u nn ne EA a a nn Te EM a en nn 5 nn Yrte 2 : ’ Tone . PAR BalAgeSEh he re Di .r m a a a en nen ie Du A num ren Br = h ae Be . a ne ee er un nn - = nr 2 A ee ee ne BE ES nt nn a En A En ee nn Ba nr TEL De N Den ne a8. 5 er ta un Pr Te e ee N Mn Pe m nn nn nn ELEND A rn en EEE N EA enden n- - - w .r ern a u a a WI Te nn Kara en EEE mn Zn me a Be TAT nr an Din ee Nat eg en ee ze nn ne A nn nn ee * . ! y h 1 & rw . bi Ban - Ei ee Spree A sen damen een x rn ad EL EEE nn ae ehr Rp N ] How we En en — a N FR Se Te nee Ei ab eh Ernten TE ER En ee a re RU ae se np mg ng s - .. unaedmset I. ® .— . . i N . Ana er en re dan 1 ee a ee ee a en A ET en a eig . . Ah a w rn en 5 A nn an A Stk Beth, nn a nn eh A a nn er - he ne an en aan A ne en het ee na . ME rn an en -— in wei ve en an ee nn re en ee er nn Te HE eh a a ENTE De u ET nn ren ur A WO Antan de Ban u f ee ar De Mike wg ni ne en er TE DT an nn ne nl nenn = » en u - > M . : . An nn Din ET el u, nr z mens. nn > an nt. eye 2. > 4 a. “, he P . ’ y . . . 5 $, A eh eedureng se ® . er gr rer An 3i er AB Ber ‘ I SERES Ep I. Zeitschrift RÜrT WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen. Siebenundfüunfzigster Band Mit 32 Tafeln und 23 Figuren im Text. PER: LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1894, 540,543 zu Inhalt des siebenundfünfzigsten Bandes. UNI Erstes Heft. Ausgegeben den 12. December 1893. Beiträge zur Kenntnis des Baues der en Von R, Hesse. (Mit Mar E,)-. ee a U ER ae Myxotheca arenilega nov. gen. nov. Sn Ein neuer mariner en: Von F, Schaudinn. (Mit Taf. II.) .. x he: Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der ae Von W. Schewiakoff. (Mit Taf. III). TE NEN SE Beiträge zur Kenntnis ausländischer Regenwürmer. Von H. Ude. (Mit Fat:-1V.) RR NE A Die Entwicklung und en Bad a Wirbelsäule der Eanaiden! Fünfte Abhandlung über die Entwicklung der Wirbelsäule. Von C. Hasse. Ort Tas. VW. u. VI). a Beiträge zur Kenntnis a ee von Paare naculdet Hol O0. vom Rath. TI. Theil. Die Reduktionsfrage. (Mit Taf. VII). Dasselbe. II. Theil. Die Bedeutung der Amitose in Sexualzellen und ihr Vorkommen im Genitalapparat von Salamandra maculosa. (Mit Fa Vuru; IX). Notiz über die Nebenhöhle des sungen, von een Bencafns L. Von B. Solger. (Mit 4 Textfigur.) . Zweites Heft. Ausgegeben den 31. December 1893. Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Clprd. Mecz. Von F. Braem. (Mit Taf. X u. XL) e ein, Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. und die alstroehen Kalsen eines anderen Anneliden (Harpochaeta cingulata nov. gen., nov. spec.). Von E. Korschelt. (Mit Taf. XII—XV u. 6 Mes hnren) Die Entwicklung der Wirbelsäule der Cyclostomen. Sechste Abhandlung er die Entwicklung der Wirbelsäule. Von C. Hasse. (Mit Taf. XVIL.). . Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. Von F. Urech. I. Zur Kenntnis der Farbe der Lepidopterenschuppen II. Zur Kenntnis der Farbe von Käferschuppen . Seite 4 18 32 57 76 97 186 IV Drittes Heft. Ausgegeben den 17. April 1894. Der Klappenapparat in den Exkretionsgefäßen der Tänien. Von E. Köhler. (Mit Taf. XVII—XVII u. 2 Fig. im Text.) . a Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Some Von A. Brauer. (Mit Taf. XIX—XX u. 6 Fig. im Text.) . : N Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Von L. Rhumbler. II. Saccam- mina sphaerica M. Sars. Erster Theil. (Mit Taf. XXI—-XXIV. . Viertes Heft. Ausgegeben den 8. Mai 1894. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Von L. Rhumbler. II. Saccam- mina sphaerica M. Sars. Zweiter Theil. (Mit Taf. XXV.). Ein in Saccamminagehäusen vorkommender Myxomycet. Von W. Zopf. (Mit 2 Fig. im Text.) Anatomische Studien über das ninnlace Gemilaleyitern ar onen. Von K. Escherich. (Mit Taf. XXVI u. 3 Fig. im Text.) ; Organogenie der Gordiiden. (Zugleich ein Beitrag zur Kenntnis der Meta- morphose und Biologie der Zelle.) Von F. Vejdovsky. (Mit Taf. XXVII—-XXX u. 3 Fig. im Text.). Zur Anatomie und Entwicklung der Cucumaria eiäcialis ungen: Von Th. Mortensen. (Mit Taf. XXXI u. XXXIL). — ,.0..20 — Seite 987 618 Beiträge zur Kenntnis des Baues der Enchytraeiden. Von Dr. Richard Hesse, II. Assistent am Zool. Institut in Tübingen. (Aus dem Zoologischen Institut zu Tübingen.) Mit Tafel I. Bei meinem Aufenthalte in Neapel im März und April 1893 fand ich dort zwei Arten von Strandenchytraeiden, die mir Veranlassung gaben zur eingehenderen Beschäftigung mit der Anatomie und Histo- logie dieser Wurmfamilie. Zur Vergleichung untersuchte ich einen unserer heimischen Enchytraeiden, Fridericia Ratzelü Eisen, welcher mir werthvolle Resultate lieferte. Meine Untersuchungen beziehen sich in der Hauptsache auf die Muskulatur; ferner auf die sog. Septaldrüsen und ihre Ausmündungsweise, auf die Drüsen der auf die Geschlechts- segmente folgenden Segmente und auf die Blutgefäße des Darmes. Da ich im Folgenden öfters auf die beiden in Neapel gefundenen Enchytraeiden Bezug nehmen muss, beginne ich mit der Beschreibung derselben. Sie sina beide neu, und zwar ist der eine in eine neue Gattung einzureihen, der andere gehört der Gattung Pachydrilus an, wie sie durc': MıcHAELSEN (8) in seiner Synopsis der Enchytraeiden festgelegt ist. Parenchytraeusn. gen. Für diese Gattung charakteristisch ist die eigsnartige Beschaffenheit des Gefäßsystems (Fig. 1), welches von dem bei allen anderen Enchytraeiden gleichmäßig vorhandenen ab- weicht. Während hei diesen das Rückengefäß bis in das erste Körper- segment ungetheilt verläuft und seine beiden Äste sich von der hier gelegenen Theilungsstelle gleich zur Bauchseite und alsbald rückwärts wenden, theilt sich dasselbe bei dieser Gattung schon wenig vor dem zweiten Borstenpaare, die beiden Äste verlaufen bis in die Höhe des ersten Borstenpaares nach vorn, biegen da nach der Bauchseite um, verlaufen auf dieser nach hinten, und vereinigen sich wieder zwischen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Ba. A 2 Richard Hesse, BEN ‚dem zweiten und dritten Borstenpaare. Das Rückengefäß ist mit dem Bauchgefäß durch drei Gefäßschlingenpaare verbunden, deren erstes dicht hinter der Theilungsstelle des Rückengefäßes von diesem abgeht. Die Vergleichung der.Fig. I und 11 lässt am besten die Besonderheiten der Gefäßanordnung bei dieser Gattung hervortreten. Im Übrigen hat die Gattung folgende Merkmale: die Borsten sind gerade, mit schwach hakenförmiger Umbiegung am inneren Ende {Fig. 3); ein Kopfporus ist vorhanden und liegt an der Grenze zwischen Kopflappen und erstem Segmente; Rückenporen fehlen; die Lage der Geschlechtsorgane ist die für die Familie gewöhnliche: Hoden im 414., Eierstöcke im 12. Segmente: die Hoden und Eierstöcke sind einfach, massig; das Blut ist farblos. Parenchytraeuslitteratusn.sp. Die Länge des Thieres be- trägt 10—11 mm, seine Dicke 0,25 mm; die Zahl der Segmente ist 40 bis 45. Die Farbe ist weißlich. Die Cuticula zeigt unter dem Mikro- skop eine Zeichnung, welche entfernt an arabische Schriftzeichen er- innert (Fig. 2a); ich habe danach den Namen der Art gewählt; auf dem Gürtel tritt dagegen eine Fleckenzeichnung (Fig. 25) auf, wie bei den Pachydrilen am ganzen Körper, welche ihren Grund darin hat, dass die Hautdrüsen das Licht anders brechen als die übrige Körperbedeckung. Der Kopflappen trägt zahlreiche Papillen; das erste Körpersegment ist von zwei Ringen solcher Papillen umgeben, welche, von einander wenig entfernt, die Mitte des Segmentes umgürten. Die Körperchen der Leibeshöhle sind nur von einer Art: elliptische Scheiben mit einem stark lichtbrechenden Kern in der Mitte (Fig. #4). Die Speiseröhre geht in den Magendarm allmählich über. Die Septaldrüsen sind in drei Paaren vorhanden, welche im 4., 5. und 6. Segmente liegen. Speichel- drüsen fehlen. Die Samentrichter sind cylindrisch, vorn verschmälert, ohne umgeschlagenen Rand (Fig. 6); das Verhältnis ihrer Länge zur Breite ist 1,9: 4. Der Samenleiter ist wenig mehr als dreimal so lang wie der Trichter. Die Spitze des Penis ist mit kleinen Papillen der Cuticula besetzt (Fig. 7). Die Receptacula seminis sind ovale Säcke mit deutlichem, nicht scharf abgesetztem Ausführungsgang (Fig. 8): die Öff- nung, durch die sie mit dem Darme in Verbindung stehen, ist sehr weit (Fig. 9). Die Segmentalorgane (Fig. 10) haben ein kleines Anteseptale und ein massiges Postseptale. Das Rückengefäß entspringt Ende des 13. oder Anfang des 14. Segmentes aus dem Darmsinus. Das Gehirn ist hinten stark, vorn ganz seicht ausgeschnitten (Fig. 5); seine Länge verhält sich zur Breite wie 1,4:4. Die Copulationsdrüsen, Eısex’s »flügelartige Wucherungen des Bauchstranges«, finden sich in den Seg- menten 4, 5 (in diesem nur schwach), 13 und 1. Ich fand die Thiere in Neapel am Molo des Mergellinahafens, auf Beiträge zur Kenntnis des Baues der Enchytraeiden. 3 der Unterseite mittelgroßer, im Bereich der Wellen liegender Steine. Sie wurden im April gesammelt und waren zu dieser Zeit alle ge- schlechtsreif. Pachydrilus litoreus n. sp. Die Länge des ausgestreckten Thieres beträgt 17 mm; die Zahl der Segmente ist etwa 40. Die Fär- bung ist vor dem Clitellum hell, durchscheinend; das Rückengefäß ist oft als rother Streifen sichtbar; hinter dem Glitellum ist die Farbe hell- rothbraun bis rotb. Die Drüsen der Subeuticula sind hell. Die Borsten sind typische Pachydrilusborsten, und zwar stehen sie in den dorsalen Bündeln zu fünf bis sechs, in den ventralen zu sechs bis zehn. Der Kopfporus liegt an der Grenze zwischen Kopflappen und erstem Seg- ment; Rückenporen fehlen. Die Körperchen der Leibeshöhlenflüssig- keit (Fig. 12) sind länglich, wie bei Pachydrilus lineatus O. F. Müll. Die Lage der Geschlechtsorgane ist die gewöhnliche; Hoden und Eierstöcke sind gelappt (»multiples« Crararkpe). Der Samentrichter (Fig. 14) ist fast cylindrisch, nach hinten etwas verschmälert, vorn mit umgeschla- genem Rande. Das Verhältnis seiner Länge zur Breite ist 2!/,:1. Der Samenleiter ist etwa viermal so lang als der Samentrichter. Die Receptacula seminis (Fig. 15) haben keinen deutlich abgesetzten Aus- führungsgang, und sind denen von Pachydrilus lineatus ähnlich; sie kommunieiren mit dem Darme; ihre Färbung ist im lebenden Thiere hellrothbraun. Die Segmentalorgane (Fig. 16) haben ein kleines röhren- förmiges Anteseptale und ein massiges Postseptale, an dessen Ende der Ausführungsgang entspringt, der vor den ventralen Borstenbündeln mündet; der vordere Theil des Postseptale ist am lebenden Thiere röthlich gefärbt. Das Blutgefäßsystem (Fig. 11) gleicht dem der anderen Pachydrilen in der Anordnung. Die vier Gefäßschlingen, welche Rücken- und Bauchgefäß mit einander verbinden, sind ziemlich lang. Das Rückengefäß entspringt aus dem Darmsinus im Anfang oder der Mitte des 14. Segmentes mit herzartiger Erweiterung, die sich bis ins 12. Segment erstreckt. Das Gehirn (Fig. 13) ist hinten stark, vorn ganz wenig ausgeschnitten; seine Länge verhält sich zur Breite wie 1,27 :1. Die Copulationsdrüsen (»Bauchstrangwucherungen« Eısen’s) (Fig. 28) überwachsen die Oberseite des Bauchstranges nicht; sie finden sich im 13., 14. und 15. Segment. Diese Art fand ich am Gestade unterhalb des Posilipp, östlich von dem der Insel Nisida gegenüberliegenden Landungsplatz, am unteren Rande größerer, im Gebiete des Wassers liegender Steine, in großer Menge. Im April waren alle Thiere geschlechtsreif. Die Muskulatur der Enchytraeiden, der wir uns zunächst zuwenden wollen, wurde zuerst von Rarzer (1) genauer untersucht. 4* A 2 Richard Hesse, Von ihm stammt die Eintheilung der Muskeln in nematoide Muskeln, Hirudineenmuskeln und einfache Muskelfasern. Bei den Enchytraeiden findet er die beiden ersteren Arten, und zwar die nematoiden Muskeln in der inneren Lage der Längsmuskelschicht, die Hirudineenmuskeln in der äußeren Lage der Längs- und in der Ringmuskelschicht; dass die Längsmuskelschicht aus einer doppelten Lage von Muskeln bestehe, ist auch zuerst von ihm gefunden worden. VEDovskY in seiner Mono- graphie der Enchytraeiden erwähnt die Rırzer’schen Angaben; doch lässt er von ihnen nur gelten, dass die Muskeln der Längsschicht sehr an die der polymyaren Nematoden erinnern; die übrigen Angaben bestreitet er. In seinem » System und Morphologie der Oligochaeten « (5) giebt er, entgegen seiner früheren Behauptung, zu, dass die Ringmuskelschicht aus Röhrenmuskeln zusammengesetzt sei; doch hält er daran fest, dass die Längsmuskulatur einschichtig sei; in histologischer Beziehung findet er die Längsmuskelschicht ganz abweichend von den Röhrenmuskeln der Ringmuskellage gebaut. Zwischen Ring- und Längsmuskulatur liegt nach ihm eine Basalmembran. Roupe (6) hat die Muskulatur von Enchy- traeus nicht selbst untersucht und bezieht sich hierin nur auf Rarzer’s Angaben. MicuAzLsen (7) in seiner eingehenden Arbeit über Enchy- traeus Möbii bespricht auch die Muskulatur genauer. Nach ihm besteht die Ringmuskelschicht aus röhrenförmigen Muskeln; er beschreibt die keilförmig zugespitzten Kanten, mit denen die Muskeln dieser Schicht in die Hypodermis eindringen, und die Störung der Einschichtigkeit, welche durch die Auflagerung einzelner Muskelfasern auf die eine Schicht öfters bewirkt wird. In der Längsmuskelschicht findet er zwei Arten von Muskeln: die äußere Lage besteht aus schmal bandförmigen bis fadenförmigen, unregelmäßig gelagerten Muskeln, die innere aus breit bandförmigen Muskeln, die sich die Breitseiten zukehren. Bei Enchytraeus hegemon trifft er die äußere Lage aus deutlichen Hirudi- neenmuskeln bestehend; so bildet er sie auch ab in seiner Synopsis der Enchytraeiden (10). Weiter bespricht er die zwischen Peritoneum und Muskelschicht liegenden Zellen, die er mit Kürentuar als Wanderzellen betrachtet, welche den Muskeln Nahrung zuführen sollen. Ich beginne mit der Besprechung der Ringmuskelschicht. Sie liegt dicht unter der Hypodermis und besteht aus Zellen, die von allen angeführten Autoren als röhrig beschrieben, also dem Hirudineentypus Rarzer’s zugetheilt werden. Doch kann ich nach meinen Befunden an Längsschnitten durch den Wurm, wobei also die Ringmuskulatur quer- geschnitten wird, mich nicht mit dieser Ansicht einverstanden erklären. Ich beziehe mich in den folgenden Ausführungen hauptsächlich auf Fridericia Ratzeli. Am klarsten und größten sind die Ringmuskel- beiträge zur Kenntnis des Baues der Enchytraeiden, h) querscehnitte im Vorderende des Thieres, besonders in der unteren Hälfte des I. Segmentes, welche man als Unterlippe bezeichnen kann. Fig. 20 zeigt uns einen Medianschnitt durch diesen Theil. Die Quer- schnitte der Muskelzellen sind hier meist rechteckig, fast quadratisch; man kann eine stark ausgebildete Marksubstanz von einer äußeren Rindensubstanz unterscheiden. Letztere ist im Vergleich zur ersteren nur dünn; sie zeigt deutlich eine radiäre Streifung, welche auf eine Zusammensetzung aus radiär angeordneten Fibrillen hinweist, wie dies Ronpe (6) für die meisten Oligochaeten nachgewiesen hat. Bei einer Anzahl der von dem Schnitte getroffenen Muskelzellen wird die Mark- substanz von der Rindenschicht nicht vollkommen umschlossen, son- dern es bleibt in dieser eine Spalte, durch welche die Marksubstanz etwas heraustritt. Die Ringmuskelzellen in den Körperringen, welche vom 2. nach hinten gelegen sind, haben ein etwas anderes Aussehen. Auch hier sind Mark- und Rindensubstanz deutlich geschieden; die Rindensubstanz schließt bei vielen nicht vollkommen zusammen, son- dern klafft nach der Mitte des Thieres zu aus einander, oft ziemlich weit; sie ist peripherisch am dieksten und nimmt an den nach der Mitte zu gerichteten Rändern der Muskelzelle allmählich an Dicke ab; der Zerfall in radiäre Lamellen ist sehr deutlich. Die Querschnitte dieser Muskeln sind von einer besonderen Form, welche MicnAELsen (7) be- schreibt und abbildet; sie sind nämlich nach der Peripherie zu nicht breit, sondern mehr oder weniger keilförmig zugespitzt, unter einem Winkel von ungefähr 90°. Ich habe zunächst vergeblich nach einem Kern gesucht, der zu diesen Ringmuskelzellen gehören könnte. In der von der kontraktilen Rinde umgebenen Marksubstanz hat schon Vzpovsky (5) keinen Kern entdecken können. Plasmafortsätze der Marksubstanz fand ich nicht, trotz des überall beobachteten Klaffens der Rindenschicht. Endlich brachte mir eine Serie horizontaler Längsschnitte durch Fridericia die gewünschte Aufklärung. Die Schnitte, welche durch die von SEmPeEr (2) sogenannte Seitenlinie gingen, zeigten nämlich die deutlichsten Quer- schnitte nematoider Muskelzellen, wie ich es auf Fig. 21 « dargestellt habe: die Marksubstanz tritt hier durch die Lücke in der kontraktilen Substanz mittels eines Fortsatzes hindurch, und in diesem Fortsatz liegt der große, mit Kernkörperchen versehene Kern der Muskelzelle; nach der Körpermitte zu verbreitern sich die Fortsätze etwas, und werden vom Peritoneum überzogen. Auch auf Querschnitten durch das Thier fand ich jetzt aufs deutlichste die Zugehörigkeit dieser mit Kern versehenen Protoplasmamassen, welche die »Seitenlinie« bilden, zu den Ringmuskelzellen, wie es auf Fig. 21 b, c und d dargestellt ist. 6 Richard Hesse, Untersuchungen an Nais elinguis haben mir gezeigt, dass dort die »Seitenlinie« ganz derjenigen der Enchytraeiden entspricht. Auf Quer- schnitten sieht man, dass die »Seitenlinie« im vorderen Körperende in ihrer Breite durch zwei oder drei, bei Nais durch noch mehr Markfort- sätze der Muskelzellen gebildet wird; weiter nach hinten nimmt mit der Ausbildung der Ringmuskulatur auch die Breite der Seitenlinie ab, die hier nur noch aus einem solchen Fortsatz besteht. Die Zellen der Ringmuskulatur sind also nematoide Mukelzellen, deren mit den Kernen versehene Proto- plasmafortsätze in zwei Längslinien liegen; diese Längs- linien verlaufen etwain der Mitte zwischen der dorsalen und ventralen Borstenlinie und wurden von Semper (2) als Seitenlinien benannt. Dies habe ich für Nais und Fridericia nach- gewiesen; es ist kaum zweifelhaft, dass die Seitenlinien, wo sie sonst bei Oligochaeten vorkommen, die gleiche Beschaffenheit haben wie hier. Semper (2) sah bei der Knospung der Naiden in der Gegend dieser Seitenlinien die sogenannten Sinnesplatten aus der Epidermis ent- springen, von denen aus das obere Schlundganglion und ein Theil der Kommissuren des durch Knospung entstehenden Thieres gebildet wird; er glaubt desshalb auch in den Seitenlinien, welche in der Verlänge- rung der Ursprungsstelle dieser Sinnesplatten liegen, ein zu dem Nervensystem in Beziehung stehendes Organ zu sehen, und erwägt eine mögliche Homologisirung derselben mit den Seitenlinien der Fische. VEIDoVsKY (5) bespricht die Seitenlinien als Ganglienzellstränge in einem längeren Abschnitt; MichazLsen (7) fasst sie ebenfalls im Semper’schen Sinne und beschreibt unter den sie zusammensetzenden Zellen solche vom Aussehen multipolarer Ganglienzellen; ich konnte dergleichen nicht entdecken. Schon Bürscauı (3) aber wendet gegen Semper’s Auf- fassung mit Recht ein, dass das, »was bei den Anneliden als Seitenlinie bezeichnet wird, nichts weiter ist als Unterbrechungen der Längs- muskelschicht, aber keine besonderen Organe« und dass diese Unter- brechungen »meist ihre Bedeutung darin finden, dass sie die Zwischen- lagerung innerer Organe gestatten«, z. B. der Borstentaschen. Meine Beobachtung bestätigt dies vollkommen; es sind hier die Protoplasma- fortsätze mit den Kernen der nematoiden Ringmuskelzellen zwischen die Längsmuskulatur eingelagert. Auch in dem ersten Segment und dem Kopflappen, wo die Längsmuskulatur weniger stark entwickelt ist, lässt sich die Seitenlinie deutlich verfolgen. Damit ist natürlich die von SENPER versuchte Homologisirung unmöglich. In der »Unterlippe« liegen die Ringmuskelzellen in einer Lage neben einander (Fig. 20); schon im 2. Segment jedoch ist die Gruppi- Beiträge zur Kenntnis des Baues der Enchytraeiden. 7 rung eine andere (Fig. 21): es erheben sich einzelne Muskelzellen, etwa je die dritte oder vierte, nach außen zu über die Linie der an- deren, wie wenn sie von diesen herausgedrängt wären; so bilden die äußeren Kontouren des Ringmuskulaturquerschnittes eine Schlangen- linie, durch deren Erhebungen die Hypodermis in Abtheilungen getheilt wird, wie das MicHaeLsen (7) beschreibt und abbildet!. Ich gehe jetzt zur Betrachtung der Längsmuskulatur über. Die klarsten Bilder giebt wiederum Fridericia Ratzelii, bei welcher die Bestandtheile der Muskulatur am größten sind. Wir haben hier zwei vollkommen deutlich geschiedene Lagen von Längsmuskulatur (Fig. 17), wie sie MicHAELsen (7) von Enchytraeus hegemon beschreibt und in seinem zusammenfassenden Werke (10) abbildet. Die äußere Lage der Längsmuskelzellen ist in den vorder- sten Körpersegmenten so hoch wie die innere, in den weiter hinten gelegenen bedeutend niedriger als diese. Der Unterschied in den ver- schiedenen Körpergegenden ist außerordentlich, so groß, dass die Dicke der äußeren Längsmuskellage im 2. Segmente 16 u misst, im 12. Seg- mente, bei derselben Schnittserie gemessen, nur 2,5 u, also kaum '/, der Dicke, die sie im 2. Segment hat. Die Zellen zeigen (Fig. 17) in den ersten Segmenten einen dreieckigen oder viereckigen Querschnitt; die Breite steht hier nur wenig hinter der Höhe zurück; die innere Marksubstanz ist von der äußeren Rindensubstanz aufs klarste geschie- den. Die Rindensubstanz zeigt, wie bei den Zellen der Ringmuskulatur, radiäre Streifung. Auf den meisten Querschnitten sieht man das Mark von der Rindenschicht vollkommen umschlossen, auf anderen aber bleibt nach der Körpermitte zu eine Lücke in der Rindensubstanz, und weiter beobachtet man bei einigen Querschnitten, dass durch diese Lücke ein schmaler Strang der Marksubstanz heraustritt (Fig. 17 pf); derselbe geht zwischen den Zellen der inneren Längsmuskellage hin- durch, verbreitert sich jenseits seines Durchtrittes und enthält hier einen großen, mit einem Kernkörperchen versehenen Kern. Wir haben hier also keine Hirudineenmuskeln, auf welche jene Querschnitte zu deuten scheinen, bei denen die Rindensubstanz das Mark vollkommen umschließt. Vielmehr tritt ganz wie bei den polymyaren Nematoden das Zellplasma aus der Hülle der Rindensubstanz heraus und trägt in diesem außerhalb gelegenen Theile den Kern. Unsere Muskelzellen unterscheiden sich von jenen nur dadurch, dass die Lücke in der ! Bei Tubifex rivulorum ist die histologische Beschaffenheit der Ringmusku- latur die gleiche wie bei den Enchytraeiden; doch sind die Zellen in einer Schicht neben einander geordnet. Die Ringmuskelzellen des 4. Segmentes sind denen der folgenden Segmente an Größe nicht überlegen. 8. | Richard Hesse, Rindensubstanz sehr klein ist; dem entsprechend ist der austretende Plasmastrang hier sehr dünn. Doch auch bei den Nematoden schließt an den Enden der Muskelzellen die Rindenschicht über dem Mark ganz zusammen, so dass sie auf Querschnitten letzteres rings umgiebt; bei den Enchytraeiden ist dies Zusammenschließen nur viel weiter ausge- dehnt; das Prineip aber ist bei beiden das gleiche. Hierdurch erklärt sich, warum in diesen angeblichen Hirudineenmuskelzellen keine Kerne gefunden werden konnten. Man kann also das Urtheil, eine Muskel- zelle gehöre dem Hirudineentypus an, nur dann mit vollkommener Sicherheit fällen, wenn man auf einem Querschnitte die Marksubstanz von der Rindenschicht vollständig umgeben und in letzterer den Kern gelagert findet. Da dies nicht beachtet wurde, sind bisher die Elemente der äußeren Längsmuskelschicht der Enchytraeiden fälschlich für Hirudineenmuskeln angesehen worden, so von RATzEL und MiCHAELSENn. In den weiter hinten gelegenen Segmenten ist die Entwicklung der äußeren Längsmuskellage, wie schon erwähnt, viel geringer; die einzelnen Muskelzellen haben hier zwar die gleiche Breite, wie in den vorderen Segmenten; doch sind sie in radiärer Richtung so zusammen- gedrückt, dass ihre Marksubstanz kaum noch zu erkennen ist und sie zu Ratzer’s »einfachen Muskelfasern« zu gehören scheinen. Doch ist guter Grund vorhanden zu der Annahme, dass die Natur der Muskel- zellen dieser Lage in der ganzen Ausdehnung des Wurmes die gleiche ist, dass sie also durchaus dem nematoiden Typus angehören. Bei Pachydrilus litoreus ist die Ausbildung der äußeren Längs- muskellage geringer als bei Fridericia, auch in den vordersten Segmen- ten; doch kann man in letzteren auf Querschnitten die Marksubstanz eben so wie das Klaffen der Rindensubstanz deutlich erkennen; weiter nach hinten jedoch wird die Schicht viel undeutlicher, und das Bild, welches die Längsmuskulatur hier auf Querschnitten bietet, nähert sich dem, welches ich bei Parenchytraeus gefunden habe und weiter unten besprechen werde. Auch die innere Lage der Längsmuskulatur besteht aus nematoiden Muskelzellen, wie dies schon Rarzeı fand und Vrsbovsky und MicHAELSEN bestätigen. Sie sind breit bandförmig; auf dem Querschnitt zeigen sie zwei parallele, radiär verlaufende und peripherisch verbun- dene Lamellen von Rindensubstanz, zwischen denen meist nur noch verschwindend wenig Mark vorhanden ist. Man könnte sie aus den Muskelzellen der vorigen Lage dadurch entstanden denken, dass diese von den Seiten her zusammengepresst wären. Bei Fridericia ist die nema- toide Beschaffenheit wiederum in den vordersten Segmenten am deut- lichsten (Fig. 18). Hier zeigen die Längsmuskeln aufs klarste die innere Beiträge zur Kenntnis des Baues der Enchytraeiden. 9 Marksubstanz; die beiden Rindensubstanzlamellen schließen hier nicht immer eng zusammen, sondern weichen stellenweise bauchig aus ein- ander und klaffen am Ende merkbar. Das Auffinden des zugehörigen Kernes ist viel leichter als bei den Zellen der äußeren Lage, da der- selbe oft gleich über der Öffnung der kontraktilen Substanz, meist nicht weit davon entfernt liegt. Die Rindensubstanz ist deutlich radiär ge- streift. Bei diesen Muskelzellen ist die außerhalb liegende Marksub- stanz bedeutender als die zwischen der Rindensubstanz gelegene; sie liefert einen guten Theil zu dem Protoplasma, welches zwischen dem Peritoneum und der Längsmuskelschicht liegt. Auch gehören viele der in diesem Protoplasma liegenden Zellkerne den Muskelzellen an, und nicht alle sind Kerne der Iymphoiden Zellen Kürentuar’s. Bei der inne- ren Längsmuskellage ist das Verhältnis der Stärke der Lage in den verschiedenen Körpergegenden des Thieres gerade umgekehrt als bei der äußeren Lage: während im ersten Segment die innere Lage eine Dicke von nur 13,5 «u hat, also etwas weniger als die äußere, beträgt im 12. Segment ihre Dicke 22,5 u. Wir kommen zur Besprechung der Längsmuskelschicht von Parenchytraeuslitteratus (Fig. 19). Auch hier ist an den Muskel- zellen der vordersten Segmente die Marksubstanz viel deutlicher als bei den weiter hinten gelegenen. Man kann hier von einer doppelten Lage von Muskelzellen der Längsschicht kaum sprechen. Vielmehr haben die Zellen, welche alle eine plattgedrückte Gestalt haben wie die der inneren Längsschicht von Fridericia, auf dem Querschnitte des Thieres folgende Anordnung: der eine der Muskelquerschnitte liegt tangential, der in der Peripherie auf ihn folgende ist etwa unter 45° gegen ihn geneigt, einige der folgenden stehen radiär, dann folgt wie- der ein — diesmal nach der anderen Richtung — geneigt liegender, und darauf wieder ein tangentialer und in dieser Weise weiter mit einigen Abweichungen und Unregelmäßigkeiten, wie es die Fig. 19 zeigt. Es ist als ob die beiden Schichten, die wir vorhin unterschieden haben, mit einander abwechselten, und da, wo sie an einander stoßen, durch Schrägstellung der Muskelzellen ein Übergang geschaffen würde. Dass diese Anordnung zu der zweischichtigen überleitet, leuchtet daraus ein, dass bei Pachydrilus litoreus im Vorderende deutlich zwei Lagen von Längsmuskelzellen vorhanden sind, während weiter hinten eine der eben beschriebenen ähnliche Anordnung sich findet. Man kann wohl annehmen, dass die Lagerung, wie sie bei Parenchytraeus statt hat, die ursprünglichere ist, da ja bei allen Verwandten der Enchytraei- den nur eine einschichtige Längsmuskelschicht vorhanden ist. Über die histologische Beschaffenheit der Transversalmusku- 10 | Richard Hesse, ‚latur desKopflappens und der »Unterlippe«, der Muskula- tur des Schlundkopfes und der Muskeln der Borsten habe ich bei keinem Autor Angaben gefunden. Für die Transversalmuskel- zellen des Kopflappens und der »Unterlippe« zeigten mir Längsschnitte durch Fridericia Ratzelii, die mit Hämatoxylin gefärbt waren, dass hier der Kern nicht innerhalb der kontraktilen Substanz liegt, sondern in einem Plasmahäufchen, welches der sonst spindelförmigen Zelle außen ansitzt (Fig. 22); ich konnte auf den Längsschnitten nicht entscheiden, ob innerhalb der kontraktilen Substanz Mark vorhanden sei; dieses konnte ich jedoch auf Querschnittpräparaten nachweisen. Es ist also auch für diese Transversalmuskeln die Zugehörigkeit zum nematoiden Typus erwiesen. An den Längsschnitten kann man ebenfalls sehen, dass bei den Muskelzellen des Schlundkopfes und der Borstenbündel die Kerne außerhalb der kontraktilen Substanz liegen. Für die erste- ren konnte ich an Querschnitten auch eine Marksubstanz nachweisen; bei den letzteren gelang mir dieser Nachweis nicht wegen der Schwie- rigkeit, Querschnitte von ihnen zu erhalten; man kann sie trotzdem mit größter Wahrscheinlichkeit ebenfalls zu den nematoiden Muskel- zellen stellen, um so mehr als der Zusammenhang mit der Längsmusku- latur annehmen lässt, dass sie dieser histologisch gleich sind. Die Darmmuskulatur ist sehr schwach ausgebildet; ich habe von ihr nur Querschnitte durch die Längsmuskulatur des Darmes ge- sehen, konnte aber wegen der Kleinheit derselben über ihre histologische Natur nichts Genaueres erkennen. Die Muskeln liegen nicht dicht neben einander, sondern sind durch Lücken getrennt, welche dreimal so breit sind als die Zellen selbst, wie ich es auf Fig. 31 dargestellt habe. Das Ergebnis ist also, dass die gesammte Muskulatur der Enchytraeiden, mit Ausnahme der in histologischer Beziehung unsicheren Darmmuskeln, aus Muskelzellen besteht, welche dem nematoiden Typus angehören. Ob auch die Nervenversor- gung ähnlich ist wie bei den polymyaren Nematoden, konnte ich nicht ermitteln. Hieran schließe ich einige Beobachtungen über die sog. Septal- drüsen. Die Natur dieser Drüsen, welche verschiedenfache Auffas- sungen erfahren haben (vgl. Vespovsky, 4), glaubte Vespovsky darin zu erkennen, dass sie die Absonderung der Leibeshöhlenflüssigkeit zu be- sorgen hätten. Dadurch, dass MicuAELsEn (7) die Ausmündung derselben in den Schlundkopf fand, wurde ihre Zugehörigkeit zum Verdauungs- apparat bewiesen. Diese Drüsen (Fig. 23) sind Hohlschläuche, deren Wandung aus großen, stark granulirten Zellen besteht, welche mit einer breiten Basis außen der peritonealen Hülle der Drüse ansitzen, Beiträge zur Kenntnis des Baues der Enchytraeiden. 11 nach dem Drüsenlumen zu sich verschmälern und sich öfters in längere Fortsätze ausziehen. Während der Funktion der Drüsen geht nun ein Theil ihrer Zellen zu Grunde, und die Trümmer derselben werden mit dem Sekret die Ausführungsgänge entlang geführt, wo sie wahrschein- lich einer völligen Auflösung anheimfallen; denn am Ende der Aus- führungsgänge findet man keine solchen Trümmer mehr. Diese Zellreste, in denen meist noch der Kern liegt, nehmen oft die Gestalt bi- oder tripolarer Ganglienzellen an, erweisen sich jedoch immer durch die Beschaffenheit ihres Kernes sowie ihres Protoplasmas als unzweifelhaft gleichgeartet mit den Drüsenzellen. MıcHazLsen (7) hat das Vorhanden- sein von Ganglienzellen in den Septaldrüsen und besonders deren Ausftihrungsgängen bei Enchytraeus Möbii, Mesenchytraeus setosus u. a. gefunden und (8) abgebildet. Ich konnte jedoch bei keiner der von mir untersuchten Arten an den besagten Stellen Zellen finden, die ich mit Wahrscheinlichkeit hätte als Ganglienzellen betrachten können; dazu kam die Erwägung, dass die Lage von Ganglienzellen und Nerven- strängen im Inneren eines Drüsenlumens, inmitten des Sekretes der Drüse, zu den seltsamsten Vorkommnissen gehören müsste. Das Alles legte mir den Gedanken nahe, ob vielleicht MicuHAzELsen jene ganglien- zellförmigen Reste der Drüsenzellen, die in den Ausführungsgängen liegen, für Ganglienzellen gehalten habe. Betrefis der Ausmündung der Septaldrüsen machte ich bei Pachydrilus eine bemerkenswerthe Beobachtung. Durch Boraxkarmin hatten sich die festeren, granulirten Theile des Drüseninhaltes stark roth gefärbt, und ich könnte so ihren Weg genau verfolgen (Fig. 24). Der Verlauf der Ausführungsgänge ist von RarzeL (1) — freilich unter falscher Deutung — und von MicHAELsen (7) gut dargestellt worden. Da nun, wo die einzelnen Theilgänge an den Schlundkopf herantreten, spaltet sich der Drüseninhalt in sehr viele einzelne dünne Stränge, welche zwischen den Grenzen der Schlundkopfzellen, in Intercellular- räumen, nach unten dringen; etwas über der Cuticula finden sich dann zwischen den Zellen tröpfehenförmige Ansammlungen des Sekretes. Die Cuticula sieht man bei stärkerer Vergrößerung deutlich von feinen Poren durchsetzt, welche offenbar ein Austreten der Sekrete ermög- lichen. Mir ist kein weiteres Beispiel von einer derartigen Ausmündung einer Drüse bekannt, und ich würde dasselbe mit Bedenken aufgenom- men haben, wenn ich nicht bei allen Schnitten durch Pachydrilus das gleiche Ergebnis gewonnen hätte, und die zweifellose Deutlichkeit meiner Präparate nicht jede andere Deutung von der Hand wiese. Die Fig. 24 giebt ein naturgetreues, durchaus nicht schematisches Bild davon, 42 Richard Hesse, Nach MicnAetsen (7) haben die Drüsen andere Ausmtindungsgänge; er bildet sie auf Taf. I, Fig. 13 ab: dieselben durchsetzen den Pharynx in der Richtung des Epithels, haben ein Lumen von dem doppelten Durchmesser einer Pharynxepithelzelle, sind aber innen nicht von einer besonderen Zellenlage ausgestattet und wären somit wohl ebenfalls als Intercellularräume aufzufassen; »solcher Kanäle sind mehrere vorhan- den«. Ich habe auf meinen Präparaten nie dergleichen finden können. In derselben Figur bildet Micnszsen Körperchen ab, die er mit t be- zeichnet und als Tastkörperchen deutet. Mit dem daranhängenden Faden erinnern dieselben sehr stark an die intercellulären Sekrettröpf- chen mit den zuführenden Sekretfäden, wie sie in Fig. 24 abgebildet sind; auch ein solches Abweichen des Sekretfadens von der Richtung der Pharynxzellen, wie es Mic#izLsen’ bei £’ abbildet, kommt vor, wie unsere Figur zeigt. Ich stehe nicht an, jene »Tastkörperchen« mit den intercellulären Sekretfäden gleichzustellen und somit für Enchytraeus Möbii dieselbe Ausmündungsweise der Septaldrüsen zu vermuthen, welche ich für Pachydrilus litoreus nachgewiesen habe. Was mögen diese Drüsen für eine Funktion haben? Der Schlund- kopf kann ausgestülpt werden, wie es VEmovsky (3, p. 102) von Ana- chaeta genau beschreibt und ich selbst beobachtete; »der dorsale ver- dickte Rüsseltheil stellt den eigentlichen Ausstülpungsapparat dar, der bei der Nahrungsaufnahme die wichtigste Rolle spielt« (VEıDovsky, a.a. O.). Somit wäre es sehr möglich, dass die Drüsenabsonderung ein Klebstoff wäre und die Wirkung des Schlundkopfes unterstützte; denn sonst finden sich an diesem keine derartigen Hilfsmittel, wie Haken oder Zähne und dergleichen. So weit man aus dem mikrosko- pischen Bilde auf die Natur eines Sekretes schließen kann, haben wir es hier mit einem fadenziehenden zähen Stoffe zu thun; auf den Längs- schnitten lässt sich deutlichste Streifung des Inhaltes der Drüsenlumina und Ausführungsgänge beobachten. Zu unserer Annahme stimmt auch die gleichmäßige Vertheilung des Sekretes über die ganze Fläche des Schlundkopfes, wie sie durch die oben beschriebene Ausmündungsart der Drüsen zu Stande kommt. Bei allen drei von mir untersuchten Enchytraeiden fand ich in den Segmenten, welche auf die Genitalsegmente folgen, bei Parenchytraeus litteratus auch in den Segmenten vor und hinter der Mündung der Receptacula seminis, eigenthümliche Drüsen. Sie liegen zu je einem Paare in den bezeichneten Segmenten, breiten sich zu beiden Seiten des Bauchstranges aus und münden rechts und links neben der ven- tralen Mittellinie nach außen. Von ihrer Gestalt kann man sich am besten eine Vorstellung machen, wenn man sich einen Kegel aus Beiträge zur Kenntnis des Baues der Enchytraeiden. 13 plastischer Masse von zwei Seiten her senkrecht zu seiner Hauptachse zusammengepresst denkt. Die Spitze des Kegels, die dabei auch breit würde, stellte den Ausführungsgang vor, der lang und schmal parallel der ventralen Mittellinie verläuft. Der Bau der Drüsen (Fig. 25) ist ein eigenthümlicher: wir finden nämlich kein Lumen der Drüse, sondern alle Drüsenzellen ziehen sich lang aus, und der Fortsatz jeder einzelnen verläuft gesondert zur Cuticula, wo die sämmtlichen Zellen neben ein- ander ausmünden. Wir haben hier also ein Bündel von lauter einzel- ligen Drüsen, welches nach der Leibeshöhle zu vom Peritoneum über- zogen ist, und wir haben keinen eigentlichen Ausführungsgang, sondern ein Bündel von lauter einzelnen Ausführungsgängen, welche auf einer schmalen Zone durch die Hypodermis hindurchtreten und die Cuticula durehbohren. Auf günstig geführten Längsschnitten kann man den ganzen Mündungskomplex zu sehen bekommen, wie es auf Fig. 25 dar- gestellt ist. Die einzelnen Drüsenzellen haben einen Kern mit großem Kernkörperchen und ein ziemlich unregelmäßig sich färbendes Proto- plasma, in welchem neben stärkeren Granulationen auch Lakunen auftreten. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, dass diese Drüsenzellen nur zu diesem besonderen Zwecke umgewandelte Hypo- dermiszellen sind. Das Bild, welches man beim Querschnitt durch die Drüsen erhält, lässt sich gut mit einer Ahornfrucht vergleichen, wo dann die beiden Drüsenquerschnitte den Flügeln, das Bauchmark dem Samen der Frucht entspricht. Für Fridericia (Fig. 25) trifft dieser Vergleich am wenigsten zu, weil hier die Drüsen dem Bauchmark nicht dicht anliegen; viel trefiender ist er bei Parenchytraeus (Fig. 27) und Pachydrilus litoreus (Fig. 28). Hier legen sich die Drüsen so eng an das Bauchmark an, dass Eısen und nach seinem Vorgange MicHaAzLsen dieselben für gan- gliöse »Wucherungen« des Bauchstranges ansahen. Meine Befunde an Pachydrilus und Parenchytraeus ließen mich zunächst ihrer Meinung folgen; nachdem ich jedoch an Fridericia Ratzelii die Natur dieser Ge- bilde erkannt hatte, fiel mir es nicht schwer, auch bei jenen die drüsige Beschaffenheit dieser »Wucherungen«, ihre Scheidung vom Bauch- strange durch eine besondere Hülle (Fig. 28 h) und ihre Ausführungs- gänge nachzuweisen; auch zwischen den Kernen der Drüsenzellen und denen des Bauchstranges ist ein unverkennbarer Unterschied, indem jene größer, gröber granulirt und mit stärkerem Kernkörperchen ver- sehen sind als diese. Diese Drüsenbündel finden sich bei Fridericia im 13. Segmente, bei Pachydrilus litoreus im 43., 14. und 15., und bei Parenchytraeus litte- ratus im 4., 5., 13. und 14. Segmente. Weiteres Vorkommen derselben 14 | Richard Hesse, beschreiben Eısen und MicnAzLsen (9). MicHAELsen brachte diese Ge- bilde mit den Geschlechtsfunktionen in Beziehung, und ich schließe mich ihm an. Ihre Lage weist offenbar auf solchen Zusammenhang hin. Die Drüsen sondern wahrscheinlich einen Stoff aus, der bei der Be- gattung die Thiere mit einander fester verbindet, und dienen somit als Copulationsdrüsen. Zum Schlusse möchte ich einige Worte anfügen über den sog. Darmblutsinus. Derselbe ist in einzelne längsverlaufende Kanäle abgetheilt, die mit einander kommuniciren. MicHAELSEn (7) sagt, dass der Blutsinus durch ein Auseinanderweichen der Epithelschicht und der Muskelschicht des Darmes entstehe, von einem zarten wasserhellen Häutchen ausgekleidet sei, und dass die Theilung in Kanäle durch ent- sprechend verlaufende Hautsäume geschehe. Doch fand ich, dass es Zellen sind, welche die Trennung in Kanäle bewirken und den »Sinus« auskleiden. Ich wurde zuerst darauf aufmerksam durch die gleiche Beobachtung an Stylaria lacustris L. (Nais proboscidea O. F. M.), wo diese Verhältnisse sich deutlicher darbieten. Hier sieht man (Fig. 29) nach außen von den Darmzellen Kerne (ek) liegen, welche mit Borax- karmin sich dunkelroth färben, und durch diese intensive Färbung sowie durch ihre Kleinheit von den Kernen des Darmepithels (dek) sich unterscheiden; bisweilen kann man auch Zellgrenzen wahrnehmen, ja öfters liegen auch die Zellen auf den Trennungswänden der einzelnen Kanäle selbst. Auf einem Längsschnitte durch den Wurm, auf dem der Darm eben getroffen war, erhielt ich die Blutgefäße angeschnitten (Fig. 30). Hier zeigen sich die Scheidewände der Kanäle ihrer ganzen Länge nach mit jenen charakteristischen Kernen (ek) versehen, zwischen denen beim mittelsten Kanal die eben getroffenen Kerne des Darm- epithels (dek) liegen. Das weist unzweifelhaft auf einen Endothelbelag jener Blutkanäle hin. Bei Fridericia Ratzelii sah ich sehr ähnliche Bilder; ich habe einen Querschnitt durch den Darm auf Fig. 31 ge- zeichnet; ein Längsschnitt, der in radiärer Richtung einen solchen Blut- kanal schneidet (Fig. 32), zeigt deutlich die Zellgrenzen des Endothel- belags (e). Freilich habe ich nicht durchweg die Endothelzellen finden können, was wohl in der Schwierigkeit der Beobachtung seinen Grund hat. Jedenfalls kann man in Anbetracht dieser Verhältnisse kaum von einem Blutsinus sprechen, der durch Auseinanderweichen der Darm- epithellage einer- und der Darmmuskellage andererseits entstehe, son- dern wir haben es hier eher mit einem den Darm überziehenden Gefäßnetze zu thun, wie man es bei Dero und einigen Naideen, wenn auch nicht von gleicher Dichtigkeit, antrifft. Tübingen, Juli 1893. Beiträge zur Kenntnis des Baues der Enchytraeiden. 15 Nachtrag. Nach Abschluss des Manuskripts wurde ich durch die Güte des Herrn Geheimrath Enrers, dem ich hierbei meinen besten Dank dafür sage, auf die hübsche Arbeit von Upx, » Würmer der Provinz Hannover, I«, aufmerksam gemacht, die mir leider entgangen war. Upr giebt eine sehr übersichtliche Sehilderung vom Bau der Enchytraeiden. Seine An- sichten in den von mir behandelten Fragen decken sich durchgehends mit denen MicHAELSEN’s, so dass ich hier nicht auf die Einzelnheiten einzugehen brauche. Litteraturverzeichnis. . Fr. RATZer, Histologische Untersuchungen an niederen Thieren. Diese Zeitschr. Bd. XIX. p. 257—280. . C. Semper, Die Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere. III. Strobi- lation und Segmentation. in: Arbeiten des Zool.-Zoot. Inst. in Würzburg. Bd. III. p. 145—404. . ©. BürscaLı, Untersuchungen über freilebende Nematoden und die Gattung Chaetonotus. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. p. 363—413. . Fr. VEsıDovskY, Beiträge zur vergl. Morphologie der Anneliden. I. Monographie der Enchytraeiden. Prag 1879. . Derselbe, System und Morphologie der Oligochaeten. Prag 1884. . E. RouDe, Die Muskulatur der Chaetopoden. in: Zool. Beiträge, herausgeg. von A. SCHNEIDER. Bd. I. p. 164—205. . W. MicHAELSEN, Untersuchungen über Enchytraeus Möbii Mich. Dissertation. Kiel 1886. . Derselbe, Beiträge zur Kenntnis der deutschen Enchytraeidenfauna. in: Archiv f. mikr. Anatomie. Bd. XXXI. p. 483—498, . Derselbe, Oligochaeten von Süd-Georgien etc. in: Jahrbücher der wissenschaft- lichen Anstalten, Hamburg. 5. Jahrgang. 4887. p. 55—73,. . Derselbe, Synopsis der Enchytraeiden. in: Abhandlungen aus dem Gebiete der Naturwissenschaften, herausgeg. vom naturwissensch. Verein zu Ham- burg. Bd. XI, A. Heft. H. Une, Würmer der Provinz Hannover. I. in: 40. u. 44. Jahresbericht der naturhistorischen Gesellschaft zu Hannover. 1892. 16 Richard Hesse, Erklärung der Abbildungen. al, äußere Lage der Längsmuskulatur; hp, Hypodermis; be, Blutkapillaren; il, innere Lage der Längsmuskulatur; c, Cuticula; Im, Längsmuskelzellen; dag, Drüsenausführungsgänge; mk, Muskelzellkern; dek, Kerne des Darmepithels; pf, Plasmafortsatz; dz, Drüsenzellen; pt, Peritoneum;; ek, Kerne der Endothelzellen der Kapil- rm, Ringmuskelzellen. laren;; Tafel I, Fig. 4—10 beziehen sich auf Parenchytraeus litteratus .n. sp. Fig. A. Blutgefäßverlauf im Vorderkörper. Vergr. 75fach. rg, Rückengefäß; bg, Bauchgefäß; bei sd, und sdz ist die Lage des ersten und zweiten Paares der Septaldrüsen angedeutet. Fig. 2a. Zeichnung auf der Cuticula. Vergr. 150fach. Fig. 2b. Zeichnung auf dem Clitellum. Vergr. 450fach. Fig. 3. Borste. Vergr. 200fach. Fig. 4. Leibeshöhlenkörperchen. Verg. 300fach. Fig. 5. Gehirn (oberes Schlundganglion). Vergr. 150fach. Fig. 6. Samentrichter. Vergr. 70fach., Fig. 7. Linker Penis. Vergr. 200fach. vd, Vas deferens, Fig. 8. Linkes Receptaculum seminis. Vergr. 150fach. d, Darm; o, Öffnung des Receptaculums in denselben. Fig. 9. Einmündung des Receptaculum seminis in den Darm, im Querschnitt. Vergr. 200fach. de, bewimpertes Darmepithel; re, Epithel des Receptaculum semi- nis; sp, Spermalozoenbüschel, in den Darm eintretend; as, Ausführungsgänge der Septaldrüsen. Fig. 40. Segmentalorgan. Vergr. 300fach. s, Septum. Fig. 44—146 beziehen sich auf Pachydrilus litoreus n. Sp. Fig. 44. Blutgefäßverlauf im Vorderkörper. Vergr. 30fach. rg, Rückengefäß ; bg, Bauchgefäß. Fig. 412. Leibeshöhlenkörperchen. Vergr. 200fach. Fig. 43. Gehirn (oberes Schlundganglion). Vergr. 200fach. Fig. 14. Samentrichter. Vergr. 35fach. Fig. 45. Linkes Receptaculum seminis. Vergr. 50fach. o, Einmündung des Receptaculum seminis in den Darm d; dr, Drüsen. Fig. 16. Segmentalorgan. Vergr. 200fach. Fig. 47. Querschnitt durch die Längsmuskulatur im 2. Segment von Fridericia Ratzelii. Vergr. 545fach. rs, Rindensubstanz; ms, Marksubstanz. Fig. 48. Querschnitt durch eine Muskelzelle der inneren Längsmuskeilage des- selben Thieres. Vergr. 545fach. Fig. 49. Anordnung der Längsmuskelschicht bei Parenchytraeus litteratus. Vergr. 300fach. pk, Kerne des Peritoneums. Fig. 20. Medianer Längsschnitt durch den unteren Theil des 4, Segmentes von Fridericia Ratzelii. Vergr. 300fach. Fig. 24. Längsschnitt durch die Dorsalwand des 2. Segmentes. Vergr. 300fach. Beiträge zur Kenntnis des Baues der Enchytraeiden. hz Fig. 24a. Längsschnitt durch die Seitenlinie von Fridericia Ratzelii. Vergr. 300fach. Fig. 24 b, ce u. d. Querschnitte durch die Seitenlinie von Fridericia Ratzelii. Vergr. 300fach. b aus einem der ersten, ce und d aus weiter hinten gelegenen Seg- menten; pfı, Plasmafortsatz einer auf dem Schnitt nicht getroffenen Ringmuskel- zelle. Fig. 22. Muskelzelle der Transversalmuskulatur des Mundlappens. Vergr. 300fach. Fig. 23. Schnitt durch ein Stück einer Septaldrüse von Fridericia und ihren Ausführungsgang. Vergr. 300fach. dz;, Trümmer zerfallener Drüsenzellen ; s, Sekret. Fig. 24. Längsschnitt durch den Schlundkopf von Pachydrilus mit Ausmün- dung der Septaldrüsen. Vergr. 300fach. as, Ausführungsgang der Septaldrüsen; se, Schlundkopfepithel;; st, Sekrettröpfchen. Fig. 25. Querschnitt durch die Copulationsdrüse von Fridericia. Vergr. 200fach., dm, Drüsenmündungen. Fig. 26. Längsschnitt durch die Ausmündungen der Copulationsdrüse bei Fridericia. Vergr. 300fach. dın, Drüsenmündungen, Fig. 27. Querschnitt durch die Copulationsdrüsen von Parenchytraeus littera- tus. Vergr. 300fach. Fig. 28. Querschnitt durch die Gopulationsdrüsen von Pachydrilus litoreus, Vergr. 300fach. Fig. 29. Querschnitt durch den Darm von Stylaria lacustris L. (Nais probo- scidea ©. F. M.). Vergr. 300fach. chl, Chloragogenzellen. Fig. 30. Tangentialer Längsschnitt durch den Darm von Stylaria lacustris L. Vergr. 300fach. Fig. 34. Querschnitt durch ein Stück der Darmwand von Fridericia. Vergr. 300fach. dim, Darmlängsmuskeln. Fig. 32. Medianer Längsschnitt durch ein Darmblutgefäß von Fridericia. Vergr. 300fach. dm, Darmlängsmuskeln; e, Endothellage ; de, Darmepithelschicht. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. [S9) Myxotheca arenilega nov. gen. nov. spec. Ein neuer mariner Rhizopode. Von Fritz Schaudinn aus Berlin. (Aus dem zoologischen Institut der Universität Berlin.) Mit Tafel II. Im Frühling dieses Jahres hatte ich einige Gläser mit lebenden marinen Rhizopoden, die von Herrn Kossztr, dem Leiter der Fangstation des Berliner Aquariums zu Rovigno gesammelt waren, auf meinem Arbeitstisch zur Verfügung. Unter zahlreichen Foraminiferen und an- deren Protozoen, die an den Glaswänden saßen, fiel ein Organismus, schon bei der Betrachtung mit bloßem Auge, durch seine gewaltigen Pseudopodien auf; von einem rothen Pünktchen, von der Größe eines Stecknadelkopfes, strahlten allseitig, mehrere Centimeter lange, Pseudo- podienbüschel aus. Bei genauerer Untersuchung stellte es sich heraus, dass es eine, meines Wissens, bisher noch nicht beschriebene Form ist, die des Interessanten genug bietet, um genau studirt zu werden. Kurz charakterisiren lässt sich der Organismus als ein amöben- artig seine Gestalt veränderndes Plasmaklümpchen,all- seitig voneiner gallertigen Hülle umschlossen, die nackt sein kann oder aufihrer Außenfläche Sandkörnchen und andere Fremdkörper aufklebt; ferner besitzt er retiku- läre Pseudopodien, die an beliebigen Stellen die Hülle durchbrechen können und einen durch seine Größe (39 bis 75 u) ausgezeichnetenKern. Da die eigenthümlichste Eigenschaft, die diesen Rhizopoden cha- rakterisirt, die in der Regel sandtragende Gallerthülle ist, so schlage ich für ihn den Namen Myxotheca arenilega vor. Bevor ich an die genauere Beschreibung des Thieres gehe, möchte ich auch an dieser Stelle meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheim- Myxotheca arenilega nov. gen. nov. spec. 9 rath Prof. Dr. F. E. Scauze, sowie Herrn Prof. Dr. C. Hrıper für die mir in reichstem Maße erwiesene Anregung und Belehrung meinen auf- richtigsten Dank sagen. In meinen Gläsern fanden sich ungefähr 30 Exemplare der Myxo- theca. Zur Untersuchung des lebenden Thieres benutzte ich das, von F. E. Scaurze konstruirte, Horizontalmikroskop nebst dazu gehörigem Deckglasaquarium, das ich allen Rhizopodenforschern aufs angelegent- lichste empfehlen kann. Dasselbe wurde schon früher im hiesigen Institut von Maas (1) zur Beobachtung der lebenden Spongillalarve mit Erfolg angewandt. Der größte Vortheil, den das Instrument bietet, besteht darin, dass man die Thiere lange Zeit unter fast natürlichen Lebensbedingungen erhalten und beobachten kann, was keine feuchte Kammer zu leisten vermag. Eine eingehende Beschreibung und Würdi- gung des Apparates hat ScHIEFFERDECKER (2) gegeben; fabricirt und auf Lager gehalten wird er von der Firma Klönne und Müller, Berlin N., Luisenstraße. Ein Theil der zu beschreibenden Thiere wurde in konservirtem Zustande untersucht und wurden zur Fixirung, die in einem Uhrschäl- chen vorgenommen wurde, folgende Flüssigkeiten angewandt: Alkohol absolutus, erwärmte wässerige Sublimatlösung oder, was ich sehr empfehlen kann, eine Mischung dieser Sublimatlösung mit dem doppel- ten Quantum absoluten Alkohols, wobei der Alkohol das Eindringen der Flüssigkeit beschleunigt, während das Sublimat ausgezeichnet den Kern konservirt; außerdem wurde 1°/,ige Osmiumsäure benutzt. Ge- färbt wurden die Objekte sowohl total, als in Schnittserien zerlegt, mit Hämatoxylin, Boraxkarmin, Eosin, Safranin, Orcein ete. — Außer aus Rovigno habe ich auch aus Neapel unter anderen konservirten Rhizo- poden vier Exemplare der Myxotheca arenilega erhalten. 1. Körpergestalt. Wie schon oben bemerkt, kann das Thier seine Gestalt verändern. Im Ruhezustand findet man es meist mit breiter Basis an der Glaswand des Aquariums oder auf Algen, in Gestalt einer unregelmäßigen Halb- kugel, sitzend (Fig. 1). Beim Kriechen vermag es sich aber beträcht- lich in die Länge zu ziehen, oft um das Dreifache seines ursprünglichen Durchmessers; es treten dann an der Peripherie lappenförmige Aus- buchtungen auf, die mit tiefen Einziehungen abwechseln (Fig. 2); letz- tere können sogar bis über die Mitte des Thieres eindringen (Fig. #). Am meisten erinnern diese stumpfen Lappen an die bruchsackförmigen Ausbuchtungen, die Greerr (3) bei seiner Pelomyxa und Amoeba terricola beschreibt. Wenn das Gefäß, in dem sich das Thier befindet, ruhig 9% 20 Fritz Schaudinn, steht, erfolgen diese Gestaltsveränderungen nur sehr langsam; man kann oft eine Stunde vor dem Aquarium sitzen, ohne eine deutliche Veränderung zu bemerken; nur ganz allmählich werden die Lappen vorgeschoben. Wenn man dagegen das Wasser stark erschüttert, so zieht sich der Körper schnell zusammen und sucht die Kugelgestalt anzunehmen, wobei er dann von der vertikalen Glaswand abfällt. Demnach scheint die Grundform des Körpers homaxon, kugelig zu sein, wenn auch die Art der Anheftung deutlich das Streben nach Ausbildung einer Hauptachse des Körpers zeigt. Die Größe des Thieres schwankt zwischen 0,16 und 0,56 mm. 2. Die Gallerthülle. Der ganze Plasmakörper wird, wie es schon kurz bemerkt wurde, von einer gallertigen Hülle bedeckt; dieselbe besitzt keine persistirende Öffnung für den Durchtritt der Pseudopodien, sondern überzieht kon- tinuirlich die ganze Oberfläche des Weichkörpers; die Pseudopodien können an beliebigen Stellen, wie bei der Amphizonella (4) GrEEFF’s die Gallerte durchbrechen. Dies Verhalten kann man zwar schon am leben- den Thier beobachten, doch ist das Bild nicht so klar, wie es wünschens- werth wäre, weil die Gallerte und die Pseudopodien annähernd dieselbe Färbung und dasselbe Lichtbrechungsvermögen zeigen. Um diese Frage sicher zu entscheiden, fixirte ich ein Thier, nachdem es sich in der Uhrschale beruhigt und ein reiches Pseudopodiennetz entwickelt hatte, durch Überraschung mit Osmiumsäure und zerlegte es in eine Schnitt- serie. Da zeigte es sich, dass an vielen Stellen die farblos gebliebene Gallerthülle von Strängen dunkel gefärbten Protoplasmas durchsetzt wurde. Wenn ich dagegen das Thier sofort nach dem Herausfangen, n kontrahirtem Zustande fixirte, fand ich auf keinem Schnitt die Kon- tinuität der Gallertschicht gestört. — Da die Hülle im Leben eine weiche Konsistenz besitzt, so liegt sie dem Plasma meistens dicht auf und folgt auch allen Bewegungen des Weichkörpers; wie Fig. 4 zeigt, dringt sie mit einer Einziehung des Plasmas bis über die Mitte des Körpers ein. Die Biegsamkeit der Schale ist natürlich am größten in den Fällen, wo die Oberfläche vollkommen frei von Fremdkörpern ist (Fig. 4 u. 7). Die Hülle setzt sich dann mit scharfem Kontour gegen das sie umgebende Medium ab. Von diesem einfachsten Verhalten können sämmtliche Übergänge bis zur Ausbildung einer monaxonen Sandschale verfolgt werden. Zunächst findet man Formen, bei denen an einzelnen Stellen der Oberfläche Sandkörnchen, Algen, Detritus und andere Fremdkörper haften bleiben, aber so locker, dass sie bei der geringsten störenden Bewegung abfallen. Dies Bekleben mit Fremdkörpern kann nun stärker Myxotheca arenilega nov. gen. nov. spec. 21 nn werden, so stark, dass die ganze freie, das heißt nicht angeheftete, Oberfläche des Thieres mit einer dicken Sandhülle belegt ist; doch ist die Verkittung mit der Gallerte noch zu locker, um den amöboiden Bewegungen die Wage zu halten; da sieht man dann an den Stellen, die bei der Bewegung und Gestaltveränderung am meisten der Dehnung und Zerrung ausgesetzt sind, den Sand abfallen und die nackte Hülle zu Tage treten (Fig. 2). Wenn man andererseits ein ausgebreitetes Thier mit so beschaffener Sandhülle durch Erschüttern zu energischer Kontraktion zwingt, sieht man häufig wahre Sandregen herabrieseln. Schließlich habe ich ein Exemplar gefunden, bei dem die Sandhülle so fest geworden war, dass sie nicht mehr den Bewegungen des Weich- körpers folgte. Das Thier saß auf einer Ulve und wurde so, mit dieser Unterlage fixirt. Fig. 3 stellt einen Vertikalschnitt durch dasselbe dar; da sieht man, dass die ganze dorsale Seite mit Sandkörnern beklebt ist, während die der Ulve aufliegende Basis vollständig frei bleibt. Der Weichkörper hat sich von dem dorsalen Theil der Schale zurückge- zogen, offenbar weil die Unterseite derselben noch ausdehnbar war und eine seitliche Ausbreitung des Plasmas bis zu einem gewissen Grade gestattete; für die Richtigkeit dieser Ansicht spricht auch die Thatsache, dass auf der Unterseite die Schale viel dünner ist, als auf der oberen sandbedeckten Seite. Letztere steht, wie die Figur zeigt, durch zarte kegelförmige Fortsätze, die aus fein granulirtem Plasma bestehen, mit dem Weichkörper in Verbindung. Wenn nun in einem solchen Falle das Thier abstirbt und der Weichkörper nebst Gallerthülle macerirt, so muss eine vollständig monaxone Sandschale, von unregelmäßig halbkugeliger Gestalt, mit weiter Mündungsöffnung zurückbleiben. Indessen habe ich niemals derartige leere Schalen auf dem Boden meiner Gefäße oder auf Ulven gefunden; vielmehr erfolgte in den Fällen, wo ich das Absterben des Thieres beobachtete, schon nach einer Zeit von circa zwei Wochen ein vollständiger Zerfall der Sandschale und Auflösung der Gallerthülle. Die Auflösung des Proto- plasmas dauerte ungefähr fünf Tage, doch trugen meistens zur Be- schleunigung dieses Vorganges zahlreiche Algensporen und hypotriche Infusorien bei, die oft in unglaublich kurzer Zeit den abgestorbenen Weichkörper entfernten. Inzwischen hatte schon die Maceration der Gallerthülle begonnen, und zwar zunächst an der Oberfläche, wobei dann der Sand abfällt, doch dringt sie immer weiter vor, bis nichts mehr vorhanden ist und nur noch ein Häufchen grüner Algen, die sich aus den Schwärmern entwickelt haben, andeutet, wo das Thier einst gesessen hat. Eine besondere Auswahl des Bedeckungsmaterials scheint nicht 22 Fritz Schaudinn, getroffen zu werden, wenn Quarzsandkörner am häufigsten zur Ver- wendung gelangen, so liegt das wohl zumeist daran, dass den Thieren auf ihren Wanderungen dieses Material am häufigsten begegnet; außer- dem habe ich die verschiedensten Fremdkörper, wie Schwammnadeln, Diatomeenschalen, Bruchstücke von Foraminiferenschalen, Algenfäden, Detritus und Anderes gefunden. Die Bildung der Schale aus diesen Fremdkörpern erfolgt nur durch Aufkleben auf die Hülle von außen, was ich direkt beobachten konnte; ich brachte nämlich in der Nähe eines Thieres einige Glassplitter auf den, die Glaswand bedeckenden, organischen Schlamm; als das Thier nun beim Weiterkriechen daran stieß, blieben die Splitter am Rande kleben und wurden mit fortgeschoben; nach einiger Zeit waren die- selben durch die amöboide Bewegung des Thieres bereits bis auf die dorsale Seite verlagert. ' Die Dicke der Gallerthülle ist sehr verschieden, die Extreme, die ich gefunden habe, waren 2,17 und 14,28 u. Im Allgemeinen scheint sie um so dünner zu sein, je größer die Form ist und je dicker die Sandhülle wird, was wohl damit zu erklären ist, dass ein Theil der Gallerte zur Verklebung der Sandkörner verbraucht wird, oder auch hei Abfallen derselben mit verloren geht; indessen habe ich auch einige Ausnahmen von diesem Verhältnis gefunden, wie die am Schluss aufgestellte Maßtabelle zeigt. Im Leben ist die Gallerthülle vollständig homogen, von hellgelb- licher Farbe, stark glänzend und daher nicht so durchsichtig, wie die Gallerthüllen mancher Heliozoen, die wie bei Nuclearia oder Hetero- phrys so ähnliches Lichtbrechungsvermögen mit dem Wasser haben, dass ihr Vorhandensein nur durch die aufliegenden Fremdkörper kon- statirt wird. Bei der Myxotheca ist sie sowohl gegen das Wasser, als gegen das Protoplasma äußerst scharf abgegrenzt. Ihr stärkeres Licht- brechungsvermögen scheint auf eine zähflüssige Konsistenz hinzu- weisen. Bei der Konservirung mit Alkohol absolutus, Sublimat, Osmiumsäure bleibt die Gallerthülle auch homogen und strukturlos: mit Boraxkarmin färbt sie sich merkwürdigerweise etwas stärker gelb als ihre Naturfarbe ist. Safranin und Eosin färben sie sehr intensiv roth, eben so Hämatoxylin (blau), weit dunkler als das Plasma, ohne Ausziehen der Farbe mit salzsaurem Alkohol, gefärbt wird. Mit Orcein, einem in der pathologischen Histologie (5) gebräuch- lichen Farbstoff, der als Reagens für gallertige Kolloidsubstanzen ange- wandt wird, blieb die Gallerthülle der Myxotheca fast farblos. Ferner brachten weder schwache noch koncentrirte Essigsäure irgend welche Wirkung hervor, eben so wenig verdünnte Schwefelsäure und Kalilauge. Myxotheca arenilega nov. gen. nov. spec. a) Erst in heißer koncentrirter Schwefelsäure wurde die Substanz gelöst; daraus schließe ich, dass die Hülle der Myxotheca eine dem Chitin nahestehende Substanz ist. Dieselbe scheint aber reichlich mit Eiweiß- stoffen durchtränkt zu sein, worauf, außer der weichen Konsistenz im Leben, die leichte Färbbarkeit mit Hämatoxylin und Safranin in kon- centrirtem Zustande hinweist. Bei sehr starker Färbung mit Hämatoxylin zeigt die Hülle deutlich eine lamellöse Struktur; dunkler und heller gefärbte Schichten, die übrigens sehr unregelmäßig verlaufen können, wechseln mit einander ab (Fig. 3). Ob diese Struktur durch periodische Abscheidung der Gallerte vom Protoplasma hervorgerufen ist, vermag ich nicht zu ent- scheiden. 3. Das Protoplasma. Die meisten Exemplare der Myxotheca hatten im Leben eine wundervoll rothe Farbe, so leuchtend, wie ich es noch bei keinem Rhizopoden gesehen hatte; auf Fig. 1 habe ich versucht den Farbenton, der dem Pompejanischen Roth am nächsten steht, naturgetreu wieder- zugeben. Der Farbe liegt ein äußerst feinkörniges Pigment zu Grunde, das im ganzen Plasma des Thieres vertheilt liegt, aber in der Außen- zone des Weichkörpers, wenigstens an konservirten Thieren, am dichte- sten gefunden wird; bei langer Behandlung mit absolutem Alkohol löst es sich auf. Nur bei zwei der von mir untersuchten Exemplare fehlte dieser Farbstoff, und sie hatten die bei Foraminiferen verbreitete, gelb- grüne Plasmafärbung. Bei durchfallendem Licht erscheint das Plasma des lebenden Thieres mit stark glänzenden Körnchen dicht erfüllt und diese granu- lirte Struktur findet sich bis zum Außenrande des Plasmas ganz gleich- mäßig, so dass also von einer Sonderung von Ento- und Ektoplasma keine Rede ist. In konservirtem Zustand zeigt das Plasma eine etwas andere Struktur; auf dünnen Schnitten und bei der Betrachtung mit starken Linsen zeigt sich ein äußerst deutliches Gerüst; die Fäden desselben erscheinen etwas stärker lichtbrechend als die zwischen ihnen befind- liche Flüssigkeit. In den Ecken der Maschen befinden sich kleine stärker lichtbrechende Körnchen; in den Maschenräumen liegen meistens größere kugelige oder unregelmäßige, stark glänzende Körper, die sich mit Osmiumsäure schwarz färben und wohl fettähnliche Reservestofle sein möchten; außerdem finden sich noch andere kugel- oder stäbchen- förmige Gebilde, die ungefärbt blieben aber sehr schwarz kontourirt sind. Wahrscheinlich sind sie identisch mit den von Bürscati (6) als 24 | Fritz Schaudinn, Spaltungsprodukte des Stoffwechsels beschriebenen Gebilden, die Entz (7) genauer als Harnkonkretionen in Anspruch nimmt. Außer diesen, dem Stoffwechsel des Protoplasmas angehörenden Körpern, finden sich auch von außen aufgenommene Einschlüsse, meistens Nahrungskörper, doch lange nicht so zahlreich wie bei ande- ren Foraminiferen, da nur kleine Gebilde in das Innere des Weich- körpers aufgenommen werden, während größere Nahrungsstücke, außerhalb der Gallerthülle, von den Pseudopodien umflossen und ver- daut werden. Am häufigsten findet man einzellige Algen und Schwärm- sporen höherer Algen in halb oder ganz verdautem Zustand im Plasma, doch nicht einfach eingebettet, sondern stets mit einem hellen Hof umgeben, also in einer sogenannten Nahrungsvacuole. Kontraktile oder größere Flüssigkeitsvacuolen habe ich nie gefunden, nur der Kern liegt stets in einer scharf abgegrenzten, mit farbloser Flüssigkeit erfüllten Vacuole. Die Pseudopodien, die allseitig vom Körper ausstrahlen können, doch meistens einzelne größere Büschel bilden (Fig. 4), fallen durch ihre enorme Länge auf; «—5 cm weit habe ich sie oft verfolgen können und sind sie demnach 80 bis 100mal so lang als der Durchmesser des Thieres beträgt; natürlich sind die Endausläufer sehr dünn und meist nur schwer bis ans Ende zu verfolgen. Von dem Durchbrechen der Gallerthülle ist schon bei Besprechung der letzteren die Rede ge- wesen. Die Form der Pseudopodien zeigt Fig. 1; es sind typische reti- culäre Pseudopodien mit lebhafter Körnchenströmung, wie sie sich bei den meisten Foraminiferen finden und kann ich in Bezug hierauf nur auf die klassische Beschreibung, die Max Scnurrze (8) von den Foramini- ferenpseudopodien giebt, verweisen. Abweichend ist nur, dass sich an der Basis oft große, einer Schwimmhaut ähnliche Lappen bilden, wie dies Fig. 1 rechts zeigt. Außerdem konnte ich mich oft nicht des Ein- druckes erwehren, dass die Pseudopodien sich in das Innere des Weichkörpers hinein fortsetzten, während doch das rasche Strömen der Körnchen auf eine flüssige Konsistenz hinweist. Indessen ist dies viel- leicht so zu erklären, dass die Mitte des Fadens von etwas zäherem Protoplasma gebildet wird, wofür auch die Art, wie die Pseudopodien mitunter eingezogen werden, spricht. Wenn man das Glas, in dem sich die Thiere befinden, erschüttert, lösen sich die Pseudopodien von der Glaswand los und ziehen sich unter spiraligen Windungen zu- sammen; es bilden sich dann oft unentwirrbare Knäuel von Plasma- fäden. Ein ähnliches Verhalten ist schon von den Pseudopodien der Cyphoderia durch Herrwıs und Lesser (9) bekannt geworden; ein Myxotheca arenilega nov. gen, noy. spec. 35 derartiges spiraliges Zusammenziehen vermag ich mir aber ohne An- nahme eines inneren kontraktilen Achsenfadens nicht zu erklären. Ich möchte an dieser Stelle noch meine Beobachtungen über einige Lebenserscheinungen des Thieres einfügen. Obwohl der ganze Weich- körper seine Gestalt verändern kann, so erfolgen die Kontraktionen desselben doch zu träge, um bei der Bewegung eine wesentliche Rolle zu spielen, sondern dieselbe wird hauptsächlich durch die Pseudo- podien bewerkstelligt, und steht die Größe derselben auch im Verhält- nis zur Schnelligkeit der Bewegung; so habe ich einzelne Thiere die ganze Breite des Deckglasaquariums, das ist eine Strecke von 10 cm, in circa 2 Stunden zurücklegen sehen, was für einen Rhizopoden schon eine bedeutende Schnelligkeit ist. Bei so intensiver Bewegung wurden meist nur zwei riesige Pseudopodienbüschel gebildet, die auf entgegen- gesetzten Seiten des Thieres ausstrahlten und zusammen eine gerade Linie bildeten, auf der das Thier dann, wie an einem Seile hinzugleiten schien. Ich will auch bemerken, dass Myxotheca positiv heliotropisch ist; wenn man nämlich das Aquarium auf einer Seite mit einer schwar- zen Platte verdunkelt, findet man nach einiger Zeit sämmtliche Thiere auf der dem Lichte zugewandten Seite. Von den pflanzlichen Nahrungsstoffen der Myxotheca ist schon bei Besprechung der Plasmaeinschlüsse die Rede gewesen, doch ist dies nicht die einzige Nahrung. Mehrere Male habe ich beobachten können, dass Nauplien und selbst ausgewachsene Exemplare der Gopepoden- gattung Temora sich in den Pseudopodien verwickelten, und trotz des lebhaftesten Sträubens nicht wieder frei kommen konnten; vielmehr floss auf den hierdurch entstandenen Reiz reichliches Protoplasma zu der Stelle hin und hüllte den Krebs ein; nach einiger Zeit fand ich dann nur den leeren Chitinpanzer des Krebses vor. 4. Der Kern. _ Alle von mir untersuchten Thiere besaßen einen Kern. Derselbe ist am lebenden Thier, bei durchfallendem Licht als weißlicher, stark lichtbrechender, in der Mitte etwas dunkler erscheinender Körper zu erkennen. Im Ruhezustand besitzt er Kugelgestalt und liegt häufig der an der Glaswand festgehefteten Fläche des Thieres sehr nahe, in welchen Fällen er dann im lebenden Thiere am deutlichsten zu er- kennen ist; doch vermag er seine Lage zu verändern und im Plasma umherzuwandern; ob dies eine aktive oder passive Bewegung ist, kann ich nicht entscheiden. Der Durchmesser des Kernes schwankt bei den von mir gemes- 26 Fritz Schaudinn, senen Exemplaren zwischen 33 und 75,9 u, eine für Rhizopodenkerne bedeutende Größe. Die Größe derselben scheint im Verhältnis zur Größe des ganzen Thieres zu stehen, wie die Maßtabelle, wenn auch nicht ausnahmslos, zeigt. Bei konservirten Exemplaren liegt, wie oben schon bemerkt, der Kern stets in einer mit farbloser Flüssigkeit gefüllten Vacuole, bald in der Mitte derselben schwebend, bald einer Wand sich anlehnend. Ich kann nicht annehmen, dass diese Bildung ein Kunstprodukt ist, da sie sich bei allen von mir angewandten Fixirungsmethoden vorfindet. Der Raum zwischen dem Kern und der Vacuolenwand ist durchschnittlich 4—5 u breit. In einigen Fällen habe ich auf feinen Schnitten eine hyaline, vom Plasma nach innen von der Vacuolenwand abgeschiedene Schicht gefunden, deren Bedeutung ich nicht verstehe. Der Kern selbst besteht aus drei in einander liegenden Kugeln, die mehr oder minder koncentrisch sind und aus drei verschiedenen Substanzen zu bestehen scheinen, zum mindesten aber verschiedene Konsistenz besitzen, weil sie äußerst scharf gegen einander abgegrenzt sind. Auf Äquatorialschnitten erhält man dann Bilder, wie sie in Fig. 5 und 6 gezeichnet sind, eine centrale Scheibe wird von zwei Ringen von verschiedener Breite umgeben. Ich betrachte zunächst die feinere Struktur des in Fig. 5 gezeichneten Kernes, der die von mir am häufig- sten gefundene Form darstellt und mithin wohl typisch ist. Die den äußeren Ring bildende Schicht ist stark glänzend und daher auch sehr scharf doppelt kontourirt, sie erscheint bei den stärksten Vergrößerun- gen vollkommen homogen und strukturlos und färbt sich mit keinem der angewandten Farbstoffe. Trotz der ungewöhnlichen Dicke von 2—4,7 u ist diese Schicht wohl als Kernmembran aufzufassen. Die nächste Schicht ist dicker als die Membran und zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich mit allen Kernfärbemitteln intensiv färbt, also wohl hauptsächlich aus Chromatin besteht. In einer Grundsub- stanz, die etwas stärker lichtbrechend ist als die innerste Kugel des Kernes und sehr scharf gegen dieselbe sich abgrenzt, sind dichte Chro- matinkörnchen von verschiedener Größe und meist kugeliger Gestalt angehäuft. Die kleinsten Partikel standen an der Grenze des Wahr- nehmbaren, während die größten 1,52 u maßen. Eine feinere Struktur derselben konnte ich eben so wenig wie bei der Grundsubstanz er- kennen. Die Dicke dieser Schicht vermag mit der Größe des Kernes. von 6,5 bis auf 21,7 u zu steigen. Die innerste Schicht des Kernes bleibt vollständig ungefärbt und erscheint bei schwacher Vergrößerung fein granulirt, nur wenige größere und stärker lichtbrechende Kügelchen finden sich vor. Bei Myxotheca arenilega nov. gen. nov. spec. 27 Betrachtung mit sehr starken Linsen zeigt es sich, dass die feinen Körnchen, die das Bild granulirt erscheinen ließen, durch äußerst zarte Fäden zu einem engmaschigen Netz verbunden sind. Die größeren stark lichtbrechenden Kugeln, die vielleicht als Nucleolen anzusprechen sind, finden sich häufig in Gruppen von drei und vier nahe zusammen- gelagert, ähnlich wie dies Ruumsrer (10) bei den Binnenkörpern der Saccammina zeichnet. Der Durchmesser dieser innersten Kernschicht schwankt zwischen 21,7 und 28 u. Den eben geschilderten Bau des Kernes zeigten alle untersuchten Exemplare, bis auf zwei, die ein etwas abweichendes Bild lieferten; dasselbe ist in Fig. 6 wiedergegeben. Der Kern liegt auch hier in einer Vacuole, auf einer Seite der Wand derselben dicht angelehnt. Der Äquatorialschnitt zeigt wieder dieselbe Zusammensetzung aus drei Schichten. Eben so bietet die Kernmembran keine Unterschiede. Da- gegen hat sich die Chromatinschicht beträchtlich auf Kosten der inne- ren Kugel vergrößert (cf. die Maßtabelle Nr. 10), womit wohl im Zu- sammenhang steht, dass die Chromatinkörper viel lockerer angeordnet sind; dieselben zeigen auch eine andere Form; sie haben sich nämlich an vielen Stellen zu unregelmäßigen Balken und Fäden zusammenge- legt und kann man an zahlreichen derartigen Fäden noch deutlich die Zusammensetzung aus kugeligen Körpern erkennen. Viele dieser Ge- bilde sind verästelt und ist damit wohl der Beginn zur Bildung eines zusammenhängenden Gerüstes gegeben. Auch auf diesem Schnitte vermochte ich keine Struktur der Grundsubstanz dieser Schicht zu er- kennen. Das Netzwerk, das die innere Kugel erfüllt, ist hier grob- maschiger, während die nucleolenähnlichen Körper sehr klein sind. Ob die Auflockerung der Chromatinschicht und die Erweiterung der Maschenräume des inneren Netzwerkes durch Eintreten von Flüssigkeit oder auf irgend welche andere Weise geschehen ist, vermag ich nicht zu sagen, da ich nicht einmal weiß, ob dieser Zustand des Kernes ein primärer oder sekundärer ist. Leider ist es mir nicht gelungen in der Rhizopodenlitteratur eine dem Kern der Myxotheca entsprechend gebaute Kernform zu finden, was wohl daran liegen mag, dass die Kerne der niederen Foramini- feren, denen unser Thier nahe stehen möchte, fast ganz unbekannt sind. Nur Gruser (11) scheint mir bei Lieberkühnia Bütschlii einen, wenigstens in den gröberen Verhältnissen, ähnlichen Kern gefunden zu haben. . Von einer Kernmembran sagt er zwar nichts, beschreibt aber eine doppelte Schichtung, eine äußere fein granulirte Zone, die sich mit Kernfärbemitteln intensiv färbt und eine helle centrale Masse, 28 | Fritz Schaudinn, in der ein sich stark färbendes Körnchen (Nucleolus?) liegt. — Meine Beobachtungen über eine Vermehrung des Kernes sind leider nicht sehr umfassend; häufig habe ich am lebenden Thier bemerkt, dass der Kern sich lang auszog, aber nur einmal deutlich gesehen, wie er bis- kuitförmig wurde und sich darauf durchschnürte. Das betreffende Thier wurde nicht konservirt, weil ich sehen wollte, ob eine Theilung des ganzen Weichkörpers erfolgen würde. Dies habe ich nicht direkt beobachtet, doch ist es mir sehr wahrscheinlich geworden. Ich hatte nämlich das Thier, das ruhig auf einer Stelle saß und an mehreren Stellen tiefe Einschnürungen zeigte, bis zum Abend beobachtet und dann für die Nacht das Horizontalmikroskop eingestellt gelassen, am anderen Morgen fand ich mehrere Centimeter von einander entfernt zwei Exemplare, von denen jedes einen Kern besaß, und deren Größen summirt nach meiner Schätzung ungefähr die Größe des alten Thieres ergaben. Doch müssen erst weitere Beobachtungen die Richtigkeit dieser Muthmaßung bestätigen. Als Stütze für meine Beobachtung der Kerndurchschnürung ver- mag ich auch nur ein Präparat anzuführen, dasselbe ist in Fig. 7 ge- zeichnet und zeigt den Kern in Biskuitform;; die beiden hellen centralen Kugeln sind schon in der Mitte durch eine Brücke von chromatischer Substanz getrennt. Hoffentlich gelingt es bei reicherem Material an einer größeren Reihe von Präparaten etwaige Strukturveränderungen, die sich bei der Theilung abspielen, nachzuweisen. 5. Die systematische Stellung. Über die Zugehörigkeit des auf den vorigen Seiten beschriebenen Organismus, zur Klasse der Rhizopoden, dürfte wohl kein Zweifel be- stehen. Die typisch retikulären Pseudopodien stellen ihn hier in die Subklasse der Reticularia CARPENTER’s resp. die Ausbildung der Sand- hülle zu den Testacea Max ScHuLTzE’s. Bürscaui (42) hat in dieser Gruppe eine Reihe wenig genau be- kannter sandschaliger Foraminiferen provisorisch als Familie der Are- nacea zusammengefasst. Beim Vergleich der einzelnen Formen mit der Myxotheca zeigt es sich, dass bei allen hierher gehörigen Gattungen eine persistirende Mundöffnung vorkommt, was bei unserer Form nicht der Fall ist. Übereinstimmung in diesem Charakter, nämlich dem Fehlen einer größeren Schalenmündung, zeigen aber einige andere sandschalige Formen, die Bürscarı als Anhang der Globigerinen be- handelt, die Gattungen Psammosphaera, Sorosphaera und Stortosphaera; ich glaube daher nicht zu fehlen, wenn ich Myxotheca in die Nähe Myxotheca arenilega nov. gen. nov. spec. 29 dieser Formen stelle. Ich will noch auf die Unterschiede hinweisen, die Myxotheca von diesen Gattungen trennen. Am wenigsten differenzirt dürfte Psammosphaera sein, die von F. E. Scuurze (13) als kugeliger Körper mit ziemlich glatter Schale be- schrieben wird; die Sandkörnchen, aus denen die Schale besteht, sind durch eine graubraune Kittmasse fest zusammengeleimt. Obwohl der Weichkörper nicht genau bekannt ist, verbietet schon die Gestaltsver- änderlichkeit und geringe Festigkeit der Schale der Myxotheca, sie mit dieser Gattung zu identificiren. Noch höher differenzirt ist nach F. E. Scaurze (13) Stortosphaera, deren Schale mit Zacken dicht besetzt ist, und endlich ist Sorosphaera polythalam. Durch die Expedition des Challenger sind eine große Anzahl sand- schaliger Foraminiferen bekannt geworden und hat Brapy (14) dieselben in seinem großen Werk als selbständige Familie erkannt und aufge- stellt. In dieser Familie der Astrorhizidae sind die oben genannten Formen auf mehrere Unterfamilien vertheilt, als deren hauptsächlich- stes Unterscheidungsmerkmal die mehr oder minder feste Verkittung der Fremdkörper und die Dicke der Schale dient. Wir haben aber gesehen, wie sehr gerade diese beiden Charaktere bei Myxotheca vari- iren und kann ich sie daher bei dieser Form nicht zur Systematisirung verwenden, andernfalls könnte ich Myxotheca mit demselben Recht in jede der Unterfamilien Brapy’s stellen. Vielmehr glaube ich, dass die Variabilität der Schale und die Formveränderlichkeit des ganzen Thieres darauf hinweist, dass wir es mit einem sehr ursprünglichen Organismus zu thun haben, und stelle ich ihn daher isolirt an den Anfang der Astrorhizidae. In neuester Zeit hat zum ersten Male Nrunayr (15) den Versuch gemacht, die natürlichen Verwandtschaftsverhältnisse der Foramini- feren festzustellen. Durch sehr scharfsinnige Beweisführung hat er es im hohen Grade wahrscheinlich gemacht, dass die kalkschaligen Fora- miniferen von den agglutinirenden Formen abstammen. Andererseits hat er paläontologisch und morphologisch bewiesen, dass unter den agglutinirenden Formen die unregelmäßig agglutinirenden, die Astro- rhiziden, die ursprünglichsten sind, und in dieser Abtheilung stellt er Psammosphaera und Sorosphaera als die einfachsten hin (15, p. 13). Nun habe ich vorhin gezeigt, dass Myxotheca, was die morphologische Differenzirung anbetrifft, noch viel tiefer als diese beiden Formen steht, und glaube daraus schließen zu dürfen, dass Myxotheca von den heute lebenden Foraminiferen die ursprünglichste ist, und vielleicht diese odereine verwandte Form der ganzen Gruppe der Astrorhiziden als Ausgangspunkt gedient hat. 30 | Fritz Schaudion, Maßtabelle in Mikromillimetern (u). BER ; n Größe desat Dick A Durch- | Dicke der | Dicke der Beschaffenheit der Hülle | Thi & S a N in | Bu 1. Nackte Gallerthülle 162,7 1,34. :.\..a0,00 OR es 2. dto. (Fig. 7) 243,2 44,28 Kern in Theilung? 3. Sehr wenig Sand 233,78 413,02 52,8 2,74 10,83 4. Dicke Sandhülle | 238 71,3 38,28 2,33 9,52 5. Fast nackt 248 46,7 39,08 2 7,14 6. Schwache Sandbedeckung | 264,80 2,47 43,4 2 9,52 7. dto. 282,5 5 47,6 2,3 9,52 8. Dicke Sandhülle 406,6 9,52 74,40 | 9,52 9. dto. 562 2,84 75,93 2,47 34.7 40.dto. Kern (Fig. 6) ' 244,20 4,76 33,32 2 44,90 I} i Berlin, Zoologisches Institut, Anfang Juli 1893. Nachschrift: Während des Druckes vorliegender Arbeit hatte ich Gelegenheit, die Fortpflanzung einer niederen Foraminifere zu studiren und fand, längere Zeit selbständig lebende, Entwicklungsstadien, die eine ent- fernte Ähnlichkeit mit der Myxotheca besaßen. Daher möchte ich die Möglichkeit, dass Myxotheca nur eine unausgebildete Sandforaminifere ist, nicht unerwähnt lassen. Eine genauere Erörterung dieser Frage verschiebe ich auf eine spätere Arbeit. Benutzte Litteratur. 1. 0. Maas, Über die Entwicklung des Süßwasserschwammes, Diese Zeitschr. Bd. XXX. p. 529-530. 2. P. SCHIEFFERDECKER, Mittheilungen von der Ausstellung wissenschaftlicher Appa- rate auf der 60. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Wiesbaden. Zeitschr. f. wiss. Mikroskopie. Bd. IV. 1887. p. 348 ff. 3. R. GrEEFF, Pelomyxa palustris, ein amöbenartiger Organismus des süßen Was- sers. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. X. p. 51 und ibid. II. p. 299. 4. R. GREEFF, Über einige in der Erde lebende Amöben und andere Rhizopoden. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. II. p. 299. . O. IsraEı, Practicum der pathologischen Histologie. Berlin 1893 und Vırcuow’s Archiv. Bd. CV. p. 169. 6. ©. BürscaLı, Studien über die ersten Entwicklungsvorgänge der Eizelle und die Zelltheilung und Conjugation der Infusorien. Abhandl. der SENCKENBERG- schen naturforschenden Gesellschaft. Bd. X. 1876. p. 421. 7. G%zA Entz, Studien über Protisten. Budapest 1888. p. 286. [>12 Myxotheca arenilega nov. gen. nov. Spec. 31 8. Max SchuLtze, Das Protoplasma der Rhizopoden und der Pflanzenzellen. Leipzig 4863. p. 41. 9, R. Herrwic u. E. Lesser, Über Rhizopoden und denselben nahestehende Orga- nismen, Archiv für mikr. Anatomie. Bd. X. Suppl. 40. L. RuUmsLErR, Über Entstehung und Bedeutung der in den Kernen vieler Protozoa u. im Keimbläschen der Metazoa vorkommenden Binnenkörper (Nucleo- len). Eine Theorie zur Erklärung der verschiedenartigen Gestalt dieser Gebilde. Diese Zeitschr. Bd. LVI. 4893. p. 329 ff. 44. A. GrUBER, Über einige Rhizopoden aus dem Genueser Hafen. Berichte der naturforsch. Gesellschaft zu Freiburg i. B. Bd. IV. p. 8. 412. O. BürscaLı, Protozoa. in: Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs. p. 193 u. 202. 43. F. E. Scaurze, Rhizopoden. in: Zoologische Ergebnisse der Nordseefahrt vom 24. Juli bis 9. September 1872. p. 443. 44. H. Brapy, Report of the Foraminifera dredged by H. M. S. Challenger. p. 62. 45. M. NEUMAyR, Die natürlichen Verwandtschaftsverhältnisse der schalentragenden Foraminiferen. Sitzungsber. der kais. Akad. der Wissensch. Bd. XCVI. Abth., April-Heft. 4887. Erklärung der Abbildungen. Tafel II. Fig. 4, Eine Myxotheca arenilega mit ausgestreckten Pseudopodien (letztere sehr verkleinert), in der Mitte der Kern (n). t£, die sandbedeckte Gallerthülle; das Thier ist von der der Glaswand angehefteten Seite gezeichnet. Fig. 2. Dasselbe, von der Rückseite, es hat sehr seine Gestalt verändert und zeigt mehrere nackte Stellen. Fig. 3. Vertikalschnitt durch eine auf einer Ulve sitzende Myxotheca. Db, Basis t, lamellöse Gallerthülle; f, plasmatische Fortsätze, die den Weichkörper mit der Schale verbinden; n, Kern. Fig. 4. Eine Myxotheca ohne Sandhülle, mit Boraxkarmin gefärbt. n, Kern; t, Gallerthülle;; £.e, Einziehung der Gallerthülle. Fig. 5. Äquatorialschnitt durch den Kern der Myxotheca, mit Hämatoxylin gefärbt. p, Plasma des Weichkörpers;; v, Vacuole ; m, Kernmembran; ch, Chroma- tinschicht; r, inneres Netzwerk; nol, Nucleoli? Fig. 6. Äquatorialschnitt durch eine andere Kernform der Myxotheca. Be- zeichnungen dieselben wie in Fig. 5. Fig. 7. Eine Myxotheca mit Boraxkarmin gefärbt. n, Kern in Biskuitform ; it, Gallerthülle. Mit Ausnahme von Fig. 4 und 2 sind alle Figuren mit dem WiınkEL- schen Zeichenapparat gezeichnet. Fig. 3, 4 u. 7 bei KLönse und MürLer’s Oc. II, Obj. 5. Fig. 5 u. 6 bei Zeıss, Oc. IV, homog. Immers. 1/48. Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorien. Von Dr. W. Schewiakoff, Privatdocent an der Universität Heidelberg. Mit Tafel III. Unter den verschiedenen Einschlüssen, welche im Entoplasma der ciliaten Infusorien angetroffen werden, fallen einige, die in Gestalt von rundlichen Körnern oder Krystallen auftreten können, durch.ihre starke Lichtbrechung ganz besonders auf. Diese Gebilde, welche von Bürscarı ! als Exkretkörner und von Mauras? als doppeltbrechende Körper (corpus- cules birefringents) bezeichnet wurden, erweisen sich im polarisirten Lichte doppelt brechend. In Folge der Doppeltbrechung, welche bereits von Mauras ermittelt wurde, sind sie von anderen Plasmaeinschlüssen leicht zu unterscheiden. Bei schwachen Vergrößerungen erscheinen die Exkretkörner stark glänzend und undurchsichtig, so dass die Infusorien bei starker Anhäu- fung derselben auch undurchsichtig erscheinen. Betrachtet man sie bei starken Vergrößerungen im durchfallenden Lichte, so zeigen sie eine bräunlichgrüne oder graugrüne Färbung mit einem Stich ins Oliven- grüne; im auffallenden Lichte dagegen erscheinen sie stark glänzend und scharf kontourirt. Die Gestalt und Größe dieser Gebilde ist sehr schwankend und wechselt nicht nur bei verschiedenen Formen, son- dern auch bei Individuen ein und derselben Art. Die Exkretkörner sind meist mehr oder weniger kugelig oder ellipsoidal bis ganz unregel- mäßig; zuweilen sind sie länglich, biskuit- bis hantelförmig und erinnern dann an die unter dem Namen »dumbbells« bekannten krystallähnlichen Gebilde. Öfters zeigen sie eine deutlich krystallinische Beschaffenheit 1 0. Bürscauıi, Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Protozoa. Bd. I, p. 103—104 u. 278; Bd. II, p. 739 u. Bd. Iil, p. 1484—1488 u. 1851. 2 E. Maupas, Contribution a l’Etude morphologique et anatomique des infu- soires cilies. Arch. d. zool. exper. et gener. 2. Ser. Vol. I. 1883. p. 616—621. Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorien. 33 und bestehen aus von scharfen Kanten und Ebenen begrenzten Kry- ställchen, die selten einzeln, meist in Büscheln oder Gruppen sogen. Wachsthumsformen auftreten. 1. Vorkommen der Exkretkörner bei Protozoen. Die Exkretkörner, resp. Exkretkrystalle, kommen nicht nur bei eiliaten Infusorien vor, sondern wurden auch bei anderen Protozoen- klassen beobachtet. Unter den Rhizopoden wurden sie bis jetzt bei verschiedenen Süßwasserformen, und zwar sowohl bei Amoebaea als auch bei Testacea von Auzrsach !, CARTER ?, Ray LANKESTER ?, F.E. ScHuLze *, Mauras?®, Anderen und mir® gefunden. Sie erscheinen gewöhnlich als unregelmäßig begrenzte Körnchen, welche entweder durch das ganze Körperplasma zerstreut oder auf gewisse Körperregionen (Testacea) be- schränkt sind. Jedoch können sie auch in krystallinischer Gestalt auf- treten; so fand Auzrsıch (l. c. p. 399 und 422, Taf. XX, Fig. 12 und 13) bei Goehliopodium bilimbosum (Amoeba actinophora) und F.E. SCHULZE (l. c. p. 340—341, Taf. XIX, Fig. 1—3) bei Cochl. pellu- cidum deutlich ausgebildete Krystalle, welche vermuthlich zum rhom- bischen System gehören und aus Pyramiden oder Kombinationen, in denen eine Pyramide vorherrscht, bestehen. Bei den Heliozoen fanden Herrwıc und Lesser ’ im Ektoplasma von Heterophrys marina (p. 214) scharf kontourirte, rbombische Krystalle, welche als Exkretkörner anzusprechen wären. Sicher wur- den sie dagegen von Mauras (l. c. p. 620) bei Actinosphaerium Eichhorni und Actinophrys sol in der Gestalt von kleinen Körn- chen nachgewiesen. Bei den Flagellaten fand BürscnLi® die Exkretkörner in der Gestalt von ellipsoidalen Gebilden entweder durch das ganze Entoplasma zer- 1 L. AuERBACH, Über die Einzelligkeit der Amöben. Diese Zeitschr. Bd. VII. 1855. p. 365—430. Taf. XIX—XXI. 2 H. CARTER, On freshwater Rhizopoda of England and India. The annals and magaz. of natur. hist. 3 Ser. Vol. XIII. 4864. p. 418—39. Pl. I—II. 3 E. Ray LANkESTER, Lithamoeba discus. Quart. journal of microsc. science. N.S. Vol. XIX. 4879. p. 484—487. Pl. XXIH. 4 F. E. ScauLzeE, Rhizopodenstudien. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XI. 4875. p. 94 —139 u. p. 329—353. Taf. V—VII u. XVIII—XIX. 5 E. MauraAs, Contrib. etc. 1. c. p. 620. 6 W. SCHEWIAKOFF, Über die karyokinetische Kerntheilung der Euglypha alveo- lata. Morphol. Jahrb. 4888. Bd. XIII. p. 197—1498, Taf. VI. ? R. Herrwig u. E. Lesser, Über Rhizopoden und denselben nahe stehende Organismen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. X. Suppl. 4874. p. 1—243. 8 O. BürschLı, Beiträge zur Kenntnis der Flagellaten und einiger verwandten Organismen. Diese Zeitschr. Bd. XXX. 1878. p. 205—281. Taf. XI—XV. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Ba. 3 34 W. Schewiakoff, streut oder angehäuft im hinteren Körpertheil, und zwar bei folgenden Formen: Peranematrichophorum (Astasia tr.), Anisonema aci- nus und Entosiphon sulcatum (Anisonema sule.). Auch bei Chilo- monas paramaecium fand Bürscau: dieselben in der Schlundregion in der Gestalt von größeren, länglichen Körnchen, was später auch von Maupas bestätigt wurde. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Exkret- körner auch bei vielen anderen Flagellaten anzutreffen sind, eben so dass ihnen eine große Verbreitung bei den Protozoen überhaupt zu- kommt. Diese Vermuthung wurde besonders bezüglich der marinen Rhizopoden bereits von Bürscatt (l. c. p. 104) aufgestellt. Immerhin fällt es schwer mit Bestimmtheit zu behaupten, dass die bei ver- schiedenen Formen beschriebenen Plasmaeinschlüsse mit den sog. Exkretkörnern identisch sind. Dies um so mehr, da die betreffenden Einschlüsse, bei äußerer Ähnlichkeit, chemisch vollkommen verschieden sein können. Ich halte es daher für gerathen, mich nur auf die oben erwähnten Formen zu beschränken, bei denen der Nachweis von Ex- kretkörnern (in Folge der chemischen Verhalten) als ziemlich sicher be- trachtet werden kann. Bedeutend besser sind die ciliaten Infusorien auf die Exkret- körner untersucht. Nach Mauras’ |l. c. p. 618—619) Zusammenstellung sind dieselben bei folgenden Ciliaten sicher nachgewiesen worden: Lacrymaria coronata, L. olor, Lagynus elongatus, Lionotus fasciola, Frontonia leucas, Paramaecium aurelia, P. cau- datum, P. putrinum, P. bursaria, Uronema marina, Gonchophtbhirus (Tillina) magna, Halteria grandinella, Oxytricha pellionella, Stylonychia pustulata, St. histrio, Euplotes patella, E. charon, E. vannus, Styloplotes appen- dieulatus und Aspidisca lynceus. Etwas zweifelhaft ist das Vorkommen der Exkretkörner bei Actinolobus radians, Prorodon farctus und Dileptus anser. Die runden in einer Vacuole einge- schlossenen Körper, die man bei Actinotricha saltans, Amphisia oculata, Onychodromus grandis und Stylonychia mytilus theils im Ektoplasma zerstreut, theils im vorderen und hinteren Körper- ende angehäuft findet, sowie die bekannten stark lichtbrechenden und von einer Vacuole umschlossenen Körner resp. Kronkretionen des Loxodes rostrum und die gleichfalls in einer Vacuole im vorderen Körperende gelegenen krystallähnlichen Konkretionen der Bütschlia parva und B. neglecta! lassen dagegen vermuthen, dass die Körner oder Konkretionen als Exkretkörner zu deuten sind. Besonders 1 A. ScuuBErg, Die Protozoen des Wiederkäuermagens. I. Zool. Jahrb. Abth. für System. Bd. III. p. 372—374. Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorien. 35 wahrscheinlich ist es bezüglich der Einschlüsse von Loxodes rostrum, deren Farbe und chemisches Verhalten an die der wahren Exkretkörner erinnert — ein Umstand, auf den bereits WrzeEsniowskı und BÜTschHLıI (Protozoa, p. 1487) hingewiesen haben. Auch die Lage der Konkretionen bei Loxodes, sowie bei den anderen eben erwähnten Formen in einer besonderen Vacuole scheint mehr für als gegen ihre Identität mit den Exkretkörnern zu sprechen, da die typischen von mir bei Paramae- cium untersuchten Exkretkörner gleichfalls öfters in Vacuolen anzu- treffen sind, in welchen sie, wie wir weiter sehen werden, auch gebildet werden. Wie gesagt, fällt es schwer, über die Natur der letzterwähnten Gebilde etwas Bestimmtes zu sagen, da bei den Giliaten auch Ein- schlüsse ganz anderer Natur angetroffen werden. Dazu kommt noch, dass die Exkretkörner bei den Infusorien durchaus nicht allgemein ver- breitet sind, ja für einige Formen, wiez.B. Glaucoma, Golpidium, CGyelidium, Stentor, Vorticellen und andere mehr, ist es so- gar mit Sicherheit erwiesen worden, dass sie der Exkretkörner ent- behren. Bei den Suctorien sind die Exkretkörner bis jetzt noch nicht sicher nachgewiesen worden, sie werden aber, wie Bürscauı (Protozoa, l. ce. p. 1851) mit Recht vermuthet, wohl auch bei diesen Protozoen vorkommen. So fand Stein ! bei Tokophrya Steinii (p. 119; Taf. II, Fig. 2 u. 3 e) und bei Tok. Lichtensteini (p. 227, Taf. V, Fig. 32 f) im hinteren Körperende, dicht über dem Stiel »einen quer rechteckigen Haufen« von dunklen, stark lichtbrechenden Körnchen, die er als Fett deutete. Bei der letzteren Art fand auch WRrzesniowskı? im Entoplasma dunkle, glänzende Körnchen, die nicht selten in besondere Vacuolen eingebettet sind, welche dann meist im hinteren Körperende sich an- häufen. Ähnliche Gebilde fand Krrrzn? bei Acineta pappilifera und deutete sie als unverdaute Nahrungsreste. Es ist höchst wahr- scheinlich, dass sich diese Gebilde bei einer genaueren Untersuchung als Exkretkörner erweisen werden — eine Vermuthung, die bereits von BürscaLı geäußert wurde. 1 F. Stein, Die Infusionsthiere auf ihre Entwicklungsgeschichte untersucht. Leipzig 1854. 2 A. Wrzesnıowskı, Beiträge zur Naturgesch. der Infusorien. Diese Zeitschr. Bd. XXIX. 4879. p. 269. 3 N. Kerpen, Beobachtungen über die Infusoria tentaculifera. Memoir. de la soc. d. natur. de la nouvelle Russie. (Russisch.) Tom. XIII. 4880. p. 2+—25. Taf. I, Fig. 6. 3%* 36 W. Schewiakofl, 2. Chemische Natur der Exkretkörner. a) Historisches. Obgleich das Vorkommen der Exkretkörner bei den Protozoen ziemlich lange bekannt war, blieb ihre chemische Zusammensetzung doch unaufgeklärt. Dies rührt hauptsächlich daher, dass die meisten Forscher sich damit begnügten, bloß das Vorhandensein von stark lichtbrechenden Plasmaeinschlüssen zu erwähnen, ohne auf die Natur derselben näher einzugehen, wodurch öfters die heterogensten Ge- bilde zusammengeworfen wurden. Nur Einzelne haben es versucht, auf Grund der angestellten Reaktionen die chemische Natur der Ex- kretkörner zu deuten, wobei sie sich meist auf Vermuthungen be- schränkten. So nannte Avrrgach (l. c. p. 393) die in den Amöben (resp. Süß- wasserrhizopoden) häufig anzutreffenden stark lichtbrechenden Körn- chen, die in Gestalt und Größe sehr wechseln können, »fettähnliche« Gebilde. Bezüglich der bei Cochliopodium bilimbosum gelegent- lich auftretenden Krystalle, die AuresacH für aus den fettähnlichen Körperchen hervorgegangen erklärt (p. 399), stellte er fest, dass sie eben so wie die fettähnlichen Körnchen selbst, in Alkalien sowie in Essigsäure und Schwefelsäure löslich sind. Daraus schloss er, dass diese Gebilde kein Fett seien, wohl aber aus einer organischen Sub- stanz beständen, und verglich sie in Folge der Lichtbrechungsverhält- nisse mit den »Dottertafeln« (p. 423) der Amphibieneier. Einige Jahre darauf deutete Stein ! die scharf kontourirten kleinen Körner vieler Hypotrichen und speciell der Oxytrichen (resp. Psilo- trichina Bütschli), sowie die in Vacuolen eingeschlossenen Konkretionen des Loxodes, in Folge ihrer starken Lichtbrechung, als Fettkörner. Auch die ähnlich aussehenden Plasmaeinschlüsse vieler Peritricha wurden für Fettkörner erklärt, obgleich letztere zweifellos ganz an- derer Natur als die ersteren sind. Dieser Deutung schlossen sich später auch andere Forscher an, indem sie analoge Gebilde gleichfalls als Fettkörner beanspruchten. Nur die krystallinischen Plasmaeinschlüsse, welche bei Paramaecium aurelia stets anzutreffen sind und bei Euplotes charon und manchen anderen Infusorien vorkommen, glaubte Stein für »eine Art Harnkörperchen« erklären zu dürfen. Dies um so mehr, als Stein bei Paramaecium bursaria beobachtet haben will, dass diese Körper mit den Exkrementen durch den Anus ausge- stoßen werden. I F. Steıs, Der Organismus der Infusionsthiere. I. Abth. Leipzig 4859. p. 67 his 68. Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorien, 37 Wrzesniowskt! verglich die in den Vacuolen eingeschlossenen Konkretionen von Loxodes mit den eben erwähnten Plasmaeinschlüs- sen von Paramaecium und meinte, dass sie in Folge der morpholo- gischen Eigenschaften (dunkle, scharf kontourirte und stark licht- brechende Körnchen), sowie ihrem ehemischen Verhalten nach (löslich in Säuren ohne Gasentwicklung) nicht als Fett zu beanspruchen, sondern eher als dem Harn entsprechende Ausscheidungsprodukte zu deuten wären. In dieser Vermuthung wurde Wrzesxniowskı noch dadurch be- stärkt, dass die betreffenden Körner durch Gestalt, Glanz, Farbe und chemisches Verhalten gegen Säuren, den Harnkonkrementen, welche in dem Epithelium des hinteren Theiles des Magens bei Gyclopsine und Cyelops sich anhäufen und durch den After entleert werden, ganz ähnlich seien. BürscaLı?, der diese Körner bei verschiedenen Protozoen beob- achtete, sprach sich mit Rücksicht auf ihr Verhalten gegen Reagentien (unlöslich in Alkohol und Äther und löslich in Mineralsäuren) gegen ihre Fettnatur aus. Er erklärte sie für Endprodukte des Stoffwechsels und bezeichnete sie treffend als Exkretkörner. Ihre chemische Natur untersuchte er nicht näher, glaubte aber in ihnen, in Folge der krystal- linischen Beschaffenheit, welche sie bei einigen Infusorien aufweisen, oxalsauren Kalk vermuthen zu dürfen. Entz® fand die Exkretkörnchen (Zersetzungskörnchen nach ihm) bei den in Konjugation begriffenen Lionotus fasciola vor; dabei bemerkte er, dass diese Gebilde auch außerhalb der Konjugation am vorderen und hinteren Körperende stets anzutreffen sind. Er deutete sie als den Harnkonkrementen entsprechende Zersetzungsprodukte, welche wahrscheinlich aus harnsaurem Natron beständen, da sie mit den in den Marpıcarsschen Gefäßen der Insekten enthaltenen Harnkon- krementen übereinzustimmen schienen. Barsıanı* beobachtete starke Anhäufungen von Exkretkörnern im Protoplasma von konjugirten Stylonychia mytilus und deutete sie als Verbrennungsprodukte der Körpersubstanz. Seiner Ansicht nach soll die Verbrennung während der Konjugation, in Folge der energi- scheren Athmung und des Fehlens der Nahrungsaufnahme, schneller DE; 1 A. WRrzeEsniowskIı, Beobachtungen über Infusorien aus der Umgebung von Warschau. Diese Zeitschr. Bd. XX. 1870. p. 493—494, 2 O0. Bürscauı, Beiträge etc. 1. c. p. 251 und Protozoa, ]. c. p. 103—104. 3 G. Enz, Über einige Infusorien des Salzteiches zu Szamosfalva. Termesze- trajzi Füzetek. Vol. III. 4879. p. 4011. * E.G. Bausıanı, Les Protozoaires. Lecons faites au College de France. Journ. de micrographie: T. VI. 1882. p. 157. 38 W, Schewiakoff, vor sich gehen, wodurch auch die reichere Ansammlung der Körnchen hedingt wird. Bezüglich der chemischen Natur der Exkretkörner kam Barsıanı, wie er selbst sagt, zu keinem endgültigen Resultate. Er stellte nur fest, dass sie von den kleineren Körnchen, welche von Osmiumsäure gebräunt werden und daher fettiger Natur sind, zu unterscheiden wären und erklärte sie, wegen ihrer Löslichkeit in Alka- lien, für Eiweißstoffe. Am eingehendsten wurden die Exkretkörner von Mauras ! unter- sucht. Er wies zuerst ihre Doppelbrechung nach und stellte ihr Verhalten gegen verschiedene Reagentien fest. Auf Grund ihrer physi- kalischen und chemischen Eigenschaften glaubte Maurıs den Schluss ziehen zu dürfen, dass die Exkretkörner als harnsaures Natron anzu- sprechen wären. Als weiteren Beleg führte Maurıs an, dass die Krystallaggregate, in welchen die Exkretkörner bei einigen Infusorien auftreten, den von Rosın und VerpeiL (Traite de chimie anatomique. Atlas) abgebildeten Krystallformen des harnsauren Natrons nicht un- ähnlich sind. Endlich will RuunsLer ? durch chemische Reaktionen (Murexid- reaktion) bestimmt nachgewiesen haben, dass die Exkretkörner (Ein- schlüsse der Assimilationsprodukte nach ihm) aus Harnsäure bestehen. Als Untersuchungsobjekt diente ihm Stylonychia mytilus, und verfuhr er dabei folgendermaßen: Zu einem Wassertropfen mit großen Stylonychien wurde auf dem Objektträger Salpetersäure zugesetzt und der Objektträger so lange erhitzt, bis alle Salpetersäure verdampft war. Nach dieser Manipulation erschienen die Exkretkörner gelbroth und färbten sich bei Zusatz von Kalilauge oder Ammoniak blau bezw. roth. Diese Versuche halte ich mit Bürscauı (lc. p. 1485) für ganz unzutreffend und durchaus nicht beweisend; denn erstens sind die Exkretkörner nach den Beobachtungen sämmtlicher früherer Forscher wie auch nach den meinigen in Salpetersäure (selbst 1%/,iger), sowie in Alkalien löslich, und zweitens ist die von RHumBLEr ausgeführte Reaktion durchaus keine Mu- rexidprobe und beweist demnach nicht das Vorhandensein der Harnsäure bezw. ihrer Salze. Bekanntlich besteht ja die Murexidreaktion darin, dass die in Wasser unlösliche (im üblichen Sinne) Harnsäure (bezw. schwer löslichen harnsauren Salze) bei der Behandlung mit Salpetersäure 1 E. MaupaAs, Contrib. etc. 1. c. p. 616—624. Taf. XX, Fig. 48—21 und Sur Coleps hirtus. Archiv. de zool. exper. et gener. 2 Ser. Vol. Ill. p. 352. Taf. XVII, Fig. 44, 2 L. RuumsLEer, Die verschiedenen Cystenbildungen und die Entwicklungs- geschichte der holotrichen Infusoriengattung Colpoda. Diese Zeitschr. Bd. XLVI. p. 559—560. Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorien. 39 gelöst und beim Verdampfen in Purpursäure übergeführt wird, welche als Rückstand zurückbleibt — und mit Ammoniak oder Kalilauge die entsprechenden schön farbigen Salze — rothes Ammoniumpurpurat oder Murexid und blaues Kaliumpurpurat liefert. Unbegreiflich ist es mir daher, auf welche Weise die charakteristische Färbung an den bei der Behandlung mit Salpetersäure ungelöst (?) gebliebenen Exkretkörnern auftreten konnte. Aus unserer historischen Übersicht ist somit zu ersehen, dass die chemische Zusammensetzung der Exkretkörner bis jetzt noch nicht mit Sicherheit ermittelt wurde, sondern dass bezüglich der Natur derselben bloß Vermuthungen ausgesprochen wurden. Eines nur schien zweifel- los zu sein, dass wir es hier mit einem Endprodukt des Stoffwechsels zu thun haben. Ein genaueres Studium der Exkretkörner erschien daher sehr erwünscht, da die Feststellung ihrer Natur uns einen Ein- blick in den Stoffwechsel der Protozoen verschaffen konnte. Auf diese muthmaßliche Bedeutung der Exkretkörner ist schon vor eirca 20 Jahren von BürscaLı! hingewiesen worden. b) Eigene Untersuchungen. Zu Demonstrationszwecken hatte ich in diesem Sommer mehrere Kulturen von Paramaecium caudatum angelegt. Die Infusorien wurden in Heudekokt mit Fleisch gezüchtet, vermehrten sich lebhaft, und sahen sehr wohlgenährt aus. Eine Betrachtung derselben ergab, _ dass sie von relativ großen und schönen Exkretkörnern resp. Exkret- krystallen stark erfüllt waren, so dass mir das Material sehr geeignet erschien, um an ihm die Ermittelung der chemischen Natur der Exkret- körner zu versuchen. Die Exkretkörner lagen entweder durch das ganze Entoplasma mehr oder weniger gleichmäßig zerstreut, oder zeigten bei einigen Individuen die Tendenz sich im vorderen und hinteren Körperende anzuhäufen. Bei in Konjugation begriffenen Exemplaren lagen sie meist in der mittleren Körperregion um den Makronucleus herum. Bei den meisten Individuen fanden sie sich nicht frei im Entoplasma, sondern in Vacuolen, welche gleich den Nahrungsvacuolen durch die Plasma- eirkulation im Körper beständig herumgeführt wurden. Gestalt und Größe. Die Gestalt der Exkretkörper ist sehr wechselnd, wie man aus beigegebenen Figuren (Fig. 3—6) ersehen kann. Die meisten besitzen krystallinische Beschaffenheit; einige von ihnen erscheinen als sogenannte Wachsthumsformen (Fig. 3 a), an- 1 0. Bürscauı, Beiträge ete. |. c. p. 251. 40 W. Schewiakoff, denen man einzelne schief abgestutzte Prismen mit Deutlichkeit wahrnehmen kann. Andere zeigen eine büschelförmige (b) oder garbenförmige (c) Gestalt und sind aus einzelnen dünnen Nadeln zu- sammengesetzt, oder sie erscheinen als Drusen (d), die gleichfalls aus Bündeln von kleinen Nadeln bestehen, welche in der Mitte zusammen- stoßend nach allen Richtungen des Raumes ausstrahlen. Seltener traf ich einzelne oder kreuzförmig angeordnete Nadeln (e), die dann ge- wöhnlich recht klein waren. Manche Krystallaggregate zeigten abge- rundete Ecken und waren theilweise von krummen Flächen begrenzt (f); diese Formen führten allmählich zu den biskuitförmigen oder hantelförmigen (9) Gebilden über, welche gleichfalls aus kleinen innig verbundenen Krystallnädelchen zusammengesetzt sind. Auch waren ziemlich regelmäßige cylindrische Gebilde (h) mit abgerundeten Enden anzutreffen. Außerdem fanden sich noch kugelige oder ellipsoidale (7) bis ganz unregelmäßig begrenzte Körnchen (k) vor, von denen die letzteren von geraden sowie krummen Flächen begrenzt waren. Die Körner finden sich entweder einzeln vor (i, k), oder sind zu größeren Konkretionen (e) vereinigt. Betrachtet man solche runde oder unregel- mäßig begrenzte Körner bei stärkeren Vergrößerungen (Apochr. hom. Imm. 2 mm, Oc. 12), so erscheinen sie nicht homogen, sondern zeigen eine streifige Zeichnung (Fig. # u. 5), wobei die Streifen entweder parallel zu einander verlaufen oder strahlig um den Mittelpunkt des. Körnchens angeordnet sind. Demnach bestehen die Körner aus einzel- nen Krystallen resp. Nadeln. Eben so wie die Gestalt schwankt auch die Größe der Exkret- körner, und zwar nicht nur bei verschiedenen Individuen, sondern bei ein und demselben. So betrug die Länge der Krystallaggregate 0,003 bis 0,014 mm, wogegen die Körnchen 0,0018—0,003 mm im Durch- messer hatten. | | Farbe und optisches Verhalten. Die Farbe und das optische Verhalten der Exkretkörner resp. Krystalle ist bereits am Anfang der Arbeit erwähnt worden. Im durchfallenden Lichte erscheinen sie graugrün bis bräunlichgrün mit einem Stich ins Olivengrüne, im auf- fallenden Lichte — opak und stark glänzend. Sie sind sehr stark licht- brechend, stärker als Dammarlack oder Kanadabalsam, so dass ihr Brechungsindex mehr als 1,528—1,54 betragen muss, also etwa dem des Quarzes (1,54—1,55) gleichkommen kann. Im polarisirten Lichte erweisen sie sich deutlich doppeltbrechend, worauf schon Mauras hin- gewiesen hat. Gegen Druck verhalten sich die Exkretkörner verschie- den. Bei vorsichtig ausgeübtem Drucke zerbröckeln die büschel- oder garbenförmig gebauten (Fig. 3 b—d) in einzelne kleine Körperchen oder Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorien. ei Kryställchen, die ihre Doppelbrechung beibehalten — aus welchem Grunde wahrscheinlich Steın ! sie als spröde bezeichnete. Etwas an- ders verhalten sich die großen Krystallaggregate (Fig. 3 a u. f), sowie die biskuitförmigen Gebilde (Fig. 3 g) und die kleinen Exkretkörnchen (Fig. 3 i). Dieselben lassen sich nämlich bei stark ausgeübtem Drucke ganz platt quetschen; es entstehen dabei Risse, und nur die äußersten Enden der Krystallaggregate zerfallen in kleine krystallähnliche Bröckel, wogegen die große Masse ganz breit gedrückt wird. Jedoch auch bei solchen plattgedrückten Exkretkörpern ist bei starken Vergrößerungen eine Streifung nicht zu verkennen, was darauf hinzudeuten scheint, dass die Exkretkörner aus kleinen Körperchen bezw. Kryställchen be- stehen. Dieses Verhalten gegen Druck ist auch von Mavpras (1. c. p. 617) festgestellt worden, wobei er bemerkte, dass die zerdrückten Krystalle ihre Doppelbrechung verlieren. Verhalten zu Lösungsmitteln. Die im Nachstehenden zu schildernden Ergebnisse über das Verhalten der Exkretkörner zu Lösungsmitteln wurden sowohl an ganzen Paramaecien, als auch an durch Zerquetschen isolirten Exkretkörnern gewonnen. Da, wo bei den angestellten Versuchen nichts Besonderes bemerkt wird, sind immer isolirte Exkretkörner gemeint. Ich halte es für kaum nöthig hinzuzu- fügen, dass die Auflösung isolirter Exkretkörner bedeutend schneller erfolgt, als solcher, welche im Entoplasma der Paramaecien liegen. Wasser. Im kalten Wasser sind die Exkretkörner unlöslich im üblichen Sinne. Ich verfolgte sie über eine Stunde unter dem Mikro- skop, ohne dass irgend welche Veränderungen an ihnen wahrzunehmen waren. Bringt man sie in eine feuchte Kammer und leitet von Zeit zu Zeit Wasser durch (selbstredend unter mikroskopischer Kontrolle, da- mit beim Durchleiten des Wassers die Krystalle nicht fortgeschwemmt werden), so lösen sie sich in circa 24 Stunden vollkommen auf. Aus der großen Menge Wasser, welche zum Auflösen der äußerst kleinen Exkretkörner gebraucht wird, kann man schließen, dass das Wasser sehr geringe Mengen von der Substanz auflöst, vielleicht 1 Theil der Substanz in 10 000—20 000 Theilen Wassers — so dass die Substanz als unlöslich (im üblichen Sinne) zu bezeichnen wäre. Die im Ento- plasma solcher Paramaecien enthaltenen Exkretkörner, welche durch Hitze oder Alkohol abgetödtet sind, lösen sich noch langsamer und brauchen etwa 48 Stunden dazu. | In heißem Wasser sind die Exkretkörner etwas schneller löslich. Leitet man siedendes Wasser mehrfach durch, so bleiben die Krystalle 1 F. Steıs, Der Organismus etc. 1, c. p. 68. 42. W. Schewiakoff, unverändert, bringt man dagegen den Objektträger auf das Wasserbad, so lösen sich dieselben in circa einer Stunde völlig auf. Um die Auf- lösung genauer zu verfolgen, untersuchte ich sie auf dem heizbaren Objekttische. Derselbe wurde auf 75—80° C. erhitzt, während durch das Präparat beständig siedendes Wasser durchgeleitet wurde. Beim Auflösen schmelzen die Exkretkörner resp. Krystalle nicht von außen ab, sondern behalten bis zuletzt ihre Umrisse, welche erst allmählich verschwinden. Nach etwa !/, Stunde verlieren die Krystalle ihre grau- grüne Farbe und werden vollkommen durchsichtig; dabei bekommen sie eine bröckelige Beschaffenheit (Fig. 6 b) und ein Theil der Substanz wird aufgelöst, ohne dass die allgemeine Gestalt verändert wird. Nach einer weiteren Stunde bleibt nur ein Residuum (die allgemeine Gestalt des Krystalls) zurück, welches das ursprüngliche Lichtbrechungsver- mögen eingebüßt hat und im Polarisationsapparat einfach brechend erscheint. Bald verschwindet auch dieser letzte Rest. Auch an ganzen Paramaecien ist es mir gelungen die Auflösung der Exkretkörner in heißem Wasser nachzuweisen. Dieselben wurden in einem kleinen Reagensglase mit Wasser gekocht, wobei die Auflösung erst nach circa 2 Stunden erfolgte. | Mineralsäuren. Schwefel-, Salpeter- und Salzsäure, koncen- trirte sowie verdünnte (10°/ ige und sogar 1°/,ige) lösen isolirte sowie in Paramaecien enthaltene Exkretkörner sofort und ohne Gasentwick- lung auf. Am langsamsten löst die 1°/,ige Salpetersäure, jedoch braucht auch sie nur I—2 Minuten dazu. Nach Mauras (p. 618) sollen die Ex- kretkörner auch in Chromsäure löslich sein. Die Auflösung in den Mineralsäuren erfolgt so schnell, dass man den Process nicht näher verfolgen kann. Bei der Behandlung mit 1°/,iger HNO, glaube ich ge- sehen zu haben, dass die Körner rasch von außen abschmelzen. Essigsäure. In koncentrirter Essigsäure erfolgt die Auflösung sehr langsam. Verdünnte (10°/,ige) Essigsäure löst gleichfalls schwer auf, doch bedeutend leichter (in eirca 10—20 Minuten) als die koncen- trirte. Bei Auflösung der Krystalle in der Essigsäure findet dasselbe Verhalten statt, welches bei der Auflösung in heißem Wasser geschil- dert wurde. Ammoniak und Alkalien. In gewöhnlichem Ammoniak (Liqu. ammon. caust.) lösen sich die Exkretkörner auf, aber bedeutend lang- samer als in Säuren. Noch langsamer erfolgt die Auflösung in halb oder zum vierten Theil verdünntem Ammoniak, ja es lösen sich sogar früher manche Bestandtheile des zerdrückten Plasmakörpers des Para- maeciums, und erst später beginnt die Auflösung der Exkretkörner. Dabei verlieren sie ihre Farbe, büßen ihre Lichtbrechung ein und Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorien, 943 werden bröckelig, worauf dann die einzelnen Bröckel aufgelöst werden, bis die Krystalle vollkommen verschwinden. 35°/,ige Kali- oder Natron- lauge löst ziemlich schnell auf. Verdünnte Lösungen wirken etwas langsamer ein; 1°/,ige KHO zeigt ähnliches Verhalten wie vierfach ver- dünntes NH;. Lösungen von Salzen. Es wurden verschiedene in Wasser lösliche Salze angewandt, so NaCl, NH,Cl, Na5CO, und NaHPO, von verschiedenen Koncentrationen (gesättigte bis 5°/,ige Lösung). In diesen Salzlösungen werden die Exkretkörner ziemlich langsam (20 Minuten bis zu 2 Stunden) aufgelöst, jedoch bedeutend leichter als im destillir- ten Wasser. Die Auflösung erfolgt unter denselben Erscheinungen, welche bei Auflösung in heißem Wasser oder NH; geschildert wurden. Auch in menschlichem Harn, welcher sauer reagirte, lösen sich die Ex- kretkörner, wenn auch ziemlich langsam, auf. Nach Mauris’ Angaben werden die Krystalle in Chlorzinkjod ebenfalls gelöst. Alkohol und Äther. In absolutem Alkohol sind die Krystalle unlöslich. Die Paramaecien wurden mehrere Tage in demselben ge- halten, ohne dass man eine Spur von Veränderung an Exkretkörnern bemerken konnte. Eben so verhielten sie sich auch in einem Gemisch von Alkohol und Äther, in welchem die Paramaecien einige Tage bei einer Temperatur von 40°C. verblieben. Dessgleichen unlöslich sind die Exkretkörner in Schwefelkohlenstoff. Auch 1°%/,ige Osmiumsäure blieb wirkungslos. Verhalten gegen Farbstoffe. In schwacher Jodtinktur bleiben die Exkretkörner unverändert. Von Hämatoxylin und Alaunkarmin (nach Mauras auch von Pikrokarmin) werden sie nicht gefärbt. Eben so wenig werden Anilinfarbstoffe aufgenommen. Leitet man eine alkoholische oder wässerige Methylenblau- oder Methylviolettlösung durch, so scheinen die Krystalle, besonders wenn sie nicht isolirt wur- den, einen farbigen Ton anzunehmen; wäscht man aber den über- schüssigen Farbstoff mit Wasser aus, so sieht man deutlich, dass die Exkretkörner keinen Farbstoff aufgenommen haben, was besonders deutlich an isolirten Krystallen zu sehen ist. Zusammenfassung. Fassen wir die Resultate dieser Versuche zusammen, so ergiebt sich, dass die Exkretkörner- resp. Krystalle sehr schwer löslich (unlöslich im üblichen Sinne) in Wasser sind, schwer löslich in koncentrirter Essigsäure und verdünntem Ammoniak, leichter in Lösungen verschiedener Salze, schwacher Essigsäure und Ammoniak, dagegen sehr leicht löslich in Mineralsäuren und Alkalien, unlöslich in Alkohol, Äther und Schwefelkohlenstoff. Die negativen Resultate gegen Farbstoffe erlaubten den Schluss, dass weder eine AA W. Schewiakoff, eiweißartige Substanz, noch ein Kohlenhydrat vorlag. Das Verhalten gegen Osmiumsäure, sowie Alkohol und Äther schloss auch die Fett- natur der Exkretkörner aus. Da nun die übrigen Reaktionen, sowie das optische Verhalten und die Gestalt der Exkretkörner für Harnsäure resp. ihre Salze zu sprechen schienen, und da außerdem diese Ver- muthung bereits von mehreren Forschern ausgesprochen war, so lag es auf der Hand dieselben zunächst auf Harnsäure, und zwar mittels der Murexidreaktion zu prüfen. Zu diesem Zwecke brachte ich in ein Uhrschälchen eirca 1 em der Kulturflüssigkeit, in welcher reichlich Paramaecien mit schönen Ex- kretkrystallen enthalten waren (schätzungsweise 10 000—20 000 Stück) und ließ das Wasser bis auf einen geringen Bodensatz verdunsten. Dazu fügte ich Salpetersäure, brachte, nachdem die Exkretkörner ge- löst waren, einige Tropfen davon auf einen Porzellandeckel, und ließ sie über dem Wasserbade zur Trockne eindampfen. Der Verdampfungs- rückstand war niemals roth (wie es für Harnsäure charakteristisch ist), sondern glänzend citronengelb; derselbe war in Ammoniak löslich und lieferte auf Zusatz von Natronlauge beim Eindampfen einen schmutzig- rothen oder braunrothen Rückstand. Wenn demnach die Murexidreak- tion, die doch selbst für sehr geringe Mengen recht empfindlich ist, negativ ausfiel, so schien die erhaltene Reaktion die Vermuthung nahe zu legen, ob wir hier nicht einen Xanthoproteinkörper, und zwar Xanthin oder Guanin vor uns hätten. Dies um so mehr, als die oben geschilderten Reaktionen der Exkretkörner (Verhalten zu Lösungs- mitteln) mit denen des Xanthins oder Guanins (unlöslich in Alkohol und Äther, unlöslich im üblichen Sinne in Wasser, schwer löslich in NH,, dagegen leicht löslich in NaHO und Mineralsäuren) übereinstimmten. Außer diesen besitzen Xanthin und speciell Guanin recht charakte- ristische Reaktionen, welche bei Hoprr-Sevrer ! und HALLIBURTON-KAISER ? zusammengestellt sind. Ich hielt es daher für gerathen diese Reak- tionen zunächst an reinem Xanthin und Guanin durchzumachen, um dann die entsprechenden Reaktionen an den Exkretkörnern besser beurtheilen zu können. Durch die Freundlichkeit des Herrn Geheim- rath Künne, dem ich auch an dieser Stelle meinen aufrichtigen Dank entgegenbringen möchte, stand mir Xanthin und Guanin zur Verfügung, an denen ich alle Reaktionen (auch die von Carranıca) durchprobiren konnte. ı F, Horpe-SeyLer, Handbuch der physiologisch- u. pathologisch-chemischen Analyse. 6. Aufl. Berlin 4893. p. 113—116. 2 W. Haruizurron u. K. Kässer, Lehrbuch der chemischen Physiologie und Pathologie. Heidelberg 1893. p. 440—442. Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorien. en Nachdem ich über das Wesen und den Gang der charakteristischen Reaktionen auf Guanin und Xanthin durch eigene Erfahrung informirt war, wandte ich dieselben auf die Exkretkörner an. Um die betreffende Substanz in größeren Mengen zu bekommen, wurde folgendes Verfahren eingeschlagen, welches mir von Professor Bürscnzı empfohlen wurde. Kulturen, welche von Paramaecium (P. caudatum) wimmelten, wurden durch einen kleinen Thoncylinder mittels einer Wasserpumpe filtrirt. Der gallertige Rückstand, welcher fast ausschließlich aus Paramaecien bestand, wurde vorsichtig aus dem Thoncylinder herausgenommen, in einem Uhrschälchen auf dem Wasserbade bis zur Trockne eingedampft und in einem kleinen Achatmörser zerrieben. Der fein gepulverte Rückstand wurde darauf mit etwa 3 cem 5P/,iger Salzsäure (in destillir- tem H,O) auf dem Wasserbade 1 Stunde ausgekocht, filtrirt, und bis zu 1/, des Volums vorsichtig eingedampft. Auf die beschriebene Weise erhielt ich etwa 0,5 ccm der in Salzsäure gelösten Exkretkörnersub- stanz, womit ich einige Reaktionen versuchen konnte. Es wurden zwei gleiche Proben hergestellt. Zu der ersten Probe verwandte ich eine Kultur von Paramaecien, welche im gewöhnlichen Wasser mit Zoogloea und Bakterien gefüttert wurden. Die Paramaecien waren in sehr großer Menge vorhanden, enthielten aber recht kleine (runde bis unregelmäßig begrenzte) Exkretkörner. Vor dem Filtriren wurde das Zoogloeahäutchen, welches die Kulturschale kontinuirlich überzog, vorsichtig entfernt, so dass die Flüssigkeit fast nur Paramae- cien enthielt. Ich bestimmte auch schätzungsweise (so genau es ging die Anzahl der Paramaecien, die zur Herstellung der Exkretkörner- lösung verbraucht wurden. Die Kultur wurde mit einem Glasstabe recht energisch umgerührt (um die Paramaecien ziemlich gleichmäßig in der Flüssigkeit zu vertheilen) und mittels eines Kapillarröhrchens, welches zuvor kalibrirt wurde, ein kleiner Tropfen herausgenommen. Dieser Tropfen wurde auf einen Objektträger gebracht, die Paramae- cien mit Osmiumsäuredämpfen abgetödtet und (nach dem für Blut- körperchen üblichen Verfahren) gezählt. So enthielt ein kleiner Tropfen von 0,02 ccm Flüssigkeit durchschnittlich 450 Stück, oder i ccm 22600 Stück Paramaecien. Da ich aber 74 ccm Kulturflüssigkeit fil- trirte, so enthielt demnach der Rückstand etwa 1 600 000 Paramaecien. Zur Herstellung der zweiten Probe verbrauchte ich eine Kultur von Paramaecien, welche in einer Heuabkochung gezüchtet und mit verwesendem Fleisch gefüttert wurden. Diese Kultur enthielt zwar eine etwas geringere Anzahl von Paramaecien, dafür aber waren sie von schönen und großen Exkretkrystallen dicht erfüllt. So enthielt ein Tropfen von 0,02 ccm Flüssigkeit 170—200, oder 1 ccm 8500—10000 46 W, Schewiakoff, Stück Paramaecien. Ich filtrirte 90 cem Flüssigkeit und hatte im Rück- stand circa 760 000—900 000 Paramaecien. Bei dieser Probe bestimmte ich auch das Gewicht der Trockensubstanz. Der aus dem Thoneylinder herausgenommene Rückstand wurde in einem Uhrschälchen bis zur Trockne eingedampft, darauf '!/, Stunde bei 100° C. getrocknet und gewogen. Nach Abzug des Gewichts des Uhrschälchens betrug somit das Gewicht der Trockensubstanz von etwa 700 000 Paramaecien (viele bleiben doch in dem Thoncylinder zurück) — 0,0146g. Demnach würde 1 Paramaecium 0,00002 mg Trockensubstanz (Protoplasma sammt Ein- schlüssen) enthalten, oder mit anderen Worten 50000 Paramaecien 1 mg Trockensubstanz liefern. Die durch Auflösung der Exkretkörner in Salzsäure erhaltene Flüssigkeit war vollkommen klar und besaß eine schwach gelbliche (weingelbe) Farbe; es wurden mit ihr folgende Reaktionen angestellt. Zunächst wurde ein Tropfen derselben auf einem Porzellanscherben eingetrocknet und mit rauchender Salpetersäure eingedampft. Der Rückstand war glänzend citronengelb, löste sich in NH, und NaHO, und hinterließ beim vorsichtigen Eindampfen nach NaHO-Zusatz einen schmutzig rothen oder rothbraunen Rückstand. Diese Reaktion war nicht charakteristischer ais die, welche ich schon früher (s. p. 44) er- halten hatte, und wenn man auch nach ihr auf das Vorhandensein von Xanthoproteinkörpern (speciell Xanthin oder Guanin) schließen konnte, so war doch nicht angezeigt anzunehmen, dass die Exkretkörner aus- schließlich aus dieser Substanz bestehen sollten, da bei der verbrauch- ten Quantität die Reaktion viel charakteristischer hätte ausfallen müssen. Andererseits ist es nicht unmöglich, dass verschiedene organische Sub- stanzen, welche durch Behandeln mit HCl aus dem Protoplasmakörper der Paramaecien extrahirt wurden, mit HNO, einen gelben Rückstand hinterlassen können. | Noch minder beweisend fielen die von GarpranıcA ! für Guanin vor- geschlagenen Reaktionen aus. Nach ihm geben kalt gesättigte Lösung von Pikrinsäure, koncentrirte Lösung von Ferricyankalium (rothes Blutlaugensalz), sowie koncentrirte Lösung von einfach chromsaurem Kali mit salzsaurer Guaninlösung — charakteristische krystallinische Doppelsalze. Es gelang mir auch dieselben mit reinem Guanin zu er- halten, dagegen führten die Versuche mit der salzsauren Lösung der Exkretkörner zu keinem Resultate. Als eine weitere sehr charakteristische Reaktion für Guanin wird das salzsaure Guanin selbst angeführt, welches beim vorsichtigen Ein- 1 Ss. CAPRANICA, Vorläufige Mittheilung einiger neuer Guanin-Reaktionen. Zeit- schrift für physiol. Chemie. Bd. IV. 1880. p. 233—236. ar Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorien. San trocknen der betreffenden Lösung in langen, gewöhnlich büschelförmig angeordneten Nadeln (vierseitige Säulen) auskrystallisirt. Diese Kry- stalle zeigen außerdem ein charakteristisches Verhalten im polarisirten Lichte, indem bei ihnen nach Beurens’, Kosser’s und SCHIEFFERDECKER'S ! Angaben die Auslöschungsrichtung mit den Kanten einen Winkel von 27—30° bildet. Durch vorsichtiges Eintrocknen einer schwachen salz- sauren Guaninlösung gelang es mir mit Leichtigkeit die entsprechenden Krystalle zu erhalten, jedoch bildete bei ihnen im polarisirten Lichte die Auslöschungsrichtung mit den Kanten einen Winkel von 40—42°. Es galt nun, die durch Auflösung der Exkretkörner in HCl erhal- tene Flüssigkeit auf diese Reaktion zu prüfen. Zu diesem Zwecke brachte ich kleine Tropfen von den beiden Proben auf den Objektträger und ließ dieselben vorsichtig eintrocknen. Nach dem Eintrocknen er- hielt ich lange prismatische Krystalle, welche theils in einzelnen Nadeln auftraten, theils büschelartig angeordnet waren; auch konnte man kleine Sechsecke beobachten (Fig. 7). Selbstredend waren die Kry- stalle um so schöner ausgebildet, je langsamer sie auskrystallisirten, und waren in der zweiten Probe bedeutend reichlicher als in der ersten vorhanden. Die Krystalle waren sehr hygroskopisch und zerflossen sehr leicht, wenn sie in eine feuchte Atmosphäre gebracht wurden. Diesel- ben waren den salzsauren Guaninkrystallen sehr ähnlich, unterschieden sich aber wesentlich von ihnen durch ihr optisches Verhalten. Im polarisirten Lichte erschienen sie schwach doppeltbrechend und er- folgte die Auslöschung parallel der Längsachse der Krystalle. Schal- tete man ein Gipsplättchen ein, so erwiesen sie sich positiv, d. h. die kleine Elastieitätsachse lag in der Richtung der Längsachse des Krystalls, wogegen die große senkrecht zu derselben lag (Fig. 8). Sie scheinen dem rhombischen Systeme anzugehören und konnte man bei einigen größeren Krystallen die Winkel wenigstens annähernd bestimmen 2. So betrugen die beiden gleichen Winkel « (Fig. 8) je 128° und der dritte $ 104°, Nach dem eben geschilderten Verhalten der Krystalle zu urtheilen, lag die Vermuthung ziemlich nahe, dass dieselben mit den salzsauren Guaninkrystallen nicht identisch wären und demnach höchst wahr- 1 W. BEHRENS, A. KosseL u. P. SCHIEFFERDECKER, Das Mikroskop u, die Metho- den der mikroskopischen Untersuchung. Braunschweig 1889. p. 280. 2 Bei der Beurtheilung der optischen Eigenschaften der Krystalle unterstütz- ten mich freundlichst die Herren Geheimrath Rosznsusch und Prof. Bürscatı. Die bezüglichen Messungen wurden von Herrn Kollegen Dr. v. KrAATz-KoscHLAU ange- stell. Sämmtlichen diesen Herren bin ich zu großem Dank verpflichtet, welchen ich auch an dieser Stelle aussprechen möchte. 48 W. Schewiakoff, scheinlich aus einer anderen Substanz bestünden. Es lag auf der Hand zunächst zu prüfen, wie diese beiden Krystalle sich beim Glühen ver- halten würden. Erhitzt man die salzsauren Guaninkrystalle auf dem Objektträger über einer Bunsen’schen Flamme, so verkohlten sie zu- nächst und verbrannten darauf vollkommen, ohne eine Spur zu hinter- lassen. Anders verhielten sich die aus den Exkretkörnern der Para- maecien gewonnenen Krystalle. Auf dem Objektträger in derselben Weise geglüht hinterließen sie einen Rückstand, in welchem man außer Kohle noch unveränderte Krystalle wahrnehmen konnte. Setzte man nun diesen einen Tropfen einer 1°/,igen Salzsäure oder sogar destillirten Wassers zu, so lösten sie sıch vollkommen auf. Dieser Tropfen, auf einen reinen Objektträger übertragen, lieferte nach vor- sichtigem Eintrocknen wiederum dieselben nadelförmigen Krystalle (Fig. 7—8), welche auch das gleiche optische Verhalten zeigten. Nun schien es außer jedem Zweifel zu liegen, dass wir es mit einer unorga- nischen Substanz zu thun haben. Berücksichtigte man nun das oben geschilderte Verhalten der Ex- kretkörner resp. Krystalle zu verschiedenen Lösungsmitteln (p. 41—43), so konnte man zunächst an ein Galeiumsalz, und da in diesem Fall die Oxalsäure und Schwefelsäure ausgeschlossen waren — an phosphor- sauren Kalk denken. Da ich nur über verhältnismäßig geringe Mengen der Lösung von Exkretkörnern in Salpetersäure verfügen konnte, so hielt ich nicht für gerathen dieselbe auf phosphorsauren Kalk direkt zu prüfen, sondern wollte zunächst die charakteristischen Reaktionen an reinem phosphorsauren Kalk versuchen. Der phosphorsaure Kalk ist bekanntlich im thierischen Körper sehr verbreitet und kommt als eine in Wasser unlösliche (im üblichen Sinne) Verbindung in zwei Formen vor, als normales Galeiumortho- phosphat (basisches nach früherer Bezeichnung) Ca;(PO,), und einfach saures Caleiumorthophosphat (neutrales nach früherer Bezeichnung) Ca3H>(PO,),. Ich stellte mir zunächst diese beiden Salze chemisch rein dar, löste von jedem 5 mg in 10 ccm 5°/,iger Salzsäure auf und dampfte die betreffenden Lösungen bis zu etwa /, ihres Volums ein. Auf diese Weise erhielt ich Lösungen von ungefähr derselben Koncentration, wie die der Exkretkörner der Paramaecien. Als ich einen Tropfen von diesen beiden Lösungen auf einem Objektträger vorsichtig eintrocknen ließ, erhielt ich nadelförmige, theils in Büscheln angeordnete Krystalle, welche den eben beschriebenen aus den Exkretkörnern der Paramae- cien gewonnenen Krystallen vollkommen ähnlich waren und dasselbe optische Verhalten (im polarisirten Lichte) zeigten. Diese Krystalle bestanden aus zweifach saurem Galciumorthophosphat (saures nach Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorien. 49 früherer Bezeichnung) CaH,(PO,),, in welches die beiden Salze Ca,(PO,)» und Ca5H,(PO,), bei Behandlung mit einer Säure übergeführt werden. An diesen geringen Quantitäten von phosphorsaurem Kalk konnte ich mit Leichtigkeit die Anwesenheit von Caleium und Phosphorsäure, theils mikro-, theils makroskopisch nachweisen. Da nun nach der Ähnlichkeit (in krystallographischer und optischer Beziehung) der bezüglichen Krystalle zu erwarten war, dass die aus den beiden Proben (durch Auflösung der Exkretkörner in HÜl) erhal- tenen Krystalle ebenfalls aus CaH,(PO,); bestehen würden, so wollte ich auch bei ihnen das Caleium, sowie die Phosphorsäure direkt nach- weisen und verfuhr dabei folgendermaßen. Zum Nachweis des CGalciums brachte ich einige Tropfen der Lösung von Exkretkörnern in HCl auf einen Objektträger und ließ sie eintrocknen. Der Rückstand wurde geglüht und in 5°/,iger Essigsäure aufgelöst, darauf nochmals einge- trocknet und geglüht. Diese Operation wiederholte ich drei- bis viermal, um die etwa frei vorhandene Salzsäure, welche die Bildung von oxal- saurem Kalk beeinträchtigen konnte, zu entfernen. Darauf setzte ich einen Tropfen von oxalsaurem Ammonium hinzu und erhielt schöne und charakteristische Krystalle von oxalsaurem Kalk. Dieselben traten meist in flachen quadratischen Pyramiden auf und erinnerten an die bekannte Gestalt eines Briefkouverts; auch fanden sich vier- bis acht- strahlige Sterne und kleine Prismen, sowie Wachsthumsformen vor. Sämmtliche Krystalle waren unlöslich in schwacher und koncentrirter Essigsäure, wohl aber löslich in schwacher (1°/,iger) Salzsäure. Ich habe kaum nöthig hinzuzufügen, dass ich auf gleiche Weise genau die- selben Krystalle von oxalsaurem Kalk aus den dargestellten phosphor- sauren Kalklösungen erhielt. Zum Nachweis der Phosphorsäure brachte ich in ein kleines Reagensgläschen gleiche Theile von molybdänsaurem Ammoniak und Salpetersäure und fügte eine Spur (einen kleinen Tropfen) von der Paramaeciumlösung hinzu. Es entstand sofort eine Trübung, welche beim vorsichtigen Erwärmen eine gelbe Farbe annahm. Unter dem Mikroskop konnte ich kleine Körnchen, resp. Kryställchen, von phosphor- saurem Ammoniummolybdat wahrnehmen. Nach 12 Stunden ruhigen Stehens des Reagensgläschens zeigte sich auf dem Boden desselben ein schön gelber Niederschlag, der vollkommen ähnlich demjenigen war, welcher auf dieselbe Weise aus phosphorsaurem Kalk erhalten wurde. Wenn es demnach keinem Zweifel mehr unterliegen konnte, dass die durch Auflösung der Exkretkörner in Salzsäure erhaltene Flüssig- keit phosphorsauren Kalk enthielt, so konnte doch ein gewisses Bedenken Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Ba. 4 50 W. Schewiakoff, ausgesprochen werden, ob diese Verbindung von den Exkretkörnern herrührt und nicht sonst im Protoplasma der Paramaecien gelöst oder gar in der Kulturflüssigkeit vorhanden sein konnte. Obgleich nun der Umstand, dass die zweite Probe (welche von Paramaecien gewonnen wurde, die eine bedeutend größere Menge von großen Exkretkrystallen, als die der ersten Probe enthielten) mehr Krystalle, d. h. mehr phos- phorsauren Kalk als die erste (die aber dafür mehr Paramaecien enthielt) lieferte, gegen diese Annahme zu sprechen schien, so suchte ich doch den phosphorsauren Kalk in den Exkretkörnern direkt nachzuweisen. Zum Nachweis des Caleiums isolirte ich einige Paramaecien (mit schön ausgebildeten Exkretkrystallen) in destillirtem Wasser und brachte sie darauf auf einen Objektträger. Das Wasser wurde durch vorsichtiges Absaugen entfernt, so dass die zwei bis drei Paramaecien trocken gelegt wurden. Darauf fügte ich einen Tropfen 5°/,iger Essig- säure hinzu und wartete bis die Exkretkrystalle aufgelöst wurden. Bei nachherigem Zusatz von Ammoniumoxalat bildeten sich in der unmittel- baren Nähe des Paramaeciums kleine Kryställchen von oxalsaurem Kalk. Auch auf eine andere Weise gelang es den Kalk in den Exkret- körnern nachzuweisen. Die Paramaecien wurden auf die eben be- schriebene Weise isolirt, das Wasser entfernt und ein Tropfen Schwefelsäure zugesetzt; die Exkreikrystalle lösten sich momentan auf und es entstanden in der unmittelbaren Nähe der Paramaecien die charakteristischen Nadeln von schwefelsaurem Kalk. Damit diese Reaktion recht gelingen soll, muss man vermeiden, die Schwefelsäure durch ein mit Deckglas bedecktes Präparat durchzuleiten, da hierbei durch den erzeugten Strom die schwefelsauren Kalkkrystalle leicht fortgeschwemmt werden. Dieser Umstand wird wohl die Ursache ge- wesen sein, wesshalb ich beim Prüfen der Exkretkrystalle bezüglich ihres Verhaltens zu verschiedenen Lösungsmitteln die Bildung der Caleiumsulfatkrystalle nicht wahrnehmen konnte. Zum Nachweis der Phosphorsäure verfuhr ich in der oben geschil- derten Weise und setzte einen Tropfen von einem aus gleichen Theilen molybdänsaurem Ammoniak und Salpetersäure bestehenden Gemisch hinzu. Es erfolgte eine momentane Auflösung der Exkretkrystalle, wobei sich in der unmittelbaren Nähe der Paramaecien kleine Kryställ- chen von grünlichgelbem phosphorsaurem Ammoniummolybdat bildeten. Diese Reaktion geht noch besser an durch Zerdrücken der Paramaecien isolirten Exkretkrystallen, nur dass man dabei recht wenig Wasser nehmen, das Gemisch von Ammoniummolybdat und Salpetersäure vor- sichtig zusetzen und längeres Durchleiten vermeiden muss, weil sonst die kleinen Kryställchen leicht fortgeschwemmt werden können; Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorin. >» 51 immerhin fällt es nicht schwer, dieselben nachzuweisen, da sie durch den beim Durchleiten entstehenden Strom in längeren Zügen, wenn auch nur zum Theil zurückbleiben. Interessant ist auch das Verhalten des salpetersauren Silbers zu den Exkretkrystallen. Setzt man eine schwache (etwa 5°/,ige) Lösung von AgNO, zu durch Druck isolirten Exkretkrystallen, so lösen sie sich nicht auf, bekommen aber eine schöne goldgelbe Farbe, was auf die Bildung von phosphorsaurem Silber hinzudeuten scheint. Aus diesen Versuchen scheint demnach mit ziemlicher Sicherheit hervorzugehen, dass die Exkretkörner resp. Krystalle der Paramaecien, sowie vermuthlich die analogen Gebilde anderer Protozoen aus phos- phorsaurem Kalk bestehen. Etwas schwieriger ist es zu entscheiden, in welcher Form der phosphorsaure Kalk in den Exkretkörnern vor- handen ist. Selbstredend sind die Quantitäten zu gering, als dass man daran denken könnte, die Mengen von Calcium und Phosphorsäure quantitativ zu bestimmen. Nach der Analogie des Vorkommens von phosphorsaurem Kalke in verschiedenen Geweben und Flüssigkeiten der verschiedenen Thiere, sowie den angeführten Reaktionen ist es sehr wahrscheinlich, dass wir es mit einem Kalksalze der Orthophos- phorsäure zu thun haben. Letztere bildet bekanntlich mit Calcium drei verschiedene Salze, von denen das zweifachsaure CaH, (PO,), in Folge seiner leichten Löslichkeit in Wasser ausgeschlossen zu sein scheint, und wir demnach in den Exkreikörnern entweder das normale Ca; (PO,), oder das einfachsaure Ca3H>(PO,), (welche in Wasser sehr schwer löslich — unlöslich im üblichen Sinne sind) zu vermuthen hätten. Diese beiden Salze finden sich in der Natur außerordentlich ver- breitet und sind in allen Theilen des thierischen Organismus, und zwar nicht nur in festen Theilen (Knochen, Zähnen etc.), sondern auch in verschiedenen Geweben, wie z. B. Muskeln und Flüssigkeiten, wie Blut, Milch, Speichel, Harn ete. nachgewiesen worden. Sie kommen entweder im gelösten Zustande, wie z. B. im Muskelsafte, Blutflüssigkeit ete., oder als feste Bestandtheile vor. Als Lösungsmittel dienen Säuren (Milch- säure, Kohlensäure), verschiedene Salze und organische Stoffe, beson- ders Eiweißstoffe, mit denen sie auch Verbindungen eingehen können. Im festen Zustande finden wir sie in den Knochen und Zähnen vor, oder in Gestalt von größeren und kleineren Konkretionen, die in eini- gen Organen oder im Harn vorkommen können und als Nieren- resp. Blasensteine bezeichnet werden. Letztere besitzen gewöhnlich eine graue oder Schmutzig gelbe Farbe. Auch in Harnsedimenten ist phos- phorsaurer Kalk nachgewiesen worden. 4* 52 W. Schewiakoff, Der normale phosphorsaure Kalk Ca,(PO,),, wenn er im festen Zu- stande im Organismus angetroffen wird, erscheint immer amorph in der Gestalt von kleinen Körnchen oder Konkretionen. Auch der ein- fach saure phosphorsaure Kalk Ca,H, (PO,), kommt öfters im festen Zu- stande vor. So wies ihn Wörner! in einer Konkretion — dem sogen. Belugensteine, nach, welche sich häufig beim Stör (Acipenser huso) in der Nähe der Nieren bildet; Hoorer 2, AgeL und Tnonms fanden denselben in dem Holze von Tectona grandis. Zum Unterschied von Ca;(PO,)» ist Ga3H>(PO,), auch öfters im krystallinischen Zustande angetroffen worden. So fanden ihn Rosın und VerdeiL® im Harn des Menschen und des Hundes in der Gestalt von kleinen Prismen (hemiocta&dres allonge&s, derivant au prisme droit A base rectangle). Hassarı * und Ste fanden Ga;H, PO,), ebenfalls im Menschenharn in der Gestalt von Rosetten, die aus Prismen zusammengesetzt waren, sowie in Kügelchen und Hantelformen. Die bei Hassırı abgebildeten Krystalle (p. 284, Fig. 1) sind manchen Exkretkrystallen, welche man bei Paramaecien vorfindet, nicht unähnlich, so dass ich in Übereinstimmung mit den übrigen Reak- tionen geneigt wäre dieselben für einfachsaures Caleiumorthophosphat Ca,H>(PO,), zu halten. Immerhin lässt sich dieses nicht mit Sicherheit behaupten. Sicher scheint nur aus den geschilderten Versuchen und Reaktionen hervor- zugehen, dass die Exkretkörner resp. Krystalle zum größten Theil Calcium sowie Phosphorsäure enthalten. Diese in Wasser (im üblichen Sinne) unlösliche Verbindung wird durch Behandlung mit Salzsäure oder mit anderen Lösungsmitteln höchst wahrscheinlich in zweifach- saures Calciumorthophosphat CaH,(PO,), übergeführt, welches beim Eintrocknen in hygroskopischen, leicht zerfließlichen Nadeln auskry- stallisirt. Unmöglich ist aber nicht, dass die Exkretkörner, abgesehen von Calcium und Phosphorsäure, noch eine organische Substanz enthal- ten, welche bekanntlich mit phosphorsaurem Kalk auch unlösliche Verbindungen eingehen kann. i F. WöRLER, Analyse einer thierischen Konkretion. Annal. d. Chemie u. Phar- macie. Bd. LI. 4844. p. 437—439. 2 D. Hoorer, The mineral concretion of the teak-tree. Nature. Vol. XXXVI. 1888. p. 523—524. 3 CH. Rosın et F. VeErDEIL, Traite de chimie anatomique et physiologique nor- male et pathologique. Paris 1853. T. II. p. 303—304. Atlas Pl. Ill, Fig. 41 a—m. * A. Hırı HassAarı, On the frequent occurence of phosphate of lime, in the crystalline form in human urine, and on its pathological importance. Proceed. of the Roy. Soc. of London. Vol. X. 1860. p. 281—288. 5 C. Stein, Über Sedimente von Phosphaten in alkalischem Harn. J. Liesig’s Annal. d. Chemie. Bd. CLXXXVI. 4877. p. 77—100. Taf. II, Fig. A—18. Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorien. 53 3. Bildung und Ausscheidung der Exkretkörner. Bezüglich der Bildung der Exkretkörner ist es mir gelungen Einiges zu beobachten, worüber ich bei dieser Gelegenheit ebenfalls kurz be- richten möchte. Wie bereits früher erwähnt wurde, liegen die Ex- kretkörner resp. Krystalle theils frei im Entoplasma, theils in beson- deren Vacuolen. Durchmustert man Kulturen von gut genährten Para- maecien, so fällt es nicht schwer wahrzunehmen, dass öfters in einigen mit Bakterien erfüllten Nahrungsvacuolen, kleine stark lichtbrechende Körperchen vorkommen, welche doppeltbrechend sind und demnach als Exkretkörner anzusprechen wären. Diese Körnchen fehlen durchweg in neugebildeten Nahrungsvacuo- len und müssen erst später bei der sich vollziehenden Verdauung auf- treten. Bekanntlich werden die vom Schlundende abgetrennten Nah- rungsvacuolen von der Plasmacirkulation ergriffen und im Entoplasma umhergeführt. Dabei erfahren die Nahrungsvacuolen eine Veränderung, die wesentlich darin besteht, dass das Wasser der Nahrungsvacuole allmählich vom Entoplasma resorbirt und die Vacuole dem entsprechend immer kleiner wird. Diese Resorption haben wir uns so zu denken, dass mit dem Wasser aufgelöste Nahrungsstoffe aus der Nahrungsvacuole austreten und dem Entoplasma einverleibt werden müssen. Nachdem die Nahrungsvacuole bedeutend kleiner geworden ist (also nach voll- zogener Verdauung) werden die unverdauten Nahrungsreste, umgeben vom zurückgebliebenen Wasser, der Vacuole per anum ausgestoßen. Dabei konnte ich aber nie bemerken, trotzdem ich den Vorgang stunden- lang und mehrmals verfolgt habe, dass die Exkretkörner mit den Nah- rungsresten bei der Defäkation nach außen entleert werden. Auch Maupas (Contribut. ete. 1. cc. p. 618) konnte dies bei Paramaecium aurelia nicht feststellen. Dagegen will Sreın (Organismus ete. 1. c. p- 68) bei Paramaecium bursaria beobachtet haben, dass die Ex- kretkörner mit den Kothballen (Exkremente) durch den After ausge- stoßen werden. Ich glaube dagegen, dass die Exkretkörner bei der Defäkation im Entoplasma zurückbleiben, oder schon früher mit der Flüssigkeit aus der Nahrungsvacuole in das Entoplasma gelangen. Lei- der ist es mir, trotz allem Bemühen, nicht gelungen, diesen Vorgang direkt zu beobachten, ich glaube aber dieses annehmen zu dürfen, und zwar auf Grund der weiter zu beschreibenden Versuche, die ich an mit Fleisch genährten Paramaecien angestellt habe. Wie oben (p. 39) bereits angeführt, zeichneten sich die in Heu- auskochung mit Fleisch genährten Paramaecien dadurch aus, dass sie reichliche Ansammlungen von großen und schönen Exkretkrystallen 54 W. Schewiakofl, enthielten (Fig. 4—2). Dass die Bildung der großen Exkretkrystalle von der Art der aufgenommenen Nahrung bedingt wurde, schien ziem- lich einleuchtend zu sein, und fällt es auch nicht schwer, sich davon zu überzeugen. Bringt man nämlich auf die gewöhnliche Art (also mit Bakterien) genährte Paramaecien, welche meist kleine Exkretkörner besitzen, in eine Heuauskochung, der ein Stück Fleisch zugesetzt ist, oder in Wasser mit in Verwesung begriffenem Fleische, so sind die Paramaecien binnen einigen Tagen von großen Exkretkrystallen er- füllt. Nachdem ich feststellen konnte, dass die Exkretkrystalle aus phosphorsaurem Kalk bestehen, wird auch die Entstehung derselben in größerer Zahl begreiflich. Bekanntlich enthalten die Muskeln ge- lösten phosphorsauren Kalk (so enthält die Fleischasche 3,19°/, phos- phorsauren Kalk), welcher bei der Nahrungsaufnahme in die Nahrungs- vacuolen aufgenommen wird und daselbst bei der stattfindenden Verdauung (Entziehung von Verdauungsstoffen) sich in Krystallen ausscheidet. Auch das Hühnereiweiß, dessen Asche gleichfalls viel (3,21°/,) phosphorsauren Kalk enthält, hatte dieselbe Wirkung. Ge- trocknetes und fein zerriebenes Hühnereiweiß wurde im Wasser auf- gelöst und hierin Paramaecien gesetzt; nach Verlauf von einigen Tagen waren sie von großen Exkretkrystallen erfüllt. Betrachtet man nun solche auf die beschriebene Weise gefütterten Paramaecien im Mikroskop, so bemerkt man, dass sie von Nahrungs- vacuolen stark erfüllt sind (Fig. 1). Diese Nahrungsvacuolen erscheinen vollkommen klar und durchsichtig (zum Unterschied von den mit Bakterien erfüllten Nahrungsvacuolen), so dass die Nahrungsstoffe ver- muthlich im flüssigen Zustande aufgenommen werden müssen. Dass diese Vacuolen einfache Wasservacuolen sind, ist ausgeschlossen, da sonst die Paramaecien bald zu Grunde gehen müssten, wogegen sie in diesen Kulturen recht gut gediehen, sich sehr stark vermehrten und in Konjugation eingingen. In einigen hellen Nahrungsvacuolen bemerkt man kleine Exkretkörnchen, in anderen dagegen große Krystallaggre- gate und man kann gewöhnlich alle Übergänge zwischen diesen beiden Einschlüssen in ein und demselben Paramaecium finden. Ich verfolgte sie anhaltend unter dem Mikroskop und konnte nie eine Ausstoßung der Exkreikrystalle durch den After wahrnehmen, was auch bei der Größe der Krystalle unmöglich ist. Lässt man nun solche gut genährte und von Exkretkrystallen erfüllte Paramaecien hungern, indem man sie in reinem Wasser (auf dem Objektträger) isolirtt! und in einer feuchten Kammer hält, so ! Bei der Isolirung der Paramaecien muss mit großer Sorgfalt verfahren werden, da beim plötzlichen Übertragen aus der Nährflüssigkeit in reines Wasser Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorien. 55 bemerkt man, wenn man die Präparate von Zeit zu Zeit betrachtet, dass die Vacuolenflüssigkeit allmählich zu schwinden beginnt, bis auf einen kleinen Hof, welcher dann die Krystalle allseitig umsgiebt. Schließlich findet man nach etwa ein bis zwei Tagen die Krystalle nicht mehr in Vacuolen, sondern frei im Entoplasma liegen (Fig. 2 e.k). Diese Erscheinung ist nur dadurch zu erklären, dass sämmtliche gelösten Nahrungsstoffe mit dem Lösungswasser bei der Verdauung in das Ento- plasma übergeführt worden sind, bis auf die Endprodukte des Stofl- wechsels, welche in Gestalt von phosphorsaurem Kalk zurückbleiben. Ob nun ein Theil der Nahrungsvacuolenflüssigkeit per anum als Nah- rungsrest ausgestoßen wird, vermag ich nicht zu sagen, da ich es nie direkt beobachtet habe, halte es aber nicht für unwahrscheinlich. Die im Entoplasma zurückgebliebenen Exkretkörner werden von der Plasmacirkulation umhergeführt und zeigen die Tendenz im vor- deren und hinteren Körperende, d. h. in der Nähe der beiden kontrak- tilen Vacuolen sich anzusammeln. Dabei kommen sie in die peripheren Schichten des Entoplasmas, direkt unter das Ektoplasma zu liegen, wo die Cirkulation nicht so stark ist, und zeigen bei den erfolgenden Pulsationen der kontraktilen Vacuolen rhythmische Hin- und Herbe- wegungen. Verfolgt man nun solche Präparate mehrere (drei bis vier) Tage!, so sieht man die Exkretkrystalle allmählich an Größe abnehmen, gleichsam schmelzen, wobei sie meist in kleinere Stücke zerbröckeln. Nach weiteren ein bis zwei Tagen sind sämmtliche Exkretkörner verschwunden; die Paramaecien erscheinen vollkommen durchsichtig, abgemagert und gehen bald zu Grunde, wenn man ihnen keine Nah- rung zukommen lässt. Werden dieselben in eine Nährflüssigkeit gesetzt (Heuauskochung mit Fleisch), so bilden sich von Neuem Nahrungs- vacuolen, und im Anschluss an dieselben die Exkretkrystalle. Solche ausgehungerte Paramaecien eignen sich ganz besonders zu den eben beschriebenen Versuchen. Während der Zeit, wo die Exkretkörner frei im En liegen und an Größe allmählich abnehmen, konnte ich gleichfalls kein einziges Mal eine Entleerung derselben durch den After wahrnehmen, obgleich ich mehrere Präparate mit vielen Infusorien tagelang hinter ein- ander beobachtete. Es liegt demnach die Vermuthung nahe, dass die Exkretkörner im Protoplasma aufgelöst und im flüssigen Zustande die Paramaecien öfters zu Grunde gehen. Am besten ist es, wenn man sie allmäh- lich an das neue Medium gewöhnt. ! Bei diesen Versuchen muss darauf Bedacht genommen werden, dassindem Kulturtropfen keine Bakterien sich entwickeln, was oft schwer zu vermeiden ist. Um diesem Übelstande vorzubeugen, müssen die Paramaecien jeden anderen Tag in frisches Wasser gebracht werden. 56 \W, Schewiakofl, Über die Natur der sogenannten Exkretkörner der Infusorien. durch die kontraktile Vacuole nach außen entleert werden. Für diese Vermuthung, welche bereits von Entz! und Mauras? ausgesprochen wurde, scheinen mir folgende Gründe zu sprechen: 1) dass die frei im Entoplasma liegenden Exkretkörner allmählich an Zahl und Größe abnehmen, gleichsam zusammenschmelzen, und dass ferner während dieser Zeit beim anhaltenden Beobachten keine Ausstoßung per anum gesehen werden konnte, was doch sicherlich einmal wahrgenommen worden wäre, wenn die Ausscheidung auf diesem Wege erfolgte; 2) das Ansammeln der Exkretkörner um die kontraktile Vacuole und die rhyth- mischen Bewegungen derselben bei der Pulsation der kontraktilen Vacuo- len. Was nun die Auflösung der Exkretkörner im Protoplasma betrifft, so hätten wir uns dieselben so zu denken, dass das unlösliche Ga;(PO,)> oder Ga,H;(PO,),, aus welchem die Exkretkörner bestehen, von Eiweib- stoffen oder Salzen, die in der Entoplasmaflüssigkeit (Chylema) vorhan- den sind, gelöst oder in eine lösliche Verbindung CaH,(PO,), übergeführt und durch die kontraktile Vacuole nach außen befördert wird. Zum Schlusse möchte ich Herrn Prof. BürscaLı, welcher mich bei dieser Arbeit mit manchem wichtigen Rathschlage wesentlich unter- stützte und dadurch zum Gelingen derselben erheblich beitrug, meinen innigsten Dank aussprechen. Heidelberg, im Juli 1893. Erklärung der Abbildungen. Tafel III. Fig. 1. Ein in Heuauskochung mit Fleisch gefüttertes Paramaecium caudatum mit zahlreichen Nahrungsvacuolen, in denen relativ große Exkretkörner liegen. Ec, Ektoplasma; En, Entoplasma; c.v, kontraktile Vacuole; n.v, Nahrungsvacuole; N, Makronucleus; nel, Mikronucleus; os, Mund; oe, Schlund. Vergr. 300. Fig. 2. Ein Paramaecium mit Exkretkörnern (e.k), die frei im Entoplasma liegen. Vergr. 300. Fig. 3a—!. Verschiedene Formen von Exkretkörnern resp. Exkretkrystallen von Paramaecium. Vergr. 4000. Fig. 4. Exkretkrystalle (Fig. 3 a und g) bei stärkerer Vergrößerung (ca. 2600), den feineren Bau zeigend. Fig. 5. Exkretkörner (Fig. 3i und k) bei stärkerer Vergrößerung (ca. 2600), den feineren Bau zeigend. Fig. 6. Exkretkörner, ihr Verhalten bei der Auflösung (db) zeigend. Vergröße- rung 2600. Fig, 7—8. Krystalle von zweifach saurem phosphorsaurem Kalk [CaH4(PO,)2], erhalten durch Auskrystallisiren der in Salzsäure aufgelösten Exkretkörner. 1 G. Entz, Über einige Infusorien etc. 1. c. p. 4. ?2 E. Maupas, Contribution etc. 1. c. p. 648. Beiträge zur Kenntnis ausländischer Regenwürmer. Von Dr. H. Ude in Hannover. Mit Tafel IV. Gelegentlich meiner Arbeit über die Rückenporen der terricolen Oligochaeten (diese Zeitschr. Bd. XLII) habe ich einen Theil der in der Sammlung des Göttinger zoologischen Instituts vorhandenen aus- ländischen Regenwürmer untersucht und bestimmt, doch nahm ich damals nur Rücksicht auf die Familie Lumbriceidae. In diesem Aufsatze sollen nun die in dieser Sammlung vorhandenen Vertreter der übrigen Familien, so weit es nöthig ist, näher beschrieben werden. Herrn Ge- heimrath EuLers sage ich auch an dieser Stelle Dank dafür, dass er mir das werthvolle Material zur Bearbeitung überlassen hat. Familie Lumbricidae. In seiner vor Kurzem erschienenen Arbeit: Revisione dei Lumbri- cidi hat Rosa eine ausführliche Beschreibung der bis jetzt bekannten Arten dieser Familie gegeben. Indem ich auf die in dieser Synopsis dargelegte Synonymik verweise, möchte ich nur erwähnen, dass ich aus praktischen Gründen zunächst noch im Folgenden die früher von mir benutzte Bezeichnung der Arten verwende. Das Material stammt von Herrn J. M. Tyror in Amherst (1886). Gattung Lumbricus. L. hereuleus Sav.: Amherst (Mass.). Gattung Allolobophora. A. turgida Eisen: Bermudas, Danville (Ill.), Amherst. A. longa Ude: Grand Manan. A. foetida Eisen: Bermudas. A. profuga Rosa: Danville. 8 H. Ude, A. riparia Hoffm.: Bermudas. A. mucosa Eisen: Amherst. Familie Urochaetidae. Pontoscolex corethrurus Fr. Müller. Fundort: Tjibodas, Buitenzorg (Graf zu Sorms-Lausaca) (1884). BeppArD hat bereits nachgewiesen, dass die Prrrıer’sche Gattung Urochaeta identisch ist mit dem Scnmarpa’schen Genus Pontoseolex. Familie Rhinodrilidae. Indem ich mich der Ansicht von BeppArp (1) und MicHArısnn (2) anschließe, halte ich es für rathsam, die Gattungen Rhinodrilus E. P., Anteus E. P. und Urobenus Benh. zu vereinigen und ihnen den Namen Anteus zu geben; denn schwerlich können die Unterschiede in der "Ausbildung des Kopflappens — dessen Länge bei einer und derselben Art nicht immer gleich ist — und in der Form der Geschlechtsborsten als Merkmale für verschiedene Genera ausreichen. Anteus distinctus nov. spec. (Fig. 1—5). Obgleich die mir in größerer Anzahl vorliegenden Exemplare schon sehr stark macerirt sind, so trage ich doch kein Bedenken, eine Be- schreibung der Organisationsverhältnisse, die noch erkannt werden konnten, zu veröffentlichen, da dieselben durchaus hinreichen, diese Art leicht wiedererkennen zu lassen. Fundnotiz: Antioquia, Columbia (Grosskorr, 1879). Die Länge beträgt etwa 70 mm, der Dickendurchmesser 3—4 mm. Die Zahl der Segmente beläuft sich auf etwa 220. In der Farbe scheinen die Thiere mit dem einheimischen Lumbri- cus herculeus Sav. übereinzustimmen. Wie unsere Lumbricusarten besitzen sie eine stark irisirende Cuticula. Der Kopflappen (Fig. 1) bildet einen rtisselförmigen Zapfen, der ungefähr so lang ist wie das erste, borstenlose Segment. Fig. 1 stellt denselben von der ventralen Seite aus gesehen dar und ist nach einem Thiere gezeichnet, bei dem sich die Cuticula des Vorderendes gelockert und etwas vorgeschoben hatte und nun deutlich den Rüssel erkennen ließ. Bei anderen Exemplaren konnte ich einen solchen Rüssel nicht erkennen; offenbar war derselbe eingezogen. Rückenporen fehlen. Die Borsten beginnen am 2. Segmente und stehen durch die ganze ' Körperlänge in zwei ventralen und zwei lateralen Paaren. Sie sind, wie bei A. callichaetus Mich. und A. hetorostichon, an ihrem freien Ende ornamentirt und erreichen eine Länge von 0,17 mm (Fig. 2). Beiträge zur Kenntnis ausländischer Regenwürmer. 59 Die auf dem 22. Segment auftretenden, :von kreisförmigen, drüsi- gen Höfen umgebenen Geschlechtsborsten (Fig. 3) sind nach Art anderer Rhinodrilen ornamentirt. Ihr freies Ende ist etwa bis zur Mitte der ornamentirten Strecke rinnenförmig ausgehöhlt und terminal bogen- förmig abgeschnitten. Ich konnte auf der einen Seite drei Reihen von je 15 über einander stehenden, halbkreisförmigen Narben erkennen. Die Narben benachbarter Reihen stehen ungleich hoch. Die Länge der Borsten beträgt etwa 0,56 mm. Das Clitellum (Fig. 4), an seiner helleren Färbung leicht kenntlich, umfasst ringförmig die neun Segmente 15 bis 23. Die Intersegmental- furchen sind breit und die Borsten deutlich zu erkennen. Zwischen den Borstenpaaren 1/2 und 3/4 jeder Seite erstreckt sich über die fünf Segmente 48 bis 22 eine zusammenhängende Kette halbmondförmiger Pubertätstuberkeln. Die ventralen (Geschlechts-)Borsten des 22. Seg- mentes sind von je einem kreisförmigen, drüsigen Hofe umgeben. Die weiblichen und männlichen Geschlechtsöffnungen konnte ich nicht erkennen. Die Öffnungen der Samentaschen fand ich auf einem Guticula- präparate in den Intersegmentalfurchen 6/7, 7/8, 8/9, 9/10, 10/14, und zwar in einer Linie mit den lateralen Borsten (3/%). Die Öffnungen der Segmentalorgane liegen in der lateralen Borsten- linie. Sie beginnen, wieich aufeinem Cuticulapräparate erkennen konnte, im 3. Segmente. Sie sind auch auf dem Clitellum deutlich sichtbar. Von der inneren Organisation ließ sich leider nur Weniges fest- stellen, da die meisten Organe schon vollständig zerstört waren. Der Darmkanal trägt im 6. Segmente einen Muskelmagen. Die Dissepimente 6/7 bis 10/14 scheinen verdickt zu sein. Die Segmentalorgane sind meganephridisch. Das einfache Rückengefäß trägt im 7., 8., 9., 10., 11. Segmente je ein Paar Lateralherzen. Die fünf Paar Samentaschen liegen in den Segmenten 7,8, 9,10, 11. Jede besteht aus einer kugeligen oder eiförmigen Tasche mit einem etwas längeren, einfachen Ausführungskanale (Fig. 5). Anteus teres.nov. sp. (Fig. 6 und 7). Fundnotiz: Taquara di Mundo nuevo (Rio grande do Sul) (Dr. v. Inerıng, 188%). Die Länge schwankt zwischen 60 und 90 mm, die Dicke zwischen 4 und 5 mm. Die Zahl der Segmente beträgt etwa 100. Der Körper ist im Allgemeinen drehrund, das Hinterende abgerun- det vierkantig. Die Farbe der gut konservirten Thiere ist gleichmäßig 60 H. Ude, grau oder dorsal etwas dunkler als ventral. Der Gürtel ist schwach gelblich gefärbt. Der Kopflappen ist bei einigen Exemplaren ziemlich groß und konisch und theilt das erste Segment nicht. Bei anderen Individuen war der Kopflappen gar nicht zu erkennen. Die Borsten, die den zwei ersten Segmenten fehlen, sind $-förmig und glatt. Sie stehen in zwei lateralen und zwei ventralen Paaren. Die Entfernung zwischen den zwei ventralen Paaren ist gleich der Distanz zwischen dem ventralen und lateralen Paare jederseits; letz- tere ist kleiner als der dorsale Zwischenraum zwischen den lateralen Borsten. Geschlechtsborsten finden sich auf der ventralen Seite des Glitel- lums. Sie zeigen die auch für andere Rhinodriliden charakteristische Skulptur. Die Zahl der in einer Längsreihe über einander stehenden Rippen beträgt etwa 10. Rückenporen fehlen. Die Öffnungen der Segmentalorgane sind deutlich sichtbar; sie beginnen in der Intersegmentalfurche 2/3 und liegen in der Linie der lateralen Borstenpaare. Das Clitellum (Fig. 6) umfasst die Segmente !/,15—1/25 = 9°), Segmente; es reicht seitwärts nach unten nicht ganz bis an die ven- tralen Borstenpaare, so dass diese auf einer breiten, drüsenlosen Zone stehen, die sich nach dem Vorderende hin verbreitert. Von Segment 19 bis 1/24 verläuft in der Gürtelzone neben den ventralen Borsten eine tiefe Furche, die von der ventralen, drüsenlosen Fläche durch eine sehr schmale Brücke des Clitellums getrennt ist. Die Intersegmen- talfurchen sind deutlich zu erkennen. Die weiblichen Geschlechtsöffnungen habe ich nicht gesehen. Die männlichen Geschlechtsöffnungen glaube ich als zwei kleine, unscheinbare Vertiefungen in der Intersegmentalfurche 19/20 innerhalb der ventralen Längsfurchen des Gürtels erkannt zu haben. Geschlechtspapillen fehlen. Die drei Paar Samentaschenöffnungen sind äußerlich nicht sicht- bar; sie liegen in den Intersegmentalfurchen 6/7, 7/8, 8/9. Innere Organisation. Die Dissepimente beginnen schon zwischen dem 2. und 3. Seg- mente und sind überall gleichmäßig dünn. Der Darmkanal besitzt im 9. und 10. Segment einen großen Muskelmagen (das Dissepiment 9/10 zieht über die Mitte desselben hinweg). Im 11. Segment, unmittelbar hinter dem Muskelmagen scheint der Darm birnförmige Anhänge zu Beiträge zur Kenntnis ausländischer Regenwürmer. 61 haben. Im 26. Segmente finden sich auf der ventralen Seite des Dar- mes links und rechts vom Subintestinalgefäß zwei kleine, hakenförmig gebogene, nach vorn gerichtete Blindsäcke. Die drei Paar Samentaschen liegen im 7., 8. und 9. Segmente und sind röhren- oder schlauchförmig (Fig. 7). Sie nehmen an Größe von vorn nach hinten zu, d. h. die dritte ist doppelt so groß und dicker als die erste, die zweite ist größer als die erste, aber kleiner als die dritte. Die erste ist gerade gestreckt, die zweite und dritte sind U-förmig ge- bogen. Zwei Paar Samensäcke liegen in den Segmenten 13, 14, 15. Prostatadrüsen fehlen. Diese Art stimmt in mancher Hinsicht mit Anteus papillifer Mich. (2) überein. Sie unterscheidet sich davon aber durch den Mangel jeglicher Geschlechtspapillen und echter Pubertätstuberkeln, sowie durch die beiden ventralen Längsfurchen innerhalb der Gürtelregion vom 19. bis 1/92. Segmente. Familie Perichaetidae. Die Familie der Perichaetiden umfasst eine sehr große Anzahl von Arten, welche zum Theil recht mangelhaft beschrieben sind. Es muss daher zukünftigen Untersuchungen überlassen bleiben zu entscheiden, in welche Gattungen die Familie wird eingetheilt werden können. Vorläufig scheint es nach dem Vorgange von BEepvarn empfehlenswerth, die Familie in die Genera Perichaeta (Scumarva), Megascolex (TemPLEToN), Perionyx (PErrier) und Diporochaeta, Anisochaeta, Hoplochaeta (BennpArD) zu trennen. Gattung Perichaeta Schmarda. Zahlreiche Borsten auf jedem Segmente in einem nicht unter- brochenen Kreise. Muskelmagen hinter dem 7. Segmente. Darmblind- säcke im 26. Segmente. Clitellum umfasst die Segmente 14, 15, 16. Perichaeta capensis Horst (3) —=P. operculata Rosa (+) (Fig. 8 u. 9). Da mir von dieser Art eine größere Anzahl von Exemplaren zur Verfügung stand, so nehme ich Veranlassung, eine eingehendere Be- schreibung zu geben, um zugleich die Ansicht Horsr's zu bestätigen, dass die von Rosı unter dem Namen P. operculata beschriebene Art mit der von ihm untersuchten Species identisch ist. Fundnotizen: Bajor, Tjibodas, Buitenzorg (Graf zu SorLms-Lau- BAcH 1884). Die Länge der Thiere schwankt zwischen 85 und 140 mm, die 62 H. Ude, Dicke ist 3—4 mm. Die Zahl der Segmente beträgt 90 bis 110. Die Farbe ist ziemlich gleichmäßig hell- oder dunkelbraun. Das Clitellum hebt sich stets durch seine intensivere braune Färbung ab. Der Kopflappen theilt das 1. Segment bis zur Hälfte. Das 1. Seg- ment ist vom zweiten durch eine wenig tiefe Furche getrennt. Die Borsten stehen in geschlossenen Reihen. Ich zählte auf dem 8. Segmente 40, auf einem der hinteren Segmente 50 Borsten. Geschlechtsborsten habe ich nicht gefunden. Der erste Rücken- porus zeigt, wie Horst nachgewiesen hat, eine wechselnde Lage. Ich fand denselben bei den untersuchten Exemplaren in den Intersegmen- talfurchen 8/9, A0/A1, 14/12. Das Clitellum umfasst ringförmig die Segmente 1%, 15, 46. Inter- segmentalfurchen, Borsten und Rückenporen sind hier nicht zu er- kennen. Die weibliche Geschlechtsöffnung liegt auf der ventralen Seite des ik. Segmentes nahe dem Vorderrande des Gürtels. Sie ist elliptisch und von einem etwas helleren Rande umgeben. Die zwei männlichen Geschlechtsöffnungen liegen auf zwei Papil- len des 18. Segmentes. Sie sind sichelförmig gebogen, und die sie begrenzenden Ränder wenig gekerbt. Wie Rosı richtig angiebt, »ist einer der Lappen mehr als die anderen entwickelt, so dass er wie ein Deckel (Operculum) die Öffnung schließt«. Die beiden kreisförmigen Papillen erreichen bei den von mir untersuchten Exemplaren die Seg- mentgrenzen nicht (in Übereinstimmung mit der Zeichnung Horsr’s und im Gegensatz zu Rosa). Zwischen den Papillen zählte ich acht bis zehn Borsten. Geschlechtspapillen sind nicht vorhanden. Die zwei Paar Samen- taschenöffnungen liegen in den Intersegmentalfurchen 7/8, 8/9 und sind durch etwa 16 Borsten von einander getrennt. Die Dissepimente beginnen in der Intersegmentalfurche 4/5. Die Septen 8/9 und 9/10 fehlen. Der Darmkanal besitzt im 8. und 9. Segmente einen glockigen Muskelmagen und im 26. Segmente zwei Blindsäcke, die nach vorn bis ins 23. Segment reichen, dem Darme dicht anliegen und wie dieser durch die Dissepimente eingeschnürt ist. Das einfache Rückengefäß besitzt vor und hinter dem Muskelmagen herzförmige Seitenschlingen. Die zwei Paar Samentaschen liegen im 8. und 9. Segmente. Im Allgemeinen bestehen sie aus einem hellen, dünnwandigen Sacke, in dessen kurzen Ausführungsgang ein bräunlicher, dickwandiger, röhren- förmiger Divertikel mündet, der verschiedenartig gewunden dem Sacke Beiträge zur Kenntnis ausländischer Regenwürmer. 63 dieht anliegt und mit einer helleren, dünnwandigen, birnförmigen Blase endigt. Bei einem und demselben Exemplare fand ich folgende Verhältnisse. Die hintere Samentasche der rechten Seite (Fig. 8) be- steht aus dem, einem Geldtäschchen ähnlichen hellen Sacke, an dessen oberen Rande ein durch Querfalten ausgezeichneter, eng anliegender Divertikel in zwei halbkreisförmigen Bogenlinien verläuft. Da, wo der Divertikel endigt, findet sich die Endblase, die scheinbar von der eigentlichen Tasche entspringt. Eine ganz ähnliche Beschreibung und Abbildung giebt Rosa (Taf. XIV, Fig. 6®'s). Die vordere Samentasche der rechten Seite (Fig. 9) besteht aus einem blasenförmigen Haupttheile, an dessen Ausführungsgange der Divertikel entspringt, sich längs des Sackes hinzieht, am gegenüberliegenden Pole spiralig aufgewunden ist und hier mit einer Blase endigt. Löst man den eng anliegenden Diver- tikel los, so erhält man genau dasselbe Bild, welches Horsr auf Taf. III in Fig. 25 giebt. Wir sehen hieraus, dass die von Horst und Rosa be- schriebenen Verhältnisse für dasselbe Thier Gültigkeit haben, und so ist besonders wegen dieser Übereinstimmung in der Form der Samen- taschen die P. operculata Rosa identisch mit P. capensis Horst. Die Prostatadrüsen sind große, längliche, vielfach gelappte Massen, die vom 16. bis 22. Segmente reichen und einen seitlich in der Mitte entspringenden Ausführungsgang besitzen. Zwei Paar große Samenblasen liegen im 44. und 12. Segmente. Das vordere Paar reicht bis ins 10. Segment hinein. Perichaeta musica Horst. Fundnotiz: Buitenzorg (Graf zu SorLms-LaugachH, 1884). Perichaeta pusilla nov. spec. (Fig. 10 u. A). Fundnotiz: Buitenzorg (Graf. zu SorLms-LaugachH, 1884). Die Länge des einzigen vorhandenen Thieres beträgt 16 mm, die Dicke 1'!/, mm; am Hinterende scheinen einige Segmente zu fehlen. Die Zahl der Segmente beläuft sich auf 60. Der Kopflappen ist eingezogen und daher nicht sichtbar. Die Farbe des in Alkohol konservirten Thieres ist schwach gelb- lich mit geringem grünlichen Schimmer. Das Clitellum hebt sich durch seine bräunliche Färbung deutlich ab. Die Borsten stehen in vollkommen geschlossenen Ringen zu 40 bis 50 auf einem Segmente. Auch auf der ventralen Seite des letzten Cli- tellumringes (XVI) sind 12 Borsten sichtbar, von denen sich die zu äußerst gelegenen in den Linien der männlichen Geschlechtsöffnungen befinden. Den ersten Rückenporus konnte ich nicht feststellen. 64 H. Ude, Das Qlitellum (Fig. 10) ist ringförmig und umfasst die Segmente 14,45, 46. Eine einzige weibliche Geschlechtsöffnung liegt ventral median auf dem 14. Segmente. Die zwei männlichen Geschlechtsöffnungen (Fig. 40) münden auf zwei ventral gelegenen, hellen Papillen des 18. Segmentes; auf dem Zwischenraume stehen etwa 40 Borsten. Vor und hinter ihnen findet man auf dem 17. und 19. Segmente helle Geschlechtspapillen. Die zwei auf dem 49. Segmente gelegenen sind nicht so deutlich, wie die beiden des 17. Segmentes. Genau in der ventralen Mittellinie des 20. Segmentes, also in einer Linie mit der weiblichen Geschlechts- öffnung liegt eine unpaare Papille mit einer punktförmigen Vertiefung. Die zwei Öffnungen der Samentaschen liegen auf relativ großen, hellen Papillen in der Intersegmentalfurche 5/6. Zwischen ihnen stehen etwa 20 Borsten, sie liegen daher in der lateralen Mittellinie. Da nur ein Exemplar vorliegt, so habe ich von der inneren Organi- sation nur die Samentasche der einen Seite untersucht. Dieselbe (Fig. 11) besteht aus einem beutelförmigen Haupttheil mit einem kleinen kugeligen Divertikel. Die Länge beträgt 0,26 mm; größte Breite 0,1% mm. Anfänglich hielt ich das beschriebene Exemplar für P. minima Horst (3). Herr Dr. Horst theilte mir aber brieflich mit, dass er die differente Lage der Samentaschenöffnungen für entscheidend bei der Unterscheidung der beiden Species halte. Ich habe mich dieser An- sicht angeschlossen, da auch die Form der Samentaschen bei den zwei Arten verschieden ist. Perichaeta parva nov. spec. (Fig. 12). Von dieser kleinen Art liegen mir drei, theilweise noch nicht voll- kommen geschlechtsreife Exemplare vor. Fundnotiz: Tjibodas (Graf zu Sorms-LausacnH, 188%). Die Thiere sind etwa 25 mm lang, 2 mm dick und bestehen aus ‚80 bis 85 Segmenten. | Die Farbe ist im Allgemeinen eine schmutziggelbliche mit schwach grünlichem Schimmer. Die vorderen 10 Segmente etwa sind deutlich bräunlich gefärbt. Ob der Kopflappen in das erste Segment einen Fortsatz treibt, konnte ich nicht erkennen. Den ersten Rückenporus fand ich in der Intersegmentalfurche 10/11. Die Borsten stehen in geschlossenen Ringen zu 40 bis 44 auf jedem Segmente. Beiträge zur Kenntnis ausländischer Regenwürmer. 65 Das Clitellum ist nur undeutlich erkennbar; es ist ringförmig und umfasst die Segmente 14, 15, 16. Die weibliche Geschlechtsöffnung ist nicht sichtbar. Die zwei männlichen Geschlechtsöffnungen liegen auf zwei hellen Papillen des 18. Segmentes. Zwischen ihnen stehen etwa 12 Borsten. Die Öffnungen der Samentaschen sind nicht sichtbar. Von der inneren Organisation kann ich folgende Verhältnisse an geben. Der Muskelmagen ist verhältnismäßig groß, tonnenförmig und nimmt die Segmente 8 und 9 ein. Bei einem Exemplare fand ich an der linken Seite im 26. Segmente einen blindsackförmigen Anhang, der sich bis zum 24. Segmente erstreckte. An der rechten Körperseite konnte ich den Darmblindsack nicht erkennen. Das Rückengefäß ist einfach. Es sind zwei Paar Samentaschen vorhanden. Dieselben liegen im 8. und 9. Segmente. Jede (Fig. 12) besteht aus einem beutelförmigen Haupttheile (a), in dessen Ausführungskanal der sehr lange, vielfach gewundene Gang eines verhältnismäßig großen ovalen Divertikels (d) einmündet. Der Divertikel trägt an seinem Ende eine an einem kurzen Kanale sitzende helle, durchsichtige Endblase. Alle diese Theile sind in Wirklichkeit so eng mit einander verschlungen, dass man den Bau erst nach Lockerung der Kanäle erkennen kann. Auf diese Weise erhielt ich ein Bild, wie es Fig. 12 darstellt. Nun bin ich nicht ganz sicher, wo der Divertikelkanal in den Ausführungsgang des Haupttheiles ein- mündet; ich glaube diese Stelle da erkannt zu haben, wo ich in der Figur den Strich durch die Kanäle gezogen habe. Die Prostatadrüsen stellen annähernd rechteckige, durch tiefe Ein- schnitte gelappte Massen dar, die durch die Haut hindurchschimmern. Der Ausführungsgang ist breit und kurz. Gattung Megascolex Templeton. Borsten zahlreich, in einem median dorsal und ventral unter- brochenen Kreise. Muskelmagen vor dem 7. Segmente. Keine Darm- blindsäcke im 26. Segmente. Megascolex templetonianus Rosa |5) (Fig. 13, 14, 15). Von dieser Art besitzt das Museum eine große Anzahl von theil- weise schon stark macerirten Thieren. Dieselben sind durch Vermitie- lung von Dr. K. Jorpan aus Colombo auf Geylon erworben. Die Länge der von mir näher untersuchten Individuen schwankt zwischen 25 und 42 cm (nach Rosı 56 cm); die Dicke beträgt durch- schnittlich 10—12 mm. Die Thiere sind also im Allgemeinen sehr Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVIT. Bd. 3 66 H. Ude, schlank Die Segmentzahl beträgt 240 und steigt auf 430 und mehr (nach Rosı 570). Die 19 vorderen Segmente sind dreiringelig. | In der Farbe gleicht diese Art annähernd unserem L. terrestris L.: schmutzig graubraun, dorsal dunkler als ventral. Der Kopflappen sendet keinen dorsalen Fortsatz in das erste, .borstenlose Segment. Die Borsten stehen in dorsal und ventral unterbrochenen Kreisen. Am Vorderende zählt man etwa 60, nach dem Hinterende hin nimmt die Zahl zu und beträgt etwa 400 (nach Rosa bis 142). Die dorsale borstenlose Zone ist 4 mm, die ventrale 2 mm breit. Geschlechts- und Penialborsten habe ich nicht gefunden. Den ersten Rückenporus fand ich bei mehreren Exemplaren in der Intersegmentalfurche 12/13 (Rosa in 41/12). Das GClitellum ist nicht stark entwickelt. Es scheint die Segmente !/alk, 15, 16, 1/47 zu umfassen, da sich diese durch ihre dunklere Färbung von den übrigen unterscheiden. Die zwei männlichen Geschlechtsöffnungen (Fig. 13) sind von kreis- förmigen drüsigen Höfen umgeben und liegen auf der Borstenzone des 18. Segmentes in einer ventralen, rechteckigen, grubenförmigen Vertiefung der dreiringeligen Segmente !/,17, 18, 19. Die Grube wird von hohen, drüsig-wulstigen Rändern begrenzt. Auf dem Vorderrande findet sich ein Paar längliche, von drüsigen, hellen Lippen begrenzte Papillen; dieselben liegen auf dem letzten Drittel des 17. Segmentes, also hinter den Borsten dieses Segmentes. Zwei Paar gleicher Papillen liegen auf dem wulstigen Hinterrande der Grube, und zwar vor und hinter den Borsten des 19. Segmentes. Bei einem Individuum fand ich ein gleiches Drüsenpaar vor den Borsten des 20. Segmentes. Bei ein- zelnen Exemplaren sind die Papillen des 17. und 19. Segmentes oval, und diejenigen des 19. Segmentes liegen dann jederseits so nahe zu- sammen, dass sie nur durch die Borsten getrennt sind. So hat es auch Rosa beobachtet, wie ich aus einer brieflichen Mittheilung und einer beigefügten Zeichnung ersehe. Die weibliche Geschlechtsöffnung befindet sich ventral median auf dem 14. Segmente. Die zwei Paar Samentaschenöffnungen liegen in den Intersegmentalfurchen 7,8, 8/9, und zwar jederseits vor der 8. und 9. Borste (von der ventralen borstenlosen Mittelzone aus gerechnet). Innere Organisation. Die Dissepimente 5/6 bis 14/15 sind stark verdickt (nach Rosa 6/7 bis 44/45). Besonders sind von diesen die vier bis fünf ersten Septen stark muskulös und bedeutend größer als die normalen, so dass Beiträge zur Kenntnis ausländischer Regenwürmer. 67 sie den vorderen Darmtractus und das Rückengefäß vollständig um- hüllen. Unter einander und mit der Körperwand sind sie durch dicke, glänzende Muskelstränge verbunden, von denen bei der Präparation sofort jederseits ein Paar deutlich sichtbar ist. Diese Muskelstränge sind ‘bis zum 16. Segmente hin zu verfolgen. In den vorderen fünf Segmenten sind die Septen in einzelne Muskelstränge aufgelöst. Der Darmkanal besitzt im 5. Segment einen kräftigen Muskelmagen, der von den Dissepimenten 5/6 und 6/7 wie von einer doppelten Hülle umschlossen ist. Darmblindsäcke fehlen. Das Rückengefäß ist einfach; auf dem Muskelmagen im 5. Seg- ment theilt es sich in drei Äste, von denen der mittlere dorsal nach vorn verläuft, die beiden seitlichen allmählich ventral hinabziehen. Im 6. bis 12. Segment liegen sieben Paar von vorn nach hinten stärker werdende Lateralherzen (nach Rosa vom 6. bis 13. Segment). Die Segmentalorgane bilden zottige Besätze von feinen Röhren (plektonephridisch). Die im 8. und 9. Segmente gelegenen Samentaschen (Fig. 14) sind einfache, röhrenförmige Schläuche von 40—12 mm Länge und I—2 mm Dieke. Ihr sehr kurzer Ausführungsgang besitzt einen fingerförmigen Divertikel von 2 mm Länge. Die zwei, im 18. Segmente gelegenen Prostatadrüsen (Fig. 15) sind gelblichweiße, dünne, flach gewölbte Massen mit einer medianen Furche, in der der Kanal verläuft. Der Rand ist wenig gekerbt und die Oberfläche von einigen Furchen durchzogen. Der Durchmesser beträgt 5—6 mm. Die Hoden habe ich nicht gesehen. Im 10. und #1. Segment liegen je zwei Samentrichter, im 41. und 12. Segment je zwei Samenblasen, im 13. Segment die beiden Ovarien. Familie Cryptodrilidae. Didymogaster silvaticus Fletcher. Fundnotiz: Sidney (Dr. Scaürtz, 1867). Die Sammlung besitzt von dieser Art ein Exemplar von 80 mm Länge und etwa 10 mm Dicke. Das Thier zeichnet sich, wie auch Rosa (4) betont, durch seinen eng schraubenförmig gewundenen Darmkanal aus. Den ersten Rückenporus fand ich in der Intersegmentalfurche /5, während er nach FLercaer in der Furche 5/6 liegt. Die Lateralherzen beobachtete FıercHer in den Segmenten VII— XIII, während sie von mir in den Segmenten X—XVI gefunden wurden. Nach einer brief- lichen Mittheilung von Dr. Rosı beginnen bei einer von Neu-Seeland stammenden Varietät die Rückenporen in der Intersegmentalfurche 5* 68 H. Ude, 4/5 und liegen die Samentaschen in den Segmenten 8, 9, 10, statt in = 8,9. Microscolex modestus Rosa (6). Von dieser Art liegen mir mehrere Exemplare von zwei verschie- denen Fundorten vor. Die Länge der Thiere schwankt zwischen 40—56 mm bei einem Diekendurchmesser von 2!/; mm und die Segmentzahl zwischen 63 und 10%. Fundnotizen: 1) Taquara di Mundo nuevo (Rio grande do Sul), Dr. v. Inerıng, 1884. 2) Puerto de la Orotava (Teneriffa), Dr. LAnGErHans, 1879. Microscolex dubius Fletcher. Syn.: Eudrilus (?) dubius Fletcher. Fundnotiz: Puerto de la Orotava (Teneriffa), Dr. LANGERHANnS, 1879. Die in Alkohol konservirten Thiere sind 40 mm lang und 3—4 mm dick. Die Segmentzahl beträgt etwa 110. Im Allgemeinen kann ich die ausführliche Beschreibung von Rosı (6) bestätigen und will nur her- vorheben, dass es auch mir nicht gelungen ist, Samentaschen aufzu- finden. Selbst eine Längsschnittserie, auf der ich die übrigen Ge- schlechtsorgane gut erkennen konnte, führte bezüglich der Samentaschen zu einem negativen Resultat. Es scheint demnach wahrscheinlich, dass dieselben sich bedeutend später entwickeln als die übrigen Geschlechts- organe, oder vielleicht ganz fehlen (s. MicHAzLsen [7 |). Familie Acanthodrilidae, Gattung Benhamia Mich. Vier Paar Borsten liegen auf der Ventralseite, die männlichen Geschlechtsöffnungen liegen in ventralen Furchen des Gürtels, die zahlreichen Segmentalorgane bilden zottige Besätze; gewöhnlich mehr als ein Muskelmagen. Benhamia Bolavi Mich. Fundnotiz: Huatusco, Dr. Fritsche, 1878. Benhamia malayana Horst. Fundnotiz: Buitenzorg (Graf zu Sorms-Lausach, 188%). Charakterisirt ist diese Art durch die ovalen Gruben ähnlichen Verbindungsfurchen der Prostatadrüsenöffnungen und durch die dop- pelte Form der Penialborsten, wie sie Horst (3) auf Taf, II, Fig. 12 \ Beiträge zur Kenntnis ausländischer Regenwürmer. 69 abbildet. Die Samentaschen der von mir untersuchten Thiere haben einen ganz ähnlichen Bau, wie Horst angiebt, doch scheinen dieselben etwas schlanker zu sein. Im Übrigen ähnelt diese Art sehr der B. Bo- lavi Mich. Benhamia mexicana Rosa. Fundnotiz: Ciudad Durango (Mexiko), A. ForrEr. Bezüglich der Penialborsten kann ich Rosa’s Beschreibung (4) er- gänzen. Die Ornamentirung dieser Borsten ist so schwach, dass dieselbe nur bei stärkerer Vergrößerung sichtbar ist. Sie besteht in etwa sechs über einander liegenden ganz geringen Verdickungen. Gattung Geodrilus nov. gen. Vier Paar Borsten. Clitellum ringförmig von Segment 13 bis !/,18. Zwei weibliche Geschlechtsöffnungen auf Segment 14. Zwei männliche Geschlechtsöffnungen auf Segment 48. Vier Paar Prostatadrüsen; ihre Öffnungen auf einer drüsenlosen Zone des 47. Segmentes und auf dem nicht zum Clitellum gehörigen 19. Segment. Vier Paar Penialborsten. Drei Paar Samentaschen. Darmkanal mit zwei Muskelmägen. Segmentalorgane meganephridisch. Geodrilus singularis nov. spec. (Fig. 16—19). Fundnotiz: Danville (Ill.), J. M. Tyror, 1886. Der nicht besonders gute Erhaltungszustand der drei vorhandenen Exemplare erlaubte leider keine genaue Untersuchung der Geschlechts- organe. Trotzdem unterlasse ick nicht, die Thiere zu beschreiben, da sie an anderen, wichtigen Merkmalen leicht wieder zu erkennen sind und einzelne Organisationsverhältnisse zeigen, die mir von großer Be- deutung für die ganze Familie der Acanthodriliden zu sein scheinen. Die in Alkohol konservirten Thiere sind farblos und haben eine Länge von 65 mm bei einem Dickendurchmesser von 3 mm. Der Kopflappen theilt das erste Segment etwa bis zur Hälfte. Die Borsten stehen in vier Paaren; die lateralen Paare sind der Ventralfläche etwas genähert, jedoch nicht so weit wie bei den Ben- hamien. Den ersten Rückenporus fand ich in der Intersegmental- furche 10/AA. 3 Das Clitellum (Fig. 16) hebt sich deutlich ab und erstreckt sich ringförmig über die Segmente 13, 44, 15, 16, 47, 1/,48. Nur auf der ventralen Seite der Segmente !/,17 und 18 fehlt die Drüsenschicht. Unmittelbar hinter den ventralen Borsten des 17. Segmentes fand ich zwei kreisförmige, deutlich erkennbare Papillen. Ein ähnliches Ba II. Ude, Paar glaube ich auch auf dem 19. Segmente erkannt zu haben, doch bin ich darin nicht ganz sicher, da gerade an dieser Stelle die Thiere stark macerirt waren. Wir haben es hier unzweifelhaft mit den Aus- mündungen der Prostatadrüsen zu thun, wie sich aus der Beschreibung der inneren Organisation ergeben wird. Die männlichen Öffnungen konnte ich mit der Lupe nicht er- kennen. Die zwei weiblichen Öffnungen (Fig. 16) liegen auf der ven- tralen Seite des 44. Segmentes etwas nach innen von Borste | und ge- meinsam von einem elliptischen, hellen Hofe umgeben. Die Öffnungen der Samentaschen waren nicht sichtbar. Innere Organisation. Der Schlundkopf trägt eine dorsale Tasche, seine Muskeln scheinen wie bei Benhamia von Drüsenmassen umlagert zu sein; auch glaube ich von Kanälen durchzogene, um den Schlundkopf liegende Massen als modificirte Segementalorgane auffassen zu müssen. Im 5. und 6. Segmente, vor dem 6/7. 'Dissepiment, besitzt der Darmkanal zwei Muskelmägen, die wie bei Benhamia durch eine schmale dünnwandige Partie von einander getrennt sind. Kalkdrüsen habe ich nicht nach- weisen können. Die Segmentalorgane, von denen je zwei in einem Segmente liegen, bestehen aus einfachen, zwei- bis dreimal schleifenförmig zusammen- gelegten Röhren. Sie sind also meganephridisch und münden vor den lateralen Borsten nach außen. Von den Geschlechtsorganen habe ich Folgendes feststellen können. In den Segmenten 18 bis 22 liegen zwei Paar Prostatadrüsen, die auch schon vor der Eröffnung der Thiere unter der Haut erkannt wer- den konnten. Sie stellen mehrfach rechtwinkelig zusammengelegte Schläuche dar (Fig. 19). Ihre dünnen Ausführungsgänge konnte ich an einem Präparate unter der Lupe deutlich erkennen, ich sah dieselben in den Segmenten 17 und 19. Außerdem fand ich auf einer Längs- schnittserie die charakteristischen, von einer starken Ringmuskelschicht umgebenen Querschnitte dieser Ausführungsgänge im 17. und 19. Seg- mente und sah, dass dieselben, von den in der Leibeshöhle liegenden Prostatadrüsen kommend, den Leibesschlauch durchdringen und auf jenen Papillen ausmünden, die ich deutlich nur auf Segment 17 er- kennen konnte. Auf einer dieser Längsschnittreihen konnte ich auch den Samenleiter durch mehrere Segmente verlaufen sehen und von ihm feststellen, dass er im 18. Segmente nach außen mündet. In Übereinstimmung mit der Anzahl der Prostatadrüsen fand ich vier Paar Penialborsten (Fig. 18). Dieselben sind etwa dreimal länger Beiträge zur Kenntnis ausländischer Regenwürmer, | vB als die gewöhnlichen Borsten (0,58: 0,19 mm), einseitig gebogen, sehr dünn und ohne jede Ornamentirung; am inneren Ende sind sie etwas verdickt. Auf den vorhin erwähnten Längsschnitten fand ich auch die Durchschnitte von je zwei Penialborstenpaaren in den Segmenten 17 und 49, in unmittelbarer Nachbarschaft der Ausführungsgänge der Prostatadrüsen. Es sind drei Paar Samentaschen in den Segmenten 7, 8, 9 vor- handen. Auf einer Läugsschnittserie erkannte ich ihre Öffnungen in den Intersegmentalfurchen 6/7, 7/8, 8/9. Jede (Fig. 17) besteht aus einem sackförmigen Haupttheile und einem allmählich dünner werden- den Ausführungsgange mit einer länglich ovalen Seitentasche. Die ganze Samentasche ist etwa I mm lang. Die Regenwürmer von Danville, die meiner Ansicht nach unzweilel- haft zur Familie der Acanthodriliden gehören, habe ich desshalb zu Vertretern eines neuen Genus gemacht, da sie sich von den bis jetzt aufgestellten Gattungen dieser Familie in wesentlichen Punkten unter- scheiden. Ohne mich auf eine nähere Diskussion über den Werth der zur Aufstellung der Gattungen Acanthodrilus, Benhamia, Trigaster, Neodrilus und Geodrilus benutzten Merkmale einzulassen, möchte ich meinen Zweifel an der Stichhaltigkeit derselben nicht unerwähnt lassen. Gerade das neue Genus Geodrilus scheint mir in dieser Hinsicht in manchen Punkten beweiskräftig zu sein. Familie Eudrilidae. Eudrilus erudiens nov. spec. (Fig. 20—22). Syn.: E. Jullieni Horst? Fundnotiz: Bermudas, J. M. Tyror, 1886. Die Länge der drei schon ziemlich stark erweichten Thiere beträgt etwa 200—220 mm bei einer Dicke von 4—5 mm. Die Segmentzahl beläuft sich auf ungefähr 180. Vorderende, Clitellum und Ventralseite sind gelblich; der übrige Körpertheil schmutzig braun. Die Cutiecula irisirt sehr stark. Die Borsten stehen in zwei ventralen und zwei lateralen Paaren. Der Kopflappen theilt das erste Segment bis zur Hälfte. Rückenporen fehlen. Die Öffnungen der Segmentalorgane sind vom 4. Segmente ab sichtbar und liegen vor den Borstenpaaren 3/4. Das Clitellum umfasst die Segmente 44,15, 16, 47, 18; ventral ist es nicht so stark drüsig als dorsal. Die zwei schlitzförmigen, drüsig umwallten Öffnungen des weib- lichen Geschlechtsapparates liegen auf dem 14. Segmente etwas ventral 72 H. Ude, von den Borsten 3/4 und zwischen diesen und den Öffnungen der Seg- mentalorgane desselben Segmentes. Die zwei männlichen, auf drüsigen Papillen liegenden Geschlechts- öffnungen erscheinen als weite, tiefe Gruben hinter den ventralen Borsten des 17. Segmentes und dicht vor der Intersegmentalfurche 17/48. Aus jeder Öffnung ragt ein langer, pfriemenförmiger, gebogener, von Cuticula überzogener Penis hervor. Durch die Haut sieht man die ungleich langen Prostatadrüsen hin- durchschimmern. Sie erstrecken sich vom 17. bis zum 22., bezüglich 23. Segmente. Innere Organisation. Der Ösophagus trägt vorn einen großen Schlundkopf und bildet vor dem Dissepiment 7/8 einen kräftigen, cylindrischen Muskelmagen, der die Segmente 6 und 7 durchzieht. Im 14. Segmente beginnt der Magendarm. Im 10. und 11. Segmente finde ich auf der ventralen Seite des Darmkanals je einen großen, bräunlichen, herzförmigen Anhang, dessen freies stumpfes Ende nach vorn gerichtet ist. Jede dieser Darmtaschen besitzt im Inneren zahlreiche große Falten, die von Blutgefäßen reich durchzogen sind. Die Anhänge besitzen demnach, so weit ich urtheilen kann, genau dieselbe Lage und den gleichen Bau wie die sog. Chylus- taschen, die von MicHAELsen (8) und Bepparn bei anderen Eudriliden gefunden und beschrieben sind. In dem Lumen dieser Taschen fand ich nun aber Krystalle, die wie der Kalkspath die Form von Rhom- bo@dern haben und sich beim Zusatz von Salzsäure unter lebhaftem Aufbrausen lösen. Wir haben es hier also unzweifelhaft mit zwei großen, unpaaren Kalkdrüsen zu thun. Auf Grund dieser Thatsache möchte ich nun — ohne die Exaktheit der Untersuchungen jener For- scher zu bezweifeln — die Vermuthung aussprechen, dass die sog. Chylustaschen der Eudriliden nichts Anderes sind als krystallleere Kalkdrüsen. Die ganze Lehre von den Chylustaschen ist ja bekanntlich von MIicHAELSEn (9) für gewisse Anhänge und vermeintliche durch- löcherte Epithelzellen des Darmkanals von Enchytraeiden zuerst auf- gestellt und dann auf Lumbrieiden übertragen. Es kann nicht meine Absicht sein, hier auf diese Chylustaschen-Lehre näher einzugehen, ich möchte nur betonen — und davon wird ein Aufsatz über Enchy- traeiden specieller berichten —, dass ich die den Darmtaschen der Enchytraeiden zugeschriebene Funktion nicht für erwiesen halte. In dieser Ansicht bestärkt mich besonders noch der oben mitgetheilte Befund, der mich zwingt, die Chylustaschen der Eudriliden als Kalk- m Beiträge zur Kenntnis ausländischer Regenwürmer. 73 drüsen aufzufassen. Selbstverständlich ist mit dieser Bezeichnung auch noch kein Aufschluss über die Funktion der Taschen gegeben, über die Bedeutung, welche die Kalkabsonderung für den Organismus dieser Thiere hat. Wie MicHaAzısen ete. bei anderen Eudriliden, so habe ich auch bei E. erudiens im 12. Segmente zwei kleinere, seitlich am Darm hängende Kalkspath führende Taschen nachweisen können. Das Rückengefäß ist einfach; es besitzt im 7. bis 10. Segmente vier Paar große Lateralherzen. Die Segmentalorgane stellen schleifenförmig gebogene Kanäle dar; sie sind meganephridisch. Von den männlichen Geschlechtsorganen konnte ich leider trotz eifrigen Suchens die Hoden nicht finden, doch zweifle ich nicht an der normalen Lage im A0. und 11. Segmente. Die Samenleiter beginnen im 10. und 41. Segmente und erweitern sich noch in denselben Seg- menten zu hellglänzenden Kapseln. Im 41. und 12. Segmente liegen je zwei große den Darm dorsal umfassende Samensäcke, von denen das hintere Paar, das Dissepiment 12/13 nach rückwärts drängend, den Darm im 13. Segmente überdeckt. Im 13. Segmente vereinigen sich die zwei Samenleiter jederseits zu einem starken Kanale und treten so in die Prostata, in der sie fast in der Mitte einmünden (Fig. 20 v.d). Die zwei ungleich langen Prostatadrüsen (pr) nehmen die Segmente 17 bis 22 resp. 23 ein; sie sind schlauchförmig und muskulös glänzend; die hintere Hälfte ist dünner als-die vordere. Terminal am vorderen dickeren Ende entspringt ein kurzer, dünner Kanal (c), der in eine blasenförmige, ovale Bursa copulatrix (b.c) einmündet. In diese Bursa tritt außerdem der ge- meinsame Ausführungsgang eines einer Stimmgabel ähnlichen Diver- tikels (a), dessen beide gleich lange, von einem Kanale durchzogenen Schenkel fest an einander liegen.” Schneidet man die Bursa der Länge nach durch, so sieht man in der Fortsetzung des Ausführungsganges der Prostatadrüse den pfriemenförmigen, gebogenen Penis (p), der aus der Geschlechtsöffnung des 17. Segmentes herausragt, und vor der Ein- mündung der Anhangsdrüse ein großes Polster. Auf einer Schnittserie, von der Fig. 21 einen Schnitt darstellt, konnte ich Folgendes feststellen. Der Ausführungskanal (c) der Prostatadrüse (pr) geht direkt über in einen Kanal, der den Penis (p) der Länge nach durchzieht. Der Aus- führungskanal (a) der Anhangsdrüse durchzieht das im Inneren der Bursa gelegene Polster (po). Der Penis, welcher unter dem Polster liegt, zeigt da, wo dieses beginnt und auf der dem Polster zugekehrten Ober- fläche eine rinnenförmige Einsenkung, die nach kurzer Strecke sich so weit vertieft, dass sie mit dem Peniskanal zusammenfließt. Es wird 24 H. Ude, demnach das Vorderende des Penis von einer tiefen Furche durch- zogen (p). Ich vermuthe nun, dass sich mit dem die Penisrinne pas- sirenden Samen ein aus der Anhangsdrüse stammendes Sekret mischt. Das Polster dient vielleicht dazu, die Penisfurche abzuschließen. — Über die Histologie kann ich wegen des ungenügenden Konservirungs- zustandes der Thiere nur mittheilen, dass die ganze Innenfläche der von zahlreichen Muskelzügen durchzogenen Bursa und des muskulösen Penis von einem Epithel mit Guticula überzogen wird. An einzelnen Stellen fand ich in diesem Epithel kleine Vertiefungen (v), die eine be- sondere, mir aber unklar gebliebene Bedeutung zu haben scheinen. Penialborsten habe ich nicht gefunden. Der weibliche Geschlechtsapparat (Fig. 22) zeigt folgenden Bau. Die auf Segment 14 in der lateralen Borstenlinie gelegenen Öffnungen führen in den diekwandigen Ausführungsgang (u.s) der zwei Samen- taschen (s). Die Samentaschen selbst sind dünnwandige Schläuche, die den Darm dorsalwärts umziehen und in der Nähe des Rückengefäßes fest anliegen. In den Ausführungsgang der Samentasche mündet an der einen Seite der lange, vielfach gewundene Ausführungsgang des ovalen Receptaculum ovorum (r.o) ein. Diesem gegenüber führt in den Samen- taschengang der kurze Kanal eines kugeligen Divertikels (d). Dicht oberhalb dieses Anhanges sieht man die Einmündung des Oviductes, an dessen Ende das Ovarium (ov) sitzt. E. erudiens steht dem E. roseus Mich. (2) (und E. peregrinus E. P.?) nahe, unterscheidet sich aber davon durch seine Länge, seine Farbe, die Form des Divertikels der Bursa copulatrix und die Einmündungs- stelle des Oviductes. Hannover, im August 1893. Litteratur. 4. BEppARD, The Earthworms of the Vienna Museum. Ann. Mag. Nat. Hist. (6) IX. 2. MıcHAELSEN, Terricolen der Berl. zoologischen Sammlung. II. Archiv f. Natur- geschichte. 4892. 3. Horst, Earthworms from the Malay Archipelago. WEBER, Zool. Ergebnisse einer Reise in Niederl. Ost-Indien. Bd. II. Leiden 1892. 4, Rosa, Die exotischen Terricolen des naturhistor. Hofmuseums. Ann. d.k.k. naturh. Hofmus. Bd. VI. 4894, 5. Rosa, Megascolex templetonianus n. sp. Boll. Mus. Zool. Torino. VII. p. 134. Außerdem eine längere briefliche Mittheilung mit Abbildungen. 6. Rosa, L terricoli argentini. Ann. mus. civ. Genova. IX. 4890. 7, MicHAELSEn, Oligochaeten des Naturh. Mus. Hamburg. IV. Jahrb. d. Hamburger wissensch, Anst. VIII. A891. Beiträge zur Kenntnis ausländischer Regenwürmer. 75 $. MıcHAELSEn, Beschreibung d. v. Dr. STuUHLmAnnN etc. Jahrb. d. Hamb. wissensch. Anst. VI. 9. MicHAELSENn, Über Chylusgefäßsysteme bei Enchytraeiden. Arch. f. mikr, Anat. Bd. XX VI. 40. BeppArD, On the Earthworms collected in Algeria and Tunisia. 44. Horst, Sur quelques lombriciens exotiques app. au g. Eudrilus. Erklärung der Abbildungen. Tafel IV. Fig. 1ı—5. Anteus distinctusn. Sp. Fig. 4. Vorderende von der ventralen Seite aus gesehen. Cuticulapräparat. Fig. 2. Ornamentirte Normalborste. Fig. 3. Ornamentirte Geschlechtsborste. Fig. 4. Clitellum vom 45. bis 23. Segmente, von der Seite gesehen, mit Tub. pub. auf dem 48. bis 22. Segmente und einer Papille auf dem 22. Segmente. Fig. 5. Samentasche. Fig. 6 und 7. Anteus teresn.sp. Fig. 6. Clitellum von der ventralen Fläche mit der drüsenlosen Mittelzone und den zwei tiefen Furchen. Fig. 7. Samentaschen. : Fig. 8und 9. Perichaeta capensis Horst. Fig. 8. Hintere Samentasche ; Fig. 9. Vordere ee ae Fig. 40 und 44. Perichaeta pusilla.n. sp. Fig. 10. Segmente 14 bis 23 von der ventralen Fläche gesehen. Fig. 14. Samentasche. Fig. 42. Perichaeta parvan.sp. Fig. 42. Samentasche (gelockert). Fig. 43—15. Megascolex templetonianus Rosa. Fig. 43. Segmente 16 bis 22 von der ventralen Fläche gesehen, um die tiefe rechteckige Grube mit den & Geschlechtsöffnungen und den Papillen zu zeigen. Fig. 44a u. b. Samentaschen. Fig. 45. Prostatadrüse. Fig. 46—49. Geodrilus singularisn.g.n. sp. Fig. 46. Clitellum und Segınent 49: auf 44 die @, auf 17 die deutlichen 3 und auf 19 die undeutlichen & Geschlechtsöffnungen. Fig. 47. Samentasche. Fig. 48. Geschlechtsborsten. Fig. 19. Prostatadrüse. Fig. 20—22. Eudrilus erudiensn.sp. Fig. 20. Endtheil des & Geschlechtsapparates. v.d, Samenleiter; pr, Prostata- drüse; c, Ausführungskanal der Prostata; b.c, Bursa copulatrix durch einen Schnitt geöffnet; a, Anhangsdrüse; p, Penis. Fig. 24. Schnitt durch Fig. 20. p, Penis mit der Furche und dem Kanal; po, Polster; c, Kanal von der Prostata pr; a, Ausführungsgang der Anhangsdrüse, Fig. 22. @ Geschlechtsapparat. o.s, Öffnung der Samentasche; a.s, Ausfüh- rungsgang der Samentasche; s, Samentasche; d, Divertikel der Samentasche; ov, Ovar mit Oviduct; r.o, Receptaculum ovorum. Die Entwicklung und der Bau der Wirbelsäule der Ganoiden. Fünfte Abhandlung über die Entwicklung der Wirbelsäule. Von C. Hasse. Aus der anatomischen Anstalt zu Breslau. Mit Tafel V und VI. Trotz der vielfachen Angaben über den Bau der Wirbelsäule der Störe ist dennoch keine Übereinstimmung in den Ansichten erzielt. Ich will daher zuerst die bisherigen Anschauungen über die Wirbelsäule der Knorpelganoiden hervorheben und darauf das vorbringen, was man über den Bau und die Entwicklung derselben bei den Knochenganoi- den weiß. Mecexzr ! beschreibt die Wirbelsäule des Störes als einen die ganze Länge des Stammes durchlaufenden, knorpeligen mit einer gallertigen, weichen Masse angefüllten, unter dem Rückenmark liegenden Kanal. Derselbe bietet in so fern Spuren einer höheren Ausbildung, als seine Wand im Verhältnis zu der von ihr umgebenen Höhlung wenigstens doppelt so dick ist, als bei Petromyzon. Dieser Kanal ist wenigstens bei jungen Thieren so dehnbar, dass er um das Dreifache seiner Länge gedehnt werden kann. Die gallertige Masse enthält in ihrem Inneren, nicht völlig in der Achse, sondern etwas weiter nach unten einen run- den, von einer eigenen Scheide, welche durch Erhärtung und Ver- dickung der gallertigen Substanz entsteht, umgebenen Kanal, in welchem sich eine dünne Flüssigkeit befindet. Außerdem erscheint die Anordnung der Wirbelsäule theils durch Vergrößerung und voll- kommenere Ausbildung ihres Bogentheiles, theils durch Entstehung von Knorpelstücken im Umfange des beschriebenen Cylinders bedeutend vervollkommnet. Seitlich und an der Bauchfläche befinden sich vier- 1 System der vergleichenden Anatomie. Halle 1824. Die Entwicklung und der Bau der Wirbelsäule der Ganoiden. | 71 eckige Knorpel. Vorn biegen sie sich nur etwas gegen die Mittellinie, hinten dagegen fließen sie völlig zusammen. Dann beschreibt er in ausgezeichneter Weise die Häm- und Neurapophysen. J. Mürzer ! macht nur wenige Angaben über den Stör und sagt, es handle sich um ein Faserknorpelrohr mit Gallerte gefüllt, umgeben von einer fibrösen Haut, welche oben ein Rohr für das Rückenmark bilde. An dem oberen, häutigen Rohre Knorpelschenkel, an dem unteren Umfange der Säule paarige, knorpelige Basilartheile. Auf diese Bogenknorpel geht er wie MEcker besonders ein, allein diese Verhält- nisse haben für die vorliegenden Fragen keine weitere Bedeutung. Leypıe? ist der Erste, welcher genauere Angaben über den feineren Bau der Störwirbelsäule macht. Die Chordasubstanz und die Scheide derselben bestehen nach ihm aus mehreren differenten Lagen. Die fibröse Scheide ist eine gallertige Substanz, undeutlich streifig, ohne weitere Formelemente in derselben, aber sie ist nach außen begrenzt von einer elastischen Haut (Elastica externa), die auf der Fläche streifig erscheint und in Fasern zerspaltbar ist. Nach innen von der Scheide, auf der Chorda, liegen kleine, rundliche Zellen mit feinkörnigem Inhalt (Chordaepithel). Die Bogenknorpel sind hyalin. KöLLiker?® sah zuerst beim Stör eine Elastica interna, welche aus _ einem dichten Netzwerk elastischer Fasern bestehen soll. Sie ist als ein Abscheidungsprodukt der Chordazellen aufzufassen. GEGENBAUR* knüpft an die Leypie’schen Beobachtungen an. Er be- schreibt die Faserscheide als aus feinsten, wellig verlaufenden Fibril- len bestehend, zwischen denen aber niemals Zellen oder Zellkerne vorhanden sind. Von einer Elastica interna fand er keine Spur, da- gegen auf der Außenseite der Elastica externa Kalkkonkremente. Die Bildung der Faserscheide leitet er von den Zellen des Chordaepithels her. Die koncentrische Schichtung ist nach ihm die Folge einer auf einander folgenden Ablagerung. Die Fibrillen betrachtet er als Spalt- produkte der ursprünglich homogenen Masse. In seinen kritischen Bemerkungen zur Geschichte der Unter- suchungen über die Scheiden der Chorda dorsalis ergänzt KöLLıker ! Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Berlin 1834. 2 Anatomisch-histologische Untersuchungen über Fische u. Reptilien. Berlin 1853. 3 Über die Beziehungen der Chorda dorsalis zur Bildung der Wirbel der Sela- chier und einiger anderen Fische. Verhandlungen der physik.-medic. Gesellschaft Würzburg. Bd. X. 1860. 4 Über die Entwicklung der Wirbelsäule des Lepidosteus mit vergleichend- anatomischen Bemerkungen. Jenaische Zeitschr. f. Medicin u. Naturwissensch, 1867. 5 Verhandlungen der phys.-med. Gesellschaft Würzburg. 1872. 78 C. Hasse, seine früheren Angaben dahin, dass er die von der Chorda gebildete, innere, zellenlose Elastica auch bei den Ganoiden aus einer äußeren und inneren elastischen Lage bestehen lässt, während die mittlere eine faserige Struktur besitzt. GoETTE ! macht darauf aufmerksam, dass die Wirbelsäule beim Stör . ziemlich eben so gebaut ist, wie bei den Cyclostomen. Die Oberfläche derselben wird nach ihm von einer polyedrischen Rindenschicht ge- bildet, in der die Scheidewände der Chorda mit breiter Basis wurzeln. Wenn Zellen darin auftreten, so betrachtet er dieselben als nachträg- liche Sonderungen um die Kerne dieses Protoplasmas. Die dicke Scheide besteht aus zwei Schichten, der gallertig fibrillären, inneren Gerüstmasse und dem dünnen, elastischen Oberhäutchen. Die von Körriker beschriebene innere Grenzhaut konnte er nicht auffinden. Die Faserschicht ist eine cuticulare Bildung der Chorda. SCHNEIDER ? gelang es bei dem Stör auch nicht an der Innenseite der faserigen zellenlosen Chordascheide eine besondere elastische Mem- bran aufzufinden. SALENSKY nimmt in seiner ersten Arbeit?, wenigstens den von ihm gegebenen Bildern nach zu urtheilen, die Ansicht, dass eine innere elastische Haut im Sinne von KörLiker vorhanden sei, wieder auf. In seiner Fig. 4104 zeichnet er an der Innenseite der Chordascheide eine Elastica chordae. Im folgenden Jahre! beschreibt er das Verhalten der Rückensaite folgendermaßen : So wie sie erscheint, besteht sie aus Zellen, welche den anderen Zellen des Mesoderms gleichen. Ihr Proto- plasma ist fein gekörnt, und jede Zelle umschließt einen Kern. Ein wenig später platten sie sich in der Richtung der Achse des Körpers ab. Später treten Vacuolen in ihnen auf. Eine feine Cuticularmembran, von den Zellen der Chorda abgesondert, erscheint an der Oberfläche. Außer dieser Membran (Membrana interna) bildet sich noch eine Ex- terna. Diese begrenzt den Hohlraum der skelettbildenden Schicht, welche den Raum für die Chorda bildet und hat nichts mit der Chorda zu thun. Auf seiner Fig. 29 zeichnet er dann die skelettbildende Schicht als ein einfaches Zelllager an der Seite der Chorda und des Rückenmarkes, ohne sich näher darüber auszulassen, woher diese I Beiträge zur vergleichenden Morphologie des Skelettsystemes der Wirbel- thiere. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XV. 1874. 2 Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Entwicklungsgesch. der Wirbel- thiere. Berlin 1879. 3 Acipenser ruthenus. (Russisch.) Kasan 1880. 4 Recherches sur le developpement du sterlet. Archives de Biologie. Tome Il. Paris 1881. Die Entwicklung und der Bau der Wirbelsäule der Ganoiden. 29 Zellen stammen. Sie sind nach ihm lediglich mesodermatischen Ur- sprungs. Auch Rerzıus! glaubt eine innere elastische Membran gefunden zu haben. Im Übrigen sagt er, dass es ihm bei dem Stör nicht gelungen sei die feine Faserung des Chordamaschenwerkes zu sehen, dagegen fand er, dass das Chordaepithel ein verschieden langes Cylinderepithel sei, welches auf dem Querschnitt polygonal erscheine. Jede Zelle löst sich in mehrere kleine, feine, glänzende Zacken und Fibrillen auf, mittels welcher sie sich dem dünnen, elastischen Häutchen an der Innenfläche der Faserschicht der Chorda anheften. Diese ist undeut- lich fibrillär und balkig, mit vorwiegend koncentrischer Streifung, ohne Zellen. Nach außen ist sie durch die hellglänzende Elastica externa abgegrenzt, in welcher hier und da ovale Löcher vorhanden sind, und der die knorpeligen Bogen aufsitzen. Barrour? betrachtet die Faserscheide der Chorda auch bei den Stören nicht als eine neue Bildung, sondern als ein Homologon der Intereutieularschicht der Elasmobranchier. Ich selber? fasste die Resultate meiner Untersuchungen über die Entwicklung der Wirbelsäule des Sterlets in folgenden Satz zusammen: Die sogenannte Chordascheide der Knorpelganoiden ist wie die der Cycelostomen chordalen Ursprunges und der sogenannten Cuticula chordae oder der Elastica interna, vor Allem der Amphibien und Am- nioten homolog. Dieselbe entsteht in ihrem wesentlichen Bestand- theile, der Faserschicht, in derselben Weise wie das Dentin und hat, abgesehen von der Verkalkung oder Verknöcherung, denselben Bau wie dieses. Die skeletogene Schicht entsteht durch Auswanderung von embryonalen Blutzellen aus der Aorta. Ich nahm also dabei an, dass zuerst die Elastica externa der Autoren von der Chorda gebildet werde, dass dann die Faserschicht folge und schließlich die innere Grenzhaut derselben sich aus der Chorda bilde. Diesen Ansichten trat Lvorr! entgegen und stellte im Widerspruch zu allen vorangegangenen Forschern den Satz auf, dass die sogenannte Faserscheide der Chorda nicht von den Chordazellen gebildet werde und zellenlos sei, sondern, dass dieselbe zellenhaltig aus von der skelettbildenden Schicht herstammenden Zellen hervorginge. Ein 1 Einige Beiträge zur Histologie und Histochemie der Chorda. Archiv für mikr. Anatomie. 1884. 2 A treatise of comparative embryology. London 1881. 3 Beiträge zur allgemeinen Stammesgeschichte der Wirbelthiere. Jena 1883. * Vergleichend-anatomische Studien über die Chorda und die Chordascheide. Bulletin de la societ€ imp. des naturalistes de Moscou. 1887. S0 | C. Hasse, Beweis dafür liegt ihm einmal in der leichten Lösbarkeit der Chorda von der Scheide und in der Durchbohrung der Elastica externa. Die Vacuo- len der Rückensaite betrachtet er als mit«Gas gefüllt. Die Zellen sind nach ihm dabei zu Scheiben angeordnet. Der Funiculus chordae be- steht aus zusammengepressten Zellen, welche die Wand eines Kanales bilden. Die Vacuolen entstehen durch Vacuolisirung der Zellen der Oberfläche, welche eine Zellmembran bilden. Das Chordaepithel ist cylindrisch und bildet an seiner Oberfläche eine feine, cuticulare Mem- bran, die bereits KöLLiker beschrieben hat, während Andere sie leugnen. Die Faserschicht besteht aus wellig gebogenen Fasern, welche Binde- gewebsfasern sind, zwischen denen kleine, spindelförmige Zellen liegen. Die Radialfasern sind nichts weiter als abgebogene Theile der koncen- trischen Fasern. Die Elastica externa besteht aus elastischen Fasern, die in das Prochondralgewebe eindringen. Außen ist dieselbe von jungen Bindegewebszellen bedeckt. In der neuesten Zeit hat sich Kraarscu ! auch mit der Wirbelsäule der Störe beschäftigt und wendet sich dabei gegen meine Auffassung über die Entstehung der faserigen Chordascheide aus dem Chordaepi- thel, und vor Allem gegen den herangezogenen Vergleich mit dem Zahnbein, lediglich weil es ihm nicht gelang Fortsätze an den Chorda- zellen zu sehen, wie sie schon Rerzıus beschrieben hatte. Wenn ich ihn recht verstehe, betrachtet er die Chordascheide als eine ursprüng- lich homogene Masse, in welcher sich später Fasern bilden, anders wenigstens vermag ich seine Worte, »das Bild der radiären Streifung wird hervorgerufen durch wellige Biegungen der fibrillären Diiferen- zirungen in der Ghordascheide«, nicht zu deuten. Er unterscheidet aber ein koncentrisches System, welches auf eine schichtweise Ab- lagerung hindeutet und schräge Fasermassen, welche spiralig, terminal und ventral und terminal und dorsal ansteigen. In seiner zweiten Ab- handlung giebt er dann eine Abbildung eines Stückes eines Wirbel- säulenquerschnittes von einem 12 cm langen Acipenser ruthenus bei schwacher Vergrößerung, welche wesentlich zur Unterstützung seiner in der ersten Arbeit geäußerten Ansichten über den Bau der Faserscheide der Chorda dient. Außerdem beschreibt er aber eine Aufnahme von Theilen der Elastica externa in die Knorpelbögen und leitet daraus im Allgemeinen den Schwund der Cuticula sceleti her. »Die Funktion der Elastica als geschlossener Hülle der Chordascheide geht in demselben Maße an der Stelle der Bogenbasen verloren, als diese von ersterer selbst elastische Theile aufnehmen.« Als weiteres Beispiel für dieses i Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Wirbelsäule. Morphologisches Jahrbuch. Bd. XIX u. XX. 1892 u. 4893, Die Entwicklung und der Bau der Wirbelsäule der Ganoiden. | 81 Verhalten beruft er sich dann auf Chimaera. Für die Knochenganoiden fehlen ihm eigene Beobachtungen, und sützt er sich bei Inbetracht- nahme dieser Thiere wesentlich auf die Angaben von GEGENBAUR, BAL- FOUR und PARKER. Dies die bisherigen Ansichten über den Bau und die Entwicklung der Hauptbestandtheile der Wirbelsäule der Knorpelganoiden. Was nun die Knochenganoiden betrifft, so ist es namentlich mit Bezug auf ihren Zusammenhang mit den Knorpelganoiden wichtig das Verhalten der primären Elemente ihrer Wirbelsäule kennen zu lernen und zu sehen, welche Ansichten darüber herrschen. LeypıG! verdanken wir, so weit ich finde, die ersten Angaben über den feineren Bau der Wirbelsäule der Knochenganoiden. Das Fach- werk der Chorda zeigt nach ihm bei Polypterus in der Mitte einen cen- tralen Streifen (Funiculus chordae) und ist an der Peripherie am wenig- sten stärk, während die Substanz gegen die Mitte an Stärke zunimmt. Das mikroskopische Aussehen des Fachwerkes, einer Zwischenzellsub- stanz ist vollkommen das des Bindegewebes hier mehr homogen, dort mehr streifig und im Centrum so wellig lockig, dass es an Sehnenge- webe erinnert. Die Scheide der Chorda besteht aus heller Bindesub- stanz, die entweder undeutlich gestreift erscheint, oder stellenweise auch eine vollkommen lockige Zeichnung sehen lässt, ganz wie bei Sehnen. Einzelne Strecken der Chordascheide sind an der Außenseite verkalkt. y KörLiker? beschreibt am Ende des Schwanzes eines Polypterus die Chorda als mit einer elastischen Hülle (Elastica interna) versehen, die jedoch nicht immer rings herum deutlich ist und entweder homo- gen erscheint oder feinere Lücken enthält, hier und da auch netzförmig aussieht. Dann folgt eine hellere, dicke Hülle, die bindegewebige eigentliche Scheide, in der außer einer koncentrischen Streifung keine weitere Struktur sich erkennen lässt, und die sich besonders dadurch auszeichnet, dass sie am Schwanzende mehr oder minder verkalkt ist. Um die Scheide findet sich eine Elastica externa. Der Bau bei Amia ist derselbe. Bei Lepidosteus verhalten sich die Dinge etwas anders. Die Elastica externa besitzt eine große Menge von Lücken. Sie umschließt dabei am Schwanzende die Faserhülle der Chorda nicht dicht, sondern steht bald da, bald dort unregelmäßig von ihr ab. In den Zwischen- räumen liegt hyaliner Knorpel und dieser ist aus der äußersten Lage der Faserhülle hervorgegangen. Die Elastica externa schickt sowohl ! Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere. Hamm 4857. 2 Über das Ende der Wirbelsäule der Ganoiden u. einiger Teleostier. Leipzig 1860, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 6 82 | C. Hasse, nach außen, wie nach innen elastische Fasern aus. Die Faserhülle oder die Bindegewebsscheide der Chorda zeigt nichts Besonderes, außer dass ihre Fasern mit kleinen eingesprengten, spindelförmigen Saftzellen einfach koncentrisch angeordnet sind, eben so wenig die dünne Elastica interna, die auch hier nicht fehlt. GEGENBAUR ! untersuchte einen jungen Lepidosteus. Die Chorda war intervertebral eingeschnürt, vertebral erweitert. Die sehr ansehn- liche Ghordascheide bestand aus zwei Lamellen, einer inneren, sehr dicken, glashellen und einer äußeren dünneren, welche viel stärker lichtbrechend erschien und von feinen Spalten durchsetzt war. Die Scheide zeigte dabei intervertebral Längsfaltungen, welche besonders deutlich an der äußeren, einer gefensterten elastischen Membran gleichkommenden Lamelle sichtbar waren. Um die Chorda lagert sich der Wirbelkörper, der die intervertebrale Einschnürung bedingt. Er besteht anfänglich aus Knorpel, und aus diesem gehen die Bogen her- vor, ohne dass die Chorda einen Antheil an der Bildung des definitiven Wirbelkörpers nimmt. Er findet dann weiter, dass die Chordascheide keine Zellen enthält, auch keinen Knorpel umschließt. Die beiden Lamellen liegen dicht an einander, die innere zeigt dabei undeutliche Streifung. An der Oberfläche der Chorda befindet sich ein bereits von Leyvie gezeichnetes Chordaepithel, welches nach ihm die Chordascheide bildet. Barrour und Pırker? sind die Letzten, denen wir über den Bau und die Entwicklung der Wirbelsäule der Knochenganoiden Aufklärung verdanken. Wie schon der Titel ihrer Arbeiten zeigt, haben sie Lepi- dosteus untersucht, und die wesentlichsten Resultate sind folgende: Rings um die Rückensaite wird frühzeitig eine mesoblastische Scheide gebildet, welche sich in zwei dorsale und zwei ventrale Leisten sondert, von denen die ersteren sich über dem Rückenmark vereinigen. Um die Cuticularscheide der Chorda bildet sich dann eine elastische Membran, die Elastica externa. Die neuralen Verdickungen werden stärker in jedem Intermuskularseptum, und diese Verdickungen werden alsbald in Knorpel umgewandelt und bilden so eine Folge von Neurapo- physen, welche mittelbar der Elastica externa aufsitzen, und welche sich 2/, aufwärts an den Seiten des Rückenmarkes erstrecken. Gleichzeitig bilden sich Hämapophysen in derselben Weise, wie die Neurapophysen. 1 Über die Entwicklung der Wirbelsäule des Lepidosteus mit vergl.-anat. Be- merkungen. Jenaische Zeitschr. für Medicin u. Naturwissensch. Bd. X. 41867. 2 On the structure and development of Lepidosteus. Proceedings of the royal society. 1884. — On the structure and development of Lepidosteus. Philosophical transactions. Vol. CLXXIII. 1882. Die Entwicklung und der Bau der Wirbelsäule der Ganoiden. 83 Darauf bildet sich eine Folge vertebraler Einschnürungen der Chorda. Die Scheide ist nun viel dicker vertebral als intervertebral und das wird durch eine besondere Differenzirung der Oberflächentheile der Scheide bewirkt, welche körniger erscheinen als der Rest und in jeder Vertebralregion einen Cylinder bilden. Zwischen diesem und dem Gallertgewebe der Chorda bleibt eine dünne, unveränderte Lage der Scheide, welche mit den intervertebralen Theilen der Scheide zu- sammenhängt. Die Neur- und Hämapophysen, welche im Laufe der Entwicklung vertebral zu liegen kommen, vereinigen sich rings um die Chorda in den Zwischenwirbelräumen und gehen von einem Wirbel zum anderen. Jeder dieser Intervertebralringe wird in zwei Theile zerlegt für je zwei auf einander folgende Wirbel, und die gebogene Linie, die dies anzeigt, entsteht schon sehr frühzeitig. Diese Interverte- bralknorpel entstammen also den Bogenknorpeln und sind in der Mitte dicker, als an den Enden. Im letzten Stadium von 11 cm Länge wer- den die vertebralen Einschnürungen durch die Intervertebralknorpel, welche ausgeprägte intervertebrale Einschnürungen bedingen, weniger sichtbar. In den Zwischenwirbelräumen verschwindet die Membrana Elastica externa am hinteren Ende jedes Wirbels, und der Rest ist transversal beträchtlich gefaltet. Die innere Scheide der Chorda ist in den Zwischenwirbelräumen längsgerunzelt. Das äußere gekörnte Lager der Scheide in der vertebralen Region ist weniger dick, als in den letzten Stadien und zeigt eine zarte, radiale Streifung. Die beiden Forscher heben dann hervor, dass die Wirbelsäule des Lepidosteus nicht mit der Wirbelsäule der Urodelen, wohl aber mit der der Tele- ostier zu vergleichen ist. Man sieht nun aus allem Diesen, dass die Forscher mit Ausnahme von Körrıker und Lworr darüber einig sind, dass sowohl bei den Knorpelganoiden wie bei den Knochenganoiden die um die Rückensaite, nach innen von der Elastica externa gelagerte Scheide zellenlos ist und von der Chorda gebildet wird, allein in welcher Weise diese Bildung vor sich geht, darüber habe ich seiner Zeit allein Angaben gemacht. Von den Knochenganoiden stand mir leider kein Entwicklungsmaterial zu Gebote, dafür ist es mir aber bei den Stören vergönnt gewesen, wenn auch nicht in lückenloser Reihenfolge Entwicklungsstufen zu untersuchen, welche meiner Ansicht nach für die Hauptfragen eine gewisse ausschlaggebende Bedeutung besitzen. Da nun aber nach der Meinung sämmtlicher Forscher, denen auch ich mich anschließe, die Wirbelsäule der Knochenganoiden denselben Bau wie bei den Stören besitzt, so ist kein Grund vorhanden anzunehmen, dass die Entwick- lung in anderer Weise vor sich geht. Die Verfolgung der Entwicklungs- 6* 84 0. Hasse, | vorgänge von Seiten Barrour’s und Pırker’s kommt auch zu keinem wesentlich abweichenden Ergebnis. Ich stelle wiederum das Hauptresultat meiner Untersuchung voran. Dasselbe lautet folgendermaßen: Die Knorpel- und die Knochenganoiden entbehren, wie die Anuren, einer Interceuticularschicht. Sie zeigen also gegenüber den Elasmobranchiern, den Dipnoi und den Urodelen, welche eine solche besitzen, wesentliche Unterschiede. Das jüngste Stadium, welches ich untersuchen konnte, war ein Querschnitt durch die Wirbelsäule eines Acipenser sturio 47 Stunden nach der Befruchtung (Fig. 1). Die Rückensaite ist ein dicker, eylin- drischer Strang, welcher aus Zellen besteht, deren Grenzen sich nicht genau bestimmen lassen. Die Kerne sind unregelmäßig und mehr in der peripheren Zone gelagert, dabei ungleich groß und rundlich. An der Peripherie sind die Zellen mit Dotterkörnchen vollgepfropft, wäh- rend diese im Centrum sparsamer erscheinen. Rings um die Chorda ist eine vollkommen gleichmäßige, zarte Cuticula chordae abgesondert (Fig. 4 c.ch). Von skeletogenen Zellen war an dem Präparate nichts zu entdecken. Das Medullarrohr lag der Cuticula chordae unmittelbar an, und eben so der zwischen Chorda und Entoderm eingeschobene, etwas abgeplattete Subchordalstrang (Fig. I sch.str), dessen undeutlich abge- grenzte, mit ovalen Kernen versehenen Zellen ebenfalls mit Dotterele- menten vollgepfropft waren. Das nächstfolgende Stadium stammt aus dem dritten Tage nach der Befruchtung und ist ganz besonders werthvoll durch die Überein- stimmung, welche dasselbe mit den jüngeren Entwicklungsstufen der Amphibien und der Selachier darbietet. Die Zellen der Rückensaite sind im Centrum vollkommen vacuolisirt, und nur hier und da sieht man einen Kern. Dagegen hat sich an der Oberfläche ein vollkommenes Zelllager, ein Chordaepithel (Fig. 2 ch.ep), ausgebildet, dessen Zellen bald mehr rundliche, bald mehr abgeplattete, längsovale Kerne be- sitzen. Die Zellen sind platt, nicht cylindrisch, von ungleicher Größe und dem entsprechend stehen die Kerne bald dichter an einander gedrängt, bald weiter aus einander. Im großen Ganzen ist es ein un- regelmäßiges Pflasterepithel (Fig. 3 ch.ep). Die Cuticula chordae ist ein klein wenig dieker geworden und tritt deutlicher hervor, allein sie ist vollkommen homogen geblieben und zeigt durchaus keine Struktur oder Schichtung. Sie besitzt ein stärkeres Lichtbrechungsvermögen, als früher. Der Subchordalstrang ist jetzt verschwunden, dagegen lagert sich um die Guticula chordae eine Zellmasse, welche namentlich ventral, Die Entwicklung und der Bau der Wirbelsäule der Ganoiden. | S5 in der Umgebung der Gefäße ganz besonders entwickelt erscheint, sich aber noch nicht zwischen Chorda und Rückenmark eingedrängt hat. Die Zellen beginnen erst an der Peripherie (Fig. 2 rechts) sich zwi- schen sie einzudrängen. Es ist die Zellmasse der skeletogenen Schicht. Wie diese Zellen entstehen, wie weit bei ihrer Bildung der subchordale Strang, wie weit dabei die Gefäße betheiligt sind, oder ob dieselben in der Weise entstehen, wie es Ragr! vor allen Dingen von den Selachiern behauptet, darüber vermag ich leider keine Auskunft zu geben. Das zahlreiche Auftreten der Zellen an der ventralen. Fläche der Chorda, die zahlreichen Mitosen daselbst sprechen für ein Entstehen ventral von der Rückensaite und für ein allmählich vor sich gehendes, dorsales Vor- schieben der Zellmassen um die Chorda und um das Rückenmark. Deut- lich lässt sich nun aber eine innere (Fig. 2 i.zsch) und eine äußere (Fig. 2 ä.zsch) Zellschicht nachweisen. Erstere bildet um die Cuticula chordae eine Art epithelialen Belags von platten Zellen (Fig. 3 sc.sch), welche während des Wachsthums des Rückgrats auch von den äußeren Zellen ergänzt zu werden scheint, indem man (Fig. 3) sieht, wie sich von außen her Zellen zwischen sie einzudrängen suchen. Die äußere Zell- schicht (Fig. 2 ü.zsch) bildet dagegen gerade wie bei den Urodelen ein unzusammenhängendes, lockeres Zelllager. Mit dem Erscheinen dieser inneren epithelartigen Zellschicht des skeletogenen Gewebes, und mit dem Herumwachsen derselben rings um die Chorda zeigt sich bei jungen Stören 26—32 Tage nach dem Ausschlüpfen zunächst eine Veränderung in dem Chordaepithel. Die Kerne desselben rücken aus einander und liegen zerstreut unter der Cuticula chordae (Fig. 4 u. 5 chep), ohne Zweifel in Folge der Dehnung der zugehörigen Zellen. Diese ist wiederum abhängig von der Zu- nahme des Inhaltes der Vacuolen und von dem damit zusammenhängen- den excentrischen Wachsthum der Rückensaite. Dabei hat die Dicke der rings um dieselben gelagerten Cuticula chordae (Fig. 4 u. 5) zuge- nommen, und es zeigt sich jetzt (Fig. %, 5 c.c’) eine Sonderung an oder in derselben, welche die höchste Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Es erscheint in derselben eine undeutlich ausgeprägte Trennungs- linie, welche eine Zusammensetzung der cuticularen Hülle aus einer inneren und einer äußeren Lage andeutet. Welche von beiden die stärkere ist, ist schwer zu sagen, eben so sind die Unterschiede im Lichtbrechungsvermögen nicht erheblich, ja, an manchen Schnitten und an manchen Stellen des Querschnittes ist es mir nicht ‘möglich gewesen eine solche Trennung mit Bestimmtheit nachzuweisen. 1 Theorie des Mesoderms. Morphologisches Jahrbuch. 86 C, Hasse, Es liegt ja außerordentlich nahe anzunehmen, dass die innere Lage die ursprüngliche Cuticula chordae, die äußere dagegen die der skelettbildenden Schicht angehörende Elastica sceleti ist, dass wir es also mit Bildungen zu thun haben, welche den gleichen Bildungen der Elasmobranchier, Dipnoi und Urodelen homolog sind, und so habe ich ‚sie! in meinen allgemeinen Bemerkungen vorläufig aufgefasst, allein was mich immer wieder stutzig machte, das war der Umstand, dass es mir an keinem Schnitte gelingen wollte eine vollkommene Trennung derselben an der Trennungslinie zu bewirken, wie das bei den Uro- delen so leicht möglich, trotzdem an den mir zur Verfügung gestellten Schnitten Verbiegungen und scharfe Knickungen der Cuticularmem- bran reichlich vorhanden waren, und unter solchen Verhältnissen die Trennung sonst leicht gelingt. Ich würde wenig Werth auf diesen Umstand gelegt haben, wenn ich nicht selber in meinen Beiträgen zur Stammesgeschichte der Wirbelthiere? auf Grund der Untersuchung junger Entwicklungsstadien von Acipenser ruthenus es zweifelhaft ge- lassen hätte, ob bei den Acipenseres eine Cuticula sceleti vorhan- den ist. Ich neigte mich dahin anzunehmen, dass eine solche fehle, und in jüngster Zeit weiter geführte Untersuchungen an frühzeitigen Entwicklungsstadien von Petromyzon haben mich weiter stutzig ge- macht. Bei den Neunaugen ist es mir trotz des eifrigsten Bemühens bisher nicht gelungen mit vollster Bestimmtheit eine Gutiecula sceleti nachzuweisen, obgleich es sich um Stadien handelte, welche durchaus diesem Entwicklungsstadium von Acipenser sturio entsprachen. So- mit ist die Frage, existirt bei den Cyclostomen und den Ganoiden und endlich auch bei einigen Anuren, wie Kröten, neben einer Guticula chordae noch eine Cuticula sceleti, noch nicht vollkommen spruchreif, und dem entsprechend behalte ich mir für die Zukunft eine wesentliche Änderung meiner vor Kurzem veröffentlichten Anschauungen über die Stammesgeschichte der Wirbelsäule vor. Angesichts dieser auf unabweisbaren Thatsachen ruhenden Zweifel würde ich kaum diese Arbeit veröffentlicht, sondern ruhig gewartet haben, bis ein ausreichendes und möglichst lückenloses Material von entsprechenden Entwicklungsstadien der Störe, Neunaugen und Kröten von mir auf diesen Punkt hin untersucht wäre, allein die jüngst ver- öffentlichten, auf ein durchaus ungenügendes und zum Theil ober- flächlich untersuchtes Material sich stützenden Anschauungen von Kraarsch lassen es mir doch, trotz des unsicheren Standes der Frage ! Anatomischer Anzeiger. VIII. 4893. p. 8 u. 9. 2 Jena 1887, Die Entwicklung und der Bau der Wirbelsäule der Ganoiden. 87 wünschenswerth erscheinen öffentlich vorzugehen, um zu verhindern, dass seine Ansichten mehr Verbreitung finden, als sie verdienen. Ist es also nach dem bisherigen Stande der Untersuchung zweifel- haft, ob sich bei den Stören eine Cuticula sceleti, eine von der skelett- bildenden Schicht abgesonderte Elastica externa der Autoren findet, und ob nicht das, was die meisten Forscher bisher als Cuticula sceleti betrachteten, in Wirklichkeit die Guticula chordae ist, so will ich dem entsprechend zunächst von der Bezeichnung Cuticula chordae und Cutieula sceleti absehen, und die beiden bei den Stören gefundenen, undeutlich ausgeprägten Lagen der Cuticularscheide der Chorda als äußere (Fig. c) und innere Lage (c’) bezeichnen. In jedem Falle bin ich. im Stande weitere Entwicklungsvorgänge aufzuklären und nachzu- weisen, dass meine von Kraatscn kurzer Hand abgewiesenen, früheren Ansichten über die Entstehung der Faserscheide der Chorda bei den Stören im Wesentlichen richtig waren. Das mir zur Verfügung gestellte Material von Acipenser sturio reichte dafür allerdings nicht aus, dafür hatte ich aber Gelegenheit an den mir seiner Zeit von SALENSKY gütigst zur Verfügung gestellten Embryonen und Larven von Acipenser ruthenus eingehende Untersuchungen anzustellen. Die jetzt zu be- schreibenden Entwicklungsvorgänge setzen bei einer Körperlänge von 13 mm ein. Zunächst zeigen sich wesentliche Änderungen im Chordaepithel. Dasselbe (Fig. 6 chep) besteht aus dicht gedrängten, mehr rundlichen Zellen, deren Kerne überwiegen, während der Zellleib nur eine schmale, helle Zone um dieselben bildet. Alles weist darauf hin, dass zu dieser Zeit ein lebhafter Zelltheilungsprocess an der Oberfläche der Chorda stattfindet und andauert, denn auch in späteren Stadien er- scheinen die Chordaepithelzellen so dicht gedrängt, dass eine Sonde- rung der Zellen selten möglich ist, und das Ganze oft wie ein dicht ge- drängtes Kernlager erscheint. Mit dieser starken Zellvermehrung im Chordaepithel tritt dann bei Acipenser ruthenus sowohl, wie bei sturio die Gliederung in der Cuticularscheide der Chorda auf (Fig. 6 links). Wo der Zusammenhang der Theile gewahrt ist (Fig. 6 links), da sieht man in der inneren Lage (Fig. 6 c’) derselben lediglich grubenartige Vertiefungen, welche zur Aufnahme der Zellen des Chordaepithels dienen, wo aber dieser Zusammenhang zwischen dem Chordaepithel und der Guticularscheide aufgehoben war, da vermochte ich an ein- zelnen Stellen besondere Thatsachen festzustellen, welche, wie ich glaube, ein klares Licht auf die Entstehung der Faserscheide werfen. In denselben liegt aber weiter eine Erklärung der Erscheinung, dass die Sonderung der Cuticularscheide in zwei Lagen an einzelnen Stellen 3 C. Hasse, fehlt, und außerdem werfen sie ein großes Schwergewicht zu Gunsten der Ansicht in die Wagschale, dass den Stören und wahrscheinlich auch den übrigen Tectobranchiern (Cyclostomen, Teleostier und Änuren) nicht bloß eine Intercuticularschicht, sondern überhaupt eine Cuticula sceleti fehlt, und dass das, was bisher von den Forschern als Cuticula sceleti (Elastica externa) bei diesen Thieren angesehen wurde, in der That die ursprüngliche Cuticula chordae (Elastica interna aut.) ist. Die Vertiefungen in der inneren Schicht der Cuticularscheide (Fig. 6 Mitte) erscheinen zuweilen so tief, dass sie bis an die äußere Lage heran- reichen. Demnach erscheint die Cuticularhülle an diesen Stellen nur einschichtig, und die innere Lage ist hier unterbrochen. Darin liegt aber ein Hinweis darauf, dass diese Lage später als die äußere gebildet wurde, wenn man nicht annehmen will, dass die innere Schicht (Fig. 6 c’) die eigentliche ursprüngliche Cuticula chordae ist, welche, nachdem um sie herum eine zusammenhängende Cuticula sceleti, die äußere Lage (Fig. 6 c), gebildet wurde, einem Einschmel- zungsprocess von Seiten der Zellen des Chordaepithels unterlag. Es giebt nun aber Thatsachen, welche der Annahme in dem Weg stehen, dass diese innere Schicht ursprünglich und zuerst entstand, und somit als Guticula chordae anzusehen ist, und dazu zwingen anzunehmen, dass sie später und unter der eigentlichen Cuticula chordae, der äuße- ren Lage der Cuticularscheide entstand, somit eine Neubildung ist. Dafür spricht vor allen Dingen der kontinuirliche Übergang derselben in Fäden (Fig. 6 chf), welche theils frei in den künstlich geschaffenen Raum zwischen dem Chordaepithel und der Cuticularscheide hinein- ragen, theils zwischen letzterer und den Zellkörpern des Chordaepi- thels ausgespannt sind. Was stellen nun diese Fäden dar? Ich meine, sie lassen sich nicht anders als die ersten Elemente der immer stärker sich entwickelnden, zellenlosen Faserschicht der Chorda (Fig. 7 chfsch) deuten, welche ja bei den Knorpelganoiden den wesentlichsten Theil der Chordascheide zusammensetzt, und auf deren Vorhandensein die Festigkeit und die Elastieität derselben und damit die der Wirbelsäule überhaupt beruht. Diese Fibrillen sind also als euticulare Umbildungen von Zellfort- sätzen des Chordaepithels anzusehen, und als solche beschrieb ich sie ja bereits früher, und damit liegt denn auch der Vergleich mit den Zahnbeinfasern durchaus nicht so weit vom Wege ab, wie KLAATscH es meint. Bei dem weiteren Wachsthum der Faserscheide haben wir nun anzunehmen, dass die Zahl der umgewandelten Fortsätze der Zellen des Chordaepithels immer mehr zunimmt, dass dieselben immer länger werden, und dass dadurch das Chordaepithel immer weiter von der Die Entwicklung und der Bau der Wirbelsäule der Ganoiden. 9 ursprünglichen Cuticula chordae, der äußeren Schicht der Cuticular- scheide abrückt. Dafür spricht vor Allem auch der schöne Fund von Rerzıus!, welcher nachwies, dass die Zellen des Chordaepithels an ihrem einen Ende feine Zacken und Fäserchen zeigen. Nur darin muss ich meinem verehrten Freunde widersprechen, dass sich diese Fibrillen an eine an der Innenfläche der Faserscheide befindliche Guticula (Elastica interna aut.) ansetzen. Trotz aller Bemühungen ist es mir nicht gelungen an der angegebenen Stelle eine besondere Cuticular- membran nachzuweisen. Was Rerzıus, ich und andere Autoren als innere elastische Haut beschrieben, ist ein leichter färbbarer Saum an der Innenfläche der Faserscheide, der aber unselbständig nichts weiter ist als die leichter färbbaren, centralen Enden der Faserscheidenfibril- len, wie solche auch die Dipnoi zeigen. Zu erklären wäre nun noch der komplieirte Verlauf der Fäserchen, welcher von den früheren For- schern richtig dargestellt ist, und theils in radiärer und schiefer, theils in koncentrischer Richtung geht. Ich nehme dafür Verschiebungen des Chordaepithels an der Hülle, oder Verschiebungen der letzteren an ersterem, oder auch Verschiebungen beider gegen einander in Folge ungleichen Wachsthums und ungleicher Wachsthumsrichtungen an den verschiedenen Stellen der Berührungsflächen in Anspruch. Her- vorheben will ich dann noch, dass bei fortschreitender Entwicklung der Faserscheide die ursprünglich zu ihr gehörende innere Lage der Cuticularscheide der Chorda immer undeutlicher wird, jedoch gelingt es auch dann noch oft (Fig. 7 c') dieselbe nachzuweisen und eben so deren unregelmäßige Hervorragungen, welche mit den Fibrillen zu- sammenhängen. Mittlerweile haben auch in der skelettbildenden Schicht Verände- rungen Platz gegriffen. Zunächst ist dieselbe rings um das Rücken- mark und um die Blutgefäße gewuchert (Neural- und Hämalrohr), und die knorpeligen Bogenstücke (Neur- und Hämapophysen) beginnen sich getrennt von einander in der an der Rückensaite gelegenen Basis des neuralen und hämalen Rohres zu entwickeln. Diese erste Entwicklung der knorpeligen Bogenstücke erfolgt niemals, weder bei den Stören, noch bei den übrigen Fischen unmittelbar an der Cuticularscheide der Rückensaite, wie es Kraatsch in der Fig. I seiner zweiten Abhandlung von einem 12 em langen Acipenser rutlenus zeichnet, sondern, wie man selbst noch an einem 26 cm langen Acipenser oxyrhynchus sehen kann, befindet sich zwischen den knorpeligen Bogenbasen und der eutieularen Chordahülle ein perichondrales Gewebe. Ich habe, um 2 eh 90 6, Hasse, jeden Zweifel auszuschließen (Fig. 7, 8,9) und an demselben Objekt die Kıaarscn’schen mangelhaften Beobachtungen aufzudecken, ebenfalls von einem 12 cm langen Acipenser ruthenus die einschlägigen Verhältnisse abgebildet. Dieses perichondrale, der ursprünglichen skelettbildenden Schicht histologisch nahestehende und als Bindesubstanz anzuspre- chende Gewebe lässt noch die Trennung in eine äußere und innere Zelllage (Fig. 7 izsch, äzsch) erkennen, und daraus geht klar hervor, dass die Entwicklung der knorpeligen Bogen nicht in der inneren, son- dern in der äußeren Zellschicht des skeletogenen Gewebes erfolgt. Selbstverständlich ist damit nicht ausgeschlossen, dass später sowohl bei Thieren mit einer Intercuticularschicht, als ohne eine solche die Bogenknorpel unmittelbar der Elastica externa anliegen. Dieses Sta- ' dium hat offenbar Kraaıscn zum Ausgangspunkt seiner allgemeinen Betrachtung genommen, in welcher er die Intercuticularschicht von den Bogenknorpeln entstehen lässt. Dabei scheint Krasrscn die Neigung zu haben meine eigenen Äußerungen in dem Sinne zu deuten, als ob ich ebenfalls einen ursprünglichen Zusammenhang zwischen den knorpeligen Bogen und der Intercutieularschicht, namentlich bei den Elasmobranchiern, annehme. Ich bin weit davon entfernt und in den vorhergehenden Abhandlungen bemerkte ich ausdrücklich, entweder erfolgen die Einwucherungen intervertebral zwischen den Bogen, wie bei den Urodelen, oder vertebral an den Bogen wie bei den Dipnoi, oder in der ganzen Länge der Wirbelsäule den Bogenbasen entsprechend wie bei den Elasmobranchiern, und damit ist doch wohl nur ein Lage- rungsverhältnis, aber kein Zusammenhang beschrieben. Ich will aber noch einmal besonders hervorheben, dass die Einwucherung ur- sprünglich nicht von Seiten der Zellen der knorpeligen Bogenbasen erfolgt, sondern von Seiten der primären noch nicht in Knorpelgewebe umgewandelten, perichondralen, zwischen den knorpeligen Bogenthei- len und den Chordascheiden befindlichen Zellen der ursprünglichen skeletogenen Schicht. Dabei sind es besonders die Zellen der inneren Zellschicht, welche bei einer etwaigen Einwucherung in Betracht kommen. Später erst betheiligen sich die Zellen der knorpeligen Bogenbasen an der intercuticularen Einwanderung. Dies zur Klarstel- lung meiner Ansichten und zur Abwehr der Kraatsen’schen. Bei dieser Gelegenheit inöchte ich noch einen weiteren, felgen- schweren Irrthum von Krautsen aufdecken, welcher ebenfalls in seinen allgemeinen Folgerungen eine Rolle spielt, und wofür er vor allen Dingen die Dipnoi ins Feld führt. Er stellt die Sache so dar, als ob unter der Elastica externa aut. eine Faserschicht vorhanden sei, in welche durch die Lücken der Elastica die Zellen der Bogen hinein- Die Entwicklung und der Bau der Wirbelsäule der Ganoiden. | 9] wandern, und dass nur dicht an dem Chordaepithel eine Lage übrig bleibe, welche diese Zellen nicht enthält. Diese Lage, welche ich als Cutieula chordae gedeutet habe, fasst er als die innere Schicht einer von der Chorda gebildeten Faserlage auf, welche demnach der Faser- schicht der Chorda der Tectobranchier gleichzustellen wäre. Nach der Einwanderung der Zellen der skeletoblastischen Schicht, seinen Schei- denzellen, soll also die Intereuticularschicht nach ihm aus skeletoblasti- schen und von der Chorda her gebildeten Faserelementen bestehen. Den Beweis für diese Behauptung ist er schuldig geblieben. Frühzeitige, zur Entscheidung der einschlägigen Fragen geeignete Entwicklungs- stufen der Dipnoi haben ihm eben so wenig wie mir zur Verfügung gestanden, dennoch überträgt er seine Hypothese einfach auf die Elasmobranchier, ohne auch hier den klaren Beweis zu führen, dass vor der Einwanderung der skeletogenen Zellen eine Substanz zwischen den beiden Cuticulae vorhanden war. Ich selber habe in lückenloser Reihe den Einwanderungsprocess verfolgt und an keiner Stelle solche Massen gesehen, und da er selber keine Bilder der entsprechenden Verhältnisse giebt, wie es von mir aus geschehen, so meine ich sind seine Behauptungen bis auf Weiteres lediglich Hypothesen. Immerhin haben die Ausführungen von Kraarsen für mich das Interesse gehabt, dass sie mich zuerst zur Stellung der Frage veran- lassten: Ist bei den Dipnoi wirklich, wie ich es behauptet habe, die an dem Chordaepithel liegende, zellenlose, dicke, faserige Schicht die Cutieula chordae, oder ist sie der Faserschicht der Ganoiden homolog und somit in derselben Weise wie diese entstanden? Diese Frage kann natürlich nur an der Hand von Untersuchungen an einem ent- sprechenden Material von Embryonen endgültig entschieden werden. Einstweilen ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass ich Unrecht hatte, und dass wie bei den Knorpelganoiden, so auch bei den Dipnoi die bisher als Cuticula sceleti betrachtete Elastica externa die eigent- liche Cutieula chordae ist, dass somit auch den Dipnoi eine Elastica sceleti fehlt, und dass die um die Chorda gelegene Faserschicht eine den Elasmobranchiern und Urodelen fehlende Neubildung ist. Würde sich dies bestätigen, dann allerdings ständen die Dipnoi nicht, wie ich es bisher behauptet habe, in der Entwicklung ihrer Wirbelsäule den Urodelen nahe. Sie sind dann überhaupt nicht in die Abtheilung der Elasmobranchier zu rechnen, sondern, wie ich es in den Beiträgen zur allgemeinen Stammesgeschichte der Wirbelthiere! behauptet habe, Tectobranchier und nehmen in dieser Abtheilung neben den Ganoiden er 92 0. Hasse, | n eine besondere Stellung ein, wie ich solche in der zweiten Stammtafel ausgedrückt habe. Sie glichen den Knorpelganoiden durch den Besitz einer Faserscheide der Rückensaite, unterschieden sich aber von den- selben durch einen Einwanderungsprocess skeletogener Zellen durch die Cuticula chordae in das faserige Bildungsprodukt der Chorda. Der Einwanderungsprocess würde der gleiche wie bei den Elasmobran- chiern sein, allein der Ort der eingewanderten Zellen ein durchaus verschiedener, Bei jenen befinden sich die eingewanderten Zellen auf der Guticula chordae, unter einer besonders gebildeten Cuticula sceleti, bei diesen befinden sie sich unter der Cuticula chordae auf und in einer besonderen, von der Rückensaite gebildeten Faserschieht. Die Zukunft wird lehren, was das Richtige ist, einstweilen wende ich mich wieder zur Wirbelsäule der Knorpelganoiden, um eine wei- tere, auf mangelhafter Beobachtung beruhende Behauptung von KraaAtscH zu berichtigen. Derselbe beschreibt in den Basen der Bogen eines 12 cm langen Acipenser ruthenus Fasern, von denen er behauptet, sie hingen mit der Elastica externa zusammen. Er beschreibt sie als elastische Fasernetze und knüpft daran die Hypothese, dass durch die Aufnahme von Bestandtheilen der Elastica in die knorpeligen Bögen dieselbe geschwächt und für die Durchbohrung von Seiten der Zellen der skelettbildenden Schicht vorbereitet werde. Zu Gunsten seiner Hypothese verwerthet er die von mir früher beschriebenen, verzweig- ten Elastica-Elemente an den Bogenbasen der Holocephalen und der Dipnoi. Es ist ein eigen Ding mit Hypothesen, wenn sich dieselben nicht auf unzweifelhafte und genau beobachtete und eingehend in ihrem Entstehen verfolgte Thatsachen stützen. Faserelemente in den Bogen der Plagiostomen, Holocephalen und Dipnoi sind mir schon lange wohl bekannt und von mir ausführlich beschrieben!. Es sind die feinen zarten Knorpelfibrillen, welche GeGENnBAUR zuerst an dem Kopfknorpel der Selachier beobachtet hat, und deren Existenz und Verhalten dann von mir, von FLescH, ZUCKERKANDL etc. weiter verfolgt wurde. Diese haben aber mit den elastischen Elementen und mit der Guticula sce- leti (Elastica externa aut.) nicht das Geringste zu thun, selbst wenn sie an dieselbe anstoßen. Sie unterscheiden sich von vorn herein durch ihr geringeres Lichtbrechungsvermögen. Solche Elemente scheint mir Krasrsch bei Ceratodus vor Augen gehabt und in der Fig. 4 seiner zweiten Abhandlung dargestellt zu haben. Doch hier handelt es sich ja zunächst nicht um die Dipnoi, sondern um die seiner Auflösungs- theorie zu Grunde liegende Beobachtung bei den Stören. Da bin ich denn in der glücklichen Lage die Beobachtung an einem eben so langen ! Das natürliche System der Elasmobranchier. Jena 1874—1882, Die Entwicklung und der Bau der Wirbelsäule der Ganoiden. | 93 Acipenser ruthenus (12 cm), wie er ihn untersucht hat, kontrolliren zu können (Fig. 8 u. 9). Wendet man schwache Vergrößerungen an (Fig. 8), so kann man in der That an manchen Stellen faserartige Bil- dungen sehen, welche, wie es auch Kraarscn zeichnet, namentlich an der Peripherie der Bogenbasen reichlicher sind. Dieselben erscheinen jedoch, wie es auch Kraatsen in seiner Fig. I zeichnet, immer heller als die Cuticula. Auch verzweigte Figuren lassen sich sehen, wie es auch den Anschein hat, als ob dieselben unmittelbar an die Elastica an- stoßen. Sieht man nun aber genauer zu, analysirt man feinste Schnitte mittels homogener Immersion (Fig. 9), so sieht man, dass diese Bil- dungen überhaupt keine Fasern sind, dass sie mit der Cuticula sceleti nichts zu thun haben, sondern so lange eine ehondroblastische Schicht zwischen den Bogenknorpeln und der Elastica vorhanden ist, an der Grenze derselben enden. Die Erscheinung des von Kraarscn bei den Stören angenommenen elastischen Fasernetzes hat einen ganz anderen Grund. Es sind in der Knorpelgrundsubstanz ausgesparte, von langen und verzweigten Fortsätzen der jugendlichen Knorpelzellen eingenom- mene Räume, deren Entstehen mit dem auch von Kraatscn beschrie- benen eigenartigen Verhalten der peripheren Knorpelzellen der Bogenbasen zusammenhängt. Es weist auf einen lebhaften Knorpel- bildungsprocess an den fraglichen Stellen hin. Die Zellen stammen aus dem skeletogenen, perichondralen Gewebe, welche spindelförmig, mit stäbchenförmigem Kern und langen Ausläufern versehen im Begriff sind sich in Knorpelzellen umzuwandeln, nachdem sich bereits Knorpel- erundsubstanz in ihrer Umgebung gebildet hat. Dass dann bei den Dipnoi und den Plagiostomen in späteren Entwicklungsstadien die Knorpelzellen der Bogen bei ihrer Einwanderung in die Intercuticular- schicht wieder zu dieser embryonalen Form zurückkehren können, das will ich durchaus nicht leugnen, habe es im Gegentheil oft genug bild- lich dargestellt. Nach dieser Schilderung der Verhältnisse bei den Knorpelganoiden wende ich mich nun zu den Knochenganoiden. Kann ich auch aus leicht begreiflichen Gründen keine entwicklungsgeschichtlichen That- sachen vorbringen, so war es mir dafür möglich sämmtliche Angehörige der Abtheilung auf den Bau ihrer Wirbelsäule hin zu untersuchen und ganz besonders die Elemente auf ihr Verhalten zu prüfen, welche wesentlich Gegenstand dieser Abhandlungen sind. Der Bau der Wirbel- säule bei erwachsenen und halb erwachsenen Thieren stimmt voll- kommen mit dem der Störe überein, und somit ist es, worauf schon die Untersuchungen von Barrour und Parker ! hinweisen, im höchsten Br € 94 0. Hasse, Grade wahrscheinlich, dass die Entwicklung derselben in der gleichen Weise vor sich geht. Bei Polypterus, Calamoichthys und Lepidosteus (Fig. 11, 42 chep) entspricht das Chordaepithel durchaus dem der Störe. Es erscheint platt, ınit eben so abgeplatteten Kernen. Die Zellen sind dabei nament- lich bei Polypterus groß, und dem entsprechend liegen die Kerne ziem- lich weit von einander entfernt. Anders dagegen verhält sich das Epithel bei Amia calva (Fig. 1% chep, Fig. 15). Hier ist dasselbe ein schönes, unregelmäßig polygonales Cylinderepithel, dessen Zellen cen- tralwärts gegen die Chorda hin eine bauchige Erweiterung zeigen, in welcher sich der runde Kern befindet. Die Zellen sind dabei sehr fein sranulirt. Mit ihrem abgestutzten Ende legen sie sich der Chordascheide unmittelbar an. An dieser lässt sich eben so wenig wie bei den Stören eine gesonderte, cuticulare, innere Grenzmembran nachweisen. Aller- dings kann eine solche auch bei diesen Thieren (Fig. 14) vorgetäuscht werden, allein die Unselbständigkeit zeigt sich schon darin, dass die- selbe als einfach kontourirter, lineärer Saum auftritt. Darauf folgt die Faserschicht der Chorda (Fig. 11, 12,43, 14 chfsch), welche im Wesentlichen denselben Bau wie bei den Stören besitzt, nur dass die wellig verlaufenden, feinen Fasern durchgängig einen koncentrischen Verlauf besitzen. Nirgends finden sich Spuren von Zellen, höchstens habe ich, worauf ja übrigens KörLiker bereits auf- merksam gemacht hat, bei Polypterus in den Bogenbasen sparsam (Fig. 10 unten) eine direkte Auflagerung von Zellen, ein klein wenig unter dem Niveau der cuticularen Umhüllung (Elastica externa aut.) gesehen. Bei den übrigen Thieren habe ich dergleichen nicht gefunden. Werthvoll erscheint mir aber die Beobachtung, dass die Dicke der Faserschicht bei den verschiedenen Knochenganoiden durchaus ver- schieden ist. Verhältnismäßig am dicksten ist sie bei Polypterus und CGalamoichthys, am dünnsten bei Lepidosteus und Amia. Diese Beob- achtung erscheint mir um desswillen interessant, weil die Crossopte- rygier paläontologisch betrachtet älter sind, als die Lepidosteidae und die Amiadae. Von den älteren bis zu den jüngeren Formen wäre also die Faserscheide der Rückensaite in rückschreitender Bildung be- griffen, und das ist im Hinblick auf die Verhältnisse bei den Teleostiern. und den Anuren bedeutsam. In der Stammesgeschichte der Wirbel- thiere! habe ich hereits die Aufmerksamkeit der Forscher auf diese Erscheinung gelenkt. Umgeben ist die Faserschicht der Chorda von der Cuticularscheide, 2.c: Die Entwicklung und der Bau der Wirbelsäule der Ganoiden. 