke, oft aber auch in eine ganze Anzahl feiner Fibrillen aufgefasert. In einem Punkte aber muss ich BaLLowirz widersprechen; er sagt: »Diese subtileBeobachtungkann nur gemacht werden, wenn dieoben angegebenen Bedingun- gen (Fäulnismaceration im Vas deferens, Ausspülen mit NaCl-Lösung etc.) genau erfülltsind. Auch darf die Maceration nicht zu weit vorgeschritten sein, in vier bis sechs Tagen pflegt der fibrilläre Zerfall des Randfadens einzutreten. Natürlich gelingt nicht eine jede Maceration, man muss stets mehrere Thiere mace- riren lassen. In derartigen Präparaten habe ich den fibrillären Zerfall des Randfadens sehr oft auf das deutlichste gesehen und auch demonstriren können ete.« Wie bereits angeführt, konnte ich, im Gegen- satz zu diesen Angaben von BaıLowirz, den Fibrillenzerfall ganz ohne Weiteres zeigen an Zupfpräparaten von Axolotlspermätophoren. Dieser Umstand spricht aber gerade sehr zu Gunsten der BarLowirz- schen Ansicht, dass jener Zerfall nicht ein müßiges, zufällig auftretendes Kunstprodukt ist, sondern vielmehr auf eine funktionellbedeutungsvolle Struktureigenthümlichkeit Zeitschrift f. wissensch, Zoologie, LVI. Bd, 37 562 Rudolf Fick, hinweist. Somit bildet mein scheinbarer Widerspruch gegen Bırro- wırz eine entschiedene Bestätigung seiner eigenen Anschauung. Der eigentliche Schwanzfaden zeigt auf unseren Präparaten einen sehr einfachen Bau: er besteht aus einem Achsenfaden und einer Mantelschicht; eine Andeutung von Querstreifen, wie sie BALLOWITZ bei Anwendung der Fäulnismaceration sah, ist an meinen Präparaten nicht nachzuweisen. Der Achsenfaden schwillt vorn zu einem kleinen Knöpfchen an (Fig. 22), das mit dem Achsenstäbchen des Verbindungs- stückes verkittet scheint. Mir macht es nicht den Eindruck, als ob der Achsenfaden des Schwanzes sich in das Verbindungsstück hinein fort- setzte, und das »Endknöpfchen« gewissermaßen nur kragenförmig den Achsenfaden am Übergang in das Verbindungsstück umgebe (wie in Fig. 69 von BaLLowirz), sondern ich sehe eine deutliche Tren- nung zwischen dem Endknöpfehen des Schwanzachsenfadens und dem Achsenstäbchen des Verbindungsstückes (Fig. 22). Nach hinten verjüngt sich die Geißel, wie bemerkt, noch etwas und am hintersten Ende kann man Mantel und Achsengebilde kaum mehr unter- scheiden.. Das Endstück bedarf noch einer besonderen Beschreibung (Fig. 20 und 24). Was den Bau dieses Geißelendes betrifft, so weichen meine Beobachtungen nur in Wenigem von dem, was BıLLowItz gesehen, ab. Gegenüber der Anheftung der Wellenmembran finde ich beim Axolotl eine sich nur sehr blass färbende Membran, die BırLowirz für eine Steuervorrichtung hält und daher »Steuersaum« oder »Kielsaum« nennt. Dieser Steuersaum, der auch einer »Rückenflosse« vergleichbar ist, hat eine Länge von 0,04—0,05 mm, beginnt vorn ganz schmal (Fig. 22) und erhebt sich erst ganz allmählich zu einer Breite von 0,5—0,6 u, die er ungefähr in der Mitte seines ganzen Verlaufes er- reicht: diese Breite behält er dann bis kurz vor dem hinteren Ende hei, denn dies verläuft sich nicht so allmählich wie das vordere Ende, sondern der Kielsaum hört hinten ganz plötzlich, steil abgestutzt auf, und zwar ein klein wenig vor der Stelle, wo der Randfaden an den Hauptfaden herantritt (Fig. 20 u. 24). Die Differenz ist auch in meinen Präparaten sehr klein, aber doch etwas größer als in der Fig. 61 von BarLowırz. Während nun Barrowırz den Endfaden von hier an wesent- lich als Fortsetzung des Randfadens zeichnet, sehe ich bei meinen Hämatoxylinpräparaten das Verhältnis umgekehrt: der Endfaden scheint da im Wesentlichen als die Fortsetzung des-Hauptfadens, der Rand- faden hingegen tritt als unwesentliches Accedens zur Mantelschicht des Endfadens, so weit man noch von einer solchen reden kann, hinzu. Von dieser Stelle aus misst das Geißelende ca. 12—20 u. Die aller- Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 563 letzte Strecke (1,5—2,4 u) wird aber eingenommen von einem ganz ungefärbten Fädchen (Fig. 20 u. 24), das häufig umgebogen erscheint, eine Thatsache, die für die BarLzowırz’sche Auffassung spricht, der dies eigentliche »„Endstück« als hüllenloses Ende des Achsenfadens be- trachtet. Einen »„Nebenfaden«fand auch ich bei den Axolotlspermato- zoen nicht. Außer diesen Eigenthümlichkeiten der freien Samenfäden des Axolotls habe ich noch zu erwähnen, dass ich einzelne Exemplare von »Zwillingsspermatozo&n« antraf, d. h. zwei Spermatozoen, die innig an einander angeschmiegt, parallel neben einander lagen, und an den Verbindungsstücken von einem protoplasmatischen Klümpchen gemeinsam eingehüllt waren. Auch fand ich im Ei einmal ein Spermato- zoon, das anscheinend zwei Schwänze hatte, was Dov&re schon 1840 beobachtete, später GrEEFF! bei den Artiscoiden, BürscaLı? und La VA- L£tTE® bei Chrysomeliden und Letzterer dann auch bei der Kröte ge- funden haben. Die Abscheidung des Samens beim Axolotl ist bereits von verschiedenen Autoren, so von Dum£rıL schon 1867, von MatLsranc >, STIEDA®, Gasco ’ und ZeLLerS beschrieben. Sie erfolgt nicht unmittelbar in die weibliche Kloake, sondern eingebettet in einen Gallertklumpen, den Spermatophor, auf den Boden des Gefäßes, in dem die Thiere gehalten werden. Die Spermatophoren des Axolotls sind sehr zierliche Bildungen; sie sind etwa einem umgekehrten Blumenstrauß mit reich gefältelter Manschette zu vergleichen; an dem Stielende, das also nach oben gekehrt ist, sieht man ein horizontal liegendes weißes Stift- chen, dessen eines Ende hakenförmig umgebogen ist. Die Gallert- masse quillt im Wasser nach der Ablage noch etwas auf und besteht aus vielfach durchflochtenen Fäden, die Mucinreaktion liefern. Das Samenstiftchen besteht, wie schon Marsranc gegenüber Dum£rır mit Recht hervorgehoben hat, nicht ausschließlich aus Samen- fäden, sondern man findet darin auch protoplasmatische Massen als Ausfüllungs- und Einbettungsmittel und vereinzelte stark färbbare Kerne und Leukocyten ähnliche Gebilde. 1 GREEFF, Archiv f, mikr. Anat. II. p. 1402. 1866. 2 BürscaLı, Diese Zeitschr. Bd. XXI. 4871. 3 v. LA VALETTE ST. GEORGE, Archiv f. mikr. Anat. Bd. X u. XII. * DumErır, 1. p. 554 c. p. 328. 5 MALBRANG, 1. p. 554 c. p. 437. 6 STIEDA, 1. p.532 c. p. A2f. 7 Gasco, Les amours des Axolotls. Zool. Anz, 4884, 8 ZELLER, Über die Befruchtung der Urodelen. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. 41890. p.597 und ZELLER, Berichtigung, betr. die Samenaufnahme der weiblichen Tritonen. 1. c. p. 744, 37* 564 Rudolf Fick, Ill. Die Befruchtung des Eies. 1. Der äußere Vorgang bei der Vermischung der Geschlechtsprodukte. Über die Absetzung der Samenkegel und das Benehmen der Axo- lotl bei der Befruchtung haben erst die Untersuchungen von Gasco und von Zerzer! Klarheit gebracht. Srarzanzanı? glaubte, da er bei Wassersalamandern deren innere Befruchtung ohne Begattung mit Sicher- heit nachgewiesen hatte, der männliche Same mische sich mit dem Wasser und gelange so in die Kloake des Weibchens; diese Ansicht wurde später auch von Rusconxı® vertreten, doch nahm dieser neben der inneren Befruchtung auch noch eine äußere an. Trotz der Beobach- tungen dieser beiden Autoren kehrte v. SıesoLp ? wieder zur alten Ansicht zurück, dass auch bei den Urodelen doch eine echte Begattung erfolgen müsse, durch die der Same in die von ihm entdeckten Samentaschen des Weibchens gelange. Erst Gasco wies im Jahre 1881 mit aller Be- stimmtheit nach, dass beim Triton alpestris und beim Axolotl der vom Männchen ins Wasser abgesetzte Same nachträglich vom Weibchen in aktiver Weise in seine Kloake aufgenommen wird. Zeızer konnte diese Thatsache bestätigen, nur weicht er in der Beschreibung des Vorganges in so fern ab, als er nicht glaubt, dass die Weibchen mit ihren Pfoten den Samen in ihre Kloake schaffen. Nach ZerLer, und so weit ich den Vorgang verfolgen konnte, stim- . men meine Beobachtungen mit denen Zeızer’s überein, spielt sich die Befruchtung kurz so ab: Beim Eintritt der Brunst wird der sonst so un- gemein träge Axolotl aufgeregt, das Männchen mehr als das Weibchen; und zwar finde ich als allererstes Zeichen eine Art »Nervosität«e: die Thiere erschrecken leicht und schnellen zuerst bei geringen Erschütte- rungen des Bassins ete., später auch ohne äußere Veranlassung, pfeil- geschwind im Bassin umher; das Männchen nähert sich dann auffällig dem Weibchen, es kriecht unter oder über ihm her, es berührt häufig das Weibchen, gewissermaßen streichelnd, während sich das letztere sehr ruhig verhält; nur wenn das Männchen in seinem Liebeswerben er- lahmt, habe ich, ähnlich wie es Zeızrr bei den Tritonen beobachtet hat, bemerkt, dass das Weibchen aus seiner scheinbaren Passivität erwacht 1 ZELLER, ]. c. ? SPALLANZANI, Expe6riences pour servir a l’'histoire de la gen£rat. des animaux et des plantes Geneve 4785. p. 53ff., 97, A144 ff. 3 Rusconı, Amoures des Salamandres aquat. Mailand 1824. p. 31 und Histoire natur. de developpem, et metamorphose de la Salamandre terrestr. Oeuvre posthum. inedit publie par Dr, J. MorcAncı. Pavia 1854. 4 v, SIEBOLD, Über das Receptaculum seminis der weiblichen Urodelen. Diese Zeitschr. Bd. IX. 1858. p. 4683 ff. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 565 und nun seinerseits durch allerlei Annäherung und Berührung ete. das Männchen zu erneuten Werbungen anfeuert. Nach diesem oft Stunden, ja Tage lang dauerndem Vorspiel setzt das Männchen mehrere Spermato- phoren hinter einander auf den Boden ab, und dabei folgt ihm das Weib- chen von hinten ; langsam über die hinter einander aufgepflanzten Samen- kegel hinweg schreitend drückt es einen Theil der Samenstiftchen durch eigenthümlich wiegende Bewegungen in die geöffnete Kloaken- spalte hinein, wo sie an den beim Axolotl über die Oberfläche hervor- ragenden Röhrchen des Receptaculum, wie ZELLER meint, festkleben. Auch die Beobachtung Zeıer’s, dass mehr Samenkegel abgesetzt wer- den, als zur Befruchtung verwandt werden, kann ich bestätigen. Nach ein bis zwei Tagen beginnt dann das Eierlegen, was ein paar Tage lang fortdauern kann. Die Eier werden mit Vorliebe an die Pflanzen oder an die Wände des Bassins angeklebt, fast immer fallen aber auch einige auf den Boden. Die Befruchtung der Eier findet demnach bei dem Durchgang der- selben durch die weibliche Kloake statt, indem sie dort mit dem in den Receptaculis aufgespeicherten Samen in Berührung kommen; übrigens bleiben, wie ich gleich hier bemerken will, immer eine große Anzahl von Eiern beim Axolotl unbefruchtet. 2. Die Penetration des Samenfadens ins Ei (Fig. 23>—28 incl.). Bald nachdem Körrıker (vgl. p. 553) die Ansicht ausgesprochen hatte, dass die Samenfäden die alleinigen Träger der väterlichen Erb- masse bei der Befruchtung seien, nicht die Samenflüssigkeit, erfolgte im Jahre 1843 die berühmte Entdeckung Barry's! von dem Eindringen der Samenfäden in das Ei. Die zuerst angezweifelte Beobachtung wurde dann in rascher Folge von verschiedenen Autoren bestätigt von Mrıss- NER 2, BiscHoFF ® und NewrorT?! und später von Aug. MÜLLER®, HeEnsen ®, CALBERLA ’, KupFFER und BEnecke£®, FoL?, O. Herrwıc 10, van BENEDEN !1 u. A, 1 Barry, Philosoph. Transact. der Royal Society 1843, p. 33. 2 MEIıssnER, Zeitschr. für rat. Medicin. N. F. IV. 4853. p. 404 und diese Zeit- schrift. Bd. VI. 4855. p. 246. 3 Bıscnorr, Bestätigung etc. Gießen 1854, * NEWPORT, Philosoph. Transact. Royal Society 1854. No. 444. p. 229. > Aug, MürLer, Beobachtungen über die Befruchtungserscheinungen im Ei der Neunaugen. Festschrift. Königsberg 1864. 6 HENsEnN, Zeitschr. für Anat. und Entw. I. 4876. p. 221. T CALBERLA, Diese Zeitschr. Bd. XXX. 1877. 8 KUPFFER U. BENECKE, Der Vorgang der Befruchtung am Ei der Neunaugen. Festschr. : Königsberg 1878. 9 For, Recherches sur la f&condat. Genf 4879, 10 0, Hertwis, Morphol. Jahrb. I., III. u. IV. Beitr. zur Kenntnis. der Bildung, -Befruchtung u, Theilung des thier, Eies. 4877. ii yan BENEDEN, La maturation de l’oeuf, la fecondation et les premieres phases 566 Rudolf Fick, Durch alle diese Autoren wurde festgestellt, dass bei der Befruch- tung sicher ein oder mehrere Spermatozoön in das Ei eindringen, und zwar nicht nur in die Dotterhaut, sondern durch dieselbe hindurch in den Eikörper selbst; hier aber entzogen sie sich dann freilich der wei- teren Beobachtung, wenigstens konnte bislang bei keinem Ei einer höheren Thierklasse das Schicksal des Spermatozoon und seiner einzel- nen Theile verfolgt werden. So sagt Hensen!: »Es ist jedenfalls sicher, dass Niemand das Samenkörperchen nach dem Eindringen klar hat ver- folgen können, es entzieht sich in der Dottermasse dem Blick.« Ja man ist noch nicht einmal über die Frage einig, ob der ganze Samenfaden eindringt, oder ob der Schwanz draußen bleibt. Über das Schicksal der einzelnen Theile vollends sind nur Vermuthungen laut geworden; so gab SeLenkA? vor Jahren an, aus dem Mittelstück des Samenfadens werde ein Kern, die übrigen Theile lösten sich auf. Van BENEDEN protestirte gegen die direkte Verwandlung des Samen- fadens in den Spermakern, O. Herrwıc dagegen vertheidigte dieselbe. Wir werden sehen, dass auch hier unser werthvoller mexikanischer Gast, der Axolotl, mit seinen großen Elementartheilen als Lückenbüßer eintreten kann, wenngleich auch bei ihm natürlich die Verfolgung der Samenfäden im Ei eine sehr schwierige Aufgabe bleibt. Die an sich geringe Wahrscheinlichkeit, dass man einmal ein längeres Samenfaden- stück in einen Schnitt bekommt, kann nur durch Verarbeitung einer sehr großen Zahl von Eiern erhöht werden. Immerhin wird es auch bei sehr reichlichem Material sehr viel häufiger sein, dass wir auf einem Schnitt nur ein ganz kleines Stück eines Samenfadens finden, namentlich auch desshalb, weil sich die Spermatozoen selbstverständ- lich nie nur in einer Ebene bewegen. Nachdem die Samenfäden durch die Gallerthüllen eingedrungen sind, finden sie, wie oben angedeutet, das Ei noch von einer dicken und ‚einer dünnen Membran umgeben und außerdem meist noch von einer größeren oder kleineren Perivitellinkappe an der schwarzen oder an der weißen Seite überzogen vor. Das Ei hat die erste Richtungsthei- lung vollständig vollzogen und. sich für die zweite vorbereitet, wir finden die zweite Richtungsspindel eben beim Übergang der Schleifen vom Äquator zu den Polen hin, also im Übergang des Äquatorialplatten- stadiums zum Diasterstadium. du developpement embryonaire des mammiferes, d’apres des recherches faites chez le lapin. Journal de Zoologie. T. V. p. 40. 1876. ! Hensen, Die Zeugung. Handbuch der Physiol., herausgeg. von L. HERMANN. 1884. p. 127. ? SELENKA, Zool. Studien. I. Leipzig 1878 und Beob. über die Befruchtung u. Theilung des Eies bei Toxopneustes. Vorläuf. Mittheilung. Erlangen 1877, Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 567 Eine Mikropyle existirt nicht, weder in der inneren, noch in der äußeren 'Dotterhaut. Die Dotterhäute erscheinen rings herum voll- kommen homogen und gleich stark. Überhaupt mehren sich ja in der Litteratur immer mehr die Angaben über das Fehlen der Mikropyle im Thierreich. Es durchbohren oder durchstechen nun ein oder mehrere Samenfäden mit ihrem harten Spieß die zwei Dotterhäute an ganz beliebiger Stelle, meist aber allerdings am schwarzen Feld. Die Durchbohrung geschieht nicht immer in ganz senkrech- ter (Fig. 25 u.26), sondern manchmal sogar in sehr schräger Richtung. Das Einbohren scheint manchmal in gerader Linie (Fig. 25 u. 26), meist jedoch in korkzieherartigen ziemlich engen Windungen zu erfolgen, wie aus Fig. 27 zu ersehen ist; man hat daher wohl anzuneh- men, dass die Geradstreckung der Samenfäden (Fig. 25 u. 26) erst beim Absterben eintrat. Sofort erfolgt offenbar eine Trennung der Dotterhaut von der eigentlichen Eihaut und ein Erguss von Eiplasma zwischen die beiden hinein (Fig. 23>—28). Dies Eiplasma sieht ganz eben so aus wie das oft im Eierstock bereits ausgeschiedene Perivitellin, bei unserer Behandlung fast farblos und macht einen schaumigen Eindruck. Diese Eiplasmaschicht hat eine Dicke von ca. 33 u. Unter der eigentlichen Eihaut bildet sich an der Eintrittsstelle des Samenfadens eine trichterförmige Einsenkung der oberflächlichen eventuell stark pigmentirten Dotterschicht, die mit Eiplasma gefüllt ist (Fig. 26—28). Die Dimensionen dieses Trichters !'sind verschieden groß; seine Länge beträgt etwa 15—30 u, seine Basis etwa 30—60 u im Durchmesser. Dieses Eiplasma ist im Gegensatz zu der Perivitellin- kappe zwischen den zwei Dotterhäuten ziemlich intensiv gefärbt, namentlich in der äußeren Schicht, und ist in dieser regelmäßig deutlich gestreift, der innere Theil des konischen Plasmatropfens ist oft ganz hell und nicht so kompakt als der äußere. Die Streifung bin ich geneigt für eine Gerinnungserscheinung zu halten. Dass wirklich der »plasmatische Empfängniskegel« wie wir die Ausfüllung des Penetrationstrichters nennen können, unter der eigentlichen Eimembran gelegen ist, darf ich mit Sicher- heit behaupten, da sehr häufig an den Rändern des Empfängnis- oder Penetrationstrichters die Eimembran, wo sie vom Dotter abgehoben ist, eine Falte, eine Knickung zeigt (Fig. 26 und 27), die man nicht gut etwa als fester geronnene Grenzschicht ansehen kann. Namentlich wäre es aber unverständlich, warum sich die beiden Flüssigkeiten, die der Perivitellinkappe und die des Empfängniskegels nicht vermischt haben 568 Rudolf Fick, sollten, wenn keine Membran zwischen ihnen läge, denn, dass es sich um physikalisch so differente, nicht mischbare Substanzen, wie etwa Öl und Wasser handeln könnte, ist doch wohl auszuschließen. Einen Plasmaaustritt, »Etraovat« nach Rovx benannt, in die Risse und Spalten des Dotters an der Penetrationsstelle eines »pathologisch polyspermen « Eies hat auch Born! gesehen. Dieser mit Flüssigkeit erfüllte Empfängnistrichter ist offenbar die eigentliche Ursache der von van BamBekKE? bereits vor über 20 Jahren beschriebenen »Dotterlöcher«, wenigstens passt nur auf sie dieser Name. Van Bamgere hat allerdings unter dem Namen auch andere Bil- dungen, die weiter unten (p. 569 ff.) zu beschreibenden Pigmentstraßen mit begriffen. Dass unser » Empfängniskegel« in irgend einer Analogie steht zu dem Empfängnishügel Kuprrer’s, wage ich nicht bestimmt zu behaupten (cf. p. 604). Die Samenfäden im Stadium des Eindringens finde ich vor- zugsweise auf der weißen Hälfte des Eies; ob diese Thatsache eine reine Zufälligkeit ist oder ob vielleicht das Eindringen auf der weißen Seite später erfolgt, oder etwa wegen der größeren Dotterelemente länger dauert, vermag ich nicht anzugeben. 3. Verhalten des Samenfadens im Ei (Fig. 25>—33). Beim Eintrittin das Empfängnisplasma quillt der Samen- faden mehr oder weniger plötzlich auf, wie es Fig. 26—28 zeigen. Von da ab ist der Spermafaden erheblich schwerer in den Dotter hinein zu verfolgen. | Von der Wellenmembran ist auch auf der früheren Strecke nichts zu bemerken, nur einmal glaubte ich eine Andeutung davon zu sehen (Fig. 25). Dass nichts von ihr zu sehen ist, kann nicht wunderbar erscheinen, da wir sahen (p. 560), dass sich auch beim isolirten Samen- faden die Wellenmembran mit Boraxkarmin fast gar nicht färbt und durch salzsauren Alkohol bei richtiger Einwirkung natürlich vollständig entfärbt wird. Mit Hämatoxylin jedoch würde sich dieselbe gewiss nach- weisen lassen, denn es ist selbstverständlich nicht zu bezweifeln, dass die spiralige Vorwärtsbewegung des Samenfadens in den Dotter hinein durch die Undulation der Wellenmembran bewirkt wird. Ich will nicht versäumen, dies besonders hervorzuheben, da z. B. CarserLA? angegeben hat, dass der Samenfaden beim Neunauge nur passiv durch einen Eiplasmafaden in das Innere des Eies hineinge- ! Born, Biologische Untersuchungen. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXVII. 2 van BANBERKE, Sur les trous vitellins. Bull. de l’Acad. Roy.deBelg. Brüssel1870. 3 CALBERLA, 1, p. 565 c. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 569 zogen werde. Auch Kurrtsenzey! nimmt (bei Ascaris marginata) an, dass bei der Verlagerung des Spermatozoons das Eiprotoplasma eine größere Rolle spiele als die Eigenbewegungen der Samenzelle; Brauer ? gar verlegt (bei Branchipus) die »befruchtende Kraft«, die die Sperma- tozoen in das Ei treibt, in den Uterus, da den Spermatozoen, die bei Branchipus kleine Zellen darstellen, jede Eigenbewegung fehle, eine Angabe, die mir allerdings a priori sehr unwahrscheinlich erscheint. Bei dem Eindringen des Samenfadensin den Dotter wird (auf der schwarzen Eihälfte) von der benachbarten pigmentirten Rin- denschicht ein beträchtlicher Trichter nach innen mitgerissen. Durch den so entstehenden Pigmentzapfen wird das Aufsuchen der Samenfäden im Ei wesentlich erleichtert. Im Pigmentzapfen scheint um den Samenfaden herum auch eine Eiprotoplasmaansammlung zu be- stehen, gewissermaßen die Fortsetzung des Empfängniskegels. Van BAMBERE 3 sah schon von den oben erwähnten Dotterlöchern aus nament- lich auf Durchschnitten diese Pigmentstraßen ausgehen. Ja vielleicht hat schon Remix im Jahre 1851 den Ursprung der Straßen gesehen, als er von »dunkeln Punkten« sprach auf dem braunen Felde beim Laubfrosch. Freilich hat er auch das Richtungsgrübchen für eine analoge Bildung gehalten. Remax meint sogar, dass schon Prevosr und Dumas’ dieselben gesehen hätten; vaw BamsekE freilich sagt, diese Autoren sprächen nur von der Richtungsstelle. Übrigens konnte van BausErE auch im Jahre 1876 die Löcher und Pigmentstraßen noch nicht mit aller Sicherheit als die Sameneintrittsstel- len beweisen; er konnte es nur sehr wahrscheinlich machen, durch ver- schiedene Gründe, namentlich auch desshalb, weil er sie niemals bei Eiern von isolirten Weibchen fand. Daraus übrigens, dass er sie auch bei solchen Eiern fand, die er aus der weiblichen Kloake extrahirte, schloss er auf die Richtigkeit der Angabe Geeexsaur’s®, dass bei den Urodelen eine wirkliche Begattung stattfände. Wie oben (p. 564) be- reits erwähnt, wissen wir jetzt, dass diese Angabe für den Axolotl nicht zutrifft, dass aber trotzdem die Befruchtung in der Kloake stattfindet, übrigens sogar eintreten kann bei monatelang separirten Weibchen in 1 Kuttschitzky, Eireifung und Befruchtungsvorgang bei Ascaris marginata. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXU. p. 6714. 2 BRAUER, 1. p. 540 c. 3 van BANBEKE, ]. p. 568 c. * REMAK, Untersuchungen über die Entwicklung der Wirbelthiere. Berlin 1854. p. 130. 5 Pr£vost u. Dumas, 1. p. 531 c. 6 GEGENBAUR, Grundzüge der vergl, Anat. 2. Aufl. Leipzig 1870, 5 70 Rudolf Fick, Folge der guten Konservirung der Spermatozoen in den Receptacula seminis des Weibchens. Die pigmentirten protoplasmaerfüllten Samenstraßen finden sich bei allen pigmentirten Amphibieneiern. Auch bei den Reptilien scheinen übrigens ähnliche Gruben und Straßen von den eindringenden Spermatozoön hervorgebracht zu wer- den, nur sind sie nicht pigmentirt. Ich glaube nämlich, dass die »trichterförmigen «, plasmaerfüllten »Dellen« und »Gruben « unter der Dotterhaut und die sich tief in das Ei hineinerstreckenden »Gänge«, die Orper ! beschreibt, mit den Pigmentstraßen der Amphibien in Parallele zu stellen sind, wenn auch freilich Orreı diese Parallele nicht zieht, ja sogar die Straßen bei den Amphibien gar nicht erwähnt und bei der Blindschleiche sogar an Artefacte durch die Reagentien denkt. Ähnliche Protoplasmastraßen finden sich scheint’s auch bei Insekten nach Hen- xıng ? und bei Branchipus nach Brauer ?, der aus dem Auftreten derselben auf eine anfängliche raschere Bewegung der Samenzellen durch den Dotter schließen zu dürfen vermeint. Bei den Selachiern hingegen finden sich nach Rückerr ? nur ganz oberflächliche Gruben. Weiterhin dringt der Samenfaden, die Dotterkörner bei Seite schie- bend, normalerweise meist ganz gerade gegen das Eicentrum vor. Immer wird er dabei von Pigment umhüllt und es drängt sich uns die Frage auf, woher dies Pigment stammt. Die meisten Autoren scheinen zu glauben, dass es ausschließlich der Rindenschicht entstammt, dass die Pigmentstraße gewissermaßen vom Samenfaden eingestülpt sei, dass sie so zu sagen ein in das Eiinnere vorgestülptes Stück pigmentirter Rinde sei. Daran ist aber wohl aus folgenden Gründen nicht zu denken: es wäre erstens schlechterdings nicht einzusehen, warum das Spermato- zoon mit seinem Spieß nicht auch die lockere Pigmentrinde sollte durchbohren können, nachdem es die zwei Gallerthüllen und die zwei Dotterhäute, zum Theil sehr kompakte Membranen, anstandslos durch- bohrt hat. Ferner müsste in diesem Fall die Pigmentstraße im Inneren zwei scharfe Grenzlinien, den frtiheren Oberflächenkontour erkennen lassen und es müsste ferner nachgewiesen werden, dass die Pigment- rinde des Eies verschieblich ist und dass man nach dem Eindringen 1 OprEL, Befr. des Reptilieneies. Arch. f. mikr. Anat. Bd.XXXIX. 1892. p. 213. 2 HENKInG, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. bei den Insek- ten. I. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. 3 BRAUER, |. p. 540 c. p. 37. * RÜCKERT, Über physiol. Polyspermie beim meroblastischen Wirbelthierei. Anat. Anz. 1892. p. 322. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 971 des Samenfadens und der Einstülpung des Oberflächenpigmentes that- sächlich eine Verschiebung der Pigmentrinde seitlich von der Pene- trationsstelle beobachten kann. Gegen eine derartige Einstülpung spricht ferner der Umstand, dass die Pigmentstraße auch auf dem Durchschnitt oft viel schwärzer ist als es dem betreffenden Theil des Pigmentfeldes, dem die Einstülpung entstammen müsste, entspricht. Endlich sieht man manchmal den Samenfaden der Pigmentstraße voraneilen (Fig. 27). Herrwie! glaubt die Erklärung unschwer in Folgendem geben zu können, er sagt: »Die Entstehung der Straße erklärt sich leicht in der Weise, dass von der pigmentirten Rindenschicht ein vom Kern ausgezogener Theil sich abschnürt und mit nach dem Centrum wandert; hierbei lösen sich Pigmentkörnchen von Stelle zu Stelle ab und lassen so noch später die Straße erkennen, auf der die Einwanderung des Spermakerns erfolgte.« In welcher Weise freilich die Abschnürung vor sich gehen soll, giebt Herrwie nicht an, und auch gegen seine Erklärung scheinen mir die beiden zuletzt angeführten Thatsachen zu sprechen. Welch enormer Pigmentklumpen müsste durch das Spermatozoon oder vielmehr wie Herrwis und Rovx ausdrücklich annehmen, nicht durch den Samenfaden, sondern durch den Spermakern »ausgezogen nnd abgeschnürt« sein, dass durch die sich » von Stelle zu Stelle ablösenden Pigmentkörnchen « eine so kompakte Pigmentstraße zu Stande käme! Ich glaube vielmehr, dass wir bei der Bildung der Pigmentstraße an drei verschiedene Faktoren zu denken haben. | Erstens wird gewiss beim Eindringen des Samenfadens in den Dotter, das offenbar ziemlich rasch erfolgt, eine von der Peripherie ins Innere gehende Strömung auftreten, die gewiss im Stande ist, von der Oberfläche einiges Pigment auch aus der Nachbarschaft der Penetra- tionsstelle in das Innere zu befördern, »mitzureißen«, wie ich oben p- 569 mich ausdrückte. Dadurch entsteht der Pigmenttrichter und darauf scheinen auch einzelne Bilder in meinen Präparaten zu deuten, bei denen das Pigment an der Empfängnisstelle etwas gelockert er- scheint. Zweitens aber wird man annehmen müssen, dass vom Samenfaden auch eine anziehende Wirkung auf das Pigment ausgeübt wird, wofür sich auch Born? und Roux? ausgesprochen haben. Ersterer glaubt übrigens bei bastardirten polyspermen Eiern gesehen zu haben, 1 ©. HErTwis, 1. p. 565 c. 2 Born, 1. p. 568 c. 3 Roux, Beiträge zur Entwicklungsmechanik des Embryos. IV. Archiv f. mikr, Anat. Bd. XXIX. 4887. p. 470, 972 Rudolf Fick, dass durch die Anziehung des Pigmentes von Seiten der Spermakerne die Umgebung an Pigment verarmte, so dass dadurch »weiße Flecken« in der Nachbarschaft entstanden. Drittens endlich kann man aber auch wohl die Annahme kaum ab- weisen, dass durch den Samenfaden auf das Protoplasma ein Reiz zur Pigmentbildung ausgeübt wird, denn die Pigmentstraßen erscheinen thatsächlich manchmal so groß und dicht, dass man sie nicht einfach durch Herbeiströmen aus der Nachbarschaft erklären kann. Namentlich spricht, glaube ich, eine Thatsache sehr dafür, wenn Born sie auch nicht in der Beziehung verwerthet, der Umstand nämlich, dass Born bei dem wenig pigmentirten Ei von Pelobates fuscus an den Penetrations- stellen doch ganz schwarze Flecke fand, ohne dass er im Umkreis eine besonders helle Zone bemerkte. Ein anderer Umstand spricht freilich scheinbar gegen diese Annahme, die Thatsache, dass bei den am weißen Feld eindringenden Samenfäden sich meist kaum Andeutungen einer Pigmentstraße finden. Ganz fehlen aber die Andeutungen nicht, so be- obachtete auch Bamsere bereits »Dotterlöcher« im weißen Feld als grau- liche Flecken. Die schwächere Pigmentirung der Samenstraßen auf der weißen Hälfte kann dadurch bedingt sein, dass das Eiprotoplasma dort zu der Zeit eben kein oder nur wenig Pigment bildet, denn man wird kaum glauben dürfen, dass die normale Pigmentanhäufung am oberen Feld lediglich eine Folge geringerer specifischer Schwere des Pigmentes ist, da sie sich schon vor der Ablage der Eier ausbildet. Die Straße ist wie oben bemerkt, meist auf das Gentrum des Eies gerichtet. Daher kommt sie bei unserer Schnittmethode, wobei das Ei in lauter tangentiale mit der Eiachse parallele Scheiben zerlegt wird, immer in mehrere Schnitte zu liegen, außer dann, wenn der Samen- eintritt gerade im Äquator stattgefunden hat; dann enthält der größte Schnitt des betreffenden Eies die ganze Straße vom Anfang am Rand bis zum centralen Ende derselben, vorausgesetzt dass der Schnitt ziem- lich dick ist. Abweichungen von der radiären Richtung der Straße scheinen hauptsächlich bei solchen Samenfäden vorzukommen, die dicht bei dem Eikern eingedrungen sind. In solchen Fällen ist die Richtung der Straße meist gegen den Eikern hin abgelenkt. Die Straße ist nie scharf begrenzt und lässt immer mehr oder weniger deutlich die Windungen des Samenfadens durch stärkere oder schwächere Pigmentanhäufung erkennen. Sie zeigt eine Breite von ca. 33 4; VAN BAnBERE, der mit ganz schwachen Vergrößerungen arbeitete, ‚fand sie erheblich schmäler (8—16 u). Der Samenfaden ist innerhalb der Pigmentstraße fast Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies, 573 immer nur sehr undeutlich zu erkennen, seine einzelnen Theile kaum zu unterscheiden. Er befindet sich in gequollenem Zustand und macht sich mit dem ihn umgebenden Eiplasma als rothe, opake, mit Pigmentkörnchen fast ganz beklebte Masse bemerkbar. Nachdem der Samenfaden so eine Strecke weit in mehr oder weniger gerader Richtung ins Innere vorgedrungen ist, biegt er plötz-. lich meist in rechtem oder gar in spitzem Winkel um (Fig. 29 u. 30), die Pigmentstraße erhält eine scharfe Knickung, ein deutliches Knie (Fig. 31—33). Diese Umbiegung des Samenfadens geschieht, nachdem er im Durchschnitt (aus einer bedeutenden Anzahl Messungen berechnet) ca. '/, des Eiradius ins Innere zurückgelegt hat, d. h. in einem Abstand von der Eiperipherie — 289 u. Van Bamseke fand die absolute Länge der Straße etwas kürzer, er maß vom Anfang der Straße bis zum Ende, bis zu der »kernartigen Erweiterung mit Strahlenkranz« (d. i. offenbar Spermakern und Attraktionssphäre) 264 u, fügt aber hinzu, dass dies etwa !/, des Eiradius entspräche, also ganz mit unserem Befund über- einstimmend. Roux führt 16 Messungen der Länge des radiären Ver- jaufes der Pigmentstraße, die er »Penetrationsbahn« nennt, an, die sich meist zwischen 260 und 390 u bewegen, also ziemlich gut auch zu den Verhältnissen beim Axolotl stimmen. Die Länge des umgebogenen Stückes von der Knickungs- stelle aus beträgt aber nur ca. 60—A00 u, ist also etwas kleiner als die durchschnittliche Länge des ganzen Samenfadenkopfes. Der quere Schenkel der Pigmentstraße ist noch weniger scharf gegen den übrigen Dotter abgegrenzt als der radiäre Theil; man könnte daran denken, dass in diesem Theil die Nachströmung ete. von der Oberfläche her keine Rolle mehr spielt, oder aber, dass sich der Che- mismus des Samenfadens dahin ändert, dass er nicht mehr die gleiche ansammelnde Wirkung auf das Pigment ausübt wie vorher. Dass solche plötzliche Änderungen in Gewebstheilen vorkommen, beweist die Untersuchung F. Hrrmann’s, der bei der Spermatogenese der Maus be- obachtete, dass die Spermatozo@nköpfe in einem gewissen Stadium ihr Verhalten gegen Gentianaviolett und Safranin plötzlich umkehren. In einem folgenden Stadium lockert sich an der Spitze des Stiefels das Pigment bedeutend und es tritt eine sehr merkwürdige Erscheinung ein, der Kopf und die vordersten Schwanztheile kommen außerhalb des Pigmentes in eine Plasmaanhäufung und zwar sehr oft gerade auf die Innenseite des queren Pigmentschenkels, zum Theil (meist nur die Schwanztheile) parallel mit ihm zu liegen (Fig. 35, 37, 39, 40). Wie sind sie aus dem Pigment herausgekommen? 974 Rudolf Fick, Dass der vordere Theil des Samenfadens sich etwa durch Seiten- bewegungen aus dem Pigment herausgewunden habe, ist schon von vorn herein unwahrscheinlich, weil man die Samenfäden sonst sich immer nur vorwärts bewegen sieht; aber auch die Lage von Kopf und Schwanz spricht mit Bestimmtheit dagegen. In der Plasmaanhäufung liegt nämlich stets der Kopf bereits von der »Stiefelspitze« abgewendet, der Schwanz der Spitze noch anhängend. Auch dass etwa das vor- handen gewesene Pigment durch eine nachträgliche Eiplasmaansamm- lung verdrängt sei, ist nicht anzunehmen, weil nicht einzusehen wäre, warum das Plasma sich nur von der inneren (centralen) Seite her an- sammeln und so alles Pigment nur nach außen zum queren Schenkel verdrängen sollte. Man ist vielmehr wohl berechtigt, sich den Vorgang folgendermaßen zu denken: Der Samenfaden schlüpft, nachdem sich der Kopf zuerst quer gelegt (Umbiegung— querer Schenkel der Pigmentstraße), aus dem Pigmentstiefel heraus und wendet sich dabei noch einmal scharf um, macht diesmal, militärisch ausgedrückt, vollkommen »kurz kehrt«; zugleich tritt eine Ansammlung von Eiplasma um Kopf und Verbin- dungsstück ein, rascher als das Pigment nachdringen oder ringsum angezogen herbeiströmen oder an der Stelle gebildet werden kann. Beiläufig bemerkt, spricht auch diese Thatsache wieder sehr gegen eine Art Einstülpung des Pigmentes von der Oberfläche her. Jetzt erfolgt aber noch eine letzte, eine dritte Drehung des Kopfes, er wendet sich nämlich merkwürdigerweise nun auf einmal wieder der Oberfläche des Eies zu. Diese letzte Drehung scheint aber in verschiedenem Abstand von der zweiten zu erfolgen. Im einen Fall folgt sie der zweiten unmittelbar auf dem Fuße, so dass der sich zur Ober- fläche wendende Kopf sich noch durch die Spitze des Pigmentstiefels hindurchbohrt, mit dem Schwanz also eine ganz enge Schleife bildet, in anderen Fällen windet sich der Samenfaden nach seiner zweiten Biegung »an der Stiefelspitze« auf der Innenseite des queren Pigmentschenkels an diesem rückwärts bis zur Knickungsstelle und wendet sich dort erst der Peripherie zu; so kann es vorkommen, dass der Kopf gerade wieder im geraden Schenkel der Pigmentstraße angetroffen wird, aber jetzt in umgekehrter Richtung, d. h. mit dem Spieß nach der Peripherie. In wieder anderen Fällen endlich tritt die dritte Drehung erst ein, nach- dem der Samenfaden auf dem Rückweg von der Stiefelspitze her schon an der Knickungsstelle der Pigmentstraße (am »Stiefelabsatz«) vorbei gekrochen ist, dann wird der Kopf auf der anderen Seite der Penetra- tionsbahn wie die »Stiefelspitze« gefunden. In diesem Falle, und das scheint die Regel, hat der Samenfaden eine große Schleife beschrieben, Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 575 die Samenfadenbahn bildet eine Art L-förmige Figur, nur dass beide queren Schenkel etwas nach der Oberfläche hin gebogen sind. Fast immer findet nachträglich noch eine mehr oder minder deutliche An- sammlung von Pigment um den Kopf herum statt, so dass in dem zuletzt erwähnten, wohl die Regel bildenden Fall in einem gewissen Stadium die Pigmentstraße, wie das schon van BAmBERE gesehen und abgebildet hat, gablig getheilt erscheint in einen primären und einen sekun- dären queren Schenkel. Der Pigmentstiefel erhält einen Sporn (Fig. 31 und 32). Der primäre Schenkel scheint oft bald wieder zu verschwin- den; das Pigment rückt dann dem ins Innere strebenden Spermakern nach (Fig. 33). Diese eigenthümliche Umwendung des Samenfadens ist sehr schwierig festzustellen; die Deutung der Bilder in den Präparaten wird durch sie ungeheuer schwer. Die Bilder der verschiedenen Stadien scheinen sich vollständig zu widersprechen. Erst nachdem ich bei einer sehr großen Zahl von Eiern Schnitt für Schnitt das betreffende Samen- fadenstück und seine Umgebung mit dem Zeichenprisma (zum Theil auf durchsichtiges Papier) abgezeichnet hatte, konnte ich die Gestalt und den komplieirten Weg des Samenfadens durch Rekonstruktion in seinen Einzelheiten feststellen. Ich versuchte auch die Rekonstruktion durch eine Modifikation des Plattenmodellirverfahrens mittels Glasplatten. Wenn man in dieser Weise in mehreren Hundert Schnitten die Samenfadenstückchen genau verfolgt und abgezeichnet und dadurch die sonderbaren Drehungen kennen gelernt hat, dann erlangt man allerdings eine ziemliche Sicherheit in der Erkennung dereinzel- nen Theile des Samenfadens auch in einzelnen Stücken. In der That kann man dann oft auf den ersten Blick ein Stück Kopf an seiner intensiv rothen Färbung oder, wenn es größer ist, an seiner allmählich zugespitzten Gestalt erkennen und von den immer weit blasser, matter gefärbten, opak erscheinenden und dünneren Schwanzstücken unter- scheiden. Ich habe mich sehr bemüht, eine Gesetzmäßigkeit in der Richtung der Pigmentumbiegung, des »Pigmentstiefels«, zu ergründen. Ich habe bei einer großen Zahl von Eiern genaue Notizen über das Ver- hältnis des Pigmentwinkels zur Lage des Eikernes gemacht, was übrigens auch mit einigen Schwierigkeiten verknüpft ist, da beim Auflegen der Schnittbänder es doch hier und da einmal passirt, dass man die Schnitte nicht alle auf dieselbe Seite oder besser, auf dieselbe Fläche legt. Es genügte daher nicht, etwa nur flüchtig nachzusehen, ob die Pigmentstraße auf die Seite des Eikerns zielt, der ja nicht immer ganz polar liegt, sondern es musste bei den betreffenden Schnitten, die 576 Rudolf Fick, den Eikern bezw. das Pigmentknie enthielten, immer sorgfältig kon- statirt werden, ob sie auf der gleichen oder ungleichen Fläche liegen. Doch die Mühe war vergeblich, es besteht beim Axolotl keine Gesetzmäßigkeit indem erwähnten Verhältnis, das um- gebogene Endeistohne Beziehungzum Eikern, bald auf ihn zu, bald von ihm weg gerichtet, also zielt den obigen Angaben ent- sprechend der Spermakopf umgekehrt bald vom Eikern weg, bald auf ihn zu (vgl. Fig. 31—33, wo der Samenkern immer auf der vom Eikern abgewandten Seite liegt). Hervorzuheben ist dabei noch, dass von einem direkten »Zielen « des Knies auf den Eikern natürlich gar keine Rede sein kann, weil ja der letztere zur Zeit der K.nieaustuilpuit noch ganz an der Peripherie liegt. Bei den Anuren hingegen fand Roux das Pigmentknie seinem Gesetz über die Kopulationsrichtung entsprechend, stets auf den Eikern ge- richtet und nennt daher den umgebogenen Theil der Pigmentstraße im Gegensatz zum geraden (zur »Penetrationsbahn«), die »Kopulations- bahn«. Jede Abweichung von diesem auf den Eikern gerichteten Ver- lauf hält Roux für pathologisch. Doch hat überhaupt die Krümmung der Pigmentstraße beim Frosch den Roux’schen Abbildungen (außer etwa auf Rouxs Fig. 6 und 7) zufolge einen wesentlich anderen Charakter als beim Axolotl. Das Knie ist beim Frosch bedeutend sanfter gekrümmt und die Straße reicht viel tiefer ins Eiinnere hinein. Nur ausnahmsweise finde ich auch beim Axolotl kein scharfes Knie, sondern eine sanfte, bogenförmige Krümmung, wie es scheint, nur in Fällen, wo das Eindringen dicht beim Eikern erfolgt. Was überhaupt dieseDrehung des Samenfadens beim Axolotlzu bedeuten hat, scheint mir einstweilen noch vollständig räthselhaft. Da sie mit der Copulationsrichtung beim Axolotl scheinbar nichts zu thun hat, könnte man daran denken, dass der Faden in der betreffenden Schicht durch die Dotterkörnerchen, die dort dicker werden, abgelenkt würde, aber die Kaliberzunahme der Dotterkörner ist eine ganz allmähliche, nicht auf eine bestimmte Zone beschränkte und überdies müssten dann die im weißen Feld eindringenden Samen- fäden, die sich ja von Anfang an zwischen den großen Dotterkörnern hindurchzubewegen haben, nicht abgelenkt werden, sie müssten _ geradeaus auf das Eicentrum oder etwa den Eikern zustreben. Das ist aber entschieden nicht der Fall, auch im weißen Theil des Eies sehen wir dieselbe Querdrehung des Samenfadens (Fig. 29 und 30) und nach- folgende Rückwärtswendung des Kopfes eintreten. Eine andere Erklärung oder vielmehr eine Umschreibung der Thatsache ist die, dass man sagt, die Drehung findet desshalb Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 577 statt, weil die von uns im Verbindungsstück vermuthete Attrak- tionssphäre (vgl. II. Abschnitt) bei dem weiteren Vormarsch ins Innere an die Spitze gesetzt werden, dem Spermakopf voraus- gehen soll. Bemerkenswerth scheint mir der Umstand, dass Bönm bei der Neunaugenbefruchtung, die sonst, namentlich was die Verhältnisse des Chromatins betrifft, so wesentlich anders verläuft, auch eine vollstän- dige Drehung der Spermatomeritenkette beiläufig erwähnt, die der unsrigen vielleicht analog ist. Auch bei den Reptilien scheint nach Orrzr’s Abbildungen (Oprzr’s Fig. 48) an ähnliche Drehungen gedacht werden zu können (vgl. auch p. 581). Ja auch beim Kohlweißling fand Heneıne! eine Knickung des Samenfadens, die der unsrigen voll- ständig entspricht; freilich denkt sich Henkıng die Entstehung der Knickung rein passiv durch Zug des »Arrhenoids« entstanden, der Samenfaden sei geknickt wie ein Halm, der von dem Bug eines Kahnes mitgeführt werde. Wenn diese verschiedenen Beobachtungen sich wirklich ent- sprechen, dann darf man annehmen, dass die Drehung des Samenfadens einen weitverbreiteten und gewiss nicht bedeutungslosen Vorgang bei der Befruchtung darstellt, dersich vielleichtbeiallen den Samenfäden findet, deren ArchoplasmaimMittelstück, nichtin der Kopfspitze ent- halten ist. 4. Bildung der Attraktionssphäre und des Samenkernes (Fig. 3.—40). Nach diesen Drehungen, ca. eine Stunde nach der Eiablage (in Wasser von ca. 14° G.), beginnt ein neues Stadium: Aus dem Ver- bindungsstück entwickeltsich eine schöne Plasmastrah- lung, eine Attraktionssphäre und zwar auf folgende Weise: Zuerst wird das Verbindungsstück ganz hell und quillt immer mehr auf (Fig. 34, 35, 36), so dass es etwa olivenähnlich zu nennen ist, ganz ähnlich wie wir es manchmal auch bei den freien Spermatozoen beob- achtet haben mit oder ohne Salzsäurezusatz (p. 560). Schon jetzt tre- ten aus dem Verbindungsstück mit Ausnahme der Stelle, wo es am Kopf befestigt ist, glänzende Plasmastrahlen hervor. Das Verbindungs- stück scheint sich dann kugelförmig aufzublähen, doch verschwinden bei diesem Vorgang bereits die Kontouren, man sieht nur mehr die nach allen Seiten ausgehenden glänzenden Strahlen, die sich gegen das Centrum so eng zusammendrängen, dass man sie nicht bis zum » virtu- 1 Henkıng, 1. p. 570 c. p. 528. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. 38 578 Rudolf Fick, ellen Durchschnittspunkt« verfolgen kann, in der Mitte bleibt eine anscheinend homogene, kompakte Kugel von ca. 3 u Durchmesser. Die Kugel erscheint bei oberflächlicher Einstellung wie mit feinsten Tröpf- chen besetzt, man sieht die von dort abgehenden Strahlen in perspek- tivischer »Verkürzung « (Fig. 36 u. 39). Nach außen können die Strahlen so weit die Plasmaanhäufung reicht, also in einem Umkreis von ca. 50 bis 60 ıı Durchmesser verfolgt werden; weiterhin werden sie durch die Pigment- und Dotterkörner verdeckt und es lässt sich desshalb nicht feststellen, ob sie sich dort etwa mit Balken des Eiprotoplasmanetzes verbinden oder aber selbständig bleiben. Das Erstere scheint wahr- scheinlicher, weil wir sehen, dass sich weit über den Plasmahof hinaus in großem Umkreis die Dotter- und Pigmentkörnchen, den Sphärenradien entsprechend, strahlig anordnen; freilich ist die Strahlung nur sehr zart, nur bei genauerer Betrachtung erkennbar (vgl. Fig. 3I—33 und 41, 42). Beiläufig mag erwähnt werden, dass die Strahlen manchmal nicht ganz gerade verlaufen, sondern bogenförmig, als ob sich das Centrum um sich selbst gedreht hätte, die Strahlen aber in der Peripherie befestigt gewesen wären, so dass also eine wirbelähnliche Figur entsteht. In seltenen Ausnahmefällen beginnt die Ausbildung der Sphäre schon vor der Umbiegung des Samenfadens, dann erscheint die Pigment- ‚straße gar nicht gebogen. Trotz eifrigsten Suchens ist es mir nicht gelungen ein eigentliches Gentrosoma mit Sicherheit in der Attraktionssphäre nachzuweisen. Musste es schon von vorn herein sehr zweifelhaft erscheinen, da sich ja die Gentrosomen mit unserer Methode durchaus nicht auffallend färben, so kommen außerdem bei unserem Objekt noch die Dotter- und Pigmentkörnchen als großes Hindernis für die Auf- findung dazwischen. Wenn man ein oder zwei »Körperchen « im Centrum der Strahlensonne findet, wie das manchmal der Fall ist, muss man in erster Linie an zufällig dort gelegene kleinste Pigment- oder Dotter- körnchen denken. Vielleicht wird mit der von uns bei den Samenfäden (p- 557 f.) besprochenen Metallsalz- -Hämatoxylinmethode der Nachweis doch noch gelingen. Überdies ist aber das Auftreten eines Centrosomas auf diesem Stadium gar nicht mit Bestimmtheit zu erwarten, denn auch van BEnE- DEN und Bovzkrı fanden bei Ascaris zu dieser Zeit noch keines, erst bei der Bildung des ersten Furchungskernes; auch Oprrr fand kein solches bei den Reptilien. Bönm freilich giebt an, beim Petromyzon ein Centro- soma gesehen zu haben, doch ist die Abbildung desselben (Bönm’s Fig. 19 und 21) nicht absolut überzeugend. Er beschreibt es als »ein kleines kugeliges, ungefärbtes, klares Körperchen, welches einem Polkörper- Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 579 chen einer Spindel etwa ähnelt«; über die Herkunft desselben äußert er sich nicht. Ähnliche Angaben macht Brauer bei Branchipus, indem er sagt: über die, Herkunft der Strahlungen und CGentrosomen könne er leider nichts Bestimmtes sagen ; sie träten erst auf, wenn die Samenzelle ‚bereits eine kleine Strecke weit von der Oberfläche entfernt sei und seien zuerst einfach und auf der Außenseite (also hinter dem Kern, dem Hals der geschwänzten Samenfäden entsprechend, der Verf.) des Kernes gelegen; dann seien sie doppelt auf gegenüberliegenden Seiten des Kernes; bei Pikrinessigsäurepräparaten seien die Centra der Strahlen dunkel, also wohl Centrosomen vorhanden, bei Sublimatpräparaten aber hell. Leider bildet Brauer kein Pikrinpräparat, und somit kein CGentrosom ab. Auch ich finde bei einem Präparat ein derartig helles Gentralkörperchen (?) (Fig. 38). Da übrigens später bei der Furchung auch bei unserer Methode CGentrosomen sichtbar werden, so ist anzunehmen, dass in ihnen, falls sie jetzt schon vorhanden, bis zur Furchung doch noch chemische Ver- änderungen vor sich gehen. | Es entsteht hier die Frage, ob man anzunehmen hat, dass die ganze Strahlensonne in dem vorher schmalen, cylindrischen Verbindungs- stück eingekapselt gesteckt hat und wie eine Rakete plötzlich heraus- gestoßen wird, so sehen in der That die Bilder in den Präparaten oft aus, oder ob sich auch das Eiplasma dabei betheiligt und sich etwa die präformirten Fäden desselben nur jetzt strahlig anordnen ? Bei ersterer Annahme müsste man glauben, dass die Substanz des Verbindungs- stückes ungeheuer komprimirt, ganz kompakt gewesen sei und sich nun zu einer ganz lockeren Masse entfalte, ähnlich wie ein Wassertropfen plötzlich fein zerstäuben und sich so auf einen weit größeren Raum vertheilen kann. Die meisten Autoren waren bisher geneigt, dem Dotter eine we- sentliche Mitbetheiligung an der Entwicklung der Strahlung und des Spermakernes zuzuschreiben. So sagt Herrwisg: »Die Radienfigur erklärt sich aus der Anziehung, die der Kern auf das homogene Protoplasma ausübt. Die Dotterplättchen und die Pigmentkörner werden passiv aus der Nachbarschaft des Kernes verdrängt, sie ordnen sich natürlich auch radiär, da sie die Interstitien . zwischen den Plasmastrahlen erfüllen.« Born geht so weit, dass er an- nimmt, wenn mehrere Spermaköpfe neben einander liegen, reiche der Dotter nicht aus und desshalb trete in diesen Fällen keine Strahlung und Spermakernbildung ein. Auch Oper tritt für eine Mitbetheiligung des protoplasmatischen Netzwerkes im Ei bei der Spermastrahlung ein. Ich hingegen glaube, dass der überwiegende Theil der ganzen 38* 580 Rudolf Fick, innerhalb des Plasmahofes befindlichen Strahlung dem Verbindungs- stück entstammt; dass sich weiter außen allerdings diese Strahlung mit den Protoplasmafäden der Eizelle in Verbindung setzt, die sich ja auch strahlig anordnen. Wo freilich die Grenze zwischen beiden ist, das vermag ich nicht anzugeben. Durch diese Ausstrahlung der Substanz des Verbindungsstückes und wohl auch durch eine Ansammlung plas- matischer Flüssigkeit an dieser Stelle, werden die Dotter- und Pigment- körner verdrängt, so dass der Plasmahof entsteht. Weiter außen, jenseits des Hofes, ordnen sich dann die Dotter- und Pigmentkörner zwischen und, wie ich im Gegensatz zu Hrrrwıc annehme, auf den Ei- plasmastrahlen ihnen innig anklebend auch mehr oder weniger radiär an. Dabei möchte ich hervorheben, dass durchaus nicht alle Dotter- körner in radiäre Reihen geordnet sind, so dass man geradezu vielleicht annehmen darf, dass nur längs der Protoplasmastrahlen die Körner sich rädiär aufreihen, zwischen denselben aber ungeordnet durch einander liegen (cf. Fig. 41 u. 42). Offenbar entspricht Hexkıng’s »Arrhenoid« beim Kohlweißling, ja vielleicht auch die dem männlichen Kern bei Euplotes patella voraus- wandernde Plasmamasse von MAurıs! der aus dem Verbindungsstück sich entwickelnden Sphäre beim Axolotl. In dem nun folgenden Stadium schnürt sich der Kopf von der Attraktionssphäre ab (Fig. 38 und 39) und es gehen in ihm chemische oder physikalische Veränderungen vor sich, die ihren sichtbaren Aus- druck in einer sehr intensiv rothen Färbung (beiunserer Methode) finden, einem Verschwinden des Glanzes, einem »bröckelig« oder»krümelig« werden und in einer Schrumpfung desselben, was nach den Beobachtungen Henkıng’s? auch bei Pieris der Fall ist. Nun kleben ihm massenhaft Pigmentkörnchen an, während er vorher ganz oder fast ganz frei davon war. Der Spieß scheint sich bei diesen Ver- änderungen gar nicht zu betheiligen, er ist bei seiner großen Feinheit und Farblosigkeit im Dotter und Pigment natürlich überhaupt kaum zu sehen. Er hat, nachdem er die Dotterhäute durchspießt, durchstoßen hat, offenbar seine Rolle ausgespielt und fällt der Resorption anheim. Der übrige Theil des Kopfes aber gestaltet sich allmählich etwa zwei Stunden nach der Eiablage zu einem rundlichen oder ovalen, zuerst recht kleinen Kern, den wir in Anlehnung an O. Herrwıc „Samenkern“ nennen wollen. Er hat ca. 7 u im Durchmesser und das CGhromatin scheint in ihm als Kerngerüst ausgebreitet (Fig. 40). Bei den Anuren ! MaurAs, La rajeunissement karyogamique chez les cili6es. Archives de zoo- logie experiment. LAcAzE-DUutnIers. Ser. II. 4889. No. 1—3. 