95 der euticularen Membran (Fig. 10, 44, 12, 43 c), deren morphologischer _ Werth wie bei den Dipnoi und den Knorpelganoiden endgültig erst durch noch genauere und lückenlosere, entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen festgestellt werden kann. Ist es die Cuticula sceleti, oder, was noch wahrscheinlicher, die CGuticula chordae, das ist die Frage, welche ich für die Dipnoi gar nicht und für die Knorpelganoiden nicht vollkommen lösen konnte. Die weiteren Arbeiten werden aber hoffe ich Aufklärung in dem einen, oder in dem anderen Sinne bringen. Bei Lepidosteus und Calamoichthys finde ich dieselbe ohne Unter- brechung, rings um die Faserscheide und in gleichmäßiger Dicke ziehen, bemerke aber dabei ausdrücklich, dass es sich in beiden Fällen um halberwachsene Thiere handelt. Bei dem vollkommen ausgewachsenen Polypterus und der Amia zeigen sich, ohne dass eine regelrechte Ein- wanderung von Zellen unter dieselbe stattfindet, an den Bogenbasen Lücken. Die Überreste der Membran (Fig. 10, 44,14 c), welche sich nach den Enden hin allmählich verdünnen und verlieren, weisen darauf hin, dass es sich um eine Dehnung und schließliche Zerreißung der Mem- bran gehandelt haben muss, und zwar in Folge des Flächenwachsthums der anliegenden Massen, sei es der Faserschicht der Rückensaite, sei es der Bogen oder beider zugleich, während sie selber an den ent- sprechenden Stellen entweder gar kein, oder doch geringeres Wachs- thum zeigt. Auf das Verhalten der skeletogenen Schicht und namentlich der Bogen werde ich in den folgenden Arbeiten zurückkommen. Breslau, im August 1893. Erklärung der Abbildungen. Buchstabenerklärung. äz.sch, äußere Zelllage der skeletogenen chf, Fasern der Chordascheide; Schicht; chfsch, Faserscheide der Chorda; ce, äußere Lage der cuticularen Scheide izsch, innere Zelllage der skeletogenen der Chorda; Schicht; c', innere Lage der cuticularen Scheide nap, Neurapophyse; der Chorda; s.ch.str, Subchordalstrang; sc.sch, skeletogene Schicht. Tafel V. (Knorpelganoiden.) Fig. 4. Querschnitt durch die Chorda eines Acipenser sturio, 47 Stunden nach der Befruchtung. SEIBERT Oc. 4, Obj. 4 mm. 96 0. Hasse, Die Entwicklung und der Bau der Wirbelsäule der Ganoiden. Fig. 2. Querschnitt durch die Wirbelsäule eines Acipenser sturio, 6 Tage nach dem Ausschlüpfen. Karmin. SEIERT Oc. 4, Obj. 4 mm. Fig. 3. Stück eines Querschnittes durch die Wirbelsäule eines Acipenser sturio, 6 Tage nach dem Ausschlüpfen. Karmin. SEIBERT Oc. 4, homogene Immer- sion 2 mm, eingestoßener Tubus. Fig. 4. Stück eines Querschnittes durch die Wirbelsäule eines Acipenser sturio, 26 Tage nach dem Ausschlüpfen. Karmin. SEIBERT Oc. 4, Obj. homogene Immersion 2 mm, eingestoßener Tubus. Fig. 5. Stück eines Querschnittes durch die Wirbelsäule eines Acipenser sturio, 32 Tage nach dem Ausschlüpfen. Hämatoxylin, Karmin. SEIBERT Oc. 4, Obj. homogene Immersion 2 mm, eingestoßener Tubus. Fig. 6. Stück eines Querschnittes durch die Wirbelsäule eines Acipenser ru- thenus von 43 mm Körperlänge. Karmin. SEIBERT Oc. 6, homogene Immersion 2 mm, ausgezogener Tubus. Fig. 7. Stück eines Querschnittes durch die Wirbelsäule eines Acipenser ru- thenus von 12 cm Körperlänge. Karmin. SEIBERT Oc. 4, homogene Immersion 2 mm, eingestoßener Tubus. Fig. 8. Stück eines Querschnittes durch die Wirbelsäule eines Acipenser ru- thenus von 12 cm Körperlänge. Karmin. SEIBERT Oc. 2, Obj. 2. Fig. 9. Stück eines Querschnittes durch die Wirbelsäule eines Acipenser ru- thenus von 42 cm Körperlänge. Karmin. SEIBERT Oc. 4, homogene Immersion 2 mm, eingestoßener Tubus. Tafel VI. (Knochenganoiden.) Fig. 10. Stück eines Querschnittes durch die Wirbelsäule von Polypterus senegalensis. HarrnAck Obj. 5. Karmin. Fig. A4. Stück eines Querschnittes durch die Wirbelsäule von Polypterus senegalensis. HArrnAck Obj. 5. Karmin. Fig. 42. Stück eines Querschnittes durch die Wirbelsäule eines Calamoichthys calabaricus. Hırrnack Obj. 5 mm. Karmin. Fig. 43. Stück eines Querschnittes durch die Wirbelsäule von Lepidosteus osseus. HArTnAcK Obj. 5. Karmin. Fig. 44. Stück eines Querschnittes durch die Wirbelsäule einer Amia calva. HARTNAcK Obj. 5. Karmin. Fig. 15. Flächenansicht des Chordaepithels von Amia calva. Harrnack Ob). 7. Karmin. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. Von Dr. O0. vom Rath in Freiburg (B.). I. Theil, Die Reduktionsfrage. Mit Tafel VII. Wennschon der Salamanderhoden wegen der Größe seiner Zellen und Kerne für Zellstudien besonders geeignet ist und bereits einer ganzen Reihe namhafter Forscher als Untersuchungsobjekt gedient hat, so sind doch noch mancherlei wichtige Momente aus dem Entwicklungs- cyklus der Samenzellen unaufgeklärt. Die zeitliche Aufeinanderfolge der einzelnen Entwicklungsstadien ist nur sehr schwer mit befriedigen- der Sicherheit festzustellen, da man auf Kombiniren angewiesen ist und man obendrein seine Untersuchungen ununterbrochen während eines ganzen Jahres fortsetzen muss. Es ist in erster Linie nothwendig be- ständig frisches Material zur Verfügung zu haben. In dieser ersten Publikation will ich außer allgemeinen Fragen der Zellenmorphologie und Zellenbiologie die Frage beantworten, an wel- cher Stelle und in welcher Weise findet bei der Samenbildung von Salamandra maculosa die zu erwartende Reduktion des Chromatins statt, und werden daran allgemeine vergleichende Betrachtungen über die Reduktionsfrage angeknüpft werden. Es soll dann eine zweite Ver- öffentlichung unmittelbar folgen, welche die Bedeutung der Amitose im Cyklus der Sexualzellen im Allgemeinen und ihr Vorkommen bei Sala- mandra maculosa im Speciellen behandeln wird. Eine dritte Tagesfrage, welche die Umwandlung der unreifen Samenzellen (Spermatiden) zu reifen Samenfäden (Spermatozoen) bei Salamandra maculosa betrifft, durfte ich füglich ganz bei Seite lassen, da diese Frage in neuester Zeit durch Fıenming (4) und Hrarmann (7) eine eben so eingehende wie zutreffende Bearbeitung erfahren hat. Der folgende Aufsatz schließt sich eng an eine von mir früher von den gleichen Gesichtspunkten aus unternommene Arbeit über die Zeitschrift £. wissensch, Zoologie. LVII. Ba. 7 8 0. vom Rath, Spermatogenese von Gryllotalpa an (14e), und ich werde mehrfach auf diese Darstellung Bezug nehnien. Ich möchte hier aber nicht zu erwähnen unterlassen, dass ich außer der Spermatogenese von Salamandra macu- losa auch bei anderen Amphibien, z. B. den einheimischen Rana- und Tritonspecies die Samenbildung während eines ganzen Jahrescyklus studirt habe. Wenn sich nun meine folgenden Betrachtungen in erster Linie auf Salamandra mac. beziehen, so geschieht dies desshalb, weil erstens Salamandra mac. das bei Weitem günstigste Objekt ist, zweitens weil die meisten hierher gehörigen Angaben der Autoren sich nur auf Salamandra mac. beschränken und die Spermatogenese bei den Arten der Amphibien große Verschiedenheiten aufweist. Es ist die Samen- entwicklung bei dem Erdmolch und den Wassersalamandern (Triton cristatus, T. alpestris = igneus und T. palmatus) im Prineip die gleiche, bei den Fröschen (Rana esculenta und Rana fusca) und Kröten (Bufo vulgaris) aber von der von Salamandra mac. und der Tritonen wesent- lich abweichend. Bevor ich nun zu meinem eigentlichen Thema übergehe, will ich in Kürze einige auf Salamandra mac. bezügliche biologische Beobachtun- gen vorausschicken, die um so mehr Interesse haben dürften, als sie mit vielen Angaben der Autoren in Widerspruch stehen, die schönen Unter- suchungen Zeırer’s (18) aber im Wesentlichen bestätigen und ergänzen. Zur Biologie von Salamandra maculosa. Der Erdsalamander ist in der nächsten Umgebung von Freiburg überaus häufig, so dass ich mit Ausnahme der kalten Jahreszeit (etwa von Mitte November bis Mitte Februar) frisch eingefangenes Material in allen Altersstadien reichlich zur Verfügung hatte. Es gelang mir ferner- hin, einige (auch im Hochsommer) nie austrocknende Bäche ausfindig zu machen, in welchen Larven von Salamandra in großen Mengen vor- kamen, so dass ich mir gleichfalls nach Wunsch frisches Larvenmaterial besorgen konnte. Im Mai traf ich mehrfach Männchen und Weibchen von Salamandra maculosa ihrer sonstigen Lebensgewohnheit zuwider in Bächen an, ein Umstand, der seine Erklärung darin findet, dass um diese Zeit einerseits das Absetzen der Larven und andererseits eine neue Samenaufnahme erfolgt. In diesem Jahre habe ich bereits Anfangs April frisch abgesetzte Larven in einem Bache aufgefunden. Bei Thieren in der Gefangenschaft beobachtete ich die Larvenablage in den Monaten April, Mai und auch noch Anfangs Juni. Einige trächtige Weibchen, die von mir absichtlich nur in feuchtem Moose in einem Glasbehälter gehalten wurden, setzten ihre Larven trotz Fehlens genügender Wassermengen ins Moos ab. ZELLER Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maeulosa. I. 99 l. ec. giebt von diesen interessanten Vorgängen bei Thieren, die er in der Gefangenschaft hielt, folgende Beschreibung. »Zehn Männchen und fünf Weibchen wurden am 23. April in einem mit Moos und Steinen belegten und mit einem flachen Wasserbehälter versehenen Terrarium unterge- bracht und schon am Morgen des 27. April fanden sich in dem Wasser jenes Behälters außer acht Larven und zwei dunkelfarbigen Ballen, welche sich leicht aus einander wickeln und als die abgeworfenen Häute zweier Salamander erkennen ließen, sechs Spermatophoren vor, von welchen zwei noch ein frisches Aussehen zeigten, die anderen aber schon in Zerfall begriffen waren. Ähnlich am 28. und am 30. April. Der einzelne Spermatophor bestand aus einer kugeligen Samenmasse und einem verhältnismäßig nur wenig ansehnlichen Gallertkegel, von welchem jene getragen wurde, beide innig mit einander verklebt. Die Samenfäden der frischen Spermatophoren wurden noch lebend ange- troffen, und es konnte an ihnen ganz besonders schön die lebhaft flat- ternde Seitenmembran, welche an der Spitze des Fadens nicht endet, sondern hier in einen sehr feinen Anhang sich fortsetzt, gesehen wer- den.« In den Weibchen fand Zeıer (18) das Receptaculum seminis mit Sperma gefüllt, die milchweißen Blindschläuche und ihre wabenför- mig gestellten Mündungen waren schon bei einer schwachen Lupen- vergrößerung auf das deutlichste zu erkennen. Für das Studium der Spermatogenese sind die Monate Juni und Juli von besonderer Wichtigkeit, indem um diese Zeit eine überaus rege Zellvermehrung stattfindet. Ich werde in meinem zweiten Auf- satze noch näher ausführen, dass nach der Samenentleerung (April und Mai) im Hoden Vorgänge stattfinden, welche genau denen entsprechen, welche man im Hoden ganz junger Thiere gleich nach der geschlecht- lichen Differenzirung beobachten kann. Gegen Ende Juli oder Anfang August findet man nur noch wenige Mitosen und die Masse der unreifen Samenzellen (Spermatiden) verwandelt sich in reife Sperma- tozoen. Die von mir Mitte August untersuchten Hoden strotzten von reifem Sperma, welches aber erst im nächsten Frühjahr zur Verwen- dung kommt. Einzelne Nachzügler in der Kerntheilung und Samen- entwicklung konnte ich in Übereinstimmung mit Fremmine (k) bis in den Oktober und November hinein beobachten. Dass eine Befruchtung in den Monaten Mai und Juni stattfindet, ergiebt sich schon aus dem Umstande, dass man einerseits bei fast allen geschlechtsreifen Weibchen in den Sommermonaten befruchtete Eier, beziehungsweise Embryonen in den Oviducten findet und andererseits bei den Männchen, die man gegen Ende Mai und im Juni untersucht, der Spermavorrath entleert ist. Es braucht nun aber keineswegs auf 1 100 0, vom Rath, die Samenaufnahme von Seiten des Weibchens auch gleich eine Be- fruchtung der Eier zu erfolgen, da, wie ich weiter unten noch näher ausführen werde, das Sperma sehr lange im Receptaculum seminis lebensfähig bleibt. Im August haben die Embryonen schon eine an- sehnliche Größe und erinnern in ihrem äußeren Habitus sehr an Knochenfischembryonen. Im September ist der Dottersack bereits gänzlich aufgezehrt, und es unterscheiden sich die jungen uterinen Larven (Embryonen) äußerlich wenig von solchen, die im nächsten Frühjahr abgesetzt werden. Es findet nämlich keineswegs in der freien Natur im Herbste ein Ablegen der Larven und eine neue Befruchtung statt, wie manche Autoren annehmen, vielmehr überwintern die Larven im Uterus der Mutter und werden erst im April oder Mai des nächsten Jahres geboren. Dass in der Gefangenschaft lebende Weibchen, wie mehrfach in der Litteratur angegeben wird, zweimal im Jahre Larven gebären, ja, dass isolirte Weibchen noch nach zweijähriger Gefangen- schaft Larven abgesetzt haben sollen, hat auf jeden Fall mit einer an- geblichen Parthenogenese nichts zu thun. Schon Zeızer (18) hatte konstatiren können, dass im Receptaculum seminis bei trächtigen Weibchen des Herbstes, bevor letztere sich in ihre Winterverstecke zurückziehen, noch große Mengen von lebhaft beweglichem Sperma aufzufinden sind. Ich kann diese Angaben bestätigen und hinzufügen, dass von mir bei trächtigen Weibchen auch noch nach dem Überwin- tern im Februar, März und April durchgängig noch große Spermavor- räthe beim Zerzupfen der Kloakengegend angetroffen wurden. Ferner konstatirte ich, dass isolirte Weibchen der Gefangenschaft, die vor meinen Augen ihre Larven abgesetzt hatten, nachher noch reichliche Spermamengen aufwiesen. Es ist daher an die Möglichkeit zu denken, dass bei Weibchen, welche nicht nach der Larvenablage mit Männchen in Berührung traten, das alte Sperma noch für eine neue Befruchtung ausreicht. Dass nebenbei bei Thieren in der Gefangenschaft die Larven- ablage in anormaler Weise zu verschiedenen Jahreszeiten stattfinden kann, will ich keineswegs in Abrede stellen, es können beispielsweise einige Larven im Herbste und die anderen erst im nächsten Frühjahr von demselben Mutterthier geboren werden. Durch meine obigen Ausführungen klären sich auch manche Be- denken auf, die beispielsweise in der neuesten (3.) Auflage von Breum’s Thierleben, Bd. VII, p. 746 geäußert sind. »Immerhin bleibt es auf- fällig, dass gelegentlich ein Salamanderweibchen, das sechs bis sieben Monate von dem Männchen getrennt war, Junge zur Welt bringt, da man doch kaum annehmen kann, dass deren Entwicklung im Mutterleibe so viel Zeit erfordert, noch auffallender, dass nach dieser einen Geburt Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maeulosa. 1. 101 unter Umständen eine zweite stattfinden kann. Zur Erklärung dieser Thatsachen bleibt nur die gewiss richtige Annahme übrig, dass eine einmalige Befruchtung für längere Zeit wirksam bleibt und sich ge- wissermaßen auch auf solche Keime erstreckt, die zur Zeit der Befruch- tung noch gar nicht befruchtungsfähig waren.« Ich glaube, dass durch meine obige Deutung auch die ersterwähnte Thatsache in befriedigen- der Weise aufgeklärt wird. Die Knaver’sche Angabe (10), dass man kaum auf 100 gefangene Individuen von Salamandra mac. ein Männchen findet, ist schon von Fremming berichtigt worden; nach meinen Beobachtungen ist die Zahl der Weibchen nicht erheblich größer als die der Männchen. Meine empirischen Untersuchungen erstrecken sich auf mehr wie Tausend Exemplare, die, wie ich ausdrücklich bemerken will, nicht vom Händ- ler bezogen wurden, vielmehr direkt dem natürlichen Aufenthaltsorte entnommen waren. Für Zell- und Kerntheilungsstudien dürfte es von Interesse sein, dass man bei uterinen Larven vom September bis zum Frühjahr des nächsten Jahres nur sehr wenige Mitosen, dagegen viele polymorphe Kerne und typische Amitosen antrifft, während bei Larven, die im Früh- jahr ins Wasser abgesetzt sind und reichlich fressen, die Zahl der Mito- sen in sämmtlichen Epithelien und Geweben eine erstaunlich große ist. Die Nahrung der Larven besteht hauptsächlich in Gammariden; bei frisch eingefangenen Thieren fand ich mit Regelmäßigkeit einen Gam- marus entweder im Munde oder im Darm. Larven, die ich in einem Aquarium hielt, fraßen sich nicht selten vor meinen Augen auf. Eben so wurden Salamandralarven, die ich mit einigen Tritonen zusammenhalten wollte, in kurzer Zeit von letzteren verzehrt. Dass zwischen den meist gleich großen Embryonen und Larven derselben Mutter hin und wieder kleine weit in der Entwicklung zu- rückgebliebene Embryonen und zurückgebildete unbefruchtete (?) Eier vorkommen, dürfte hinlänglich bekannt sein. Einmal fand ich beim Öffnen eines trächtigen Weibchens im April dieses Jahres, dass im Uterus nur eine wohlausgebildete Larve neben einer großen Zahl kleiner Em- bryonen in sehr verschiedenen Entwicklungsstadien aufzufinden war. Von sonstigen interessanten Abnormitäten im Sexualapparat möchte ich noch erwähnen, dass ich einmal ein ausgewachsenes Männchen untersuchte, bei welchem sämmtliche Lappen des rechten und linken Hodens zu einem einheitlichen Klumpen verwachsen waren. Eine genauere Beschreibung der Anatomie des Hodens dürfte hier wohl überflüssig sein, da eine solche bereits ausführlich von den früheren Autoren gegeben wurde. Auf einige wichtigere hierher gehörige Punkte, 402 0. vom Rath, die zumal für die Regenerationsfrage von Bedeutung sind, gedenke ich im zweiten Aufsatze näher einzugehen. Zur Konservirungs- und Färbungstechnik. Die Konservirung und Färbung der Salamanderhoden erfolgte in ähnlicher Weise, wie ich es früher für Gryllotalpa (14) angegeben habe. Außer den Fremming’schen Chromessigosmium-Gemischen, der HErmann- schen Platinchloridosmiumessigsäure (Nachbehandlung mit rohem Holz- essig) und einer von mir zusammengestellten Pikrinessigosmiumsäure (Zool. Anz. 1891) habe ich besonders guten Erfolg durch eine Vereini- gung von Pikrinessigsäure einerseits mit Platinchloridosmiumsäure andererseits erzielt. Ich gab zu einer gesättigten wässerigen und filtrirten Pikrinsäure- lösung von 500 cem, 3 ccm Eisessig, ferner 5 g Platinchlorid (in etwa 5 ccm Wasser gelöst) und 2 g krystallin. Osmiumsäure zu. Die Hoden wurden in diese Mischung in toto eingelegt, und, nachdem dieselben eine gewisse Festigkeit erlangt hatten, mit einer feinen Insektennadel durchstochen, damit die Konservirungsflüssigkeit und später Farbe, Xylol und Paraffin besser und schneller eindringen. Nach einem drei- bis fünftägigen Verweilen in dieser Mischung spülte ich mit Methyl- alkohol ab, und nun kamen die Objekte für einige Tage in mehr- fach erneuerten absoluten Alkohol!. Ein Theil der so behandelten Präparate wurde dann für etwa 24—48 Stunden in rohen Holzessig gebracht, wodurch eine nachträgliche Färbung zwar meist völlig über- flüssig wird, eine Hämatoxylinfärbung aber immer schöne und scharf differenzirte Kernfiguren liefert; ein anderer Theil wurde gleich theils in toto, theils auf dem Objektträger mit den bekannten Farben, aber auch mittels der Fremmine’schen Safranin- Gentian-Orange-Methode ge- färbt. Dass bei meiner eben angeführten Konservirungsmethode die Farbstoffe nicht so schnell angenommen werden, wie gewöhnlich, darf Niemanden überraschen, zumal gilt dies bei der Nachbehandlung mit Holzessig. Bei Stückchen, die ich in toto färbte, ließ ich die Farbe, z. B. verdünntes Hämatoxylin, Alaunkarmin, Alaunkochenille u, a. meist 2% Stunden im Paraffinofen bei einer Temperatur von 55° Celsius ein- wirken. Ich will übrigens gleich hier darauf aufmerksam machen, dass die Konservirung durch Pikrinessig-Platinchloridosmiumsäure auch für viele andere Gewebe und in erster Linie für Nerven und Sinnesorgane empfohlen werden darf. Selbstverständlich muss je nach der Größe ! In letzter Zeit habe ich mit besonders gutem Erfolg die Objekte aus der Konservirungsflüssigkeit für einige Stunden in Methylalkohol und dann gleich in rohen Holzessig gebracht. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. L 103 der eingelegten Stücke und dem zu verfolgenden Zwecke auch die Einwirkungsdauer der Flüssigkeit erst ausprobirt werden. In manchen Fällen, z. B. bei fettreichem Gewebe, bei Drüsenzellen oder bei dotterreichen Eiern ist es von Vortheil, die oben beschriebene Konservirungsflüssigkeit durch Zusatz von Pikrinsäure zu verdünnen oder mit Weglassung der Osmiumsäure eine Mischung von Pikrinessig- Platinchlorid, die nach den gleichen Verhältnissen hergestellt wird, in Anwendung zu bringen, da leicht eine zu starke Bräunung oder Schwär- zung des Fettkörpers, des Drüsensekretes oder der Dotterkörner statt- finden kann. Dass in vielen Fällen, und zumal für die Spermatogenese der Vertebraten die FLemmine’schen Chromessigosmiumgemische vorzüg- liche Dienste leisten, ist bekannt, für das Arthropodengewebe und das Studium der Histologie der Evertebraten überhaupt sind aber sämmt- liche Cbromsäuremischungen viel weniger empfehlenswerth als Pikrin- säuremischungen (Pikrinessig- Pikrinschwefel-Pikrinsalpeter, Pikrin- essigosmium etc.). Die Vorzüge der Pikrinessig-Platinchloridosmiumsäure bestehen darin, dass außer den subtilsten Einzelheiten des Kerns auch die feinsten Strukturverhältnisse des Cytoplasmas, sowie alle jene Gebilde, welche als Nebenkerne, Dotterkerne, Centrosomen, Attraktionssphären etc. beschrieben wurden, mit großer Deutlichkeit und Regelmäßigkeit zur Anschauung kommen, ohne dass dabei eine Schrumpfung oder Quellung der Zelle und des Kernes vorkommt. Durch sorgfältige Beobachtungen und Messungen von lebenden Zellen und Kernen aus dem Hoden von Salamandra, Triton, Rana und Astacus konnte ich feststellen, dass die Größenverhältnisse und der Gesammthabitus der in dieser Flüssigkeit konservirten Zellen und Kerne denen des lebenden Gewebes in über- raschender Weise gleich kommen. Dasselbe gilt für Somazellen. Terminologie, In meiner Arbeit über die Spermatogenese von Gryllotalpa habe ich bereits darauf hingewiesen, dass die von v.LA VALETTE ST. GEORGE (16) eingeführten Ausdrücke Spermatogonien, Spermatocyten I. und Il. Ord- nung, Spermatiden, Spermatozoen zwar von den meisten Autoren an- genommen wurden, aber keineswegs immer im gleichen Sinne Ver- wendung gefunden haben. Beispielsweise wurden von einigen Autoren die Spermatocyten I. Ordnung, von anderen wieder die Spermatocyten II. Ordnung als Samenmutterzellen bezeichnet. Zur Vermeidung von Irrthümern werde ich im folgenden Aufsatze wie früher bei Gryllotalpa im Wesentlichen die Herrwıg’sche Terminologie beibehalten. Ich unter- scheide demnach in der Samen- und Eibildung folgende Perioden: Aus 104 0. vom Rath, den Theilungen der Urgenitalzellen gehen durch Mitosen indiffe- renteKeimzellen hervor, von welchen bei der geschlechtlichen Diffe- renzirung die Ursamen- und Ureizellen ihren Ursprung nehmen. Letztere vermehren sich durch mitotische Theilungen durch mehrere Generationen hindurch, und diese Periode nenne ich die Vermehrungs- periode (Periodel). Es erfolgt hierauf eine Wachsthums- und Ruhe- periode, während welcher die Sexualzellen als Samenmutter- und Eimutterzellen bezeichnet werden. In dieser Periode II kommen mancherlei Variationen bei verschiedenen Thiergruppen vor und es kann ein eigentliches Ruhestadium mehr oder weniger vollständig in Wegfall kommen, wie wir nachher noch näher besprechen werden. In der Periode III oder Reifungsperiode theilen sich die Samenmutter- und Eimutterzellen zweimal gleich hinter einander, ohne dass zwischen diese Theilungen ein Ruhestadium des Kernes eingeschaltet wäre. Durch diese beiden Theilungen entstehen zuerst Samen- und Eitochter- zellen, und dann Samen- und Eienkelzellen. Die Samenenkelzellen (Spermatiden — unreife Samenzellen) machen noch eine mehr oder weniger komplicirte Umwandlung durch und heißen dann Spermato- zoen (Spermatosomen — reife Samenzellen). Diese Periode IV, welche nur in der Spermatogenese vorkommt, bezeichne ich als die Umwand- lungsperiode. Bovzrı (1) hat neuerdings in seinem Referate über die Befruchtung folgende Terminologie vorgeschlagen. Für die Spermatogenese: Urge- schlechtszelle, Spermatogonien, Spermatocyten I. Ordnung, Spermato- cyten II. Ordnung (— Samenmutterzellen), Spermatiden (Samenzellen); für die Ovogenese: Urgeschlechtszelle, Ovogonien, Ovocyten I. Ord- nung, Ovocyten Il. Ordnung = Eimutterzellen), Eizellen. Nach dieser Terminologie werden also die Ausdrücke Samen- und Eimutterzellen in einem anderen Sinne gebraucht als von Herrwiıc und mir. Wenn aber Bovzrı gegen die Herrwıc’sche Terminologie geltend macht, dass das, was Herrwıs Samenenkelzelle nennt, allgemein den Namen »Samenzelle« (Spermatozoon) führe, so muss ich dagegen einwenden, dass der Name Spermatozoon (= Spermatosom) meistens nur für die reifen Samenzellen gebraucht wird, und die Samenenkelzellen als unreife Samenzellen (Spermatiden) bezeichnet werden, die erst nach ihrer Umwandlung zu Spermatozoen werden. Was versteht man unter Reduktionstheilung? Die meisten Autoren, welche den Gedanken der Reduktionsthei- lung angenommen haben, denken bei diesem Vorgang einfach an eine Massenreduktion des Chromatins, die mit einer Herabsetzung der für Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maenlosa. |, 105 die betreffende Thierart typischen Zahl der Chromosomen (Idanten) auf die Hälfte verbunden ist. Eine solche Auffassung entspricht aber keines- wegs einer Reduktionstheilung im Sinne Weismann’s. Im Gegensatz zur Äquationstheilung, bei welcher sämmtliche Ide gleichmäßig auf die Tochterkerne vertheilt werden, wird bei der Reduktionstheilung nach Weısmann die Zahl der Ide halbirt und dem einen Tochterkerne werden diese, dem anderen jene Ide zugeführt. »Unter Reduktionstheilung ver- stehe ich, sagt Weısmann (17), eine jede Kerntheilung, durch welche die Zahl der Ide, welche im ruhenden Kern vorhanden war, für die Tochter- kerne auf die Hälfte herabgesetzt wird; unter Äquationstheilung eine solche, durch welche jedem Tochterkern die volle Idziffer des ruhen- den Kernes der Mutterzelle zugeführt wird. Im letzteren Fall wird zu- gleich jeder Tochterkern dieselben Ide erhalten, im ersteren würde dies nur in dem Falle eintreten müssen, wenn der Mutterkern lauter identische Ide enthielt.« Wenn ich im Folgenden den Ausdruck Reduktionstheilung ver- wende, so geschieht es eben so wie früher in meiner Gryllotalpa-Arbeit genau im Sinne der Wrısmann’schen Definirung. A. Empirischer Theil. Im Folgenden soll zuerst die Frage von der Reduktion des Chro- matins im Verlaufe der Spermatogenese von Salamandra im Speciellen besprochen werden, hierauf werde ich dann einige vergleichende Be- trachtungen über die Reduktionsfrage im Allgemeinen, sowie über Vor- gänge, welche mit dieser Tagesfrage in nächster Beziehung stehen (Vergleich der heterotypen und homoeotypen Mitose mit anderen Varian- ten der Kerntheilung, Entstehung der Vierergruppen etc.) folgen lassen. Die zweite Frage über das Vorkommen und die Bedeutung der Amitose bei Sexualzellen im Allgemeinen und bei Salamandra maculosa im Speciellen, soll in einem sofort folgenden zweiten Theile diskutirt werden. An gleicher Stelle werde ich einige Beobachtungen über das Vorkommen und die Herkunft der Gentrosomen und Attraktionssphären bei ruhenden und bei sich amitotisch theilenden Kernen besprechen. l. Über die Zahlenverhältnisse der Chromosomen (Idanten) bei den Sexualzellen von Salamandra maculosa. Nach den sorgfältigen Untersuchungen von Freuming (4) und Rası. (13) beträgt die Zahl der Chromatinschleifen bei den meisten Gewebszellen von Salamandra 24. Im Äquator der Spindel befinden sich daher 48 Schleifen, von denen 24 in den einen, 24 in den anderen Tochterkern übergehen. Bei den Sexualzellen ist das Zahlenverhältnis ein anderes, 106 0. vom Rath, indem Fıemming nachwies, dass bei den Spermatoeyten nur die Hälfte der typischen Zahl!, nämlich 12 Schleifen zu zählen sind, eben so zeigte FLemmins, dass die Theilungen der Spermatocyten nach zwei verschiedenen Typen verlaufen, welche als die heterotype und homöo- type Form eingehend beschrieben werden. Da nun diese beiden von der gewöhnlichen Mitose abweichenden Typen und die hierbei auf- tretenden Zahlenverhältnisse für die folgende Besprechung von großer Wichtigkeit sind, will ich zuerst auf diese Varianten der gewöhnlichen Mitose etwas näher eingehen. Die heterotype und homöotype Mitose im Hoden von Salamandra maculosa. Die heterotype Form der Mitose unterscheidet sich nach den Untersuchungen FrLenning’s von der Mitose anderer Zellen- arten dadurch, dass die sehr fein- und enggewundenen Anfangsstadien ‚der Knäuelform fehlen, wie sie bei Epithel- und Bindegewebszellen stets vorkommen. Die Längsspaltung des Chromatinfadens findet bei dieser Form im ersten Spirem statt und eben so die völlige Längs- trennung der Schwesterfäden, während bekanntlich bei der Mitose der Samenzellen die völlige Längstrennung erst im Stadium der Metakinese erfolgt. Es bleiben ferner bei der heterotypen Form die beiden Fäden- hälften mit den äußersten Enden an einander haften, oder verkleben nachträglich wieder, wenn sich die Schwesterhälften wirklich getrennt haben. Besonders charakteristisch ist für die heterotype Form Wie eigenthümliche Tonnenform der Schleifen bei der Metakinese. Letz- tere dauert bei den Spermatocyten auffallend lang, während sie bei den Somazellen sehr rasch verläuft. Die Zahl der ursprünglichen (primä- ren) Segmente beträgt 12, ist also nur halb so groß wie bei den Soma- zellen. Im Dyaster findet schließlich noch eine Längsspaltung der Fadenschleifen statt, so dass jeder Tochterkern 24 Schleifen erhält. Ähnliche Vorkommnisse wie diese sekundäre Längsspaltung im Dyaster der heterotypen Mitose sind von Carnoy (3) bei Pflanzen und Insekten, von van BENneDEen bei Würmern aber stets im Generationsapparat ! Beiläufig möchte ich hier erwähnen, dass ich bei Embryonen und Larven von Salamandra mac. vielfach bei den Mitosen der Urniere mit Sicherheit nur 12 Schleifen (Äquator 24) gezählt habe, eben so fand ich mehrfach nur 42 Schleifen bei Mitosen der Dotterkerne aus dem Bereiche des Mitteldarmes von jungen Larven. Die in Rede stehenden Kerntheilungsfiguren haben große Ähnlichkeit mit der weiter unten noch näher zu besprechenden homöotypen Form der Mitose und die Schlei- fen können vielleicht als »doppelwerthige « angesehen werden. Bei den Mitosen im Blute der Embryonen und Larven habe ich nicht selten Bilder vor Augen gehabt, die es mir mindestens als sehr fraglich erscheinen ließen, ob wirklich die Schleifen- zahl 24 die Regel bildet; in einzelnen Fällen war auf jeden Fall die Schleifenzahl eine geringere und betrug wahrscheinlich 12, Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa, 1, 107 beschrieben worden (cf. Fremuing, #4, p. 403 f. sowie p. 449; p. 438 1. sowie p. #49). Die homöotype Form ist äußerlich der gewöhnlichen Mitose sehr ähnlich, zeigt aber in den Prophasen und Anaphasen große Überein- stimmung mit der heterotypen Form, weicht aber von dieser durch den Mangel der Tonnenform in der Metakinese und das Fehlen der sekun- dären Längsspaltung im Dyaster erheblich ab. Das Spirem zeigt die- selben lockeren Knäuel mit dichter Lage der Fäden auf der einen Seite und lockerer auf der anderen Seite. Die Segmente sind kürzer als bei der heterotypen- und Somamitose. Von letzterer Mitose unterscheidet sich die homöotype hauptsächlich dadurch, »dass in der Metakinese die Schwesterfäden (sekundäre Fäden) sich getrennt haben, es sind aus den 42 primären Segmenten 24 geworden, statt dass aber davon je eine Hälfte sich gleich gegen einen Pol vorschiebt und zur Tochterfigur ordnet, verbleiben die 24 vollständig getrennten Segmente längere Zeit in der Äquatorialgegend und halten sich hier längere Zeit in einer im Ganzen radiären Form«. — »Die Abweichung von den Metaphasen der gewöhnlichen Mitose besteht also hier, kurz ausgedrückt, darin, dass die Metakinese hier schon in den Anfang der monocentrischen Form fällt, während sie bei jener das Ende derselben bildet; und dass die Längshälften der gespaltenen Fäden sich nicht gleich bei ihrer Tren- nung in je eine Tochterfigur hinüberschlagen und zu dieser ordnen, wie es bei dem gewöhnlichen Typus stattfindet, sondern sich vorher noch eine Zeit lang separirt am Mitteltheil der Spindel halten.« Auf nähere Einzelheiten der heterotypen und homöotypen Form der Mitose möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen, vielmehr zunächst auf die Originalarbeit von Fremmına verweisen. In einem späteren Ab- schnitte werde ich auf diese Verhältnisse noch einmal zurückkommen. Die Sexualzellen vor der geschlechtlichen Differenzirung. Da schon bei den Theilungen der drei Spermatocytengenerationen FLemnıng’s, wie wir eben gesehen haben, nur die (scheinbar reducirte) Schleifenzahl 12 anstatt 24 vorkommt, lag es nahe, die Zahlenverhält- nisse der Chromosomen der Sexualzellen weiter nach rückwärts zu verfolgen. Ich untersuchte daher die Hoden und Ovarien ganz junger Thiere gleich nach der geschlechtlichen Differenzirung und fand stets die Schleifenzahl 12. Die Mitosen verliefen im Wesentlichen nach dem Schema der homöotypen Variante. Auch bei den Larven verschiedenen Alters, sowie Embryonen zählte ich in den Mitosen der Sexualzellen (indifferente Keimzellen) stets nur 12 Schleifen (im Äquator 24). Wann nun aber im Verlaufe der Embryogenese zum ersten Mal die (scheinbar 108 0. vom Rath, reduceirte) Zahl 42 auftritt, kann ich zur Zeit noch nicht angeben. Die Kerntheilungsvorgänge der indifferenten Keimzellen habe ich mit großer Sorgfalt bei einer großen Zahl von Embryonen und Larven studirt. Es fiel mir von Anfang an auf, dass die Schleifen durchgängig recht lang und dick waren, und der Gedanke, dass dieselben doppelwerthig sein könnten, war sehr nahe liegend (Fig. 2). Es gelang mir nun auch auf dicken Schnitten, Zupfpräparaten und bei sorgsam aus den Larven, beziehungsweise Embryonen, herauspräparirten und in toto unter- suchten Genitalanlagen Folgendes festzustellen. Die Mitosen der indiffe- renten Keimzellen, sowie solche aus dem Hoden junger Exemplare ver- laufen nach einem Modus, welcher der homöotypen Variante im Wesent- lichen gleichkommt; die heterotype Form ist mir bei diesen Theilungen niemals zur Anschauung gekommen. Der chromatische Doppelfaden des Knäuels wird durch Quertheilung stets in nur 12 Segmente zerlegt anstatt in 24. Es bleiben somit bei diesen Theilungen der Sexualzellen stets zwei hinter einander gelegene Segmente mit einander vereinigt, die Schleifen sind daher doppelwerthig und die i2 Schleifen dieser Zellen haben genau dieselbe Zahl von Theilungseinheiten niederer Ordnung (Ahnenplasmen) als die 24 Schleifen der Somazellen, oder mit anderen Worten, jeder der in Rede stehenden Idanten vereinigt in sich die Ide von zwei gewöhnlichen Idanten. Dass diese Verhältnisse keineswegs trotz der relativen Größe der Kerntheilungsfiguren mit Leichtigkeit zu erkennen sind, ist wohl begreiflich. Einige wichtige Bilder solcher Kerntheilungsvorgänge habe ich in Figur 1—3 wiedergegeben. Fig. 2 stellt eine Äquatorialplatte vom Pol aus gesehen von einer Mitose einer Septemberlarve, Fig. 3 einen Tochterkern (Dyasterstadium) einer Larve kurz vor der Ablage ins Wasser (Aprillarve) dar. In Fig. 4 sehen wir das Chromatin in Form eines dicken vielfach verschlungenen Fadens auf eine Kernseite hin zusammengezogen, während auf der entgegen- gesetzten Seite die bereits getheilten Attraktionssphären (und Centro- somen) eben von einander wegrücken. Die Knäuelstadien sind wie bei der homöotypen und heterotypen Variante sehr locker. Abbildungen der verschiedenen Phasen des Knäuels (Spirem) sind ohne Schematisi- rung nicht gut zu geben, wesshalb ich hiervon abgesehen habe. Ich erinnere hier beiläufig daran, dass ich bei Gryllotalpa den Nachweis liefern konnte, dass vor der ersten Theilung der Reifungs- periode in der Spermatogenese der Doppelfaden auch nicht wie bei den Theilungen der Somazellen durch Quertheilung in 12, sondern nur in sechs Segmente zerlegt wurde, dass also jeweils zwei hinter einander gelegene Segmente mit einander verbunden blieben und, dass jedes Doppelsegment mit dem aus der Längsspaltung hervorgegangenen Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. I. 109 Schwesterdoppelsegment durch Verlöthen der freien Enden zuerst einen Ring und dann eine Vierergruppe aus sich hervorgehen lieb. Wir haben es hier mit einer wichtigen Variante der gewöhnlichen Mitose zu thun, die im Entwicklungseyklus der Sexualzellen eine all- gemeine Verbreitung und principielle Bedeutung hat. Die homöotypen und heterotypen Theilungen der Ursamenzellen des Salamanders folgen beide einer Mitose mit doppelwerthigen Schleifen (= halbzählige Mitose) und die scheinbar redueirte Schleifenzahl 42 entspricht in Wirklich- keit 24. Jeder Ring im Verlaufe der heterotypen Mitose besteht nicht aus zwei, sondern aus vier Schleifen. Die sekundäre Längsspaltung im Dyaster der heterotypen Theilung muss als eine vorzeitige Längs- spaltung für die nächstfolgende Theilung aufgefasst werden. Da die Doppelwerthigkeit der Schleifen für die Entstehung der Vierergruppen und die richtige Beurtheilung der gesammten Reduktionsfrage von großer Bedeutung ist, werde ich noch mehrfach Gelegenheit nehmen, auf diesen Punkt zurückzukommen. In welcher Weise nun aus den geschlechtlich noch nicht diffe- renzirten Genitalanlagen die Ovarien und Hoden hervorgehen, will ich an dieser Stelle nicht näher ausführen, da für uns hier in erster Linie die Kerntheilungsvorgänge und Zahlenverhältnisse der Schleifen in Betracht kommen. Es wird ebenfalls an anderer Stelle noch näher besprochen werden, dass schon in den jüngsten Genitalanlagen häufig polymorphe Kerne, Lochkerne, aber auch hantelförmige Kerne der Amitose in den indiffe- renten Keimzellen zur Beobachtung kommen. Dass diese Amitosen in Sexualzellen sowohl vor der geschlechtlichen Differenzirung als im (jungen wie alten) Hoden und Ovarium ein regelmäßiges Vorkommnis sind, aber nicht in den Cyklus der Samen- und Eientwicklung gehören, erfordert eine eingehendere Diskussion, die im folgenden Aufsatze ge- geben werden soll. Ich werde dort auch meine früher schon mehrfach vertretene Ansicht (14,19), dass solche Sexualzellen (eben so wie Soma- zellen), die einmal Amitose erfahren haben, allmählich zu Grunde gehen und höchstens nur noch als Ernährungsmaterial Verwendung finden, näher begründen. Zunächst wollen wir jetzt die Zellvermehrung im funktionirenden Hoden gleich nach der Samenentleerung bis zur neuen Samenbildung verfolgen und ich muss da wieder mehrfach auf die Arbeiten FLen- MING’S (k) verweisen. Nach Fremmine findet die Zellvermehrung im Salamanderhoden in folgender Weise statt: | »a) Erste Vermehrung des Kanalepithels nach der Befruchtung, 110 0. vom Rath, behufs Spermatocystenbildung (im Frühling, stellenweise im Hoden wohl bis in den Sommer verzögert). Mittelgroße Zellen. Homöotype Form der Mitose. Heranwachsen der Zellen in den Cysten zur b) Ersten Generation der Spermatocyten. Große Zellen (28—30 u, Kerne 20—22 u). Heterotypische Form, mit seltener Beimischung von homöotypischer. c) Zweite Generation. Mittelgroße Zellen 18—20 u, Kerne 12— 1% u). Heterotypische Form als häufigste, doch daneben reichlich homöotypische. d) Dritte Generation. Kleine Zellen (I4—15 u, Kerne 13—1% u). Heterotypische und homöotypische Form ziemlich gleich häufig. Fast durchweg findet man in je einer Spermatocyste alle Theilungen entweder von heterotypischer oder von homöotypischer Form. Selten kommen Ausnahmen davon vor; diese aber sind ganz sicher. In zwei Fällen bis jetzt habe ich Gystendurchschnitte mit Zellen des größten, im Sommer vorkommenden Kalibers gefunden, in denen die größte Zahl der Zellen in heterotypischer Theilung, eine Minderzahl aber in homöo- typischer standen, und es konnte dabei ganz sichergestellt werden, dass beide einer und derselben Cyste angehörten; Zellen mit Mitosen der einen Form grenzen unmittelbar an solche mit der anderen. In einigen Fällen habe ich dies eben so bei Tochtergenerationen gefunden. « Dass die vorstehenden Angaben Fremmines in jeder Beziehung korrekt sind, bedarf keiner näheren Ausführung. Es ist in Hinsicht auf die Reduktionsfrage nicht nothwendig, hier die feineren Einzelheiten, welche bei den in Rede stehenden Theilungen späterhin publieirt wurden, z. B. das Entstehen der Spindel (Hernans, 7) und andere für den Mechanismus der Zell- und Kerntheilung wichtige Angaben zu dis- kutiren. Für mich unterliegt es keinem Zweifel, dass die großen Zellen dieser Spermatocytentheilungen auch fernerhin noch bei Anwendung anderer Methoden noch viele interessante Aufschlüsse bei Zell- und Kerntheilungsstudien liefern werden. Für unsere Zwecke kommt in erster Linie in Betracht, was folgt auf die letzte Theilung. Es wird nun allgemein angenommen, dass auf die dritte Generation der Spermatocyten gleich die Umbildung der Spermatiden zu Sperma- tozoen stattfindet, ein Vorgang, der gleichfalls von Frrmmine (4) und nachher von Hermann (7) in eingehender und ausgezeichneter Weise Bearbeitung gefunden hat. Ich selbst habe mich aber davon überzeugt, dass außer den drei erwähnten Spermatocytengenerationen noch eine vierte Zellgeneration auftritt, welche gerade für die Reduktionsfrage von großer Bedeutung ist. Die Zellen dieser vierten Generation über- treffen die großen Zellen der ersten Generation wesentlich und sind Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maeulosa. 1. 111 daher leicht kenntlich; sie messen bis zu 45 u und ihre Kerne bis zu 35 u. Diese Zellen sind nun keineswegs einem so sorgfältigen Beobachter wie FLEMMInG entgangen, sie sind vielmehr sorgsam beschrieben, aber, wie ich glaube, nicht richtig gedeutet worden. Zur Zeit, als FLenmine seine Untersuchungen anstellte, musste es überraschen, dass im Sala- manderhoden Mitosen auftraten, bei welchen die Chromosomen nicht die gewohnte Schleifenform (Mitosen der Somazellen und übrigen Sexualzellen) zeigen, vielmehr plötzlich in Gestalt von Kugeln, die in Vierergruppen vereinigt sind, in der Spindelfigur erschienen. Solche abweichende Kerntheilungsfiguren fand Fremmıne nur einmal in einem Hodenlappen im Juli und hier nur in vier Cystendurchschnitten nahe der Nebenhodenseite und er bezeichnete diese Mitosen als Anomalien. Eine wörtliche Wiedergabe der Frrmmine’schen Darstellung ist für die folgende Beschreibung von großer Wichtigkeit. »Die Zellen in den bezüglichen Cysten sind sehr großen Kalibers. noch etwas bedeutender als die große erste Generation der Spermato- eyten. Die achromatischen Spindeln sind auffallend groß. —- Die chro- matischen Segmente sind zum kleinen Theil noch deutlich als zwei- “ schenklige Fädenschleifen gekennzeichnet. Die meisten Segmente aber sind so abgeändert, dass jeder Schleifenschenkel auf die Form eines Kügelehens angeschwollen ist, dabei die je zwei Schenkel noch eben zusammenhängen, zugleich aber die je zwei Schwesterschleifen (aus der Längsspaltung) sich nicht von einander dislocirt haben, wie es sonst in der Metakinese geschieht; sondern sie beharren bei einander, und es finden sich also Gruppen von je vier Kügelchen, von denen je zwei an einander hängen. — In den bezüglichen Cystendurchschnitten sind keine Figuren zu finden, welche man als zugehörige Knäuel- und Aster- formen in Anspruch nehmen könnte. In einer der Cysten aber finden sich unmittelbar neben Figuren der beschriebenen Art, Mitosen von der gewöhnlichen homöotypischen Form und noch mehrere solche daneben, den Metaphasen entsprechend. Ich möchte denken, dass die abnormen Theilungen aus derartigen Formen aberrirt haben. Was aus ihnen wird, weiß ich noch nicht, da die Cysten keine Stadien enthalten, die als letzte Anaphasen hieraus anzusprechen wären.« Werfen wir nun einen Blick auf die FrLenming’schen Abbildungen (l. e. Fig. 45—50 Taf. XXV), so liegt nach dem heutigen Standpunkte unserer Kenntnis die Vermuthung nur zu nahe, dass es sich hier keines- wegs um Anomalien handelt, dass vielmehr diese Mitosen mit den zu vieren angeordneten Kugelchromosomen in den Entwicklungseyklus der Samenzellen gehören. Damit soll natürlich keineswegs behauptet werden, dass nicht auch in den Cysten mit diesen Varianten Aberra- 112° 0. vom Rath, tionen vorkommen, sah doch Fremning deutlich pluripolare Theilungen und Mitosen mit asymmetrischer einseitiger Ausbauchung der Spindel und Ansammlung eines Theiles der Segmente nach dieser Stelle hin. FLEmminG neigt zu der Annahme, dass man in diesen Bildern die Über- gangsreihe vor sich hat, in der sich die Abartung einer normal-bipolaren Spindel zu einer abnorm-tripolaren darstellt. Heut zu Tage wird ein Auftreten von Vierergruppen von Kugel- chromosomen oder Stäbchen keineswegs mehr überraschen, ja wir dürfen solche Vierergruppen mit einer gewissen Regelmäßiskeit vor den beiden letzten Theilungen der Reifungsperiode sowohl in der Spermatogenese wie Ovogenese erwarten. Ich darf hier wohl daran erinnern, dass solche Kugelchromosomen in Vierergruppen von BovzrıI in der Ovogenese von Tiara, von HrnkınG in der Spermatogenese von Pyrrhocoris apterus, von mir in der Spermatogenese von Gryllotalpa vulgaris, Helix pomatia, Li- max cinereo-niger beschrieben wurden. In neuester Zeit fand sie BRAUER in der Ovogenese von Branchipus und Artemia; ich kann diese Befunde bestätigen und hinzufügen, dass dieselben auch in derSpermatogenese von Branchipus auftreten und stets vor den beiden letzten Theilungen. Ich sah diese Gruppen auch in der Samenbildung von Dytiscus margi- nalis, in der Ovogenese mariner Copepoden z. B. bei Euchaeta, ferner inder Spermatogenese von Rana sowie Triton cristatus, palmatus, alpestris. Als ich nun bei der Untersuchung der Spermatogenese der Tritonen nicht nur die charakteristischen Bilder der heterotypen Mitose, z. B. die Tonnenform der Metakinese, sondern auch unverkennbare Vierer- gruppen in Kugelform, genau wie sie von FremminG für den Salamander gezeichnet waren, antraf und zwar mit Regelmäßigkeit in Julihoden, da schien es mir sicher zu Sein, dass auch im Salamanderhoden diese Vierer- gruppen von Kugelchromosomen normale Gebilde sind und in den Ent- wicklungscyklus der Samenzellen gehören. Bei der Durchmusterung meiner Salamandrapräparate fand ich denn auch die Vierergruppen auf Schnittserien aus der zweiten Hälfte Juli und Anfang August in reich- licher Menge. Da nun aber auf einigen Präparaten, welche diese Kugel- chromosomen zeigten, noch keine Andeutung einer Umwandlung der Spermatiden in Spermatozoen bemerkbar war, bei anderen sich aber gerade diese Umwandlung vollzog, so musste auch der Gedanke nahe liegen, dass die Bildung der Vierergruppen der Spermatidenumwandlung unmittelbar vorausgeht, und überhaupt Verhältnisse vorliegen, welche denen in der Reifungsperiode anderer Metazoen direkt zu vergleichen sind. Es sind nun, wie bekannt, schon eine ganze Reihe von Ver- muthungen über die letzten Theilungen in der Spermatogenese von Salamandra ausgesprochen worden, die aber alle nicht zutreffen, da, Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. I. 113 wie ich gleich zeigen werde, außer den drei Generationen der Sper- matocyten Fremning’s noch eine vierte Generation auftritt und es gerade diese ist, der die Vierergruppen und die beiden letzten Theilungen, welche die Reduktion des Chromatins bewerkstelligen, angehören. Die in Rede stehenden Theilungsvorgänge sind nun keineswegs ganz einfach festzustellen, da man lediglich auf Kombiniren der Bilder angewiesen ist. Ob daher die Reihenfolge der Abbildungen, die ich gezeichnet habe, genau der Wirklichkeit entspricht, kann ich nicht mit absoluter Sicher- heit behaupten, ich glaube aber, dass meine Darstellung und Deutung im Wesentlichen das Richtige getroffen hat. Des besseren Verständnisses halber will ich die Verhältnisse in der Art beschreiben, wie ich sie bei meinen Untersuchungen nach und nach festgestellt habe. Ich konstatirte zunächst in reichlicher Menge Zellkerne, in welchen das Chromatin in 12 Gruppen von je vier Kugelchromosomen angeordnet war, und zwar lagen die Gruppen sämmtlich der Kernperipherie (Fig. 8) dieht an. Verbindungsfäden zwischen den vier Kugeln jeder Gruppe oder solche zwischen den verschiedenen Gruppen, wie ich sie früher für das gleiche Stadium von Gryllotalpa abgebildet habe, konnte ich nicht erkennen, doch zweifle ich nicht an einer feinen Lininverbindung. Wir haben somit 48 Kugelchromosomen, die in 12 Gruppen an - geordnet sind und deren allmähliche Entstehung aus den Abbildungen 5—8 mit voller Deutlichkeit hervorgeht. Wir kommen hier auf die letzte Theilung der Ursamenzellen, also auf die drittletzte Theilung der Spermatogenese überhaupt. Nach der Frennıne’schen Darstellung wurden die Vierergruppen aus der Äquatorialplatte der Spindel einer homöo- typen Mitose in der Weise gebildet, dass bei den 24 Schleifen eine Verkürzung jedes Schleifenschenkels auf Kugelform und ein Durch- bruch an der Umknickungsstelle jeder Schleife stattfindet. Ich habe mich aber durch sorgfältige Untersuchung der in Rede stehenden Bilder davon überzeugt, dass die Kerntheilungsvorgänge der vierten Generation (letzte Theilung der Ursamenzellen) stets und unbedingt nach dem Schema der heterotypen Variante verlaufen. Es gelang mir auch auf Schnitt- serien durch verschiedene Hoden sämmtliche Phasen dieser Mitose mit - Sicherheit zur Anschauung zu bekommen. In Fig. 5 habe ich die typische Tonnenform der Metakinese dieser Zellen abgebildet, die ich häufig direkt neben Zellen im Viererstadium innerhalb derselben Cyste auf- fand. Von den oben beschriebenen heterotypen Theilungen der drei ersten Generationen weicht die vierte, wie ich noch näher zeigen werde, einigermaßen ab. Wenn nämlich bei der Metakinese im Äquator der Durchbruch der 12 Ringe stattgefunden hat und die Schleifen nach den beiden Polen der Spindel angezogen werden, bemerkt man zunächst Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LVII. Bd. 8 114 0. vom Rath, eine Verdickung der Schleifen (Fig. 6). Im Dyaster findet dann wieder die sekundäre Längsspaltung der Schleifen statt und diese 24 Schleifen wandeln sich durch Verkürzung jedes Schleifenschenkels auf Kugelform und Durchbruch an der Umknickungsstelle der Schleifen in 48 Kugel- chromosomen oder 42 Gruppen von je vier Kugeln um. Wie Fig. 7 zeigt, die genau nach einem Präparate gezeichnet ist, erfolgt diese Umwand- lung keineswegs bei allen Gruppen gleichzeitig, vielmehr befinden sich einige Vierergruppen schon vollständig in Kugelform, während in anderen die Schleifen erst an den freien Enden angeschwollen sind und noch kein Durchbruch an der Umknickung erfolgt ist. Wenn nun hin und wieder bei den einzelnen Gruppen einige Unregelmäßigkeiten zu be- merken sind (Fig. 7), so dürften sie, wenn sie überhaupt keine Kunst- produkte sind, bald wieder ausgeglichen werden, denn im nächstfolgenden Stadium (Fig. 8), welches ich bei meiner Beschreibung zuerst heraus- gegriffen habe, sind die Vierer stets in mustergültiger Ördnung gruppirt. Die Entstehung der Vierergruppen ist somit im Wesentlichen dieselbe, wie sie FLemmisGg geschildert hat, nur mit dem Unterschied, dass die 24 Schleifen, welche sich in die 48 Kugeln umwandeln, von FLENMING aus der Äquatorialplatte einer homöotypen, von mir aus dem Dyaster einer heterotypen Mitose hergeleitet werden. Durch den Durchbruch an der Umknickunsgsstelle der Schleifen bei der heterotypen Mitose der vierten Generation werden die doppelwerthigen Schleifen, die bei den früheren Theilungen stets vereinigt blieben, von einander getrennt. Wenn nun Frenning (k,p. 443 u. 44%) noch eine zweite abweichende Mitose beschreibt und in Fig. 45 abbildet, so ist es mir sehr wahrschein- lich, dass dies interessante Stadium den Übergang der Metakinese zum Dyaster der von mir beschriebenen vierten Generation darstellt. Ich zeigte, dass aus dem Dyaster der 4. Generation der Ursamenzellen sich gleich die Vierergruppen gebildet haben und, dass von einem Dispirem und nachfolgendem Ruhestadium des Kernes keine Rede sein könnte. | Gleich nach der definitiven Ausbildung der Vierergruppen sehen wir dieselben, wie oben schon gesagt wurde, zuerst in der Kernperi- pherie liegen (Fig. 8), und dann treffen wir dieselben in einer eigen- thümlichen Unordnung in einer Spindelfigur an (Fig. 9). Meine Ab- bildung erinnert sehr an Fremmixe’s Fig. 46, doch ist meine Deutung dieses Stadiums eine andere als die, welche dieser Autor gegeben hat. Wir sehen eine bereits fertig angelegte Spindel mit Centrosomen, Attraktionssphären etc., die Chromosomen befinden sich aber keines- wegs im Äquator der Spindel, vielmehr liegen die Gruppen über die ganze Spindel hin unregelmäßig verstreut. Während nun Fremming dies Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maeulosa. . 115 Stadium als eine Metakinese ansehen möchte und glaubt, dass die Gruppen die Tendenz hätten sich nach den Polen zu begeben, nehme ich umgekehrt an, dass die Vierergruppen jetzt erst in die Äquatorial- ebene rücken. Ich habe häufig Bilder vor Augen gehabt, in welchen diese Vierergruppen derart im Äquator standen, dass aus jeder Gruppe zwei Kugeln nach dem einen Pol der Spindel und die beiden anderen nach dem anderen Pol gerichtet waren, die Chromosomen sind also nicht sämmtlich in einer Ebene angeordnet, sondern in zwei Ebenen, und die diesbezüglichen Verhältnisse sind denen gleich, die ich früher bei der vorletzten Theilung in der Spermatogenese von Gryllotalpa be- schrieben habe und die offenbar ein allgemeines Vorkommnis darstel- len. Fig. 10 zeigt die Vierergruppen kurz vor ihrer Aufstellung im Äquator vom Pol aus gesehen. Bei dem nunmehr erfolgenden Auseinanderrücken der beiden Platten nach den Polen der Spindel werden die Vierergruppen in Zweiergruppen zerlegt und jeder Tochterkern erhält 24 Chromosomen oder 12 Zweiergruppen (Fig. 11). Da nun auf diese Theilung sofort eine zweite mit Überspringen des bläschenförmigen Ruhezustandes des Kernes erfolgt und zwar senkrecht auf die erste Theilungsebene, wer- den jetzt die 12 Paarlinge von einander separirt und jeder Tochterkern erhält somit 12 Chromosomen (Fig. 13). Für ein genaues Zählen der Chromosomen sind besonders die Polansichten der Spindel von Wichtig- keit (Fig. 10 u. 12). Bei der ersten Spindelfigur liegen 24 Chromosomen in der einen und 24 in der anderen Ebene, bei der zweiten Spindel dagegen 42 in der einen und 12 in der anderen Ebene. Jede Samen- enkelzelle erhält somit 12 Kugelchromosomen (Fig. 1%), und zwar je- weils eines aus jeder Gruppe. Diese Samenenkelzellen treten nunmehr in ein Ruhestadium mit bläschenförmigem Kern ein und es erfolgt dann der komplicirte Vorgang der Umbildung der Spermatiden zu Sperma- tozoen. Zum Schluss der Spermatogenese haben somit die Samenzellen an Stelle von 24 Schleifen nur 12 relativ kleine Kugelchromosomen. Vor der vorletzten Theilung hat eine Verdoppelung der Chromo- somenzahl 24 auf 38 Chromosomen stattgefunden, bei der vorletzten Theilung wurde die typische Zahl 24 wieder erreicht und bei der letzten Theilung wurde die typische Zahl auf die Hälfte vermindert. Vergleicht man nun die eben geschilderten Vorgänge in den ent- sprechenden Theilungen in der Spermatogenese (und Ovogenese) an- derer Thiere, so ergeben sich einige auffallende Abweichungen. Wie kommt es, wird man da fragen, dass auf die dritte kleinzellige Generation plötzlich wieder eine großzellige auftritt? Beweisen konnte ich zwar 8* 116 0. vom Rath, eine solche zeitliche Aufeinanderfolge nicht, aber doch im höchsten Grade wahrscheinlich machen. Dass zunächst die drei Spermatocyten- generationen genau in der von FLEmmInge angegebenen Weise auf einan- der folgen, unterliegt keinem Zweifel, dass ferner die vierte Generation nur kurz vor oder gleichzeitig mit der Umwandlung der Spermatiden auftritt (Juli und Anfang August), ist nach meinen Präparaten auch sicher. Man wird so zu der, wie mir scheint, wohl berechtigten An- nahme geführt, dass zwischen der dritten und vierten Generation der Ursamenzellen eine längere Ruhephase eintritt, während welcher die Zellen, die durch die schnell auf einander folgenden Theilungen an Größe wesentlich eingebüßt haben, sich wieder erholen und wachsen. In Fig. 4 habe ich eine große Zelle mit großem Kerne im typischen Ruhezustand abgebildet, ich glaube diese Zellen an den Anfang der vierten Generation setzen zu müssen; dieselben werden mit Regel- mäßigkeit in den Cysten, in welchen die vierte Generation auftritt, gefunden; man würde zunächst daran denken, dass sie an den Schluss der vierten Generation gehören und das Ruhestadium vor den beiden letzten Theilungen repräsentiren, dies geht aber nach meiner obigen Darstellung nicht an, daich den Nachweis liefern konnte, dass ein eigent- liches Ruhestadium zwischen der vierten Generation der Ursamenzellen und den beiden letzten Theilungen gänzlich ausfällt, indem gleich aus dem Dyaster die Vierergruppen hervorgehen, die dann ohne weitere Veränderungen sofort in die Spindel der ersten Theilung der Reifungs- periode eintreten. Bei diesen in Rede stehenden großen Zellen habe ich mehrfach neben dem ruhenden Kern an der Stelle, wo das Cyto- plasma einen grobkörnigen Habitus und eine dunklere Färbung hat, zwei runde Körper gesehen, die wohl zwei Attraktionssphären ! mit ihren Gentrosomen darstellen, für Centrosomen allein scheinen mir die Körper zu groß zu sein. Was die Deutung der Zellen angeht, so glaube ich die vier Gene- rationen von Zellen, welche den beiden letzten Theilungen vorausgehen, aus Analogiegründen als Ursamenzellen auffassen zu müssen. Die Periode Il (Samenmutterzellen) ist von nur kurzer Dauer, da eine 1 Beiläufig möchte ich hier bemerken, dass ich häufig bei verschiedenen Am- phibien bei Sexualzellen mit vollkommen ruhenden Kernen bald eine bald zwei runde oder scheibenförmige Körper im Zellplasma gefunden habe und zwar beson- ders deutlich bei Triton palmatus, Rana esculenta, ferner aber auch bei Evertebraten, und zwar recht typisch in den großen Samenmutterzellen von Astacus im Juni und Juli, also kurz vor den beiden letzten Theilungen. Ob nun die in Rede stehenden Körper Attraktionssphären, Centrosomen oder andere Gebilde sind, lasse ich einst- weilen dahingestellt sein. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. |. 117 Ruhe- und Wachsthumsphase ausfällt und gleich die Reifeperiode ein- tritt. Die,aus den beiden letzten Theilungen hervorgehenden Zell- generationen wird man füglich als Samentochter- und Samenenkel- zellen bezeichnen (vgl. d. Terminologie p. 103). Ein zweiter näher zu besprechender, von der gewöhnlichen Dar- stellung in der Samenbildung abweichender Punkt betrifft das eben erwähnte Ausfallen des gewohnten Ruhestadiums zwischen der letzten Theilung der Ursamenzellen und der ersten Theilung der Reifungs- periode, während ein solches Stadium zwischen der dritten und vierten Generation eingeschaltet ist. Wenn nun auch, so viel mir wenigstens bekannt ist, in der Samenbildung keine analogen Vorkommnisse be- schrieben wurden, so kennen wir doch in der Ovogenese bei Crustaceen, Amphibien und Selachiern ähnliche Erscheinungen, aus welchen zur Genüge erhellt, dass die Periode II von sehr wechselnder Dauer ist und ‚mit gewissen biologischen Momenten in direkter Beziehung steht. Ich möchte hier aber darauf hinweisen, dass durchgängig die feineren Vorgänge bei den Theilungen der Ursamen- und Ureizellen, zumal aber bei den ersteren, wegen der Kleinheit der Zellen nur sehr schwierig oder gar nicht festzustellen sind, dass aber gerade eine sorgfältige Untersuchung dieser Stadien von besonderer Wichtigkeit ist. Ich gebe auch gern zu, dass meine eigenen früheren Angaben über die Theilungen der Ursamenzellen von Gryllotalpa! einer Berichtigung bedürfen. 1 Bei Gryllotalpa habe ich die Theilungen der Ursamenzellen als gewöhnliche Mitosen bezeichnet, aber gleichzeitig auf zwei Punkte aufmerksam gemacht, welche nicht in das Schema der gewöhnlichen Mitose passen. In Fig. 3 habe ich ein Knäuel- stadium abgebildet, welches den Gedanken an eine heterotype oder homöotype Theilung nahe legt; ich habe dieses Stadium mit ähnlichen Vorgängen, die HERMANN beim Hoden des Salamanders beschrieben hat, verglichen, |, c. p. 107. Ferner habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass von den 42 Chromosomen, welche man in den Dyastern zählt, vielfach zwei und zwei einander auffällig genähert sind; eine Erklärung für diese paarweise Gruppirung konnte ich nicht geben. Eine erneuerte Durchsicht meiner diesbezüglichen Präparate ließ mich zwar nicht mehr erkennen wie früher, die Bilder sind leider überaus klein, und man ist obendrein auf Kom- biniren angewiesen, ich glaube aber jetzt, dass mindestens die letzte Theilung dieser Ursamenzellen nach einem Modus der Mitose mit doppelwerthigen Chromosomen verläuft; welches Schema es ist, konnte nicht entschieden werden, da wir es mit Kugelchromosomen und nicht mit Schleifen zu thun haben. Auf Grund eines großen vergleichenden Materials halte ich es jetzt für sicher, dass bei den Theilun- gen der Urei- und Ursamenzellen zum mindesten die letzte vom Schema der Soma- mitose abweicht. Was daher die von mir 1. c. p. 147 u. 148 gegebenen Zahlenver- hältnisse anbetrifft, so muss bemerkt werden, dass die angeführten Zahlen bei den Theilungen der Ursamenzellen keineswegs auf sämmtliche Theilungen der Ur- samenzellen Geltung zu haben brauchen, vielmehr in erster Linie sich auf die 118 0, vom Rath, Var. Häcker (5) konnte für die Ovogenese einiger Süßwasser-CGope- poden den Nachweis liefern, dass zwischen der letzten Theilung der Ureizellen und der ersten Theilung der Reifeperiode gewöhnlich kein eigentliches Ruhestadium eingeschaltet ist, dass vielmehr während dieser ganzen Periode II, ein direkt aus dem Dyaster beziehungsweise Dispirem der letzten Ureizellengeneration hervorgehender chromatischer Doppelfaden in mehr oder weniger deutlicher Form persistirt, oder mit anderen Worten, dass die zur ersten Theilung der Reifeperiode ge- hörige Längsspaltung des Chromatinfadens bereits im Dyaster der vorher- gehenden Mitose vorbereitet ist. Auf Grund eigener Untersuchungen über die Ovogenese von Euchaeta, Galanus, Gyelops,Diaptomus, Canthocamptus und Heterocope kann ich diese interessante An- gabe Häcker’s bestätigen. In seiner neuesten Arbeit betont Häcker (öd), dass die Auflösung des Dispirems in ein feinfädiges Keimbläschen- stadium bei den Copepoden da erfolgt, wo eine Stauung der Oviduct- eier stattfindet. Bei erstgebärenden eiersacklosen Gyelops strenuus- Weibchen soll beispielsweise zwischen die letzte Theilung der Ureizellen und die erste Theilung der Reifungsperiode kein feinfadiges Ruhestadium des Kernes (Keimbläschenstadium) eingeschaltet sein, während bei den mehrgebärenden eiersacktragenden Gyclops strenuus- Weibchen, bei welchen eine Stauung der Oviducteier durch die Eiersäcke statt- findet, eine Zerlegung der Doppelfadenschlinge in ein System von chromatischen Doppelwinkeln, welche durch feine schwach färbbare Doppelfäden verbunden sind, erfolgen soll. Ganz ähnliche Verhältnisse, wie wir sie aus der Ovogenese der Gopepoden kennen gelernt haben, hat Rückerr (15) für das Selachierei angegeben, und ich werde an einem anderen Orte zeigen, dass bei der Ovogenese von Salamandra und anderen Amphibien analoge Verhältnisse stattfinden. Es ist wohl denkbar, dass in der Ovogenese die zur ersten Tochterkerne der letzten Theilung beziehen. Wenn bereits bei den ersten Theilungen der Ursamenzellen oder gar noch früher Mitosen mit doppelwerthigen Chromoso- men vorkommen, so kann die Chromosomenzahl scheinbar nur die Hälfte betragen (halbzählige Mitosen), wie das Beispiel von Salamandra lehrt. Die für die Species typische Zahl der Chromosomen wird am besten bei den Somazellen etwa in den Mitosen des Darmes etc. festgestellt, falls die Größe der Theilungsfiguren ein Zählen ermöglicht. Auch schon bei der Furchung und Blastodermbildung können die Mitosen in verschiedener Weise erfolgen, so dass diejenigen, welche nach dem doppelwerthigen Schema verlaufen, nur die Hälfte der typischen Zahl der Chromo- somen erkennen lassen und daher eine Reduktion vortäuschen. Wir sehen so, mit welcher großen Vorsicht man beim Feststellen der Zahlenverhältnisse der Chromo- somen zuwege gehen muss. Es wäre von großem Werthe, wenn man die Mikro- chromosomen, welche jedes Einzelchromosom zusammensetzen, zählen könnte. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa l 119 oder zweiten Theilung gehörige einmalige Längsspaltung des Chro- matins je nach verschiedenen biologischen Verhältnissen in vielen, aber sicher nicht in allen Fällen bereits im Dyaster der letzten Theilung der Ureizellen zu suchen ist, in der Samenbildung dürfte aber eine solche vorzeitige Längsspaltung, wie ich sie beim Salamander beschrieben habe (sekundäre Längsspaltung der Schleifen im Dyaster der vierten Generation der Ursamenzellen) und wie sie nach der Darstellung Carnoy’s (3) bei Arthropoden vorzukommen scheint, wohl nur eine Seltenheit sein, obschon, wie ich vorhin schon betonte, gerade die so wichtigen Theilungsvorgänge der Ursamen- und Ureizellen am wenigsten genau wegen der Kleinheit der Zellen festgestellt werden können. Ich glaube nun, dass der Vergleich der letzten Theilung der Ur- samenzellen (vierte Generation) beim Salamander mit der letzten Thei- lung der Ureizellen der Gopepoden entschieden zu Gunsten meiner oben vertretenen Auffassung spricht, und dass somit ein Ausfallen des Ruhestadiums zwischen der letzten Theilung der Ursamenzellen und der ersten Theilung der Reifungsperiode weniger überraschen darf. Über die Reduktionstheilung im Salamanderhoden. Über die Reduktionsfrage in der Samenbildung von Salamandra maculosa sind zwar von einer ganzen Reihe von Autoren Vermuthungen ausgesprochen worden, von diesen ist aber bis jetzt in Wirklichkeit keine zutreffend. Bekanntlich hat Frrmniıse selbst die Reduktions- frage gar nicht berührt, dagegen haben andere Forscher, ohne eigene Untersuchungen am Salamanderhoden angestellt zu haben, in den Fremmine’schen Angaben über die Spermatocytentheilungen lediglich aus Analogiegründen Aufschlüsse über die gewünschte Reduktion zu erkennen geglaubt. Je nachdem sich nun diese Autoren auf Grund ihrer Untersuchungen bei anderen Objekten über die Reduktionsfrage ein Urtheil gebildet hatten, wurden dem entsprechend auch die Fren- mıng’ schen Befunde bei Salamandra verschieden interpretirt und so sehen wir denn, dass gleichzeitig mehrere Autoren, die zwar über die Reduk- tionsfrage ganz verschiedene Ansichten gewonnen haben, trotzdem die Angaben Freumine’s zur Stütze ihrer jeweiligen Auffassung beigezogen haben. Beispielsweise haben Hrnkıne (6), der die erste Theilung der Reifungsperiode als die Reduktionstheilung ansieht, eben so wie Herr- wıe (8), der die zweite Theilung der Reifungsperiode als solche in Anspruch nimmt, beide die Fremmisg’schen Befunde zu Gunsten ihrer Ansicht ausgelegt. Mit eben so vielund eben so wenig Recht konnten aber auch die Autoren, welche beide Theilungen der Reifungsperiode als 120 0. vom Rath, Reduktionstheilungen bezeichnen, die Spermatocytentheilungen des Salamanders zum Vortheil ihrer Theorie interpretiren, während umge- kehrt die Forscher, welche keine der beiden letzten Theilungen als Reduktionstheilung gelten lassen wollen, auch bei den in Rede stehen- den Theilungen des Salamanderhodens eine Reduktion direkt in Abrede stellen werden. Da nun aber die beiden letzten Theilungen in der Samenbildung von Salamandra früher überhaupt unbekannt waren, konnte natürlich auch die Deutung der Reduktionsfrage nicht richtig ausfallen, doch möchte ich hier nicht auf alle die verschiedenen Vermuthungen näher eingehen. Die Unwahrscheinlichkeit der Herrwıe'schen Hypothese ist bereits von V. Häcker (öc) hervorgehoben worden und hat genannter Autor seinerseits die Vermuthung ausgesprochen, dass die von Fıen- mısg in der Samenbildung von Salamandra beschriebenen Vierergruppen wahrscheinlich auch wie die mittlerweile durch mich und andere Autoren vielfach aufgefundenen Vierergruppen vor der Reifungsperiode normale Vorgänge darstellen und gleichfalls in die Reifungsperiode ge- hören könnten. Eigene Untersuchungen hat Häcker über den Sala- manderhoden nicht angestellt. Wie ich nun oben ausführte, erfährt die für Salamandra typische Chromosomenzahl 24 vor der ersten Theilung der Reifungsperiode eine Verdoppelung auf 48 Chromosomen, die in 12 Gruppen von je vier Kugeln angeordnet sind. Durch die erste Theilung erfolgt eine Herab- setzung der Chromosomenzahl auf die typische Zahl 24 und durch die zweite Theilung eine weitere Herabsetzung auf die Hälfte der typischen Zahl, nämlich auf 12 Chromosomen, welche aber nicht wie bei den übrigen Mitosen in Schleifenforn, sondern in Kugelgestalt auftreten. Ich werde im allgemeinen Theil noch näher ausführen, dass die Entscheidung der Reduktionsfrage.davon abhängig ist, wie man die Vierergruppen beurtheilt; nach meiner Zählungsweise findet die Re- duktion unbedingt in der Reifungsperiode statt, ob es aber die zweite Theilung allein ist oder beide Theilungen, welche in der Samenbildung von Salamandra die Reduktion herbeiführen, ist empirisch nicht defini- tiv zu entscheiden. B. Allgemeiner Theil. Nachdem ich die Reduktionsfrage in der Spermatogenese von Sala- mandra maculosa im Speciellen besprochen habe, will ich im folgenden Abschnitte einige allgemeine und vergleichende Betrachtungen über die Reduktionsfrage und Vorgänge, die mit derselben in näherer Be- ziehung stehen, folgen lassen. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maeulosa. ı 121 Die heterotype und homöotype Mitose, sowie ähnliche Varianten der Kerntheilung. Zu Anfang dieser Arbeit habe ich einen kurzen Überblick über den Verlauf der heterotypen und homöo- typen Theilung im Salamanderhoden nach der Fremming’schen Dar- stellung gegeben. An einer anderen Stelle zeigte ich dann, dass außer den völlig gleichmäßig verlaufenden heterotypen Theilungen der drei ersten Generationen der Ursamenzellen noch eine andere vom oben besprochenen Schema abweichende heterotype Variante in der vierten Generation auftritt. Letztere ist den ersteren gegenüber charakterisirt durch Verkürzung der Schleifenschenkel auf Kugelform, sowie durch den Durchbruch der Schleifen an den Umknickungsstellen im Dyaster. Ferner geht aus dem Dyaster kein Dispirem und bläschenförmiges Ruhe- stadium des Kerns hervor, vielmehr entstehen in der auf p. 113—116 angegebenen Weise die Vierergruppen von Kugelchromosomen, die nach einigen Lageveränderungen im Äquator der ersten Spindel der Reifungs- periode wiedergefunden werden. Während also bei den heterotypen Mitosen der drei ersten Generationen der Ursamenzellen stets zwei Segmente mit einander vereinigt blieben, wodurch die Schleifen (Chro- mosomen) als doppelwerthig aufgefasst werden müssen, erfolgt bei der vierten Generation der Ursamenzellen durch den Durchbruch an den Umknickungsstellen (Quertheilung an präformirter Stelle) eine end- gültige Trennung der jeweiligen Doppelschleifen oder doppelwerthigen Chromosomen in einfache Chromosomen. Es bleiben nun aber auch bei den homöotypen Mitosen, die bei den drei ersten Generationen der Ursamenzellen in einer noch nicht genügend aufgeklärten Weise neben den heterotypen Varianten auftreten, jeweils zwei hinter einander liegende Segmente (= Chromosomen) mit einander vereinigt, so dass die heterotype und homöotype Variante die Doppelwerthiskeit der Schleifen (Chromosomen) mit einander gemein haben und sich hierdurch beide wesentlich von den Mitosen der Somazellen desselben Thieres unter- scheiden. Wenn nun auch die homöotype Mitose äußerlich der Soma- mitose näher zu stehen scheint als der heterotypen Variante, so möchte ich im Gegensatz zu den früheren Autoren, z.B. Fremning, auf Grund der Doppelwerthigkeit der Chromosomen die homöotype Mitose in nähere Beziehung zur heterotypen setzen. Diese beiden Varianten sind auch in den Zahlenverhältnissen der Chromosomen keineswegs so verschieden, wie es auf den ersten Blick scheinen könnte. Im Äquator sind an Stelle von 48 Schleifen bei beiden letzteren Mitosen nur 2% Schleifen. Wenn nun auch im Dyaster der heterotypen Form durch sekundäre Längs- spaltung aus den 12 Schleifen der Tochterkerne 24 Schleifen entstehen, ein Vorgang, der bekanntlich im Dyaster der homöotypen Mitose unter- 122 0. vom Rath, bleibt, so entstehen durch diesen Verdoppelungsprocess der heterotypen Theilung, wodurch wieder die Normalzahl 24 Chromosomen im Dyaster scheinbar erreicht wird, keineswegs 24 ihrem Aufbau und Wesen nach verschiedene Chromosomen wie bei den Somamitosen, vielmehr sind die durch den Verdoppelungsprocess entstandenen 12 sekundären Schleifen den 12 primären identisch, von den 24 Idanten haben also zweimal 12 die gleichen Ide. Die Längsspaltung der Schleifen und die dadurch entstehende Verdoppelung der Chromosomenzahl im Dyaster der heterotypen Theilung hat, wie schon oben erwähnt, den Werth einer vorzeitigen Längsspaltung des Chromatinfadens, die, so viel wir bis jetzt wissen, normalerweise im Knäuelstadium erfolgt. Mit ab- soluter Sicherheit lassen sich nun diese Vorgänge im Salamanderhoden nicht feststellen, da man eben auf Kombiniren der Bilder angewiesen ist, und obendrein neben den heterotypen Mitosen homöotype mit ähn- lichen Prophasen auftreten. Bei den schnell auf einander erfolgenden Theilungen der Sexualzellen dürfen uns überhaupt kleinere Ab- weichungen vom Schema der gewöhnlichen Mitose nicht wundern. Man wird daran denken können, dass bei den heterotypen Mitosen die durch sekundäre Längsspaltung der Schleifen entstandene Verdoppelung des Chromatinfadens im Dispirem und dem nachfolgenden Ruhestadium einigermaßen undeutlich wird, um wieder im Knäuelstadium der näch- sten Mitose deutlich kenntlich zu werden. Bei der vierten Generation der Ursamenzellen wird wohl Niemand daran zweifeln, dass die Längs- spaltung im Dyaster zu einer der Theilungen der Reifungsperiode gehört. Welchem speciellen Zwecke nun die viermal auf einander er- folgende heterotype Theilung vorsteht und in welcher Beziehung hierzu die gleichzeitig auftretenden homöotypen Mitosen stehen, ist aus den histologischen Befunden allein nicht festzustellen. Wenn man sich auf den Boden der Weısmann’schen Theorien stellt, kann man vermuthen, dass durch diese abweichenden Kerntheilungen eine Umkombinirung der Ide und eine andere Zusammensetzung der Idanten ermöglicht werden soll. Es ist mir vielfach aufgefallen, dass in den ersten Knäuel- stadien die Chromatinkügelchen nicht perlschnurartig an einander gereiht sind, dass vielmehr der grobhöckerige Chromatinfaden aus mehreren neben einander stehenden und verklebten Chromatinkügelehen zu- sammengesetzt ist, so dass auf dem Querschnitt stets deren mehrere getroffen werden. Dass nun einerseits bei der Fadenbildung aus dem Ruhezustand und andererseits bei der Ringbildung aus den Faden- segmenten gewisse Verschiebungen der Ghromatinktigelchen und somit auch der Ide stattfinden können, erscheint mir nach meinen Bildern keineswegs unwahrscheinlich, Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. 1. 123 Mit der heterotypen und homöotypen Mitose haben nun andere Varianten der Kerntheilung die Doppelwerthigkeit der Chromosomen gemeinsam, ohne aber dem Schema der heterotypen oder der homöo- typen Mitose zu folgen. Ich erinnere hier zunächst an die Vorgänge vor der ersten Theilung der Reifungsperiode in der Spermatogenese von Gryllotalpa, wo ich den Nachweis der Doppelwerthigkeit der Chromoso- men und der Entstehung der Vierergruppen zum ersten Male erbringen konnte. Auf Grund eines großen vergleichenden Materials darf ich jetzt behaupten, »dass überall da, wo Vierergruppen vor der Reifeperiode in Stäbchen- oder Kugelform auftreten, im Knäuelstadium stets zwei hinter einander gelegene Segmente bei der Quertheilung vereinigt bleiben und zur Bildung doppelwerthiger Chromosomen Veranlassung geben «. Es würde sich empfehlen alle Varianten mit doppelwerthigen Segmenten unter einem gemeinsamen Namen zusammenzufassen und dann entsprechende Unterabtheilungen zu machen, leider ist aber ein entsprechender Sammelname schwer zu bilden. Var. Häcker (5c) hat bereits im vorigen Jahre einen solchen Versuch gemacht und alle da- mals bekannten Mitosen mit doppelwerthigen Segmenten als hetero- type Theilungen bezeichnet. In der betreffenden Arbeit sind unter Anderem auch einige meiner noch nicht publicirten, dem Verfasser mündlich mitgetheilten, Befunde mit verwerthet worden. Dass die von mir bei den einheimischen Tritonen beobachteten heterotypen Mitosen wirklich diesen Namen verdienen unterliegt keinem Zweifel, da ich bei den Wassersalamandern Verhältnisse konstatiren konnte, die denen des Erdsalamanders im Wesentlichen völlig gleich sind. Man wird auch die im Hoden der weißen Maus von Hermann beschriebenen Mitosen mit den charakteristischen Tonnenformen der Metakinese mit Recht als heterotype Theilungen auslegen dürfen. Wenn aber Var. Hicker die bei Cycelops im Ovarium (letzte Theilung der Ureizellen und die erste und zweite Theilung der Reifeperiode) und im Ei (erste Furchungs- theilung und erste Theilung der Urgenitalzelle) auftretenden Varianten mit doppelwerthigen Segmenten auch als heterotype Mitosen bezeichnete, so.war dies nach meiner Ansicht nicht praktisch, da in allen diesen Fällen gerade das fehlte, was für die heterotype Theilung in erster Linie charakteristisch ist, nämlich die Tonnenform der Metakinese. Eben so wenig durften die Theilungen, in welchen vor der Reifeperiode das Chromatin in Ringform und dann in Vierergruppen angeordnet ist, als heterotype Abarten angesehen werden. Mit dem gleichen Rechte könnten bei einer so weit gehenden Verallgemeinerung des Begriffes der heterotypen Theilung auch die homöotypen Varianten des Sala- manderhodens als heterotype Theilungen bezeichnet werden. Der ge- 194 0. vom Rath, sammte Vergleich war in so fern verfrüht, als die diesbezüglichen Ver- hältnisse über das Vorkommen und die Art der heterotypen Theilung, sowie ihr Verhältnis zur homöotypen Mitose zuerst beim Salamander selbst genauer festgestellt werden mussten. Die vierte abweichende heterotype Theilung war beispielsweise damals unbekannt und diese ist es gerade, welche mit manchen Theilungen in der Ovogenese der Copepoden besondere Ähnlichkeiten aufweist (sekundäre Längsspaltung der Schleifen im Dyaster und gleichzeitige Trennung der doppelwer- thigen Chromosomen). In einer eben erschienenen neuen Arbeit lässt nun Häicker (dd) die Verallgemeinerung des Begriffes der heterotypen Theilung wieder fallen und vereinigt alle Varianten mit doppelwerthigen Segmenten unter der leider auch nicht besonders glücklichen Bezeich- nung von »plurivalenten« Kerntheilungen, da der viel sachgemäßere Ausdruck bivalens schon in einem anderen Sinne Verwendung gefunden hat. Vielleicht wäre die Bezeichnung halbzählige Mitosen einstweilen zu verwenden. Außer den bis jetzt bekannten Fällen von Mitosen mit doppelwerthigen Segmenten werden sicherlich noch viele andere be- kannt werden, auch manche der Abbildungen Carnoy’s (3) dürfte in diesem Sinne zu deuten sein. | Die Vierergruppen und ihre Entstehungsweise. Die Entstehung der Vierergruppen bei der Samenbildung von Salamandra wurde oben ausführlich besprochen. Vergleicht man diese Angaben mit meiner früheren Darstellung der Entstehung der Vierergruppen bei Gryllotalpa (14), so wird man im Wesentlichen eine große Überein- stimmung konstatiren können. Zur Zeit darf ich auf ein reichhaltiges vergleichendes Untersuchungsmaterial gestützt die Behauptung aul- stellen, dass, wo immer in der Spermatogenese und eben so in der Ovogenese Vierergruppen vor der Reifephase auftreten, die Entstehung der Vierergruppen im Princip die gleiche ist, obschon die entsprechen- den Vorbereitungen bald einfacher, bald komplicirter erscheinen. Eine Entstehung der Vierergruppen durch zweimalige Längsspaltung des Ghromatinfadens, wie sie von Bovsrı, Hrrrwie und BRAUER angenommen wird, halte ich in Übereinstimmung mit Häcker für unrichtig. „Bei Gryllotalpa konnte ich zeigen, dass im Gegensatz zu den gewöhnlichen Mitosen, bei welchen im Knäuelstadium der chromatische Doppelfaden durch Quertheilung in 12 Segmente zerfällt, vor der ersten Theilung der Reifungsperiode der Doppelfaden in nur 6 Segmente zerlegt wird; es kann folglich jeder. der jetzt entstandenen Abschnitte zwei Segmen- ten gleichgesetzt werden. Die Fadenabschnitte verkürzen sich und die Schwesterfäden jedes Doppelsegmentes verlöthen an ihren freien Enden mit einander, und so entstehen im Kern sechs Chromatinringe, von Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. I. ° 195 denen jeder vier Segmenten oder vier Chromosomen homolog ist. Aus jedem Ring differenziren sich nun wieder vier Chromosomen von Sternchenform heraus, eben so wie vier Chromosomen in die Ringbil- dung eingetreten sind. Wir sehen so sechs Gruppen von je vier Ghro- mosomen oder 24 Einzelchromosomen. Es sind aber nun nicht nur je vier Chromosomen mit einander durch Linin verbunden, vielmehr sieht man auch feine Lininfäden von gekörneltem Aussehen zwischen den Chromosomen verschiedener Gruppen verlaufen, so dass sämmt- liche 24 Chromosomen in einem gewissen Zusammenhang stehen. Mit größter Aufmerksamkeit habe ich die Verbindungsfäden zwischen je vier Chromosomen studirt, aber niemals eine Spur von chromatischer Substanz wahrgenommen, so dass die vier Chromosomen jeder Gruppe als Einzelchromosomen und nicht die Gruppen selbst als Einheiten auf- gefasst werden sollten. Die Zahl der Chromosomen ist folglich vor der ersten Theilung der Reifungsperiode von 12 auf 24 verdoppelt. Eine nähere Betrachtung einer solchen Gruppe zeigt, dass die vier Chromosomen in Form eines Vierecks (an den Ecken eines Quadrates) angeordnet sind; es wird dann bei der ersten Theilung das Viereck durch eine dem einen Paar der Seitenwände parallele Theilungslinie getheilt, und bei der zweiten Theilung ist die Theilungslinie senkrecht auf der ersten, geht also dem anderen Paar der Wände des ursprünglichen Vierecks parallel. Ob nun aber die erste Durchtheilung der Richtung der Spaltung des CGhro- _ matinfadens oder der darauf senkrechten Richtung entspricht, konnte ich nicht entscheiden, weil die beiden Richtungen von der Zeit an, wenn die Vierergruppen von der Peripherie nach der Äquatorialebene gehen, nicht mit Sicherheit festzustellen waren. Durch die beiden Theilungen entstehen aus jeder der sechs Gruppen von vier Chromo- somen vier Spermatozoen, deren jedes sechs Chromosomen, und zwar je einen Chromosom aus jeder Gruppe erhält. Gegen meine in einer vorläufigen Mittheilung gegebene Beschrei- bung der in Rede stehenden Verhältnisse erhebt Bovzrı (1b) folgenden Einspruch: Die reducirte Zahl 6 wird nicht erst in den Samen- zellen erreicht, wie es vom Rarn darstellt, sondern sie findet sich ja nach seiner eigenen Beschreibung schon in den Spermatocyten I. Ord- nung. Hier liegt das Räthsel. Warum kommen hier nicht, wie aus jedem anderen Kern, der bei seiner Entstehung 12 Chromosomen er- halten hat, wieder 12 solche Körperchen hervor, sondern sechs Ringe? Wie entstehen diese? In welchem Verhältnis stehen sie zu den 12 Chromosomen, die den Kern gebildet haben? Hier muss der Vorgang verborgen sein, der die Reduktion bewirkt; die beiden Theilungen da- 126 0. vom Rath, gegen unterscheiden sich in keinem specifischen Punkt von gewöhn- lichen karyokinetischen Theilungen.«e Da nun schon in meiner im vorigen Jahre erschienenen definitiven Arbeit über das gleiche Objekt (1%c) die in Rede stehenden Punkte sämmtlich eingehend besprochen wurden, verweise ich auf diese Darstellung. Wenn Bovzkı (Ih) jeden Ring vor der Viererbildung und jede Vierergruppe selbst für ein ein- heitliches Chromosom ausgeben will, so scheint es mir, als ob für eine solche Zählungsweise gar keine Berechtigung, geschweige denn ein zwingender Grund vorliegt, konnte doch der Nachweis geliefert werden, dass in die Ringbildung vier Segmente, die vier Chromosomen homolog sind, eingingen, und, dass aus dem Ring auch wieder vier Chromosomen sich herausdifferenziren. Wenn nun BovErI, C. SCHNEIDER, Brauer u. A. die beiden letzten Theilungen als gewöhnliche Mitosen ansehen, die sich in keinem specifischen Punkt von gewöhnlichen karyokinetischen Theilungen unterscheiden, so erinnere ich hier daran, dass ich schon (14c, p. 143—A14) die Unterschiede der beiden letz- ten Theilungen von den Theilungen der Somazellen vom rein histo- logischen Standpunkte aus wie folgt hervorgehoben habe. »Zwischen den beiden sofort auf einander erfolgenden Theilungen gehen die bei- den Tochterzellen nicht wie gewöhnlich ein Ruhestadium ein, womit zusammenhängt, dass die zweite Theilung ohne die gewohnten Vorbe- reitungen (Knäuelbildung und Fadenspaltung) stattfindet; ferner ist zu beachten, dass bei beiden Theilungen auf der Höhe des Äquators keine Durchschnürung der einzelnen Chromosomen stattfindet, vielmehr werden zweimal hinter einander die nur durch Linin mit einander verbundenen Chromosomen (Paarlinge) definitiv von einander getrennt. Bei der Beurtheilung dieser eigenthümlichen Kerntheilungen wird man zunächst daran denken, dass die Theilungen der Chromosomen, welche sonst in der Äquatorialebene stattfinden, aber stets durch die Längs- spaltung des Chromatinfadens im Knäuelstadium vorbereitet sind, be- reits vorzeitig stattgefunden haben; es kann folglich die eine der beiden Trennungen der Chromosomen auf diese vorzeitige Spaltung des Chro- matinfadens zurückgeführt werden, ob dies nun aber die erste oder die zweite Theilung ist, kann nach den Präparaten nicht mit Sicherheit entschieden werden.« Ich kann also auf keinen Fall zugeben, dass die beiden letzten Theilungen gewöhnliche Mitosen seien. Auch beim Salamanderhoden sind die beiden letzten Theilungen schon histologisch ganz wesentlich von den früheren Mitosen und eben so von den Theilungen der Somazellen verschieden. Ganz abgesehen davon, dass zwischen der letzten Theilung der Ursamenzellen und der ersten Theilung der Reifephase ein typisches Ruhestadium gänzlich Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. l 127 ausfällt, entstehen aus dem Dyaster der letzten Theilung der Ursamen- zellen in der oben beschriebenen Weise (ohne Dispirem und bläschen- förmiges Ruhestadium des Kerns) die Vierergruppen. Das Chromatin ist bei beiden letzten Theilungen in Form von Kugelchromosomen an- geordnet, während bei den übrigen Theilungen der Sexualzellen und auch der Somazellen stets Chromatinschleifen auftreten. Bei manchen Thieren sind nun die beiden letzten Theilungen in der Samen- und Eibildung äußerlich weniger von den übrigen Mitosen verschieden, zumal dann, wenn das Chromatin auch bei den Theilungen der Sexual- und Somazellen stets in Kugelform angeordnet ist. Während die Samenbildung der Wassersalamander (untersucht wurden Triton cristatus, alpestris und palmatus) im Wesentlichen mit der des Feuersalamanders übereinstimmt, fand ich einigermaßen ab- weichende Verhältnisse (wie schon oben erwähnt) in der Spermato- genese der Frösche. In Bezug auf die uns hier in erster Linie interessiren- den Gesichtspunkte, Entstehung der Vierergruppen, Ringbildungen etc., zeigen letztere eine größere Ähnlichkeit mit Gryllotalpa. Die Prophasen der ersten Mitose vor der Reifungsperiode haben zwar bei Rana eine große Ähnlichkeit mit den Knäuelstadien der heterotypen und homöo- typen Variante des Salamanders, dagegen fehlen die für die hetero- type Mitose einerseits, die homöotype andererseits beschriebenen charakteristischen Eigenthümlichkeiten der Metakinese. In gleicher Weise wie bei Gryllotalpa vereinigt sich jedes chromatische Doppelseg- ment mit dem durch die Längsspaltung entstandenen Schwester- Doppelsegment, und aus je vier so verbundenen Segmenten entsteht wiederum ein Ring. Die Ringe sind offenbar in Folge starker Kontraktion der Segmente relativ klein, aber gleichmäßig dick, während sie bei Gryllotalpa unregelmäßig und höckerig waren. Aus jedem Ring differen- ziren sich nun in der bekannten Weise vier Kugelchromosomen heraus. Das Ringstadium bei Rana dürfte ziemlich lange andauern, da man das- selbe überaus häufig zur Anschauung bekommt, während dasselbe, wie früher schon betont wurde, bei Gryllotalpa nur in relativ seltenen Fällen von mir beobachtet werden konnte. Die Ringe von Rana liegen wie bei Gryllotalpa, Salamandra etc. der Kernperipherie dicht an. Das Auftreten der Ringe und die Umwandlung der Vierergruppen findet in jedem Kern in gleichmäßiger Weise statt, so dass man entweder nur Ringe oder nur Kugelchromosomen vorfindet. Wie ich oben ausführlicher zeigte, erfolgte bei Salamandra die Bildung der Kugelchromosomen keineswegs bei allen 12 Gruppen gleichzeitig und auch in den Henkıne’schen Abbildungen von Pyrrho- coris sind in den Kernen zur Zeit der Umbildung theils Ringe, theils 128 0. vom Rath, fertige Vierergruppen angegeben. Ob nun aber die vier Kugelehromo- somen, die aus dem Ringe sich herausdifferenziren, ihrer feineren Zu- sammensetzung und Qualität nach genau den vier Chromosomen ent- sprechen, die in die Ringbildung eingetreten sind, oder, um mit Weısmann zu reden, ob die vier Kugelidanten dieselben Ide haben wie die vier Idanten, welche den Ring bildeten, ist nach den Präparaten nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Dass eine Umkombinirung der Ide bei der Entstehung des Ringes einerseits und der Bildung der Vierergruppen andererseits wohl stattfinden kann, muss zugegeben werden. Ich habe nun bei meinen vergleichenden Studien über die Sper- matogenese und Ovogenese bei manchen Metazoen zwar unverkennbare Vierergruppen aber keine typischen Ringbildungen auffinden können, so dass, falls es überhaupt bei diesen Formen zu einer Ringbildung kommt, dieses Stadium schnell vorübergeht, wahrscheinlich aber überhaupt gar nicht auftritt. Die beiden zusammengehörigen Doppelsegmente scheinen in diesem Falle einfach eine Trennung in Einzelsegmente und eine gleichzeitige Verkürzung auf Stäbchenform zu erfahren und aus den vier Stäbchen entstehen durch weitere Kontraktion vier Kugeln. In anderen Fällen kommt es zwar zu einer Ringbildung, aber nicht zu einer Vierer- bildung, es stellen sich dann die Ringe in dem Äquator der Spindel auf, sie werden durch die erste Theilung halbirt und durch die zweite Theilung werden dann die Halbringe geviertelt. Die Entstehungsweise der Vierergruppen in der Ovogenese, gleichgültig ob die Chromosomen in Schleifen-, Stäbchen- oder Kugel- form auftreten, ist im Princip die gleiche wie ich sie bei der Spermato- genese von Gryllotalpa, Rana, sowie Salamandra, Triton und anderen Metazoen feststellen konnte. Ein typisches Beispiel für diese Entstehung der Vierergruppen in der Ovogenese fand ich bei einem marinen Copepoden Euchaeta und ich will in Kürze die wichtigsten hierhergehörigen Momente hervor- heben, daich glaube, dass hierdurch das Verständnis der Vierergruppen wesentlich erleichtert wird. Bei Euchaeta konnte ich feststellen, dass in der gesammten Periode II der Ovogenese (Ruhe- und Wachsthums- phase) ein mehr oder weniger deutliches Doppelfadenstadium des Chro- matins persistirt, welches bis auf den Dyaster der letzten Theilung der Ureizellen zurückzuführen ist. Vor der Reifungsperiode wird dieser chromatische Doppelfaden durch Quertheilung nur in halb so viel Seg- mente zerlegt als bei den Theilungen der Somazellen. Es bleiben somit jeweils zwei hinter einander gelegene Segmente mit einander vereinigt und jedes dieser doppelwerthigen Segmente bildet jetzt mit dem durch Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa, 1. 129 die Längsspaltung (aus dem Dyaster) entstandenen Schwester-Doppel- segment durch Verlöthen der freien Enden einen großen höckerigen Ring. Die Zahl der Ringe (auf welche es hier übrigens gar nicht an- kommt) schien mir 12 zu betragen. Die Gestalt dieser gleich großen Ringe, welche aus vier Segmenten (== vier Chromosomen) entstanden sind, ist sehr verschieden, manche haben die Form einer 8. Unmittel- bar neben Kernen mit solchen (12?) großen Ringen fand ich Kerne mit der gleichen Zahl ganz kleiner kreisrunder und gleichmäßig dicker Chro- matinringe, die offenbar durch Kontraktion aus den großen entstanden waren. Aus jedem dieser Ringe differenziren sich nun wiederum vier Kugelchromosomen heraus, die aber weder eine Chromatin- noch Linin- verbindung unter einander erkennen ließen. Auch hier liegen die Vierergruppen zunächst der Kernperipherie an und treten dann im Äquator einer Spindel zusammen. Durch die beiden jetzt gleich auf ein- ander erfolgenden Theilungen der Reifungsperiode werden die Vierer zuerst in Paarlinge zerlegt und dann die jeweiligen Paarlinge von ein- ander separirt. Von einem gewissen Interesse ist es, dass im Äquator der ersten Spindel die Vierergruppen nicht dichtgedrängt neben einander aufgestellt sind, dass vielmehr zwischen den einzelnen Gruppen jeweils ein Zwi- schenraum verbleibt, so dass jede Gruppe als solche bei der Seiten- ansicht deutlich kenntlich bleibt. Ganz ähnliche Bilder habe ich, bei- läufig bemerkt, bei der Eireife von Artemia neuerdings beobachtet (siehe unten p. 136—138). Aus der vorstehenden Beschreibung geht hervor, dass wir in der Ovogenese bei Euchaeta Verhältnisse antreffen, die in vielen Punkten mit den entsprechenden Verhältnissen in der Spermatogenese von Gryllotalpa und Rana, in anderen mit denen von Salamandra über- einstimmen und zwischen beiden Schemata vermitteln. Es verläuft nun aber keineswegs bei allen Copepoden die Ovo- genese in der für Euchaeta angegebenen Weise, vielmehr begegnete ich bei meinen vergleichenden Studien einer Fülle mehr oder weniger auffallender Abweichungen, die offenbar mit den verschiedenen bio- logischen Verhältnissen dieser Thiere in Beziehung stehen. Die Ent- stehung der Vierergruppen, mögen dieselben in Form von Kugeln wie bei Euchaeta oder als Stäbchen wie bei Gyclops auftreten, bleibt trotz- dem im Prineip genau die gleiche und erinnert bald mehr an die Vor- gänge bei Gryllotalpa und Rana, bald mehr an die von Salamandra und Triton. In allen Fällen fand ich vor der Reifungsperiode doppelwerthige Chromosomen, niemals aber eineAndeu- tung einer Viererbildung durch doppelte Längsspaltung Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Ba. 9 130 0. vom Rath, des Chromatinfadens. Meine Untersuchungen beziehen sich auf die Ovogenese von Euchaeta marina, Calanus gracilis, Heterocope saliens, Diaptomus castor, Ganthocamptus Species? und mehrere Cyelops-Arten. In Betreff näherer Einzelheiten über die Ovogenese der Copepoden des Süßwassers, z. B. Cyclops und Ganthocamptus, verweise ich auf die dies- ‚bezüglichen Untersuchungen von V. Hicker (5). Beiläufig möchte ich erwähnen, dass ich bei den genannten Copepoden auch die Spermato- genese bearbeitet habe und konstatiren konnte, dass auch in der Ei- und Samenbildung desselben Thieres mancherlei Verschiedenheiten auftre- ten können. Die Zellen und Kerntheilungsfiguren in der Samenbildung der Copepoden und zumal die Mitosen der Ursamenzellen sind aber so klein, dass ich meine diesbezüglichen Beobachtungen für eine weitere Besprechung für unzureichend halte. Einige Angaben über Samen- und Eireife bei Copepoden habe ich bereits in meiner Gryllotalpa-Arbeit p. 113 gemacht; dieselben sind aber von den Autoren übersehen worden !. Die Reduktionsfrage. In meiner Arbeit über die Spermatogenese von Gryllotalpa (14a) habe ich bereits die damals bekannten Ansichten über die Reduktions- frage und zumal bei der Spermatogenese vergleichend diskutirt und darauf hingewiesen, dass die empirischen Befunde der Autoren mit nur 1 Die betreffende Stelle lautet folgendermaßen: »Ich will hier aber nicht zu erwähnen unterlassen, dass bei manchen Thieren, und zumal bei den Copepoden die Vorbereitungen zu den beiden letzten Theilungen in der Ovogenese und Spermatogenese derselben Thiere wesentlich von einander verschieden sind. Be- sonders deutlich sah ich bei den marinen Copepoden Euchaeta und Calanus, dass die Spaltung des Chromatinfadens und Verdoppelung der Zahl der Chromosomen vor der ersten Theilung in der Ovogenese weit früher schon in der Periode II, in welcher die Vergrößerung und Dotterbildung der Eimutterzellen stattfindet, deut- lich wahrnehmbar sind, während dieselben Vorgänge in der Spermatogenese der- selben Thiere erst in Periode III (Reifungsperiode) stattfinden, so dass in der Eibildung die Verdoppelung des Fadens noch weiter vorverlegt ist, als in der Samenbildung. Dieser frühzeitige Verdoppelungsprocess in der Ovogenese hängt aber unzweifelhaft damit zusammen, dass die Periode des Wachsthums der Ei- mutterzellen wegen der erheblichen Größenzunahme und Dotterbildung der un- reifen Eier wesentlich länger andauert als die entsprechende Wachsthumsperiode (Periode II) in der Spermatogenese. Ich möchte daher auch keineswegs den Ver- doppelungsprocess in der Ei- und Samenbildung als einen von den beiden letzten Theilungen unabhängigen Vorgang hinstellen. Auch die Art und Weise der Vor- bereitungsvorgänge vor den beiden letzten Theilungen sind bei vielen Copepoden in der Ei- und Samenbildung desselben Thieres wesentlich von einander verschie- den. In der Ovogenese konnte ich stets und besonders schön bei den marinen Formen Euchaeta und Calanus eine typische Ring- und Kranzbildung beobachten, ohne dass mir ähnliche Bilder in der Samenbildung derselben Thiere zur Anschauung gekommen wären. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. Rh 131 wenigen Ausnahmen (z. B. die von Henkıne [6]) im Wesentlichen mit einander übereinstimmen und nur die jeweilige Deutung eine recht verschiedene ist. Die seitdem erschienenen neuen Arbeiten haben an meiner früheren Auffassung nichts geändert, so dass ich hier der Kürze halber auf meine alten Angaben verweisen darf und nur einige. wich- tigere Gesichtspunkte hervorheben will. In erster Linie hängt die Beantwortung der Reduktionsfrage von der Beurtheilung der Vierergruppen ab, wie es auch Brauer mit Recht bei seinen Untersuchungen über das Ei von Branchipus ausgesprochen hat (2a). Während nämlich einige Autoren die Vierergruppen (Kugel- oder Stäbehenchromosomen) jeweils als ein einheitliches Chromosom auffassen, zählen sie andere als zwei zweitheilige Chromosomen, wieder andere als vier Einzelchromosomen. Bei der ersten Annahme treten die Chromosomen (Idanten) bei der ersten Theilung der Reifungsperiode bereits in der reducirten Zahl in den Äquator der ersten Spindel ein; bei der zweiten Annahme bleibt das Zahlenverhältnis der Chromosomen vor der ersten Theilung unverändert; bei der dritten Annahme findet eine Verdoppelung der für die Species typischen Chromosomenzahl vor der ersten Theilung der Reifungsperiode statt. Wenn es nun auch bis zu einem gewissen Grade von der indivi- duellen Auffassung abhängig ist, wie man die Vierergruppen zählen will, ob als vier, als zwei oder als ein Chromosom, so kann eine natur- gemäße Entscheidung dieser Frage am ehesten aus der Entstehungsweise der Vierergruppen hergeleitet werden. In allen von mir untersuchten Fällen der Spermato- genese und Ovogenese entstehen die Vierergruppen vor der Reifungsperiode iin gleicher Weise dadurch, dass im Knäuel- stadium zwei hinter einander gelegene Segmente miteinan- der verbunden bleiben und mit den durch die Längsspaltung des Chromatinfadens entstandenen ebenfalls verbundenen zweiSchwestersegmenten eine baldinnigere (Ringbildung), bald losere (keine Ringbildung) Zusammengehörigkeit be- wahren. Aus jedem dieser vier Segmente entstehen dann durch Kontraktion vier Stäbehen- oder Kugelchromosomen. Es scheint mir daher das Natürlichste zu sein, jede Vierer- gruppe als aus vier Einzelchromosomen bestehend anzu- sehen. Auch die neuerdings von V. Häcker (5d) gemachten Angaben über die Entstehung der Vierergruppen in der Ovogenese der Copepoden des siißen Wassers stimmen mit meinen alten (Gryllotalpa) und neuen Angaben (Salamandra, Rana, Euchaeta ete.) im Wesentlichen überein. 9* 132 0. vom Rath, V. Häcker stellt die Vierergruppen durch folgende Formel dar: » Heißen die im Chromatinfaden hinter einander folgenden Idanten a, b,c..., so würde der längsgespaltene Chromatinfaden sich nach Werısmann durch Mb. abe... b Jede Vierergruppe besteht also im Sinne Weısmann’s aus zwei Paaren von Schwesterelementen, und nicht, wie dies nach Bovsrr’s und darstellen lassen, und die Formel für eine Vierergruppe ist " aa Brauer’s Angaben der Fall sein würde, aus vier Enkelelementen ER Von den Autoren, welche die Reduktion in der Reifungsperiode stattfinden lassen, haben bekanntlich die einen, z. B. Henkıng, die erste Theilung, andere, z. B. OÖ. Herrwıc, die zweite Theilung als Reduktions- theilung bezeichnet, wieder andere, nämlich Weısmann, HÄcker und ich, lassen die Reduktion durch beide Theilungen erfolgen. Neuerdings hat allerdings Häcker, der in seinen ersten Mittheilungen geneigt war nur die erste Theilung als Reduktionstheilung aufzufassen, sich entschlossen (immer auf Grund seiner Untersuchungen über die Ovogenese der CGopepoden), nur die zweite Theilung als Reduktionstheilung gelten zu lassen und die erste Theilung eine »modificirte Äquationstheilung« zu nennen (dd). Wenn aber genannter Autor seine letzte Auffassung aus dem Grunde änderte, weil er mittlerweile die Überzeugung gewonnen hat, dass der Verdoppelungsprocess vor der ersten Theilung keineswegs als ein Vorgang für sich anzusehen ist, wie er es früher darstellte (Diplose), sondern zur ersten Theilung in Beziehung steht, so kann ich den Grund dieser Meinungsänderung um so weniger billigen, als ich selbst nie daran gedacht habe, den Verdoppelungsprocess als einen selbständigen Vorgang aufzufassen. Ich habe schon in meiner Gryllo- talpa-Arbeit betont, dass ich auf Grund eigener Studien über die Ovo- genese mariner Copepoden die frühzeitige Spaltung des Chromatinfadens und die dadurch entstehende Verdoppelung der Chromosomenzahl mit einer der beiden folgenden Theilungen in Beziehung bringen möchte (vgl. die Anmerkung auf p. 130). Die Frage, ob die Reduktion durch beide Theilungen oder nur durch die zweite Theilung erfolgt, hängt nun lediglich von der individuel- len Auffassung ab und ist nach den zur Zeit vorliegenden empirischen Befunden keineswegs mit absoluter Sicherheit zu entscheiden. Es erfolgt auch bei den gewöhnlichen Mitosen durch die Längsspaltung des Chro- matinfadens im Knäuelstadium eine Verdoppelung der Zahl der Chromo- somen, letztere werden aber erst im Äquator der Spindel selbständig. Vor der ersten Theilung der Reifungsperiode differenziren sich aber aus den vier mehr oder weniger innig verbundenen Segmenten frühzeitig Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. I. 133 vier selbständige Chromosomen heraus, die vor ihrem Eintreten in die Äquatorialebene der Spindel der ersten Theilung noch mancherlei Lageveränderungen und eventuell Umgruppirungen erfahren (sie liegen beispielsweise eine Zeit lang sämmtlich der Kernperipherie dicht an und treten dann in das Kerninnere hinein, um sich im Äquator aufzu- stellen), so dass man nicht weiß, in welcher Anordnung sie neben einander aufgestellt werden. Die Entscheidung letzterer Frage wäre von großer Wichtigkeit, doch geben die histologischen Befunde selbst bis jetzt keinen sicheren Anhaltspunkt hierfür. Ob nun vor der ersten Theilung eine Umkombinirung der Ide und eine andere Gruppirung der Idanten stattfindet, ist einstweilen eben so wenig zu beweisen wie zu widerlegen, auf jeden Fall aber recht gut möglich. Bekanntlich misst Weısmann dem Verdoppelungsprocess vor der ersten Theilung eine be- sondere Bedeutung bei (17a). Handelte es sich hier nur um eine Herab- setzung der Chromosomenzahl auf die Hälfte, so hätte die Natur diesen Zweck auf viel einfacherem Wege erreichen können. Die Bedeutung des komplicirten Vorganges der Verdoppelung und zweimaligen Thei- lung liegt nach Weısmann »in dem Bestreben, eine möglichst viel- gestaltige Mischung der vom Vater und von der Mutter herstammenden Vererbungs-Einheiten herbeizuführen«e. Wie ich bereits in meiner früheren Arbeit anführte, bestände nach Weıswann der Sinn der Ver- doppelung der Idanten vor der Reduktionstheilung darin, veine fast unendliche Zahl von verschiedenen Keimplasma-Mischungen zu ermög- lichen, um dadurch die individuellen Unterschiede in so vielen ver- schiedenen Kombinationen der Naturzüchtung zur Verfügung zu stellen, als Individuen entstehen«. »Die beiden Theilungen der Keimmutterzellen bedeuten eine Periode der Reduktion und des Umbaues des Idioplasmas. Handelt es sich bloß um eine Reduktion, d.h. Verminderung der Id-Ziffer auf die Hälfte, so würde eine einzige Theilung genügt haben; die zweite wurde dadurch nöthig, dass zugleich eine möglichst große Mannigfaltigkeit des Keim- plasmas erreicht werden sollte.« (Weısnans, Amphimixis.) Im Übrigen verweise ich auf die Weısmanw’schen Originalarbeiten (17), da ich hier keineswegs in eine Besprechung theoretischer Fragen eintreten möchte. Welche Ansicht sich Bovzrı zur Zeit über die Reduktionsfrage ge- bildet hat, ist aus den beiden letzten Publikationen genannten Autors (Ab u. Ic) nicht mit befriedigender Sicherheit zu erkennen, es muss daher zunächst eine in Aussicht gestellte ausführliche Arbeit abgewartet werden. Bovzrı betont übrigens selbst, dass seine eigenen Befunde eben so wenig wie die von O. Herrwıs im Stande seien eine genügende Erklärung der Reduktionsfrage zu geben. Es findet nun aber nach den 134 0. vom Rath, früheren Arbeiten Boverr’s die Reduktion schon vor den beiden letzten Theilungen der Reifungsperiode statt. Für die Ovogenese von Ascaris megalocephala gab genannter Autor an, dass die Reduktion spätestens in der Ovocyte I. Ordnung (Stadium der Eimutterzellen nach der von mir gewählten Terminologie) aber auch nicht früher erfolge. Diese Auf- fassung steht mit meinen sämmtlichen empirischen Befunden in direktem Widerspruch. Beiläufig möchte ich noch erwähnen, dass ich es nicht für eine glückliche Bezeichnung halte, wenn Bovzrı (1) die Abstoßung und Degeneration von Chromatinmassen bei gewissen Theilungen von Fur- chungszellen »Reduktionsvorgänge« nennt, ein anderer Ausdruck wie Chromatindiminution dürfte eher am Platze sein, da die Bezeichnung Reduktion bereits früher in einem anderen Sinne Verwendung ge- funden hat. Auf eine Besprechung der letzten hierhergehörigen Arbeit Hexkıng’s (6, III), die beinah gleichzeitig mit meiner Gryllotalpa-Arbeit erschien, möchte ich hier nicht näher eingehen. HrnkınG versucht seine früher vertretene Auffassung, dass die erste Theilung der Reifungsperiode die gewünschte Reduktionstheilung, die zweite eine gewöhnliche Äquations- theilung sei, durch neue Befunde zu stützen. Ich habe mich bereits früher (14c) gegen die Hrnkıne’sche Auffassung in ähnlicher Weise wie WeIsManN (12a) ausgesprochen und ich verweise auf die betreffenden Stellen. Auch Braver (2a) hat in nachdrücklicher Weise kurze Zeit später gegen Henkıng Stellung genommen. BrAUER fasst aber auf Grund seiner Befunde in der Ovogenese von Branchipus beide letzten Theilungen als gewöhnliche Mitosen auf und hat sich über die Reduktionsfrage eine Ansicht gebildet, die auch von der der früheren Autoren, welche keine der beiden letzten Thei- lungen als Reduktionstheilung gelten lassen wollen, abweicht!. 