2 HEnKınG, 1. p. 570 c. p. 529 f. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 581 vermuthet Roux einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Ent- stehung des Pigmentknies und der Vollendung der Samenkern - Aus- bildung. Beim Axolotl hingegen sehen wir die Drehung des Spermato- zoon, wie bereits bemerkt, sogar noch vor Entwicklung der Sphäre, bedeutend vor dem Beginn der Spermakernbildung erfolgen. Nach dem im Vorhergehenden Gesagten ist es ganz selbstverständ- lich, dass der Samenkern, hier wenigstens, nicht, wie das früher oft schematisch abgebildet wurde, das Centrum der Strahlung darstellt; er liegt vielmehr neben dem Strahlencentrum, die Strahlen gehen eben nieht, wie man früher annahm, vom Kopf bezw. vom Spermakern aus, sondern vom Verbindungsstück. Offenbar liegen die Verhältnisse beim Neunauge und bei den Reptilien ganz analog, denn Bönm und Oprzr bilden auch den Kopf seitlich von der Strahlung liegend ab; freilich ist bei diesen Objekten der Nachweis der verschiedenen Theile des Samenfadens und ihrer Schicksale im Einoch nicht gelungen. Ich glaube aber, dass dieser Nachweis durch die relativ klaren Verhältnisse beim Axolotl wesentlich erleichtert werden wird, ja ich möchte jetzt schon glauben, dass in dem Verhalten des Axolotlsamenfadens auch der Schlüssel liegt, z. B. zum Verständnis der eigenthümlichen Fig. 48 Opper’s; ich glaube nämlich, dass es sich dabei um ein Spermatozoon handelt, dessen Kopf sich zur Oberfläche zurückgewendet hat und bei dem der Kopf sich eben zum Spermakern, der Hals oder das Mittelstück aber zur Sphäre entwickelt. Nachdem wir so das Schicksal des Kopfes und des Verbindungs- stückes des Samenfadens, ihre Umbildung zum Spermakern und zur Attraktionssphäre genau verfolgt haben, erübrigt es uns noch, das Schicksal des Schwanzfadens festzustellen. Während viele Au- toren das Eindringen des Schwanzfadens ins Ei überhaupt leugneten oder nur theilweise zugaben, bin ich der Ansicht, dass beim Axolotl zweifellos der ganze Schwanzfaden in das Ei gelangt (die Länge der Pigmentstraße bis zur Spitze des primären Querschenkels beträgt schon fast 400 u), ja ich gehe so weit zu behaupten, dass normaliter die Um- wandlung des Verbindungsstückes und des Kopfes in Sphäre und Kern erst erfolgt, nachdem der ganze Schwanzfaden im Ei geborgen. Morphologisch ist aber sein Eindringen vollkommen bedeutungslos, er löst sich von der Sphäre ab (Fig. 37 u. 40) und geht vollständig zu Grunde, fällt, wie der Spieß, der Resorption, der Assimi- lation durch das Eiprotoplasma anheim. Die Auflösung des Schwanzes geht in der Weise vor sich, dass er zuerst erblasst und sich vom Verbindungsstück bezw. der Sphäre ablöst, das Anfangsstück wird ganz glänzend, so dass man es nur schwer 582 Rudolf Fick, von den Sphärenstrahlen unterscheiden kann. Auch von den hinteren Schwanzstücken erhalten sich noch längere Zeit gequollene Reste inner- halb der Pigmentstraße (Fig. 39). 5. Die Wanderung des Samenkernes zur Copulation (Fig. AI —A%). Der kleine Samenkern umgiebt sich mit einer Membran und wan- dert nun in das Eiinnere, jedoch nicht genau auf das Gentrum, sondern fast immer mit Ablenkung nach dem Eikern hin. Die Ortsbewegung ge- schieht offenbar durch eigene amöboide Bewegungen, denn man sieht häufig am Kern pseudopodienartige Fortsätze (Fig. 43 u. k%k). Dabei wird von dem Samenkern das ihn umgebende Pigment durch die Strömung mechanisch mitgerissen, doch ist auch hier wohl die Annahme nicht zu umgehen, dass der Kern auf das Pigment seiner jeweiligen Nachbarschaft auch eine Anziehung ausübt oder gar das ihn umgebende Protoplasma zur Pigmentbildung reizt. Das Pigment ist bei dem Kern im Inneren des Eies zwar ziemlich locker, aber genügt doch gerade, einen sehr störenden Einfluss auf die Deutlichkeit der Bilder, auf die Erken- nung der feineren Details, auszuüben. Auch das Pigment an der Pigment- straße erscheint zu dieser Zeit erheblich gelockert und man darf wohl annehmen, dass es eben zum Theil dem Kern ins Innere gefolgt ist. Bei dieser Wanderung wächst der Kern sehr stark (vgl. Fig. 40 und Fig. 4%), jedoch bin ich auch hier trotz Ausführung einer großen Zahl von Messungen nicht im Stande ein bestimmtes Gesetz über die Beziehung zwischen der Kerngröße und dem Abstand von der Eioberfläche aufzustellen. Das Verhältnis scheint hier individuell fast noch ver- schiedener zu sein als beim Eikern. Unter den gleichen Voraus- setzungen und Einschränkungen wie dort (p. 552) kann die folgende "Tabelle als ungefährer Maßstab dienen für das Wachsthum des Samen- kernes und seiner Beziehungen zur Entfernung von der Peripherie. Kernabstand: Kerngröße: 1) 230 u 18,0 ee Me — 4,0 u) 2) 237 u 98,0 u? (R = 16,6 un ri IE Ua) 3) 260 u 204,2 u? (oe = 8,25 u) kl) 290 u 294,0 u? (R = 14,35 r == 116602) 5) 360 u 359,2 u2 (R = 13,2 ro 90 6) 408 u 455,4 u? (R = 13,2 eo) 7) 460 u 554,4 u2 (R = 14,0 r = 13,2) 5) A733 u 661,6 u? (o = 14,85). Wir sehen daraus, dass der Radius des Samenkernes wie der des Eikernes um mehr als das Dreifache wächst, der Flächenraum also auch um mehr als das Neunfache und der Kubikinhalt um mehr als das Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 583 27fache. In den von uns gewählten Beispielen, die der Mehrzahl der Fälle entsprechen, ist zwar eine fortwährende Größenzunahme zu be- merken, dieselbe erfolgt aber nicht ganz proportional der durch- wanderten Wegstrecke und es ist hervorzuheben, das sich bei manchen Eiern im Inneren kleinere Samenkerne finden als bei anderen Eiern weiter draußen, und dass der größte von mir überhaupt gemessene Kern (von 661,6 u?) nur 473 u von der Peripherie entfernt war, also etwa gerade das Doppelte von der Länge der »Penetrationsbahn«, während ein anderer, der fast 700 u tief lag, bedeutend kleiner war. Ob die Kernvergrößerung, wie Herrwıc annimmt, nur auf einer Imbi- bition mit Kernsaft, auf einem reinen Aufquellen, oder aber auf Wachs- thum durch Assimilation von Stoffen aus dem Ei beruht, das ist hier selbstverständlich eben so wenig als beim Eikern mit Sicherheit zu ent- scheiden, doch scheint mir Letzteres wahrscheinlicher. Die Struktur des Kernes ist an unserem Objekt natürlich nur unvollkommen zu erkennen. Der Kerninhalt ist zuerst dem letzten Aus- sehen des Samenkopfes entsprechend intensiv roth gefärbt, lässt ein feines chromatisches Netzwerk und eine chromatische Membran er- kennen, im weiteren Verlauf der Wanderung aber erhält auch er in unseren Präparaten das Aussehen des Eikernes, wird blasser und feinstkörnig in seinem Inneren. (Nur selten gewinnt der Kern später ein hellbläschenförmiges Aussehen.) Während der Samenkernwanderung gehen mit der Attraktions- sphäre bedeutende Veränderungen vor sich. Dieselbe zieht ihre Strahlen ein, ballt sich zusammen zu einer intensiv rothgefärbten Kugel oder zu einem unregelmäßig gestalteten, abgerundet eckigen Klumpen, ganz ähnlich wie die von Bovsrı bei Ascaris abgebildeten »Archoplasmaklumpen« (Fig. 43 und 44). Zuerst ist das Archoplasma aber immer noch das Centrum einer mehr oder weniger deutlichen strahligen Anordnung des Eiplasmas und der Dotter- und Pigment- körnchen rings herum. Die Attraktionssphäre macht die Wanderung mit und zwar geht sie dem Spermakern dabei voran, wie das For! auch beim See- igel beobachtete. Früher oder später, das ist individuell verschieden, tritt eine Theilung der Sphäre ein, die in der Weise vor sich geht, dass sich der rothe kuglige Körper zu einem hantelförmigen Gebilde aus- zieht (Fig. 41), der sich dann in zwei Kugeln trennt. Dabei theilt sich ! For, Recherches sur la f&econdat. et le commencement de l’henog£nie chez divers animaux. Mem. de l. Societe de phys. et d’hist. nat. de Geneve. XXVI, 1879 und Archives physiques et naturelles. Genf 15. Okt. 1883, 584 Rudolf Fick, die umgebende Strahlung auch, doch ist sie in diesem Stadium meist überhaupt nicht mehr sehr ausgesprochen; je deutlicher die Strahlung um so kleiner die Archoplasmakörper, die manchmal auch stäbchen- förmig erscheinen können (Fig. 42); je weniger Strahlen mehr sichtbar sind, um so größer, kugliger die Archoplasmaklumpen (Fig. 41, 13— 46). Somit stimmen meine Beobachtungen beim Axolotl überein mit denen von Vzıpows&y! bei Rhynchelmis, der auch eine Theilung der Spermosphäre, _ oder, wie er sie nennt, des »Periplastes« fand, während Eikern und Spermakern noch weit von einander entfernt sind. Den beiden Attrak- tionsklumpen scheint einstweilen keine bestimmte Stellung zum Samenkern in seitlicher Beziehung zuzukommen; um beide Gebilde, Kern und Archoplasmakörper bildet sich jetzt ein lichter Hof, der von zarten Plasmabälkchen durchzogen ist (Fig. 43 und 4%), die mit dem Archoplasmakörper in Verbindung zu stehen scheinen. 6. Beziehungen zwischen Eikern und Samenkernausbildung. Gleichzeitig mit den eben beschriebenen Vorgängen der Ausbil- dung und Wanderung des Samenkernes, haben sich die weiter oben besprochenen Vorgänge an dem Kern des Eies, die zweite Richtungs- theilung, die Bildung des »Eikernes« und seine Wanderung abgespielt. Ob und in weit diese Veränderungen gegenseitig von einander abhängig sind, das ist noch immer in Dunkel gehüllt. Born? hat das Verdienst, diese Frage zuerst einer experimentellen Prüfung unter- worfen zu haben, doch hat er bis jetzt nur makroskopisch verfolgt, ob »unreife Eier« bereits befruchtungsfähig sind oder nicht. Borx’s Versuche scheinen die Frage zu bejahen, aber es zeigte sich, dass die unreifen Eier längere Zeit bis zur Furchung brauchen als die reifen. Man ist daher berechtigt anzunehmen, dass in Born’s Versuchen die Eier doch zuerst ihren Reifeprocess vollendet haben, bevor die Be- fruchtung erfolgte. Um die angeregte Frage allgemein gültig zu be- antworten, ist daher eine mikroskopische Untersuchung unerlässlich: es ist genau festzustellen, wie sich das Spermatozoon dem Kern der Eizelle in den verschiedenen Reifestadien gegenüber verhält, ob der Samenfaden überhaupt in das Ei eindringt, bevor das erste Richtungs- körperchen ausgestoßen und, falls ein Eindringen stattfindet, ob sich ein Samenkern ausbildet vor den beiden Richtungstheilungen des Eizellkernes oder ob gar eine Vereinigung des Samenkernes mit dem 1].p.540c. ? Born, Die Reifung des Amphibieneies und die Befruchtung unreifer Eier bei Triton taeniatus. Anat. Anzeiger Nr.23, 24, 25. 1892. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 585 Kern der Eizelle vor der zweiten oder vor beiden Richtungstheilungen ‚ erfolgen kann, welch Letzteres natürlich höchst unwahrscheinlich ist. Wenn wirklich solche Differenzen in der Befruchtungszeit gefunden würden, könnte daran gedacht werden, dass dieselben mit der Ent- stehung des Geschlechts in Zusammenhang stehen, wie das von Taury ! behauptet ist; er giebt an, dass sich aus den frühzeitig befruch- teten Eiern Weibchen, aus den spät befruchteten Männchen entwickeln. Auf diese Verhältnisse wäre also bei einer Untersuchung der Beziehungen zwischen Eireife und Befruchtung auch eventuell Rücksicht zu nehmen. Was nun unsere Beobachtungen beim Axolotl betrifft, so haben wir als Regel gefunden, dass (wie p. 547 bemerkt) niemals das zweite Rich- tungskörperchen vor der Befruchtung ausgestoßen wird, sondern dass wir am selben Präparat fast stets einerseits die Attraktionssphäre in Ausbildung, und den Spermakopf in Umwendung zur Oberfläche, andererseits die zweite Richtungsspindel in Metakinese und dann im Diasterstadium antrafen; mit der Umwandlung des Samenkopfes in den Samenkern sahen wir dann fast immer die Abschnürung der zweiten Richtungszelle und die Ausbildung des Eikernes Hand in Hand gehen. Aber es verzögert sich hier und da die zweite Richtungstheilung, so dass wir auf der einen Seite bereits den Samenkern zu wandern be- ginnen sehen, auf der anderen das zweite Richtungskörperchen noch nicht ganz abgeschnürt. Der umgekehrte Fall, Verzögerung der Samenkernbildung gegen die Eikernentwicklung, ist sehr selten, woraus man schließen könnte, dass wohl die Ausbil- dung des Eikernes von der des Samenkernes abhängig sei, nicht aber die Ausbildung des Samenkernes von der des Eikernes; doch ist die Entscheidung dieser Frage natürlich nur auf dem Wege der von Born begonnenen Experimente möglich. Bisher scheinen mir übrigens die Thatsachen entschieden für eine Abhängigkeit der Richtungstheilungen von der Befruch- tung und somit für eine Fernwirkung des Spermatozoon zu sprechen. Ich glaube, dass wir nicht umhin können, das Eindringen des Samenfadens mit der Einwirkung eines Fermentes zu vergleichen, und zwar mit der Wirkung der nach A. Fıcr’s? Anschauung fern- wirkenden Gerinnungsfermente. Bei deren Einwirkung braucht, wie A. Fıck gezeigt hat, nicht jedes Molekül der betreffenden Flüssigkeit mit dem Ferment selbst in Berührung zu kommen, sondern die Wir- kung pflanzt sich bei ihnen » explosionsartig« in der betreffenden Masse i Taury, Über das Gesetz der Erzeugung des Geschlechts, Leipzig 1863. 2 A. Fıck, Über die Wirkungsart der Gerinnungsfermente. Pruücer’s Archiv. Bd. XLV. 4889, 586 Rudolf Fick, von Molekül zu Molekül fort. So würde es erklärlich, dass unmittelbar nach dem Eindringen des Samenfadens z. B. am weißen Pol, seine Wirkung sich bereits an dem weit entfernten Ort der Richtungsspindel zeigen kann. 7. Die Copulation zwischen Eikern und Samenkern (Fig. 45—47). Bei der Wanderung der Kerne nach der Eimitte hat natürlich der Eikern stets eine größere Strecke zu wandern, denn der Samenkern hat ja einen Vorsprung von fast 200 u, da er sich, wie wir sahen, am Ende der Pigmentstraße entwickelt. Man trifft daher meist den Eikern noch ganz nahe an der Peripherie, wenn der Samenkern sich schon tief im Eiinneren befindet (vgl. Fig. 31 u. 32). Wie oben bereits angedeutet, scheinen sich die beiden Kerne nicht immer gerade in der Mitte zu treffen, sondern etwas excentrisch, namentlich wenn zufällig ein Samenfaden in der Nähe der Richtungs- stelle in das Ei eingedrungen ist. Ganz dasselbe hat schon van BAmBERE! abgebildet (l. c. Taf. XIV, Fig. 8 und 14), und neuerdings hat es auch Brauer bei Branchipus gefunden. Es gelangt dann der Eikern in den Pigmenthof des Samenkernes, und bei unserer Methode gelingt es aufkeine Weise, die beiden Kerne durch das Aussehen von einander zu unterschei- den: sie sind beide fast genau gleich groß, gleich gestaltet, gleich stark gefärbt und auch in ihrer Struktur vollkommen identisch, wie das auch bei anderen Thieren der Fall ist (Fig. 45 u. 46). Nur durch die Lage lässt sich manchmal noch eine sichere Ent- scheidung treffen, wenn der eine Kern mit Sicherheit auf der Pigment- straßenseite liegend erkannt werden kann, der andere gegen das Richtungsgrübchen hin gestellt ist. Die zwei Attraktionssphären liegen bei dieser » Gonjugationsstel- lung« zwischen beiden (Fig. 45). Während mir von jedem der bisherigen Stadien meist zahlreiche, lückenlose Serien zu Gebote stehen, verfüge ich bei den nun folgenden bislang nur über eine kleine Anzahl von Prä- paraten, doch glaube ich nach den mir vorliegenden sagen zu können, dass die Attraktionssphären der ersten Furchungsspindel beide von der einen desSamenkernes abstammen. Ferner sehe ich bei zwei Präparaten bereits ein Bündel von Spindelfasern von den Sphären ausgesandt (deren Verhältnis zu den beiden Kernen des Pig- mentes wegen leider nicht ganz klar gestellt werden kann), während die Kerne in Ruhe nahe bei einander in » Congugationsstellung« liegen. 1 van BAmBERE, Nouvelles recherches sur l’Embryologie des Batraciens. Arch. de Biologie. Vol. I. 1880. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 587 Bei einem anderen Präparat (Fig. 46) sind die Attraktionssphären noch kompakte kugelige Gebilde, von denen eine um den einen der beiden Kerne herum zu wandern scheint; die Kerne selbst aber zeigen einen ungemein dichten chromatischen Knäuel, der fast als ein einheitlicher Chromatinklumpen bezeichnet werden muss. Die Kernmembranen sind vom Chromatin weit abgehoben und stark gefaltet. Eine vollkommene Verschmelzung der beiden Kerne, eine Copu- lation derselben im eigentlichen Sinne, habe ich nicht gesehen, aber eben so wenig eine getrennte Distraktion der männlichen und der weiblichen Chromatinschleifen nach den beiden Polen der ersten Furchungsspindel oder eine CGentrenquadrille im Sinne For’s. Was die fertige erste Furchungsspindel und die ersten Furchungsstadien betrifft, so kann ich nur die Beobachtungen von Berroncı!, KöLLiker? und O. ScauLtze® bestätigen, die ja auch be- reits diese Stadien untersuchten und auch über Spindel und Attraktions- sphären daselbst ausführlich berichtet haben. Ich gebe desshalb nur eine Abbildung einer quergetroffenen Äquatorialplatte der ersten Furchungsspindel (Fig. 47): man sieht im Präparat, dass die Anzahl der vollständig isolirten Chromosomen im Ganzen etwa 16 betragen mag; (auf dem in Fig. 47 abgebildeten Schnitt sind natürlich nicht alle Schleifen zu sehen). In einigen Fällen konnte ich auch konstatiren, dass die erste Furche wirklich durch das Richtungsgrübchen, das noch die erste Richtungs- zelle enthält, hindurchgeht. | Die erste Furche tritt etwa drei Stunden nach der Eiablage auf. Wegen der relativ kleinen Anzahl von Furchungsstadien, die meine Präparate enthalten, ist es mir leider nicht möglich, die Angaben Bovr- rrs über die frühe Sonderung der Geschlechts- und Körper- zellen beim Axolotl zu verfolgen, deren Bestätigung mir hier allerdings sehr schwer, ja überhaupt nicht gerade wahrscheinlich erscheint. IV. Die Nebenspermatozo£n. Nachdem ich den normalen Verlauf der Befruchtung geschildert habe, darf ich es nicht unterlassen, besonders darauf aufmerksam zu machen, dass ich beim Axolotl ungeheuer häufig mehralsein Spermatozoon eindringen sah und zwar bei den verschiedensten Eiablagen verschiedener Weibchen, bei Ablage im Frühjahr, im Sommer 1 BELLONGı, 1. p. 539 c. 2 KöLLıker, Gewebelehre. 6. Aufl. Bd. I, p. 50—55 u. Würzburger Sitzungs- berichte. 4889. Nr. 2. ri 3 0, SCHULTzZE, Sitzungsberichte,. 4887. Nr. A. 988 Rudolf Fick, und im Herbst; auch versäumte ich es nicht, fast bei jeder Eiablage einige Eier sich weiterentwickeln zu lassen; stets erhielt ich normale Embryonen bezw. kleine Axolotllarven, wenn ich auch freilich nicht beweisen kann, dass diese sicher aus »überfruchteten« Eiern hervor- gegangen sind. Allerdings ist es andererseits auffallend, dass immer auch eine größere oder kleinere Anzahl von Eiern bei der Ablage unbefruchtet bleibt und es gehörte nicht zu den kleinsten Verdrießlichkeiten bei meiner Untersuchung, dass ich gar oft, nachdem ich mit der großen damit verbundenen Mühe Eier enthülst, fixirt, in Serien geschnitten und aufgeklebt hatte, zu meinem großen Ärger sehen musste, dass die Eier nicht befruchtet waren. Ob diese Thatsache dadurch ihre Erklä- rung findet, dass wir es bei unseren Axolotln nicht mit ganz normalen, sondern mit lauter durch die künstliche Züchtung und das Leben in der Gefangenschaft degenerirten Thieren zu thun haben, oder dadurch, dass eben die Art und Weise der Befruchtung selbst eine unsichere ist, ungünstiger als bei anderen Amphibienarten, lasse ich dahingestellt. Beiläufig will ich erwähnen, dass sich in den nicht befruchteten Eiern bald eineSchrumpfung bemerkbar macht, wenigstens finde ich bei ihnen auffällig oft die äußere Dotterhaut von der Eihaut abgehoben. Was aber die Polyspermie anlangt, so glaube ich entschieden behaupten zu müssen, dass diese für alle Axolotl, nicht nur für unsere Würzburger Exemplare, charakteristisch und typisch ist, denn auch van Bamgere fand ja bereits vor über 20 Jahren bei den von ihm untersuchten Axolotleiern Polyspermie. Er fand bis zu zwölf Dotterlöcher in einem Ei. Ja es ist nicht auszuschließen, dass auch RemaXr! oder gar schon Pr£vosr und Dumas? polysperme Eier von Amphibien vor sich hatten (vgl. p. 569). An meinen Präparaten finde ich bis zu neun Samenfäden im Ei. Es finden sich übrigens, wie schon mehrfach angedeutet, nicht alle » Dotterlöcher« auf der schwarzen Hälfte, sondern sehr häufig einige auch auf der weißen Seite, was auch schon van BAMBERE in seiner mehrfach eitirten Arbeit mit der Lupe beobachtet hat. Beim Frosch hingegen sollen nach Roux die Samenfäden nur an der schwarzen Hälfte eindringen. Beim Krötenei jedoch, dessen helle Seite allerdings auch ziemlich stark pigmentirt ist, hat Born auch dort »pathologisch « eingedrungene Spermafäden gefunden. Die »im Weißen « eingedrungenen Samenfäden können ungeheuer leicht übersehen werden, weil ihre Penetration nur von geringer oder gar keiner Pigmentansammlung begleitet ist; erst bei größerer Übung 1 REMAK, 1. p. 569 c. 2 PREvoST u. Dumas, 1. p. 534 c. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 589 gelingt es, auch bei flüchtiger Durchsicht der Serien, solche » weiße Spermatozoen« zu erkennen. Sehr häufig entwickeln sich die weißen Eindringlinge nicht weiter, sie quellen im Dotter auf und ver- schwinden bald wieder. Am leichtesten erkennt man ihre Gegenwart, wenn man auf den Rand des Eies achtet, an der Eiplasmaansamm- lung, die zwischen die zwei Dotterhäute hinein an der Penetrations- stelle sich bildet (Fig. 25 und 26), doch ist dieser » Empfängniskegel« auch hier nur von vorübergehendem Bestand, wie Fig. 29 zeigt, oft überhaupt sehr klein, und desshalb doch auch leicht zu übersehen. Daher kommt es denn, dass ich, je öfter ich die Serien durchsah, um so mehr »weiße Samenfäden« darin fand und ich glaube, nach diesen Erfahrungen, dass es sehr schwer ist, bei Eiern ohne pigmentirte Samenstraßen oder bei Eiern mit solchen für die weiße Hälfte mit Sicherheit zu sagen, dass nur ein oder gar kein Samenfaden in das Ei eingedrungen ist, wenigstens in den frühen Stadien nach der Befruch- tung. Es wäre desshalb nicht unmöglich, dass bei erneuter Unter- suchung, wenn auch auf diese Verhältnisse geachtet wird, auch bei solchen Thierspecies Polyspermie gefunden wird, bei denen sie bis jetzt geleugnet wird, zumal sich die Angaben über die »physiologische Polyspermie« immer mehr häufen. Nachdem sie früher schon von Kuprrer bei Batrachiern, Neunaugen und Forellen nachgewiesen wurde, wird sie neuerdings von Rückerr! für die Selachier, von OPpeL? für die Reptilien, von Brochmann® und von Hrxkıng® für die Insekten und von Toparo 5 für Seps cheloides angenommen. Was die Zahl der eingedrungenen Spermatozoen bei polyspermen Eiern betrifft, so scheinen von den bisher untersuchten Thieren obenan die Selachier zu stehen. Aber auch die Reptilien übertreffen unsere Axolotl wenigstens noch bei Weitem an Überfruchtung. Nach allen diesen Befunden wird man desshalb jetzt sehr genau in jedem einzelnen Fall prüfen müssen, ob eine Polyspermie, die man findet, nicht eine physiologische ist, und man wird nicht mehr wie Zacuarıas 6, der auch bei Ascaris bis zu zehn Samenfäden in einem Ei fand, alle solche Eier unbedenklich für patho- logisch halten. 1 RÜCKERT, Über die Befruchtung bei Elasmobranchiern. Verhandl. der anat. Ges, auf dem 5. Kongress, München 1890. p. 253f. u. Anat. Anz. 4892. Nr. 41. 2 Opser,, 1.9 570.C} 3 BLOCHMANN, Über die Richtungskörper der Insekten. Morphol. Jahrb. Bd. XI. 4 HENkınG, Über die ersten Entwicklungsvorgänge in den Eiern der Insekten. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. 5 Toparo, Sulla struttura, la maturazione et la fecondazione dell’ ovo della Seps cheloides. Nota prelimin. Atti della R. Accadem, dei Lincei 4894, 6 ZacHarıas, Neue Unters. über die Copulation der Geschlechtsprod. etc. bei Ascaris megaloceph. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXX. 1887. p. 448. 590 Rudolf Fick, Was das weitere Schicksal der »überzähligen Samenfäden« an- langt, so entwickeln sich viele namentlich von den auf der weißen Seite eingedrungenen, wie bereits erwähnt, nicht weiter; sie dringen nur eine kleine Strecke weit in den Dotter ein, dann verschwinden sie, wie auch bereits Bönm beim Neunauge beobachtet hat. Die anderen überzähligen »weißen Samenfäden« verhalten sich aber genau wie die Mehrzahl der »schwarzen Überzähligen«, d. h. gerade so wie das zur Gopulation kommende Spermatozoon, sie biegen auch plötzlich um, lassen auch aus ihrem Verbindungsstück eine Attraktionssphäre und aus ihrem Kopf einen Samenkern hervorgehen. Dabei ist meist die Plasmaansammlung um die »weißen Samenkerne« und ihre Sphäre bedeutend größer, wir sehen große dotterleere Löcher oder Höfe entstehen, die nur von einem Plasmanetz durchzogen sind und den Kern mit seiner Sphäre enthalten. Dieselben sind wohl durch Flüssigkeitsansammlung und Dotterverdrängung bedingt, nicht etwa durch Wachsthum des Kernes auf Kosten von Dotterelementen. Selbst die Theilung der Sphäre auf der Wanderung nach innen erfolgt bei ihnen ganz normal, ja es scheint in Ausnahmsfällen ein »weißer Samen- kern« mit dem Eikern in Copulation treten zu können, wenn er auf seiner Wanderung dem Eikern sich mehr genähert hat, als einer der »schwarzen Samenkerne«. Gewöhnlich erscheint aber bei mehrfach befruchteten Eiern einer der „schwarzen Samenfäden« durch seine dem Eikern benachbarte Lage gewissermaßen prädestinirt zu sein für die Copulation, so dass man ihn von vorn herein als den »Hauptsamenfaden«, die übrigen als »Nebensamenfäden« bezeichnen kann. Da die ganze Entwicklung des » Hauptfadens« zum »Hauptsamenkern « und der »Nebenfäden« zu den »Nebensamenkernen « absolut identisch verläuft, so bedarf es keiner besonderen Abbildungen, allebisher gegebenen Figuren über die Samenkernbildung etc. gelten für beide in ganz gleicher Weise. Nach diesem Befund beim Axolotl, wo man die » Nebensamenkerne« ganz unzweideutig aus »Nebensamenfäden « Schritt für Schritt ableiten kann, wird auch Niemand mehr an der Richtigkeit der Deutungen Born’s, Rückerr’s und Oprper’s zweifeln können, die ja die Herkunft dieser Kerne aus Samenfäden noch nicht absolut sicher beweisen, aber durch Anführung vieler Gründe schon sehr wahrschein- lich machen konnten. So viel Samenkerne auch zur Entwicklung kommen mögen, nie habe ich bisher beobachtet, dass mehr als ein Samenkern mit dem Eikern in Copulation trat; es macht den Eindruck, als ob durch die Copulation so zu sagen »die Affinität des Eikerns gesättigt seie und er Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 591 nun keine Anziehungskraft auf andere Samenkerne mehr ausübe. Es läge in diesem Verhalten ein Unterschied gegenüber den Eiern mit normalerweise monospermer Befruchtung, wo nach Boyvzrı bei patho- logischer Polyspermie der Eikern mit mehreren Samenkernen kopulirt. Überhaupt möchte ich mich Bovzars Hypothese! anschließen, dass sich vielleicht bei allen großen Eiern die Polyspermie als physiologisch, als normales Verhalten herausstellt, das durch die Zweckmäßigkeit an- gezüchtet ist, da dadurch die Wahrscheinlichkeit, dass sich Ei- und Samenkern in dem großen Ei überhaupt auffinden, wesentlich ver- größert wird. Das weitere Schicksal der Nebensamenkerne habe ich in meinen Präparaten, die sich nur bis zur Furchung erstrecken, nicht weiter ver- folgt. Auch habe ich keine Theilungen der Nebensamenkerne, wie sie Born, Rückerr und OPrreL nachgewiesen haben, in meinen Präparaten gefunden, doch möchte ich darauf aufmerksam machen, dass keineswegs aus dem Umstand, dass auf der weißen Seite des Amphibieneies Samenkerne gefunden werden, auf eine Theilung von Samenkernen und Wanderung derselben geschlossen werden darf, wie es Born thut, da es ja nun feststeht, dass auch am weißen Feld Samen- fäden einwandern und sich ganz normal entwickeln können. Endlich habe ich bis jetzt auch nicht mit Bestimmtheit feststellen können, dass durch die Nebensamenfäden eine partielle Furchung des Eies her- vorgerufen werden kann, die man in Analogie der parthenogenetischen eineandrogenetische oder spermatogenetische nennen müsste; Andeutungen davon glaube ich allerdings in einzelnen Fällen gesehen zu haben. V. Weitere Litteraturangaben und Allgemeines. Es erübrigt uns noch, diejenigen Punkte zu kennzeichnen, in denen unsere Angaben von denen anderer Autoren abweichen, namentlich solche theoretischer Natur, die einer eingehenderen Besprechung be- dürfen und die sich nicht ohne Weiteres in den Rahmen der fortlaufen- den Darstellung unserer Beobachtungen einfügen ließen. Was zunächst die Beschaffenheit der Eizelle des Axolotls betrifft, so schließen sich meine Beobachtungen im Großen und Ganzen der Beschreibung O. Scaurtze’s an, namentlich auch, was die Gestalt der Dotterkörner betrifft. In einem wesentlichen Punkt weiche ich jedoch von ihm ab, das ist die Annahme einer zweiten, einer inneren Dotterhaut, die ich, wie p.532 aus einander gesetzt, sicher beweisen ! Boverr, Artikel Befruchtung im Jahresbericht von MERkEL-BoNNET. 4892. 592 Rudolf Fick, zu können glaube; auch bezüglich der äußeren Dotterhaut der »Zona pellucida« schließe ich mich im Gegensatz zu O. Scaurtze der Ansicht van Bamger#’s und WaLpeyer’s an, die diese Haut für ein Produkt des Follikelepithels erklärt haben. Von dem Pigment des Axolotleies konnte ich, ohne dass ich aus der Litteratur eine Bestätigung des Befundes erbringen kann, nach- weisen, dass es in auffallender Weise Eisenreaktionen giebt (p- 534). | Die Angabe R. Arrmann’s!, dass die Dotterkörner sich aus kleinsten Körnchen entwickeln, kann ich bestätigen, doch ver- mag ich mir ohne einschlägige Färbeversuche kein Urtheil zu bilden, in wie weit diese »primitiven Dotterkrümel«, wie man sie nennen könnte, mit den ALrmann’schen Granula in anderen Zellen, oder gar mit den Kerngranula in Parallele gestellt zu werden verdienen. Namentlich könnte ich mich nicht entschließen, die Dotterkörner, bezw. die Körn- chen aus denen sie entstehen, als kleinste Elementarorganismen anzu- sehen, mit der Möglichkeit jeder Art von Lebensäußerung, vor Allem der Reizbarkeit und selbständiger Beweglichkeit begabt. Viele Autoren halten die Dotterkörner ja im Gegentheil gerade für vollkommen leblose Gebilde des Thierkörpers, für »Krystalle«. Bezüglich der Keimbläschenreifung glaube ich mich den Ansichten Rückerr’s und Born’s anschließen zu dürfen, die für eine Kontinuität des Kerngerüstes im Keimbläschen bei seiner Reifung eintreten und sich gegen die Entstehung der Chromosomen aus zerfallenen Nucleolen aussprechen, doch möchte ich betonen, dass auch ich von den Nucleolen glaube, dass sie in einer allerdings noch nicht aufgeklärten Beziehung zu den Veränderungen des Chromatins stehen, da sie bei der Ausbildung der Chromosomen für die erste Spindel vollständig verschwinden (ef. p. 538). | Wir haben auf p. 537 und Fig. 2 gezeigt, dass im Keimbläschen sich auf einem bestimmten Stadium das Chromatin in eigenthümlich gablig getheilten oder mehrfach verschlungenen Figuren findet, die auch Rückerr und Born beobachtet haben. Dass aber diese innige Ver- klebung bezw. Verschlingung der Chromosomenpaare in diesem und den folgenden von Rückerr beobachteten Stadien wirklich als der Weg betrachtet werden darf, um eine »Mischung der Ahnenplasmen« in den längsgetheilten Chromosomen hervorzubringen, dass sie wirklich als eine »„Gonjugation oder Befruchtung der längsgetheilten Chro- mosomen« aufgefasst werden darf, erscheint mir nicht besonders ! Arımann, Die Granulalehre und ihre Kritik. Archiv für Anat. und Physiol. Anat. Abth. 4893, p. 64. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 593 wahrscheinlich. Denn die Längstheilung der Chromosomen haben wir doch wohl mit aller Sicherheit, wie das von Roux zuerst klar ausge- sprochen wurde, als das Mittel zu betrachten, eine Theilung in zwei absolut gleiche Hälften zu erzeugen. Eine Verklebung zwischen den zwei ganz identischen Schwesterhälften derselben Schleife hätte also doch wohl keinen rechten Zweck. Es könnte durch die Conjugation niemals eine Kombination neuer Ahnenplasmen erfolgen, sondern höch- stens eine quantitativ verschiedene neue, vielleicht eine einfachere Verbindung, indem die eine Schwesterschleife sich einiger Ahnen- plasmenschwesterhälften entledigen und dafür andere von der Schwester übernehmen könnte, so dass sie jetzt wenigere verschiedene, dafür aber wieder lauter ganze Ahnenplasmen {nicht nur Hälften) besäße; es wäre somit die durch die Längsspaltung mühsam hergestellte Gleich- heit der Schwesterschleifen wieder aufgehoben; das wäre doch ent- schieden ein höchst sonderbarer Vorgang. Anders läge die Sache, wenn die von Rückerr, Born und mir beobachteten verschlungenen Chromosomenpaare nicht zu einander gehörige Schwesterschleifen wären, sondern nachgewiesen würde, dass es sich dabei um eine Conjugation zwischen Abkömmlingen verschiedener Mutterchromoso- men handelt; in dem Fall wäre in der That eine zweckmäßige »Amphi- mixis« möglich. Dieser Vorgang könnte bei den Selachiern, wie Rückerr selbst sagt, nur zwischen den vereinzelten unpaaren Chromosomen dieses Stadiums zu Stande kommen, die Mehrzahl der verschlungenen Paare waren aber sicher vorher nicht solche vereinzelte, unpaare Schleifen. Ferner könnte der Vorgang noch statthaben in einem späteren von Rückerr beschriebenen Stadium, bei der hypothetischen Ver- klebung von je zwei Schleifenpaaren zu einem Viererbündel. Kommt übrigens wirklich die Vierergruppe zu Stande durch An- einanderlagerung von zwei vorher getrennten Schleifenpaaren, dann ist entschieden Einspruch zu erheben gegen die Bezeich- nung der Vierergruppe als ein Ghromosom: es sind deren zwei und es hat im Kernbläschen der Selachier somit keine Zahlen- reduktion stattgefunden, wir haben, wie im Urei, 36 jetzt allerdings zweitheilige und zu je zwei Paaren zusammenliegende Chromosomen. Als je ein Chromosom dürfen wir die Vierergruppe lediglich dann be- trachten, wenn sie, was übrigens Rückerr nicht mit Sicherheit aus- schließen kann, durch nochmalige Längs- oder Quertheilung des einen doppeltheiligen Chromosomes hervorgegangen ist, oder wenn die vier Theile wirklich zu einem für uns untrennbaren Chromatinklumpen ver- schmelzen. Sowie wir auch noch diesen Begriff von einer »Chromo- Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LVI. Ba. 39 594 Rudolf Fick, someneinheit« fallen lassen und außerdem noch die Möglichkeit eines Stoffaustausches zwischen den einzelnen Chromosomen desselben Kernes, eine Chromosomen-Amphimixis zugeben, hat die Hypothese von der »Erhaltung der Chromosomenzahl oder gar der Chromosomen- Individuen« (»Erhaltungshypothese«, »Individualitätshypothese«) jede Bedeutung verloren, ist ihr der Boden vollständig entzogen. Wenn nämlich wirklich bei der Umwandlung des Keimbläschens zur ersten Richtungsspindel aus den 36 eintheiligen Chromosomen zuerst 72 Schleifen werden, die zu 36 Paaren neben einander liegen, und wenn die einzelnen Paarlinge unter sich, oder gar mit anderen (Conjugation der vereinzelten unpaaren Chromosomen) in Stoffaustausch getreten sind, und wenn nun aus den 72 zu 36 Paaren angeordneten Chromosomen durch Verkoppelung von je zwei Paaren zu einer Vierergruppe 18 vier- theilige Chromosomen werden, die wieder unter einander Stoffaustausch haben, dann wüsste ich wahrhaftig nicht, was sich von den 36 Keim- bläschenchromosomen noch »Individuelles« erhalten haben sollte! Eine ganz andere Auffassung wäre folgende: Die von uns über- einstimmend beobachteten Bilder der innigen Verklebung und Ver- schlingung zweier Chromatinschleifen vor der Auflösung des Keim- bläschens wären nicht zu betrachten als unvollständige Trennung je eines ursprünglichen Keimbläschenchromosomes, sondern als unvoll- ständige Vereinigung von zwei verschiedenen solchen zu einem neuen Chromosomenindividuum; hier träte dann nicht nur eine vorüber- gehende Conjugation, sondern eine wahre Amphimixis, eine volle Ver- schmelzung ein, falls in einem weiteren Stadium die begonnene Ver- einigung beider Paarlinge komplet würde, falls sie zu einer Einheit verschmölzen; damit wäre eine wahre Zahlenreduktion der Chromosomen, nach der so eifrig gefahndet wird, eingetreten. So un- wahrscheinlich mir auch diese Hypothese an sich ist, so möchte ich sie doch nicht gerade allein schon durch Rückerr's Zahlenangaben für widerlegt halten, da die Zählungen, wie Rückerr selbst angiebt und ich aus eigener Erfahrung weiß, bei unseren Objekten sehr schwer und unzuverlässig sind, ja auch Karscuenko ! beim selben Objekt ganz andere Zahlen als Rückerr angiebt. Weiterhin könnten dann die neuen Chromosomen durch doppelte Längstheilung viertheilig werden, wie z. B. bei Branchipus; in diesem Fall enthielte jede Vierergruppe die Ahnenplasmen von zwei ursprünglichen Keimbläschenchromosomen, die sich aber bei der Verschlingung schließlich vorübergehend in ein einziges Chromosom verwandelt hatten. * KATscHEnKo, Über den Reifungsprocess des Selachiereies. Diese Zeitschr. Bd.L. 1890, Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 595 Träte aber bei der mehrfach erwähnten Verklebung und Ver- schlingung zweier verschiedener Keimbläschenchromosomen keine vollkommene Verschmelzung der fremden Paarlinge im letzt ausge- führten Sinne ein und erfolgte in einem nächsten Stadium auch Vierer- gruppenbildung, so würde jede Vierergruppe aus vier ursprünglich fremden Chromosomen bestehen, wenn die Gruppe durch Zusammen- lagerung von je zwei Paaren erfolgte, oder aber nur zwei verschiedenen, wenn die Vierergruppe durch Spaltung jedes der (im vorigen Stadium) verschlungenen Paare entstünde. In beiden Fällen und auch in dem von Rückerr wirklich angenommenen Fall, wo zwar die verschlungenen Paare, der Mehrzahl nach wenigstens, aus Schwesterehromosomen be- ‚stehen, die Vierergruppen aber, nicht durch Spaltung, sondern durch Zusammenlagerung zweier Paare entstehen, in allen diesen Fällen würden bei den zwei Richtungstheilungen unter Umständen wirklich ganze Chromosomenindividuen für dasEi verloren gehen, wie bei der Carnoy’schen Auffassung, denn der Eikern erhält ja von jeder Vierergruppe nur ein einziges !/, (wenn nämlich innerhalb der Vierergruppe doch keine Vermischung der vier Chromosomen einträte; vgl. auch p. 598 ff.).. Um diese Fragen endlich sicher zu entscheiden, bedarf es aber entschieden noch genauerer, wirklich ganz einwand- freier Zählungen, die allerdings an Wirbelthiereiern wohl nur sehr schwer auszuführen sind. Bezüglich des Emporrückens des Keimbläschens an die Oberfläche ist noch zu erwähnen, dass Rückerr! im Gegensatz zu KırscHenko bei den Selachiern keine Wanderung des Keimbläschens aus dem Centrum nach oben annimmt, sondern sagt, bei den Selachiern liege das Keimbläschen von Anfang an excentrisch, meist um weniger als sein eigner Durchmesser von der Eioberfläche entfernt. Der An- schein einer Wanderung sei zum Theil vielleicht einfach durch das Wachsthum des Keimbläschens bedingt. Beim Axolotl scheinen die Dinge aber wesentlich anders zu liegen (und auch beim Frosch). Hier rückt das Centrum des Keimbläschens, und das ist ja natürlich das allein Maßgebende, wenn von der Randausdehnung des Keimbläschens bei seinem Wachsthum abstrahirt werden soll, im Verlaufe der Reifung, entschieden peripheriewärts, wie das von Herrwıc u. A. bei anderen Eiern festgestellt ist; z. B. neuerdings erst von Born bei Tritonen und Anuren. Sehr groß kann allerdings der Weg der Wanderung über- haupt nicht sein, weil das Keimbläschen auch bei nur geringer Wande- rung seiner Größe wegen bald am Eirand anstößt. 1 pe Bar cp, 112, 39* 596 Rudolf Fick, Durch welche Kräfte diese Wanderung hervorgerufen wird, das ist noch eine offene Frage. Hrrtwie nimmt an, durch Kontrak- tionen des Dotters; ich muss sagen, dass mir diese Hypothese nicht sehr wahrscheinlich dünkt, denn so lange das Keimbläschen noch eine centrale Lage einnimmt, würde es ja durch eintretende Dotterkontraktionen erst recht im Centrum festgehalten; nur durch eine komplieirt vertheilte, hauptsächlich einseitige Kontraktion könnte die beobachtete Wanderung bewirkt werden, und eine solche erscheint mir eben unwahrscheinlich. Eher möchte ich glauben, dass durch die Veränderungen, die im Keim- bläschen vor sich gehen, z. B. die Ausstoßung des Kernsaftes, die ganze im Ei gebildete Vacuole, die ganze »Keimblase« nach oben steigt und das eigentliche »Keimbläschen« mitnimmt, oder, wenn man von der Vacuolenbildung, weil sie von Manchen für ein Kunstprodukt gehalten wird, absieht, könnte man sehr wohl an aktive amöboide Bewegungen des Kernes nach oben denken, da manche Autoren in der That die Vorsprünge des Keimbläschen für Pseudopodien erklärt haben. Das Verschwinden des Keimbläschens findet beim Axolotl vor dem Austritt in die Bauchhöhle statt: nach Kurrrer und Benzcke ! verliert das Eidechsenei auch sein Keimbläschen vor dem Eintritt in den Eileiter. Die folgenden Stadien der Eireifung, die Richtungstheilungen, wurden bei den Amphibien zuerst von O. Schutze gefunden und ein- gehend beschrieben. Es fehlten nur wenige Phasen, die ich nun er- gänzen kann: der chromatische Keimbläschenrest an der Oberfläche vor Ausbildung der ersten Richtungsspindel, die Abschnürung des ersten Richtungskörperchens, das weitere Schicksal des ersten Rich- tungskörpers, Fehlen eines Ruhestadiums zwischen den beiden Rich- tungstheilungen, die Zellplattenbildung bei der zweiten Richtungs- theilung, das Diasterstadium derselben, die Phase der Abschnürung des zweiten Richtungskörpers und seine Beschaffenheit gegenüber der des ersten. Eine auffällige Erscheinung bei den Richtungstheilungen ist die Spindeldrehung. Über deren Ursache sind, so viel ich sehe, bisher nur von zwei Autoren Deutungen versucht. Die erste giebt O. ScauLtze: Er sagt, dem Herrwıg’schen Gesetz der Kernstreckung zufolge muss die Richtungsspindel in dem am schwarzen Pol in einem niedrigen Kugel- segment angehäuften Bildungsdotter sich tangential stellen, in dieser Stellung vermag sie aber nicht die Zelltheilung (Richtungstheilung) durchzuführen, desshalb dreht sie sich zum wirklichen Vollzug der ! KUPFFER u. BENECKE, Die ersten Entwicklungsvorgänge am Ei der Reptilien. Königsberg 1877. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 597 Theilung radiär. Von dieser Erklärung scheint mir namentlich der erste Satz nicht überzeugend, denn wenn das Ei wirklich, wie ScuuLtze sagt, »in gewissem Sinne telolecithal geworden« ist, müsste auch die erste Furchungsspindel am schwarzen Pol stehen und nicht im oder nahe dem Centrum des Eies. Ferner glaube ich nicht, dass die Spindel sich nicht auch in tangentialer Stellung sollte theilen können, denn ich habe in der That bei einem Präparat wenigstens das Diasterstadium in vollständig tangentialer Stellung, bei vielen Präparaten aber in sehr schiefer Stel- lung auftreten sehen. Bei einem solchen tangentialen Diaster braucht der eine Tochterstern nur noch ein klein wenig höher zu rücken, dann baucht er die Zellhaut des Eies vor und die Abschnürung kann beginnen. Für möglich hielte ich den Vorgang in dieser Weise entschieden, wenn- gleich auch mir für die Abschnürung des Richtungskörperchens die radiäre Stellung der Spindel die zweckmäßigere Stellung zu sein scheint. Dass sich die zweite Richtungsspindel dann doch wieder in tangentialer Stellung entwickelt, scheint mir ein Anklang an das Herrwic- sche Gesetz zu sein, wonach zwei auf einander folgende Theilungen immer in zwei senkrecht auf einander stehenden Ebenen erfolgen; die Radiärdrehung der Spindel zur Ausstoßung der Richtungskörper wäre aber durch Anpassung in Folge der größeren Zweckmäßigkeit ent- standen zu denken. Eine andere Erklärung giebt Brauer. Er meint, die Drehung sei vielleicht dadurch bedingt, dass sich die Eier beim Durchtritt von der Tube in den Uterus förmlich durchzwängen müssten, und dass es dafür zweckmäßiger sei, wenn sie tangential lägen. Dagegen muss vor Allem eingewendet werden, dass nicht einzusehen ist, warum die tangentiale Lage zweckmäßiger sein soll, als die radiäre, namentlich da Brauer nicht einmal angeben kann, in welcher Richtung die Eier gequetscht werden; nach meiner Erfahrung beim Axolotl kommen, sei es normaler- weise, sei es durch zu enge Lagerung der Eier im Ovar oder beim Durchtritt durch den Genitaltractus, gar nicht selten längliche, »seit- lich komprimirte« Eier zur Beobachtung. Bei diesen befindet sich meist die Mitte des schwarzen Poles an der einen Spitze des länglichen Eies; bei einem solchen Ei würde, glaube ich, gerade umgekehrt die Spindel ungestörter geblieben sein bei radialer als bei tangentialer Lage. Doch wird die Brauer’sche Erklärung einfach durch die Thatsachen wider- legt, dass erstens bei den Amphibien keine derartige enge Stelle im Genitaltraectus vorkommt und zweitens sich die erste Spindeldrehung meist schon in der Bauchhöhle vollzieht, vor der Einwanderung in die Tube. Nächst der Spindeldrehung ist gewiss die auffallendste Erscheinung 598 Rudolf Fick, bei den Richtungstheilungen das Fehlen der Gentrosomen und Polstrahlung. Ob sie wirklich vollkommen fehlen oder nur rudi- mentär sind und bei unseren Methoden desshalb nicht sichtbar, ist nicht zu entscheiden. Born scheint eine kugelige Plasmaansammlung an den Polen für ein Äquivalent zu halten. Brauer! freilich nimmt bei den Richtungstheilungen das Vorhandensein von Gentrosomen, auch ohne dass er sie gesehen hat, »da der gleichmäßige Zug der Spindelfasern bei der Trennung der Tochterplatten sonst nicht erklärbar wäre«, für be- stimmt an. Die negative Beobachtung habe wohl ihren Grund in »un- genügender Konservirung«. Eine Polstrahlung hingegen nimmt er nicht an. Ich muss sagen, dass mich diese Annahme sehr überrascht hat, denn ohne Polstrahlung oder ein Äquivalent derselben, sehe ich keine Bedeutung der CGentrosomen für den Theilungsmechanismus. Denn nach der durch Bovzrı ausgebildeten Theorie des Kerntheilungs- mechanismus sind es ja keineswegs die Gentrosomen, die die Spindel- fasern mit den Chromatinschleifen nach den Polen ziehen, sondern die Spindelfasern selbst durch ihre Kontraktion; bei dieser Kontraktion würden sie aber nur die Gentrosomen einander nähern, gegen die Äquatorialplatte hin ziehen können, nicht aber diese trennen können, wenn nicht eben die Centrosomen durch die Polstrahlung fixirt würden. Centrosomen ohne Polstrahlung oder Äquivalent anzunehmen, scheint mir daher nach den bisher geltenden Anschauungen in der Kern- theilungsmechanik zwecklos zu sein. Wie ich bei den Richtungstheilungen p. 542 u.550 näher ausgeführt habe, glaube ich, dass man eben hier eine Modifikation des van BENEDEN- Bovzrr’schen Theilungsmechanismus annehmen muss. Ich kann mir nach meinen Präparaten den Vorgang bei der Theilung nur so erklären, dass die Spindelfasern der peripheren Spindelhälfte sich direkt an der Zellhaut des Eies befestigen, die der centralen Hälfte aber sich mit dem Plasmagerüst des Eizellkörpers in Verbindung setzen. Und auch mit diesen Annahmen scheint mir der Mechanismus Angesichts der zweiten Richtungsdiaster, bei denen sich die Spindelfasern gar nicht zu kontra- hiren scheinen, keineswegs ganz aufgeklärt (cf. p. 548). Am meisten Berücksichtigung hat in neuerer Zeit entschieden das Verhalten des Chromatins bei den Richtungstheilungen gefunden. Zwei Meinungen sind es im Wesentlichen, die sich gegenüberstehen. Die Einen, van BEneDen, Hertwie und Wrısmann nehmen an, dass bei den Richtungstheilungen das eigentlich Charakteristische eine Reduk- tion der Chromosomenzahl sei, dass sie also nur eine Pseudo- 1 BRAUER, ]. p. 540 c. p. 33. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies, 599 karyokinese darstellten. Die Anderen, Bovzrı an der Spitze, sagen, dass dabei keine Reduktion der Chromosomenzahl, sondern nur eine Re- duktion der Ghromatinmasse eintrete, weil zwischen je zwei Theilungen der Kern kein Ruhestadium zur Ergänzung des an eine Tochterzelle abgegebenen Chromatins durchmacht. - Ich finde, dass man, auch wenn man sich Boverı’s Annahme an- schließt, eigentlich doch berechtigt ist eine Äquations- und Re- duktionstheilung im Sinne der alten Auffassung O. Herrwıe’s und der neuen Bezeichnung Weısmann’s zu unterscheiden; denn bei der gewöhnlichen Zelltheilung bekommt jeder Tochterkern so viel Chro- matin als der Mutterkern selbst anfänglich, bevor er sich zur Thei- lung anschickte, hatte; bei der Spermatogenese und den Richtungs- theilungen kommen aber Kerntheilungen vor, bei denen wegen des Weefalls der Ruhepause die vier Enkelkerne sich in die Chromatin- masse des großmütterlichen Kernes theilen müssen. Es liegen hier daher entschieden zwei ganz verschiedene Theilungsmodi vor, die sehr wohl verschiedene Namen verdienen. Ich sehe übrigens über- haupt gar keinen Grund ein, warum es nöthig sein sollte, dass die Geschlechiskerne gegenüber den Körperzellkernen auch noch eine Zahlenreduktion ihrer Chromatinschleifen erleiden sollten, da sie an Masse durch das Ausfallen der Ruhepause ja bereits auf 1/, des gewöhn- lichen Quantums herabgesetzt sind. So würde der erste Furchungskern also, falls Eikern und Samenkern aufder Wanderungihren Chromatingehalt nicht noch vermehrten (das wird, so viel ich sehe, in keiner der Hypothesen berücksichtigt), doch nur die Hälfte der Ghromatinmasse eines gewöhnlichen Körperzellkernes besitzen und es könnte die Verdoppelung der Chromosomenzahl sehr einfach durch Verschmelzung der (Viertel-)Schleifen der beiden Geschlechtskerne verhindert werden. Aus dem Grunde also: »damit keine Überladung der ersten Furchungszelle mit Chromatin stattfinde«, ist nicht noch eine Zahlenreduktion nöthig, dazu genügt schon die Massenreduktion bei den zwei ohne Rast auf einander folgenden Theilungen der Spermato- eyten und Ovocyten erster und zweiter Ordnung, ja diese Reduktion schießt, wie gesagt, über das Ziel hinaus, sie viertelt die Ghromatin- masse der künftigen Geschlechtskerne statt sie zu halbiren. Ob übrigens Bovzrı berechtigt ist, zu sagen, dass eine Re- duktionstheilung im Sinne (van Benepen’s und) Carnoy’s! bei den Richtungstheilungen wirklich nicht vorkommt, dass in der That immer nur durch Längstheilung entstandene Schleifenschwestern nach den 1 CArnoy, La vesicule 'germinative et les globules nolktnes de l’Ascaris meg. La Cellule. I. f. 4. 1886, 600 Rudolf Fick, verschiedenen Polen aus einander weichen, nie ganze Schleifen, ganze individuelle Chromosomen, das scheint doch noch Zweifeln begegnen zu müssen. So giebt Rückerr!, wie wir p. 593 ff. sahen, an, dass sich bei den Selachiern vor der ersten Richtungstheilung Vierergruppen bilden durch Aneinanderlagerung zweier Chromosomenpaare, nicht durch Spaltung eines Schwesterschleifenpaares in eine Enkelschleifen- Vierergruppe. Wenn von dieser Vierergruppe, ohne dass vorher eine Verschmelzung stattfand, bei der ersten Richtungstheilung das eine Paar in die erste Richtungszelle, das zweite in die zweite Richtungs- spindel überginge, so ist das ganz derselbe Vorgang wie ihn van Bsnepzn und Carnoy bei Ascaris beschrieben haben und ihn auch Herrwıc annimmt. Es genügt also keineswegs zu einer Bestätigung der Bovsri'schen Hypothese nachzuweisen, dass die vier sich auf den Eikern und »die drei Richtungszellen« vertheilenden Chromatinschleifen Abkömmlinge einer Vierergruppe der ersten Richtungsspindel, des Kernes der Großmutterzelle oder des Ovocyten erster Ordnung sind, sondern es müsste auch in jedem Falle der Nachweis erbracht werden, dass die Vierergruppe nicht durch Aneinanderlagerung verschiedener Chromosomenindividuen oder Theilen von solchen entstanden sind, vielmehr durch die Zusammengruppirung von vier Theilen, die durch zweimalige Längstheilung eines Großmutterchromosomes hervorge- gangen sind, etwa so, wie das Brauer ? bei Branchipus beschreibt. Wie bereits mehrfach erwähnt, ließ sich beim Axolotl über die absolute Zahl der Chromosomen nur eine ungefähre Vorstellung ge- winnen. Es scheinen in den Richtungsfiguren deren acht zu sein. Doch geht aus den Präparaten mit Sicherheit so viel hervor, dassin den von uns untersuchten Stadien des Keimbläschens die Zahl eine größere, wohl mindestens die doppelte ist, als die in der ersten Richtungs- figur, sowie dass die zweite Richtungsspindel anscheinend die gleiche Schleifenzahl aufweist, als die erste, nur sind die Chromosomen- individuen kleiner, schlanker von Gestalt. Ob auch beim Axolotl in der ersten Richtungsspindel bereits die Schleifen doppelt gespalten sind, für die nachfolgende zweite Richtungstheilung, oder ob auch in der zweiten Richtungsfigur eine Längsspaltung eintritt, vermag ich nieht mit voller Bestimmtheit anzu- geben, doch scheinen mir meine Präparate eher für die letztere An- nahme zu sprechen. Ferner ist auch beim Axolotl die Spaltung der Schleifen mit ! Rückerr, |. p. 537 c. Anat. Anz, 1892. p. 142 u. 444, 2 BRAUER, ]. p. 540 c.p. 15. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 601 Bovsrı ! als eine Lebensäußerung dieser selbst, nicht als Wirkung der Spindelkontraktion aufzufassen. Endlich konnte ich mit Sicherheit nachweisen, dass die Richtungs- theilungen vollständig typische Zelltheilungen sind, bei denen nur die eine Zelle auffallend klein ist, aber alle charakteristischen Merkmale der Eizelle an sich trägt, Chromatin, Protoplasma, Dotter, Pigment und eine Zellmembran besitzt, wodurch die BürscaLı- Bovserı’sche Hypothese eine vollständige Bestätigung erfährt. Bezüglich der Struktur der Samenfäden schließe ich mich im Wesentlichen den Beobachtungen und Deutungen von BarLowırz an, namentlich auch was den fälschlich sogenannten »Spiralsaum« be- trifft. Ich glaube auch beim Axolotl sicher beweisen zu können, dass die »Wellenmembran« nicht spiralig um den Faden herumläuft, sondern einseitig an ihm befestigt ist. In neuester Zeit ist ein lebhafter Streit entstanden unter Denen, die sich mit der Spermatogenese beschäftigt haben über die Frage, ob und wo im Samenfaden eine Attraktionssphäre mit Centrosoma zu suchen sei. Die Einen, namentlich Prarner und Bsnpı glauben, im vordersten Kopfende, die Anderen, vor Allem F. Hermann, nahmen es im Halsstück, zwischen Kopf und Schwanz an. Ich glaube für den Axo- lotl, schon durch die isolirte Metallsalz-Hämatoxylinfärbung den Sitz des Archoplasmas im Verbindungsstück sehr wahrscheinlich gemacht, durch die Vorgänge im befruchteten Ei aber direkt bewiesen zu haben. Möglicherweise ist übrigens der Sitz des Archoplasmas und des CGentrosomas bei den verschiedenen Thierklassen wirklich ein ver- schiedener. Die Frage nach einer Mikropyle im Amphibienei ist für den Axolotl wenigstens in verneinendem Sinn zu beantworten. Ein Empfängnishügel, wie er von Kurrrer zuerst bei der Forelle beschrieben, existirt beim Axolotl nicht, aber (vgl. p. 568) die Vermuthung ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Empfängniskegel des Axolotls damit identisch ist und auch zum Theil dem »Polplasma« Böum’s bei der Neunaugenbefruchtung verglichen werden kann. Denn es wäre doch vielleicht nicht ganz unmöglich, dass sich der » Empfängnis- hügel« und das »Polplasma« Kuprrer’s und Bönnm’s zum Theil wenigstens auch erst beim Eindringen des Samenfadens bilden, was wahrschein- lich bei diesen Thieren sehr schwer festzustellen ist. Der Eintritt und der erste Weg der Samenfäden im Ei war beim Axolotl ohne 1 Boverı, Zellstudien, II. p. 413. 602 | Rudolf Fick, Weiteres zu beobachten; der weitere Weg des Samenfadens aber, seine komplieirten Drehungen und Wendungen, konnte nur mit großer Schwierigkeit durch Kombinationszeichnungen aufgeklärt wer- den. Es ist zu erwarten, dass bei anderen Eiern Ähnliches gefunden wird. Bei den Axolotleiern wird die Pigmentstraße nicht wie OÖ. Herrwic, Roux u. A. für die Anuren annehmen, von dem wandernden Spermakern, sondern noch durch den fast unveränderten Samenfaden erzeugt. Es hat sich herausgestellt, dass die Richtung der Biegung in der Pigmentstraße beim Axolotl keineswegs direkt als die Copu-- lationsrichtung angesehen werden kann und dass die Bestätigung des betreffenden Roux’schen Gesetzes hier auf Schwierigkeiten stößt, die sich jedoch vielleicht durch eine Specialuntersuchung auch noch beseitigen lassen werden. Entgegen früheren, in allgemeiner Weise ausgespro- chenen Behauptungen dringt beim Siredon auch der Schwanz vollständig in dasEi ein. Der Kopf entwickelt sich nicht, wie die Autoren früher meist an- gaben, an der Peripherie, sondern tief im Inneren des Eies zum Samen- kern, das Verbindungsstück zur Attraktionssphäre des Samen- kernes, der Schwanz aber geht morphologisch zu Grunde. Auch beim Axolotl zeigte sich eine ziemlich bestimmte Corre- lation zwischen Eireife und Samenkernbildung, so zwar, dass der Ei- und Samenkern sich etwa zu gleicher Zeit entwickeln, wie es van BENEDEN für Ascaris angiebt, doch scheint der Samenkern in seiner Entwicklung voraneilen zu können, wie das Bovzrı und CArnoY bei Ascaris gesehen haben, im Gegensatz zu den Beobachtungen der Brüder HerrwıG! bei Strongylocentrotus lividus. Bei der Wanderung des Ei- und Samenkernes wurde ein bedeutendes Wachsthum kon- statirt; der Kerninhalt wächst um ca. das 27fache. Die beiden Kerne wandern unter amöboiden Bewegungen auf einander zu. Es muss daher eine Fernwirkung, die wohl chemischer Natur ist, angenommen werden; man darf sich dabei wohl erinnern an die Versuche PF£rrer’s? über die Anziehungskraft, die durch die Äpfelsäure auf gewisse Pflanzensporen ausgeübt wird. Ich glaube, dass der ganze Vorgang keineswegs anders, als es von Prerrer geschehen, zu deuten ist, denn wenn Herrwıc3 sagt, es widerspreche dem die Thatsache, dass von ver- 1 0. u. R. Herrwie, Über den Befruchtungs- und Theilungsvorgang des thieri- schen Eies unter dem Einfluss äußerer Agentien. Jena 4887. p. 80. 2 PFEFFER, Über chemotaktische Bewegung von Bakterien, Flagellaten, Volvo- cineen. Unters. aus dem bot. Inst. Tübingen. Bd. II. 1886. 3 Herwig, Die Zelle und die Gewebe. 4892. p. 244. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 603 schiedenen Farnarchegonien Äpfelsäure ausgeschieden werde und trotzdem immer nur die Samenfäden derselben Art von den betreffen- den Archegonien angezogen würden, so halte ich das durchaus nicht für einen Widerspruch. Man kann sich sehr wohl denken, dass zwischen den von den verschiedenen Archegonien abgesonderten che- mischen Substanzen doch noch sehr feine Unterschiede bestehen, die sich bei den geringen Quantitäten, die zur Untersuchung gelangen, überhaupt gar nicht chemisch nachweisen lassen; es könnten z. B. sehr wohl verschiedene Äpfelsäuren von der gleichen empirischen Formel C,H, 0; aber von differenter stereo-isomerer Konstitution von den ver- schiedenen Archegonien abgeschieden werden und man hätte weiterhin nur anzunehmen, dass die Samenfäden einer Farnart nicht von jeder beliebigen, sondern nur der betreffenden stereoisomeren Äpfelsäure angezogen würden. Namentlich möchte ich es für sehr gewagt halten, etwa mit Näcerı! an elektrische Wirkungen zu denken; dafür fehlt doch jeder, auch der geringste Anhaltspunkt. In Übereinstimmung mit den Angaben Bovzrr’s und van BENEDEN’S bei Ascaris finden sich auch beim Axolotl weder bei den Richtungsspin- deln, noch beim Eikern Attraktionssphären. Wenn sich späterhin mit anderen Hilfsmitteln doch noch eine oder mehrere solche auch beim Eikern finden sollten, so bleibt es immerhin höchst auffallend, dass bei unserer Methode die Sphäre des Samenkernes so schön und auffällig in Erscheinung tritt und beim Eikern nicht; es ließe sich das, meiner Meinung nach, nur erklären, wenn beide Sphären chemisch verschieden wären, es würden sich dann wohl auch andere verschiedene Farben- reaktionen an ihnen zeigen lassen. Trotzdem kann ich mich aber nicht ganz der Bovzrr’schen Hypothese anschließen, der »das ganze Befruch- tungsproblem« in die Frage zusammenfasst, »welches sind die Be- dingungen der Kern- und Zelltheilung, was fehlt hiervon dem Ei, was dem Spermatozoon« und meint, die Attraktionssphäre der Eizelle sei gewissermaßen atrophisch geworden, degenerirt, und um sich aufs Neue theilen zu können, bedürfe die Eizelle daher eine neue Sphäre, einen neuen Theilungsapparat und dieser werde dem Ei, das sei durch seine Untersuchungen wahrscheinlich gemacht, wohl durch das Spermatozoon zugeführt. Obgleich dieser letzte Theil von Boverr’s Hypothese durch den Befund beim Axolotl direkt zur Gewissheit erhoben wird, erscheint mir die ganze Auffassung noch unsicher, wegen der ersten Annahme. Denn man kann sich doch kaum eine zierlichere, glattere, sicherere Kerntheilung denken, als sie in den Richtungsfiguren erfolgt. Ja die 1 Niseuı, Mechan. physiolog. Theorie der Abstammungslehre,. 1884. 604 Rudolf Fick, Richtungstheilungen ohne Sphären und Centrosomen scheinen mir geradezu einen Zweifel zu provociren an der ganzen Anschauung von der Kerntheilungsmechanik, wie sie sich namentlich durch Boverr's Untersuchungen allgemein eingebürgert hat. Ob die auf p. 542, 549 u. 598 versuchte Modifikation in der Auffassung über den scheinbaren Widerspruch hinweghelfen kann, bleibt abzuwarten. Eines freilich lässt sich einwenden, dass nämlich das Ei ohne den regulären Theilungsapparat zwar noch eine typische Kern- nicht aber eine Zelltheilung vollbrigen könne, denn bei den beiden Richtungs- theilungen sei die eine Zelle jedes Mal nur ein »Zellkrüppel«. Diese Thatsache ist zwar nicht zu leugnen, ob aber an dem ungleichen Thei- lungsresultat wirklich der Sphärenmangel Schuld ist, das ist eine andere Frage. Die Angabe Bovzrı’s!, »dass es einerseits als gewiss gelten könne, dass die archoplasmatische Substanz des befruchteten Eies, wenigstens zum weitaus größten Theil, der Eizelle entstammt, während anderer- seits mit großer Wahrscheinlichkeit behauptet werden dürfe, dass das Centrosoma vom Spermatozoon geliefert wird«, muss für den Axolotl dahin modifieirt werden, dass beides (Archoplasma und Centrosoma) vom Samenfaden dem Ei zugeführt werden und zwar durch das Ver- hindungsstück desselben. Von einer »Gentrenquadrille« im Sinne For’s habe ich beim Axolotl nichts sehen können, doch muss ich noch einmal betonen, dass ich leider von den Stadien der Copulation bisher nur wenig Eier sammeln konnte. Was den Streit zwischen der » Verschmelzungstheorie« O. HErT- wies und der »nuclearen Ersatztheorie« van BENEDEN’s betrifft, so schließe ich mich ganz der Meinung Srrasgurger’s und HERTWwIG’s an, dass man trotz der Befunde bei Ascaris und anderen Eiern doch be- rechtigt ist, von einer »Verschmelzung der beiden Vorkerne« zu sprechen, wenn sie auch nicht im Ruhestadium, sondern erst im Schleifenstadium erfolgt, denn die Chromatinschleifen des Eikerns und Samenkerns treten doch faktisch zu einer Kernfigur, zur ersten Fur- chungsspindel zusammen und diese theilt sich in zwei, nicht aber in vier Tochterkerne, wie es sein müsste, wenn es sich auch nach der Vereinigung noch um zwei getrennte, nicht verschmolzene Kerne handelte. Überdies nennt ja van Benepen den Ei- und Samenkern nur »Halbkerne«, den ersten Furchungskern aber einen Vollkern, also muss auch er offenbar eine Vereinigung der beiden Halbkerne annehmen. 1 Zellstudien. II. p. 167. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 605 Außerdem ist nun von Bovzrı! mehrfach bei Ascaris meg., bei Phyllirho& bucephalum, bei Cionia intestinalis und Echinus microtuberculatus der Nachweis erbracht, dass bei Eiern vom selben Mutterthier beide Fälle vorkommen, Verschmelzung der »Vorkerne« im Ruhestadium und ge- trennte Distraktion der männlichen und weiblichen Chromatinschleifen, dass es sich also offenbar um gänzlich bedeutungslose, vielleicht rein zufällige Variationen des Befruchtungsvorganges handelt, je nachdem die beiden Geschlechtskerne früher oder später auf einander treffen; doch scheint die Verschmelzung der Ruhekerne immerhin das seltenere Vorkommen zu sein, da sich die Befunde von der Bildung der ersten Furchungsspindel ohne vorherige Verschmelzung doch immer noch mehren und sich bereits, wie auch Bovzkı hervorhebt, über alle Hauptthierreihen ausgebreitet haben. Sie ist nachgewiesen bei den Würmern (Nematoden, Sagitta, Nephelis), bei Mollusken (Limax, Helix, Arion, Pterotrachea, Carinaria, Phyllirho&, Tiedemannia, Gym- bulia), bei Coelenteraten (Mitrocoma), Echinodermen (Echinus micro- tuberculatus), Tunicaten (Cionia intestinalis), Arthropoden (Cetochilus, Branchipus Grubii?) und auch sogar beieinem Wirbelthier (Gtenolabrus). Im Pflanzenreich hingegen scheint sich nach Srrasgurcer? die Ver- schmelzung der Vorkerne ausschließlich schon im Ruhestadium zu voll- ziehen. In der Frage nach der Bedeutung der Richtungstheilungen und des Befruchtungsvorganges scheinen sich die Autoren jetzt nicht mehr so schroff gegenüberzustehen als früher; namentlich ist _ man wohl ziemlich allgemein von der »Unisexualität« der beiden Ge- schlechtskerne zurückgekommen und in der Richtungstheilungfrage hat entschieden die BürsenLı-Boverr'sche Ansicht, wonach die Richtungs- theilungen phylogenetisch reducirte weitere Eizelltheilungen darstellen, die meiste Zustimmung gefunden. Die Befunde beim Axolotl bilden, wie mehrfach erwähnt, eine vollständige Bestätigung zu dieser An- nahme. Bovzrı geht so weit, die Richtungstheilungen für vollkommen zwecklos zu halten und ihr Fortbestehen trotz der Zwecklosigkeit für einen Beweis der »organischen Trägheit« zu halten. Ich möchte glauben, dass diese sich mit solcher Zähigkeit weiter erhaltenden Theilungen doch irgend einem physiologischen uns noch unbekanntem Zwecke dienen. Über diesen Zweck sind die verschiedensten Hypothesen auf- ! Boverı, Zellstudien, II., II. ? Wie van BENEDEN, so bildet übrigens auch Braver in Fig. 83 u. 86 doch eine Verschmelzung der beiden Kernhöhlen ab, 3 STRASBURGER, Kern- und Zelltheilung im Pflanzenreich, nebst einem Anhang über Befruchtung, Fischer 1888. 606 Rudolf Fick, gestellt, v. KöLLıker! und v. Inerıng? sehen den Zweck in einer Herab- drückung des Eikernes auf das Kaliber des Spermakernes; diese Deutung hat viel Einleuchtendes, zumal wir aus unseren Präparaten gesehen haben, dass der eben gebildete Eikern (durch den Vollzug der Richtungs- theilungen) in der That etwa gerade so groß geworden ist als der eben gebildete Samenkern. Aber dasselbe Resultat ließe sich doch wohl auf weniger komplicirte Art erreichen, z. B. dadurch, dass sich der Eikern direkt nach seiner Bildung aus dem Keimbläschen nicht mehr weiter verkleinerte, und dass nur der Samenkern bei der Wanderung noch wüchse. Herrwıc hält die Chromatinreduktion für den eigentlichen Zweck der Richtungstheilungen; in der That wird bei ihnen im Wesent- lichen nur das Chromatin, nicht die Protoplasmamasse des Eies redu- eirt: »denn die Protoplasmamasse der Großmuttereizelle oder des Ovo- ceyten erster Ordnung soll ja« nach Boverı »eben möglichst vollständig in der einen von den vier Descendentenzellen aufgespeichert werden«. Doch scheint es mir, ganz abgesehen von Bovzrrs Funden an den im Ascarisei zurückgebliebenen Richtungskörpern, überhaupt gewagt, bei dem Vorgang einer wahren Zelltheilung daran zu denken, dass dieser nur dazu dienen solle, eine Substanz aus dem Zellleib zu eliminiren, einen Auswurfstoff zu beseitigen; ich meine, dazu sei keine Zell- produktion nöthig, der überflüssige Zelltheil könnte viel einfacher durch Atrophie und schließliche Resorption oder Verbrennung beseitigt werden. Höchstens könnte man den mächtigen Strom der Leucoceyten damit vergleichen, aber auch da sind wir ja durchaus nicht mit Sicher- heit berechtigt, anzunehmen, dass es sich nur um Auswurfszellen handelt, die keinen physiologischen Zweck erfüllen. Vielleicht kommt die mehrfach modifieirte » Weısmann’sche Theorie« einer wirklichen Lösung des Räthsels etwas näher. In allen Ausfüh- rungen derselben scheint mir übrigens die fundamentale Eigenschaft des lebenden Protoplasmas, Stoffe der Umgebung sich selbst zu assi- miliren, zu wenig berücksichtigt zu sein. Es ist gewiss nicht im Sinne Weısmann’s gelegen, sondern ein Missverständnis, aber ein leicht ver- zeihliches, da ich wenigstens nirgends davor gewarnt finde, dass man nämlich annimmt, in jeder Geschlechtszelle seien von dem individuellen Plasma eines entfernten Ahnen noch wirkliche Theilchen vorhanden trotz der sich auf Billionen belaufenden Spermatozo@n- und Eiproduktion in ! v. KöLLıker, Die Bedeutung der Zellkerne für die Vorgänge der Vererbung. Diese Zeitschr. Bd. XLII. 2 v. Inerıng, Befruchtung und Furchung des thierischen Eies. Vortr. f. Thier- ärzte von PrLuc. Serie I. Heft 4. 41878. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 607 der langen Zeit!. Man hat doch vielmehr offenbar anzunehmen, dass eine Zelle, die in ihrem Leibe etwas Plasma ererbt hat, das einer Kombination der Ahnenplasmen a und b entspricht, im Stande ist, aus den ihr zugeführten Nährmaterialien Protoplasma von der Kombination (ab) zu bilden, dass mit anderen Worten eine Zelle eines Jetzt lebenden Menschen unter Umständen fähig ist, eine Proto- plasmaart zu bilden bezw. zu vermehren, in der Eigen- schaften enthalten sind, die sie ererbt hat von Ahnen, die vor Tausenden von Jahren gelebt haben, ohne dass indivi- duelle Moleküle von jenen Ahnen in ihrem Leibe ent- halten zu sein brauchen. Endlich können unsere Präparate auch in der alten Streitfrage, ob die Kernsubstanz allein der Träger der Vererbung sei oder ob auch protoplasmatische Theile durch die Samenfäden, auf das Ei mit über- tragen werden, zur Entscheidung beitragen. Jetzt neigen sich fast alle Autoren der ersten, später allerdings von ihm selbst verlassenen An- sicht Köruıker’s? zu, wonach der Samenfaden nicht einem umge- wandelten Kern, sondern einer ganzen Zelle gleichzusetzen sei. Die meisten Autoren nahmen dabei allerdings an, dass für die Befruch- tung doch lediglich die Kernsubstanz in Betracht komme; unsere Prä- parate hingegen zeigen unzweideutig, dass die Kernsubstanz des Samenfadens nicht allein als die männliche Vererbungs- substanz angesehen werden kann, denn es betheiligt sich ja bei der Befruchtung sichtlich auch die Attraktionssphäre oder das Archoplasma des Samenfadens, dessen Abstammung aus dem Kern zwar neuerdings von O. HerrwıcG angenommen, aber doch noch nicht über allen Zweifel erhoben ist. Aber wenn auch die Sphäre in letzter Instanz ein Kern- abkömmling wäre, muss der Schwanz doch sicher als extranucleär ent- standen betrachtet werden. Da wir diesen aber auch in den Zellenleib der Eizelle mit eindringen sehen, so ist nicht mit aller Sicherheit eine Mitwirkung von seiner Seite bei der Befruchtung auszuschließen; denn wenn er auch morphologisch keine Bedeutung bei der Befruchtung zu haben scheint, da er sich im Eikörper völlig auflöst, könnte ihm »phy- siologisch« oder besser, »chemisch« doch eine Wirkung dabei zu- ! Beiläufig will ich bemerken, dass WEısmann (Über die Zahl der Richtungs- körper und über ihre Bedeutung für die Vererbung, Jena 1887, p. 34) in der Be- rechnung der Iden- (Ahnenplasmen-) Zahl in der n-ten Generation ein Irrtbum untergelaufen ist, indem die Idenanzahl darin nicht n? sondern natürlich 2% be- trüge. ® KÖLLIKER, Beitr. zur Kenntnis der Geschlechtsverhältnisse und der Samen- flüssigkeit wirbelloser Thiere. Doktor-Dissert. Berlin 4844, 608 Rudolf Fick, kommen; durch seine Beimischung könnte möglicherweise, ähnlich wie durch ein Ferment, eine wichtige chemische Veränderung des Eiplas- mas erfolgen, die auch zur Vererbung in Beziehung stehen könnte, Ob diese Annahme wahrscheinlich ist oder nicht, lässt sich kaum sagen, jedenfalls lässt sich die Unwichtigkeit des Schwanzes für die Befruch- tung einstweilen nicht beweisen. Für die Entscheidung dieser Fragen müsste erst der Chemismus des Protoplasmas und der Nucleine, dieser komplicirtesten aller Eiweißkörper, ganz ergründet sein, eine Aufgabe, die wohl noch lange ihrer Lösung harren dürfte. Wenn sich aber auch nicht beweisen lässt, dass dem Protoplasma des Samenfadens wirklich keine wesentliche Bedeutung bei der Ver- erbung zukommt, so werden doch alle Autoren lieber das Chromatin für das Substrat der Vererbung halten, weil wir eben dessen wunderbares Verhalten, dessen Veränderungen bei der Befruchtung, mit unseren Augen unmittelbar sehen und uns also eher etwas Be- stimmtes dabei denken können, als bei den vielleicht eben so wichtigen, aber für uns unsichtbaren rein chemischen, nicht morphologischen Ver- änderungen des Protoplasmas. Desshalb hat wohl auch die » Wrıs- mann’ sche Vererbungstheorie«, so viel ihre Details auch von den ver- schiedensten Autoren bekämpft und zum Theil widerlegt sind, im Großen und Ganzen doch bei Allen unausrottbare Wurzeln geschlagen, desshalb ist die Grundanschauung Werısmann’s, in den Chromatin- schleifen die von den Ahnen ererbten Protoplasmaeigenschaften, die Ahnenplasmen verkörpert zu sehen, doch wohl Allen, auch Denen, die vorher noch nicht ähnliche Anschauungen in sich trugen, in »Fleisch und Blut übergegangen«. Auch die Weısmann’sche Lehre von der Be- deutung der Amphimixis als dem eigentlichen Zweck der Befruchtung gewinnt fortwährend noch an Anhängern. Nach allen bisher bekannten Thatsachen könnte man vielleicht denZweck der Befruchtung, den Zweck der Vereinigung des Chro- matins zweier Zellen von zwei verschiedenen Individuen kurz so aus- drücken: Es findet durch diesen Vorgang eine Summirung von den in zwei verschiedenen Ahnenreihen herange- züchteten Protoplasmaarten statt, welche neue Kombina- tion von ererbten Fähigkeiten eventuell im Stande sein wird, das betreffende neue Individuum und weiterhin die betreffende Rasse im Kampf ums Dasein wesentlich zu fördern und die hinwiederum einen Ausgangspunkt dar- stellt für weitere, neue Variationen. 5 Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 609 VI. Zusammenfassung der Resultate. _ 1. Das Ei und seine Reifung. Die Eier sind sehr verschieden groß. p. 531. Der »helle Richtungsfleck« ist nicht identisch mit dem »Rich- tungsgrübchen« (Fovea germinativa), letztere ist eine sekundär durch das erste Richtungskörperchen gedrückte Grube in der Eioberfläche. p- 531 u. 544. Das Ei besitzt zwei Dotterhäute, die äußere dicke stammt vom Follikelepithel, die innere, zarte ist die Zellmembran des Eies. p. 532. Das Pigment giebt Eisenreaktionen. p. 533 £. Die Dotterkörner sind kugelige Gebilde, keine Plättchen. p. 534. Die Höhle um das Keimbläschen herum scheint kein Kunstprodukt zu sein. p. 5939 f. In dem noch wenig excentrischen Keimbläschen sind zopfartig ver- flochtene und gabelig getheilte Chromosomen in großer Zahl. p. 537 (592 £.). Bei der Ausbildung der Chromosomen für die erste Richtungs- spindel verschwinden die Nucleolen. p. 538. Bei der Eireifung wandert das Keimbläschen an die Eioberfläche. p- 538. Die erste Richtungsfigur besitzt ungefähr acht Chromosomen. p. 540. Die erste Spindel scheint aus Keimbläschenresten hervorzugehen, ist nicht tonnenförmig, sondern spitzpolig, lässt keine Polstrahlen und kein Gentrosoma erkennen. p. 540. Die erste Spindel steht zuerst tangential, dann radial. p. 541 (596 £.). Die Spindelfasern befestigen sich bei der radial stehenden Spindel einerseits an der Eizellmembran, andererseits am Plasmanetzwerk der Eizelle. p. 542. Die Ausstoßung des ersten Richtungskörpers erfolgt auf dem Weg des Eies vom Ovar zur Tube oder in den obersten Abschnitten der letzteren. p. 541. Die beiden Richtungstheilungen sind wahre Zelltheilungen. p. 543 u. 549. Die beiden Richtungszellen liegen zwischen Dotterhaut und Eizell- membran. p. 543 u. 550. Die erste Richtungszelle theilt sich in seltenen Fällen nochmals p- 545. Die beiden Richtungszellen gehen durch Pigmentatrophie zu Grunde. p. 544. Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LVI, Bd. 40 610 Rudolf Fick, Die zweite Richtungsspindel geht ohne Ruhestadium aus den Resten der ersten hervor, ist bedeutend kleiner als die erste, lässt auch weder Polstrahlung noch Genirosoma erkennen. p. 545f. Auch die zweite Richtungsspindel steht zuerst tangential, nachher radial. p. 545, 547 (596 £.). Bei der zweiten Richtungstheilung zeigen sich Andeutungen einer Zellplattenbildung. p. 548. | Die Ausstoßung der zweiten Richtungszelle erfolgt immer erst nach der Befruchtung, sonst überhaupt nicht. p. 547. Die zweite Richtungszelle ist bedeutend kleiner als die erste. p- 550. Der Eikern, der weder Sphäre noch Centrosoma besitzt, wächst bei seiner Wanderung sehr bedeutend (ca. um das 27fache). p. 552. 2. Das Spermatozoon. Die Samenfäden bestehen aus Kopf, Verbindungsstück und Schwanz. p- 954. Der Kopf lässt einen Rerzıus’schen Spieß, ein besonderes Vorder- stück und einen Achsenfaden erkennen. p. 554 f, Das Verbindungsstück ist in den Kopf eingefalzt, besteht auch aus einem Achsenfaden und einem Mantel. p. 556. Lediglich das Verbindungsstück färbt sich bei Metallsalzhämatoxy- linfärbung tiefschwarz blau. p. 558. | Der Schwanz hat auch einen Achsenfaden und Mantel sowie eine Wellenmembran und ein besonders gestaltetes Endstück. p. 560 ff. Die Wellenmembran ist nur einseitig, nicht spiralig am Schwanz- faden befestigt. p. 560. 3. Die Befruchtung des Eies. Beim Axolotl erfolgt keine Begattung. p. 564. Die Eier werden beim Durchtritt durch die weibliche Kloake durch den in den Samentaschen aufgespeicherten Samen befruchtet. p. 565. Eine Mikropyle besteht nicht. p. 567. Die Samenfäden dringen an beliebigen Stellen, auch auf der weißen Seite des Eies ein. p. 567, 588 ff. An der Eintrittsstelle bildet sich sofort eine trichter- bezw. kegel- förmige Eiplasmaansammlung »Empfängniskegeld,. p. 567. Auf der schwarzen Hälfte des Eies wird der Weg des Samenfadens durch eine Pigmentstraße bezeichnet; diese kann nicht lediglich dem Oberflächenpigment entstammen. p. 570. Es dringt der ganze Samenfaden ins Ei ein. p. 581. . Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 611 Wenn der Samenfaden etwa !/, des Eiradius ins Eiinnere vorge- drungen ist, biegt er " plötzlich um, die auensus erhält ein Knie. p-. 5731. Der Kopf des Samenfadens wendet sich später ganz rückwärts der Eioberfläche zu, so dass das Verbindungsstück nach innen vom Kopf zu liegen kommt. p. 574. Aus dem Verbindungsstück entwickelt sich eine Attraktionssphäre; etwa At nach der Eiablage. p. 577. Aus dem Kopf bildet sich der Samenkern; etwa 2" nach der Eiab- lage. p. 580. Der Schwanz verschwindet gänzlich. p. 581. Die Richtung des Pigmentknies scheint zur Lage des Eikernes in keiner gesetzmäßigen Beziehung zu stehen. p. 575. Auch der Samenkern wandert unter amöboiden Bewegungen und wächst dabei eben so stark wie der Eikern. p. 582. Die Attraktionssphäre des Samenkernes theilt sich lange vor der Copulation. p. 583. Eikern und Samenkern sind noch im Ruhestadium, auch wenn sie schon ganz dicht bei einander liegen. p. 586. Eine »Gentrenquadrille« ist beim Axolotl nicht zu finden. p. 587. Die erste Furche zeigt sich etwa 3? nach der Eiablage. p. 587. 4. Die Nebenspermatozoön. Beim Axolotl besteht physiologische Polyspermie. Die Nebenspermatozoen verhalten sich genau wie das Hauptspermatozoon, nur copuliren sie nicht mit dem Eikern. p. 587 ff. Würzburg, im März 1893. Litteratur über den Axolotl. 1867. A. Dunerır, Metamorphose des Batraciens urodeles a branchies externes du Mexique, dits Axolotls, observees a la menagerie des Reptiles du Musee d’histoire naturelles. Annal. des scienc, nat. Vol. VII. 4870. vAN BAMBEKE, Sur les trous vitellins, que presentent les oeufs f&Econdees des Amphibiens. Bull. de l’Acad. Roy. de Belgique. 1872. MALBRANC, Über das Sperma vom Siredon. Würzburger Verhandlungen. N.F. Bd. II. 1872. Jory, Etud. sur les metamorphos. des Axolotls du Mexique, developpement et rotation de leur embryon dans l’oeuf. Rev. des scienc. nat. publ. sous la direct. de MM. Dusrevir et E. Haecker. T. I. No.A. 40% 612 Rudolf Fick, 41873. H. GeErvAıs, Hybridation des Axolotls par les Tritons. Journal de Zoologie. "TS IL pP. 245 | 1874. RosBın, Observation sur la fecondation des Urodeles. Journ. de l’Anat. et de la Physiol. 1875. STiEDA, Zur Naturgeschichte des mexikanischen Kiemenmolches. Sitzungsber. der Dorpater Naturforsch. Ges. Vortrag in der 84. Sitzung. 20. 111, 4875. 1878. MARıE v. CHAuvin, Über die Verwandlung des mexikanischen Axolotls in Am- blystoma. Diese Zeitschr. Bd. XLVII, 1881. GAsco, Les amours des Axolotls. Zool. Anz. 1881. 4884, BErLoncı, Int. alla cariocinesi nel segmentatione dell’ ovo di Axolotl. Nota R. Accad. dei Lincei. — BErLoxcı, Int. alla formazione della linea primitiva e del solco primit. nella gastrula dell’ Axolotl. Not. prevent. R. Istitut. Lombardo nell adunanza del 47. V. 4883. 1884. SHUFELDT, Axolotl transformat. Science Vol. VI. 1887. O. ScuuLTze, Über die Eireifung und Befruchtung des nes, 4, Ab- handlung. Diese Zeitschr. Bd. XLV. 4889. O. ScHuLTzE, Würzburger Sitzungsber. Nr. 1. 1889. A. v. KÖLLIKER, Gewebelehre. 6. Aufl. p. 50—55 u. Würzburger Sitzungsber. Nie. .9, 41890. BALLoWITZz, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXV1. 1890. ZELLER, Über die Befruchtung der Urodelen. Diese Zeitschr. Bd. XLIX und Berichtigung betr. die Samenaufnahme der weibl. Tritonen. 1. c.p. 741. 1892. R. Fıck, Über die Befruchtung des Axolotleies. Vorl. Mittheilung. Anat. Anz. Nr. 25, 26. 1892. Sehr ausführliche Verzeichnisse der Litteratur über die Befruchtung finden sich bei WALDEyER, Karyokinese und ihre Beziehung zu dem Befruchtungsvorgang, Mikr. Arch. Bd. XXXIH, 1888 und in Boverrs Referat über die Befruchtung im MERKEL-BonneET'schen Jahresbericht 4892, sowie HErrwig, Die Zelle und die Gewebe. Jena 1892, Erklärung der Abbildungen. Tafel XXVII—-XXX. Die wichtigen Kontouren in den Abbildungen sind alle mit dem Zeichen- prisma nach der Natur gezeichnet. Es wurden mit Ausnahme der Spermatozoen- abbildungen immer dieselben Vergrößerungen angewendet. Für schwache Vergrößerung Leitz Syst. 3, Oc. I, für starke: Leitz Ölimmers, 1/5, Oc. 1. Fig. 4. Das Axolotlei mit wenig excentrischem Keimbläschen. D, Dotterhaut in Entstehung mit Follikelepithel; P, Perivitellin; H, Höhle um das Keimbläschen herum; M, Keimbläschenmembran; N, Nucleolen. Fig. 2. Stück des Keimbläschens bei starker Vergrößerung. M, Membran des Keimbläschens; NS, »Nucleolenschatten«; Chr, Chromatinschleifen; z, zopfartig verflochtene Chromosomen. Fig. 3. Ei mit an die Oberfläche gerücktem Keimbläschen. Bezeichnungen wie in Fig. A. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. 613 Fig. 4. Entstehung der ersten Richtungsspindel. An der Oberfläche die Kerne des Follikelepithels (dunkel) und des Ovarialepithels (blass), sowie die Dotterhaut in Bildung. Fig. 5 = Fig. 31 O. Scauutze’s. Erste Richtungsspindel tangential. Fig. 6. Erste Richtungsspindel in schräger Stellung. Fig. 7. Erste Richtungsspindel fast radiär, Befestigung des äußeren Poles an der Eizellmembran. Fig. 8. Die erste Richtungsspindel drängt die Eioberfläche etwas vor, die Ab- schnürung der ersten Richtungszelle beginnt. Fig. 9. Weiteres Stadium der Abschnürung der ersten Richtungszelle. Fig. 40. Erste Richtungszelle im Richtungsgrübchen zwischen den beiden Dotterhäuten. Fig. 41. Nochmals getheilte erste Richtungszelle. Fig. 42. Zweite Richtungsspindel fast tangential, an den Seiten eingedrückt. Fig. 43. Zweiter Richtungsdiaster. Genau radiär, genau unter der Richtungs- grube mit dem ersten Richtungskörperchen. Eizellmembran zwischen beiden ver- dickt, gequollen. Am Äquator eine » verspätete« Schleife. Fig. 44. Schräger Richtungsdiaster mit Andeutung einer pigmentirten Zell- platte. Fig. 45. Zweite Richtungsspindel im gleichen Stadium wie die erste in Fig. 8. Fig. 16. Abschnürung der zweiten Richtungszelle. Eikern schon die Wande- rung eben beginnend. Fig. 47a. Erste Richtungszelle in flacher Delle; das Pigment durch den Luft- zutritt abgeblasst (cf. p. 533). Fig. 475. Zweite Richtungszelle in Abschnürung. Fig. 48. Links die kleine zweite Richtungszelle, rechts die große erste im Richtungsgrübchen gelegen. Fig. 49. Eikern auf Wanderung (die Richtungszellen mit dem Prisma auf den gleichen Schnitt projiecirt). Fig. 20. Spermatozoon bei Leitz, Ölimmersion 1/9, Oc. III. Tubus kurz. Fig. 24. Spermatozoon, Kopf, Verbindungsstück und Schwanzanfang mit Hämatoxylin gefärbt. Leitz Obj. 7, Oc. II. Fig. 22. Hinteres Kopfende — Schwanzanfang. Leırz Ölimmers. !/ıs, Oc. IN. Tubus lang. Fig. 23. GanzerSamenfaden. Verbindungsstück schwarz gefärbt durch Kupfer- vitriol-Hämatoxylin. Leitz Obj. 7, Oc. III. Fig. 24. Schwanzende (Hämatoxylinpräparat). Leitz Ölimmers. 1/jo, Oc. Ill. Tubus lang. Fig, 25. Samenfaden auf der weißen Hälfte in das Ei eindringend. Dotterhaut abgehoben, Perivitellinerguss zwischen den zwei Häuten, Eiplasmaerguss unter der Eizellmembran. Fig. 26. Kombinationsbild aus zwei Schnitten; Aufquellung des Samenfadens beim Eintritt in den » Empfängnistrichter«. Fig. 27. Schwanz beim Eindringen korkzieherartig gewunden. Im Dotter Querschnitt des Kopfes. Fig. 28. Bildung der Pigmentstraße beim Eindringen (Kombination aus drei Schnitten). Fig. 29. Umbiegung eines auf der weißen Hälfte eingedrungenen Samenfadens, an dem Kopf und Verbindungsstück zu unterscheiden ist; der Empfängniskegel und der Perivitellinerguss fast ganz verschwunden. 614 Rudolf Fick, Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. Fig. 30. Dasselbe auf der schwarzen Eihälfte. Fig. 31. Pigmentstraße mit primärem und sekundärem Knie. Eikern in Bildung. Fig. 32. Pigmentstraße mit primärem und sekundärem Knie. Eikern eben die Wanderung beginnend. Das Strahlencentrum bereits getheilt »zwei Gentrosomen «). Sp, Samenkern; Ek, Eikern. Fig. 33. Eben so. Eikern tief im Inneren. Fig. 34. Attraktionssphäre auf der weißen Hälfte in Bildung zwischen Kopf und Schwanz. Die punktirte Linie entspricht der Verlaufsrichtung der Eioberfläche. Fig. 35. Dasselbe auf der schwarzen Eihälfte. Die Umkehr des Kopfes zur Ei- oberfläche hin zu konstatiren. Fig. 36. Eben so. Auf dem gequollenen Verbindungsstück auch die zur Ebene der Abbildung senkrecht verlaufenden Strahlen in perspektivischer Verkürzung als Pünktchen zu erkennen. Fig. 37. Kontouren des Verbindungsstückes ganz verschwunden, Schwanz abgelöst; Pigmentstraße nach rechts, Samenkopf nach links gewendet. Fig. 38. Kopf spitz ausgezogen, in Ablösung von der Sphäre; in dieser ein weißes Pünktchen (Centrosoma?), Kopf bröckelig. Fig. 39. Kopf in Abschnürung von der Sphäre; vom Pigmentknie ab der Ei- oberfläche zugewendet. In der Pigmentstraße ein gequollener Schwanzrest. Kopf bröckelig. Fig, 40. Samenkern eben gebildet; Schwanz auch noch zu sehen. Situation zum Pigmentknie; dieses zielt nach links, der Samenkern nach rechts und zur Ober- fläche hin. Fig. 44. Sphäre in Theilung, Hantelform. Fig. 42. Sphären getheilt, fast stäbchenförmig; Spermakern gewachsen von der primären Pigmentstraße ziemlich entfernt. | Fig. 43. Samenkern mit großem, noch ungetheilten Archoplasmaklumpen. Fig. 44. Samenkern mit einem kleinen (Tochter-)Archoplasmaklumpen. Fig. 45. Samenkern und Eikern in Conjugationsstellung, zwischen beiden die zwei Archoplasmakugeln. Fig. 46. Eikern und Samenkern neben einander. Kernmembran stark gefältelt. Die Chromosomen zu einem dichten Knäuel (Klumpen) kontrahirt, so dass die (blassen) Archoplasmakugeln größer als die Chromatinklumpen. Beim oberen Kern liegt das Archoplasma hinter dem Chromatin, beim unteren Kern vor demselben. Fig. 47. Erste Furchungsspindel, Äquatorialplatte in Polansicht, Beiträge zur feineren Anatomie des grofsen Hirns. Von S. Ramön y Cajal, Professor der Histologie an der Universität Madrid. Aus dem Spanischen der Anales de la Sociedad Espanola de Historia Natural, Tomo XXI, 4893, mit Zustimmung und auf Wunsch des Verfassers durch A. KÖLLIkER besorgte Übersetzung. 1. Über die feinere Struktur des Ammonshornes. Mit Tafel XXXI—XXXIV, Fig. 1—16. Unsere ersten Untersuchungen über das Ammonshorn begannen im Jahre 1888 und wandten wir bei denselben sowohl die Methode von WeEIGeErT, wie das langsame Verfahren von Gorsı an. Die erhaltenen Ergebnisse, obschon noch sehr unvollkommen, überzeugten uns doch, dass, wie dies auch Goreı und sein Schüler L. Sara melden, das Am- monshorn und die Fascia dentata wohl die Theile des Nervensystems sind, in denen die schwarze Färbung am leichtesten gelingt, und die Nervenfasern und ihre Collateralen am sichersten sich verfolgen lassen. Das Erscheinen der Arbeit von L. Sıra !, durch welche die klassi- schen Untersuchungen von Gousı nicht unbedeutend vervollständigt wurden, sowie die Nöthigung, andere nicht minder wichtige Unter- suchungen über das Rückenmark, das kleine Gehirn etc. zu Ende zu führen, veranlassten uns die Veröffentlichung unserer eigenen Erfah- rungen über den genannten Hirntheil vorläufig zurückzustellen. Die Zeit, die inzwischen verstrich, war nicht ohne Erfolge für die Wissenschaft. Unsere Auffassung über die Formverhältnisse und die Beziehungen der nervösen Elemente zu einander haben sich geklärt und eben so haben sich unsere Kenntnisse über den Bau der typischen Hirnrinde wesentlich vermehrt. Dank den Arbeiten von Hıs, Forer, KÖLLIKER, v. LENHOSSEK, RE£Tzıus, v. GEHUCHTEN, P. Ramon, MarTınoTTı und durch unsere eigenen Beobachtungen sind viele allgemeine störende 1 Luicı Sara, Zur Anatomie des großen Seepferdefußes. Diese Zeitschr. Bd.L. 41891, 616 S. Ramon y Cajal, Fragen definitiv entschieden. Jetzt ist die Aufgabe der Anatomen bei Untersuchung eines besonderen Theiles des Nervensystems so weit be- grenzt und festgesetzt, dass es sich nur darum handelt zu bestimmen, welche Einzelverhältnisse in jedem Falle die Gesetze modificiren, die die Beziehungen der nervösen Elemente zu einander regeln. Unter diesen Verhältnissen vermag die Untersuchung des Ammons- hornes, welches als eine typische, jedoch einfachere Rindenschicht gilt, wenn auch nicht die Lösung allgemeiner Probleme zu geben, doch wenigstens Einzelnheiten im Baue aufzudecken, welche Licht über die Deutung noch dunkler Verhältnisse anderer Abtheilungen des Nerven- systems verbreiten. Von diesen Hoffnungen geleitet erneuerten wir unsere Unter- suchungen im verflossenen Jahre. Als wir dann, andere Untersuchungen zurückstellend, uns bereit machten, unsere Erfahrungen zu veröffent- lichen, erschien eine bemerkenswerthe Monographie von SCHAFFER !, welche die Angaben von Goısı? und L. Sıra wesentlich erweiterte und in der dieser Gelehrte, geleitet von den neuen Anschauungen über den Zusammenhang der nervösen Elemente, den Bau dieses Organs zu deuten und auf die typische Hirnrinde zurückzuführen sucht. Um nun die Früchte unserer Forschungen nicht ganz zu verlieren, veröffentlichten wir einen vorläufigen Bericht über dieselben, der am 7. Dec. 1892 vor der Sociedad Espaüola di Historia Natural vorgetragen wurde. Die hier vorliegende Arbeit giebt eine ausführliche Darstel- lung dieser meiner Erfahrungen mit Abbildungen und enthält auch einige Zusätze als Ergebnis neuester Beobachtungen. Technisches. Wir haben bei unseren Untersuchungen drei Methoden angewandt, die von WEIGERT-Par, die schnelle Gorsr’sche und die von Cox. Die Methode von WEIGERT-Par ist so bekannt, dass es nicht nöthig ist Weiteres zu bemerken, als dass wir dieselbe beim Ammonshorn des Menschen, des Kaninchens, des Meerschweinchens und der Maus ange- wandt haben. In neuester Zeit haben wir ebenfalls mit gutem Erfolge die schnelle Methode von BErkELEY? versucht, nach welcher die beste Härtung durch die Fremming’sche Flüssigkeit erzielt wird. 1 KARL SCHAFFER, Beitrag zur Histologie der Ammonshornformation. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXIX, 4. Heft. 1892. 2 C. Goreı, Sulla fina anatomia degli org. centr, del sist. nerv. Milano 1886. 3 CAsaL, Observationes anatomicas sobre la corteza cerebral y asta de Am- mon. Actas de la Sociedad Espanola de Historia Natural. Segunda serie. Tomo I. Sesiön de Diciembre de 1892, * J. BERKELEY, Die Osmium-Kupfer-Hämatoxylinfärbung. Neurologisches Cen tralblatt, 1892. Nr. 9. Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. I. i 617 Die schnelle Methode von Gouscı giebt glänzende Erfolge, wenn sie bei jungen Geschöpfen angewendet wird. Besonders günstig sind neu- geborene Meerschweinchen, Kaninchen von 8—15 Tagen und die Maus von 15—20 Tagen, sowohl was die Zellen als die Nervenfasern betrifft. Sobald die Markscheiden auftreten, wird die schwarze Färbung unvoll- ständig und unsicher, besonders in Betreff der Achseneylinder und Collateralen der Zellen des Ammonshornes und das Innere (den Hilus) der Fascia dentata. Dagegen erhält man selbst beim erwachsenen Kanin- chen ziemlich genügende Färbungen der Achseneylinder und Zellen der Körner, was sich aus dem Mangel einer Myelinscheide an den ge- nannten nervösen Fortsätzen erklärt. Die Zeit des Verweilens in der erhärtenden Osmium und doppelt- ehromsauren Kalimischung schwankt von zwei bis vier Tagen. Sehr häufig haben wir auch zweimalige Imprägnationen angewandt, die Präparate gaben, in welchen nahezu alle Zellen und Fasern gefärbt sind. Im All- gemeinen ist es nur dann angezeigt, eine zweite Färbung zu versuchen, wenn in Folge übermäßiger Härtung oder wegen eines ungünstigen Entwicklungszustandes des Ammonshornes die Zahl der gefärbten Zellen eine geringe ist. Im entgegengesetzten Falle läuft man Gefahr zu ver- breitete und allgemeine Färbungen zu erzielen, in denen die Verfolgung der Nervenfasern nahezu unmöglich ist. Die von W. Krause! gelobte Methode von Cox?, der dieselbe bei der Netzhaut mit Erfolg angewendet hat, ist in ihrem Erfolge sicher und färbt eine große Zahl von Zellen und Fasern. Dieselbe bietet außerdem noch den großen Vortheil dar, einmal keine unregelmäßigen Nieder- schläge an der Oberfläche der eingelagerten Stücke zu erzeugen, und zweitens, was auch von Wichtigkeit ist, eine nachfolgende Färbung der Schnitte mit Karmin (Alaunkarmin z. B.) und Hämatoxylin zu gestatten. Das Verfahren von Cox besteht darin, nicht zu große Stücke der nervösen Centren mit einer Flüssigkeit zu behandeln, die besteht aus: doppeltchromsaurem Kali von 5%,. . . 20 Theile Sublimatlösung von 5%, ........ PAUDE) destillirtemı Wasser. 8. 2. 30—40 » chromsaurem Kali von stark alkalischer Reaktion yon, als! 29, / N In dieser Mischung verbleiben die Stücke zwei bis drei Monate im Winter und im Sommer wenigstens einen Monat. Wie bei der Methode von Goısı werden die Stücke vor der Immersion während einer halben 1 Krause, Die Retina. Internat. Monatsschr. für Anat. u. Phys. VIII. 1894, 2 Cox, Nederlandsch Tijdschrift for Geneeskunde. 4890. D. XI. Nr. 45. — Jahresber. von Vırcaow und Hıisrsca, 1894, Bd. I. 618 S. Ramon y Cajal, oder ganzen Stunde in Alkohol von 36° gewaschen. Nachher kommen die Schnitte in starken Alkohol von 40°, werden hierauf in Nelkenöl durchsichtig gemacht und endlich ohne Deckglas in Dammarlack, der in Xylol gelöst wird, aufgehoben. Auch die Methode von Cox giebt bei jüngeren Thieren viel bessere Resultate als bei älteren ausgewachsenen, und erhielten wir die schön- sten Präparate von Kaninchen von einem Monate. Der Quecksilber- niederschlag bildet sich vorzugsweise in den marklosen Nervenplexus und gelingt hier viel besser als bei der Gorer’schen Methode. Die Reak- tion geht öfter auf die myelinhaltigen Fasern über, welche an den Mark zeigenden Stellen verdickt erscheinen. Im Allgemeinen dient die Methode von Cox als Gegenprobe zu derjenigen von Goısı, deren Ergebnisse sie voll bestätigt. Wenn es sich um dickere Nervenfasern handelt und um Stämme und Veräste- lungen von Protoplasmafortsätzen, ist dieselbe der Gorgr'schen vorzu- ziehen, wogegen für die Darstellung der feineren und feinsten Collate- ralen die Silberbehandlung den Vorzug verdient; jedoch nicht dess- wegen, weil die Sublimatmethode diese Theile nicht gut färbt, sondern nur darum, weil dieselben blasser und minder scharf vortreten. Wir gehen nun zur Darlegung unserer Ergebnisse über und wollen in drei Abschnitten, I) das Ammonshorn, 2) die Fascia dentata und 3) den Gyrus hippocampi oder das Subiculum behandeln. Ammonshorn. Das Ammonshorn und die Fascia dentata werden von den Autoren sehr verschieden aufgefasst. Nach Gorsı und L. Sara (ll. cc.), welche zuerst die Methode der Silberbehandlung anwandten, und die Eigen- thümlichkeiten der Nervenzellen dieser Theile klar legten, handelt es sich bei denselben um zwei mit ihren Oberflächen oder der Molekular- lage zusammenhängende Windungen. Die eine derselben, zart und in ihren Elementen eigenthümlich umgestaltet, würde durch die Faseia dentata dargestellt, die andere dickere und mit dem Subiculum in Ver- bindung stehende würde von dem eigentlichen Ammonshorn gebildet. Diese Auffassung, die bereits in Duvar!, auf seine embryologischen Untersuchungen gestützt, einen Vertreter gefunden hatte, ist am meisten im Einklang mit den Ergebnissen der anatomischen Untersuchung. Um jedoch dieselbe ohne Einschränkung annehmen zu können, ist es nöthig, das Vorkommen einer Hirnwindung nicht allzu sehr zu betonen, ! Duvar, La corne d’Ammon. Arch. de Neurologie. Tome II et Ill. 1881, 1882. Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. 1. 619 da, wie Gracominı! mit Recht hervorgehoben hat, das Ammonshorn auch bei Thieren, die keine Hirnwindungen besitzen, wie das Kaninchen und die Maus, stark entwickelt ist. : Die allgemeinen Ergebnisse, die aus unseren eigenen Unter- suchungen sich ableiten lassen, stimmen mit dem Ausspruche von Gıacominı überein. Nach unserer Auffassung stellen das Ammonshorn oder der Hippocampus major und die Fascia dentata zwei besondere und getrennte Gestaltungen der Hirnrinde dar, die jedoch, und vor Allem die Fascia dentata, solche Eigenthümlichkeiten zeigen, die uns voll berechtigen, dieselben für besondere Organe des Gehirns zu halten, eben so wie z. B. den Bulbus und Lobus olfactorius. Die Hauptunter- schiede zwischen dem Ammonshorn und der Hirnrinde beruhen in der Gestaltung einiger Zellenformen und in den Eigenthümlichkeiten ge- wisser Achseneylinder (und zwar denen, die von den ovoiden Zellen der Fascia dentata ausgehen). Was dagegen die Zahl der Schichten und die allgemeine Zusammensetzung derselben anlangt, so stimmen dieselben, wie bereits ScHArrer dies ausführlich dargelegt hat, voll- kommen mit denen der typischen Hirnrinde überein. Die einzelnen Schichten des Ammonshornes sind von vielen Anatomen, die mit den gewöhnlichen alten Methoden gearbeitet haben, ganz richtig unter- schieden worden, wie von Kurrrer?, MEınert?, Krauset, Totpr und KAHLeRd und OBERSTEINER®. Um Verwechslungen und irrthümlichen Auffassungen vorzubeugen, nehmen wir die klassische Nomenklatur und die gemeinhin angenommene Zahl der Schichten an. Und um sofort die Übereinstimmungen beider Theile deutlich zu machen, stellen wir den Zonen des Ammonshornes und der Fascia dentata diejenigen der typischen Hirnwindungen an die Seite. 