1 BRAUER stellt als Resultat seiner vergleichenden Untersuchungen Folgendes fest: »Durch die eine Abweichung, das Unterbleiben einer Quertheilung, wird die Zahl der Chromosomen auf die Hälfte reducirt; durch das Eintreten einer zweiten Länesspaltung, welche in Folge des ersteren Vorganges sofort, ohne dass ein Ruhe- stadium des Kernes eintritt, nachfolgen kann, wird die Gesammtmasse des Chroma- tins ebenfalls halbirt, dagegen bleibt die Masse eines Chromosoms bei beiden Thei- lungen dieselbe wie gewöhnlich. Die erblichen Qualitäten werden gleichmäßig auf alle vier Zellen vertheilt, aber von jeder geht nicht die Hälfte auf die Tochterkerne über, sondern nur ein Viertel. Diese Resultate können nicht, wie mir scheint, durch zwei auf einander folgende Theilungen erreicht werden, bei welchen die Ausbildung der Chromosomen wie in einem Normalkern vor sich geht. Denn ent- weder würde, wenn ein Ruhestadium zwischen beiden Theilungen sich einschaltete, keine Reduktion weder der Zahl noch der Masse nach bewirkt, weil das Chromatin im Ruhestadium wieder auf 'die Größe 4 wachsen würde, oder, wenn das Ruhe- stadium ausbliebe, so würde die Zahl trotzdem dieselbe bleiben, ein jedes Chromosom Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. I. 135 Die Braver’schen Befunde gestatten aber auch eine andere Deutung, Ich habe früher selbst die Ovogenese und Spermatogenese von Branchipus stagnalis und B. Grubii untersucht aber die Überzeugung gewonnen, dass diese Objekte für die Beurtheilung mancher wichtigen Gesichts- punkte wegen der Kleinheit der Zellen und großen Chromosomenzahl wenig günstig sind; die feineren Einzelheiten der Kerntheilungs- vorgänge der Urei- und zumal der Ursamenzellen sind selbst mit den besten Immersionslinsen nicht in befriedigender Weise festzu- stellen. Ich beschränkte mich daher darauf, für die Samenbildung von Branchipus stagnalis die Angabe zu machen, dass vor der ersten Thei- lung der Reifungsperiode eine Verdoppelung der Chromosomenzall statt- finde (14c). Zählt man aber mit Brauer die Vierergruppen nur als ein einheitliches viertheiliges Chromosom, so ist dem entsprechend die für Branchipus typische Chromosomenzahl 24 (Brauer) bereits vor der ersten Theilung redueirt, da, wie beim Salamander, 12 Gruppen von Vierern auftreten. Da ich aber, wie oben ausführlich motivirt wurde, die Vierergruppe als aus vier selbständigen Chromosomen bestehend an- sehe, so zähle ich vor der ersten Theilung bei Branchipus in der Ovo- genese und Spermatogenese 48 Chromosomen, die durch die erste Theilung auf 24, durch die zweite Theilung auf 12 vermindert werden. Was nun die Entstehung der Vierergruppen anbetrifft, so kann ich nach meinen Präparaten die Braurr’sche Darstellung nicht bestätigen. Es soll sich nach diesem Autor in der Ovogenese von Branchipus aus dem Ruhestadium der Periode II ein Chromatinfaden herausbilden, der durch Quertheilung in 6 und dann in 12 Schleifen zerlegt wird, worauf eine »doppelte« Längsspaltung erfolge; das Resultat wäre die Bildung von 12 viertheiligen Chromosomen, die durch Verkürzung der Schleifen auf Stäbchen- und dann auf Kugelform hervorgehen. Nach meinen Beobachtungen erfolgt aber, wie bei allen mir bekannten Mitosen, zuerst eine Längsspaltung und dann erst eine Quertheilung des Doppel- fadens hier in nur 42 Segmente anstatt in 24, es bleiben eben, wie dies für die Mitosen mit doppelwerthigen Segmenten (= halbzähligen Mi- tosen) charakteristisch ist, auch jeweils zwei hinter einander liegende nicht die normale Größe, sondern nur die halbe besitzen, in der Furchungsspindel würde mithin die doppelte Zahl von halb so großen Chromosomen auftreten als im Normalkern. Die eine Abweichung dagegen, der Ausfall einer Quertheilung, macht es möglich, dass die in Folge der Befruchtung unbedingt erforderliche Reduktion der Zahl, der Masse und der Qualitäten, erfolgen kann, ohne dass Substanz ver- loren geht, ohne dass andere neue komplicirte Wege und Mittel zur Entfernung gewählt werden müssen, und hat dabei noch den Vortheil, dass die erbliche Sub- stanz statt wie gewöhnlich auf zwei, auf vier Zellen vertheilt werden kann. 136 0. vom Rath, Segmente vereinigt, die aber mit den durch eine Längsspaltung ent- standenen Schwesterdoppelsegmenten keine Verlöthung eingehen. Mir ist eine Ringbildung weder in der Ovogenese noch in der Spermato- genese von Branchipus zur Anschauung gekommen und schienen mir die Vierer in der schon von Brauer angegebenen Weise einfach aus einer Verkürzung von jeweils vier Segmenten (die aber nicht durch doppelte Längsspaltung entstanden sind, Brauer) auf Kugelform hervorzugehen. Wir sehen so, dass die empirischen Befunde bei Branchipus mit meinen übrigen Beobachtungen recht gut tbereinstim- men, und dass dem entsprechend auch die Deutung, welche ich meinen übrigen Befunden gegeben habe, auch für Branchipus zulässig ist. Würde nun aber die von Brauer für Branchipus vertretene Auffassung der Reduktionsfrage richtig sein, so könnte auch, wie der betreffende Autor am Schluss seiner Branchipus-Arbeit hervorhebt, » die eine Thei- lung, durch welche in vielen Fällen bei parthenogenetischen Eiern der eine Richtungskörper gebildet wird, ebenfalls keine Reduktionstheilung sein, wie Weısmann annimmt«. An einem anderen Orte betont nun Brauer (4b), dass seine eigenen Beobachtungen über die Ovogenese von Artemia mit den diesbezüglichen Angaben Weısuann’s (A7b) nicht über- einstimmen. Als Wrısmann seine Befunde bei Artemia niederschrieb, habe ich selbst (cf. p. 72 der Amphimixis) die in Rede stehenden Präparate, die aus einer früheren Zeit stammten, und von WeEısmann und IsHIkAwA zu einem anderen Zwecke angefertigt waren, durchgesehen, und WEISsMANnN die entscheidenden Bilder vorgelegt. Neuerdings habe ich dieselben Präparate noch einmal sorgfältig geprüft und mich davon überzeugt, dass die Angaben Weısmann’s bis auf einige nebensächliche Punkte genau den betreffenden Präparaten entsprechen. Niemals konnte ich im Äquator der Richtungsspindel von Artemia einfache Idanten beobachten, sie sind allerdings nicht, wie es auf p. 75 der Amphimixis heißt, »stets doppelt, zwei große runde Körner über einander«, vielmehr vierfach; es besteht in Wirklichkeit jedes dieser großen runden Körner aus zwei neben einander liegenden Idanten, und wir haben somit wieder die bekannten Vierergruppen vor uns, die ich (wie bereits auf p. 129 bemerkt) bei manchen Seitenansichten der Spindel deutlich als solche erkennen konnte, da zwischen den einzelnen Gruppen stets ein kleiner Zwischenraum besteht. Dies kleine Versehen, welches seine Ursache in der nicht völlig genügenden Färbung der Präparate hat, ändert übrigens an der Deutung der Befunde nicht das Mindeste. Es kam in erster Linie darauf an festzustellen, ob die Chro- mosomen sich im Äquator der Richtungsspindel in einer oder in zwei Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. l 137 Ebenen aufstellen, und ob vor der Bildung der Richtungsspindel eine Verdoppelung der Chromosomenzahl stattfindet oder nicht. Ein genaues Zählen der Chromosomen war nicht möglich, da die Präparate stark verblichen waren, wohl aber ein annäherndes Schätzen. Da nun jetzt durch Brauer und mich für Artemia das Vorkommen der bekannten Vierergruppen, deren Entstehen stets mit einer Verdoppelung der Chromosomenzahl (nach meiner Zählung) Hand in Hand geht, nachge- wiesen ist, und überhaupt vor der Bildung der Richtungsspindel dieses Thieres Vorgänge stattfinden, die denen vor der ersten Theilung der Reifungsperiode der Ei- und Samenbildung anderer Metazoen direkt zu vergleichen sind, so scheint mir auch die Beantwortung der Frage, ob bei der Bildung der Richtungsspindel von Artemia eine Reduktion stattfindet oder nicht, eben so von der jeweiligen individuellen Auf- fassung der Reduktionsfrage abhängig zu sein, wie bei den oben beschrie- benen Objekten. »Wer die erste Theilung der Reifungsperiode in der Ovogenese und Spermatogenese als Reduktionstheilung auffasst, wird auch die Richtungskörperbildung parthenogenetischer Eier als Reduk- tionstheilung ansprechen, wer aber nur die zweite Theilung der Reifungs- periode als Reduktionstheilung ansieht, oder eine solche für beide Thei- lungen in Abrede stellt, wird auch eine Reduktion bei der Bildung der Richtungsspindel parthenogenetischer Eier in Abrede stellen.« Beiläufig möchte ich hier noch erwähnen, dass ich unter den Richtungsspindeln von Artemia solche gefunden habe, bei denen die Chromosomen in einer relativ großen Zahl in zwei parallelen völlig ausgefüllten Scheiben und andere (nicht so zahlreiche) Spindeln, bei denen dieselben in wesentlich geringerer Zahl in zwei parallelen. Kränzen über einander standen. In welchem genetischen Verhältnis diese beiden Spindelfiguren zu einander stehen, konnte ich nicht mit Sicherheit entscheiden. Wenn beide Spindeln normale Bildungen dar- stellen, so wird man daran denken können, dass sich die zuletzt er- wähnte Spindelfigur aus der ersten durch Verschmelzen von jeweils mehreren Chromosomen zu einem größeren gebildet habe. Da nun Weısmann bei seiner Beschreibung und für seine Abbildung IX, 3a die letzteren Spindeln vor Augen hatte, Brauer aber für seine Darstellung offenbar nur die ersten, so findet hierdurch die Verschiedenheit in den Angaben Weısmann’s und Brauer’s über die Chromosomenzahl der Richtungsspindel von Artemia eine einfache Erklärung. Welches die für Artemia typische Chromosomenzahl ist, konnte ich nach den mir vorliegenden Präparaten nicht feststellen. Zum Schluss dieses Aufsatzes will ich nur noch bemerken, dass ich die von Weısmann und mir vertretene Auffassung über die Reduk- 138 0. vom Rath, tionsfrage als die wahrscheinlichste halte. Wie ich schon mehrfach betonte, kann einstweilen eine endgültige Entscheidung dieser Frage weder durch die bis jetzt bekannten empirischen Befunde noch durch theoretische Spekulationen gegeben werden; eine allgemein befriedi- gende Lösung ist nur dann möglich, wenn die Autoren sich zuerst über ‚den Begriff » Reduktion« völlig geeinigt haben. Zool. Institut der Univ. Freiburg i. B., I. Juli 1893. Litteraturverzeichnis von Theil 1. 4. Boverı, a) Zellenstudien. Jenaische Zeitschr. 1887—1890. — b) Referat über »Befruchtung« Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschichte (Merkeu u. Bonner). Bd. I. 4894. Wiesbaden 4892. — c) Über die Ent- stehung des Gegensatzes zwischen den Geschlechtszellen und den soma- tischen Zellen bei Ascaris megalocephala. Sitzungsber. der Gesellsch. für Morphologie u. Physiologie. München. Bd. VIII. 4892. 2. BRAUER, a) Über das Ei von Branchipus Grubii. Abhandl. d. könig]. preuß. Aka- demie d. Wiss. Berlin 1892. — b) Zur Kenntnis der Reifung des partheno- genetisch sich entwickelnden Eies von Artemia salina. Zool. Anz. Nr. 447. 1893. 3. Carnoy, Gytodierese des Arthropodes. La Cellule. T. I. 1885. 4. Fremming, Neue Beiträge zur Kenntnis der Zelle. Archiv f.mikr. Anat. Bd. XXIX. 1887. — Vgl. ferner Archiv f. mikr. Anat. Bd. XVI, 4878; Bd. XVII, 1880 ; Bd. XX, 41884. 5. Häcker, a) Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. Zool. Jahrb. Bd.V. 1892. — b) Die Kerntheilungsvorgänge bei der Mescderm- und Entoderm- bildung von Cyclops. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXIX. 1892. — c) Die heterotypische Kerntheilung im Cyklus der generativen Zellen. Ber. der Naturf. Gesellsch. Freiburg. Bd. VI. 1892. — d) Das Keimbläschen, seine Elemente und Lageveränderungen. I. Über die biologische Bedeutung des Keimbläschenstadiums und über die Bildung der Vierergruppen. Archiv f. mikr. Anat. 1893. Bd. XLI. 6. Henkıng, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den Eiern der Insekten. Diese Zeitschr. I. Bd. XLIX, 3. Heft, 1890; II. Bd. LI, 4. Heft, 4894 ; IIL. Bd. LIV, A. u. 2. Heft, 4892. 7. Hermann, a) Beiträge zur Histol. des Hodens. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXIV, 4. Heft. — b) Beitrag zur Lehre von der Entstehung der karyokinetischen Spindel. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXVI. 8. O. Herrwıc, Vergleich der Ei- und Samenbildung bei Nematoden. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXXVI. 1890. 9. IsuıkAwA, Studies of Reproductive Elements. I. Spermatogenesis, Ovogenesis and Fertilisation in Diaptomus Sp. Reprinted from the Journal of the Col- lege of Science, Imperial University, Japan. Vol. V. Pt. I. 1894. 40. Kxaver, Naturgeschichte der Lurche. Wien 1878, Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra’maculosa. l 139 44. NussBAum, a) Zur Differenzirung des Geschlechts im Thierreich. Archiv f. mikr. Anat. Bd.XVIlI. 4880. — b) Über die Veränderungen der Geschlechtspro- dukte bis zur Eifurchung etc. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXIII. 1884. 12. PLATNER, Beiträge zur Kenntnis der Zelle und ihrer Theilungserscheinungen, Archiv für mikr. Anat. Bd. XXXIII, 4. u. 2. Heft. 4894, 43. RasßL, Über Zelltheilung. Morphol. Jahrbuch. Bd. X. 44. vom RATH, a) Über die Bedeutung der amitotischen Kerntheilung im Hoden. Zool. Anz. Nr. 373—375. 4894. — b) Über die Reduktion der chroma- tischen Elemente in der Samenbildung von Gryllotalpa.. Berichte der naturf. Gesellsch. Freiburg. Bd. VI, 9. Heft. 4891. — c) Zur Kenntnis der Spermatogenese von Gryllotalpa vulgaris Latr. Mit besonderer Berück- sichtigung der Frage der Reduktionstheilung. Archiv für mikr. Anat. Bd. XL. 1892. 45. RÜCkERT, a) Zur Entwicklungsgeschichte d. Ovarialeies bei Selachiern. Anat. Anz. 7. Jahrg. 4892. — b) Über die Verdoppelung der Chromosomen im Keim- bläschen des Selachiereies. Anat. Anz. 8. Jahrg. 4893. : 46. v. LA VALETTE ST. GEORGE, a) Über die Genese der Samenkörper. Archiv f. mikr. Anat. Bd. III. 1867. — b) Spermatologische Beiträge. 4.—5. Mittheilung, Archiv für mikr. Anat. 4885—1887. 47. WEISMANN, a) Amphimixis. Jena 1894, — b) Das Keimplasma. Jena 1892. 18. ZELLER, Über die Befruchtung bei den Urodelen. Diese Zeitschr. Bd. XLIX, 4. 1890, 49. ZIEGLER U. voM RATH, Die amitotische Kerntheilung bei den Arthropoden. Biol. Centralbl. Bd. XI. 4894. Erklärung der Abbildungen. Tafel VII. Sämmtliche Abbildungen beziehen sich auf Salamandra maculosa und deren Larve und sind mit SEIBERT’s apochrom. hom. Immersionslinsen 2 mm oder 4,5 mm gezeichnet. Die Vergrößerung beträgt für sämmtliche Figuren ca.1500. Einzelheiten wurden bei noch stärkeren Vergrößerungen eingetragen. Fig. 4. Prophase der Mitose einer indifferenten Keimzelle aus der (geschlecht- lich noch nicht differenzirten) Genitalanlage einer Larve. Das Chromatin ist nach einer Kernseite hin in Form einer gewundenen Schleife angeordnet. Bemerkens- werth sind zwei dicht neben einander liegende Attraktionssphären mit feiner Strahlung und deutlichen Centrosomen. Fig. 2. Polansicht auf den Äquator einer Mitose einer Sexualzelle einer ge- schlechtlich noch nicht differenzirten Larve. Im Äquator befinden sich 24 Schleifen, Fig. 3. Polansicht auf einen Tochterkern (Dyasterstadium) einer Sexualzellen- mitose einer geschlechtlich noch nicht differenzirten Larve. An Stelle von 24 Schleifen sind nur 42 aber doppelwerthige Schleifen vorhanden. Fig. 4. Eine Ursamenzelle der vierten Generation im bläschenförmigen Ruhe- zustand des Kernes. Zwei runde Körper (Attraktionssphären mit CGentrosomen?) liegen in einer dunkel gefärbten körnigen Protoplasmaanhäufung. Fig. 5. Tonnenform der Metakinese einer Ursamenzelle der vierten Generation. An jedem Pol fallen zwei Centrosomen auf. 140 0. vom Rath, Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra mac. I. -Fig. 6. Polansicht auf einen Tochterkern im Dyasterstadium derselben Thei- lungsfigur (halbschematisch). Fig. 7. Bildung von Vierergruppen aus dem Dyasterstadium. Einige Vierer- gruppen sind bereits fertig differenzirt, andere lassen den Entstehungsmodus deutlich erkennen. Fig. 8. Zwölf Vierergruppen von Kugelchromosomen liegen der Kernperi- pherie dicht an. Fig. 9. Die Vierergruppen liegen in unregelmäßiger Anordnung in einer bereits fertigen Spindel und stellen sich allmählich im Äquator auf. Fig. 40. Polansicht auf die 12 Vierergruppen kurz vor ihrer definitiven Auf- stellung im Äquator der ersten Theilung der Reifungsperiode. Fig. 41. Dyaster der ersten Theilung der Reifungsperiode. Jeder Tochterkern erhält 24 Kugelchromosomen. Zwei Centrosomen an jedem Pol der Spindel. Fig. 42. Polansicht auf den Äquator der Spindel der zweiten Theilung der Reifungsperiode. Fig. 43. Dyaster der zweiten Theilung der Reifungsperiode. Jeder Tochter- kern erhält 42 Kugelchromosomen. Fig. 44. Unreife Samenzelle (Spermatid) mit 12 Kugelchromosomen und einem Nebenkörper im Cytoplasma. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. Von Dr. ©. vom Rath in Freiburg (B.). II. Theil. Die Bedeutung der Amitose in Sexualzellen und ihr Vor- kommen im Genitalapparat von Salamandra maculosa. Mit Tafel VII und IX. Im ersten Theil meiner Untersuchungen habe ich meine Resultate über die Reduktionsfrage in der Spermatogenese von Salamandra macu- losa bekannt gegeben, und hieran eine Diskussion der Reduktionsfrage im Allgemeinen angeschlossen; in dem vorliegenden zweiten Theile soll die Bedeutung der Amitose in Sexualzellen im Allgemeinen und ihr Vorkommen im Geschlechtsapparat des Salamanders im Speciellen be- sprochen werden. Zum Schluss werde ich in einem besonderen Ab- schnitte einige Beobachtungen über das Verhalten der Attraktionssphären und Centrosomen bei der Amitose mittheilen. Einleitende Bemerkungen über die Biologie des Salamanders, Konservirungs- und Färbungsmethoden, Terminologie etc. kann ich hier weglassen, da ich solche schon im ersten Theil meiner Arbeit gegeben habe. Bevor ich aber zu meinem Thema übergehe, will ich einige allge- meine Angaben über die biologische Bedeutung der Amitose voraus- schicken. Die biologische Bedeutung der Amitose. Seit längerer Zeit habe ich mich mit dem Studium der Amitose beschäftigt und bereits mehrfach Gelegenheit samen, meine dies- bezüglichen Resultate mitzutheilen. Da ich hier auf eine Besprechung meiner zahlreichen, zum größten Theil noch nicht veröffentlichten Befunde bei Somazellen nicht näher eintreten kann, muss ich mich darauf beschränken, in aller Kürze nur die wichtigsten allgemeinsten Resultate anzuführen. 142 0. vom Rath, Wie ich schon in verschiedenen anderen Schriften (34a p. 7, 34b p. 1, 34c p. 116) hervorhob, steht meine Auffassung von der biologi- schen Bedeutung der Amitose im Einklang mit der von H. E. Zıeerer ! bereits im Jahre 1887 (47a) und auch später wieder (7b) vertretenen Anschauungsweise. In einer gemeinschaftlichen Arbeit haben dann N. E. Zıreer und ich (48) diese Auffassung auf Grund einer Reihe von Beispielen zumal aus dem Thierkreis der Arthropoden des Näheren zu begründen versucht und Einwände verschiedener Gegner abgewehrt. Unsere Beurtheilung der Amitose steht in Übereinstimmung mit der Ansicht von Fremmms (Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXVII 1891), die von ihm allerdings zunächst nur als zulässige Hypothese hingestellt wurde. Fremmine erklärt ausdrücklich, »dass er sich nicht als Vertreter dieser Hypothese aufthue, sondern bis auf Weiteres neutral bleiben wolle«. Ich verweise auf seine Ausführungen (141). In neuester Zeit hat man mit Recht bei den Kerntheilungsvorgängen der Mitose die Amitose gegenübergestellt (Fremmine) und die wenig zu- treffenden Bezeichnungen »direkte und indirekte Kerntheilung, direkte und indirekte Segmentirung, direkte und indirekte Fragmentirung« fallen lassen. | Wenn es nun auch Kerntheilungsvorgänge giebt, welche zwischen Mitose und Amitose Übergangsformen zu bilden scheinen, so kann man doch bis jetzt wenigstens stets mit befriedigender Sicherheit entschei- den, ob eine Mitose oder eine Amitose vorliegt. Es muss aber daran erinnert werden, dass manche Kerntheilung, die Anfangs dem Wege der Mitose folgte, nachher ganz wesentliche Abweichungen vom gewohnten Schema aufweist (Bildung von Triastern, Polyastern, asymmetrische ! Für H. E. ZıEsLer war das Studium der im Periblast der Knochenfische be- findlichen Kerne der Ausgangspunkt seiner Überlegungen über die Bedeutung der Amitose gewesen. »Die Kerne des Periblastes der Knochenfische theilen sich zur Zeit der Furchung durch Karyokinese, später aber nehmen sie einen eigenthüm- lichen Habitus an und zeigen die Bilder direkter Kerntheilung« (47a, p. 610). ZIEGLER Sprach die Ansicht aus, dass die Erscheinungen, welche man an den Peri- blastikernen der Knochenfische beobachtet, »Anzeichen der Degeneration sind, und dass die Kerne zwar vielleicht eine physiologische Rolle bei der Resorption des Dotters spielen, aber nie mehr irgend welchen normalen Kernen den Ursprung ge- ben« Er führt dann ferner aus, dass »sich in sehr verschiedenartigen Fällen eigenthümliche Kernformen finden, die man den Periblastkernen der Knochen- fische an die Seite stellen kann, und dass diese Erscheinungen ein für die Natur- geschichte des Zellkerns überhaupt wichtiges Kapitel bilden«. Nach der Bespre- chung der Fälle kommt er zu dem Schluss, dass die Fragmentation oder amitotische Kerntheilung stets auf beginnende Degeneration hindeutet. Dieselbe Ansicht vertrat er dann in dem Aufsatze, der im Jahre 1894 erschien (47b) und suchte durch Erörterung aller bekannten Fälle ihre allgemeine Gültigkeit darzuthun. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. I. - 148 Chromatinvertheilung etc.); dabei darf aber nicht vergessen werden, dass alle derartigen Mitosen als pathologisch verändert bezeichnet werden müssen und, dass dieselben auch zu keiner normalen Vertheilung der Kernsubstanz führen. Es ist im höchsten Grade wahrscheinlich, dass die so entstandenen Tochterkerne keiner mitotischen Theilung mehr fähig sind. Bekanntlich kann man solche pathologische Mitosen (Bildung von Triastern, Polyastern etc.) auch künstlich erzeugen wie die interessanten Experimente von OÖ. Herrwic (22b) beweisen. Es werden nun unter dem Namen Amitose eine Reihe von Vor- gängen zusammengefasst, die in morphologischer Beziehung wesentlich von einander verschieden sind. Obschon unsere jetzigen Kenntnisse der Amitose noch sehr der Erweiterung bedürfen, empfiehlt es sich doch schon damit zu beginnen, die bekannten Formen der Amitose, so weit sie wichtigere Verschieden- heiten aufweisen, in Unterabtheilungen zu sondern, und wenn möglich das jeweilige Verhalten der Attraktionssphären, CGentrosomen und Nucleolen festzustellen. | Zunächst wird man unterscheiden müssen zwischen Amitosen, auf welche Zelltheilung folgt und solchen, bei welchen dieselbe unterbleibt. Beispiele für den ersten Fall sind in geringer Zahl bekannt ge- worden und zum Theil wenigstens keineswegs über jeden Zweifel er- haben, dagegen ist die Zahl der Fälle, in welchen auf die Amitose keine Zelltheilung erfolgt und zwei- und mehrkernige Zellen ! entstehen, eine recht große. Ferner wird man unterscheiden müssen zwischen Zellen mit einge- schnürten Kernen, bei welchen auch wirklich Kerndurchschnürungen stattfinden, und solchen, bei welchen die Einschnürungen oder Einbuch- tungen längere Zeit persistiren und dann Zelle und Kern zu Grunde gehen. Es giebt nun aber auch Zellen, in welchen eingeschnürte oder gelappte Kerne nachher ihre Kontouren wieder ausglätten und zum runden Zustand zurückkehren (z. B. amöboide Kerne). “ Dass sehr viele zweifelhafte Fälle vorkommen und man vielen 'Zellen zumal eines konservirten Materials nicht immer mit Sicherheit ansehen kann, was aus ihnen später geworden wäre, ist Jedem bekannt, der sich mit diesen oder ähnlichen histologischen Studien beschäftigt hat. Ich habe mich vergeblich bemüht bei lebenden Zellen den Verlauf von Amitosen zu studiren, da aber, wie von H. E. Zıeezer und mir (48) schon betont wurde, die Amitose viel träger verläuft als die Mitose, ist 1 Nach.Fremmıng können auch durch Mitose mehrkernige Zellen entstehen, wenn auf die Kerntheilung keine Zelltheilung folgt, ich glaube aber nicht, dass solche Zellen sich späterhin noch einmal mitotisch theilen. 144 0. vom Rath, von solchen Bemühungen nur in ganz besonders günstigen Fällen ein nennenswerthes Resultat zu erhoffen. Bekanntlich gelingt es auch nur selten bei einer lebenden Zelle die verschiedenen Phasen der relativ schnell verlaufenden Mitose zur Anschauung zu bekommen. Von den bis jetzt bekannten Formen der Einschnürungen, be- ziehungsweise Durchschnürungen von Kernen will ich nur folgende Fälle anführen. Wir haben Amitosen, bei welchen nur von einer Seite des Kerns her eine Einbuchtung, die zur Durchschnürung des oft wurstförmig gestalteten Kerns in zwei mehr oder weniger ähnliche Tochterkerne führt, erfolgt, ferner solche, bei welchen gleichzeitig von zwei gegenüber- liegenden Seiten her Einbuchtungen und dann Durchschnürungen des Kerns, der zeitweise biskuit- oder hantelförmig gestaltet ist, stattfindet und schließlich solche Kerne, bei welchen die Einschnürungen! beinah gleichzeitig von verschiedenen Stellen des Kerns von statten gehen. In den beiden ersten Fällen, zumal aber in dem zweiten, können die Tochterkerne scheinbar völlig symmetrisch ausfallen, ob es aber überhaupt Beispiele giebt, in welchen thatsächlich bei der Amitose die Tochterkerne die gleiche Menge von Kernsubstanz erhalten, ist für keinen Fall bewiesen, auf jeden Fall ist aber eine gleichmäßige Ver- theilung des Chromatins auch in derartigen Fällen im höchsten Grade unwahrscheinlich, da eine solche nur durch die gesetzmäßigen Chroma- tinumlagerungen möglich ist, wie sie während der verschiedenen Phasen der Mitose erfolgen. Die hantelförmigen Figuren sind relativ selten, und unter den- selben giebt es nur wenige, welche annähernd symmetrisch aussehen. Der dritte Fall, in welchem die Kerne durch mehrfache Ein- buchtungen ein gelapptes oder verzweigtes Aussehen haben, ist be- kanntlich sowohl bei Somazellen als bei Sexualzellen häufig beobachtet worden, und solche »polymorphe« Kerne werden uns im speciellen Theil noch vielfach beschäftigen. 2 Zu den polymorphen Kernen kann man auch die Ring- und Loch- kerne rechnen, die wir noch bei der Beschreibung der Amitosen des Salamanderhodens besprechen werden. Wenn dieselben auch aus verschiedenen Ursachen und in verschiedener Weise z.B. im Anschluss an Mitosen entstehen können, so scheint es mir doch sicher zu sein, dass sie sich fernerhin nicht mehr mitotisch theilen. Wenn man die Amitosen, wie wir es eben gethan haben, nach der i In vielen Fällen von Amitose wird man besser von Einschneidungen als von Einschnürungen sprechen; die Tochterkerne bleiben dicht beisammen liegen und berühren einander fast mit ihren parallelen Trennungsflächen (Randzellen des Astacushodens, Speicheldrüsenzellen von Anilocra u. A.). Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. I. 145 Form des Kerns eintheilt, so ist diese Trennung keine scharfe, da die Formen durch Übergänge verbunden sind. Es ist zu prüfen, ob das Verhalten der Attraktionssphären, Centrosomen und Nucleolen eine bessere Eintheilung ergiebt; ich habe desshalb in dieser Arbeit diese Gebilde so eingehend als möglich studirt. Wenn ich jetzt die wichtigsten meiner auf empirischem Wege gewonnenen Resultate über die biologische Bedeutung der Amitose in Kürze zusammenfasse, beziehungsweise bereits früher publieirte An- gaben wiederhole, so ergiebt sich Folgendes: »Alle Zellen, welche einmal amitotische Kerntheilung erfahren haben, können sieh unter keiner Bedingung mehr mitotisch theilen, sie gehen vielmehr einem sicheren Untergang entgegen, doch können die Kerne sich vielleicht vorher noch einmal oder einige Male amitotisch theilen. Bereits in einem früheren Aufsatze haben H.E. ZıecLer und ich (48) betont, dass die amitotische Kerntheilung sich keineswegs beliebig oft wiederholen kann, dass vielmehr die Zahl der successive sich folgenden amitotischen Kerntheilungen und noch mehr die Zahl der dabei stattfindenden etwaigenZell- theilungen eine beschränkte ist. In allen Geweben und Organen, in welchen ein kon- tinuirlicher oder periodischer Zellverbrauch stattfindet, erfolgt die Regeneration, das heißt der Ersatz der abge- nutzten und zu Grunde gehenden Zellen durch mitotische Theilungen von wenig differenzirten jugendkräftigen Re- generationszellen her, die öfters in größerer Zahl in Re- generationsherden beisammen liegen. Ein regenerativer Charakter der Amitose ist weder bei Metazoen noch bei Protozoen wirklich nachgewiesen'!. Wenn nun auch in man- 1 DenBegriffder Regeneration haben H.E. ZıEGLer und ich in einer gemein- samen Publikation (48) in folgender Weise erörtert: »Der Begriff der Regeneration bezieht sich ursprünglich auf die in das Gebiet der Pathologie gehörige Regenera- tion, nämlich auf die bei einer Verletzung oder bei einem durch krankhaften Pro- cess erzeugten Gewebeverlust eventuell erfolgende Wiederherstellung des Gewebes oder Organs; es ist ja von jeher bekannt, dass Wunden verheilen können, und dass bei Amphibien und Reptilien sogar abgeschnittene Extremitäten, Kiemen, oder der abgeschnittene Schwanz wieder nachwachsen. In Bezug auf diese pathologische Regeneration wird man wohl in Berücksichtigung der neuesten Litteratur folgende beiden Sätze ohne Widerspruch gelten lassen: 4) Die Regeneration geht stets von den relativ am wenigsten differenzirten Zellen des betreffenden Gewebes aus, von solchen Zellen, welche einen jugendlichen Charakter haben, d. h. den embryonalen Zellen am meisten gleichen. Zeitschrift f, wissensch, Zoologie, LVII, Bd. 40 146 | 0. vom Rath, chen Geweben oder Organen Mitosen und Amitosen neben einander vorkommen, so darf man daraus keineswegs schließen, dass Mitose und Amitose als gleichwerthige Theilungsmodi zu betrachten sind, die entweder neben einander auftreten oder mit einander abwechseln, es sind vielmehr in diesen Fällen die mitotisch sich theilenden Zellen die 2) Die Regeneration beruht stets auf Mitosen, Geht man von der im Gebiet der Pathologie beobachteten Regeneration zur pbysiologischen Regeneration über und bedenkt man, dass (wie BARFURTH ausführt) die erstere als »eine gesteigerte physiologische Regeneration« aufgefasst werden kann, so ist es naheliegend, nur da von Regeneration zu sprechen, wo die beiden oben genannten Sätze zutreffen. Wir fassen den Begriff der physiologischen Rege- neration so, dass diese beiden Sätze per definitionem dazu gehören. Wir sehen daher nicht in jeder Zellenvermehrung eines Gewebes eine Regeneration, sondern nehmen eine solche nur dann an, wenn eine Verjüngung des Gewebes stattfindet, wenn jugendliche und relativ undifferenzirte Zellen an Stelle der alten treten. Wie die ganze Ontogenie aller Metazoen beweist, theilen sich jugendliche Zellen stets mitotisch; und andererseits haben die mitotisch sich theilenden Kerne einen jugend- lichen Charakter im Vergleich zu den amitotisch sich theilenden; die letzteren zeigen im Ruhezustand niemals ein so gleichmäßiges feines Chromatinnetz wie die ersteren. Gegen diese Darstellung hat BArFURTH in seinem Referat über Regenera- tion (Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschichte von MERKEL und BonnET, Bd. I, p. 182) einen eigenthümlichen Vorwurf gerichtet. BArrurTa schreibt: »Man wird in Zukunft mehr als es bisher geschah, zwischen Zellvermehrung und Rege- neration unterscheiden müssen, wie H. E. ZIEGLER und vom RATa mit Recht hervor- heben; erstere kann mitotisch durch Zellen erfolgen, die sich auf der Neige des Lebens befinden, letztere geschieht durch jugendkräftige Gewebselemente auf mito- tischem Wege und verjüngt das Gewebe. Wenn freilich die genannten Forscher den Satz, dass die Regeneration stets auf Mitosen beruht, als per definitionem zum Begriff der physiologischen Regeneration hinzugehörig ausgeben wollen, so sehe ich darin eine petitio principii. Die physiologische Regeneration wäre auch durch Amitose möglich; dass sie durch Mitose vor sich geht, muss induktiv bewiesen werden und ist thatsächlich durch die Beobachtung zu einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit erhoben.« Der in diesen Worten enthaltene Vorwurf der pe- titio prineipii ist ein ungerechter; man sollte uns doch nicht den scholastischen Unverstand zuschreiben, dass wir durch eine begrifiliche Festsetzung eine empi- rische Frage hätten entscheiden wollen. Unser ganzer Aufsatz, in welchem wir zahlreiche fremde und eigene Beobachtungen anführen, hat ja den Zweck, die Richtigkeit unserer Auffassung inductiv zu beweisen. Wenn wir gleich Anfangs sagten, wie man auf Grund der empirischen Befunde den Begriff fassen müsse, so haben wir nur das Endresultat schon am Anfang genannt. Nachdem wir unsere Definition der Regeneration ausgesprechen, fahren wir alsbald mit folgenden Wor- ten fort: »Dieser Begriff der Regeneration entspricht nur dann den Thatsachen und wird sich nur dann als brauchbar und nützlich erweisen, wenn thatsäch- lich in allen Geweben, in welchen ein kontinuirlicher Verbrauch von Zellen statt- findet, jugendliche Zellen vorhanden sind und deren Mitosen sich nachweisen lassen. « Unsere Festsetzung per definitionem bezweckte also lediglich den Sinn des Wortes so festzustellen, wie wir ihn für passend halten, und es liegt also lediglich eine Definition, nicht eine petitio principii vor. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. Il. 147 Ersatzzellen für die in Folge von Amitose zu Grunde gehenden Nachbar- zellen. Wir können in allen Fällen, wo Amitose auftritt, auch solche Regenerationszellen auffinden, doch gelingt es bekanntlich nicht immer mit Leichtigkeit, diese Mitosen der Ersatzzellen zur Ansicht zu be- kommen, da solche Mitosen oft nur zu bestimmten Jahreszeiten, also periodisch auftreten, wie bei den Arthropoden. Vielfach steht das Auf- treten von Mitosen in den Regenerationszellen mit wichtigeren bio- logischen Momenten, z. B. mit Häutungen, in Beziehung. Amitose tritt hauptsächlich in Zellen auf, die in Folge besonderer Speecialisirung einerintensiveren Assimilation, Sekretion oder Exkretion vorstehen; fernerimalternden abgenutzten Gewebe und folglich da, wo die Zellen nur eine vorübergehende Bedeutung haben (z.B. bei Zellen der Eihüllen). Dass Amitose auch im relativ jungen Gewebe vorkommen kann, braucht kaum betont zu werden, da auch in Furchungs- oder Blastodermzellen sowie bei Embryonen und Larven an einzelnen Stellen Zellen zu Grunde gehen. In den meisten Fällen der Amitose fallen die Zellkerne durch besondere Größe auf (Meganucleus ZıesLer’s) und lassen sich hierdurch von den Kernen der Regenerationszellen, die ihren nor- malen Habitus bewahrt haben, leicht unterscheiden, auch wenn letz- tere in keiner Phase der Mitose stehen. Den Mitosen gegenüber haben die Amitosen durch- weg einen mehr oder weniger deutlich erkennbaren degenerativen Charakter. Die Mitose hat sich keineswegs aus der Amitose ent- wickelt, so dass die letztere den ursprünglicheren Thei- lungsmodus darstellte; die Amitose ist allerdings ein unzweifel- haft einfacherer Vorgang als die Mitose, sie führt aber auch nicht zu dem gleichen Resultate wie diese, indem eine gleichmäßige Vertheilung von Kernsubstanz und Chromatin auf die Tochterkerne nicht stattfindet. Es ist sehr wohl möglich, dass die Amitose zur Mitose gar keine Be- ziehungen hat und einen völlig unabhängigen Vorgang repräsentirt. Über Amitose in Sexualzellen. In einem schroffen Widerspruch zu den bei Somazellen eben fesi- gestellten Befunden scheinen gewisse Beobachtungen zu stehen, welche an Genitalzellen gemacht werden. 1 Wenn bei einigen Protozoen bisher nur Amitosen gesehen wurden, So zweifle ich keinen Augenblick daran, dass auch bei diesen Mitosen gefunden wer- den. Auch bei den Einzelligen ist das Auffinden von Mitosen oft recht schwierig und von glücklichen Zufällen, die natürlich mit der Biologie der betreffenden Thiere in Beziehung stehen, abhängig. 10* 148 0. vom Rath, Es wird von manchen Autoren — darunter sind Namen vom besten Klang — behauptet, dass amitotische Kerntheilungen im Entwicklungs- gange von Genitalzellen vorkommen. Eine definitive Entscheidung in dieser Streitfrage ist von größter Wichtigkeit, da bekanntlich alle moderne Ansichten über das Wesen der Befruchtung und Vererbung ein Nichtvorkommen von Amitose im Theilungscyklus von entwicklungsfähigen Sexualzellen als Voraussetzung haben. Wenn wirklich bei Sexualzellen, die sich zu befruchtungsfähigen Eiern oder Spermatozoen entwickeln, auch nur einmal (ganz gleich- gültig ob zu Anfang, zum Schluss oder sonst im Verlaufe der Ovogenese oder Spermatogenese) Amitose vorkäme, dann könnten die aus solcher Kerntheilung hervorgehenden Tochterkerne unmöglich stets die gleichen Mengen von Chromatin erhalten, da bei der Amitose eine gleichmäßige Vertheilung des Chromatins vor der Kerndurchschnürung auf die Tochterkerne nicht stattfindet. Wie schon oben betont, ist auch in den recht seltenen Fällen, in welehen durch Amitose zwei an Größe ziem- lich gleich aussehende Tochterkerne entstehen, eine gleichmäßige Chromatinvertheilung nicht einmal wahrscheinlich zu machen; es han- delt sich nun aber in den meisten Fällen, in welchen Amitose in Sexualzellen beschrieben wurde, um vollkommen asymmetrische Tochterkerne, indem (wie bei der nachher noch eingehender zu be- sprechenden »maulbeerförmigen« Kerntheilung) der Kern in mehrere ungleiche Tochterkerne zerfällt. Bedenken wir ferner, welche Regel- mäßigkeit die Zahl der Chromosomen bei allen Mitosen einhält, und mit welcher Regelmäßigkeit zum Schluss der Spermatogenese und Ovoge- nese nur die Hälfte der für die Art typischen Chromosomenzahl ge- funden wird (Reduktion), so muss zugegeben werden, dass solche Zahlengesetze gar nicht möglich wären, wenn sich Amitosen in den Theilungseyklus der Sexualzellen einschieben würden. Nachdem ich im vorigen Abschnitte die Unwahrscheinlichkeit eines Vorkommens von Amitose im Gyklus generativer Zellen ganz im Allge- meinen aus theoretischen Gründen hervorgehoben habe, will ich im Folgenden zeigen, dass die empirische Beobachtung ebenfalls direkt gegen ein solches Vorkommen von Amitose spricht. Bekanntlich sind im Hoden, dem Ovarium und bereits früher in der geschlechtlich noch nicht differenzirten Genitalanlage bei den meisten Metazoen zwei principiell von einander verschiedene Zellarten zu unterscheiden, erstens die eigentlichen Sexualzellen, aus welchen die befruchtungsfähigen Eier und Samenfäden hervorgehen und zwei- Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. Il. 149 tens die Umhüllungszellen derselben (= Stützzellen). Bei manchen Metazoen fehlen die Umhüllungszellen im Hoden und Ovarium gänz- lich, ein Umstand, der für sich allein schon darauf hindeutet, dass diese Zellart für den Hoden und das Ovarium von keiner principiellen Be- deutung ist, vielmehr eine nur untergeordnete Rolle spielt. Im Ovarium bilden die Umhüllungszellen ein bald einschichtiges bald vielschichtiges Epithel um jedes Ei, das Follikelepithel. Im Hoden werden ebenfalls die eigentlichen Sexualzellen in den meisten Fällen von einem sogenannten Follikelepithel umgeben. Auch in der geschlechtlich noch nicht differenzirten Genitalanlage lassen sich oft die Follikelzellen unschwer von den Sexualzellen unter- scheiden. Im Hoden kann in so fern eine Komplikation eintreten, als die Samenzellen von zwei kernhaltigen Membranen, einer äußeren und einer inneren Follikelhaut umgeben sein können. Die Zellen der inne- ren Follikelhaut sind vielfach als Cystenzellen bezeichnet, von manchen Autoren aber eben so wie die Zellen der äußeren Haut einfach Follikel- zellen genannt worden, wodurch manches Mal Verwechslungen entstan- den sind. Die Ansicht einiger Autoren, wonach sich die Kanälchenwand des Hodens stets nur aus einer Art epithelialer Elemente zusammensetzt, aus welchen durch Umwandlung die Spermatozoen entstehen sollen (Bıonpı [6], v. Wıepersper [46] u. A.), beruht lediglich auf ungenügen- der Untersuchung und hat keine Berechtigung. Es sind nun von den Autoren, welche sich mit dem Studium der Spermatogenese beschäftigt haben, Termini eingeführt worden, die dringend einer Erklärung bedürftig sind. Alle die Zellen, welche als Basalzellen, Fußzellen, Serrour'sche Zellen bezeichnet wurden, sind nichts Anderes als gewöhnliche Stütz- zellen und gehören nicht in den Cyklus der Sexualzellen. Der Ausdruck Spermatoblast ist von den Autoren vielfach in einem ganz verschiedenen Sinne sowohl für Sexual- als für Stützzellen gebraucht worden und wird am besten gänzlich vermieden. So viel steht aber fest, dass der Spermatoblastenkern von Esner’s (13) dem Benxna’schen Fußkern ent- spricht und ein Cystenkern, also Stützkern ist. In vielen Fällen dient eine der Cystenzelle einem Spermatozoenbündel im wahren Sinne des Wortes als Stütze, indem jeweils ein solches Bündel von Samenfäden im Plasma der Zelle befestigt ist und zusammengehalten wird. Ob von einer solchen meist vergrößerten Zelle beziehungsweise deren Kerne ein Substanzaustausch mit den Spermatozoen stattfindet und somit eine Art von Ernährung der letzteren ermöglicht wird, ist nicht völlig ent- schieden. Beim Austreten der Spermatozoen aus den Follikeln in die 150 0, vom Rath, Samenwege hat auch der Gystenkern seine Rolle ausgespielt und geht zu Grunde, nachdem er sich in manchen Fällen noch amitotisch getheilt hat. In einer früheren Arbeit (34b) habe ich für die Spermatogenese die Bezeichnung Follikelzellen gänzlich vermieden und die Umhüllungs- zellen, gleichgültig ob sie der äußeren oder inneren Follikelhaut ange- hören, als »Randzellen« bezeichnet. Von Zellmembranen ist bei den Randzellen durchgängig nichts zu erkennen, vielmehr liegen die Kerne in einer gemeinsamen Plasmamasse. Randzellen und Sexualzellen sind in den meisten Fällen leicht am Gesammthabitus zu unterscheiden. Die mehr oder weniger runden Sexualzellen haben einen runden blassen Kern. Die Kerne der Randzellen färben sich viel dunkler und sind vielfach zwischen die Sexualzellen hineingedrängt, wodurch sie meist eckige und eigenthümliche Gestalten annehmen. Das Verhältnis der Randzellen zu den Sexualzellen ist mehrfach falsch gedeutet worden, indem einige Autoren die Randzellen für die Ersatzkeime für neue Samenzellen ansprechen wollten, eine Auffassung, gegen welche schon durch v. a VALETTE ST. GEORGE (43) und Nussgaun (29) energisch protestirt worden ist. Die Randzellen und Sexualzellen stammen beide aus dem Keim- epithel, indem nur einige Zellen dieses Epithels wirkliche Sexualzellen werden, die übrigen treten erst sekundär mit den Sexualzellen in Be- ziehung und umhüllen dieselben. Niemals aber verwandeln sich Um- hüllungszellen (= Randzellen) in Sexualzellen. Die Beziehungen der Randzellen zu den Sexualzellen sind in neuester Zeit in einer recht klaren Weise von Hryuons (23) bei Phyllodromia festgestellt worden!. Da nun die Follikelzellen der Eier und die Randzellen (Follikelzellen und Cystenzellen) der Samenzellen vergängliche Gebilde sind, kann es nicht Wunder nehmen, wenn bei diesen Amitose gefunden wird. 1 Heymons schreibt hierüber Folgendes: » Nach meinen an Phyllodromia an- gestellten Untersuchungen kann es nun keinem Zweifel unterworfen sein, dass bei diesem Insekte die Genitalzellen und Epithelzellen in den Geschlechtsdrüsen von vorn herein vollkommen unabhängig neben einander vorhanden sind. Die einzel- nen isolirten Genitalzellen treten hier bereits sehr frühzeitig an verschiedenen Punkten des Keimstreifens auf, lange bevor von einer zusammenhängenden mit Epithelzellen vermischten Geschlechtsanlage die Rede sein kann. Erst in späterer Zeit, wenn die Genitalzellen in die dorsalen Wände der einzelnen Ursegmente ein- wandern, schließen sich Zellen dieser Ursegmentwände den Genitalzellen dicht an und werden zu den Epithelzellen der Genitalanlage. Die beiderseitigen Genitalan- lagen werden nur von Genitalzellen zusammengesetzt und beide Zellenarten lassen sich während des ganzen Verlaufes der Entwicklung deutlich von einander unter- scheiden. Der in den Endkammern der Eiröhren von Phyllodromia eingeschlos- sene Inhalt stellt, wie ich gezeigt habe, einen auf embryonaler Stufe verbliebenen Überrest der Genitalanlage dar. Dieser Inhalt der Endkammer besteht demgemäß auch nur aus Genitalzellen und Epithelzellen, ohne dass indifferente Elemente überhaupt in Frage kommen könnten. « - Beiträge zur Keuntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. I. 151 Kritik der Angaben über Amitose im Hoden und der geschlechtlich noch nicht differenzirten Genitalanlage. Die Angaben der Autoren über Amitose im Sexualapparat beziehen sich zum größten Theil auf den Hoden und auf die Genitalanlage vor der geschlechtlichen Differenzirung. Ich will zunächst diese Vorkomm- nisse besprechen und dann in einem späteren Abschnitte die Amitose in der Ovogenese diskutiren. Bereits in meinem früheren Aufsatze (34c) habe ich die Ansichten Von v.LA VALETTE ST. GEORGE (43), Nussgaum (29), SABATIER (38), Carnoy (10) und Gııson (16) über das Vorkommen und die Bedeutung der Amitose im Hoden in Kürze besprochen, und ich erinnere hier daran, dass ein Theil dieser Autoren die Amitose als an den Anfang, ein anderer Theil als an den Schluss der Samenbildung gehörig, hingestellt haben'!. 1 Die Angaben von v.LA VALETTE ST. GEORGE und NussBAUMm beziehen sich haupt- sächlich auf Amphibien und sollen weiter unten noch eingehend diskutirt werden, Die Auffassung von SAsATıEr über Amitose im Hoden von Astacus wurde bereits an anderem Orte (34b) als unrichtig zurückgewiesen. Eine neue Arbeit desselben Autors (38b), welche sich gleichfalls auf Astacus und andere Decapoden bezieht, werde ich demnächst eingehender besprechen. Die wichtigsten Resultate von Carnoy (40) und Gırson (46) möchte ich hier der Vollständigkeit halber in Kürze anführen. Carnoy spricht sich über die Amitose bei Arthropoden folgendermaßen aus: A) Chez les arthropodes, l’existence de la division directe ou acinetique doit etre admise pour le protoplasme aussi bien que pour le noyau. 2) Ce mode de multiplication se constate dans les tissus les plus divers, dans les tissus jeunes comme dans les tissus adultes. 3) Il y rev&t souvent tous les caracteres d’un pro- cessus normal. 4) Les plasmodierese s’y fait tantöt par etranglement, tantöt A l’aide d’une plaque cellulaire comme dans les vegetaux. 5) Enfin dans le testicule la division directe peut sS’exercer concurrement, ou Successive- ment, etalterneravecladivisionindirecte. GiLson (16) ist zu folgenden Schlussfolgerungen gekommen: Parmi les &el&ments testiculaires, la caryost@nose se produit surtout, si pas exclusivement, dans les amas qui constituent des reser- ves destinees a la raison d’activite suivante, c’est-A-dire dans des elements animes en ce moment d’une faible activite proliferative; la caryocinese y apparait plus tard, des le debut de leur entree en fonctionnement actif. Les crustaces edriophthalmes et les decapodes nous ont surtout presente ce double fait avec evidence dans les noyaux de leurs cellules parietales, de leur plasmodium et enfin de leurs metrocytes. Il semble donc que la caryocinese soit de loin le mode le plus adapte a la multiplication rapide, a la veritable proliferation des cellules testiculaires. Cependant on ne pourrait nier que la caryostenose ne puisse suffire, dans certains cas, a un travail de proliferation active, tel que celui que nous avons signal&e dans les noyaux plasmodiques du Porcellio dilatatus, pendant le jeune äge. Meine eigenen empirischen Befunde stehen, wie ich es schon früher (34b u. c) be- tont habe, mit der Auffassung sowohl von CaArnoy als von GiLson im schroffen Widerspruche; eben so kann ich mich mit den von den genannten Autoren gege- benen Abbildungen nicht einverstanden erklären. So schön auch die Figuren ge- 152 0. vom Rath, Manche Autoren wollen übrigens zwischen Mitose und Amitose überhaupt keinen principiellen Unterschied anerkennen, so dass Mitose und Amitose mit einander abwechseln oder aber auch neben einander vorkommen könnte. Ich habe schon an anderem Orte mit Nachdruck betont, dass es im höchsten Grade unwahrscheinlich ist, dass Amitose zu Anfang der Samenbildung auftrete (da auf Amitose nie wieder Mitose folgt) oder dass am Ende der Spermatogenese die letzten Kerntheilungen amitotische sein könnten (34b). Auf Grund vergleichender Studien über die Amitose im Hoden von Wirbelthieren, Mollusken und Arthropoden und zumal bei Astacus fluviatilis kam ich zu folgendem Resultate: »In allen Fällen, in welchen eine amitotische Kerntheilung im Hoden beobachtet wird, vollzieht sich diese Kerntheilung nur an den Randzellen (Stützzellen). Letztere stehen weder mit der eigentlichen Spermatogenese noch mit den Regene- rationserscheinungen in direkter Beziehung. Die Samenbildung kommt nur auf mitotischem Wege zu Stande und eben so die Regeneration. Eine Umwandlung von Randzellen (Stützzellen) zu Spermatogonien (Ursamenzellen) findet nicht statt. « In einem scheinbaren Widerspruch zu diesen Schlussfolgerungen stehen die Angaben über Amitosen in wirklichen Sexualzellen. Ich werde im Folgenden zu beweisen suchen, dass solche Sexualzellen, bei welchen thatsächlich Amitose vorkommt, nicht zur Entwicklung gelangen, vielmehr degeneriren. Zur Verhütung von Missverständnissen hatte ich mich bereits an anderem Orte (34c) über diese Verhältnisse wie folgt ausgesprochen: »Nachdem schon von v. LA VALETTE ST. GEORGE, NUSSBAUM, FremminG, Hermann u. A. im Hoden von Amphibien und zumal bei Salaman- dra maculosa neben vollkommen normalen und runden Spermatogonien aufeigenthümlich gelappte oder zerklüftete sogenannte polymorphe Kerne in Zellen aufmerksam gemacht worden ist, die offenbar den Spermato- gonien gleichwerthig sind (trauben- oder maulbeerförmige Kerntheilung), hat in letzter Zeit Meves außer diesen Bildern noch hantelförmige Kern- durchschnürungen und »Lochkerne« bei Spermatogonien des Salaman- derhodens in einer vorläufigen Mittheilung beschrieben, ohne aber eine definitive Ansicht darüber auszusprechen, ob aus den Produkten dieser amitotischen Theilungen neue Sexualzellen hervorgehen. Ehe ich dieser Frage gegenüber eine entscheidende Stellung einnehmen kann, muss zeichnet sind, so tritt doch der prinecipielle Unterschied zwischen den Umhüllungs- zellen (oder Randzellen) und den eigentlichen Sexualzellen nicht genügend hervor. Ich habe selbst eine stattliche Reihe derselben Objekte, die von CArnoy und von Gırsox untersucht wurden, auf Schnitten eingehend studirt und mich von der Un- richtigkeit der Auffassungen von CArnoy und Gırson hinlänglich überzeugen können, Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. I. 153 die definitive Arbeit von Mrvzes abgewartet werden. Ich möchte einst- weilen nur so viel sagen, dass ich auf Grund meiner Untersuchungen bei Triton eristatus, alpestris und palmatus, sowie bei Rana esculenta und Rana fusca, die ich neben einander zu allen Jahreszeiten untersucht habe, behaupten muss, dass von solchen durch amitotische Theilung entstandenen Kernen niemals eine Neubildung von Samenzellen aus- geht. In Übereinstimmung mit Fremmine und Meves habe ich in der be- treffenden Region des Hodens der Tritonen und Frösche, die offenbar ein Regenerationsfeld darstellt, viele Spermatagonien in mitotischer Theilung angetroffen, und nur von diesen aus geht die Neubildung der Follikel von statten. Die durch amitotische Theilungen der Sper- matogonien entstandenen Kernfragmente gehen langsam zu Grunde; manche von ihnen dürften vielleicht bei der Follikelbildung noch als Randstützzellen Verwendung finden. Die Annahme einer Umwandlung von solchen Kernfragmenten in Sexualzellen ist nach meinen Befunden eine völlig unbewiesene und überflüssige Hypothese. Ich erinnere hier daran, dass von H. E. Zıesrer und von mir der Nachweis geliefert wurde, dass in den Organen, in welchen mitotische und amitotische Kerntheilungen neben einander vorkommen, die eigentliche Regene- ration nur auf mitotischem Wege zu Stande kommt. « Auf nähere Einzelheiten über die Amitose bei Sexualzellen von Amphibien und zumal beim Feuersalamander werde ich erst in einem späteren Abschnitte eingehen. Meine Untersuchungen über die Spermatogenese von Astacus (34 b) haben mittlerweile durch v. LA VALETTE ST. GEoRGE eine vollkommene Bestätigung erhalten, während in der allerletzten Zeit Sasarızr (38 b) wie- der in einer neuen Arbeit mit Nachdruck für die Amitose im Theilungs- cyklus der Samenzellen von Decapoden und speeiell bei Astacus auftritt und sowohl gegen meine Resultate als die von v. LA VALETTE St. GEORGE Einwände macht. Ich werde demnächst Gelegenheit nehmen, sowohl die Befunde von SısArıer als auch seine Ansichten über die Amitose in einer besonderen Arbeit als irrig nachzuweisen; meine früheren An- gaben über Astacus bleiben voll und ganz bestehen. Beiläufig möchte ich hier noch erwähnen, dass ich die Beobachtungen von v. LA VALETTE St. GEoRGE über das Vorkommen von Eiern im Hoden von Astacus fluviatilis sowie die Deutung dieses Befundes vollkommen bestätigen kann, ich kann hinzufügen, dass ich auch im Hoden von A. Lepto- daetylus im Juli und August im Jahre 1891, 1892 und 1893 bei einigen Exemplaren Eier antraf. Die Verson’sche Ansicht, dass bei der Spermatogenese von Bombyx mori und anderen Lepidopteren die Kerne der Samenmutterzellen jedes 154 0, vom Rath, Hodenfaches durch amitotische Theilung von einem einzigen großen Kern sich herleiten, und dass folglich amitotisch entstandene Kerne sich vermehren kionan, ist bereits früher diskutirt worden (48 p. 754). Die Deutung schien zulässig, dass die kleinen Zellen nicht die Abkömm- linge, sondern so zu sagen die Geschwister der großen Zelle sind und dass sie durch successive mitotische Theilung die zahlreichen Samen- -bildungszellen erzeugen, während der Kern der großen Zelle, welche den Charakter einer Rand- oder Stützzelle hat, mehrfach sich amitotisch theilt. Es ist immer misslich, die Befunde anderer Autoren in anderer Weise zu interpretiren, wenn man keine eigenen Präparate über die betreffenden Objekte zur Kontrolle hat und obendrein die beigefügten Abbildungen wie in der Verson’schen Arbeit an Klarheit sehr zu wün- schen übrig lassen. Ich glaube nun, dass die Versovw’schen Befunde außer der früher gegebenen Erklärung noch eine andere Deutung zu- lassen. Es ist nämlich wohl denkbar, dass die Zelle, welche die Amitose zeigt, eine in Rückbildung begriffene Sexualzelle ist. Auch bei anderen Evertebraten und Vertebraten sind in Sexualzellen Amitosen beobachtet worden, doch gehen solche Sexualzellen, wie bereits oben betont wurde, unzweifelhaft zu Grunde. Es ist nun keineswegs ausgeschlossen, dass auch bei den Lepidopteren in manchen Sexualzellen Amitosen auftreten, diese Zellen werden sich dann aber auch sicherlich nicht zu befruchtungsfähigen Samenzellen entwickeln. Bereits früher hatte W. Voıcr (45) im jungen Hoden von Branchi- obdella die eigenthümliche Maulbeerform der Kerne beobachtet, doch glaubt genannter Autor nicht an einen Zerfall solcher Kerne in eine Anzahl von Theilstücke. Neben solchen Kernen mit Maulbeerform fan- den sich nun bei etwas älteren Objekten häufige Mitosen vor. Aus Analogiegründen darf angenommen werden, dass nur aus den letzteren, sich mitotisch theilenden Zellen befruchtungsfähige Samenzellen her- vorgehen und die Kerne mit Maulbeerform degeneriren. In einem im Zoolog. Anzeiger 1892 erschienenen Aufsatz »Zur Kenntnis der männlichen Geschlechtsorgane der Dipteren« vergleicht N. GuoLopkovsky Vorkommnisse aus der Spermatogenese der Dipteren mit denen, welche Verson bei Lepidopteren beschrieb und bezweifelt die Angaben dieses Autors über Amitose im Hoden von Bombyx mori'. 1 „Die Spermatogenese von Laphria ist von einer sehr eigenthümlichen Art, die an den von Verson für Bombyx mori beschriebenen Vorgang lebhaft erinnert. Im blinden kolbenartig aufgetriebenen Ende der Testikelröhre liegt eine kolossale, mit bloßem Auge sichtbare Zelle, die Spermatogonie, von welcher der ganze Inhalt des Hodens herstammt, Bei Bombyx findet sich diese Spermatogonie im Larvensta- Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maeulosa. I, — 155 In neuester Zeit tritt dann Pıcrer (34) wieder mit Nachdruck für Amitose in der Spermatogenese ein und versucht eine Erklärung für die Nothwendigkeit der Amitose zum Schluss der Samenbildung zu geben. »Comme nous l’avons vu, les spermatocytes se multiplient dans la regle par caryocinese; mais on observe quelquefois A la fin de ce mode de division, une ou deux generations de cellules qui prennent naissance par simple etranglement du noyau (division directe ou acindtique); voici comment je m’explique ce phenomene. La division par caryocinöse est necessaire pour diviser l’&lement nucleinien des cellules sexuelles d’une facon rigoureusement exacte. Si l’on admet que la nucleine renferme le prineipe hereditaire de l’organisme paternel, il est important que ce prineipe soit divise avec la plus grande re&gularit& possible entre les differentes cellules filles, a fin que toutes renferment les m&mes facultes hereditaires. D’un autre cöte, si, comme l’ont admis certains auteurs, il y aurait, dans le cours de la spermatogen&se une ou plusieurs divi- sions qui seraient homologues de l’elimination des globules polaires que l’on observe chez l’euf, il est Evident que cette expulsion des corpus- cules polaires mäles doit se faire aussi par caryocinese. Je n’entrerai pas ieci dans la discussion de la probabilit&e de ce phenomene, n’ayant pas pu faire d’observations concluantes A ce sujet, et je me borne & citer U’hypoth&se de quelques auteurs. Je ne m’occuperai pas non plus de la signification des globules polaires; c’est un sujet de controverse actuelle qui m’entrainerait trop loin; mon but est seulement d’arriver ä cette conclusion, que la division caryocinetique des spermatocytes est destinee A fournir A chaque cellule seminale une sub- stance nucl&aire ayant exactement la constitution orga- nique et chimique necessaire A la feEcondation. Or il peut dium, bei Laphria bleibt sie aber im Stadium vom Imago thätig und existirt zu gleicher Zeit mit zahlreichen vollkommen entwickelten Samenbündeln, die den mittleren und hinteren Abschnitt der Hodenröhre strotzend erfüllen. Von dieser Zelle gehen strahlenartig Plasmaauswüchse aus (wie bei Bombyx mori), in welche zahlreiche Kerne eingebettet sind. In der centralen Plasmamasse der Spermato- gonie habe ich niemals einen einzigen großen Kern gefunden (VeErson), sondern immer mehrere große Kerne von unregelmäßiger und sehr verschiedener Ge- stalt, die sich mit Karmin entweder blass oder sehr intensiv färbten. Außerdem habe ich in der centralen Plasmamasse der Spermatogonie immer zahlreiche kleine Chromatinkörperchen gefunden, die zuweilen etwas gekrümmt erschienen und öfters zu kleinen Häufchen vereinigt waren. Nach diesen Bildern zu urtheilen wird die Kerntheilung in der Spermatogonie von Laphria nicht amitotisch sich vollziehen (wie es Verson für Bombyx mori beschreibt), sondern eine typische mitotische Theilung sein.« Wir sehen so, dass die Angaben VErson’s nur mit größter Vorsicht aufgenommen werden dürfen, da gegen die Richtigkeit derselben große Bedenken erhoben werden müssen, 156 0. vom Rath, arriver que lorsque les noyaux ont acquis ces proprietes, ils soient en- core trop volumineux pour former des spermatozoides. Ils sont alors obliges de se fractionner encore une ou plusieurs fois, dans le seul but d’acquerir les dimensions ne&cessaires, et ce fractionnement se fait alors par voie acinetique. La division desspermatocytes par simple etranglement est done uniquement destinee A donner ä& chaque spermatide la quantite de substance nucl&aire ne- cessaire A la formation d’un spermatozoide, cette substance ayant deja acquis les qualites requises, gräce aux divisions anterieures par voie caryocinetique.« Die Befunde Picrrr’s und ihre Deutung widersprechen direkt den Angaben von Pıartxer (32), Heskıns (20), O. HerTwIG (22), sowie meinen eigenen, an einer großen Zahl von Vertebraten und Evertebraten ge- wonnenen, Resultaten. Wenn wirklich die von Pıcter geäußerte Ansicht von einer Nothwendigkeit oder nur Möglichkeit der Amitose bei den beiden letzten Theilungen der Samenzellen eine Berechtigung hätte, würde den oben erwähnten Autoren und mir ein solches Vorkommnis sicherlich nicht entgangen sein. Wie ich bereits an einem anderen Orte gezeigt habe (34) sind die Befunde genannter Autoren mit meinen eigenen ganz gut zu vereinbaren, die Differenzen unserer Resultate beruhen lediglich auf einer verschiedenen Deutung der Befunde. Auf theoretische Bedenken, welche der Auffassung Pıcrer's entgegenge- halten werden, will ich hier nicht näher eingehen, da ich bereits im Allgemeinen Theil meiner Arbeit die Unhaltbarkeit einer solchen An- schauungsweise genügend begründet zu haben glaube. Außer Pıcrer hat in letzter Zeit auch Karı v. BarDELEBEN (2) (wie ich aus den Verhandlungen der anatomischen Gesellschaft 1892 ersehe) wenigstens beim Menschen in der Spermatogenese die beiden letzten Theilungen als amitotische beschrieben. Auch will genannter 'Autor keinen wesentlichen Unterschied zwischen einer auf mitotischem und einer auf amitotischem Wege entstandenen Zelle anerkennen; er tritt so, ohne sich näher darüber auszusprechen, zu der neuen Auffassung der Amitose in schroffen Widerspruch. Da ich selbst die Spermato- genese vom Menschen nicht untersucht habe und der in Rede stehenden Abhandlung von v. BarpzLesen keine Abbildungen beigefügt sind, kann ich mir natürlich kein entscheidendes Urtheil in dieser Frage anmaßen. Da ich aber die Spermatogenese einer großen Anzahl von Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugern (Maulwurf, Eichhorn, Kaninchen, Meer- schweinchen, Hund, weiße Maus u. a.) sorgfältig studirt und niemals bei den letzten Theilungen eine Spur von Amitose gefunden habe, muss ich die Befunde v. BarpeLzsen’s ernstlich anzweifeln. Eine Aus- Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra macnlosa, I. 157 - nahmestellung des Menschen in dieser Frage ist gänzlich ausgeschlossen. In der auf den Vortrag von v. BARDELEBEN folgenden Diskussion betont übrigens Bznpa, dass er Gelegenheit gehabt habe, Hoden von Menschen, die durch Kastration entfernt wurden, zu untersuchen, und dass er dort Mitosen der Mutterzellen, durch die die Spermatocyten entstehen, aufgefunden habe, es sei nicht nöthig, hier Kernfragmentirungen anzu- nehmen (l. c.p. 208). Einstweilen müssen wir die in Aussicht gestellte ausführliche Arbeit von v. BARDELEBEN abwarten. Über Amitose im Hoden und der geschlechtlich noch nicht differenzirten Genitalanlage von Salamandra maculosa und anderen Amphibien. Bekanntlich bestehen die Hoden der Land- und Wassersalamander aus einer Reihe hinter einander liegender Lappen, die je nach den biologischen Verhältnissen der Thiere, z. B. Alter, Jahreszeit, Entwick- lungsperiode der Samenzellen aber auch nach Individuen in Bezug auf Zahl, Größe und Färbung große Mannigfaltigkeiten aufweisen. Die einzelnen Lappen einer jeden Hodenseite stehen durch schmale Stränge von Bindegewebe unter einander in Verbindung. An jedem dieser Lappen kann man einen vorderen oder oberen und einen hinteren oder unteren Abschnitt (Pol) unterscheiden, die je nach dem Entwicklungsstande der Samenzellen in ihren Größenverhältnissen variiren und schon mit bloßem Auge durch ihre verschiedene Färbung gegen einander abstechen. Während nämlich der hintere (= caudale) Abschnitt eines jeden Lappens eine hellere weiße bis gelbliche Färbung trägt, ist der vordere Abschnitt durch einen dunklen und grauen Ton charakterisirt. Da nun eine ausführlichere Beschreibung des Salamanderhodens bereits durch Lryvıc (26), Duvernoy (12), SPpENngEL (41), Fremning (1%), Hermann (21) und Andere gegeben wurde, will ich mich darauf be- schränken, nur einige für den vorliegenden Zweck wichtigere Gesichts- punkte hervorzuheben. Fertigt man durch die Hodenlappen von Salamandra und Triton Schnittserien an, so überzeugt man sich bald davon, dass der vordere und hintere Abschnitt jedes Lappens in histologischer Beziehung wesent- lich von einander verschieden sind, wodurch die bereits äußerlich auf- fallende Verschiedenheit in der Färbung eine befriedigende Erklärung findet. Wie ich bereits im ersten Theile meiner Arbeit hervorhob, ist es für das Studium der Spermatogenese von Salamandra maculosa un- bedingt nothwendig Thiere zu allen Jahreszeiten zu untersuchen, denn während für die eigentliche Samenbildung die Frühjahr- und Sommer- monate (Mai bis Mitte August) von größter Bedeutung sind, so ist für 158 0. vom Rath, die Frage der Amitose gerade umgekehrt der Herbst und Winter (Sep- tember bis April) von Wichtigkeit, da in den kalten Monaten die später noch näher zu besprechenden polymorphen Kerne ihre größte Ver- -breitung finden. In allen Jahreszeiten findet man aber am vorderen Abschnitte jedes . Hodenlappens bei den Land- und Wassersalamandern eine Gruppe von großen Zellen mit großen blassen Kernen, die durch ihren Habitus so- fort gegen das übrige Hodengewebe abstechen. Es sind dies die Regenerationszellen, von welchen, wie schon von früheren Autoren (FLEMMING, v. LA VALETTE ST. GEORGE, HERMANN u. A.) richtig hervorgehoben wurde, nach der Samenentleerung und Zerfall der alten Follikel, neue Follikel und neue Samenzellen produeirt werden. Diese Zellen sind als Primordialeier, Spermatogonien, Ovules mäles und indifferente Keimzellen bezeichnet worden. Zwischen den Regenerationszellen liegen andere kleinere Zellen mit verschieden ge- stalteten stark tingirbaren Kernen und undeutlichen Umrissen, es sind dies die Follikelzellen (meine Randzellen). Ein durchaus anderes Bild zeigt der untere oder hintere Abschnitt (caudale Pol). Im Wesentlichen sehen wir dort Hodenkanälchen, welche aus Bindegewebe, aus Randzellen (Follikel- und Cystenzellen) und aus Samenzellen, welche je nach der Jahreszeit in verschiedenen Entwick- lungsphasen sich befinden, bestehen. Bei den Fröschen und Kröten liegen die Verhältnisse wesentlich anders, indem bei den Anuren keineswegs wie bei den Urodelen von einem bestimmten Regenerationsfelde aus die Bildung neuer Follikel und dann neuer Samenzellen erfolgt; es gehen vielmehr die Follikel nach der Samenentwicklung keineswegs sämmtlich zu Grunde, sondern in jedem Follikel persistiren Regenerationszellen, von denen aus neue Samenzellen entstehen, und falls einige Follikel zu Grunde gehen, zuerst neue Follikel gebildet werden. Mit vollem Recht betont daher Hermann (24), dass die in dem sogenannten Pseudovarium oder Bivper’'schen Organ der Kröte vorkommenden großen Zellen mit den indifferenten Keimzellen (meinen Regenerationszellen) des Salamanders gar nicht verglichen werden dürfen, wie es durch Berroncı (3) geschah, da die Zellen dieses Organs wirkliche Eizellen sind und von diesen aus niemals die Regeneration nach der Samenentleerung ausgeht. Beiläufig möchte ich erwähnen, dass ich häufig in solchen Eizellen aus dem Bipper schen Organ von Bufo vulgaris zwei Keimbläschen (Kerne) gefunden habe, ferner sah ich mehrfach eingebuchtete Kerne, welche auf Amitose hindeuteten. Degenerirende Eizellen mit gelappten Kernen und solche mit eingewanderten Leukocyten kamen mir nicht Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maeulosa. II, 159 selten zur Ansicht. Von besonderem Interesse aber ist der Umstand, dass das Chromatin auch in diesen Eizellen die eigenthümlichen über- kreuzten, vielfach ausgezackten Schleifen zeigte, wie sie durch Rückerr bei den Selachiern beschrieben wurden (37) und wie ich sie in Fig. 13 für die Ovarialeier von Salamandra maculosa abgebildet habe. Kehren wir nach dieser kurzen Abschweifung wieder zum Sala- manderhoden zurück. Untersucht man die Hoden von Salamandra maculosa von Anfang September bis zum Frühjahr des nächsten Jahres, etwa bis zum Mai, so-wird man im Wesentlichen die gleichen histologischen Bilder finden. Am vorderen Abschnitte (Pol) der Lappen fällt sofort das Regenerations- feld auf und der gesammte übrige Hoden (hintere Abschnitt) besteht aus Follikeln mit reifen Spermatozoen. Es wird nun aber keineswegs im Frühjahr sämmtliches Sperma entleert, so dass man sich nicht zu wundern braucht, in manchen Hoden des Sommers in einzelnen Lappen noch reichliche Spermamengen anzutreffen. Wie ich bereits im ersten Theile ausführte, beginnt meist im Juni von den Zellen des Regenerationsfeldes her in der unten beschrie- benen Weise die Neubildung von Follikeln und Samenzellen, die beiden letzten Theilungen derselben, die ich als Reduktionstheilungen bezeich- nete, finden gegen Ende Juli oder Anfang August statt. Kurze Zeit darauf, meist aber schon in der ersten Hälfte August, erfolgt dann die Umwandlung der unreifen Samenzellen oder Spermatiden zu Spermato- zoen. Für unsere Zwecke kommen nur noch die Vorgänge am vor- deren Pol in Betracht. Die Entstehung von neuen Follikeln aus den Regenerationszellen ist zuerst von v. LA VaLETTE beschrieben und später von Nusssaum u. A. des Näheren untersucht worden!. Es war bereits v. LA VALETTE auf- 1 Die Regeneration des Salamanderhodens ist bekanntlich bereits von einer ganzen Reihe von Autoren beschrieben worden, z. B. von v. LA VALETTE ST. GEORGE, FLEMMING, BELLONCI, SwAEn und MASQUELIN, HERMANN, so dass ich mich darauf be- schränken darf, nur einige Gesichtspunkte hervorzuheben. Aus jeder Ursamenzelle entsteht durch mitotische Theilungen ein Zellkomplex, der von einer Hülle von Binde- gewebe umgeben ist. Außer den Sexualzellen haben sich auch die Umhüllungs- zellen (Follikel- und Cystenzellen) vermehrt. Durch Verschmelzung mehrerer solcher Zellkomplexe entstehen die bereits von Berroscı als solide Hodenstränge bezeichneten Formationen. Durch Auftreten eines spaltförmigen Raumes innerhalb dieser Stränge beginnt dann der Anfang eines Hodenkanälchens. Die Weiterent- wicklung dieser Kanälchen ist vor Allen von Swaen und MasovELın eingehend beschrieben. Hermann fasst diese Momente in Kürze wie folgt zusammen. »Lebhafte Kerniheilungen stellen sich nun ein; die einzelnen Spermatogonien wandeln sich dadurch in kleine, zweizellige, der bindegewebigen Kanälchenwand senkrecht aufsitzende Säulchen um, weitere Theilungen schließen sich an und bald ist aus 160 0. vom Rath, gefallen, dass eine große Zahl der Regenerationszellen keinen runden bläschenförmigen Kern hat, vielmehr vielfach eigenthümlich einge- buchtete und zerklüftete Formen zeigte. Es wurden auch vielfach zwei und mehr Kerne in einer Zelle beobachtet, so dass der Gedanke einer Kerntheilung nahe lag. Es wurde nun durch v. LA VALETTE und Nuss- Baum nachgewiesen, dass solche als trauben- oder maulbeerförmige Theilungen des Kerns bezeichnete Vorgänge in den funktionirenden Theilen des Geschlechtsapparates ungemein verbreitet vorkommen und ein regelmäßiges Vorkommnis nicht nur bei Amphibien darstellen, sondern auch gelegentlich beim Menschen und der Ratte (v. La VALETTE) gefunden wurden. Nussgaum (29) konstatirte, dass diese Maulbeerform der Kerne nicht allein in den allerfrühesten Entwicklungsstadien der Geschlechtsdrüsen beider Geschlechter, sondern auch bei der Neubil- dung der männlichen und weiblichen Geschlechtsprodukte erwachsener Amphibien eine große Rolle spielt. Ähnliche Formen der Kerntheilung fand Nussgaum im Hoden der Reptilien und Cephalopoden, ferner im Eierstocksepithel des Hundes. Die Deutung, welche v. LA VALETTE ST. GEORGE und Nussgaum diesen Vorgängen gegeben haben, wurde bald von Fremnine und Krause be- stritten. v. LA VALETTE St. GEORGE ist der Ansicht, dass von den Kern- fragmenten einer solchen polymorphen Spermatogonie sich einer ver- größere und zum eigentlichen Sexualkern würde, während die übrigen als Follikelkerne den Sexualkern umhüllten. Nusssaum vertritt die gleiche Auffassung. »Nur ein einziger Kern vergrößert sich und wird dadurch zu einer Vorstufe der männlichen oder weiblichen Zeugungs- keime; die übrigen Kerne treten an die Peripherie und erzeugen auf diese Weise eine epitheliale Hülle der Keimzelle, welche beim Ei schon lange den Namen Follikelepithel führt, bei der Ursamenzelle, der Spermatogonie dagegen von v. LA VALETTE St. GEoRGE Follikelhaut ge- nannt worden ist.« Während nun von v. LA VALETTE ST. GEORGE und der einzelnen Spermatogonie ein stattlicher Haufen von Zellen gebildet, die ihren gemeinschaftlichen Ursprung noch deutlich dadurch zur Schau tragen, dass sie von einer aus Follikelzellen gebildeten, gemeinschaftlichen Hülle begrenzt werden. Wir sehen also, wie dies schon vor längerer Zeit von v. LA VALETTE ST. GEORGE nachgewiesen wurde, dass eine einzige Spermatogonie einen ganzen Zellhaufen, eine sog. Spermatocyste aus sich hervorgehen ließ und damit eine Wachsthums- energie an den Tag gelegt hat, die die Existenz gelappter Kernformen, die wir ja an den indifferenten Keimzellen so häufig fanden, in oben erwähntem Sinne wohl berechtigt sein lassen dürfte. Dass die Entwicklung des Hodens aus der geschlecht- lich noch nicht differenzirten Genitalanlage der Larve mit der Neubildung des Hodengewebes des ausgebildeten Thieres bis ins Einzelnste übereinstimmt, ist schon von früheren Autoren betont worden. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maeulosa. I. 161 Nusssaum die maulbeerförmige Kerntheilung an den Anfang der Spermato- genese gestellt wurde, erklärten Krause und Freuming diese Theilung als ein Absterbephänomen, welches am Ende der Samenkörperbildung auftrete. Nusspaum lässt es übrigens vorläufig unentschieden bleiben, ob die Maulbeerform der Kerne eine besondere »direkte Kerntheilung« ein- leite oder nur in gewissen Fällen ein Anfangsstadium der »indirekten« Kerntheilung darstelle. | | Dass v. LA VALETTE ST. GEORGE gegenwärtig noch die Entstehung der Follikelzellen in der gleichen Weise annimmt, geht aus verschiedenen Stellen einer Arbeit der letzten Zeit hervor. Vor Jahren habe ich mich dahin ausgesprochen, sagt v. L4 VALETTE St. GEORGE, dass Urei und Ursamenzelle als gleichwerthig zu betrachten seien, beide eingeschlossen in eine Zellhaut, die Follikelmembran. Dass diese Zellhaut von der Oogonie und Spermatogonie gebildet würde, erschien mir damals schon sehr wahrscheinlich. An einer anderen Stelle heißt es: Die Urei- (Oogonie) und Ursamenzelle (Spermatogonie) bleiben als solche ungetheilt. Das Urei liefert unter Umständen jedoch noch weitere Theilungsprodukte nach außen ab: a) die Follikelzellen, b) die Rich- tungskörperchen; eben so die Ursamenelle a) die Follikelzellen, b) die Cystenzellen; ferner auf p. 540: Wohl können, wie ich dies an ver- schiedenen Orten nachgewiesen habe, Follikelzellen aus einer Spermato- gonie hervorgehen, niemals aber dürfte die letztere einer Follikelzelle ihren Ursprung verdanken, dasselbe trifft meiner Meinung nach auch für die Oogonie und ihre Follikelhüllen zu. Ich muss hierauf erwiedern, dass, wie ich schon vorhin betonte, in der Ovogenese die Follikelzellen nicht aus dem Ei stammen, sondern aus dem Keimepithel. Eben so stammen die Umhüllungszellen (Follikel- zellen) in der Spermatogenese nicht aus der Spermatogonie, vielmehr gleichfalls aus dem Keimepithel. Bekanntlich haben nach v. LA VALETTE ST. GEORGE, NussBaum, Krause und Fırmuise noch eine ganze Reihe von Autoren das Vorkommen der maulbeerförmigen Kerntheilung im Hoden und der geschlecht- lieh noch nicht differenzirten Genitalanlage vieler Amphibien und anderer Vertebraten beobachtet, aber verschiedentlich interpretirt. Ein näheres Eingehen auf alle diesbezüglichen Arbeiten würde zu weit führen, und es sollen nur solche Angaben hervorgehoben werden, welche direkt die Frage der Amitose behandeln. Es haben übrigens die meisten Autoren zwischen den gelappten und verzweigten Kernen einerseits und den einfach oder von zwei entgegengesetzten Seiten eingebuchteten (hantelförmigen) Kernen andererseits keinen Unter- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Ba. A 162 | 0. vom Rath, schied gemacht und alle Formen der direkten Kerntheilung (Amitose) einfach unter dem gemeinsamen Namen der polymorphen Kerne (BeLLoncı) zusammengefasst. Besonders eingehend hat Berroncı die verschiedenen Formen der polymorphen Kerne der Sexualzellen der Amphibien studirt und die Ansicht ausgesprochen, dass die eigenthüm- lich zerklüfteten und gelappten Kernformen die Folge einer unvoll- ständigen beziehungsweise nicht völlig abgeschlossenen Kerntheilung seien und Degenerationsformen darstellen. In dem gleichen Jahre er- wähnt C. K. Horrmann (24) bei seinen Untersuchungen über Embryonen von Triton cristatus, dass er in den geschlechtlich noch nicht differen- zirten Genitalanlagen dieses Thieres zwei- und selbst dreikernige Ureizellen und deutliche Einschnürungsformen, ganz der sog. maul- beerförmigen Kerntheilung der Autoren entsprechend gefunden habe, wenn hier wirklich direkte Kerntheilung vorkäme, so sei sie jedenfalls auf die allerersten Stadien der Ureizellen beschränkt; ferner hält es GC. K. Horrmann für möglich (p. 580), dass neben der indirekten Kern- theilung auch direkte stattfinde. Von den hierher gehörigen Arbeiten der neuesten Zeit müssen die von Hermann (24) und die von Mevss (27) eingehend besprochen werden. Hermann hält die Auffassung der maulbeerförmigen Kerntheilung Nuss- Baum’s eben so wie die Deutung der polymorphen Kerne seitens BerLoner’s für unhaltbar. Überhaupt will Hermann einen amitotischen Kernthei- lungsmodus nicht gelten lassen, wie aus folgender Stelle hervorgeht. »So lange man mit den mitotischen Theilungsvorgängen und deren allgemeinen Vorkommen noch nicht bekannt war, war die Deutung gelappter Kerne eine einfache, man sah sie eben als sich theilende Kerne an. Allein heut zu Tage sind ja die Argumente für das Vorkommen einer solchen direkten Theilung immer spärlicher geworden, und wenn auch Einige, z. B. Nusssaum, gerade für die uns interessirenden Keim- zellen der Amphibien, noch an diesem amitotischen Theilungsmodus festhalten, so darf wohl als sicher angenommen werden, dass künftige Untersuchungen die Grundlosigkeit dieser Annahme feststellen und den endgültigen Beweis liefern werden, dass die Kerntheilung nur nach einem einzigen Princip, dem der Karyokinese erfolgen dürfte. Dabei mag freilich nicht geleugnet werden, dass dieser Process nicht überall bis ins Detail vollkommen gleichartig abläuft, allein das Typische des karyokinetischen Vorganges dürfte sich wohl überall auffinden lassen, wo wir überhaupt sich theilenden Zellkernen begegnen.« Ich kann Herrmann darin zustimmen, dass es nur ein einziges Prin- eip der normalen Kerntheilung giebt, nämlich die Mitose, und dass man erwarten muss, dass die Sexualzellen, welche sich weiter entwickeln, Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra macnlosa. I. 163 sich nach diesem Typus theilen. Jedoch kommen thatsächlich Bilder von Amitose bei Sexualzellen (wie bei Somazellen) vor, und es ist eben die Frage, wie man diese aufzufassen und zu erklären hat. In Betreff der polymorphen Kerne sind Hermann und auch Mevses der Ansicht, dass dieselben keine Degenerationsformen darstellen. Gegen die Auffassung Berroncr's ftihrt Hermann Folgendes an: »Es steht fest, dass auch in der Genitalanlage der Salamanderlarve die gelappten Kerne ungemein häufig vorkommen; sollen nun alle diese Kerne, kaum gebildet, wieder einem Untergang entgegen gehen? das klingt doch wenig wahrscheinlich; und außerdem verlaufen die Degenerations- processe, die im Zellmaterial des Salamanderhodens häufig zur Beob- achtung gelangen, unter wesentlich anderen Erscheinungen als einer Lappung der Kerne.« Die Lappung der Kerne sowohl bei Hungerkernen als auch bei all den anderen gelappten Kernformen fasst Hermann als den Ausdruck einer vermehrten Stoffwechselenergie auf. Auch für die polymorphen Kerne der indifferenten Keimzellen des Salamanderhodens lasse sich nachweisen, dass ihnen vermehrte Stoffwechselvorgänge und Hand in Hand damit eine erhöhte Wachsthumsenergie eigen ist!. i HERMANN Spricht sich über die Lappung der Kerne folgendermaßen aus: »Wenn wir das Auftreten der Lappung an den ‚Hungerkernen‘ in etwas weiterer Ausdehnung als den Ausdruck einer vermehrten Stoffwechselenergie auffassen, so dürfen wir uns damit eine gemeinschaftliche Basis geschaffen haben, von der aus wir nicht nur das Auftreten gelappter Kerne in Folge von Hunger, sondern auch all die gelappten Kernformen, die wir so häufig antreffen, vollständig beurtheilen können. Wir werden dann verstehen, warum der Kern die ungünstigen Bedin- gungen mangelnder Nahrung durch Vergrößerung seiner resorbirenden Oberfläche zu besiegen sucht, warum also die ‚Hungerkerne‘ gelappte Formen darbieten. Das Auftreten dieser in Eiern und Furchungszellen wird uns dann nicht mehr wunder- bar erscheinen, denn, dass in diesen Zellen eine vermehrte Energie des Stoffwech- sels stattfindet, dafür genügt wohl der Hinweis bei den ersteren auf die Dotter- bildung, bei letzterer auf die rapiden Wachsthumserscheinungen. Vor Allem aber werden uns die gelappten, ja verästigten Kernformen in Drüsenzellen erklärbar, wie sie namentlich bei Evertebraten so zahlreich beobachtet wurden; hier wird ja an die Stoffwechselvorgänge der Zelle nicht nur die Anforderung gestellt, das be- treffende Zellindividuum auf gehörigem Ernährungszustand zu halten und in Wei- terem zur Vermehrung geeignet zu machen, sondern es tritt die erhöhte Aufgabe heran, die Bildung eines eventuell recht massigen Sekretes zu besorgen. Auch die eigenthümlichen Kernformen der Riesenzellen des Knochenmarkes dürften von unserem Standpunkte aus beurtheilt werden können, sehen wir doch, wie ich einer schon alten Mittheilung von v. KöLLıkEr entnehme, welche Leistung gerade von diesen Zellen für die Bildung der Oberfläche des Skelettsystems verlangt wird. In letzter Instanz dürften vielleicht auch die eingebuchteten, gelappten Kernformen der Leukocyten hierin eine Erklärung finden. Dabei soll durchaus nicht geleugnet werden, dass in degenerirenden Zellen gelappte Kerne vorkommen, allein dieselben sind nicht ein Zeichen eines degenerativen Processes an und für sich, sondern nur 44% 164 0. vom Rath, Über die maulbeerförmige Kerntheilung und die polymorphen Kerne habe ich mir folgendes Urtheil gebildet. AlleZellen im Sexual- apparatder Amphibien (undsämmtlicheranderen Metazoen), welche maulbeerförmige oder polymorphe Kerne haben, gehören nichtin den Entwicklungsceyklus der Samen- und Eizellen; sie sind weder an den Anfang noch an das Ende der Spermatogenese oder Ovogenese zu stellen; sie gehen allmählich zu Grunde und können höchstens für die übrigen sich normal entwickelnden Sexualzellen als NährmaterialVerwendungfinden. Esleitet die Maulbeer- form unter keinen Umständen eine Mitose ein, sie deutet vielmehr daraufhin, dass die Zelle fernerhin keine Mitose mehr eingehen kann. Auf die Amitosen, welche im Hoden an den Randzellen (Follikel- und Cystenzellen;, im Ovarıum, im Follikelepithel gefunden werden, brauche ich hier nicht näher einzugehen, diese genannten Zellen haben nur eine vorübergehende Bedeutung und ihr Untergang wird Nie- mand wundern. Beiläufig möchte ich noch erwähnen, dass ich bei Stützzellen z. B. in. der geschlechtlich noch nicht differenzirten Genitalanlage und auch im Follikelepithel der Ovarialeier von Salamandra hin und wieder Mitosen gefunden habe. Es stehen diese Befunde aber keineswegs im Widerspruch zu meinen früheren diesbezüglichen Angaben oder zu meiner Auffassung der biologischen Bedeutung der Amitose. Letztere tritt im Hoden und Ovarium hauptsächlich dann auf, wenn die Um- hüllungszellen ihre Rolle ausgespielt ‚haben. Die hierher gehörigen Angaben von Mevzs beziehen sich in erster Linie auf das Verhalten der Attraktionssphäre bei der Amitose im Hoden von Salamandra, sowie über die Entstehung von Ringkernen. Über die biologische Bedeutung der Amitose und ihr Verhältnis zur Regeneration hat der senaunien} Autor noch keine definitive Ansicht aus- sprechen wollen. Em Mit vollem Recht trennt Meves die polymorphen Kerne von den typischen Formen der Amitose ab. Als amitotische Kerntheilungen der Ausdruck dessen, dass die Anstrengungen, die die Zelle zur Sicherung ihres Stoffwechselbedürfnisses gemacht, vergebliche waren und sie erst danach einer Degeneration anheimgefallen ist. Kehren wir nach diesem allgemeinen Exkurs wieder zu unserem Ausgangspunkte, den polymorphen Kernen der indifferenten Keimzellen des Salamanderhodens, zurück, so wird sich auch für sie sogleich nachweisen lassen, dass auch ihnen vermehrte Stoffwechselvorgänge und Hand in Hand damit eine erhöhte Wachsthumsenergie eigen ist.« Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. Il. 165 beschreibt dieser Autor solche Theilungen, die unter dem Bilde einer einfachen Durchschnürung vor sich gehen und durch ein eigenthümliches Verhalten der völlig intakten Sphäre verlaufen. Ich werde das Ver- halten der Attraktionssphären und Centrosomen bei der Amitose nach- her in einem besonderen Abschnitte diskutiren. Nach Mevss »muss« man ‘annehmen, dass von den polymorphen Kernen, die hauptsächlich im Herbste und im Winter zur Anschauung kommen, im Frühjahr eine Umwandlung der polymorphen Kerne in runde stattfindet. »In der That beginnen im Hoden aus dem Monate März die so merkwürdig ge- lappten Formen, wie man sie im Spätherbst und Winter antrifft, all- mählich durch Ausgleichung ihrer Spalten und Buchten ein regel- mäßigeres Aussehen zu gewinnen ünd zu einem abgerundeten Zustande des Kernes zurückzukehren.« Dass die polymorphen Kerne dem Untergang verfallen sollten, hält Meves für unwahrscheinlich, »weil man in einzelnen Winterhoden fast nur Spermatogonien mit solchen ge- lappten Kernen findet. Außerdem sieht man sich vergeblich nach Endstadien dieser polymorphen Degeneration um. Chromatolysen, unter deren Bildung die Degenerationsprocesse auch in diesen Zellen verlaufen, finden sich ziemlich selten und im Frühjahr nicht häufiger als zu anderen Jahreszeiten.« Wollen nun Hermann und Mevgs in den polymorphen Kernen keine Degenerationsformen sehen, so muss ich auf Grund völlig überzeugen- der Präparate mit Krause, Fremming und BeLroncı den degenerativen Charakter der polymorphen Kerne betonen. Dass sich die poly- morphen Kerne des Herbstes und Winters im Frühjahr wieder ab- runden, trifft auf jeden Fall für die größte Zahl der polymorphen Kerne nicht zu. Die Degenerationserscheinungen der polymorphen Kerne im Spätherbst und Winter sind so typische und der Kernhabitus dieser Zellen ist ein so verkommener, dass von einem Ausglätten der Einbuchtungen gar keine Rede sein kann. Dass im Frühjahr im Re- generationsfelde viel weniger polymorphe Kerne vorkommen als im Herbste und Winter, und dass alle Regenerationszellen einen ge- sunderen Habitus aufweisen als in den kalten Monaten, steht fest, dess- halb ist man aber keineswegs zu der Annahme gezwungen (Mrvss), dass eine Abrundung der zerklüfteten Kerne im Frühjahr stattfindet. Die Kerndegenerationen vollziehen sich auch keineswegs gleichzeitig im Beginn des Frühjahres, vielmehr findet man sie reichlich während des Herbstes und im Winter; im Frühjahr finden sich nur desshalb weniger typische Degenerationsformen, weil bereits die große Menge der poly- morphen Kerne vorher zu Grunde gegangen ist. Das gesammte Regenerationsfeld ist aber in Folge dessen auch wesentlich kleiner ge- 166 0. vom Rath, worden als es im Herbste und Winter war. Im Oktoberhoden bildet das Regenerationsfeld einen gewaltigen Komplex von normalen und degenerirenden Sexualzellen, im März und April, also kurz vor der Samenentleerung und Neubildung von Samenzellen, ist aber das Regenerationsfeld auf einen ganz kleinen Streifen am oberen Ab- schnitte jedes Lappens reducirt. Die übrig gebliebenen Regenera- tionszellen, die, wie ich schon oben erwähnte, möglicherweise durch das zerfallende Kernmaterial der degenerirenden Zellen ernährt wurden, zeigen durchgängig runde und gesunde Kerne und diese treten nach der Samenentleerung in schnell auf einander folgende Mitosen ein. Ich möchte hiermit nun keineswegs in Abrede stellen, dass manche Kerne mit kleineren Unregelmäßigkeiten sich wieder abrunden können, haben wir doch genügende Beispiele für amöboide Kerne, die vor unseren Augen Gestaltveränderungen eingehen. Die polymorphe Gestalt der Kerne vieler Sexualzellen ist offenbar durch ungünstige biologische Verhältnisse und zumal Nahrungsmangel bedingt und ich möchte mit Hermann annehmen, dass der Kern offenbar durch Oberflächenver- größerung seinen Bedürfnissen nach Nahrung abzuhelfen sucht; in den meisten Fällen aber fehlt es ihm nachher an Kraft, seine Fortsätze wieder einzuziehen und diese bröckeln dann leicht ab. Die Bilder, welche ich im Hoden der Tritonen und Frösche im Regenerationsfelde im Herbste und Winter vorfand, und eben so die polymorphen Kerne, welche in der Genitalanlage vor der geschlecht- lichen Differenzirung bei sämmtlichen Amphibien auftreten, sind denen des Salamanders so ähnlich, dass ich sie nicht näher zu besprechen brauche. Besonders interessante Bilder von polymorphen Kernen fand ich aber im Hoden der Kröte (Bufo vulgaris), indem dort die Zahl der Kernstücke, die aus einem polymorphen Kern entstanden sind, oft eine erstaunlich große Zahl beträgt (Fig. 8). Ob man nun alle polymorphen Kerne unbedingt zur Amitose rechnen darf, bleibt einstweilen eine Streitfrage. Aufjeden Fall können bei vielen polymorphen Kernen in Sexualzellen die Einbuchtungen persistiren, ohne dass eine Kerndurchschnürung stattfindet und der Kern degenerirt; in anderen Fällen zerfällt der polymorphe Kern in eine ganze Zahl mehr oder weniger runder Kernfragmente (Fig. 1, Zelle 5). Einstweilen dürfte es sich empfehlen, die polymorphen Kerne ins- gesammt der Amitose zuzurechnen, da eine ganze Kette von Übergangs- formen zwischen polymorphen Kernen bis zur Hantelform der Amitose gefunden werden. Ob nun auf die Hantelform der Amitose in den Regenerationszellen Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. II. | 167 des Salamanders eine Zelltheilung folgt, wie es Meves annehmen möchte, scheint mir sehr fraglich zu sein; ich habe niemals bei Salamandra, Tritonen und Fröschen eine Andeutung hierfür gefunden, es treten aber die Hantelformen überhaupt so überaus selten auf, dass ihnen eine besondere Bedeutung bei der Regeneration unter keiner Bedingung zukommen kann. Beiläufige Bemerkungen über Ring- und Lochkerne. Bekanntlich sind von verschiedenen Autoren Ring- und Lochkerne in den verschiedenartigsten Geweben gefunden worden. Ich habe die- selben außer bei Sexualzellen von Amphibien (Fig. 4) auch in der Haut dieser Thiere wiedergefunden (Fig. 12 b, e, h). In Übereinstimmung mit Arnor» (1) sah ich sie im Knochenmark und der Milz verschiedener Warmblüter (weiße Maus, Kaninchen, Meerschweinchen und Hund). Wie Fremmine fand ich sie hin und wieder in der Blase von Salamandra, häufiger in der Lunge bei Tri- tonen (zumal Triton palmatus) und der Salamanderlarve. Hartscnzk (19) erwähnt ringförmige Kerne im Epithel von Amphioxuslarven. Reınke (35) giebt an, dass er durchlochte Kerne in der Milz der weißen Maus ge- funden habe und im Mesenterium willkürlich hervorrufen konnte. Das Vorkommen von Ringkernen in der Iymphatischen Randschicht der Salamandrinenleber, welches von Görperr (17) beschrieben wurde, kann ich bestätigen. Die Verbreitung der Ring- und Lochkerne ist somit eine große. Was die Entstehung dieser Kerne angeht, so verweise ich auf die neueste Arbeit von Mevgs (27b). Wenn nun auch Ringkerne im Sala- manderhoden im Anschluss an eine Mitose entstehen können, wie es BerLoncı und Mervzs nachzuweisen versuchen, so steht es für mich fest, dass die Tochterkerne sich nur noch amitotisch theilen können, eben so wie die Tochterkerne, welche aus anderen anormalen Mitosen her- vorgehen !. Wenn auch Ringkerne, wie Mevzs es beschrieb, aus einer Mitose hervorgehen können, so ist doch eine solche Mitose schon eine anormale, da sich die Spindelfigur zu spät zurückbildet und so die Ringform ent- standen ist. Es ist folglich sehr unwahrscheinlich, dass die Ringkerne sich weiterhin mitotisch theilen können. Über Amitose im Ovarium. Da bereits in der geschlechtlich noch nicht differenzirten Genital- anlage Amitosen gefunden werden, kann es uns nicht wundern, auch i Es wird wohl Niemand annehmen, dass aus Zellen, in welchen statt Dyastern, Triaster oder Polyaster auftreten, Tochterzellen entstehen, deren Kerne wieder Mitosen eingehen. 168 0. vom Rath, im jungen Ovarıum Amitosen vorzufinden. Eben so wie beim Hoden muss aber auch im Ovarium scharf unterschieden werden zwischen den Amitosen bei Umhüllungszellen (Follikelepithel; und solchen bei Sexualzellen (Eizellen). Auf die Angaben über Amitose im Follikelepithel der Ovarialeier brauche ich nicht näher einzugehen, da diese Zellen nur eine vorüber- gehende Bedeutung haben und nach der Eireife zu Grunde gehen. Wenn bei diesen Zellen die letzten Theilungen der Kerne auf amito- tischem Wege erfolgen, so erscheint dies nach der neueren Auffassung der Amitose leicht begreiflich. Den Angaben Carnoy’s über Amitosen im Follikelepithel von Gryllotalpa kann man eine große Zahl ähnlicher Fälle bei anderen In- sekten an die Seite stellen. Ich sah solche Amitosen eben so häufig im Follikelepithel bei Crustaceen (z. B. sehr oft bei Astacus) und auch bei Wirbelthieren (z. B. beim Salamander). Die Angaben der Autoren, welche sich aber auf Amitosen der Ei- zellen beziehen, sind relativ spärlich und betreffen in erster Linie die Eizellen im jungen Ovarium. Dass die beiden letzten Theilungen in der Ovogenese auf mitoti- schem Wege erfolgen sollten, wird wohl Niemand behaupten wollen, da die Ausstoßung der Richtungskörper bekanntlich nur auf mitotischem Wege von statten geht. Dieser Gesichtspunkt allein muss schon schwer gegen die Möglichkeit von Amitose bei den beiden letzten Theilungen in der Spermatogenese in die Wagschale fallen, zumal wir durch sorg- fältige Untersuchungen der letzten Jahre eine überraschende Überein- stimmung der Vorgänge bei der Ovogenese und Sperma kennen gelernt haben. Von den Angaben über Amitose in den Eizellen von Evertebraten beanspruchen die Nährzellen von Würmern, Crustaceen und Insekten ein besonderes Interesse, sie sind zwar den Eizellen ursprünglich gleichwerthig, gelangen aber nicht zur Reife. Diese Nährzellen, welche meist schon durch ihren relativ großen Kern auffallen, liefern bekannt- lich den sich wirklich entwickelnden Eizellen Nahrungsmaterial und, wenn bei diesen Amitose auftritt, wie es beispielsweise KorseHELr für die Nährzellen in den Endkammern der Ovarien verschiedener Wanzen gesehen hat, so entspricht dieser Vorgang genau der Anschauungsweise, welche von mir und H. E. Zıeszer über die biologische Ba: der Amitose vertreten wird. Rechnet man die polymorphen Kerne (Maulbeerform der Kerne) zur Amitose, so wird man auch einige Beobachtungen von W. Voıer (45) Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maeulosa, II. 169 über Ovarialeier von Branchiobdella hier heiziehen können. In ähn- licher Weise wie im Hoden (ef. p. 15%) fand Voıer auch im jungen Ovarium maulbeerförmige Kerne, bei denen es aber zu keiner eigent- lichen Kerntheilung kommen soll. »An ganz jungen Eierstöcken haben die Kerne alle das gleiche Aussehen, meist zeigen sie auffallend unregelmäßige Kontouren, Vor- wölbungen, welche an die maulbeerförmige Kerntheilung erinnern, wie sie für die Spermatogonien von Wirbelthieren (v. LA VALETTE ST. GEORGE, Nusssaum) und Mollusken (Max v. Bruns) beschrieben worden ist. — Eine wirkliche Kerntheilung ist an diesen Schnitten nicht wahrzu- nehmen, im nächsten Stadium aber, bei nur wenig älteren Thieren, tritt dieselbe am distalen Ende des Eierstockes in lebhaftester Weise ein, und zwar findet nicht etwa ein direkter Zerfall des Kernes in ein- zelne Theilstücke statt, sondern es zeigen sich die deutlichsten Bilder der Fadenmetamorphose (Karyomitose, FLemmmne).« Ferner beobachtete W. Voıcr, dass die nicht in mitotischer Theilung befindlichen Kerne im Eierstocke der heranwachsenden Branchiobdella nicht mehr maulbeer- förmig, sondern kugelig sind und ein deutliches Kernkörperchen haben. »Die Mehrzahl der sich theilenden Kerne findet man auf den Schnitten im Stadium der Knäuelform etc. « In einem besonderen Kapitel beschreibt dann W. Voısr abnorm gebildete und degenerirte Entwicklungsstadien der Geschlechtsprodukte. Zuerst werden degenerirte Geschlechtszellen am Eierstock und Hoden bei eben ausgeschlüpften Thieren besprochen, dann werden degenerirte Entwicklungsstadien von Spermatogonien und Spermatogemmen und schließlich degenerirte Zellen im Eierstocke, und zwar verfettete und vielkernige Zellen aufgeführt, die in allen Altersstadien der Branchiob- della zu treffen sind und mit der normalen Entwicklung der Eier nichts zu thun haben. Die Angaben von Vorsr sind von besonderem Inter- esse, da wir bei einem Evertebraten Vorgänge antrefien, die genau mit solchen bei Vertebraten, z. B. beim Feuersalamander, übereinstimmen. Aus Analogiegründen darf man annehmen, dass auch bei Branchiobdella die Eizellen mit maulbeerförmigen Kernen zu Grunde gehen, und dass keineswegs eine nachträgliche Abrundung der Kerne stattfindet. Die Vermehrung der Eizellen erfolgt, wie es Voısr beobachtete, durch typische Mitosen. Ich habe selbst eine Reihe von Schnittserien von Branchiobdella angefertigt und kann die Richtigkeit der Befunde von Voısr bestätigen; ich habe aber auch Bilder vor Augen gehabt, in welchen solche polymorphe Kerne bereits in eine mehr oder weniger große Zahl eckiger blasser Kernfragmente zerfallen waren. Es scheint, dass das Vorkommen der polymorphen Kerne im Hoden 170 0. vom Rath, und Ovarium zumal junger Thiere bei Evertebraten und Vertebraten keine Seltenheit ist. Wenden wir uns jetzt zu den Vertebraten, so finden wir eine größere Zahl von Beobachtungen über Rückbildungsvorgänge bei jüngeren und älteren Ovarien. Ich verweise hier in erster Linie auf : die Arbeiten von PrLücer (30), v. Brunn (9), Ruge (36) u. A. In neuerer Zeit sind noch eine ganze Reihe von Arbeiten über Rückbildungen am Ovarium bekannt geworden, auf die ich hier nicht weiter eingehen will, da in denselben die Frage der Amitose nicht be- sprochen wird. Dass Rückbildungserscheinungen im Ovarium sowohl mit Amitose als auch ohne jegliche Spur derselben stattfinden, habe ich durch eigenes Studium der Ovarien von Säugethieren (Maus, Kuh), Vögeln (Krähe, Grünspecht, Ente), Reptilien (Anguis fragilis, Tropidono- tus) und Amphibien (Rana, Triton, Salamandra) feststellen können. Der Untersuchung der Ovarien von Salamandra maculosa habe ich besondere Aufmerksamkeit geschenkt und eine große Zahl von Eier- stöcken von Thieren verschiedensten Alters auf Schnittserien studirt. Besonders wichtige Bilder von Amitose erhielt ich bei ganz jungen Weibchen. In Fig. 13 habe ich einen Längsschnitt durch das Ovarium eines solchen jungen Thieres abgebildet. Beinah in jedem Ovarium fand ich übrigens neben einander vollkommen normale Eizellen mit bläschenförmigem ruhenden Kern, verschiedene Phasen der Mitose der Ureier, polymorphe Kerne, hantelförmige Kerndurchschnürungen und knospenförmige Amitosen. Dieselben Bilder erhielt ich auch bei der Durchsicht meiner Schnittserien von den Ovarien von Tritonen, Frö- schen und Kröten. In den älteren Ovarien der Amphibien ist das Vor- kommen von Amitose viel seltener zu beobachten, doch sind Degene- rationserscheinungen ohne Amitose recht häufig zu finden. Wesshalb so viele Sexualzellen im Hoden und Ovarium, ja auch schon in der Genitalanlage vor der geschlechtlichen Differenzirung zu Grunde gehen, ist schwer zu sagen, man wird in erster Linie an nicht genügende Er- nährung denken müssen. Auf die verschiedenen Arten der Kerndegenerationen in Sexual- zellen kann ich hier nicht näher eingehen. Mit Recht haben Fremnine und Hermann diesen Vorgängen besonderes Interesse geschenkt. Ich selbst habe bei meinen Untersuchungen über Sexualzellen eine so er- staunliche Fülle von Mannigfaltigkeiten im Processe der Kerndegenera- tion vor Augen gehabt, dass ich ein vergleichendes Studium dieser verschiedenen Degenerationsmodi für eine recht dankbare Aufgabe halten möchte. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. I. 171 Über das Verhalten der Attraktionssphären und ihrer Centrosomen bei den Amitosen der Sexualzellen von Salamandra mac. und anderen Amphibien. Seit der wichtigen Entdeckung E. van Benenen’s (4), dass die Attraktionssphäre und ihr Gentralkörper (= Gentrosoma) ein perma- nentes Organ der Zelle ist und eine allgemeine Verbreitung bei allen Zellarten hat (mindestens bei solchen, die sich mitotisch theilen), sind bekanntlich in einer Reihe von Fällen auch bei ruhenden Zellen mit bläschenförmigem Kerne ein oder zwei Gentrosomen, die manchmal von einer deutlichen Strahlung umgeben waren, beschrieben worden. Was lag nun näher, als auch bei Amitosen das Vorkommen und Verhalten der Attraktionssphären und Centrosomen eingehend zu studiren, durfte man doch erwarten, durch sorgfältige Beobachtungen wichtige Aufschlüsse über eine aktive Betheiligung dieser Gebilde bei der amitotischen Kerndurchschnürung zu erhalten. Wenn nun aber einstweilen die auf diesem Gebiete erzielten Resultate immer noch recht dürftige sind, so liegt dies einerseits an der Kleinheit der in Rede stehenden Körper, andererseits an der Schwierig- keit geeignete Konservirungs- und Färbungsmittel ausfindig zu machen. Die zur Zeit üblichen Methoden sind bekanntlich für diesen speciellen Zweck nicht völlig ausreichend und es gelingt meist nur in besonders glücklichen Fällen die Attraktionssphären und Centrosomen bei ruhen- den und sich amitotisch theilenden Kernen mit befriedigender Deutlich- keit zur Anschauung zu bekommen. Die besten Präparate erhielt ich durch längere Behandlung mit der Fremuing’schen Flüssigkeit oder der Hzrmann’schen Lösung, sowie durch die von mir angegebenen Mischungen von Pikrinessigosmiumsäure und zumal der von Pikrinessig-Platinchloridosmiumsäure. Die Färbung mit Safranin-Gentian-Orange nach Fremning glückte mir nur in seltenen Fällen, dagegen gaben mir Hämatoxylinfärbungen gute und klare Bilder 17 I. Theil, p. 102). Beiläufig möchte ich hier bemerken, dass bei den Nmilseh der Sexualzellen, die als Attraktionssphären and Gentrosomen interpretirten Körper durchgängig viel klarer zur Anschauung kommen als bei Soma- zellen und hier oft ohne Anwendung komplicirter Methoden erkannt werden können. Wenn ich nun im Folgenden einige meiner über das Verhalten der Attraktionssphären und Centrosomen bei der Amitose gemachten Be- obachtungen bekannt gebe, so geschieht es nur desshalb, weil ich in meinen Abbildungen vielfach Körper eingezeichnet habe, die sehr wohl als Attraktionssphären, beziehungsweise Centrosomen, gedeutet werden 172 ; 0, vom Rath, können. Im Übrigen habe ich die Überzeugung gewonnen, dass wir erst ein viel größeres vergleichendes Material beibringen müssen, ehe wir in dieser interessanten Frage zu einem entscheidenden Urtheil be- -rechtigt sind. Ein flüchtiger Blick auf meine Abbildungen genügt, um eine große Mannigfaltigkeit in der Gestalt, Lagerung, Zahl und Anord- nung der Attraktionssphären und Centrosomen erkennen zu lassen, so dass von einem einheitlichen Verhalten dieser Gebilde auch bei dem gleichen Gewebe desselben Thieres gar nicht die Rede ist, geschweige denn an eine Gleichmäßigkeit des Verhaltens bei den Amitosen der Sexualzellen und der Somazellen gedacht werden kann. Bevor ich nun zu meiner speciellen Beschreibung übergehe, will ich daran erinnern, dass auch bei den Mitosen das Verhalten der Attraktionssphären und Centrosomen nicht immer genau das Gleiche ist. Beispielsweise sind die Angaben über den feineren Bau der Attraktionssphären und Centrosomen der Mitosen von Salamandra maculosa einigermaßen von denen bei Ascaris megalocephala ver- schieden, ja die diesbezüglichen Befunde von Boverı(7), VAN BENEDEN (l), Brauer (8) bei Mitosen der Sexualzellen von Ascaris megalocephala stimmen keineswegs genau mit einander überein!. Wir wissen ferner, dass Attraktionssphären und CGentrosomen vom Beginn der Spindelfigur 1 Die Gentrosomen von vAn BENEDEN und Neyr (5) sollen aus einem Häufchen kleiner Körner bestehen und von einem hellen Hof umgeben sein, der als Mark- schicht (zone medullaire) bezeichnet wird (cf. Boverı [7]. Die Markschicht soll nach den belgischen ‚Autoren von spärlichen radialen Fädchen durchzogen sein, die sich an das Centralkörperchen ansetzen. Letztere Angabe konnte BoveErı auf Grund eigener Untersuchungen desselben Objekts nicht bestätigen (l. ec. p. 760), indem die radialen Fädchen auf seinen Präparaten nicht sichtbar waren. Ob das Centrosoma der belgischen Forscher dem ganzen aufgequollenen Centrosoma Boverrs oder nur dem centralen Korn desselben entspricht, lässt BovErı unent- schieden. Über Gestaltsveränderungen der Centrosomen während des Verlaufs der Mitose macht Boverı folgende Angaben. Die Centrosomen sind zur Zeit, wo nur eine Archoplasmakugel im Ei besteht, sehr klein, quellen aber, während das Archo- plasma in zwei Kugeln sich spaltet, auf das Vier- bis Sechsfache ihres ursprüng- lichen Durchmessers auf und erscheinen während der Ausbildung der Spindel als relativ große blasse Kugel mit einem kleinen Korn im Centrum. Wenn der Process der Spindelbildung sich seinem Ende nähert, nehmen sie wieder an Größe ab. Das centrale Korn im Bovzrr'schen Centrosoma wurde auch von BrAukr bei Ascaris megalocephala gefunden. VAn BENEDEN (4) unterscheidet den kompakten centralen Bereich des Strahlensystems als sphere attractive von den peripheren Fibrillen, in gleicher Weise wird in einer späteren Arbeit von vAn BENEDEN und Neyr diese Tren- nung festgehalten, wozu nach BovErı kein Grund vorliegt, da beide Theile aus der ursprünglich kompakten gleichmäßig körnigen Archoplasmakugel hervorgegangen sind. Die peripheren feinen Fädchen repräsentiren nach Bovzrı nur die modificirte Rindenschicht dieser Kugel. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. I. ° 173 bis zur Rückkehr in das Ruhestadium der Tochterkerne aus dem Dispi- rem bedeutende Veränderungen in Größe und Gestalt erfahren können. Dass übrigens die CGentrosomen keineswegs immer rund sind, wurde bereits von Freuume hervorgehoben, bei Leukocyten fand ge- nannter Autor häufig länglich geformte Gentrosomen. In neuester Zeit hat Zimmermann (49) in Pigmentzellen von Fischflossen längliche und stabförmige Centrosomen gefunden; die Attraktionssphären zeigten dem entsprechend gleichfalls erhebliche Abweichungen vom gewohnten Schema. Fragen wir jetzt, wie. eigentlich der Bau einer typischen Attrak- tionssphäre nebst Gentrosoma beschaffen ist, so ist zur Zeit eine defini- tive Antwort nicht gut zu geben, da bei so sorgfältig untersuchten Objekten wie Ascaris megalocephala und Salamandra maculosa gewisse Verschiedenheiten vorzukommen scheinen. In Übereinstimmung mit Fremming und Herman habe ich in den verschiedenen Geweben von Salamandra maculosa eben so wie bei allen anderen von mir untersuchten Vertebraten und Evertebraten stets nur einen relativ einfachen Bau der in Rede stehenden Gebilde gefunden. Das Centrosoma war von einem Strahlenkranz umgeben, der in vielen Fällen nicht bis an das CGentrosoma heranreicht, vielmehr einen hellen Hof um letzteres frei lässt, welcher der Zone medullaire van BENEDEN’S entsprechen dürfte; in manchen Fällen treten aber die Strahlen direkt an das Centrosoma an. Von einem centralen Korn im Gentrosoma, wie es von Boyzrı bei Ascaris megalocephala gefunden wurde, eine Beobach- tung, die durch die Bestätigung von Seiten Brauer’s über jeden Zweifel erhaben ist, habe ich bei meinen Objekten bis jetzt nichts wahrnehmen können, ferner konnte ich niemals im Strahlensystem einen kompakteren centralen Bereich und einen peripher fibrillären, wie es van BENEDEN bei Ascaris megalocephala beschreibt, erkennen. Im Gegensatz zu meinen Befunden stehen die Angaben von Moors (28), der bei Sexualzellen von Salamanderlarven, die aus dem Mutterthier herausgeschnitten waren, in der geschlechtlich noch nicht differenzirten Genitalanlage Sphärenbilder gefunden hat, die den von van BENEDEN bei Ascaris megalocephala beschriebenen direkt zu vergleichen wären. »By whatever means it has been brought into view, there is always presented in this particular phase of celle life one or two central bodies, immediately surrounded by the light zone, ‚medullary corpuscule‘ of VAN BENEDEN, across which can be traced a few broad radial bands, putting the central body (or bodies) in connection with a large and pale granulous sphere, the archoplasm, the radiation of whose granules is centred to the ‚medullary zone‘ as a whole, and.not directly towards 174 0. vom Rath, the central body, as in the ‚spheres‘ of van BEnepen. The further rela- tion of these constituent parts and the general protoplasmie radiation of the cell are identical with that obtaining in the segmentation spheres of Ascaris. As I have already said, all these parts are never visible at once in any attraction-sphere of FLEmming etec.« In wie weit diese auf Salamandra maculosa bezüglichen abweichen- den Angaben auf Konservirungs- und Färbungsverschiedenheiten zu- rückzuführen sind, muss einstweilen dahingestellt bleiben. Haben wir so eine große Mannigfaltigkeit in der Größe und Gestalt der Attraktionssphären und Centrosomen bei Mitosen kennen gelernt, darf es uns um so weniger wundern, bei der Amitose noch mehr Besonderheiten zu begegnen. Bedenkt man, dass in allen Fällen der Amitose die Kerne einen mehr oder weniger auffallenden degenerativen Habitus verrathen, so ist es wohl begreiflich, dass auch die Attraktionssphären und Gentrosomen regressive Veränderungen eingegangen sind. Ob aber die Ursache der Amitose durch Veränderungen des Kernes oder durch solche der Attraktionssphären und Centrosomen bedingt ist, kann erst entschieden werden, wenn festgestellt ist, welchen aktiven Antheil Attraktions- sphären und Centrosomen bei Kerntheilungsvorgängen nehmen. Von den Autoren, welche wichtigere Angaben über Attraktions- sphären etc. bei den Amitosen der Sexualzellen der Amphibien gemacht haben, muss in erster Linie Mrves (37) genannt werden, der, wie schon oben mehrfach erwähnt wurde, seine Studien an den Hodenzellen von Salamandra maculosa anstellte. Meine eigenen Beobachtungen an dem- selben und anderen Objekten stimmen mit den Resultaten von Meves nicht völlig überein. Die Zellen (Spermatogonien) mit polymorphen Kernen unterscheidet genannter Autor scharf von solehen mit hantel- förmigen Kerndurchschnürungen. | In den ersteren konnte Mrves niemals die hellen, scharf kon- tourirten Körper, die als Sphären zu deuten wären, auffinden, vielmehr sah er statt derselben dunkle, körnige Massen, welche den Kern wie eine Hohlkugel umschließen, jedoch so, dass an verschiedenen Stellen Zwischenräume bleiben. Meves ist nun zu der Annahme geneigt, dass ein Übergang der Körnerhaufen zu Sphären stattfinde. Wie wir bereits oben sahen, glaubt dieser Autor, dass im Frühjahr die polymorphen Kerne sich abrunden und dass gleichzeitig damit die Körnermassen, welche den Kern umgeben, sich mehr und mehr auf eine Stelle zu- sammenziehen, so dass sie ihn bald nur noch zu einem Theil schalen- förmig umfassen. Durch ein weiteres Zusammendrängen auf einen diehteren Haufen entstände dann eine Sphäre. Es sollen die beiden Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa, Il. 175 Processe Abrundung des Kernes und Rekonstitution der Sphäre häufig neben einander einhergehen. In manchen Zellen mit runden Kernen verbleibe aber die Körnermasse in aufgelöstem Zustande durch den ganzen Sommer hindurch, auch könne die Rückkehr des Kernes zum runden Zustand der Rekonstitution der Sphäre voraneilen. Bereits auf p. 165 sprach ich mich gegen die Annahme von Meves aus, wonach die polymorphen Kerne des Herbstes und Winters sich im Frühjahr wieder abrunden. Ich halte es auch nicht für richtig, dass die von Mevzs besprochenen Körnerhaufen mit der Sphäre in einem gene- tischen Verhältnis stehen. In einer ganzen Reihe von Fällen habe ich in Zellen mit solchen Körnerhaufen die von Meves als Sphären be- zeichneten Körper recht deutlich gesehen, und ich bin daher der An- sicht, dass die Körnerhaufen mit Attraktionssphären gar nichts zu thun haben (vgl. Fig. 3,5, 6, 7). Welches aber die Bedeutung dieser Körner- haufen ist und aus welcher Ursache sie entstehen, kann ich nicht sagen. Es ist wohl möglich, dass sie mit Degenerationsvorgängen im Inneren des Zellplasma in Beziehung zu setzen sind. In den Zellen mit polymorphen Kernen aus der Genitalanlage ge- sehlechtlich noch nicht differenzirter Salamanderlarven, sowohl solchen, die ins Wasser abgesetzt waren, als solchen, die ich aus dem Uterus herausschnitt, fand ich diese Körnerhaufen nur in relativ seltenen ' Fällen. Dieselben treten übrigens nicht bei allen Konservirungs- methoden gleich deutlich hervor; während sie beisämmtlichen Osmium- gemischen besonders scharf zu erkennen sind, kann man sie bei Kon- servirungin Sublimatalkohol nur undeutlich wahrnehmen; man könnte an eine fettige Degeneration denken. Dass übrigens die Attraktionssphäre zeitweise in Form von Körner- haufen auftreten kann, will ich nicht bestreiten; bekanntlich ist ein solches Vorkommnis durch Bovzrı für Ascaris megalocephala und von Hermann für Proteus anguineus beschrieben worden. Ich habe selbst bei vielen Hodenzellen der verschiedensten Metazoen im Stadium der Ur- samenzellen neben dem völlig ruhenden bläschenförmigen Kern im Zellplasma eine dunkel gefärbte körnige Plasmamasse gesehen, in welcher hin und wieder ein oder zwei Centrosomen lagen; diese Körner- masse entspricht offenbar dem Archiplasma oder Archoplasma der Autoren; das Archiplasma beim Salamander ist aber von den in Rede stehenden Körnerhaufen völlig unabhängig und beide kommen neben einander vor. _ Die hantelförmigen Kerndurchschnürungen bei Sexualzellen des Salamanders beanspruchen ein besonderes Interesse, da Meves bei seinen Studien über die Kerntheilungen des Hodens bei solchen »Achter- 176 | 0. vom Rath, oder Hantelformen« ein eigenartiges Verhalten der Attraktionssphären konstatirte. Der eingeschnürte Kern war von einem blassen band- förmigen Ringe umgeben, den genannter Autor als Sphäre deutet. Zu Gunsten dieser Auffassung spreche der Umstand, dass man in solchen Zellen niemals einen anderen Körper findet, den man eventuell als Sphäre in Anspruch nehmen könnte. Meine eigenen Beobachtungen an den gleichen Zellen des Regene- rationsfeldes von Salamandra maculosa bestätigen den Befund von Mevss, wie aus einem Vergleich meiner Fig. 10 mit den von Mrvzs ge- gebenen Fig. 5, 6, 7 deutlich hervorgeht. Ich habe auch ganz ähnliche Bilder im Hoden von Tritonen aufgefunden. Es braucht kaum darauf hingewiesen zu werden, dass der bandförmige Ring, welcher nach Art eines Saturnringes den Kern umgiebt, auf Schnitten nur stückweise zur Anschauung kommen kann; in vielen Fällen findet man in den beiden Einbuchtungen nicht weit von dem eingeschnürten Kerne jeweils einen blassen, bald runden, bald ovalen Körper, welcher den Querschnitt des Ringes darstellt; in besonders glücklichen Fällen und dicken Schnitten kann man aber auch eine Ringhälfte intakt zu sehen bekommen (Fig. 10). Meves gelang es, auf zwei auf einander folgenden Schnitten festzustellen, dass in dem ersten von beiden ein helles Band über, in dem zweiten aber ein solches unter der Einschnürungsstelle des Kernes verläuft 1. c. (Fig. 6 u. 7). Es soll nun, während die Einschnürungsstelle schmäler wird, der Sphärenring, welcher dem Hals der Einschnürung immer ziemlich dicht anliegt, dicker werden’. Mevss ist auf Grund seiner Beobachtungen zu der Annahme geneigt, dass die ringförmige Sphäre einen mechanischen Einfluss auf die Kern- theilung ausübt, wofür auch das Vorhandensein eines Stranges von Sphärensubstanz in jeder Kernbucht bei dem in drei Theile sich zer- legenden Ringkerne spräche. Eine definitive Entscheidung ist in dieser Frage einstweilen nicht zu geben, da wir über das Verhalten der Sphäre während des ge- sammten Verlaufes der Kerndurchschnürung nicht genügend unter- richtet sind, auch betont Mrvss selbst, dass er sich über das Verhalten der Sphäre in den Endstadien der Theilung keine völlige Klarheit verschaffen konnte. Ich erinnere übrigens hier daran (ef. p. 166), dass die hantel- förmigen Amitosen relativ selten zur Anschauung kommen und die 1 Bei hantelförmigen Amitosen von Somazellen habe ich nie eine Andeutung eines Sphärenringes finden können, manches Mal sah ich in den Einbuchtungen je einen runden Körper (Sphäre?) im Zellplasma liegen, vgl. Tafel IX, Fig. 12:. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maeulosa. I. 177 Sphärenringe nur bei glücklicher Schnittrichtung mit befriedigender Klarheit wahrgenommen werden können. Beiläufig möchte ich hier noch auf einige Gestaltsveränderungen der Sphären hinweisen, auf welche Mevzs bei Untersuchungen über die Entstehung von Ringkernen ebenfalls im Hoden von Salamandra maculosa aufmerksam machte. Er fand die rekonstituirte Sphäre ei-, birn- oder kegelförmig. Die Birnenformen sollen den Übergang zu un- gefähren Stecknadelformen bilden. Durch Anschwellung des steck- nadelförmigen Fortsatzes resultirten Hantel-, bezw. Stangenkugeln, eben so kämen sehr kurze, plumpe und längere Stäbchenformen der Sphäre vor. Mevzes hält alle diese von der Kugelgestalt der Sphäre abweichenden Formen als nur für eine Zeit bestehende Vorstadien der Kugelform. Wir haben im vorigen Abschnitte festgestellt, dass bei den Ami- tosen der Sexualzellen und auch bei denen der Somazellen von Amphi- bien eine große Mannigfaltigkeit der Gestalt, Größe, Zahl und Anordnung der Attraktionssphären und eben so der Gentrosomen beobachtet wurde. Ob aber für jede bestimmte Form oder Unterabtheilung der Ami- tose ein besonderes Verhalten der Attraktionssphäre charakteristisch ist, bleibt zunächst unentschieden; dass eine Theilung der Attraktions- - sphäre bei der Amitose stattfinden kann, ist nach meinen Präparaten (Fig. 9, 11,12 a, c, f) sicher; ob sie aber immer stattfinden muss, ist unwahrscheinlich. Man findet zwar häufig bei Amitosen zwei Centro- somen von nur einem gemeinsamen Strahlenkranz umgeben, in solchen Fällen ist es aber keineswegs ausgeschlossen, dass bei einem weiteren Auseinanderrücken der Centrosomen auch noch eine Theilung der Attraktionssphäre stattfinden kann. Bereits früher habe ich diesbe- zügliche Abbildungen von Kernen von Randzellen (Follikelzellen) aus dem Hoden von Gryllotalpa gegeben; neben dem einen Kern, der im typischen Ruhestadium war, lagen zwei winzige Gentrosomen ohne Spur einer Strahlung; neben dem anderen Kern lagen in einer Ein- buchtung, die auf Amitose hindeutete, zwei Centrosomen, welche von einer gemeinsamen deutlichen Strahlung umgeben waren. Niemals habe ich bei dem gleichen Objekte in den Randzellen, die häufig Amitose erkennen ließen, zwei Attraktionssphären auffinden können (34 c). Bei den Amitosen von Sexualzellen des Salamanders und der Tritonen habe ich häufig nur eine aber recht große Sphäre mit Strahlung gesehen; nicht selten fand ich aber auch zwei kleinere Attraktionssphären, die gleichfalls eine deutliche Strahlung erkennen ließen (ef. Tafel VI). Bei polymorphen Kernen des Regenerationsfeldes von Salamandra maculosa konnte ich mehrfach eine größere Zahl kleiner Sphären zählen, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII, Bd. 412 : 178 0. vom Rath, die in den verschiedenen Einbuchtungen gelegen waren. Man wird daran denken können, dass die größere Zahl von Sphären aus einer großen Sphäre durch Theilung, beziehungsweise Zerfall derselben ent- standen ist, ob aber aus einer solchen Anzahl von Sphären sich wieder eine große Sphäre rekonstituiren kann, erscheint mir wenig wahr- scheinlich. Die Frage, ob die Attraktionssphären und Centrosomen bei den Amitosen eine ganz bestimmte Lage in der Zelle einnehmen, ist noch nicht entschieden, ich glaube aber nicht daran. Bei eingebuchteten Kernen findet man diese Gebilde allerdings meistentheils in den Ein- buchtungen gelegen, zumal bei einseitig eingebuchteten Kernen, eben so liegen bei Ring- und Lochkernen die Centrosomen und ihr Strahlen- kranz recht häufig im Inneren des Ringes oder Loches; ich habe aber häufig genug Ausnahmen von diesem scheinbar regelmäßigen Verhalten feststellen können. Wenn man die Amitose überhaupt für etwas Degeneratives hält, so erscheint es keineswegs auffallend, dass das Verhalten der Attrak- tionssphären und Centrosomen keine deutliche Gesetzmäßigkeit zeigt; während in der Mitose die größte Regelmäßigkeit herrscht, ist das, was man Amitose nennt, kein scharf bestimmter Vorgang, und demgemäß sind auch die Befunde so verschiedenartig. In Betreff näherer Einzelheiten über die Gestalt und die Lagever- hältnisse der Attraktionssphären bei Ringkernen des Salamanderhodens verweise ich auf eine jüngst erschienene Arbeit von Mevzs (27b), ich möchte hier nur daran erinnern, dass ich bereits betont habe, dass Ringkerne zwar sehr gut im Anschluss an eine nicht völlig normal ver- laufende Mitose entstehen können, dass aber späterhin die so entstan- denen Tochterkerne sich höchst wahrscheinlich nur noch amitotisch theilen werden. Über das Verhalten der Centrosomen während der Ruhe der Kerne. Während der größte Theil der Autoren die Auffassung vertritt, dass die Gentrosomen nach Beendigung einer Mitose im Zellplasma verbleiben und somit keine eigentlichen Kernbestandtheile sind, hat ° bekanntlich O. Herrwıg die Ansicht geäußert, » dass die Centralkörper- chen für gewöhnlich Bestandtheile des ruhenden Kernes selbst sind, indem sie nach der Theilung in seinen Inhalt eintreten und bei der Vorbereitung zur Theilung in das Protoplasma wieder austreten. Das oder die Centralkörperchen verblieben nur in ganz bestimmten Fällen, während der Kernruhe im Zellplasma und stellten gewissermaßen einen Nebenkern neben dem Hauptkern dar«. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. IL 179 Zu Gunsten dieser Auffassung spricht eine interessante Beobach- tung von Brauer (8), dem es beim Studium der Spermatogenese von Ascaris megalocephala gelang, nicht nur das Centrosoma im ruhenden Kern nachzuweisen, sondern auch die Theilung des Gentrosomas im Kerne und den Austritt der beiden Tochtercentrosomen aus dem Kern in das Zellplasma festzustellen. Nach Braurr! hat »der bisher stark be- tonte Gegensatz zwischen CGentrosom und Kern keine Berechtigung mehr «. Wenn ich nun auch an der Richtigkeit der Braver’schen Beobach- tungen nicht zweifle, so möchte ich doch auf diesen einzelnen Befund hin die Streitfrage keineswegs als endgültig entschieden ansehen. Dass in vielen Fällen die Gentrosomen auch während der Ruhe der Kerne im Zellplasma verbleiben und nicht in den Kern eintreten, darf als sicher gelten, und ist ja auch von O. Herrwıc für besondere Fälle zugegeben worden. Es liegt nicht in meiner Absicht alle derartigen von den Autoren in neuester Zeit beobachteten Beispiele hier anzu- führen, ich möchte nur einige eigene Befunde in Kürze mittheilen, welche meine Bedenken rechtfertigen. In Übereinstimmung mit Fremwing sah ich häufig bei Leukocyten des Feuersalamanders und der Tritonen, eben so aber auch bei fixen Zellen der Epithelien und Endothelien derselben Thiere neben dem ruhenden - bläschenförmigen Kern ein oder zwei unverkennbare Centrosomen. Die Lage dieser Gentrosomen ist eine wechselnde; ich fand sie beispielsweise bei länglichen Zellkernen aus der Haut von Salamandra- und Tritonlarven recht häufig an einer Spitze des Kernes, hin und wieder aber auch an einer Längsseite. In einigen Fällen konnte ich nur ein einziges meist größeres Gentrosom auffinden, meistens aber erkannte ich deren zwei, die vermuthlich durch Theilung des einen größeren entstanden waren. Ganz ähnliche Verhältnisse wie bei Somazellen konnte ich bei Sexualzellen konstatiren. Nicht selten fand ich bei Ursamenzellen und indifferenten Keimzellen von Amphibien (Salamandra, Triton, Rana) neben dem völlig ruhenden bläschenförmigen Kern einen größeren oder zwei kleinere kugelige Körper, die man als Sphären deuten kann. Ein dunkles Korn innerhalb dieser Kugeln, welches in einigen allerdings seltenen Fällen wahrgenommen werden konnte, dürfte ein Gentrosoma - darstellen. Bei meinen Objekten erfolgt also auf jeden Fall die Theilung der Sphäre und des Centrosomas nicht im Kern, wie es Brauer für 1 Während des Druckes dieses Aufsatzes erschien eine Arbeit von BRAUER »Zur Kenntnis der Spermatogenese von Ascaris megalocephala«, in welcher die Herkunft des Centrosoma eingehender besprochen wird (Arch. f. mikr. Anat. Bd XLI]). 11a 180 0.’ vom Rath, Ascaris megalocephala angiebt, sondern im Zellplasma außerhalb des Kernes. Meine Beobachtungen an Sexualzellen bei Evertebraten haben genau das gleiche Resultat ergeben. Auf Schnittserien durch den Hoden von Astacus sind mir vielfach Ur- samenzellen und Samenmutterzellen zur Anschauung gekommen, in wel- chen neben dem völligruhenden runden und in jeder Beziehung normalen Kern eine oder zwei Kugeln, die manchmal eine Verbindung erkennen ließen, gelegen waren. »iese Kugeln wird man als Sphären oder Nebenkerne deuten dürfen. Von besonderem Interesse aber ist der Umstand, dass ich in vielen Fällen bei frischem zerzupften Material des Astacushodens dieselben Körper neben dem Kerne erkennen konnte, wenn das Licht abgeblendet wurde. Bei einer flüchtigen Färbung von frischen Hodenstückchen mit Methylenblau tingirt sich das Zellplasma sehr schnell und intensiv, und dann fallen die nicht gefärbten in der Einzahl oder Zweizahl vor- kommenden Körper sehr deutlich auf!. Ich glaube, dass nach den angeführten Beispielen ein Eintreten der Gentrosomen nach der Mitose in den Kern und ein Austreten der innerhalb des Kernes getheilten Gentrosomen in das Zellplasma bei Beginn einer neuen Mitose sicherlich nicht als allgemein gültige Regel angesehen werden darf, da ein solches Verhalten nicht einmal für alle Sexualzellen zutrifft. Gesetzt aber den Fall, dass bei Sexualzellen, die sich bekanntlich häufig recht schnell hinter einander theilen, die Gentrosomen nach der Mitose regelmäßig wieder in den Kern zurücktreten würden, so dürfte man ein solches Verhalten bei Somazellen, bei welchen auf jede Mitose ein längeres Ruhestadium des Kernes folgt, mit um so größerer Wahr- scheinlichkeit erwarten. | Wie ich aber bereits oben betonte, trifft dies bei Leukoeyten und fixen Gewebszellen des Salamanders und anderer Amphibien keines- wegs zu, wenigstens nicht in allen Fällen. Bei Amitosen sind die in Rede stehenden Verhältnisse besonders schwer nachzuweisen, man kann auch ruhenden Kernen keineswegs stets mit Sicherheit ansehen, ob sie sich fernerhin mitotisch oder amitotisch theilen werden, nach meinen Präparaten aber ist es so gut wie ausgeschlossen, dass nach einer Amitose die Gentrosomen in die Tochterkerne eintreten. Die Frage ! In letzter Zeit habe ich mich davon überzeugt, dass bei Astacus in den Hodenzellen außer unverkennbaren Sphären ein relativ großer Nebenkern zu er- kennen ist, welcher auch bei sämmtlichen Phasen der Mitose aufgefunden werden kann. Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. II. 181 von der Herkunft der (ientrosomen und ihr Verhalten während des Ruhezustandes des Kernes bedarf nach der vorstehenden Auseinander- setzung noch eingehender vergleichender Studien !. Schlussbemerkungen. Auf Grund zahlreicher empirischer Untersuchungen glaube ich zu folgenden Schlussfolgerungen berechtigt zu sein: Die bei Sexualzellen beobachteten Amitosen stehen mit meinen über Amitose bei Somazellen festgestellten empirischen und theoretischen Resultaten in keinem Widerspruch, vielmehr im besten Einklang. Wenn im Hoden, dem Ovarium, oder der geschlechtlich noch nicht differenzirten Genitalanlage Amitose gesehen wird, so findet dieselbe entweder an den vergänglichen Umhüllungszellen (Follikelzellen, Gysten- zellen, Follikelepithel) statt, oder an Sexualzellen, die sich nicht weiter entwickeln und degeneriren. Die Angaben der Autoren, welche behaupten, dass sich in den Theilungscyklus der Ei- oder Samenzellen Amitosen einschieben, müssen mit der größten Vorsicht aufgenousmen werden; da sie einer großen Zahl empirischer Befunde und eben so theoretischen Erwägungen direkt widersprechen. Solche Angaben bedürfen dringend einer Nachunter- suchung und ich zweifle nicht daran, dass sich in allen Fällen die - Grundlosigkeit dieser Behauptungen wird klar stellen lassen. Die Anschauungsweise der Autoren, welche zwischen Amitosen und Mitosen keinen principiellen Unterschied anerkennen wollen, hat nach dem gegenwärtigen Standpunkte unserer Kenntnisse über Kern- theilungsvorgänge überhaupt keine Berechtigung und muss als irrig fallen gelassen werden. Zool. Institut der Univ. Freiburg i. B., I. Oktober 1893. Litteraturverzeichnis. 1. J. Arno», a) Beobachtungen über Kerne und Kerntheilungen in den Zellen des Knochenmarks. Vırcuow’s Archiv. Bd. XCIII. 1883. — b) Weitere Mit- theilungen über Kern- und Zelltheilungen in der Milz etc, Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXI. 1888. 2. K. v. BARDELEBEN, Über Spermatogenese bei Säugelhieren, besonders beim Menschen. Verhandl. d. anat. Gesellsch. Wien. 4892. p. 202—208. 3. G. BELLoNc1ı, Sui nuclei polimorfi degli cellule sessuali degli anfibi. Bologna 1886. | ! Über das Verhalten der Nucleolen bei der Amitose werde ich an anderer Stelle berichten. 182 0. vom Rath, 4, E. van BENEDEN, Recherches sur la maturation de l’oeuf, la fecondation et la division cellulaire. 1883. ‚ E. van BENEDEN u. NEYT, Nouvelles recherches sur la fecondation et la division mitosique. Mem. Acad. Roy. Belg. 1887. 6. D. Bıonvı, Die Entw. der Spermatozoiden. Archiv f.mikr. Anat. Bd. XXV. 1885, 7. Tu. Boverı, Zellstudien. 2. Heft. 1888. 8. BrAUER, Zur Kenntnis der Herkunft des Centrosomas. Biol. Centralbl. 4893. 9. A. v. Bruns, Zur Kenntnis der physiol. Rückbildung der Eierstockseier bei Säugethieren. Göttinger Nachrichten 1880. — Die Rückbildung nicht aus- gestoßener Eierstockseier bei den Vögeln. Festschrift für JAcoßB HEnLE. Bonn 1882. 10. J. CARrnoY, La cytodierese chez les Arthropodes. 1885. 44. N. CHOLODKOVSKYy, Zur Kenntnis der männlichen Geschlechtsorgane der Dipteren. Zool. Anz, 4893. 12. DuvErnoy, Fragments sur les organes g&nito-urinaires. 1851. 13. V. v. EBnErR, a) Untersuchungen über den Bau der Samenkanälchen. 4874. — b) Zur Spermatogenese bei den Säugethieren. Archiv f. mikr. Anatomie, Bd. XXXI. 41888. 44. W. FLEmMiıng, a) Beiträge zur Kenntnis der Zelle und ihrer Lebenserscheinun- gen. Archiv f. mikr. Anatomie. Bd. XVI. 4878. — b) Fortsetzung von a. Ebenda. Bd. XVIII. 1880. — c) Fortsetzung. Ebenda. Bd. XX. 4881. — d) Zellsubstanz, Kern- und Zelltheilung. 4882. — e) Zur Orientirung über die Bezeichnung der verschiedenen Formen von Zell- und Kerntheilung. Zool. Anz. Nr. 246. 4886. — f) Neue Beiträge zur Kenntnis der Zelle. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXIX. 4887. — g) Neue Beiträge zur Kenntnis der Zelle. II. Ebenda. Bd. XXXVII. 4894. — h) Attraktionssphären und Centralkörper in Gewebszellen und Wanderzellen. Anat. Anz. VI. Jahrg. Nr. 3. 4894. — i) Über Theilung und Kernformen bei Leukocyten und über deren Attraktionssphären. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXVII. 1894, — k) Amitotische Kerntheilung im Blasenepithel des Salamanders. Ebenda. Bd. XXXIV. 4889. 15. JoH. FRENZEL, a) Die nucleoläre Kernhalbirung. Archivf.mikr.Anat. Bd. XXXIX. — b) Die Mitteldarmdrüse des Flusskrebses und die amitotische Zellthei- lung. Ebenda. Bd. XLI. 1893. 16. G. Gırson, Etude compar&e de la spermatogenese chez les Arthropodes. La Cel- lule. Tom I, Il et IV. 47. E. GöPPERT, Kerntheilung durch indirekte Fragmentirung in der Iymphatischen Randschicht der Salamandrinenleber. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXVII. 4891. 18. GRÜNHAGEN, Centralbl. f. d. med. Wiss. 4885. Vorl. Mittheil, 49. HATscHEK, Verhandlungen der anat. Gesellschaft. Berlin 4889. 20. H. HEnkıng, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den Eiern der Insekten. I. Theil, Diese Zeitschr. Bd. XLIX. 4890. — II. Theil. Ebenda. Bd. LI. 1894, — II. Theil. Ebenda. Bd. LIV. 1892. 24. F. Hermann, a) Über regressive Metamorphose des Zellkerns. Anat. 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KorscHELT, a) Zur Frage nach dem Ursprung der verschiedenen Zellenele- mente der Insektenovarien. Zool. Anz. VII. Jahrg. 4885. — b) Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. Diese Zeitschr. Bd. XLV. 1887. Fr. LeyDis, Untersuchungen über Fische und Reptilien. Fr. Meves, a) Über amitotische Kerntheilung in den Spermatogonien des Sala- manders etc. Anat. Anz. VI. Jahrg. 1891. — b) Über eine Art der Ent- stehung ringförmiger Kerne etc. Inaug.-Dissert. Kiel 1893. Joan E. S. Moore, On the relationship and röle of the archoplasm during mitosis in larval salamander. Quart. Journal of microsc. science. Vol. XXXIV. 41893. M. NusssAum, a) Zur Differenzirung des Geschlechts im Thierreich. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XVIII. — b) Über die Veränderungen der Geschlechts- produkte bis zur Eifurchung etc. Ebenda. Bd. XXIll. PFLÜGER, Über die Eierstöcke der Säugethiere und des Menschen. Leipzig 1863. C. PıctET, Recherches sur la Spermatogenese chez quelques invertebres de la Mediterrane. Dissert. Leipzig 4891. PLATNER, Die Karyokinese bei den Lepidopteren als Grundlage für eine Theorie der Zelltheilung. Internat. Monatsschr. f. Anat. u. Histol. Bd. Ill. 4886. — Beiträge zur Kenntnis der Zelle und ihrer Theilungserscheinungen. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXIll. 4889. C. Ras, Über Zelltheilung. Morphol. Jahrbuch. Bd. X. O. vom RatH, a) Über eine eigenartige polycentrische Anordnung des Chroma- tins. Zool. Anz. Nr. 334. 4890. — b) Über die Bedeutung der amitotischen Kerntheilung im Hoden. Zool. Anz. 4894. — c) Zur Kenntnis der Spermatogenese von Gryllotalpa vulg. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XL. 4892. . Fr. REINKE, Untersuchungen über das Verhältnis der von Arnorp beschriebenen Kernformen zur Mitose und Amitose. Inaug.-Diss. Kiel 1894. . G. Rue, Vorgänge am Eifollikel der Wirbelthiere. Morphol. Jahrbuch. Bd. XV. 1890. . J. RÜCKERT, a) Über physiologische Polyspermie bei merobl. 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Querschnitt durch eine Genitalanlage einer abgelegten Salamander- larve kurz vor der geschlechtlichen Differenzirung. Vergrößerung circa 750. Zelle 7, 5, 8 zeigen polymorphe Kerne; Zelle 5 lässt auf dem Schnift 6 ver- schieden große unter einander nicht verbundene runde Kerne, die durch Amitose entstanden sind, erkennen. Zelle 7 stellt einen einseitig eingebuchteten Kern dar. In Zelle 6 liegt neben dem auf einer Seite eingebuchteten Kern in der Einbuchtung eine Sphäre mit zwei Centrosomen. In Zelle 2 sehen wir von oben auf den Dyaster einer Mitose. 42 Schleifen sind anstatt 24 zu zählen (cf. I. Theil). Zelle 5 und 9 befinden sich im Ruhezustand mit bläschenförmigem Kern, in welchem zwei Nucleolen zu erkennen sind. In Zelle 3 sehen wir eine Sphäre mit einem großen CGentrosoma (?). Ob die beiden Kerne in Zelle 4 durch Mitose oder Amitose entstanden sind, bleibt dahingestellt, auf jeden Fall ist von einer Zelltheilung keine Andeutung vorhanden, so dass man eher an Amitose denken wird. Fig. 2. Eine Sexualzelle aus der geschlechtlich noch nicht difierenzirten Geni- talanlage einer im Oktober aus dem Mutterthiere entnommenen Salamanderlarve. Vergrößerung etwa 2000. Neben dem polymorphen Kern liegt in der größten Ein- buchtung eine strahlenförmige Sphäre mit zwei Centrosomen. Um den Nucleolus erkennt man einen hellen Hof. Die Sexualzelle ist von Randzellen mit eckigen Kernen umhüllt. Fig. 3. Eine Sexualzelle aus dem Regenerationsfeld des Hodens von Salaman- dra maculosa aus dem August. Vergrößerung etwa 1500. Der runde Kern ist von einem mehrfach unterbrochenen Körnerhaufen umgeben, welcher an einer Stelle besondere Entwicklung zeigt. Dicht neben dem Kern und dem Körnerhaufen liegt eine Sphäre. Fig. 4. Eine Zelle mit Ringkern aus dem Regenerationsfeld des Salamander- hodens. Oktober. Vergrößerung etwa 2000. Im Inneren des Ringes erkennt man eine Sphäre mit deutlicher Strahlung und großem Cenirosoma (?). Der Ringkern ist von einem Körnerhaufen umgeben. Fig. 5. Polymorpher Kern einer Sexualzelle aus dem Regenerationsfelde des Hodens von Triton palmatus. Vergrößerung etwa 2000. In einer Einbuchtung des Kerns liegt eine Sphäre ohne erkennbare Strahlung mit einem Centrosoma. Der Kern ist von einem Körnerhaufen umgeben. Fig. 6. Polymorpher Kern einer Sexualzelle aus dem Regenerationsfeld eines Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese von Salamandra maculosa. Il. 185 Hodens von Salamandra maculosa. Oktober. Vergrößerung etwa 2000. Eine Sphäre und der Körnerhaufen sind sichtbar. Fig. 7. Ein einseitig eingebuchteter Kern einer Sexualzelle aus dem Regenera- tionsfeld von Salamandra maculosa. April. Vergrößerung etwa 2000. Eine Sphäre und der Körnerhaufen sind sichtbar. Fig. 8. Ein polymorpher Kern mit vielen Nucleolen einer Sexualzelle aus dem Hoden von Alytes obstetricans mit strahlenförmiger Sphäre und großem Centrosoma, Vergrößerung etwa 2000. Fig. 9. Ein hantelförmig eingeschnürter Kern einer Sexualzelle aus dem Hoden von Salamandra maculosa mit zwei Sphären, die eine schwache Strahlung zeigen. Vergrößerung etwa 2000. Wahrscheinlich liegt eine annähernd symmetrische Ami- tose vor. Die Lage der Attraktionssphären deutet nicht auf Mitose hin. Märzhoden. Fig. 10. Eine Sexualzelle aus dem Hoden von Salamandra maculosa mit zwei Kernen und ringförmiger Sphäre (?), von welcher nur ein Theil auf dem betreffen- den Schnitte zu erkennen ist. Vergrößerung 4500. Fig. 44. Ein polymorpher Kern einer Sexualzelle aus dem Hoden von Triton palmatus mit zwei dicht neben einander liegenden Sphären mit schwacher Strah- lung. Vergrößerung etwa 2000. Fig. 12. Zellen aus einem abgezogenen Hautfetzen einer Larve von Triton cristatus. Vergrößerung etwa 2000. a, ein polymorpher Kern mit zwei strahlen- förmigen Sphären, die sich auf zwei einander gegenüber liegenden Seiten befinden; b, ein Lochkern mit einer centralen Sphäre; c, ein polymorpher Kern mit zwei Sphä- ren auf derselben Kernseite; d, ein polymorpher Kern mit einer großen Sphäre und großem Centrosoma; e, ein Kern mit zwei Löchern; f, ein einseitig eingebuchteter Kern mit zwei Sphären, die in keiner Einbuchtung liegen ; g, ein polymorpher Kern mit einer Sphäre; h, zwei Lochkerne; i, ein hantelförmig eingeschnürter Kern mit je einer Sphäre in jeder Einbuchtung ohne erkennbare Ringform der Sphäre. Fig. 15. Ein kombinirter Längsschnitt durch ein Ovarium eines jungen Weib- chens von Salamandra maculosa. Vergrößerung etwa 500..Die Eier werden von Follikelzellen mit undeutlichen Membranen und eckigen Kernen umgeben. Außer normalen Keimbläschen mit charakteristischer Chromatinanordnung kommen viele polymorphe, seltener einseitig eingebuchtete, recht selten hantelförmige Kerne vor. In manchen Fällen liegen neben dem Keimbläschen ein oder mehrere Körper mit schwacher Strahlung, die wohl als Dotterkerne zu bezeichnen sind. Meist zwei Nucleolen sichtbar. Notiz über die Nebenhöhle des Geruchsorgans von Gasterosteus aculeatus L. Von B. Solger in Greifswald. Mit einer Textfigur. Die Beobachtung der Ethmoidalgegend des lebenden Thieres lehrt, dass die laterale Nasenwand rhythmisch einsinkt und sich vorwölbt. Dies geschieht isochron mit den zur Aufnahme und Entleerung des Athmungswassers dienenden Bewegungen des Unterkiefers und des Kiemendeckels, und zwar tritt in der bezeichneten Gegend eine flache Grube jedes Mal dann auf, wenn beim Öffnen des Mundes der Unterkiefer nach abwärts geführt wird, während umgekehrt die betreffende Wandung sich ausbuchtet, wenn der Unter- kiefer gehoben wird. Schnittreihen ergaben über die Konfiguration der Nasenhöhle folgen- den Aufschluss: Es besteht, wie bei vielen Pharyngognathen, nur eine Nasenöffnung. Die Kavität, die von hier aus nach abwärts sich erstreckt, zerfällt in zwei Abschnitte, in eine obere, weniger ausgedehnte Regio olfactoria (ol) mit Sinnesepi- thel, die der Riechgrube ur- sprünglicherer Formen ent- spricht und in eine nach unten sich anschließende größere Anhangs- oder Nebenhöhle (nd), die als eineAnpassungseinrich- tung aufzufassen ist. Sie stellt einen mit indifferentem Epithel ausgekleideten, weiten, blind ge- schlossenen Sack dar, dessen Grund von der Mundhöhle nur durch die Schleimhaut getrennt ist. Es besteht also hier eine Nebenhöhle, die in regelmäßigem Wechsel Wasser aufnimmt und entleert. Auf einen aus- giebigen Wasserwechsel deutet auch der Umstand, dass in dieser unte- ren Kavität Infusorien die Bedingungen für ihre Existenz finden. Greifswald, den I1. Oktober 1893. Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Clprd. Meecz. | Von Dr. F. Braem in Breslau. Mit Tafel X und XI. Im Mai 1892 war im Zoologischen Institute zu Breslau ein See- wasseraquarium eingerichtet und mit Material aus Rovigno besetzt wor- den. Im Oktober, als von den größeren Thieren nur noch wenige Reste vorhanden waren, bemerkte ich darin einen kleinen Polychaeten, der in mehrfacher Hinsicht mein Interesse in Anspruch nahm. Er schien gleichsam eine vielgliederige Trochophora darzustellen, indem jedes - Segment in der Mitte mit einem vollständigen Wimperkranze versehen war. In großer Zahl krochen die Würmer am Boden und an den Wän- den des Aquariums umher, an welchen letzteren sie ihre Eier in rund- lichen Häufchen ablegten. Aus den Eiern entwickelten sich alsbald neue Individuen, und noch gegenwärtig, im August 1893, sind einige der- selben am Leben und ihre Fortpflanzung vollzieht sich regelmäßig. Herr Prof. Caun erkannte den Wurm als die von CLAPArkDE und METscanixorr ! beschriebene Ophryotrocha puerilis, welche später von VistiEr ? wieder aufgefunden und neuerdings von BonntEr 3 zum Gegen- stande einer Untersuchung über den Kieferapparat der Euniciden ge- macht worden ist. Was ich den Angaben der genannten Beobachter in Bezug auf den Bau und die Lebensweise des erwachsenen Thieres hinzufügen möchte, ist Folgendes. 1 Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte der Chaetopoden. Diese Zeitschr. Bd. XIX. 1869. p. 484 ff. Taf. XII. 2 Etudes sur les animaux inferieurs de la baie d’Alger. Arch. de Zool. exXp- 2° ser. T. IV. .4886. p. 447ss. Pl. XXV. 3 Sur Y’appareil maxillaire des Euniciens. Comptes rendus de l’Acad. Paris 1893. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 43 188 F. Braem, Die Größe der Würmer fand ich beträchtlicher als es bei den bisher untersuchten Exemplaren der Fall war. CLAPAREDE und METSCHNIKOFF haben ihre Larven bis gegen 3 mm Länge sich entwickeln und alsdann geschlechtsreif werden gesehen. Vıcvier glaubt weiter vorgeschrittene Individuen vor sich gehabt zu haben. Eines, welches er abbildet, hat 17 parapodientragende Segmente, kann aber zufolge der angegebenen Vergrößerung nur etwa 2,6 mm gemessen haben. Die größten Exem- plare, welche mir vorlagen, und welche zuletzt ganz allein das Aqua- rium bevölkerten, besaßen 30 bis 35 mit Rudern ausgestattete Segmente und eine Länge von 10 bis 12 mm. Trotz dieser sehr viel bedeuten- deren Dimensionen glaube ich keine Ursache zu haben, die Identität der Art in Zweifel zu ziehen, da sich die Würmer in den Aquarien von CLAPARkDE vielleicht nicht bis zu ihrer vollen Größe entfalteten und da Vıcvier überhaupt nur zwei Individuen gesehen hat. Jedes Segment wird von einem Cilienringe umgeben, der in der Mitte des Segmentes verläuft und dessen Wimpern von vorn nach hin- ten schlagen, also das Wasser vom Kopfe zum After forttreiben. Es wird dadurch ein beständiger Strom frischen Wassers den Körper ent- lang geführt, so dass diese Cilien in erster Linie der Athmung zu statten kommen. Das geht auch daraus hervor, dass sie ihre Thätigkeit fort- setzen, wenn das Thier ruht. Außerdem aber unterstützen sie die Lokomotion desselben, die bei den parapodienlosen Jugendformen sogar ausschließlich durch sie bewirkt wird. Später dagegen wird diese Funktion von den Parapodien übernommen und die Cilien betheiligen sich nur sekundär daran. Ich habe ältere Individuen niemals frei um- herschwimmen gesehen, wie Vısuzr angiebt, und ich glaube auch nicht, dass es bei der verhältnismäßigen Plumpheit des Körpers normaler- weise geschehen kann. So oft ich einen Wurm nach der Untersuchung in das Aquarium zurücksetzte, sank er schwerfällig zu Boden, wo er sich auf dem Sande kriechend weiter bewegte. Am liebsten schienen die Thiere sich an den Glaswänden des Aquariums aufzuhalten. Die Cilienreifen gehen ohne Unterbrechung über die Rücken- und Bauchfläche der Segmente hinweg. Die Angabe von ViGuIEr, dass nur die hinteren Ringe vollständig seien, während die mittleren und vor- deren auf der Wölbung des Rückens verschwänden, traf für meine Exemplare nicht zu. Eine Unterbrechung findet lediglich an den Seiten der parapodientragenden Segmente statt, indem die Wimperung un- mittelbar an der Basis des Parapodiums aufhört, also weder über das- selbe hinweg noch an demselben vorbei läuft. Die Erregungswelle der Cilien schreitet dorsal vom linken zum rechten, ventral vom rechten zum linken Parapodium fort. Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Clprd. Mecz. 189 An dem vor dem Munde gelegenen Stirnsegment konnte ich mit CLAPAREDE und METSCHNIKoFF drei Wimperkränze unterscheiden, welche daselbst so verlaufen, wie es Taf. XI, Fig. 26 für die Ober-, Fig. 25 für die Unterseite andeutet. Der basale Kranz, welcher dem Munde zu- nächst liegt, umsäumt den Kopf dicht hinter den oberen und vor den unteren Fühlern. Jederseits von dem oberen Fühlerpaar senkt er sich in die vor den Augen befindlichen Flimmergruben ein. Der mittlere Ring verläuft unmittelbar vor den oberen Fühlern. Den vordersten Ring habe ich auf der Oberseite nicht sicher erkennen können, wohl aber unten und an den Seiten. Die Wimperkränze werden von einer einzigen Zellreihe gebildet, deren Konstituenten sich durch ihr dichteres Plasma und die stärkere Färbbarkeit von den übrigen, meist blasigen Zellen des Ektoderms unterscheiden (Taf. X, Fig. 4 w). Jede Wimperzelle besitzt einen hellen Cuticularsaum und eine große Anzahl nicht eben sehr langer CGilien. Die Wimperkränze werden vorwärts und rückwärts von je einer Parallelreihe von Blasenzellen begrenzt, welche beim lebenden Thiere als helle Querbinden an den Segmenten hervortreten. Das Stirnsegment besitzt zwei Paar Fühler, zwei obere und zwei untere, welche mit Tasthaaren besetzt sind. Sie erfahren keine Rück- bildung im Alter, wie schon Vısuier im Gegensatze zu CLAPAREDE und METSCHNIKOFF betont hat. Die oberen Fühler stehen etwas näher bei- sammen als die unteren, welche ganz an die Seiten des Kopfes gerückt sind. Unmittelbar hinter den oberen Fühlern wird der mittlere Theil des Kopfes von zwei nach außen konkaven Linien begrenzt (Taf. XI, Fig. 26), welche den Rand zweier seitlicher Vertiefungen bilden, in denen die Fühler, wenn sie nach hinten zurückgelegt werden, wie in einer dazu bestimmten Rinne geborgen sind. Diese Vertiefungen be- zeichnen den Eingang zu zwei Flimmergruben (Fig. 26 /!), welche sich ‚zwischen den beiden Segmenten des Kopfes, dem präoralen und dem postoralen (/ und // der Figuren), in den Nacken einsenken und an deren Grunde die Augen liegen (Fig. 26 oc). Oberhalb dieser Gruben, der Medianlinie genähert, befindet sich noch ein zweites Paar kleinerer Gruben (Fig. 26 fl’), die schon von Cıarırkoe und METScHNIKoFF gesehen worden sind. Die Augen der Ophryotrocha liegen, wie eben erwähnt, am Grunde des äußeren Wimpergrubenpaares, und zwar hinter demsel- ben, im postoralen Kopfabschnitte. Am lebenden Thiere erkennt man bei durchfallendem Licht in der Regel nur das dunkle Pigment, welches den hinteren Theil der Krystallkörper bedeckt, die bei auffallende 43* ; 190 F. Braem, Licht als helle, perlmutterglänzende Punkte am Kopfe hervortreten. Jedes Auge besteht, wie VieuIEr es zeichnet, aus einem rundlichen, linsenförmig abgeplatteten Krystallkörper (Taf. X, Fig. 3 oc; Taf. XI, Fig. 26, 27 oc) und einem dahinter gelegenen Pigmentsack (Taf. X, Fig. 3 P; Taf. XI, Fig. 27 P). Der Krystallkörper wird von drei Zellen gebildet, unter denen die mittelste stets am deutlichsten ist (Taf. XI, Fig. 27 @). Sie besitzt einen auffallend scharf begrenzten ellipsoiden Kern mit rundem Nucleolus. Dieser mittleren Stützzelle, die sich der vorderen Halbkugelfläche des Auges entgegenwölbt, liegt vorn eine kappenförmige Zelle auf, welche stark abgeplattet ist und auf Schnitten nur als ein schmaler Saum hervortritt (Fig. 27 #). Ich glaube dieselbe als Gorneazelle bezeichnen zu dürfen. in so fern die vordere Halbkugel- fläche des Krystallkörpers von einer zarten Cuticula bedeckt ist, die ihre Entstehung wohl nur jener nächstbenachbarten Zelle verdanken kann. An die hintere, konkave Fläche der Stützzelle grenzt eine dritte Zelle (Fig. 27 y). die ich im Präparate stets stark geschrumpft fand, und in der ich den Kern nicht deutlich erkennen konnte. Ihrer Lage nach möchte ich annehmen, dass sie die hintere, erheblich dickere Cuticularwand des Krystallkörpers abscheidet, und dass sie demnach als Tapetumzelle benannt werden könnte. Dass jene hintere Wand wie ein Tapetum wirkt, dafür spricht der Perlmutterglanz des Auges und die Thatsache, dass die Wand oft von sehr zahlreichen, dunkel gefärbten Lamellen bedeckt wird, während freilich in anderen Fällen eine solche Schichtung kaum wahrnehmbar ist. An die hintere Fläche des Krystallkörpers treten vom Gehirn her Nerven heran (Fig. 27 n), über deren Verzweigung ich jedoch keine Auskunft zu geben vermag. Unmittelbar hinter dem Krystallkörper befinden sich eigenthüm- liche Konglomerate von Zellen, welche bald dicht bei einander liegen, bald weite Zwischenräume erkennen lassen, die von einem proto- plasmatischen Netzwerk durchzogen sind (Fig. 27 P). In diesem Fadenr- werk, an dessen Knotenpunkten vereinzelte Kerne liegen, sind Pigment- körnchen suspendirt, die auch an anderen Stellen des Syncytiums angehäuft sind, bald mehr, bald weniger dicht. Vielleicht dienen die pigmentführenden Zellen dazu, je nach Bedarf den Augenhintergrund abzublenden, doch will ich nicht unerwähnt lassen, dass die in ver- schiedenen Belichtungszuständen konservirten Thiere keine sichere Stütze für diese Ansicht boten. Die »curieuse disposition de la masse pigmentaire«, welche Vıicvier a. a. O. auf Taf. XXV, Fig. 12 und 17 dar- gestellt hat, beruht auf der Kontraktion der Pigmentsäcke. Im Allgemeinen zeigt das Ophryotrocha-Auge den Typus des Auges Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Glprd. Meez. 191 der Polygordiuslarve. Besonders groß ist die Ähnlichkeit mit dem Auge vieler rhabdocöler Turbellarien, wo ebenfalls ein Krystallkörper und ein dahinter gelegener, in seiner Form sehr veränderlicher Pigment- fleck die Hauptbestandtheile bilden. Die Zeichnung, welche v. GRAFF in seiner Monographie der Turbellarien (Leipzig 1882) Taf. VI, Fig. 4 vom Auge des Mesostoma rostratum entworfen hat, könnte ohne Weite- res auch für Ophryotrocha gelten (vgl. Fig. 17 von Vıevser). Bemerkens- werth ist auch, dass nach Grarr (a. a. ©. p. 115) die aus mehreren Zellen zusammengesetzte Linse »nicht den ganzen Pigmentbecher einnimmt, sondern dass im Grunde des letzteren ein Raum übrig bleibt, der auf Querschnitten zwar leer erscheint. im Leben aber wahrscheinlich von einer Flüssigkeit erfüllt ist«. Bei Ophryotrocha ist im hinteren Theile der Linse jene wasserreiche Tapetumzelle gelegen, welche auf Schnit- ten in Folge ihrer Schrumpfung ebenfalls einen leeren Raum erkennen lässt, so dass hier, wenigstens in physiologischer Beziehung, ganz das- selbe Verhältnis obwaltet. Die beiden Segmente des Kopfes nebst dem darauf folgenden, gleichfalls parapodienlosen Halssegmente (Taf. XI, Fig. 25, 26 III; Taf. X, Fig. 3 III) stehen sowohl unter einander als mit dem angren- zenden Rumpfsegmente, dem ersten, welches mit Parapodien versehen ist (/V), in offener Verbindung. Erst zwischen dem IV. und V. Segmente beginnen die Septen {Fig. 3 s), um sich von da an regelmäßig von Seg- ment zu Segment zu wiederholen. Während der Hohlraum des Stirn- segmentes, von dem in Fig. 3 nur ein Theil der oberen Decke sichtbar ist, fast ganz vom Gehirn erfüllt ist, wird die Höhlung der nächsten drei Segmente zur Hauptsache von dem umfangreichen Kiefernsack (ph) eingenommen, über dem der enge, aber sehr dehnbare Ösophagus hin- zieht. Der letztere geht, sobald er das erste Septum durchbrochen hat, in den voluminösen Magendarm über, der sich durch die ganze Länge des Rumpfes bis in das letzte Segment hinein erstreckt und dessen Zellen an der Innenseite membranlos sind. An der Grenze zwischen dem II. und Ill., sowie dem III. und IV. Segmente ragt jederseits ein sackförmiger Zellpfropf in die Leibeshöhle hinein (Fig. 3 Pgs), der von kleinen, gelben, stark lichtbrechenden Kugeln durchsetzt ist. Dieselben sind verschieden an Größe, die größten haben einen Durchmesser von 0,003 mm. Sie liegen einzeln oder zu maulbeerförmigen Gruppen vereinigt innerhalb des Protoplasmaleibes der dem ektodermalen Theile der Leibeswand angehörigen Zellen. Die zwischen dem III. und IV. Segmente gelegenen Säcke sind viel um- fangreicher als die zwischen dem II. und III. Ihre Bedeutung ist mir unklar geblieben. 192 'F. Braem, Die Segmente der hinteren Körperhälfte zeigen auf ihrer Dorsal- fläche, da, wo diese nach rechts und links in die Seitenwand übergeht, je ein Paar knopfartiger Anschwellungen (Fig. I Dr), hervorgerufen durch eine eigenthümliche Differenzirung des Ektoderms. Die Zellen desselben (Fig. 2) sind hier von einer körnigen Masse erfüllt, welche - farblos ist und das Ansehen von Dottersubstanz hat. Durch Karmin werden die Kügelchen dieser Masse sehr stark gefärbt. Während an der Basis der Zellen die Kerne erhalten bleiben, ist der protoplasma- tische Theil fast ganz in jene körnige Substanz übergegangen, die, wie es scheint, am oberen Ende der Zellen allmählich nach außen entleert wird. Die Zellen, welche zusammen ein kreisförmiges Territorium der Leibeswand inne haben, konvergiren nämlich nach einem gemeinsamen Mittelpunkt, so dass sie, von oben gesehen, das Bild einer Rosette dar- bieten. In der Mitte, wo ihre Enden einander genähert sind, fehlt die Zellmembran, und hier sieht man auf Schnitten die Körnchen des In- halts nach außen hervortreten. Wir haben es also mit einer sehr ein- fach gebauten Drüse zu thun, über deren besonderen Zweck ich jedoch keinen Aufschluss zu geben vermag. Überhaupt habe ich niemals eine zeitweilige Entleerung der Drüse beobachtet, auch nicht bei stark kon- trahirten oder beunruhigten Thieren. Meine Vermuthung, dass die Drüsen vielleicht dazu dienen könnten, um mit ihrem Inhalt die frisch abgelegten Eier zu umhüllen und dann den jungen Thieren die erste Nahrung zu liefern, fand keine Bestätigung. Übrigens steht die Ver- änderung, welche das Ektoderm in den Drüsenzellen erfährt, nicht un- vermittelt da. Auch sonst kommen im Ektoderm vereinzelte Zellen vor, welche die Körnchenbildung erkennen lassen und die Entwicklung der Drüse gleichsam anbahnen. Die Cilienreifen laufen über die Drüsen hinweg, ohne dadurch eine erhebliche Störung zu erleiden. Nur im Nabel der Drüse (Fig. 2 *) ist die Wimperung sistirt. | Morphologisch scheinen die Drüsen jenen Organen verwandt zu sein, welche Entzrs! beim Palolowurm (Lysidice viridis Gray) beschrie- ben hat und von denen je eines in der Medianlinie der Rückenfläche der hinteren Segmente steht. Auch die »Flossendrüsen« der Tomopte- ris haben einen ähnlichen Bau 2. Das letzte Segment (Taf. XI, Fig. 28 in der Ansicht von oben, 1 Die Borstenwürmer. Leipzig 1864—4868. p. 367 Anm. (Nach Spexser [Oligo- gnathus Bonelliae. Mittheilg. d. Zoolog, Station zu Neapel. III. p. 42] liegen jedoch diese Organe auf der Bauchfläche je einem Ganglion des Bauchmarkes an. EuLers.) 2 GREEF, Über die pelagische Fauna an den Küsten der Guineainseln. Diese Zeitschr. Bd. XLII. 4885. p. 439 u. 443. Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha pnerilis Olprd. Me. . 193 Taf. X, Fig. 15 im Medianschnitt) trägt zu beiden Seiten der After- öffnung zwei lange, mit Tasthaaren besetzte Anhänge, und einen dritten kürzeren in der Medianlinie unterhalb des Afters. Da dieser Anhang bei rückläufiger Bewegung des Thieres unter das Segment zu liegen kommt, so sind CrArarkpe und METScHNIKoFF der Täuschung verfallen, dass er im Alter verloren gehe. Außer an den Cirren finden sich Tast- haare auch an der ganzen hinteren Fläche des Segmentes, namentlich an zwei über der Basis der seitlichen Cirren gelegenen Punkten. Der unpaare Cirrus trägt an der Spitze zuweilen neben den Tasthaaren noch einen Flimmerbesatz. Der Magendarm reicht nicht bis zum After, sondern endigt an der Basis des letzten Segmentes, wo er durch einen ringförmigen Wulst verschlossen ist (Fig. 15,28 W). Dies ist zugleich der eigentliche Ver- schluss der Darmhöhle, da der After in der Regel nach außen zu offen steht. Jenseits des Wulstes setzt sich nämlich der Darm noch in eine kurze, mit kräftigen Cilien ausgekleidete Röhre fort (Fig. 15, 28 ah), welche zwar morphologisch, nicht aber physiologisch dem Darm ange- hört. Sie tritt höchstens während der Kothentleerung in Beziehung zum Darminhalt (auch dies habe ich nicht beobachtet), sonst wird sie vom Seewasser erfüllt. Wie ich an Thieren, die das Schwanzende regenerirten, feststellen konnte, entsteht diese Afterhöhle (Procto- däum) durch Einstülpung der Leibeswand, und jener Wulst bezeichnet die Grenze des entodermalen Darmepithels. Ophryotrocha ist getrennten Geschlechts, es giebt Weibchen und Männchen. Wenn also Bonnırr kürzlich unter Betonung des Um- standes, dass die letzteren nicht bekannt seien, die Frage aufwarf, ob wir es bei Ophryotrocha mit einer erwachsenen Form larvalen Charak- ters oder mit einer Larve zu thun hätten, die vor ihrer definitiven Ent- faltung geschlechtsreif wird, so kann diese Frage nunmehr bezüglich des ersten Falles bejaht werden. Die Männchen sind kleiner und schlanker als die Weibchen, doch ist die Zahl der Segmente kaum verschieden. Äußere Geschlechtszeichen anderer Art sind mir nicht aufgefallen. Die Eier bilden sich wie bei allen Anneliden aus den Mesodermzellen des inne- ren Epithels der Leibeshöhle, und zwar unterhalb des Darmes zu beiden Seiten des Bauchgefäßes, an der hinteren Wand der Diaphragmen, durch welche die einzelnen Segmente von einander geschieden sind. Man sieht die Ovarien (ov) in Fig. 4 im Querschnitt des Thieres, in Fig. 3 im Flächenschnitt dargestellt. Fig. 5 zeigt das bei * gelegene Ovarium 194 F. Braem, der Fig. 3 unter starker Vergrößerung. Der linke Zipfel dieser Figur ist der mediane, er enthält die jüngsten Keimzellen, welche ganz all- mählich in die Zellen des Peritoneums übergehen und nur durch etwas stärkere Färbung vor ihnen sich auszeichnen. Diese Zellen sind klein, der Durchmesser ihres Kerns beträgt ca. 0,003 mm. Die chromatische Substanz im Kern erscheint körnelig, ein besonderer Nucleolus ist nicht wahrnehmbar. Die Grenzen der Zellen sind sehr undeutlich und erst in den älteren Theilen des Ovariums mit Sicherheit zu erkennen. Die Vermehrung der Keimzellen muss auf akinetischem Wege erfolgen, da Kernspindeln niemals zu sehen sind. Gegen die Mitte des Ovariums nehmen 'die Kerne an Größe zu, die chromatischen Körnchen erscheinen gröber und zahlreicher, das Proto- plasma ist dunkler gefärbt. In den ältesten Zellen des Ovariums ist die Häufung der chroma- tischen Substanz bis zum Extrem gediehen. Die Kerne sind nahezu kugelförmig, während sie in den jüngsten Zellen eine längliche Form besaßen. Gleichzeitig ist in ihnen ein dunkler, runder, schon ziemlich großer Nucleolus sichtbar geworden. Aber nicht alle Zellen haben diese Wandlung erfahren. In einigen, die den jüngeren Ovarialzellen noch näher liegen (Fig. 5 o), ist der Kern klein geblieben, das Chromatin ist feinkörniger und spärlicher, dagegen die Kernmembran um so deut- licher. Der Nucleolus, welcher auch hier scharf hervortritt, ist der Größe des Kerns angemessen. Der auffälligste Unterschied zeigt sich im Plasma. Dasselbe hat einen großen Theil seiner früheren Färbbar- keit eingebüßt und ist viel heller als in den übrigen Ovarialzellen. Auch seine Struktur ist verändert. Sein Inhalt ist körnelig, und gerade die Körnchenbildung scheint seine Färbbarkeit beeinträchtigt zu haben. Wenn wir die frei in der Segmenthöhle liegenden Eier betrachten, so erhalten wir Aufschluss über die angedeutete Differenzirung. Zur Zeit der Geschlechtsreife, d. h. kurz bevor die Ablage der Eier erfolgt, sind die Kammern der Leibeshöhle vollständig von Eiern erfüllt; so sehr, dass kaum eines derselben seine natürliche Rundung behält, wenn sich auf diesem Stadium das Thier stark zusammenzieht. Die Loslösung der Keimzellen vom Ovarium erfolgt schon früh, so dass man die allerverschiedensten Stadien in der Leibeshöhle isolirt findet. Es zeigt sich indessen, dass niemals einzelne Zellen vom Ova- rium getrennt werden, sondern dass die Trennung stets zwei Zellen gleichzeitig betrifft. Es ist immer eine dunkle Zelle mit einer hellen Zelle vereinigt. Oft findet die Loslösung schon statt, bevor noch die Zellen so weit gediehen sind, wie es in den distalen Theilen der Fig. 5 der Fall ist. Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha pnerilis Clprd. Mer 195 Die in Fig. 6 abgebildeten Zellen sind noch sehr klein, ihre Differen- zirung ist nur leicht angedeutet. Die Zellen sind fast gleich groß, die Farbe des Plasmas nicht verschieden, nur der Kern der rechts gelegenen Zelle (n) ist um ein Weniges chromatinreicher und dunkler als der der anderen. Dies ist das jüngste Zellenpaar, welches ich frei in der Leibeshöhle gesehen habe. In der Regel sind alle Zellen, wenn sie sich vom Ova- rium ablösen, schon in der Weise charakterisirt, wie es für die Ovarial- zellen der Fig. 5 beschrieben wurde. Die eine Zelle, die ich schon jetzt als Eizelle bezeichnen will, ist kleiner und viel blasser als die andere, deren Plasma in Karminpräparaten die dunkle Röthe bewahrt, die den indifferenten Ovarialzellen eigen ist. Ihr Kern ist schärfer kontourirt, aber ehromatinärmer als der der Nachbarzelle, der ganz von Ghroma- tinkrümchen erfüllt ist. Die stärker gefärbte Zelle werde ich fortan als Nährzelle bezeichnen. Fig. 7 und 8 mögen das Gesagte anschaulich machen. In Fig. 7 ist das Plasma der Eizelle noch ziemlich dunkel, aber der Kern ist ganz charakteristisch gebildet. In Fig. 8 ist auch das Plasma hell geworden und in einen Gegensatz zu dem der Nährzelle getreten. Einen weiteren Fortschritt zeigt Fig. 9. Das Ei ist auffallend klein, die Nährzelle im Verhältnis sehr groß. Dies ist jedoch von geringem - Belang, meist ist die Größe minder verschieden. Dagegen sieht man, dass in der Nährzelle die Kernmembran gänzlich fehlt, so dass der In- halt des Kerns mit dem Plasma in unmittelbare Berührung tritt. Die Chromatinkörnchen sind stellenweise in ihrem Zusammenhange ge- lockert und liegen gruppenweise um den Nucleolus. In letzterem ist ein heller, scharf umrandeter Punkt, scheinbar ein Bläschen, zu Tage getreten. In Fig. 10 sieht man im Wesentlichen dasselbe. Das Größenver- hältnis der Zellen ist so, wie es für dieses Stadium als normal gelten ‚kann. Das Plasma der Eizelle ist von kleinen rundlichen Dotterkörn- chen erfüllt. Der Kern erscheint klar und scharf, der dunkle Nucleolus, an Färbbarkeit dem der Nährzelle gleich, ist vollkommen kugelförmig. Der Nucleolus der Nährzelle, inmitten der körnigen, in Gruppen zer- fallenen Chromatinmasse gelegen und von einem hellen Raum umgeben, ist groß, länglich (wie schon in Fig. 7 und 9) und zeigt wieder den glänzenden Punkt, der dem Nucleolus des Eies noch fehlt. Der Durch- messer der Nährzelle beträgt 0,027 mm, der des Eies etwa 0,019, der des Eikerns 0,008 mm. In Fig. 11 sind beide Zellen bedeutend gewachsen, aber das Ei weit mehr als die Nährzelle. Diese ist nun die kleinere geworden, 196 F. Braem, Dagegen ist sowohl ihr Kern als auch das Kernkörperchen noch immer beträchtlich größer als bei der Eizelle. Im Übrigen bestehen die früher konstatirten Differenzen. Das Plasma der Nährzelle ist womöglich noch _ dunkler, das des Eies ist in Folge der Häufung des Dotters noch farb- loser geworden. Der kugelförmige Eikern ist nahezu homogen, erst bei starker Vergrößerung wird das feinkörnige Chromatin sichtbar. An Färbbarkeit kommt der Kern nicht ganz, aber beinahe dem Plasma der Nährzelle gleich. Der Nucleolus des Eies ist jetzt ebenfalls mit einem glänzenden Bläschen versehen, das zuweilen sehr groß ist, so dass der Nucleolus wie eine Hohlkugel erscheint. Der Querdurchmesser der Nährzelle beträgt 0,044 mm, der des Eies 0,055, der des Eikerns 0,045 mm. Auch im Leben sind Ei- und Nährzelle deutlich von einander ver- schieden. Aber während beim konservirten und gefärbten Thier die Eizelle heller ist, ist es beim lebenden vielmehr die Nährzelle. Diese ist klar und durchsichtig, nur wenige Dotterkrümchen zeigen sich in der Umgebung des Kerns, der selbst homogen und stark lichtbrechend ist. Das Ei dagegen. ist in Folge des Dotters dunkel und undurch- sichtig und nur der Kern erscheint als ein hellerer Fleck in seiner Mitte. Auf dem Stadium der Fig. 11 hat die Nährzelle ungefähr das Maximum ihrer Ausdehnung erreicht. Sie wird nun allmählich kleiner, während. das Ei um so rascher anschwillt. Beide Zellen bleiben aber trotz ihres äußeren Zusammenhanges innerlich scharf geschieden. Ihr Plasma zeigt jederseits von der trennenden Membran in Färbung und Zusammen- setzung stets die nämlichen Eigenthümlichkeiten wie an jedem anderen Punkte der Peripherie, so dass ein allmählicher Übergang von Zelle zu Zelle nicht stattfindet. Die wesentlichste Veränderung der Nährzelle besteht in einem gänzlichen Schwund ihres Plasmaleibes, so dass zuletzt nur noch die Kernsubstanz übrig bleibt, wie es in Fig. 12 und 13 geschehen ist. Die CGhromatinkörnchen lockern sich dabei immer mehr und ihre gruppen- weise Verbindung hört auf. Das Lumen, in dem der Nucleolus ruht, vergrößert sich, in Fig. 12 ist es von ansehnlichen Dimensionen. Der ° Nucleolus selbst behält seine längliche Form, und der Punkt in seinem Innern bleibt sichtbar. Zuweilen treten mehrere Punkte auf (Fig. 13) oder es finden sich zahlreiche Nucleoli in einem Kern. Die Eizelle zeigt im Gegensatz zur Nährzelle ein beschleunigtes Wachsthum. In Fig. 12 hat sie ihre definitive Größe erreicht. Der Durchmesser beträgt hier 0,12 mm, beim Kern 0,03, beim Nucleolus 0,04 mm. Kern und Kernkörperchen behalten während der ganzen Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Olprd.. Meez. 37797 Entwicklung ihre scharf kontourirte Kugelform; nie zeigt der Nucleolus eine biskuitförmige Einschnürung oder Verdoppelung, wie es bei an- deren Eiern vorkommt. Beide sind jetzt verhältnismäßig blass, auch der Nucleolus färbt sich nur wenig. Es scheint, als ob sich die Färb- barkeit in eben dem Grade verloren habe, als das Volumen zu- nahm. Man darf daraus schließen, dass der Kern lediglich durch Auf- nahme unfärbbarer Plasmabestandtheile gewachsen ist, dass also die chromatische Substanz nicht vermehrt, sondern nur auf einen größeren Raum vertheilt worden ist. Die hellen Punkte oder Bläschen im Nu- cleolus haben sich sehr vermehrt, so dass das Innere wie schaumig erscheint (Fig. 12 und 14). Der Nucleolus ist jetzt im Verhältnis zum Kern größer als auf den früheren Stufen der Eibildung. Aus den angeführten Thatsachen ergiebt sich mit Sicherheit, dass die Eier von Ophryotrocha zu denen gehören, welche sich nur mit Hilfe von »Nährzellen« zu entwickeln vermögen, wie dies bei den meisten Phyllopoden und Insekten und unter den Borstenwürmern bei Tomop- teris der Fall ist. Während aber sonst fast überall mehrere Zellen vom Ei resorbirt werden, ist es bei Ophryotrocha nur eine. In dieser Beziehung liegt dasselbe Verhältnis vor, wie bei Forficula und bei Chironomus, aber es ‚ist klarer in so fern, als die Eier schon auf einer frühen Entwicklungs- stufe das Ovarium verlassen, um alsdann frei in der Leibeshöhle sich aufzuhalten. Ich habe mir die Frage vorgelegt, ob das in so enger Gemeinschaft stehende Zellenpaar durch Vereinigung zweier ursprünglich getrennter Keimzellen oder durch Theilung einer einzigen Keimzelle gebildet werde. Die letztere Möglichkeit fand jedoch an den Thatsachen keinen Halt. Ich muss annehmen, dass innerhalb des von Hause aus gleich- artigen Zellmaterials eine Differenzirung in der Weise sich geltend macht, dass die eine Zelle zum Ei, eine benachbarte zur Nährzelle sich umwandelt. Wovon es abhängt, ob eine Zelle diese oder jene Rolle übernimmt, weiß ich nicht sicher zu sagen. Aber die Bilder, die ich auf Schnitten erhielt, erlauben den Schluss, dass unter den indifferenten Zellen diejenigen, welche am frühesten aus dem Verbande der übrigen Ova- rialzellen heraus- und an die Oberfläche hervortreten, zu Nährzellen werden. Diese Zellen werden direkt von der Leibeshöhlenflüssigkeit umspült, die den anderen nur durch ihre Vermittelung zugeführt wird. Ich glaube, dass jede Keimzelle, die über ein gewisses Stadium hinaus genöthigt wird, ihre Nahrung unmittelbar der Leibeshöhlenflüssigkeit 198 F. Braem, zu entnehmen und nach Deckung des eigenen Bedarfs den tiefer liegen- den Keimzellen zuzuleiten, die Entwieklung zur Nährzelle durchmacht; dass andererseits unter den Nachbarzellen die, welche am meisten von der Nährzelle abhängig ist, auf einem gewissen Stadium die Fähigkeit zu selbständiger Nahrungsaufnahme verliert und sich definitiv der Nährzelle anschließt. Mir scheint also die Differenzirung von Ei- und Nährzellen auf einer einfachen Arbeitstheilung zu beruhen, indem die Keimzellen je nach ihrer Lage im Ovarium die ernährende Flüssigkeit entweder direkt aus der Leibeshöhle beziehen oder von einer Nachbarzelle em- pfangen. Die Zubereitung der dem Ei nöthigen Stoffe fällt in erster Linie der Nährzelle zur Last, erst in zweiter wird sie vom Ei selbst bewirkt. Die eine Zelle entfaltet ihre Kräfte schon in der Gegenwart, sie wird zum arbeitenden Organ der Eizelle, während diese sich darauf beschränkt, das von der anderen gelieferte Material in sich aufzuhäufen, um es in Zukunft zu verwerthen. So verrichtet im Bienenstaate das eine Individuum die Arbeit des Tages, während das andere, welches feiert, die Erhaltung der Art besorgt. Der Umstand, dass zur Zeit, wo die qualitative Verschiedenheit der beiden zusammengehörigen Zellen sichtbar wird, die Nährzelle stets größer ist als die Eizelle, bestätigt die Annahme, dass die Funktion dieser Zellen schon durch ihre Lage im Ovarium bestimmt werde. Denn die größten und ältesten Zellen liegen im Ovarium distal, die jüngeren proximal. Die ältesten treten zuerst an die Oberfläche, die jüngeren bleiben länger von ihresgleichen umschlossen. Es kann also die Art der Differenzirung sehr wohl durch die Lage und die damit verbundene Ungleichheit der Ernährung bedingt sein. Hieraus ergiebt sich ferner, dass diejenige Zelle, welche zuerst den indifferenten Zustand verlässt und sich zur Übernahme einer be- sonderen Leistung anschickt, die Nährzelle ist. Die ältesten, im Ova- rium am weitesten vorgeschobenen Keimzellen empfangen ihre Nah- rung gleichsam aus erster Hand, und eben dadurch gerathen sie auf eine Bahn der Entwicklung, wo sie gewissermaßen die Rolle eines Follikelepithels übernehmen und die Ernährung der tiefer liegenden Keimzellen vermitteln, selbst aber unfähig werden, als Keimzellen zu fungiren. Sobald nun die Differenzirung einer Nährzelle begonnen hat, wird einer anderen Zelle die Entwicklung zum Ei möglich, d. h. die Zelle beschränkt sich darauf, die von der Nährzelle zubereitete Nah- rung in sich aufzunehmen und abzulagern. Sie verliert die Fähigkeit, sich selbständig zu ernähren, bewahrt aber dafür den Charakter der Keimzelle. Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Olprd. Meez. 199 Es erscheint also der Weg, den die Nährzelle einschlägt, als der direktere, der andere dagegen, der zur Entwicklung des Eies führt, als der indirekte und sekundäre. Das Ei setzt die Nährzelle voraus, seine Entwicklung ist durch die der Nährzelle bedingt. Wir dürfen ver- muthen, dass eine Keimzelle, die sich selbständig entwickeln müsste, mehr den Charakter der Nährzelle als den des Eies zur Schau tragen würde. Es liegt hier ein ähnliches Verhältnis vor, wie es Weısmann! bei der Bildung der Wintereier von Leptodora beobachtet hat. Das Winterei kann sich nur dann entwickeln, wenn eine zweite Eikammer ihm zur Verfügung steht, und in Fällen, wo zur Zeit der Wintereibildung im Ovarium nur eine Eikammer vorhanden ist, da entwickelt dieselbe sich nicht so, als ob ein Winterei entstehen sollte, sondern sie wird zur Nährkammer. Die Differenzirung der Nährkammer ist also die Vor- aussetzung für die Wintereibildung, sie ist das Primäre, das Winterei ist das Sekundäre. Was bei Ophryotrocha von der einzelnen Zelle gilt, das gilt bei Leptodora von dem Fach oder der Kammer. Dagegen trifft es für Ophryotrocha nicht zu, dass die Nährzellen in erster Linie dazu bestimmt seien, » der Eizelle das Wachsthum über das Maximum ihres ‚Eigenwachsthums‘ hinaus möglich zu machen«, wie WEISMmAnN (a. a. ©. p. 93) für die Daphniden annimmt. Denn zu der Zeit, wo an den beiden zusammengehörigen Keimzellen bei Ophryotrocha die Differenzirung beginnt, ist die künftige Nährzelle größer als das künftige Ei. Das Ei kann also noch nicht das Maximum seines Eigen- wachsthums erreicht haben, sonst hätte die Nährzelle, ehe sie sich als solche konstituirt hatte, d. h. so lange sie dem Ei gleichwerthig war, diese Wachsthumsgrenze nicht überschreiten können. Und da die Nährzelle auch nach ihrer Differenzirung weiter wächst, obwohl sie außer der eigenen Ernährung noch die des Eies besorgt, so kann die Ursache für den Zusammenschluss beider Zellen nicht darin gesucht werden, dass das Ei, welches im ungünstigsten Falle sich selbst zu ernähren hatte, an den Gipfelpunkt seines Wachsthums gelangt war. Überhaupt kann die Beziehung der Nährzelle zum Ei nicht dahin verstanden werden, dass die Nährzelle einfach vom Ei ausgesogen und aufgezehrt wird. In diesem Falle wäre ein Wachsthum der Nährzelle um das Vielfache ihres ursprünglichen Volumens unmöglich. Mit Recht hat Cnun ?2 schon bei Tomopteris betont, dass die sieben Zellen, welche 1 Zur Naturgeschichte der Daphniden. I. Diese Zeitschr. Bd. XXVII. 4876. p- 80f. 2 Die pelagische Thierwelt in größeren Meerestiefen. Biblioth. Zool. ed. LEUCKART-Caun. Heft I. 1888. p. 24 ff. 200 F. Braem, dort dem einzelnen Ei anhangen, nicht schlechthin als das Nährmaterial desselben angesehen werden könnten, da die Kleinheit der Zellen in keinem Verhältnis stünde zur Volumenzunahme des Eies. Immerhin aber sei es möglich, dass die Zellen »bei dem ersten Heranwachsen des Eies im Ovarıum Nährmaterial abgeben, und dass sie nur desshalb nicht völlig von dem Ei resorbirt werden, weil dasselbe durch frühzeitiges Loslösen unter sehr günstigen Lebensverhältnissen in der Leibeshöhle flottirt«. In der That ist bei Tomopteris, wo Ei- und Nährzellen sich weder durch ihre Färbbarkeit noch in der Bildung der Kerne unterscheiden, einstweilen nicht mehr zu sagen. Viel klarer liegen jedoch die Ver- hältnisse bei Ophryotrocha. Hier ist die Verschiedenheit der beiden mit einander vereinigten Zellen eine so große, der Beginn der Diffe- renzirung der Nährzelle fällt so genau mit dem Beginn der Dotterbil- dung im Ei zusammen, dass man mit Sicherheit auf eine Verschieden- heit der Funktion und auf eine Ernährung des Eies durch die Nährzelle schließen kann. Da ferner die Nährzelle selbst ein lebhaftes Wachsthum zeigt, so kann sie dem Ei nicht bloß als passives Nährmaterial dienen, sondern sie muss aktiv zu seiner Ernährung beitragen, indem sie die Hämolymphe der Leibeshöhle in sich verarbeitet und solchergestalt an das Ei abgiebt, welches nun seinerseits die letzte Hand daran legt und die Nährstoffe theils zur augenblicklichen Nahrung verwendet, theils in Form von Dottersubstanz für künftigen Bedarf aufhebt. | Wir kommen also darauf zurück, dass die Differenzirung der Nähr- zelle in unserem Falle als wirkliche Arbeitstheilung zu deuten ist: Zwei gleichwerthige, keineswegs an der natürlichen Entwicklungsgrenze stehende Keimzellen verbinden sich, ohne durch äußere Verhältnisse dazu gezwungen zu sein, lediglich unter Wahrnehmung des Vortheils ihrer jeweiligen Lage, zu gemeinsamer Arbeit; einer Arbeit, bei der jede Zelle auf ihre Weise, auf dem ihr nächstliegenden Wege, zur Er- reichung desjenigen Zieles beiträgt, für das sie ursprünglich, als Keim- zelle, bestimmt war. Aber die eine Zelle, die Nährzelle, verliert in Folge dessen die Fähigkeit zur ferneren Ausübung ihres argestammten Berufes. Sie tritt, vermöge eines durchgreifenden Funktionswechsels, in die Reihe der einseitig differenzirten Arbeitszellen, während die | andere Zelle, das Ei, um so ausschließlicher den Charakter der totipo- tenten Keimzelle zum Ausdruck bringt. So denke ich mir das Zustandekommen dieser merkwürdigen Arbeitstheilung, für die anfänglich kein mechanischer Zwang, sondern nur Zweckmäßigkeitsgründe können gesprochen haben. Dass sich im Laufe der Zeit die gegenseitige Anpassung der Keimzellen dennoch zu Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Clprd. Mecz. 201 einem Zwangsverhältnis gestaltet hat, dass nun die einzelne Keimzelle für sich allein unfähig geworden ist, ein Ei zu bilden, das ist eine an- dere Sache. Jede Arbeitstheilung, wie überhaupt jede Differenzirung, muss ursprünglich fakultativ gewesen, erst durch generationenlange Bestätigung kann sie zu einer definitiven und unabänderlichen gewor- den sein. Vom ersten Beginn der Differenzirung bis zu der Zeit, wo die Nähr- zelle das Maximum ihres Volumens erreicht hat, bleibt nun zwischen den beiden Zellen das eben geschilderte Verhältnis bestehen. Dasselbe ändert sich aber von dem Augenblick an, wo die Nährzelle nicht mehr wächst, sondern zusehends kleiner wird. Die Nährzelle ist nicht mehr im Stande, den steigenden Anforderungen des Eies zu genügen und so viel Nährstoffe von außen herbeizuschaffen, als das Ei ihr entzieht. Die Ausgaben überwiegen die Einnahmen, und die Nährzelle deckt die Differenz in der Weise, dass sie ihr eigenes Plasma dem Bedarf der Ei- zelle opfert. Daher ihr allmähliches Kleinerwerden, daher das Schwin- den des Plasmas und das alleinige Übrigbleiben des Kerns und der Zellhaut. Dass aber auch jetzt die aktive Ernährung des Eies durch die Nährzelle noch nicht beendet sein kann, das wird sogleich klar, wenn man Fig. 41, wo die Nährzelle nahezu ihre größte Ausdehnung erreicht hat, mit Fig. 42 vergleicht, wo sie völlig erschöpft ist. Die Vergröße- rung des Eies in Fig. 12 ist so bedeutend, dass man sie auch dann nicht - ausschließlich auf Rechnung des resorbirten Nährzellenplasmas setzen kann, wenn man annimmt, dass dieses letztere im Ei eine gewisse Ver- flüssigung und Quellung erfahren hat. Die Nährzelle muss vielmehr, auch während sie schon vom Ei aufgezehrt wird, noch fortfahren, das- selbe zu ernähren und neue Substanz ihm von außen her zuzuführen, so dass dann die ganze Veränderung nicht auf einem Aufgeben der früheren Thätigkeit beruht, sondern auf einer bloßen Verschiebung des Gleichgewichtes, in Folge deren die Nährzelle nur dann ihre bisherige Aufgabe noch erfüllen kann, wenn sie den Ansprüchen der Selbster- haltung entsagt, denen sie vormals, als die Eizelle kleiner war, gleich- zeitig zu genügen vermochte. Das Einzige, was man dieser ganzen Auffassung entgegenhalten könnte, ist, wie mir scheint, dies, dass man mit Rücksicht auf die Weısmann’schen Befunde bei den Daphniden der Nährzelle erst vom Beginn ihrer Rückbildung eine Bedeutung für die Ernährung des Eies beilegt und diese Bedeutung lediglich in einer Resorption der Nähr- zelle durch das Ei erblickt, dem letzteren aber dafür in ausgedehnte- stem Maße die Fähigkeit zuschreibt, sich aus der Hämolymphe der 202 | F, Braem, Leibeshöhle selbstthätig zu ernähren. Aber auch in diesem Falle würde der Satz, dass die Nährzelle nur dazu dient, das Ei über die Grenze seines Eigenwachsthums hinauszuführen, für Ophryotrocha nicht ge- rettet werden, da ja, wie schon erwähnt, das Wachsthum des Eies auch vom Beginn der Resorption an nicht durch diese allein zu erklä- ren ist. Dem Ei müsste also auch ferner ein selbständiges Wachsthum zugestanden werden, und es könnte die Grenze desselben nicht schon vorher erreicht haben. Im Übrigen aber würde eine solche Deutung einem Verzicht gleichkommen, die Differenzirung der ursprünglich gleichartigen Keimzellen irgendwie zu erklären. Denn wie wollte man den frühzeitig hervortretenden Unterschied und den engen Anschluss von Ei- und Nährzelle motiviren, wenn derselbe zunächst ganz zweck- los wäre und erst sehr viel später eine gewisse, immerhin unterge- ordnete Bedeutung erhielte? Woher überhaupt jene bestimmte Diffe- renzirung, wenn sie durch keine funktionelle Verschiedenheit sich begründen ließe? Woher der genaue zeitliche Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Nährzelle und dem Beginn der Dotterbildung im Ei ? Auch beim Winterei der Daphniden wird ja die Dotterbildung auf die Wirksamkeit der Nährzellen zurückgeführt, und ich sehe nicht, was für principielle Bedenken gegen die oben gegebene Darstellung des bei Ophryotrocha bestehenden Verhältnisses geltend gemacht werden könnten. | Betonen möchte ich noch, dass ich der Eizelle die Fähigkeit, sich von der Hämolymphe der Leibeshöhle selbstthätig zu ernähren, durch- aus nicht ganz abspreche. Im Gegentheil halte ich es für sehr wohl möglich, dass trotz der Stoffzufuhr seitens der Nährzelle noch eine Aufnahme von unverarbeiteter Leibesflüssigkeit durch das Ei selbst erfolgt. Eine Nothwendigkeit zu dieser Annahme scheint mir freilich ‚nicht vorzuliegen. Eine stärkere Anhäufung von Dottersubstanz an derjenigen Stelle des Eies, die an die Nährzelle grenzt, habe ich nie beobachtet. Das Ei wird schon frühe von kleinkörnigem Dotter dicht erfüllt und die gleichmäßige Anordnung desselben zeigt, dass die Dotterbildung immer nur da vor sich geht, wo der Raum es gestattet und das Bedürfnis es nöthig macht. Ein Übertritt von geformter Dottersubstanz aus der Nährzelle in das Ei, wie ihn Korscnrır! bei Dytiscus vermuthet, findet bei Ophryotrocha nicht statt. Dotterkörnchen treten in der Nähr- zelle überhaupt nur in ganz verschwindender Zahl auf und sicher i Beiträge zur Morphologie u. Physiologie des Zellkernes. Zool. Jahrb., Anat. Abth. Bd. IX. 4889. p. 3. Zur Entwicklungsgeschiehte von Ophryotrocha puerilis Olprd. Men 203 gelangen sie nicht in dieser Gestalt in das Ei. Das Ei empfängt von der Nährzelle nur flüssige Stoffe, die durch die trennende Wand dif- fundirt und erst im Ei zu körnigem Dotter geformt werden. Nachdem die Nährzelle ihren Beruf erfüllt, d. h. die Ernährung des Eies vollendet hat, ist auch ihr Plasma verbraucht und sie selbst ist unfähig zu weiterer Arbeit. Die Beziehungen zwischen ihr und dem Ei hören auf und beide trennen sich von einander. Diese Trennung geschieht noch im Mutterleibe, spätestens bei der Ablage der Eier. Viel- leicht wird der Rest der Nährzellen noch zum Theil von der Hämo- Iymphe verdaut, zum anderen Theil, nämlich in so fern er für den Organismus nicht weiter verwendbar ist, wird er durch die Segmental- poren nach außen entfernt. In der Schleimhülle, welche die frisch abgelegten Eier umgiebt, konnte ich die ausgeworfenen Nährzellen mit Bestimmtheit nachweisen. Schon bevor die Eier abgelegt werden, beginnt im Mutterleibe die Bildung der Richtungsspindeln, die man zuweilen in sämmtlichen reifen Eiern entwickelt findet. In anderen Fällen sieht man nur einige wenige Eier mit Spindeln ausgestattet, ein Zeichen, dass die Spindelbildung noch im ersten Anfange stand, als das Thier konservirt wurde. Als ich einen solchen Fall zuerst kennen lernte, und an den spindellosen, aber augenscheinlich schon reifen Eiern fast überall die Reste der Nähr- . zellen beobachtete, hoffte ich, dass es leicht sein würde, aus dem Stel- lungsverhältnis der Spindeln und Nährzellen den Schluss zu ziehen, ob die Nährzelle auf das Ei einen richtenden Einfluss übe und die Lage der beiden Pole bedinge. Aber ich fand leider, dass die Eier ihre Nährzellen in der Regel abwerfen kurz bevor die Bildung der ersten Spindel erfolgt. Nur in dem letzterwähnten Falle traf ich unter drei Eiern, welche mit Spindeln versehen waren, eines, an dem auch noch die Nährzelle haftete, und diese lag so, dass die Längsachse der Spindel durch sie hindurchging, und die Mitte der Spindel war weiter von ihr als von dem gegenüberliegenden Punkte der Eiperipherie entfernt. Hier lag also die Nährzelle am vegetativen Pole des Eies. Da alles weitere Suchen nach ähnlichen Fällen erfolglos blieb, so kann diese eine Beobachtung natürlich nicht maßgebend sein. Immerhin möchte ich glauben, dass durch die Lage der Nährzelle von vorn herein der vegetative Pol des Eies bestimmt wird. Da man die Spindeln bei reifen Weibchen sehr häufig antrifft, so ist anzunehmen, dass der Kern verhältnismäßig lange im Stadium der ersten Richiungsspindel verharren kann. Die Ausstoßung der Richtungskörperchen erfolgt nach der Ablage Zeitschrift f. wissensch, Zoologie, LVII. Bd. 44 204 F. Braem, der Eier, worüber ich im Zusammenhange mit der Embryonalentwick- lung sprechen werde. Historisches und Vergleichendes. Der Zusammenhang von je zwei Ovarialzellen bei Ophryotrocha ist schon von CLAPAREDE und METSCHNIKOFF bemerkt, aber ganz falsch ge- deutet worden. Die genannten Forscher sahen darin (a. a. O. p. 186) eine »Vermehrung der Eier durch Zweitheilung«. Man treffe »Zwillings- eier, die aus einer durchsichtigen, unreifen und einer grobkörnigen, der Reife herannahenden Hälfte bestehen«. Es ist klar, dass das ver- meintliche unreife Ei die Nährzelle ist. In einem auffallenden Parallelismus zu Ophryotrocha steht die Nährzellenbildung bei Forficula auricularia, wie KorscheLr (a. a. O. p. 79) sie schildert: »Die Nährzelle bildet sich aus den im Keimfach gelegenen Zellen hervor, indem deren Kern chromatinreicher wird und sich bald bedeutend vergrößert. Dadurch unterscheidet sich die Nähr- zelle bald vom Ei, dessen Kern vielmehr an Chromatin verliert und in Folge dessen seine Bläschenform erhält. Hierin scheint sich zugleich der Unterschied in der Funktion beider Kerne auszudrücken. Für die secernirenden Nährzellen ist im Allgemeinen der chromatinreiche, granulirte, für die (Substanz aufnehmenden) Eizellen hingegen der bläschenförmige Kern charakteristisch, kein Zweifel, dass diese Be- schaffenheit des Kerns mit der Thätigkeit der Zelle im Zusammenhang steht.« Dies lässt sich beinahe wörtlich auf Ophryotrocha übertragen. Außer dem Chromatinreichthum haben die Nährzellen von Ophryo- trocha das Eigenthümliche, dass die Kernhaut in ihnen vollständig auf- gelöst wird, während die Kernsubstanz sich unregelmäßig zerklüftet und in Folge dessen an ihrer Peripherie zackig erscheint. A. ScHNnEIDEr ! giebt an, dass »bei vielen Species von Hemipteren die Kerne [der Dotterzellen] vielfach ausgebuchtet« seien. »Verzweigte Nährzellen- kerne« beschreibt KorschHetr (a. a. ©. p. 7% f.) bei Forficula auricularia, Vanessa urticae und Bombus terrestris. Auch bei Dytiscus marginalis fand er »die Berandung der Nährzellkerne unregelmäßig und dabei ihre ganze Form zuweilen mehr oder weniger verzerrt«. In diesen Fällen - hat KorscHeLt auch die Auflösung der Kernmembran beobachtet. So erscheint bei Dytiscus die Begrenzung des Kerns »oft undeutlich und nicht bestimmt gegen das Zellplasma abgehoben«. Dasselbe trifft für die Lepidopteren und Hymenopteren zu. »Von einer den Kern be- grenzenden Membran kann hier nicht die Rede sein, sondern das Kern- ! Die Entwicklung der Geschlechtsorgane der Insekten. Zool. Beiträge von A, SCHNEIDER. Bd. I. 1885. p. 290. Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Clprd. Me. 205 plasma steht in direkter Berührung mit dem Zellplasma und scheint an vielen Stellen in dasselbe überzugehen.« Mit Recht schließt Korscazır hieraus auf eine secernirende Thätig- keit der Nährzellen, da ganz ähnliche Verhältnisse für die Kerne der verschiedensten Drüsenzellen konstatirt sind. Allgemein erscheint für die sekretproducirende Drüsenzelle die Verzweigung des Kerns und der Chromatinreichthum desselben charakteristisch, womit meist ein völliger Zerfall des Nucleolus Hand in Hand geht. Auch die Kernmem- bran schwindet zuweilen. Bezüglich der Spinndrüsen der Raupe von Phalera bucephala betont Korscnet (a. a. OÖ. p. 82), »dass nicht der ganze Kern gleich deutlich begrenzt erscheint; Theile desselben sind undeutlich kontourirt und verschwimmen in dem Zellplasma, ähnlich wie ich das von den Kernen der Nährzellen bereits hervorzuheben hatte «. Bemerkenswerth ist auch die Schilderung, welche K. Heıper ! von den großen im Kopfbruststücke von Lernanthropus gelegenen Drüsen- zellen entwirft. »Der ungeheure, große Kern ... zeigt ein ganz unge- wöhnliches und auffallendes Verhalten. Die große, gleichmäßig runde Kugel war nämlich nicht aus einem Stück gebaut, sondern in Theilstücke zerlegt; sie war zusammengesetzt aus einer Anzahl von Pyramiden, deren Scheitel mit dem Mittelpunkt des Kernes zusammenfiel. Im opti- schen Querschnitt zeigte ein solcher Kern dann das Bild einer zierlichen Rosette.« Aus der Abbildung, die Heer in Fig. 46 seiner Arbeit von . diesen Zellen gegeben hat, ersieht man ferner, dass die Kerne aus einer dichten Häufung von Chromatinkrümchen bestehen und gänzlich mem- branlos sind, so dass das Plasma tief in die Zwischenräume der erwähn- ten Pyramiden hineinragt. Lassen die Angaben von Hrıper auch Zweifel über die Existenz eines gesonderten Nucleolus, so scheint doch die ganze Bildung des Kerns derjenigen sehr nahe zu kommen, welche für die Nährzellen von Ophryotrocha charakteristisch ist, wenngleich die Chromatinpyramiden hier unregelmäßiger und minder zahlreich sind. Auch auf diesem Wege kommen wir also zu einer Bestätigung unserer Auffassung der Nährzelle als einer thätig ernährenden. Die Nährzelle von Ophryotrocha hat das mit der Drüsenzelle gemein, dass sie die im Überschuss aufgenommenen Stoffe verarbeitet und in modi- fieirter Form, als Sekret, welches in unserem Falle nur der Eizelle zu Gute kommt, wieder von sich giebt. Es ist die übereinstimmende Funktion, welche hier wie dort einen gleichartigen Bau der Zelle, ins- besondere eine gleichartige Bildung des Kernes bedingt hat. — Ein sehr eigenthümliches Verhalten zeigen die Nährzellen des Rotatorienovariums, von denen wohl anzunehmen ist, dass sie ebenfalls 1 Die Gattung Lernanthropus. Arb, Zool. Inst. Wien. Bd. II. 4879. p. 347. 14% 206 F. Braem, aus Keimzellen hervorgehen. Der » Dottersack« der meisten Räder- thiere, mit Ausnahme der Tubicolarinaeen, Philodinaeen und Ptero- dina, besteht nach Tessın! aus einem konstant achtkernigen Syncytium, welches in sich keine Spur von Zellgrenzen erkennen lässt. Die Kerne sind rund und mit einer deutlichen Membran versehen, zuweilen aber, so bei Eosphora, von amöboider Form. Jeder besitzt einen mächtigen, fast die ganze Kernhöhle erfüllenden Nucleolus. Dieser Zellsack, wel- cher »in engster Beziehung zu der Eibildung steht und desshalb als eine Art Nahrungsmaterial aufzufassen ist«, behält nun, »so lange Eier erzeugt werden, immer dasselbe Volumen« und erst im Spät- herbst, wenn die Eibildung aufhört, findet eine Reduktion seines Plasmakörpers statt. Daraus scheint mir zu folgen, dass die Funktion des Dottersackes der Räderthiere eine ganz ähnliche ist wie die der Nährzellen von Ophryotrocha. Während aber hier und in den sonst bekannten Fällen von Nährzellenbildung der Beruf der Nährzelle mit der Aufzucht des einzelnen Eies ein Ende nimmt, hat sich der Dottersack der Rotatorien als ein persistirendes Ernährungsorgan im Ovarium konsti- tuirt. Er bereitet die Nahrung nicht nur für das einzelne, sondern für alle Eier. Es findet daher keine Resorption der Nährzellen selbst statt, oder sie beginnt doch erst am Ende der Fortpflanzungsperiode, bei den letzten Eiern, die produeirt werden: ein Fall, der sehr geeignet ist, die Aktivität der Nährzellen in ein helles Licht zu rücken. — Um endlich noch die Frage nach dem ursprünglichen Werth der Nährzelle zu berühren, so hat A. ScunEiDer (a. a. OÖ. p. 269) behauptet, dass bei den Insekten » dieselben Zellen, welche in der Eiröhre Dotter- zellen darstellen, in der Hodenröhre zu Hodenfollikeln werden«. Bei Chironomus will er »die Gleichheit der Dotterzellen der Weibchen mit den Spermatoblasten der Männchen erkannt« haben. Bald darauf, und wie es scheint unabhängig von ScanEider, kam Lupw. WırL? zu dersel- ben Auffassung. Die Epithelzellen einschließlich der Nährzellen, denen WırL jede Bedeutung für die Dotterbildung abspricht, »sind ihrer ganzen Entstehung nach höchst wahrscheinlich als Homologa derjenigen Gebilde aufzufassen, welche im nämlichen (? männlichen) Geschlechte in ganz ähnlicher Weise dem männlichen Urei entstammen, hier aber nicht atrophiren, sondern zur Bildung der männlichen Geschlechtsstoffe hinführen. Ihr Bestehen im weiblichen Geschlechte neben dem sich 1 Über Eibildung und Entwicklung der Rotatorien. Diese Zeitschr. Bd. XLIV. 1886. p. 275 ff. 2 Die Entstehung des Eies von Colymbetes fuscusL. Diese Zeitschr. Bd. XLIII. 1886. p. 365. Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Clprd, Meez. 207 entwickelnden Follikelei ist aber desshalb von so hoher Bedeutung, weil es auf einen ehemaligen zwitterigen Zustand des Primordialeies hinweist, der bei unseren Käfern sich noch ziemlich ausgeprägt be- wahrt hat«. Diese Auffassung lag um so näher, als bereits Sepgwıck-Mınor! die Vermuthung geäußert hatte, dass gewisse sterile Zellen, die bei der Samenbildung mancher Insekten auftreten, die weiblichen Elemente der hermaphroditischen Urkeimzellen darstellen möchten und dass sie vielleicht den Richtungskörperchen als den männlichen Elementen des unbefruchteten Eies zu vergleichen wären. Da nun Wırr die Nährzelien aus den Primordialeiern .ableitete, indem von den Kernen derselben sich einzelne Stücke abspalten und mit einem Theile des Plasmas aus der Mutterzelle hervorknospen sollten, so schien sich hier eine noch viel zwingendere Parallele zu ergeben als die mit den Richtungs- körperchen. Nach meinen Beobachtungen bin ich jedoch nicht in der Lage, diese Auffassung für Ophryotrocha bestätigen zu können, wie denn die Befunde Wırr’s auch für die Insekten von anderen Forschern bestritten sind. Ich habe nichts einer Knospung Ähnliches an den Keimzellen wahrgenommen. Mir scheinen die Nährzellen durch all- mähliche Differenzirung aus dem indifferenten Keimzellenmaterial der Ovarien hervorzugehen, dessen Konstituenten von Hause aus alle die gleiche Fähigkeit haben und nur in Folge ihrer verschiedenen Lage _ einestheils zu Nährzellen, anderentheils zu Eizellen werden. In dieser Beziehung würde also für Ophryotrocha dasselbe Verhältnis vorliegen, welches KorschELt? im Gegensatze zu Wırı für die Insekten konstatirt hat: »Die Nährzellen entstehen in gewissen Fällen auf die nämliche Weise und zu gleicher Zeit wie die Keimzellen und sind dann als Keim- zellen zu betrachten, welche allmählich die Funktion der Eibildung aufgegeben und dafür diejenige der Produktion von Nährsubstanz an- genommen haben.« Übrigens werden auch jene »weiblichen Kerne« des Insektenhodens von Gıirson?, der früher der Ansicht Minor’s ge- huldigt hatte, jetzt nur als Nährzellenkerne (noyau de la cellule nourri- eiere, noyau nourricier) oder noch unverfänglicher als Begleitkerne (noyau-satellite) bezeichnet. In einigen Fällen, so bei Piscicola und Pontobdella, ist es jedoch ! Journal de Micrographie. T. V. 1881. p. 76. Citirt nach G. GıLson, Etude comparee de la spermatog£Ene&se chez les Arthropodes, in La cellule (CArnoy). T. IV. fasc. 4. p. 38. 2 Über die Entstehung und Bedeutung der verschiedenen Zellenelemente des Insektenovariums. Diese Zeitschr. Bd. XLIII. 1886. p. 740. 3 a.a.0. La cellule (CArnoy). T. IV. fasc. !. p. 42. * Leypie, Zur Anatomie von Piscicola geometrica. Diese Zeitschr. Bd. I, 208 : F. Braem, nicht zweifelhaft, dass das Ei und die zugehörigen Nährzellen aus einer einzigen Mutterzelle ihre Entstehung nehmen, nicht vermöge eines Knospungsprocesses, sondern durch einfache Zelltheilung. Die Mutter- ‚zelle repräsentirt hier in der That ein »Primordialei«, in so fern sie alle Elemente in sich vereinigt, die zur Bildung des definitiven Eies nöthig . sind. Ich kann die Möglichkeit, dass ein Gleiches bei Ophryotrocha stattfindet, nicht unbedingt leugnen, aber ich glaube nicht, dass dies die Regel ist. Immerhin halte ich den Unterschied, so bedeutend er auf den ersten Blick zu sein scheint, für einen sehr geringfügigen und oberflächlichen. Wenn bei Pisceicola durch Theilung einer Keimzelle eine größere Zahl von unter sich gleichen Tochterzellen hervorgeht, die sich ihrerseits in das Ei und die Nährzellen differenziren, so ist das im Grunde dasselbe, als wenn die Keimzellen des Ovariums sich vermeh- ren und nun einestheils zu Nährzellen, anderentheils zu Eizellen wer- den. In beiden Fällen wird eine Anzahl von gleichberechtigten Keim- zellen geschaffen, innerhalb deren die Differenzirung sich sekundär geltend macht, nur dass in dem einen Falle Ei- und Nährzellen in einer früheren, in dem anderen in einer späteren Generation mit einander verbunden sind. Bezeichnen wir die indifferenten Keimzellen mit X, Ei- und Nährzellen mit E und N, so würde sich das Verhältnis in folgen- der Weise schematisch veranschaulichen lassen. Ophryotrocha: K Piseicola: K RES DENN K K E K BR Er SER SE Ze KÜcK KR KURROR EN ENHNIDITIR > ne Von beiden Fällen wäre der erste als der ursprünglichere zu be- trachten. Die Verbindung von Ei- und Nährzellen ist hier noch einiger- maßen willkürlich, während sie im zweiten Falle durch die Descendenz in bestimmter Weise geregelt ist. Bei Piscicola werden die Nährzellen jedem Ei durch die Entwicklung zugetheilt, statt dass, wie bei Ophryo- trocha, das Ei sie sich suchen muss. Bei Ophryotrocha findet gewisser- maßen noch ein Kampf um die Nährzellen statt, der bei Piseicola einem 1849. p. 122 ff. u. Beiträge zur Kenntnis des thierischen Eies im unbefruchteten Zustande. Zool. Jahrb., Anat. Abth. Bd. III. 4889. p. 291 ff. — Lupwie, Über die Eibildung im Thierreiche. Würzburg 1874. p. 63 ff. Zur Entwieklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Glprd, Mecz. 209 legitimen Wechselverhältnis gewichen ist, indem hier die nächst- verwandten Zellindividuen sich zu gemeinsamer Arbeit verbanden: Ähnlich wie bei den polymorphen Thierstöcken der Siphonophoren die funktionelle Differenzirung der Individuen nicht mehr zufällig oder von äußeren Umständen abhängig ist, sondern in strenger Gesetzmäßigkeit innerhalb einzelner Knospengruppen sich äußert. Die Spermatozoen bilden sich bei den Männchen an denselben Punkten, wo im weiblichen Geschlechte die Eier ihre Entstehung nehmen. Sie gehen ebenfalls aus der mesodermalen Auskleidung der Leibeshöhle hervor, und die männ- lichen Genitalzellen gleichen ursprünglich vollkommen den weiblichen. Wie diese besitzen sie einen verhältnismäßig großen, von körnigem Chromatin erfüllten Kern ohne Nucleolus und ein mäßig färbbares Protoplasma, dessen Begrenzung von Zelle zu Zelle nicht deutlich er- kennbar ist (Taf. X, Fig. 16 a). Diese Zellen sind aber nicht einfache Epithelzellen, welche sich an einer bestimmten Stelle zu Geschlechtszellen umgewandelt haben, sondern sie stammen direkt von den indifferenten Mesodermzellen her, welche in der Vegetationszone des letzten Segmentes gelegen sind. Dort beobachtet man in der Medianlinie unterhalb des Darmes und oberhalb des Bauchmarkes eine Doppelreihe von Zellen, welche ganz das Ansehen der primitiven Keimzellen haben und sich durch ihre Größe und Form sehr deutlich von den abgeplatteten Epithelzellen der Leibeshöhle unterscheiden. Diese Zellen setzen sich kontinuirlich nach vorn fort und lassen sich günstigenfalls bis etwa in das viertletzte Seg- ment verfolgen. In Fig. 15 ist eine solche Zellreihe im Längsschnitt wiedergegeben. An der Rückwand der Septen häufen die Zellen sich (Fig. 15 h!, h2, h?) und treten ballenförmig nach beiden Seiten her- vor, wodurch sie die paarige Genitalanlage des betreffenden Segmentes begründen. Schon im letzten Segmente ist in Fig. 15 bei h! die Hoden- anschwellung sichtbar und auf den seitwärts geführten Schnitten er- schien sie noch deutlicher. Da sich vom letzten Segmente beständig neue Leibesringe nach vorn zu abgliedern, so entfernt sich die zeit- weilig letzte Genitalanlage (Fig. 15 h!) immer weiter vom Hinterende und kommt in das vorletzte (h?), das drittletzte Segment (h?) zu liegen und so fort. Gleichzeitig aber bilden sich an den hinter der letzten Anschwellung gelegenen Zellen (7), wie an einem Keimstock neue Genitalknoten, und auf diese Weise vermehrt sich die Zahl der letzte- ren in demselben Maße, als die Zahl der Segmente wächst. Die älte- sten und reifsten Genitalzellgruppen liegen daher dem Kopfende am 210 F. Braem, nächsten, ihnen folgen nach rückwärts in allmählicher Abstufung die jüngeren. | Je weiter eine Genitalzellgruppe im Lauf der Entwicklung nach vorn rückt, um so mehr schwindet der äußere Zusammenhang zwischen ihr und den dahinter gelegenen Zellgruppen, indem die strangförmige Verbindung zwischen ihnen sich auflöst. So war es z. B. in dem in Fig. 15 dargestellten Falle im viertletzten Segmente geschehen, wo nur noch einzelne größere Zellen von der Verbindung Zeugnis ablegten, die ehemals zwischen der Hodenanlage dieses Segmentes und der des dritt- letzten gerade so bestanden hatte, wie noch jetzt zwischen der Hoden- anlage des drittletzten und der des vorletzten Segmentes (Fig. 15 h3 und A2). Es scheint, dass die Auflösung der verbindenden Zellstränge dadurch erfolgt, dass dieselben sich an der Bildung der übrigen Meso- dermprodukte der Leibeshöhle betheiligen und insbesondere in die epitheliale Bekleidung des Darmes übergehen, so dass dann die im letzten Segmente gelegenen Zellen (Fig. 15 #) nicht nur als Urkeim- zellen, sondern noch allgemeiner als Urmesodermzellen zu betrachten wären. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass ganz dasselbe Verhältnis auch für die Bildung der weiblichen Geschlechtsorgane zutrifft. Ich erwähne den Vorgang lediglich desshalb an dieser Stelle, weil ich ihn bei einem männlichen Thiere am deutlichsten beobachtet habe. Ich wende mich nun zur Schilderung der weiteren Veränderungen, welche die in die Hodenanlage eingetretenen Keimzellen erleiden. Meine Angaben beziehen sich in erster Linie auf Thiere, die mit Subli- mat konservirt und in alkoholischem Karmin gefärbt waren. Die den Septen zunächst liegenden Hodenzellen (Fig. 16 a) sind schon oben beschrieben worden. Da in ihnen niemals karyokinetische Figuren zu bemerken sind, so kann ihre Vermehrung nur durch direkte Kerntheilung erfolgen, was ja auch für die weiblichen Keimzellen er- wähnt wurde. Etwas abseits von ihrer Ursprungsstelle verändern sich diese Zellen ziemlich plötzlich (Fig. 16 b). Der Kern scheint sich zusammen- gezogen zu haben, er ist viel dunkler und dichter als vorher, dabei nicht homogen, sondern körnig, doch so, dass die Körner sich nur sehr wenig von der Zwischensubstanz unterscheiden. Das Plasma hat seine Färbbarkeit eingebüßt, es erscheint ganz klar. Die Zellen sind kleiner geworden und durch deutliche Grenzen von einander geschieden. Eine Vermehrung der Zellen durch Theilung dürfte auf diesem Stadium nicht stattfinden. Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Olprd. Meez. 2 Nun folgt abermals eine Ausdehnung der Zellen (Fig. 16 c). Der Kern zerfällt wieder in eine große Anzahl von Chromatinbrocken, die durch eine helle Substanz geschieden sind. Diese Brocken sind aber nicht einfache Körnchen, wie in den jüngsten Keimzellen (a), sondern sie sind mehr stäbchenförmig und gröber, auch liegen sie weniger dicht bei einander. Durch ihre Anordnung erwecken sie oft den Eindruck, als ob der ganze Kern aus einem zusammenhängenden Fadenwerk be- stände, was aber in Wirklichkeit nicht der Fall ist. Das Plasma hat gegenüber dem vorhergehenden Stadium etwas an Färbbarkeit ge- wonnen, aber nicht so viel, dass es in dieser Beziehung dem ursprüng- lichen Stadium (a) gleich käme. Die Zellen sind jetzt größer als in beiden vorhergehenden Stadien. | In diesem Zustande, manchmal jedoch schon früher (Fig. 18), erfolgt ihre Loslösung vom Hoden. Die verschiedenen Zellformen, die ich außer den eben beschriebenen frei in der Leibeshöhle antraf, sind in Fig. 19—24 wiedergegeben. Ich vermag nicht von allen zu sagen, in welcher Reihenfolge sie aus einander hervorgehen. Aus ihrem gelegentlichen Zusammenhange war jedoch zu ersehen, dass in den Zellen mit faden- föormigem Chromatin das letztere sich allmählich zu peripheren Klümp- chen ansammelt, die unter einander strahlenförmig verbunden sind (Fig. 19; 20 a, b). Seltener ist eine netzartige Verbindung der Chroma- tinkugeln (Fig. 20 a'). Vermuthlich entstehen nun durch Isolation der einzelnen Körnchen die vielkernigen Zellen (Fig. 21). Ob die Zellen der Fig. 20 sämmtlich als Parallelbildungen zu betrachten sind, oder ob sie zum Theil einer weiteren Differenzirung ihren Ursprung ver- danken, weiß ich nicht. Ein Unterschied zeigt sich in so fern, als in einigen von ihnen (b) die Chromatinsterne kräftiger entwickelt sind als in anderen, wie denn auch die durch Trennung der Sternstrahlen ent- standenen Theilkerne bald kleiner, bald größer sind (Fig. 21 a, b). Jedenfalls klüftet sich in den vielkernigen Zellen das Plasma im Sinne der Einzelkerne, und so entstehen zuletzt die Spermatiden. Als die Endprodukte der ganzen Entwicklung stellen sich jene kleinen, sehr färbbaren und in ungefärbtem Zustande stark lichtbrechenden Kügel- chen der Fig. 24 dar, welche bei einer Größe von 0,0016 mm Kern und Plasma nicht mehr unterscheiden lassen. Sie erfüllen die Leibes- höhle zu vielen Tausenden, und ich glaube in ihnen die eigentlichen Samenkörper erblicken zu müssen. Außerdem beobachtet man Zellen von gleicher Größe, die einen dunklen Punkt und eine ungefähr halb- kugelige chromatische Membranverdickung aufweisen (Fig. 23). Ge- schwänzte Spermatozoen fand ich in konservirten Thieren nicht. Im Leben tritt an den rundlichen Samenzellen ein kleines helles Spitzchen 212 F. Braem, hervor, von dem ein sehr feiner Faden auszugehen scheint, den ich aber auch hier nur andeutungsweise erkennen konnte. | Ein typisches Polyplastenstadium, wie es unter den Anneliden zuerst vom Regenwurm beschrieben wurde!, habe ich bei Ophryotrocha nicht nachweisen können. Am ehesten möchte ihm das Stadium der - vielkernigen Spermatocyten (Fig. 21) zu vergleichen sein. So weit meine Beobachtung reicht, beruht die Vermehrung der Keimzellen überall auf direkter Kerntheilung. Obwohl dieses zunächst befremdlich erscheint, so ist doch zu berücksichtigen, dass eine genaue Halbirung der chromatischen Substanz, wie sie durch die Karyokinese gewährleistet wird, für die Bildung der Samenzelle nicht erforderlich ist, da es sich hier nur darum handelt, die Keimzelle zu Gunsten einer ungeheuren Vermehrung auf dasjenige Minimum ihres Volumens zu reduciren, bei welchem die specifische Energie der Keimzelle eben noch gewahrt bleibt. Wenn die Theilung der Keimzelle nur den Zweck hat, bis zur äußersten Grenze der Theilbarkeit vorzudringen, so kann dieser Zweck ebenso wohl auf akinetischem wie auf kinetischem Wege erreicht werden, ja der erstere Weg würde in diesem Falle der kür- zere sein. Da ferner die chromatische Substanz nicht in einem beson- deren Nucleolus koncentrirt, sondern in viele kleine Körnchen oder Stäbchen zersprengt ist, so befinden die Zellen sich gleichsam in einer fortwährenden Theilungsbereitschaft, und die Auslösung der einzelnen Chromosomen wird überflüssig. Andererseits kommt in Betracht, dass die Kerne der männlichen Keimzellen bei Ophryotrocha membranlos sind. Die chromatische Substanz liegt frei im Plasma. Die bei jeder kinetischen Theilung stattfindende Auflösung der achromatischen Sub- stanz des Kerns im Zellplasma, welche eine periodische Regeneration beider Theile zur Folge hat, ist also einem beständigen direkten Wechsel- verkehr, einer beständigen Regeneration gewichen. Auch dieses Mo- ment, welches zu Gunsten der Karyokinese sprechen könnte, fällt demnach fort. Der kinetische Gesammtzustand der Zellen hat die charakteristischen Wirkungen der kinetischen Theilungsform vor- weggenommen und dadurch die letztere gegenstandslos gemacht. Wir dürfen behaupten, dass die direkte Kerntheilung hier morphologisch und physiologisch dasselbe leistet wie die kinetische, da ohnehin beide nur als Modifikationen eines und desselben Vorganges zu betrachten sind? Neben rein männlichen und rein weiblichen Thieren habe ich in 1 BLooMFIıELD, On the development of the spermatozoa (Lumbricus). Quart. Journ. mier. sc. Vol. XX. 4880. p. 79 ff. 2 Vgl. darüber CArnoy, La Cellule. I. p. 395 ff. Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Ulprd. Me. 213 einem Falle auch eine Zwitterbildung beobachtet. Ein Theil der in den vordersten, also ältesten Segmenten gelegenen Keimzellen hatte die Entwicklung zu Samenzellen durchgemacht, während die Hauptmasse der Genitalanlage Ei- und Nährzellen geliefert hatte. An dieser Stelle will ich noch Einiges über die Regeneration von Ophryotrocha mittheilen, weil es nicht nur auf die Entwicklung im Allgemeinen, sondern speciell auf die Bildung der Geschlechtsprodukte Bezug hat. Nachdem ich erkannt hatte, dass die Geschlechtszellen gleich den Keimblättern selbst in der Vegetationszone des letzten Segmentes ihr eigenes Stammgewebe besitzen, war es mir interessant zu erfahren, wie sie sich im Falle einer Regeneration des letzten Segmentes verhal- ten würden. Ein Thier, dem das letzte Segment fehlt, ist gleichsam des Herdes beraubt, an dem die Keimzellen normalerweise gebildet werden. Es entstand die Frage, ob auch die Keimzellen fähig sind, durch Regeneration ein neues Stammgewebe zu liefern, wie es ja vor- aussichtlich für die übrigen Gewebe zutraf. Leider begann ich diesen Dingen meine Aufmerksamkeit erst zuzu- wenden, als ich schon sehr mit Materialmangel zu kämpfen hatte. Ich kann daher nur über einzelne Versuche berichten, die aber genau kon- _ trollirt wurden. Ophryotrocha besitzt nicht das Vermögen, sich selb- ständig durch Theilung zu vermehren, und ich hatte nicht gedacht, in ihr ein dankbares Objekt für das Studium der Regeneration zu finden. Ich will nun, was mir an meinen Versuchen von Interesse zu sein scheint, der Reihe nach mittheilen. I. Ein großes, von legereifen Eiern erfülltes Weibchen mit 35 parapodientragenden Segmenten wurde am 9. Juli durch einen Quer- schnitt halbirt. Das Kopfstück besaß 13, das Schwanzstück 22 para- podientragende Segmente. Letzteres wurde zerzupft und zur Unter- suchung der Eier verwendet; das Kopfstück wurde isolirt und zum Studium der Regeneration aufbewahrt. Am 12. Juli war die erste Anlage eines regenerirten Aftersegmentes hervorgetreten (Taf. XI, Fig. 29 I), das am 43. Juli schon bedeutend gewachsen war (Fig. 29 II) und am 16. Juli ein parapodientragendes Segment und drei andere, parapodienlose abgeschnürt hatte (Fig. 29 III). Am 20. Juli waren im Ganzen drei parapodientragende und drei parapodienlose Segmente regenerirt, die sich von den älteren Segmenten nicht nur äußerlich abhoben, sondern auch durch ihre m) von ihnen unterschieden (Fig. 29 IV). 214 | F. Braem, Am 26. Juli waren sechs, am 30. Juli sieben parapodientragende Segmente regenerirt. An diesem Tage, also gerade drei Wochen nach Vollzug der Verstümmelung, wurde das Thier mit erwärmtem Sublimat konservirt und später in Schnitte zerlegt. Die Schnitte hatten den Zweck, über das Verhalten der Keimzellen in den regenerirten Segmenten Aufschluss zu geben.. Ich fand keine Spur von Genitalanlagen in diesen Segmenten, auch im Aftersegmente waren keine Keimzellen zu erkennen. Daraus ergiebt sich, dass die Keimzellen den übrigen Geweben in Bezug auf die Regeneration jedenfalls nicht gleich stehen. Ob eine Neubildung derselben auch in Zukunft ausgeschlossen gewesen wäre, oder ob das mesodermale Epithel der Leibeshöhle dennoch die Fähigkeit besitzt, unter besonderen Umstän- den sich zu Keimzellen zu entwickeln, das möchte ich hiernach noch nicht für entschieden halten. Ein anderer Umstand fesselte nun sogleich meine Aufmerksamkeit. Es war mir bereits am lebenden Thiere aufgefallen, dass die Eier all- mählich undeutlich wurden und endlich ganz zu verschwinden schienen. Das Thier wurde kleiner und schmächtiger, und ich führte diesen Um- stand auf den Mangel an Nahrung zurück bei den hohen Ansprüchen, welche die Regeneration an die Leistungsfähigkeit der Gewebe stellte. Die Schnitte zeigten mir nun, dass das Thier sein Geschlecht geändert hatte. Die reifen Eier, die zum Theil noch deutlich erkenn- bar waren, waren resorbirt worden, und die indifferenten Keimzellen hatten die Entwicklung zu Samenkörpern eingeschlagen, welche überall in der Leibeshöhle zu finden waren. So unglaublich mir dieses im ersten Augenblick vorkam, so war doch kein Zweifel an der Thatsäch- lichkeit des Verhältnisses möglich. In Fig. 17 auf Taf. X ist ein Schnitt durch eine Genitalanlage der vorderen Segmente abgebildet. Er ist in so fern besonders instruktiv, als er einige noch nicht rückgebildete weibliche Keimzellen in unmittelbarer Verbindung mit den männlichen zeigt. Bein sieht man zwei Nährzellen, bei o die dazu gehörigen Ei- zellen. Die Grenze zwischen den weiblichen und den männlichen Zellen entspricht offenbar derjenigen, wo sich zur Zeit, als die Ände- rung des Geschlechts eintrat, die indifferenten Keimzellen von den schon differenzirten schieden. Die letzteren verfolgten den bereits eingeschlagenen Weg so weit als möglich, während die anderen sich zu männlichen Keimzellen umzubilden begannen. Dieser Fall zeigt auf das deutlichste, dass die geschlechtliche Indifferenz der jüngsten Keim- zellen eines jeden Segmentes eine absolute ist, und dass die Entwick- lungsrichtung der Keimzellen durch äußere Umstände bestimmt werden kann. Dass diese Umstände hier nur in den ungünstigen Lebensver- Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Olprd. Me. 215 hältnissen zu suchen sind, scheint mir unzweifelhaft, zumal es im Einklang steht mit der Thatsache, dass bei Insekten, die sich unter normalen Verhältnissen parthenogenetisch fortpflanzen, durch Nah- rungsentziehung und Herabsetzung der Temperatur, also ebenfalls durch Verschlechterung der Lebensbedingungen, das Auftreten von Männchen willkürlich bewirkt werden kann!. Übrigens erscheint nun der oben erwähnte Fall von Zwitterbil- dung, den ich viel früher beobachtet hatte, in etwas anderem Lichte. Vielleicht ist er ein Gegenstück zu dem hier besprochenen. Ein Theil der vordersten Genitalanlagen war dort zu männlichen Keimzellen um- gewandelt, während das Thier im Übrigen weiblich war. Es könnte sein, dass dieses Verhältnis dadurch herbeigeführt war, dass ein ur- sprünglich männliches Individuum zu einem weiblichen wurde, und dass es zu der Zeit, wo die männlichen Zellen schon fast verbraucht waren, der Untersuchung zum Opfer fiel. ll. Einem großen Weibchen war am 9. Juli ein Parapodium der mittleren Segmente abgeschnitten worden. Bis zum 28. Juli, wo das Thier konservirt wurde, war keine Spur einer Regeneration sichtbar geworden. ‚Il. Am 4. August wurde ein großes, mit Eiern gefülltes Weibchen durch einen schräg geführten Querschnitt halbirt, so dass nicht nur die Individualität des Thieres, sondern auch zum Theil die der Segmente aufgelöst war. | Das schwanzlose Kopfstück behielt 16 vollständige und 2% un- vollständige parapodientragende Segmente. An letzteren fehlte die linke Seite (Taf. XI, Fig. 30 ]). Am 2. August war das letzte Halbsegment (Fig. 30 Il, SII) stark geschrumpft und offenbar in Folge der Kontraktion des Wundrandes schräg nach links und nach hinten gerichtet. Am 5. August waren die ersten Spuren eines neuen Endsegmentes sichtbar geworden, und zwar in Form der beiden paarigen Cirren (Fig. 30 IH, ci). Dieselben waren an der Wundfläche des letzten Halb- segmentes hervorgekommen und unter ihnen war der rechte Cirrus bei Weitem der größere. Die Regeneration hatte also an dem am weitesten nach hinten gelegenen Punkte der Schnittfläche be- gonnen, und war von da nach oben zu vorgedrungen. Am8. August war das Endsegment vollständig entwickelt (Fig. 30 IV). i Es sei hier des Ausspruches von GustAv JAEGER gedacht, dass » die Diffe- renzirungsursache für die Samenzellen, im Gegensatze zu der mästenden, trägmachenden für die Eizellen, eineaushungernde, lebhaftmachende« zu nennen sei (Zool. Briefe, Wien 4876, p. 269). [2 216 F. Braem, Links über demselben war die Anlage eines Fußstummels aufgetreten, der augenscheinlich dem ersten Halbsegment angehörte. Am 40. August war zwischen dem regenerirten Parapodium des ersten Halbsegmentes und dem Aftersegmente eine dem zweiten Halb- segmente zugehörige Wölbung kenntlich geworden (Fig. 30 V, 2), der - am 12. August ein Parapodium entsprossen war (Fig. 30 VI, par?). Ihr war am 44. August eine weitere Parapodienanlage gefolgt (Fig. 30 VII, par?), so dass das zweite Halbsegment auf der linken Seite nun scheinbar mit zwei Parapodien versehen war. Das rechte (ur- sprüngliche) Parapodium des zweiten Halbsegmentes war während dieser ganzen Zeit nicht gewachsen, sondern war im Gegentheil etwas kleiner geworden, offenbar in Folge von Resorptionsvorgängen, die sich in seinem Inneren zu Gunsten des morphologischen Gleichgewich- tes vollzogen hatten. Bisher hatte das Endsegment eine starke Exkursion nach links gezeigt, die sich aber im Lauf der Entwicklung allmählich verringert hatte. Am 48. August war dieselbe nahezu völlig beseitigt. Jetzt erst hatte auch rechts, unterhalb des zweiten Halbsegmentes und über dem Endsegmente eine Neubildung stattgefunden (Fig. 30 VII, SIII). Es war dies der zum letzten Parapodium der linken Seite (Fig.30 VII, VIII, par°) gehörige Segmentring, der sich deutlich von den Nachbarsegmen- - ten abzeichnete, aber noch durch den Mangel des rechten Parapodiums die Asymmetrie seiner Entstehung erkennen ließ. Für die Entwick- lung der folgenden Segmente war damit ungefähr wieder die alte Bahn geschaffen. Aus diesen Thatsachen ergiebt sich: 1) Dass die Regeneration an derjenigen Stelle der Wundfläche beginnt, welche dem Schwanzende am nächsten liegt (s. 5. August). Von da schreitet sie centripetal aufwärts. Es ist das die natürliche Folge des normalen Entwicklungsganges. Die Vegetationszone des Aftersegmentes ist der Ort, wo beim unverletzten Thiere die neuen Segmente gebildet werden. Je weiter die Zellen von hier aus nach vorn rücken, um so mehr erschöpft sich ihre organbildende Kraft und um so geringer wird ihre Regenerationsfähigkeit. Der Wiederersatz eines verlorenen Körpertheils wird also von den hintersten als den relativ jüngsten Zellen zuerst bewirkt werden, und successive werden sich dann die weiter nach vorn gelegenen daran betheiligen. 2) Auf diese Weise wird am Hinterende des Thieres als erstes Erzeugnis der Regeneration ein neues Aftersegment mit einer neuen Vegetationszone geschaffen (s. 8. August). 3) Die übrigen Defekte werden nun in derselben Weise ersetzt, Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Clprd. Mecz. 217 wie im normalen Entwicklungsgange, d.h. centrifugal, indem durch die Thätigkeit der neugebildeten Vegetationszone zuerst das vordere (ältere), dann das hintere (jüngere) Segment vervollständigt wird (s. 8. bis 12. August). 4) Die Thätigkeit der Vegetationszone richtet sich nach der Seite des größten Bedarfs, indem sie auch bei der Bildung der neuen Segmente darauf bedacht ist, das morphologische Gleichgewicht des Körpers wieder herzustellen. In Folge dessen ist die Segmentbildung eine asymmetrische, sie beginnt an derjenigen Stelle, wo der Defekt am fühlbarsten ist (Fig. 30 VII, par?), um mit dem entgegengesetzten Punkte (Fig. 30 VII, SIIT) abzuschließen (s. 14. bis 18. August). — Das kopflose Schwanzstück besaß 17 vollständige parapodien- tragende Segmente und 2 unvollständige, an denen die rechte Seite fehlte (Fig. 34 ]). Das erste Halbsegment (SI) wurde gänzlich zurückgebildet. Am zweiten Halbsegmente war am 10. August die Anlage eines rechten Parapodiums zu Tage getreten, die sich indessen nicht weiter ent- wickelte, sondern bis auf die Borsten atrophirte. Am 18. August (Fig. 31 Il) war das ursprüngliche Parapodium des zweiten Halbseg- mentes und das rechte Parapodium des ersten vollständigen Segmentes in Folge allmählicher Atrophie geschwunden. Bis zum 21. August, wo ich die Beobachtung abbrechen musste, waren keine weiteren Verände- _ rungen eingetreten. Die Eier im vorderen Theil des Körpers waren gelb und geschrumpft, wurden aber nicht resorbirt, sondern durch die Segmentalporen ausgeworfen. Die Vegetationszone des Aftersegmentes hatte ihre Thätigkeit vollständig eingestellt, während der ganzen Zeit war kein neues Segment gebildet worden. Die Bewegungen des Thieres waren unbehilflich und in so fern zwecklos, als sie keine Lokomotion zur Folge hatten. Gleichwohl halte ich das Abwerfen der vordersten Parapodien für einen Versuch zur Regeneration des Kopfes, der viel- leicht in anderen Fällen wirklich gelingen könnte. Die Embryonalentwicklung. Eine Begattung habe ich nicht konstatiren können, noch auch den Eintritt der Befruchtung selbst. Die Entwicklung der frisch gelegten Eier zu frei beweglichen Larven fand jederzeit statt, zuletzt beobachtete ich sie im Anfang August d. J. Um eine Parthenogenesis behaupten zu können, fehlt es mir an präcisen Versuchen, zumal an solchen, bei denen die Übertragung von Samen mittels des Seewassers ausge- schlossen war. Die Eier wurden stets an den Glaswänden des Aquariums, und 2183 F, Braem, zwar bei Nacht oder früh Morgens abgelegt. Wenn sich die Würmer am Tage mit den Eiern zu schaffen machten, so war es, weil diese ihre Hauptnahrung bildeten. Die Eier liegen in länglich runden Häufchen mehr oder weniger dicht bei einander, eingebettet und umgeben von einer Schleimhülle, die von dem gesammten Ektoderm der Leibeswand abgesondert wird. Ein und derselbe Wurm gelangt mehrmals hinter einander zur Eiablage. Die Eier reifen periodisch, und der durch die Entleerung frei gewordene Raum wird durch wiederholte Nachschübe alsbald wieder ausgefüllt. Wenn man ein Thier, das prall mit Eiern gefüllt ist, drückt, oder auch nur beunruhigt, so sieht man bald eine beträchtliche Zahl von Eiern hervorkommen, und zwar auf beiden Seiten des Körpers, zwi- schen den Parapodien. Die Öffnungen sind einfache Spalten der Leibeswand, keine wirklichen Segmentalröhren, deren Existenz mir nicht hätte verborgen bleiben können. Ich habe weder am lebenden, noch am zerschnittenen Thier irgend eine Andeutung davon gefunden. Die frisch gelegten Eier beginnen sogleich mit der Ausstoßung der Polzellen, welche als wasserhelle Tröpfehen zum Vorschein kommen. Man findet am animalen Pole des Eies stets zwei solcher Zellen, von denen ich nicht direkt beobachtet habe, ob sie getrennt von einander ihre Entstehung nehmen, oder ob sie durch Theilung einer einzigen gebildet werden. Meist ist in einer von ihnen, oft in beiden der Kern zweigetheilt. Schon die erste Furche theilt das Ei in zwei sehr ungleiche Ab- schnitte, welche, durch die Membran des Eies zusammengehalten, ein- ander mit breiter Fläche berühren (Taf. XI, Fig. 32). Die Furchungs- zellen nehmen alsdann zusammen nicht mehr denselben Raum ein, wie die ursprüngliche Eizelle. Sie füllen die kugelige Membran des Eies nicht vollständig aus, sondern lassen an der Peripherie der Furchungs- fläche einen Raum frei, der von Flüssigkeit erfüllt ist und in dem man kleine Körnchen in zitternder Molekularbewegung begriffen sieht. Es geht also die Furchung Hand in Hand mit einer Kontraktion des Ei- körpers, und diese wiederum ist mit einem Austritt von Flüssigkeit - verbunden. Die Kontraktion beginnt schon während der Bildung der Richtungszellen, indem das Ei sich im Umkreise des animalen Poles von der Eihaut zurückzieht und den Richtungskörper in den so ge- schaffenen freien Raum niederlegt. Die erste Theilungsebene geht dicht am animalen Pole vorbei oder durch denselben hindurch. Liegen die Richtungskörper nicht auf der Grenze der beiden Furchungszellen, so haften sie meist an der größeren. Zur EntwickInngsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Olprd. Men 219 Auch die zweite Furche verläuft meridional. Die Theilung erfolgt nahezu gleichzeitigin beiden Zellen, deren Spindeln der ersten Theilungs- ebene parallel und ungefähr senkrecht zur Polachse stehen, zuweilen aber etwas von dieser Richtung abweichen, so dass sie unter einander divergiren. Erst die dritte Furche verläuft äquatorial, und jetzt erst kann von animalen und vegetativen Zellen die Rede sein, wie auch aus Goerre’s Darstellung der Entwicklung von Nereis Dumerilii klar her- vorgeht!. Keinesfalls darf die kleinere der beiden ersten Furchungs- zellen als » animale Hälfte « bezeichnet werden (s. Craus, Lehrb. d. Zool. k. Aufl. p. 358, 5. Aufl. p. 410). Den weiteren Verlauf der Furchung habe ich nicht genau verfolgt, da die Eier klein und wenig durchsichtig sind und neue Ergebnisse kaum zu erwarten standen. | Wenige Tage nach Beginn der Furchung tritt uns das Ei als frei bewegliche Larve entgegen. Da sich die Eihaut ganz allmählich in die Cuticula der Larve umwandelt, so lässt sich kein bestimmter Zeitpunkt als Augenblick der Geburt angeben. Embryonalentwicklung und Larvenzustand gehen unmerklich in einander über. Das jüngste Thier, an dem ich die Wimperkränze erkennen konnte, . ist in Fig. 33 dargestellt. Es ist ungefähr 0,09 mm breit und 0,15 mm lang. Der blass gelbliche Darm schimmert durch die farblose Körper- wand, in seinem Inneren liegen noch einige Dotterkugeln. Vom Ekto- . derm zeichnet sich scharf die feine Cuticula ab. Unterhalb der Leibes- mitte ist der Wurm durch eine Ringfurche eingeschnürt, er besteht nur aus zwei Segmenten, einem Kopf- und einem Rumpfsegment. Das Vorderende ist von einer zarten Wimperkappe bedeckt, unterhalb des Mundes verläuft der erste, in der Mitte des Rumpfsegmentes der zweite Wimperkranz, Zu beiden Seiten des Afters, an der Stelle, wo später die paarigen Cirren hervorkommen, sieht man ein Büschel von starren Tasthaaren. Auch an anderen Punkten der Körperoberfläche stehen hier und da vereinzelte Tasthaare. Das nächste Stadium (Fig. 3%) ist dreitheilig: der Rumpf hat sich in zwei Segmente gegliedert. Das präorale Stück des Kopfes ist be- deutend gewachsen, so dass der Mund abwärts gegen die Körpermitte gerückt ist. Von der Wimperkappe, die als solche nicht mehr besteht, hat sich ein besonderer präoraler Wimperreif abgelöst. Ganz am Vorderrande befindet sich eine große Zahl von Spürhaaren, die weniger lang und steif sind als die hinteren und deren Spitzen bewegt werden können. Der postorale Wimperkranz war schon auf dem vorhergehen- : A. GoETTE, Abhandl. zur Entwicklungsgeschichte der Thiere. 4. Heft. 1882, p- 84. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII, Bd. 45 220 F. Braem, den Stadium vorhanden. Außerdem besitzt jedes Rumpfsegment einen Wimperkranz. In Fig. 35 ist ein neues Rumpfsegment hinzugekommen. Die Kieferzangen sind sichtbar geworden. Oberhalb des ersten hat sich ein zweiter präoraler Wimperkranz gebildet. Die vorderen Fühlhaare sind sehr gewachsen und undeutlich zu zwei Gruppen geordnet, ein nicht gerade typisches Verhalten, das aber auch später zuweilen vor- kommt. Von den Fühlern und Augen, sowie von den Parapodien sieht man noch nichts. Dieses Stadium entspricht ungefähr dem, welches CrArAR&pE und METSCHNIKOFF, a. a. O. Taf. XIII, Fig. 2, als das jüngste, das ihnen be- gegnete, dargestellt haben. Ein Unterschied zeigt sich darin, dass- jene Forscher nur einen präoralen Wimperreifen wiedergeben, und dass der unpaare Aftereirrus bei ihnen schon sehr deutlich entwickelt ist, Abweichungen, welche bei einer gewissen Variabilität in der zeitlichen Folge der Organbildung wohl stattfinden mögen. »Trotz der Fünfzahl der Wimperreifen«, heißt es bei CLarArkDE und METSCHNIKOFF p. 184 mit Beziehung auf dieses Stadium, »betrug die Anzahl der eigentlichen Segmente nur vier, da der vorderste, vor der Mundöffnung gelegene Reifen dem Mundsegment angehörte.« Das nächste von ihnen abgebildete Stadium (a. a. ©. Taf. XIII, Fig. 2 A, kopirt in Fig. 36) wird als sechsgliedrig bezeichnet. Aber CrArArkDE und Merscnnigorr haben dabei übersehen, dass die zwei neuen Glieder nicht in gleichförmiger Weise aus den vorgenannten vier sich ent- wickelt haben, also nicht beide » vor dem Aftersegment neu hervorge- sprosst« sind. Dieser letztere Satz gilt vielmehr nur von dem einen der neuen Segmente, das andere ist eine Bildung besonderer Art. Wie nämlich ein Blick auf unsere Fig. 33—35 lehrt, ist hier der Kopfab- schnitt noch ganz ungegliedert, es besteht keine äußere Grenze zwischen dem präoralen und dem postoralen Theil. Gleichwohl sind beide schon deutlich zu unterscheiden, nicht nur in Folge ihrer räumlichen Aus- dehnung, sondern auch nach den zugehörigen Wimperkränzen. Halten wir ein erwachsenes Thier (Fig. 25, 26) dagegen, so sehen wir, dass die adoralen Wimperkränze durch eine in Mundhöhe verlaufende Ein- : schnürung von einander getrennt sind, und dass der Kopf offenbar aus zwei Segmenten, einem präoralen (»Kopflappen «) und einem postoralen »Mundsegment«) besteht. Es ist also unzweifelhaft, dass diese beiden Segmente zuvor enger verbunden waren und gemeinsam das Kopfseg- ment der Larve bildeten, welches seinerseits dem Kopf einer Trocho- phora zu vergleichen wäre. Die Gliederung des primären Kopfsegmentes in zwei sekundäre Segmente tritt nun bereits in einem sehr frühen Zur Entwieklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Glprd. Mecz. 221 Stadium ein. Sie vollzieht sich nahezu gleichzeitig mit der Bildung des vierten Rumpfsegmentes und ist in Fig. 36 definitiv geworden. Die Sechsgliedrigkeit dieser Larve beruht also nicht nur auf der fort- gesetzten Strobilation des Aftersegmentes, sondern zum Theil auf der Segmentirung des Kopfes, und die beiden vorderen Segmente ent- sprechen nicht den gleichnamigen in Fig. 35, sondern allein dem Kopf- segmente. Hieraus folgt, wenigstens für Ophryotrocha, dass Visvier (a. a. O, p- 366 ff.) mit Unrecht sich weigert, das postorale Segment dem Kopfe zuzuzählen, da es vielmehr als erstes Rumpfsegment (premier anneau postcephalique, p. 418) zu betrachten sei. Für ihn repräsentirt das präorale Segment, welches die Augen und die Antennen trägt, der »Kopflappen« Grusr’s, den ganzen Kopf. Vıievier nimmt an, dass bei denjenigen Anneliden, bei denen der Mund in der Trennungsfurche zweier Segmente liegt, diese Lage »auf die Atrophie des postoralen Theiles des Kopfsegmentes oder noch häufiger auf seine Verschmelzung mit dem folgenden Segmente« zurückzuführen sei. Der letztere Fall ist für Ophryotrocha absolut ausgeschlossen und nur der erstere wäre denkbar. Aber die Entwicklungsgeschichte lehrt, dass eine Atrophie des postoralen Kopfabschnittes, die mit dem Verlust eines ganzen Cilien- Tinges verbunden wäre, nicht stattfindet, dass vielmehr dieser Abschnitt durch eine sekundäre Gliederung des Trochophorakopfes der Larve den Werth eines selbständigen Segmentes erhält. Breslau, September 1893. Erklärung der Abbildungen. Tafel X, Fig. 4. Querschnitt durch ein weibliches Thier, das vor Kurzem die reifen Eier abgelegt hatte, Rumpf. D, Darmhöhle; Dr, Drüsen; n, Bauchmark; 0v, Ova- rium; par, Parapodium. Vergr. 40. Fig. 2. Eine der in Fig. 4 mit Dr bezeichneten Hautdrüsen stärker vergrößert, aus einem Querschnitt. ec, ektodermale, m, mesodermale Schicht der Leibeswand; w, Wimperzellen; bl, Blasenzelle; mu, Muskelfaser; «, Nabel der Drüse. Vergr. 330. Fig. 3. Vorderer Theil eines horizontalen Längsschnittes durch ein weibliches Thier, in der Höhe der Ovarien verlaufend. Die Schnauze war abwärts gekrümmt, daher der dorsale Theil des Kopfes getroffen ist. /, II, die beiden Segmente des Kopfes; III—V, die ersten drei Rumpfsegmente; D, ventrale Kante der Darmwand; rn, Gehirn; o.F, obere Fühler; oc, Augen; P, Pigmentzellen hinter dem Auge; par, Parapodien, nur links getroffen; Pgs, die zwischen dem II., II. und IV. Segmente 15* 222 F. Braem, gelegenen Pigmentsäcke der Leibeswand; ph, Pharynx. (Kiefersack); ov, Ovarien; die losgelösien Eier sind nur theilweise gezeichnet; s, Seplen; w, Wimperreifen der Segmente, quergeschnitien. Vergr. 70. Fig. 4. Schnitt durch die Leibeswand, Medianlinie des Rückens. w, Zelle des quergeschnitienen Wimperreifens. Vergr. ca. 300. Fig. 5. Das mit * bezeichnete Ovarium der Fig. 3 stärker vergrößert. o, Ei- zellen; n, Nährzellen; s, Septum. Vergr. 540. Fig. 6—12. Vom Ovarium losgelöste Eier nebst den zugehörigen Nährzellen (n); nach Schnitten gezeichnet. Vergr. 540. Fig. 43. Nährzelle (n) eines reifen Eies (o); Stadium der Fig, 42. Vergr. 540. Fig. 44. Drei Nucleoli aus Eiern vom Stadium der Fig. 42, mit hellen Bläs- chen im Inneren. Vergr. 540, Fig. 45. Annähernd medianer Längsschnitt durch das Hinterende eines männ- lichen Thieres. c, medianer Aftercirrus; hi, h?, h?, Hodenanlagen der drei letzten Segmente; H, Urgeschlechtszellen; s, Septen; n, Bauchmark; W, Wulst der Darm- wand, welcher die Magenhöhle von der Afterhöhle (ah) trennt. Vergr. 330. Fig. 16. Hoden, aus Sagittalschnitten des Thieres kombinirt. Die mit c be- zeichneten ältesten Hodenzellen nebst dem angrenzenden Theile der mit b bezeich- neten jüngeren sind einem mehr seitlich geführten Schnitte entnommen. D, Stück der ventralen Darmwand; s, Septum; a, jüngste, indifferenie Keimzellen. Vergr.540. Fig. 47. Keimzellenlager eines ehemals weiblichen Thieres, welches zu einem Männchen geworden war (s. Text p. 214), Horizontalschnitt. Bg, Region des Bauch- sefäßes, Medianlinie; s, Septum; a, jüngste, indifferente Keimzellen; 5, c, Hoden- zellen, zum Theil frei in der Leibeshöhle; sp, Spermatiden; o, Eizellen, z, Nähr- zellen, als Reste der weiblichen Keimzellen. Vergr. 540. Fig. 18. Männliche Keimzellen, frei in der Leibeshöhle. 5, jüngere, c, ältere Zellen. Vergr. 540. Fig. 49. Männliche Keimzellen im Stadium c der Fig. 46—18: Spermatocyten; rechts eine Zelle mit sternförmigem Kern. Vergr. 760. Fig. 20. Spermatocyten, frei in der Leibeshöhle. a, b, mit sternförmigem, «@', mit netzförmigem Kern. Vergr. 800. Fig. 21. Vielkernige Spermatocyten, vermuthlich aus solchen mit sternförmi- gem Keın hervorgegangen, frei in der Leibeshöhle. a, Zellen mit kleineren, 5, mit größeren Theilkernen. Vergr. 800. ; Fig. 22. Männliche Keimzellen unbekannter Bedeutung, frei in der Leibes- höhle. Vergr. 800. Fig. 23. Spermatiden. Vergr. 800. Fig. 24. Spermatozoen, wie sie in Schnittpräparaten erscheinen. Vergr. 800. Tafel XI, Fig. 25. Kopftiheil eines erwachsenen Thieres, von der Bauchseite gesehen, schwach vergrößert, nach dem Leben. ZI, II, die beiden Segmente des Kopfes; III, IV, die beiden ersten Rumpfsegmente; O, Mund; o.F., obere, «.F., untere Fühler; par, erstes Parapodienpaar. Der Pfeil im III. Segment bezeichnet die Richtung der Flimmerwelle. Fig. 26. Kopftheil eines erwachsenen Thieres, vom Rücken gesehen. fl, f, Flimmergruben; oc, Augen; sonst wie in Fig. 25. Fig. 27. Schnitt durch ein Auge, sagittaler Längsschnitt des Thieres. fl, Flim- Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis Glprd. Meez. | 223 mergrube; o.F., oberer Fühler ; m, Muskel; n, Nerv; oc, Krystallkörper des Auges, bestehend aus den drei Zellen «, $, y; P, pigmentführende Zellen hinter dem Kry- stallkörper. Vergr. 330. Fig. 28. Aftertheil eines erwachsenen Thieres, vom Rücken gesehen, schwach vergrößert. c, medianer Aftereirrus; ci,paarige Aftercirren; W, ringförmiger Wulst des Darmes, welcher den mit Koth gefüllten verdauenden Theil (M) von der After- höhle (Proctodäum, ah) trennt; Z, Zone, in der ein neues Segment gebildet wird. Fig. 293I—IV, Vier auf einander folgende Stadien der Regeneration des Hinter- endes bei einem quer durchschnittenen Thiere, schwach vergrößert. Fig, II giebt die Ansicht der Unterseite. ce, unpaarer Aftereirrus; 7—6, regenerirte Segmente nach der Reihenfolge ihrer Entstehung. S. Text p. 213. Fig. 30 I—VIII. Acht Stadien der Regeneration des Hinterendes bei schrägem Querschnitt des Thieres. Fig. I unmittelbar nach der Verstümmelung entworfen. XVI, letztes nicht verstümmeltes Segment; SI, SIT, die beiden verstümmelten Seg- mente, part, par?, deren regenerirte Parapodien; par?, Parapodium des neugebil- deten Segmentes SII]; ci, paarige Cirren des regenerirten Endsegmentes. Im Übri- gen s. Text p. 215. Fig. 31 I—II. Vorderer Theil der hinteren Hälfte eines zerschnittenen Thieres. I, unmittelbar nach der Verstümmelung, II, am Ende der Beobachtung. ST, SII, die beiden vordersten Segmente, die der rechten Hälfte beraubt sind; par?, rege- nerirtes rechtes Parapodium des hinteren Halbsegmentes, bis auf die Borsten atro- phirt. S. Text p. 217. Fig. 32. Ei im Zweizellenstadium, vom animalen Pole gesehen. Die Kern- spindeln der Furchungszellen sind nach Schnitten eingezeichnet. cu, Membran des Eies; r, Richtungskörper;; R, mit Flüssigkeit erfüllter Raum. Fig. 33, Ganz junge Larve, von der Bauchseite gesehen, aus dem Kopfe und einem Rumpfsegmente bestehend. cu, Cuticula; D, Darm; O, Mund; A, After. Nach dem Leben. Vergr. ca. 200, Fig. 34. Dessgl., ein wenig älter; zwei Rumpfsegmente. Fig. 35. Dessgl.; drei Rumpfsegmente, der Wimperkranz des mittelsten (jüng- sten) noch nicht sichtbar. K, Kieferzangen, zum Munde herausragend. Fig. 36. Ältere Larve, Kopie nach CrAPAr&pe und METSCHNIKOFF, diese Zeitschr. Bd. XIX, 1869, Taf. XIII, Fig. 2A. »Vergr. 75.« Der Kopf hat sich in zwei Segmente, ein präorales (/) und ein postorales (II) gegliedert; der Rumpf ist viergliederig. K, Kieferzangen. Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. und die polytrochen Larven eines anderen Anneliden (Harpochaeta cingulata NOV, gen., NOV. Spec.). Von Prof. Eugen Korschelt in Marburg i. H. Mit Tafel XII—XV und 6 Textfiguren. Vor einer Reihe von Jahren bearbeitete ich im Freiburger Zoologi- schen Institut einen im dortigen Seewasseraguarium lebenden Dino- philus. Das Studium dieses merkwürdigen Wurmtypus, der eine große Übereinstimmung mit den polytrochen Annelidenlarven zeigt, lenkte mein Interesse auf die letzteren und so schien es mir nicht ungeeignet, die hier folgenden, durch jene früheren Studien indirekt veranlassten Mittheilungen der Festgabe zum 60. Geburtstage meines verehrten damaligen Lehrers, des Herrn Geheimrath Professor WEIsMAnn in Frei- burg, hinzuzufügen. Als sich dann herausstellte, dass der Umfang der Abhandlung für den beschränkten Raum jener Publikation ein zu weiter wurde, brachte ich sie doch zu dem geplanten Abschluss und lege sie nunmehr an dieser Stelle nieder, obwohl ich mir bewusst bin, dass sich einige Lücken durch einen erneuten Aufenthalt an der See mög- licherweise hätten ausfüllen lassen. Mehrfache andere Arbeiten, die eine Fortsetzung verlangen, machten es mir nicht sehr wahrscheinlich, dass es zu einer derartigen Ergänzung wirklich kommen würde und so entschloss ich mich zur Publikation des Vorhandenen, da es einige, wie mir scheint, recht mittheilenswerthe Punkte enthält. Es drängt mich, die Entstehungsgeschichte der durch einen mehrjährigen Zeitraum unterbrochenen Arbeit anzudeuten, zur Aufklärung für denjenigen, der vielleicht da und dort eine Lücke besser ausgefüllt zu sehen wünschte. Die Gelegenheit, die beiden hier besprochenen polytrochen Anne- lidenlarven kennen zu lernen, fand ich bei einem Aufenthalt in Triest. Eine dieser Larven ist bekannt. Sie gehört zu Ophryotrocha puerils Clap. u. Metschn. Die andere ist noch nicht beschrieben worden, so weit ich aus der auf diesem Gebiet äußerst zerstreuten und schwer Über Ophryotrocha puerilis Olap.-Metschn. ete. 2a zugänglichen Litteratur ersehe. Ich suchte bei jenem Aufenthalt am adriatischen Meer die Entwicklung beider Larven zu verfolgen, was bei der pelagischen Form nicht leicht, aber doch bis zu einem gewissen Grade durchzuführen war. So konnte das Verwandtschaftsverhältnis dieses Wurmes zu anderen Formen ziemlich sicher festgestellt werden. Von Interesse war mir dabei der lange Bestand der Wimperkränze, den ich außerdem noch bei anderen Formen, z. B. bei einer Nereis-Art, nach- weisen konnte. Dieser larvale Charakter bleibt also ungewöhnlich lange erhalten, wie dies CLAPaAr&pe und METScHnIKorFF bereits für Ophryotrocha hervorhoben. Die letztere Form zeigt auch im ausgebildeten Zustande verschiedene recht bemerkenswerthe und nicht bekannte Züge in ihrer Organisation, so dass ich bald von dem Studium der Larven auf das- jenige der ausgebildeten Thiere überging, um so mehr als ich auch durch äußere Umstände, d. h. meine damalige Abreise von Triest, dazu ge- nöthigt und in meinen Bestrebungen, die Entwicklungsgeschichte des Wurmes zu studiren, vollständig unterbrochen wurde. Die Würmer ließen sich zwar in größerer Anzahl lebend in einer mit Ulven besetzten Flasche selbst auf einem ziemlich großen Umwege bis nach Berlin über- führen, aber Eier erhielt ich dann keine mehr von ihnen. Später fand ich die Ophryotrocha im Berliner Aquarium wieder auf und mit Hilfe dieses Materials, sowie einer mir von Herrn Dr. Grärre gemachten Sendung gut konservirter Würmer konnte ich meine Untersuchungen neuerdings fortsetzen. Herrn Dr. Grärre möchte ich daher für seine liebenswürdige Unterstützung meinen Dank aussprechen, eben so wie ich Herrn Hofrath Professor Craus für die mir damals freundlichst ge- währte Erlaubnis zur freien Benutzung der Hilfsmittel der Triester Station sehr verpflichtet bin. Ferner möchte ich die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, Herrn Geheimrath Professor Euzers für die große Freundlichkeit meinen Dank abzustatten, mit welcher er mich bei der an meinem jetzigen Aufenthaltsort etwas schwierigen Litteraturbeschaf- fung durch seinen reichen Bücherschatz unterstützte. Ich werde zunächst Ophryotrocha puerilis und ihre Larven, sodann die pelagische Form behandeln. l. Ophryotrocha puerilis Clap. u. Metschn. Ophryotrocha puerilis ist ein kleiner, zur Familie der Euniciden gehöriger polychäter Annelide, welcher von Crarır&ve und METScHNIKOFF (7) im Jahre 1867 in Neapel aufgefunden wurde und von ihnen wegen derjenigen seiner Charaktere, welche für gewöhnlich nur den Larven oder Jugendstadien der Anneliden zukommen, seinen Gattungs- und Artnamen erhielt. Der Wurm ist seither wiederholt beobachtet und 226 Eugen Korschelt beschrieben worden, wurde jedoch niemals genauer untersucht, ob- wohl abgesehen von den interessanten äußeren Charakteren auch seine innere Organisation in verschiedener Hinsicht sehr bemerkenswerth ist. Übrigens wird auch von mir nicht der gesammte Bau des Thieres behandelt werden, sondern ich begnüge mich, diejenigen Punkte heraus- zugreifen, welche für die Auffassung des Wurmes von Bedeutung sind. Dazu gehören vor Allem der Kieferapparat und die Genitalorgane, in so fern man bisher nur Weibchen fand und vergeblich nach den männlichen Thieren suchte. In einer kürzlich erschienenen Mittheilung hebt J. Bonnizr unter Anderem als eine empfindliche Lücke in der Kenntnis der Ophryotrocha hervor, dass ihr Männchen noch von Niemand gesehen wurde. Als ich mich vor einigen Jahren mit Ophryotrocha beschäftigte, fand ich ebenfalls keine Männchen, wo- hei allerdings zu bemerken ist, dass ich damals mein Hauptaugenmerk zunächst auf die Entwicklung richtete und mich mit diesem Punkt weniger beschäftigte. Jetzt bei genauerem Zusehen war ich glücklicher und fand die Männchen bald. Was die früheren Beobachter der Ophryotrocha von einer Parthenogenese und Heterogonie bei dieser Form vermutheten, wurde damit hinfällig. Für die genauere Kenntnis der Männchen bezw. der Genitalorgane überhaupt war ein Studium der inneren Organe nöthig. Dazu, wie auch für die genaue Kenntnis des Kieferapparates, wurde der übrige Bau des Thieres nur in so weit be-- rücksichtigt als unbedingt nöthig war. Von anderen Arbeiten in An- spruch genommen, war es mir nicht möglich, wie ich gewünscht hätte, die ganze Anatomie des wegen seiner mannigfachen Eigenthümlichkeiten recht interessanten Wurmes zu behandeln, doch soll eine solche aus- _führliche Bearbeitung desselben hier im Institut von anderer Seite vorgenommen werden. 1. Vorkommen, Lebensweise, Untersuchungsmethode. Ich fand Ophryotrocha in Triest an den Glaswänden der Aquarien in der Station. Dahin war sie wahrscheinlich mit den Ulven gelangt, auf welchen sie sich mit Vorliebe aufhält und von denen sie sich nährt. So viel ich sah, scheint ihre Nahrung pflanzlicher Natur zu sein, obwohl der Bau des Kieferapparates, zumal der festen und spitzen Zangen mehr auf thierische Nahrung, d. h. auf eine räuberische Lebensweise hin- deutet. Ich fand den Darm gewöhnlich mit grünen Algentheilen ge- füllt. Das Thierchen lässt sich desshalb sehr leicht halten, wenn man für frische Ulven sorgt. Überhaupt ist Ophryotrocha sehr gut zu ziehen, nur ist darauf zu achten, dass das Wasser frisch bleibt. Gegen nur einigermaßen verdorbenes Wasser fand ich die Thiere sehrempfind- Über Ophryotrocha puerilis Clap,-Metschn. ete. 997 lich. Im Sommer empfiehlt es sich daher, die Aquarien in einem mög- lichst kühlen Raum aufzustellen und sie außerdem in einen größeren Wasserbehälter mit kühlerem Wasser zu bringen. So konnte ich auch während der sehr heißen Zeit des vergangenen Sommers die Ophryo- irochen vorzüglich halten, während sie ohne diese Vorsichtsmaßregel auch bei genügender Lufteinleitung bald zu Grunde gingen. Bezüglich der Konservirung sei erwähnt, dass dieselbe sehr gut auf die gewöhnliche Weise mit Alkohol oder Sublimat gelingt. Um die Würmer völlig ausgestreckt zu konserviren, bewährt sich Cocain vor- züglich. In ein mit Seewasser gefülltes Uhrglas, welches den Wurm enthält, bringe ich am Rande und von dem Wurm möglichst weit ent- fernt einige Tropfen einer 5%igen Cocainlösung. Dabei sind Er- schütterungen des Wassers zu vermeiden und es ist die Zeit zu wählen, in der der Wurm zugleich ausgestreckt ist und sich wenig bewegt. Ist der Wurm durch die Wirkung des Cocains gelähmt, so setzt man von derselben Stelle wie vorher sehr schwachen (20 %igen) Alkohol tropfen- weise zu. Dies ist der kritische Moment, in welchem der Wurm durch die Alkoholwirkung leicht gereizt wird und sich von Neuem zu bewegen beginnt. Es ist also vorsichtig zu verfahren. Eben so bei dem nach- folgenden Zusetzen immer stärkeren Alkohols. Erfolgt dieses zu rasch und nicht vorsichtig genug, so kommt es vor, dass der Wurm sich noch jetzt kontrahirt. Doch erhält man bald Übung in dem Verfahren und bekommt auf diese Weise völlig gestreckte Würmer. Auch lässt sich die ganze Procedur ziemlich rasch vornehmen, so dass die histologische Struktur des Objektes nicht darunter leidet. 2. Die Körpergestalt und die sonstigen äußerlich wahrnehmbaren Merkmale der Ophryotrocha. Der Körper der Ophryotrocha setzt sich aus dem primären Kopf- segment, zwei darauf folgenden borstenlosen Segmenten, einer wech- selnden Anzahl mit Parapodien versehener Segmente und dem Analseg- ment zusammen (Fig.1, Taf. XII). Die Größe des Wurnies, auch der ge- schlechtsreifen Thiere, ist sehr variabel. Die längsten Thiere, welche ich fand, maßen beim Schwimmen, d. h. also im ziemlich gestreckten Zustande, 9 mm und zählten 31 parapodientragende Segmente. Meist sind aber auch die geschlechtsreifen Würmer kleiner und messen für gewöhnlich 4—7 mm beim Vorhandensein von 18—26 parapodien- tragenden Segmenten. Gelegentlich findet man auch noch kleinere Würmer mit einer geringeren Anzahl von Segmenten in geschlechts- reifem Zustande. Der Wurm ist ziemlich durchsichtig oder erscheint weißlich, doch 228 Eugen Korschelt, hängt die Färbung sehr von dem Inhalt des Darmes oder bei den reifen Weibchen von derjenigen der Eier ab, die zumeist fleischfarben ist. Reife Weibchen, bei denen der größte Theil des Körpers mit Eiern angefüllt ist, sind daher hell röthlich gefärbt, während Männchen von gleicher Größe oder Weibchen, die ihre Eier eben abgelegt haben, weiß ‘ bis grünlich erscheinen. Dies ist auch die Färbung der jüngeren Thiere. Der ganze Wurm ist ventral etwas abgeplattet, dorsal mehr ge- wölbt (Fig. 47, Taf. XIV, Fig. 52 und 53 Taf. XV). Auch der Kopf- abschnitt zeigt diese dorsoventrale Abplattung. Das Kopfsegment. Das Kopfsegment trägt ein dorsales längeres und ein ventrales etwas kürzeres Fühlerpaar (Fig. I dt und vi). Distal verdickt, wie CLAPAREDE und Mrrscnnikorr die dorsalen Fühler zeichnen, fand ich dieselben nie. Die ventralen Fühler (Fig. II u. III p. 230) waren den genannten Autoren nicht bekannt, doch sahen sie einige spätere Beobachter, so besonders Visuier, der überhaupt die beste Beschreibung und einige sehr natur- getreue Abbildungen von Ophryotrocha gab. Beide Fühlerpaare tragen Tasteilien, die auch vorn am Kopfsegment in ziemlicher Anzahl und Stärke vertreten sind (Fig. 1). Vor und hinter den dorsalen Fühlern trägt das Kopfsegment je einen Wimperkranz. Die Basis der dorsalen Fühler geht über in eine Erhebung des Scheitelfeldes, welche den größeren Theil desselben ein- nimmt und eine erhöhte Platte darstellt, deren seitliche, nicht sehr steil abfallende Begren- zung in der Fig. I und Fig. 1, Da AG Taf. XII, deutlich zu erkennen sind. Je nach dem Alter, > wohl auch individuell und mit den Kontraktionszustän- Be den wechselnd, zeigt dieser NO Theil des Kopfes eine etwas verschiedene Gestaltung, wie Fig. I. Kopf eines männlichen Wures von 26 para- x podientragenden Segmenten, vom Rücken gesehen. auch aus den angeführten dt, Dorsaltaster; vi, Ventraltaster; ng, Nackengrube; beiden Figuren hervorgeht, ‘ph, Pharynx. 7 s € von denen die eine einem Männchen, die andere einem Weibchen von gleicher Segmentzahl zu- gehört. Die Begrenzung der erhabenen Scheitelpartie des Kopfsegmentes geht nach hinten, da wo sie an die Segmentgrenze anstößt, je in eine AT. ZU PRETEIITETINNN N Über Ophryotrocha puerilis Glap.-Metschn. ete. 3239 Vertiefung über, welche außergewöhnlich stark wimpert (Fig. I und Fig.1, Taf.XII). Crararkpe und Merscanikorr beschreiben an der Grenze zwischen Kopflappen und Mundsegment auf der Rückenseite vier kleine Wimpergruben. Ich kann nur jene beiden Gruben bemerken, die übrigens vor und nicht hinter den Augen liegen, wie jene Autoren für ihre »Nackengruben« angeben. Die beiden Gruben sind aber stets und in so regelmäßiger Gestalt vorhanden, dass die Vermuthung der Ent- decker der Ophryotrocha, es möge sich bei den von ihnen gesehenen Gebilden um Homologa der bei verwandten Formen vorhandenen seit- lichen Wimpergruben handeln, jedenfalls für die beiden von mir ange- deuteten Gruben noch eher berechtigt ist. Bei konservirten Thieren ‚bemerkt man an dieser Stelle je eine tiefe Einsenkung. Der Nachweis, dass man es in den beiden Gruben mit Sinnesorganen zu thun hat, wie anzunehmen ist, müsste freilich erst durch die genauere histologische Untersuchung geführt werden. Die Augen. Ziemlich dicht hinter den seitlichen Gruben liegen zwei ansehnliche Pigmentflecke (Fig. 4, Taf. XII), welche bei manchen Indi- viduen deutlich, bei anderen undeutlich, einen hellen, linsenartigen Körper erkennen lassen (Fig. I). Bereits CLarartpe hat die Augenflecke gesehen, beschreibt aber in den Jugendstadien deren mehrere, was nicht der Wirklichkeit entspricht. Die am weitesten peripher gelegenen dieser Pigmentflecke bilden nach ihm die definitiven Augen. Diese wurden von VisuIer ganz richtig beobachtet. Vıevier bildet auch die Linse ab (Nr. 33, Fig. 42 und 17, Taf. XXV). So deutlich allerdings wie auf diesen Bildern sah ich die Linse nur recht selten. Auch in der Fig. I tritt sie etwas zu deutlich hervor. Sie erscheint als ein heller, bläulich violetter, oft irisirender Fleck, der aus der schalenförmigen Anhäufung gelber Pigmentkörnchen vorragt. Somit gleicht das Gebilde der sog. Linse und dem Pigmentbecher anderer Würmer, obwohl seine Lage hinter dem Kopfsegment und dicht am Pharynx auffällt. Wird ein Druck auf das Thier ausgeübt, so weicht das Pigment nach allen Seiten aus einander und man kann jetzt die Linse als ein helles kreisrundes Gebilde, umgeben von dem zerstörten Pigmentbecher erkennen. Dies Verhalten weist darauf hin, dass eine auffallend große runde Zelle, welche man an Schnitten jederseits vom Pharynx in ganz entsprechender Lage findet, als Linse anzusehen ist. Ich konnte dies allerdings nicht ganz sicher feststellen, weil ich an den Schnitten das Pigment auch bei Vermeidung von Säuren regelmäßig aufgelöst fand. Das Plasma dieser gegenüber den umgebenden Bindegewebselementen außerordentlich großen Zellen erscheint körnig bis blasig. Der Kern ist hell, bläschenartig, während die in der Umgebung liegenden Kerne sehr 230 Eugen Korschelt, chromatinreich und daher dunkel sind. Die großen Zellen zeichnen sich also auch dadurch vor den anderen aus. Am Rande der Zelle be- merkt man eine mehr oder weniger stark lichtbrechende, gelbliche Zone und die Zelle ist außerdem noch von platten Zellen, ähnlich wie von einem Follikel, umschlossen. Es mag sein, dass diese Zellen - die lichtempfindlichen Theile des Auges sind. Andere lichtempfindliche Elemente vermochte ich nicht nachzuweisen, doch sind ähnlich gebaute, sehr einfache Augen ja auch von anderen Anneliden bekannt. Vom Gehirn aus zieht ein ansehnlicher Nervenstrang, wohl die Schlund- kommissur, nach dieser Gegend, werden doch auch andere Sinnes- organe, so die von Enters neuerdings genau untersuchten Gehörorgane der Arenicola von der Schlundkommissur aus innervirt (11, p. 254). Die Rumpfsegmente. Die beiden ersten Rumpfsegmente, welche auf das primäre Kopf- segment folgen, entbehren der Fußstummel, doch besitzt jedes von ihnen einen Wimperkranz (Fig 1, Taf. XII). Das erste von ihnen trägt an der Ventralseite dieMundöffnung. \ Letztere stellt zu Zeiten eine | ziemlich weite und tiefe Gru- ) ° he dar, die nach vorn vom Hinterrande des Kopfseg- mentes, sodann von zwei Seitenwülsten des ersten Segmentes begrenzt wird, die nach hinten konver- giren (Fig. II). So wird ge- wissermaßen eine Vorhöhle gebildet, welche im offenen = Zustand zusammen mit der eigentlichen Mundhöhle wie eine saugnapfartige Vertie- fung erscheint. Die eigent- liche Mundöffnung stellt einen Fig. II. Vordertheil eines männlichen Wurmes von 20 parapodientragenden Segmenten, noch ohne die großen QUerER Spalt dar, welcher Kieferzangen. Ventralansicht. au, Augen; dt, Dorsal-, nach vorn, vor Allem aber vt, Ventraltaster; m, Mund; ph, Pharynx; okp, Ober- . R B p) kieferplatten; uk, Unterkiefer. nach hinten in einen Längs- spalt übergeht, so dass das Ganze die Form eines Kreuzes zeigt. Zur weiteren Erläuterung des Verhältnisses der Mundöffnung zum Kopf- und ersten Segment verweise ich auf die beiden beistehenden Figuren (II und III). Natürlich gilt diese Über Ophryottocha puerilis Olap.-Metschn. etc. 331 Darstellung nur für gewisse Zustände. Wenn erst die starke Muskulatur des Pharynx in Thätigkeit tritt, um die Kiefer nach vorn zu stoßen, wird auch die Form der Mundöffnung bedeutend modificirt. Die mit Fußstummeln versehenen Segmente tragen wie die beiden borstenlosen Ringe je einen Wimperkranz. Derselbe ist mehr der hinteren Grenze des Segmen- tes genähert und biegt dann > sowohl auf der dorsalen wie y auf der ventralen Fläche in 5 & at der Nähe des Seitenrandes ziemlich scharf nach vorn um. In Folge dessen wendet sich die dorsale Wimperreihe in der Mitte des Segmentrandes oder noch ein wenig davor, die ventrale Reihe sogar in der Nähe der vorderen Seg- mentgrenze, nach der Seite. Auf der Dorsal- wie auf der Ventralfläche stellen die Wim- perreifen einen kontinuir- lichen Kranz dar. Von einer Fig. III. Vordertheil eines männlichen Wurmes von 22 gleichmäßigen Bewimperung parapodientragenden Segmenten. Ventralansicht. der Bauchfläche oder eines okz, Oberkieferzange, GARDSEn Bezeichnungen wie in Theiles derselben, wie sie sich rn wohl sonst als »ventrale Wimperrinne« bei Jugendstadien oder primi- tiven Formen findet, ist bei Ophryotrocha nichts zu bemerken. — Auch an den Seitentheilen kann man die Wimperkränze auf gut gefärbten Totalpräparaten noch so weit verfolgen, um festzustellen, dass sie wieder nach hinten umbiegen, doch ist man hier durch die eigenthümliche Ge- staltung der Segmente selbst sehr in der genauen Beobachtung gehindert. Die dorsal von den Parapodien gelegene Partie ist nämlich umfang- reicher als die ventrale und zwar ist dies oft noch mehr der Fall als es in den Fig. 47, Taf. XIV und Fig. 52, Taf. XV, zum Ausdruck kommt. Sind die Parapodien nicht weit vorgestreckt, so liegen sie wie in einer seitlichen Vertiefung, in welche die Rücken- und Bauchfläche umbiegen. Dadurch, sowie durch die Wölbung der Rückenfläche und die Abplattung der Dorsalfläche gewinnt der Querschnitt sein charakteristisches Bild (Fig. 47 und 52). Die Parapodien, deren Form aus den Fig. 1, 9 und 10 zu ersehen ist, (ragen einen kürzeren und einen längeren ventralen Cirrus. Beide 232 Eugen Korschelt, sind mit Tasteilien versehen (Taf. XII, Fig. 9 de und ve). Schon CLAPArEDE und METScHNIKOFF betonten, dass die Fußstummel dreilippig erscheinen. Dies ergiebt sich daraus, dass außer den beiden Cirren noch eine lippen- artige Vorbuchtung des Stammes gebildet wird. Übrigens erscheinen die Parapodien auch gelegentlich vierlippig, was wohl von dem Kon- . traktionszustand abhängt. Vierlippige Parapodien beschreibt auch Baron St. JosepH (Nr. 16) von seinem Paractius mutabilis, einer wenn nicht mit Ophryotrocha puerilis identischen, so doch ganz nahe verwandten Form. Die Borsten sind in sehr verschiedener Zahl vorhanden und zwar wechselt dieselbe mit der Lage des Fußstummels am Körper und dem Alter des Thieres. Dadurch sind auch die in dieser Beziehung besonders stark von einander abweichenden Angaben der Autoren zu erklären. Dass man ein dorsales von einem ventralen Borstenbüschel unter- scheiden kann, ist schon zu verschiedenen Malen richtig angegeben worden. Die Zahl der darin enthaltenen Borsten schwankt so wie die betreffenden Angaben der Beobachter. Bei jungen Thieren sind über- haupt nur erst wenige völlig ausgebildete Borsten vorhanden. So fand ich bei einem jungen, mit nur sieben borstentragenden Segmenten ver- sehenen Thier am ersten Parapodienpaar zwei Borsten im dorsalen, eine einfache und drei zusammengesetzte Borsten im ventralen Büschel, am zweiten Parapodienpaar drei einfache Borsten dorsal, vier zusammen- gesetzte ventral. CLAPAREDE und METSCHNIKOFF, die nur eine Borste im - dorsalen, vier im ventralen Bündel angeben, hatten jedenfalls noch nicht völlig ausgebildete Parapodien vor sich. Die Zunahme der Borsten erfolgt nicht ganz regelmäßig. Für gewöhnlich ist eine weit größere Zahl von Borsten vorhanden. Visvier, der die genaueste Beschreibung von ihnen giebt, spricht von drei bis vier dorsalen, einfachen und zeichnet fünf zusammengesetzte und eine einfache stärker gebogene Borste im ventralen Bündel. Ich fand in den mehr nach vorn gelegenen Parapodien vier auch fünf ein- fache Borsten im dorsalen Bündel, weiter nach hinten deren nur drei. Das ventrale Bündel der mehr nach vorn gelegenen Parapodien zählt ‚gewöhnlich sechs (seltener sieben) zusammengesetzte und eine mehr gebogene einfache Borste (Fig. 9). Weiter nach hinten findet man dann weniger zusammengesetzte Borsten. Ihre Form ist schon früher richtig be- schrieben worden und auch aus der Fig.9 (Taf. XII) ersichtlich. Eine der- selben ist dort zufällig herumgeschlagen. Die unterste Borste ist einfach und stärker gebogen. Auch die dorsalen Borsten sind etwas EUER eine davon ist schwertförmig verbreitert (Fig. 9). Im Parapodium, stets bis an dessen distales Ende reichend, liegt eine Stütznadel (Fig. 9, Taf. XII und 47, Taf. XIV, st), die weit stärker Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. etc. : 1233 ist als die übrigen Borsten. Auf Querschnitten durch die Parapodien bezeichnet sie die Grenze zwischen dorsalem und ventralem Bündel (Fig. 14 db und vd). Solche Querschnitte der Parapodien geben das beste Bild von der Vertheilung der Borsten. In den mehr nach vorn gelegenen Segmenten findet man die Borsten ungefähr so, wie dies in Fig. I1 A dargestellt wurde. Das für die bei Weitem größere Anzahl der Segmente geltende Bild der Borstenvertheilung zeigt Fig. 11 B; drei Borsten im dorsalen, sieben oder auch nur sechs im ventralen Bündel. Die Beziehung der Borsten zum Körper ergiebt sich am besten aus den Querschnitten. Sie stecken in einem Borstensack, derin den Fig. 47 (Taf. XIV) und 52 (Taf. XV) nur zum Theil sichtbar ist. Bei eingezogenen Parapodien reichen die Borstensäcke bis ziemlich zur Mittellinie des Kör- pers, was die Beobachtung der inneren Organisation am lebenden Thier sehr erschwert, zumal sie sich in fortwährender Bewegung befinden. Eine außerordentlich reiche Muskulatur vermittelt die Bewegung der Parapodien. In den Figuren sind diese von den Borstensäcken zu den Seitentheilen des Körpers ziehenden Muskeln zum Theil angedeutet (Taf. XIV und XV). Nach hinten zu werden die Parapodien immer kleiner (Fig. 1, Taf. XII); die Zahl der Borsten nimmt ab, bis man solche in der Bildung befindliche, wenig hervorragende, Parapodien mit keinen oder nur ganz wenigen Borsten findet (Fig. 10, Taf. XI). Das Endsegment. Das Endsegment trägt keine Parapodien, dagegen ist es mit zwei an- sehnlichen (paarigen) Cirren am Ende und einem unpaaren, mehr ventral gelegenen und etwas kleineren Cirrus versehen (Fig. ! u. 10, Taf. XI). Letzterer sollte nach den Angaben CraPArkpe’s nur den jüngeren Thieren zukommen und später abgeworfen werden. Auch Vieuier spricht nur von einem Rudiment dieses unpaaren Cirrus, doch finde ich ihn zumeist gut entwickelt, auch bei völlig ausgewachsenen Thieren. Bei gewissen Stel- lungen des Wurmes ist er nur schwer zu bemerken; auch liegt er gelegentlich etwas mehr nach vorn, so dass er kaum oder gar nicht mehr über das Körperende vorragt. Die beiderlei Cirren sind mit Tasthaaren besetzt, die außerdem auch dem Analsegment selbst zukommen. Das- selbe ist zudem mit einem Wimperring umgürtet (Fig. 4 und 10). Hinter dem unpaaren Cirrus, ziemlich am Ende des Körpers, liegt der After, aus dessen wenig umfangreicher Öffnung man ein Büschel recht starker, sich lebhaft bewegender Cilien vorragen sieht (Fig. 10.«). Beim Analsegment ist zu bemerken, dass es am meisten Ab- weichungen von seiner regelmäßigen Gestalt zeigt. Zuweilen ist es 234 Eugen Korschelt, mehr in die Länge gestreckt, zuweilen kürzer und gedrungener. Die paarigen Cirren sind oftmals ganz ungleich ausgebildet (Fig. IV), ver- zweigt und sogar gegliedert (Fig. V). Auch können die paarigen Cirren gelegentlich fehlen und dafür ist der unpaare Cirrus außergewöhnlich Fig. IV. Fig. V. Fig. IV. Hintertheil eines männlichen Wurmes mit 26 parapodientragenden Segmenten. Dorsal- ansicht. a, After; d, Mitteldarm; pa, Parapodien; c, abnormer Cirrus des Endsegmentes ; pc, paarige Cirren, ungleich entwickelt, w, hinterer Wimperkranz, Fig. V. Hintertheil eines Wurmes mit 26 parapodientragenden Segmenten. Bedeutung der Buchstaben wie in Fig. IV. stark entwickelt (Fig. VI), oder die paarigen Cirren sind vorhanden, während der unpaare Cirrus nicht da ist. Mehrmals fand ich abnormer Weise einen kleinen Cirrus weit vorn an der Bauchfläche des Endsegmentes sitzen (Fig. IVc). Da in diesem Fall gleichzeitig die hinteren Cirren unregel- mäßig ausgebildet sind und zum Theil fehlen, so ist dieses Verhalten höchst wahrscheinlich auf eine Verletzung des Endsegmentes und nachfolgende Regene- ration desselben zurückzuführen. Das N Gleiche gilt vielleicht auch für die übri- ZEN N gen Fälle, sowie für andere Abnormitäten, N ZPE die ziemlich häufig gefunden werden. Fig. VI. Hinterende eines Wurmes von So treten Cirren an beliebigen Segmen- 2% parapodientragenden Segmenten, von ten auf; einzelne Segmente besitzen an der Ventralseite gesehen. po, Parapodien; . Se - d It p di d, Mitteldarm ; ed, Enddarm; w, hinterer einer ente eım oppe es arapo ıum Wimperkranz; upe, unpaarer, abnorm oder die Parapodien fehlen an einem entwickelter Cirrus: | a > Segment, während sie an dem vorher- gehenden und folgenden entwickelt sind. Dergleichen Abnormitäten ließen sich noch viele aufzählen und es wäre gewiss leicht, experi- mentell nachzuweisen, in wie weit sie auf Verletzungen zurückzuführen Über Ophryotrocha puerilis Olap.-Metschn. ete. 75930 sind. Jedenfalls ist das Thierchen sehr regenerationsfähig und auch im stark verletzten Zustande leicht am Leben zu erhalten, wenn man ihm günstige Lebensbedingungen gewährt. Ich fand Würmer, die nur aus wenigen Segmenten bestanden, welche aber durch die Ausbildung der letzteren verriethen, dass sie schon alt und durch Regeneration kleinerer Stücke des Wurmes entstanden waren. Das Körperepithel. Die Körperbedeckung der Ophryotrocha wird von einer sehr zarten Cuticula gebildet. Das darunter liegende Körperepithel besteht zumeist aus kubischen, an einigen Stellen flacheren an anderen Gegenden höheren Zellen. Durch eine besondere Beschaffenheit der Haut gewinnt der Wurm oft ein ganz eigenthümliches Aussehen. Zwischen den Epithelzellen bemerkt man blasenartige Auftreibungen, welche man schon bei Betrachtung des lebenden wie konservirten Wurmes wahr- nimmt und auch an Schnitten wiederfindet (Taf. XIV und XV ep). Sie treten zuweilen in geringerer Anzahl, oft aber in großer Menge auf. Am Kopf kann man sie meist in regelmäßiger reihenweiser Anordnung be- obachten; weiter nach hinten (an den Rumpfsegmenten) erscheinen sie unregelmäßiger gelagert. Sie können in solcher Menge auftreten, dass die Haut ein fast schaumiges Aussehen gewinnt und auch das ganze Aussehen des Wurmes dadurch beeinflusst wird. Es sind dies jeden- falls einzellige Drüsen, welche in dem geschilderten Zustand mit Sekret gefüllt sind. Thatsache ist, dass der Wurm, wenn die Haut beim Kon- serviren von dem andringenden Reagens gereizt wird, eine große Menge durchsichtiger Substanz um sich ausscheidet, die ihn wie ein Mantel umgiebt und vermöge deren er am Glas sehr fest haftet. Auch das lebende Thier hat die Fähigkeit, sich fest an die Unterlage anzuheften. Erregt man mit der Pipette einen lebhaften Wasserstrom, so ist es oft nur mit Schwierigkeit von seinem Fieck zu entfernen. Dieses Festheften geschieht zweifellos mittels eines Drüsensekrets und zwar kann man beobachten, wie die Fähigkeit des Festheftens den verschiedensten Körperpartien eigen ist, indem einzelne Regionen vom Wasserstrom losgerissen werden, andere aber noch fixirt bleiben und dadurch den ganzen Wurm festhalten. Oft sieht man den Wurm mit dem Hinterende sich an irgend welche Gegenstände, abgestorbene Pflanzentheile und dergleichen ansetzen. Sucht man dann den betreffenden Gegenstand mit der Prä- parirnadel zu entfernen, so zieht man den Wurm nach und war er schon eine Strecke davon entfernt, so kann dies ebenfalls noch der Fall sein. Es handelt sich offenbar um ein klebendes Sekret, mittels dessen Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 46 286° Engen Korschelt, er befestigt ist und welches sich zu einem Faden auszieht. Solche Fäden, die den Wurm umgeben, erkennt man zuweilen an konservirten Thieren. Das Fixiren mittels Drüsensekrets spielt bekanntlich auch bei anderen Würmern eine Rolle. Man kennt es von den Rotatorien und ich beob- achtete es in ganz ähnlicher Weise bei Dinophilus. Wenn es sich bei jenen Drüsenzellen um Haftdrüsen handelt, so sollte man dieselben vor Allem an der Ventralseite zu finden erwarten, Man findet diese Gebilde aber auch reichlich am Rücken. Entweder der Wurm kann sich bei seinem Leben zwischen Pflanzen auch mit der Rückenfläche fixiren, was wohl an und für sich wenig wahrscheinlich ist, oder aber diese Drüsen haben verschiedene Funktion. Möglicherweise sind außer den Haftdrüsen auch Wehrdrüsen vorhanden, welche ein den Feinden des Wurmes unangenehmes Sekret produeiren. Die große Menge dieser Gebilde und die Artihrer Vertheilung am Körper könnte hierfür sprechen. Dass ihr Inhalt verschieden gefärbt erscheint, wie es der Fall ist, wäre nicht entscheidend und könnte auch durch verschiedene Zustände der Drüsenthätigkeit zu erklären sein. An Schnitten sieht man nämlich, wie diese für einzellige Drüsen gehaltenen Gebilde zuweilen einen ganz hellen, fast gar nicht gefärbten inhalt zeigen, während andere mit einer flockigen oder granulirten, sich stärker färbenden Substanz gefüllt sind und wieder andere sehr dunkel gefärbt und fast homogen erscheinen. Mehrfach erkannte ich im proximalen Theil des Inhaltes einen Kern, wäh- rend der distale Theil sich verjüngte und wie eine kurzhalsige Flasche gebildet erschien, so dass man durch das letztere Verhalten den Ein- druck gewann, als wenn die Drüse im Begriff wäre, ihr Sekret nach außen zu entleeren. In der Umgebung der Drüsen liegen sehr flache Kerne, was jedenfalls dadurch zu erklären ist, dass die umgebenden Zellen beim Anschwellen der Drüsenzelle zusammengedrückt wurden. Das Verhalten der Epidermis ist zu auffällig, so dass es bei der Charakterisirung des Wurmes erwähnt werden muss. Andere Drüsen, welche als Klebdrüsen in Anspruch genommen werden könnten, habe ich nicht gefunden. Übrigens muss ich zum Schluss noch bemerken, dass es sich bei jenen Gebilden nicht etwa um Quellungserscheinungen von Zellen handelt, wie man nach der Beschaffenheit der Schnitte viel- leicht glauben könnte. Diese Vermuthung drängte sich mir ebenfalls, sogar bei Betrachtung der lebenden Thiere auf, zumal dann, wenn diese ganz besondersreichlich mit den drüsenartigen Gebilden versehen waren. Ich hielt solche Individuen zunächst nicht für normal, muss sie aber doch dafür ansehen, da sich diese Erscheinung recht verbreitet bei den unter sanz normalen Bedingungen lebenden Würmern findet. Ähnliche Drüsen wie die beschriebenen kommen in der Hypodermis anderer Anneliden Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. ete. 231 und der Würmer im Allgemeinen vor. Sehr übereinstimmend er- scheinen die Hautdrüsen, welche Spexnezr von Oligognathus bonelliae beschreibt (31, p. 17). Auffällig ist bei unserem Thier die kolossale Menge dieser Gebilde. 3. Die Larven und Jugendstadien von Ophryotrocha. Obwohl Ophryotrocha puerilis bezw. ganz nahe stehende Formen wiederholt beobachtet wurde, so sind die Larven doch nur von CLapı- REDE und METSCHNIKOFF und später noch einmal von Sr. JoszpH (in zwei Exemplaren) aufgefunden worden, denn die von einigen Autoren be- obachteten Individuen mit vier und mehr parapodientragenden Seg- menten können als Larven nicht mehr bezeichnet werden. Die von den Entdeckern der Ophryotrocha«a gefundenen jüngsten Larven zeigten bereits fünf Wimperringe, von denen einer dem Kopf- segment zugehörte und vier auf den Rumpf kamen. Der unpaare After- cirrus war ziemlich groß; der Kieferapparat schon vorhanden. Auf einem ähnlichen Stadium scheinen die vonSt. Josepu gesehenen Larven zu stehen, so viel sich aus der Beschreibung ersehen lässt. Die von mir aus den Eiern der Ophryotrocha gezogenen Larven zeigten im gleichen Stadium eine recht abweichende Gestaltung von denen Urararkpe’s und MErscanikorr's!, so dass es mir beinahe zweifel- haft war, ob ich es mit derselben Art zu thun hätte wie die genannten Autoren, zumal auch bezgl. der ausgebildeten Thiere Differenzen vor- liegen. Freilich können die letzteren sowohl, wie die auf die Larven bezüglichen doch vielleicht nur auf eine etwas flüchtige Beobachtung und Zeichnung zurückzuführen sein, um so mehr als ich selbst ein Bild von einer nicht mehr ganz lebenskräftigen Larve anfertigte, welches mit denen von Crararipe eine merkwürdige Übereinstimmung zeigt. Ich habe mich daher wegen dieser Unterschiede der Larven eben so wenig wie wegen derjenigen der ausgebildeten Thiere entschließen können, die von mir beobachtete Ophryotrocha für eine andere Art zu halten. Jedenfalls ist aber eine genauere Beschreibung der Larven erwünscht, wenn es auch leider nur wenige Stadien sind, die ich be- obachtete. Meine Untersuchungen wurden, wie schon erwähnt, unter- brochen, als ich die Eier zur Entwicklung bringen konnte und das mir neuerdings zu Gebot stehende lebende Material war für die Ausführung entwicklungsgeschichtlicher Untersuchungen nicht reichlich genug. Zwei der von mir beobachteten Stadien sind erheblich jünger als ! Yon der nicht genügenden Beschreibung der beiden von Sr. Josepa gefisch- ten und der Ophryotrocha puerilis zugerechneten »Embryonen« kann ich hier ab- sehen. 16* 238 Eugen Korschelt, die von Crararipe. Das eine derselben wird durch die Fig. 12 (Taf. XI) dargestellt. Es zeigt einen präoralen und zwei weiter hinten gelegene Wimperringe. Am Kopfsegment stehen zwei Paare von Tasteilien. Hinter dem präoralen Wimperring, dem Seitenrand stark genähert liegen zwei Augenflecke. Die ebenfalls nicht weit hinter dem vorderen Wimperkranz gelegene Mundöffnung zeigt sich als querer, aber nach hinten verlängerter, also dreitheiliger Spalt (Fig. 12). Ein Pharynx ist vom Darmkanal noch nicht zu unterscheiden. Der After ist bereits vor- handen und der ventrale Cirrus als allerdings noch unansehnlicher Endzipfel der Bauchfläche bereits angedeutet. Die Larve ist eben so wie die zu beschreibenden folgenden Stadien von einer zarten Guticula bedeckt. Das geschilderte frühe Stadium, welches bereits frei lebt, hat schon den Charakter der polytrochen Larve, da es, wie erwähnt, außer dem präoralen noch zwei weitere Wimperkränze besitzt und außerdem eine Segmentirung des Körpers erkennen lässt (Fig. 12). Immerhin steht diese Larve der Trochophora noch sehr nahe und da sie den bei anderen Anneliden unmittelbar auf die Trochophora folgenden Stadien sehr gleicht, können wir als sicher annehmen, dass auch von Ophryotrocha ein Trochophorastadium durchlaufen wird und dass die polytrochen Larven somit als Folgestadien der Trochophora anzusehen sind. Das nächste Stadium (Fig. 13) zeigt die Larve etwas mehr in die Länge gestreckt. Die Gliederung des Körpers ist deutlicher geworden. Ein im vorigen Stadium bereits angedeutetes hinteres Segment ist nun- mehr schärfer abgesetzt, trägt aber noch keinen Wimperring. Das End- segment ist umfangreicher geworden. Am Darmkanal grenzt sich der Pharynx jetzt bereits ab, jedoch ist vom Kieferapparat noch nichts zu bemerken. Im Ganzen unterscheidet sich dieses Stadium noch wenig von dem vorhergehenden. Ein weiteres Stadium, auf welchem die Larve 0,23 mm (in der Länge) misst, zeigt vier Wimperringe und zwar scheint der neuent- standene Ring dem Endsegment zuzugehören, während das davor ge- legene Segment den seinigen erst etwas später erhält. Das Endsegment erscheint jetzt nach hinten breit abgerundet; rechts und links von dem zum unpaaren Cirrus werdenden Endzipfel treten als zwei rund- liche Höcker die Anlagen der paarigen Cirren auf. Schon sehr bald er- halten sie lange Tasthaare.. Der Pharynx ist distinkter geworden; zwischen diesem und dem vorhergehenden Stadium hat sich der Kiefer- apparat angelegt. Er ist noch recht schwer zu erkennen und da mir in dem betreffenden Stadium nur ganz wenige Larven zur Verfügung standen, so bin ich in der Kenntnis seiner Anlage auch nicht weit vor- Über Ophryotrocha puerilis Olap.-Metschn. ete. | 239 gedrungen. Jedenfalls legen sich die Kiefer in Form von leistenförmigen, bald gezähnelten chitinösen Verdickungen der pharyngealen QCuticula an. Mir schienen zunächst zwei, später vier solcher zarter, bräunlich gefärbter Leisten vorhanden zu sein, von denen zwei in ein unpaares Stück übergehen. Die letzteren halte ich daher für die Anlage des Oberkiefers. An den Leisten bezw. in- ihrer Verlängerung treten später spangen- und dann blättchenförmig die schräg dazu gestellten Anlagen der Kieferplatten auf. Nach einer von Sr. Joszpn gegebenen Skizze (Fig. 98, Taf. X, 16) scheint es, als ob er die Anlage des Oberkiefer- apparates in diesem Stadium gesehen habe, obwohl man die be- treffende Larve ihren übrigen Merkmalen nach für älter halten muss. Auf dem folgenden zur Beobachtung gelangten Stadium ist der Kieferapparat schon völlig deutlich in seinen einzelnen Theilen zu unter- scheiden (Fig. 14). Ober- und Unterkiefer sind bereits ausgebildet, wenn sie auch von derjenigen Gestalt, die sie beim ausgebildeten Thier besitzen, noch weit abweichen (Fig. 2 und 7, Taf. XII). Von ihnen soll später bei der speciellen Betrachtung des Kieferapparates noch die Rede sein (vgl. unten p. 251). Die Larve ist jetzt 0,28 mın lang. Im Stadium der Fig. 14 hat die Larve gegenüber den früheren Stadien (Fig. 12 und 13) eine wesentlich andere Gestalt gewonnen. Hauptsächlich beruht dies darauf, dass die hintere Partie sich streckte und die Segmentirung immer deutlicher hervortrat. Der vordere Theil bewahrt zunächst seine plumpere Gestalt. Es sind jetzt fünf Wimper- ringe vorhanden. Außer den vorderen vier Tasthaaren, die wir schon früher kennen lernten, treten solche lange und starre Cilien auch an den Seitentheilen der Rumpfsegmente auf, was der Larve ein eigen- thümliches und charakteristisches Aussehen giebt (Fig. 14). Derartige Cilien entstehen auch am Endsegment. Dieses letztere bietet außerdem eine etwas andere Beschaffenheit dar, indem es nach hinten die schon vorher erwähnte Abrundung erfuhr und indem die drei Cirren an Um- fang bedeutend zunahmen. Die paarigen (irren sind mit Tasthaaren versehen; bei dem unpaaren Cirrus ist dies nicht der Fall. Dagegen besitzt er eine zarte Bewimperung. Er ist gegliedert, was im folgenden Stadium (Fig. 15) noch deutlicher hervortritt. Der mit dem Kiefer- apparat versehene Pharynx ist jetzt schon recht deutlich abgesetzt. Die Mundöffnung ist umfangreicher geworden. In dem soeben besprochenen Stadium fiel mir die Übereinstimmung des Dinophilus mit den polytrochen Larven ganz besonders auf und ließ es mir als zweifellos erscheinen, dass diese Form mit den Anneliden eine gemeinsame Entwicklung genommen hat, aber auf einer früheren Stufe stehen blieb. Die Beschaffenheit des präoralen Theiles, die Körper- 240 Eugen Korschelt, gliederung, die Art und Weise der Bewimperung, der unpaare ge- gliederte Cirrus, die dorsale Lage des Afters zeigt eine große Überein- stimmung, wie man erkennt, wenn man die früher von mir sowie von E. Meyer, Harmer und WerLnon gegebenen Abbildungen des Dinophilus mit denin dieser Arbeit abgebildeten polytrochen Annelidenlarven ver- gleicht. Es wäre von Interesse gewesen, auch die Beschaffenheit der Nephridien nicht nur der Larve von Ophryotrocha, sondern der poly- trochen Larven überhaupt festzustellen, doch konnte ich von ihnen nichts bemerken, was allerdings desshalb kaum verwunderlich erscheint, weil sie auch bei dem ausgebildeten Thier nicht wahrgenommen wer- den konnten, vielleicht sogar überhaupt nicht vorhanden sind. Auf dem zuletzt beschriebenen und auf etwas älteren Stadien be- finden sich CiaParkoe und Merscunikorr’s Ophryotrochalarven, sowie die von Sr. Joszpn freilich nicht recht genügend abgebildete und beschriebene Larve. Die eine Larve Crararkoe’s und MErTschnikorr’s zählt fünf, die andere sechs Wimperreifen. Vergleicht man aber Abbildungen dieser Forscher mit den meinigen, so wird man eine ziemliche Differenz be- merken. Immerhin möchten es wohl die Larven ein und derselben Art sein, welche ihnen wie mir vorlagen. Vielleicht befanden sich die von den genannten Forschern beobachteten Larven nur nicht mehr in recht frischem und daher etwas kontrahirtem Zustande. Das von mir gesehene Folgestadium (Fig. 15) zeigte wie die ältere Larve Crararipe's sechs Wimperringe, stand aber trotzdem auf einer höheren Entwiecklungsstufe, indem das in den vorhergehenden Stadien neugebildete Segment ein Parapodienpaar erhalten hatte. Diese Parapodien besitzen erst je vier, zwei einfache und zwei zusammen- gesetzte Borsten; von den Cirren ist an den Parapodien noch nichts zu bemerken; sie erscheinen am freien Ende abgestumpft (Fig. 15). Die ganze Larve ist schlanker geworden; der Kopfabschnitt über- wiegt weit weniger als früher. Sie misst jetzt 0,35mm. Die Tasteilien sind noch in ähnlicher Anordnung vorhanden wie früher. Hinter dem präoralen Wimperkranz bemerkt man die Augenflecke, in denen beim Komprimiren der Larve bereits die große helle Zelle zu erkennen ist. Die Augen haben jetzt bereits ihre definitive Lage vorn in der Nähe des Pharynx eingenommen. Dies ist jedenfalls durch die Größenzunahme des Pharynx zu erklären. Ursprünglich lagen die Augen recht weit ab von ihm (Fig. 12 und 13). Die Lage der Augen ist auch bei der Larve bemerkenswerth. Sie liegen nicht vor dem präoralen Wimperkranz, wie man erwarten sollte, wenn sie dem primären Kopfsegment ange- hörten, sondern werden hinter dem präoralen Wimperkranz gefunden (Fig. 12—15). Eine ähnliche Lagerung dieser ursprünglich und in den Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. etc. | 341 häufigeren Fällen dem primären Kopfsegment angehörigen Sinnesorgane kommt übrigens auch bei anderen Larvenformen vor. Vergleicht man das in Rede stehende Stadium mit dem ausge- bildeten Thier (Fig. 15, Taf. XIII und Fig. I, Taf. XII), so ergiebt sich, dass sein erster Wimperring einem der beiden an dessen Kopfsegment gelegenen Wimperreifen und zwar wahrscheinlich dem hinteren ent- spricht. Der vordere fehlt also noch. Eben so wenig sind die Kopf- fühler vorhanden. Der nächste Wimperring der Larve entspricht jeden- falls dem dritten Wimperring des ausgebildeten Thieres, denn er umgürtet hier wie dort die vordere Partie des Pharynx oder besser des Kieferapparates (Fig. 15 und 1). Diese Partie wird demnach zum ersten fußstummellosen Segment. Dass das nächste, vor dem ersten, neuange- legten Parapodienpaar gelegene Segment zum zweiten fußstummellosen Segment des ausgebildeten Wurmes wird, ergiebt sich nicht nur aus der Vergleichung, sondern auch daraus, dass die Parapodien bekanntlich in der Reihenfolge von vorn nach hinten zur Ausbildung gelangen. Der auf das erste Parapodialsegment folgende Ring ist bei dieser Larve neu angelegt und trägt auch den neu hinzugekommenen (sechsten) Wimper- reifen. Er wird jedenfalls zum zweiten parapodientragenden Segment. Die Differenzirung weiterer Ringe erfolgt dann zwischen ihm und dem Endsegment. Am Endsegment sind die paarigen Cirren größer geworden (Fig.15). Sie erscheinen bei dieser Larve distal verdickt, so wie dies GLAPARkDE und MErschnIKorr auch vom ausgebildeten Thier darstellen, bei welchem ich dieses Verhalten nur selten bemerkte. Der After liegt dorsal vom medianen unpaaren Cirrus, welcher jetzt besonders deutlich gegliedert erscheint. Dieses Verhalten erinnert eben so wie die dorsale Lage des Afters an die bei den Rotatorien obwaltenden Verhältnisse. Entsprechend verhält sich Dinophilus. Beim ausgebildeten Thier trägt der unpaare Cirrus Tasthaare, was bei diesem gegliederten Endzipfel der Ventralfläche nicht der Fall ist. Den Übergang des letzteren in den medianen, unpaaren Cirrus habe ich nicht direkt beobachtet, doch ist er bei der völlig gleichen Lage beider Gebilde höchst wahrscheinlich. Crarıripe und METSCHNIKOFF, Sowie Vıevier lassen den unpaaren Cirrus beim ausgebildeten Thier schwinden oder nennen ihn rudimentär. Ich gab schon vorher an, dass ich ihn regelmäßig vorhanden und wohl entwickelt traf!, allerdings könnte er gegenüber dem Umfang, welchen er bei der Larve des Stadiums Fig. 15 1 Ich sehe dabei von den nicht seltenen Fällen ab, in denen der unpaare Cirrus in Folge von Verletzungen am Hinterende des Thieres verloren ging, 249 Eugen Korschelt, besitzt, schließlich als rückgebildet angesprochen werden, zumal auch von seiner Gliederung nichts mehr zu bemerken ist. Das Stadium der Fig. 15 kann man als das Übergangsstadium der Larve in den Wurm bezeichnen. Von da an bietet die Entwicklung der äußeren Form wohl kaum noch große Besonderheiten, da die haupt- ‚sächlichsten Theile des Wurmes bereits vorhanden sind, mit Ausnahme etwa der Kopfeirren. Der larvale Habitus, besonders in der Gestalt der vorderen Körperpartie bleibt übrigens noch längere Zeit bestehen; so schwinden auch die langen Tastcilien, die beim ausgebildeten Thier mehr zurücktreten, an den Seitentheilen, zumal der vorderen Partie nur langsam. Bei einem bereits mit sieben parapodientragenden Seg- menten versehenen Wurm fand ich sie am Kopf- und ersten borsten- losen Segment noch vertreten. Die verhältnismäßig umfangreiche vordere Partie dieses Wurmes erinnerte in ihrer Form überhaupt noch ziemlich stark an die Larve, obwohl das erste und zweite (parapodien- lose) Segmentschon völlig deutlich gesondert waren. Dieser Process voll- zieht sich schon erheblich früher, eben so wie die Bildung der Kopffühler. Die späteren Jugendstadien seines Paractius mutabilis sind von Sr. Josspu beobachtet worden (16), der ebenfalls von ihnen angiebt, dass sie den ausgebildeten Thieren bereits gleichen. Sie besitzen »die gleichen Parapodien, die gleichen Borsten, die gleichen bewimperten Segmente, die gleichen Kiefer«. Das ist nun allerdings nicht völlig zu- treffend, hauptsächlich in Bezug auf die Kiefer, wie im nächsten Ab- schnitt gezeigt werden soll. Die jüngsten von Sr. Joszpu beobachteten Würmer, die ich freilich nicht gerade wie er als »Embryonen« be- zeichnen möchte, waren 0,36 mm lang und besaßen zwei borstenlose, vier borstentragende und drei in der Anlage befindliche Segmente. Würmer ähnlicher Altersstadien hat Bonnier beobachtet, der von »sehr jungen Individuen mit vier borstentragenden Segmenten « spricht, aber (außer ihrem Kieferapparat) dieselben bisher noch nicht näher be- schrieben hat. 4, Der Kieferapparat. Der Kieferapparat der Ophryotrocha ist bereits von CLaParkpe und Merscunikorr beschrieben, jedoch in seinen einzelnen Theilen nicht genau erkannt worden. Da der Bau der Kiefer für die systematische Stellung des Thieres von Wichtigkeit schien, haben dann die späteren Beobachter von Ophryotrocha, Siaurocephalus und Paraciius! ihm ihre Aufmerksamkeit gewidmet. So geben Stuper (32), LEvInsen (22), LANGER- HANS (20), MaclInrosn {96) und Vıcumsr (35) Beschreibungen davon, die ! Vgl. hierzu p. 253 und 256. Über Ophryotrocha pnerilis Olap.-Metschn. ete. 243 aber nicht erschöpfend sind und vielfach von einander abweichen. Die eingehendste Beschreibung verdanken wir Str. Josern (16) und ganz neuerdings hat Bonnıer (3) den Kieferapparat der Ophryotrocha puerilis studirt. Ihm erst gelang es, den Apparat richtig zu deuten, indem er die auf einander folgenden Entwicklungsstadien desselben untersuchte. Er macht mit Recht darauf aufmerksam, dass die Kiefer noch spät einer Veränderung unterworfen sind. Bonnser’s Untersuchungen liegen erst in einer kurzen Mittheilung vor. Als ich dieselbe kennen lernte, war es mir von Interesse zu sehen, dass meine Resultate sehr ähnliche waren, eben so wie sie in verschiedener Beziehung mit den Ergebnissen von Sr. Josern übereinstimmen, dessen Arbeit über die polychäten Anneliden der Küste von Dinard (ll. Theil) ebenfalls noch nicht vorlag, als ich Ophryotrocha und ihren Kieferapparat zuerst untersuchte. Immer- hin werden sich einige abweichende Punkte ergeben und sowohl dess- halb, wie aus dem Grunde, weil ich auch die Beziehung der Kiefer zum Pharynx an Schnitten festzustellen suchte, worauf Bonnier, so viel ich aus seiner Mittheilung sehen kann, wohl nicht einging, möchte ich meine Beobachtungen hier mittheilen. Darauf, dieselben an neuem Material noch weiter auszuführen, verzichtete ich, da Bonnier eine ausführliche Arbeit über den Kieferapparat in Aussicht stellt und darin auch die recht interessanten Beziehungen zu anderen Formen, sowie die schon jetzt berührte Auffassung der verschiedenen Stadien des Apparates zu behandeln gedenkt. Zum besseren Verständnis der Lagerungsverhältnisse der Kiefer, sowie auch der im Übrigen gegebenen Ahbildungen von Schnitten scheint es mir wünschenwerth, zunächst einen Blick auf den Darmkanal der Ophryotrocha im Allgemeinen zu werfen. Der Darmkanal. Von der Mundöffnung wurde bereits gesagt, dass sie größtentheils dem ersten fußstummellosen Segment angehört. Sie führt in den Ösophagus, dessen vordere und hauptsächlich ventrale Partie durch Ausstülpung und Verdickung zu einem äußerst muskulösen Pharynx umgewandeltist(Fig.1, Taf. XII und Fig. 30, Taf. XIV ph). Zwischen Falten und in Taschen des letzteren liegen die einzelnen Theile des Kieferapparates. Vielfach kann man dieselben der zelligen Matrix, welche sie als Guticula absonderten, noch aufliegen sehen (Fig. 30—34, Taf. XIV). Im Übrigen besteht der Pharynx aus einer massigen Muskulatur, die zur Bewegung der Kiefer dient. Der Pharynx reicht vom primären Kopfsegment weit nach hinten bis zum Hinterrand des zweiten borstentragenden Segmentes. Die dorsale Partie der Pharyngealgegend des Ösophagus ist weit 244 Eugen Korschelt, dünnwandiger (Fig. 30). Das Verhältnis des Schlundes zum Pharynx ergiebt sich am besten aus Querschnitten (Fig. 31—3%). Anfangs haben Ösophagus und Pharynx noch eine gemeinsame Höhlung (Fig. 31 und 32). Diejenige des Ösophagus setzt sich jedoch bald vom Pharynx ab (Fig. 33) und schließlich stellt der erstere ein von letzterem getrenntes und dorsal von ihm gelegenes Rohr dar (Fig. 34 und Fig. 30). Im Sagittal- schnitt der Fig. 30 sieht man den Ösophagus zum Mitteldarm führen und durch eine ziemlich enge Schlundpforte (spf) in denselben münden. Die vordere Partie des Mitteldarmes sendet eine Ausbuchtung nach vorn, welche den Ösophagus eine kurze Strecke weit überdeckt, wie man aus derselben Figur erkennt. Am Mitteldarm ist das bei seiner Kon- traktion außerordentlich hohe Epithel von Interesse (Fig. 30—54, Taf. XIV und XV). Auch wenn der Darm ausgedehnt ist, zeigen diese Zellen noch einen recht ansehnlichen Umfang. Es schien mir so, als ob ein recht beträchtlicher, durch eine ganze Anzahl von Segmenten reichender hinterer Theil des Darmes sich durch ein bei Weitem niederes Epithel vor dem viel umfangreicheren vorderen Mitteldarm auszeichnete. Diese hintere Darmpartie erscheint beim leben- den Wurm oft heller und vom übrigen Darm abgesetzt. DieserBefund deckt sich mit denjenigen an Frontal- und Sagittalschnitten, welche eben- falls die Einschnürung und ein besonders niederes Epithel der hinteren Darmpartie aufweisen. Nun zeigt sich aber gerade die hintere Partie zumeist mehr aufgetrieben und ich bin nicht sicher, ob das geschilderte Verhalten ein mehr zufälliges ist oder in Wirklichkeit eine Differenzi- rung der hinteren Darmpartie darstellt. Jedenfalls dürfte aber die betreffende Partie zum Mitteldarm (im embryologischen Sinne) gehören, d. h. ihrer Struktur nach entodermaler Natur sein. Die intersegmentalen Einschnürungen des Darmes sind bei Ophryo- trocha zuweilen, nicht aber regelmäßig zu bemerken. Nach hinten geht der Darm in ein kurzes Rectum über, von dem er sich durch eine leichte Abschnürung absetzt (Fig. 10, Taf. XI). Diesen kurzen Abschnitt halte ich für den (ektodermalen) Enddarm. Der Kieferapparat des ausgebildeten Thieres. Der Kieferapparat der ausgebildeten Ophryotrocha wird durch die Fig. 7 (Taf. XII) dargestellt und ist in die Abbildung vom ganzen Thier (Fig. 1) in situ eingezeichnet. Er besteht aus dem Ober- und Unterkiefer. Der Unterkiefer (Fig. 7 B) setzt sich aus zwei vorn in der Median- linie mit einander fest verlötheten Stücken zusammen. Jede dieser beiden Chitinspangen verbreitert sich nach vorn und trägt am Vorder- Über Ophryotrocha pnerilis Clap.-Metschn. etc. er ende kleine feste Zähne. Nach hinten divergiren beide Spangen. Sie sind sehr fest und bestehen aus dunkelbraun gefärbtem Chitin, das an der vorderen Schneide ganz besonders dunkel erscheint und hier jeden- falls am festesten ist. Bei Betrachtung des lebenden Thieres von der Ventralseite sieht man, wie der Unterkiefer ruckweise vor- und wieder zurückgeschoben wird. Der Oberkiefer ist weit komplieirter gestaltet (Fig. 7 A). Auch er verräth die Zusammensetzung aus zwei Hälften. An ihm fallen vor Allem die dunkelbraun bis schwarz gefärbten, festen Zangen (okz) auf. Sie sind durch ein kurzes, plattes Stück verbunden (Fig. 7 oAt), wel- ches bei Betrachtung von der Dorsalseite nach hinten spitz zuläuft. Es ist der von Enrers als Träger bezeichnete Theil!. Eigentlich müsste man allerdings den Träger bis weiter nach vorn rechnen, denn hier entspringt von der Basis der Zangen je eine schmale Chitinleiste, welche eine Anzahl weiterer Kieferstücke trägt, oder besser gesagt, mit einan- der verbindet. Solcher Kieferstücke oder Platten sind sieben Paare vorhanden. Die drei hinteren Kieferstücke sind zangenförmig entwickelt. Sie sind stärker chitinisirt und in Folge dessen auch dunkler gefärbt. Sie tragen an ihrer nach innen gerichteten Schneide ziemlich starke Zähne. Wie die beiden Zangen im Großen werden sie also jedenfalls im Kleinen als Greifzangen verwendet. Die vier vorderen, leicht konkaven, am Innenrande fein gezähnelten Kieferstücke bilden den Abschluss des Oberkiefers nach vorn. Beim lebenden Thier sieht man zeitweise diese Partie des Kieferapparates aus der Mundhöhle vordringen. Die Säge- platten beider Seiten werden dann mit der Schneide gegen einander gerichtet und man kann sich wohl denken, dass dies ein geeigneter Apparat zum Abweiden der Algen ist. Der Kieferapparat wurde zunächst unabhängig von den Weich- theilen des Pharynx betrachtet. Um ihn aber völlig zu verstehen, ist es nöthig, auch diese ins Auge zu fassen und zu diesem Behuf muss der Apparat an Schnitten studirt werden. Einen Überblick über die Lagerung der Chitintheile im Pharynx giebt der Sagittalschnitt der Fig. 30 (Taf. XIV). Die Figur ist aus einigen Schnitten kombinirt und würde somit einem ziemlich dicken Schnitte entsprechen, auf dem auch neben einander gelegene Theile sichtbar sind. Dieser Schnitt wird ergänzt durch die Querschnittserie des Pharynx (Fig. 31—34) und den Kieferapparat allein (Fig. 7, Taf. X1l). ! Ich bediene mich der von Euters (10, p. 273) eingeführten Bezeichnungen für die einzelnen Theile des Kieferapparates, welche auch von Bonnier ange- wendet wurden. 246 Eugen Korschelt, An dem ersten und vordersten der Pharynxquerschnitte (Fig. 31) ist zunächst die komplieirte Form des Lumens bemerkenswerth. Das- selbe ist mit einem Epithel ausgekleidet. Man sieht, dass die Muskulatur (mu) sich auch nach der Dorsalseite fortsetzt. Vom Oberkiefer sind die Sägeplatten getroffen (okp) und man erkennt, dass dieselben hohl sind. Sie stellen also eine Faltung der Cuticula dar, in welche zunächst ein Epithelfortsatz eindringt. An der Ventralseite erkennt man die Quer- schnitte durch die beiden ebenfalls hohlen Spangen des Unterkiefers. Der folgende Schnitt (Fig. 32) liegt schon eine beträchtliche Strecke weiter nach hinten. Von der vorderen Partie des Oberkiefers sind nur noch die Leisten vorhanden, welche die Kieferplatten ver- binden und dann nach hinten zur Basis der Zangen laufen (Fig. 7 okl). Sie liegen einer mittleren, aus Bindegewebe, Muskulatur und Epithel gebildeten Falte des Pharynx auf (ok!) und bei stärkerer Vergrößerung kann man deutlich erkennen, wie sie seitlich in die zarte, den Pharynx auskleidende und hier auf den Figuren durch die Innenkontour ange- deutete Cuticula übergehen. Auch im Längsschnitt der Fig. 30 sieht man die dem Epithel aufliegende Leiste von den Sägeplatten aus nach hinten verlaufen. Seitlich und ein wenig ventral von den Leisten liegen in einer vom Epithel ausgekleideten Tasche des Pharynx die hohlen Zangen des Oberkiefers (okz, Fig. 32 und Fig. 30). Die Unterkiefer, welche auf dem vorhergehenden Schnitt (Fig. 34 uk) dorsal noch frei waren, liegen hier bereits von der Muskulatur umgeben, die sich an sie anheftet. Dieses Verhalten wi noch besser durch den Sagittalschnitt (Fig. 30) illustrirt. In den folgenden, weiter nach hinten gelegenen Onesen sind die Unterkiefer verschwunden. Fig. 33 zeigt die Leisten (okl), die im Begriff sind, sich mit dem Basaltheil der Zangen bezw. mit dem Träger zu verbinden. Die Querschnitte der Zangen (oz) sind jetzt höchst um- fangreich. Sie werden von einem zelligen Gewebe erfüllt, dessen Kerne man in der folgenden Fig. (34) deutlich erkennt. In dieser sieht man die Höhlung jeder Oberkieferhälfte durch einen Steg in zwei Ab- theilungen getrennt, welches Verhalten sich übrigens an der linken Hälfte der vorhergehenden Fig. (33) bereits anbahnt. Die äußere Partie entspricht der Zange, die innere gehört dem Träger zu (Fig. 36 okt); beide sind also hier von einander getrennt. Zur besseren Erläuterung dieser Verhältnisse gebe ich zwei in frontaler Richtung aber etwas schräg geführte Schnitte durch die hintere Partie des Oberkiefers (Fig. 36 A und B). Der erste, mehr dorsal ge- führte (vgl. Fig. 7) zeigt rechts die Zangenbasis (okz) geschlossen, kreisförmig, rechts offen. Der Träger (o/t) hat ein gesondertes Lumen, Über Ophryotrocha puerilis Olap.-Metschn. ete. 72247 wie.sich dies auch aus einem Querschnitt dieser Gegend (Fig. 35 A) ergiebt. In dieser, wie in den folgenden Figuren sind die Weichtheile weggelassen und nur die Querschnitte des Kieferapparates dargestellt. In-Fig. 36 und 35 A sah man den Querschnitt der Zangenbasis nicht wie früher geschlossen, sondern vielmehr seitlich (lateral) unter- brochen. Die Zangen sind also nach hinten offen und diese Öffnung gewährt dem Gewebe, zunächst dem Epithel Eintritt in ihre Höhlung (Fig. 30 okz), welche Vorrichtung für das Wachsthum und die Erhaltung der Zangen von Bedeutung ist. Wir sehen also hier dasselbe Verhalten wie bei den kleineren Kieferstücken, nur dass diese, zumal die ein- fachen Terminalplatten, nur mehr als bloße Faltungen der Guticula erscheinen, während die Gestaltung bei den hinteren zangenähnlichen Platten und den großen Zangen wesentlich komplieirter wird. Euters hat ein entsprechendes Verhalten für die Kieferbildung größerer Eunti- ciden ausführlich beschrieben (10). Auf den weiter nach hinten gelegenen Schnitten sieht man die Zangen schwinden und die Träger umfangreicher werden (Fig. 35 und 36 B); schließlich bleiben die letzteren allein übrig (Fig. 35 C). Die Form des Steigbügels, welche die Träger bisher im Querschnitt zeigten, geht nunmehr verloren, indem sie ebenfalls seitlich sich öffnen (Fig. 35 D). Am Ende bleiben nur noch die mittleren, an einander stoßenden Chitinplatten des Trägers übrig (Fig. 35 E und F), die im Leben ziemlich fest mit einander vereinigt sind und die wir bereits früher am Träger als nach hinten spitz zulaufendes Stück kennen lernten (Fig. 7, Taf. X). Den Kieferapparat des ausgebildeten Thieres, wie ihn die Figur darstellt, hatten bereits CLAPAREDE und METSCHNIKOFF vor Sich, ohne ihn allerdings in seinen einzelnen Theilen genau zu erkennen. Später hat ihn dann MacIntosa (26) von seinem Staurocephalus Siberti beschrieben. Der Unterkiefer und die hintere Partie des Oberkiefers stimmen ziem- lich mit meiner Beschreibung überein, aber die vorderen Theile sind abweichend. Die Zahl der Kieferstücke ist geringer und dieselben erscheinen einfacher, plattenförmig. Die jüngeren Thiere sollen noch weniger Kieferstücke besitzen. Ganz ähnlich wie Maclntoss den Kieferapparat abbildet, fand ich ihn zuweilen und nur ausnahmsweise bei Ophryotrocha puerilis. Es war ebenfalls eine geringere Anzahl von Kieferstücken vorhanden und ich nahm an, dass die fehlenden entweder abnormerweise gar nicht zur Ausbildung gelangt waren oder aber, was mir wahrscheinlicher ist, beim Kaugeschäft irgend wie verloren gingen. 248 Eugen Korschelt, Ganz übereinstimmend mit dem Kieferapparat der Ophryotrocha ist jedenfalls der von Sr. Joserrn für seinen Paraclius mutabilis be- ‚schriebene (16, Fig. 109, Taf. X) und neuerdings giebt Bonner eine völlig zutreffende Beschreibung für Ophryotrocha. Die Beschreibungen aber, welche die anderen Autoren vom Kieferapparat der Ophryolrocha oder der von ihnen aufgefundenen, mindestens sehr nahe stehenden Formen (Paractius litoralis Levin, Staurocephalus minımus Langerh.) geben, weicht von der bisherigen Schilderung ganz wesentlich ab. Formen, die zweifellos sehr nahe verwandt, wenn nicht gar zum Theil identisch waren, zeigten ein ganz abweichendes Verhalten des Kiefer- apparates und erhielten hauptsächlich im Hinblick auf die Abweichung n diesem wichtigen systematischen Merkmal eine gesonderte Stellung. Wie schon erwähnt, wies jedoch Bonnıer darauf hin, dass hier zweifel- los ein Irrthum untergelaufen sei und ein und dieselbe Form eben zu verschiedenen Zeiten ihrer Ausbildung eine differente Gestaltung ihrer Kiefer erkennen lässt. Auch Sr. Josern hatte bereits bei der von ihm gefundenen Form (Paractius mutabıilis) die Verschiedenheit der Kiefer bei Individuen derselben Art erkannt und diese verschiedenen Kiefer- formen recht genau beschrieben, ohne jedoch eine genügende Erklärung für diese auffallende Erscheinung zu geben. Wie Bonner hatte ich ebenfalls die Differenz der Kiefer bei verschieden alten Würmern be- merkt und da mir auch Larvenstadien zu Gebot standen, konnte ich noch weiter zurückgehen !. Der Kieferapparat in verschiedenen Altersstadien des Wurmes. Um die verschiedenen Stadien in der Ausbildung des Kiefer- apparates festzustellen, untersuchte ich eine größere Anzahl von Thieren. Hier kann ich nur eine beschränkte Zahl von Beispielen besprechen, doch dürften dieselben genügen, um den Entwicklungsgang des Appa- rates erkennen zu lassen. Ich greife zunächst einen jungen Wurm mitsieben parapodientragenden Segmenten heraus. Bei jüngeren Würmern und bei solchen bis etwa zu zwanzig pa- rapodientragenden Segmenten, fehlen die festen, großen Zangen, wie Bonnier ! ganz richtig angiebt (Fig.7 okz). An ihrer Stelle, d.h. also dem i In seiner bisher vorliegenden Mittheilung spricht Bonnier von Individuen mit vier borstentragenden Segmenten; jüngere scheint er nicht beobachtet zu haben. Für die Auffassung des Kieferapparates und die von dem französischen Forscher gemachten recht interessanten Ausführungen genügt das übrigens, wie man aus der weiter unten gegebenen Darstellung der larvalen Kiefer ersehen wird. ‚Über Ophryotrocha puerilis Olap.-Metschn. ete. 240 Träger zunächst, findet man zwar auch eine festere Zange (Fig. 3—6 okz), aber dieselbe zeigt bei Weitem nicht den Umfang und die Stärke von jener Zange der ausgebildeten Thiere. Bei jenem Wurm mit sieben borstentragenden Segmenten finden wir an der Basis der beiden Oberkieferäste eine Zange mit einer An- zahl recht’ starker Zähne (Fig. 3 olz). Dieselbe zeigt eine gewisse Ähnlich- keit mit den drei hinteren Kieferstücken des ausgebildeten Thieres (Fig. 7), nur ist sie verhältnismäßig stärker entwickelt. Sie geht nach hinten in den Träger über (Fig. 3) und vor ihr liegen sieben Kiefer- Stücke, also entspricht sie der Oberkieferzange der ausgebildeten Form. Die sieben Kieferstücke sind gezähnelt und zwar nimmt die Größe und Stärke der Zähne ab, je weiter die Platten nach vorn liegen. Die Zähnchen gehören mehr dem vorderen und medianen Rand an, während der laterale Rand der Platten jedenfalls zur besseren Stützung der Platte etwas stärker chitinisirt erscheint. Die Platten haben im Ganzen den Charakter der endständigen Kieferstücke der ausgebildeten Form. Der Unterkiefer weicht verhältnismäßig weniger von der definitiven Gestalt ab. Seine vordere Platte ist breiter als im ausgebildeten Zu- stand (Fig. 3 und 7 B). An den hinteren Spangen bemerkt man lateral eine membranartige Verbreiterung, deren Rest übrigens gelegentlich auch beim ausgebildeten Thier weiter nach vorn zu erkennen ist und. welche man auch auf den Abbildungen einiger Autoren angedeutet findet. Der Unterkiefer nähert sich bald seiner definitiven Form (Fig. 7 B) und zeigt dabei keine Besonderheiten, so dass ich ihn weiter nicht berücksichtige. Der Oberkiefer eines Wurmes von 14 borstentragenden Segmenten zeigt bereits eine etwas vollkommenere Gestaltung (Fig. ). Die Basalzangen sind fester und ihre Zähne stärker geworden. Auch die dem Träger anliegende Partie ist stärker. Der Träger selbst ist in diesem wie auch schon in dem vorgehenden und noch in dem folgenden Stadium (Fig. 3 und 6) verhältnismäßig umfangreicher ais beim aus- gebildeten Thier (Fig. 7). Es hängt dies jedenfalls mit den Umbildungs- vorgängen des ganzen Äpparates zusammen. Die drei hinteren Kieferstücke sind weit stärker gezähnt als im vorhergehenden Stadium und zwar nimmt ihre Festigkeit wieder ab von binten nach vorn. Sie verrathen jetzt bereits ihre Bestimmung zu den drei hinteren Sägeplatten des fertigen Zustandes. Die vier vor- deren Platten unterscheiden sich in ihrem Charakter nicht wesent- lich von dem zuvor beschriebenen Stadium und dem definitiven Kiefer- apparat. Um die Beschaffenheit der einzelnen Kieferstücke besser erkennen 250 Eugen Korschelt, zu lassen, wurden die besonders charakteristischen Theile eines etwa auf. gleicher Stufe stehenden Entwicklungszustandes in Fig. 5 abge- bildet. A zeigt die linksseitige Basalzange, B das zweite linke Kiefer- stück, C das dritte rechte und D das sechste der linken Seite. Es fällt dabei die differente Art der Zähnelung auf. Diese Kieferstücke sind außerdem desshalb von Interesse, weilsie voneinem Wurm stammen, der bereits 18 parapodientragende Segmente zählte und von dem man daher erwarten sollte, dass er in der Ausbildung seines Kieferapparates bereits weiter fortgeschritten wäre als jener Wurm von 14 Segmenten. Die Entwicklung ist jedoch nicht eine so regelmäßige und man kann aus der Größe oder Segmentzahl des Wurmes nicht immer den Entwicklungszustand der Kiefer bestimmen. Dafür giebt ' weiter die Fig. 6 ein Zeugnis ab. Dieser Oberkiefer stammt ebenfalls von einem Wurm mit 14 parapodientragenden Segmenten und doch ist hier die Ausbildung eine erheblich weitere, so dass er eben sowohl einem Wurmmit 18 parapodientragenden Seg- menten angehören könnte. Die Basalzangen sind wieder stärker und die Zähne, mit Ausnahme der vordersten, treten jetzt mehr zurück. Man sieht daraus, dass sich diese Kieferstücke schon mehr der Form der mit einem einzigen Endhaken versehenen Zangen nähern. Das Chitin wird immer stärker, was sich durch seine dunklere Färbung ver- räth. Die drei folgenden Stücke geben mehr und mehr die Plattenform auf (Fig. 5 PB und C) und nähern sich derjenigen von gezähnten Zangen (Fig. 6), welche ja ihre definitive Gestalt darstellt (Fig. 7). Die vier Endplatten behalten so ziemlich ihren früheren Charakter. Die weitere Umwandlung besteht darin, dass mit dem Wachsthum der Basalzangen die Zähne an ihnen zurücktreten und bei der weiteren Volumzunahme der Zangen schließlich ganz schwinden. Die Zangen sind dann Anfangs noch nicht sehr groß und erscheinen noch ziemlich hell. Allmählich werden sie immer größer und sind schließlich dunkel- braun bis schwarz gefärbt. Auch die hinteren Kieferstücke (die Säge- platten) formen sich gleichzeitig zu ihrer definitiven, zangenähnlichen Gestalt um. Damit ist dann der fertige Zustand des Kieferapparates er- reicht (Fig. 7 A), wie ihn Würmer von 20 und mehr borstentragenden Segmenten zeigen. Zuweilen tritt dieser Zustand auch schon früher ein und andererseits findet man Würmer, welche mit einigen 20 Segmenten den fertigen Zustand ihres Gebisses noch nicht erreicht haben. Der Kieferapparat der Larven. Durch die Kenntnis der Ausbildung des Gebisses während des späteren Lebens, und speciell durch die früheren Entwicklungsstadien Über Ophryotrocha puerilis Olap.-Metschn. ete. a desselben, wird auch der Kieferapparat der Larven besser verständlich. Bei Larven mit fünf und sechs Wimperringen (Fig. 1% und 15, Taf. XI) zeigt derselbe bereits den Ober- und Unterkiefer, doch sind beide von der späteren Gestalt noch recht verschieden (Fig. 2 A und B, Taf. XII). Der bei der Larve sehr umfangreiche Unterkiefer besteht aus zwei an einander stoßenden, vorn breiten und hinten verschmälerten Platten. Jede Platte zeigt vorn einen tiefen Einschnitt, durch welchen ein kleiner medianer und ein größerer lateraler Lappen erzeugt wird. Beide sind mit feinen Zähnen besetzt (Fig. 2 B). Diese Gestaltung der vorderen Partie des Unterkiefers ist übrigens auch noch im ausge- bildeten Zustand zu erkennen (Fig. 7 ZB). Die verschmälerte hintere Partie der Platten geht in einen kurzen zipfelförmigen Anhang über (Fig. 2 B und Fig. 15 k). Aus dieser Partie gehen später die divergiren- den Spangen des Unterkiefers hervor. Eine einigermaßen ähnliche Darstellung giebt Sr. Josepri vom Unterkiefer einer seiner Larven. CLAPAREDE und Merschnikörr beschreiben ein etwas weiter vorge- schrittenes Stadium des Unterkiefers (7, Taf. XII, Fig. 2 B). Der Oberkiefer ist bei der Larve minder umfangreich (Fig. 2A). Die beiden Äste mit ihren Kieferstücken sind bereits vorhanden, aber die letzteren sind noch nicht vollzählig. Der Träger ist noch wenig ent- wickelt. Die beiden hinteren Kieferstücke, von denen das dem Träger zunächst liegende Paar wahrscheinlich die Anlage der Basalzange dar- stellt, sind am umfangreichsten, doch sind auch sie noch plattenförmig (Fig. 2 4). Sonach durchlaufen jedenfalls auch die Zangen ein Stadium, wie es die drei hinteren Kieferstücke durchmachen und wie es die vorderen Platten des Oberkiefers auch im definitiven Zustand noch darstellen. Der mediane Rand der Platten erscheint dunkler, verdickt und lässt die Andeutung einer Zäbnelung erkennen. Eben so bei den vorderen Platten. Diese zeigen schon jetzt ungefähr die gleiche Form, welche die drei vorderen Kieferstücke in späteren Stadien und im aus- gebildeten Zustand des Kiefers aufweisen (Fig. 2—7 ). Ich zählte fünf Kieferstücke, von denen aber das mittlere erst in der Bildung begriffen schien. Wie die noch fehlenden Kieferstücke entstehen, vermochte ich an meinem Material nicht zu entscheiden. Immerhin wird man diesen zweiästigen Oberkiefer der Larve ohne Weiteres auf denjenigen des jungen Wurmes beziehen dürfen, mit dem er große Ähnlichkeit zeigt (Fig. 2 und 3 A), um so mehr, als man auch später noch die zangen- förmigen Kieferstücke aus plattenförmigen Stücken hervorgehen sieht (Fig. 3—7 okp) . 4 Bei Betrachtung der Umwandlungen der Kiefer drängt sich die Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LVII. Bd, 47 202° Eugen Korschelt, Frage auf, ob diese direkt durch Veränderung der schon vorhandenen Theile vor sich gehen kann, oder ob eine Abstoßung der letzteren vor dem Auftreten eines neuen Stadiums, d. h. eine innere Häutung statt- finden muss, wie sie von den Chitinauskleidungen im Vorderdarm der Arthropoden bekannt ist. Bei der Untersuchung konnte ich nichts Der- artiges bemerken, doch waren die von mir untersuchten Individuen zur Entscheidung dieser letzteren Frage doch vielleicht nicht zahlreich genug, um dieselbe auf Grund meiner Beobachtungen zu verneinen. Vielleicht ist der französische Kollege in dieser Beziehung glücklicher gewesen, da ihm anscheinend ein recht reiches Material zur Ver- fügung stand. Bei den größeren Formen findet nach den Beobachtungen von Euters zweifellos ein Abwerfen der Kiefer statt. Bei diesen mit hartem und festem Gebiss versehenen Formen ist dies sehr erklärlich, denn Umwandlungen desselben, wie sie das Wachsthum verlangt, sind daran kaum mehr durchführbar. Bei einer Eunice Harassüi z. B. fand EuLers helle Wülste und Vorsprünge von der Form der Kiefer, doch waren dieselben nur mit einem dünnen Häutchen überdeckt. Das Thier be- fand sich jedenfalls in der Neubildung der bei einem Häutungsprocess abgeworfenen Kiefer. Ähnliches ist von vorn herein auch für die aller- dings Anfangs noch geschmeidigen Kiefer wahrscheinlich, doch fehlen mir, wie schon erwähnt, Beobachtungen, die für das Abwerfen sprechen. Die vierästige Form des Oberkiefers. Bei der Schilderung des Kieferapparats und speciell des Ober- kiefers, habe ich eine Form des letzteren bisher nicht erwähnt, welche verschiedentlich, wenn auch nicht häufig gefunden wird. Das ist ein Apparat, welcher sich ungefähr so verhält wie der in Fig. 4 abgebildete Oberkiefer, jedoch beide Äste doppelt aufweist, also jederseits (anstatt wie gewöhnlich einer) zwei Reihen von Kieferstücken besitzt (Fig. 8). Auf die Schilderung desselben brauche ich nicht einzugehen, da die Abbildung ihn genügend erklärt und er, wie gesagt, etwa die Verhält- nisse zeigt, wie die früher geschilderten Oberkiefer, denen die großen Basalzangen noch fehlen. Nur der Träger ist hier stärker in Form eines Stabes entwickelt (Fig. 8 okt). Eine Modifikation im Verhalten dieser abweichenden Kieferform ist nur dadurch bedingt, dass sie sich in ver- schiedenen Altersstadien findet. Sie ist in Folge dessen denjenigen Ver- änderungen unterworfen, welche ich für die Oberkiefer ohne große Basalzangen schilderte. Ich fand diesen doppelten Oberkiefer bei Wür- mern mit 10,414,47 und 25 fußstummeltragenden Segmenten, also bei ziemlich jungen eben sowohl, wie bei verhältnismäßig alten Thieren. Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. ete. 353 Der Unterkiefer verhielt sich in diesen Fällen wıe gewöhnlich. Über die Bedeutung dieser abweichenden Kieferform soll im Zusammenhang mit den Angaben einiger Autoren (p. 254) gesprochen werden, da auch diese Form gelegentlich bemerkt und von Bonnter eingehender gewür- digt wurde. Die Auffassung der verschiedenen Formzustände des Kieferapparates. Einen Kieferapparat ungefähr von der Form der Fig. 6 beschrieb Levinsen. (22) von seinem Paractius littoralis, Stuper (32) von der Ophryoirocha Claparedii und Vicvmer (35) bildet einen derartigen Oberkieferast in sehr naturgetreuer Weise von Ophryotrocha puerilis ab, dessgleichen giebt Sr. Joserk (16) eine ganz entsprechende Be- schreibung des Kieferapparats von seinem Paractius mutabilis. Er findet bei diesem Wurme drei verschiedene Formen des Oberkiefers: 1) Eine Form mit zwei starken Zangen, drei Paar zangenartigen Säge- platten und vier Paar fein gezähnten Platten. Dies ist also der Apparat, wie er vorher von der ausgebildeten Ophryotrocha puerilis beschrieben wurde. 2) Eine Form mit Basalzangen, von geringerer Größe und sieben Paar Kieferstücken wie bei der vorigen Form. Dies ist der Be- schreibung nach ein Übergangsstadium zum definitiven Zustand. 3) Eine Form, die der vorigen ganz ähnelt, bei welcher aber jederseits eine zweite Reihe von Kieferstücken hinzukommt, der ganze Apparat sich also verdoppelt. Diese Form entspricht somit ungefähr meiner Fig. 8. Sr. Josern giebt eine genaue Beschreibung von den einzelnen Platten, woraus ersichtlich ist, dass der Kieferapparat dieses Wurmes mitdem von Ophryotrocha puerilis stark übereinstimmt. Allerdings muss hinzugefügt werden, dass die von Sr. Jossrm angegebene Zahl der Zähne an den Kieferstücken mit denen bei Ophryotrocha nicht recht übereinstimmt, doch fand ich diese Zahlen auch bei der von mir unter- suchten Ophryotrocha nicht konstant. Den doppelten Oberkiefer hat weiter Levinsen von Paractius litto- ralis und, so viel ich aus der Beschreibung sehen kann, auch LAnGERrHANS bei seinem Siaurocephalus minimus beobachtet. Es ist nicht zu ver- wundern, dass diese starke Abweichung des Kieferapparates auch für die systematische Einordnung dieser Formen maßgebend wurde, da man die verschiedenen Entwicklungszustände des Apparates nicht kannte. Eine eigene Auffassung vertritt, Bonnier bezüglich des Kieferappa- rates. Er beschreibt ungefähr die in Fig. 3 abgebildete Form. von jugendlichen (mit vier borstentragenden Segmenten versehenen) Wür- mern. Dieses Gebiss löst sich später und fällt ab, um von einem neuen, 47% 254 - Eugen Korschelt, ganz ähnlichen ersetzt zu werden. Während sich dieses letztere bildet, sieht man das erstere noch als Rudiment in Form zweier Chitinleisten mit je acht kammartigen Erhebungen, den Resten der früheren Kiefer- stücke, vorhanden. Die Würmer, welche diese Verhältnisse zeigen, besitzen 10—15 parapodientragende Segmente. Bei Würmern mit 20 solchen Segmenten sah Bonxter in der auch von mir geschilderten Weise den neuen Oberkiefer in die definitive, mit zwei großen Basalzangen versehene Gestalt übergehen. Nach der von Boxster vertretenen Auffassung stellt also der zweite Oberkieferast eine regelmäßige, für die Entwicklung des Apparates nöthige Erscheinung dar. Dann muss nothgedrungenerweise auch das Rudiment des ersten Astes vorhanden sein. Dieses habe ich jedoch niemals bemerkt. Auch nachdem mir Boxnter’s Mittheilung bekannt geworden war und ich meine Präparate daraufhin untersuchte, konnte ich Derartiges nicht finden. Da mir die Übergangsstadien zur Verfügung standen, hätte ich diesen Vorgang eigentlich bemerken müssen. Immer- hin wäre es denkbar, dass mir durch einen besonders unglücklichen Zufall geeignete Individuen nicht in die Hand fielen. Ich mag somit nicht gegen die Mittheilung Boxxter’s polemisiren, um so weniger, als die ausführliche Arbeit noch nicht vorliegt, jedoch muss ich die Auf- fassung aussprechen, welche ich mir von den eigenthümlichen Verhält- nissen des Kieferapparates der Ophryotrocha bildete. So wie ich den Kieferapparat in seinen verschiedenen Formen darstellte (Fig. 2—7) schien mir auch seine Ausbildung vor sich zu gehen. Meiner Auffassung nach sind von Anfang bis zu Ende zwei Äste des Oberkiefers, d. h. einer jederseits, vorhanden, deren verschiedene Formen entsprechend den Altersstadien durch Übergänge verbunden sind. Den zweiten Ast oder die zweite Reihe von Kieferstücken hielt ich für ein nicht gewöhnliches, sondern für ein abnormes Verhalten und da es doch verhältnismäßig oft vorkommt, so erklärte ich es mir als einen Rückschlag, Ophryotrocha möchte von Formen mit zwei oder mehr Reihen von Kieferstücken abstammen; steht sie doch Staurocephalus und vielleicht auch Cirrobranchia nahe, bei denen im Oberkiefer meh- rere Reihen von Kieferstücken vorkommen. Derartige Variationen auf- treten zu sehen, kann bei einer offenbar zurückgebliebenen Form nicht überraschen. Ich halte Ophryotrocha, nicht, wie das von anderer Seite z. B. auch von StuDzr geschehen ist, für eine besonders alte, d. h. also ursprüngliche Form, sondern ihre scheinbar primitiven Charaktere sind dadurch zu erklären, dass sie in einem larvalen Zustand verharrt. Hierfür spricht auch die in verschiedener Beziehung reducirte oder abweichend Über Ophryotrocha puerilis Glap.-Metschn. ete. 255 entwickelte innere Organisation. Solche Formen sind aber der Variation bosonders stark unterworfen. | - Für meine Auffassung des vierästigen Oberkiefers schien mir zu sprechen, dass ich ihn in ganz verschiedenen Altersstadien, bei recht jungen Individuen, bei Thieren mittleren Alters und bei alten Würmern fand. Nach Bonnter’s Auffassung könnte diese Erscheinung allerdings auch durch ausnahmsweises Erhaltenbleiben eines ontogenetischen Stadiums erklärt werden. Andererseitsist nicht verständlich, wesshalb der zweite Ast ontogenetisch so spät auftritt und wesshalb nicht, aus dem ganz eben so geformten ersten Ast der definitive Oberkiefer hervorgehen soll. Doch dagegen steht zunächst die positive Angabe von BonxniEer und es muss jedenfalls dessen ausführliche Publikation abgewartet werden. Von Interesse sind die Bildungszustände des Oberkiefers von Ophryotrocha aus dem Grunde, weil diese Form desshalb, wie Bonnıer sehr richtig hervorhebt, zu verschiedenen Zeiten ihres Lebens ver- schiedenen Abtheilungen der Euniciden zugezählt werden müsste. In der Jugend oder überhaupt, wenn die Oberkiefer noch nicht zu völliger Ausbildung gelangt sind, müsste man den Wurm bei Unkenntnis seiner späteren Entwicklung der von Eurzrs als Eunicea prionognatha bezeichneten Abtheilung zurechnen, welche sich durch das Vorhanden- sein mehr oder weniger gleichartiger Kieferstücke auszeichnet. Im aus- gebildeten Zustand würde die Ophryotrocha hingegen zu den Eunicea labidognatha gezählt werden müssen, den Formen, bei welchen zwei Kieferstücke an der Basis des Oberkiefers zu starken Zangen entwickelt sind. Für die Systematik der Polychaeten und speciell der Euniciden ist dies Verhalten von Wichtigkeit und Bonnıer scheint demselben und den Beziehungen zu anderen Formen eine besondere Aufmerksamkeit ge- widmet zu haben, wesshalb ich auf diesen, mir überdies ferner liegenden Punkt nicht weiter eingehe. 5. Ophryotrocha puerilis und andere Arten dieser Gattung. Im Anschluss an die Betrachtung des Kieferapparates ist die Frage am besten zu besprechen, wie sich die von mir bearbeitete Ophryotrocha zu den schon mehrfach erwähnten, von verschiedenen anderen Autoren beschriebenen Formen verhält. Als ich die Ophryotrocha fand, war es mir nach den von einer An- zahl Abbildungen begleiteten Beschreibung von Crararkoe und Merscnnt- KOFF zweifelhaft, ob ich es mit derselben Art wie sie zu thun hätte. Das Schwinden der dorsalen Kopffühler und des unpaaren Endeirrus im ausgebildeten Zustand, das Fehlen der nicht schwer bemerkbaren ven- tralen Kopffühler, die Differenz in der Borstenzahl. die knopfförmig 256 Eugen Korschelt, verdickten paarigen Endeirren, die abweichende Form der Larven und noch verschiedenes Andere erweckte mir diesen Zweifel. Der Kieferappa- rat konnte nach meinen Erfahrungen in einem mit 3 parapodientragenden Segmenten versehenen Individuum nicht in der Form vorhanden sein, wie ihn die genannten Forscher in die Fig. 2C (Taf. XII, 7) einzeichneten. Dass ein größerer Fußstummel eines geschlechtsreifen Thieres so wenige Borsten besitzt, wie der von Fig. 2 F, ist ebenfalls unwahrscheinlich. Trotzdem glaubte ich schließlich, die Triestiner Form doch für identisch mit der aus Neapel halten zu müssen, indem ich die Differenzen auf Flüchtigkeiten der Beobachtung oder Darstellung in jener nicht speciell auf diesen Punkt gerichteten Publikation schob. In dieser Auffassung wurde ich durchaus bestärkt, als ich die Arbeit von Vısuıer kennen lernte, welcher die von ihm in der Bai von Algier beobachtete Ophryo- trocha ebenfalls für identisch mit der von CLAPAREDE und METSCHNIKOFF hält. Nach den beiden naturgetreuen Abbildungen, welche VievIEr von seiner Form giebt, ist es ganz unzweifelhaft, dass die Triestiner Form mit der von Algier übereinstimmt. Was die Differenz in der Gestalt des von Vıetier abgebildeten Kieferapparates betrifft, so erklärt sich die- selbe durch die obigen Ausführungen (p. 248 ff. und Fig. 2—7, Taf. XI). Es wurde noch eine Reihe anderer Formen, theils unter dem Namen Ophryotrocha, theils als Staurocephalus und Paractius beschrieben. BonnIer, welcher an der französischen Küste (in Winfereux!) ebenfalls Ophryotrocha puerilis untersuchte, geht bezüglich der Angaben der anderen Autoren sehr radikal vor und erklärt alle die von ihnen ge- fundenen neuen Arten derselben oder anderer Gattungen für ein und derselben Species, nämlich eben Ophryotrocha puerilis zugehörig. Wenn man die Beschreibungen der Kiefer ansieht, so könnte man auf Grund der durch Bonner aufgeklärten Bildungszustände derselben allerdings annehmen, dass es sich in Wirklichkeit immer um ein und dieselbe Art handelt. Damit würden sich auch die Abbildungen und Beschrei- bungen des ganzen Wurmes oder von Theilen desselben vereinigen lassen, in so fern sie Staurocephalus Sıberti MacIntosh (an der schotti- schen Küste gefunden) und Siaurocephalus minimus Langerhans (von Madeira) betreffen. Etwas schwieriger scheint mir dies Verfahren schon bei dem von Sr. Josern an der französischen Küste des Kanals aufge- fundenen Paractius mutabilis. Der Kieferapparat dieser Form stimmt allerdings mit demjenigen von Ophryoirocha puerilis ganz auffallend überein, wie schon weiter oben aufgeführt wurde, aber man hat zu be- rücksichtigen, dass St. Josern die Arbeit von Vıevier mit der genauen, 1 Von da wurde das Vorkommen der Ophryotrocha puerilis auch durch A. GıARD angegeben (12, p. 77). * Über Ophryotrocha puerilis Olap.-Metschn. ete. 20957 dureh gute Abbildungen illustrirten Beschreibung von Ophryotrocha puerilis kannte. Sr. Josseru nimmt zwar auch diese Species in seine Zusammenstellung auf, doch bezieht sich dies nur auf zwei (schon oben erwähnte) junge Larven. Das ausgebildete Thier war ihm nicht bekannt. Übrigens möchte ich ebenfalls diesen Paractius höchstens für eine andere Art der Gattung Ophryotrocha halten. Die schon weiter oben erwähnten Unterschiede in der Bezahnung der Kieferplatten, könnten allein Artunterschiede bedingen, falls sie nicht nur auf Varia- tion beruhen. Ähnlich wie bei Paractius mutabilis St. Joseph liegen die Verhältnisse bei dem Paractius littoralis, der von Levinsen aus Grönland beschrieben und später in einem Bruchstück ebenda wiedergefunden wurde (MA- RENZELLER [28]), sowie bei Ophryotrocha Olaparedi, von Stuper auf Ker- suelensland gefunden. Beide Formen zeigen eine gewisse Ähnlichkeit. Bezüglich der letzteren war das vorliegende Material nur gering und da es verloren ging, wird sich über diese Art schwer noch etwas be- stimmen lassen. Die erste Form ist wohl ebenfalls als eine Art der Gattung Ophryotrocha anzusehen. Die Arten richtig aus einander zu halten und Diagnosen für sie zu geben wird nach den vorliegenden wenig ge- nügenden Beschreibungen kaum möglich sein. Bei der tiber die verschiedenen Arten der Gattung Ophryotroch« herrschenden Verwirrung schien es mir erwünscht, eine möglichst ge- naue Beschreibung der von mir untersuchten Form zu geben, um so mehr, als sich meine Untersuchungen auch auf den inneren Bau des Wurmes erstreckten, der mit Ausnahme des Kieferapparats bisher noch nicht behandelt wurde. In dieser Beziehung möchte ich hinzufügen, dass Ophryotrocha ein Cirkulationssystem nicht besitzt und dass ich beim lebenden Thier sowohl wie auf den Schnitten vergeblich nach den Nephridien suchte. Ich möchte daher annehmen, dass sie ebenfalls nicht vorhanden sind, muss allerdings eine noch genauere Kontrolle dieses Punktes als nöthig und wünschenswerth bezeichnen. 6. Die Genitalorgane und die Geschlechtsverhältnisse der Ophryotrocha im Allgemeinen. Die Unterscheidung der Geschlechter. Hermaphro- ditismus. Die Forscher, welche sich bisher mit Ophryotrocha und den unter anderen Namen beschriebenen verwandten Formen beschäftigten, kannten nur die weiblichen Thiere und hoben gewöhnlich hervor, dass 258 Eugen Korschelt, sie Männchen nicht auffanden. Dies kam wohl nur daher, dass sich die männlichen Thiere von den Weibchen kaum unterscheiden und mir ist es wahrscheinlich, dass diejenigen Autoren, welche eine Anzahl Würmer untersuchten, auch Männchen unter den Händen hatten, ohne sie zu er- kennen. Jedenfalls fand ich die Männchen, als ich sie erst kannte, un- gefähr eben so zahlreich wie die Weibchen. Im Allgemeinen sind sie etwas kleiner und schlanker, da aber auch kleine und wenn nicht mit Eiern gefüllte, ziemlich schlanke Weibchen vorkommen, so ergiebt sich daraus kein rechter Unterschied. Einen solchen konnte ich auch im äußeren Körperbau, besonders in der Beschaffenheit der Parapodien, in der Borstenzahl und Form der Kiefer, wo ich ihn Anfangs vermuthete, nichtbemerken. Erhebliche äußere Geschlechtsunterschiede sind jeden- falls bei diesen Thieren nicht vorhanden, welches Verhalten sich übrigens aus der folgenden Darstellung erklären wird. Zur Unterschei- dung beider Geschlechter ist man auf die schon erwähnten, etwas zweifelhaften Merkmale, hauptsächlich aber auf die Genitalprodukte angewiesen. Bei älteren und geschlechtsreifen Thieren ist es sehr leicht, die Männchen von den Weibchen zu unterscheiden, indem die Eier sofort, die Spermatozoen etwas schwieriger, aber immerhin deutlich bei Betrachtung des lebenden Wurmes mit dem Mikroskop in dessen Leibeshöhle zu erkennen sind. | Obwohl sichbei Ophryotrochamännliche und weibliche Thiere unterscheiden lassen, wie wir sahen, so ist dieser Wurm doch nicht eigentlich als getrennt geschlechtliche Form anzusehen, da beiihmauchHermaphroditismus vorkommt undzwittrige Thiere sogar recht häufig gefunden werden. Auch bei den hermaphroditisch entwickelten Thieren pflegt übrigens das eine der beiden Geschlechter in starkem Maße zu überwiegen. Über die Beziehungen der männlich und weiblich entwickelten Thiere zu den Hermaphroditen soll später noch gesprochen werden (vgl. p. 272). Die Keimdrüsen und ihre Entstehung. Die Geschlechtsdrüsen liegen bei Männchen und Weibchen sowohl, wie bei den hermaphroditischen Thieren, an dem die Segmenthöhle nach vorn abschließenden Dissepiment ventral und seitlich vom Darm- kanal und entstehen wie bei anderen Anneliden durch Wucherung des Peritonealepithels ganz so wie E. Mzyer (29) und Andere dies nach- gewiesen haben. Die Fig. 37 (Taf. XIV) zeigt die erst in der Entwicklung begriffenen Genitaldrüsen eines Männchens. Die Geschlechtsorgane erwiesen sich noch wenig umfangreich, doch war es an einzelnen Partien schon zur Ausbildung von Spermatozoen gekommen. Die Geschlechts- Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. etc. | 259 organe finden sich nämlich in fast allen parapodientragenden Segmenten, sind aber gewöhnlich in den vorderen Ringen etwas weiter entwickelt als in den mehr nach hinten gelegenen. Um ein Beispiel anzuführen, so fand ich bei einem mit 27 parapodientragenden Segmenten ver- sehenen Weibchen große Eier vom 3. bis zum 24. borstentragenden Segment, aber auch die dahinter gelegenen Ringe zeigten noch Anlagen der Genitaldrüsen. Noch sehr wenig ausgebildet waren die Genitalorgane bei einem jungen Wurm, von welchem der in Fig. 46 (Taf. XIV) abgebildete Theil eines Sagittalschnittes genommen ist. Die ventral vom Darm (md) ge- legenen Geschlechtsdrüsen, welche auf allen Schnitten noch keinen größeren Umfang erreichen, bestehen erst aus verhältnismäßig wenigen Zellen und es war von diesem Wurm nicht zu sagen, ob man ein männ- liches oder weibliches Thier vor sich habe. Im Leben ist das Erkennen des Geschlechts bei so jungen Thieren von vorn herein ausgeschlossen. Im Allgemeinen sind erst Würmer von 20 und mehr borstentragenden Segmenten als geschlechtsreif zu bezeichnen. Zuweilen allerdings tritt die Geschlechtsreife schon etwas früher ein. Durch starke Vermehrung der Keimzellen werden die Geschlechts- drüsen umfangreicher, so wie dies in Fig. 37 dargestellt ist. Sie breiten sich auch nach den Seiten hin aus und erscheinen dann als zwei ven- tral vom Darm gelegene Zellhaufen, deren Elemente zumal bei weiblich entwickelten Thieren recht verschiedene Größe zeigen (Fig. 47, Taf. XIV und Fig. 48, Taf. XV). Die weiblichen Geschlechtsorgane und die Eibildung. Die weiblichen Geschlechtsorgane verrathen sich schon bei Be- trachtung des Wurmes mit bloßem Auge durch die gewöhnlich hell fleischrothe Färbung der Eier. Der ganze Wurm erscheint dann, wenn . er dicht mit Eiern angefüllt ist, wie dies oft vorkommt, röthlich gefärbt. Verschiedene Autoren sprechen von einer durch die Farbe der Eier be- dingten weißlichen Färbung des Wurmes. Vielleicht könnte das mit den oben besprochenen Artunterschieden zusammenhängen. Ich fand jeden- falls fast ausnahmslos die röthliche Färbung, die sowohl den reifen Eiern wie denjenigen zukam, die noch weit von der Reife entfernt waren. Nur selten sah ich den Dotter gelb gefärbt und zwar schienen mir die betreffenden Eier nicht recht normal zu sein. Auch die abge- legten Eier zeigen eine röthliche Färbung. Hat man ein reifes Weibchen vor sich, so bemerkt man in seinem 260 Eugen Korschelt, Innern außer den kugelrunden reifen Eiern eigenthümliche zweitheilige Gebilde, die sich zwar sofort als Eier zu erkennen geben, aber ganz wie Furchungsstadien erscheinen (Fig. 38 A—D, Taf. XIV). Wie das Zweistadium eines inäqual sich furchenden Eies setzen sie sich aus einer größeren dunklen (anscheinend vegetativen) und einer kleineren hellen (anscheinend animalen) Zelle zusammen. Für den ersten Moment glaubt man es wirklich mit Furchungsstadien zu thun zu haben, zumal wenn diese Doppelzellen alle von ungefähr gleichem Umfang sind, wie dies vorkommt. Abgesehen davon, dass eine Begattung und daher auch eine Entwicklung der Eier innerhalb des Mutterthieres bei diesem An- neliden recht unwahrscheinlich ist, bemerkt man auch bald, dass die Doppelzellen sehr verschiedenen Umfang haben und dass auch das relative Größenverhältnis beider Zellen zu einander ein recht wechseln- des ist (Fig. 38 A—D). Um gleich den Kernpunkt hervorzuheben, so handelte es sich bei diesen scheinbaren Zweistadien um Stadien derEibil- dung und zwar istje eine Eizelle mit einer Nährzelle ver- einigt. Die hell röthlich gefärbte Eizelle lässt im Leben einen klaren, deutlichen Kern von geringerem Umfang, ein echtes Keimbläschen er- kennen, während der weit größere Kern der farblosen Nährzelle zunächst weniger klar ist, aber gelegentlich, zumal bei einem geringen auf das Thier ausgeübten Druck, ebenfalls deutlich hervortritt. Die Fig. 38 A—D stellen diese zweizelligen Stadien in verschiedenen Zuständen ihrer Ausbildung dar. Weit besser als im Leben sind die Verhältnisse der reifenden Eier an Schnitten zu erkennen. Wie Fig. 38 A—D stellen auch Fig. 39—45 die in der Leibeshöhle flottirenden Zellen und zwar ungefähr in gleichen Stadien dar. Im gefärbten Zustand tritt der verschiedene Charakter der beiden Zellen zumal durch die differente Färbung und Gestalt ihrer Kerne hervor. Der Kern der einen Zelle ist kugelig, weniger stark gefärbt und mit einem kugelrunden Kernkörper versehen. Dies ist das Keimbläschen und die zugehörige Zelle das Ei. Der andere Kern ist unregelmäßig gestaltet, unverhältnismäßig groß und außerordentlich stark gefärbt. Er zeigt also diejenigen Charaktere, welche man be- sonders an den Kernen secernirender Zellen kennt, wie ich dies bei anderer Gelegenheit betont habe (19). Die zugehörige Zelle ist die Nährzelle. Es liegt hier also ein recht interessanter Fall der Eibildung vor, indem jede Eizelle eine Nährzelle beigegeben erhält, mit welcher verbunden sie freiin der Leibeshöhle flottirt. Dies ist jedenfalls eine ganz besonders einfache und instruktive Form Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. etc. | 261 der Nährzellenbildung, wesshalb es nicht ohne Interesse sein dürfte, die Eibildung der Ophryotrocha etwas näher ins Auge zu fassen. Die Keimdrüsen in ihrer Anlage als Wucherung des Peritoneal- epithels lernten wir bereits kennen (Fig. 46 und 37). Männlich und weiblich entwickelte Thiere verhalten sich in dieser Beziehung gleich. Am Ovarium lässt sich eine Keimstätte von demjenigen Theil unter- scheiden, in welchem die Eier ihrer weiteren Ausbildung entgegen- gehen (Fig. 47 ov). Die Keimstätten der beiderseitigen Ovarien stoßen beinahe an einander. Man erkennt eine große Anzahl von Kernen in ihnen. Die Keimzellen sind hier noch wenig umfangreich. Die Fig. 47 zeigt diese Verhältnisse im Querschnitt, während sie in Fig. 48 (Taf. XV) in einem Sagittalschnitt und bei stärkerer Vergrößerung zu erkennen sind. Das Chromatin ist ziemlich gleichmäßig in den Kernen vertheilt und als Ausdruck des Kernnetzes erscheint es in Form zahl- reicher Körnchen von differenter Größe und Gestalt. Die ziemlich gleichartige Granulirung in den Kernen der dicht gedrängten Keim- zellen erfährt jedoch eine Modifikation mit dem Wachsthum der Zellen und ihrer Kerne, je nachdem sich dieselben zu Ei- oder Nährzellen ausbilden. Im ersteren Falle treten die Chromatinkörner zurück, der Kern erscheint heller; mehr oder weniger deutlich tritt ein zunächst noch unregelmäßig gestalteter, später kugeliger Nucleolus hervor (Fig. #8 und 50). Andere Kerne bewahren dagegen ihr granulirtes Aussehen, sie beginnen sich intensiv zu färben und nehmen viel stärker als die zuerst charakterisirten an Umfang zu. Bei Betrachtung dieser Kerne mit starker Vergrößerung erkennt man in ihnen ein Kernnetz mit sehr eng gelagerten Knotenpunkten, welche sich intensiv färben. Dadurch wird die ganz auffallend starke Färbung dieser Kerne bedingt. Die ersten der beiden beschriebenen Kernarten werden zu den Keimbläschen, die letzteren zu den Nährzellkernen. Sie liegen im Ovarium ziemlich unregelmäßig durch einander (Fig. 47—50). Außer- dem findet man solche Kerne, die zwar noch granulirt, aber schon heller sind und weniger Chromatin enthalten. Wahrscheinlich befinden sie sich auf dem Übergang zu den Keimbläschen, doch ist die Natur dieser Kerne oft schwer festzustellen. Übrigens will ich gar nicht sagen, dass Nähr- und Keimzellen aus einer gleichartigen Sorte von Zellen hervorgehen. Es mag sein, dass die beiden Zellenarten schon früher geschieden sind, nur vermochte ich das an den »Keimzellkernen« nicht festzustellen. Die Befunde, welche Hrymons (15) bei den Insekten bezgl. des außerordentlich früh auftretenden Unterschiedes zwischen Ei- und Follikelzellen gemacht hat, welche man bisher aus einer gleich- artigen Zellenmasse hervorgehen ließ, und Boverrs (%) Darstellung von 2222 Eugen Korschelt, der frühen Differenzirung der Keimzellen bei Ascaris müssen nach dieser Richtung jedenfalls vorsichtig machen. Allerdings handelt es sich um Zellen, die früher selbst Keimzellen waren und jetzt nur abortiv geworden sind, aber immerhin muss bei ihnen schon eine starke Differenzirung stattgefunden haben, die möglicherweise auch in der Ontogenie noch weiter zurückgeht als bis zu dem anscheinend in- differenten Zustand in der Keimstätte des Ovariums. Die weitere Ausbildung der beiden Zellenarten erfolgt in der Weise, dass sie an Umfang mehr und mehr zunehmen, wobei der Kern der ersten Art immer heller wird, die Granulationen zurücktreten und der Kernkörper deutlicher erscheint (Fig. 48—50, Taf.XV). Sie erhalten schließlich den Charakter der Keimbläschen. Das Zellplasma bleibt dabei etwas heller als dasjenige der Nährzellen, während beim leben- den Ei das Umgekehrte der Fall ist (Fig. 33 A—D, Taf. XIV). Diese Differenz in der Färbung des Plasmas tritt hauptsächlich in etwas vor- geschritteneren Stadien der Ausbildung beider Zellenarten hervor. Die Nährzellkerne werden immer dunkler, indem sich die chromatische Substanz dichter und dichter in ihnen zusammenhäuft, so dass die Granulirung schließlich durch die äußerst intensive Färbung des Kernes fast ganz verdeckt wird (Fig. 47—50). Etwas früher schon hat sich ein nicht recht deutlich umschriebener Kernkörper bemerkbar gemacht. Die intensive Färbung der Nährzellkerne ist auch von anderen Thieren, zumal von den Arthropoden bekannt.” Wie schon erwähnt, pflegt sie öfters den Kernen secernirender Zellen eigen zu sein. Auch die Entstehung der Ei- und Nährzellen verläuft bei anderen Formen in ganz ähnlicher Weise. So habe ich sie von verschiedenen Insekten beschrieben, bei denen die Differenzirung der beiden Kernarten und die Chromatinzunahme eine ganz übereinstimmende ist (18). Eine genaue Darstellung von der Differenzirung der Ei- und Nährzellen hat kürzlich A. Brauer (5) von Branchipus gegeben. Danach verlaufen auch bei dieser Form die Vorgänge zumal in den früheren Stadien der Differenzirung beider Zellenarten in recht übereinstimmender Weise. Ähnliches dürfte sich wohl überhaupt bei den meisten der mit Nähr- zellen versehenen Thiere wiederholen. Bisher gehörten die Ei- und Nährzellen dem Ovarium an, welches, wie wir sahen, nur aus einem ventral vom Darm gelagerten Zellen- haufen besteht (Fig. 47). Hier schon sah man je eine kleinere (am gefärbten Präparat) helle und eine große dunkle Zelle sich zusammen- lagern. Beide zusammen lösen sich dann bald vom Ovarium ab und flottiren nunmehr als die früher geschilderten Zweistadien in der Leibeshöhle (Fig. 47 —50, Fig. 39 —44). Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn, ete. | 963 Sehr nahe liegt die Vermuthung, dass die beiden so eng mit einander verbundenen Zellen auch in ihrer Genese Beziehungen zu einander erkennen lassen, möglicherweise durch Theilung ein- und derselben Keimzelle ihre Entstehung nehmen. Derartige Beziehungen konnte ich nicht erkennen, sondern vermochte die Zusammengehörig- keit beider Zellen im Ovarium erst ziemlich spät festzustellen, eben dann, wenn ihre Kerne schon ziemlich umfangreich und differenzirt waren, so dass in diesem Stadium eine Theilung wohl kaum erst kurz vorhergegangen sein konnte. Nöthig scheint es übrigens nicht, einen derartigen genetischen Zusammenhang anzunehmen und die oben be- rührte Möglichkeit von der Differenzirung der Ei- und Nährzellen würde sogar dagegen sprechen. Anfangs waren Ei- und Nährzelle gleich groß. Wir sahen dann, wie der Kern der letzteren und somit auch diese selbst sich vergrößerte (Fig. 39 u. 40). Ihr Kern wird dabei immer dunkler und nimmt auch eine unregelmäßige Gestalt an (Fig. 41). In den Stadien Fig. 41—43 scheint ungefähr der Höhepunkt in der Ausbildung der Nährzelle er- reicht zu- sein. Sie trägt jedenfalls durch Sekretion von Nährsubstanz zum Wachsthum der Eizelle bei. Diese nimmt denn auch jetzt bedeu- tend an Umfang zu (Fig. 42). Man sieht sie allmählich zur Größe der Nährzelle heranwachsen und diese sogar bald an Umfang übertreffen (Fig. 41I—43). Ich muss hierbei darauf aufmerksam machen, dass Fig. 43 bei weit schwächerer Vergrößerung als die vorgehenden Fig. 40 —42 entworfen ist und möchte weiterhin auf die Fig. 38 A—D ver- weisen, welche zur Erläuterung der an Schnitten gewonnenen Bilder entsprechende Stadien der Eibildung im Leben darstellen. Sie ent- sprechen ungefähr den Fig. 41 —44. Die Eizelle wird immer größer und tritt gegenüber dem Ei jetzt sehr zurück (Fig. 44), bis sie schließlich ganz schwindet und nunmehr das Ei als eine kuglige Zelle mit hellem Keimbläschen erscheint. In dem zur Vervollständigung der Darstellung abgebildeten Ei (Fig. 45) ist der Kern bereits in die Bildung der Richtungsspindel übergegangen. Im Anschluss an die zuletzt genannte Figur (45) sei noch erwähnt, dass Ophryotrocha wie in verschiedener anderer Hinsicht auch bezüg- lich der Eireifung recht bemerkenswerthe Verhältnisse darbietet. Die Riehtungsspindel ist ungemein groß und in ihren einzelnen Theilen sehr deutlich ausgeprägt (Fig. 45). Die Äquatorialplatte der ersten Richtungsspindelistnur durchein einziges viertheiliges Chromosom repräsentirt und bietet somit Verhältnisse, wie siesich meines Wissens nur bei Ascaris megalocephala var. 261. Eugen Korschelt, univalens wiederfinden. Eine genauere Darstellung dieses Verhal- tens gedenke ich an anderer Stelle zu geben. Die reifenden Eier trifft man wie die früheren Stadien der Eibil- dung ebenfalls noch in der Leibeshöhle an. Dieselbe ist bei größeren Weibchen oft dicht mit Eiern angefüllt, welche bis ganz in die Spitze der Parapodien vordringen können, wie dies schon von CLArArkpE und Merscunikorr beobachtet wurde. Beziehungen der Eibildung von Ophryotrocha zu derjenigen anderer Formen. Ehe ich mich zu dem weiteren Schicksal der Eier wende, möchte ich einige Analogien der Eibildung von Ophryotrocha ins Auge fassen. Zunächst sei jedoch erwähnt, dass schon CrArArkpe und METSCHNIKOFF die eigenthümlichen Verhältnisse der Eibildung von Ophryotrocha be- merkten, ohne allerdings ihre Bedeutung zu erkennen. Sie sagen dar- über: »Die Vermehrung der Eier findet durch Zweitheilung statt. Wenigstens trifft man Zwillingseier, die aus einer durchsichtigen, un- reifen und einer grobkörnigen, der Reife herannahenden Hälfte bestehen.« Dazu wird von den Verfassern die Abbildung eines solchen Zwillingseies gegeben, welche zwar dem wirklichen Verhalten wenig entspricht, aber immerhin erkennen lässt, dass die Verfasser das oben beschriebene Zweistadium bereits bemerkten. So viel ich sehe, scheint ein ähnlicher einfacher Fall von Nähr- zellenbildung bei den Anneliden und bei den Würmern überhaupt nicht bekannt zu sein, wenigstens habe ich nichts Dergleichen in der Litte- ratur gefunden. CLararkDe selbst beschrieb von einem anderen Anne- liden, Polyno& spinifera eine eigenthümliche Form der Eibildung, welche möglicherweise mit der von Ophryotrocha Analogien bieten könnte!, obwohl diese Wahrscheinlichkeit nicht sehr groß ist. Es lösen sich dort Ballen von mehreren Eizellen vom Ovarium ab und flottiren in der Leibeshöhle. Den sich zu Eiern ausbildenden Zellen sieht man kleinere anhängen, die im Wachsthum zurückbleiben und die von ÜCLAPArüDE als atrophirt bezeichnet werden. Es liegt gewiss nahe, hierbei an Nährzellen zu denken. Nun sollen aber die Eier durch Scheidewände von einander getrennt sein; wenn sich dies so verhält, so kann man die kleineren Zellen eben nur als in der Ausbildung zurückgebliebene Ei- zellen auffassen, denen aber sonst keine besondere Bedeutung zukommt. Eine Loslösung der Keimzellen von der Keimdrüse und ihre wei- tere Ausbildung im flottirenden Zustande innerhalb der Leibeshöhle 16, p. 377; Dat. W, Hie, 4A 4D, Über Ophryotrocha puerilis Glap.-Metschn. ete. ROBBE ist auch bei anderen Anneliden verbreitet und dieses Verhalten bietet somit bei Ophryotrocha keine Besonderheit dar. Möglicherweise ist das Verhalten der Thalassema, welches Lup- wıc nach einer Beobachtung von Sznrer beschreibt (24, p. 53), mit demjenigen von Ophryotrocha einigermaßen ähnlich. Allerdings ist gleich Anfangs eine Differenz vorhanden, indem die Eier in Follikeln liegen. In jedem Follikel ist Anfangs nur eine Zelle eingeschlossen. »Diese Zelle theilt sich quer zur Längsachse des Follikels in zwei, von denen aber nur die eine und zwar diejenige, welche nach dem Follikel- stiel hin gelagert ist, zum Ei auswächst, während die andere in dem- selben Verhältnisse, in welchem die erstere zunimmt, kleiner wird und schließlich ganz verschwindet. Durch Berstung des Follikels wird dann das Ei in Freiheit gesetzt.« Lunwıc fasst dieses Verhalten so auf, dass die eine Zelle auf Kosten der anderen wächst und letztere somit als Nährzelle anzusehen ist. Auffallenderweise scheint von der durch Srmrer beobachteten Erscheinung bei Thalassema mellita, deren Naturgeschichte später durch Con bearbeitet wurde (8), nichts Derartiges vorzukommen. Zwar steht mir die Originalabhandlung nicht zur Verfügung, aber aus dem Neapler Jahresbericht entnehme ich, dass sich die Eier vom Ovarium ablösen und, in der Leibeshöhle umherschwimmend, sich vergrößern, bis sie von den Genitaltaschen aufgenommen werden. Von einer Follikel- und Nährzellenbildung ist daraus nichts zu entnehmen. Aller- dings könnten die Vorgänge der Ablösung vorangegangen sein, doch wird auch diese erste Entstehung der Eier in Form modificirter Epithel- zellen des Peritoneums beschrieben. Mit der von Semrer beobachteten Eibildung der Thalassema lässt sich jedenfalls die besonders durch Spenge (30) genau beschriebene Eibildung der Bonellia vergleichen. Isolirte Gruppen von Peritonealzellen, deren Gesammtheit das Ovarium bilden, modifieiren sich in der Weise, dass einzelne dieser Zellen sich stark vergrößern, andere zurückbleiben. Letztere liefern ein Follikelepithel, welches zunächst eine große Zelle, die Centralzelle, umschließt. Diese wird nicht, wie man vermuthen könnte, zum Ei, sondern abermals vergrößert sich eine Anzahl der sie umschließenden Zellen und aus einer derselben geht die Eizelle hervor, indem sie stärker als die anderen wächst. Sie übertrifft auch bald die Anfangs besonders umfangreiche Centralzelle an Größe. Beide Zellen stoßen entweder an einander, oder sind durch Follikelzellen getrennt. Umgeben sind sie beide vom Epithel. Die Eizelle wächst immer mehr und schließlich sitzt ihr die centrale Zelle mit ihrem umgebenden Epi- thel nur wie ein zelliger Knopf von geringem Umfang auf. Das ganze 266 Engen Korschelt, Gebilde war Anfangs durch einen Stiel mit dem Ovarium verbunden, doch reißt dieser bald, so dass es sich nunmehr in der Leibeshöhle be- findet. Nach Spencer soll das Ei später den Zellenknopf abwerfen. während derselbe nach Vesnovsky’s Darstellung schwinden, d.h. zur Ernährung des Eies aufgebraucht werden sollte. Nach der letzteren An- nahme, die allerdings von SpexGer nicht für sehr wahrscheinlich gehalten wird, würde man also die CGentralzelle als Nährzelle anzusehen haben, ähnlich wie die bei Thalassema dem Ei beigegebene Zelle aufgefasst wurde. Hat man die geschilderten Vorrichtungen als zur Ernährung des Eies dienend anzusehen, wie mir dies wahrscheinlich ist,so würden sie sich mit den Verhältnissen von Ophryotrocha vergleichen lassen, bei . welchen an der Nährzellennatur der einen Zelle nicht gezweifelt werden kann. Diese Vorrichtungen bei den Gephyreen und speciell bei Bonellia sind aber weit komplieirter und schwerer zu verstehen, als das höchst einfache Verhalten der Ophryotrocha. Eine höchst eigenthümliche, möglicherweise ebenfalls direkt oder indirekt der Ernährung des Eies dienende Einrichtung beschrieb AnpreEws von zwei, der Ophryotrocha nicht allzufern stehenden Anneliden, näm- lich den Zuniciden Diopatra magna und cuprea. Hier werden jeden- falls gleichzeitig mit dem Ei eigenthümliche Zellstränge vom Ovarium frei und finden sich an dem in der Leibeshöhle flottirenden Eiern. Mit deren Vergrößerung wachsen auch die Zellstränge. Wenn das Ei eine gewisse Größe erreicht hat, lösen sie sich von ihm ab und zer- fallen wahrscheinlich. Es scheint, als ob die für Diopaira beschriebene eigenthümliche Vorrichtung ihr Analogon bei den Lernaeopoden fände, wenigstens bieten die von E. van BEneDEn (2, Fig. A—7, Taf. XXIX) für Ancho- rella uncinata und Congericola pallida gegebenen Ahbildungen große Ähnlichkeit mit den Verhältnissen bei Diopatra, abgesehen davon, dass bei der letzteren Form gewöhnlich einige, meist zwei solcher Zell- reihen am Ei hängen, während bei jenen Krebsen nur eine Reihe vor- handen ist. Aber im Übrigen ist das Verhalten ein gleiches, denn auch hier sitzen den Eiern lange Zellenstränge an, die möglicherweise als Ernährungsorgane aufzufassen sind. In derselben Abhandlung E. vax Benzpzw’s werden die unreifen Eier eines anderen Krebses, der Sacculina carcını beschrieben und ab- gebildet (Fig. 8—14, Taf. XXIX). Diese nun zeigen eine ganz auffällige Übereinstimmung mit den unreifen Eiern der Ophryotrocha. Sie setzen sich ebenfalls aus zwei Zellen, einer granulirten dotterreichen und einer hellen Zelle zusammen. Wie bei Ophryotrocha ist das Größenverhältnis Bit u » 5 j Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. ete. in der beiden Zellen in verschiedenen Stadien der Eibildung ein verschie- denes. Van BENEDEN hat der kleinen Zelle eine besondere, hier nicht weiter interessirende Bedeutung (für die Neubildung von Eizellen), sowie eine komplieirte Bildungsweise zugeschrieben. Überhaupt hat man sich viel mit der Bedeutung dieser Zelle beschäftigt (Yves DELAGE, 9, p. 475). Von Yves DeracE wurde gezeigt, wie die Eizellen bei Saceulina auf die gewöhnliche Weise durch Modifikation der Epithel- zellen des Ovariums entstehen. Zwei von diesen Zellen bleiben mit einander vereinigt, wenn es zur Ablösung der Zellen von jenem Keim- lager kommt und man trifft sie als Zweistadien im Hohlraum der Ovarial- sehläuche an. Gelegentlich, jedoch selten, können auch drei oder vier solcher Zellen vereinigt bleiben; das Gewöhnliche ist aber ein Zweista- dium. Somit ist die Erklärung der Zweistadien nach DerAGzE eine sehr einfache und braucht nicht die von den früheren Autoren gegebene verwickeltere Deutung. Eine der beiden Zellen vergrößert sich bald, während die andere zurückbleibt. Schließlich, in Folge der immer mehr zunehmenden Dottermasse, wird der Umfang der ersteren Zelle gegen- über der letzteren enorm, bis sie zuletzt schwindet. Ihrer ganzen Ent- stehung nach ist diese Zelle als eine abortive Eizelle anzusehen. Die Eibildung von Sacculina zeigt somit eine ganz auffallende Übereinstimmung mit derjenigen der Ophryotrocha, worauf übrigens bereits von Grarn bei der Aufzählung des von ihm in Wimereux ge- fundenen Wurmes kurz hingewiesen wurde, ohne dass der genannte Forscher, der sich ebenfalls mit der Eibildung der Rhizocephalen be- schäftigte, diejenige der Ophryotrocha näher studirte. Nicht nur die Zweistadien selbst, auch die Entstehungsweise der Eier, die Vereinigung der beiden Zellen scheint bei beiden Formen auf ganz ähnliche Weise vor sich zu gehen. Ob die eine, nicht zum Ei werdende Zelle die Be- deutung einer Nährzelle hat, vermag ich natürlich nicht zu sagen, da ich das Objekt nicht kenne, doch darf man es nach der von DELAGE ge- gebenen Darstellung wohl annehmen. Ein Unterschied in der Struktur der Kerne beider Zellen, wie man ihn dann vermuthen sollte, ist aller-- dings aus den Abbildungen der Zweistadien von Sacculina nicht zu ersehen. Vielleicht ließ sich ein solcher aber doch konstatiren, wenn auf diesen Punkt geachtet würde, wozu bei der Ausführung der be- treffenden Untersuchungen durch Yvzs Deracz noch weniger Veran- lassung vorlag. Sacculina dürfte jedenfalls dasjenige Thier sein, welches die größte Übereinstimmung mit der merkwürdigen Eibildung von Ophryotrocha zeigt. / Wie die kleine Zeile im Zweistadium der Sacculina als abortive Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LYII. Bd. 48 268 Eugen Korschelt, Eizelle angesehen wird, so hat man auch die von Ophryotrocha als solche zu betrachten, nur dass diese Zelle hier zweifellos eine neue Funktion angenommen hat. Dafür spricht ihr langer Bestand und die anders- artige Beschaffenheit ihres Kernes. Ganz besonders chromatinreich findet man allerdings auch die Kerne degenerirender Zellen und es könnte mir vielleicht entgegengehalten werden, dass man es hier mit einer solchen Zelle zu thun hat. Dann würde aber unerklärlich sein, wesshalb die Zelle ihr Volumen so bedeutend vergrößert und trotzdem dabei der Kern bereits äußerst früh, noch im Ovarium und vor Aus- bildung des Zweistadiums die von dem Eikern abweichende Struktur annimmt. Diese letztere ist somit als ein Zeichen der Speeialisirung der Zelle nach der Richtung secernirender Zellen anzusehen, die sich, wie schon früher erwähnt, in vielen Fällen durch besonders chromatinreiche Kerne auszeichnen. Der Fall der Nährzellbildung erscheint bei Ophryotrocha desshalb besonders einfach und prägnant, weil hier der Eizelle nur eine andere (frühere Keim-) Zelle zugesellt wird und weil die beiden so vereinigten Zellen als ein zusammengehöriges Ganze frei in der Leibeshöhle flottiren. Die Thatsache, dass dem Ei nur eine einzige Nährzelle beigegeben wird, gilt auch für Forficula, bei welchem Insekt sie durch Lussock (23) aufgefunden wurde. Wie ich bei einer anderen Gelegenheit darstellte (19, Fig. 100—102, Taf. IV), ist auch diese Nährzelle zunächst weit voluminöser als das Ei. Die Beschaffenheit ihres ebenfalls höchst um- fangreichen Kernes gleicht derjenigen der Nährzelle von Ophryotrocha. Später überwiegt die Eizelle, während die Nährzelle, auf deren Kosten jene offenbar mit wächst, ganz zurücktritt. Die Verhältnisse liegen aber in diesem Falle desshalb weniger einfach, weil ein Follikelepithel hinzu- kommt, ganz eben so, wie dies bereits für die Gephyreen hervorgehoben ‚wurde. An der Bildung des Eies nimmt also nicht nur die Nährzelle, -sondern auch eine größere Anzahl von Follikelzellen Theil. Durch die Betheiligung eines Follikels an der Eibildung erscheint dieselbe minder einfach und so erheben sich diejenigen Fälle der Nähr- zellenbildung, wiesie von den Insekten, den Cladoceren, den Branchie- poden u. a. bekannt sind, bereits auf eine höhere Stufe, obwohl auch in allen diesen Fällen die dem Ei beigegebenen Nährzellen jedenfalls als abortive und zur Ausübung einer neuen Funktion übergegangene Ei- zellen anzusehen sind. Diese Auffassung der Nährzellen erfreut sich wohl ziemlich allgemeiner Geltung. Die Eiablage. Im Abschnitt über die Ribildung wurde gezeigt, wie sich die Eier 1 ch Über Ophryotrocha pnerilis Clap.