1) Lage oder Zone des Ependyms (bei Rauön Epithel ge- heißen). Die dem Seitenventrikel zugewandte Oberfläche des Ammons- hornes zeigt eine einfache Schicht von kurzen Ependymzellen von prismatischer oder kubischer Gestalt, die L. Sara durch Silber darge- stellt hat. Der vom tiefen Ende dieser Elemente ausgehende Fortsatz verhält sich nach dem Alter der Thiere verschieden. 1 Gıacominı, Fascia dentata del grande hippocampo del cervello umano. Giorn. della R. Accad. di Torino. Fasc, 44 e 12. 4883. 2 KUPFFER, De cornu Ammonis textura. 1859. 3 MEINERT, Handbuch von STRICKER. p. 712. 1874. * Krause, Anatomie. Bd. I. Hannover 4876. p. 444, 5 Lehrbuch der Gewebelehre. 1888. 6 OBERSTEINER, Anleitung zum Studium des Baues der nervösen Centralorgane. 2, Aufl. 1892. 620 S. Ramon y Cajal, Bei neugeborenen Kaninchen und Mäusen geben diese Zellen in ihrer Mehrzahl vom tiefen Ende einen kurzen Büschel horizontaler Ästehen ab, die dicht unter dem Ependym enden. Doch findet sich unter diesen Ausläufern stets ein erheblich stärkerer, der als wahre Verlängerung der Zellen in schiefer Richtung die angrenzenden Zonen durchsetzt und, in der Lage der Pyramiden winkelig geknickt, in der molekularen Zone sich reichlich verästelt. In manchen Fällen gabelt sich oder verästelt sich der Hauptstamm dieser Fasern gerade beim Ein- treten in die Zone der Pyramiden, wie die Fig. 4 bei e zeigt. Die letzten Enden dieser Fasern haben wir nicht selten bis in die Nähe der Ober- fläche des Ammonshornes verfolgt, wo dieselben gewöhnlich sich um- bogen, um im Inneren der Rinde zu enden. Da es uns nicht gelang jene Endkolben zu finden, welche die Ependymzellen und Fasern der typischen Hirnrinde dicht an der Pia bilden, so halten wir es für wahrscheinlich, dass dieselben beim neugeborenen Kaninchen bereits verschwunden sind, indem die letzten Enden sich zurückzogen und resorbirt wurden. Im Übrigen findet sich der schiefe Verlauf der ge- nannten Ependymfasern (wie in der Richtung auf das Subiculum zu) nur in der oberen Gegend des Ammonshornes, während in der Nähe der Fimbria diese Fasern bereits in der Gegend des Stratum oriens aufs reichlichste sich verästeln, ohne in geknickte Fasern überzugehen. Bei Kaninchen von acht Tagen verkümmern die peripherischen Verästelungen des radiären Theiles der Ependymfasern und verbreiten sich diese fast ausschließlich in der Dicke des Stratum oriens und des Alveus, in welchem Stadium dieselben wohl sicher von L. Sırı gesehen wurden, der angiebt, dass dieselben die großen Pyramiden erreichen. Endlich verkürzen sich bei erwachsenen Kaninchen und Meerschwein- chen die Endbäumchen der Ependymfasern noch mehr und verlieren ihre nun sehr stacheligen und wie gefiederten Ausläufer mitten unter den markhaltigen Fasern des Alveus. Im Übrigen findet man beim neugeborenen Kaninchen durch die ganze Dicke des Ammonshornes zerstreut viele Neurogliazellen. Einige derselben zeigen jetzt noch eine Verdickung und eine radiäre Stellung, welche auf ihre Abstammung von Ependymzellen hinweisen (Fig. 1 d). 2) Alveus oder weiße Substanz. Diese Zone setzt sich zu- sammen aus den Achsencylindern der Pyramiden und aus einigen poly- morphen Zellen, welche aus der angrenzenden Schicht (dem Stratum oriens) weggerückt oder verschoben sind, wie GoLGı, Sara und SCHAFFER dies gezeigt haben. Der Verlauf der Fasern ist verschieden, je nach der Gegend des Alveus, die man untersucht. In der Höhe der oberen Region des Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns, 1. 621 _ Ammonshornes (oberhalb und hinter der Fimbria) verlaufen dieselben nach außen und hinten, um dann sich umzubiegen und zu longitudi- nalen Elementen zu gestalten, was genau in der Gegend statthat, wo das Subiculum sich mit dem genannten Körper verbindet. An dieser Stelle findet sich ein diekes Bündel weißer Substanz, welches genau in derselben Richtung verläuft, wie das Ammonshorn (Fig. 2 G). In der Region der Fimbria und des Hilus oder der Stelle des Ammonshornes, welche in die Konkavität der Fimbria eintritt, gehen die Fasern gegen die Fimbria, in welche eingetreten dieselben longitudinal werden. Diesem zufolge finden sich zwei Nervenzüge im Ammonshorn, von denen jeder in einer besonderen Abtheilung des Umfanges desselben seinen Ursprung nimmt, in der Fimbria die eine (Fig. 2 F), die andere in dem dicken hinteren oberen Bündel (Fig. 2 @). Um Umschreibungen zu vermeiden, nennen wir in Zukunft »obere Region des Ammonshornes« (semi canna superior) die, deren Fasern lateralwärts zu dem Fasciculus posterior-superior sich vereinen, während wir den Namen untere Region für die untere Wölbung verwenden, deren Fasern in die Fimbria übergehen. Diese Unterscheidung ist, wie wir später sehen werden, durch die Ver- schiedenheiten, welche die Pyramidenzellen beider Regionen zeigen, noch besser begründet. | Untersucht man den Alveus an gut gefärbten Objekten, so sieht man, dass nicht alle Nervenfasern desselben die nämliche Dicke be- sitzen, vielmehr als feine und grobe sich unterscheiden. Die groben verlaufen in der Regel in einer gewissen Entfernung vom Ependym in der Nachbarschaft des Stratum oriens und setzen sich in die Achsen- cylinder der Pyramidenzellen fort. Die feinen Fasern sind in der oberen Region des Ammonshornes sehr zahlreich und haben ihre Lage vor Allem dicht am Ependym. Die oberflächliche Lage, die von diesen Fäserchen gebildet wird, verdickt sich ansehnlich in der Höhe des Subiculum und bildet hier ein dickes Bündel (Fig. 2 H), welches von dem Geflechte der groben Fasern sehr bestimmt sich unterscheidet. Diese feinen Fasern sind keine Fort- setzungen der Achsencylinder der Pyramiden, vielmehr scheinen die- selben ihres Aussehens und ihrer Zartheit halber Collateralen zu sein, was um so mehr anzunehmen ist, als dieselben an Weicerr'schen Prä- paraten so zart und varicös sind, wie die Röhren des Corpus callosum. Fragt man nach der Herkunft dieser feinen Fasern, so muss man sagen, dass diese Frage durch die direkte Beobachtung nicht zu beant- worten ist, weil die ungemeine Länge derselben jede Untersuchung nach dem Anfange und Ende derselben unmöglich macht. Nichtsdesto- 622 S. Ramön y Oajal, weniger möchten wir als Hypothese es aussprechen, dass ein guter Theil dieser Fäserchen die Fortsetzungen von gewissen feinen Collate- ralen sind, die von dem Achsencylinder der Pyramidenzellen nach ihrem Eintritte in die Substanz des Alveus abgegeben werden. Mög- licherweise gehen einige dieser Collateralen in den Balken ein und stellen eine Verbindung des Ammonshornes der einen Seite mit der anderen Hemisphäre dar. Collateralen der weißen Substanz. Dieselben sind wenig zahlreich, bemerkenswerth fein und gehen unter rechten Winkeln von den dicken Fasern des Alveus, d.h. den Achsencylindern der Pyramiden aus. Die Gegend, in welcher diese Collateralen am leichtesten nachzuweisen sind, ist die des Hilus, mit anderen Worten, des Theiles des Ammonshornes, der in der Konkavi- tät der Fascia dentata enthalten ist oder im Begriffe ist, in dieselbe einzu- treten. Die Mehrzahl dieser Collateralen scheint im Stratum oriens sich zu verästeln und zu verlieren, doch kommen auch welche vor, die in der Zone der Pyramiden aufsteigen, um in der darüber liegenden Schicht sich zu verbreiten und zu enden. Wahrscheinlich gehören zu den Collateralen der weißen Substanz auch gewisse feine Fasern, die in beträchtlicher Anzahl zwischen den Pyramiden bis in die obere Region des Ammonshornes aufsteigen, um schließlich in der ganzen Dicke der Zona radiata und in einem Theile des Stratum lacunosum sich zu verästeln und zu enden (Fig. 3 d, e). Einige dieser Fasern verfolgen sich leicht bis in die weiße Substanz (e); andere biegen sich, im Stratum oriens angelangt, um und verlaufen mehr oder weniger wellenförmig und gewunden, Elemente, welche Endigungen stärkerer Collateralen zu sein scheinen, die dieser Lage ganz besonders angehören (Fig. 3 d). 3) Stratum oriens (Zone der polymorphen Zellen der typischen Rinde). Einige der Elemente dieser Lage wurden bereits von L. Sara beschrieben, doch verdanken wir erst ScHAFFER eine genaue Schilde- rung der Achsencylinder dieser Zellen, welchem zufolge dieselben vollkommen mit den innersten Nervenkörpern der typischen Hirnrinde übereinstimmen. Wir theilen das Stratum oriens in zwei Unterabthei- lungen, a) in eine untere oder die Zone der spindelförmigen und un- regelmäßigen Zellen und b) in eine obere oder die geflechtartige Zone. a) Die untere Zone, die an die weiße Substanz angrenzt, enthält in der Regel spindelförmige oder dreieckige Zellen, deren Längenachse Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. |. 623 den Fasern des Alveus parallel verläuft, und deren Dendriten sich zwischen denselben verlieren. Der Achsencylinder dieser Gebilde verhält sich, wenigstens in gewissen Fällen, wie derjenige der soge- nannten sensiblen Zellen von Gorcı oder denen seines II. Typus und verlor, indem er unter reichen Verästelungen nach oben verlief, seine Individualität. Seine am weitesten eindringenden Äste endigten zwi- schen den Pyramiden mit eircumcellulären Verästelungen (Fig. 8 bd). In anderen Fällen zeigten diese Zellen, während sie ganz und gar in der weißen Substanz des Alveus lagen (Fig. 8 a), einen lang auf- steigenden nervösen Fortsatz (siehe weiter unten). Bei vielen dieser Elemente endlich war der Verlauf der Achsencylinder in Folge des Gewirres sich kreuzender Fasern dieser Gegend des Ammonshornes nicht zu bestimmen. | b) Die obere Zone der Schicht der polymorphen Zellen ist viel dieker und verdient ihres Verhaltens wegen den Namen der geflecht- artigen Zone (Zona plexiforme, Cayır). Dieselbe stellt die Gegend dar, in welcher die unteren Dendritenbüschel der Pyramiden und die Col- lateralen ihrer Achsencylinder zusammenkommen. Zugleich enthält dieselbe, wie ScHAFFER richtig angiebt, besondere Zellen, welche in drei Arten zerfallen: A) Zellen mit aufsteigendem Achsencylinder, 2) Zellen mit absteigendem nervösem Fortsatze, und 3) Zellen mit horizontalem Achseneylinder von großer Ausdehnung und ungemein reicher Ver- ästelung zwischen den Pyramiden. 1) Die Zellen mit aufsteigendem Achsencylinder wurden zuerst von ScHAFFER beobachtet, der dieselben mit Recht denen ver- gleicht, die Marrınorrı und wir aus der typischen Rinde beschrieben haben. Diese Elemente besitzen im Allgemeinen einen geringeren Durchmesser, sind spindelförmig oder dreieckig, da und dort in der ganzen Dicke der Zone, von der wir eben handeln, gelegen; jedoch im Ganzen eherin den an die Pyramiden angrenzenden Gegenden zu finden. Ihre Dendriten verlaufen bald horizontal, bald absteigend und verlieren sich vorzugsweise in der Nähe der weißen Substanz. Dieselben sind uneben und mit kurzen Spitzen versehen, um sich den Collateralen anzupassen, welche durch das Stratum oriens hindurchziehen. Was den aufsteigenden nervösen Fortsatz betrifft, so sind zwei Ge- staltungen desselben zu unterscheiden, erstens Zellen, deren Achsen- cylinder in der Höhe der Molekularzone vor Allem in der Ebene der markhaltigen horizontalen Fasern des Stratum lacunosum sich verästelt und endet. Diese von ScHArFEr zuerst beschriebenen Zellen sind unserer Ansicht nach wenig zahlreich, und fanden wir in einigen 30 versilber- ten Ammonshörnern des Kaninchens und Meerschweinchens nur acht 624 S, Ramon y Cajal, oder zehn derselben (Fig. 4 A). Eine zweite Form dieser aufsteigen- den Achseneylinder bog sich in gewisser Höhe der suprapyramidalen Lage oder der Zona radiata um, um sich verästelnd zwischen den tiefer gelegenen Pyramiden zu enden. Dieser auffällige Typus ist reichlicher vertreten als der andere, war jedoch offenbar in ScHarrer’s Präparaten nur sehr unvollkommen gefärbt, wesshalb er, nach seinen Abbildungen zu urtheilen, weder die Endigungen dieser nervösen Fortsätze, noch ihre sehr zahlreichen absteigenden Collateralen gesehen hat. Wie die Fig. 4 bei B, Cund E zeigt, gehen diese Achsencylinder von dem oberen Ende der betreffen- den Zellen ab, durchlaufen senkrecht die Zone der Pyramiden und be- schreiben in verschiedenen Höhen des Stratum radiatum einen mehr oder weniger offenen Bogen, um wiederum geraden Weges und dem aufsteigenden Abschnitte parallel gegen die Zone der Pyramiden und - die oberen Theile des Stratum oriens zurückzukehren. Dann endet derselbe mit einer wunderbar reichen Verästelung von horizontalen und zurücklaufenden Fäserchen, die zwischen die Körper der Pyrami- den eindringen und um dieselben einen an gewundenen und varicösen Fäserchen ungemein reichen Plexus bilden. Einige Endästchen ver-: lieren sich auch in der Subzona plexiformis des Stratum oriens, doch ist ein solches Verhalten eher als eine Ausnahme zu betrachten (Fig. &). Die Collateralen dieser Achsencylinder zeigen einen sehr be- merkenswerthen Verlauf und eine eben solche Endigung. Schon von der Höhe ihres Bogens gehen ein oder zwei aufsteigende Äste ab, die sich in den oberen Theilen des Stratum radiatum verästeln und bis zum Stratum lacunosum sich erheben können, wo sie mehr oder weniger horizontal verlaufen. ScHarrer hat unrichtigerweise diese Gollateralen als Endigungen des Achsencylinders selbst aufgefasst, weil es ihm wahr- scheinlich nicht gelang, den absteigenden Schenkel derselben zu färben. Viel wichtigere Collateralen gehen außerdem vom aufsteigenden Schen- kel der Achseneylinder ab, die, unter rechtem Winkel entspringend, eine Strecke weit horizontal verlaufen, um dann unter rechten Winkeln sich umbiegend zwischen den Körpern der Pyramidenzellen mit dichten und varicösen Verästelungen zu enden, welche denen sich beigesellen, die von den Enden der Achsencylinder selbst abstammen (Fig. 4 B, C). Das so gebildete Geflecht (Fig. 4 F), an dessen Zusammensetzung noch andere Elemente sich betheiligen, stellt eine der bedeutungsvoll- sten Einrichtungen des Ammonshornes dar und lässt sich mit Hinsicht auf den Reichthum und die Verbreitung seiner letzten Enden nur mit demjenigen vergleichen, welches die Körper der Purkınse’schen Zellen umgiebt. Die besten Färbungen desselben erzielt man mit der Methode Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. 1. 625 von Cox; das Gorsr'sche Verfahren lässt dasselbe auch vortreten, doch weniger sicher und vollständig. Da die Collateralen und Achsencylinder, die wir eben beschrieben haben, mit ihren Enden einen so bedeutenden Raum einnehmen, so vermag jede Zelle, von der dieselben ausgehen, mit einer bedeutenden Zahl von Pyramiden sich in Verbindung zu setzen. 2) Die Zellen mit absteigendem Achsencylinder (Fig.59,h) sind spindelförmig oder dreieckig und stellen Pyramiden dar, die nicht in der gewöhnlichen Ordnung stehen. In der Nähe der Fimbria spär- lich, werden dieselben häufiger in der Gegend des Subiculum. Ihre unteren Dendriten verästeln sich und enden im Stratum oriens und der geflechtartigen Zone, während der Hauptstamm derselben die Linie der Pyramiden kreuzt und mit einem dornigen Büschel in der Höhe der Molekularzone endigt. Der Achsencylinder dieser Elemente ver- hält sich wie derjenige der Pyramiden, steigt mehr oder weniger schief herab und setzt sich in eine Faser des Alveus fort, nachdem er in die Zone der polymorphen Zellen einige Collateralen abgegeben hat. 3) Die Zellen mit horizontalem Achsencylinder (Fig. 5 a, b, d) gehören zu den Gorcr'schen Zellen der II. Art und sind wahr- scheinlich bereits von Sara und ScHArFFER, wenn auch an unvollkommen gefärbten Präparaten, gesehen worden. Dieselben liegen in der ganzen Dicke der Lage polymorpher Zellen und können selbst innerhalb der weißen Substanz vorkommen, doch halten sie im Ganzen die Mitte und obere Gegend des Stratum oriens inne. Bezeichnend ist für dieselben die Größe, die Sternform und die radiäre Anordnung ihrer Dendriten, welche durch ihre Länge und deutlichen Varicositäten sich auszeichnen. Unter diesen Ausläufern zeichnen sich immer einer oder zwei auf- steigende, sehr stark varicöse aus (Fig. 5), welche, die Zone der Pyra- miden kreuzend, die Molekularzone erreichen, um da einfach oder mit wenigen Verzweigungen zu enden. Die absteigenden Dendriten haben im Allgemeinen horizontal dem Alveus parallel verlaufende Enden und ermangeln stets der Spitzen und Dornen, die für diejenigen der Pyra- miden so bezeichnend sind. Die Achseneylinder dieser Elemente zeigen eben so bedeutungs- volle Verhältnisse, wie diejenigen der Zellen mit aufsteigenden nervösen Fortsätzen. Dieselben sind dick, verlaufen horizontal oder schief und zerfallen in mehrere dicke Äste, die nach verschiedenen Seiten aus einander treten, jedoch im Allgemeinen das Bestreben haben, gegen die Zone der Pyramiden aufzusteigen. Die große Ausdehnung dieser Äste und ihr unregelmäßiger Verlauf macht es begreiflich, dass dieselben nur sehr selten in Schnitten in ihrem ganzen Verlaufe sichtbar sind; Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. MA 626 S. Ramon y Cajal, nichtsdestoweniger gelingt es nicht selten den Verlauf von einem oder zweien dieser Äste zu übersehen, wie in den Zellen a, b, d der Fig. 5. Solche Äste, anstatt im weiteren Verlaufe dünner zu werden, verdicken sich vielmehr und zeigen Varicositäten, indem sie schief gegen die Zone der Pyramiden verlaufen, unter welcher sie horizontal auf lange Strecken dahinziehen. In diesem Verlaufe geben sie eine große Anzahl vertikaler Gollateralen ab, die unregelmäßig hin und her gebogen ver- laufend und varicös zusammen mit den Enden der Achsencylinder selbst an dem ungemein dichten Nervengeflechte sich betheiligen, welches die Körper der Pyramiden umgiebt und an dem, wie wir eben sahen, auch die Enden der Achsencylinder der Zellen mit aufsteigendem nervösem Fortsatze sich betheiligen. Im Allgemeinen hat es uns geschienen, dass die letztgenannten Zellen den oberen Theil des Plexus versorgen, wäh- rend der untere von den Körperchen mit horizontalem Achsencylinder gebildet wird. k) Schicht der Pyramiden (entspricht der Lage der großen und kleinen Pyramiden der typischen Rinde). Diese Elemente wurden von Gore sehr gut beschrieben, der zuerst die Unterschiede ihrer beiderlei protoplasmatischen Ausläufer, der aufsteigenden oder der Äste, und der absteigenden oder der Wurzeln schilderte, eben so wie die Eigenthümlichkeiten ihrer Achseneylinder, die er in die weiße Substanz verfolgte. Die nachfolgenden Beobachtungen von Sara und ScHArrer haben diese Angaben bestätigt und durch einige wichtige Einzelnheiten vermehrt. Beim Kaninchen, dem Meerschweinchen und der Maus ist die Schicht der Pyramiden dick, scharf begrenzt und mit.drei bis vier Reihen von Zellenkörpern versehen, zwischen denen nicht mehr Raum sich findet, als genügt, um die oben beschriebenen feinen Verästelungen aufzunehmen. Beim Menschen dagegen sind die Zellenkörper weiter von einander entfernt und stellen eine breite, schlecht begrenzte Lage dar, die ganz an die der mittleren und großen Pyramiden der gewöhn- lichen Hirnrinde erinnert. Im Allgemeinen enthalten die oberen Lagen kleinere Zellen als die unteren, und hat daher ScHarrer wohl Recht, wenn er annimmt, dass in diesem Theile des Ammonshornes die großen und kleinen Pyramiden der typischen Rinde vertreten sind. Die Eigenschaften der Pyramiden des Ammonshornes stimmen im Allgemeinen mit denen des Gehirns überein, immerhin unterscheiden sie sich durch zwei Charaktere, die Spindelform oder Eiform des Zellenkörpers und den Mangel von seitlichen Dendriten an demselben. Als Ersatz findet sich eine mächtige Entwicklung der Basilarfortsätze und stellen diese Büschel dar, welche in das Stratum oriens eingetreten Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirus. I. 627 sich mit dem Plexus von Collateralen dieser Zone in Verbindung setzen. Der aufsteigende Stamm bleibt bis zur Zona radiata ungetheilt. Hier angelangt giebt derselbe zahlreiche Nebenäste ab und zerfährt in ver- schiedenen Höhen des Ammonshornes in ein Büschel von divergirenden Fasern, die bis in die Molekularschicht gelangen können. Beide Arten Ausläufer zeigen varicöse und stark dornige Äste, wie schon ScHAFFER sah, und wie solche auch an den typischen Rindenpyramiden von mir entdeckt wurden. Ein solches Verhalten zeigt auch ausnahms- los das Vorkommen von zahlreichen Endigungen von Achsen- eylindern um die betreffenden Dendriten.an. Der Achsencylinder entspringt entweder vom Zellenkörper oder von einem starken protoplasmatischen Ausläufer, steigt mehr oder weniger schief herab und setzt sich mit einer Nervenfaser des Alveus fort, jedoch nicht ohne vorher während seines Verlaufes durch das Stratum oriens zwei, drei oder mehr verästelte CGollateralen abgegeben zu haben, die zwischen den polymorphen Zellen enden. Die Vereini- gung dieser Collateralen mit vielen Ästehen der Zellen von Gouers I. Typus erzeugt im Stratum oriens ein ungemein dichtes Geflecht, das durch seine Aufnahme einiger Collateralen der weißen Substanz noch verwickelter wird. Im Allgemeinen verbinden sich die genannten Achsencylinder mit den Fasern der weißen Substanz einfach durch Umbiegung (Fig. 6); andere Male findet sich eine gabelförmige Theilung derselben in zwei ungleiche Äste, einen zarteren, vom Aussehen einer Collateralen, nach oben und innen verlaufenden, und einen dickeren als eigentliche Fort- setzung des Achsencylinders in entgegengesetzter oder wenigstens ziemlich verschiedener Richtung. Man hüte sich übrigens davor, die feine Theilungsfaser nicht mit jenen tief gelegenen Collateralen zu verwechseln, welche die Achsencylinder in das Geflecht des Stratum oriens senden. Die letzteren lassen sich leicht bis in das Innere des- selben und zu ihren feinen Endigungen verfolgen. Erstere geht dagegen, während sie in das Innere das Alveus eindringt, stets in eine der feinen markhaltigen Fasern über, die denselben bilden. Die eben erwähnte Theilung haben wir übrigens bisher nur bei einigen Pyramiden der oberen Gegend des Ammonshornes wahrgenommen. Das sind im Allgemeinen die Charaktere der Pyramiden. Fassen wir jedoch die der oberen und unteren Region des Ammonshornes genauer ins Auge, so finden wir bald einige Verschiedenheiten heraus. Die Pyramiden der unteren Region sind, wie bereits Gorcı nach- wies, größer und zeigen, je mehr sie dem Hilus der Fascia dentata sich nähern, einen mehr unregelmäßigen Körper und die Dendritenbüschel 41* 628 S. Ramon y Cajal, kürzer und gröber. Eine andere bemerkenswerthe, von SCHAFFER ent- deckte Eigenthümlichkeit, die wir bestätigen können, besteht darin, dass der Achsencylinder nach kurzem Verlaufe eine so dicke Collaterale abgiebt, dass dieselbe mehr wie ein Theilungsast erscheint. Dieser dicke Ast steigt, nachdem er ein oder zwei Ästehen den oberen Theilen des Stratum oriens abgegeben hat (Fig. 6 a), durch das Stratum radiatum bis zum Stratum lacunosum herauf, wird horizontal und gestaltet sich zu einer der markhaltigen Nervenfasern, welche diesen Theil des Am- monshornes kreuzen (Fig. 3 Eund 2 E). In der Gegend unterhalb der Fimbria entsteht durch die Gesammt- heit der aufsteigenden Collateralen ein Gitter vertikaler Fäserchen, welches, sobald das Stratum erreicht ist, sich zertheilt und dessen Ele- mente im Stratum lacunosum in besonderen strahligen Zügen mit den markhaltigen Fasern dieser Lage sich fortsetzt. Bei genauer Untersuchung dieser horizontalen Fäserchen lassen sich dieselben bis zum Subiculum verfolgen, wo sie mit feinen Verästelungen enden, die einen nicht unbedeutenden Raum der Rinde einnehmen. In guten Prä- paraten erkennt man außerdem, dass die genannten horizontalen Ele- mente unter rechten oder spitzen Winkeln feine Ästehen abgeben, die vorzugsweise in der unterliegenden Zona radiata oder in der Dicke des Stratum lacunosum selbst sich verästeln. Vermöge dieser aufsteigen- den Collateralen vermag eine große Pyramide der unteren Region des Ammonshornes mit einer großen Zahl von Dendritenbüscheln der Pyra- miden der oberen Region sich in Verbindung zu setzen. Ein anderer bezeichnender Charakter der großen Pyramiden der unteren Region des Ammonshornes ist folgender. Der Stamm ihrer auf- steigenden Dendriten zeigt da, wo er sich in Verbindung mit den Achsencylindern der Fascia dentata befindet, große seitliche Auswüchse, wahre Warzen, die zwischen sich Einbuchtungen besitzen, die dazu bestimmt sind, die eben genannten Achsencylinder aufzunehmen (Fig. 6e). Solche Auswüchse fehlen an den Pyramiden der oberen Re- gion, was nicht auffallend ist, da dieselben statt mit gröberen Fasern nur mit feinsten Collateralen in Berührung kommen. Dagegen besitzen diese Stämme viele kurze, feine, schief oder gerade abstehende Dornen (Fig. 6.d). Kommen an den Achsencylindern der Pyramiden der oberen Region des Ammonshornes aufsteigende Collateralen vor? Nicht selten findet man in besonders guten Präparaten dieses Theiles der Rinde und in der Höhe der Zone der Pyramiden eine große Zahl von feinen geschlängelten Nervenfasern, die zu der benachbarten Zona radiata aufsteigend mit wenigen Verästelungen von großer Zartheit enden. Der Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. I. 629 Ursprung dieser Fasern, die wir schon früher erwähnten, scheint nicht auf die vertikal verlaufenden Achsencylinder der Pyramiden, von denen wir handeln, zurückzuführen, noch auf die Fasern der weißen Sub- stanz, d. h. auf die längs des Alveus verlaufenden horizontalen Aus- läufer der genannten Zellen. Wenn man die Zone der polymorphen Zellen, der Pyramidenzellen und des Stratum radiatum an WEıIGErT-Par’schen Präparaten unter- sucht, so ergeben sich sowohl Übereinstimmungen als auch Ver- schiedenheiten von nach der Methode von Goısı gefärbten Objekten. So bemerkt man sofort, dass die Achsencylinder der Pyramiden- zellen eine Markscheide besitzen, die bei vielen Zellen erst in den mittleren Theilen des Stratum oriens beginnt. Eben so besitzen Myelinhüllen die aufsteigenden Theile der Achsencylinder der Zellen mit aufsteigendem nervösen Fortsatze, eben so der Stamm und die dicken mehr oder weniger horizontal verlaufenden Äste der Achsen- cylinder der Zellen mit horizontalem nervösen Fortsatze. Auf der anderen Seite sind marklos die feinen Collateralen aller ebengenannten Achsencylinder und der dichte Nervenfilz der Pyramidenzone (Fig. 7). Von den aufsteigenden Collateralen haben die dieken in der unteren Region des Ammonshornes und unter der Fimbria entstandenen Mark- scheiden, während die feinen Collateralen der oberen Region dieser Hüllen ermangeln. Im Verlaufe der Myelinhüllen bemerkt man konstant Unter- brechungen, die den Ranvıer’schen Einschnürungen entsprechen. 5) Stratum radiatum (Fig. 7E). Diese Schicht zusammen mit den folgenden, dem Stratum lacunosum und moleculare, sind der ober- flächlichsten oder molekulären Zone der typischen Hirnrinde gleich- werthig. Das Stratum radiatum stellt eine gebogene Lage dar, die von oben durch das Stratum lacunosum oder die weißeZwischenlage des Ammons- hornes und von unten durch die Zone der Pyramiden begrenzt wird. In dieser Lage befinden sich die peripherischen Dendritenbüschel der Pyra- miden, die mit ihren zahlreichen in einander greifenden dornigen Ästen ein sehr reiches protoplasmatisches Geflecht bilden. Dieser Plexus wurde von GoL6I, SıLA und SCHAFFER genau untersucht, deren Angaben jedoch nicht vollkommen übereinstimmen. Die zwei ersten Gelehrten sind der Meinung, dass die genannten Dendriten sich bis zur Ober- fläche des Stratum moleculare erstrecken und da mit Neurogliazellen und Gefäßen sich in Verbindung setzen, während ScaArrer solche Ver- bindungen nicht zu finden im Stande war, und behauptet, dass die En- den besagter Dendriten die Molekularzone erreichen und da schief oder 630 S. Ramön y Cajal, horizontal verlaufend mit Knöpfchen in der Nähe der Fascia dentata enden. Hiermit stimmen wir fast vollständig überein. Im Allgemeinen sammeln sich die Endäste der Dendritenbüschel in der Molekularzone und in der Lamina medullaris involuta an, außerdem endet aber ein guter Theil derselben, sowie alle Seitenäste der Stämme, in verschie- denen Höhen in der Dicke des Stratum radiatum und lacunosum. Die untersten dieser Seitenäste gehen da ab, wo die Dendriten- stämme in das Stratum radiatum eintreten (Fig. 6.a). Weder Sıra noch ScHAFFER beschreiben Nervenzellen in der Zona radiata. Solche sind auch in der That nicht zahlreich, kommen aber doch bestimmt vor und lassen sich vier Formen derselben unterscheiden. 4) Pyramiden ausser Rang und Ordnung [(P. dislocadas R.). Eiförmig oder pyramidal von Gestalt, und eben so gelagert wie die typischen Pyramiden, besitzen dieselben einen oder zwei in das Stratum oriens absteigende Äste, einen aufsteigenden Dendritenstamm zu den Strata lacunosum und moleculare und einen im Alveus sich ver- lierenden vertikalen Achsencylinder. In derFig. 5hg ging der Achsen- eylinder seitlich oder vom oberen Ende des Zellenkörpers ab, um dann mit einem Bogen einen absteigenden Verlauf anzunehmen. 2) Sternförmige oder dreieckige Zellen (Fig. 5ef). In der ganzen Dicke des Stratum radiatum gelegen und häufiger als die vorigen besitzen dieselben drei, vier und mehr Dendritenäste, die sich ziemlich häufig dichotomisch verästeln und ein varicöses Ausseher zeigen. Die stärksten dieser Ausläufer verlaufen gewöhnlich parallel der Rinde über große Strecken und außerdem fehlen auch absteigende Äste nicht, die unter Umständen die Zone der Pyramiden kreuzend bis in das Stratum oriens gelangen. Der Achsencylinder entsteht seitlich vom Zellenkörper oder von einem dicken Dendritenaste und löst sich horizontal oder schief verlaufend in eine weit ausgebreitete Verästelung feiner varicöser Fäserchen in der Dicke des Stratum radiatum auf, ohne eine bestimmte Richtung zu bevorzugen (Fig. 4 H u. @). In Fig. 5 e konnte der Achsen- ceylinder nur auf eine kurze Strecke verfolgt werden; in Fig. G gingen einige Endäste des Achsencylinders in das Stratum lacunosum. 3) Dreieckige und spindelförmige Zellen (Fig. 8 e, f), mit unteren Dendriten, die bis zum Stratum oriens reichen, und aufsteigen- den solchen, reichlich verästelten, die bis zur Molekularzone gehen, endlich mit aufsteigenden Achsencylindern, die im Stratum lacunosum mit varicösen zumeist horizontalen Enden ausgehen. Diese Elemente könnten den früher beschriebenen des Stratum lacunosum gleichwerthig erachtet werden, ausgenommen dass sie aus ihrer Lage weiter abwärts gerückt wären. Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. 1. 631 k) Zellen mit absteigendem Achsencylinder (Fig. 5 ;, Fig. 8d, g). Bei gewissen spindelförmigen oder dreieckigen Zellen steigt der Achsencylinder, nach Abgabe von Ästchen in der Zona radiata, ver- tikal in die Zone der Pyramiden herab und betheiligt sich an derBildung des dichten hier vorkommenden Geflechtes (Fig. 5). In einigen Fällen giebt der nervöse Fortsatz in erster Linie einige Ästchen in das Stratum lacunosum ab (Fig. 5.). Zur Vervollständigung der Beschreibung des Stratum radiatum ist noch beizufügen, dass an der Bildung desselben auch viele Nervenfasern sich betheiligen und zwar: 1) die Collateralen der Achsencylinder der Zellen mit aufsteigendem nervösem Fortsatze (Fig. 4 B, C), 2) feine Ästehen der dieken aufsteigenden Collateralen, die zum Stratum lacu- nosum ziehen (Fig. 4 A), 3) Verästelungen des Achsencylinders der besondern sternförmigen Zellen des Stratum radiatum (Fig. 4 H, @), k) Verästelungen der feinsten aufsteigenden Collateralen, die in der oberen Region des Ammonshornes vorkommen; 5) Collateralen aufstei- gender Achsencylinder, die aus der weißen Substanz oder dem Alveus herkommen (Fig. 5 a, g). 5) Stratum lacunosum (Stratum medullare medium). Diese Schicht enthält unregelmäßig gelagerte Zellen und sehr viele dem Am- monshorne koncentrisch verlaufende markhaltige Fasern. a)Nervenfasern. Dieselben bilden parallele Bündel, die von der unteren Zone des Ammonshornes abstammend bis zum Subiculum sich erstrecken. Diese Fasern bilden nur in einer Gegend eine selb- ständige Schicht und zwar in der oberen Region des Ammonshornes, d.h. der Fimbria. In der Höhe dieser und in der unteren Region nehmen sie den ganzen Zwischenraum ein, welche die Lage der Pyra- miden von der Schicht der polymorphen Elemente der Fascia dentata trennt. Der Ursprung dieser Fasern ist mannigfach. Versilberungen lehren, dass, wie ScHAFFER gezeigt hat, ein guter Theil derselben aus aufsteigen- den Collateralen besteht, die von der vertikalen Verlaufsstrecke der Achseneylinder der großen Pyramiden der unteren Region des Ammons- hornes entspringen. Andere Fasern, die der genannte Forscher ebenfalls hervorhebt, sind nichts Anderes als die hier sich vereinigenden End- verästelungen der aufsteigenden Achsencylinder der Elemente des Stratum oriens. Unsere Beobachtungen stimmen im Ganzen mit denen von SCHAFFER überein, doch fügen wir einige Einzelnheiten bei. Wie wir finden, nehmen folgende Faserarten an der Zusammensetzung des Stratum lacunosum Theil: 632 S. Ramon y Üajal, a) Feinste aufsteigende Collateralen, aus der weißen Substanz des Alveus hervorgehend. Ein Theil derselben verästelt sich und verliert sich im Stratum oriens oder zwischen den Körpern der Pyramiden; ein anderer Theil jedoch dringt weiter nach oben und tritt zwischen die Bündel des Stratum lacunosum, Diese Collateralen finden sich in beiden Regionen, der oberen und der unteren des Ammonshornes, sind jedoch in der letzteren besonders zahlreich, besonders in der Höhe des Hilus. Zu beachten ist, dass die Collateralen der letztgenannten Region die ganze Zona radiata, lacunosa und molecularis erfüllen, mit anderen Worten es bilden dieselben keine besondere Faserschicht, wie diejenige der oberen Region und des vorderen Randes des Ammonshornes. Man vergleiche die Fig. 14, in der das Gewirr der Collateralen der unteren Region mit Einschluss der groben Fasern von ScHArrer dargestellt ist. ß) Dicke Gollateralen, die ausschließlich in der unteren Region des Ammonshornes aus den vertikalen Stämmen der Achsencylinder der großen Pyramiden entstanden sind. Diese von ScHArFEr gut beschrie- benen Fasern, von denen eine oder zwei auf jeden Achsencylinder kommen, verästeln sich in der Dicke des Stratum radiatum oder höher oben in der Art, dass oft eine Collaterale zwei oder mehr Ästchen der Bündel des Stratum lacunosum bildet. y) Endfasern, die aus der weißen Substanz stammen. Diese Fasern sind sehr stark und senden gewöhnlich Collateralen in das Stratum oriens und die Zona radiata. Ihre Endverästelungen in der Höhe des Stratum lacunosum sind varicös und bilden ein dichtes Geflecht, welches die Zellen dieser Lage umgiebt (Fig. 3b). 0) Endverästelungen jener Varietät von aufsteigenden Achsen- cylindern, die keine Collateralen an den interpyramidalen Plexus ab- geben. Diese Fasern charakterisiren sich durch ihre Dieke, durch den Mangel von Verästelungen in der Lage der polymorphen Zellen und da- durch, dass sie gewöhnlich mit einer gabeligen Spaltung enden, deren Theiläste in entgegengesetzten Richtungen das Stratum lacunosum durchziehen (man sehe die Zellen a in Fig. 8 und A in Fig. 4). e) Nervenfaserendigungen der Zellen der Zona radiata, deren Achseneylinder aufsteigt (Fig. 8 e, f). Ö) Nervenfaserenden der Elemente des Stratum lacu- nosum. Wie man sieht ist die Zusammensetzung des Stratum lacunosum sehr verwickelt, viel mehr als man nach der Schilderung von Sara erwarten konnte. Nach diesem Beobachter stellen die parallelen Fasern dieser Schicht in ihrer Mehrzahl Fortsetzungen der Achseneylinder der großen Pyramidenzellen dar, die im Hilus ihre Lage haben. Nach einem variablen Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. I. 633 Verlaufe könnten diese nervösen Ausläufer die Fasern des Alveus und der Fimbria erreichen. Diese Behauptung scheint mir nicht begründet zu sein und wahrscheinlich darauf zu beruhen, dass die starken aufsteigenden Collateralen der unteren Region des Ammonshornes (die Collateralen von ScHArrer) für Achsencylinder von Pyramiden gehalten wurden. b) Nervenzellen (Fig. 8m, ı, h). Diese Elemente sind sehr zahl- reich und bilden eine unregelmäßige Lage, die dem Ammonshorne parallel läuft und mit markhaltigen Fasern untermischt ist. Ihre Gestalt ist in der Regel dreieckig, mit der Basis nach oben, doch kommen dieselben auch sternförmig vor. Die Dendriten sind auf- und absteigend und gehen die letzteren meist von einem dicken Stamme aus, der sich bald gabelt. Andere Male entspringen diese Äste gesondert, vom unteren Ende ihrer Zelle, steigen nahezu geradlinig in die Zona radiata herab, kreuzen die Pyramiden und enden nach einigen weiteren Theilungen im Stratum oriens. Die oberen Dendriten treten bald aus einander und verlaufen mehr oder weniger horizontal im Stratum lacunosum, um mit ihren sehr feinen Enden in dieser Zone oder in der Molekularschicht oder in Beiden auszugehen. Der Achsencylinder dieser Zellen entspringt in der Regel von den Seiten derselben, verläuft im Allgemeinen horizontal zwischen den Nervenfasern des Stratum lacunosum und endet in demselben mit einer ausgebreiteten Verästelung von aus einander tretenden meist horizon- talen Ästehen. Viele dieser Fasern nehmen an der Bildung der hori- zontalen Nervenbündel des Stratum lacunosum Theil; andere steigen auf, um in verschiedenen Höhen der Molekularschicht zu enden. In den Fällen, in denen diese Achsencylinder sehr stark sind, lassen sie sich, wenn auch selten, in einem Schnitte ganz übersehen, gewöhnlich aber sind dieselben, bevor sie ihre Endverästelungen eingehen, in der- selben Höhe wie die Zellen durchschnitten. In einigen Fällen sahen wir auch Zellen, deren Achsencylinder in der Zone der Pyramiden sich ausbreitete (Fig. 8 9), welche Elemente auch mit denen identisch zu sein scheinen, welche wir beim Stratum radiatum als »Zellen mit ab- steigendem Achsencylinder « beschrieben haben. Im Ganzen sind die Elemente der lacunösen Schicht schwer zu färben und noch seltener ist ihr Achsenceylinder in seinem gesammten Verlaufe sichtbar zu machen. In Schnitten des Ammonshornes des Meerschweinchens und Kanin- chens gewahrt man nicht selten nach vorheriger Färbung nach WEIGERT stärkere Nervenfasern mit zwei oder drei Einschnürungen, welche aus der Zona lacunosa gegen den Alveus herabsteigen. Diese Röhren, die vorzugsweise in der oberen Region des Ammonshornes ihren Sitz 634 S. Ramön y Cajal, haben, entsprechen entweder aufsteigenden Achseneylindern von Zellen aus dem Stratum der polymorphen Körper, oder stellen vielleicht ner- vöse Endausbreitungen von Zellen von Gougr's I. Typus dar, die aus der weißen Substanz herausgetreten sind. Ohne uns in dieser Beziehung mit Bestimmtheit aussprechen zu können, halten wir doch die letztere Möglichkeit für die wahrscheinlichere (Fig. 7 d). 7) Stratum moleculare. In dieser oberflächlichsten Zone des Ammonshornes enden die letzten Ausläufer der Dendritenbüschel der Pyramiden. Außerdem enthält dieselbe neben vielen Nervenfasern, deren Herkunft schwer zu ermitteln ist, zweierlei Nervenzellen, stern- und spindelförmige. a) Die sternförmigen Zellen sind klein, besitzen schlanke, stark varicöse Dendriten, die nach verschiedenen Richtungen, vor Allem aber parallel der Oberfläche dahinziehen. Der Achsencylinder dieser Elemente ist zart, verläuft ziem- lich horizontal und löst sich in eine sehr reiche Endverästelung von feinen varicösen Fäserchen auf, die vorzugsweise in der Richtung der Molekularzone verlaufen (Fig. 5 n, m). Die Zelle n Fig.5 besaß eine sehr ausgebreitete solche Verästelung, während die Zelle m eine weniger reiche Endigung darbot. Diese Sternzellen hat schon ScHArrer gesehen und eine derselben abgebildet, die in der Höhe des Stratum moleculare (in der Lamina medullaris involuta) sich verästelte. b) Die Spindelzellen sind schlank, liegen horizontal und ent- sprechen wahrscheinlich den spindelförmigen pluripolaren Elementen, die wir aus der typischen Hirnrinde beschrieben haben. Die Haupt- eigenthümlichkeit dieser Elemente ist, dass ihre beiden polaren Aus- läufer im Verlaufe sich verfeinern und Ästehen abgeben, die nach und nach, je weiter sie vom Zellkörper sich entfernen, das Aussehen von Nervenfasern annehmen (Fig. 4 J). Im Übrigen sind diese Zellen un- gemein selten und haben wir in mehreren hundert Schnitten nur zwei derselben gefunden. Die in Fig. 4 J dargestellte war sehr typisch und ganz oberflächlich in der Molekularschicht gelegen. Die alleräußerste Lage der Molekularschicht geht unter dem Namen der Kernzone oder Lamina medullaris involuta. Diese Schicht ent- hält markhaltige Fasern, die in Weıcerr’schen Präparaten eine um so dickere Lage bilden, je mehr dieselbe dem Subiculum sich nähert. In der Nähe desselben vereinigen sich die markhaltigen Fasern des Stratum lacunosum und die der Lamina medullaris involuta und geht die so entstandene dicke Fasermasse in die Lage markhaltiger Fasern der Molekularlage des Subieulum über. Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. 1. 635 Die Fasern der Kernzone oder Lamina medullaris involuta stammen nach ScHArFErR von drei Gegenden, und zwar a) vom Subiculum, b) von - den obersten Ästen der aufsteigenden Achsencylinder und c) von den _ nervösen Verästelungen der sternförmigen Zellen der Molekularzone. Mit den beiden ersten Annahmen stimmen wir vollkommen überein, was dagegen die dritte betrifft, so erscheint dieselbe uns sehr zweifel- haft, indem wir unmöglich annehmen können, dass die zarten Endaus- breitungen der Achsencylinder der betreffenden Zellen eine Myelin- scheide besitzen. Der Hauptfaserzug kommt wahrscheinlich vom Subieulum und erscheint, wie wir später sehen werden, der obere Theil dieser Lage oder Organs von aufsteigenden Achsencylindern durchzogen, welche, nachdem sie die Molekularzone erreicht haben, in das Ammonshorn eintreten, und wiederholt in der Lamina medullaris involuta sich verästeln. Fascia dentata. Wie wir schon weiter oben aus einander setzten, kann man die Fascia dentata als einen hohlkehlartigen Streifen von Gehirnrinde betrachten, welcher der Molekularzone des Ammonshornes beigefügt und so angeordnet ist, dass er mit seiner Kehle oder Aushöhlung das Ende oder den dünnen Rand dieses letzten Körpers umschließt (Fig. 2). Die Fascia dentata besteht aus den drei Hauptlagen der typischen Rinde und des Ammonshornes: 1) »der äußeren oder der Molekularzone, 2) derjenigen der Körner (übereinstimmend mit den Pyramiden des Gehirns) und 3) der Zone der polymorphen Zellen «. | A. Molekularzone (Fig. 9 A). Sie ist die oberflächlichste der Lagen, welche die Fascia dentata bilden und besteht gleich allen Zonen, welche den genannten Namen führen, aus zwei Arten von innigst unter einander vermischten Fasern und zwar: aus protoplasmatischen, dor- nigen Ausläufern der unten liegenden Zellen und aus nervösen End- fäserchen. Außerdem umschließt sie besondere nervöse Körper, von denen eine Art von L. Sıra beschrieben wurde. Die nervösen Körper, welche uns zu beobachten gelang, sind: a) Dreieckige Zellen oder aus der Lage gerückte Kör- ner (granos dislocados R.). Diese Körperchen gleichen ganz denen, welche das darunter liegende Stratum granulosum bilden, mit der Aus- nahme, dass sie dreieckig oder halbmondförmig sind und sich in ver- schiedenen Ebenen der molekularen Zone befinden (Fig. 10 a). Aus dem äußeren Theile ihres Körpers entspringen drei oder mehr auf- steigende Ausläufer, welche sich in genannter Lage verlieren, indem sie in ihren Umrissen starke Unregelmäßigkeiten und an manchen 636 S. Ramon y Cajal, Stellen wirkliche Dornen zeigen. Der Achsencylinder steigt manchmal direkt herab, andere Male verläuft er in horizontaler Richtung, weit über der Körnerlage, um nachher senkrecht durch die Körner hernieder zu gehen und endlich, wie die nervösen Ausläufer der Körner, d. h. mit einer moosartigen Faser der Zona lucida oder suprapyramidalis zu enden (Fig. 10 a). Wenn das aus der Lage gerückte Korn hoch genug liegt, wie man in der Fig. 12 a sehen kann, so ist es nicht selten, dass der Achseneylinder in der molekularen Zone schon einige Collateralen liefert, welche sich verzweigen und im unteren Drittel dieser enden. b) Zellen mit kurzem Achsencylinder. Dieselben müssen in oberflächliche und tiefe eingetheilt werden. Die oberflächlichen sind birn-, ei- oder spindelförmig, von geringer Größe und zeigen feine, protoplasmatische, in der Regel hori- zontale oder absteigende Ausläufer (Fig. 9 f, 9, Ah). Der sehr dünne, nervöse Ausläufer endet in geringer Entfernung im äußeren Theile der molekularen Zone mit einer zarten und wenig ausgebreiteten, baumähn- lichen Verästelung. Eine dieser Zellen wurde durch Sara dargestellt. Die tiefen Zellen sind umfangreicher, von dreieckiger oder sternförmiger Gestalt und liegen in der unteren Hälfte der Molekular- lage (Fig. 9 e). Ihre protoplasmatischen Zweige verlaufen nach allen Richtungen, unter wiederholten Zweitheilungen; unter denselben sieht man öfters einen oder zwei absteigende Ausläufer, welche, nachdem sie die Lage der Körner gekreuzt haben, aus einander treten und in der Zone der polymorphen Zellen enden. Der nervöse Ausläufer, stärker wie derjenige der oberen Körperchen, hat einen wechselnden Verlauf, indem er sich in zahlreiche feine und varicöse Zweige zertheilt, welche sich durch die molekulare Zone verbreiten. Der größere Theil dieser nervösen Zweigelchen verläuft parallel mit der Fasceia dentata, indem dieselben eine bemerkenswerthe Länge erreichen, und dazu beitragen, das nervöse Geflecht zu vervollständigen, das die ganze Dicke der molekularen Zone durchzieht. Im Allgemeinen zeichnen sich alle Zellen der Molekularlage durch die Dünne der protoplasmatischen Ausläufer und durch den Mangel dorniger Anhänge, oder von größeren Unregelmäßigkeiten im Durch- messer aus. In manchen Fällen ist der Unterschied zwischen dem Achseneylinder und den genannten Anhängen so wenig erkennbar, dass es schwer hält sich über seine Anwesenheit auszusprechen; man erkennt denselben mehr als durch seine Zartheit und Glätte dadurch, dass er rechtwinkelig Collateralen abgiebt. In vielen Fällen kann der funktionelle Ausläufer nicht erkannt werden, obschon in einem solchen Falle ein Fehler in der Färbung nicht ausgeschlossen ist (Fig. 9 a, b, d). Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. 1. 637 Im Ganzen sind die nervösen Zellen der Molekularlage, mit Ausnahme der Körner, die Körperchen der Nervencentren, deren Achsencylinder sehr kurz ist und eine ganz spärliche Verzweigung aufweist. B. Lage der Körner oder der eiförmigen Zellen. Diese Zone besteht bei kleinen Säugethieren (Kaninchen, Ratte ete.) aus mehreren Reihen plattgedrückter Zellen, die so arm an Protoplasma sind, dass sie in Karminpräparaten kaum etwas Anderes als Kerne zeigen. Diese Elemente stellen morphologisch die Pyramidenformen der typischen Rinde und des Ammonshornes dar, doch besitzen sie auch besondere Züge, welche erlauben, sie als eine besondere Varietät nervöser Zellen zu betrachten. Erstens fehlen ihnen die protoplasmatischen Ausläufer an der Basis, oder, wenn sie diese besitzen (wie vor Kurzem SCHAFFER nachwies), kommen sie nur ausnahmsweise vor; eben so wenig zeigen sie auch einen protoplasmatischen Stamm, und entspringt der dornige Endbusch direkt aus dem Zellenkörper. Ausnahmen bilden demun- geachtet die tiefsten Körner, die, obschon sie die kleinsten sind, einen wirklichen Stamm aufweisen, der frei von Verzweigungen und dornigen Anhängen ist. Im Übrigen bestätigen unsere Beobachtungen bezüglich der Form, der Größe und des Verhaltens der protoplasmatischen und nervösen Fortsätze der Körner, vollständig die Beschreibungen von Goıcı, L. Sara und ScHarrer. Übereinstimmend mit den Ansichten dieses letzten Ge- lehrten haben auch wir nie gesehen, dass sich die protoplasmatischen Ausläufer um die Gefäße anhäufen, noch dass sie sich mit denen der Neurogliazellen verfilzen; im Allgemeinen vertheilen sich die Ver- zweigungen genannter Ausläufer und enden in der ganzen Dicke der molekularen Zone, obwohl der größere Theil derselben eine mehr oder weniger aufsteigende Richtung einschlägt und an der Grenze der Fascia dentata, an einer Stelle, welche reich an Gefäßen und an Neuroglia- zellen ist, aufhört. Solche Verzweigungen zeigen ein stark varicöses Aussehen, indem sie an vielen Stellen spitze oder keulenförmige Seiten- - ausläufer haben, wie ScHArrer sie beschrieben hat, ein Verhalten, das im Allgemeinen in keiner nervösen Zone fehlt, in welcher protoplas- matische Ausläufer mit marklosen, nervösen Endausläufern sich in Ver- bindung setzen (Fig. 10A). Der Achsencylinder der Körner ist fein und ab- steigend, er durchzieht hin- und hergebogen die Zone der polymorphen Zellen, gewinnt an Stärke wenn er die Molekularlage der großen Py- ramiden erreicht, und setzt sich manchmal in der Höhe dieser, und manchmal an einer noch höheren Stelle mit einer horizontalen, moos- artigen Faser fort (Fig. 105). Nicht selten sieht man genannten Achsencylinder oberhalb der 638 S. Ramon y Cajal, großen Pyramiden des Hilus in zwei Äste sich theilen von denen jeder eine entgegengesetzte Richtung annimmt; einer derselben (gewöhnlich der dünnere) geht nach dem Inneren des Hilus, indem er sich zwischen den Körpern und Stämmen genannter Zellen verliert; der andere er- streckt sich nach außen oder in der Richtung der vorderen Region des Ammonshornes (Rh). Während des Verlaufes dieses Achsenceylinders durch die äußere Hälfte der Zone der polymorphen Zellen (der plexusartigen oder tiefen Molekularlage) giebt er vier, fünf oder noch mehr feine, geschlängelte, varicöse Collateralen ab, welche in gewissen Fällen starke Anschwellun- gen und selbst rosettenartige Figuren darbieten. Solche Collateralen, welche von GoLeI, SaLa und ScHAFFER gut beschrieben worden sind, bilden im äußeren Theile der Lage der polymorphen Körperchen ein sehr dichtes, netzförmiges Geflecht (Fig. 40 C), welches besonders um die Ele- mente dieser Zone sich verdichtet. Im übrigen Verlaufe der Achsen- cylinder sind die Collateralen sehr selten; trotzdem sieht man manch-. mal welche, wobei zu bemerken ist, dass diese einen rückläufigen Kurs nehmen und in die Zone der polymorphen Körperchen eintreten, um zu der Bildung des genannten, netzförmigen Geflechtes beizutragen (Fig. 10 e). Wie schon L. Sırı angegeben hat, zeigt der weitere Verlauf dieser Achseneylinder (von der molekularen Zone der großen Pyramiden des Hilus an vorwärts) ein sehr bezeichnendes varicöses Aussehen. In gut ge- färbten Präparaten des Ammonshornes eines acht Tage alten Kaninchens oder eines eben geborenen Meerschweinchens sieht man leicht, dass es sich hierbei nicht bloß um rundliche oder unregelmäßige Auswüchse handelt, sondern bald um dreieckige, bald um sternförmige protoplasma- tische Verdickungen, aus deren Winkel manchmal kurze oder grobe, divergirende Anhänge hervorsprossen und andere Male feine, lange Fasern, welche mit einer knotigen Verdiekung enden. Im Ganzen finden wir hier mehr oder weniger vollkommen denselben Zustand, welchen wir bei gewissen verzweigten Fasern des kleinen Gehirns entdeckten, welche wir moosartige (fibras musgosas) nannten; wir werden daher, um Umschreibungen zu vermeiden, von nun an die- selbe Bezeichnung auf die Achseneylinder der Körner der Fascia den- tata anwenden. In einzelnen Fällen sprosst aus genannten Verdickungen eine absteigende Endfaser, welche, nachdem sie den unteren Theil des Körpers der großen Pyramiden erreicht hat, frei aufhört. Wo enden die moosartigen Fasern der Fascia dentata? Nach L. Sırı richten sich genannte Fasern nach dem dicken Theile des Ammonshornes, wo sie ein starkes Bündel bilden, welches über den Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. 1. 639 Riesen-Pyramiden hinzieht, um sich in der Höhe des oberen und vor- deren Randes der Fascia dentata zu theilen und zwei Richtungen anzu- nehmen; eine untere, um sich in den Fasern des Alveus und der Fim- bria zu verlieren, und eine obere, aus welchem Bündel das weiße, oberflächliche Fascikel der Fascia dentata und die Kernzone des Ammons- hornes hervorgehe. Nach Scharrer’s Meinung verlaufen alle Achsencylinder der Körner, sobald sie die großen Pyramiden des Hilus erreicht haben, bald über, bald unter diesen, um vorwärts zu ziehen, d. h. nach der Region des ‘* unter der Fimbria liegenden Theiles des Ammonshornes, wo dieselben, indem sie sich plötzlich umbiegen, einen länglichen Strang bilden, der über den großen Pyramiden in einer Region gelegen ist, die man va- euolisirt nennen könnte, weil dieselbe in den mit Karmin oder Häma- toxylin gefärbten Schnitten, mit zahlreichen hohlen und leeren Räumen durchsetzt erscheint. Diese Regio suprapyramidalis wurde schon von verschiedenen Autoren bemerkt und hervorgehoben und stimmt mit dem Stratum lueidum von Honesger überein. Die Ergebnisse unserer Beobachtungen, die sich auf viele Hunderte von gut gefärbten Schnitten beziehen, stimmen vollständig mit der Be- schreibung Scharrer’s überein. Nach unseren Beobachtungen steigen ohne Ausnahme alle Achsencylinder der Körner (nach Sara würden sich einige, wie die der Zellen von Gorgr's Il. Typus verhalten), ohne ihre Indi- vidualität zu verlieren, zur Lage der großen Pyramiden hernieder (untere Region des Ammonshornes), wo sie, in horizontale Bündel vereinigt, z. Th. zwischen den Körpern dieser, z. Th. unter ihrer Basis, vor Allem aber zwischen dem Geflechte ihrer radialen Stämme verlaufen. An diesen Stellen bildet sich ein sehr dichtes, netzartiges Geflecht, dessen Maschen von den Pyramiden oder den Stämmen ihrer Dendriten eingenommen werden; ein netzförmiges Geflecht, das sich bis in die Höhe der Fimbria verlängert und scharf abgeschnitten beim Beginne der kleinen Pyrami- den endet (obere Region des Ammonshornes); an diesem Punkte neh- men beinahe alle moosartigen Fasern einen longitudinalen Verlauf an. Eine genaue Prüfung dieses interessanten Geflechtes, so wie es in Schnitten parallel zur Zone der großen Pyramiden erscheint, zeigt einige wichtige Einzelheiten: Erstens verlaufen die moosartigen Fasern nicht gerade aus, sondern es beschreiben dieselben große Biegungen, um sich den Wölbungen und Unregelmäßigkeiten der Oberfläche der Py- ramiden anzupassen; zweitens beschränken sich genannte Fasern nicht darauf, über die Spitzen dieser Körper zu gehen, sondern sie fügen und passen sich den Unregelmäßigkeiten und den Ausschnitten an, welche, wie wir weiter oben schilderten, ein Theil des Körpers und vor Allem 640 S. Ramön y Oajal, De - der aufsteigende Dendritenstamm desselben besitzt; in einigen Fällen gelang es uns zu beweisen, dass die Berührung zwischen den Fasern und den Zellen hauptsächlich in der Höhe der moosartigen Aus- wüchse stattfindet, welche sich in die Ausschnitte der protoplasma- tischen Ausläufer legen, um eine eben so innige Verbindung herzu- stellen, wie diejenige ist, welche sich im kleinen Gehirne zwischen den parallelen Fäserchen der Molekularlage und den Ausschnitten der Dendriten der Elemente von PurkınJz sich findet !. Öfters sieht man Fasern, welche bis zum Alveus herabsteigen, in- dem sie rechtwinklige Biegungen beschreiben; aber wenn man die- selben genügend weit verfolgt, bemerkt man, dass alle ohne Ausnahme - neuerdings in die Höhe gehen, um in die Zone mit Vacuolen des Ammonshornes einzutreten und das Längsbündel von ScHAFFER zu bilden. Niemals gelingt es, eine moosartige Faser weder bis zu den Fasern der Fimbria noch bis zum Stratum lacunosum des Ammons- hornes zu verfolgen, wesshalb wir glauben, dass Sırı irrthüm- licherweise z. Th. die aufsteigenden collateralen Fasern der Region der großen Pyramiden, z. Th. die Achsencylinder der Zone der polymorphen Zellen der Fascia dentata, welche wirklich absteigend sind und sich im Alveus und in der Fimbria verlieren, für Moosfasern gehalten hat. Wie wir eben sagten, verändern die moosartigen Fasern, wenn sie der Fimbria gegenüber angelangt sind, ihre Richtung von hinten nach vorn in die longitudinale, indem sie ein breites Bündel von halb- mondförmigem Querschnitte bilden, welches die vacuolisirte Zone ein- nimmt. Die Prüfung von Reihenschnitten des ganzen Ammonshornes beweist, dass genanntes Bündel sich über das ganze Ammonshorn ausdehnt, von seinem oberen Anfange unter dem Corpus callosum an bis zu seinem unteren Ende in der Regio sphenoidalis der Rinde. Aber wie und wo enden die Fasern des Längsbündels? Diese Frage nahm unsere Aufmerksamkeit voll in Anspruch und veranlasste uns zu ausführlichen Beobachtungen aller Regionen des Ammonshornes, be- sonders seines oberen uud unteren Endes. Nun gut, aus unseren sehr zahlreichen Präparaten folgt, dass weder im oberen noch im unteren Ende der Zone der großen Pyramiden aus der vacuolisirten Region eine einzige moosartige Faser hervorgeht, und dass es Gründe genug giebt, um genanntes Längsbündel und seine moosartigen Auswüchse als eine ! Diese Beobachtung bringt uns auf den Gedanken, ob nicht im kleinen Ge- hirne die Auswüchse der Moosfasern dazu bestimmt seien, auf die Dendriten der Körner einzuwirken und denselben in anderen Gegenden entstandene Erregungen mitzutheilen. Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. 1. 641 wirkliche, nervöse Endverästelung zu betrachten, welche über den Körpern und Dendritenstämmen der großen Pyramiden gelagert ist. Die Haupterwägungen, welche veranlassen, uns in diesem Sinne auszusprechen, sind: 4) Den moosartigen Fasern fehlt Mark, ein Umstand, den schon L. Sara und Scaarrer erwähnen und fügen wir bei, dass man niemals Bündel markhaltiger Fasern, weder aus den beiden Enden (oberes und unteres) des Längsbündels noch im Verlaufe desselben längs des Ammonshornes hervortreten sieht. 2\ Die moosartigen Fasern des kleinen Gehirns sind Endver- zweigungen, die mit keinem Achsencylinder der Zellen dieses Organs zusammenhängen. Der Analogie nach ist es daher sehr leicht möglich, dass auch diejenigen des Ammonshornes Endverästelungen darstellen, und dass sie wie diejenigen des kleinen Gehirns mit Varicositäten und Büscheln enden. Bei vielen Fasern zeigt sich, dass die Imprägnation bestimmt in der Höhe eines Auswuchses endet. 3) Es giebt keine moosartige Faser. die nicht früher oder später in innige Berührung mit den Körpern oder den Stämmen der großen Pyramiden tritt, und umgekehrt giebt es keine großen Pyramidenzellen, welche nicht in der Höhe ihrer Auswüchse mit einer bedeutenden Zahl moosartiger Fasern sich verbänden. k) In allen Höhen des Ammonshornes befindet sich die Region der ‚großen Pyramiden in der Höhlung der Faseia dentata, wie wenn beide Regionen ein anatomisches Ganzes und eine physiologische Ein- heit bildeten. Aus den vorstehenden Betrachtungen leitet sich ein wichtiger Schluss ab, nämlich der, dass die Körner der Fascia dentata, wenn sie auch einerseits morphologische Eigenschaften besitzen, die sie den Ge- hirnpyramiden nähern, doch andererseits von diesen durch bemerkens- werthe Verschiedenheiten getrennt sind. Die bedeutendste besteht darin, dass die Achseneylinder der Körner nicht zur weißen Substanz gehen und nicht zur Bildung der Projektions- und Kommissurensysteme beitragen, sondern ein besonderes Fasersystem darstellen, welches be- stimmt ist, die Körner der Fascia dentata mit den großen Pyramiden der unteren Region des Ammonshornes in Verbindung zu bringen. B. Lage der polymorphen Zellen. Diese Zone, welche SCHAFFER ganz richtig mit derjenigen des gleichen Namens der Gehirn- rinde verglichen hat, begrenzt sich nach der Oberfläche durch die tiefste Reihe der Körner und nach unten berührt sie dieselbe und hängt innigst mit der molekularen oder netzförmigen Lage des verdünnten Endtheiles des Ammonshornes zusammen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Ba. A) 643 | S. Ramön y Cajal, Die Zone der polymorphen Zellen lässt sich wieder in drei unter- geordnete Lagen eintheilen, welche, von außen nach innen, sind: a) die Grenzschicht oder die Lage der Pyramidenzellen, b) die mittlere oder netzförmige Lage und c) die tiefe Lage oder die der spindelförmigen Zellen. Mit Ausnahme der Grenzschicht, welche zum größten Theile mit derjenigen der Körner verschmolzen ist, scheinen diese Unterzonen in den mit Karmin oder Hämatoxylin ge- färbten Schnitten mehr oder weniger scharf getrennt. Die mittlere Unterzone erscheint breit, von netzförmigem Aussehen und arm an Zellen, während die untere Unterzone sich wie eine breite Binde dar- stellt, die aus spindel- oder sternförmigen Körperchen besteht, welche in eine oder zwei ungleiche Reihen geordnet sind. Grenzschicht. Sie enthält eine nicht zusammenhängende Reihe von Körperchen, welche sich in zwei Arten trennen lassen: Zellen mit aufsteigenden und Zellen mit absteigenden Achsencylindern. a) Die Zellen mit aufsteigenden Achsencylindern be- sitzen sehr typische Merkmale. Sie sind meist pyramidenförmig, mit ihrer Basis im äußeren Theile der Zone der polymorphen Zellen einge- keilt und mit dem Körper und dem Dendritenstamme zwischen den Körnern gelegen (Fig. 11). Der Dendritenstamm ist dick, beinahe glatt, tritt senkrecht durch die Körnerlage, um bald in dieser, bald mehr peripher sich in zwei oder mehrere glatte Zweige zu theilen, welche unter spitzen Winkeln und varicös geworden in der Höhe der Molekularlage enden. Nicht selten theilen sich diese Stämme sofort in zwei, die eben so sich verhalten wie die Ausläufer der einfachen Stämme. Manchmal entspringen die zwei aufsteigenden Stämme so weit von einander entfernt, dass die Zellen sternförmig erscheinen (Fig. 12 d). Die basalen Ausläufer, drei oder mehrere an der Zahl, sind stark varicös, sogar rosenkranzähnlich, und im Allgemeinen kurz. Das Ende der basalen Seitenanhänge befindet sich in der Grenzzone, während der mittlere Ausläufer tiefer herabsteigen und bis zur tiefen Unterzone reichen kann. Der Achsencylinder entspringt selten aus dem Zellenkörper; gewöhnlich kommt er aus dem Seitentheile des aufsteigenden Stammes, selbst aus dem Abschnitte desselben, der die Molekularlage erreicht hat. Während seines aufsteigenden Verlaufes ist genannter Ausläufer dünn und liefert keine Collateralen; sobald derselbe aber die tiefen Theile genannter Zone erreicht hat, nimmt er an Dicke zu und biegt sich plötzlich in rechtem Winkel um, um auf lange Strecken horizontal über den Körnern zu verlaufen. In gewissen Fällen spaltet sich der Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirus. 1. 643 Achsencylinder in der Höhe seiner Umbiegung, und verlaufen die bei- den Zweige in entgegengesetzten Richtungen. Wie immer die Form dieser ersten Verzweigungen auch sei, so ist doch das letzte Verhalten der dickeren Zweige dasselbe; nach einem öfters sehr langen und geschlängelten Verlaufe vertheilen sich dieselben mit einer absteigenden varicösen Endverästelung zwischen den unter- liegenden Körnern, während aus ihren horizontalen Theilen, unter rechten Winkeln, zahlreiche absteigende Collateralen entspringen, welche ebenfalls unter wiederholten Theilungen mit varicösen Fäser- chen in den Zwischenräumen der Körner enden. So entstehen aus den Verästelungen der gröberen und feineren Zweige der aufsteigenden Achsencylinder zwei nervöse, reiche und verwickelte Plexus; ein supra-granularer im untersten Viertheile der molekularen Zone und ein intergranularer, viel feinerer und dichterer in der Körnerzone selbst. Dieses letzte, netzförmige Geflecht umfasst nicht die ganze Dicke der Körnerzone, sondern die Hälfte oder die zwei äußeren Drittel; es ist so dicht, dass es in den gut gefärbten Schnitten nach der Methode von Cox oder der von Gcreı wie ein dich- ter Filz erscheint, dessen eiförmige und helle Lücken die Körper der Körner beherbergen. Nach unten wird das netzförmige Geflecht locke- rer und endet mit vielen aufsteigenden oder schiefen varicösen Fäd- chen, welche mit einer Anschwellung aufhören (Fig. 11 und 42 m und vor Allem die Fig. 14 2). Die pyramidenförmigen Zellen, von denen wir sprechen, stimmen vollständig mit einer der zwei Varietäten der Zellen mit absteigendem Achseneylinder überein, welche sich im Ammonshorn vorfinden (die- jenigen, deren nervöse Zweige circumcelluläre netzförmige Geflechte bilden). Ihre Aufgabe scheint zu sein, eine bedeutende Zahl von Kör- nern zu gemeinsamer Thätigkeit zu veranlassen. b) Die Zellen mit absteigendem Achsencylinder sind viel seltener als die vorhergehenden; ihre Figur ist stern- oder spindel- förmig und ihre protoplasmatischen Anhänge verlaufen mehr oder weniger horizontal, indem sie sich in der mittleren oder netzförmigen Unterzone theilen und wieder theilen und gezackte Ränder zeigen. Einige von diesen Ausläufern können auch in die Körnerzone eintreten, wie man an der Zelle der Fig. 9 m sieht. Was den Achsencylinder betrifft, so sprosst er manchmal aus dem Körper, andere Male aus einem protoplasmatischen Zweige, und indem er durch die unterliegenden Zonen herniedersteigt, tritt er in den Alveus ein. Netzförmige Unterzone. Sie ist dick, in den Präparaten, welche in Karmin gefärbt sind, von netzförmigem Aussehen und enthält 42* 644 - S. Ramön y Cajal, unregelmäßig vertheilt drei Arten von nervösen Körperchen: Zellen mit aufsteigenden Achseneylindern, Zellen mit absteigenden Achsen- cylindern, Zellen mit kurzem Achseneylinder oder Zellen der II. Kate- gorie von GOLGI. a) Die Zellen mit aufsteigenden Achsencylindern sind von verschiedener Form, von denen die kugelige mit aus einander iretenden Ausläufern die vorherrschendste ist (Fig. 12% d, oe). Aus- nahmsweise zeigen dieselben Spindelform, und sind bald senkrecht, bald schief gerichtet (Fig. 12 f}. Die protoplasmatischen Anhänge gehen in allen Richtungen aus einander, indem sie sich in der Dicke der netzförmigen Zone verzweigen; man findet aber auch öfters Zellen, welche außer den horizontalen und anders gerichteten Ausläufern einen, zwei oder mehrere aufsteigende solche besitzen, welche nach Art derjenigen der pyramidenförmigen Körperchen, die weiter vorn beschrieben wurden, in der Höhe der Molekularlage sich verzweigen. Endlich findet man manchmal Zellen, welche den pyramidenförmigen mit aufsteigendem Achsencylinder vollständig gleichen, mit keinem anderen Unterschiede, als dass sie anstatt in der Zona limitans zu lie- gen, weiter unten in der Mitte der netzförmigen Unterzone sich befin- den /Fig. 41 5). Der Achsenceylinder beinahe aller dieser Zellen tritt aus dem oberen Ende des Körpers oder aus einem dicken protoplasmatischen Zweige hervor, kreuzt die Körnerlage, gelangt in die Molekularlage und spaltet sich in verschiedenen Höhen derselben in zwei Theile, um mit einer ausgebreiteten Verzweigung horizontaler Zweige zu enden (Fig. 12 n). Die Achsencylinder, deren Zweispaltung oder Verzweigung im unteren Viertel der molekularen Zone statthat, tragen zur Bildung des netzförmigen Geflechtes bei, welches sich an dieser Stelle befindet und können absteigende Verzweigungen für das intergranuläre Ge- flecht liefern. b) Die Zellen mit absteigendem Achsencylinder finden sich in der ganzen Dicke der mittleren oder netzförmigen Unterzone, obgleich sie in größerer Mehrzahl in ihrer tieferen Hälfte vorkom- men. Dieselben sind spindel- oder sternförmig, und ihre Dendriten, die durch ihre große Länge und haariges Aussehen bemerkenswerth sind, verlaufen gewöhnlich horizontal, ohne jemals die Körnerzone zu berühren. Der Achsenceylinder ist kräftig, steigt nahezu gerade bis zur Region des Hilus herab und setzt sich in eine Faser des Alveus fort; auf seinem Wege durch die unterliegende Region (die über den großen Pyramiden des Ammonshornes gelegene molekulare Zone) giebt er eine, zwei oder drei feine, zurücklaufende Collateralen ab, welche, indem a Eu En 2m 1 en PERF Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. I, 645 sie bis zur netzförmigen Unterzone der Fascia dentata aufsteigen, in dieser mit einer ausgebreiteten varicösen Verzweigung enden (Fig. 9m, n). ce) Zellen mit kurzem Achsencylinder. Dieselben sind ge- wöhnlich sternförmig und gehen ihre protoplasmatischen Ausläufer nach allen Richtungen; einige derselben erreichen die Molekularlage der Fascia dentata, wo sie sich dichotomisch verzweigen. Ihr Achsen- eylinder geht in wechselnder Richtung, öfters horizontal ab, und löst sich dann in eine bedeutende Zahl varicöser Zweige auf, welche dazu beitragen das intracelluläre Geflecht der netzförmigen Unterzone zu einem verwickelteren zu machen. Die Zweige dieser Verästelung ver- laufen manchmal in der Fascia dentata auf eine große Länge parallel und enden, indem sie aufsteigende Zweige abgeben, in der molekularen Zone, d. h. über den Körnern. Unterzone derspindelförmigen Zellen. Dieselbe stellt die Grenzschicht der Fascia dentata dar und tritt nach unten mit der mole- kularen Zone der großen Pyramiden des Ammonshornes in Verbindung. Diese Unterzone enthält verschiedene zellenartige Körper, und zwar: a) sternartige mit absteigendem Achsencylinder, b) spindelförmige mit absteigendem Achsencylinder und c) sternartige Zellen von GoLsr’s U. Typus. a) Die dreieckigen oder sternförmigen Zellen sind in senkrechter Richtung zusammengedrückt, und ihre sehr zahlreichen und dichotomisch sich theilenden Dendriten verlaufen vorzugsweise in derselben Richtung wie die Zone, in welcher sie sich finden, indem sie in der Dicke der netzförmigen Unterzone sich verzweigen und dornige Umrisse zeigen. ‚Der Achsencylinder ist dick und kommt gewöhnlich aus dem unteren Ende des Zellenkörpers hervor (Fig. 12 g, j), steigt durch die molekulare Zone des Ammonshornes hernieder, kreuzt die großen Pyra- miden und tritt in den Alveus ein. Auf seinem Wege liefert er die eine oder die andere Collaterale, welche durch die molekulare Zone des Ammonshornes emporsteigt, um dann wieder bis zu derselben Unter- zone von Zellen, von denen wir oben handelten, zurückzulaufen, wo er sich in feine Zweige auflöst. b) Horizontale, spindelförmige Zellen. Dieselben sind von mittlerer Größe, koncentrisch in der unteren Gegend der Zone der polymorphen Zellen gelegen, und geben einfache, dann verzweigte Ausläufer in die Unterzone ab, von der wir handeln. Ihre protoplas- matischen Zweige weichen von denen der dreieckigen oder stern- förmigen Körperchen ab, weil sie keine dornigen Anhänge zeigen und keine Neigung haben aufzusteigen. Der Achsencylinder ist absteigend, 646 $. Ramön y Cajal, tritt gewöhnlich aus einem Dendritenstamme und geht dann mehr oder weniger schräg in den Alveus. Auf seinem Wege liefert er für die mole- kulare Zone des Ammonshornes oder vielleicht auch für höher liegende Zonen zwei oder drei Collateralen (Fig. 9 nj. Diese spindelförmigen Zellen erwähnten schon Sıra und ScHAFFER, aber ohne ihre Lage genau zu beschreiben, noch das Verhalten des Achsencylinders klarzu- legen. Es ist sicher, dass L. Sara sie gefärbt hat, aber die Kürze des Achsencylinders, welchen er in einer seiner Figuren darstellt und die Ansicht, welche er äußert, dass genannte Achsencylinder dem zweiten Typus von Gotsı angehören, indem sie sich in ein Netz auflösen, wel- ches zur Verwickelung des schon in der Höhe der netzförmigen Unter- zone sich befindlichen beiträgt, scheint uns zu zeigen, dass es ihm nicht gelungen ist, dieselben genügend zu färben. c) Dreieckige oder sternförmige Zellen mit kurzem Achsencylinder. So erschien das Körperchen, welches mit Ah, Fig. 12, dargestellt ist. Nach oben richtete dasselbe einen proto- plasmatischen Ausläufer, der im oberen Theile der Molekularlage endete, und aus einer Seite sprosste ein Achsencylinder, welcher so- fort sich in zahlreiche Ästchen vertheilte, welche für die netzförmige Unterzone bestimmt waren. Wie man aus der Fig. 13 ersehen kann, kommen gewisse Achsencylinder, deren strahlenförmige Zweige sich über die molekulare Zone ausbreiten, wahrscheinlich von diesen Körper- chen selbst oder von einer denselben nahestehenden Varietät. Endlich sieht man pyramidenförmige oder dreieckige Zellen, mit einem oder zwei protoplasmatischen Anhängen, die der molekularen Zone bestimmt sind (Fig. 10 r, g) und außerdem horizontale und ab- steigende Dendriten besitzen, welche sich bald in der Unterzone, von der wir handeln, bald in der darunter liegenden Lage des Ammons- hornes verbreiten. Der Achsencylinder ist absteigend und geht in den Alveus. Wahrscheinlich stimmen gewisse verlängerte und strahlige Zellen, welche ScHArrer in der Zone der polymorphen Körperchen be- schrieben hat, mit diesen Elementen überein. Nervöse Fasern der Molekularlage der Fascia dentata. Diese Zone enthält eine ungemein große Zahl feiner, nervöser, mehr oder weniger horizontal verlaufender Verzweigungen, welche ein sehr dichtes Geflecht bilden, in dessen Maschen die protoplasmatischen Aus- läufer der Körner und die einiger Körperchen der Zone der polymorphen Zellen enthalten sind. Diese Fasern zerfallen, was ihren Ursprung be- trifft, in folgende Arten: 1) nervöse Endverzweigungen der Körperchen, welche in derselben molekularen Zone liegen, 2) eollaterale Zweige der nervösen Ausläufer einiger aus ihrer Lage gerückter Körner, 3) nervöse Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. 1. 647 Endzweige der Zellen mit aufsteigenden Achsencylindern, 4) Endzweige von Achsencylindern von Zellen des II. Typus von Goıeı, deren Ur- sprungszellen in der Zone der polymorphen Körperchen ihre Lage haben, 5) nervöse Collateral- und Endfasern der weißen Substanz des Alveus. Von diesen zwei letzten Arten von Fasern führen wir noch einige Einzelnheiten an. Wie man in Fig. 13a, c sehen kann, steigen aus der Zone der polymorphen Zellen gewisse, reichlich verzweigte, dicke nervöse Fasern auf, deren kräftige Zweige bald schräg, bald horizontal auf bedeutende Strecken in der netzförmigen Unterzone verlaufen; solche Zweige ge- winnen, nachdem sie einige Collateralen in die letzte Zone abgegeben, und indem sie in verschiedenen und öfters sehr entfernten Radien ver- laufen, die Molekularlage, wo sie mit ausgebreiteten Verästelungen enden, welche besonders in der äußeren Mitte genannter Lage gehäuft vorkommen. In gewissen Fällen erreichen die Endverzweigungen solcher Achsencylinder einen solchen Umfang, dass sie sich bis zu einem Drittel oder mehr der Cirkumferenz der Fascia dentata ausdehnen ‚Fig. 13 €). Woher stammen diese Achsencylinder? Der Umstand, dass die Ursprungsstämme derselben niemals die Grenze der Unterzone der spindelförmigen Körperchen überschreiten (ausnahmsweise kommen sie auch etwas tiefer vor) und die oft wiederholte Beobachtung, dass in dieser Unterzone oder in der zunächst darüber liegenden (der netz- förmigen Lage) sich sternförmige Zellen befinden, deren Achsencylinder sich in großer Ausbreitung in der Lage der polymorphen Körperchen verzweigt und Endigungen besitzt, welche bis zu den Körnern hinauf gehen, veranlassen uns, die genannten Verzweigungen in der Moleku- larlage als die Fortsetzung der nervösen Ausläufer dieser letzten Ele- mente zu betrachten. Außer diesen Fasern gelangen zur Fascia dentata auch noch Collateralen und Endigungen von Fasern der weißen Substanz, obgleich der größere Theil dieser Fasern nicht die unterliegende Molekularlage des Ammonshornes überschreitet (Fig. 12). Die collateralen Zweige unterscheiden sich in feine und dicke; diese stammen gewöhnlich von den absteigenden Achsencylindern der großen Pyramiden des Hilus ab, und verzweigen sich reichlich in der ganzen Dicke der molekularen Zone der unteren Region des Ammonshornes, wo sie ein sehr enges Geflecht bilden (Fig. 14 h, d). Die feinen Collatera- len entspringen (in ihrem größeren Theile wenigstens) von den Fasern der weißen Substanz und endigen ebenfalls in der genannten Moleku- larlage, aber nicht ohne einige Zweige für das Stratum oriens abgegeben 648 S. Ramön y Cajal, zu haben. Einige Collateralen erschöpfen sich in dieser Lage, ohne die darüber liegenden Zonen zu erreichen. Das Geflecht von Collateralen der Region des Hilus des Ammons- hornes endet nicht plötzlich nach oben, d. h. in der tiefen Front der Fascia dentata. In guten Präparaten, in denen die Collateralen der weißen Substanz sich beinahe ausschließlich gefärbt zeigen, bemerkt man, dass aus dem Geflechte der Molekularlage, welches über den großen Pyramiden gelagert ist, immer einige feine Zweige entspringen, welche, nachdem sie die Unterzone der spindelförmigen Körperchen der Fascia dentata durchzogen haben, durch zarte und geschlängelte Verästelungen in der netzförmigen Unterzone enden, und so dazu beitragen, das sehr dichte Geflecht von nervösen Fasern, das sich an dieser Stelle befindet, zu einem sehr verwickelten zu machen. Solche feine Fäserchen über- schreiten niemals die Körnerzone (Fig. 14 c). In Bezug auf die nervösen Endfasern, welche aus der weißen Sub- stanz kommen, so färben sich dieselben schwer und ist ihre Zahl gering. Dieselben sind schwer zu verfolgen wegen des gewundenen und sehr verwickelten Verlaufes, den viele von ihnen in der Höhe der netz- förmigen Unterzone der Fascia dentata zeigen (Fig. 44 a). In den glück- lichsten Fällen wurden diese Fasern nach unten bis zur weißen Sub- stanz und nach oben bis zur molekularen Zone verfolgt, wo sie mit einer ausgebreiteten, mehr oder weniger horizontalen, varicösen Endver- ästelung aufhörten. Die Faser, welche in a, Fig. 14, dargestellt ist, war dick und stellte wahrscheinlich eine aufsteigende Röhre der weißen Substanz dar; die in Ö dargestellten Fasern waren viel feiner, schienen sich nicht in der molekularen Zone zu verzweigen, und obgleich sie bis zur weißen Substanz verfolgt wurden, konnte man doch nicht sicher entscheiden, ob dieselben Endigungen von Nervenfasern oder sehr starke und lange Collateralen des Alveus darstellen. Im Übrigen scheinen diese Fasern auf ihrem Zuge durch die netz- förmige Unterzone keine Collateralen zu erzeugen, wodurch sie sich von den Achseneylindern der Körner und von den nervösen Fasern der Zellen des II. Typus von Gotcı unterscheiden. Luicı Sara hat auch das Vorkommen von aufsteigenden, nervösen Fasern erwähnt, welche in der Lage der polymorphen Zellen der Fascia dentata vorkommen und vom Alveus abstammen, wo sie sich mit sensiblen Nervenröhren fortsetzen sollen. In der Höhe der netz- förmigen Unterzone jenes Organs würden nach Sırı genannte Fasern mit den Collateralen der Achseneylinder der Körner anastomosiren, und aus dem so gebildeten Netze könnten dann aufsteigende dünne Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. I. 649 Fäserchen ihren Ursprung nehmen, welche sich in der Dicke der mole- kularen Zone verzweigen. Wir wissen nicht, ob einige dieser aufsteigenden Fasern, welche vom Alveus herkommen, die Sırı beschreibt, mit unseren Endfasern des Alveus oder mit den Collateralen der weißen Substanz, deren Ur- sprung nicht zu bestimmen war, übereinstimmen. In den Zeichnungen dieses Gelehrten scheint sich eine der aufsteigenden Fasern mit einer absteigenden varicösen Röhre fortzusetzen, ähnlich den Achsen- eylindern der Körner. Wir für unseren Theil haben niemals das Dasein des genannten Netzes, noch das Vorkommen dieser aufsteigen- den, moosartigen Fasern, welche sich in der Fascia dentata nach der Art der nervösen Enden der Zellen des II. Typus von Goıcı verhalten, bestätigen können. Eben so wenig war es uns möglich eine andere Behauptung von Sırı zu bestätigen, nämlich die, dass ein Theil der mehr peripherischen, markhaltigen Fasern der Molekularzone der Fas- cia dentata (oberflächliche weiße Lage von L. Sıra) von den Achsen- eylindern der Riesenpyramiden des Ammonshornes abstammen. Nach unserer Meinung entspringt der größere Theil der markhaltigen Fasern - der genannten Region zum Theil von den Zellen mit aufsteigendem Achsencylinder, zum Theil von den aus der weißen Substanz abstam- menden Endfasern. Auf der anderen Seite schließen wir nicht völlig aus, dass nervöse Verästelungen von den sternförmigen Körperchen der oben genannten Zone abstammen, obgleich die Zartheit derselben nicht sehr zu Gunsten der Annahme spricht, dass dieselben eine mark- haltige Umhüllung besitzen. Nehmen vielleicht auch, wie ScHArrer versichert, an der Bildung der Molekularlage der Fascia dentata zurücklaufende Collateralen der Achsencylinder der Körner Antheil, welche in der Höhe der netzför- migen Unterzone dieses Organs abgegeben werden? Eine aufmerk- same Prüfung genannter Collateralen scheint nicht für eine solche Annahme zu sprechen. Sollte ein solcher Antheil wirklich vorkommen, so würde derselbe sehr selten sein. Wenn man nach Untersuchung der nervösen Fasern an Silberprä- paraten das Verhalten der markhaltigen Röhren der Fascia dentata an nach Weicert-Par behandelten Objekten studirt, so überzeugt man sich bald, dass dem größeren Theile jener Fasern markhaltige Hüllen fehlen. Dagegen besitzen, wie wir schon angaben, die aufsteigenden Achsencylinder der Zona limitans und der netzförmigen Unterzone Markscheiden, eben so wie viele der horizontalen Zweige, welche das supragranuläre nervöse Geflecht bilden (Fig. 7 b;; auch die Endzweige, welche der Molekularlage bestimmt sind, enthalten Markhüllen, und Pen 650 S. Ramon y Lajal, zwar sowohl diejenigen, die aus der weißen Substanz stammen, als die, welche von den Achsencylindern der Zellen von Goıer’s II. Typus ent- springen. Allen diesen Elementen müssen auch noch hinzugefügt werden die absteigenden Achsencylinder aller Zellen der Lage der polymorphen Körper. Dagegen fehlt die markhaltige Hülle, wie Sıra und ScHAFFER angeben, den Achsencylindern der Körner, wie auch ihren Collatera- len, den Zweigen des intergranularen, dichten Geflechtes und wahr- scheinlich auch den feinen, baumähnlichen Verästelungen der kleinen, nervösen Körperchen der molekularen Zone. Als Hauptresultat ergiebt sich, dass alle feinen varicösen Zweige mit dem Charakter von Endi- gungen frei von Mark sind, wogegen jeder Achseneylinder (mit Aus- nahme desjenigen der Körner) oder jeder dickere Zweig, mit Ausnahme seiner varicösen Endverästelungen den genannten Überzug besitzt. Neuroglia der Fascia dentata (Fig. 15). Die Fascia dentata enthält zwei Arten von Gliazellen: »die sternförmigen und die spindel- förmigen oder verlängerten«. Die sternförmigen Zellen finden sich vorzugsweise im peri- pherischen äußeren Saume der Molekularlage und wurden von Sara gut beschrieben, der dieselben sehr passend mit denen, welche man in der molekularen Zone der typischen Rinde sieht, verglichen hat. Die spindelförmigen oder verlängerten Zellen finden sich zwischen den Körnern, besonders aber unter diesen, indem sie eine oder zwei unregelmäßige Reihen bilden (Fig. 15 e, b). Diese Körper- chen versilbern sich leicht beim eben geborenen Kaninchen und bezüglich ihrer Form und ihres Verlaufes kann man sie mit den verlängerten Gliazellen der Molekularlage des kleinen Gehirns ver- gleichen. Die einen derselben sind eiförmig mit einem einzigen Aus- läufer, welcher, nachdem er in die Molekularlage eingetreten, sich in ein Büschel von Fasern zertheilt, welche varieös und mit Seiten- auswüchsen versehen sind; andere sind spindelförmig oder dreieckig und geben nach unten einen oder zwei kurze, grobe und stark varicöse Anhänge ab, während sie nach der anderen Seite eben so sich verhal- ten, wie die vorhin beschriebenen und mit einer leichten Anschwel- lung enden. Beim eben geborenen Kaninchen enthält die netzförmige Zone der Fascia dentata und selbst ihre tieferen Regionen, welche der Rinde des verdünnten Theiles des Ammonshornes entsprechen, die genannten verlängerten Neurogliazellen, was beweist, dass die spindelförmigen Körperchen der Körnerlage nichts Anderes sind als epithelartige Zellen, welche aus dem Alveus ausgewandert sind. Auch verhalten sich diese Elemente an der Peripherie wie die anderen, indem sie zur Molekular- Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. 1. - 651 zone Büschel von aufsteigenden und varicösen Fasern schicken (Fig. 15 c, 2). | Beim 19 Tage alten Kaninchen verlieren die Neurogliazellen der Körnerlage zum großen Theil ihre Anhänge oder ihren absteigenden Anhang, während die äußeren Ausläufer sich erhalten. Wir glauben auch, dass diese Zellen im erwachsenen Zustande noch vorhanden sind. Bei erwachsenen Hunden und Katzen haben wir dieselben auch in ihrer charakteristischen Form gefunden. Obere Region des Ammonshornes. Eine makroskopische Prüfung der unteren Ansicht der Region, in welcher unter dem Balken sich die zwei Ammonshörner vereinigen (Kaninchen), lässt erkennen, dass sowohl dieses letzte Organ wie die Fascia dentata, sobald sie die Medianebene erreicht haben, sich nach rückwärts umbiegen, indem sie zwei Lagen bilden, welche nach und nach verschwinden. Die Region der großen Pyramiden des Ammonshornes ist die vordere, und aus ihr entwickelt sich die Fimbria, die an dieser Stelle sehr breit und dick ist, um von hier aus vorwärts zu verlaufen und die hinteren Pfeiler des Gewölbes zu bilden. Quere und senkrechte Schnitte des mittleren Theiles der zwei Ammonshörner zeigen uns ganz richtig die Selbständigkeitsowohl des Ammonshornes als der Fascia dentata aufjeder Seite unter sich, als auch derjenigen der verschiedenen Seiten. Sogar in der Spitze, welche das Ammonshorn und die Fascia dentata bilden, bestätigen sich jene Verhältnisse, welche so oft im Laufe dieser Arbeit erwähnt wurden, d. h. dass die Achsencylinder der Körner immer in dem netzförmigen Geflechte, das die Stämme der großen Pyramiden umgiebt, aufhören. Bei der Umbeugung, welche die verschiedenen Theile des Am- monshornes beim Zusammentreffen in der Medianebene erfahren, ver- steht sich leicht, dass die Bilder der senkrechten und queren Schnitte sehr verschieden ausfallen. So wird z. B., wenn der Schnitt vor der Fascia dentata vorbeigeht, uns das Präparat auf jeder Seite eine Längsansicht des Ammonshornes zeigen und finden wir, dass im oberen Theile die kleinen Pyramiden (obere Region des Ammonshornes) und im unteren Theile die großen Pyramiden (verdünnter Theil des Hilus) ihre Lage haben. Das innere Ende der zwei Ammonshörner zeigt sich durch ein starkes Büschel von Kommissurenfasern vereint, welche von der oberen Region oder von den kleinen Pyramiden herkommen (Fig. 16 B). Dieses Faserbündel, das wir Kommissur des Ammonshornes nennen werden, stimmt vielleicht mit dem Theile überein, der im menschlichen Gehirne unter dem Namen Leier bekannt ist, d.h. mit den 652 S. Ramon y Cajal, gueren Bündelchen von weißer Substanz, welche die inneren Ränder der Pfeiler des Fornix vereinen, Bündel, die auch nach dem Urtheile Meınerr’s eine Verbindung der Ammonshörner darstellen. Über dem Kommissurenbündel finden sich eine Menge von Längs- fasern, welche in unregelmäßige Bündelchen eingetheilt in Querschnit- ten des Balkens in der Quere getroffen erscheinen. Zwischen denselben finden sich einige wenige spindel- oder sternförmige Nervenzellen, deren Ausläufer zwischen den Fasern in allen Richtungen verlaufen, während ihre mäßig starken Achsencylinder nach vorn und nach hinten, d. h. in der Richtung der Fasern zu verlaufen scheinen. Auf diesen intermediären Nervenknoten zu (Fig. 16 0) verlaufen einige aufsteigende CGollateralen der Kommissurenfasern (D). Die weiter nach hinten gelegenen Frontalschnitte zeigen die äußer- sten Enden des Ammonshornes wie in intimer Berührung, indem nach oben nur ein schmaler, dreieckiger Raum für das Kommissurenbündel bleibt, das an dieser Stelle sehr schwach ist. Die Fascia dentata zeigt sich an den Seiten schräg geschnitten und bildet an der unteren Seite des Ammonshornes einen Vorsprung. Wenn der Schnitt weiter hinten angelegt wird, so nimmt die Fascia dentata den unteren und inneren Theil ein und zeigt, wie immer, zwei Seiten, eine untere oder peripheri- sche, und eine obere oder interstitielle. Ihre Höhlung sieht nach außen, und in sie tritt die Lage der großen Pyramiden des Ammonshornes ein. Das Längsbündel am Balken ist in genau zwei Theile getheilt und zeigt vier oder fünf Zellenhäufchen, während das Kommissurenbündel be- merkenswerth verdünnt erscheint. Endlich zeigen Frontalschnitte, welche hinter der Fascia dentata durchgehen, mit der Medianebene vereint den Querschnitt jener ver- dünnten Verlängerung, welche, wie wir schon weiter vorn aus einander setzten, genanntes Organ nach hinten sendet. Man bemerkt vor Allem bei der Ratte, wo die Spitzen der Faseia dentata einander sehr sich nähern, dass die Molekularlagen durch eine dazwischen befindliche, feine dünne Schicht getrennt sind, und die Elemente der rechten Seite mit denen der linken Seite sich nicht verbinden. Horizontale Schnitte und solche von vorn nach hinten sind auch sehr lehrreich. Die höchsten und oberflächlichsten Schnitte zeigen in der Medianebene das Corpus callosum und an den Seiten den Tangen- tialschnitt der oberen Rinde des Ammonshornes. Tiefe Schnitte, d.h. diejenigen, welche den Balken schon nicht mehr berühren, zeigen sehr klar und deutlich die Kommissur des Ammonshornes, wobei sich be- stätigt, dass deren Fasern aus der ganzen oberen Region der Rinde dieses Organs kommen. Diese Fasern, welche fein und varicös wie diejenigen Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. |. 653 des Balkens sind, vereinigen sich zu Btischeln, welche in der Median- ebene sich kreuzen, um zu etwas verschiedenen Regionen der Ober- fläche des Hornes der entgegengesetzten Seite zu verlaufen. Die Kommissurenfasern liefern manchmal, wenn sie den Bezirk des Ammonshornes erreichen, und nachdem sie die Medianebene ge- kreuzt haben, einige feine Collateralen, welche im Alveus in die Region der kleinen oder oberen Pyramiden eintreten. In der Substanz des Alveus liegen die Kommissurenfasern in der oberflächlichsten Lage, in- dem sie sich gewöhnlich von den Achsencylindern der Pyramiden durch ihre Zartheit und varicöses Aussehen unterscheiden. Wie wir schon bei anderer Gelegenheit bewiesen haben, macht diese Thatsache es wahrscheinlich, dass, wenn nicht alle, doch ein guter Theil der genannten Kommissurenfasern Collateralen der Achsen- cylinder der Pyramiden darstellen. Nachdem die Kommissurenfasern die Medianebene gekreuzt haben, wobei die hinteren nach vorn, und die vorderen nach hinten gehen, könnten dieselben nicht nur symmetrische, sondern asymmetrische Regionen beider Ammonshörner in Verbindung bringen. Es lässt sich auch annehmen, dass ähnlich dem, was beim Rückenmark, und wahr- scheinlich in der Gehirnrinde geschieht, sich der Kommissur einige direkte Achsencylinder beimengen. Wir wissen nicht, ob an der Bildung dieser Kommissur die großen Pyramiden der unteren Region der Rinde etwas beitragen; wenn dem so wäre, könnten es nur wenige Fasern sein, denn sowohl in den Fron- tal- wie in Querschnitten der Vereinigungszone beider Hörner stammt die große Mehrzahl der Kommissurenfasern von der oberen Region oder von den kleinen Pyramiden (siehe Fig. 16). Im Übrigen dürfen diese Kommissurenfasern nicht mit jenen an- deren verwechselt werden, welche aus dem schwieligen Körper stam- men und im Subiculum ein dickes Bündel darstellen, das, indem es sich verdünnt, über den oberen Theil des Alveus sich erstreckt. Diesen Fäserchen muss die Aufgabe zuertheilt werden, das Ammonshorn einer Seite mit den verschiedenen Territorien der Gehirnrinde der anderen Seite in Verbindung zu bringen. _ Untere Endigung des Ammonshornes. Auf seinem Wege nach unten wird das Ammonshorn, welches in der Medianebene stark abgeplattet ist, beinahe walzenförmig, indem es allmählich an Dicke abnimmt, bis es mittels einer Spitze im oberen und inneren Theile des Sphenoidallappens aufhört. Mit dem Ammonshorne und der Fascia dentata parallele Schnitte zeigen uns diese letztere, wie sie plötzlich mit einer Spitze oder ober- 654 S. Ramon y Cajal, flächlichem Umschlage endet, ohne weder mit der Gehirnrinde noch mit den Pyramiden des Ammonshornes zusammenzuhängen. In ihrer Konkavität, d. h. in ihrem Endumschlage, enthält sie, wie überall, die großen Pyramiden des Ammonshornes, denen nach unveränderlichem Gesetze die nächsten Körner ihre moosartigen Fasern zusenden. Nicht eine dieser Fasern überschreitet die Lücke der Fascia dentata, um zum Alveus oder zum Subiculum zu gehen. Unter dem Endumschlage der Fascia dentata sieht man die Rinde des Sphenoidallappens, dessen Zellen, nach Art derjenigen des Subiculum, sich durch allmähliche Übergänge in die kleinen Pyramiden des Ammonshornes fortsetzen (obere Region dieses Organs). Um die Beschreibung des Ammonshornes zu beschließen, wollen wir ein paar Worte über die Eigenthümlichkeiten beifügen, die ihre verschiedenen Zellen gegen Farbstoffe zeigen. Schon vor Zeiten unterschied Berroncı die nervösen Zellen, nach ihrem Verhalten gegen Osmiumsäure, in solche, welche sich durch dasselbe schwärzen, und in andere, welche sich hell erhalten, von denen er die ersteren für motorisch, und die letzteren für sensibel hielt. Andere Autoren, besonders FızscH ', haben die Aufmerksamkeit auf andere Verschiedenheiten der Färbung in Hämatoxylin etc. gelenkt und die Zellen als chromophile und chromophobe Elemente unterschie- den. Fıesca schreibt diese Verschiedenheiten den verschiedenen funk- tionellen Zuständen der nervösen Zellen zu. Anna Grrtis? hat diese Thatsachen bestätigt und vor Kurzem hat auch F. Vas? dieselben betont bei Gelegenheit des Studiums der Elemente des Sympathicus, welche nach dem Verfahren von Nisst? gefärbt wurden. Wir haben die Färbung von Nıss beim Ammonshorne versucht mit gleichen Ergebnissen wie die, welche ScHarrer erhalten hat; es hat sich uns jedoch für die Unterscheidung der chromophilen und chromo- phoben Zellen das Indigokarmin viel günstiger gezeigt, da wir auf die Empfehlung von Fıesch® die Formel von Merker anwandten, bei welcher sich das boraxsaure Karmin mit dem Indigokarmin verbindet. 1 Fresch, Bemerkungen über die Struktur der Ganglienzellen. Neurol. Cen- tralblatt. 1886. 2 Anna Gittis, Beitr. zur vergl. Histologie der periph. Ganglien. Dissert. 1887. VırcHow-Hırsch, Berichte. 4888. 3 F. Vas, Studien über den Bau des Chromatins in der sympathischen Gan- glienzelle. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XL, Heft 3. 4892. * Nıssı, Tageblatt der 58. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte. Straßburg 4885. 5 M. Fresch, Zeitschr. f, wiss. Mikr. 4884, p. 566 u. 1885, p. 349. Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. I. 655 Auch wenden wir mit Vorliebe das Indigokarmin nach vorheriger Färbung mit dem Lithionkarmin von Orrz an. Unter diesen Bedingungen, und indem wir mit feinen Schnitten von Gehirnen, welche in doppeltehromsaurem Kali gehärtet waren, unsere Versuche anstellten, fanden wir, dass in beinahe allen Fällen sowohl die Körner wie die Zellen mit kurzem Achsencylinder des Am- monshornes ungefärbt blieben, während die Pyramiden und alle Zellen mit langen Cylindern sich in hohem Grade blau färbten. Beim kleinen Gehirne trat das Gleiche ein; beinahe immer zeigen sich die Zellen von Purkınse (die einzigen Zellen mit langen Cylindern) chromophil, während die anderen (Körner, Zellen der Molekularlage, Zellen von Gorcı der Körnerzone) sich chromophob ergaben. Wir verwerfen die Idee nicht ganz, dass diese Veränderungen davon herrühren, dass der Tod die zwei Arten von Zellen in verschiedenen funktionellen Zuständen ge- troffen hat; auf alle Fälle aber wird es nöthig sein anzunehmen, dass der chromophile Zustand bei den Zellen mit langen Cylindern gewöhn- licher ist als bei denjenigen mit kurzen Cylindern. Eine aufmerksame Prüfung des Protoplasmas der chromophoben und chromophilen Zellen zeigt, dass der Körper der ersteren sehr durchsichtig ist, Lücken enthält, während der Körper der zweiten Zellenart das Licht stärker bricht und keine Lücken zeigt, ein Unterschied, den man auch bei den Ausläufern bemerkt. Man könnte vielleicht sagen, dass die chromophilen Zellen reich an Albuminaten und an Reticulum sind, während die chromophoben nur ein zartes Reticulum und wenig Ein- schlüsse enthalten. Sind die chromophilen Zellen in Ruhe befindliche Elemente, welche ihre zur Nahrung dienende Reserve nicht verbraucht haben und die chromophoben Zellen solche, die der Tod inmitten ihrer Thätigkeit und als ihre Einschlüsse beinahe verbraucht waren, über- raschte? Diese Fragen können nur durch weitere Nachforschungen beantwortet werden. Subiculum. Bei den kleinen Säugethieren (Kaninchen, Meerschweinchen, Ratte) ist das Subiculum keine wirkliche Windung, sondern eine wenig aus- gebreitete Region der Rinde, welche in einem Winkel hinter dem Am- monshorne sich erhebt und als Übergang zwischen diesem Organe und dem inneren Theile des Hinterhauptlappens dient. Der am meisten hervortretende Theil des Subiculums besitzt alle Merkmale der typischen Rinde. In den senkrechten Schnitten bemerkt man folgende Lagen: 1) die Molekularlage, 2) die der kleinen Pyra- miden, 3) die der großen Pyramiden, %) die der polymorphen Körper- 656 S. Ramön y Cajal, chen und 5) die der weißen Substanz. In der Höhe der Vereinigung des Subieulums mit dem Ammonshorne bemerkt man den Zusammen- hang der Zonen beider Körper. Die dichten Reihen der Pyramiden des Ammonshornes lichten sich, indem diese Zellen mehr aus einander tre- ten; das Stratum oriens bevölkert sich mit Pyramidenzellen und poly- morphen Körperchen, während die Molekularzone (die Vereinigung der radiären, lakunösen und molekularen Lagen des Ammonshornes) sich nach und nach verschmälert, um die Dicke zu erreichen, welche ge- nannte Lage in der typischen Rinde besitzt. Wenn man die Molekularlage des Subiculums in Weıgerr’schen oder Par’schen Präparaten studirt, so sieht man, dass sie durch eine große Zahl von markhaltigen, relativ dicken Fasern gebildet ist, welche, indem sie in das Ammonshorn eintreten, sich sowohl mit denen der Lamina nuclearis, wie mit denen der Subzona lacunosa fortsetzen. Diese Faserlage verschmälert sich im vorspringenden Winkel des Subi- culums, um in der Nähe der Hinterhauptsregion der Rinde wieder dicker zu werden. Die markhaltigen Fasern der Molekularlage des Subieulums rühren, nach unserer Meinung, von drei Hauptquellen her: einmal von auf- steigenden Achsencylindern von Zellen des Stratum radiatum, welche in der Nähe jenes Organs liegen, zweitens von aufsteigenden Achsen- cylindern, welche aus Pyramiden stammen, die in der tieferen Hälfte der Rinde des Subiculums liegen, und drittens von mehr oder weniger horizontalen, verzweigten Achsencylindern, die von den Gorer'schen Zellen des II. Typus abstammen und sich sowohl im Stratum lacu- nosum, wie in der Dicke der molekularen Zone des genannten Or- gans finden. Die aufsteigenden, aus den Pyramiden des Subiculums entsprungenen Fasern sind im Übergangsgebiete desselben und der Hinterhauptsregion sehr zahlreich; Versilberung zeigt sie bemerkens- werth verzweigt und zeigt, dass viele der Endzweige, welche sie bei ihrem Eintritte in die molekulare Zone entsenden, sich bis zu der laku- nösen und zu der Molekularlage des Ammonshornes verlängern, indem sie mehr oder weniger horizontal laufen. | Die weiße Substanz des Subiculums ist sehr dick und besteht, wie man in Weiserr’schen Präparaten sehen kann, aus zwei Schichten von markhaltigen Fasern; die tiefere derselben in der Nähe des Seiten- ventrikels ist dick, eiförmig oder dreieckig und besteht aus feinen Fasern mit dünnem Myelinbelag (Fig. 2 H). Die äußere oder oberfläch- liche Schicht, welehe vor Allem die weiße Substanz in dieser Region darstellt, ist dünner, halbmondförmig, indem sie sich in den Alveus fortsetzt und besteht aus dieken Röhren, von denen viele aufsteigen, Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. 1. 