-Metschn. ete. 269 in ziemlich frühem Stadium vom Ovarium loslösen und in die Leibes- höhle fallen, wo sie ihre weitere Ausbildung bis zur Reife durchmachen. Wie sie von hier nach außen gelangen, ist mir nicht bekannt. Das Währscheinlichste würde sein, dass sie von Nephridien nach außen ge- führt werden. Jedoch bemerkte ich schon oben (p. 257), dass ich Nephridien weder am lebenden Thier noch an Schnitten auffand. Dies gilt in gleicher Weise für die Männchen wie für die Weibchen. Dagegen bemerkte ich bei Betrachtung lebender Thiere von der Bauchseite, in der Nähe des Hinterrandes der einzelnen Segmente ein Paar Öffnungen. Die Vermuthung liegt nahe, dass man es in diesen segmental ange- ordneten Spaltenpaaren mit Genitalporen zu thun hat. Allerdings habe ich diese Öffnungen an Schnitten nicht gesehen, aber sie sind jeden- falls an der durch die Konservirung immerhin etwas kontrahirten Körperwand schwer wahrzunehmen. Von vorn herein war mir eben sowohl das Fehlen der Nephridien, wie auch das Vorhandensein derartiger Genitalporen recht unwahr- scheinlich. Nun scheinen aber die Nephridien auch manchen anderen Anneliden zu fehlen und Genitalporen sind ebenfalls für verschiedene allerdings recht abweichende Formen, z.B. von GreErFF bei Tomopteris (13), von Lessons bei Polyophthalmus (21), von Treapweı bei Serpula (3%) beschrieben worden, also wäre es immerhin möglich, dass bei Ophryo- irocha ein derartiges Verhalten vorliegt. Sollte man es wirklich mit Genitalporen zu thun haben, was eine genauere Untersuchung ent- scheiden muss, und sollten Nephridien nicht vorhanden sein, so müsste man wohl annehmen, dass jene Poren den äußeren Öffnungen der letzteren entsprechen und beim Schwinden der Nephridien aus ihnen hervorgegangen sind. Das Vorhandensein ausführender Öffnungen ist übrigens mit Sicherheit daraus zu entnehmen, dass die Weibchen nach der Eiablage völlig unversehrt sind und noch wochenlang leben, wie ich aus meinen Beobachtungen weiß. Das einzige Mal, als ein Weibchen bei meinen jetzigen Untersuchungen Eier ablegte, versäumte ich leider, es auf diesen Punkt hin zu untersuchen. In dem soeben erwähnten Fall wurden die Eier in der Nacht ab- gelegt. Es handelte sich um ein Weibchen, welches ich auf einen Haufen von mehreren Hundert Eiern fand. Dieselben waren an einer Ulve unregelmäßig neben einander befestigt. Ihre Größe betrug 0,15mm im Durchmesser und sie zeigten die schon erwähnte hell röthliche Färbung. Das Weibchen besaß 30 parapodientragende Segmente und war 8mm lang. Es verließ die Eier nicht, sondern bewegte sich nur auf denselben hin und her. So verharrte es fünf Tage lang auf den Eiern, bis ich es entfernte. Diese Brutpflege hatte ich auch früher in AS* 270 Eugen Korschelt, den Aquarien der Triester Station schon bemerkt, indem ich regelmäßig auf den an der Glaswand abgelegten Eiern ein Weibchen fand. Wahr- scheinlich verscheucht die Mutter die Feinde der Eier, wie kleinere Krebse u. dgl. von denselben. Jedenfalls bemerkte ich zu meinem Leid- wesen, dass die von mir ohne das mütterliche Thier gehaltenen Eier gewöhnlich von den schwer auszurottenden CGopepoden vernichtet wurden, ehe sie ihre Entwicklung vollendeten. Das oben erwähnte Weibchen, welches noch eine große Anzahl Eier enthielt, brachte ich mit dem Blatt, worauf sich der Eierhaufen be- fand, in ein Aquarium mit einer größeren Anzahl von Ophryotrochen. Schon bald gesellte sich ihm ein, ihm allerdings wenig ebenbürtiges Männchen zu, welches nur 20 parapodientragende Segmente zählte und kmm maß, aber dicht von Spermatozoen erfüllt war. Das Weibchen hatte sich jetzt ein wenig von den Eiern entfernt, was ich vorher nie beobachtet hatte. Übrigens kehrte es bald zu seiner Pflicht zurück und behütete die Eier von Neuem. Das Männchen folgte ihm dahin und es kroch jetzt fortwährend am Weibchen hin und her. Die beiden Thiere ließen nicht von einander, obwohl ich das Blatt, worauf sie sich be- fanden, behufs mikroskopischer Untersuchung, zumal des Männchens, wiederholt aus einem Gefäß in ein anderes übertrug. Ich entfernte nun die Thiere von den Eiern und setzte jedes möglichst weit von dem anderen in eine etwa einen Viertelliter Wasser haltende Krystallisir- schale. Sie fanden sich schon bald wieder auf einem Ulvenblatte zu- sammen. Nach mehreren Tagen legte das Weibchen fast alle Eier, die es noch enthielt, an den Boden des Gefäßes ab. Es fand sich dann zusammen mit dem Männchen, von dem es die ganze Zeit über nicht verlassen worden war, auf den Eiern. Zwei Tage beließ ich das Paar dort, entfernte die Thiere aber dann, um sie zur Untersuchung zu ver- wenden. Das vorher dicht von Spermatozoen erfüllte Männchen ent- hielt deren jetzt nur noch wenige. Bemerkenswerth ist vielleicht, dass das Männchen während der nicht ganz eine Woche dauernden Zeit der Beobachtung sich von 20 auf 24 parapodientragende Segmente ver- größert hatte. | Ein eigenthümliches Aussehen bietet nach der Eiablage der noch immer weit aufgetriebene Körper des Weibchens, der nunmehr ganz leer und durchsichtig geworden ist und dessen Körperwand weit von der Darmwand absteht. Eier waren nur noch ganz wenige in der Leibeshöhle vorhanden. Von etwaigen Genitalporen bemerkte ich jetzt nichts mehr. Man müsste zu diesem Behufe das Weibchen sehr bald nach der Eiablage untersuchen. Dass eine Begattung nicht stattfindet, darf wohl aus der anatomischen Beschaffenheit der beiden, so viel mir Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. ete. 371 bekannt ist, äußerlich ganz gleich gebauten Geschlechter geschlossen werden. Höchstwahrscheinlich wird das Sperma gleichzeitig mit der Ablage der Eier über diese entleert. Die männlichen Geschlechtsorgane. Wie schon erwähnt wurde, ist die Anlage der männlichen Keim- drüsen derjenigen der weiblichen sehr ähnlich und geht so vor sich, wie dies durch die Fig. 37 und 46 (Taf. XIV) illustrirt wird. Auch die Lage und Form der ausgebildeten Hoden gleicht derjenigen der Ovarien gänzlich, nur sind die letzteren umfangreicher (Fig. 47 und 52, Taf. XIV und XV). Naturgemäß setzen sich die Hoden aus kleineren Zellen zu- sammen. Anfangs sind diese Keimzellen von den weiblichen kaum verschieden. In späteren Stadien zeichnen sich aber ihre Kerne durch ihr starkes Färbungsvermögen aus. Es liegt dies wohl daran, dass sie sich in Theilung oder in Vorbereitung zu derselben befinden. Solche stark gefärbte, mit Chromatin dicht angefüllte Kerne erkennt man in Fig. 54 und 52 h. Besonders die in Fig. 51 bei stärkerer Vergrößerung dargestellten Zustände der Hoden sind sehr charakteristisch. Man er- kennt an der eigenthümlichen Struktur und dem Färbungs- und Licht- brechungsvermögen der Kerne aufden ersten Blick, dass man männliche Organe vor sich hat. Übrigens erscheinen die Kerne zuweilen etwas heller mit deutlicher erkennbaren Chromatintheilen (Fig. 51 h,), während diese letzteren mehr zurücktreten, wenn die Kerne im Allgemeinen dunkler gefärbt sind (h, und besonders hs). Fig. 51 stellt einen Theil von der linken Seite eines Frontalschnittes dar. Rechts ist der Darm mit dem bekleidenden Peritonealepithel zu sehen, links die Parapodien mit den Borstensäcken. Die Segmenthöhlen sind durch die Dissepimente von einander getrennt, doch war der Wurm intersegmental etwas einge- schnürt, so dass hier auch noch die Körperwand mit in Betracht kommt. Die Spermatogenese in ihren einzelnen Stadien zu verfolgen, lag nicht in meiner Absicht. Man sieht, wie die größeren Zellen sich theilen und in kleinere zerfallen, bis schließlich die Spermatozoen mit ihren rundlichen und außerordentlich stark färbbaren Köpfen resultiren (Fig. 51 sp). Auch sie fallen durch ihr starkes Färbungs- und Licht- brechungsvermögen sofort auf. Ich versuchte in den Fig. 51—53 den richtigen Eindruck recht getreu wiederzugeben; freilich war dies etwas schwierig, doch ist es einigermaßen gelungen. Wie die Eier liegen auch die Spermatozoen und, wie es scheint, auch Gruppen von Spermatoblasten frei in der Leibeshöhle, wo sie sich zu mehr oder weniger umfangreichen Massen zusammenhäufen (Fig. 52 und 53) und bis in die Parapodien reichen. Man sieht sie dann bei den 212 Eugen Korschelt, Bewegungen des Thieres, ähnlich wie die Eier, hin und her flottiren. Zuweilen sind sie in geringerer Menge vorhanden, zuweilen aber ist ein großer Theil der Segmenthöhlen davon erfüllt (Fig. 53 A). Im ersteren Falle erkennt man auch gewöhnlich die Hoden in ihrer seg- mentalen Anordnung an der vorderen Segmentgrenze. Wird ein reifes Männchen unter dem Deckglas etwas gedrückt, so entlässt es einen Theil der Spermatozoen, eben so wie auch reife Weibchen gelegentlich Eier auf diese Weise von sich geben. Dass dies auf der Ventralseite des Thieres geschieht, kann man wohl bemerken, aber den Weg zu er- kennen, den die Geschlechtsprodukte bei ihrer Entleerung aus dem Körper nehmen, ist wohl nur mit Hilfe eines glücklichen Zufalls mög- ‚lich, der mir nicht zu Theil wurde. Der Kopf der Spermatozoen ist rundlich, von nicht ganz regel- mäßiger, vorn stumpfer, hinten etwas zugespitzter Form; der Schwanz ist sehr dünn und daher auch bei starker Vergrößerung (Leırz Öl-Im- mersion 1/12) nur schwer wahrzunehmen. Die Hermaphroditen. Wie schon früher erwähnt wurde, findet man recht häufig herma- phroditische Individuen von Ophryotrocha puerilis. An lebenden Thieren bemerkt man zuweilen, dass sie außer Eiern auch Spermatozoen in größerer oder geringerer Menge enthalten. Solche Thiere pflegen den Eindruck von Weibchen zu machen, da sie im größten Theil ihres Kör- pers Eier aufweisen. Als ich diese Erscheinung zuerst an solchen Würmern kennen lernte, die sich durch den Besitz zahlreicher Eier als Weibchen zu erkennen gaben, fragte ich mich, ob die Spermatozoen durch eine doch vielleicht getibte Begattung in das Weibchen gekommen oder ob sie in ihm selbst entstanden waren. Die erstere Annahme war mir in Folge der oben besprochenen Gründe sehr unwahrscheinlich, aber auch für die zweite lag zunächst keinerlei Anhalt vor. Als ich dann solche Würmer auffand, die eine Menge von Spermatozoen enthielten und zwar im größeren Theil ihres Körpers, in denen ich aber außerdem große Genitalzellen fand, welche sich zur Spermatogenese nicht recht in Beziehung bringen ließen, musste ich die letztere der beiden An- nahmen für die begründetere und die betreffenden Würmer für Herma- phroditen halten, welche Annahme sich dann auch bei der Anfertigung von Schnitten durch derartige Individuen bestätigte. An Schnitten von solchen Würmern, welche man bei weniger ge- nauer Betrachtung nach dem Bau ihrer Geschlechtsdrüsen zunächst für Weibchen halten würde, bemerkt man bei eingehenderer Untersuchung in den Segmenthöblen einzelne Spermatozoen oder Gruppen von sol- Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. etc. 273 chen, wie sie sich etwa bei noch wenig ausgebildeten Männchen finden. Untersucht man dann auch die Keimdrüsen der betreffenden Segmente, so fallen in denselben gewisse Zellen vom Umfang der Keimzellen auf, die mit besonders chromatinreichen Kernen versehen sind und ganz den Charakter der Spermatoblasten besitzen. Es stellt sich heraus, dass die betreffenden Thiere sowohl Eier wie Spermato- zoen und zwar unter Umständen in denselben Segmenten hervorbringen. Um diese wohl etwas auffallende Angabe zu be- weisen, gebe ich einige Abbildungen von Schnitten. Besonders instruktiv sind die Fig. 54 und 55. Sie stellen die ventralen Partien aus zwei Sagittalschnitten dar, welche nur durch einen Schnitt in der Serie von einander getrennt waren. Oben (dorsal) ist der Darm getroffen; unten (ventral) bemerkt man Körperepithel und Muskulatur, dazwischen die durch die Dissepimente getrennten Seg- menthöhlen mit den Keimdrüsen. Da die Würmer zumeist etwas gebogen sind, ist es nicht ganz leicht, völlig genaue Sagittalschnitte zu erhalten und so sind auch diese Schnitte ein wenig schräg geführt. In Folge dessen erscheint die Darmwand (in Fig. 54 zwischen s, und s;) vorn durchgeschnitten, da hier der Schnitt etwas mehr tangential ver- läuft; auch mag der Darm in dieser Gegend etwas eingeschnürt gewesen sein. Er fehltin Folge dessen in den beiden davor liegenden Segmenten. Diese Schnitte stammen aus dem vorderen und mittleren Theil des Körpers und die ersten beiden Segmente der Fig. 54 s, und s; entsprechen etwa dem fünften und sechsten hinter dem Pharynx gelegenen Segment. Das erste Segment der Fig. 55 (s,) entspricht dem letzten (s,) der Fig. 54. In Fig. 54 s, erkennt man einen spindelförmigen aus vielen Zellen mit dunklem Kern zusammengesetzten Körper, welcher alle Merkmale eines Hoden besitzt. Die Kerne erweisen sich bei Betrachtung mit starker Vergrößerung äußerst chromatinreich und von stärkerem Licht- brechungsvermögen als die gewöhnlichen Keimzellkerne. Sie er- scheinen dann so wie die Kerne der Spermatoblasten in Fig.51. In der Höhlung dieses Segmentes liegt eine Menge von Spermatozoen zerstreut (Fig. 54 sı, sp). Die Zahl der Spermatozoen ist noch bedeutender im folgenden Segment (Fig. 54 59). Die Keimdrüse besteht ebenfalls aus Spermato- blasten, aber es treten hier größere Zellen (nz) mit höchst umfang- reichen Kernen auf. Die Zahl dieser Zellen nimmt in den folgenden Segmenten (s;—s;) zu, während sich die der Spermatoblasten verringert. Gelegentlich tritt wohl auch wieder eine größere Zahl von Spermato- blasten auf, was in diesem Schnitt allerdings nicht der Fall ist, oder es finden sich wieder Gruppen von Spermatozoen (Fig. 54 sg, Fig. 55 s, und 274 Eugen Korschelt, S7, sp). Die großen Zellen (nz) geben sich sofort als Nährzellen zu erkennen, wie eine Betrachtung des übernächsten Schnittes (Fig. 55) und ein Vergleich mit den Schnitten von reinen Weibchen (Fig. 47, Taf. XIV) ohne Weiteres ergiebt. Schon in den hinteren Segment- höhlen der Fig. 5%, aber noch besser in den vorderen Segmenten der Fig. 55 (s, und s,) sieht man überdies Eizellen mit deutlichem Keim- bläschen, bezw. die so charakteristischen Zweistadien gelegen (Fig. 47 und 48 ei). Diese Theile des Genitalapparates sind also eben so zweifel- los weiblich wie jene anderen männlich. Weiter nach hinten (Fig. 55 ss—sı,) wird die Keimdrüse abermals aus kleineren Zellen gebildet, aber diese zeigen eine Struktur, welche wir bereits von dem Keimlager der Ovarien kennen lernten (Fig. 48 u. 50, Taf. XV; Fig. 47, Taf XIV). Die Kerne sind weniger chromatinreich und von geringerem Lichtbrechungsvermögen. Zwischen den kleineren liegen größere Zellen, kurz es finden sich wie in den echten Ovarien die Übergangsstufen zu der späteren charakteristischen Form der Keim- bläschen und Nährzellkerne. Es ist dabei nicht ausgeschlossen, dass noch hier und da eine Gruppe von Spermatoblasten auftritt. Das Segment s,, dessen Keimdrüse in der Fig. 54 rein männlichen Charakter zeigt, weist im vorhergehenden Schnitt ebenfalls einige große Zellen weiblichen Charakters auf und das Gleiche ist in den noch vor- hergehenden, ersten Segmenten dieses Individuums der Fall, obwohl dieselben im Ganzen mehr männlich geartet sind. Es kann somitkein Zweifelsein, dass bei Ophryotrocha Hermaphroditismus vorkommt und es können sogar männ- liche und weibliche Geschlechtsprodukte zu gleicher Zeit voneinundderselbenKeimdrüse gebildet werden, ähnlich wie dies in der Zwitterdrüse der Opisthobranchier und Pulmonaten der Fall ist. Wie bei den oben besprochenen Würmern fand ich es bei den hermaphroditischen Individuen gewöhnlich so, dass bei dem ziemlich ausgesprochenen weiblichen Charakter der Genitalorgane die vorderen Keimdrüsen die männlich entwickelten waren und diese weiter nach hinten immer mehr zu dem weiblichen Typus übergingen. Die Produktion von Spermatozoen durch solche Individuen ist oft eine sehr bedeutende. Fig. 53 A stellt die linke Hälfte eines Quer- schnittes durch eines der vorderen Segmente eines hermaphroditischen Wurmes dar. Sie lässt einen Theil der (männlich gearteten) Keimdrüse (kdr) und eine sehr große Menge Spermatozoen (sp) erkennen. Nur einige Segmente weiter nach hinten ist das Bild des Querschnittes schon ein ganz anderes. Die Fig. 53 B repräsentirt die rechte Hälfte des Querschnittes durch ein solches Segment von demselben Indivi- Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. etc. 275 duum. Zwar sind auch in der Keimdrüse dieses Segmentes noch Spermatoblasten enthalten und Gruppen von Spermatozoen liegen in der Segmenthöhle, aber der Charakter der Keimdrüse ist doch über- wiegend weiblich, was allerdings auch mit daran liegt, dass die weib- lichen Genitalprodukte überhaupt umfangreicher sind und daher mehr in die Augen fallen. Man erkennt in der betreffenden Keimdrüse Fig. 53 B, kdr) dieselben Zellenelemente, welche das Ovarium eines Weibchens zusammensetzen (Fig. 47 ov). Die Verbreitung der männlichen Elemente in den anscheinend weiblich gearteten Individuen ist verschieden. Bei einigen liegen sie nur in den vordersten Segmenten, bei anderen jedoch erstrecken sie sich weiter nach hinten. So viel mir scheint, ist eine Norm nach dieser Rich- tung schwer festzustellen, wenigstens reichen meine Erfahrungen dazu nicht aus. Ich fand die Verhältnisse höchst different. Es mag aber wohl sein, dass durch eine sehr ausgedehnte Untersuchung, die sich vor allen Dingen auf möglichst viele Thiere erstrecken müsste, eine gewisse Regelmäßigkeit zu konstatiren wäre. Ich untersuchte die Schnittserien von einigen vierzig Würmern. Wenn ich davon diejenigen abrechne, welche nicht völlig genügende Konservirung zeigten, sowie die, deren Entwicklung noch nicht weit genug fortgeschritten war, als dass sie hier in Betracht kommen könnten, so bleiben nur 30 Thiere übrig, aus deren Untersuchung sich ergab, dass man nach der Beschaffenheit der Genital- organe folgende Kategorien unterscheiden kann: 4) Individuen von rein weiblichem Charakter. Männ- liche Genitalzellen sind weder im ausgebildeten noch unreifen Zustand wahrzunehmen. 2) Individuenvon rein männlichem Charakter. Weibliche Genitalzellen sind nicht zu bemerken. 3) Individuen von anscheinend weiblichem Charakter mit wohl entwickelten Ovarien, sowie flottirenden Ei- und Nährzellen. Männliche Genitalzellen im ausgebildeten und nicht ausgebildeten Zu- stand vorhanden. 4, Individuen von anscheinend männlichem Charakter mit wohl entwickelten Hoden und Mengen von Spermatozoen. Weib- liche Zellen in den Keimdrüsen vorhanden. Hierzu würden noch diejenigen Individuen kommen, die erst im Beginn der Ausbildung ihrer Geschlechtsdrüsen stehen und von denen schwer zu sagen ist, in welche der obigen Kategorien sie unterzubringen sein würden. Sie wurden hier nicht berücksichtigt. Von jenen 30 Individuen zählen 6 zu der ersten, 7 zu der zweiten, 8 zu der dritten und 9 zu der vierten Kategorie. Somit würden die 276 Eugen Korschelt, Hermaphroditen die getrennt geschlechtlichen Individuen überwiegen, doch ist hinzuzufügen, dass sieben Thiere von der vierten Kategorie nur ganz wenige große Zellen in den Hoden aufwiesen, deren weiblicher Charakter mir sogar bei einigen Thieren zweifelhaft war und die ich Anfangs für einen integrirenden Theil der Hoden hielt. Ich glaubte, diese größeren Zellen zuerst mit der Spermatogenese in Beziehung bringen zu sollen, da ich sie aber bei einer Anzahl in der Sperma- produktion begriffener Männchen nicht fand, so musste ich sie schließ- lich doch für weiblichen Charakters halten. Die betreffenden Individuen erscheinen nach der Struktur ihrer Keimdrüsen mit Ausnahme eben der wenigen großen Zellen ganz als Männchen und würden bei Un- kenntnis des Vorkommens von Hermaphroditismus ganz sicher für solche 'gehalten werden. Das Überwiegen der männlichen Individuen bei jenen 30 Thieren ist dadurch zu erklären, dass ich die Männchen bei der Auswahl zum Schneiden bevorzugte, weil ich mich durch die Schnitte überzeugen wollte, ob ich in den lebend beobachteten Thieren wirklich Männchen vor mir gehabt hätte. Die vorstehenden Befunde theilte ich mit, um zu zeigen, dass der Hermaphroditismus bei Ophryotrocha eine recht verbreitete Erscheinung ist, ja man kann den Wurm mit gleichem Recht als hermaphrodi- tisch bezeichnen und muss dann annehmen, dass bei den rein männ- lichen und rein weiblichen Thieren die Ausbildung der Geschlechts- organe nur nach der einen Richtung erfolgt, das andere Geschlecht aber unterdrückt ist. Dass bei solchen getrennt geschlechtlichen Individuen die Produktion der anderen Geschlechtszellen (bei den Weibehen die der männlichen und bei den Männchen die der weiblichen) etwa schon vorüber wäre oder noch gar nicht begonnen hätte, ist mir nicht wahr- scheinlich, denn dann müsste die Art und Weise des Auftretens der beiderlei Geschlechtsprodukte bei den hermaphroditischen Individuen eine andere sein. Ausnahmsweise allerdings mag ein solcher Übergang des einen in das andere Geschlecht vorkommen, wie sogleich noch zu besprechen sein wird. Wie dies oben beschrieben wurde, fand ich bei den Hermaphro- diten mit vorwiegend weiblichen Organen die männlichen Theile in den vorderen Segmenten. Die Frage liegt nahe, wie sie sich zu den eben- falls schon vorhandenen weiblichen Theilen verhalten. Für das Wahr- scheinlichste halte ich, dass in den Segmenten mit beiderlei Geschlechtsprodukten die männlichen vor den weiblichen die Reife erreichen, denn ich fand in solchen Segmenten die männlichen Organe weit entwickelt, die weiblichen hingegen noch sehr zurückge- blieben. Diese Thiere fungiren also wohl zuerst in mehr oder weniger Über Ophryotrocha puerilis Olap,-Metschn. ete. 377 beschränktem Maße als Männchen, bis dann ihre weiblichen Organe zu völliger Ausbildung gelangen und sie nunmehr Weibchen vorstellen. Da die beiderlei Organe denselben Segmenten angehören können, müsste bei gleichzeitiger Reife der männlichen und weiblichen Ge- schlechtsprodukte im Inneren des Mutterthieres die Befruchtung der Eier eintreten. Und doch fand ich einmal ein anscheinend weibliches, aber in Wirklichkeit hermaphroditisches Thier. Es war dies ein be- sonders großer Wurm, der dicht mit reifen (bereits die Richtungsspindel zeigenden) Eiern erfüllt war. Die ersten mit Geschlechtsorganen ver- sehenen Segmente zeigten den bei Hermaphroditen so häufigen Befund, dass reife Spermatozoen in ziemlicher Menge vorhanden, die weiblichen Theile aber noch in der Entwicklung zurück waren. In den folgenden Segmenten fanden sich jedoch auch reifende Eier und gleichzeitig Sper- matozoen, letztere in geringerer Menge. In den noch weiter nach hinten gelegenen Segmenten verschwanden die männlichen Elemente. In diesem Fall schien mir die Selbstbefruchtung ganz unvermeidlich, wenn nicht dennoch eine geringe Differenz zwischen der wirklichen Reife der beiderlei Geschlechtsprodukte vorhanden ist, welche die Be- fruchtung verhindert. Übrigens scheint ein derartiges Verhalten selten zu sein. | Die oben erwähnte Annahme, dass der männliche und weibliche Zustand für gewöhnlich, d. h. bei den getrennt geschlechtlichen männ- lichen oder weiblichen Individuen nach einander durchlaufen würden, kann aus verschiedenen Gründen nicht für zutreffend erachtet werden. Nehmen wir an, der männliche Zustand sei der frühere, welche An- nahme in Folge der höheren Entwicklung der männlichen Theile in den hermaphroditischen Segmenten sowie desshalb nahe liegt, weil man die geschlechtsreifen Männchen vielfach kleiner findet als die Weibchen, so würde man kaum so viele Männchen die volle Größe der geschlechts- reifen Weibchen erreichen sehen. Ich fand Männchen von 9mm Länge und 31 parapodientragenden Segmenten, welche zu den größten Würmern gehören, denn auch die Weibchen fand ich nicht größer. So große Männchen würden dann jedenfalls bereits die weiblichen Theile vorgebildet zeigen, was aber thatsächlich nicht der Fall ist. Ferner würde man erwarten, wenn dem weiblichen Zustand regelmäßig ein männlicher voranginge, dass dann bei mehr weiblich ausgebildeten Hermaphroditen nicht die vorderen, wie es thatsächlich der Fall ist, sondern vielmehr die hinteren Segmente noch männliche Theile auf- weisen müssten, denn die Ausbildung der Segmente schreitet bei den Anneliden bekanntlich von vorn nach hinten fort. Ich kann daher der Thatsache, dass man bei männlichen Thieren vielfach größere, an- 278 Eugen Korschelt, scheinend weibliche Zellen in den Keimdrüsen findet, keine Beweiskraft nach dieser Hinsicht zuschreiben. Das vielfach zu beobachtende Auftreten reifer Eier bei verhältnis- mäßig kleinen und jungen Thieren spricht nicht dafür, dass dieselben früher bereits einen männlichen Zustand durchmachten, abgesehen davon, dass bei ihnen dann am ehesten noch Reste der männlichen Keimdrüsen bemerkbar sein müssten. Gegen die andere Annahme, dass der weibliche Zustand dem männ- lichen voranginge, lassen sich ganz ähnliche Gründe vorbringen; doch ist es gar nicht nöthig darauf einzugehen, da man oft auffallend kleine und junge Thiere mit reifen Spermatozoen antrifft, während das größere Volumen der weiblichen Geschlechtsprodukte eine Ausbildung derselben ‚bei so geringer Größe des Thieres nicht gestattet. Hierin liegt jedenfalls auch der Grund, dass die geschlechtsreifen Weibchen im Allgemeinen größer als die Männchen sind. Im Ganzen muss ich das Auftreten der zweierlei Geschlechtsorgane in ein- und demselben Thier nach meinen bisherigen Erfahrungen als ein regelloses bezeichnen, doch ist es nicht ausgeschlossen, dass bei Untersuchung einer noch größeren Anzahl von Individuen sich nach dieser Richtung eine größere Regelmäßigkeit herausstellen könnte. Vielleicht ergiebt sich dann auch mit größerer Sicherheit, dass Ophryo- trocha eigentlich hermaphroditisch ist und die alleinige Entwicklung eines der beiden Geschlechter nur einen besonderen Zustand darstellt. Man möchte dies sogar für das Wahrscheinlichere halten. Der Hermaphroditismus der Ophryotrocha an und für sich ist nicht als eine Besonderheit anzusehen, kommen doch auch sonst unter den Polychaeten Hermaphroditen vor und sind doch die Oligochaeten für ge- wöhnlich Zwitter. Bemerkenswerth ist aber die Entstehung der beiderlei Geschlechtsprodukte in ein und derselben Drüse, wenn diese modifieirte Partie des Peritoneums überhaupt den Namen einer Geschlechtsdrüse verdient. Wenn die beiden Zeugungsstoffe in ein und demselben Seg- ment entstehen, kann übrigens dieser Vorgang kaum anders verlaufen. Da beim Männchen und Weibchen getrennte Genitalorgane nicht vor- handen, sondern die gleichen Partien des Peritoneums es sind, welche die Spermatozoen und Eier liefern, so werden dieselben auch bei den Hermaphroditen an dieser Stelle entstehen, entweder in getrennten oder aber in den gleichen Segmenten. Wie oben gezeigt wurde, ist beides der Fall. Da Ophryotrocha sich gut in Aquarien hält und wegen ihrer geringen Größe ein leicht kontrollirbares Objekt ist, da sie sich außerdem vor- züglich konserviren und schneiden lässt, so möchte sie vielleicht eine Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. ete. 5979 günstige Form sein, um die zur Ausbildung der verschiedenen Ge- schlechter führenden Differenzirungen zu erforschen. Es würden bei der auch in Beziehung auf den Genitalapparat so variablen Form gewiss auch in dieser Hinsicht interessante Resultate zu erwarten sein. Il. Harpochaeta eingulata nov. gen., nov. spec. Die hier zu beschreibende Larve lebt an der Oberfläche des Meeres und ich bemerkte sie in dem Auftrieb, welcher in Triest täglich gefischt wurde. Leider war sie sehr selten, so dass ich trotz regelmäßiger sorg- fältiger Durchmusterung des Auftriebs im Ganzen nur verhältnismäßig wenig Exemplare zu Gesicht bekam, auf die sich folgende Darstellung bezieht. Es war dies Anfang September. Bald blieb die Larve ganz aus. Zwar versuchte ich einige Larven zu ziehen, aber man weiß, wie schwer es ist, pelagische Larven zu halten und so hatten diese Versuche auch nur einen beschränkten Erfolg. Doch führten sie immerhin so weit, dass ich mit ziemlicher Sicherheit feststellen konnte, zu welcher Abtheilung der Wurm gehört. Die jüngste Larve, welche ich fand (Fig. 16, Taf. XII), besaß außer dem Kopf und Endsegment sieben mit Wimperkränzen umgürtete Seg- mente. Das Thierchen zeigt eine hellgelbliche Färbung und ist dreh- rund. Das Kopfsegment besitzt einen Wimperkranz. Davor liegen die aus Körnchen eines gelblichen Pigments zusammengesetzten Augenflecke. Vorn am Körper stehen kurze Wimpern. An der Ventralfläche hinter dem Wimperkranz liegt die weite lebhaft wimpernde Mundöffnung. Dem Kopf kommt vorn ein eigenthümliches Gebilde, ein gewöhnlich zweitheiliger dunkelbraun pigmentirter Fleck zu, der zufällig an diesem Individuum nicht recht ausgebildet war, der aber sonst regelmäßig vorhanden ist und der Larve ein höchst charakteristisches Aussehen verleiht (Fig. 17 u. 18). Es scheint, dass die feinen Pigmentkörnchen in mehreren recht umfangreichen Zellen deponirt sind. Bei der in Rede stehenden jungen Larve ist der Pigmentfleck jedenfalls vorhanden gewesen, aber durch irgend einen Zufall verloren gegangen. Seine Stelle ist noch durch ein gelblichgrünes Pigment gekennzeichnet, wie man aus einer Vergleichung der Fig. 16 mit Fig. 17 erkennt. Ein ganz ähnlich beschaffenes Organ befindet sich am Hinterende der Larve. Die Wimperringe wie auch das vordere Wimperfeld sind dadurch ausgezeichnet, dass hier ein gelblichgrünes Pigment in den Zellen liegt. Wie jene beiden braun gefärbten Gebilde ist auch dies ein ständiges Merkmal der Larve und beides verleiht ihr ein recht charakteristisches Aussehen. Die Wimperringe laufen rings um den Körper, wie die Profilansicht einer Larve im späteren Stadium zeigt (Fig. 17). Das 280 Eugen Korschelt, hintere braun pigmentirte Gebilde gehört einem zipfelförmigen Fortsatz der Ventralfläche an, den wir bereits bei den Larven von Ophryotrocha bemerkten (Fig. 12—13). Dies Verhalten ergiebt sich deutlicher aus der Beschaffenheit einer älteren Larve, bei welcher die eigenthümliche Struktur dieses Körpertheils geschwunden ist (Fig. 20 und 21 uez). Bei dieser Larve erkennt man auch deutlicher die dorsal vom Endzipfel gelegene Afteröffnung. Die wie bei Ophryotrocha etwas dorsale Lage des Afters ergiebt sich übrigens auch aus Fig. 17. Das braun pigmentirte Endorgan setzt sich aus einer größeren Zahl von Zellen zusammen als das am Kopf gelegene. Fig. 19 stellt es bei stärkerer Vergrößerung dar. Man erkennt hier die Cuticula des Körpers auch über den braunen Zellen. Das Pigment ist ziemlich beständig, . denn bei der Behandlung der Larven mit Alkohol, Xylol ete., wie sie bei Anfertigung der Totalpräparate geübt wird, erhält sich das Pigment, nimmt allerdings eine gelbe Färbung an. Ob es sich bei diesen modi- fieirten und stark vergrößerten Zellen um drüsenartige Bildungen handelt, oder was sie sonst für eine Funktion haben (etwa die von Leuchtorganen?), vermag ich nicht zu sagen. An der Spitze des Organs stehen wie am Endzipfel bei Ophryotrocha lange Tasthaare. | Der Darmkanal der Larve besteht aus dem vorn engen, nach hin- ten zu erweiterten und dann wieder etwas eingeschnürten Ösophagus (Fig. 47 und i8). Darauf folgt der den bei Weitem größten Theil des Darmkanals bildende Mitteldarm, der sich nach hinten verengert und in den Enddarm übergeht. Im Mitteldarm finden sich große Ölkugeln, wohl Reste des Dotters, die noch lange Zeit erhalten bleiben. Die Larve der Fig. 17 zeigt gegenüber dem jüngeren Stadium nur das Hinzukommen zweier neuer Wimperkränze; im Übrigen ist sie so organisirt wie diese. Dagegen macht sich an der älteren Larve der Fig. 18 außer der Zunahme der Segmente eine wichtige Veränderung bemerkbar. Es sind nämlich die Borsten aufgetreten. In jedem Segment erkennt man ein Bündel zarter Borsten (Fig. 18 b). Dieselben liegen in Borstentaschen, doch bilden sie sich früher als die Parapodien, von denen noch nichts zu bemerken ist. Die Larve besteht jetzt aus dem Kopfsegment, der Andeutung eines dahinter liegenden, nicht mit Borsten versehenen Ringes, elf borstentragenden Ringen und dem Endsegment. Der Habitus ist noch derselbe wie in früheren Stadien. Die Larve misst jetzt 0,9 mm, doch fand ich bei den wenigen von mir beobachteten Thieren starke Größendifferenzen, sowohl in diesen wie in den vorher- gehenden und folgenden Stadien. Zu den bisher besprochenen Bildungen kommt bald noch eine für diesen Wurm ganz besonders charakteristische hinzu, nämlich haken- wo Über Ophryotrocha puerilis Clap.-Metschn. etc. 381 oder sichelförmig gebogene Borsten. Ich bemerkte sie zuerst bei der in Fig. 21 abgebildeten Larve, obwohl dieselbe ein Segment weniger zählt als die zuletzt beschriebene, so ist doch die Ausbildung der einzelnen Körpertheile weiter fortgeschritten, eine Erscheinung, welche mir ge- legentlich auch bei Ophryotrocha entgegentrat und welche man in der Entwicklung anderer Formen ebenfalls antrifft. Am vierten borstentra- genden Segment sieht man jederseits über den feinen geraden Nadeln ein kleines, aber diekeres, wenig gebogenes, stark lichtbrechendes Spicu- lum liegen. Im folgenden Segment ist dasselbe weit größer und auch die dahinter liegenden Segmente besitzen es (Fig. 20 und 21), nur der größere der beiden vor dem Endsegment gelegenen Ringe entbehrt noch der Haken (Fig. 20). Zwischen diesem und dem Endsegment liegt noch ein ganz schmaler erst in der Bildung begriffener Ring ohne Wimperkranz. An der betreffenden Larve ist das braune Pigment des vorderen und hinteren Larvenorgans geschwunden, doch sieht man das Gebilde vorn noch durch eine gelbgrüne Pigmentirung angedeutet. Das vordere Wimperfeld, die Wimperkränze und Tasteilien am Hinter- ende sind noch vorhanden. After und Endeirrus sind hier besonders deutlich zu bemerken. Man sieht bei dieser Larve’ die Dissepimente zwischen Mitteldarm und Körperwand ausgespannt (Fig. 20 dsp), ein Zeichen, dass auch die innere Ausbildung weitere Fortschritte ge- macht hat. Das nächste Stadium, welches ich beobachtete, zeigte sich wie- derum bedeutend weiter fortgeschritten, obwohl es wie das in Fig. 18 gezeichnete außer dem Kopf-, dem ersten borstenlosen und dem Endsegment nur elf (borstentragende) Segmente besaß. Es zeigte bereits die Parapodien und die Gliederung erschien mehr ausgeprägt, so dass die Wurmform bereits deutlich hervortrat. Ganz ähnlich verhielt sich eine Larve von zwölf borstentragenden Segmenten (Fig. 22), nur dass sie in verschiedener Beziehung weniger weit entwickelt war als die vorige. Diese Larve zeigt ebenfalls bereits deutlich die gegliederte Wurmform (Fig. 22} und besäße sie nicht noch verschiedene Larvencharaktere wie die Wimperkränze, die grüne und braune Pigmentirung, so könnte man sie bereits als jungen Wurm bezeichnen. Das Kopfsegment zeigt am Vorderrand noch die feinere Wimpe- rung mit der grünen Pigmentirung darunter. Das braune Organ ist von derselben ‚Beschaffenheit wie früher. Der präorale Wimperkranz be- sitzt ebenfalls noch seine frühere Gestalt, dagegen hat sich die Mundöff- nung spaltförmig weiter nach vorn erstreckt. Weit deutlicher tritt jetzt der stark muskulös gewordene Pharynx hervor (Fig. 22 und 23). Der Mitteldarm erscheint segmental eingeschnürt. Der After liegt 282 Eugen Korschelt, dorsal. Alle Segmente sind noch mit den Wimperreifen und den grünen Ringen versehen wie bei den jüngsten Larven (Fig. 16—18). Jedes Segment trägt bereits ein Parapodienpaar, woran ein dorsaler und ein ventraler Cirrus zu unterscheiden ist. Dazwischen liegt ein Bündel verschieden langer, geradgestreckter und leicht gebogener Borsten. Am ersten Parapodienpaar waren keine Borsten zu bemerken (Fig. 22 u. 23). Dieses auf den Kopf folgende Segment ist also vor den anderen ausge- zeichnet. Vom vierten borstentragenden Segment an sind die Haken vorhanden. Das braune Organ des Endzipfels verhält sich wie früher. Die Länge der Larve betrug 1 mm. Das Thierchen führt jetzt wurm- artig schlängelnde Bewegungen aus, was es früher nicht that, doch schwimmt es außerdem anscheinend noch eben so gewandt und in der- . selben Weise wie die jüngeren Larven, benutzt also dazu noch die Wimperung. Ich muss jetzt nochmals zu der bereits vorher erwähnten, zwar mit einem Segment weniger ausgestatteten, aber doch schon etwas weiter entwickelten Larve zurückkehren. Dieselbe zeigt dicht vor dem präoralen Wimperkranz zwei kleine zapfenförmige Erhebungen, die Anlage der paarigen Fühler (Fig. 23). Das »braune Organ« erscheint jetzt gelblichgrün gefärbt, wie dies ähnlich schon früher bemerkt wurde. Am Hinterende der Larve ist es dagegen noch in seiner früheren Ausbildung vorhanden (Fig. 24). Das Hinterende hat übrigens eine ähnliche Modifikation erlitten, indem ventral am Endsegment ebenfalls zwei ceirrenförmige Anhänge (pec) hervorsprossten. Die Borsten stehen jetzt bereits weit aus den Parapodien heraus. Die Sichelhaken sind höchst umfangreich geworden und ragen nunmehr frei hervor (Fig. 24). Der in Fig. 22 abgebildete mit zwölf borstentragenden Segmenten versehene Wurm wurde längere Zeit am Leben gehalten, was bei öfterem Wasserwechsel möglich war. Er machte dabei Veränderungen durch, die dann auch an einigen pelagisch gefangenen Exemplaren in gleicher Weise erkannt werden konnten. Am Kopf kommt zu den dorsalen paarigen Cirren (Fig. 23) ein medianer unpaarer hinzu (Fig. 28 pkc, ukc). Derselbe war schon erst in Form eines niederen Höckers zu bemerken und ähnlich machen sich ventral vor der Mundöffnung zwei solche Höcker bemerkbar, die sich später zu den paarigen ven- tralen Cirren ausbilden (Fig. 29 vkc). Die Kopfeirren erhalten Tast- haare, die in geringerer Zahl auch an den übrigen Cirren des Körpers zu finden sind. Mit den zuletzt beschriebenen Veränderungen giebt das Thier auch seine Larvencharaktere mehr und mehr auf. Das vordere und hintere braune Organ schwindet auf die schon früher erwähnte Weise, ohne Über Ophryotrocha pnerilis Glap.-Metschn. ete. 1285 eine merkliche Spur zurückzulassen (Fig. 27—29). Von dem ventralen Zipfel des Endsegments war nichts mehr zu bemerken (Fig. 27). Die paarigen Endeirren erscheinen nunmehr gegliedert. Wie die braune Pigmentirung des Vorder- und Hinterendes beginnt auch die ver- schiedentlich am Körper vertheilte und besonders die Wimperringe begleitende grüne Pigmentirung zu schwinden. Andeutungen der- selben sind zunächst noch vorhanden (Fig. 27—28), doch geht sie wohl schließlich verloren, eben so wie die Wimperkränze selbst. Von diesen schwinden zuerst die des Kopf- und ersten Segmentes (Fig. 28). Es scheint, dass dann die nächsten Segmente folgen, wenigstens fand ich die Wimperung an ihnen sehr undeutlich, während sie an den mittleren und hinteren Segmenten noch deutlich vorhanden war. Ein älteres Stadium, welches der Wimperkränze ganz entbehrt hätte, habe ich nicht gefunden. Auffällig ist, dass der Wurm während aller der zuletzt geschilderten Veränderungen die Zahl seiner Segmente nicht vermehrte. Er zählt außer dem Kopf- und Schwanzsegment, sowie dem ersten nur cirrentragenden Ringe 12 borstentragende Segmente. In- dividuen von dieser Segmentzahl wurden wiederholt gefunden. Mit der schwächer werdenden Bewimperung bemerkt man, dass der Wurm sich jetzt, wenn man ihn mit der Pipette aus dem Gefäß nehmen will, an den Boden desselben festheftet, was er früher nie that. Dies weist darauf hin, dass er nur eine Zeit seines Lebens pelagisch zubringt und später vielleicht ähnlich wie Ophryotrocha in der Nähe der Küste zwischen Pflanzen lebt. Obwohl die Entwicklung des Wurmes nicht bis ans Ende verfolgt werden konnte, so lässt sich doch schon aus den beobachteten Stadien mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass derselbe zu der Familie der Syl- ideen zu rechnen ist. Darauf weist vor Allem die Beschaffenheit des Pharynx hin. Wie bei den Syllideen geht vom Mund zunächst, ein hier allerdings nur kurzes Rohr aus, an welches sich der muskulöse Pharynx anschließt. Die äußere Form des Körpers lässt sich sehr wohl mit der- jenigen der Syllideen vereinigen, so die paarigen und der unpaare Cirrus des Kopfes. Gewöhnlich sind diese Anhänge länger, aber ein Wachs- thum derselben ist auch bei unserem jugendlichen Wurm noch als wahrscheinlich anzunehmen. Sollte aber die Beobachtung, dass die Seg- mentzahl nicht mehr zunahm, darauf hindeuten, dass der Wurm beinahe am Ende seiner Ausbildung angelangt ist, so genügt die Thatsache, dass es auch unter den Syllideen Formen mit kurzen Kopfeirren giebt. Auch die ventralen Kopfanhänge sind bei den Syllideen sehr verbreitet, dess- gleichen die Cirren des Endsegmentes. Für die Parapodialeirren gilt dasselbe wie für die Kopfeirren. Auch Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 49 284 Eugen Korschelt, sie bleiben bei einigen Syllideen kurz. Der dorsale pflegt, wie dies auch hier der Fall ist, gewöhnlich der längere zusein. Ererscheint gegliedert wie die Endeirren. Diese Gliederung bemerkte ich auch an den beiden Cirren jederseits am ersten Segment (Fig.22u.23). Das Fehlen der Bor- sten an diesem Segment, welches nur die beiden Fühler trägt, sowie die Gliederung der Cirren sind ebenfalls Charaktere, welche den Syllideen zukommen. Die Form der Borsten, von denen ich acht bis zehn zählte, stimmt gleichfalls überein. Es sind zusammengesetzte mit langem dünnen Endglied, sowie einfache dünne und sehr spitz zulaufende Borsten vorhanden. Die genauere Vertheilung derselben vermochte ich nicht festzustellen, da ich das wenige Material Anfangs sehr schonte und später desselben ermangelte. Aus dem gleichen Grunde wurde mir auch die Orientirung der Haken nicht ganz verständlich. Es schien mir, als ob ihr freies, sichelförmig gebogenes Ende sich um das Para- podium nach hinten und ventral herumlege. Die Fig. 25 u. 26 wurden damals entworfen und sollen das Parapodium von der dorsalen und ventralen Seite darstellen. Die letztere ist jedenfalls etwas seitlich gesehen, doch vermag ich an den wenigen in meinem Besitz befind- lichen Präparaten die völlige Korrektheit dieser damals nach dem leben- den Thier gezeichneten Bilder nicht festzustellen. Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich den Wurm zur Familie der Syllideen oder doch ganz in deren Nähe stelle. Auch die von Sr. Joseru (16) beschriebenen Sylhideen-Larven sind der meinigen einigermaßen ähnlich. Den Hauptcharakter des Thieres stellen jeden- falls die Haken dar. Derartige Bildungen sind bei den Anneliden selten. Ähnliches konnte ich nur bei einer von Macintosh be- schriebenen Form wiederfinden, die ebenfalls zu den Sylldeen ge- hört, Ancistrosyliis groenlandica. Der Haken ist dort bei Weitem nicht so groß und scheint auch eine etwas andere Lagerung zu besitzen. Er erscheint mehr als eine starke, an ihrem freien Ende in dorsaler Rich- tung gebogene Borste (25, Fig. 3, Taf. 65). Dass es sich auch in dem hier vorliegenden Fall um eine modifieirte Borste handelt, kann kaum zweifelhaft sein, aber die Haken sind ungleich stärker entwickelt. Nach der kurzen von Maclntosu gegebenen Beschreibung der ihm bezüglich ihrer Stellung noch zweifelhaften Ancistrosyllis möchte ich glauben, dass diese Form mit der meinigen verwandt ist, aber sie in ein und dieselbe Gattung zu vereinigen scheint doch nicht thunlich. Dafür zeigen beide zu große Differenzen. Dass sich der getheilte Kopf- lappen, welchen jene Form zeigt, bei der meinigen noch entwickeln sollte, ist mir unwahrscheinlich, nachdem derselbe während verschie- dener Stadien die gleiche Form bewahrte. Die paarigen dorsalen Kopf- Über Ophryotrocha puerilis Olap.-Metschn. ete. 285 eirren haben bei Ancistrosyllis eine ganz andere Lage; sie stehen weit vor den Augen. Bei Ancistrosyllis sind jederseits zwei ventrale Anhänge des Kopfes vorhanden. Dass der zweite davon bei meiner Form noch gebildet würde, habe ich keinen Grund anzunehmen, da ich einen Wurm noch sechs Tage lang nach Erscheinen des ersten Ventralanhangs beobachtete. Mit Ancistrosyllis darf die vorliegende Form demnach kaum in dieselbe Gattung zusammengestellt werden. Andere mit dem be- schriebenen Wurm näher übereinstimmende Formen sind mir aus der Litteratur nicht bekannt. Es muss daher für den Wurm eine neue Gat- tung aufgestellt werden, doch möchte ich nicht, wie das vielfach bei den der Gattung Syllis nahe stehenden Formen geschah, eine Kombination mit diesem Namen wählen, für den Fall, dass sich der Wurm doch viel- leicht noch in etwas anderer Weise ausbilden sollte, als nach den letzten der beebachteten Entwicklungszuständen zu erwarten ist. Ich schlage für das Thier den Namen Harpochaeta! cingulata vor. Marburg i. H., im September 1893. Litteraturverzeichnis. 1. E. A. Anprews, Reproductive Organs of Diopatra. Journal of Morphology. Noel V. 4894. 2. E. van BENEDEN, Recherches sur l’embryog&nie des Crustaces. Developpement de l’oeuf et del’embryon des Sacculines (Sacculina Carcini). Bull. del’Acad. Roy. Sc. 2e ser. T. XXIX. 4870, 3. M. J. Bonnier, Sur l’appareil maxillaire des Euniciens. Comptes rendus Ac. Sc. Paris. 6 mars. 1893. 4, Tu. 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Bedeutung der häufiger wiederkehrenden Buchstaben: a, | After; md, Mitteldarm; b, Borsten; mu, Muskulatur; bgk, Bauchganglienkette; nz, Nährzelle; bt, Borstentasche; oes, Ösophagus; db, dorsales Borstenbündel; okl, Oberkieferleiste; de, dorsaler Cirrus; okp, Oberkieferplatten ; dsp, Dissepimente; okt, Oberkieferträger; ed, Enddarm; okz, Oberkieferzange; ei, Eizelle; 0osg, oberes Schlundganglion ; ep, Körperepithel; . ov, Ovarium; es, Endsegment; pa, Parapodien; 9, Ganglien des Bauchmarks; pe, Peritonealepithel; h, Hoden; ph, Pharynx; ha, Haken der Harpochaeta; sp, Spermatozoen; k, Kieferapparat; sp.bl, Spermatoblasten ; kdr, Keimdrüsen ; spf, Schlundpforte ; kw, Körperwand; st, Stützborste; kz, Keimzellen; uk, Unterkiefer; Ih, Leibeshöhle; vb, ventrale Borsten; lo, Larvenorgan der Harpochaeta; vc, ventraler Cirrus; m, Mundöffnung; w, Wimperkranz. Tafel XII. Ophryotrocha puerilis. Fig. 4. Reifes Weibchen mit 26 parapodientragenden Segmenten. Rücken- ansicht. di Dorsal-, vi Ventraltaster des Kopfsegments, ng Nackengruben, ph Pha- rynx, k Kieferapparat. Fig. 2. Kieferapparat der Larve. A Oberkiefer, B Unterkiefer. Vergr. 560. Fig. 3. Kieferapparat eines jungen Wurmes von sieben borstentragenden Seg- menten. A Oberkiefer, B Unterkiefer. Vergr. 260. Fig. 4. Oberkiefer eines Wurmes von 44 parapodientragenden Segmenten. Vergr. 260 X. Fig. 5. Vier Kieferstücke eines Wurmes von 48 parapodientragenden Seg- menten. A ersteslinkes, B zweites linkes, C drittes rechtes, D sechstes linkes Stück. Vergr. 380 <<. Fig. 6. Oberkiefer eines Wurmes von 44 parapodientragenden Segmenten. Vergr. 260 <. Fig. 7. Kieferapparat eines geschlechtsreifen Weibchens von 25 parapodien- tragenden Segmenten. Von der Rückenseite gesehen. A Oberkiefer, B Unterkiefer. Vergr. 128 <<. Fig. 8. Vierästiger Oberkiefer eines Wurmes von zehn Baspodi nu nen Segmenten. Vergr. 260 X. Fig. 9: Fußstummel der linken Seite von einem geschlechtsreifen Wurm. Seitenansicht. ddorsal, db dorsales Borstenbündel, de dorsaler Cirrus, stStützborste, v ventral, vb ventraies Borsienblinäel; vc ventraler Cirrus. 288 Eugen Korschelt, Fig. 40. Hintere Partie eines Wurmes von 16 parapodientragenden Segmenten. Rückenansicht. es Endsegment, pc dessen paariger, upe dessen unpaarer Cirrus. _ Fig. 44. Querschnitte durch die Borsten der Parapodien, um die Vertheilung der ersteren zu zeigen; von dem Sagittalschnitt eines Wurmes. Vergr. 640 X. Tafel XIII. Fig. 42—15 Ophryotrocha puerilis. Fig. 42 und 13 jüngere Larvenstadien. Fig. 414 und 45 ältere Larvenstadien. %k Kieferapparat, pa erstes Parapodien- paar, pec paariger, uec unpaarer Endecirrus. Fig. 16—29 Harpochaeta cingulata. Fig. 46. Junge Larve. Rückenansicht. w hinterster Wimperkranz. Fig. 17. Etwasältere Larve. Seitenansicht. Fig. 18. Larve mit Borstenanlagen (b). w hinterer Wimperkranz. Fig. 49. Hinteres Larvenorgan bei stärkerer Vergrößerung, Fig. 20. Hintertheil einer Larve vom Stadium der Fig. 241. Rückenansicht. es Endsegment, Is letztes davor liegendes und wenig ausgebildetes Segment, uwec un- _ paarer Endecirrus. Fig. 21. Ältere Larve in etwas kontrahirtem Zustand; mit Anlagen der Haken (ha). Rückenansicht. vec unpaarer Endeirrus. Fig. 22. Älteres, bereits wurmähnliches Individuum. Rückenansicht. w hin- terer Wimperkranz. Fig. 23. Vordertheil eines älteren wurmähnlichen Individuums. Larvenorgan (lo) noch vorhanden, paarige Cirren hinter den Augen in Entstehung. Rückenansicht. Fig. 24. Hintertheil einesälteren wurmähnlichen Thieres. Haken (ha) gut ent- wickelt. w hinterer Wimperkranz, pec paariger Endcirrus. Fig. 25 und 26. Parapodien in dorsaler und schräg ventraler Ansicht. de, Dor- sal-, ve Ventralcirrus. Fig. 27. Hintertheil eines älteren Individuums mit besser entwickelten End- cirren (pec). pc, Parapodialcirren, w, hinterer Wimperkranz. Fig. 28. Kopf eines älteren Stadiums mit Anlagen der paarigen (pkc) und des unpaaren Cirrus (ukc). Rest des Larvenorgans (lo) sichtbar; w, vorderer Wimper- kranz. Dorsalansicht. Fig. 29. Weiter entwickelter Kopfabschnitt in Seitenansicht; m, Gegend des Mundes, pkc, paariger, ukc, unpaarer Cirrus, vkc, ventraler Cirrus. Tafel XIV. Ophryotrocha puerilis. Fig. 30. Sagittalschnitt durch die vordere Partie eines älteren Weibchens. Die Abbildung wurde aus einigen Schnitten kombinirt. Der Kieferapparat ist dunkel gehalten, wie er auf den Schnitten erscheint. Vergr. 83 <<. Fig. 33 —34. Querschnitte durch den Pharynx, in verschiedenen Abständen von einander, in der Reihenfolge von vorn {Fig. 34) nach hinten (Fig. 34) genommen, um die Verhältnisse des Kieferapparates zu zeigen. Der Kieferapparat ist dunkel gehalten. Dorsal liegt der Ösophagus (oes). Vergr. 465 X. | Fig. 35 A—F. Fortsetzung der Querschnittserie von Fig. 34—34 in verschie- denen Abständen von vorn nach hinten. Die Weichtheile sind weggelassen. Es ist nur noch der Oberkiefer dargestellt. Vergr. 465 X. AETWEWE: Über Ophryotrocha puerilis Glap.-Metschn. etc. | 289 Fig. 36. Etwas schräg gerichtete Frontalschnitte durch den Oberkiefer. A etwas mehr dorsal, B etwas mehr ventral geführt. Vergr. 165 X. Fig. 37. Sagittalschnitt durch den vorderen Körpertheil eines wenig ent- wickelten männlichen Thieres. An den Dissepimenten (dsp) die peritonealen Wu- cherungen der Keimdrüsen (kdr) bemerkbar. Vergr. 85 X. Fig. 38 A—D. Verschiedene Stadien der Eıbildung. Nach dem Leben gezeich- net. Die untere gefärbte Zelle mit dem kleineren Kern ist das Ei, die obere helle mit dem größeren Kern die Nährzelle. ; _ Fig. 39—44. Verschiedene Stadien der Eibildung nach gefärbten Präparaten (Schnitten) gezeichnet. Die nach oben gelegene Nährzelle zeichnet sich durch den großen dunklen, die nach unten gerichtete Eizelle durch den kleinen helleren Kern aus. Vergr. der Fig. 39=560<, der Fig. 40—}2 = 150 <<, der Fig. 43 u. 44=270>< Fig. 45. Schnitt eines reifenden Eies. Richtungsspindel mit der Äquatorial- platte, den Spindelfasern, Centrosomen etc. Vergr. 270 X. Fig. 46. Sagittalschnitt durch die ventrale Darmpartie eines noch nicht ge- schlechtlich differenzirten Wurmes. An den Dissepimenten (dsp) die Anlagen der Keimdrüsen (kdr). Vergr. 288 X. Fig. 47. Querschnitt eines geschlechtsreifen Weibchens. Ventral vom Darm (md) die Ovarien (ov). Vergr. 165 X. Tafel XV. Ophryotrocha puerilis. Fig. 48, Sagittalschnilt der ventralen Wand einer Partie des Darmkanals mit den darunter liegenden Ovarien, vor denen die Dissepimente (dsp) sichtbar sind. Verer. 150 <., Fig, 49 u. 50. Kleinere Partien aus den Ovarien eines geschlechtsreifen Weib- chens mit Keimzellen (kz) und weiter ausgebildeten Ei- und Nährzellen (ei u. mz). Vergr. der Fig. 49 —= :50 x, der Fig. 50 = 80 x. Fig. 51. Frontalschnitt durch mehrere Segmente eines Männchens. Links von der Darmwand (md) die Hoden (u—h;) gelegen. In der Umgebung Spermatozoen (sp) pm — pa; die Parapodien. Vergr. 450 X. Fig. 52. Querschnitt eines männlichen Wurmes mit Hoden (h) und Sperma- tozoen (sp). Vergr. 128 X. Fig. 53. Zwei Querschnitthälften eines hermaphroditischen Thieres in männ- ‚licher (4) und vorwiegend weiblicher Ausbildung (B), vgl. p. 274. Vergr. 160 x, Fig. 54 und 55. Zwei Sagittalschnitte durch die ventrale Partie von 44 mehr nach vorn gelegenen Segmenten eines hermaphroditischen Thieres. Oben die ven- trale Darmwand (md), unten die Körperwand (kw). Dazwischen die durch die Dis- sepimente (dsp) unterbrochene Leibeshöhle. An der Hinterwand der Dissepimente die Keimdrüsen (kdr). Vergr. 270 X. Die Entwicklung der Wirbelsäule der Gyclostomen. Sechste Abhandlung über die Entwicklung der Wirbelsäule. Von C. Hasse. Aus der anatomischen Anstalt zu Breslau. Mit Tafel XVI. Mit dem ihm eigenen genialen Blick erkannte J. MüLrzr die Bedeu- tung des Gyclostomen in morphologischer Beziehung. Allen Organen stellte er das Skelettsystem voran und entwickelte daran anknüpfend ‚die wichtigsten Folgerungen für den Bau der übrigen Fische und für die Stellung der einzelnen Abtheilungen im System. Seine Ausfüh- rungen sind ein Leitstern für alle Zeiten und keiner vermag sie unbe- rücksichtigt zu lassen. Vieles ist, wie ich bei anderen Gelegenheiten gezeigt habe!, in ihnen enthalten, was die neuere Zeit als frisch entdeckt hinstellte, mancher Schatz ist aber auch noch darin enthalten, welchen erst die Zukunft zu heben im Stande sein wird. Vor seiner Zeit hat bereits MeckeL? sich eingehender mit dem Bau der Wirbelsäule der Gyclostomen und besonders der Neunaugen befasst, und erwähnt er des Achsentheils als eines von vorn nach hinten ver- laufenden Doppelkegels, welcher aus einem äußeren und inneren Theile besteht. Der äußere ist hohl, faserknorpelig, sehr elastisch und aus dünnen Wänden gebildet, welche bei einem über zwei Fuß langen Petro- myzon marinus kaum '/, Linie betragen. Er bildet ein durchaus homo- genes Ganze. Kreisförmige Einschnitte befinden sich an demselben und bewirken, dass es aussieht, als ob dieser Theil aus lauter dicht stehenden Ringen zusammengesetzt sei. Am unteren Theil sitzt auf beiden Seiten ein dreieckiger, fester, mehr gelblicher, mit der freien 1 Das natürliche System der Elasmobranchier. Jena 1874—1882. 2 System der vergleichenden Anatomie. Theil II, 1. Halle 1824. Die Entwicklung der Wirbelsäule der Oyelostomen. 291 Spitze nach außen gewandter, kurzer Streif auf. Beide Ringe von Streifen werden durch eine weißliche, feste, aponeurotische, dünne Haut zusammengehalten. Diese setzt sich auch an den Seiten des knorpeligen Doppelkegels nach oben fest und schließt sich über den Bogentheil der Wirbelsäule, dessen oberen Theil sie in der That ganz bildet. Der innere Theil ist solide, halbflüssig wie geronnene Gallerte, überall von gleicher Festigkeit, gelblich weiß. Diese Substanz füllt den Kanal des äußeren Theiles genau aus (Chorda und Faserschicht der Chorda), so dass sie schwer abtrennbar ist. Sie besitzt keine eigene Membran. Jon. MüLLer! untersuchte alle Gyclostomen, sowohl Myxine, wie Ammocoetes und Petromyzon. Die Wirbelsäule ist bei Myxine am ein- fachsten und ähnlich bei Ammocoetes gebaut, am komplicirtesten beim Neunauge und besteht aus einer Gallertsäule und dem darauf liegenden häutigen Kanal für das Rückenmark. Die Gallertsäule ist nicht ganz rund, sondern unter dem Rückenmark ein wenig ausgefurcht, sie ist im Ganzen cylindrisch. Vorn dünn, nimmt sie gegen die Mitte an Dicke zu, um gegen das äußerste Ende hin allmählich wieder an Stärke abzu- nehmen. Sie besteht aus einem festen fibrösen, aus Ringfasern gebil- deten Rohr (Faserscheide) und einer weichen, darin enthaltenen Gallerte (Chorda), welche bis auf die Mitte gleichförmig aussieht, wo ein eben- falls weicher, aber heller gefärbter, punktförmiger Kern (Funiculus chordae) auf Durchschnitten sichtbar wird. Die Gallerte zeigt sich gleichförmig durchscheinend, nicht körnig, von einem Netzwerk von Zellwänden durchzogen. Der Kerntheil ist ein weißer platter Faden, der aus feinen Fasern besteht. Auf der äußeren Oberfläche der Gallerte liegt noch innerhalb ihrer Scheide eine ganz dünne weiße Schicht, welche aus kleinen mikroskopischen Körnchen besteht (Chordaepithel). Sie lässt sich nicht als Haut von der Gallerte ablösen. Die die Gallert- säule umgebende Scheide ist sehr fest und ziemlich dick; um sie herum liegt eine andere äußere häutige Scheide (skelettbildende Schicht), welche oben allein das Rückenmarksrohr bildet. Bei Petromyzon ent- hält dasselbe an der Seite des Rückenmarksrohres Stücke von unver- einigten knorpeligen Schenkeln (Neurapophysen), welche Myxine und Ammoecoetes fehlen; diese äußere Scheide breitet sich auch an der äußeren unteren Seite des Rückgrates jederseits in eine dicke Kante aus, welche in die Fascia superficialis interna übergeht, die gleichsam das Gerüst der Rumpfhöhle ist. Am Schwanze bildet sie einen Bogen, der die Arteria und Vena caudalis umfasst. i Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Theil I, Berlin 183%, 292 C. Hasse, Stannıus! wiederholt ganz kurz die Beschreibung J. MüLzer’s, ohne eigene Untersuchungen anzufügen. Max SIEGMUND SCHULTZE ? untersuchte sehr frühzeitige Entwicklungs- stadien von Petromyzon. Er fand die vorn und hinten zugespitzte Chorda aus dottergefüllten Zellen bestehend. Das vordere und hintere Ende enthält kleinere Zellen, als die Mitte. Der ganze Zellkomplex ist durch eine zarte Linie gegen die umgebenden Gewebe abgegrenzt. Dieselbe ist der Ausdruck der strukturlosen Scheide der Chorda, welche ein Sekret der Chordazellen zu sein scheint (Guticula chordae). Dann wer- den die Chordazellen durchsichtig und schließen nur noch wenige Körnchen und einen kleinen excentrisch gelagerten, granulirten Kern ein. Die Zellen vermehren sich nicht allein in der Länge, sondern auch in der Dicke. Die Scheide ändert sich in den ersten sechs Wochen nicht. GEGENBAUR? giebt an, dass die Chordascheide der Cyclostomen im Wesentlichen mit der der Ganoiden und Teleostier übereinstimmt. Sie besteht aus einer diekeren inneren und einer dünneren äußeren La- melle. Erstere ist homogen ohne Zellspuren, bei Larven nur mit leich- ten Streifungen in schräg sich kreuzender Richtung. Nach innen von ihr findet sich eine kontinuirliche Schicht kleiner Zellen, welche das blasige Chordagewebe umgiebt und als Matrix dient. Später tritt eine deutliche Zerklüftung auf, und man glaubt faseriges Bindegewebe zu sehen. Bei Myxine ist diese zerklüftete Lage in mehreren Schichten angeordnet. Diese Lamelle ist eine Cuticularmembran. Die äußere oder elastische Scheide (Elastica externa) bietet bei Myxine und Petro- myzon nichts Abweichendes, da die Verschiedenartigkeit ihrer Durch- bohrung gänzlich unwichtig ist. Sehr ausführlich handelt GEGEnBAuR ? in einem besonderen Aufsatze »Über das Skelettgewebe der Cyelostomen « über die die Wirbelsäule der Cyclostomen zusammensetzenden Bestandtheile. Er unterscheidet an der Chorda eine innere Hauptmasse mit radial gestellten Maschen, dann folgt eine kleinzellige Schicht mit spärlicher Intercellularsubstanz, und dann das Chordaepithel, welches die Chordascheide absondert. Die Zellen des Epithels sind eylindrisch. Von ihnen aus werden an der Peripherie der Rückensaite runde Zellen gebildet. Die Chorda- !i Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere. 2. Aufl. Berlin 4854. 2 Die Entwicklungsgeschichte von Petromyzon Planeri. Gekrönte Preisschrift der holländischen Societät der Wissenschaften in Haarlem. 1856. 3 Über die Entwicklung der Wirbelsäule des Lepidosteus. Jenaische Zeitschr. f. Medicin u. Naturwissensch. Bd. III. 4867. 4 Jenaische Zeitschr. f. Medicin u. Naturwissenschaft. Bd. V. 4870. Die Entwicklung der Wirbelsäule der Gyelostomen. 293 scheide zeigt auch eine radiale Faserung oder Streifung, die nach innen zu am deutlichsten ist. Die Entfernung derselben entspricht der Dicke der. Zellen des Chordaepithels, und darin liegt nach ihm ein Beweis, dass sie aus diesem hervorgegangen sind. Die skeletogene Schicht be- schreibt er im Wesentlichen wie seine Vorgänger, nur macht er darauf aufmerksam, dass bei Petromyzon nicht allein Neurapophysen, sondern auch Hämapophysen vorhanden sind. W. Mürter !, welcher sowohl Myxine wie Petromyzon untersuchte, sah die Oberfläche der Chorda von einer dünnen Schicht sehr kleiner Zellen bedeckt. Diese waren bei erwachsenen Thieren flach mit Kern und deutlicher Membran versehen. Bei jugendlichen Exemplaren waren sie im Bereich der dorsalen Depression ebenfalls flach, seitlich dagegen und namentlich ventral mehr quadratisch und protoplasmareicher. Das Chordaband verhielt sich bei erwachsenen Thieren anders als bei den jüngeren. Es bestand bei ersteren aus glänzenden, parallel verlaufen- den, hier und da wellig gebogenen Fasern und Plättchen. Bei den jüngeren Thieren lagen an der Stelle des zukünftigen Chordabandes zwischen den gewöhnlichen Chordaelementen Gruppen von Zellen, welche dorsoventralwärts eine beträchtliche Abplattung erfahren hatten. Um die Rindenschicht der Chorda liegt eine schwach lichtbrechende Hülle. Sie ist konstant bauchwärts dicker, als dorsalwärts. Die Hülle zeigt parallele und senkrechte Strichelung. Diese Guticularschicht der Chorda wird dann von einer elastischen Hülle umgeben. Sie wird bei Myxine und Petromyzon von zahlreichen queren Spalten durchbrochen, welche in Abständen von EREIeB LEN, 0,012 mm auf einander folgen. Go£rrE? untersuchte nur Petromyzon. An der Wirbelsaite unter- scheidet er einen Gallertkörper und eine denselben umschließende dicke Scheide, welche zu äußerst von einem fein durchlöcherten, siruk- turlosen Oberhäutchen überzogen wird. An der Außenfläche der Chorda fand er eine relativ dicke Rindenschicht von Zellen, welche aber kein Cylinderepithel bilden, sondern in Form und Lagerung unregelmäßig erscheinen. Die mit radiären Streifen versehene Chordascheide sah er Anfangs als dünne strukturlose Scheide, und somit ist es wahr- scheinlich, dass die dicke Scheide als eine Cuticularscheide der Chorda gebildet ist. Durch sehr viel geringere Klarheit zeichnet sich seine Beschreibung der skelettbildenden Schicht aus, und es fällt schwer ein 1! Über den Bau der Chorda dorsalis. Jenaische Zeitschr. f. Medicin u. Natur- wissenschaft. Bd. VI. 1874, ? Beiträge zur vergleichenden Morphologie des Skelettsystems der Wirbel- thiere. Archiv f. mikr, Anatomie. Bd. XV. 4878, 294 C. Hasse, wirklich zutreffendes Referat über dieselbe zu geben. Sollte es mir nicht gelingen, so wäre das Unglück doch nicht allzu groß, da seine Befunde nach seinem eigenen Geständnis nur in untergeordneten Punk- ten von denen seiner Vorgänger, namentlich von GEGENBAUR abweichen. Es handelt sich um ein dem Bindegewebe nahestehendes Gewebe, welches als zusammenhängende Masse rings die Ghorda mit ihren Hüllen überzieht, dagegen an der Seite des Rückenmarkes und der Gefäße sich verdickt und in eine mittlere stärkere, eine äußere und eine innere Faserlage zerfällt. In der ersteren entwickeln sich dann die knorpeligen Bogen. Die mittlere Lage bildet dabei ein mehr netz- förmiges Bindegewebe. PErREPELKIN !, welcher Petromyzon fluviatilis untersuchte, betrachtet ' die Elastica interna als aus platten Zellen bestehend (Chordaepithel). Die cuticulare Umhüllung besteht nach ihm aus einem fibrillären Binde- gewebe mit Bindegewebszellen. Die Elastica externa besteht aus einem faserigen, elastischen Gewebe mit Öffnungen. ScHNEIDER ? beschäftigt sich ganz besonders mit der Chordascheide, von welcher er behauptet, dass dieselbe bei allen Cycelostomen gleich gebaut sei. Dieselbe besteht aus einer dünnen Elastica externa und einem dickeren fibrillären Theil. Die Elastica externa besteht aus einer homogenen Substanz mit querverlaufenden Vertiefungen an ihrer Innen- fläche. An zahlreichen Stellen, die rhombisch vertieft sind, befinden sich eylindrische Öffnungen. Die äußere Fläche der Elastica ist zart längsgestreift. Der fibrilläre Theil der Scheide besteht aus Fasern von zweierlei Richtung, wie in einem Gewebe. Ein Theil der Fasern ver- läuft schief, ein anderer quer. Eine innere Grenzschicht fehlt der Faserscheide. Das Chordaepithel ist ceylindrisch. ScHNEIDER nimmt dann weiter an, dass die Faserscheide der Rückensaite keine Cuticu- larbildung ist, sondern dem echten Bindegewebe angehört, dem sie sich chemisch gleichwerthig verhält. | Rerzıus® hat sich ganz besonders eingehend mit Myxine beschäf- tigt. Mit Bezug auf die Chorda schließt er sich den Beobachtungen W. MüLter’s an, bis auf die Porenkanäle in den Balken des Maschen- werkes, welche er leugnet. Die Balken sind nach ihm aus feinen Fasern zusammengesetzt und nicht als verschmolzene Zellmembranen i Sur la structure de la notocorde de la lamproie. Bulletin de la societe Imp. des Naturalistes de Moscou. 4878. 2 Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Wirbelthiere. Berlin 1879. 3 Einige Beiträge zur Histologie und Histochemie der Chorda dorsalis. Archiv f. mikr. Anatomie. 1881. Die Entwicklung der Wirbelsäule der Oyclostomen. 295 der embryonalen Chordazellen anzusehen. Das Chordaband besteht nach ihm aus zusammengepressten Chordazellen. Das Chordaepithel besteht aus kleinen, körnig protoplasmatischen Zellen. Sie sind platt und polygonal mit runden Kernen. Die Chordascheide besteht nach ihm aus vier getrennten Schichten, von denen die drei inneren aus Bindesubstanz bestehen, während die äußere aus elastischer Substanz zusammengesetzt ist. Eine besondere elastische Membran an der dem Chordaepithel zugekehrten Fläche war nicht nachzuweisen. Von den drei recht eigentlich der Chordascheide angehörenden Schichten ist die innere die dünnste, kaum halb so dick wie die beiden äußeren, welche wieder unter einander gleich dick sind. Die Schichten sind homogen, halb durchsichtig, die innere ist aber koncentrisch, die beiden äußeren sind schief gestreift und zeigen zuweilen eine schwach netzförmige Zeichnung. Außerdem werden die Schichten von radiären Streifen, die er weniger als Porenkanäle denn als Fasern betrachtet, durchsetzt. Zellen finden sich in den drei Schichten nicht, eben so wenig elastische Fasern. Nur in der Nähe der inneren Grenze der inneren Schicht treten nach Säurezusatz einzelne glänzende, elastisch aussehende, un- regelmäßige, längsziehende, dicke Fasern hervor. Die drei Schichten sind ziemlich scharf getrennt, nur ventral in der Mittellinie vermischen sie sich durch Austausch und Verwebung ihrer Balken. Die Gesammt- scheide ist an ihrer Innenfläche nicht überall eben, sondern besonders vorn kommen Längsreihen von kleinen Hügeln oder Höckern vor, in deren Furchen das Chordaepithel sich einsenkt. Nach außen findet sich dann die vierte Schicht, eine elastische, stark lichtbrechende Haut, scharf kontourirt, mit parallelen Kontouren. Sie zeigt in der Flächen- ansicht keine wirklichen Löcher, sondern nur querziehende, glänzende Linien und eine feine, von Unebenheiten herrührende, netzförmige Zeichnung. Die skelettbildende Schicht nach außen davon ist ein ge- streiftes balkiges Bindegewebe. Der Bau der Wirbelsäule bei Petro- myzon ist nach ihm der gleiche. BALFOUR 1 fasst sich sehr kurz und erwähnt nur die Elastica externa, ohne näher auf die Chordascheide einzugehen, jedoch sagt er, dieselbe sei bis zu einem gewissen Grade homolog der Intercuticularschicht der Elasmobranchier. Lworr ? untersuchte Petromyzon und leugnet den faserigen Bau der Zellmembran der Chorda. Im Inneren des Chordabandes befindet sich ein Kanal, den auch Scaneier gesehen hat. An der Peripherie ! A Treatise on comparative embryology. London 1884. 2 Vergleichend-anatomische Studien über die Chorda und die Chordascheide. Bulletin de la societe Imp. des Naturalistes de Moscou. 1887. 296 (. Hasse, zeigt sich eine Lage körniger, protoplasmatischer Zellen. Sie sind poly- gonale, an einander liegende Körper, mit rundlichem Kern. Zwischen Chorda und Scheide existirt keine feste Verbindung. Auf den Zellen befindet sich ein feiner Saum (Cutieularsaum). Dieser Cuticularsaum ist ein Umwandlungsprodukt der Chordaepithelzellen. Die Scheide der Rückensaite hesteht nach ihm aus echten bindegewebigen Fasern und Fibrillen. Es finden sich darin bindegewebige Zellen. Nach ihm fehlen die radialen Fasern und sind nur der optische Ausdruck der welligen Biegung der koncentrischen Fasern. Elastische Fasern finden sich auch nach ihm in der Scheide. Die Elastica externa besteht aus elastischen Fasern. Sie hat rundliche Öffnungen. An der äußeren Fläche dersel- ben sind Bindegewebszellen angehäuft. Er nimmt dabei an, dass diese ‚Zellen durch die Elastica in die Scheide eingewandert sind und die Faserscheide zusammensetzen. Kraatsch ! hat wohl von der Wirbelsäule des Petromyzon Abbil- dungen geliefert, allein im Text seiner Arbeiten kommt er auf die Cycelostomen nur ganz beiläufig zu sprechen, und was er vorbringt, geht nicht über das hinaus, was Andere bereits vor ihm gefunden haben. Von der Entwicklung ihrer Wirbelsäule ist fast gar keine Rede, obgleich diese Thiere nicht allein in morphologischer, sondern auch in stammesgeschichtlicher Beziehung überaus wichtig sind. Was nun meine eigenen Untersuchungen betrifft, so erstrecken sich diese hauptsächlich auf Petromyzon fluviatilis, und stand mir von diesen außer erwachsenen Thieren eine zufriedenstellende und für einzelne Fragen Ausschlag gebende Reihe verschiedener Entwick- lungsstufen zu Gebote. Außerdem habe ich auch erwachsene Myxine untersucht, allein bezüglich dieser Thiere kam ich wie meine Vorgänger alsbald zur Erkenntnis, dass der Bau der Wirbelsäule derselben sich in nichts Wesentlichem von dem der Neunaugen unterscheidet. Ich kann mich daher im Folgenden auf Petromyzon beschränken und als wichtigsten Satz stelle ich folgenden an die Spitze. Der Wirbelsäule der Gyclostomen fehlt nicht allein eine Intereuticularschicht, sondern auch eine Guticula sceleti (Elastica externa aut... Dagegen besitzt sie außer einer Guticula chordae (Elastica interna aut.)eine von den Zellen des Chordaepithels gebildete Faserscheide. Die Cyelostomen unterscheiden sich also wesentlich von den Elasmobranchiern und Urodelen, und die Entwicklung I! Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Wirbelsäule. Morphologisches Jahrbuch. Bd. XIX, XX. 1893. Die Entwieklung der Wirbelsäule der Gyclostomen. 297 ihrer Wirbelsäule vertritteinen ganzanderen Typus, dem zunächst die Ganoiden und wahrscheinlich auch die Dipnoi folgen. Dieser Satz zeigt, dass meine in der vorigen Abhandlung geäußerte Hoffnung, dass es bei den Cyclostomen gelingen möchte die wichtige Frage nach der Bedeutung der Cuticularscheiden der Chorda auch für die Ganoiden zu lösen in Erfüllung gegangen ist. Der Bau der Wirbel- säule ist ja im Wesentlichen bei beiden Thierabtheilungen derselbe. Bin ich nun aber im Stande bei den Cyelostomen und den Ganoiden das Verhalten der wichtigsten Wirbelelemente klar zu stellen, so ist damit auch ein Hinweis gegeben, dass die Verhältnisse bei den Tele- ostiern und den Anuren die gleichen sind, dass aber wahrscheinlich auch die Dipnoi diesem Entwicklungstypus folgen. Die folgenden Ab- handlungen werden ausführlich darlegen, in wie weit das richtig ist, während es dem glücklichen Zufall überlassen bleiben muss, ob es irgend einem Forscher gelingen wird, hinreichendes Material passender Entwicklungsstufen zu erlangen, um daran die Frage nach der Bedeu- tung und Entwicklung der Cuticularmembran und der zellenlosen Faserscheide der Wirbelsäule der Dipnoi endgültig zu lösen. Die jüngsten der von mir untersuchten Thiere waren Ammocoetes von 4 mm Körperlänge, welche eben so wie die übrigen in Querschnitt- ‚und Horizontalschnittserien zerlegt wurden. Sie zeigten sich allerdings ein wenig geschrumpft, so dass die Körperlänge während des Lebens wohl 5 mm betragen haben wird, im Übrigen war aber der Erhaltungs- zustand ein ganz vortrefflicher, und die Formen weichen nur unbe- deutend von den lebendigen ab. Die ein wenig geschrumpfte Rückensaite Erscheins am Rumpfe (Fig. A ch) breiter als hoch und besitzt in diesem Entwicklungsstadium an der ventralen Fläche eine tiefe Furche zur Aufnahme der Aorta (Fig. I ao). Diese vermag ich nicht als ein Schrumpfungsprodukt anzu- sehen, so sehr man von vorn herein geneigt sein könnte ein solches anzunehmen. Ein Blick auf die Figur und auf das Verhältnis der ein- zelnen Theile zu einander lehrt aber, dass fast normale Zustände vor- handen sind. Innerhalb der Chorda hat die Vacuolisirung der Zellen begonnen (Fig. I ch), jedoch mehr in der Peripherie als in der Mitte, wo noch einige unveränderte große Zellen vorhanden sind, wie auch solche die Oberfläche der Rückensaite bedecken, um hier zum Chorda- epithel zu werden. Diese Zellen der Oberfläche bilden aber zur Zeit noch nicht ein zusammenhängendes, gleichmäßiges Epithel, auch be- sitzen sie nicht überall die gleiche Form. Bald sind sie rundlich, bald mehr kubisch, und an anderen Stellen sogar eylindrisch. Hier und da 298 C. Hasse, zeigen sie auch Schichtung (Fig. 1). Ein wirkliches Epithel bilden sie namentlich an der ventralen Fläche (Fig. I chep), und hier sind die Zellen deutlich cylindrisch. Zum Epithel sind die Zellen dann auch an der dorsalen Fläche zusammengefügt, nicht aber an den Seiten. Hier liegen sie in unregelmäßigen Abständen. Dennoch erscheint rings um diese Oberflächenzellen eine vollkommen zusammenhängende, feine Cuticularmembran (Fig. I u.2 cch), eine Cuticula chordae (Elastica interna aut.), ein Beweis, dass dieselbe vor der Ausbildung des Chorda- epithels zu einer Zeit entstand, wo sich die Chorda aus unveränderten Zellen zusammensetzte, wie das auch bei den Stören der Fall war. Dieselbe zeigt an einzelnen Stellen Ausbiegungen und Unregelmäßig- keiten im Verlauf, ein Zeichen, dass die Rückensaite in geringem Grade geschrumpft ist. Sie ist so dünn und zart, dass sie eigent- lich nur als ein ungemein feiner, aber das Licht stark brechender Saum erscheint. Einen subchordalen Strang konnte ich nirgends mehr nachweisen. Wie das Rückenmark, so liegen auch die Zellen der Aortenwand der Cuticularmembran unmittelbar an. Dieselben sind dorsal viel weniger abgeplattet, zahlreicher und dichter zusammenge- drängt, als ventral (Fig. 1 ao). Seitwärts von der Aorta und von dem Rückenmark befinden sich rundliche Zellen mit eingelagerten Dotter- körnern, welche den embryonalen Blutzellen sehr ähnlich sehen. Es sind die Zellen der skeletogenen Schicht (Fig. 4 scsch), welche den Raum zwischen dem Rückenmark, der Aorta und den Muskelplatten aus- füllen und sich seitlich von der Chorda zwischen die Cuticula chordae und den Muskelplatten einzuschieben beginnen, ohne jedoch in diesem Stadium die ganze Seitenfläche zu bedecken. Neben der Aorta ist ihre Zahl am größten, und hier hat es zuweilen den Anschein, als ständen sie in einem kontinuirlichen Zusammenhang mit den Muskelplatten, allein sieht man genauer hin, so lässt sich immer eine deutliche Tren- nung nachweisen, so dass es mir auch bei den Cycelostomen bisher nicht gelungen ist, den namentlich von Rası behaupteten Ursprung dieser wichtigen Zellen aus den Elementen der Muskelplatte zu sehen. An- dererseits vermag ich aber auch nicht mit Bestimmtheit zu behaupten, dass sie aus dem Inneren der Aorta oder von den Zellen ihrer Wandung stammen, wohl aber zeigt, sich auch bei den Cyclostomen, dass diesel- ben ursprünglich streng segmental angeordnet sind, sich zwischen die Muskelplatten des Mesoderms (Fig. 2 scsch) ausdehnen und von hier aus ihre weitere Verbreitung finden in einer Weise, wie ich sie ganz besonders eingehend von den Urodelen aus einander gesetzt habe. Sie umhüllen das Rückenmark und die Aorta früher als die Chorda. Bei Ammocoeten von 6,5 mm Körperlänge haben sich die Dinge Die Entwicklung der Wirbelsäule der Cyclostomen. ”..299 in so fern geändert, als (Fig. 3) die Furche für die Aorta an der Rücken- saite verschwunden ist. Die Chorda ist dabei jetzt vollkommen vacu- olisirt, sie hat in Folge dessen gegenüber der Aorta bedeutend an Volumen gewonnen, namentlich in dorsoventraler Richtung, so dass die Höhe derselben viel beträchtlicher ist, als die Breite. Diese Volums- zunahme der Rückensaite hat auch das Verhalten der Oberflächenzellen, das Chordaepithel (Fig. 3 chep) beeinflusst. Die Zellen sind sparsamer, mit ihren Kernen aus einander gerückt, und namentlich an der ven- tralen Seite bedeutend abgeplattet. Nirgends sieht man mehr Gylinder- zellen, und nur hier und da (Fig. 3 rechts und links oben) einige rundliche. Die Zellen der Oberfläche sind bei dem Wachsthum der Rückensaite einfach gedehnt worden und stellen jetzt fast überall (Fig. 4 chep) platte, gegen das Innere der Chorda flügelartig ausgezogene Körper dar. So weit es mir möglich war eine Flächenansicht derselben zu gewinnen, so zeigten sie sich als große, unregelmäßige Polyeder mit rundlichen Kernen. Ihr Zellleib ist hell, wenig gekörnt. Die Guti- eula chordae hat nur wenig an Stärke zugenommen (Fig. 3, k cch). Was die Zellen der skelettbildenden Schicht (Fig. 3 u. & scsch) betrifft, so ist ihre Ausbreitung dieselbe, dagegen haben sie dort, wo sie die Cuticula chordae bedecken, also dorsal und ventral seitlich einen epithelartigen Charakter angenommen (Fig. % scsch). Sie sind abge- plattet, mit abgeplatteten Kernen, zusammenhängend und dicht der Gutieula chordae angeschmiegt. In diesem Zustande entsprechen sie der inneren Zellschicht der skeletogenen Scheide der anderen Wirbel- thiere. Seitwärts von der Aorta haben sie sich in lockeres Bindege- webe umgewandelt, am Rückenmark dagegen bilden die inneren Zellen eine bindegewebige Hüllmembran, während die äußeren lockeres Bindegewebe darstellen. Bei Thieren von 8 mm Körperlänge (Fig. 5) ist das Ghordaepithel ein einfaches, überall gleichmäßiges Lager großer, platter Zellen (Fig. 5 chep). Im Übrigen hat die Cuticula chordae nur wenig an Stärke zugenommen, dagegen sind die Zellen der skelettbildenden Schicht sowohl zwischen Aorta und Cuticula chordae, als zwischen dem Rücken- mark und der Cuticula chordae eingewandert, ja sie bedecken auch die Seitenflächen der Rückensaite und bilden überall einen epithel- artigen Beleg (Fig. 8 scsch). In diesem Stadium ist also eine vollstän- dige innere Zelllage der skelettbildenden Schicht um die Cuticula chordae vorhanden, während eine äußere Zellschicht nur an der Seite des Rückenmarkes und der Aorta nachweisbar ist. Die wichtigsten Veränderungen bieten die Thiere mit einer Körper- länge von 4 cm, und daraus geht hervor, dass sich auch bei ihnen Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LVII, Ba. 20 300 C. Hasse, die bedeutsamsten Vorgänge innerhalb einer außerordentlich kurzen Frist abspielen. Bei einer Länge zwischen 8 und 12 mm erfolgt die Bildung einer Faserscheide der Chorda (Fig. 6 chfsch). Im Übrigen sind die Veränderungen geringfügiger Natur. Die Rückensaite ist durch gleichmäßiges Auswachsen vollkommen cylindrisch geworden und er- scheint auf dem Querschnitt kreisföormig. Das Chordaepithel hat sich in keiner Weise geändert (Fig. 6 chep), und nur die Guticula chordae (Fig. 6 cch) ist beträchtlich dieker geworden. Die skeletogene Schicht ist gegenüber dem vorhergehenden Stadium in so fern verändert, als man am vorderen Rumpfende in der äußeren Zelllage die erste Andeu- tung der Knorpelbildung der Neur- und Hämapophysen beobachtet. Innerhalb der größten Zellanhäufung, seitlich ventral vom Rückenmark und seitlich dorsal von der Aorta zeichnen sich einige wenige Zellen durch besondere Größe, durch rundliche Form und helles Aussehen aus. Es sind embryonale Knorpel — Vorknorpelzellen, wie ich ! sie ge- nannt habe. Dieselben sitzen der Guticula chordae nicht unmittelbar auf, sondern sind von derselben theils durch die Zellen der inneren Zellschicht theils durch noch nicht knorpelig gewordene Zellen der äußeren Lage der skelettbildenden Schicht getrennt. Außerdem ent- wickeln sich auch seitwärts von der Ghorda Zellen der skelettbilden- den Schicht zu einer äußeren, lockeres Bindegewebe darstellenden Zellmasse und schieben sich zwischen die Muskelplatten und die die Cuticula chordae ringsum bedeckende, epithelartige, innere Zell- schicht. Das Bedeutsamste ist nun aber das Auftreten einer feinen Schicht an der Innenseite der Guticula chordae, zwischen ihr und dem Chorda- epithel (Fig. 6 chfsch). Dieselbe geht in gleicher Dicke rings um das Chordaepithel, färbt sich stark in Hämatoxylin und hebt sich deutlich von der glänzenden Cuticula chordae ab. Gelang es mir auch nicht sie von dieser zu isoliren, so ist sie doch nicht etwa als der innere Rand derselben zu betrachten. Dagegen spricht einerseits ihre scharfe Ab- grenzung, andererseits ihre Dicke. Die Zellen des Chordaepithels heben sich leicht von dieser Schicht ab, und dennoch, meine ich, ist keine andere Annahme möglich, als dass sie wie die Cuticula chordae von den Zellen desselben gebildet ist. Im weiteren Verlauf der Entwick- lung nimmt sie an Dicke zu, und bei Thieren von 19 mm Körperlänge (Fig. 7 chfsch) besitzt sie dieselbe Dicke wie die Cuticula chordae (Fig. 7 cch), ohne im Übrigen ihr homogenes Aussehen zu verlieren. Diese Schicht entspricht durchaus der Lage, welche ich in der fünften 1 Das natürliche System der Elasmobranchier. Jena, G. Fischer. 1874— 1882. Die Entwicklung der Wirbelsäule der Oyclostomen. ni Abhandlung von den Stören beschrieben und abgebildet habe, und von der ich es vorläufig dahingestellt sein lassen musste, ob sie als die Cuticula chordae, oder als eine unter derselben entstehende, neue Bildung des Chordaepithels anzusehen sei. Es ist nur in so fern ein Unterschied vorhanden, als es mir bei den Cyclostomen nicht gelang zwischen dieser Schicht und den Zellen des Chordaepithels sich feine Fäden ausspannen zu sehen. Eine Faden- oder Faserstruktur erscheint erst später, bei einer weiteren Dickenzunahme derselben, und erst dann kann man sie mit Fug und Recht als Faserschicht der Chorda be- zeichnen. Eine solche Struktur ist mir erst bei Ammocoeten von 4,5 em Körperlänge entgegengetreten. Auf Horizontalschnitten durch die Wirbelsäule solcher Thiere (Fig. 8 chfsch) sieht man außer einer unendlich zarten, radiären Streifung eine unregelmäßige, radiäre Zer- klüftung derselben, welche im weiteren Verlaufe der Entwicklung, wie bei Ammocoeten von 18 cm (Fig. 9 chfsch), noch deutlicher, aber zu- gleich auch komplicirter wird, und auf welche wohl die von den älteren Autoren beschriebene, quere Streifung der Wirbelsäule zurückzuführen ist. Ursprünglich zerklüftet die Schicht in der ganzen Dicke (Fig. 8), später dagegen (Fig. 9) ist das nicht mehr der Fall. Die Spalten sind dann bald mehr, bald minder tief, bald von der inneren Oberfläche ausgehend, bald unregelmäßig mitten in der Substanz, und diesen Wechsel in der Erscheinung vermag ich mir nur so zu erklären, dass in der Faserrichtung der Schicht mittlerweile Verwerfungen stattge- funden haben, welche ihren Ausdruck dadurch finden, dass man in späteren Entwicklungsstadien die Fasern nicht mehr einfach in radiärer Richtung, sondern auch in koncentrischer und schiefer Richtung ver- laufen findet, ein Verhalten, welches ja Autoren wie Rerzıus! u. A. m. Veranlassung gegeben hat in der Faserschicht der Chorda mehrere Lagen zu beschreiben. Dabei will ich noch besonders darauf aufmerk- sam machen, dass die Zerklüftung später vielfach den Zellgrenzen des Chordaepithels folgt. Oft konnte ich (Fig. 9) in der Ausdehnung der Chordaepithelzellen an ihnen Stücke der Faserscheide haften sehen, ein Beweis für den innigen Zusammenhang der beiden in genetischer Beziehung. Wie nun aber die feinen Fasern entstehen, darüber vermag ich keine Aufklärung zu geben, ob die Zellen des Chordaepithels und etwaige Zellfortsätze wie bei den Ganoiden dabei betheiligt sind, oder ob es sich um physikalisch-chemische Vorgänge innerhalb einer von den Zellen gebildeten, ursprünglich homogenen Substanz handelt, steht dahin. Dass die Zellen des Chordaepithels an der Bildung und dem Ausbau der Faserscheide hervorragend, wenn nicht ausschließlich ic. 20* 302 C. Hasse, betheiligt sind, das geht vor allen Dingen daraus hervor, dass dieselben mit dem Dickenwachsthum der Faserschicht Veränderungen erleiden, zu deren Schilderung ich mich jetzt wende. Die Zahl der Zellen, welche die Rückensaite bedecken, ist ur- sprünglich eine beschränkte, und wie ich bereits hervorhob, stehen die Zellkerne in weiten und oftmals auch unregelmäßigen Abständen von einander. So ist es noch bei der ersten Bildung der Faserscheide der Chorda (Fig. 6). Mit der Dickenzunahme derselben mehren sich aber die Zellen des Epithels. Die Zellen bleiben allerdings zunächst platt (Fig. 7, 8 chep), aber sie werden kleiner, dichter gedrängt, und die Kerne derselben rücken in Folge dessen einander immer näher. Bei Thieren von 12—18 cm Körperlänge (Fig. 9, 10 chep) sind es schöne, poiygonale, mehr kubische Zellen, mit runden und nicht abgeplatteten Kernen. Der Zelltheilungsprocess hat nun aber nicht bloß zu einer Vermehrung der Zellen in der Fläche, sondern auch zu einer solchen in der Dicke geführt, und damit erscheinen (Fig. 9 u. 41) unter dem Chordaepithel, aber unregelmäßig vertheilt, rundliche Zellen, auf deren Vorhandensein wohl unzweifelhaft die Dickenzunahme der Chorda beruht, indem sie in dem Maße, wie sie gebildet werden, dem Vacuolisirungsprocess unterliegen. Diese Zellwucherung dauert an der Oberfläche der Rückensaite bis zum erwachsenen Alter der Thiere, und ein Schnitt durch die Wirbelsäule eines erwachsenen Thieres (Fig. 14 chep) zeigt, dass die Zellen an der Oberfläche der Chorda sogar in mehrfache Lagen geschichtet sind. In späteren Entwicklungsstadien, sowie beim erwachsenen Thiere zeigen sich dann noch einige Besonderheiten, und zwar zunächst an der Cuticula chordae, Besonderheiten, welche bereits von früheren Auto- ren, so namentlich von Schneider !, hervorgehoben wurden. Zunächst zeigt dieselbe feine, unregelmäßige Durchbohrungen, Porenkanälchen, welche bald vereinzelt in weiten Abständen von einander die Mem- bran durchsetzen, bald dichter in Gruppen zusammenrücken (Fig. 12). Ferner erscheint dieselbe bereits bei einer Körperlänge von 42 cm auf ihrer Außenfläche mit zarten Längsstreifen versehen, während dagegen die erwachsene Cuticula chordae (Fig. 14) auf ihrer Innenfläche leisten- förmige, quer verlaufende Erhebungen zeigt. In welchem Verhältnisse die letzteren zur Faserscheide der Chorda stehen, ob sie aus dieser entstanden lediglich der Guticula chordae anhaften, oder ob sie inte- erirende Bestandtheile dieser Membran sind, das vermag ich nicht zu entscheiden. Unzweifelhaft nimmt die Cuticula chordae nach Bildung der Faserschicht noch an Dicke zu, aber es gelingt nicht den Antheil le: Die Entwicklung der Wirbelsäule der Oyclostomen. 303 zu bestimmen, welchen die benachbarten Theile, die skelettbildende Schicht mit ihren inneren Zellen und die Faserscheide an dem Wachs- thum nehmen. Aus sich vermag die Guticula schwerlich zu wachsen, also muss es durch Hilfe der Umgebung geschehen, und Vieles spricht dafür, nicht am wenigsten die verhältnismäßig starken Leisten an der Innenfläche, dass es auf Kosten der Faserschicht geschieht, dessen Oberflächenmasse sich wohl in elastische Substanz allmählich um- wandelt. Bemerken möchte ich dann weiter noch, dass die Faserschicht der Chorda des erwachsenen Neunauges an einzelnen Stellen der Mitte der Myocommata entsprechend vertebrale Verdickungen und damit (Fig. 14) die erste Andeutung einer metameren vertebralen Gliederung der Chordascheide zeigt, ein Verhalten, welches gewiss nicht des allge- meinen Interesses entbehrt. Das Merkwürdige ist dabei, dass solche vertebrale Verdickungen bei den übrigen Wirbelthieren wohl an den zu der skelettbildenden Schicht gehörenden Theilen, nicht aber wie bei den Gyclostomen an den eigentlichen Chordascheiden beobachtet werden. Von dem Funiculus chordae wüsste ich nichts Besonderes zu mel- den, was nicht schon Andere vor mir gesehen und beschrieben hätten. Das Schwergewicht meiner Untersuchungen liegt in dem Nachweis der Entstehung und der Ausbildung der Faserschicht der Chorda und in dem Nachweis, dass die sogenannte Elastica der Autoren nicht eine Cuticula sceleti (Elastica externa aut.), sondern die ursprüngliche Guti- cula chordae (Elastica interna aut.) ist. Damit ist denn auch, wie ich be- reits im Eingange hervorgehoben habe, die Frage nach der Bedeutung der 'Scheiden der Chorda bei den Ganoiden endgültig für mich entschieden, allein da die um die Chorda gelagerte, zellenfreie Faserschicht der Dipnoi, welche ich als eine Cuticula chordae gedeutet habe, den gleichen Bau wie die Faserscheide der Rückensaite der Cyclostomen und Ganoi- den besitzt, so erscheint es, wie ich bereits in der vorigen Abhandlung hervorhob, durchaus nicht unwahrscheinlich, dass sie derselben homo- log ist, und dass somit die Dipnoi zu den Tectobranchiern gehören. Sie sind dann von den Cyclostomen und Ganoiden durch den Besitz einer Intereutieularschicht unterschieden, durch eine Schicht, welche wie bei den Elasmobranchiern und Urodelen der skelettbildenden Schicht entstammt, aber nicht wie bei diesen durch eine von ihr gebildete Cuticula sceleti, sondern durch die ursprüngliche Cuticula chordae wucherte. Breslau, Oktober 1893. 304 C. Hasse, Erklärung der Abbildungen. Buchstabenerklärung. ao, Aorta; cch, Cuticula chordae; ch, Chorda; chep, Chordaepithel ; ‘chfsch, Chordafaserschicht; m, Muskelplatte; scsch, skeletogene Schicht. Tafel XVI. Fig. 4. Querschnitt durch die Rumpfwirbelsäule eines + mm langen Ammo- coetes. Boraxkarmin. SEIBERT Immersion 4 mm, Oc. 6; ausgezogener Tubus. Fig. 2. Stück eines Horizontalschnittes durch die Wirbelsäule eines 4 mm langen Ammocoetes. Boraxkarmin. SEIBERT homogene Immersion 2 mm, Oc. 4; ausgezogener Tubus. Fig. 3. Querschnitt durch die Rumpfwirbelsäule eines 6,5 mm langen Ammo- coetes. Boraxkarmin. SEIBERT System 3, Oc. 0. Fig. 4. Stück eines Querschnittes durch die Rumpfwirbelsäule eines 6,5 mm langen Ammocoetes. Boraxkarmin. SEIBERT homogene Immersion 2 mm, Obj. 4; ausgezogener Tubus. Fig. 5. Stück eines Horizontalschnittes durch die Rumpfwirbelsäule eines 8 mm langen Ammocoetes. Boraxkarmin. SEIBERT homogene Immersion 2 mm, Oc. 4; ausgezogener Tubus. Fig. 6. Stück eines Querschnittes durch die Rumpfwirbelsäule eines 4 cm langen Ammocoetes. Hämatoxylin. SEIBERT Immersion 4 mm, Oc. 8; ausgezogener Tubus. Fig. 7. Stück eines Querschnittes durch die Rumpfwirbelsäule eines 49 mm langen Ammocoetes. Boraxkarmin. SEIBERT Immersion 4 mm, Oc. 8; ausgezogener Tubus. Fig. 8. Stück eines Horizontalschnittes durch die Rumpfwirbelsäule eines4,5 cm langen Ammocoetes. Boraxkarmin. SEIBERT homogene Immersion 2 mm, Oc. 4; ausgezogener Tubus. Fig. 9. Stück eines Horizontalschnittes durch die Rumpfwirbelsäule eines 48 cm langen Ammocoetes. Hämatoxylin, DELAFIELD. SEIBERT homogene Immer- sion 2 mm, Oc. 4; ausgezogener Tubus. Fig. 40. Chordaepithel eines 42 cm langen Ammocoetes von der Fläche ge- sehen. Hämatoxylin. SEIBERT homogene Immersion 2 mm, Oc.4; ausgezogener Tubus. Die Entwicklung der Wirbelsäule der Gyclostomen, Bi; Fig. 44, Tiefe Zellen des CGhordaepithels eines 12 cm langen Ammocoetes, von der Fläche gesehen. Hämatoxylin. SEIBERT homogene Immersion Obj. 2 mm, Oc. 6; ausgezogener Tubus. - Fig. 42. Cuticula chordae eines 42 cm langen Ammocoetes, von der Fläche gesehen. Hämatoxylin. SEIBERT homogene Immersion 2 mm, Oc, 4; ausgezogener Tubus. Fig. 43. Querschnitt durch die Schwanzwirbelsäule eines 42 cm langen Ammocoetes. Boraxkarmin. SEıBErT Obj. 46 mm, Oc. 2; eingestoßener Tubus. Fig. 44. Stück eines Horizontalschnittes durch die Wirbeläule eines erwach- senen Petromyzon fluviatilis. Boraxkarmin. SEIBERT Obj. 3, Oc. 0. Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. Von Dr. phil. Friederich Urech, Tübingen. i. Zur Kenntnis der Farbe der Lepidopterenschuppen. 1. Einleitende Bemerkungen. Meine früheren Untersuchungen über die Entwicklung der Farben der Schmetterlingsschuppen sind unter dem Einflusse bedeutsamer neuerer theoretischer Sätze aus dem Gebiete der Energetik und Biolo- gie von mir begonnen und fortgesetzt worden. Bei Anfangs beschränk- tem Untersuchungsmaterial gerieth ich in meinen Schiussfolgerungen für jene Lebensorgane in etwas schablonenmäßiges Vorgehen gegen- über der Vielseitigkeit und Komplieirtheit der Naturvorgänge um so leichter, als die Untersuchung nicht mit vollständiger Kenntnis der neuesten mikroskopischen Morphologie ausgerüstet angetreten wurde, sondern Anfangs sich an äußerliche physikalische Erscheinungen hielt. Wie die ontogenetische Untersuchung eines Lebewesens von den Em- bryonalzellen und den noch feineren kleinen Gebilden derselben aus- geht, so muss die Untersuchung des Farbenmusters der Lepidopteren von den jeweils betheiligten Schuppenzellen ihren Anfang nehmen. Schon eine obgleich noch lange nicht genügend detaillirte Betrachtung mit der Lupe zeigt, wie sehr die Gesammterscheinung, d.h. das äußer- liche, oberflächliche Aussehen des Flügelfarbenmusters eine täuschende Erscheinung ist wie eine Malerei. Betrachtet man ein Gemälde sehr nahe, oder einzelne Stellen gar mit der Lupe, so ist die Wirkung auf den Gesichtssinn verändert, man glaubt hier ein Wirrwarr von farbigen Flecken zu sehen, deren Vereinigung aus der Ferne betrachtet ein ein- heitliches begriffliches Abbild entweder nur von Gegenständen (Porträt, Landschaft), oder von Momenterscheinungen historischer Vorgänge in idealistischer oder realistischer künstlerischer Gestaltung geben. Man weiß, dass die gleiche nachahmende Wirkung des Gemäldes auch erhal- ten würde bei mannigfachen Variationen der Kleckskombination, sicher- lich würden keine zwei Kopien desselben Gemäldes, vom gleichen Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. I. 307 Künstler ausgeführt, weder unter sich noch mit dem Original trotz aller Bemühungen in allen Einzelheiten völlig übereinstimmen bei Betrachtung in der Nähe und mittels Vergrößerungsgläser. Eben so verhält es sich auch mit dem Flügelfarbenmuster der Schmetterlingsindividuen ein und derselben Brut einer relativ konstanten Species oder Subspecies. Sucht man mittels des Mikroskops die einzelnen Schuppen einer be- stimmten Flügelstelle ab, so sieht man auf kleinem Gebiete fast bei jedem anderen Individuum eine Verschiedenheit, was Anzahl der Schuppen je einer Farbenart, die zur Herstellung z. B. eines Fleckes, eines Aberauges beitragen, und oft auch was Farbennuance betrifft; in genügender Entfernung überschaut, vermeint man aber doch so ziemlich bei allen Individuen ein übereinstimmendes Farbenmuster zu sehen, wie etwa die verschiedenen Köpfe eines Menschenhaufens aus großer Ferne gleich erscheinen. Bei den Lepidopteren wurde das Studium der Aberrationen an einzelnen Stellen des Schuppenfarbenmusters noch kaum bis auf solche Kleinigkeiten ausgedehnt, da man ihnen keine tiefere Bedeutung bei- misst, sondern sie als zufällige Nebensächlichkeiten betrachtet, wie etwa auf künstlichem Gebiete die minutiösen Verschiedenheiten, welche bei einer Reihe von Abdrücken durch eine Vervielfältigungsplatte die am Anfange und die gegen das Ende hin gewonnenen Cliches bei genauerer Betrachtung, zeigen in Folge der Abnutzung des Materials der Druck- platte. Die Kontouren sind sich auf allen Abdrücken gleich geblieben, das Gesammtbild ist dasselbe, eben so die relativen Größenverhältnisse, die gegenseitige Lage der Einzelfiguren, die Vertheilung von Licht und Schatten oder verschiedenen Farben, nur ist etwa da und dort ein Pünktchen, ein kleines Linienstück schwächer, oder ganz ausgeblieben in Folge der Abnutzung der Druckplatte und maschineller Störungen, oder es ist auch stellenweise eine mit unbewaffnetem Auge kaum wahr- nehmbare Verzerrung auf einzelnen Abdruckblättern vorhanden in Folge zufälliger stellenweiser Fehler in der Papierbeschaffenheit. Trotz- dem wird keiner dieser Abdrücke als eine Varietät der Komposition des Künstlers betrachtet. Ähnlich beurtheilt man auch gemeiniglich das Farbenmuster bezw. die Zeichnung von Schmetterlingsspecies; von Vanessa Io z. B. hat man keine Varietäten und Aberrationen aufgestellt und benannt, obschon z. B. die von schwarzen Schuppen umschlossenen Gruppen blauer Schuppen auf der Hinterflügeloberseite (sog. Pfauen- auge, mehr einem Todtenschädelbild ähnlich) kaum bei zwei Individuen einer Brut kongruente Figuren bilden, und ganz erheblich abweichen zwischen Bruten verschiedener Generationen und Länder. Man dehnt aber die Klassifikation und nominelle Unterscheidung von Varianten 308 Friederich Urech, nicht über die Ergebnisse einer oberflächlichen Beschauung mit un- hewafinetem Auge hinaus. Es ist dies Verfahren selbstverständlich nicht streng wissenschaftlich, denn die Art ist aus Abarten hervor- gegangen, und diese haben mit kleinen Abänderungen begonnen, die sich vererbten und zunahmen, es entstanden viele Abarten, und indem im Laufe der Zeiten Übergangsformen wegen Nichtanpassung sich nicht mehr genügend fortpflanzten, verschwanden sie allmählich, es bildeten desshalb die mehr von einander verschiedenen und sich erhaltenden Abarten, die jetzt lebenden und sich fortpflanzenden Arten, ohne dass . neue Varietätenbildung unmöglich wäre. Betreffend der Vererbung der Arteigenschaften nimmt Weısmann entsprechend seiner Hypothese von Determinanten (eine Anzahl Determinanten setzen ein sog. Chro- matinkügelchen, Id genannt, zusammen und mehrere Id das sog. Chro- matinstäbchen [Idante genannt], deren mehrere im Keimplasma vor- handen sind)! an, »dass bei Schmetterlingen mit gezeichneten Flügeln jeder noch so kleine Fleck (also Grüppchen von Schuppen einer einzigen Farbe, oder auch nur einer einzigen Schuppe) durch mindestens eine besondere Determinante im Keimplasma vertreten ist, hingegen brauche nicht jedes Haar (Schuppe) eine besondere Determinante zu besitzen, sondern nur jeder Schuppenbezirk, der sich durch eigenthümliche Färbung bemerklich macht. Wenn zwei nahe verwandte Schmetter- lingsarten auf einer bestimmten Stelle des Flügels einen Fleck besitzen, der durch eine Determinante im Keimplasma vertreten ist, so werden bei der Kreuzung die homologen Determinanten zusammentreffen und die Fleckenfarbe gemeinsam bestimmen können. Hat aber die Art A den Fleck mit brauner Farbe, die Art B den Fleck mit rother Farbe, so sind die Determinanten zwar homolog aber nicht homodynam, und sie können sich möglicherweise zur Bildung eines braunrothen Flecken ver- einigen. Vererbliche Varietät entsteht nach WEISMANN aber auch, wenn durch äußere Einwirkungen hervorgebrachte Abänderungen im Keim- plasma eintreten, sie übertragen sich dann durch die vererbte »Ide« auf die folgende Generation und verursachen also ihnen entsprechende vererbbare Variationen des Körpers«. Zum vollen Verständnis dieses Citates ist es erforderlich es im Zusammenhange mit dem Inhalte des Buches von Wrısmann »Das Keimplasma, eine Theorie der Vererbung« zu lesen. Hier wollte ich mit demselben nur bezeugen lassen, wie jedes neu auftretende oder auch nur variirende Flecklein und Pünktchen auf dem Schmetterlingsflügel eine tiefe wissenschaftliche Bedeutung hat; da ein solches Farbenpünktchen aus mehreren oder auch nur einem Schüppchen besteht, so ist es auch die Variation in der Anzahl der ! Referat in: Naturwissensch. Rundschau. VIII. Jahrg. p. 180. Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. I, 1809 Schuppen bestimmter Farbe, und das Abändern und Neuauftreten physikalischer und chemischer Eigenschaften der Schuppenfarbe, was den Ausgangspunkt neuer Subspecies und in phyletischen Zeitläufen von Speciesbildung ausmacht. Betreffend der verschiedenen Schuppenfarben kann eine physi- kalisch-chemische Gesetzmäßigkeit walten, wie ich es in früherer Ab- handlung (Zoologischer Anzeiger Jahrg. 1892) für den zeitlich successiven Auftritt der Farben in den Schuppen der Flügelfelder gegen das Ende des Puppenzustandes hin angenommen habe, z. B. ist bei Vanessa urticae die Schuppenfarbe zuerst durchweg weißlich, dann wird sie an be- stimmten einzelnen Plätzen des Flügels gelb, später an anderen Plätzen aus Weiß gelblichroth, noch später an anderen rothbraun, und zuletzt geht aus noch übrigem Weiß das Schwarz hervor, womit die Farben- felderung des Flügels beendigt ist. Diese ontogenetische Reihenfolge ist die Rekapitulation der Speciesentstehung betreffend Farbenmusters in phylogenetischem Zeitlaufe; verursacht wird letzteres mittelbar durch äußere Einwirkungen, z. B. wärmeres Klima, reichlichere bessere Nahrung, während mehreren Generationen hindurch sich steigernd, be- festigend und immer vererbt auf die folgende Generation — auch während Zeiträumen, wo die äußeren Einwirkungen stark schwanken — durch die »Ide«, das ist der Bestandtheil des Keimplasmas, welches durch die äußeren Einwirkungen beeinflusst und abgeändert wurde (WEISMann). Über das physikalisch-chemische Gesetz, das jener Reihenfolge des Farbenauftrittes zu Grunde liegt, habe ich in meiner früheren Abhand- lung die Vermuthung aufgestellt, dass es ein allgemein gültiges auf Dissipationsvorgängen der Energie beruhendes Richtungsgesetz sei, und hier, was speciell die zeitlich successive Farbenreihe betrifft, in einer zunehmenden Kondensation der Farbstoffmoleküle oder in Vermehrung eines ihrer Bestandtheile (Radikals, Substituenten) bestehe. Ich will hier als Beispiel zwei solche Farbstoffreihen aus der aromatischen Gruppe anführen !, wenngleich diese Farbstoffe kaum unter den Schuppenpig- menten der Schmetterlinge vorkommen werden. Monoamidobenzol C,3H3N>(NH3,), ist hellgelb und sehr vergänglich Diamidobenzol C,>H,N,(NH),), ist orange, ziemlich beständig Triamidobenzol G,,H-N,(HN3), ist braun, recht beständig. ( Rosanilin Gz,H,9Ns roth Phenylrosanilin (39H; s(CsH;), N; rothviolett | Diphenylrosanilin CH, (C4H;)aN, blauviolett Triphenylrosanilin C3,H;,(CeH;);N; blau. Aus ERLENMEYERS Lehrbuch der organ, Chemie. 2, Thl. Ed. I. p. 433, 310 Friederich Urech, Jede Pigmentfarbe ist die Folge einer theilweisen Absorption des Lichtes durch den Stoff, die Vereinigung der nicht absorbirten Farben giebt die Pigmentfarbe, die Lichtabsorption ist also das Primäre und Einfachere, die Farbe das Sekundäre und Komplieirtere. Über den Einfluss der chemischen Substitution auf die Lage der Absorptions- streifen, bezw. der Farbenerscheinung hat Nerssr im Jahrbuche der Chemie 1892, p. 10 nach den neuesten Befunden auf diesem Gebiete referirt, ich will es nicht unterlassen das Referat hier wörtlich zu eitiren, wie ich es in früherer Abhandlung mit demjenigen von E. Nicker (Die Farbenreaktionen der Kohlenstoffverbindungen, Jahr 1890) über die Ergebnisse, zu denen Nırrzeı früher gelangte, ebenfalls gethan, da solche bahnbrechenden Ergebnisse aus einem Forschungsgebiete in ihrer Anwendbarkeit auf Gegenstände anderer oft doch längere Zeit unbekannt bleiben. »Die Einführung von Hydroxyl, Äthyl, Oxäthyl, Garboxyl, Phenyl und Halogen in gewisse chemische Körper bewirkt eine Verschiebung der Absorption nach Roth, die Farbenerscheinung ist desshalb dann bläulich. Die Einführung von Nitro- und Amido- gruppen sowie Wasserstoffaddition bewirkt eine Verschiebung der Ab- sorption nach Violett, die Farbenerscheinung ist daher gelblich grün. Erstere Gruppe von Radikalen wird bathochrome genannt, sie be- wirkt die mehr bläulichen Erscheinungen; die zweite, die mehr gelb- liche Farbenerscheinungen hervorruft, wird hypsochrome geheißen. Wird aus dem Spektrum durch Absorption eine Farbe ausgelöscht, so erscheint die Schicht in ihrer Komplementärfarbe. Komplementärfarben- paare sind: violett-grüngelb, indigo-gelb, cyanblau-orange, blaugrün-roth, grün-purpur. Durch Einführung bathochromer Substanzen in farblose Substanzen mit Absorptionsstreifen in Ultraviolett wird — durch Eintritt einer Bande im sichtbaren Spektrum — das Violett ausgelöscht, wodurch die Substanz eine grüngelbe Farbe erhält, bei weiterem Vorrücken der Absorptionsbande von Violett nach Grün wird sich die Farbe successive in Gelb, Orange, Roth, Purpur und hierauf, wenn die Absorptionsbande von Grün nach Grüngelb rückt, in Violett ändern. Weitere Verschie- bungen im gleichen Sinne lässt die Farben: indigo, cyanblau, blaugrün, grün entstehen und wenn die Bande aus Roth ins unsichtbare Spektrum rückt, werden die Körper wieder farblos werden. Diese einfachste Reihenfolge wird man jedoch aus dem Grunde nur selten beobachten, weil gewöhnlich neue Banden, noch ehe die erste das Spektrum durch- Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. I. al wandelt hat, aus dem Ultraviolett hineinrücken, wodurch natürlich gewisse Komplikationen entstehen. Da die hypsochromen, d.h. die eine Erhöhung des Farbentones bewirkenden Gruppen immerhin zu den Ausnahmefällen gehören, so kann man den Satz aufstellen, dass die einfachsten Farbstoffe grünlichgelb bis gelb sind, und dass mit zunehmendem Molekulargewichte die Farbe in Orange,Roth, Violett, Blau, Grün übergeht. Diese Regel ist in der That schon rein empirisch von Nierzkı im Jahre 1879 aufgefunden worden; sie gilt nicht ganz allgemein, weil in Folge zweierlei Umstände Störungen eintreten können, indem nämlich entweder die eingeführten Gruppen, die das Molekulargewicht der Substanz vergrößern, die Absorptionsbande nach Violett verschieben, d. h. hypsochrom wirken, oder aber indem in Folge der Existenz meh- rerer Banden im Gebiete des sichtbaren Spektrums Störungen eintreten können. — Die Erfahrung lehrt, dass die Farbe vieler organischer Farb- stoffe durch die Gegenwart gewisser Gruppen im, Moleküle, z. B. die der Azoderivate durch die Gegenwart der Azogruppe bedingt wird; es liegt also die Vermuthung nahe, dass jene Gruppen gleichsam die Trä- ger der Liehtabsorption im Moleküle sind, und dass die Änderung der Farbe in Folge von Substitutionen durch eine Beeinflussung erzeugt wird, welche die substituirten Gruppen auf die farbenerzeugende aus- üben. O.N. Wırr, der diese Anschauung zuerst entwickelte, bezeichnet die farbenerzeugenden Gruppen als Chromophore. « Diese Ergebnisse physikalisch-chemischer Forschung auf dem Ge- biete künstlicher Farbstoffe können wohl Anhaltspunkte bieten zu be- stimmten Vorstellungen über den successiven Farbenauftritt während der Schuppenentwicklung und über die Verwandtschaft dieser ver- schiedenen Pigmentfarben zu einander. Es ließen sich möglicherweise vergleichende Bestimmungen des Molekulargewichtes ausführen, da die experimentellen Methoden hierzu in neuerer Zeit auch für kleine Mengen eine Anwendbarkeit gewonnen haben. 2. Über die angewandten Versuchsmethoden. a. Physikalische. Obschon meine mikrophysikalischen und -chemischen Unter- suchungen der Schuppenfarben sehr einfach sind, ist es doch erforder- lich das Beobachtungsverfahren ganz genau zu beschreiben, denn viel- mehr als beim makroskopischen hängen beim mikroskopisch-chemischen Arbeiten die hervorgebrachten Erscheinungen von nicht leicht zu be- wältigenden äußeren Einwirkungen physikalischer und chemischer 312 Friederich Urech, Natur ab, es lassen sich im Großen meistens leichter konstante Bedin- gungen herstellen, und mittels Instrumenten und Apparaten gleich- mäßigere Eingriffe vornehmen als an Kleinem. So kann man z. B. schon mit 1 mg Harnsäure die Murexidreaktion prächtig ohne große Aufmerksamkeit und Sorgfalt erhalten, mit nur Zehntelmilligramm und noch weniger dieses Stoffes aber sind minutiöse pünktliche Manipula- tionen, scharfes Aufpassen und Erwägen erforderlich, um die — be- sonders wenn die Harnsäure in Geweben eingeschlossen oder sonst mit anderen Substanzen schwer trennbar vermischt ist — nur spurweise und alterirt erscheinende Reaktion hervorzubringen; solche Umstände sind auch bei den Schuppen vorhanden. Bei der Untersuchung dieser Farbstoffe auf Löslichkeit ist es nicht immer leicht zu entscheiden, ob er als solcher für sich, z. B. mit Wasser in Lösung aus der Schuppe getreten ist, oder ungelöst mit anderem Schuppeninhalte gemischt. Beikleinen Mengen, mit denen man es hier fast immer zu thun hat, und bei sehr hellen Farben bleibt man oft lange im Zweifel, ob wirklich etwas in Lösung gegangen ist oder nicht, je größer die Verbreiterung der Lösung auf dem Objektglase ist, um so schwie- riger ist es, die Farbe wahrzunehmen; möglichst chemisch reine Re- agentien, widerstandsfähiges Glas, Abhaltung von Unreinigkeiten ist unerlässliches Erfordernis für zuverlässige Resultate. Was die Farben- erscheinung an sich betrifft, so ist auch sie von der Vergrößerungszahl der Objektive und Okulare, besonders vom Abstande des Objektives vom Präparate abhängig, und vor Allem von der Beleuchtungsweise. Im sogenannten einfallenden Lichte, d. h. wenn man mittels des Spiegels unter dem Mikroskoptische von unten herauf die Schuppe beleuchtet, ist die Farbenerscheinung nicht nur bei Interferenzfärbung, sondern auch bei echten Pigmentstoffen fast immer ganz anders, als im sog. reflektirten Lichte, d. h. wenn nach Entfernung des Spiegels die Schuppe nur von oben her diffus beleuchtet ist. Letztere Beleuchtungs- weise entspricht derjenigen der Schuppen, wie diese sie auf dem Schmetterlingsflügel erhalten, und wirklich stimmt die Farben- erscheinung meistens damit überein, wenn man z. B. ein Öbjektiv- Linsensystem beim Mikroskopiren verwendet, das etwa 10 mm Abstand vom Präparate erfordert, dabei kann man alle Systeme von Okularen anwenden. Anders ist es bei Verwendung eines stärkeren Objektiv- systems, das nur I bis !/, mm Abstand vom Präparate hat; im diffusen reflektirten Lichte allein, d. h. bei einseitiger Beleuchtung von oben, sind die Schuppenfarben kaum sichtbar, sogar die glänzenden Inter- ferenzfarben, die sie sonst am Flügel und bei Anwendung des schwäche- ren Objektivs zeigen, sind völlig verschwunden. Bei Beleuchtung der Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. 1. ade Schuppemittels Spiegels von unten herauf, oder im durchfallenden Lichte, das für die am Flügel haftenden Schuppen ausgeschlossen ist, ist die Erscheinung mit schwächerem Objektive anders, als man sie ohne Wei- teres voraussetzen würde. Ohne Zusatz von Flüssigkeiten, sog. Aufhel- lungsmitteln (Wasser, Alkohol, Glycerin ete.), erscheinen die Schuppen fast immer verdunkelt, oft so stark, dass sogar ein im diffusen reflektirten Lichte allein hellroth erscheinender Farbenton nicht mehr erkennbar ist, obschon doch Licht von oben nicht abgehalten wird, die Verdunk- lung bleibt sich gleich bei zugelassenem oder abgehaltenem OÖberlichte. Schuppen, die im diffusen reflektirten Lichte allein schneeweiß erglän- zen, erscheinen, nachdem man den Spiegel zur Beleuchtung von unten herauf eingestellt hat, in mattem gelblichgrauem Farbentone (isabell- farbig, rauchfarbig), auch Interferenzfarben erscheinen immer matter als bei Oberlicht, d. h. im reflektirten Lichte allein. Selbstverständlich ist, dass am Schmetterlingsflügel die Farbe auf der Flügelseite er- scheinen muss, auf welcher das Licht auffällt, d. h. die Beleuchtung stattfindet, denn nur hier kann die Reflexion ins Auge des Beschauers stattfinden. Fällt Licht von beiden Seiten auf eine Schuppe, so wirkt es obiger Beschreibung der Erscheinungen zufolge in der Weise, dass die Reflexionsfarbe nicht erscheint, es wird also entweder eine fast völlige Verminderung des Reflexionsvermögens stattfinden, oder aber es werden die dennoch reflektirten Strahlen so modifieirt, dass sie nicht mehr vom Objektiv-Linsensystem so gesammelt und so ins Auge des Beobachters fallen können, um die Reflexionsfarbe der Schuppe zu sehen; damit steht möglicherweise in Übereinstimmung, dass bei Anwendung eines stärkeren Linsensystems, das nur etwa !/, bis I mm Abstand vom Ob- jekte erfordert, eine Reflexfarbe überhaupt nicht zur Erscheinung kommi, sondern nur dann Farbe, wenn etwas Licht durch die Schuppe hindurchgeht, also der Spiegel unterm Objekttische auf Beleuchtung eingestellt ist, bei stärkerem Systeme ist dann die Farbe auch weniger matt als bei schwächerem. Wie schon bemerkt, erscheinen bei stärke- rem Objektivsystem die Interferenzfarben und auch der Dichroismus weder bei einseitiger, nochbeidseitiger Beleuchtung. Übergängezwischen den eben beschriebenen Erscheinungen je nach der Beleuchtungsweise treten auf bei allmählicher Drehung des Beleuchtungsspiegels um seine Vertikal- und Horizontalachse, es geht also auch hieraus die Nothwen- digkeit genauer Angaben des Versuchsverfahrens hervor; schon die wechselnde Beschaffenheit des Tageslichtes, wolkenloser oder bewölkter Himmel, und die Tageszeit mit ihrem mehr oder weniger polarisirten Lichtzustande bringt verschiedene Erscheinungen hervor, so dass man bei wiederholter Betrachtuug desselben Präparates nicht immer über- 314 Friederich Urech, einstimmende Erscheinungen beobachtet ohne Anwendung besonderer Kautelen. Noch wichtiger ist die Beleuchtungsweise bezw. die Spiegel- stellung bei Schuppen, die Interferenzfarben und Dichroismus zeigen können, hier findet oft schon während des Drehens des Spiegels ein Farbenwechsel statt, d. h. je nach der Spiegelstellung sieht man ver- schiedene Farben, die oft komplementär sind, als ob man im polarisirten Lichte mit Analyseur beobachten würde. Meine in der tabellarischen Zusammenstellung enthaltenen An- gaben betreffen die Untersuchung sowohl bei einseitiger, als auch bei beidseitiger Beleuchtung und zum Theil auch im polarisirten Lichte meistens bei 60facher Vergrößerung (Objektiv Nr. 1, Mzrz, Okular Nr. 2, Zeiss) und gelten nur für trockene Schuppen, also Luftimmersion. Die Farbenerscheinung bei nur Oberbeleuchtung, also im reflektirten Lichte, kommt der am Flügel haftenden Schuppe am ähnlichsten, und ist oft übereinstimmend damit; selten übereinstimmend ist hingegen die Far- benerscheinung bei Unterbeleuchtung, ich beobachtete und beschrieb sie, sowohl weil es nebenbei schnell möglich war, als auch, weil sie immerhin ein Merkmal für verschiedene Schuppenarten bildet, das noch näher zu ergründen ist, wahrscheinlich ist auch die Qualität und Quantität des übrigen Schuppeninhaltes und die Struktur der Schuppe mitbetheiligt. Angaben über die Erscheinung der Schuppe bei Anwendung von Aufhellungsmitteln betreffen in meinen Untersuchungen nur die An- wendung von Wasser und Säuren, die Ergebnisse haben aber mehr chemische, als physikalische Bedeutung, da diese Reagentien die Be- ziehungen zwischen Schuppen und Farbstoff alteriren und letzteren meistens extrabiren, während ich in Alkohol, Äther, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Terpentin, Benzol, Phenol, Anilin bis jetzt keinen dieser Pigmentstoffe löslich und extrahirbar gefunden habe. Was die Bezeichnung der Farben betrifft, habe ich mich an die » Chromotaxia seu Nomenclator colorum polyglottus additis speciminibus coloratis ad usum botanicorum et zoologorum« von P. A. Sıccarno (Pa- tavii Typis seminarii 1891. pretium 2 frk.) gehalten. Bekanntlich kommen an den Naturkörpern, was Farbstoffe betrifft, meistens Ge- mische von Farben verschiedener Wellenlänge und von mannigfaltigen Abstufungen in Nuance und Sättigung vor und lassen sich daher nicht nach einem einfachen theoretischen Prineip, wie z. B. die Spektral- farben nach ihrer Wellenlänge bestimmen und benennen, sondern nach herkömmlicher Vergleichung mit anderen bekannten häufig vorkom- menden Naturgegenständen, hierbei herrscht ziemliche Willkür in der Wahl der Vergleichsobjekte bei verschiedenen Nationen, aber auch der Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. I. 815 zur Vergleichung verwendete Gegenstand ist nicht immer untrügerisch, er besitzt selten überall und dauernd vollkommen den gleichen Farben- ton, seine Farbe hat oft mehr nur typischen Charakter und die Ver- wendung als terminus technicus ist mehr nur eine konventionelle. Saccarno hat in genannter Broschüre in sieben Kolonnen zusammenge- stellt: I) nomina latina typicorum colorum, 2) synonyma latina, 3) no- mina latina colorum affınium, %) nomina italica, 5) nomina gallica, 6) nomina anglica, 7) nomina germanica und in einer achten Kolonne nähere Definitionen der Farbennamen, und die Angabe der Natur- und Kunstprodukte, nach denen die Farben benannt sind. Für die typischen Mischfarben ist angegeben, aus welchen anderen sie gemischt sind. Fünfzig gemalte und benannte Farbenrechtecke erleichtern den Ge- brauch der Druckschrift. An den Lepidopterenschuppen kommen neben einfachen prägnanten leicht benennbaren Farben außerordentlich viele Mischfarben in un- zähligen Abstufungen der Nuance und Sättigung vor, auch die mehr oder weniger dichte Anhäufung der Schuppen, ihre Stellung zum Flü- gelblatte und Anderes mehr bringt solche Varianten zu Stande, daher ist auch bei ihrer Benennung die Anwendung von Vergleichskörpern resp. -Farben, die in entsprechender Weise an betreffendem Körper leicht variirend erscheinen, nicht unberechtigt, wie z. B. haselfarbig (avellaneus), rauchfarbig (fumosus), altdachziegelfarbig (latericius), augengrau (caesius), denn man findet dieses Schwanken in der Nuance sogar auch an verschiedenen Individuen ein und derselben Schmetter- lingsbrut, daher kommen die oft so sehr abweichenden farbigen Ab- bildungen in den Büchern verschiedener Autoren und verschiedener Decennien für gleich benannte Species und Subspecies (abgesehen von Verblassung des Farbmaterials). Wörtliche Beschreibungen können oft treffender bleiben als farbige Abbildungen, jedoch werden erstere sehr weitläufig und Wortleviathane sind fast unvermeidlich, wenn man nicht von den oben angeführten kurzen typischen Bezeichnungen von Misch- farben Gebrauch macht, die zwar selbst etwas Schwankendes in der Nuance in sich begreifen, dessen Umfang aber als bekannt vorausgesetzt werden darf. Da der nächste Zweck meiner Untersuchung der war, einen Über- blick über die Lepidopterenschuppenfarben zu gewinnen in Bezug dar- auf, welche mehr physikalischer und welche mehr chemischer Natur sind, als hauptsächlich betreffend Löslichkeit, Farbenbeständigkeit gegenüber gebräuchlichen Reagentien, wie Wasser, Säuren und Ammo- niak, so durfte ich, damit Publikationen darüber sich zeitlich nicht all- zulang hinausschöben, weder eine sehr große Anzahl Reagentien zur Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bad. EZ 316 Friederich Urech, Prüfung anwenden, noch jede mir zu Gebote stehende Lepidopteren- species auf alle ihre Schuppenfarben untersuchen, ich musste vielmehr eine geeignete Auswahl darunter treffen, und dies hat auch in so fern eine Berechtigung, als, abgesehen von der Verschiedenheit der Farben- töne, eine gruppenweise Übereinstimmung betreffend oben genannter physikalisch-chemischer Eigenschaften je in Hauptklassen der systema- tischen Eintheilung der Lepidopteren vorhanden ist. Bei einigen Species, besonders unter den lebhaft und intensiv gefärbten Rhopalo- ceren, z. B. der Vanessaspecies, habe ich, da sich hier die Schuppen der prägnant verschiedenen Farben auch leicht getrennt wegnehmen lassen, möglichst alle verschiedenen Schuppenfarben getrennt unter- sucht und von jedem Probeobjekt mittels Assr’schem Zeichenapparate den Umriss der verschieden gestalteten Schuppen abgezeichnet, fast durchweg in 150facher Vergrößerung, so dass ein Blick auf die Zeich- nungen aller von mir untersuchten Schuppen ihre Größenverhältnisse zeigt!. Wir wissen bereits aus den Untersuchungen von RoBErT ScHNEI- DER: »Die Schuppen an den verschiedenen Flügel- und Körpertheilen der Lepidopteren. Inauguraldissertation. Hallis saxonum. 