657 um in verschiedenen Höhen der Rinde sich zu verlieren (Fig. 2 @). Dieses oberflächliche Bündel nimmt den größten Theil der Röhren des Alveus auf, d.h. derjenigen, die mit den Achsencylindern der Pyramiden der oberen Region zusammenhängen; es enthält aber auch nervöse Fasern der Pyramiden des Subiculums, und vielleicht noch andere aus weiter von der Rinde entfernten Regionen, Fasern, die man weit hinein in die weiße Substanz des Ammonshornes verfolgen kann. Im Verlaufe dieser Fasern, sowohl derjenigen, welche vom Subicu- lum kommen, wie derjenigen, die dorthin gehen, entspringen feine auf- steigende Collateralen, welche sich verlieren, indem sie in den tiefsten Zonen der Rinde dieses Körpers mäßig sich verzweigen und die viel- leicht, obwohl wir sie nie verfolgen konnten, bis zu der molekularen Zone selbst dringen. Im Ganzen scheinen uns viele der Fasern der oberflächlichen Zone der weißen Substanz des Subiculums (äußerliches, längliches Bündel von Sırı) ein Associationssystem zwischen diesem Körper und dem Ammonshorn darzustellen. Durch dessen Vermittelung würden sich die Achsencylinder der kleinen Pyramiden der oberen Region des Am- monshornes mit den Pyramiden der nächstgelegenen Gehirnrinde in Verbindung stellen (Subiculum und vielleicht ein Theil der Hinter- hauptsregion), auf der anderen Seite würden nervöse Fasern, welche aus der Rinde stammen, in die Zusammensetzung des Alveus eintreten und sich mit den Pyramiden des Ammonshornes verbinden. Die Fasern des tiefen Bündels, welches den Seitenventrikel be- grenzt, würden die Fortsetzung der Röhren des schwieligen Körpers darstellen, welcher Zusammenhang in queren und schrägen Schnit- ten des Gehirns mittels Färbung nach der Methode von WeEicerr sich deutlich erkennen lässt (Fig. 2 H). In der Nähe der Hinterhauptsregion der Rinde verdünnt sich das Subiculum bemerkenswerth, und zeigt in seiner ganzen Dicke zahl- reiche, markhaltige Fasern, und unterhalb der kleinen Pyramiden einen in der Mitte befindlichen markhaltigen Streifen, der dem Streifen von GENNARI entspricht. Allgemeine Betrachtungen. 4) Das Ammonshorn stellt einen Theil der Gehirnrinde dar, der in seinen tiefen Zonen einfacher, in der oberflächlichen oder moleku- laren Zone verwickelter ist. Der Hauptunterschied besteht darin, dass, wie in der ersten Zone der typischen Rinde, die aufsteigenden Achsencylinder, die Collateralen der weißen Substanz und die nervösen Verästelungen der Körper mit Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. 43 658 S. Ramon y Cajal, _ kurzen Achsencylindern ein weitläufiges Geflecht bilden, welches mit den Dendritenbüscheln der Pyramiden verbunden ist. Beim Ammons- horne finden sich jene Fasern in verschiedenen Höhen der netzför- migen oder molekularen Zone, indem sie über einander liegende, ziem- lich scharf begrenzte Geflechte bilden, was den Pyramiden gestattet, bestimmter charakterisirte Beziehungen einzugehen. Diese Verbindungen oder nervös protoplasmatischen Kontakte sind im Ganzen für die Pyra- miden der oberen Region des Ammonshornes: einmal für ihre Wurzeln oder das untere protoplasmatische Büschel die Collateralen, welche von den Achsencylindern der nächstliegenden Pyramiden abstammen und die feinen Collateralen der weißen Substanz; zweitens für den Körper die nervösen, eircumcellularen Verzweigungen der zwei Arten von Körperchen von Gotsers Il. Typus des Stratum oriens; drittens für den aufsteigenden Dendritenstamm die Collateralen der weißen Substanz und die Endfäserchen der Zellen mit kurzem Achsencylinder des Stra- tum radiatum; viertens für die Dendritenbüschel an ihrem Ausgangs- punkte die aufsteigenden dicken Collateralen von SchArrzr, dann die horizontalen Verästelungen der dicksten aufsteigenden Achseneylinder und die Endfasern der weißen Substanz; endlich für die mehr peri- pherischen Zweige des Dendritenbüschels die nervöse Verästelung der autochthonen Zellen des Stratum moleculare, die nervösen Zweige der Zellen des Stratum lacunosum u. s. w. Diese Verbindungen betrachten wir nicht als die in jeder Zone einzig vorhandenen, wohl aber als die am meisten vorwiegenden. 2) Der Repräsentant der molekularen Zone des Ammonshornes (Stratum radiatum lacunosum und moleculare) scheint an Gorer'schen Zellen des II. Typus viel reicher zu sein als die typische Rinde, weil sie außer den Elementen, welche wir in der ersten Gehirnzone beschrie- ben haben, zwei neue Arten enthält: »die dreieckigen Körperchen der lakunösen Zone, deren protoplasmatische Ausläufer bis zum Stratum oriens heruntergehen und die spindelförmigen Zellen mit absteigendem Achsencylinder, der zwischen den Pyramiden sich verzweigt. Dafür sind die spindelförmigen oder dreieckigen, pluripolaren Zellen viel seltener als in der typischen Rinde und finden sich nur in der moleku- laren Lage im eigentlichen Sinne und vielleicht in der Zona lacunosa. 3) Die aufsteigenden dicken Collateralen von ScuArrEr, welche, wie wir weiter vorn gesehen haben, koncentrisch in der Höhe der laku- nösen Lage verlaufen, stellen wahrscheinlich eine Verbindung zwischen den großen Pyramiden der unteren Region und den kleinen Pyramiden der oberen dar. 4) Die großen Pyramiden der unteren Region besitzen, außer den E > Fahr 2 Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. 1. 659 allgemeinen Verbindungen der Pyramiden der oberen Region, beson- dere Kontaktbeziehungen zu den Achsencylindern der Körner. 5) Die nervösen, aus dem Ammonshorne stammenden Elemente sind wahrscheinlich, ähnlich der typischen Rinde, Associations-, Pro- jektions- und Kommissurenfasern. Die Projektionsfasern sind dick, treten in die Fimbria und rühren von den großen Pyramiden her (untere Region des Ammonshornes). Die Verbindungsfasern stammen von den kleinen Pyramiden ab (obere Re- sion) und gehen nach dem Subiculum oder noch weiter hinauf, wo sie enden. Die Kommissurenfasern müssen in kurze und lange geschieden werden. Die kurzen oder direkten sind wahrscheinlich bestimmte Collateralen oder Theiläste von Achsencylindern von Pyramiden des Am- monshornes einer Seite, welche auf der anderen Seite mit den protoplas- matischen Büscheln der pyramidenförmigen Zellen sich in Verbindung setzen; die langen rühren vom schwieligen Körper (Corpus callosum) her und stellen Verbindungen zwischen dem Ammonshorne und der Rinde der anderen Seite dar. Diese Eintheilung der Fasern ist zum großen Theile auf Voraussetzungen begründet und beruht auf der von verschiedenen Autoren angenommenen Hypothese, dass die Pfeiler des Fornix, nachdem sie die Corpora mammillaria erreicht haben, in den Sehhügel eintreten und dem Projektionssysteme sich anschließen. 6) Die Fascia dentata stimmt im Wesentlichen mit dem Ammons- horne überein, weil sie dieselben wesentlichen Zonen besitzt und die wichtigsten Elemente dieses Organs enthält. Auf der anderen Seite zeigt die Fascia dentata Vereinfachungen und Eigenthümlichkeiten, welche berechtigen könnten, sie als einen besonderen Typus der Hirnrinde zu betrachten. Die hauptsächlichsten Verschiedenheiten sind: 1) Der Molekularlage genannter Fascia fehlen die Unterabtheilungen der Sub- zona lacunosa radiata, lucida und der eigentlichen molekularen Unter- zone etc.; 2) den Pyramiden oder Körnern fehlt das absteigende Dendritenbüschel und der peripherische Stamm, indem sie sich morphologisch den Gehirnpyramiden der Batrachier nähern; 3) die Achsencylinder der Körner weisen besondere Eigenheiten auf, nämlich moosartige Verdickungen, eircumcelluläre Endigungen in der Lage der großen Pyramiden u. s. w. 7) Man kann desshalb als sehr wahrscheinlich annehmen, dass die Körner ein besonderes System von Associationszellen darstellen, das bestimmt ist hauptsächlich auf die dicken Pyramiden der unteren Region des Ammonshornes zu wirken. 8) Die Körner und die Pyramiden der kleinen Säugethiere haben gemeinschaftlich die Eigenschaft einen glatten Körper zu besitzen und 43* 660 S. Ramon y Cajal, mit nervösen Verästelungen in Verbindung zu stehen, welche von unter ihnen liegenden Zellen mit kurzen Achsencylindern stammen. Bezüglich der Größe, der Form und der Verbindungen der nervösen Endverästelungen muss man die Associationszellen (Gorer's Zellen II. Ordnung) des Ammonshornes und der Fascia dentata in drei Arten eintheilen: 4) große, stern- oder pyramidenförmige mit wenig weit abstehenden Endverzweigungen, die bestimmt sind circumcelluläre Geflechte zu bilden; 2) spindelförmige oder dreieckige, deren längerer Achsencylinder ausgebreitete, verästelte Endigungen darstellt, die den Dendritenbüscheln der Pyramiden bestimmt sind; 3) sternförmige oder unregelmäßige Zellen, deren viel kürzere, nervöse Endäste sich mit den Dendritenstäimmen oder den nächstgelegenen protoeplasmatischen Endigungen verbinden. Diese letzteren sind vorherrschend in den Molekularzonen und lassen sich als charakteristisch für dieselben be- trachten. 9) Aus dem Verhalten der Associationszellen des Ammonshornes und der Fascia dentata lassen sich einige Schlüsse ableiten, welche vielleicht auch für die Deutung der typischen Rinde einige Wichtigkeit haben: 1) jede Associationszelle steht mit einer bedeutenden Zahl von Pyramiden in funktioneller Beziehung; 2) jede Pyramide wird wahr- scheinlich durch Associationszellen und vielleicht durch mehrere von ihnen beeinflusst; 3) die Association oder Verbindung vollzieht sich bald durch die Körper, bald durch die Stämme, bald durch die Den- dritenbüschel; 4) die nervöse Verzweigung der Associationszellen ordnet sich der Form und Stellung der zellenartigen Körper unter, so ist sie in der Gehirnrinde weit ausgebreitet und unregelmäßig, weil die Körper der Pyramiden, welche unter einander in Verbindung treten sollen, zerstreut und von einander entfernt sind, während sie beim Ammons- horne und der Fascia dentata zusammengedrängt und regelmäßig stehen, indem sich hier die Körper der Pyramiden und der Körner in dichten Reihen ordnen. Ein- besonderer Umstand, den wir uns noch nicht zu verallge- meinern getrauen, besteht darin, dass, während die Körper jeder Zelle mit langem Achsencylinder (Gehirnpyramiden, Zellen von PurkınaE des kleinen Gehirns, motorische Zellen des Markes etc.) von dichten, ner- vösen Endverästelungen von Collateral- und Nervenfasern umgeben sind, die Zellen des II. Typus von Gorcı mit kurzem Achsencylinder niemals deutliche eircumcelluläre Umhüllungsgeflechte besitzen. 10) Das Ammonshorn zeigt in der Reihe der Säugethiere nicht allein darin Abweichungen, dass seine Pyramiden und Associations- zellen in verschiedener Menge vorkommen, sondern auch in der Zahl Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. 1. 661 und dem Reichthume der protoplasmatischen Zellenausläufer, ferner in der größeren oder geringeren Entwicklung des interstitiellen nervösen Plexus. Da die Zellen, je reicher diese Plexus sind, um so mehr von einander abstehen, so lässt sich selbst an Karminpräparaten ein Urtheil über den Grad der Vervollkommnung der nervösen Centren gewinnen. Wo keine Neuroglia vorhanden ist, oder wo dieselbe sehr spärlich ist, kann man folgenden Satz als richtig aufstellen: »Je größer die Entfer- nung der Nervenzellen von einander ist, um so mehr sind ihre Aus- läufer entwickelt, und um so bedeutender in Folge dessen auch die Leistungen. 44) Die Fascia dentata verhält sich beim Menschen und bei den größeren Säugethieren fast gleich in vollem Gegensatze zu dem, was beim Ammonshorn sich findet. Von diesem Gesichtspunkte kann man die Fascia dentata mit dem kleinen Gehirne vergleichen, welches, ob- wohl es bei den höheren Wirbelthieren in seiner Masse und in der Zahl der Windungen zunimmt, doch seinen Bau nicht wesentlich modi- fieirt, was beiläufig bemerkt, anzuzeigen scheint, dass keines dieser beiden Organe mit den geistigen Funktionen in Verbindung steht. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXI Fig. 4. Neurogliazellen des Ammonshornes (obere Region) vom neugeborenen Kaninchen. a, Körper der Ependymzellen; b, verlängerte Neurogliazellen; c, Spin- nenzelle oder Gorsr' sche Zelle; e, verästelter Ausläufer einer Ependymzelle; P, Re- gion der Pyramidenzellen. Fig. 2. Sectio-antero-posterior des Ammonshornes des erwachsenen Meer- schweinchens. Methode von WEIGERT-PAL. A, Molekularlage der Fascia dentata; B, Körnerschicht derselben; C, Zone der großen Pyramiden; D, Zone der kleinen oder oberen Pyramiden; F, Fimbria; @, Fasciculus postero-superior; Hs, Lage feiner Fasern, die wahrscheinlich mit dem Corpus callosum in Verbindung stehen; I, untere Region des Ammonshornes; P, obere Region desselben; E, markhaltige Fasern des Stratum lacunosum; S, Subiculum; AR, Regio occipitalis der Hirnrinde. Fig. 3. Schnitt aus dem Ammonshorne eines Kaninchens von acht Tagen. Doppelte Versilberung. Der linke Theil der Figur zeigt die Collateralen der weißen Substanz, der rechte enthält Fasern, die vom Alveus abstammen, in b sich verästeln und wahrscheinlich Endigungen darstellen ; A, Alveus; B, Schicht der polymorphen Zellen; C, Zone der Pyramiden; D, Stratum radiatum; E, Stratum lacunosum; F, Stratum moleculare; a, nervöse Endfaser; c, Collateralen der weißen Substanz. Fig. 4, Schnitt aus dem Ammonshorne eines Kaninchens von einem Monate. Methode von Coxund Gorstı. A, Zelle, deren aufsteigender Achsencylinder im Stratum 662 S. Ramön y Cajal, lacunosum endigt; B, C, E, Zellen, deren bogenförmig verlaufender nervöser Fort- satz im interpyramidalen Plexus F endet; G, H, zwei Zellen mit kurzem Achsen- cylinder des Stratum radiatum; I, horizontale Fasern des Stratum lacunosum; J, Spindelzelle aus der Molekularzone ohne Achsencylinder; cecc, Achsencylinder. Fig. 5. Schnitt aus dem Ammonshorn eines Kaninchens von einem Monat. Methode von Cox. a, b, d, Zellen mit horizonlalem Achsencylinder; e, f, Zellen mit kurzem Achsencylinder, der in das Stratum radiatum geht; g, h, Pyramiden von außergewöhnlicher Lagerung; i, Zelle, deren Achsencylinder Äste zum interpyrami- dalen Plexus abgiebt; j, Zelle des Stratum lacunosum; m, n, zwei kleine Zellen des Stratum moleculare; c, Achsencylinder; B, weiße Substanz; O, Stratum oriens; P, Schicht der Pyramiden; R, Stratum radiatum; ZL, Stratum lacunosum; M, Stra- tum moleculare. Fig. 6. Pyramidenzellen des Ammonshornes. A, kleine Zellen der oberen Gegend; B, große Zellen der unteren Gegend des Ammonshornes; a, starke auf- steigende Collateralen; c, Achsencylinder; e, Dornen am Stamm der großen Pyra- miden; d, stachelige Ausläufer der kleinen Pyramiden; f, feine Collaterale nach der weißen Substanz zu; g, eine Collaterale der Fasern des Alveus; h, Moosfasern in Verbindung mit den großen Pyramiden. Tafel XXXII. Fig. 7. Ammonshorn und Fascia dentata des Meerschweinchens. Querschnitt; WEIGERT-PAL. A, Epithel; B, Alveus; C, Stratum oriens; D, Pyramidenschicht; E, Stratum radiatum; F, Stratum lacunosum; G, Stratum moleculare; H, Molekular- zone der Fascia dentata; /, Zone der Körner; a, varicöse Fasern des äußeren Dritt- theiles der Molekularzone der Fascia dentata; Db, horizontaler supragranulärer Plexus; c, aufsteigende Achsencylinder, die von der Lage polymorpher Zellen der Fascia dentata ausgehen; d, Achsencylinder, der zum Alveus herabsteigt; e, auf- steigende Achsencylinder der in der Lage der polymorphen Zellen befindlichen Elemente; f, Nervenfasern der Zellen mit horizontalem Achsencylinder. Fig. 8. Schnitt aus dem Ammonshorn eines Kaninchens von 42 Tagen. Me- thode von Gorsı. Doppelte Färbung. A, weiße Substanz; B, Schicht der polymor- phen Zellen; C, Zone der Pyramiden; D, Stratum radiatum; E, Stratum lacunosum; F, Stratum moleculare; a, Zelle mit aufsteigendem Achsencylinder; 5b, eine andere Zelle mit einem zwischen den Pyramiden sich verzweigenden nervösen Fortsatze; d, Zelle, deren Achsencylinder Äste zum nervösen interpyramidalen Plexus abeiebt; e, f, Zellen, deren Achsencylinder im Stratum lacunosum sich verliert; j,i. h, m, Zel- len des Stratum lacunosum, deren Achsencylinder sich in diesem und im Stratum moleculare verästelt; g, Zelle, deren absteigender Achsencylinder sich im Plexus interpyramidalis verästelte. Fig. 9. Schnitt der Fascia dentata eines einen Monat alten Kaninchens. Me- thode von Cox. a, kleine Zelle der Molekularlage; f, g, h, e, nervöse Zellen mit kurzem Achsencylinder; j, eine Zelle, deren kurzer Achsencylinder sich in der Lage der polymorphen Zellen verästelte,; m, n, 0, r, q, t, Zellen mit absteigenden Achsen- cylindern; p, horizontale, spindelförmige Zelle; A, Molekularzone; B, Zone der Körner; C, Zona plexiformis oder oberer Abschnitt der Zone mit polymorphen Zellen; D, Molekularzone des Ammonshornes. Tafel XXXIII Fig. 40. Schnitt der Fascia dentata und der Region des Hilus des Ammons- hornes. A, Molekularlage; B, Lage der Körner; C, netzförmige Zone oder oberer * Bi 73 Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. I. 663 Theil derjenigen der polymorphen Zellen; D, Molekularlage des Ammonshornes; E, Lage der großen Pyramiden dieses Organs; a, aus der Lage gerücktes Korn; b, moosartige Faser; d, Korn mit absteigendem protoplasmatischem Ausläufer ; e, Achsencylinder; e, aufsteigende Collateralen der Achsencylinder der Körner; f, Achsenceylinder eines dislocirten Kornes; h, Zweitheilung des Achsencylinders der Körner; i, feiner, unterer collateraler Zweig eines dieser Ausläufer. Fig. 44. Schnitt durch die Fascia dentata von einem einen Monat alten Kanin- chen. Methode von Cox. a und db, Zellenkörper; c, Achsencylinder; A, Molekular- lage; B, Körnerlage. Fig. 42. Schnitt durch die Fascia dentata eines acht Tage alten Kaninchens. Methode von Goucı. A, Molekularlage; B, Körnerlage; C, netzförmige Unterzone; D, Unterzone der unregelmäßigen Zellen; a, außer der Lage befindliches Korn; b, Zelle mit kurzem Achsencylinder; d, Zelle mit aufsteigendem Achsencylinder, der zwischen den Körnern sich verzweigt; e, f, andere Zellen, deren nervöse Aus- läufer sich in der Molekularlage verzweigen; Ah, Zelle mit kurzem Achsencylinder; J, 9, Zellen mit absteigenden nervösen Fortsätzen, Fig. 43. Schnitt der Fascia dentata. a, db, c, Achsencylinder von kompliecirter Verzweigung, deren Äste zur molekularen Zone heraufgehen; e, untere, embryo- nale Körner; f, sternförmige Zelle der Molekularlage (vier Tage altes Kaninchen). Fig. 44. Nervöse Fasern der Fascia dentata und des darunter liegenden Am- monshornes. Methode von GoLcı. Zehn Tage altes Kaninchen. A, Molekularlage der Fascia dentata; B, Körnerlage; C, Lage der polymorphen Körperchen;; D, Moleku- larlage des Ammonshornes (Region des Hilus); E, Lage der großen Pyramiden von den moosartigen Fasern durchkreuzt; F, Stratum oriens; G, weiße Substanz, Ver- längerung des Alveus; a, wahrscheinliche Endfasern für die Molekularzone; b, Col- lateralen der weißen Substanz; c, Collateralen der weißen Substanz für die netzför- mige Unterzone der Fascia dentata; d, netzförmiges Geflecht von Collateralen in der Molekularlage des Ammonshornes; e, g, CGollateralen, welche die starken Pyramiden kreuzen; f, Collateralen für das Stratum oriens; i, Alveus; m, Achsencylinder der Körner und das über ihnen gelagerte netzförmige Geflecht von Collateralen; o, supra- und intergranuläres nervöses Geflecht. — Bemerkung: Die linke Seite der Figur enthält die Collateralen und Endungen der weißen Substanz und die rechte Seite die netzförmigen Geflechte, welche von den Achsencylindern (und Collatera- len dieser) die zu den autochthonen nervösen Zellen der Fascia dentata gehören, gebildet werden. Fig. 45. Neurogliazellen der Fascia dentata des eben geborenen Kaninchens. Methode von GoLcı. A, Molekularlage; B, Körnerlage; C, Zone der polymorphen Körperchen ; D, Region des Ammonshornes; a, Neurogliazelle mit absteigenden Ausläufern; b, eine andere birnenartige; c, tiefere Zelle; e, spindelförmige Zelle; d, spinnenartige Zellen, Tafel XXXIV. Fig. 46. Frontalschnitt des Corpus callosum und der Verbindung der zwei Ammonshörner des Kaninchens. Der Schnitt geht ein wenig vor der Mitte der Ver- bindung dieser Organe vorbei. Methode von GoucI. A, schwieliger Körper; B, Kom- missur der zwei Ammonshörner; C, Längsbüschel von weißer Substanz; D, auf- steigende Collateralen der Kommissur; G, untere Region oder die der großen Pyramiden des Ammonshornes; E, obere Region oder der kleinen Pyramiden; F, netzförmiges Geflecht von moosartigen Fasern. ll. Über den Bau der Rinde des unteren Hinterhauptslappens der kleinen Säugethiere. —- Mit Tafel XXXIV, Fig. 7—20. Wie man weiß, zeigt nicht die ganze Gehirnrinde genau die gleiche Bauart. Schon vor langer Zeit haben die Neurologen im Gehirne der größeren Säugethiere gewisse Regionen erwähnt, in welchen sie Ab- weichungen von Bedeutung fanden, sowohl in Bezug auf die Zahl der Schichten, als die Größe und die Menge der Zellen und der nervösen Fasern. : Solche Territorien sind bei den großen Säugethieren durch all- mähliche Übergänge verbunden, während dem sie beim Kaninchen und den anderen Säugethieren mit glatter Gehirnoberfläche, wenn wenigstens die Angaben von BewAn Lewis Glauben verdienen, ganz scharf von einander getrennt sind. Zu den Territorien der Hirnrinde, welche sich vom Baue der psycho- motorischen Region mehr entfernen, zählt man die graue Substanz des Cuneus und die Umgebungen der Fissura calcarina, in der, wie schon GENNARI und Vıcg D’Azyr andeuteten, die Rinde durch weiße koncen- trische Streifen durchzogen erscheint. Brocı hat das Vorkommen ge- nannter weißer Schicht bestätigt, und zugleich bewiesen, dass es sich dabei um ein gesetzmäßiges Verhalten der unteren Theile des Hinter- hauptslappens handelt. Bei den kleineren Säugethieren, wie beim Kaninchen, Meer- schweinchen, der Ratte (an welchen wir vor Allem unsere Beobachtun- gen angestellt haben), ist die genannte Zone außerordentlich lang und ausgedehnt, indem sie sich beinahe über die ganze Rinde des unteren Hinterhauptslappens ausbreitet, d. h. über den ausgedehnten, hinter dem Subiculum gelegenen Streifen grauer Substanz. Den weißen Streifen von Vıco D’Azyr bemerkt man schon mit bloßem Auge, indem derselbe an nach Weisert-Pır gefärbten Schnitten deutlich her- vortritt. Beim Menschen haben diese Region der Rinde ausführlich beschrie- ben Meınert, SchwaLBE und OBERSTEINER. MEINERT z. B. erwähnt acht Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. Il. 665 koncentrische Schichten, unter welchen einmal seine fünf klassischen Zonen enthalten sind und dazu noch eine neue Zone von Riesenpyra- miden (Schicht 6 von großen vereinzelten Zellen) und von zwei Kern- zonen oder von kleinen Körperchen. Die Beschreibung von MEInErRT, die HUGUENIN, ÖBERSTEINER U. A. an- genommen haben, harmonirt so wenig mit den Ergebnissen unserer eigenen Nachforschungen bei kleinen Säugern, dass wir uns gezwungen sehen, für jetzt von ihr abzusehen, bis wir dazu kommen, genannte Zone in den Gehirnen mit Windungen und besonders beim Menschen ausführlich zu studiren. Jedenfalls aber ist es unzweifelhaft, dass die unvollkommenen Verfahrungsarten, welche von den genannten Gelehr- ten benutzt wurden, dieselben zu unrichtigen Folgerungen veranlassten. So ist, für OBERSTEINER, die molekulare Schicht außerordentlich dünn, während dieselbe gerade umgekehrt beim Kaninchen und beim Meer- schweinchen viel dicker ist als an irgend einer anderen Stelle der Rinde. Die weiße, in der Mitte sich befindende Zone, welche nach Mrınerr’s Meinung den Schichten 4 (oder der spärlichen Riesenzellen), 5 (oder der Kerne) und 6 (oder der Neuroglia und den einzelnen Riesenzellen) entspricht, liegt nach unseren Beobachtungen in der Höhe von 3, d. h. in der Schicht der kleinen Pyramiden. Die bedeutendsten Abweichungen, welche im Vergleiche mit der typischen Rinde die untere Hinterhauptsregion zeigt, betreffen die molekulare Zone und die 2. und 3. Schicht. Die molekulare Zone ist durch ihre große Dicke bemerkenswerth, weil unter ihren Elementen die Spindelformen und die dreieckigen pluripolaren Zellen vorwiegen. Diese Körper färben sich auch leichter, wie an anderen Stellen der Hirnrinde, was uns erlaubt hat, die Ge- schichte dieser räthselhaften Zellen durch einige neue Thatsachen zu erweitern. Die 2. Schicht (oder die der kleinen Pyramiden der anderen Theile der Rinde) erscheint durch verschiedene Lagen von sehr kleinen spindelförmigen Körperchen ersetzt, welche, so viel wir wissen, in keiner anderen Gehirnprovinz vorkommen. Die Zonen der Hinter- hauptregion sind somit folgende: 1) die molekulare, 2) die Schicht der spindelförmigen, senkrechten Zellen, 3) die mittlere Faserlage oder die Schicht der kleinen Pyramiden, #) die Schicht der großen Pyramiden, 5) die Schicht der polymorphen Elemente. 41) Molekulare Zone. Wie wir schon gesagt haben, ist diese Lage sehr dick und enthält eine außerordentliche Menge von nervösen Fasern. Wir theilen dieselbe in zwei Unterzonen ein: a) eine äußere, 666 S. Ramon y Gajal, an markhaltigen Fasern arme, dagegen an vieleckigen Zellen reiche Lage und b) eine innere, in welcher sich markhaltige Fasern im ‚Überflusse befinden, vermengt mit zahlreichen spindelförmigen Ele- menten. Innere Unterzone.—.a) Zellen. Beinahe alle diese folgen dem spindelförmigen, pluripolaren Typus und liegen wagerecht in der Nähe der Zone der senkrechten Spindelformen. ‚Ihre polaren Äste sind von eroßer Länge und haben die bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit nach Art der Collateralen sehr feine Fasern zu entsenden, die horizontal verlaufend rechtwinklig sich verzweigen und alle Eigenschaften der Achsencylinder besitzen. Auch ihre diekeren Ausläufer von protoplas- matischem Aussehen endigen nach sehr langem Verlaufe mit Fasern vom Aussehen von Achsencylindern (Fig. 17 u. 18). Um kurz aus einander zu setzen, was unsere neuen Be bezüglich der pluripolaren Körperchen des Gehirns ermittelt haben, kann ich nichts Besseres thun, als hier die hauptsächlichsten Sätze der Arbeit wiederholen, welche ich im letzten December der spanischen Gesellschaft der Naturgeschichte vorgelegt habe. Um die Änderungen zu erkennen, welche unsere früheren Ansichten erlitten haben, ist es nothwendig in Erinnerung zu bringen, dass es uns früher nur gelungen war, die feinen Ausläufer der pluripolaren Zellen vom Aussehen von Achsencylindern bis zu ihrem Ende zu verfolgen. Dagegen war es uns nicht möglich gewesen, auch die dicken Ausläufer bis zu ihrem Ende zu beobachten und alle ihre Eigenheiten zu bestimmen. 1) Wenn man die dicken, mehr oder weniger wagerecht verlaufen- den Ausläufer, welche bald aus den Polen, bald aus den Ecken dieser Zellen entspringen, bis zu ihrem Ende verfolgt, so bemerkt man, dass dieselben nach und nach die Eigenschaften von nervösen Fortsätzen erlangen, in so fern als sie bemerkenswerth dünn und varicös werden, und unter rechten Winkeln feine Collateralen entsenden. Die wage- rechte Ausdehnung, welche solche Ausbreitungen durchlaufen, be- trägt in vielen Fällen nicht unter einem Millimeter, wesswegen es nicht leicht ist, in einem Schnitte die gesammte baumförmige Ver- zweigung der Polstämme und ihrer feinen Collateralen nachzuweisen. In manchen Fällen theilen sich die aufsteigenden Zweige, welche aus den Hauptstämmen rechtwinkelig abgehen, zu wiederholten Malen, indem sie ebenfalls das Aussehen nervöser Fäserchen annehmen, wäh- rend die sekundären und tertiären Zweigelchen eine mehr oder weniger wagerechte Lage annehmen. Einige aufsteigende collaterale Ausbrei- tungen schienen an der Gehirnoberfläche selbst mit zwei oder drei kurzen Zweigen zu endigen. Wir können jedoch nicht mit Bestimmt- Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns, II. 667 heit angeben, ob ein solches Verhalten nicht von einer unvollkom- menen Versilberung abhängt (Fig. 18 d). 2) Die Form der besonderen Zellen der ersten Gehirnschicht ist öfters länglich oder spindelförmig, doch finden sich auch häufig genug dreieckige oder sternförmige Zellen mit mannigfachen Aus- läufern, welche mehr oder weniger der freien Oberfläche parallel ver- laufen. 3) Die Zellen, von denen wir sprachen, liegen in allen Gehirn- regionen. Die Region des Geruchläppchens, die Windung des Ammons- hornes (Subiculum), der Hinterhauptslappen u. a. m. enthalten sie in wechselnden Mengen, sowie die Regio psychomotoria des Stirnlappens. In der Hirnrinde der kleineren Säugethiere (Kaninchen, Meerschwein- chen) verlaufen die genannten spindelförmigen Zellen nicht nur in der Richtung von der Frontalseite nach der Oceipitalseite, sondern auch in allen anderen, mit Ausnahme der senkrechten, daher die außerordent- liche Schwierigkeit in senkrechten Schnitten vollkommene Zellen zu erlangen, leicht erklärlich ist. 4) In der Embryonalzeit ist der Unterschied zwischen den dicken und feinen Ausläufern der fraglichen Zellen wenig ausgesprochen, zu- mal dieselben alle varicös und von dem Aussehen von dicken Achsen- cylindern erscheinen (Gehirn von Embryonen der Kuh, des Hundes und Kaninchens). 5) Aus dem eben Auseinandergesetzten folgt, dass die genannten Zellen der ersten Gehirnschicht einen besonderen Typus darstellen, der für einmal auf die bekannten Arten der nervösen Zellen nicht zurück- führbar ist. Demumgeachtet müssen wir sagen, dass ihre Eigenthüm- lichkeiten sie den Nervenkörpern nähern, welche unter dem Namen der Körner des Bulbus olfactorius und dem der Spongioblasten der Netzhaut gehen, weil ihnen allen ein feiner längerer Ausläufer fehlt, länger als die anderen. Sie weichen demungeachtet in einem wich- tigen Merkmale ab: Die feinen Fasern von nervösem Aussehen werden bei gewissen Spongioblasten (unseren amacrinen Strahlenzellen der Netzhaut) durch die letzten Verzweigungen des einen oder mehrerer der ursprünglichen Stämme dargestellt; während dem in den fraglichen Gehirnkörperchen die pseudonervösen dünnen Fasern einmal im Ver- laufe und ein anderes Mal von den Endigungen der Polstämme ab- gehen. 6) Auf alle Fälle ist von Wichtigkeit, dass alle diese Zellen (beson- dere Körperchen der ersten Gehirnschicht, Spongioblasten ete.) sich stets zwischen protoplasmatischen Ausläufern der unten liegenden Zellen verzweigen und in der Höhe von netzförmigen Zonen (Moleku- 668 S. Ramon y (ajal, larlage der Autoren), wo ein Zusammenhang oder ein Ineinandergreifen nervös protoplasmatischer Theile vorhanden ist. Die Fig. 17 und 18 zeigen einige besondere Körperchen der mole- kularen Schicht, welche im Gehirne eines Kaninchens von 4 bis 15 Tage gefunden wurden. In der Fig. 18 haben wir diejenigen dargestellt, welche eine Spindelform besaßen, und in der Fig. 17 diejenigen, welche andere Gestalten zeigten, wie die dreieckige und sternförmige. Man bemerkt in einigen dieser Zellen, dass es keinen durchgreifenden Unter- schied giebt zwischen den feinen Endigungen, d. h. denjenigen von dem Aussehen von Achsencylindern und den dicken Ausläufern, oder denen von protoplasmatischem Aussehen, ja dass alle Übergänge in Hinsicht auf die Feinheit und Zartheit vorhanden sind. Der Buchstabe c bezeichnet diejenigen Aushreitungen, deren Merkmale ganz und gar übereinstimmen mit denen der nervösen Fasern. Mit der Absicht zu sehen, ob genannte interessante Zellen sich auch bei den Thieren mit Hirnwindungen vorfinden, haben wir ver- schiedene Versuche bei den Gehirnen eben geborener oder noch im Fötalzustande sich befindender Kälber und Hunde gemacht. Die Fär- bungen gelingen sehr schwer, doch sind in Einem Falle die Erfolge überzeugend gewesen. Die in der Fig. 19 abgebildeten Zellen rühren von einem Kuhfötus her, in welchem das Gehirn gut entwickelt war. Wie man sieht, besitzen die Ausläufer noch einen gewissen embryonalen Anstrich, indem sie sich stark varicös und arm an Nebenverzweigungen zeigen; doch ist es leicht, hauptsächlich an den Zellen a,b, gund c, die beim Kaninchen beschriebenen Typen zu erkennen. Auch ist un- zweifelhaft, dass Rerzıus im menschlichen Gehirne einige dieser Zellen gesehen hat. b) Fasern. Die innere Unterzone ist der Punkt, wo viele auf- steigende Fasern enden, welche durch Verzweigungen ein sehr dich- tes Geflecht um die pluripolaren Körperchen bilden. Viele dieser Fasern sind dick, laufen wagerecht und besitzen dicke, markhaltige Hüllen. Später werden wir sehen, von welcher Quelle vor Allem diese Fasern stammen. Äußere Unterzone. Dieselbe enthält auch zahlreiche, ver- zweigte, nervöse Fäserchen, welche einen dichten Filz bilden, in dessen Maschen sich einige Zellen von Gorer’s I. Typus finden (Typus 2 der Zellen der molekularen Schicht). Diese Zellen sind sternförmig und unregelmäßig in der Dicke der äußeren Unterzone verbreitet; ihre protoplasmatischen Ausbreitungen theilen sich wiederholt, indem sie ein zackiges und unregelmäßiges Aussehen zeigen, welches mit den glatten Begrenzungen der Ausläufer der pluripolaren Zellen stark kon- Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. II. 669 trastirt; ihr Achsencylinder läuft parallel mit der Rinde und zerlegt sich nach kurzem Verlaufe in eine verwickelte Endverästelung (Fig. 20 a), deren varicöse Zweige niemals die Grenzen der Molekularzone über- schreiten. | In dieser Unterzone können sich auch einige pluripolare Körper- chen finden, obwohl selten. Im Gehirne des Kaninchens, der Ratte und des Meerschweinchens ist die genannte Unterzone beinahe frei von markhaltigen Fasern. Alles zusammengenommen ergiebt sich, dass die molekulare Zone der Hinterhauptsregion den wesentlichen Bau der typischen Rinde be- sitzt. In ihr befinden sich: »Zellen von Gorcr's Il. Typus, pluripolare Zellen, die Endbüschel der Pyramiden, und eine unendliche Zahl ner- vöser Fasern, welche zum Theil von den Zellen der Rinde selbst, zum Theil von aufsteigenden Achsencylindern herrühren. 2) Zone der senkrechten, spindelförmigen Zellen. Unter der molekularen Zone befindet sich eine Lage kleinerer schmaler Zellen, die in drei oder vier unregelmäßige Reihen angeordnet sind. Diese Zellen zeichnen sich durch ihren eiförmigen, senkrecht ver- längerten Körper aus, von dessen Polen zwei protoplasmatische Aus- läufer abgehen: Ein aufsteigender, welcher die molekulare Schicht erreicht, wo er sich verzweigt, und ein absteigender, welcher mit drei oder vier Zweigen eine wagerechte Verzweigung bildet, da, wo er die dritte Zone oder die der mittleren markhaltigen Fasern erreicht. Der Achsencylinder ist außerordentlich fein (vielleicht der feinste den man kennt), entspringt von dem absteigenden Dendritenstämmchen in der Höhe der Endausbreitung desselben, kreuzt die mittlere Faser- schicht, welcher er zwei oder drei Collateralen abgiebt und steigt bis zum unteren Drittel der Rindenschicht herab. Vielleicht gelangt er bis zur weißen Substanz, wie der Achsencylinder der kleinen Pyramiden, doch war derselbe in unseren Präparaten nie ganz zu verfolgen. Manchmal schien derselbe, nachdem er eine dicke Collaterale ab- gegeben, die Richtung zu verändern, indem er ziemlich stark schief verlief (Fig. 20 d). Unter diesen senkrechten Spindelformen befinden sich manchmal Zellen, welche, weil ihnen die aufsteigende Ausbreitung fehlte, Spongioblasten der Netzhaut gleichen; doch besitzen auch diese Achsencylinder wie die anderen Zellen von großer Feinheit (Fig. 20 e). 3) Schicht der mittleren, markhaltigen Fasern (Streifen von BAILLARGER und GENNARı, Fig. 20 :). Derselbe enthält nervöse Zellen und zahlreiche markhaltige und nicht markhaltige Fasern. a) Die Zellen zeigen drei Abarten: Kleine Pyramiden, welche sich eben so verhalten wie die des gleichen Namens der typi- 670 'S. Ramon y Cajal, schen Rinde (Fig. 20 j); senkrechte Spindelformen, ähnlich denen der vorhergehenden Zone (Fig. 20 h); dreieckige oder spindelförmige größere Elemente, ausgezeichnet durch ihren aufsteigenden Achsen- cylinder, der mittels einer ausgebreiteten Verzweigung in der moleku- laren Schicht endet (Fig. 20 :). Dieser Achsencylinder liefert immer, ehe er die Schicht der spindelförmigen Zellen erreicht, einige Collateralen, welche sich verzweigen und wagerecht durch die mittlere Faserzone gehen. | | In dieser oder in der nachfolgenden Faserzone finden sich auch gewisse eiförmige dreieckige oder sternförmige Zellen, von größerem Umfange als die eben genannten, deren aufsteigender Achsencylinder die Eigenthümlichkeit besitzt, an seinem Anfange, bevor er aufsteigt, entweder erst nach unten, oder mehr oder weniger wagerecht zu ver- laufen. Diese nervösen Ausbreitungen sind sehr stark und geben eine große Zahl ausgedehnter und kräftiger Collateralen für die mittlere Faserschicht ab. Die nach der molekularen Schicht gerichtete Endver- zweigung ist sehr ausgedehnt und befindet sich vor Allem in der Höhe der pluripolaren Zellen (Fig. 20 u). Die Fasern der Schicht, von der wir handeln, sind sehr zahlreich, und ihr größerer Theil verläuft wagerecht, indem er sich über eine sehr große Strecke ausdehnt. Weıssrr’sche Präparate lehren, dass viele von ihnen Markscheiden besitzen und nach allen Richtungen ver- laufen, indem sie ein dichtes Geflecht bilden, in dessen Lücken die ner- vösen Zellen liegen. Mit Ausnahme der Fasern, welche senkrecht diese Zone kreuzen, welche auf- oder absteigende Achsencylinder darstellen, stellen alle anderen Collateralen von Achsencylindern dar, doch lässt sich die Möglichkeit nicht leugnen, dass auch in dieser Schicht eine Endverästelung von Zellen mit aufsteigenden Achsencylindern sich finde. Die Collateralen sind so zahlreich und so reich verzweigt, dass, in guten Präparaten nach Gorcı, die Zellen von einem dichten faserigen Filze umhüllt erscheinen. Im Allgemeinen kommen die kräftigsten und am reichlichsten verzweigten Collateralen von den aufsteigenden Achsen- ceylindern her, während die zartesten Fasern von den nervösen Fort- sätzen der senkrechten Spindelformen und der kleinen Pyramiden abstammen. Das eben Geschilderte zeigt, wie Recht die Schriftsteller haben, welche, wie KöLLiker, W. Krause und ScHwALsz, die Linie von Vıcq D’ÄzYR durch ein Geflecht von markhaltigen, nervösen Fasern erklären. Eben so muss man mit Krause behaupten, dass diese Linie nichts Anderes darstellt als die weitere Entwicklung eines nervösen Geflechtes (äußeres Geflecht von Krause, in der vierten Gehirnschicht), welches Elan: = 2 ee 01 ln Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. Il. 671 wohl in unentwickeltem Zustande in der ganzen Hirnrinde vorhanden ist. Auf der anderen Seite muss die Zone der oberflächlichen Spindel- formen als ein gänzlich neues Strukturelement angesehen werden. - 4) Schicht der großen Pyramiden. Dieselben scheinen nicht sehr zahlreich zu sein und verhalten sich wie die der typischen Rinde. Es handelt sich hier um kräftige, eiförmige oder pyramidale Elemente (Fig. 20 r), deren Stamm in der molekularen Zone ein protoplasmati- sches stacheliges Endbüschel entwickelt, und deren niedersteigender funktioneller Ausläufer bis zur weißen Substanz verfolgt werden kann. Wie in der typischen Hirnrinde, liegt über den großen Pyramiden eine Übergangszone, deren Körperchen nach und nach in der Größe abnehmen, bis sie den kleinen Pyramiden gleichen. 5) Schicht der polymorphen Körperchen. In ihr sind die kleinen Pyramiden zahlreich, deren Stamm die molekulare Zone nicht zu erreichen scheint; außerdem finden sich auch nicht wenige spindel- föormige und dreieckige Elemente. Unter den Spindelformen erregen vor Allem diejenigen mit aufsteigendem Achsencylinder die Aufmerk- samkeit (Fig. 20 s). | Diese nervöse Ausbreitung endet in der Molekularschicht, wie seit den Arbeiten von Marrınorri, denen von Rerzıus und den unseren bekannt ist, und liefert zahlreiche Collateralen für die in der Mitte be- findliche Faserschicht. Zum Schlusse bemerken wir noch, dass un- zweifelhaft in der Hirnrinde der Oceipitalregion auch Achsencylinder und zahlreiche Collateralen derselben eintreten, welche von der weißen Substanz abstammen, doch sind unsere Beobachtungen noch nicht so weit gediehen, dass wir das genauere Verhalten dieser Elemente aus einander setzen könnten. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXIV. Fig. 417. Verschiedene Körperchen der ersten oder der molekularen Schicht eines acht Tage alten Kaninchens, welche in verschiedenen Regionen des Gehirns gefunden wurden. A, eine Zelle, deren zwei Polzweige in einiger Entfernung von ihrem Ursprunge das Aussehen von Achsencylindern annehmen; B, C, D, E, ähn- liche Zellen, wenn auch von etwas verschiedenen Formen. — Bemerkung: »Der Buchstabe c bezeichnet die Zweige, deren Eigenheiten vollständig übereinstimmen mit denen der nervösen Fasern«, Die Richtung nach oben bezeichnet in der Figur die der Gehirnoberfläche. 672 S. Ramon y Cajal, Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirns. II. Fig. 18. Wagerechte, spindelförmige Zellen der ersten Gehirnschicht eines acht Tage alten Kaninchens. Doppeltes Verfahren von Goucı A, Zelle, deren Polaus- breitungen nach und nach das Aussehen von Achsencylindern annehmen; B, C,D, andere Zellentypen. Der Buchstabe c zeigt die Ausbreitungen an, welche alle Merk- male von Achsencylindern aufweisen, doch ist möglich, dass auch die anderen Aus- breitungen, wenn genügend verfolgt, an ihrem Ende die gleichen Eigenheiten zeigen würden. Fig. 19. Besondere Zellen der ersten Gehirnschicht eines Kuhfötus. Die pseudo- nervösen oder feinen Ausbreitungen sind mit c bezeichnet. Fig. 20. Schnitt der Rinde des unteren Hinterhauptslappens eines acht Tage alten Kaninchens. Doppeltes Verfahren von GoLcı. A, molekulare Schicht; B, Schicht der spindelförmigen Zellen; C, Schicht der mittleren, markhaltigen Fasern; D, Schicht der mittleren Pyramiden; E, Schicht der großen Pyramiden; F, Schicht der polymorphen Körperchen; a, sternförmige Zellen der ersten Gehirnschicht; 5, Spin- delformen oder besondere Zellen der Rinde; d, senkrechte Spindelformen; f, kleine Pyramide; e, birnförmiges Körperchen; g, Zelle mit aufsteigender, nervöser Aus- breitung; h, senkrechte Spindelform der dritten Schicht; j, kleine Pyramide; r, Riesenpyramide; s, Zellen mit aufsteigendem Achsencylinder. Die Nervenendigungen der Pigmentzellen, ein Beitrag zur Kenntnis des Zusammenhanges der Endverzweigungen der Nerven mit dem Protoplasma der Zellen. Von Dr. med. Emil Ballowitz, Privatdocent und Prosektor in Greifswald. Mit Tafel XXXV—XXAIX. In der Haut vieler Wirbelthiere finden sich bekanntlich in be- stimmten Schichten des Coriums sternförmige, oft reich verzweigte Zellen vor, welche dadurch ausgezeichnet sind, dass sie ein Pigment in Gestalt kleiner Körnchen oder Tröpfchen führen; am häufigsten kommen braune und schwarze Pigmente zur Beobachtung. Als soge- nannte fixe Bindegewebszellen sind sie zwischen den Bindegewebsbün- deln in Lücken des Cutisgewebes eingelagert und bilden hier mehr oder weniger dichte Zellenlagen. Ä | Diese, gewöhnlich als »Chromatophoren« bezeichneten Elemente besitzen nun die Fähigkeit, die Pigmentmasse in ihrem Inneren ver- schieben zu können. Auf bestimmte Reize werden die Pigmentkörnchen in dem Zellprotoplasma und seinen Fortsätzen auf eine große Fläche hin ausgebreitet oder, im entgegengesetzten Falle, um einen Mittel- punkt auf kleinem Raume gesammelt und angehäuft!. Durch diese Pigmentverschiebungen wird der Farbenwechsel in R der Haut der Thiere hervorgerufen; viele Thiere sind hierdurch be- -fähigt, sich durch Annahme einer Schutzfarbe ihrer Umgebung, der Unterlage, auf der sie sich befinden, anzupassen und sich dadurch den Verfolgungen ihrer Feinde zu entziehen. Bekannte Beispiele hierfür liefern unter den Vertebraten die meisten Knochenfische, viele Am- phibien, z. B. die Frösche, und manche Reptilien. i Vgl, hierüber (1) E. BaLLowırz, Über die Bewegungserscheinungen der Pig- mentzellen. Biologisches Centralblatt. 1893, Zeitschrift f, wissensch. Zoologie, LVI. Bd, hh 674 Emil Ballowitz, Die wesentlichste Rolle bei dem Farbenwechsel spielen die dunklen Chromatophoren: breitet sich die dunkle Pigmentmasse aus, so er- scheint das Thier dunkel und mehr eintönig gefärbt; zieht sich dieselbe in den Zellen centralwärts zurück, so wird die Haut heller, lebhafter kolorirt, weil die anders gefärbten Elemente und die meist vorhan- denen Interferenzzellen mehr zur Geltung kommen. Auf Grund physiologischer Experimente ist nun schon lange be- kannt, dass dieser Farbenwechsel und damit die Bewegungsvorgänge in den Chromatophoren unter dem Einflusse des Nervensystems stehen, obgleich die Beobachter nicht in allen Punkten übereinstimmen. Es mögen hier kurz die Resultate der physiologischen Forschungen angegeben werden, so weit sie sich auf die Vertebraten beziehen. Eine ausführliche Berücksichtigung der experimentellen Arbeiten über diesen Gegenstand ist hier um so weniger am Platze, als BiEDErMAnN (6) kürzlich in seiner ausgezeichneten Abhandlung über den Farbenwechsel der Frösche eine erschöpfende Zusammenstellung derselben gegeben hat, auf welche ich verweisen möchte. Die ersten exakten Versuche wurden von Brücke (2, 3, 4,5) am Chamäleon angestellt. Brücke fand, dass der Farbenwechsel bei diesem Thiere, wie schon Mırxe-Enwarps (7) richtig erkannt hatte, immer wesentlich darauf beruht, dass dunkles Pigment in gegen die Gutis- oberfläche hin reich verzweigten Zellen an die Oberfläche wandert, oder in die Tiefe zurücktritt, so dass das mehr oberflächlich gelegene belle Pigment verdeckt wird, resp. mehr zur Geltung kommt. Direkte chemische und elektrische Reizungsversuche der Haut zeigten, dass die Retraktion des Pigmentes dem aktiven Zustande, die Expansion des Pigmentes dem passiven Zustande entsprachen. Wurde von der Seite des eben getödteten Thieres die Haut mit dem Skalpelle abgetrennt, so erschien, wenn auch die Haut vorher farbig war, der abgetrennte Lappen doch immer schwarz, eine Erscheinung, welche ihre Ursache in dem durch die Trennung der Hautnerven herbeigeführten Lähmungs- zustande findet. Auf die so durch Trennung ihrer Hautnerven ge- schwärzten Stellen hatten Licht und Finsternis gar keinen Einfluss mehr, obgleich sonst ein direkter, sogar einseitiger Einfluss der Be- leuchtung auf die Hautfarbe des Chamäleons leicht nachweisbar war. Diese Stellen blieben Nachts, wenn das ganze übrige Thier hell war, so dunkel, wie am Tage. Brücke schließt hieraus, dass Licht und Finsternis nicht direkt auf die kontraktilen Elemente der Haut oder deren Nerven einwirken, sondern dass die Erregungszustände erst von den sensiblen Nerven auf das Rückenmark übertragen und von dort die motorischen Hautnerven Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 675 auf dem Wege des Reflexes erregt werden. »Um mich hiervon zu überzeugen « fährt Brücke fort (5, p. 204), »durchschnitt ich einem Cha- mäleon das verlängerte Mark und zerstörte mittels einer Sonde den Hals- und oberen Brusttheil des Rückenmarks, worauf die Partien, welche ihre Nerven aus diesen Theilen beziehen, sofort schwarz wur- den und nur einzelne Tuberkel, wie helle Pünktchen licht auf ihnen stehen blieben. Hierauf legte ich dem Thiere zwei Staniolgürtel um, den einen unmittelbar unter den oberen, den anderen unmittelbar über den unteren Extremitäten und setzte es dem Lichte aus. Obgleich der Himmel ganz bewölkt war, fand ich doch nach kurzer Zeit unter dem unteren Gürtel einen hellen Streif, der sich scharf und deutlich gegen die dunklere Umgebung absetzte, während der obere keine Spur zu- rückgelassen hatte und auch bei längerem Liegen keine solche zurück- ließ. « Auch der Einfluss psychischer Erregungszustände des Thieres auf seine Hautfärbung deutet bestimmt auf den Zusammenhang derselben mit dem Nervensystem hin. Ein Jahr später beobachtete Axmann (8;, dass bei Rana temporaria nach Durchschneidung des Nervus ischiadicus unterhalb des Ramus communicans des Sympathicus ein deutliches Erblassen der Haut des ' betreffenden Fußes eintrat, verursacht durch das Verschwinden der pigmentirten Ausläufer der dunklen Chromatophoren. Dieses Resultat bestätigten R. Vırcnow (9) und LorHar Meyer (10) und erklärten dasselbe als bedingt durch die Retraktion des Pigmentes aus den pigmenthaltigen Fortsätzen der Chromatophoren. Eingehender wurde der Einfluss des Nervensystems und des Lichtes auf die Froschhaut von v. Wırrica (11) und Lister (12) unter- sucht. Ersterer fand unter Anderem, dass die direkte elektrische Haut- reizung viel energischer auf die Kontraktion der Aunklen Chromato- phoren wirkte, als die direkte Reizung der zur Haut tretenden Nerven. Beide Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass die Chromatophoren von dem Nervensystem beherrscht werden und, von dessen Herrschaft be- freit, in den Zustand der Expansion übergehen. Trotzdem mussten sie den Chromatophoren doch auch einen hohen Grad von Unabhängigkeit einräumen, wenn es ihnen auch nicht gelingen konnte, in der Haut vermuthete peripherische sympathische Ganglien nachzuweisen. Auch das Licht besitzt nach v. Wırriıca (41) und Lister (12) eine wesentliche Bedeutung für das Zustandekommen der Hautverfärbungen. Ersterer nimmt mehr eine direkte Einwirkung des Lichtes auf die Chromatophoren oder deren hypothetischen Nervenapparat an; Lister 4h* 676 ‘ Emil Ballowitz, dagegen glaubt, dass es sich um einen Keflezvorganz unter Vermitte- lung des Auges handelt. Dass dieser Reflexvorgang bei Knochenfischen in der That besteht, wies 1871 Poucaer (13, 14) nach. Wurden Schollen und anderen Fischen die beiden Bulbi exstirpirt, so verloren die geblendeten Thiere die Fähigkeit, das Kolorit ihrer Haut dem Untergrunde, auf dem sie lager- ten, anzupassen: sie nahmen eine Mittelfärbung an, welche die Mitte hielt zwischen dem bei dem Farbenwechsel bemerkbaren hellsten und dunkelsten Kolorit. Diese Mittelfärbung änderte sich nicht, mochte der Grund, auf dem die Thiere lagen, nun hell oder dunkel sein. Auch Nervendurchschneidungen gaben 'Poucaerr an Knochen- fischen direkte Beweise; sie verursachten stets eine Lähmung der »Chromatoblasts« in dem Innervationsgebiet des betreffenden Nerven. Wurde z. B. Schollen der Trigeminus durchschnitten und setzte man die operirten Thiere in einen Wasserbehälter mit hellem sandigen Untergrunde, so verblasste die ganze Oberseite des Thieres, sich der Färbung des Untergrundes anpassend; nur die Kopfhaut blieb dunkel und vermochte sich nicht mehr anzupassen (14, p. 72): »L’animal, pris dans une vasque ä fond brun et jete apres l’operation dans une vasque sablee, pälit de tout le corps, en gardant seulement un masque noir, au quel on donne l’etendue que l’on veut en coupant tout le nerf ou seulement certaines de ses branches. « P. Bert (15) und Krukengere (16) experimentirten, wie Brücke, am Chamäleon und bestätigten und erweiterten die von letzterem Forscher festgestellten Thatsachen. Besonders die Durchschneidungs- und Rei- zungsversuche, welche P. Berr am Gehirn und Rückenmark der Thiere anstellte, beweisen schlagend die Abhängigkeit des Farbenwechsels von den nervösen Gentralorganen. Auch aus den Vergtun: ol Eee KRrUkENBERG’S geht dies hervor. Eben so kommt Leyvıc (17) auf Grund einer Anzahl von Beobach- tungen zu dem Schluss, dass das Farbenspiel der Chromatophoren bei Amphibien und Reptilien von dem Nervensystem beeinflusst wird. Dasselbe gilt für die Arbeiten von Lone (18) und Earmann (19). Lope (18) stellte seine experimentellen Untersuchungen an Knochenfischen an; er hat daraus folgende Schlussfolgerungen gezogen (18, p. 138): 1) Der Kontraktionszustand der Chromatophoren kann vom Nerven- system beeinflusst werden. 2) Der Kontraktionszustand der Chromatophoren kann auch bei außer Funktion gesetztem Nervensystem durch lokale Reize (z. B. elek- trische Reize) beeinflusst werden. Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 677 3) Die Chromatophoren sind im Ruhezustande expandirt, mit zahl- reichen Fortsätzen versehen, im Zustande des Reizes sind sie dagegen kontrahirt. | Diese Schlussfolgerungen sind aus Beobachtungen gezogen, die sich auf die dunklen Pigmente von Salmo fario, Perca fluviatilis und Umbra Krameri erstreckten. Kürzlich sind diese Untersuchungen von BiEDERMANN (6) an Fröschen weitergeführt worden. Dieser Forscher kommt auf Grund zahlreicher Experimente in seiner oben bereits eitirten Arbeit zu der Überzeugung, dass nicht allein in den Bahnen der Spinalnerven, sondern auch in der Wand der Gefäße Nerven verlaufen, welche mit Bezug auf die dunklen Chromatophoren als »motorische « bezeichnet werden dürfen. Schon 1885 hatte Steiner (20) die Angabe gemacht, dass nach Durchscehneidung des Gehirns an der Grenze zwischen Seh- und Zwei- hügeln die Hautfarbe der Frösche eine sehr dunkle wird. BIEDERMAnN konnte diese Beobachtung Srteiner’s bestätigen. Der Versuch lieferte ihm besonders auch an Laubfröschen, welche unter gewissen Umständen ihre hellgrüne Hautfarbe mit großer Beharrlich- keit bewahren, ein sehr auffallendes Resultat (l. c. p. 502). »In keinem der Fälle, wo durch Vorrücken des schwarzen Pigmentes aus der Tiefe die ursprünglich hellgrüne Farbe des Laubfrosches dunkelt, ist dies je in dem Maße der Fall, wie nach Zerstörung der Sehhügel, wobei in der Regel in kurzer Zeit ein tiefes, glänzendes Schwarz zu Stande kommt, weiches bei Nervenreizung (Ischiadicus) in Hellgrün übergeht. « BieDErMmAnN schließt hieraus (p. 501 u. 502), dass die Sehhügel als Centrum für die Innervation der schwarzen Chromatophoren anzusehen seien. Von diesen Theilen hängt der » Tonus« der Chromatophoren ab; Zerstörung oder Reizung dieser Gehirntheile hat überaus auffallende Farbenveränderungen der ganzen äußeren Haut und dem entsprechend Formveränderungen der dunklen Chromatophoren zur Folge. Dem Auge schreibt Bıepermann bei den Fröschen nur eine sehr geringe Bedeutung für die jeweilige Hautfärbung zu, vielmehr kommt er zu dem Schluss (6, p. 505), »dass weder die unzweifelhaft vorhandene direkte Lichtwirkung auf die Haut noch auch eine durch das Sehorgan vermittelte Reflexwirkung die jeweilige Färbung des Thieres in erster Linie bedingen, sondern dass den Eindrücken von Seite der äußeren Haut (Hautempfindungen) in dieser Beziehung eine viel wesentlichere Bedeutung zukommt «. In einem gewissen Widerspruch mit diesen citirten Arbeiten stehen die Angaben von Steinach (21, 22), welcher einen reflektorischen Ein- fluss des Nervensystems zu leugnen scheint und auf Grund seiner Be- 678 Emil Ballowitz, lichtungsversuche der Froschhaut zu dem Resultate kommt, dass das Licht die verästigten Pigmentzellen derselben direkt erregt und in Kontraktionszustand versetzt. Es kann aber meiner Ansicht nach ein derartiger direkter Einfluss des Lichtes, sei es auf die Nervenendigungen der Pigmentzellen, sei es auf die letzteren selbst, neben dem durch das Nervensystem vermittelten sehr wohl bestehen und kann allein zur Geltung kommen, wenn, wie an der losgetrennten Froschhaut, die Herrschaft des die Bewegungsvorgänge der Chromatophoren reguliren- den Nervensystems aufgehoben ist. Über seine an Knochenfischen angestellten Experimente berichtet Steinach Folgendes (22, p. 522): » Während die direkte Liehtwirkung auf die Chromatophoren der Frösche, insbesondere der Laubfrösche, dadurch gekennzeichnet ist, dass die Strahlung die Farbe des zuvor beschatteten dunkelgrünen Thieres bei normaler Erregbarkeit der Pigmentzellen und im Übrigen vollständig gleichbleibenden, angenähert natürlichen Verhältnissen binnen einiger Minuten in das hellste Gelbgrün oder Grasgrün ver- wandelt, zeigte sich bei den von mir untersuchten Aalen, dass in Über- einstimmung mit dem überhaupt trägeren Farbenwechsel auch das Licht keine so ausgeprägte und rasch erfolgende Veränderung der Hautfarbe hervorrief. Durch eine Methode, welche gestattet, Fische unter fließendem Wasser in bestimmter Lage zu erhalten und längere Zeit stellenweise zu beleuchten (Tageslicht oder Sonnenlicht) und zu verdunkeln und durch die Fortsetzung solcher Lichtreizversuche an geblendeten und curaresirten, künstlich respirirten Thieren ist es mir aber gelungen, bei Aalen direkte, örtliche Wirkung des Lichtes zu beobachten. Seither habe ich diese Untersuchungen vielfach an Forel- len und jungen Lachsen, und zwar mit dem gleichen Erfolge wieder- holt (am deutlichsten war die Aufhellung nach einer streckenweisen Beleuchtung der weniger intensiv pigmentirten Bauchfläche wahrnehm- bar). Bei der Gelegenheit hat sich ergeben, dass die nach gleichzeitiger Enucleation beider Augen in wenigen Minuten eintretende auffallende Dunkelfärbung (der Forellen) sich nicht, wie angenommen wird, einzig durch den Ausfall der Netzhauterregungen erklären lässt; denn die Dunkelfärbung bleibt aus oder erscheint in unvergleichlich geringerem Grade, wenn der doppelseitigen Enucleation gewisse vorbereitende Eingriffe mehrere Tage vorangehen (vorläufige Entfernung des einen Bulbus; Injektion von Argentum nitricum in das eine, dann in das an- dere Auge) — ferner bei Abhaltung des Lichtes von der Netzhaut durch andere Mittel als durch die Ausschneidung der Bulbi. Die letzterwähn- ten Beobachtungen erinnern an die Fälle, bei welchen die gleichzeitige Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 679 Entfernung beider Bulbi überhaupt erfolglos blieb. Ich theilte mit, dass spontan hell gewordene Exemplare von Goldbutten (Platessa) nach Exstirpation der Augen nicht dunkelten. Poucnrr erhielt seiner Zeit selbst solche negative Resultate bei Versuchen an Cottus, wodurch die allgemeine Gültigkeit seiner Theorie schon ausgeschlossen erschien.« Wie übrigens SreinacH mir brieflich. mittheilt, möchte dieser Autor »nicht in der Weise missverstanden werden, als unterschätze er die mannigfachen anderen nervösen Einflüsse auf die Chromatophoren, weil er eine ausgesprochene direkte Lichtwirkung (besonders bei Laub- fröschen) nachgewiesen habe«. Aus obiger Zusammenstellung geht hervor, dass ein direkter Zu- sammenhang der CGhromatophoren mit dem Nervensystem von der physiologischen Forschung schon lange postulirt wurde. Trotzdem war der anatomische Nachweis dieses Zusammenhanges bis jetzt noch nicht erbracht und die Art der Nervenendigung in diesen Pigmentzellen völlig unbekannt. Vereinzelte Angaben hierüber liegen an vor, dieselben erweisen sich aber bei genauer Prüfung als nicht zutreffend. Es findet dies seinen Grund in der Unzulänglichkeit der angewandten Methoden und in der Schwierigkeit des Objektes selbst: der Pigmentgehalt der Zellen wirkt sehr störend und entzieht die ohne Anwendung einer specifischen Nervenfärbung kaum wahrnehmbaren feinsten Nerven- endigungen den Blicken. So sagt Leynie z. B. in Betreff der Pigmentzellen der Schlangen und Eidechsen (23, p. 779): »Noch glaube ich auch hier beobachtet zu haben, dass ein Theil der Endausläufer sich mit den Ghromatophoren verbindet. Die Nervensubstanz geht unmittelbar in das kontraktile Protoplasma über, ähnlich wie bei den Protozoen die kontraktile Leibes- substanz zugleich auch die sensible Materie des Körpers vertritt. Bei den Lacerten sah ich, wie schon anderwärts erwähnt wurde, nicht minder, dass Nervenfasern und Chromatophoren schließlich in Eins zusammenfließen können.« Die betreffende Stelle, auf welche Leyvıc Bezug nimmt, findet sich in seiner Monographie der deutschen Saurier (24, p. 7) und lautet: »An einer Lacerta agilis nämlich, welche in sehr verdünnter Salpetersäure längere Zeit erweicht worden war, zerlegte sich die äußere Haut, wie von selbst, in Epidermis, Pigmentschicht und eigentliche Lederhaut. In der gallertig aufgequollenen und durchsichtig gewordenen Leder- haut machte sich schon für die Lupe ein schönes Nervennetz sichtbar, polygonale Maschen bildend. Aus den Knotenpunkten erhoben sich größere Büschel von Nervenfasern nach oben, feinere gingen noch da 680 Emil Ballowitz, und dort ab. Indem die Fasern sich theilten und immer zarter wurden, entstand ein oberes Endnetz, und aus diesem sah ich freie Ausläufer mit den Zacken der schwarzen Pigmentzellen oder Chromatophoren sich verbinden. « Auf Taf. VII in Fig. 97 bei b hat Leyvic ein feines sich theilendes Nervenstämmchen abgebildet. Von dem letzteren gehen zwei feine Fäden in die Spitze eines Fortsatzes je einer Pigmentzelle direkt über. Die anderen Äste des Nervenstämmchens sind frei endigend gezeichnet. In ähnlicher Weise schildert Eurmann (25), welcher Goldpräparate der Froschhaut untersuchte, den direkten Übergang einer Nervenfaser in den Fortsatz der Pigmentzelle. Dieser Gewährsmann sagt, dass die Nervenfasern »in das Protoplasma jener schon erwähnten Pigment- zellen übergehen, die, nach oben hin mit dem kontinuirlichen Netze durch dünne Ausläufer zusammenhängend, zwischen die Körnchen- drüsen der Rückenwülste und in die Bindegewebssäulen herunter- reichen. Diese Pigmentzellen gehen nach unten in einen breiten Fortsatz aus, der meist‘ ohne scharfe Grenze in die breite marklose Nervenfaser übergeht«. »Das Pigment, im Centrum der Zelle am dichtesten, verliert sich nach unten, in feiner Schattirung immer spärlicher werdend, bis man eine kurze Strecke von der Zelle entfernt nur noch kurze, fein punk- tirte Pigmentlinien beobachten kann. « »Nur in zwei Fällen konnte ich einen scharfen Rand des Pigmentes beobachten. « ’ Der Abhandlung Earmann’s ist eine Tafel beigefügt, auf welcher fünf Pigmentzellen mit den vermeintlichen Nervenfasern abgebildet sind. Von den letzteren sagt Eurmann selbst, dass dieselben » auffallend breit« sind, und dass »die Kontouren derselben in die der Pigment- zellen ohne Unterbrechung übergehen«. Nach dem ganzen Aussehen dieser vermeintlichen Nervenfasern ist mir unzweifelhaft, dass es sich hier um pigmentfreie, weniger verzweigte Ausläufer der Chromato- phoren selbst handelt, wie sie Biepermann auf Taf. XI in Fig. 7 seiner Abhandlung z. B. abbildet. Dasselbe Urtheil muss ich über die Mittheilungen fällen, welche Lope (18) in Betreff der Nerven der Pigmentzellen gemacht hat. Lope untersuchte die Flossen von Umbra Krameri, Perca fluviatilis und Salmo fario nach der Goldmethode; er berichtet über die Pigmeninerven (18, p- 142): »Die zarten marklosen Nerven durchziehen bald frei, bald durch Anastomosen mit einander verbunden, in großer Anzahl die Flosse. Oft schließen sie sich Kapillargefäßen für kurze Strecken an, und da konnte ich dann relativ oft ihre Verbindung mit den Zellen Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 681 beobachten. Der Übergang der Nervensubstanz in die Chromatophoren ist ein allmählicher; scharfe Ränder als Grenze zwischen Nerv und Pigmentzelle waren niemals zu sehen. Man bemerkt sogar häufig den obersten Theil der Nerven auch noch pigmentirt, was für den allmäh- lichen Übergang der kontraktilen Zellsubstanz in die nervöse Faser deutlich Zeugnis giebt. « Mit Bezug auf die der Abhandlung beigegebenen Abbildungen, welche vier Pigmentzellen von Knochenfischen mit vermeintlichen Nervenfasern darstellen, führt Lope Folgendes aus (18, p. 142 zu Fig. 1): »Die Nervenfaser zieht in fast gerader Richtung zur Pigmentzelle, mit deren unterem Protoplasmafortsatze sie deutlich verschmilzt. Der scharfe Kontour der Faser setzt sich auf das untere Segment der Zelle fort, so dass eine Abgrenzung der beiden Gebilde nicht anzugeben ist. Oberhalb der Zelle bemerkt man, sowohl in Fig. 4 wie in Fig. 2, eine Faser ziehen, die mit den Pigmentzellen nicht mehr in einer Ebene steht. Aus der Häufigkeit dieses Verhaltens kann man mit hoher Wahr- scheinlichkeit den Schluss ziehen, dass die zur Zelle ziehende Nerven- faser nur mit einem Theile des Protoplasmas der Chromatophoren sich verbindet, im Übrigen aber unter der Zelle hinwegzieht und erst auf der anderen Seite derselben wieder sichtbar wird. Leider war ein Weiterverfolgen dieser Fasern nicht möglich. « Der Umstand, dass Love den Theil seiner vermeintlichen Nerven, welcher der Pigmentzelle benachbart war, pigmentirt fand, lässt, wie bei den Angaben Eurmann’s, darauf schließen, dass es sich hier wohl meist auch um pigmentfreie oder pigmentarme Fortsätze der Zellen selbst handelte. Möglich auch, dass Lone, wie ich aus seiner zuletzt eitirten Schilderung annehmen möchte, in einem Theil der Fälle wirk- liche Nerven vor sich gehabt hat. Dies waren dann aber stets nur die gröberen Nerven und Nervenbündel, welche oft, wie wir sehen wer- den, dicht über die Zelle hinwegziehen, bisweilen Ausläufern dersel- ben sich anschmiegend. Die eigentlichen motorischen Chromatophoren- äste haben weder Love noch Eurmann gesehen. Weitere Angaben über den Zusammenhang der Nerven mit den Chromatophoren bei den Wirbelthieren habe ich nicht finden können. Durch Anwendung der von Ranöx v Casar modifieirten Gousr'schen Methode ist es mir nun geglückt, diesen Zusammenhang genau festzu- stellen. Ich fand bei meinen Untersuchungen höchst merkwürdige, ja ganz wunderbar komplicirte Innervationsverhältnisse, Verhältnisse, welche geeignet sind, auch Aufschlüsse von allgemeiner Bedeutung für die Innervation zelliger Elemente überhaupt zu geben. Bei der Wichtigkeit, welche ich den aufgefundenen Thatsachen 682 Emil Ballowitz, aus dem angedeuteten Gesichtspunkte beilegen musste, sah ich mich veranlasst eine Anzahl von Abbildungen, welche ich in der Sitzung des Greifswalder medieinischen Vereins vom 41. März d. J. (26) bereits demonstrirt und auf der Versammlung der anatomischen Gesellschaft zu Göttingen am 22. Mai d. J. (27) vorgelegt habe, dieser Abhandlung beizu- fügen. Alle Figuren der beigegebenen Tafeln XXXV—XXXIX sind unter Kontrolle der Ölimmersion (Wıxker, homogene Immersion 1/24; Asse- scher Beleuchtungsapparat, vermittels Irisblende regulirt) möglichst ge- hau gezeichnet. In der vorliegenden Arbeit will ich nun über die Innervation der Pigmentzellen der Knochenfische berichten, von denen ich eine größere Anzahl untersuchte, und zwar folgende Arten: Hecht (Esox lucius L.), Flussbarsch (Perca fluviatilis L.), Hering (Clupea harengusL.), Dorsch (Gadus morrhua L.), Goldbutt (Pleuronectes platessa L.), Aal (Anguilla vulgaris Flem.), Plötze (Leuciscus rutilus L.), Schleie (Tinca vulgaris Cuv.), Seeskorpion (Cottus scorpius L.), Aalmutter (Zoarces viviparus Quv.). Da die Schuppen die Untersuchung sehr erschweren, wählte ich vorwiegend schuppenlose Stellen des Kopfes, besonders die Haut der Ober- und Unterlippe, Außenfläche von Ober- und Unterkiefer, der Infraorbital- und der Operculargegend etc.; indessen wurde die Untersuchung der Körperhaut nicht vernachlässigt. Bei der flächen- haften Ausbreitung der Chromatophoren ist die Anfertigung von Schnit- ten parallel der Hautoberfläche, nach vorheriger Entfernung des Epi- thels, geboten. Senkrechte Schnitte dienen zur Ergänzung. Die CGhromatophoren der einzelnen Fischspecies erweisen sich durchaus nicht alle gleich geeignet für die vorliegenden Untersuchun- gen, da beträchtliche Differenzen in der Größe und Dicke der Zellen, in ihrer Durchsichtigkeit, in Anzahl und Ausbildung der Fortsätze etc. bestehen. Auch das Färbevermögen der Nerven ist nach den Species sehr verschieden, eine Erfahrung, die bei Anwendung der Gorer'schen Methode ja oft gemacht wird. Es kam daher für mich darauf an, günstige Objekte zu finden, deren Zellen durchsichtig genug sind, um die Nervenendigungen erkennen zu lassen. Oft, besonders an den großen, unregelmäßigen Chromatophoren, ist ja das undurchsichtige Pigment sehr hinderlich; indessen gelingt es doch, bei Aufwendung einiger Geduld, Zellen zu finden, die genügend ausgebreitet und durch- sichtig genug sind. Ich zog es vor, nicht zu Entfärbungsmitteln des Pigmentes zu greifen, da ich in keiner Weise die Nervenfärbungen schädigen und die Garantie verlieren wollte, bis an die äußerste Grenze des nach dieser Methode Erkennbaren vorgedrungen zu sein. Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 683 Die werthvollsten Aufschlüsse gaben mir, in Folge der Übersicht- lichkeit und Transparenz ihrer Zellformen, die Chromatophoren der oben genannten Kopfgegenden vom Hecht; man könnte dieses Objekt, auf welches Sorger zuerst hingewiesen hat, für die Untersuchung der Pigmentzellen geradezu klassisch nennen. Aber auch bei den anderen Fischspecies erhielt ich schöne Resultate, so besonders bei dem Barsch, Dorsch, Aal u. a. m.; ich werde hierauf noch zurückkommen. Für die Auswahl der Abbildungen habe ich Hecht und Barsch ge- wählt, Fische, welche wohl bei uns überall leicht zur Nachuntersuchung zu beschaffen sind. Die Fig. 1—11 auf Taf. XXXV und XXXVI (mit Ausnahme der Fig. 8) stellen Chromatophoren vom Hechte mit ausgebreitetem Pigmente dar. In den Fig. 12—20 der Taf. XXXVI—XXXVII, gleichfalls vom Hechte stammend, ist die Pigmentmasse in den Zellen centralwärts zurückge- zogen. Dasselbe ist zum Theil der Fall in den Fig. 21I—23 auf Taf. XXXVII, welche größere, mehr unregelmäßige Chromatophoren vom Flussbarsche darstellen. In Taf. XXXIX endlich ist ein Übersichts- bild der Nervenstämme und der Chromatophorennerven in der Haut des Flussbarsches gegeben. Bei der Beschreibung gehe ich von den Chromatophoren des Hechtes aus und dürfte es am zweckmäßigsten sein, zuerst die Nerven- endigungen an den Pigmentzellen mit ausgebreitetem Pig-. ment abzuhandeln, an denen die Nervenendigungen am übersicht- lichsten zu überblicken sind. Sodann sollen die Pigmentzellen mit retrahirtem Pigment berücksichtigt werden, da auch dieser Zustand der Chromatophoren im Hinblick auf ihre Innervation Interesse bietet. Die ausgebreiteten, dunklen GChromatophoren der Kopf- gegenden des Hechtes schienen mir nach den Beobachtungen SoLser’s (28, 29, 30, 31) ganz besonders geeignet für die Untersuchung ihrer Nervenendigungen. » Wie SoLser gefunden, stellen dieselben dünne, durchsichtige, flächenhaft ausgebreitete, hüllenlose Bindegewebs- zellen von im Allgemeinen ziemlich kreisrunder Form mit kurzen, mehr lappigen Fortsätzen dar, deren Pigmentkörnchen in regelmäßiger Weise in radiären Reihen angeordnet sind. Alle Körnchenreihen kon- vergiren nach einem einzigen Punkte, der als helle centrale Stelle meist sehr deutlich sichtbar ist. Diese Stelle hat SoLerr als »Attraktions- sphäre« im Sinne Ep. van BeneDen’s (Sphere attractive Ep. van BENEDEN) gedeutet und die Vermuthung ausgesprochen, dass von hier aus die Bewegung des Pigmentes beherrscht wird. Im Folgenden will auch ich. die centrale Stelle als » Attraktionssphäre« bezeichnen. Auch die Kerne, einer bis mehrere, sind zwischen den Pigmentkörnchen als ovale hellere N 684 Emil Ballowitz, Stellen meist scharf begrenzt zu erkennen. Über die Lagerung der Kerne und die Attraktionssphäre bemerkt Sorger Folgendes (31, p. 16): »Wie bei allen pigmentirten, aber noch lebenskräftigen Zellen bleibt auch hier der Kern von Farbstoff frei. Er erscheint als homogenes Feld von ovaler Form, an dem eine besondere Struktur nicht nachweisbar ist. Über oder unter ein solches Feld können übrigens einzelne Pig- mentkörnchen oder Gruppen derselben sich hinwegschieben, so dass man auch ohne Anwendung künstlicher Tinktionsmittel, die ohnehin nur schwer vom Kerne angenommen werden, diese die Kerne um- schließenden Stellen scharf von anderen Lücken, welche die ganze Dicke des Zellleibes durchsetzen, unterscheiden kann. In den meisten . Fällen schließen freilich die Pigmentzellen der von mir studirten Gegend (Integument der Ethmoidal- und Frontalgegend) nicht einen, sondern zwei solcher pigmentfreier Kernfelder ein. Hier und da finden sich dieselben in noch größerer Anzahl vor; so sah ich einmal innerhalb einer Zelle nicht weniger als sechs derartiger heller Kernfelder von ver- schiedener Größe, die ringförmig um den gleichfalls pismentfreien Centralfleck von unbestimmter Begrenzung angeordnet waren. Aber die Regel ist doch die, dass die Pigmentzelle nur zwei Kerne umschließt, welche mit ihrem einen Pole sich zusammenneigen, so dass ihre Längs- achsen einen Winkel bilden; manchmal findet man ihre Längsachsen auch parallel stehen. Aber in beiden Fällen schließen sie wieder den schon erwähnten weit kleineren lichten Fleck ein. Gewöhnlich — zum Unterschied von den scharf umschriebenen Kernfeldern — nur unbe- stimmt begrenzt, strahlen von ihm radiär nach allen Seiten (oder wenig- stens nach einem mehr oder weniger ausgedehnten Bezirke der Peri- pherie) die Pigmentkörnchen aus. In der nächsten Umgebung des Centralflecks stehen sie häufig dichter zusammengedrängt als in größerer Entfernung von demselben, so dass dann der helle Fleck um so deut- licher hervortritt. Wesentlich derselbe Befund ergab sich auch beim Barsch, und zwar gleichfalls in der Ethmoidal- und Frontalregion. Der centrale helle Fleck war manchmal sehr schön zu sehen, die Kernfelder erschienen dagegen weniger augenfällig umschrieben, weil sich ge- wöhnlich sehr zahlreiche Pigmentkörnchen unter dieselben hinweg- schoben.« | SoLGeEr betont (l. c. p. 18), dass er in jeder Zelle an den von ihm untersuchten Objekten stets nur einen Centralfleck beobachtete, moch- ten auch die Kerne in der Mehrzahl vorhanden sein. Diese von Sorser beschriebenen Zellstrukturen erhalten sich nun meist noch recht deutlich, wenn die Gewebe mit doppeltehromsaurem Kali und Silbersalz behandelt werden, so dass man Kerne, Attraktions- Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 685 sphäre und radiäre Anordnung der Pigmentkörnchen gut erkennen kann. | In Fig. 10 auf Taf. XXXVI z. B. ist der Pigmentkörper einer Zelle mit der hier sehr deutlichen Strahlung der Pigmentkörnchen ausge- zeichnet. In der Mitte liegt der helle Fleck der Attraktionssphäre, von dem die Pigmentstrahlung ausgeht, die sich deutlich in die kurzen Fortsätze erstreckt; rechts oben sind, von der Attraktionssphäre abge- rückt, zwei Kerne sichtbar. In den beiden Zellen der Fig. 9 ist die Attraktionssphäre nicht deutlich, ihre Lage lässt sich nur aus der Konvergenz der Pigmentstrahlungen erschließen, wie es bei dieser Be- handlung der Gewebe oft der Fall ist. Dasselbe gilt auch für die Fig. 11, wo die Sphäre noch als kleiner, heller Punkt sich kennzeichnet. In den mehr schematisch gehaltenen Figuren der Taf. XXXV sind die Pigmentkörnchen nicht eingezeichnet, weil die Übersichtlichkeit der Nervenzeichnungen darunter leiden würde. Die Pigmentstrah- lungen, die Attraktionssphäre und die Kerne sind indessen angegeben. Auch an den centralwärts retrahirten Pigmentmassen ist die Pigment- strahlung in den nach GoısI behandelten Präparaten bisweilen noch zu erkennen; auch die Attraktionssphäre tritt dann nicht selten noch als feiner, heller Punkt, einem Nadelstiche. gleich, hervor (vgl. auf Taf. XXXVIL Fig. 14,46, 17,49). Die Kerne sind in diesen ungefärbten Präparaten bei retrahirtem Pigment aber gewöhnlich nicht mehr sichtbar. Aus diesen Abbildungen geht die Übersichtlichkeit der inneren Struktur dieser Elemente zur Genüge hervor. Gelingt es, an den- selben eine vollständige Nervenfärbung hervorzurufen, so muss man mit größter Bestimmtheit feststellen können, welche Bestandtheile der Zelle sich mit den Nervenendigungen in Verbindung setzen, ob das Protoplasma oder die Attraktionssphäre oder die Kerne hierbei eine Rolle spielen. Bevor ich indessen auf die Nervenendigungen selbst eingehe, müssen wir den Verlauf der Nervenstämme in der Haut verfolgen. Die Schicht des Coriums, in dessen Bindegewebslücken die Ghro- matophoren als in ihrem Inneren kontraktile Bindegewebszellen ein- gelagert sind, ist sehr reich an Nerven, wie ein Blick auf das Über- sichtsbild der Taf. XXXIX zeigt (etwas dickerer Übersichtsschnitt durch die Kopfhaut vom Flussbarsch). Je nach der Körpergegend und je nach der Anzahl der eingelagerten CGhromatophoren ist der Reichthum an Nerven verschieden. Gröbere, Anfangs noch markhaltige Nervenbündel, deren Fasern aber bald das Mark verlieren, treten in die Haut ein und verzweigen sich hier. Aus den flächenhaft sich ausbreitenden Verzweigungen gehen 686 | Emil Ballowitz, feinere, sich nicht selten mit einander vereinigende Nervenbündel her- vor, die schließlich Nervennetze aus sich entstehen lassen. Auf Taf. XXXIX sind an mehreren Stellen die gröberen und auch feineren Bündel dort, wo sie in andere, im Schnitt nicht mehr enthaltene Schichten des Coriums übertreten, durchschnitten. Die Nervennetze sind recht reichlich und bilden unregelmäßige, weitere Maschen. In die Zeichnung der Taf. XXXIX sind dieselben nicht vollständig einge- tragen, um das Bild nicht zu unübersichtlich zu machen. Die Nerven- netze durchziehen hier in lockeren Maschen das Pigmentzellen führende Gewebe. Aus diesen Nervennetzen, oft aber auch direkt aus den Nerven- ‚bündeln und den Endästen der stärkeren Nervenfasern treten nun die »motorischen« oder »koloratorischen« Nerven an die Chromatophoren heran, wie die Figuren der Tafeln zeigen!. Kommen die motorischen Äste aus einem Bündel, so zweigen sie sich häufig unter einem rechten Winkel von einer Nervenfaser des Bündels ab. An der Ursprungsstelle des Astes findet sich dann meist die charakteristische kleine dreieckige Verdickung, welche die Ursprungs- und Theilungsstellen der feineren Nervenäste kennzeichnet (vgl. z. B. Fig. 22 und 23 auf Taf. XXXVIM. Der Ursprung der motorischen Äste aus den Nervenbündeln ist aber nur dann mit Sicherheit festzustellen, wenn die letzteren in einiger Entfernung von den Pigmentzellen liegen. Man beobachtet nämlich häufig, dass die Chromatophoren, z. B. bei dem Barsch, Hering u. A., den gröberen oder feineren Nervenbündeln dicht an- oder sogar un- mittelbar aufliegen, eine Erscheinung, auf welche Sorser bereits hin- gewiesen hat. Die Nervenbündel weichen dabei häufig etwas von ihrem geraden Verlaufe ab, indem sie am Zellkörper etwas ausgebuchtet verlaufen und so einen Theil desselben umziehen. Ziehen die Nerven direkt über die Pigmentzelle hinweg, wie z.B. in Fig. 22 auf Taf. XXXVII, wo ein Bündel von drei Nervenfäden dicht über die Mitte der Zelle hinwegläuft, so ist es bei der Undurchsichtigkeit der größeren Chro- matophoren unmöglich, den Ursprung der Fasern zu sehen und die Zahl der die Zelle innervirenden Nerven genau festzustellen. Die Zahl der motorischen Äste, welche an je eine Zelle herantre- ten, ist nun merkwürdigerweise sehr verschieden. Häufig beobachtet man nur eine Nervenfaser, die sehr fein oder auch noch relativ dick sein kann (Fig. 3 und 6 auf Taf. XXXV, Fig. 9 und 11 auf Taf. XXXVI, Fig. 18 auf Taf. XXXVII). Meist aber streben den einzelnen Chromato- phoren mehrere, oft sogar zahlreiche Nerven zu. In Fig. 10 auf ! In allen Figuren sind die Nerven und Nervenbündel, welche fortlaufend gedacht werden müssen, mit einem >< bezeichnet. Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 687 Taf. XXXVI z. B. treten zwei Nervenfäden an die Zelle heran, von denen der eine dieker ist und den Theilast eines stärkeren Nerven bildet; der zweite dünnere Faden (links) dagegen stammt aus dem Nervennetz des Coriums. In Fig. 7 auf Taf. XXXV ist das Verhältnis ein ähnliches, nur dass hier drei motorische Äste vorliegen, von welchen zwei aus dem Nervennetz stammen. In Fig. 5 gehen scheinbar fünf koloratorische Nerven an die Zellplatte heran. Bei genauer Prüfung sieht man jedoch, dass der von rechts oben herantretende Faden die Zelle in der Mitte des linken Randes wieder verlässt, nachdem er zwei Äste zur Zelle abgegeben und noch einen Nervenfaden (von links oben kommend) in sich aufgenommen hat. Der Nervenfaden, welcher von links unten an die Zelle tritt, läuft nur einfach über die letztere hinweg, um sich unter Bildung einer kleinen Schleife an den anderen Faden anzulegen und mit demselben weiterzuziehen; wenigstens hatten sich an dem Prä- parate sonst keine Äste gefärbt. Oft ist die Zahl der eintretenden Nerven so reichlich und das Nervengewirre in der Nähe der Zelle so dicht, dass man nur feststellen kann, dass die Nerven und Nervenbündel in dieses Gewirre übergehen; es ist dann oft unmöglich, mit Bestimmtheit zu erkennen, welche Ner- ven als eigentliche motorische Äste die Zelle erreichen, und welche Fäden an derselben vorbei weiter ziehen. Solche extremen, durchaus nicht seltenen Fälle zeigen z. B. die Fig. 14, 15, 16 auf Taf. XXXVIl und Fig. 21 auf Taf. XXX VII; auch die Zelle links oben in Fig. 20 (vom Hecht und Barsch). | In Fig. 15 z. B. liegt der Pigmentkörper einer Chromatophore in der Achsel der Theilungsstelle einer stärkeren Nervenfaser. Von links her tritt ein Nervenbündel heran, welches sich ganz in motorische Äste aufzulösen scheint. Dasselbe thut ein Nervenfaden, der von links unten die Zelle erreicht. Oberhalb der Pigmentscheibe geht ein Nervenfaden von links nach rechts und verbindet sich mit einer Faser, welche un- mittelbar in das Nervennetz übergeht. Von dieser quer vorbeiziehen- den Nervenfaser gehen gleichfalls Äste zur Zelle. Auch die Stämme, in deren Theilungswinkel die Zelle liegt, geben koloratorische Nerven zur Chromatophore; wenigstens ließ sich dies für den rechten Theilast mit Bestimmtheit feststellen. Auch die Fig. 13 auf Taf. XXXVI und Fig. 20 auf Taf. XXXVII, welche bei schwacher Vergrößerung gezeich- net sind, zeigen an verschiedenen Zellen die mehrfachen Nervenäste. Sehr eigenthümlich ist die Mannigfaltigkeit in der Zahl der zu- tretenden Nerven bei oft ganz benachbarten Zellen. Zu einer oder mehreren Zellen können zahlreiche Nerven gehen, während benach- barte Chromatophoren nur einen oder zwei sich spärlich verzweigende 688 Emil Ballowitz, Nerven erhalten. Wie verschieden dies Verhalten ist, seigt ein Blick auf Fig. 13 der Taf. XXXVI und Fig. 20 der Taf. XXXVIN. | Sehr schön erkennt man oft an derartigen Übersichtsbildern bei schwacher Vergrößerung (Fig. 13 und Fig. 20), wie ein stärkerer Nerv in die Nähe einer Zelle tritt, derselben motorische Äste giebt, dann zur nächsten Zelle geht, dieselbe gleichfalls versorgend — und so weiter, bis eine ganze Anzahl von Chromatophoren innervirt ist. Dabei tritt häufig eine Theilung des Nervenstammes ein. Dazu können dann noch Innervationsfäden aus dem Nervennetze kommen. Außer diesen Nervenverbindungen zwischen den Zellen, welche durch die sich theilenden motorischen Nerven selbst gegeben werden, finden sich häufig noch feine variköse Kommunikationsfäden, welche benachbarte Zellen direkt- mit einander verbinden; ich werde auf die- selben noch zurückkommen. Es sei schon hier bemerkt, dass ich weder im Verlaufe der kolo- ratorischen Nerven in der Haut, noch an den Pigmentzellen selbst jemals Ganglienzellen gesehen habe. | Die Nervennetze, eben so wie die Nervenbündel, verbleiben nun nicht alle in der Chromatophorenschicht der Haut und werden nicht sämmtlich zu Chromatophorennerven. Vielmehr steigt ein Theil der- selben höher gegen die Epidermis empor, um hier unter dem Epithel ausgedehnte Netze zu bilden. Von letzteren erheben sich die sensibe- len, feinsten Ästchen, welche in die schlanken Cutispapillen und direkt in die Epidermis zwischen den Epithelzellen selbst aufsteigen, sich hier mannigfach verzweigend und frei endigend. Fr. Eırn. Scuuze (32) hat diese intraepithelialen sensiblen Nerven- endigungen zuerst bei den Knochenfischen an den Barteln von Cobitis aufgefunden. Neuerdings hat G. Rerzıus (33) dieselben in der Haut von Petromyzon fluviatilis näher untersucht und an trefflichen Abbildungen zur Anschauung gebracht. Auch ich habe die sensiblen Nervenendigun- gen im Epithel häufig gesehen, wenn auch durchaus nicht so oft, wie ich wohl erwartet hatte. Am häufigsten gelang mir ihre Darstellung noch an der Lippe des Barsches, des Hechtes, in der Haut des Aales a. A. Dort, wo die CGhromatophoren dicht unter der Epidermis liegen und von reichen Nervengewirren umgeben sind, wie z. B. an der Lippe des Barsches, können die sensiblen Äste unmittelbar aus der Nach- barschaft der Chromatophoren, ja aus den die Zellen umgebenden Nervengewirren gegen das Epithel hin sich erheben. Die in dem Corium verlaufenden Nerven sind also gemischter Natur: sie enthalten die motorischen für die Chromatophoren be- stimmten und die sensiblen, vom Epithel herkommenden Fasern. Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 689 Das Merkwürdigste bei der Innervation der Chromatophoren sind nun die Nervenendigungen selbst. Die für die einzelnen Pigmentzellen bestimmten motorischen Äste gehen nämlich nicht einfach in die Zellen hinein, sondern zerlegen sich zuvor in eine meist außerordentlich große Anzahl von Ästen, welche sich unmittelbar an und auch in der Zelle verzweigen. Bevor diese Endtheilung eintritt, spaltet sich häufig der motorische Nerv, sobald er in die Nähe der Zelle gekommen, in zwei Hauptäste (Fig. 3 und 6 auf Tafel XXXV); bisweilen breitet sich der eine Ast hauptsächlich auf der einen Fläche der Zelle aus, während der zweite mit seinen Theilungen an der anderen Fläche des Zellkörpers gelegen ist. Oft tritt der Nerv auch nicht geradlinig, sondern gebogen an die Zelle heran, manchmal förmlich unter spiraliger Windung (vgl. z. B. Fig. 18 auf Tafel XXXVM). Ist die Nervenfärbung an mit ihrer Pigmentmasse horizontal ausgebreiteten Chromatophoren vollständig eingetreten, so ist es nicht möglich, das dichte Gewirre feinster Nervenfäden aufzulösen und zu entziffern. Nur Folgendes kann man bei Öl-Immersion unter vor- sichtigem Gebrauch der Mikrometerschraube erkennen. Stellt man die Oberfläche der Zelle ein, so wird mit einem Male ein Theil der Nervenfäden und Fibrillen unmittelbar an der Oberfläche der expandirten Pigmentplatte sichtbar. Bewegt man den Tubus ein wenig weiter nach abwärts, so erscheinen die Körnchen des Pigment- körpers. Lässt man den Focus die Pigmentplatte bis an ihre Unter- fläche durchwandern, so erkennt man scharf den anderen Theil der Nervenfäden, welcher sich in ähnlicher Weise, wie die Nerven der Oberfläche, an der Unterfläche der Zelle ausbreitet. Ist der eine Theil der Nerven scharf eingestellt, so bleibt, bei schwächerer Vergrößerung, gewöhnlich auch von dem anderen noch etwas sichtbar. Bei Benutzung schwacher Systeme scheinen beide Nervenplatten, in Folge der Dünn- heit des Pigmentkörpers, in einer Ebene zu liegen. Diese beiden Nervenplatten sind nun nicht vollständig von einander getrennt, sie hängen vielmehr, wie sich bei sorgfältiger Benutzung der Mikrometerschraube feststellen lässt, vermittels einer Anzahl von Ästen zusammen, welche durch den Pigmentkörper hindurch von der einen Fläche zu der anderen übertreten, um sich hier dann weiter zu verzweigen. Die Hauptmasse der Nerven liegt aber an den beiden Flächen des dünnen Pigmentkörpers. Diese Durchtrittsstellen der Nerven sind übrigens auch schon ohne Nervenfärbung zu erkennen. Fixirt man das Gewebe in gewöhnlicher Weise, etwa mit dem Fremming’schen Gemisch, so sieht man an den Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. 43 E; * 690 Emil Ballowitz, ausgebreiteten Chromatophoren oft scharf ausgeschnittene kleine Öff- nungen, welche die Pigmentplatte, wie Löcher, durchsetzen; oft sind mehrere solcher Löcher an einer Zelle vorhanden. Auch ist der Zell- rand zwischen zwei Fortsätzen bisweilen knopflochartig scharf be- grenzt. Ohne Zweifel werden diese Lücken im Pigment durch den Durchtritt der Nerven bedingt. Auf den ersten Blick, besonders bei ee. Vergrößerung, machen nun die Nervenplatten den Eindruck eines dichten, feinfädigen Nervennetzes, welches die Zelle mit engen, unregelmäßigen Maschen zum Theil umspinnt, zum Theil durchsetzt und welches feinste, frei endigende Endfibrillen aus sich hervorgehen lässt. Es ist in der That, selbst bei genauer Prüfung mit Immersion, an Zellen mit vollkommener Nervenfärbung kaum möglich, in diesen Nervenmassen sich zurecht- zufinden und eine bestimmte Entscheidung zu treffen (vgl. Fig. 7 auf Tafel XXXV und Fig. 9, 10, 114 auf Tafel XXXV]). Um daher über die Art der Nervenverzweigung sicheren Auf- schluss zu erhalten, muss man in den Präparaten solche Zellen heraus- suchen, an welchen die Nervenfärbung nur unvollkommen eingetreten ist, wie es bei Anwendung der Gouerschen Methode ja häufig beobachtet wird. An derartigen Präparaten lässt sich die Theilung eines einzelnen motorischen Astes bis zu den Endfibrillen hin meist sehr übersichtlich verfolgen. Die Figuren 1—5, vielleicht auch noch Fig. 6, stellen solche Zellen mit unvollkommener Nervenfärbung dar. Dass es sich hier in Wirklichkeit um unvollkommene Nervenfärbung und nicht etwa um einfache Formen der Nervenendigung handelt, lässt sich in den meisten Fällen daran erkennen, dass von den stärkeren Ästen an der Zelle Seitenäste entspringen, die nur eine kurze Strecke imprägnirt sind und dann plötzlich, wie abgeschnitten oder abgebrochen aufhören; hier ist die Imprägnation nicht weiter vorgedrungen (vgl. z. B. den Verlauf des linken, von unten herantretenden Nerven in Fig. 3). Auch sieht man an solchen Präparaten häufig, dass die Tröpfchen der Endfäden in der Richtung der letzteren an den Enden derselben isolirt liegen und nicht durch einen Nervenfaden mit einander verbunden sind; es ist hier eben noch nicht zu der Imprägnation des verbindenden Fadens gekommen (vgl. z. B. Fig. 1,2, 3, 4, 8 auf Tafel XXXV). Auch kann man finden, dass hier und da kleine Abschnitte von Nervenfäden isolirt daliegen, deren Verbindung mit den übrigen Nerven sich nicht mitgefärbthat. In den Figuren sind solche zusammenhanglosen Fädchen, die nur selten zur Beobachtung kommen, fortgelassen. Immerhin lässt sich die Möglichkeit nicht ausschließen, dass es sich hier bisweilen auch um einfache Formen der Nervenendigung handeln kann, zumal ee 23 a ee Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 691 es schwer ist, hier eine Grenze zu ziehen; man findet eben alle Über- gänge von den einfachsten Nervenverzweigungen bis zu den kompli- eirtesten Nervengewirren. In Fig. 5 z. B. kann möglicherweise schon eine vollkommene Nervenfärbung dieser speciellen Zelle vorliegen. In Fig. 6 sind wahrscheinlich alle Nerven, welche sich an dieser Zelle vor- finden, gefärbt. In Fig. 7 liegt wohl bestimmt eine Totalfärbung vor. Wer wollte dies mit Sicherheit entscheiden, wenn eben die Nerven- färbung selbst im einzelnen Falle keinen Anhaltspunkt giebt? Die Figuren 1—7 der Tafel XXXV und Fig. 9—11 auf Tafel XXXVI geben zugleich eine Anschauung von der großen Mannigfaltigkeit der Innervationsbilder, welche die Pigmentzellen in den Präparaten dar- bieten: keine Zelle gleicht hierin der anderen, alle sind verschieden. Dies hängt nicht allein von dem Grade der Nervenfärbung ab; auch bei vollkommenster Nervenfärbung bestehen leicht erkennbare Unter- schiede, z. B. in der Zahl der zutretenden Nerven, der Dichtigkeit des Nervengewirres, der Zahl der Endfibrillen ete. Dazu kommen die Formdifferenzen der Pigmentkörper der Zellen und ihrer Ausläufer selbst, meist bedingt durch die verschiedenen Stadien der Expansion des Pigmentes. Kurz und gut, es besteht in den Präparaten eine ganz außerordentliche Mannigfaltigkeit. Wenn man nun gut gewählte Zellen mit unvollkommener Nerven- färbung vermittels Ölimmersion untersucht und an denselben unter subtiler Benutzung der Mikrometerschraube die Nervenverzweigungen verfolgt, so lässt sich Folgendes feststellen: In Fig. I z. B. tritt links unten in den Bereich des Piimontkpee ein Nervenfaden ein, der sich alsbald in zwei Äste spaltet. Der linke Ast theilt sich wieder in zwei ungleiche Zweige. Der längere Zweig geht in gebogenem Verlaufe an die entgegengesetzte Seite der Zelle, tritt hier an einen Pigmentfortsatz, um von diesem aus quer vor einem anderen Fortsatze hinweg zu einem dritten hinzuziehen, an dessen Basis der Nervenfaden mit einem größeren Endtröpfchen endigt. Der kürzere Nervenzweig geht seitlich in einen Fortsatz. Der rechte Haupt- ast des motorischen Nerven theilt sich dichotomisch in mehrere Äste, die sämmtlich frei endigen; der eine Endfaden überragt etwas mit seinem freien Ende den Pigmentkörper. Dort, wo die Nervenfäden einander kreuzen, gehen dieselben, ohne sich zu verbinden, in ver- schiedenem Niveau an einander vorbei. Eine Netzbildung besteht hier also nicht. Alle diese Nervenäste befinden sich oberhalb der Pigment- platte. Etwas reichlicher sind schon die Nervenfäden in Fig. 2. Hier tritt von oben her ein Nervenstamm an die Zelle heran und verläuft dann 45* 692 Emil Ballowitz, weiter am rechten Rande derZelle vorbei nach unten, um in das Nerven- netz überzugehen. Zuvor giebt derselbe einen koloratorischen Ast ab, der unter mehrfachen Schlängelungen gegen die Mitte der Zelle an- steigt, um hier in zwei sich dendritisch theilende Äste auszustrahlen. Von dem konvexen Rande dreier Biegungen gehen drei Seitenzweige ab, die sich zum Theil noch weiter dichotomisch zerlegen. Ein Theil der Endäste überragt unten ein wenig die Pigmentplatte. Auch hier gehen die sich kreuzenden Nervenfäden einfach an einander vorbei. Eben so befinden sich sämmtliche Nervenäste an der Oberfläche der Zelle. Etwas anders verhält es sich mit den folgenden Figuren 3, 4 und 5. Hier befindet sich ein Theil der Verzweigungen an der oberen, der andere Theil an der unteren Fläche der Zellen. Es musste daher bei der Untersuchung ein ausgiebiger Gebrauch von der Mikrometerschraube gemacht werden. Um beide Fadentheile aus einander zu halten, habe ich in den Figuren die oberflächlich gelegenen Nerven mit intensiv schwarzer Tusche eingezeichnet, während die an der Unterfläche ver- laufenden Verästelungen heller, matt grau gehalten wurden; dort, wo die beiden verschieden gefärbten Faserabschnitte zusammenstoßen, be- finden sich die Durchtrittsstellen der Nerven (in den Figuren bei d). Der motorische Nerv der Fig. 3 theilt sich schon, bevor er die Zelle erreicht, in zwei ungleiche Zweige, von denen sich der rechte, der, eben so wie der linke Hauptast, die Anzeichen unvollkommener Nervenfär- bung zeigt, mit seinen dichotomischen Verästelungen in einem Pigment- fortsatze auflöst. Der linke Ast zerfällt am Rande des Pigmentkörpers in zwei Theilfasern, von denen die linke am Rande der Zelle, die andere gegen die Mitte der Zelle hinzieht. Die linke Nervenfaser verlässt nun alsbald nach ihrem Ursprunge, an welchem sich ein größeres Tröpfchen befindet, die Oberfläche der Zelle und tritt um den Rand eines breiten Fortsatzes herum (bei d’) an die Unterfläche desselben. An dem oberen Rande dieses Fortsatzes biegt die Faser wieder zur Oberfläche der Zelle um (bei d”’) und verläuft hier unter Schlängelungen, zum Theil den Be- reich des Pigmentkörpers überschreitend, zu einem größeren Fortsatze hin, an welchem sie sich in die Endverzweigungen auflöst. Zwei Fädchen zweigen sich zuvor noch gegen die Mitte der Zelle hin ab, um hier frei zu enden. Der andere etwas stärkere rechte Theilast spaltet sich etwa in der Mitte der Zelle, nachdem er zuvor ein unvollkommen gefärbtes Fädchen abgeschickt hat, in zwei Äste, von denen der obere sich an der Oberfläche der Zelle verzweigt. Der untere Ast dagegen tritt unter einer Umbiegung in den Pigmentkörper der Zelle hinein, um denselben zwischen den Kernen und der Attraktionssphäre zu durchbohren und auf die Unterseite der Zelle zu gelangen (beid). Alle Verzweigungen dieses Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 693 Astes liegen mit ihren freien Enden an der Unterfläche der Pigment- platte. Nur die beiden Enden eines kleinen Seitenastes schienen mir mit ihren Endknöpfchen durch die Pigmentmasse hindurch wieder an die Oberfläche zurückzutreten; ich habe diese Enden daher mit schwarzer Tusche bezeichnet (rechts unten in der Zelle). In ähnlicher Weise entspringt auch in Fig. 4 der motorische Ast links aus einem an der Zelle vorbeistreichenden Nervenfaden, der links noch im Zusammenhang mit dem Nervengeflecht gezeichnet ist; die Fasern des letzteren lagen in verschiedenen Ebenen. Der Ast zieht auf der Pigmentplatte der Zelle unter Biegungen nach jenseits von der Attraktionssphäre, indem er einige dichotomisch sich mehr oder weniger theilende Zweige abgiebt, die mit ihren freien Enden alle gleichfalls an der Oberfläche bleiben. Sodann biegt der Hauptstamm um und tritt durch das Pigment hindurch auf die Unterseite (bei d), um hier unter Schlänge- lungen wieder zur linken Hälfte der Zelle zurückzulaufen. Auf dieser Strecke gehen gleichfalls mehrere Zweige ab, die mit ihren freien Enden an der Unterfläche gelagert bleiben. Der Rest des Hauptstammes durch- bohrt dann noch einmal die Pigmentmasse (bei a’) und kehrt so wieder an die Oberfläche der Zelle zurück, hier in vier Endäste zerfallend. Diese Endfäden breiten sich an der Oberfläche der Zelle aus. Auch hier ist nirgends eine Verbindung der Fäden unter sich vorhanden. Sehr schön ließen sich die oberen und unteren Nervenverästelungen auch an der Zelle aus einander halten, die in Fig. 5 gezeichnet ist. Der zu der Pigmentzelle gehörige Nerv kommt von rechts oben, zieht über die Zelle hinweg und verbindet sich noch im Bereiche des Pigmentes mit einem Nervenfaden, der sich bis in das äußere Nervennetz verfol- gen ließ. Dass der zweite Nerv, welcher sich links an den ersten an- legt, um mit demselben gemeinschaftlich weiter zu verlaufen, nur einfach über die Zelle hinwegstreicht, ohne einen motorischen Ast abzugeben, ist oben schon erwähnt worden; wenigstens hatte sich kein Ast gefärbt. Motorische Fäden erhält die Zelle nur von dem oben gelegenen Nerven, und zwar in folgender Weise. Zunächst zweigt sich ein motorischer Ast ab, kurz nachdem der Nerv an die Zelle herange- treten ist. Dieser Ast zerlegt sich unter Schlängelungen in mehrere, sich meist dichotomisch theilende Endzweige, welche sämmtlich an der Oberfläche der Zelle bleiben. Der erste ungetheilt bleibende Endzweig geht nach links bis unmittelbar an den Hauptnerv; es ließ sich aber nicht entscheiden, ob hier wirklich eine Verbindung der beiden Fasern stattfand. Kurz hinter dem Ende dieses Seitenzweiges verlässt den Hauptnerv ein zweiter für die Zelle bestimmter motorischer Ast, der jedoch nach kurzem ungetheilten Verlaufe die Pigmentmasse durchbohrt 694 Emil Ballowitz, (bei d) und sich an der Unterfläche in seine Endzweige auflöst; die letz- teren bleiben sammt ihren Enden sämmtlich an der Unterfläche. Auch hier ließen sich (abgesehen von der oben erwähnten fraglichen Stelle) netzartige Verbindungen der Fäden auf das bestimmteste ausschließen. Hätte ich an dieser Zelle auch die unteren Nerven mit schwarzer Tusche eingezeichnet, so würde sich daraus schon eine ziemlich reich- liche Nervenverzweigung ergeben, welche, bei schwacher Vergrößerung betrachtet, ein Nervenendnetz vortäuschen könnte. In den Fig. 6 und 7 sind die Nerventheilungen nun schon so reich- lich, dass es nicht mehr möglich war, die oberen und unteren Endäste deutlich aus einander zu halten. Es wurde daher darauf verzichtet, eben so wie in den Fig. 9—A1 der Taf. XXXVI, dieselben durch ver- schiedene Kolorirung von einander abzugrenzen. Wie aus diesen genau analysirten Beispielen, die aus einer großen Zahl von Beobachtungen ausgewählt wurden, hervorgeht, handelt es sich in den Nervenendigungen an den Chromatophoren also in erster Linie ganz vorwiegend um dichotomische Theilungen der Nerven mit frei endigenden Endästen. Eine zweite Frage ist die: ob auch netzartige Verbindungen der Theiläste bestehen. Ich habe gerade diese Frage einer genauen Prü- fung unterworfen und bin zu dem Resultate gekommen, dass netzartige Verbindungen der Äste vorkommen, dass dieselben aber, im Vergleich zu den überaus reichlichen dichotomischen Theilungen, sehr zurück- treten. Von dem Bestehen netzartiger Kommunikationen überzeugt man sich wieder am sichersten an Pigmentzellen mit unvollkommener Nervenfärbung, wie sie Fig. 8 auf Taf. XXXV uns vorführt. Von unten her tritt hier aus dem Nervenplexus ein motorischer Ast an eine Zelle heran, deren Pigmentmasse centralwärts, wenn auch noch nicht voll- ständig, retrahirt ist. Dass an diesem Präparat eine unvollkommene Nervenfärbung vorliegt, beweisen die reihenweise in der Richtung des Nervenverlaufes isolirt liegenden tingirten Tröpfchen, deren Verbin- dungsfäden nicht mehr mitgefärbt sind. Von dem motorischen Ast geht nach links hin ein varicöser Seitenzweig ab, der sich alsbald mit einem anderen, weiter oben den Hauptstamm verlassenden Zweig verbindet, so dass eine weite Masche entsteht. Von diesen kommunicirenden Fäden gehen dann frei endigende Endfibrillen ab. Derartige netzförmige Kommunikationen habe ich mehrfach gesehen und als solche auf das bestimmteste festgestellt. Dass dieselben bei vollständiger Nerven- färbung in den Präparaten auch reichlicher werden müssen, liegt auf der Hand. Doch sind dann bei der großen Zahl der gefärbten Nerven- fäden Verbindungen der dicht an einander vorbeiziehenden Fäden mit Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 695 Sicherheit nur schwierig zu erkennen. Ich habe mehrfach Zellen vom Hecht, welche ziemlich vollkommene Nervenfärbung aufwiesen, auf die Art der Nervenverzweigung untersucht und mich der mühsamen Auf- gabe unterzogen, die Verästelungen bis an ihre Enden mit Ölimmersion zu verfolgen, habe aber meist nur dichotomische Theilungen vorgefunden und oft vergeblich nach gegenseitigen Verbindungen der Äste gesucht. Netzartige Verbindungen, das möchte ich nochmals betonen, sind mithin nur sehr gering im Vergleich zu den überaus reichen dichoto- mischen Verästelungen. Diese netzartigen Kommunikationen finden sich auch nur zwischen solchen Nervenfäden, die immerhin noch als stär- kere Fäden, als Bündel von Achsenfibrillen angesehen werden müssen. Die feinsten Nervenfibrillen dagegen endigen stets frei, gehen niemals in einander über, so dass ein »terminales Nervennetz« hier nicht besteht. Außer den dichotomischen Verästelungen kommen aber noch an- dere Theilungen der Nervenfäden vor. Es wurde oben schon von mir hervorgehoben, dass an den Theilungsstellen der Nervenfäden sich meist eine kleine Verdickung vorfindet, eine Erscheinung, welche ja schon lange bekannt ist. An den stärkeren marklosen Fasern, z.B. denen des Nervenplexus, besitzen dieselben die Form kleiner dreiecki- ger Anschwellungen. An den feineren Fäden sind diese Verdickungen oft unregelmäßig, rundlich, spindelförmig und treten in Gestalt kleiner Tröpfehen und Klümpchen auf. Man beobachtet nun nicht selten, dass von solchen Achseltröpfehen nicht zwei, sondern drei bis vier Nerven- fäden ausgehen, wie es z. B. in Fig. 8 auf Taf. XXXV zu sehen ist. Der motorische Ast zeigt hier deutlich unterhalb der Pigmentmasse eine größere Anschwellung, intensiv geschwärzt, wie die Nervenfäden selbst. Von derselben gehen fingerförmig vier Nervenfäden ab, die sich im Be- reich der Chromatophore weiterhin rein dichotomisch verzweigen. Dasselbe lässt auch Fig. 23 auf Taf. XXXVII erkennen. In der- selben sind drei Pigmentmassen mit ihren Nerven abgebildet. Von der kleineren Pigmentmasse oben links muss es zweifelhaft gelassen wer- den, ob sie noch zu der größeren Zelle links gehört, oder ob sie von einer in einem anderen Niveau gelegenen und nicht mehr in den Schnitt gefallenen Chromatophore abgetrennt wurde. Die beiden großen Pigmentzellen werden durch einen Nervenfaden verbunden, welcher in der Mitte unterbrochen gezeichnet werden musste, weil er für die Ausführung der Zeichnung zu lang gewesen wäre. In der Nähe der rechten Chromatophore schwillt nun dieser Nervenfaden zu einer fünf- eckigen Verbreiterung an. Aus vier Ecken treten Nervenfäden hervor, während der fünften Ecke der Hauptfaden entspricht. Verbreiterungen von dieser Größe habe ich sonst nicht wieder gefunden. Für.Ganglien- 696 Emil Ballowitz, zellen sind diese Verdiekungen viel zu klein. Überhaupt habe ich nie- mals von dem Vorhandensein von Ganglienzellen weder an den Pig- mentzellen, noch im Bereich der Nerven bei Anwendung dieser Methode auch nur Andeutungen erhalten. Varicöse Anschwellungen in Gestalt spindeliger und kugeliger Tröpfchen sind an den Nervenfäden, oft schon an den stärkeren moto- rischen Ästen und an den Fäden des Nervennetzes eine regelmäßige Erscheinung. Vor Allem sind dieselben an den feineren Verzweigungen und an den Endfibrillen fast stets vorhanden. Dieselben können streckenweise sehr regelmäßig perlschnurartig angeordnet sein; meist aber sind sie nach Größe, Form und in ihrem gegenseitigen Abstande sehr verschieden. Häufig kommt es vor, dass die Tröpfchen in Gestalt kleiner Kügelchen den Nervenfäden seitlich anzusitzen scheinen. Die Endfibrillen laufen meist in ein häufig etwas größeres Endtröpfchen aus (siehe die Figuren). Aus Obigem folgt also, dass die Nervenendplatten der Chromato- phoren überaus reiche, meist dichotomische Verästelungen der moto- rischen Pigmentnerven darstellen; die stärkeren Fäden der Endplatten besitzen spärliche netzförmige Kommunikationen. Die Verzweigungen laufen aus in zahlreiche varieöse Endfibrillen, welche frei endigen und als die eigentlichen Nervenendigungen betrachtet werden müssen. Ein Theil dieser Endfibrillen gehört dem Zellkörper an, ein anderer Theil derselben folgt centrifugal dem Verlaufe der Fortsätze. Die letzteren kommen allerdings an diesen Chromatophoren des Hechtes, an denen die Pigmentfortsätze nur wenig ausgebildet sind, nicht recht zur Gel- tung und sind nicht sehr zahlreich. Auf ihr Vorhandensein und auf den Umstand, dass dieselben oft den Bereich der noch nicht vollständig expandirten Pigmentplatte etwas überragen (Fig. 1—8), wurde oben schon hingedeutet. Wir werden sehen, dass die Fortsatzfibrillen an solchen Chromatophoren, die durch zahlreiche große Fortsätze ausge- zeichnet sind, weit mehr zur Ausbildung kommen. Noch deutlicher als an den expandirten Pigmentzellen tritt ihr Nervenreichthum und der Verlauf ihrer Nervenfäden an den Chro- matophoren mit retrahirtem Pigment hervor, wie die Fig. 13 auf Taf. XXX VI, Fig. 14—19 auf Taf. XXX VII und Fig. 20 auf Taf. XXXIX zeigen. Das Pigment ist hier centralwärts gegen die Attraktionssphäre hin gesammelt und aus dem Protoplasma des übrigen Zellkörpers und der Fortsätze zurückgezogen. Die Attraktionssphäre selbst ist nicht selten noch als heller Punkt sichtbar (Fig. 14, 17, 19). Dass es sich hier in der That um eine Retraktion der Pigmentkörn- chen im Zellprotoplasma und nicht etwa, wie man sonst wohl annahm Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 697 (vgl. i), um ein Einziehen der pigmenthaltigen Fortsätze handelt, lässt sich an den nach der Gorgr'schen Methode behandelten Präparaten sehr deutlich zeigen. Nicht selten färbt sich nämlich auch das Protoplasma der Zellen, so dass der Zellkörper und oft sämmtliche Fortsätze dunkel tingirt erscheinen. Die Färbung der Fortsätze tritt auch dann ein, wenn die Pigmenikörnchen sämmtlich, oder zum größten Theil bereits gegen den Mittelpunkt hin gewandert sind. Ohne die Färbung wäre dann von den Zellfortsätzen nicht das Geringste wahrzunehmen ge- wesen. Besonders instruktiv sind solche Präparate, an welchen bei fast ganz retrahirtem Pigment nur ein Theil der Protoplasmafortsätze tingirt ist. Fig. 12 auf Taf. XXXVI stellt eine derartige Zelle dar. Das Pigment ist zum größten Theil centralwärts gesammelt, nur in den basalen Theilen einiger Fortsätze sind noch Pigmentkörnchen enthalten und auf dem Wege der Rückwanderung gegen den Zellkörper hin be- sriffen. Von den pigmentlos gewordenen Theilen der Zellfortsätze ist nichts mehr zu sehen und könnte der Anschein erweckt werden, als würden die Zellfortsätze mitsammi dem Pigment allmählich eingezogen. Dem ist aber nicht so, wie ein Blick auf die rechte Seite der Zelle zeigt. Während nämlich links an der Zelle nur eine unvollkommene Nerven- färbung eingetreten ist, hat sich rechts ein Theil der pigmentfrei ge- wordenen Zellfortsätze bis in die feineren Verzweigungen hinein ge- färbt. Hier und da ist auch in den noch pigmenthaltigen Fortsätzen stückweise ein Niederschlag des Chromsilbers erfolgt. Mit diesem pigmentfreien Protoplasma nun setzen sich die Nerven- endigungen in Verbindung. Sie bleiben daher auch liegen, im Zellkörper sowohl, wie in den Fortsätzen, wenn sich die Pigmentmasse verschiebt und centralwärts zurückzieht. Durch die Pigmentverschiebungen wer- den die Nerven also in ihrer Lage nicht beeinflusst, sind demnach vor Zerrungen geschützt. Dort, wo die Nervenfasern die ausgebreitete Pig- mentplatte durchbohren, um von der einen Fläche zur anderen überzu- treten, werden sie jedenfalls von dem Pigmentstrome bei der Lagever- änderung der Pigmentkörnchen umflossen werden. Ist das Pigment retrahirt, so sind die Nervenendigungen der Chromatophoren von dem sie theilweise verdeckenden Pigmente befreit, gewissermaßen entblößt und daher auf das deutlichste sichtbar; nur im Bereich der kleiner und dicker gewordenen Pigmentscheibe ist in - Folge der Anhäufung und dichteren Zusammenlagerung der Pigment- körnchen nichts mehr davon zu sehen. Man erkennt dann auf das schönste die flächenhafte Ausbreitung der Endigungen, den oft enormen Reichthum der einzelnen Zellen an Nervenverästelungen, die außerordentliche Mannigfaltigkeit in der Art 698 Emil Ballowitz, der Verzweigung und der Zahl der Nervenäste. Ein Blick auf die Ab- bildungen erläutert dies am besten. Zellen mit so außerordentlich reichen Nervenverästelungen, wie die in Fig. 14 u. 15 auf Taf. XXX VII dargestellten, gehören immerhin zu den extremen, aber durchaus nicht seltenen Fällen. Aufmerksam möchte ich noch machen auf den Reich- thum an varicösen Anschwellungen, auf die Endtröpfehen der End- fihrillen, auf die hakenförmigen Umbiegungen und den rückläufigen Verlauf mancher Nervenfäden, der an den Zellen nicht selten beobachtet wird (vgl. z. B. Fig. 15 und 16). Es fragt sich nun, mit welchen Zellbestandtheilen der Chromato- phoren die Nervenfäden sich in Verbindung setzen, eine Frage, welche eigentlich schon in obiger Darstellung ihre Beantwortung gefunden hat. Denn wir haben ja gesehen, dass die Endverzweigungen der aus- gehreiteten Pigmentplatte dicht aufliegen, bei Retraktion des Pigmentes aber in dem pigmentlosen Protoplasma liegen bleiben. Die Nerven- endigungen gehören also dem pigmentfreien Protoplasma an. Man muss wohl annehmen, dass die ausgebreitete Pigmentmasse der Chro- matophoren sich in der mittleren Schicht derselben befindet und dass dieses pigmenthaltige Protoplasma oben und unten umgeben wird von . einer dünnen Lage pigmentfreien Protoplasmas. In dieser oberfläch- lichen Protoplasmalage der hüllenlosen Zellen befinden sich höchst wahrscheinlich die Nervenausbreitungen; jedenfalls sind sie dem Proto- plasma auf das innigste an- und zum großen Theile auch wohl einge- lagert. Wird das Pigment retrahirt, strömt dasselbe centralwärts zurück, so bleiben oben und unten in dem von den Bewegungsvorgängen weniger alterirten Protoplasma die Nervenendigungen liegen. Dass dem so ist, dass die Nerven wirklich zum großen Theile, wenn nicht sämmtlich in dem Zellprotoplasma gelagert sind und demselben nicht bloß äußerlich und oberflächlich anliegen, geht schon daraus hervor, dass so häufig Durchbohrungen der Zellen seitens der Nerven stattfinden. Die Nerven können an den verschiedensten Stellen der Zelle durch die ganze Dicke des Zellkörpers, also auch durch die mitt- lere pigmenthaltige Schicht hindurchtreten. Um präformirte, im Proto- plasma ausgeschnittene Lücken kann es sich hier nicht handeln, da die Pigmentkörnchen unmittelbar neben den durchtretenden geschwärzten Nerven liegen. Auch habe ich mehrfach bei genauester Einstellung konstatiren können, dass die Nerven eine Strecke weit direkt zwischen den Pigmentkörnchen innerhalb der Zelle verliefen. Festzustellen, in welchem Niveau sich die feinsten Endfibrillen und ihre Endtröpfchen befinden, ist recht schwierig; oft will es scheinen, als befänden sich manche in gleichem Niveau mit den Pigmentkörnchen. N % Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 699 Jedenfalls ist es unzweifelhaft, dass es sich hier größtentheils um eine Einlagerung der Nervenendigungen in das Zellprotoplasma und nicht bloß um eine Anlagerung, um einen äußeren Nervenkontakt an der Oberfläche der Zelle handelt. Die Nervenfäden selbst bleiben aber bis in ihre feinsten Verzweigungen hinein stets scharf begrenzt und setzen sich auf das bestimmteste von dem Zellprotoplasma ab, so dass die Endfibrillen und Endtröpfchen stets scharf umschrieben sind. Ein direkter Übergang der Nervenstruktur in die Protoplasmastruktur be- steht demnach, so weit diese Methode hierüber einen Aufschluss geben kann, nicht. Die Zellkerne lassen sich an diesen Präparaten sehr leicht als be- deutungslos für die Innervation der Zellen ausschließen. Dies ist, bei der gleichzeitigen Deutlichkeit der Kerne und der Nervenendigungen, mit größter Bestimmtheit zu entscheiden. Niemals habe ich gesehen, dass ein Nervenfaden oder eine Endfibrille direkt an die Kernmembran heranträte oder gar in das Kerninnere eindränge. Es kommt ja natür- lich öfters vor, dass an den expandirten Pigmentzellen Nervenfäden über die hellen Kernfelder hinwegziehen (vgl. die Figuren); auch beob- achtet man nicht selten, dass das Ende einer Endfibrille mit dem End- tröpfchen in den Bereich eines Kernfleckes fällt. Stets lässt sich aber bei Anwendung starker Vergrößerung und bei Gebrauch der Mikro- meterschraube Gewissheit darüber verschaffen, dass die Nerven mit den Kernen in keine Berührung treten und die Lage der Nerven nur eine oberflächliche ist. | Ein wichtiger Punkt bliebe schließlich noch zu erledigen: etwaige Beziehungen der Nervenendigungen zu der Attraktionssphäre. Man könnte von vorn herein geneigt sein, derartige Beziehungen vorauszusetzen. Die Attraktionssphäre steht ja gewissermaßen im Mittelpunkte der Bewegungsvorgänge, welche sich im Inneren der Pigmentzelle abspielen: von hier aus finden die radiären Emanationen des Pigmentes in die Fortsätze der Zelle hinein statt; gegen die Sphäre hin als Mittelpunkt wird die Masse der Pigmentkörnchen wieder zurück- gezogen. Man könnte daher a priori meinen, dass hier ein Endorgan der Nerven sich vorfinden müsste, dass hier an dieser Centralstelle von Seiten der Nerven im Protoplasma der Reiz ausgelöst würde, welcher die intracellulären Pigmentverschiebungen veranlasse. Dem ist aber nicht so. Ich habe gerade diese Frage einer eingehenden Prüfung unterzogen und sehr viele Zellen mit. gelungenster Nervenfärbung darauf hin untersucht; niemals habe ich aber gesehen, dass ein Nerven- faden in die Attraktionssphäre eindringt. Es kommt ja hier, wie bei den Kernfeldern, vor, dass Nerven oder auch Endknöpfchen von 700 Emil Ballowitz, Endfibrillen dann und wann mit der centralen Sphärenstelle zu- sammenfallen. Diese Nerven liegen dann aber, wie die ihrer Nachbar- schaft, ganz oberflächlich und dringen nicht in die Sphäre ein. Dieses Vorkommnis ist auch durchaus nicht konstant, wenn es auch gerade nicht selten beobachtet wird, was bei dem großen Reichthum der Zellen an Nerven nicht befremden kann (vgl. die Figuren). Jedenfalls liegt hier ein zufälliges Zusammentreffen vor und ist die Attraktionssphäre, eben so wie der Zellkern, für die Innervation der Zelle ohne Bedeutung. Nur eine gewisse Beziehung des Verlaufes der Nervenfasern zu der Attraktionssphäre scheint mir vorhanden zu sein. Man beobachtet nämlich fast immer, dass die Nervenfasern kreisförmig oder bisweilen in flachen Schneckentouren auf den Zellen verlaufen und zwar so, dass die helle Attraktionssphäre in der Mitte oder doch ziemlich in der Mitte der mehr oder weniger koncentrischen Windungen gelegen ist. Von diesen Windungen zweigen sich dann die Endfibrillen ab, welche z. Theilin den Zellkörper, zum Theil in die Fortsätze gehen; die letzteren verlaufen radiär, bisweilen von einem Fortsatze zu dem anderen überspringend. Dieser gewundene Verlauf findet sich besonders an den Haupt- stämmen der Nervenendigungen und zwar sowohl an der Unterseite, wie an der Oberseite der Zellen. In den Fig. I—5 auf Tafel XXXV ist dieser kreisförmige Verlauf der Nervenfäden und die hierzu centrale Lage der Sphäre, trotz der Unvollständigkeit der Nervenfärbung, sehr deutlich. In den Fig. 6. und 7 haben die Nervenfäden der Endplatten mehr einen uhrfederartigen Verlauf; in Fig. 6 liegt die Sphäre etwas excentrisch zu den Windungen. Auch bei vollkommenster Nerven- färbung lässt sich dieser kreisförmige Verlauf, trotz der verwirrenden Zahl der Nervenfäden, fast immer noch erkennen (vgl. Fig. 9—11 auf Tafel XXXV]). Besonders evident wird diese Anordnung der Nervenfäden an den Zellen mit retrahirtem Pigment, obwohl hier meist die Attraktions- sphäre nicht mehr zu erkennen ist (Fig. 13 auf Tafel XXXVI; Fig. 14 bis 19 auf Tafel XXXVIH; Fig. 20 auf Tafel XXXVIM). Die isolirt sicht- baren Nervenwindungen der beiden einander benachbarten Endplatten der Ober- und Unterseite der Zelle erhalten hier oft das Aussehen von Kränzen, welche in ihrer Mitte die retrahirte Pigmentplatte einschließen (Fig. 1%, 15, 46, 47, 18). | Dieser eigenthümliche Verlauf der Nervenfasern, welcher ver- muthlich im Zusammenhange mit der centralen Lage der Sphäre steht, ist aber auch die einzige Beziehung, welche sich zwischen Nerven- endigungen und Sphäre nachweisen lässt. Im Übrigen ist es lediglich das Zellprotoplasma, welches mit den Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 701 Nervenfasern in Berührung steht und den Zusammenhang zwischen Zelle und Nervensystem vermittelt. Höchst auffällig und einzig da- stehend ist bei der Innervation der Chromatophoren der ganz außer- ordentliche Reichthum an Endverzweigungen der motorischen Nerven: es macht oft den Eindruck, als könnte kein irgend wie größerer Ab- schnitt der Zelle, kein irgend wie nennenswerther Theil des Zellproto- plasmas ohne Nervenkontakt bestehen. Ganz ähnliche Resultate, wie bei dem Hecht, erhielt ich auch bei den anderen von mir untersuchten Knochenfischen. Nur sind hier die Verhältnisse oft nicht so einfach und liegen nicht immer so klar zu Tage, wie bei Esox lucius. Die Chromatophoren vom Hecht sind ja, wie wir gesehen haben (an den bestimmten Regionen), relativ klein, sehr regel- mäßig geformt und meist nur mit kurzen Fortsätzen versehen. Diese Zellform trifft man auch bei anderen Knochenfischen an. Meist aber sind die Zellen hier größer und nicht so einfach und durchsichtig ge- baut. Dies ist z. B. in sehr ausgesprochenem Maße der Fall bei den Chromatophoren mancher Kopfgegenden des Flussbarsches. Die Farb- zellen dieses Teleostiers sind groß, wenn auch abgeplattet, so doch von beträchtlicherer Dicke und daher meist wenig durchsichtig; auch ihre Gestalt ist unregelmäßig und durch das Vorhandensein oft vieler un- regelmäßiger Fortsätze ausgezeichnet. Die Pigmentzellen auf Taf. XXXIX, sowie die Abbildungen in Fig. 21, 22 und 23 auf Taf. XXXVII geben einen Überblick über diese Formen. Auch hier findet sich eine reiche Nervenverästelung an dem Zell- körper, doch sind die Nerven nur an günstigen dünnen Stellen sichtbar. Man überzeugt sich dann, dass es sich gleichfalls um dichotomische Theilungen handelt, die ein bisweilen sogar engmaschig erscheinendes Netzwerk vortäuschen können. Netzartige Verbindungen sind aber nicht auszuschließen. Meist ist auch hier ein gebogener, eirkulärer Ver- lauf der Hauptstämme, sowie auch der feineren Verästelungen, wenn auch nicht so ausgeprägt, wie bei dem Hecht, so doch in Andeutungen zu erkennen (vgl. die Abbildungen, besonders in Fig. 21 auf Tafel XXXVIM). Von diesen Verästelungen am Zellkörper gehen nun in die zahl- - reichen, oft dieken und unregelmäßigen Fortsätze radiär ausstrahlende Fibrillen ab, welche sich häufig dichotomisch noch mehrfach theilen und schließlich meist mit kleinen Endknöpfchen frei endigen. Es machte auf mich den Eindruck, dass diese Nervenfäden bei dem Barsch feiner und die Varicositäten kleiner und zierlicher sind, wie bei dem Hecht. Häufig kommt es vor, dass diese radiären Nerven oder ihre Äste quer von einem Fortsatze zu den benachbarten Fortsätzen hin- 702 Emil Ballowitz, übergehen. Die Zahl dieser peripheren Fortsatzfibrillen kann nun, je nach der Größe der Zellen und der Zahl ihrer Fortsätze, sehr ver- schieden sein. Ein Blick auf die Abbildungen, besonders der Taf. XXXIX, zeigt dies. Häufig sah ich, dass an einem diekeren Fortsatze mehrere (2—) Fortsatzfibrillen entlang liefen, die sich meist unmittelbar am Rande des Protoplasmas der Fortsätze, demselben dicht anliegend, be- fanden. Bisweilen, vor Allem an den größeren, unregelmäßigen, fort- satzreichen Zellen, ist die Zahl der radiären Fortsatzfibrillen ganz außerordentlich groß; ich zählte öfter an einer einzigen Zelle 30—A0—50 und mehr solcher von einer Zelle ausstrahlender feinster Nerven! In Fig. 21 sind zwei derartige Zellen aus der Kopfhaut des Barsches ab- gebildet. Das Pigment ist in beiden zu einer größeren, unregelmäßigen Masse zusammengezogen, an welcher die Fortsätze nur noch in Gestalt kurzer Protuberanzen angedeutet sind. Der Pigmentkörper, auf welchem in Folge seiner Undurchsichtigkeit die Nerven nicht zu erkennen sind, wird nun umgeben von einem dichten, ich möchte sagen: Nervenfilz, dessen Anordnung festzustellen unmöglich ist. Man sieht nur, beson- ders an der Zelle rechts, einen Theil der Fasern kranzförmig um die Zelle herum verlaufen. Von dieser Nervenmasse gehen nun äußerst zahlreiche feine, varicöse Fäden ab, die, meist zu lockeren Zügen ver- einigt, radiär ausstrahlen. Eine Anzahl dieser Fäden (in der Abbildung mit einem X bezeichnet) geht theils zu den benachbarten Nerven und Nervennetzen, theils als Kommunikationsfäden zu den Pigmentzellen der Nachbarschaft. Der größte Theil aber endigt frei und liegt im Protoplasma der großen Zellfortsätze, die bei Retraktion der Pigment- körnchen pigmentfrei geworden und daher nur am Verlauf ihrer ge- färbten Endfibrillen kenntlich sind. Diese Fortsätze und Fortsatz- fibrilien, eben so wie die Nervenmasse in der Nähe der Zelle, liegen bei diesen dicken Chromatophoren aber nicht alle in einer optischen Ebene. Es sind daher nicht alle Fibrillen bei einer Einstellung sicht- bar, vielmehr muss man bei starker Vergrößerung die Mikrometer- schraube sehr gebrauchen, um die zahlreichen Fädchenbüschel nach einander sichtbar zu machen. Da sich dies Verhältnis in der Zeichnung nicht wiedergeben lässt, sind hier, wie auch in den Abbildungen auf Taf. XXXIX und in Fig. 22 und 23, alle Nerven in eine Ebene projieirt und als bei einer und derselben Einstellung gleichzeitig sichtbar ge- zeichnet. Ähnliche Bilder erhielt ich bei dem Aal. Die Haut des Dorsches ist gleichfalls ein sehr günstiges Objekt, da die Zellen hier groß sind und sehr zahlreiche, relativ feine, lange Fortsätze entwickeln. Ich erhielt sehr hübsche Nervenfärbungen, welche Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 703 die Nervenverästelungen am Zellkörper und die zahlreichen peripheren Fortsatzfibrillen zeigten. Die letzteren sprangen oft mitten in ihrem Ver- laufe mit ihren Ästen von einem Fortsatz zu den benachbarten über. Der Nervenreichthum ist hier ähnlich groß wie bei dem Barsch. Weniger günstig schienen die Chromatophoren von Zoarces und Pleuronectes zu sein; besonders bei letzterer sind die dunklen Chro- matophoren klein, wenig durchsichtig und liegen auch zu dicht. Bei diesen kleinen Pigmentzellen scheinen auch die Innervationsverhält- nisse einfacher, die Verästelung der Endverzweigungen nicht so reich- lich zu sein. Bei Cottus scorpius erhielt ich nur sehr unvollkommene Färbung und scheint sich diese Species für die Gorer’sche Methode nicht zu eignen. Auch der Hering gab mir nur selten gute Bilder. Dies lag wohl hauptsächlich daran, dass ich die Thiere immer erst einige Stunden nach dem Tode erhalten konnte. Der Hering ist sonst ein sehr günstiges Objekt, da die zierlichen Chromatophoren mit ihren zahlreichen schma- len Ausläufern in der Kopfgegend nur vereinzelt liegen und leicht zu überblicken sind. Bei dem Hering gelang mir auch der Nachweis der motorischen Nervenfäden und ihrer reichen, mit Fortsatzfibrillen versehenen Ver- -ästelungen an den großen dunklen Pigmentzellen der Zunge. Aus Allem geht hervor, dass die Innervationsverhältnisse der Chromatophoren bei den Knochenfischen im Wesentlichen überall die gleichen sind, wie sie bei dem Hecht und Barsch eingehend von mir geschildert wurden, wenn auch die große Mannigfaltigkeit der Zell- formen unwesentliche Abweichungen bedingen muss. Dieser Nachweis der Chromatophorennerven, ihrer überaus reich verzweigten Nervenendigungen und ihrer gegenseitigen vielfachen Kommunikationen dürfte physiologischerseits sehr willkommen sein, weil mancher Versuch hierdurch erklärt wird, resp. in anderem Lichte erscheinen muss. Greifswald, im Juni 1893. Litteraturverzeichnis. 4. E. BarLowirz, Über die Bewegungserscheinungen der Pigmentzellen. Biologi- sches Centralblatt. 1893. 2. E. Brücke, Über den Farbenwechsel der Chamäleonen. Sitzungsber. der kaiserl. Akad. d. Wiss. zu Wien. 1851. Mathem.-naturw. Klasse. Bd. VII. p. 802. 704 Emil Ballowitz, 3. E. Brücke, Vergleichende Bemerkungen über Farben und Farbenwechsel bei den Cephalopoden und Chamäleonen. Ibidem. 1852. Bd. VIII. p. 196. 4. Derselbe, Vorlesungen über Physiologie. Bd. I. Wien 1881. p. 467. 5. Derselbe, Untersuchungen über den Farbenwechsel des afrikanischen Cha- 20. 21. 22. 23. 24, mäleons. Denkschriften d. Akad. d. Wissensch. zu Wien. Math.-naturw. Klasse. Bd. IV. 1852. p. 179. . W. BIEDERMANN, Über den Farbenwechsel der Frösche. Archiv f. die gesammte Physiologie. Bd. LI. 1892. p. 455. . Mıtne-EpwArps, Note sur les changements de couleur du Camel&eon. Annales des sciences naturelles. Serie 2. Tome I. Zoologie. Paris 1834. . Axmann, Beiträge zur mikroskopischen Anatomie und Physiologie des Ganglien- nervensystems. 4853, . Run. Vırcuow, Chromatophoren beim Frosch. Archiv für pathol. Anat. Bd. VI. 41854. p. 267. . LorHAr MEYER, Über die Abhängigkeit der Gefäße und der Pigmentzellen beim Frosch von dem Nerveneinfluss. Archiv für pathol. Anat. Bd. VI. 1854. p. 581. . v. Wırtich, Die grüne Farbe der Haut unserer Frösche; ihre physiologischen und pathologischen Veränderungen. Mürrer’s Archiv f. Anatomie. 1854. p- 4. . Jos. Lister, On the Cutaneous Pigmentary System of the Frog. Philos. Transact. of the Royal Society of London. Vol. CXLVIII. 1859. p. 627. . PoucaET, Sur les rapides changements de coloration provoques experimentale- ment chez les poissons. Compt. rend. Paris. Tome LXXIH. 4874. p. 866. . Derselbe, Du role des nerfs dans les changements de coloration des poissons. Journal de l’anatomie et de la physiologie. Huitieme annee. 4872. p. 71. . P. BErT, Sur le mecanisme et les causes des changements de couleur chez le Camel&eon. Gomptes rendus. Paris. Tome LXXXI. 1875. p. 938. . KRUKENBERG, Vergleichend-physiologische Studien zu Tunis, Mentoneu. Palermo. III. Abth. 4880. p. 23. Über die Mechanik des Farbenwechsels bei Cha- maeleon vulgaris Cuv. . Leypıg, Über die allgemeinen Bedeckungen der Amphibien. Archiv für mikr. Anat. Bd. XII. 4876. . A. Lone, Beiträge zur Anatomie und Physiologie des Farbenwechsels der Fische. Sitzungsber. der mathem.-physik. Klasse der kaiserl. Akad. der Wissen- schaften zu Wien. XCIX. Bd. Abth. III. 1894. p. 130. . S. EurmAnn, Beitrag zur Physiologie der Pigmentzellen nach Versuchen am Farbenwechsel der Amphibien. Archiv für Dermatologie und Syphilis. 24. Jahrgang. 1892. p. 519. J. STEINER, Die Funktionen des Centralnervensystems. I. Abth.: Untersuchungen über die Physiologie des Froschhirns. 4885. EUGEN STEInAcH, Über Farbenwechsel bei niederen Wirbelthieren, bedingt durch direkte Wirkung des Lichtes auf die Pigmentzellen. Centralbl. f. Physiol. vom 42. September 4891. Heft 12. Derselbe, Untersuchungen zur vergleichenden Physiologie der Iris. II. Mitthei- lung. Archiv f. die gesammte Physiologie. Bd. LII. 1892. p. 522 Anm. Levoig, Über die äußeren Bedeckungen der Reptilien u. Amphibien. Neue Bei- träge. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. IX. 1873. p. 751. Derselbe, Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier. Tübingen 1872, EEE Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. 705 25. S, Eurmann, Über Nervenendigungen in den Pigmentzellen der Froschhaut. Sitzungsber. der mathem.-naturw. Klasse der kaiserl. Akad. der Wissen- schaften zu Wien. Bd. LXXXIV, III. Abth. Jahrg. 4881. p. 465. 26. E. BarLowırz, Demonstration von Zeichnungen, welche die Innervation derjeni- gen Pigmentzellen beweisen, die als Chromatophoren bezeichnet werden und den Farbenwechsel in der Haut niederer Wirbelthiere verursachen. Greifswalder medic. Verein, Sitzung vom 44, März 4893. Deutsche medic. Wochenschr. Jahrg. 19. Nr. 22. p. 5341. Dasselbe, Münchner medic. Wochenschr. Jahrg. 40. Nr. 26. p. 540. 97. Derselbe, Die Innervation der Chromatophoren, mit Demonstration von Zeich- nungen und Präparaten. Verh. der anatom. Gesellschaft auf der 7. Ver- sammlung in Göttingen vom 24. bis 24. Mai 1893. p. 7A. 298. B. SoLGEr, Zur Kenntnis der Pigmentzellen. Anat. Anzeiger. VI. Jahrg. 1894. Nr. 6. p. 162. 29. Derselbe, Zur Struktur der Pigmentzelle. Zool. Anzeiger. Nr. 324. 4889. 30. Derselbe, Über Pigmenteinschlüsse in der Attraktionssphäre ruhender Chromato- phoren. Anat. Anzeiger. VI. Jahrg. 4891. Nr. 9 u. 40. p. 282. 31, Derselbe, Über pigmentirte Zellen und deren Centralmasse. Mittheilungen des naturwiss. Vereines von Neu-Vorpommern u. Rügen. 22. Jahrg. 4890. 32. FRANZ EILHARD SCHULZE, Freie Nervenenden in der Epidermis der Knochenfische. Sitzungsber. der physik.-mathem. Klasse der Königl. Akad. der Wissen- schaften zu Berlin. Sitzung vom 44. Februar 4892. 33, G, Rerzıus, Die sensiblen Nervenendigungen in der Haut des Petromyzon. Biol. Untersuchungen. Neue Folge. III. 1892. p. 37. Taf. XII. Erklärung der Abbildungen. In allen Figuren bedeutet an den Nerven und Nervenbündeln das X, dass hier die Nerven durchschnitten sind und weiter laufend gedacht werden müssen. An den Pigmentzellen der Figuren handelt es sich bei >< um abgeschnitten gedachte Nerven, welche entweder zu den Hauptnerven und den Nervennetzen oder als Kommunikationsfasern zu den benachbarten Chromatophoren hinzogen. Nur in den Übersichtsbildern in Fig. 43 auf Taf. XXXVI, Fig. 20 auf Taf. XXXVIII und auf Taf. XXXIX ist dies nicht angegeben, weil es hier schon ohne Weiteres ersicht- lich ist, welche Nerven durchschnitten sind und welche an den Zellen endigen. Die Fig. 1—12, 44—49, 294—23 sind nach Ölimmersion (Wınkeı 4/24) gezeich- net; Fig. 413, 20 und Taf. XXXIX stellen Übersichtsbilder bei schwachen Vergröße- rungen dar. Fig. 4—20 stammen aus der Kopfhaut des Hechtes, Fig. 24—23 und Taf. XXXIX aus denselben Regionen vom Flussbarsch. Färbung nach RAmöN y CAJAL, Bei der Herstellung der Abbildungen hat mich Herr cand. med. J. Anpers in liebens- würdigster Weise unterstützt. Tafel XXXV. Fig. ı—7. Pigmentkörper der Zelle schematisch gehalten, mit deutlicher Attraktionssphäre, davon ausgehender Pigmentstrahlung und mit sichtbaren Kern- feidern (nur in Fig. 7 war der Kern nicht deutlich). Die lappigen Enden der Fort- sätze sind hier und da etwas dunkler gezeichnet (z. B. in Fig. 2 und 7), zum Beweise, dass die Pigmentmasse noch nicht vollständig ausgebreitet war. Die oberflächlich gelegenen Nerven sind intensiv schwarz, die an der Unterfläche der Pigmentplatte Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd. 16 706 Emil Ballowitz, Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. befindlichen Verästelungen (in Fig. 3, 4 und 5) mit mattgrauer Farbe eingetragen. Dort, wo die verschieden gefärbten Nervenstämme zusammenstoßen (bei d, d’, d”), befinden sich die Stellen, an welchen der Zellkörper von dem Nerv durchbohrt wird, resp. von der einen Fläche der Zelle auf die andere übertritt. Alles Nähere siehe im Text. Fig. 8. Schematisch gehaltener Pigmentkörper, dessen Pigmentmasse zur ‘Hälfte etwa retrahirt ist, mit deutlicher Sphäre und Kernen. Netzförmige Verbin- dung zweier Nervenäste; Theilung eines Stammes in vier Nervenfäden. Tafel XXXVI. Fig. 9—44. Vollständig ausgezeichnete Chromatophoren mit eingetragenen Pigmentkörnchen und Pigmentstrahlung. In Fig. 40 die central gelegene Sphäre und zwei in der Nähe der Peripherie befindliche Kerne sichtbar. In den beiden Zellen der Fig. 9 sind Sphäre und Kerne nicht zu erkennen. In Fig. 41 ist die Attrak- 'tionssphäre im Centrum der Pigmentstrahlung noch gerade zu erkennen. Fig. 42. Pigmentzelle mit zum größten Theil centralwärts retrahirten Pig- mentkörnchen. Links ist eine unvollkommene Nervenfärbung eingetreten; rechts hat sich ein Theil der pigmentfrei gewordenen, sonst nicht sichtbaren Protoplasma- fortsätze der Zelle gefärbt; möglich, dass sich das Silbersalz auch noch in den Spalträumen niedergeschlagen hat, welche sich zwischen den Zellfortsätzen und den Wandungen der Gewebslücken, in welche die Zellen eingebettet sind, befinden. Fig. 13. Übersichtsbild, die zu den Chromatophoren, deren Pigment sich in den Zellen centralwärts zurückgezogen hat, ziehenden motorischen Nerven, die Nervennetze und die in der Nähe der Pigmentscheiben befindlichen Endver- zweigungen zeigend. Tafel XXXVII. Fig. 44—19. Chromatophoren mit retrahirtem Pigment, deren Nervenend- platten und Nervenkränze durch Retraktion des Pigmentes isolirt sichtbar gewor- den, gewissermaßen entblößt sind. In der mittleren Zelle der Fig. 44, ferner in Fig. 16, 47 und 49 ist die Attraktionssphäre noch als eine kleine, helle, centrale Stelle, einem Nadelstich ähnlich, in der dunklen Pigmentscheibe zu sehen. Das Nähere siehe im Text. Tafel XXXVIII. Fig. 20. Übersichtsbild, wie Fig. 43. Fig. 21—23. Unregelmäßige große Pigmentzellen vom Barsch. In Fig. 21 u. 22 ist das Pigment fast ganz retrahirt, in Fig. 23, besonders in der rechten Zelle, nur unvollständig. Sehr zahlreiche Fortsatzfibrillen; in der rechten Zelle der Fig. 23 lassen sich diese Fortsatzfibrillen in die zum Theil noch pigmenthaltigen unregel- mäßigen Fortsätze hinein verfolgen. In Fig. 23 zwei abgeschnittene Stücke stärke- rer Nervenbündel, von denen motorische Aste zu den Zellen abgehen. An der Zelle rechts gehen aus dem einen unterbrochen gezeichneten Nervenfaden, welcher die beiden größeren Zellen mit einander Bu unter Bildung einer Anschwellung vier Theiläste hervor. e Tafel XXXIX. Dickerer Flächenschnitt durch die Kopfhaut vom Barsch, den Nervenreich- thum der Haut und der Chromatophoren veranschaulichend. Übersichtsbild über die zum Theil durchtrennten Nervenbündel, die Nervennetze, die motorischen Äste der Zellen, die Nervenverzweigungen an den Zellen und die zahlreichen Fort- satzfibrillen. — Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. SERUAr IT oz wBA Funke, Leipzig. t TithAns a ET e I Il 3 Bemich WEL del. vn; [wiss.Zool, Bd. Me N Im "Teemermern Hem- - \ 1 a\ a HIOR SS RR x Bade; r FÜ) ‚Leipzig. Re) 5 rs = ie) E 5 2 ä = a ula Bag] a — nnnnnn—— F SCHE LITT ER ee "7 KuLT PEN ee Zu Ed, “ Zuitschrift f.wi85. Zoologie Bd.LVI ee | u, : ae PA hdrz Es härz Av x Glalb P schwdr 12. 6. mdepz pls ‚ddrz Dr epzn"“ Ko 4 ER: NIE 77 0pZ pam m Su Ip j depz" depz up depa., open! depz S dpapl. — depan! alı ylan r As t EN mdepz ‚edepz 13. 2 En. mdopz edepz! \ 3 | K N: %ı m mepa —— Gi, Be: Com.px Npp gt = SL: = u hkGrmff del, Verlag vWilh Engelmarn, Leipzig. Zeitschnft Swiss. Zoologie Bd. IV. glalb* Du S glalb? alalb! [670] Glalb Dy! Dy' ER PN ‚gl.alb® „lg. corz Dh Gl.alb = 25 2% EIG RE Come. 4 gl alb 54 gl.alb® d.gep ] g: Ps uD® C om.,p zn Verlag v Wih. Engelmann, Leipzig stz.- dran Comp. „Au me Taf: IV. Glh.a) Dhiag) 32% lem I DF . Sant D m /pg) N.d- N Dhiag) alalb Dy.fag) \ Atg(ag) = B p) T Be | A * # S a Ah Anst.v Werner &Wirter FrarkfirrtsM. | 24 Zeitschrift f wiss: Zoologie Ba.ıM. el albı. glall FR {ER "8 wo. f j B: R Bu et | * : ® IE | 48. fe fepz' fen mepz v 2) ah N Dt “rs KT I % Shmg all Verlag v Wilh. Engelmann, Zevpzig. Taf. WI. ER PERLE 67 { Lüh, Anst. u Werner & Winter Frankfurt ®M. Zeitschrift Ew135.£ oologıe ki Bd. AR BR 54. d glas; PEy galt 60. .d d „glalb 2 „tz! % PZN AUG BIER BT fl a E07} ul BF e > N Y " e \ € s = < Be 77777] zahl“ z— Dh a "Ih UlE: Züh. Anst.vWerner&Winten Frankfert ME Verlag v hl. Ergebnann, Leipzig. Jüh. Anst.v.Werner &Winten, Frankfurt ®M. Zeitschrift fw135. Zoologie Bd iM. A n W Repiachoff del BG Lich Anst vWerner Ainten, Frankfart#M, Taf. VII. Zi. Anst.v. Werner &Winter, Frankfurt @M. y$ & z.. ‘e) 2 N) N an — Se x = > S 2 NS "R Franze ad nat. del. a Taf. VI. Zeitschrifl wiss. Zoologie Ba.LVT. 4. 2: es De f } Verlag v Hilk, Engelmann, Leipzig. I I Zilk. Arst. Werner Winter, Frankfurt M. Zeüschrift f£miss. Zoologie Ba.LVI. | Taf.IX. gu | Figi Fig W A N N H En 4] 5 V NA | y I N B \ 5 \ V Figz# Fig.10.38 N I m A ve\ il 1 NY V V v Y v V va ıvı V | < << Fig.iy# Verlag v. Wilh.Engelmann in L eipzig, Tith.AnstvE.AFunke/Teipzig. x x Ei | 2 Ve , \f Ir en Fi et { 1 en NINE re DU IT I) Nee { 2057 == 5 rn u I RETTEN ge S900000000 00000000 0000ER © 000006000000000, 00 £schrift f. wiss. Zoologie Bd.LVT. Lith. AnstwE.AFunke ‚Leipzig: Zeitschrift f wiss. Zoologie Bd.LVI. f wiss. Zoologie Ba. 1VI ıft eutschr 7 2 55690009009 8000000000 000000900000000 oo = 590 oo N ‚Leipzig. ‚AFurke % 2 ne) 22 = ke} jr } = er wiss. Zoologie Da. IV. Eller a, hrıft £ wiss. Zoologie Ba. LVl. else © I ie ® INEFIML. ®. ey Or gm | | \ ö „eipz! N pi 5 2 Funke N Ä “EA ıthAnstrE AR ) S\ Lt Zeitschrift F wiss. Zoologie Da. LVh Fig. 42. gu, MEN. \ ‚Furike, Leipzig. stmEA L Ih Jei adnat. AWierzejski. ir Jeitschrift [. wiss. Zoologie Da. LVI. IE EM ID N Del adnar AWierzejski, Be he 147. Av. Dith. Anst.vWerneraWinter Frankfurt M. Verl laa wlh BE ng; Elm ran, an, L eip Zi La, Ca LSIELLDEIE Ta N)2 & De 7 2.1 2.1 72 N, d' ” € r 25 13d, dd,” nz pr y E Heymons d > | th. Anst.v.Werner aWinter, Frankfurt 3M, Zuitschrift f wiss. Zoologie BALM. r } Bi RER IC u han," Taf: XVI. F Ve m M. LEUSCHFIJE 7. NO oo AD Sch arareD-l ILL \ : \ = /i BIER: SW N Br 7 K Pe e: Zeitschrift £ wiss. Zoologie Bd. LI. Taf. XVI. _ MmeSs------ mm mw E Verlag v.Wilk. Engelmann, herpzig Lüh Anst.e Werner Nänten Frankhiert ei. ag 7 2 7, % Zeitschrift wiss. Zoologie Bd.LIT. Pe [" Se ») ‘5 EN AIR, .) > ar 1 RT Ch EB Taf. XV. ——— Ltth. Anst.vWerner a Winter Frankfurt*M. Zeitschrift K wiss. Zoologie Bd.LT. Verla y Wilk. Engelmann, Leipzig Bu Zeitschrift f wiss. “ Zeitschrift f wiss. Zoologte. Bd. IT. | CH Se KERZE: EHER Taf XIX, = ‚ Zeitschrift £ wiss. Zoologte Ba.LVI. Verlag « Wilk. Engelmarn, Jeipzig. Seeliger ges. a, : Taf.EXl. Dr4 Zeüschrift f wiss, Jith AnstvE.A Funke ‚Leipzir P Nicoglu et M.Heidenhain de Zeitschrift f wiss. Zoo logie B d i LVI. | ; TafcXKT. Pr — * — 2 e s rF ‘ezlag v Wilh.Engelmann m Leipzig. Te Er a e) | er Sec e Leipsig. nk: EAFu Anctr NSIVi th. ul _ 2 us Im WISS. ha den tM.Hei cognIe Ni Zeitschrift f. 57 Zeitschrift j. wiss. Zoologie Ba.LVI. PNiooghr at MHaıcı hhaindel Verlag y Wilh.Engelmann in Leipzig Zeitschrift f wiss. Zool 09 Taf XSÜI. Frtg.17. 2) Pl gl u et M. Heidenhain.del. Tith.AnstvE.A.Funke I eipzig‘ Zeitschrift f wiss. Z oologie Ba.LVT. tet M.Hondenhamdel. Zeitschrift Ewiss. Zoologie. Ba.hUT. T | NSteliger del. | | ewd.D.h. er BP: = een = ii = Be... Zeitschrift Kwiss. Zoologie. Ba. LM. a - Fibr. B.gen. Ent Schr B.gewd.Dih. {8 ® E 22 Bllae FibrB.gen: A - 7 Verlag eWilh Engelmorn, enzi, £ £ erlag Engelnarn, Inmzig Eh. AnstirMemmer &liözzer, Franklur IE “. a ae EN er ER 2: x : 5 - 4 Rx Lith. Anst. „Werner &Winter. Frankdurt®M. nr rg ET N, ig. > og I; aim & nr no:® r ee BT SE FT o “. ’ ug F wiss. Zoologie Bd.LVI. Zeitschrift f wiss. Zoologie Bd.LVI. === Man 2 7 Spess 17 E N ha $Vorderstuck — Verbindungs. ZEIAUNe R ‚stick = 5 Mi L m —Handkuden ler Wellen. , membran wert v,, 1400 -. N) ..® ® a Tr ve FR | L s in \ 7 € F e el NH 4 WIRFT 6° ro C, h Steuersaum. = — - > Endstück -— - % Rudolf Ack del E- Be NE “ eo a DIT 0 ei NT? © » 2 ar a 2 “ IN RESBEIEILITITTETETE un >$ Ss nn SE - = R S Verlagv Wilh.Engelmann in Leipzig, 2 Ötrusp. Rudolf Fick del Zeitschrift J. wiss. Zoologie Ba.LVI. m 7 VE Be ED =. ee & -T2 EB: ‘ 0 IMS LAT SR ns "2 00,0, 3 BUG (7) Fig. 46. $ ie ; S& je‘ KERLE Dur +8 e : HB 7 5 vr N 9° ea 2, Se ED a” & 20, ® "ES : AUS: RB | ‚Leipzig. Tith.AnstmE.A Funke Zeitschrüft fi wiss. Zoologie Bd.LVI. Fig. 40. Rudolf Fick del Th AnstrEA Funke Leprig, Verlag v. Wilh.Engelmann in Leipzig. Dur en eitschrift F wiss. Zoologie. Bd. LM. A a ZI | m Tat! XXAT. [yzP ? 7 N. 7 (6 al a“ Ba { } 2 Ve I = Nr MR BI. TAB EIE SEES f EU ET ED IS Te £ fi ne / 2I— = 23 DEE CH LEITEN DAR IF EI Inh Anst w Warner d Winter ErankfureM Icth. Anst. v Werner & Winter, Frankfurs?M Tat XXX. Zeitschrift wiss. Zoologie Bd.1V. & PL , ICH ‚Lak Aust. # Wirmer 4 Water Fraktur" Taf. XXX. N N 5, N N & UNS UN N OR RUN DL STNTÄNSL RN SN % N N RINEUNN \, ) a { VD m e u — > LI \ ir N PN U WR DD EAN 29. AS R FIIR SeFTZ z } AN 16 I = \) tn. A ur nl Jith. Änst.v Wern > st. Werner & Winter. Frankfirt EM. rs [il 14 Zeitschrift wiss. Zoologie Bd.LM. Ta EXKL. Mn ug IM 73 Fr - - = ee = | SG % REN | I En IS \ ) MR u, KL N INT DL Pi! SE Mi TV Sur KH Ih Aust w Wörner # Winter, Frankfart?M. Verlag wWilk. Engelmanz, Ieipzig ER San 2 Se Men Taf! XXXIV. 2 $ a | & FAN EN AR n D Pt 2% hr >= % N — Ir ai! ek Ener ' SEN in ä a Str Be Vorlaa wMWilh. Engelmann, IE Fed Zeitschrift ['wiss. Zoologıe. Bd. LVI. — Zeitschrift £ wiss. Zoologie. bad. LVl. Taf AMT. Verlag wWilk. Engelmianz, Zeipzig ki Ant w Wirnar « intar. Prankfürt IN. Zeitschrift £ wiss. Zoologue. Bd. LVI. Taf XXX. Lith. Änst.u Werner & Winter, Frankfurt ®M. 13. Taf XXI. Zeitschrift £ wiss. Zoologie. Bd, LVI. 23. Taf NAVI Zeitschrift Kwiss Zoologwe. Bd.LVI Lk Anst w Werner # Winter, Frankfurt? M Zeitschrift f wiss. Zoologie. Bd.LVI. ee a = E. Ballowitz et J. Anders delin. Verl.vWilh. Zeitschrift E'wiss. Zoologie. Bd.LVI. Wiztep Frarkfart men z Kir Asstırherner Beitschrift | WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universitätzu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen. Sechsundfünfzigster Band Erstes Heft. Mit 9 Tafeln und 5 Figuren im Text, LEIPZIG: Verlag von Wilhelm Engelmann 1893. Ausgegeben den 28. April 1893. Inhalt. Seite Anatomie von Caryophyllaeus mutabilis Rud. Ein Beitrag zur Kenntnis der 3 Cestoden. Von H. Will. (Mit Taf. I—-II und 2 Fig. im Text.) .. . 13 Zur feineren Anatomie von Rhodope Veranii Kölliker. Von L. Böhmig. (Mit "Taf. III—VI u. 3 Fig. im Text). .° . 22 22. 202 So 40 Zur Spermatologie der Turbellarien. Von W. Repiachoff. (Mit Taf. VIL) 117 Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. Von R. Kranze. {Mit Taf VIIL) ..... 222°. 02 Sonn. Se 138 Bemerkungen über die Gattung Apus. Von F. Braem. (Mit Taf. IX... 165 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung: liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis. Sollten mehr als 40 Separatabdrücke gewünscht werden, so erfolgt deren Anfertigung gegen Erstattung der Her- stellungskosten und unter der Voraussetzung, dass sie nicht für den Handel bestimmt sind. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Soeben erschien: Catalogus Hymenopterorum hucusque descriptorum systematicus et synonymicus Auetore Dr. GC. G. de Dalla Torre, Professore Oenipontano. Volumen VII: Formitidae (Heterogyna). u A Früher erschien: Volumen VI: Chrysididae (Tubulifera). er. 8. 10 yo Von weiteren Bänden befindet sich zunächst der II.: Cynipidae unter der Presse und wird demnächst erscheinen. i Ey wimeatl /YnurLlıınm | | Zeitschrift an 0 für WISSENSCHAFTLICHE ZVOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Källiker un Ernst Ehlers sitätzu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen. Sechsundfünfzigster Bandı m = Zweites Heft. Mit 9 Tafeln und 1 Figur im Text. LEIPZIG | . Verlag von Wilhelm Engelmann 1893. Ausgegeben den 30. Mai 1893. Inhalt. En Seite Untersuchungen über den Bau der Trematoden. (Monostomum trigono- cephalum Rud., reticulare van Ben., proteus Brandes.) Von E. Walter. @Mit Daf. X&—X II. und' tr Eis. am Text). 2.02.00. .2 Won Ne he) Neue Rotatorien des Süßwassers. Von A. Wierzejski und O. Zacharias. Mitar SID.) 2 2. 22er gr Re 236 Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella mediterranea Lam. Von R. Hey- emons. . (Mit Taf. XV—XVL) „4... En ei 2 245 Über den Zusammenhang von Markrohr und Chorda beim Amphioxus und ähnliche Verhältnisse bei Anneliden. Von B. Lwoff. (Mit Taf. XVIL) 299 Kritische Bemerkungen über die Systematik der Neomeniiden. Von H. Sim- POLL a A a N Rn une... .:. : 310 Über Entstehung und Bedeutung der in den Kernen vieler Protozoen und in Keimbläschen von Metazoen vorkommenden Binnenkörper (Nucleolen). Eine Theorie zur Erklärung der verschiedenartigen Gestalt dieser Ge- bilde, Von L..Bhumbler. (Mit Taf. XVIM.) ... . rs 328 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis. Sollten mehr als 40 Separatabdrücke gewünscht _ werden, so erfolgt deren Anfertigung gegen Erstattung der Her- stellungskosten und unter der Voraussetzung, dass sie nicht für den Handel bestimmt sind. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Soeben erschien: Grundzüge der physiologischen Psychologie Wilhelm Wundt Professor an der Universität zu Leipzig. Vierte, umgearbeitete Auflage. Erster Band. Mit 143 Holzschnitten. gr. 8. geh. 4 10.—; geb. (in Halbfranz) X 12.—. Der zweite (Schluss-)Band erscheint bestimmt Ende des Sommers d. J. Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE. ZOOLOGIE begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universitätzu Würzburg Professor a.d. Universität zu Göttingen. Sechsundfünfzigster Band Drittes Heft. Mit 8 Tafeln und 3 Figuren im Text. LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1395. Be Ausgegeben den 12. September 1893. Inhalt. Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der Aseidien. Von O. Seeliger. (Mit Taf. XIX—XX und 2 Figuren im Text). ... 865 Uber Doliolum denticulatum und eine neue dieser Art nahe verwandte Form . aus dem atlantischen Ocean. Von A. Borgert. (Mit 1 Figur im Text.) 402 Uber die Hautdrüsen der Amphibien. Von Ph. Nieoglu. (Mit Taf. XXI DIS BRDIIT NN. 22, a En ae 2 DE ei RE a Einige Beobachtungen über die Bildung des äußeren Mantels der Tunicaten. . Von O.'Seeliger. (Mit Tat XXIV).. ©... .. Serge 488 Uber Ophiopus arcticus (Ljungman), eine Ophiure mit rudimentären Bursae. Von Th. Mortensen. (Mit Taf. XXV und XXVI) Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers ın Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis. Sollten mehr als 40 Separatabdrücke gewünscht werden, so erfolgt deren Anfertigung gegen Erstattung "der Her- stellungskosten und unter der Voraussetzung, dass sie nicht für den Handel bestimmt sind. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Soeben erschien: Catalogus Hymenopterorum hucusque descriptorum systematicus et synonymicus Auctore Dr. GC. G. de Dalla Torre Professore Oenipontano. Volumen II: Cynipidae. er. 8. 16. Früher erschien: ; Volumen VI: Chrysididae (Tubulifera). gr. 8. 1892. 4 5.—. Volumen VI: Formieidae (Heterogyna). gr. 8. 1893. M: 13.—. Von weiteren Bänden befindet sich zunächst der I.: Tenthredinidae. UreZ 3 ceridae unter der Presse und wird Anfang 1894 erscheinen. k v 4 Zeitschr E° | = a _ WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universitätzu Würzburg Professor a.d. Universität zu Göttingen. Sechsundfünfzigster Band Viertes Heft. | | Mit 13 Tafeln. Le EN wer a a LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann | 1893. Ausgegeben den 1, November 1893. | Inhalt. Über die Reifung und Befruchtung des Axolotleies. Von R. Fick. mie Taselt XVII RN ET Rn NEE ... 9299 Beiträge zur feineren Anatomie des großen Hirms. Von8. Ramon y Gaidl BE I. Über die feinere Struktur des Nnmonkhöffes. (Mit Taf. XXXI—XXXIV, > Fig. 1—I6.).. 222 u a in AR a A 6153 II. Über den Bau der Rinde des unteren Hinterhauptslappens der kleinen 4 Säugethiere. (Mit Taf. NRXIV, Fig. 17—20).% 02.2 Re ee 664 Die Nervenendigungen der Pismentzellen, ein Beitrag zur Kennents des Zu- | sammenhanges der Endverzweigungen der Nerven mit dem Protoplasma E der Zellen. Von E. Ballowitz. (Mit Taf. XXXV—XXXIX). ... 6755 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers ° in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig ° eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und 7 sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung 4 der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der 7 Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für ° Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche ” Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis. Sollten mehr als 40 Separatabdrücke gewünscht werden, so erfolgt deren Anfertigung gegen Erstattung der Her- stellungskosten und unter der Voraussetzung, dass sie nicht für den Handel bestimmt sind. = Ergänzungsband zu „Brehms Tierleben“. = Soeben erscheint im Anschluß an das berühmte Werk: Die Schöpfung der Tierwelt. Von Dr. Wilh. Haacke. Mit 250 Abbildungen im Text und auf 19 Tafeln in Farbendruck und Holzschnitt nebst 1 Karte: von R. Koch, W. Kuhnert, G. Mützel u. a. 13 Lieferungen zu je 1 Mk. (60 Kr.) oder In Halbfranz gebunden zu 15 Mk. (9 Fl.). Prospekte kostenfrei. Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig und Wien. NO Baal ei Sir |) il! 4. | | $ " b, \ Ä 5, Fe er e, 14 er, * Theme N = u Ei u ua: Y = Er Diga A \ X [r I) | Be ri ER 2 FR NN %, Kir) Ei ‚nt Er H De 7 KR EN Ei N = f a Bde 37 es E wi FR N es Er NEE TER Faser ze] asel, NEBEN NERaL. FM \ f Mr E el en or NEN che ER 8 ae, "a, a. . 5 ug, u Ei ia 8 ( A ‚uh Bf ee Su = een i a I en, = a Ei RW ö N N en ae IN Mo a 2 De 1 „ w : Sr 4 aD an EN Sn RR Saar a | oe - I, Ih S A| Y I.) | \ : E N hell. il | ,) Be EN ER REEL SEC REN ER DEREN DR WERBEN NR VERS NOEERER LER SMITHSONIAN INST —_— - (im ‘ vo Pater Par" DR Ba “ PR ER Br ur Bu rar) f . . n $ : ’ ." b PROFI T BFTURN eh et ah 0 , ' vr ‚ vu D b SE Ä a DE ne oo wir“ steh va v ea ‘ E Bi BEFRUR z F u.ä ’ nt . DPrEr et ende ta E er r at Eeneieecvnteg Bing ri CHER 04 ca ‘ “4 ; enden) ten 1 0e ad PR HT VOTE EN Pararer) atwcı D Re 3 ö ‘ , Kent POP ES SEE SR RE Eu ar ur ve . o. f \ ’ f , ’ [ET WIE LWERERRRR ine wird D f ı 4 zeesvenrteg Par en! anna IH \ Äanenas une “ . f ‘ ki: Pe E . is“ FERN ‘ ' 6 1 f ; 2.4 PER 2°& ne « Fu) £ ‘ . . ' kur , PR U Sy Ber ur na ' ' u f i D LET ya Due IE Be Der RE | t . ' ‘ Krk ana PRO Par “ P er } g-. ’ fer ‘ a nr f ’ DIL ETKE Zen) ‘ .. her ar [er ‘ - ' r « Eur an ' D Ar [Te a Pe ET wwrrg wer der “ ‚ ö ’ e Dr “ ‘ . i 0.0 ,0.. #r ‘ : f N . \ F : ? Vu, ® sad Ken “ f FACE u Sa Vu | . ‘ ’ Pr Merian it u ‚ Pre er ... andhhisseis en .“ B Per ‘ and .. i ... r ’ .# Vaandsg th r f 2 “ i oo.‘ un.nlı “ f Par a Per) “ un ’ F E ’ ı : F “ 5 R » en De . j \ \ . H D \ \ ? ' ı. i ' ' Ti hkhlani 3 ie yey Ay yon N | v. ‚ ua senrb/ Pr x 5 F i ai R . un, ' i unbe h tar, de) i \ \ \ ie x ur i } FE HE u ‘ \ win j i B ‚ . ern i \ . r’4 5 v ’ MR, Ä \ ‘ b i t r un‘ vd ’ ® A ’ ‘ t ’ ’ vr‘ » s D n . R N) . vo‘ » a 0 Er i D PR ‚ u ö D Pan} vi \u3 \ [3 “nr i PR R ‚ i ö i j