1878« und von KETTELHoIT, dass nicht etwa nur bei den Hauptklassen der Lepi- dopteren, wie Rhopaloceren und Heteroceren, die Schuppen verschie- dene Form und Größe haben, sondern, dass den verschiedenen Bezirken der Flügelfläche (Area basalis, media, limbalis u. a. m.) Schuppen von verschiedener bestimmter Größe und Form eigen sind, deren Ungleich- heit bei den verschiedenen Gattungen einer Ordnung etwas geringer ist, und bei den Species ein und derselben Gattung annähernd je ein- ander entsprechend in der Verschiedenheit. Meinen Versuchsergebnissen zufolge scheint mir die Art der Farbe fast außer allem Zusammenhange mit der Schuppenform und ihrer Größe, wenigstens innerhalb der Species je einer Gattung und beson- ders innerhalb einer Species zu sein. So wenig als sich das Farben- muster an die durch das Geäder geschaffenen oder begrenzten sog. Flügelzellen kehrt, sondern von einem so zu sagen davon unabhängigem Direktorium geregelt zu sein scheint, eben so wenig ist auch die Farbe der Schuppen mit deren Form und Größe im Zusammenhange, wäh- rend, wie bereits bemerkt wurde, letztere beiden nicht in völliger Un- abhängigkeit von den Flügelbezirken, den sog. Zellen, sich zeigen. Es darf dieses Verhalten vielleicht so gedeutet werden, dass die Schuppen- farben die phylogenetisch neueren Erwerbungen sind, die Schuppen- gestaltung etwas älter ist von der Gegenwart aus gesprochen, und die I Diese Zeichnungen sind in dieser Abhandlung nicht enthalten. Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. 1. 317 jetzt für die Gattungen so konstante Aderzeichnung bezw. die dadurch bestimmten Flügelzellbezirke noch älter im Zusammenhange mit der Flügelbildung überhaupt!. Gern hätte ich meine Untersuchungen auf mehr Repräsentanten exotischer, besonders farbenreicher tropischer Gattungen sowie auf am Flügel gleichfarbig erscheinende Schuppen von nachahmenden und nachgeahmten Species ausgedehnt, doch stand mir hierfür nur wenig Material zu Gebote, während von Schmetterlingssammlern, Händlern und Naturalienkabinetten defekte Exemplare und Flügelbruchstücke als werthlos fortgeworfen werden, die für derartige physikalisch- chemische Untersuchungen noch eine reiche Fundgrube darböten. Es scheint mir überhaupt, dass die Schmetterlingsschuppen, obschon ihre Träger schon seit alter Zeit sich großer dilettantischer und fachwissen- schaftlicher Aufmerksamkeit erfreuen, doch noch nicht die wissen- schaftliche Detailbearbeitung und bildliche farbige Darstellung in Ge- stalt solcher Prachtwerke gewonnen haben, wie sie für das Farbenmuster, d. h. also das Gesammtbild, welches unzählige an Farbe und Größe verschiedene Schuppen auf einem Flügel dem unbewaffneten Auge verschaffen, existiren. Ich habe schon weiter oben bemerkt, dass manche Schuppe allein schon oft ein Farbenmuster unter dem Mikro- skop zeigt, das viel glänzender und farbenreicher ist, als wie das der ganzen Flügelfläche dem unbewaffneten Auge erscheint. Für die Her- stellung farbiger Prachtwerke der Schuppen zunächst nur einer Species ist es erschwerend, dass die farbige Wiedergabe mikroskopischer Bilder geleistet werden müsste, und es war vorerst wissenschaftlich wichtiger und nützlicher, den nöthigen Aufwand und die Mühe dazu der Er- forschung und bildlichen Darstellung anderer für die Biologie bedeu- tungsvollerer Organe, als die Flügelschuppen es sind, zuzuwenden, auch ist es ja nicht unwahrscheinlich, dass die Chromophotographie mit der Zeit sich zu einer mikroskopischen specifieirt, wodurch viel Zeit- aufwand erspart würde. i Wenn das Farbenmuster in vielen Fällen das Ergebnis mimetischer An- passung ist, so ist dennoch sehr zu bezweifeln, dass es in den Augen der anderen interessirten Thiere, die höheren oder niederen Stämmen angehören, das gleiche Bild hervorrufe. Es ist mir sehr wahrscheinlich, dass z. B. Insektenaugen nicht nur diejenige prachtvollen Interferenzfarben wahrnehmen, die wir nur ausnahmsweise, z. B. an Apaturiden, Lycaeniden u. a. m. am Schmetterlinge selbst sehen, sondern auch die, welche wir erst mittels optischer Hilfsmittel an der vom Flügel weg- genommenen einzelnen Schuppe wahrnehmen können. Mimetische Erklärungsver- suche bieten desshalb mehr Schwierigkeiten als man gewöhnlich annimmt, 34* 318 Friederich Urech, b. Chemische Versuchsmethoden. Die aus schon weiter oben angegebenen Gründen nur geringe Anzahl Reagentien, die ich zur Untersuchung der Schuppenfarben an- wandte, waren hauptsächlich nur Wasser; A0°/,ige und 28,50%/,ige Salzsäure; 48°/,ige Salpetersäure und 20°/,ige Ammoniaklösung. Soda- und Natronhydratlösung ließ ich diesmal weg, weil sie in Folge ihres weißen Rückstandes nach dem Eintrocknen die Farbenerscheinung sehr alteriren oder ganz verdecken. Trotz der Gebräuchlichkeit der angewandten Reagentien und der einfachen Manipulationen bei ihrer Verwendung muss ich letztere des schon oben hervorgehobenen speciellen Charakters der Mikrochemie wegen ausführlich angeben, weil es mir selbst Anfangs begegnete, dass ich bei Wiederholung des Experimentes oft sich widersprechende Re- sultate und erst nach striktem fast schablonenmäßigem Innehalten des Versuchsverfahrens eine Übereinstimmung erhielt. Zunächst sei be- merkt, dass die Reagentien chemisch rein zur Analyse aus der Fabrik von Mrrk in Darmstadt bezogen wurden, und ich auch bei ihrer Ver- wendung Verunreinigungen, wie sie durch vieles Öffnen der Gläser an Zimmer- und Laboratoriumsluft, durch Eintauchen von Glasstäben und Pipettchen zum Herausnehmen der Flüssigkeit allmählich eintreten und zunehmen, möglichst zu vermeiden suchte, besonders auch dadurch, dass ich in das jedes Mal frisch gereinigte Gebrauchsglas immer je nur kleine Portionen abzapfte. Auch auf reines destillirtes Wasser ver- wendete ich besondere Aufmerksamkeit und Sorgfalt, und machte bei dieser Gelegenheit erst die Erfahrung, dass mikroskopisch reines Wasser schwieriger erhältlich und aufbewahrbar ist, als chemisch reines, und dass besonders auch die Widerstandsfähigkeit der Objektgläser gegen warmes Wasser, selbstverständlich noch mehr gegen Säuren viel zu wünschen übrig lässt. Bei hundertfacher Vergrößerung war bei Objekt- gläsern, auch aus besseren optischen Instituten eine geringe ringförmige Ätzungszone des Glases sogar durch nur niedrig erwärmtes Wasser er- sichtlich. Bei stärkerem Erhitzen konnten nur Kontrollversuche, nämlich Verdampfen eines Wassertropfens ohne Schuppen und daneben gleich- zeitig eines solchen mit Schuppen vor fehlerhaften Beobachtungen und Annahmen bewahren, indem beide Trockenrückstände mit einander verglichen wurden. Die Anwendung des Wassers bestand meist darin, dass es über den auf dem Objektglase angehäufelten Schuppen rasch abgedampft wurde, indem das Objektglas auf einen gegen 80° erwärmten Ziegelstein gelegt wurde, immer wurde das Abdampfen derselben Schuppen mehr- Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. I. = 319 mals wiederholt. Wenn das Pigment schon bei gewöhnlicher Temperatur sich leicht in Wasser löste, habe ich es in den Tabellen besonders her- vorgehoben. Die Säuren wandte ich nach gleicher Methode an wie das Wasser, eben so das Ammoniak und verhinderte allfällige Mischung der Dämpfe, indem ich nie etwa eine Säureprobe gleichzeitig mit einer Ammoniak- probe auf der Platte abdampfte. Die Abdampfungsrückstände wurden sammt den Schuppen, wie bereits oben angegeben, mikroskopisch unter- sucht. Die Wahrnehmung von extrahirtem Pigmente ist dadurch er- leichtert, dass es fast ausnahmslos sich an die Peripherie der Flüssig- keitsschicht hinzieht, und dort in schmaler Ringform eine Zone bildet nach dem Verdunsten des Reagenses!. Außer wässerigen Lösungen, wurden oft auch die Dämpfe der Säuren und des Ammoniaks zur Ein- wirkung auf die Schuppen gebracht, indem das Objektglas mit daran haftenden Schuppen über die weite Öffnung des Reagensglases eine Zeit lang gelegt wurde, man konnte so das Verhalten des Reagenses zum Farbstoffe beobachten, ohne dass es aus den Schuppen trat. 3. Versuchsergebnisse, Die sämmtlichen Versuchsergebnisse habe ich so viel als möglich war, in den Tabellen in folgender Weise rubricirt: Kolonne | enthält die nach Staupinger-Woke's System eingetheilten Speciesnamen, Kolonne II giebt die Flügelstelle der untersuchten Schuppen an, Kolonne III die Schuppenfarbe so, wie sie am Flügel neben den anderen dem unbewaffneten Auge erscheint und auch gemalt wird. Die beiden folgenden Kolonnen enthalten die Angabe über die Farbe der einzelnen Schuppe bei mikroskopischer Betrachtung (60fache Vergrößerung) und zwar: Kolonne IV im durchfallenden Lichte, Kolonne V im reflektirten Lichte. Die übrigen Kolonnen enthalten die Beschreibung des Verhaltens der Schuppenpigmente gegen die weiter oben genannten Reagentien, und zwar Kolonne VI gegen heißes Wasser, Kolonne VII gegen Salzsäure, Kolonne VIII gegen Salpetersäure, Kolonne IX gegen Ammoniak; dieser Kolonne sind auch noch einige andere Bemerkungen eingefügt. 1 Auf diesen Vorgang beziehen sich alle meine Angaben über die Farbe des Pigmentes, 320 Friederich Urech, a. Chemische Ergebnisse. Die Angaben dieser vier letzten Kolonnen betreffen größtentheils nur Löslichkeit oder Unlöslichkeit des Pigmentes resp. Extraktion und Ver- änderung oder Konstanz der Farbe durch das angewandte Reagens. Es zeigt sich, dass (ganz abgesehen von den Schuppeninterferenzfarben und dem durch Reflexion an Luftgehalt entstehenden Glanzweiß) auch chemische Pigmente von gleicher Farbe an Species verschiedener syste- matischer Gruppen verschiedenes Verhalten in Bezug auf Löslichkeit und Farbenänderung durch eines dieser Reagentien zeigen, also ver- muthlich etwas verschieden chemisch konstituirt sind; so giebt es z. B. unter den rothen Pigmenten einige, die durch Säure gelb, durch Am- moniak (Basen) wieder roth werden, also die Eigenschaft der in der chemischen Analyse gebräuchlichen Säuren- und Basenindikatoren haben. Man kann diesen Farbenwechsel am schärfsten an den Schuppen selbst hervorbringen mittels Säure- und Ammoniakdampf, also ohne den Farbstoff zu extrahiren, diese Schuppen verhalten sich wie Reagens- papier. Während also das rothe Pigment gewisser Schuppen durch Säuren sich in gelbes verwandelt und durch Ammoniak wieder roth wird, ist mir hingegen von den in den Schuppen z. B. von Papilioniden, Pieriden, Arctiden enthaltenen gelben Pigmenten keines vorgekommen, das sich durch Ammoniak in rothes verwandelt hätte, die meisten bleiben mit Ammoniak unverändert gelb (das durch Säuren hellgelb gewordene gelbe Pigment der Vorderflügel von Arctia purpurea wird mit Ammoniak wieder gelb), andere nehmen hingegen einen grünlichen Farbenton an, z. B. das mittels Salzsäure extrahirte gelbe Pigment von Papilio Machaon. Auch viele durch Salzsäure extrahirte bräunliche, oliven- und hasel- farbige Pigmente bekommen nach dem Eindampfen mit Ammoniak einen dunkleren Farbenton, was ich in der Tabelle angemerkt habe. Da die Schuppen verschiedener Species, besonders wenn letztere verschiedenen systematischen Gruppen angehören, auch in struktureller Beschaffenheit ungleichartig sind, d. h. die einen durchlässiger für Pigment und Lösungsmittel als die anderen, oder auch nur etwa spröder und daher brüchiger, wodurch der Eintritt des Reagenses erleichtert ist, so ist es leicht möglich, dass die von mir beobachtete und in den Tabellen angegebene geringere oder größere Löslichkeit des Pigmentes in wenigen Fällen nur durch die Schuppenstruktur verursacht ist und nicht von der Natur des Pigmentes abhängt. Es ist auch möglich, dass bei den verschiedenen Schuppen ein und derselben Species solche Durchlässigkeitsunterschiede vorhanden sind, besonders etwa bei Schuppen der Ober- und Unterflügelseite. Auf durch Alter spröde ge- Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. I. 391 wordene Schuppen ist es wahrscheinlich auch nur zurückzuführen, dass ich in einigen Fällen bei halbhundertjährigen Sammlungsexemplaren, z. B. von Arctiden die Löslichkeit leichter fand als bei nur einjährigen, jedoch muss ich dieser Vermuthung entgegen hervorheben, dass die einjährigen Exemplare trotz Zerreibens der Schuppen zwischen rauhen Glasflächen ihr Pigment doch nicht leichter abgaben. Von den Prüfungen auf Murexid (Salpetersäure-Ammoniakme- thode), die größtentheils nur bei nicht dunkel gefärbten Schuppen an- wendbar sind, habe ich in den Tabellen meist nur die positiven Ergeb- nisse, d. h. die Fälle, wo unzweifelhaft eine deutliche Rothfärbung, nicht nur eine tiefgelbe Farbe eintrat, eingetragen. Unzweifelhafte Erfolge gab die Murexidprobe unter den Pieridenarten. Ich will es nicht unterlassen, hier zu bemerken, dass, was besonders die chemische Natur der Lepidopterenschuppenpigmente betrifft — ich meine ihre Identifieirung mit seien es künstlich dargestellte oder gut untersuchte Pigmente anderer Lebewesen und somit die wissenschaftlich fest- gestellte chemische Konstitution des Schmetterlingspigmentes —, ein eindringlicheres specialisirteres mikrochemisches Experimentiren ver- langt, als wie es dieser Abhandlung zu Grunde liegt, deren Tabellen- inhalt mehr nur umfassender und vorbereitender Art aus weiter unten noch besprochenen Gründen ist. b. Chemisch-Theoretisches. Die bis jetzt bekannten chemisch-physiologischen Thatsachen über Lepidopterenpigmente deuten darauf hin, dass letztere aus Körpern der Harnsäuregruppe und mit ihr verwandten anderen Gruppen ab- stammen, zu denen auch die Nucleinbasen (Xanthin, Hypoxanthin, Adenin, Guanin) gehören; sie wurden Nucleinbasen genannt, weil sie die spontanen Zersetzungsprodukte des Nucleins sind neben Eiweiß und Phosphorsäure. Auch aus Eiweiß können Farbstoffe entstehen, künstlich hat man dem Indigo und Krappstoff verwandte chemische Verbindungen dargestellt. Die Nucleinbasen sind farblos, es ist aber gut bekannt, wie durch Aufeinanderwirkung farbloser Körper, z.B. von Alloxanamid- und Pyrol- lösung außer weißen oder farblosen Einwirkungsprodukten in geringer Menge grüne und violette Nebenprodukte entstehen. Aus Phenanthren- Chinon und Pyrol entsteht ein braunrother Stoff -— unbeständige Farb- stoffe, die also hierin mit den Schuppenpigmenten nicht überein- stimmen. — Auch in den Schmetterlingsschuppen sind neben den Pigmenten farblose Verbindungen in stark überwiegender Menge vor- handen, dass unter ihnen Nucleinbasen und der Harnsäuregruppe 322 Friederich Urech, angehörende Verbindungen enthalten sind, vermuthe ich daraus, dass man wie mit diesen gelbe und gelbrothe Farbenreaktionen erhält beim Behandeln mit Salpetersäure und Ätzalkalien. Auf die Herkunft der Schuppenpigmente aus Nucleinbasen stützt sich wohl auch die Ver- muthung, dass erstere aus Leukocyten stammen, die ihr Pigment an Epithelzellen abgegeben haben. Mit farbigen Derivaten der Harnsäure und ihr nahe stehenden Gruppen sind sehr wahrscheinlich Schuppenpigmente besonders der Pieriden und Nymphaliden nahe verwandt, aber identisch mit z. B. Murexid, Mycomelinsäure, Violantin und violursauren Salzen, Alles schön farbige Körper, sind sie kaum, schon der größeren Beständigkeit wegen, nicht. Echte blaue Schmetterlingsschuppenpigmente scheint es mir überhaupt nicht zu geben. Da die Chemie der künstlich dargestellten Farbstoffe den einfachen und kondensirten Benzolkern (Naphthalin, Anthracen) resp. ihre Sub- stitutionsprodukte als reichlich dauerhafte Pigmente spendend gefunden hat, so wurde in diese Hauptgruppe und in sich eben so verhaltende andere Gruppen mit ringförmig geschlossener Atomverkettung z. B. Chinolin, Pyrol, Thiophen die Schuppenpigmente hingehörend öfters vermuthet, um so mehr, da man ja auch in dem sehr kompliecirten Eiweißmolekül aromatische Gruppen voraussetzen zu dürfen Andeu- tungen gefunden hat. Das in den Tabellen angegebene beobachtete Verhalten, betreffend Löslichkeit und Farbenwechsel, spricht theils für jene Vermuthungen, theils dagegen, besonders die durchweg sich zeigende Unlöslichkeit der Schuppenpigmente in schon weiter oben ge- nannten gebräuchlichen organischen Lösungsmitteln (ausgenommen Säuren) und die bei den Nymphaliden vorkommende leichte Löslichkeit in Wasser. Über Identität mit künstlichen aromatischen Farbstoffen oder natürlichen des Pflanzenreiches ist experimentell bis jetzt noch kaum etwas festgestellt, nicht einmal für thierische Pigmente, die aus anderen Klassen als der kleinen Insekten in viel größerer Menge sammel- bar sind, wie z. B. Vogelfederpigmente. Synthetische und physiologische Farbenchemie haben einander zu diesem Zwecke noch zu wenig die Hand geboten und gemeinsame Ziele ins Auge gefasst. Da die Quantität der Schmetterlingsschuppenpigmente eine che- mische Untersuchung meistens nur mittels des Mikroskops gestattet, und in der Mikrochemie neben den Krystallformen besonders Farben- reaktionen zur Erkennung der chemischen Verbindungen behilflich sind, so bedarf es auch noch einer größeren Ausbildung der mikro- chemischen Farbstoffanalyse, als sie gegenwärtig vorhanden ist. Für Schmetterlingsschuppen hat bis jetzt nur die Murexidreaktion Schluss- Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. 1. 32 folgerungen auf die chemische Natur eines Theiles des Schuppeninhaltes ermöglicht. Als mir die gelben Schuppen von Papilio Machaon mittels der Reagentien auf Murexidreaktion eine grüne statt purpurrothe Farbe gaben, suchte ich in den Lehrbüchern der organischen Chemie nach weißen und gelben chemischen Körpern, die diese Farbenreaktion zeigen und fand nur für Kynurensäure eine etwas entsprechende An- gabe, aber nicht genügend übereinstimmend mit meinem Befunde, um mit Sicherheit Kynurensäure in diesen Schuppen annehmen zu dürfen. c. Physikalisch-Theoretisches. Dichroitische Erscheinungen, wie ich solche an den Schuppen mehrerer Species beobachtet und in der Tabelle angemerkt habe, er- fordern vor Allem, dass der betreffende Stoff doppeltbrechend sei, der Dichroismus und Pleochroismus ist eine Absorptionserscheinung an zahlreichen farbigen anisotropen Krystallen. Amgronx in seiner Broschüre »Anleitung zur Benutzung des Polarisationsmikroskops bei histologi- schen Untersuchungen« (Leipzig, RosoLsky, 1892) sagt darüber p. 40 weiter: »Die Absorptionserscheinung besteht darin, dass die beiden durch Doppelbrechung senkrecht zu einander polarisirten Strahlen ver- schiedene Farbenabsorption beim Durchgange durch die Krystallplatte erfahren. Die Färbung der einzelnen Strahlen lässt sich im gewöhn- lichen Lichte nicht beobachten,. da man sie unter solchen Umständen nicht getrennt von einander sieht, die im gewöhnlichen Lichte er- scheinende Farbe ist daher eine Mischfarbe. Nur bei Anwendung pola- risirten Lichtes sind die verschiedenen Farben nach einander sichtbar. Ähnlich wie Mineralien und künstlich gewonnene Kohlenstoffverbin- dungen, — unter denen der Herapeathit (schwefelsaures Jodchinin) in der einen Richtung so starke Absorption besitzt, dass schon bei geringer Dicke der Platte der eine Strahl vollständig ausgelöscht wird, während der andere fast ungeschwächt hindurchgeht —, besitzen auch doppelt brechende Gewebspartien des Pflanzen- nnd Thierreiches (Spiralfasern, Chitinsehnen der Arthropoden) nach Färbung mit CGhlorzinkjod starken Pleochroismus.« Nach dieser Darlegung von Ampronn (in den Lehr- büchern der Physik findet man nur spärliche Angaben über den Di- chroismus) ist also für dichroitische Wahrnehmung außer Doppelbrech- barkeit des Stoffes noch eine Färbung erforderlich; dichroitische, meist als Komplementärpaare auftretende Farben sind weder bloße Interferenzvorgänge, noch bloße Pigmentfarben. In chemischen Lehr- büchern findet man den Dichroismus einfach in folgender Weise definirt: »Dichroitische Erscheinung besteht darin, dass ein Körper im durch- fallenden und reflektirten Lichte verschiedene und zwar komplementäre 324 Friederich Urech, Farben zeigt.« Als Beispiele von ausgezeichnetem Grade des Dichroismus werden aromatische Farbstoffe, vor Allem Rosanilin und ein Methylderivat desselben (Jodgrün) genannt (Hornann und Dovs, Ber. d. D. chem. Ges,., Jahrg. 1880, p. 913), und zu deutlicher Erscheinung wird er einfach dadurch gebracht, dass man alkoholische Lösungen des Rosanilins auf Glasplatten verdunsten lässt, wodurch diese mit einem homogenen vollkommen durchsichtigen Firnis überzogen wird; im durchfallenden Lichte sieht man dann eine prachtvoll grüne, im reflektirten eine kupfer- roth glänzende Farbe. — Zu untersuchen, wie obige physikalische Definition und Beobachtungsweise des Dichroismus (nach Ansronn) mit letzterer Darlegung chemischer Lehrbücher in theoretischen Einklang zu bringen wäre, ist hier nicht der Ort. Ich beobachtete an den Schuppen den Dichroismus im polarisirten Lichte mittels Nikols, also beide Komplementärfarben im durchfallenden Lichte. Aber auch ohne Nikols beobachtete ich Schuppen, die im reflektirten Lichte die Kom- plementärfarbe der im durchfallenden Lichte auftretenden Schuppen- farbe zeigen, besonders glänzend an gewissen Käferschuppen, aus denen kein Pigment extrahirbar war, sondern wo die Schuppen bei Zusatz des Reagenses farblos wurden, und erst nach dem Trocknen die frühere Farbeneigenschaft wieder zeigten oder auch ganz farblos blieben, also kein chemisches Pigment enthalten, während bei Schmetterlingen meistens auch noch ein extrahirbares chemisches Pigment in den be- treffenden Schuppen vorhanden ist. 4. Zusammenfassung der Versuchsergebnisse, betreffend das Verhalten der Schuppenpigmente gegen die angewandten Reagentien. Nach diesen Einzelerörterungen über den Inhalt der Tabellen lasse ich hier eine kurze übersichtliche Zusammenfassung des in ihnen an- gegebenen Verhaltens der Schuppenfarben zu den angewandten che- mischen Reagentien folgen. Voraus sei bemerkt, dass ich die in Wasser löslichen Pigmente auch immer und zwar leichter löslich in wässriger Säure und Ammoniakwasser fand, in koncentrirter Säure und Ammoniak leichter löslich als in verdünnten, und in Salpetersäure besser löslich alsin Salzsäure!. In Nachfolgendem bezieht sich die Farbenbezeichnung auf die Farbe, wie sie die Schuppen am Schmetterlingsflügel zeigen, auch habe ich kurzer Übersichtlichkeit wegen die Farbennuancen mit den Hauptfarben zusammengefasst, so weit es mit dem Verhalten ver- einbar war. 1 Die Pigmente, die sich im Wasser lösen, lösen sich auch in wässerigem Am- moniak, hingegen ist das Umgekehrte nicht immer der Fall; noch weniger sind alle in Salpetersäure löslichen Pigmente auch in wässerigem Ammoniak löslich. Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. I. 2325 1, Dassch warz erscheinende Schuppenpigment ist fast ausnahms- los bei allen Species in Wasser, auch stark erhitztem, unlöslich, hingegen geht mit Salpetersäure immer Pigment in Lösung, doch nie mit ganz schwarzer Farbe, meist umberbraun, auch olivenbraun. Bei vielen Species geht das Pigment auch mit Salzsäure, besonders koncentrirter, in Lösung. 2) Auch die braunen Pigmente sind meistens bei allen Gattungen in Wasser unlöslich, hingegen fast immer löslich in Salzsäure, besser noch in Salpetersäure. Im Wasser sind einige braune Pigmente von Nymphalidenspeecies ziemlich leicht löslich. 3) Rothe und orangene Pigmente sind unter den Pieriden-, Lycaeniden-, Nymphaliden- und Zygaeniden-Species in Wasser löslich, zum Theil auch unter den Papilioniden; nicht habe ich Wasserlöslich- keit erhalten unter den Sphingiden, Arctiden, Bombyciden, Saturniden und Geometriden. Unter den Noctuen sind rothe und orangene Pig- mente weniger häufig und nicht in gesättigten Farbentönen, zu den Ausnahmen hiervon gehört z. B. Katakala, bei dieser Gattung ist das Pigment in Wasser kaum löslich und bei den übrigen von mir unter- suchten Noctuengattungen nie, sondern erst in Salzsäure. Durch Säure wird das orangene und rothe Pigment bei vielen Spe- cies gelb und durch Ammoniak wieder orange bezw. roth, dieses Rea- gens extrahirt daher auch mit letzteren Farben. Ich beobachtete diesen Farbenwechsel unter den Papilioniden, Sphingiden, Zygaenen, Arctiden, Saturniden, weniger unter den Nymphaliden, und unter den Noctuen an Katakala. 4) Für gelbes Pigment ist die Löslichkeit ähnlich wie bei Orange- gelb; überall, wo das Orange einer Species löslich ist in Wasser, ist es auch das Gelb, wenigstens das der Oberseitenschuppen, während dem Gelb nur genäherte Farbentöne, wie Lederfarbe, Isabellfarbe (z.B. die- jenige an den Unterseiten von Vanessa-Arten), hellbraune Farbe und ähnliche mehr, oft unlöslich in Wasser sind. An Orangeroth schließt sich das Gelb daher meist auch im Falle von Unlöslichkeit in Wasser an, es ist also unlöslich bei Sphingiden, Arctiden, Lipariden, bei Noctuen und Geometriden; löslich bei Pieriden (bei Papilioniden schwieriger), bei Lycaeniden, Nymphaliden, Satyriden und Bombyciden. In Salzsäure ist gelbes Pigment fast immer löslich, eben so in Am- moniak, durch welches es in einigen Fällen etwas intensiver gelb wird, aber kaum orangeroth, in wenigen Fällen grünlichgelb nach voran- gehender Extraktion mit Salzsäure. 5) Weiß, das unter den Pieriden stark als Pigment vertreten ist, ist meist auch in Wasser löslich, unlöslich oder doch sehr schwer lös- 326 Friederich Urech, lich fand ich es bei Nymphaliden, Apaturiden, Arcetiden, Lipariden, Hadeniden und unter den Geometriden und Tineiden; es war nicht immer entscheidbar, ob es bei diesen Gattungen nicht nur Reflexfarbe in Folge von Luftschichten ist, wie z.B. bei Leucoma salieis, in welchem Falle sich selbstverständlich kein Pigment lösen kann. 6) Grünes Pigment kommt unter den Pieriden, Lycaeniden und Geometriden wasserlöslich vor, unlöslich ist es bei Atychia (Ino) pruni (eine Zygaenidenspecies) und Papilio Eurymedes; an Salzsäure gaben die grünen Schuppen meistens gelbliches Pigment ab. Als Interferenz- und dichroitische Farbe kommt Grün oft vor. 7) Violett und Blau sind besonders unter den Rhopaloceren vielfach vorkommende Farben, so bei Lycaeniden und Nymphaliden, unter den Heteroceren bei Zygaeniden. Meistens sind sie Interferenz- farben, die unter dem Mikroskop mit stärkeren Objektivsystemen und daher geringem Abstande vom Präparate nicht mehr sichtbar sind, die Schuppen erscheinen farblos oder weißlich. Nur in wenigen Fällen geht mit Wasser oder Säure ein bläuliches Pigment in Lösung, ich be- obachtete es an Smerinthus ocellata. Wo Blau eine dichroitische Er- scheinung ist, ist auch ein Pigment daran betheiligt, das mit gelblicher Farbe extrahirbar ist. Betreffend dieser kurzen Zusammenfassung, welcher besondere kompendiöse Tabellen, die aus den ausführlicheren ausgehoben wur- den, zu Grunde liegen, mache ich ausdrücklich darauf aufmerksam, dass sie sich nur auf die Ergebnisse meiner an gegen 100 Species an- gestellten Untersuchungen erstreckt, und dass unter diesem kleinen Bruchtheile die Noctuen und Geometrae am wenigsten vertreten sind, die Mikrolepidopteren fast gar nicht. Von diesen 100 Species wurden mehrfach eirca 250 Schuppenhäufchen eigener Farbe wiederholt den mikroskopischen physikalisch-chemischen Untersuchungen unterworfen. Die Ergebnisse der mikrochemischen Untersuchung der Schuppen nur in kompendiöser tabellarischer Zusammenstellung mitzutheilen erschien mir etwas unzureichend, die übersichtliche Kürze, die man damit bezweckt und erreicht, ist vielfach im Vergleiche zur Separat- beschreibung nur mit Hintansetzung der thatsächlich mannigfach vari- irenden Detailerscheinung möglich. Tabellen haben einen systematischen und apodiktischen Charakter, ihre Aufstellung ist desshalb sehr zu er- wägen; will man sie nicht selbst wieder auf alle vorkommenden ein- zelnen Variationen, Übergangserscheinungen u. A. m. ausdehnen und so nicht ihren Zweck, nämlich kurze Übersichtlichkeit, verfehlen, so ist man oft zur Entscheidung zwischen Gegensätzen genöthigt, während doch die thatsächliche Erscheinung mehr oder weniger zweifelhaft ist. So Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. I. ST ist es z. B. oft unmöglich über das Verhalten eines Schuppenpigmentes zu Wasser betreffend Löslichkeit das Dilemma löslich oder unlöslich mit ja oder nein zu entscheiden, da es oft auf noch unaufgeklärte zu- fällige Vorgänge und Umstände bei den mikrochemischen Manipulationen ankommt, was von beidem deutlich eintritt, solche Verhältnisse müssen beschrieben werden. Eben so ist es auch oft mit den Farbenerschei- nungen. Bei Wiederholung der betreffenden Versuche geräth man auf leidige Widersprüche, so dass man anfänglich strikte Qualificirung, wie sie von tabellarischer Übersichtlichkeit gefordert wird, wieder fallen lassen muss, um naturgetreu zu bleiben. Begegnen solche Vari- anten und dadurch verursachte Zweifel und Widersprüche ein und demselben Untersucher und mittels desselben Apparates, wie viel mehr dann einer größeren Anzahl! Man muss dem zwar entgegenhal- ten, die physikalisch-chemischen Gesetze seien ganz strikte und daher müssten auch die Erscheinungen eindeutig aussprechbar sein, dies soll allerdings angestrebt werden, bei den komplicirten Verhältnissen des organischen Lebens ist es aber nicht immer erreichbar, und die systematischen Darstellungen sind Abstraktionen und Verallgemeine- rungen, die für alle Specialfälle kaum passen; dennoch sind systema- tische Tabellen aus didaktischen Gründen erforderlich, sie unterstützen das Gedächtnis, sind Zeit und Raum sparend, und verschaffen eine doch annähernd richtige Übersicht. Gesagtes möge bei Durchsicht meiner Tabellen ! Berücksichtigung finden. Ich habe, wo sich, ohne formelle und ‚sachliche Verwirrung anzurichten, in den Tabellen nicht mehr genug Raum bot, für die Beschreibung von einzelnen eingehender untersuchten Erscheinungen »Zusätze« beigefügt. Die tabellarische Zusammenstellung ergiebt betreffend der Löslich- keit der Schuppenpigmente im Ganzen betrachtet, dass von Weiß nach Gelb, Roth und Braun hin die Löslichkeit im Wasser schwieriger bis unmöglich wird und bei schwärzlichen Pigmenten meist nur mit Sal- petersäure gelingt. Die Ausnahmen von diesen Ergebnissen haben ihre Ursache vermuthlich darin, dass die betreffenden Pigmente nicht der gleichen chemischen Hauptgruppe angehören. Mittels Schwefelkohlenstoff, Alkohol, Chloroform, Äther, Benzol, Phenol und Petrol konnte ich die von mir untersuchten Schuppenpig- mente nicht extrahiren. ! Die Abbreviaturen und begrifflichen Kürzungen in den Tabellen sind am Ende der letztern erklärt, | "dd 'unadusAalfo yaıl nn Dan gi an a m an nroyospme ury 'sg 'p I FT nn -yegwi[e "qayxa 'yNUIY — "dd 'SQAJURAIJO "Y1X9|'SA LION yAIXO! 5 YONZzIBMUoS u9go yIIZIBMUYoS ZIeMUyos SLIEKECH N) "unıd y9ou o]Ie usddnyas oıp puıs | ywy d9po uaanes | [[euy9Ss "dd . 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Zoologie. LVII. 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I. ‘34 'Squ -[[9qest "yX9 "NULV äg sounesqaoqum semj9 "yalX9 qosunıs ul ASUBAIO UOA [ISYI9M -U9AAE JJ1WI UIID IM -ı9qwn ur nejqjow -wIy UOA [9sy99M -u9qIeg JLLU U9TO 91M duedo ur yoı[nelq UOA [OSYIIMUIGABH J9p Ist anu “uago 9IM "ı95ueJo Ul 'Sunud uoA 37eJs [9Sy99M -u9qdey JOIBJuO9W -9jLWON A9STOMUuo] -[995 ur addnyas 19p Jane 9opuy spoöaıds sap suay -2IqQ Ss9ap pusıyem "sa 3qa} -[[9gest "yı9Xo "yuy|'ög sep 'yıx9 "d gu -U9AITO "yAYXO 'NWY sojgqıeJ uop ı fe -19M "’ddyas 'p “sd Stque] uoy99] J |H9A1yef 08 — soq[9sstuoy ’yıaXd "34 'yxalqjosıoayyop Ppuazuejs| "Squppgesi yew -[fogesi “TOSA9qQ| | 'I5SF1TU9M -qQ1J21]191U] sıu "p uo1a1]ıoA "ddyas wınespuey || -ıojeigq aıp Yreyu-"ddyas | "Sg seunesg uneigq |'szZ 's "Sqapjsoul uneug KLIERACHTE) ] -Ixeue _ "ywvV — usIqaejpoduneig yxo| wney "yaxal-sjpnı sıq "Squjaoqwun|YjoyunpasA Yaeıs| -Asquun) "Syaopıo‘) oydıom a "SZ 'S "qQ1J21].199 aopueg | -UJ 9J0A9SURI1O pun u9y99]4 — — neadueöne nei 'n ounas-nejq Tom ‘“OrLasI9gO uneilq sojque} 3SeF neıs ’n y]foyaS | Joy9aöpneopug "öd '3q4J -/ne saaojun “Squ7 | SOasyun “uneigq uneugq — -U9A1LJO SEMI9 "YAJXO -A9qwN 9puN S919IO/-45S0A1JI9UL AIg0| -Aoquun SIPSIIAO yıaysny-'d 9uyo sojquey "ddyas 3 i 31oy i sta "Sd ul | oIıp Jypew oanes as 1 pu9zuej5p]j0oS | -aSjne ury 'sq rue v "y2)X9 'yWV| 9oJuunpIeA uoyas lee) "A1[9)5 Sqajıoquun| 'p’595 “uneigqgles uneuaq oyrasaoyun|i ” — '"öd 'yaX9 ne1s-yol[g]Tem -Sqapyonea| "Sqaj[osey ylosaoyun "sz Ss OU -95pne ury 'sgq 'p puaı — — °q1JZ1J19JuJ ‘Y9JoIA| U9895 "Squpsoa |-1STAT nefq | Sıp yaınp ud9uI "öq |-uespoA 'n Ja9sseM nu "Sd -WIUOS "QAJZAJ19I uneı1gIsou “ıqapel |oyrwausy99]J yyo1a] 'yaJXx9 "yWwy|[iouyds 'yaxoloım spe Aossoq "yıJx9] YyoIa] "yayXo -uf oneIq ‘uneig4so1 soyjoyunpasa| -oNoy9] ‘ay1asaoyun yaIIzıBMy9Ss "qAJZAJ10juJ onejq | 4SeJ ‘uneig SO} uneIg @IERACH (0) snisgr "Sg U1oy "yayxol'Sgquroyymxal'smps “Sgqaptoqumm|-joyunpisA Yıaeysj-uslIuejseN] 2 "[SIOPAOA See ay19ıuoy u) -2>gpuey yaııneq SyTosıeyufn A9SSeM Inu Squpoq | snwstoaysıq "q]85 |sTLoyg ‘Sqaypogest oa |n eJ19SA91O — 9IM STE AOSSOA "UNXO -esı dg "yaXo|-198400 pun nejqfoy|sployg (oyunpasa| -egue1ol "SWIOPIOA uap -1ınyedy Friederich Urech, 334 = "SqQ17JS01'YayX9 "yNwY\[JOUY9S "yıyXxo 9095 uayaı] -$JIOM "ya9XO 'yUUY Ssıuom anu Sg 'Squ -UBALJO "Ya9Xo yWY sne ya) YoIs ‘sorque) Ssyyaısyaanp 'ddyas Ip Jypewu "yULY | "öd Ss94q195 -UNeIg "Y1X9 'yWV |I° "ad "zqapoges! 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I. Bi. 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I. 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I, 9ines | -zjeS 9IM "34 soq[e3sıuoy spe dossaq "öd saq[»3 .g SıuoM "y1X9 '1WwY)’S4 Sep "yAX9-Sıuoy SEMI9 "YLIXO 5 d. pu9zue]s "SqAJu9AL]o ya 9qlejesoy 9Ip mel) YaILJI aM -419w Yyaıu "ddyas -ddyas 'p U9I9I]I9A se] 1Jo ‘puozue]s Ip 419PUBIHA 'NULY _ 9anes "PI9A y9anp yI01eS0A UOeMyos dd '"yUNx9 J9SSeM Inu 9IM "Sg u1oy sep Joxunp 'Nwyyıuı — spe ‘54 Jossoq "yX9 756] "y1IX9 qrossıuoy| OYUNPIYA zued "öd soq wo.auneag yıoyaspme gJIom -[95uouo.A19 |S9 Pam 'ywy Yııı "ög uroy -y91fg95 uny 'sgq -Sd semgo yaxayuuy| 44919] "yayxa|“ Sg sOyd1Tg]98 "yayx9 456] "yxo|'p 3 uneaquoluegsey a9yunp Sa PAIM "YUV yoınp “Sa soq[pssıuoy — — — 1I9y "y1x9 "Squjesod SIAQIEFOSULLO so pıım | "ywYy ypanp Pam 'ywvy yoanp uneiqy901 Ssemy9 "äd '3qU “Sg sayaıy |sep ‘Sg "SqajJuaA "öd '3qU "5q1J -U9AI]O "yayxo 'ywy) -q[08 "yyxo|-ı[0 A9yoIo] "yagxo|-uaAlfo "yayxol-usAo 'n unadqjos PıIM yJ01 I9P9IM 'yUYy Sd | gaampsep’Sgsags | "Sqaryasıay — -S1uoy SemIo "yayx9| SULIOS "UAXO y9041] Joa oNUnpA9A Y01A19P9IM SI PIIM | "ywvy AW "U1X9 pun ıoqn soq[93 ul — "öd 9901 sep JaynJ | yJoA “4 'Sqd | umy Bo yıpoyaöme ury 'pg _ u U1XO :D uadaa BRBINSR — Ba | 0 ei = : ne Te T z m E - Am ze nr Sms er ee en 22 ee _ men Ener Te ONUNPI9A 9puff S9I19IO “Syydısy9anp opum sadayun -SqAyoneı -Sqajydneı » uneig | eyTssıogo a -79qun! 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I. hä ‘5d soq[osstuoy "yayx9 "öd '3qıJ -][ogest 'yx9 'ywy uloY "U4JX9 öd "sa Sqapjogest saq[essLuoy "yayX9 SIU9M 'y14X9 "NWY 19] "3qg |-unp s> paım ywv "3d '3qaju9aAljfo yaıL |s9uneiqg]es yoaanp "Sa '3qa -yewpfe "y1JX9 'NWVY| 4919] "yaX9|-U9ALO SEMI9 "y14X9 Jogunp dd guy yoanp palm "Sqajppogest "Ad sep ‘aasseM "öd Qu} -[[ogest STuoImy9s "34 Uuloy 'yı1Xx9 dd "Squ -[osey ‘foyunp -I9A 9pu S910IO puaz -up[3 YONgIoMm ury J9STU9M ‘sg 'p u8595 ‘“'Sqaj |uıy 'sg 'p U0%05 -]S019puy uaaqo we|‘JoyunpI9A Zued "Squ) -zajayu1 "MAIS “YOy ONUNPA9ANLEIS -9öjne zues Jo uly opum udego 'sq 'p 3 "Sqajpuoqun| we "Squjyonen q[95 |J[eXunpuaA sem -YOIJIOM ug "sg |-79 opum uago seMm9 "y1X9 "YwY| Jy9IO] "Y1XO9IM Se AOSSOg "y1xo| SOqJos "yxal'p "5 ‘puazuejs qps| we "Squypogest aojyunp Öd sep pum 'yuy "öd '3q1jJusAlfo pun yoanp ‘lasse Inu -119qeSt "yayxo 'Yuuy Fr 1y_uop -19M "ddyas "dd uloy 'yayxo "ywuylorp “Sg 'yuyxo öd "SqAJU9AITO "ya9X9 Sungquejglog 9y1ejJs anu ‘S[OJar ups auyo 9gqoadpıxaany|-199J0P "yaIXo 9ANBSZIES IM Se dd '3qa "öd — Jassaq' "yaxo) RSS semgo "Lxel ni 2x8 en —— mn = SZ - "öd sounds -qjos][oy IM SIE I9SSOG "yaYX9| SIUIM "’yaX9 'ödurmy 'yıxo woaındand yaIlzıagMmyos y1oyasjne YINZIBMUYOS ury 'sq 'p uo8 sıq uneiqgoqum| -95 YOINZIEMUYOS "zAjJ1jU] 9U980Z -y9Anp UEJIOAIS -sdöue ujoyunp yoyosyne |uoA uostıqn WI "äd Juıy ‘sg 'p '395 n |J[oyunpasA zue$ wıney "y14X9| “yorqas ‘neasusäne) 9pum uaago we pu9p -UIMYISIAA pun ‘q1J | puaojewy9s1aA -Z1J Ju] AIDS neıS ul yoyaayne "sg 91p uo898 ‘ RAM ZURBBISE ysıs ug 'sq 'P ‘3 uoJlonssäuetf BUONzugMUns u zu u Kuarz uneug -Ne1S oyrosaogo|| xrayeqi x1199d -01]098 SJIERAEI Te) uneig}so1) "[SYAOPAOA :uop -MOUIO NaSIagO uneiqg; 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Wo _ 263 ken = © ri — © . . =AReE| o9 s= 3° für ein Ingrediens nur angege- < Sn = 2 2 . a = = > =o 4 ae = ben ist, »extrahirt Pigment«, ist > SE Es2535 verstanden, dass wenigstens = S x Ksna I 5 © . .. er etwas Pigment und annähernd ia _ B E = von der Farbe, wie die Schup- a © .—i = 5 £ „Bill“ ei pen am Flügel erscheinen, ex- 7 = N - . = Em Z8% trabirt wird. » & ® ® ® ee Wenn in der Columne für 28 = = Salzsäure Löslichkeit des Pig- 5) © 5 3: S S mentes angegeben ist, und E22 Ka) . . .. ir: a in der folgenden Kolumne für 3 Q en . Sen E Salpetersäure keine Angabe ent- an . . en” = a = halten ist, so versteht es sich, = = S B ER 2 > & dass das Pigment auch durch en =) 0 a D . . a3 SR & diese Säure extrahirbar ist, weil oO {>| N [«b} D o ES. |#2853 sich dieses Verhalten als aus- oo .8# = Fa =1 9) ® B = 3 Biden S en = nahmslose Regel erwiesen hat. Pe: nun _ Far . HS 8 Fe Eee Die Farbenangaben betreffs ne: gas 3 2 des extrahirten Pigmentes oder BE_ & = der Veränderung der Schup- © nn % . EP E-UE- Es & penfarbe‘ durch die ange- a sFr un N (5) 3 . . Z& 3 SS wandten Reagentien beziehen sich immer auf die mikrosko- 1 . . © . ® EE 5 »S En pische Beobachtung im durch- u = > 7 ö . =E 2 32 35 gehenden Lichte, wo nicht Spe- RZ) = . £ . er 2 s5 55 _cielleres beigefügt ist. |.) Br ee | > le er BE... Die in dieser und später = > oO a sm | BEE 225 957 folgenden Tabellen verwendeten Sr nn E © & mr =) . . Rise © Wortabkürzungen sind: . 395 Beiträge zur Kenntnis der Farbe ven Insektenschuppen. I Amk., Ammoniak, Pg., Pigment, extrh., extrahirt, Schpp., Schuppe, Fle., Flügel, s.1s., schwer löslich, frbg., farbig, Sizs., Salzsäure, Frb., Farbe, Sps., Salpetersäure; g. d. Bs., gegen die Schuppenbasis, stws., stellenweise, grüng., grüngelb, u., und, Intrfrzf., Interferenzfarbe, uls., unlöslich, e konc., koncentrirt, W., Wasser, ls., löslich, wdr., wieder, m., mit, s. Zs., siehe Zusatz. Zusätze zu den Tabellen. Zusatz Pieris brassicae. Den an den Flügeln dieser Species zur Erscheinung tretenden Farben entsprechend kann man drei Arten Schuppen unterscheiden: a) milchweiße (albus), b) schwefelgelbe (sulphureus), c) schwarze (niger). Während die Farbenunterschiede a -und b am Schmetterling sehr leicht wahrnehmbar sind, ist es fast nicht der Fall beim Betrachten dieser Schuppen (die auch ziemlich gleiche Größe und Form haben), im durchfallenden Lichte unter dem Mikroskop, sie erscheinen alle fast gleichfarbig ockergelb (ochroleucus). Hält man hingegen das durch- gehende Licht durch Entfernung des Beleuchtungsspiegels ab, so er- scheinen im bloß reflektirten Lichte die Schuppen a weiß wie am Flügel, und nur die Schuppen b ockergelb. (Auch beim Aufhellen mittels Terpentin erscheinen im durchgehenden Lichte a und b gelb- lich und im reflektirten Lichte die Schuppen a weiblich, die Schuppen b schwefelgelb, also durchweg entsprechend wie ohne Aufhellung durch Terpentinöl.) Durch dieses Verhalten ist man veranlasst zu schließen, dass auch die am Flügel weiß erscheinenden Schuppen a ein gelbes Pigment ent- halten, das aber nur im durchgehenden und nicht im reflektirten Lichte gelb sichtbar ist. Wie sich mittels heißem Wasser aus den gelben Schuppen b ein gelbliches Pigment neben weißer krümliger Substanz extrahiren lässt, so auch aus den Schuppen a, nur ist es etwas weniger intensiv gelb. Das Pigment der Schuppen a erscheint auch nach der Extraktion wie in den Schuppen im reflektirten Lichte, nämlich weiß. Das Pigment der Schuppen b hingegen ockergelb im reflektirten wie im durchgelassenen Lichte. Man hat somit ein charakteristisches Unter- scheidungsmerkmal des Schuppenpigmentes von b und a im vn zu reflektirtem Lichte. 396 Friederich Urech, Verschiedene Erscheinungen geben auch beide Schuppen a und b, wenn man sie im Proberöhrchen mit heißem Wasser kocht. Ein herausgeschnittenes Stück des Vorderflügels, das nur weiße Schuppen a enthält, färbt das Wasser nicht, und erst beim Erkalten färbt sich letzteres milchigweiß; allmählich setzt sich ein krümliger weißer Nie- derschlag ab. Verdampft man die Flüssigkeit, so erhält man einen gelb berandeten Eindampfungsrückstand. Kocht man auf gleiche Weise ein Flügelstück, das auch gelbe Schuppen b enthält, so färbt sich das Wasser citronengelb und trübt sich beim Erkalten. Die schwarzen Schuppen c erscheinen unter dem Mikroskope nicht etwa als eine ununterbrochene schwarze Fläche, sondern wie bei andersfarbigen Schuppen sieht man die schwarzen Längsstreifen (verdickte Stellen der Schuppenfläche, Rillen genannt) und die dunkeln Querlinien; die Zwischenräume der dadurch auftretenden Gitterung hat im durchgehen- den Lichte einen theils bläulichschwarzen, theils bräunlichen Farbenton, meistens gegen das obere Ende der Schuppe hin viel intensiver als am unteren Ende, im reflektirten Lichte ist der Farbenton durchweg umber- braun. Zusatz. Anthocharis cardamines. Die von heißem Wasser aus den weißen Schuppen extrahirte krümlige Substanz erscheint im durchfallenden Lichte isabellfarbig, im reflektirten weiß. An den weißen Schuppen beobachtete ich, wie auch an denen von Pieris brassicae, einzelne Schuppen, die nach Verdunsten des mit ihnen erhitzten Wassers mit Häufchen krystallinischer Körper- chen bestreut waren, während vor Behandlung mit Wasser die Ver- theilung derselben in der Schuppe mehr gleichmäßig war, wahrscheinlich ist dies die Substanz, welche die Murexidfarbe liefert. Zusatz. Golias edusa. Es erscheinen bei Terpentinölimmersion im durchgehenden Lichte die dottergelben Schuppen zwischen orange- und rostfarbig, im reflek- tirten Lichte gelbgrün; die gelbgrünen Schuppen im durchfallenden Lichte honiggelb, im reflektirten schwach lauchgrün. Zusatz. Rhodocera Rhamni. Die citronengelben Schuppen erscheinen bei‘ Terpentinölimmersion im durchfallenden Lichte honiggelb, im reflektirten schwach lauchgrün. An den isabellfarbigen Schuppen des Fleckes der Unterseite treten während des Drehens des Beleuchtungsspiegels schwach orangegelbe, grünliche und bläuliche Interferenzfarben auf. Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. 1. 357 Zusatz. Apaturalris. Während des Drehens des Beleuchtungsspiegels findet auf den blau irisirenden Schuppen ein stellenweiser komplementärer Farbenwechsel statt von grüngelb in orangeroth (fast rostfarbig), eben so bei den hasel- farbigen und braunen Schuppen der Unterseite bläulich in orange. An den weißen Schuppen der Flecken und Ränder der Oberseite findet während des Drehens des Spiegels ein partieller komplementärer Farben- wechsel statt von orange in grüngelb. Zusatz. Morpho anaxibiaformis. Die umberbraune Farbe der Schuppen vom Seitenrande der Ober- seite des Vorderflügels wird bei seitlicher Stellung des Spiegels fast orangefarbig aufgehellt. Im durchgehenden Lichte schimmern wie durch zufällige Ritzen und Spalten auf vielen dieser Schuppen prachtvolle blaue und violette Interferenzfarben durch, als ob diese Schuppen sich von den andern auf dem größten Theile der Oberseiten himmelblau irisiren- den nur dadurch unterscheiden würden, dass sie noch mit einem umberbraunen Pigmente bedeckt sind; hiermit steht in Übereinstim- mung, dass viele jener auf dem Flügel azurblau irisirenden Schuppen unter dem Mikroskope wirklich auch oft bis zur Hälfte mit brauner Farbe verdunkelt erscheinen. Die weißen Schuppen erscheinen bei seitlich schiefer Spiegel- stellung ockerfarbig, das ist dieKomplementärfarbe zu hellblau, wie sie bei nicht seitlicher Spiegelstellung im durchfallenden Lichte erscheinen; den gleichen Farbenwechsel erhält man auch im polarisirten Lichte beim Drehen des Nikols. Bei den isabellfarbigen Schuppen findet während des Drehens der Beleuchtungsspiegel komplementärer Interferenzfarbenwechsel statt. Zusatz. Vanessa antiopa. Die rothbraunen Schuppen der Oberseiten sind immer mit schwar- zen vermischt und zwar an Zahl zunehmend gegen die Flügelwurzel hin; auf dem Hinterflügel (Oberseite) sind die schwarzen Schuppen weitaus vorherrschend, gegen den Seitenrand bilden sie ausschließlich ein Band von sammetschwarzem Aussehen, in welchem die blauvioletten Schuppen eingebettet sind. An heißes Wasser geben die rothbraunen Schuppen das Pigment leicht ab. Ich hebe dieses Verhalten besonders hervor gegenüber der Angabe meiner früheren Abhandlung, dass dieses Pigment von Wasser nicht extrahirt werde; ich kann mir die damalige Beobachtung nicht. anders als so erklären, als dass die Stelle, welcher 358 Friederich Urech, ich nur wenige Schuppen entnahm, vorherrschend mit den wasser- unlöslichen schwarzen Schuppen vermischt war. Zusatz. Vanessa atalanta. Die weißen Schuppen befinden sich am Vorderflügel an auf Ober- und Unterseite einander entsprechender Stelle. Im durchfallenden Lichte treten die verdickten Stellen der Schuppe als parallele Längs- linien (Rillen) auf der theils hasel-, theils himmelblau-, theils wasser- grünfarbigen Schuppenfläche hervor. Im reflektirten Lichte erscheinen diese Schuppen hellgrau undurchsichtig und wie von lilafarbigen wasser- grünen und gelblichweißen Farbentönen angehaucht. Stellenweise schimmert lebhaft glänzende himmelblaue Interferenzfarbe durch, ganz von derselben Pracht, wie sie bei dem großen exotischen Falter Morpho anaxibiaformis an fast der ganzen Oberseite der Flügel dem unbewaff- neten Auge erscheint. Auch bei den schwarzen Schuppen schimmern prachtvolle Inter- ferenzfarben im reflektirten Lichte. Bei Anwendung stärkerer Objektiv- systeme ist all diese Pracht verschwunden. Zusatz. Epinephele Iphis. Die umberbraunen Schuppen zeigen im durchfallenden Lichte stellenweise Interferenzfarben. Ein wechselndes Interferenzfarbenspiel lässt sich auch schon an den Schuppen auf dem Flügel wahrnehmen, wenn man dem ausgespannten, von den Sonnenstrahlen beleuchteten Schmetterlinge z.B. durch Herumdrehen der Stecknadel verschiedene Stellungen zu den Lichtstrahlen giebt. Unter dem Mikroskope zeigen sich, besonders nachdem man über der Schuppe Wasser abgedampft hat, je nachdem man die Richtung der durchfallenden Lichtstrahlen durch Drehen des Spiegels verändert, nach einander die Interferenz- farben gelb, grün, blau, violett und schließlich die dem Pigmente eigene umberbraune Farbe. Auch Epinephele Hypanthus zeigt solche Farben- erscheinungen. | Zusatz. Hesperia comma. Die Schuppen des schwärzlichen radialen spitzdreieckigen Streifens auf der Oberseite des Vorderflügels bestehen aus zwerghaften Schüpp- chen von kurzer dicker Haarform (Kommaform). | Im durchfallenden Lichte erscheinen sie ganz verdunkelt, im reflektirten umberfarbig. Mit heißem Wasser geht kein Pigment in Lösung; auch Salzsäure extrahirt keines, die Schuppen bleiben umber- braun. Nach wiederholtem Eindampfen mit Salpetersäure werden die Schuppen haselfarbig. Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. I. 359 Zusatz. Acherontia Atropos. An den schwärzlichen Schuppen ist im polarisirten Lichte Dichrois- mus wahrnehmbar. Die rostbraun aussehenden Schuppen der Oberseite des Vorder- flügels erscheinen an den langen Zacken des oberen Schuppenendes im durchfallenden Lichte ganz verdunkelt (schwarz), die Schuppenspreite zeigt vorherrschend bräunliche Farbentöne, jedoch machen sich auch bläuliche Interferenzfarben stark geltend. An den ockergelben Schuppen treten die Interferenzfarben stark auf, besonders am oberen Schuppen- ende bläuliche, am unteren röthliche. Zusatz. Dasycehira pudibunda. Die aschgrauen Schuppen erscheinen im durchfallenden Lichte rauchfarbig, vielfach zeigen sich zwischen den Längsrillen bläuliche und röthliche Interferenzfarben. Im reflektirten Lichte erscheinen die Schuppen hellgrau glänzend, darunter sind auch solche, die am oberen Ende umberfarbig oder kastanienbraun sind, es sind dies diejenigen, welche das schmale dunkelgraue Band auf der Oberseite des Flügels bilden. Zusatz. Orgyia antiqua. Aus den umberfarbigen Schuppen der Oberseiten extrahirt Wasser kein Pigment, nur erscheint jetzt das vorher verdunkelte obere Schuppen- ende mit schwach blauvioletten Interferenzfarben, die beim Drehen des Beleuchtungsspiegels in rothgelbe und braune Farbentöne übergehen. An Stelle der Isabell- und Haselfarbe, welche die weißen Schuppen im durchfallenden Lichte zeigen, treten beim Drehen des Beleuchtungs- spiegels hellblaue Interferenzfarben auf. Zusatz. Mamestra persicaria. Die weißen Schuppen erscheinen im durchgehenden Lichte am oberen Ende mit rostbraunen und bläulichen Interferenzfarben, von welchen gegen die Basis hin Längsstreifen auslaufen, während die Zwischenräume farblos sind. Zusatz. Katocala electa. Die rothen Schuppen der Hinterflügel erscheinen im durchfallen- den Lichte isabellfarbig, diese Farbe geht beim Drehen des Beleuch- tungsspiegels in fleischroth über. Oftist auch schon an der einen Hälfte der Schuppe blaue Interferenzfarbe sichtbar, die beim Drehen des Spiegels intensiver und glänzender wird, weiter findet dann während 360 . Friederich Urech, des Drehens des Spiegels (oder des Nikols im Polarisationsapparate) ‚eine Vertauschung der Interferenzfarben statt, die Anfangs fleischrothen oder isabellfarbigen werden bläulich, die blauen werden röthlich, es sind dies dichroitische Farbenpaare. Diese Erscheinungen sind schärfer bei mit heißem Wasser oder verdünntem Ammoniak behandelten Schuppen. Durch Säuren wird das rothe Pigment der rothen Schuppen augen- blicklich in strohgelbes verwandelt, das durch Ammoniak wieder roth wird. Durch diese Nachbehandlung mit Ammoniak kann man leichter wahrnehmen, ob die Säure das Pigment auch extrahirt hat oder nicht, da die rothe Farbe viel leichter erkennbar ist, auch bei sehr geringen Mengen, als wie die strohgelbe. Dieses rothe Pigment dieser Noctuiden- . species verhält sich also entsprechend dem von Arctiden, Sphingiden, Zygaenen, aber nicht wie das von Vanessa-Arten. Die rußbraunen Schuppen der Hinterflügel erscheinen im durch- gehenden Lichte bläulichschwarz, gegen die Basis hin umberfarbig auf- gehellt, oft ist die ganze Schuppe umberfarbig. Während des Drehens Zusammenstellung der Löslichkeit der Schmetterlingsschuppe (Die Farbenangabe bezieht sich auf di Species- weiß ockergelb gelb orange rostfarbig name m W | Stzs. | Sps. | W. | Sizs.| w. | Stzs. | Sps. | W. | SIzs. | W. | SIzs. w.| SIzs. Papilio —|— — I— |— [Is |lls| Lls | — — J|uls | uls. I—| — Machaon eben ls. in soin Sps. Amk. Papilio — | — — — | | 22 Er er ist a ee Protesi- laus Papilio —|— — le |, an ae 2 NR ER | Euryme- des Papilio — | — _— zen en 2 Be Su Rn DR Hector Thais ru- | — | — u — | — Juls. | uls. | Is. in] — — —- el, — mina Amk. Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. I. 361 des Beleuchtungsspiegels hellt sich die schwärzlichblaue Farbe auf, nimmt bei einem Theile der Schuppen einen grünblauen oder auch an Rothgelb anklingenden Farbenton an, es sind dies Interferenzfarben- erscheinungen; bei völligem Ausschluss des durchfallenden Lichtes erscheinen die Schuppen nur im reflektirten Lichte umberbraun, gegen die Basis hin aufgehellt, an einzelnen Schuppen schimmern aber noch alle Interferenzfarben. Zusatz. Geometra papilionaria. Die wassergrünen (glaucus) Schuppen erscheinen im durchgehen- den Lichte am oberen Ende der Schuppe undurchsichtig durch sch wärz- lich erscheinendes Pigment, das sich weiter in Längsstreifen vertheilt über die Schuppenspreite nach der Basis hin haselfarbig werdend hinzieht. Im reflektirten Lichte erscheinen die Schuppen schwach grün (glaucus) schimmernd, aber nicht ununterbrochen, sondern in derjenigen Abwechslung mit farblosen Stellen, wie sie eben für die Erscheinung im durchgehenden Lichte beschrieben wurden. pigmente in Wasser, Salzsäure (eventuell Salpetersäure und Ammoniak). Schuppenfarbe, wie sie am Flügel erscheint.) braun een Tr, ZZ ee — W. | Sizs. | w. | Stzs.| w. [S2s. | w. |Sizs. | Sir. W. | Sizs. | Size. . purpurroth Jisabellfarbig schwarz olivenfarbig grün violett | blau — | — }Juls. | Is. | 1s. um- | um- ber- | ber- frbg. [frbe. — — — |— | — | — [uls. |s.Is.| Is. I — | — — Jul. — Se — um-| um- ber- | ber- frbg. frbg. =.lIs. Zar 7 —efuls, | Is. /EIs.I a el el — oli- gelb \ h ven- ; frbe. i 362 Friederich Urech, - Species- weiß ockergelb gelb orange rostfarbig name 1 [| [nn | | m | W. | Size. | Sps. . | 3 Parnas- — |— — 1 — | — | graugelb — | — A | zZ sius ls. |ls. m. | Apollo Amk oli- ven- | [a ee ee | [8 er Pieris ls. | lIs. Im. Sps.| — I Is, als. |m.Ssps.ı — — brassicae| gelb u.Amk u.Amk. Mure- | Mure- xid- xid- I - frbe. frbe. Anthocha-! Is. | I.Is |m.Sps.] — | — | Is. |Lis.| — Il.s. | ls, | Is. | Lis. ris Car- u.Amk. ohne damines Mure- Far- xid- ben- frbe. | änder. Colias = — |[strohgelbe| Is. | 1.ls. |m. Sps.| — u es — edusa Schpp. u.Amk. uls. | uls. Mure- xid- frbe. Rhodo- Is. | 1.ls. |m.Sps.| — | — | Is. | l.ls. Im.Sps.| — a == cera u.Amk. u.Amk. Rhamni Mure- Mure- xid xid- frbe. frbe. nl oo ll — — — — Thecla uls. | Is. — 2.1. [säs. | is. | > Teen — — betula gelb i Thecla = | _ — | — I— | — — u _ — — rubi Polyom- | — | — — I — | [sJs | Is. —— Is. In = = matus virgaurea Lycaena | — | — — I—- | 1 | — — — — Juls.| Is. damon gelb in | | | | | | | | |Amk.Is.j Danais En | — — I— |—- | — | ze — |Il.ls. [l.Is.,ini — plexip- Amk. pus | | | ls. | | Charax — | — — — Il I— | — — Is., |l.Is., inf — — Jasius isa- | Amk. bell- |Is., oli- frbg.| ven- frbe. Apatura — 1 — Zu es on ar Da Be, 2 Iris Morpho — | — ee ae ae a 2 anaxibia- formis | | j Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. 1. 363 | n | purpurroth Jisabellfarbig braun schwarz olivenfarbig | violett | blau grün grau W. | Slzs. W. Sizs. | W. | Size. W. | Sizs. | Sps. W. | Slzs. | Sizs. Slzs. | W. | Slzs. | Sizs. | | | ee ee orange um-| um- mit ber-| ber- Amk. frbe. | frbg N war. I i WEI — I - | [Berseite | — | — | — | | - | - | - |- |< | - I uls. | uls. | ( Unterseite ne} Ist Is, | — — — | — {[uls. |s.Is.J| — | — — — | — us. I— I— | — I — | in Infz- | Amk, frb. uls, x ı— | — [Oberseite | | | — [2 ne je ls. | Is. | uls. | 1s. Unterseite uls. | Is. | Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 94 364 . Species- weiß an 8 | W. | Size. |Sps. W, Limenitis | uls. |s.Is,|—| — populi gelb Limenitis | — | — |\—I — sibilla Vanessa Juls. | Is, I—I — urticae Vanessa — | — II — lo Vanessa ls. antiopa Vanessa — | — |—[uls. atalanta Melitaea | — | — |— | — adippe Argymnis | — | — |— | — paphia Argynnis | — | — —| — euphro- syne Melana- ls. ls. I—I — gria citro-|Ccitro- Galathea |nen- | nen- Epinephe-| — | Is. |— | — le ligea le pam- philus Epinephe-]| — | — |—Iuls, ockergelb — |! uls. Friederich Urech, rostfarbig zn), VE ey ee Sizs. | W. W. | Slzs. l.ls. l.1s. — — orange- gelb braunroth _ — l.ls. l.1s. Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. I. 365 purpurroth isabellfarbig braun schwarz IE + 122 2.2 m] ne (a 2 Dr rareEE U | Br TEE PETE ET Eur u 1ER AERFSEBEF SEES) [ERHEBEN DENE S) (HEPSEERNEENN) IE rare Fa] ern, W. | Sizs. | Slzs. — — — | — [0Oberseitel — | — — I—| — = ven er s.1s. | 1s. 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Friederich Urech, Species- weiß ockergelb selb orange rostfrbg. roth Name w. |Sias. | sps. w. |Sias. | Sps. |. w. |Slzs. | w. |Slzs. | sps. |w.| size. | w. | Siz.| w. Slzs. Epinephe- le hyper- anthus Epinephe- ie Iphis Hesperia Comma Acheron- tia atro- pos Smerin- thus po- puli Smerin- Zen | ı — ar thus ocellata i Deilephila| — — | — | — | - I — | — — „1-2 | Bere ae Rn: Elpenor | ER Sphinx —_ı lol ee ee = rosafarbig 'Nerei uls. Deilephila| — — | - | — | — | -—.| — all = = Euphor- biae | ei Be Macro- glossa stella- tarum Zygaena ephialtes Syntomis phegea Zygaena — | | - | -| -1- | — a philipen- dula Ino prunil — — | -I — | — | — | — Er | | | ) Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. 1. 367 schwarz olivenfarbig | violett | blau grün grau | Sizs. | sps. | w. |Sizs. | Sizs. |Siae. _ w. | Sias. |sizs. Zuge Fra | 1 | jur _— | — —_— \ —— — | | | I-1—-1-=| — selbgrün | — | | s.Is.| Is SISTSHEB En. | \ — — | — Amk. ag | s.1s. | | gelb m | — [uls. Ils.,in] — u _ — Amk | uls Auls. 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CGalli- morpha domi- nula Arctia caja Arctia caja constans Arctia purpurea Arctia villica Arctia Hebe pilosomaj uls mendica Euprepia fuligi- nosa asychira pudi- bunda Orgyia antiqua Männ- chen Leucoma |silberweiß salicis uls. kein Pg. Porthesia auriflua uls. Gastro- — pacha neustria Bombyx rubi — uls. : — |! uls. |ls.ha- slfbe. Amk. uls. ls. ı ——I—- | — gelb- lich weiß te) | — | — | weißlichg. uls. |ls.m. Amk., uls. S . Stofi — I — | — ls. 1 | | | Friederich Urech, gelb orange rostfarbig | Sizs. | Sps. |w.| sı. | w non s.Is.| ent- I|— | — | — gelb [färbt i. mit | Amk. Amk.| Is. wdr. roth ls. mit I—| — | — Amk uls. "w. [sizs. | w. [S1s.] sps. |w.| st. | w. |sp& | W. | Sie. ls. gelb, .mit Amk. wdr. roth macht ockergelb, mit Amk. wdr. roth ls. gelb .ımit Amk. wdr. roth j Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. I. 369 purpurroth isabellfarbig braun schwarz olivenfarbig | violett | blau grün grau | w. | Sizs. W. |Sizs. | W. |[Sizs. | w. | Slzs. Sps. | W. | SIzs.| Sizs. | SiIzs. | W. | Sizs. | Sizs. uls. | macht weißglb., m. Am. \Bäuls, IIs., gelb| — | — | — i—- I — | —-— | —- I -| — 2 Be at Be iF m. Amk. | war. A roth — — — | — | — |, — |uls. |s.s.| Is. —lo — —I — — Stoff | um- ls. ber- | | wdr.roth IE = ag Zee el se | — uls. | Is. [uls. |sIs.]| — | — | —- I —- | — 2% Be RT u | in in Joliv.- | Amk.jAmk. frbe. uls. | s.ls. | — 1 — | I m | — — s. Is. |Is.ha- sel- frbg.| 370 Friederich Urech, . Species- weiß ockergelb gelb orange rostfarbig roth a W | Slzs |Sps W. |Sizs W | Size. |Sps W. | Slzs Ww | Slzs W | Size. # Bombyx — er et er = Sun == — |—1—| — Jaltdachziegel-] — = quercus frbe. | s. Is. > is: Bombyx I. ale nl — — |—1—| — [altdachziegel-] — _ catax frbe. uls. |ls.um- ber- frbe. Lasio- — — — | |— en —I— | — [altdachziegel-] — — campa | s. 1s. frbe. trifolii honig- - Is. ls. gelb | gelb honig- gelb Lasio- — ee — |—I1—| — — | — —_ — campa querci- | \ı | folia ar ae Saturnia | — = — ||| — u — — — pyri Saturnia | — — |I—| — | — — — 1—1—| — — — = — pernyi Saturnia | — —ı 0 > ls. ls. I—I— | — rostfrbg. s. 18. ls. pavonia uls. |ls. gelb sche honig- minor 5 mit I frbg. |gelb,m.| | Amk. Amk.|! war. wdr. |} roth roth Saturnia | — — I-1—- | — — — |—1—| — rosafrhg. — = cynthia IS. gelb Saturnia | — — || | — — — II | — rostbraun — — cecropia s.ls. IISE inAmk Is. Saturnia — — Re I a2 ae 5 En Lee . ® yama- | may Thyatira | — — > else —| — — | Tosafrbe. batis uls. ent- | | | färbt Phalera — | — S iR | u lo en e en — buce- uls. phala ale ein oe Agrotis T= FR I— Senna = ST Pe | Jaltdachziegel- — | — pronuba | frbg. uls, Is. Seele as | honig- | Jebab.ht 0 Lk 2 SiEeelSg | | Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. 1. isabellfarbig braun | uls.}- Is. — | — — ıs.ls.| Is. in | Amk. Is. SE BE EEE = — —_ ls. ls. in hell-/|Amk. Is. gelb Best IS: — — honig- gelb — — Juls. | Is. isa- bellfrbg. olivenfarbig | violett w. Ww. |Slze. | w. | sis. | w. | St. | w. | Sizs. |sps | w. | Size. | Sizs. | Sizs. schwarz W. Sizs. | Sps. uls. ISsHAllt.ls; gelbbrau Se ls. fleisch- roth blau 371 grün grau | ir | Stzs. | Sizs. 372 Friederich Urech, Species- weiß ockergelb gelb orange rostfarbig roth Name m | jo fl | un 5 3 un Kae = | Mamestra | uls. ls. is, — = | — — ||| — | — = | en # persi- hasel- | caria frbg. Miselia uls. ls. I—| — | — — u A wer er ar: aprilina oliven- frbg. Anthopii 2 | | Ze 3 0. ee la aenea | | | | | | | 11! | Ben) Bag | | Brephos — | | | Is. | l.Is.. |—|1—| — — — —_ — puellae | | Scoliop- | — ee —— — |—1—| — | uls. ls. — —— terix honig- libatrix gelb er | | Cucullia ie: >| 2.7 ° = ei verbasci | | ER | | Plusia 1) — I] — | «olatro., |] Se chrysitis | | | Kein Pigment | | | Katacala | — - || - | — | = = I — | — — uls |macht electa stroh- gelb, mit Amk. wider | | roth Geometra | — —ı por — — | I | — — —— —- — papilio- naria Ennemos | — == en — — |—J|sls.| * a Be = —_ pruner-' ho-| 35 iana nig- ga eh. = Ennemos | — — | | — ls. ls. mit —I— | — — = — — crataegi citro- | Amk. nen- | grün gelb Geometra | uls. macht — | — | — — — ||| — ls l.ls = 5 melana- durch- ria ‚sichtig Fidonia —ı rl — | —— N he. 2 Zu di DE er: pinaria | Idaea Ze — — |-I—-| —- | — — +} fleischrot fibricaria uls. |Is., in | Li | Are | Be ls. Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. I. 373 purpurrothf isabellfarbig braun schwarz olivenfarbig | violett | blau grün grau .E .W. | Sizs. W- | Slzs. W. Slzs. | Sps. W. | Sizs. Slzs. Slzs. W.| Sizs. Slzs. ' — uls. | Is. — | — — 0 | ar oliven- | hecbe: | | | an TE graubraun | — WET — ee uls. ls. honig- gelb | — | — uls.| Is. il — | — | | gelblich 2 fruls. | |1s. 1} in | | | | | | uls, haselfarbig | — _ uls. macht durch- gelb sichtig | 374 Friederich Urech, - Species- weiß ockergelb gelb orange rostfarbig Name ——— |. | | W: | Sizs. |Sps. W. | Slzs. W. | Tinea aschgrau |— | — | — — | evony- |uls.| Is. | mella hasel- frbe. Bilan Il. Zur Kenntnis der | Zusammenstellung der Löslichkeit der Käferschuppenfarben # (Die Farbenangabe bezieht sich auf die 4 Sp ecies- weiß gelb orange roth purpur Name we Size. jlsos | west: w. | Size. | Sps. | W. |Sizs. | Sps. w. |Slzs.|Spe. — ll ee il —— Il — | oo To le | _— Goliathus grau Is. ls. |1.1s.} gelb- lich Hoplia _ — ||. squa- ımosa Hoplia _- — | —| farinosa Melolon- grau | tha vul- ls. Is. garis honig- geib Dermestesil — — lardarius Tetraonyx| — — sexama- culata Pyrochroa! — — rubens Rhagium | — — mordax Clytus En — arcuatus ledergelb | Is. Is. ı Is. Is. honig- gelb Lamia — _- tristis Acantho- | — — — cinus lacerta Saperda — — |—| populnea Saperda uls. ls. —— scalaris stroh- Calli- chroma 1 rostfarbig = — |— uls. | s.1s. | = Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. II. 375 olivenferbig I! violett | blau grün grau | | w. | Stas. | Sizs. | Sizs. | W. | Sizs. | Slzs. =1-1-1- (TI is gen- grau | ls. l isa- | bell- | | frbg. "Farbe von Käferschuppen. \ Wasser, Salzsäure (eventuell Salpetersäure und Ammoniak). 'Sehuppenfarbe, wie sie am Flügel erscheint). | ' braun schwarz violett blau grün | W. | Sizs. | sps. | w. | Ss. | Sps. | w. |sızs. | sps. | w. |sizs. | Sps. | w. | Sizs. |s28. '} | | ea I — — — — — — ee len | | = gelbgrün | 1.15... 5 Is @@ Pils: IE — — — — = nn — Juls. ls. — || hasel- | | farbig N E | ur B Be SR a I SR ee Be ae elle > IE | haselfarbig — — en) 0 | a en RBB ce Zee Is, gelb (. als. IS; IS. — en a Sn on ws Be en „es Ben a Rech oliven-| gelb grün | -- ||| 11-1206 | reine ee 4 II} Eis. ls. eo E ZEN I en te N a e BA gelb Zr 7:3, 0 0 | haselfarbig — — ee 0 #ls. ls. honiggelb I -- I —- I - | —- | -1-|—-|-1-|-—- | — [Juls]| ul. | — dichroitisch Species- Name Macropus longi- manus Hypsio- soma crenata Phyllo- bius dentatus niger Phyllo- bius Phylio- bius Eustalis auroni- tens Eustalis Thun- bergii Amerhi- nus Dufrenii Amerhi- nus ynca Arerarius sulcatus Halipus spinosus Cypsus gibber Chloro- phanus pulmo- sus Chloro- phanus viridis iß grau entfrb. Friederich Urech,' gelb roth purpur «tb WS | Sizs. | Sps. 1... | Sizs. | Sps. W. |Stzs. |Sps. fleischfarbig uls.1 28. | I ock.-grün- gelb | gelb gelbgrün Is. ls. gelb s.|s. grüngelb uls. | uls. | dichroitisch uls. uls. dichroitisch uls. | uls. | — Interfrzfrb. | uls. | uls. I dichroitisch ir en En ee | —iI — _ — ls. ls. | ES. 2 I | ri 8 247 Be | ledergel uls. Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. II. 311 schwarz violett blau W. | SIzs. : W. | Stas. | Sps. | W. | Sizs. | Sps. | | | | De | | I | io — | — — — —_ — |-|I|-1-|—-| — | IS || = | gelb E — = >= — — — I | - | -I1I-|—-| — [us.| nl. | — dichroitisch Il | ne |2|=)-/-\)-) Soja I Be 22 23 2 | >.) _ Joe era l "gelbbraun 5 = ae ef ee ae | Is. ls. | honiggelb | \ — _ | — — — — I | — —ı ae 20 inls I ent. — } | farbt | Ber; ae u | es woaandınd yeysue sne uoyo9] J q[98 uopaom 'ddyos BOoIS 1119 so ‘sofqueJ YIOYUNPI9A 951499 oıp ‘SToJa] ougo -ddyoas oıp Yydeuı zued "'ddyas -[91p oduiy SLIBS pıxeang ne Sunynad En 9AINBS 9JUUNPA9A| SA UN 'YNIXO JIEMaaUyOS odtwıoJueey JIoM| -uawopaqy|}-InA ey q[95 aoAısuojur 'Sq soqAe Sd -U0[0J9 N "yAXO HUNES yoanp uspaom "ddyas oIp | soqjosstuoy -ddyas Snzuog(] sep Jydeur 'ywY — “SıpurJsj[oA "yaJxo| SEM "y1IxXo JIom one1sjoyunp AONeA1d| UHYVEP[OSNLJ Sıqrejjosey ydanp yew anu IST JOIS 9U999195 uawu1yos uoq -sne aoq "ddyog 9ıp -1e7 ayoıyyoa |puozue]? SLaımyos "ddyos SIPUPIS[[OAIALEJFU 37 pusaz | pun oaydıpunad q193 oy1os Bsourdey SIp 4qaeyyuo "ywy — 9INBS 9JuunpaaA woy "ynxe -ur]o qfoßunasıloy J9yUnpAI9A -10juN) qloT eıjdog puozue]s nejq YoarorA sojque] -[9WL.WIY AISUOYUL sur nejq ddyos ap Iy9BUW —- — sjloyJ ‘neı1s spIoy -ddyos 9g[93| -pwwny| uoyoop[pän]J "Sg uloy "ya9Xo 'yWy S you unıad 3 pu9z | -oduel1o "M][9IS -uyeds soqıaT = _ _ _ — -ue][3 unas 'n neud yyoaandınd) puazurj3|sop ayıasıayun S 4108 unıs esow Ss -[9J9 My9S uauloy9s -enbs = U9UTOYISA1O -19 9IS ‘ne "Q4JZ1J19)uJ eıpdoH _ yyoıu "ddyos | "ddyas aıp sengo'ddyos ONEAS U9ZURLSI9 aIp JaopueıaA pun [Hangszjessie 54 '3AQ4JU9AL]O op HII9y \'SMI[OIS “qTodaoyyop Toy "Sd UI0N 'yaJXx9 "yWY|uossoq "yayxal'yNXO oames "Duoy|Sd UreN 'yayxd|sjIayF u9uoaylo sjlayj|-unpaoA zued ser] un1sq[ed uoy9opeän]] Seo ‘öd saq[93 SIWAOFAEIS XeJIOyU] wop "öd soqjodsıuoy ıP an öd sep Iy910J 'yıyxo| SemI9 "y1IX9 -Squjposey se} SMY9ISyo9anp| uneuigIsoa| ne uopons snyy SIUIM 'y1IX9 "YUV tt nn a "Sd soydıJ "3d soqIos usaddnyas -81[09 1 -q[93 y9eMy9S 'yayX9|-S1uoy 'yaX9| PUIOWIWIUOS FJIAM ASNydısy9anp neı1s| u9N99p[PSn]J xI | IIIA | IIA | IA A M IM I I 9491 £ weropuy pun yejuouuy| omgsıogodieg | sıngszyeg | (groy) 1osseM hun ur | ehr u a h un, ren :nzogqaesueddny9ag ıop uoyJTeyıaa oeddnyag ıop Zunurey9asıeuaqgıe -uoddnyag Bı9wvJuodg 00 = -usddnyasıoreyy 379 Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. II. TR ‚sqapusgqrarg 'ddyas 1a "dd "Squpgogest SIUOM ’yaJX9 'NUY ">q4J usqtorg "ddyas lg Id ssqlassıuoy BIuam 'yajXa "yNWy| "dd soqjessıuoy SEMIO "y14X9 '"NWY "öd soq[oöstuoy FIUOM "YIIX9 'YWY "öd s9q][98 -31u0g ’yayX9 'yYWV "54 UI94 '"yayxo 'yuuy '"öd souneiquaAl]o SEMIO "yaJXO "YUV oquey 94198 Alsuoyut ınu '3[0Ja7 ouyo PIxosnw jne Sunyna da9jyJunp SO PaIm "yuy ydanp "öd soq[oösıuoy "qalX9 JosseM Inu "Sg sayay -1195 "ya9X9 "öd s9q[95 -U04]S "yaX9 '"öd s9q]95 SA 'YNXOlOIM spe A9ssoq "yayXo| -Y0AI4S "U1JX9 öd soqosuau -01919 "Q1JX9 sojqie] uop -I9M "ddyas aıp ‘q198 puopıoMm I9[Junp "ywy yoanp “Öd arrspPPMyaS ‚Sqappogesı pu9z soq[oss1uoy "yXx9| SA UN 'yNX9|-ue]S YI019FUEA0 OT} 'öd "54 sep "y1Ixolsoun.ZusaAl]o "y1X9| Sg Uroy 'y1IX9 ulg -SUIOYYNXO|yOITJAEWI JyoLU yyarm|ıSguroy'yayXd you -q[95 "ddyas SIPURISTTOA Bd soqjPdauyges q[93 puazuejs ZIeMUIS ddyas auneug 'ddyas 9z1emy9s 7oaunp -19A Q]95419P9J 9guedo aT9yunpa9A "ddyos aqTassıuoy ZIeMUYaS ddyasasmıeaeey 19xunp 91p Iqaej Jyoıu "Sg sep 'ymxo| semgo "yayxo| puozue]s "Squpjoseqy "ddyasosyueueey 4198 -[pJPMUyoS Jst pue3s S1ı4yD1Sy9ANp U9p ue ’ddyas u9p ul "SMII9IS Y9IS ne 9045 uosıjunay "ddyas (9) -yonassungd |-uom 'ddyasaımp ‘sg |n Sa soqIos [örydIsydanp sTLoyJ -wepurg soqosyonys "qıaxo| sSemI9 "yuyxal (0) BZzıemyos spleyy|-yaısyaanp STTouf| . -ddyos (g) ozaeMuy9s spoyy (o) aan ZIeMUOS |uspuequond | uop uayds uneagqg| -IMZ 19p[9} q[98 | opuegqıond -uU9U01}19| UHNV9PIOSNIAI 0A aSue1o| UHNI9P[OFN]I une.g u9y9o]L uoy99]L 4 ICH 910g -Squpjposey| uOYO9PIOONLI [9yuoads oa, uoygoep oänıal snyendae smAm xep1ow qlo3ı1opog| U9Y9PIOSNIJ en uapId -Aqweior eıaul -eyu9d -03dA19 suoq -NI1BOIUI -01Ad uap -101490.4 -Ad 3eaaw -0.1999H ejepnoew -BXISXÄU -0E.19L snıiep -1e] SoJs -9W.IOA uapıseyd -04dA19 orng eut -uU0J0]9N Zeitschrift f. wissensch, Zoologie, LVII. Ba. 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S nz oqırzuoddnyag aop uoyjreqior oddnyag zop Sunureyaszouoqawg | -uoddngg | p P1IS ag 381 Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. II. "öd s9q193 -SIUOyU 'yY1JX9 'yWY Sa sep Ioyunpaaı 'ywYy ‘5d "UIX9 AAnes y9ınp sep JJoyunpA9A 'ywy ‘5d sep JjoyunpusA 'ywy u9puımy9su1aA Jyoru snwstoayd -Iq u9p Jyaewı "YwY jne yyaıu SNWsI0.1UD -Iq up Iqay 'yuuy yq1oTq snwsloiydIg Op “Sd UlOy "yayXo ywy yaıyeuuge Snuwi -S10IJIIAQ AOP OP : UIMUYOSA9A IJdwep -95un "ywy yıwı 3 -UOISYIANP U9PI9M -ddyas aıp "Sa 34 yaıyaowı saqlesyors "yayxa 3 -y9ISY9INP U9Pa9Mm ‚ddyas oıp “Sa s9qlaösıuoy "y1x9 | yaıy19UU Sıyyaısyaanp |Iyaıu "ddyas yaıTyaoun yy9IU "ya9X9 -ddyos ap Iq9ew)arp Ja9purdaA| Pu9zue]s qfoesyoags| nei IoYUnpA9A, neisgglom| uoyoopjeängt StYy9Isy9anp uoapıa9 m "ddyas "Sd aıp ‘losse mM anu | soqJo3sıuoy 9IM Se A9SSOq "yax9| SEeMIO "Y1X9 uojjeyuo Iq19]Iq Snwsıoaydig 4op ‘ö4 uU19Y "yayxa|'Sq uloy 'yıyXo sojqae} usapa9m -ddyos "Sd lg 'aassem Inu | sIq[esstuoy 9Im se A9SSOq "yayXo| SıuoAM "YNXO yyoıu uoJdwepunmg y9ınp 9PUIMYISIAA SNWSIO.AYIIAT AOP|'34 uloy 'yayx9 sojqae} -ddy9S 91ıp Yyvew|'Sg uroy 'y1x9 yyaıu uojJdwepurmg yaanp JPpuımyos -19A SNWSIOAYOIA dop "Sg UN 'y1x9) Sg WERK = 4 mn nn nenne menanEEE au Yyaru 'yuxo| "DqAJIope] Puszuejsjne1s oyunp.ısA|-Sqıjdopo] puaowu -wIy9S q[9Syoays| ned JoyunpasA snsoulds sndıef XeJOUL > a sed 5 > IS -ms snu % -19.19SS5uR 7 a neas| u9y9opjeäng] N e9uA Snu squejpunıg a 1us91J -naq snu ql93 = qlasadue.ıo yyoyunpasa| -oFue10) uoyD9apjoängF 1yI9WY (9) yoıınerq 'n (q) goa 'n (2) unao (2) 199T01A pusaw N --[9Junp | -wıyos aensunı ASIOMUALLOIS unaz| uoy9oppoöngy] (g) neiq n (9) aSueıo n puaow ae (9) 9Sue.ı1o (o) nejqfpw | -wıyos en -umy "SMu9][els unıs| uoy9op[Pän]] TeIsıH PU9AISLAI a SNWSIOAYUIIA -95Uueio = Rn qrosun.as noroıa| pun qieS| usyoopjeängg|) Id pusow | -wıyos snıq SnwsIloay9ld oa -o][AÄyd yJ010Sueı1o unıs, -odueıo| UHYIHP[PAN] I 19STu SNWSIOAYOIA puıow snyeyuap | unıdS uo][eJS 95 | -wuyas -uou snıq unıs zue3 48eJ|-1u19 yorındındl a a ed —— ——> mp bs = vw. . - 389 Friederich Urech, =] | = l u Lea | .— » = > Sug > E = od4> de >| {eb} u ge) 5 = See RE = © Feb) = =. _ ein) Q an BEISH 29€ most 4 = e4 Zn3 nass = 4 . qTosz ysSEH- : .< 588 333 = “5 YET ME=205 29 = = esos 5009 =) © oO n:5 Onıan N < < <« <« a — Ben Be] © = = Lan Dee = a5 Zi So ea . © - el de) ar = = [33 <=), (eb) z%& Eu aeg, 1 rn Kamen le =.o 2 - 8) INT & S 2.3 2a = rS ee ne = e © oO 90 eitahle) OÖ o 8 SEES SEE 2) 163 = No 5 nn > o Eee o®eLf = a: Ser Se = | 0 2 S = :u 92... 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Beide Insek- tengruppen verhalten sich fast umgekehrt betreffend der Häufigkeit des Vor- kommens der Schuppen, was bei der einen Aus- nahme ist, ist bei der an- dern Regel. Bei den Co- leopteren sind die Hinter- flügel immer schuppenlos und eben so die Unterseite der Vorderflügel resp. der Flügeldecken; es dürfte dies etwa so gedeutet wer- den, dass die Schuppen nur den Zweck des Schmuckes haben; der größere Mangel an Schuppen bei Coleo- pteren als wie bei Lepi- dopteren wird bei erste- ren durch Pigment und Interferenzfarben an den Flügeldecken und am Leibe ersetzt. Noch vor wenigen Decennien unterschied man in Käferbeschreibun- gen nicht die Farbe der Schuppen der Flügeldek- ken von der Farbe der bloßen Flügeldecken, ob- schon sie mittels Mikro- skops leicht zu erkennen sind, und Käferschuppen schon im vorigen Jahrhun- - dert entdeckt wurden. Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. II. 1.988 Eine sehr eingehende mikrophysikalische Untersuchung von Käfer- schuppen ist vor 40 Jahren von G. Dimmock in »Psyche, a Journal of entomological club Cambridge Mass. U. St. A.« (Vol. 4 No. 105—112) mit einleitender historischer Zusammenstellung der Untersuchungen und Litteratur über diesen Gegenstand publieirt worden, ihre Ergeb- nisse scheinen mir aber noch wenig allgemeine Verbreitung in Hand- und Lehrbüchern gefunden zu haben. In der mir zu Gebote stehenden väterlichen Käfersammlung fand ich zufällig noch andere schuppentragende Species als die, welche Dimmock beschrieben hat. Darunter auch solehe mit Schuppen, die an heißes Wasser lösliches Pigment abgeben, so z. B. Saperda-Arten. Sonst kommen bei den CGoleopteren vorherrschend Interferenzfarben vor; ohne mikroskopische Betrachtung sind sie leicht mit eben so bril- lanten Interferenzfarben der schuppenlosen Flügeldecken, z. B. von Getonia-Arten zu verwechseln. Dimuock giebt in seiner Abhandlung nichts über Wasser- oder Säurelöslichkeit von Käferschuppenpigmenten an. Wie bei den Lepi- dopteren fand ich bei den Coleopterenschuppenpigmenten nie Lös- lichkeit in Alkohol, Äther und den sonst gebräuchlichen organischen Lösungsmitteln, sondern theils in Wasser, Ammoniak, meistens in Salz- säure und Salpetersäure. Betreffend eines Zusammenhanges zwischen Löslichkeit und Farbe des Pigmentes ist die Anzahl der untersuchten Arten noch zu gering, um Regeln daraus ableiten zu können, was sich aus der hier voran stehenden gedrängten diesbezüglichen tabellarischen Zusammenstellung ergiebt, es ist letztere aus der Haupttabelle über die Käferschuppenfarben herausgehoben. Hervortretend ist unter den Farben der Coleopterenschuppen der Diehroismus. Von den von mir untersuchten Species zeichnen sich darin aus die Phyllobius- und Chrysophanusarten und Gallichroma. Ohne Mikroskop ist an der ganzen Körperoberfläche Dichroismus gele- gentlich an in Paarung begriffenen Männchen und Weibchen von Chrysophanusspecies zu erblicken, das eine Geschlecht in rothem, das andere in dazu komplementärem grünem Kleide. Bei anderen Species sind die Schuppenfarben der Bauchseite komplementär zu denen der Flügeldecken. | An ein und derselben Schuppe z. B. von Eustalisspecies kann man bei ein und derselben Beleuchtungsweise (z. B. durchfallendem Lichte) mittels Mikroskop den Dichroismus wahrnehmen: die eine Hälfte der Schuppenfläche ist eyanblau, die andere orange; betrachtet man dann die gleiche Schuppe im reflektirten Lichte, so erscheinen die Farben vertauscht, der im durchfallenden Lichte orangene Platz ist jetzt blau, und der im reflektirten Lichte jetzt orange, war im durchfallenden blau. 384. Friederich Urech, Beiträge zur Kenntnis der Farbe von Insektenschuppen. Il. G. Dimmock beschreibt in oben eitirter Abhandlung solche Erscheinun- sen an Hoplia coerulea ausführlich und fügt Zeichnungen bei. In meinen Tabellen habe ich bei den Phyllobiusspecies die beiden Komplementär- farben ein und desselben Schuppentheiles, die bei Änderung der Be- leuchtungsweise nach einander folgen, mit gleichen Buchstaben in Ko- lonne IV und V bezeichnet, den einen Platz mit a, den anderen mit b. Betrachtet man mehrere am Körper gleichfarbig aussehende Schuppen z. B. von Chlorophanusspecies mikroskopisch, so erscheinen oft die einen Schuppen in der Komplementärfarbe der anderen Schuppen und ändert man die Beleuchtungsweise, so vertauschen auch die Schuppen ihre Farben; es zeigen hier also mehrere Schuppen unter einander den- selben komplementären Farbenwechsel, wie an anderen Species meh- rere Plätze auf ein und derselben Schuppe. Die gründliche physikali- sche Untersuchung dieser dichroitischen und auch pleochroitischen Erscheinungen mittels des vervollkommneten Mikrospeectralpolarisators dürfte eine sehr lohnende Aufgabe sein und in Verbindung mit mathe- matischer Behandlung zur strukturellen Erkenntnis des Schuppengebil- des beitragen. Über die äußere Gestalt der Coleopterenschuppen, die ich in gleicher Vergrößerung wie die der Lepidopteren mittels Asst - Apparat abgezeichnet habe, sei für diesmal nur Folgendes kurz bemerkt. Betref- fend Größe variiren sie ähnlich wie die Schmetterlingsschuppen, hin- gegen sind sie alle sinuslos und weitaus meistens ohne Processus. Asymmetrische Formen, besonders Sensenform, sind häufiger als wie bei Lepidopteren. Sehr lang ovale Gestalt ist vorherrschend, meistens übertrifft ihre Dicke diejenige der Schmetterlingsschuppen. G. Dimmock giebt in oben citirter Abhandlung genaue Maße der Dimensionen der von ihm untersuchten Schuppen, sowie auch Zeichnungen. Tübingen, im November 1893. Der Klappenapparat in den Exkretionsgefälsen der Tänien. Von | Edmund Köhler, Thierarzt aus Hornburg (Prov. Sachsen). Mit Tafel XVII—XVII und 2 Textfiguren. Auf Grund der zuerst von Dr. Prarner gemachten und weiterhin von verschiedenen Seiten (Sommer, Leuckart) bestätigten Angaben wurde es als allgemein feststehend angenommen, dass sich in den grö- Beren Längsstämmen der Exkretionsgefäße der Tänien ein Klappen- apparat in jedem Gliede und zwar an der Stelle, wo die Queranastomose die beiden größeren Gefäße verbindet, sich befinde. An der absoluten Richtigkeit dieser Annahme mussten indess bereits starke Zweifel ent- stehen, als sämmtliche neueren Autoren die Existenz eines solchen Kiappenapparates überhaupt leugneten oder das Vorhandensein eines solchen in verschiedenem Grade der Vollendung zugaben. Da nun die Ansichten der Autoren alter und neuer Zeit hier weit aus einander gegangen sind, so glaube ich, dass es nicht ohne Interesse sein wird, einmal die Angaben Prırner’s und Sonumer’s einer genauen Kontrolle zu unterziehen, im Anschluss daran jedoch auch weitere An- gaben zu machen über das Fehlen oder Vorhandensein eines Klappen- apparates bei den verschiedenen Arten von Tänien. Von meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. BLocHhnmann, auf dieses Gebiet aufmerksam gemacht, habe ich mich mit den Unter- suchungen über den Klappenapparat in den Exkretionsgefäßen der Tänien beschäftigt, und werde ich in der nun folgenden Darstellung die Resultate meiner Untersuchungen darlegen. Die Arbeit wurde im Zoologischen Institut der Universität Rostock - ausgeführt, und es sei mir an dieser Stelle gestattet, dem Direktor des - Instituts für das liebenswürdige, mir während meiner Studienzeit an ei D & E hiesiger Universität und auch bei der Abfassung der vorliegenden Arbeit 2 entgegengebrachte Interesse meinen tiefgefühlten Dank auszusprechen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 26 386 Edmund Köhler, Entsprechend dem für die einzelnen Arten von Tänien sehr ver- schieden großen Vorrath an Material konnten die eysticerken Tänien am eingehendsten untersucht werden, während sich meine Angaben betreffs der eystoiden Tänien, welche ZscHorke neuerdings in vier ver- schiedene Untergruppen getheilt hat, immer nur auf ein oder zwei Exemplare dieser Untergruppen erstrecken. Von den eysticerken Tänien fanden folgende Arten Berücksichtigung: Taenia solium L. = saginata Goeze - erassicollis Rud. - erassiceps Rud. - polyacantha Leuckart - serrata Goeze. Von den eystoiden Tänien untersuchte ich von den a) kurzgliedrigen Tänien die Taenia perfoliata Goeze, b) Dipylidien: die Taenia expansa Rud. und die Taenia cucumerina Bloch, c) Vogeltänien: die Taenia serpentulus Schrank aus Corvus frugilegus und die Taenia gutturosa Giebel aus Corvus corone. d) Tänien mit flächenständigen Geschlechtsöffnungen: die Taenia litterata Batsch. Das Material zu diesen Untersuchungen gelangte theils in frischem, noch nicht konservirtem Zustande in meine Hände, theils fand ich dasselbe in 70°/,igem Alkohol gehärtet und in gut ausgestreektem Zu- stande in den Sammlungen des Instituts vor, jedoch waren diese Exem- plare noch nicht lange konservirt, so dass die Untersuchungen hier- durch in keiner Weise beeinträchtigt wurden. In den Besitz von Taenia expansa gelangte ich durch die Liebens- würdigkeit des Thierarztes NEvErmAnn in Berlin, welcher mir ein sehr schönes Exemplar vom dortigen Centralschlachthof übersandte. Das- selbe war im lebenden Zustande über eine Glasplatte gewickelt, durch sanften Zug noch etwas ausgedehnt und in 70°/,igem Alkohol konservirt. Die Fixation des von mir selbst gesammelten Materials (T. solium, mediocannellata, erassicollis, perfoliata, cucumerina, gutturosa) geschah in koncentrirter Sublimatlösung (5:100), worin die Exemplare zwei bis drei Stunden verblieben. Nachgehärtet wurde in 70°/sigem Alkohol, in welchem das Material nach mehrmaligem Wechsel dann aufbewahrt wurde. Da sich nun jedoch begreiflicherweise der Bandwurm so stark wie möglich zusammenzieht, sobald man ihn ohne Weiteres lebend in die fixirende Flüssigkeit wirft und gerade diese Kontraktion immer Der Klappenapparat in den Exkretionsgefäßen der Tänien. 387 mehr oder weniger störend auf die Anfertigung von Flächenschnitten wirkt, so sah ich mich genöthigt, auf diese oder jene Weise einer solchen Kontraktion vorzubeugen. Das einfachste Verfahren besteht meinen Er- fahrungen gemäß nun darin, dass man den vorher in 0,6°/,iger Kochsalz- lösung abgespülten Bandwurm entweder über eine Glasplatte wickelt, wobei man noch die Ausdehnung der einzelnen Glieder durch langsamen Zug vervollständigen kann, oder darin, dass man den Wurm auf eine Korkplatte ausspannt und durch Igelstacheln fixirt. Gießt man nunmehr die koncentrirte Sublimatlösung auf denselben, so hat man seinen Zweck vollständig erreicht, denn auf diese Weise getödtete Exemplare liefern regelmäßig schöne Präparate zu Flächenschnitten. Die Methode der weiteren Untersuchung bestand nach der Einbettung in Paraffın in der Anfertigung von Querschnitten, Sagittal- und Flächenschnitten, das heißt Schnitten, welche parallel zu den beiden Flächen des Bandwurmes geführt wurden, und lieferten mir namentlich letztere recht deutliche und übersichtliche Bilder. Die Schnitte wurden in einer Dicke von 10 u angefertigt. Als Tinktionsmittel kamen zur Verwendung das Orange-G-Häma- toxylin oder das Eosin-Hämatoxylin. Mit der ersten Doppelfärbung, welche ich nach der Vorschrift von Rawırz ausführte, machte ich zuerst recht böse Erfahrungen, indem das Orange-G bei dem flüchtigen Ab- waschen fast ganz entwich. Dem Übelstand half ich dadurch ab, dass ich 100g der. Orange-G-Lösung 5 Tropfen Eisessig zusetzte und die Präparate 20—25 Minuten nach der Färbung in destillirtem Wasser liegen ließ, und bekam ich auf diese Weise eine sehr schöne und für das Auge angenehme Färbung, welche auch die histologischen Details vollständig erkennen ließ. Außerdem wandte ich das von Mäurentaar erfundene Verfahren an. Die in 70°/,igem Alkohol gehärteten Präparate wurden in destillirtem Wasser dreiStunden ausgewaschen und in eine schwache Osmiumsäure- lösung (0,25:100) gelegt. In dieser Mischung, welche in einem dunkeln Raume aufgestellt wurde, verblieben die Objekte 24 Stunden, wurden dann wieder zwei Stunden ausgewaschen und in rohen Holzessig über- führt. Nach 24 Stunden wäscht man die Objekte wieder aus und bereitet sie dann in bekannter Weise zur Paraffineinbettung vor. Die Methode liefert ausgezeichnete Resultate und sehr distinkte Bilder. Die beigefügten Zeichnungen sind alle mit einem Osernäuser’schen Zeichenapparat entworfen und dann weiter ausgeführt worden. Was nun zunächst die Litteratur in Bezug auf den Klappenapparat bei den cysticerken Tänien betrifft, so ist dieselbe als eine sehr spär- liche zu bezeichnen, | 26* 388 Edmund Köhler, Der älteste hier in Betracht kommende Autor ist Dr. PLATner, welcher die Taenia solium als Untersuchungsobjekt benutzte. Derselbe füllte von einem Seitengefäß aus die Exkretionsgefäße mit Quecksilber und theilt darüber folgende Beobachtungen mit: »Sehr deutlich zeigten sich am Eingange eines jeden Querkanales zwei dünnhäutige, halbmondförmige Vorsprünge (Klappen), die einan- der an den inneren Seiten des Längskanales, da wo der Übergang in den Querkanal stattfindet, horizontal gerichtet gegenüber standen, der eine am oberen, der andere am unteren Ende des Einganges. Der obere Vorsprung war schräg von oben nach unten, der untere größer, mehr von unten nach oben gerichtet, und beide schienen unmittelbare Fort- setzungen der inneren Haut zu sein. Beide nahmen die ganze innere Wand der inneren Kanalfläche ein. Außerdem zeigten sich in jedem Gliede wenigstens sechs halbmondförmige schmälere Vorsprünge an der inneren Wand des Längskanales. Nachdem ich nun auch mehrere der Querkanäle geöffnet, sah ich in ihnen ähnliche, aber kleinere senk- rechte Vorsprünge, einen größeren, ebenfalls klappenartigen, am Ein- gange eines jeden stehend und fast die ganze Peripheriewand der inneren Kanalwand einnehmend.« Zwei Abbildungen, welche den da- maligen Verhältnissen entsprechend und darum sehr ungenau sind, er- gänzen die Darstellung desselben. An zweiter Stelle dürfte dann E. A. Prarner, ein Vetter des oben erwähnten Autors gleichen Namens, zu nennen sein. Dieser Forscher hält die von seinem Vetter gegebene Darstellung keineswegs für richtig und behauptet, von einem Klappenapparate an der Stelle, wo das Mittel- stück des Gefäßsystems in die Seitentheile übergeht, nichts gesehen zu haben. Der zeitlich nächstfolgende Forscher, der, so weit mir die Litteratur zugänglich war, unsere Kenntnisse über den Klappenapparat in nennens- werther Weise gefördert hat, ist Sommer. Die Angaben, welche dieser Schriftsteller in einer Anmerkung unter seiner bekannten Arbeit »Über den Bau und die Entwicklung der Geschlechtsorgane von Taenia medio- cannellata und Taenia solium« macht, werde ich hier wörtlich folgen lassen: »Die Längsstämme des Wassergefäßsystems (v. SıesoLo) besitzen oberhalb der Stelle, an welcher die Queranastomosen münden, einen Klappenapparat. Derselbe wird von zwei einander gegenüberliegenden Falten oder Duplikaturen der strukturlosen Grenzhaut gebildet, welche gegen das Lumen des Kanals bald mehr, bald minder weit vorspringen. Sie gestatten der Flüssigkeitssäule nur ein Ausweichen nach hinten und gegen das Ende des Thierstockes hin, lassen eine Bewegung in umge- kehrter Richtung gegen das sogenannte Kopfende hin nicht zu. Daraus t £ A & ® z l. x Der Klappenapparat in den Exkretionsgefäßen der Tävien. 389 erklärt sich die Erscheinung, dass Injektionen der Längsstämme, welche gegen das Kopfende des Thierstockes gerichtet sind, nicht gelingen, während es andererseits nicht die geringsten Schwierigkeiten bietet, von einem der oberen Glieder aus das Wassergefäßsystem in den weiter folgenden Gliedern über lange Strecken hin zu füllen.« Ganz von dem Dargestellten verschieden sind die Ansichten neuerer Autoren. STEUDENER, dem wohl von allen Forschern das meiste und ver- schiedenartigste Material bei seinen Untersuchungen über die Gestoden zu Gebote stand, geiangte bei seinen Injektionon zu denselben Resul- taten wie Soumer, konnte jedoch weder auf Flächenschnitten noch auf Querschnitten das geringste einer Klappeneinrichtung erkennen. Er vermuthet, dass die an der Abgangsstelle einer jeden Queranastomose befindliche nach innen gerichtete winklige Knickung des Seitengefäßes als klappenartiges Hindernis wirken könne. Seine Untersuchungen er- streckten sich auf die Taenia solium, mediocannellata, serrata, crassi- collis und marginata. Im Gegensatze zu STEUDENER und Sommer gelangen Rırnm Injek- tionen, welche er bei Taenia crassicollis ausführte, sowohl in der Richtung nach dem Kopfe als auch umgekehrt. An diese Mittheilung knüpft er dann noch folgende Bemerkung: »Nur so lange das Thier noch lebt und einer ausgiebigen Bewegung und Kontraktion noch fähig ist, ist das Eindringen der Flüssigkeit nach vorn zu erschwert, vermuthlich dadurch, dass die-zwischen zweien Proglottiden sich ausspannenden Längsmuskeln die an dieser Stelle befindliche Knickung der Kanäle zu quetschen fähig sind.« Einen Klappenapparat hat der Forscher bei seinen weiteren Untersuchungen nicht wahrgenommen, und glaubt er das Nichtvorhandensein eines solchen Apparates schon hinlänglich durch das Eindringen von Injektionsmassen nach dem vorderen Körperende hin bewiesen zu haben. Auch Pınrxer, durch dessen vorzügliche Arbeit wir zuerst Aufklärung über die Anfänge des exkretorischen Apparates erhielten, konnte bei den von ihm untersuchten Arten (Taenia solium, mediocannellata) einen Klappenapparat, wie ihn Sonmer angiebt, nicht auffinden. Leuckarr dagegen giebt in seinem Parasitenwerke eine in allen wesentlichen Theilen mit Sommer übereinstimmende Schilderung des Klappenapparates. Aus diesem historischen Rückblick geht wohl deutlich die bereits Eingangs erwähnte Behauptung hervor, dass unsere Kenntnisse über den Klappenapparat nur einen sehr beschränkten Raum der sonst so reichen helminthologischen Litteratur ausmachen. Außerdem müssen uns sofort auffallen die verschiedenen und sich 390 - Edmund Köhler, sehr oft widersprechenden Angaben der Autoren über die Beschaffen- heit dieses Apparates, abgesehen überhaupt von der verschiedenen Stellung, welche die Forscher in dem Streite um das Vorhandensein oder Fehlen dieses Apparates eingenommen haben. Vergleichen wir zuerst nun die Mittheilungen von Dr. Prartser und F. Sommer, welche ihre Beobachtungen an der Taenia solium machten. Prarner will in den Längsgefäßen und in den Quergefäßen an ver- schiedenen Stellen derselben Klappen gefunden haben, welche einen Mechanismus darstellen, der uns theils an die Querfalten des Darm- kanales höherer Thiere, theils an die Klappen in den Blut- und Lymph- gefäßen erinnert. Mit diesen Mittheilungen erscheinen die später von . Sommer veröffentlichten Angaben schwer vereinbar. Derselbe be- obachtete einen Klappenapparat an der Stelle, wo die Queranastomose die beiden Längsgefäße verbindet. Natürlich drängt sich hier die Frage mit Macht auf, welcher von beiden Autoren hat hier das Richtige ge- troffen? Auf Grund meiner Untersuchungen kann die entscheidende Antwort hierauf nur so lauten: Die Darstellung Dr. PLarner’s ist keines- wegs richtig, denn trotz eifrigen Nachsuchens konnte ich nicht eine Spur von derartigen Klappen entdecken. PıaArner hat diese Bilder dadurch gewonnen, dass er einen stark kontrahirten Bandwurm auf ein Glasplättchen aufklebte und trocknete, jedenfalls sind solche Bilder Zerrbilder. Sommer hat dagegen diese Gebilde richtig erkannt, und kann ich mich auf Grund meiner Untersuchungen den Befunden dieses Autors in vielen Punkten anschließen. Indem ich nun zur Darstellung des Klappenapparates selbst über- gehe, bemerke ich vor Allem das Gesammtresultat, dass bei allen von mir untersuchten ceysticerken Tänien (T. solium, mediocannellata, polyacantha, crassiceps, crassicollis, serrata) sich ein Klappenapparat befindet, welcher im Allgemeinen bei den einzelnen Arten denselben Bau und sehr wenig Unterschiede erkennen lässt, wogegen bei den eystoiden Tänien sich nicht unwesentliche Unterschiede zeigen, indem hier der Apparat theils gänzlich fehlt, theils, wo vorhanden, nicht mit dem der eysticerken Tänien übereinstimmt. In Bezug auf die Lage des Klappenapparates kann ich dem von Souner über die Frage Mitgetheilten nichts hinzufügen. Derselbe hat seine Lage in den beiden größeren Exkretionsgefäßstämmen oberhalb der Abgangsstelle der Queranastomose, welche die beiden größeren Exkretionsgefäße am hinteren Rand einer jeden Proglottis verbindet. Auf Flächenschnitten stellt die Klappe einen schlanken, langgestreckten, zungenförmigen Fortsatz dar, welcher in das Lumen des Gefäßes hinein- ragt und mit breiter Basis der inneren Gefäßwand ansitzt (Fig. 1—A0). Der Klappenapparat in den Exkretionsgefäßen der Tänien. 391 Je weiter man sich von der Basis entfernt, um so dünner wird das Gebilde und läuft zuletzt in eine ziemlich feine Spitze aus. Die Größen- verhältnisse wechseln sehr, so dass derselbe in geschlechtsreifen Glie- dern wohl doppelt so lang ist als in den Gliedern, welche wir direkt hinter dem Scolex antreffen. Betrefis der Länge der Klappen giebt Sommer an, dass sie gegen das Lumen bald mehr, bald minder weit vorspringen, dies kann ich jedoch nur theilweise für richtig erklären, denn nach meinen Beobach- tungen übertrifft die Länge der Klappen im ausgestreckten Zustande — was aber nicht gerade oft bei Präparaten in Folge der Konservirung der Fall ist — den Durchmesser des Gefäßes stets noch um ein Be- deutendes, und glaube ich, dass diese starke Ausbildung der Klappe für die Funktion derselben von nicht unwesentlichem Einflusse ist. Von besonderer Wichtigkeit scheint mir jedoch noch ein anderer Um- stand zu sein, welcher die Gestaltung des Gefäßes an dieser Stelle betrifft. Denn während sonst die Längsgefäßstämme gerade gestreckt und ohne Einbuchtungen und Hervorragungen verlaufen, macht sich in der Höhe der Klappen eine Erweiterung des Gefäßes bemerkbar, und zwar entsteht dieselbe nicht allmählich, sondern tritt plötzlich auf, so dass hier ein ziemlich scharfer Vorsprung entsteht. In diese Er- weiterung erstreckt sich nun das äußere Ende der Klappe und legt sich beim Verschlusse des Gefäßes mit ihrem äußeren Rande auf den Vor- sprung. Gerade diese Lagerung der Klappe scheint mir für die Sicherheit derselben ein günstiges Moment zu sein, indem sie durch diese Einrichtung den Druckkräften einen bedeutend größeren Wider- stand entgegenzusetzen vermag. Es handelt sich nun noch um die Frage, aus welchen Geweben besteht die Klappe? Sommer fand, dass dieselbe von zwei einander gegenüberliegenden Falten oder Duplikaturen gebildet würden. Das Ergebnis meiner Untersuchungen war, dass sich das Parenchymgewebe des Körpers direkt in die Klappe fortsetzt und fast bis in die Spitze zu verfolgen ist, dagegen ist der freie Rand der Klappe von derselben strukturlosen Membran umgeben, welche sonst die Wandung des Gefäßes bildet. Ein besonderer Muskelapparat, welcher unabhängig von der übrigen Körpermuskulatur den Verschluss oder das Öffnen der Klappen besorgen könne, existirt nicht. Ebenfalls konnte ich in der Klappe selbst keine muskulösen Elemente trotz angewandter Doppelfärbung nachweisen. Was nun die Gestalt der Klappe anbetrifft, so entspricht dieselbe, wie zu erwarten ist, genau der des Gefäßquerschnittes, das heißt, die- selbe erscheint von der Fläche gesehen als ein längliches Oval. 399 Edmund Köhler, Der Modus der Bewegung dieser Klappen und die physiologische Bedeutung dieser Gebilde dürfte sich dem vorangehenden anatomischen Befunde zufolge ziemlich einfach gestalten. Die unablässig sich wieder- holende abwechselnde Kontraktion der Längs- und Quermuskulatur des Körpers wirkt auf den Inhalt der Gefäße wie die peristaltische Bewegung des Darmes höherer Thiere auf den Darminhalt und schiebt die Flüssigkeit von vorn nach hinten. Die Klappe verhält sich während dieses ganzen Vorganges passiv und wird allein durch die Flüssigkeit, welche dem auf ihr lastenden Drucke zu entgehen sucht, selbst geöffnet. Hören nun die Kontraktionen des Wurmes auf, so sucht die Flüssigkeit nach vorn zurückzufließen, was jedoch durch die Klappe verhindert wird, indem dieselbe durch die zurückstauende Flüssigkeit vor das Gefäßlumen gelegt wird. Wie wir sehen, spielt die Klappe hier dieselbe Rolle, wie das Klap- penventil in dem Kolben einer Saugpumpe. Hieran reihe ich nun die Beobachtungen betreffs des Klappenappa- rates bei den cysticercoiden Tänien. Die erste Gruppe umfasst die kurzgliedrigen Tänien, als deren Ver- treter ich die Taenia perfoliata untersuchte. Bei Würdigung der vor- liegenden Litteratur ist diese Gruppe noch wenig in derselben bekannt geworden, und sind es hauptsächlich zwei Arbeiten neueren Datums, welche uns Aufschluss über die bei diesen Tänien obwaltenden Ver- hältnisse geben. Eine der ausführlichsten Abhandlungen ist die von Kaınane, welche sich eingehend mit der Taenia perfoliata beschäftigt und unsere Kennt- nisse über die Tänien durch zahlreiche und wichtige Angaben bereichert hat. Eine neuere Arbeit, die neben anderen Tänien ganz besonders die kurzgliedrigen Tänien behandelt, hat Zscuorke als Verfasser. Die Unter- suchungen dieses Forschers erstrecken sich auf die Taenia mamillana Mehlis, T. transversaria Krabbe, T. diminuta Rudolphi, T. relieta Zschokke. Beide Forscher erwähnen in ihrer Arbeit den von Sommer beschriebenen Klappenapparat und sagt Kanne darüber Folgendes: »Obwohl die Zulässigkeit, ja die Nothwendigkeit eines solchen, die Richtung, in der sich die in den Gefäßen vorfindliche Flüssigkeitssäule bewegen soll, bestimmenden Apparates von selbst einleuchtet, kann ich doch nicht aus eigener Anschauung seine Existenz bestätigen. Welche Vorrichtung dazu dient, die Flüssigkeit von dem vorderen gegen das hintere Körperende zu lenken und zugleich das Misslingen von entgegengesetzt gerichteten Injektionsversuchen (SomMER, STEUDENER) zu verursachen, kann ich, wenn es nicht schon die Richtung der ab- gehenden Seitenzweige leisten kann, wahrlich nicht vermuthen.« Der Klappenapparat in den Exkretionsgefäßen der Tänien. 393 Zu demselben Befunde gelangte auch Zscuokke bei seinen Unter- suchungen. Er sagt: »Je n’ai pu decouvrir aucune trace d’un appareil de soupapes dans l’interieur des canaux aquiferes, comme Sommer, par exemple, l’admet chez certaines esp£ces de Cestodes.« Das Ergebnis meiner Untersuchungen stimmt mit den Angaben beider Forscher vollständig überein (Fig. 11). Die zweite Gruppe, zu der wir uns jetzt wenden wollen, umfasst die Tänien mit doppelten Geschlechtsöffnungen, von denen ich die Taenia cucumerina und Taenia expansa untersuchte. Auch betrefis dieser Gruppe kann die bis in die neueste Zeit erschienene Litteratur als eine wenig umfangreiche bezeichnet werden. Der ersten Arbeit auf diesem Gebiete begegnen wir in Levuckarr's großem Werke über die menschlichen Parasiten, wo dieser Forscher sich eingehend mit dem Vorkommen der Taenia cucumerina beschäftigt und zum Schlusse seiner Beobachtungen einige Bemerkungen über die Bildung der Geschlechts- organe macht. Eine spätere Arbeit ist die von STEUDENER, welche in mancher Beziehung dieMittheilungen L£euckarr's betreffs des Geschlechts- apparates ergänzt. Daran schließen sich die Arbeiten von Rızam und ZSCHOKKE. Der Erstere untersuchte die Tänien aus dem Hasen und wil- den Kaninchen und fand darin fünf verschiedene Arten, von denen drei doppelte Geschlechtsöffnungen besaßen. Er vereinigt diese unter der Gattung »Dipylidium« und schlägt diesen Gattungsnamen für sämmtliche -Täniaden mit doppeltem Geschlechtsapparat vor. Rırum fand bei keinem der von ihm untersuchten Dipylidien einen Klappenapparat vor. ZscHokkE dagegen machte zum Gegenstand seiner Untersuchung die Taenia expansa aus dem Schafe und giebt eine ein- gehende Beschreibung eines Klappenapparates. Seine eigenen Worte lauten: »A chaque point de depart d’une anastomose transversale, les gros troncs longitudinaux, sont considerablement elargis, tandisque leurs parties situ6es entre deux des ces Glargissements paraissent retrecies. Dans les bouts £troits de ces tubes les parois sont souvent plissees et forment des bourrelets et des lobes eirculaires et demi- eirculaires qui font saillie dans le lumen du canal. Encore plus fre- quemment nous trouvons & l’entr&e des anastomoses une saillie, ou languette de la paroi inferieure, qui peut fermer le vaisseau transver- sal comme un clapet. (Ges formations ne sont cependant pas tout A fait constantes et leur disposition ne presente rien de regulier. Les bourrelets et plissements disparaissent presque completement, lorsque le strobila est bien &tendu ; le parcours des vaisseaux devient alors droit, et les differences de volume des diverses parties du m&me tube sont insignificantes. Tout en reconnaissant que les lobes et ces bourre- 394 Edmund Köhler, lets peuvent jouer & l’&tat de contraction du strobila le röle de soupapes, empechant le liquide contenu dans les canaux de refluer vers le scolex, jinsiste pourtant sur le fait, quwiils ne forment point de systeme fixe et definitivement &tabli que l’ont trouve plusieurs auteurs, chez d’autres especes (SoMMER-LANDOIS).< Was nun meine eigenen Untersuchungen betrifft, so kann ich so- wohl betreffs der Taenia cucumerina als auch der Taenia expansa nur mittheilen, dass ich bei keinem von diesen eine Spur eines Klappen- apparates gefunden habe (Fig. 12, 43, 14). Zwar trete ich mit dieser Behauptung — wenigstens so weit sie sich auf die Taenia expansa bezieht — in direkten Widerspruch mit den Angaben von ZScHokkE. Da es mir aber trotz aller Sorgfalt, mit welcher ich das von ihm beschriebene Züngelchen auf meinen Präparaten suchte, nie gelang dasselbe zu Gesicht zu bekommen, so muss ich die Angaben dieses Forschers für unrichtig halten. In der übrigen Beschreibung des Gefäßsystems, in welchem ZscuokkE Wülste und ringförmige Lappen (des bourrelets et des lobes eirculaires) gefunden haben will, kann ich nichts Charakteristisches für die Taenia expansa erkennen, zumal ich bei meinem gut ausgestreckten Material nichts Derartiges wahrgenommen habe (Fig. 12 u. 13). Im Übrigen vermuthet Zscnorkz selbst, dass diese eigenthümlichen Bil- dungen nur auf den Kontraktionszustand zurückzuführen sind, da er sie in mäßig kontrahirten Gliedern weniger ausgeprägt vorfand. Ähn- liche Verhältnisse fand bereits StEuDEner auf Flächenschnitten bei Bothriocephalus proboscideus und Dr. PıArner bei Taenia solium. ZSCHOKKE will diesen Gebilden wieder eine Rolle als Klappen zuschrei- ben, eine Ansicht, die bereits früher von Dr. PrArner vertreten ist. Dass diese Auffassung jedoch keineswegs richtig ist, zeigt uns der wohl entwickelte Klappenapparat bei der Taenia solium, welchen ich bereits oben beschrieben habe. Im Anschlusse hieran möchte ich nicht unterlassen, eine Bemerkung betrefis des Nervensystems von Taenia expansa einzuschalten, jedoch werde ich mich, da dies nicht in den Bereich meiner Aufgabe gehört, auf das Allernöthigste beschränken. Über das Nervensystem im Scolex vermag ich allerdings keine Angaben zu machen, da meinem Thiere der Kopf fehlte. Verfolgen wir dagegen die beiden aus dem Kopfe ent- springenden Seitenstämme in ihrem Verlauf durch die Proglottidenkette, so bemerken wir am hinteren Rande einer jeden Proglottis direkt hinter der Queranastomose der beiden größeren Gefäßstämme einen kräftigen Nerven (Fig. 21) verlaufen, welcher die beiden Längsnerven auf der dorsalen (Fig. 20) Seite verbindet und so eine Kommissur darstellt. Der Klappenapparat in den Exkretionsgefäßen der Tänien. 395 Diese auffallende Erscheinung habe ich bis jetzt nirgends in der Litte- ratur angegeben gefunden, jedoch möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass bereits Rırum bei Dipylidium pectinatum ein ähnliches Verhalten nachgewiesen hat, und zwar beobachtete er in den Seitensträngen nahe dem Hinterrande einer jeden Proglottis eine, wenn auch nur schwache, Anschwellung, von welcher sowohl nach der Innenschicht als auch lateral nach der Rindenschicht zu ein Nerv entsprang; eine Commissur zwischen den beiden nach innen entspringenden Nerven hat der For- scher nicht auffinden können. Ein ähnliches Verhalten fand auch ZSCHokkE bei der Taenia mamillana Mehlis und schreibt darüber: »Au bord posterieur de chaque proglottis le faisceau nerveux envoie vers Pinterieur dans la couche moyenne, et au dehors dans la couche corti- cale un prolongement un nerf lateral, diminuant assez rapidement d’epaisseur et se perdant enfin completement. Je n’ai jamais pu pour- suivre ces prolongements plus loin que sur un cinquieme de la lon- gueur de laxe transversal du proglottis.« Bei der Taenia expansa hat ZSCHOKKE ein solches Verhalten nicht nachweisen können: Je n’ai pu decouyrir des nerfs lateraux comme d’autres especes (dans les pro- glottides). Was nun die histologische Struktur dieser Anastomose anbelangt, so besteht dieselbe aus denselben ungemein zarten Fasern, wie die Seitenstränge, und entbehrt einer selbständigen Hülle. Ganglienzellen, wie dieselben in den Seitensträngen wahrgenommen werden, konnte ich in derselben nicht nachweisen. Die feineren Nervenfasern traten hauptsächlich deutlich hervor, wenn ich die bereits oben erwähnte Methode von MänrentuaL anwandte. Als Vertreter der dritten Gruppe, der Vogeltänien, untersuchte ich in Bezug auf den Klappenapparat die Taenia serpentulus und die Taenia gutturosa. Auch hier konnte ich wiederum nur das Fehlen des Klappen- apparates (Fig. 15, 16, 17) feststellen, und fand ich auch in der ge- sammten Litteratur über die Vogeltänien keine Angaben über das Vorkommen desselben, obgleich ich die Arbeiten von PAGENSTECHER, FEUEREISEN, STEUDENER, NITSCHE, Linstow und ZscHokke auf diesen Cegen- stand hin prüfte. Es bleibt mir nun noch übrig, der Tänien mit flächenständiger Geschlechtsöffnung zu gedenken, von denen ich die Taenia litterata untersuchte. Zeigt diese in Bezug auf den anatomischen Bau ihrer Ge- schlechtsorgane allen anderen Tänien gegenüber schon eine Eigenthüm- lichkeit, so tritt dieselbe auch bei dem Klappenapparat ebenfalls hervor. Über diese Gruppe sind mir nur vier Arbeiten bekannt geworden, näm- lich die von WALTER, Hamann, ZscHokkE und neuerdings von Braun. 396 Edmund Köhler, | Water gab dieser Gruppe den Namen »Monodoridium« und unterschied zwei Arten, welche er beide im Fuchse fand, nämlich Taenia litterata Batsch und eine von ihm neu benannte Art Taenia utriculifera W. Die Arbeit dieses Forschers ist rein systematischer Natur und ent- hält nur eine kurze Beschreibung des Geschlechtsapparates. Hamann dagegen befasste sich eingehend mit der Anatomie der Taenia lineata aus dem Hunde und schlägt für diese Gruppe mit flächenständiger Ge- schlechtsöffnung den Namen »Ptychophysa« vor, da ihm sowohl wie Zscuoxk£ die Arbeit von Water unbekannt geblieben ist. Auf einen Klappenapparat scheint dieser Forscher nicht geachtet zu haben, jeden- falls macht er keine Bemerkung hierüber. Die eingehenden Unter- suchungen von ZscHokkE erstreckten sich auf die Taenia litterata und die Taenia canis lagopodis Abilgaard, und sagt dieser Forscher über den Klappenapparat: »Je n’ai point vu d’appareil de valvules dans l’interieur des vaisseaux.« Neuerdings vermuthet Braun, dass zwischen der Taenia lineata Goeze des Hundes und der Wildkatze und der Taenia litterata Batsch des Fuchses kein Unterschied besteht und Hund und Katze nicht die normalen, sondern nur gelegentliche Wirthe sind. Diese Vermuthung begründet er damit, dass die Taenia lineata in Hund und Katze in Mitteleuropa außerordentlich selten ist, dagegen die Taenia litterata bei Füchsen sehr häufig vorkommt. Was nun die Mittheilung Zscuorke’s anbetrifft, dass sich bei der Taenia litterata kein Klappenapparat vorfindet, so muss ich den An- gaben dieses Forschers auf Grund meiner Beobachtungen entgegen- treten, denn unser Bandwurm besitzt einen wohl ausgebildeten Klappen- apparat, welcher jedoch in Bezug auf seine Lage ein anderes Verhalten zeigt, als wir es bei den cysticerken Tänien früher kennen gelernt haben. Während wir nämlich bei diesen die Klappe mit breiter Basis an der inneren Wand des Gefäßes an der Stelle, wo das Quergefäß die beiden Seitenstämme verbindet, ansitzen sehen, beobachten wir bei der Taenia litterata, dass die breite Basis der Klappe der äußeren Wand des Exkretionsgefäßes (Fig. 18, 19) ansitzt und so die Spitze der Klappe direkt in das Quergefäß hineinragt. Die Länge der Klappe übertrifft hier wiederum um ein Bedeutendes die Weite des Exkretionsgefäßes, so dass die hier nach innen gerichtete Spitze sich beim Schließen der Klappe gegen den oberen Rand der Querkommissur legt. Bezüglich des histologischen Baues und der Form der Klappe wiederholen sich in der That alle Verhältnisse, welche wir bei den cysticerken Tänien kennen gelernt haben, so dass ich mich hier auf eine eingehende Beschreibung nicht einzulassen brauche. Eine Erscheinung, welcher ich bereits bei den eysticerken Tänien großen Werth beigemessen habe, zeigt sich Der Klappenapparat in den Exkretionsgefäßen der Tänien. 397 jedoch hier besonders deutlich, nämlich dass beim Schließen der Klappe die Spitze derselben ein sicheres Widerlager findet und durch diese Einrichtung einen viel größeren Druck auszuhalten vermag. Nachtrag. Über die sog. »plasmatischen Längsgefäße« Sommer’s bei Taenia solium und Taenia mediocannellata Küchenmstr. Durch die Arbeit meineshochverehrten Lehrers, des Herrn Professor BLocHmann, ist festgestelli, was die von Sommer beschriebenen sog. »plasmatischen Längsgefäße« der Bandwürmer bedeuten. Leider ist demselben hierbei ein kurzer Nachtrag Sommer’s, welchen derselbe über die »plasmatischen Längsgefäße« in seiner Arbeit »Über die Anatomie von Distomum hepaticum« macht, entgangen, und möge das Folgende hiermit zur Ergänzung dienen. Sommer schreibt nämlich, nachdem er zuvor seinen Irrthum betreffs der Nerven bei Bothriocephalus latus, welche er für Seitengefäße an- gesehen hatte, berichtigt hat, Folgendes: »Eben so habe ich die in dem zweiten Hefte der Beiträge zur Anatomie der Plattwürmer p. 17 ge- schilderten und Tafel I F daselbst abgebildeten plasmatischen Längs- gefäße in der Folge als Nervenstränge der Taenia erkannt.« Wie aus der vorstehenden Wiedergabe ersichtlich ist, hat Sommer selbst die irrige Auffassung, welche Kanınz zuerst veranlasst hat und wir durch die ganze Litteratur verfolgen können, noch bestätigt. Am Schlusse seiner Arbeit geht Brocumann dann noch auf die Natur des schwarzen körnigen Niederschlages in den Gefäßen ein und er- wähnt dabei nur einen von Örkers beschriebenen Fall. Da Linsrow bereits eine gleiche Beobachtung gemacht hat, so möge dieselbe hier noch angefügt werden. Linsrow erhielt zwei Exemplare von Taenia mediocannellata von einem Kranken, der eine Schmierkur mit grauer Quecksilbersalbe durchgemacht hatte, und beobachtete dabei Folgendes: »Die Tänien hatten nicht die gewöhnliche weiße, sondern eine graue Farbe, die von massenhaften Einlagerungen von schwarzen Partikelchen herrührt, welche Herr Professor PoLstorrr als Quecksilberoxydul be- stimmte. Sehr merkwürdig ist nun die Vertheilung der schwarzen Körn- chen in den Proglottiden; das Parenchym ist ziemlich gleichmäßig und schwach durchsetzt, die Hoden aber in viel auffallenderer Weise, eben so die Vasa efferentia und das Vas deferens, am stärksten aber die Vagina, die kohlenschwarz erscheint, während die producirenden weiblichen Organe nicht ein einziges Körnchen enthalten, undin gefärbten Schnitten schön roth erscheinen. Die Vasa efferentia haben einen Grenzstrang, 398: Edmund Köhler, welcher dem großen Längsgefäß an dessen Innenseite parallel läuft, den ich in allen Beschreibungen vergeblich gesucht habe, bei dieser natürlichen Färbung aber sehr in die Augen fallend ist.« Was nun diesen Grenzstrang der Vasa efferentia anbetrifft, so glaube ich mit Recht annehmen zu dürfen, dass der Verfasser nichts Anderes als das »plasmatische Längsgefäß« von Sommer oder besser gesagt mit Broch- mann »den Nebenexkretionsstamm« vor sich gehabt hat. Im Übrigen geht dies auch deutlich aus der beigefügten Abbildung hervor. Im Anschluss daran habe ich auch noch einmal die Angaben von Taenia crassicollis betreffs der Queranastomosen einer erneuten Unter- suchung unterzogen, zumal die Angaben von Rırum und BLocHMAnN im direkten Widerspruch stehen. Rırum machte Injektionen bei der Taenia erassicollis und gelangte dabei zu folgendem Resultate: »Die Anastomosen in den Proglottiden Fig. 1. Fig. 1l. Fig. I. Eı, Hauptstamm ; E2, Nebenstamm des Exkretionsgefäßes, $, Seitenast: 9, Querkom- missur. Taenia crassicollis nach RırHm. Fig. U. Zxı, Hauptstamm; 2x2, Nebenstamm der Exkretionsgefäße; MV, Nerv; C, Kommissur der Hauptstämme, die aus jedem Hauptstamme mit doppelter Wurzel entspringt. Zwischen - diesen Wurzeln läuft der Nebenstamm hindurch. werden nicht nur von den größeren Gefäßen abgegeben, vielmehr ent- sendet auch jedes der beiden kleineren einen Seitenast, welcher aller- dings bald in die Anastomose der großen Gefäße mündet.« Obenstehende Abbildung ergänzt die Darstellung. { Ganz anders schildert Brocnmann dies Verhalten: »Die beiden Hauptstämme werden ebenfalls durch eine einfache Querkommissur verbunden. Allerdings zeigt die Kommissur hier eine Eigenthümlich- keit, die darin besteht, dass aus jedem Hauptstamme nach der Median- linie zu zwei Gefäße entspringen, so dass ein an der medialen Seite des Hauptstammes geführter Sagittalschnitt zwei Durchschnitte durch die beiden Wurzeln der Kommissur, ein weiter nach der Medianebene zu gelegener dagegen nur einen solchen durch den Haupttheil der Kom- Der Klappenapparat in den Exkretionsgefäßen der Tänien. 399 missur erkennen lässt. Zwischen den Wurzeln der Querkommissur hin- durch läuft der Nebenstamm, so dass derselbe auf einem Querschnitt durch die Proglottis in einem Dreieck eingeschlossen liegt, dessen late- rale Seite von dem Querschnitt durch den Hauptstamm, dessen obere und untere Seite aber durch die Wurzeln der Kommissur gebildet wird. Die nebenstehende schematische Figur erläutert dies Verhalten.« Meine Untersuchungen bestätigten nur die Angaben Brocumany’s und stellt die beigefügte Abbildung (Fig. 22) einen Sagittalschnitt dar, welcher die beiden Wurzeln der Kommissur und zwischen denselben den Verlauf des Nebenstammes erkennen lässt. Rostock, im November 1893. Litteraturverzeichnis. F. BLocamAnN, Über Sommer’s sog. »plasmatische Längsgefäße« bei Taenia saginata Goeze und Taenia solium L. Centralblatt für Bakteriologie und Parasiten- kunde. Bd. XII. 1892. p. 373. M. Braun, Verzeichnis von Eingeweidewürmern aus Mecklenburg. Archiv d. Fr. d. Naturg. i. M. Jahrg. 1891. J. FEUEREISEN, Beitrag zur Kenntnis der Tänien. Diese Zeitschr. 4868. Bd. XVIll. S.162—204, O. Hamann, Taenia lineata Goeze. Diese Zeitschr. 1885. Bd. XLII. p. 718. J. KAHAnE, Anatomie von Taenia perfoliata. Diese Zeitschr. 1880. Bd. XXXIV. p. 205. R. LEUCKART, Die Parasiten des Menschen 4879—1886. 2, Aufl. Bd. I. 4. Abth. p. 375 und 377 Anm. p. 850—851. p. 381. 0, v. Linstow, Beitrag zur Kenntnis der Vogeltänien nebst Bemerkungen über neue und bekannte Helminthen. Archiv. f. Naturg. 56. Jahrg. p. 171—1488. Ders., Über den Bau und die Entwicklung von Taenia longicollis. Jena. Zeitschr. f. Naturw. Bd. XXV. p. 565—576. H. NıtscHe, Untersuchungen über den Bau von Tänien. Diese Zeitschr. 4873. Bd. XXIII. p. 4181—197. A. PAGENSTECHER, Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Tänien. Diese Zeitschr. 1850. Bd. IX. p. 523—528. Tu. Pıntner, Untersuchungen über den Bandwurmkörper. Arbeit. des zoolog. In- stituts Wien 4880. Bd. III. 2. Heft. p. 38. Dr. PLAtner, Beobachtung am Darmkanal der Taenia solium. MüLter’s Archiv für Anatomie und Physiol. 1838. p. 572. E. A. PLArner, Helminthologische Beiträge. MüLLer’s Archiv 1859. p. 287. G. RıEam, Studien an Cestoden. Inaug. Dissert. Halle 4881. F. Sommer, Über den Bau und die Entwicklung der Geschlechtsorgane von Taenia solium L und Taenia saginata Göze. Diese Zeitschr. 4874. Bd. XXIV. p. 499 u. 515 Anm. 400. Edmund Köhler, F. SommEr, Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum. Diese Zeitschr. 1880. Bd. XXXIV. S. 588. F. Sommer und L. Lannoıs, Der Bau der geschlechtsreifen Glieder von Bothrioce- phalus latus Bremser. Diese Zeitschr. 41872. Bd. XXI. p. 40—100. F. STEUDENER, Untersuchungen über den feineren Bau der Cestoden. Abh.d. natur- forsch. Gesellschaft zu Halle 1877. Bd. XIII. p. 277—366. H. WALTER, Helminthologische Studien. Siebenter Bericht des Offenbacher Vereins für Naturkunde 1865—1866. p. 54—60. F. ZSCHoKkKE, Recherches sur la structure anatomique et histologique des Cestodes. Mem. Inst. Genevais. T. XVII. p. 1—396. 1886—1889. Ders., Ein Beitrag zur Kenntnis der Vögeltänien. Centralbl. f. Bakt. u. Parasitenk. 1888. Bd. I. p. 161—165. p. 193—199. Erklärung der Abbildungen. Tafel XVII und XVII. k Klappe, E, Hauptstamm des Exkretionsgefäßes, E,a Nebenstamm des Ex- kretionsgefäßes, a Kommissur der Hauptstämme, n Nerv, Fig. 4. Flächenschnitt von Taenia solium. Glied aus dem vorderen Theil des Bandwurmes. Vergr. 92. Fig. 2. Flächenschnitt von Taenia solium. Glied aus dem hinteren Theil des Bandwurmes,. Vergr. 92. i Fig. 3. Flächenschnitt von Taenia saginata. Glied aus dem vorderen Theil des Bandwurmes. Vergr. 92. Fig. 4. Flächenschnitt von Taenia saginata. Glied aus dem hinteren Theil des Bandwurmes. Veregr. 30. | Fig. 5. Flächenschnitt von Taenia crassicollis. Glieder direkt hinter dem Scolex. Vergr. 92. Fig. 6. Flächenschnitt von Taenia crassicollis. Glied aus der Mitte des Band- wurmes. Vergr. 92. Fig. 7. Flächenschnitt von Taenia crassicollis. Glied aus dem hinteren Theil des Bandwurmes. Vergr. 30. Fig. 8. Flächenschnitt von Taenia crassiceps. Glied aus der Mitte des Band- wurmes. Vergr. 92. Fig. 9. Flächenschnitt von Taenia polyacantha. Glied aus der Mitte des Band- wurmes. Vergr. 92. £ Fig. 40. Flächenschnitt von Taenia serrata. Glied aus der Mitte des Band- wurmes. Vergr. 30. Fig. 11. Flächenschnitt von Taenia perfoliata. Glied aus der Mitte des Band- wurmes. Vergr. 92. Fig. 12. Flächenschnitt von Taenia expansa. Glied aus dem vorderen Theil. Vergr. 142. Fig. 413. Flächenschnitt von Taenia expansa. Glied aus dem hinteren Theil des Bandwurmes. Vergr. 92. Fig. 44. Flächenschnitt von Taenia cucumerina. Glied aus dem mittleren Theil des Bandwurmes. Vergr. 92. Der Klappenapparat in den Exkretionsgefäßen der Tänien. 401 Fig. 45. Flächenschnitt von Taenia gutturosa. Glied aus dem vorderen Theil des Bandwurmes. Vergr. 92. Fig. 46. Flächenschnitt von Taenia gutturosa. Glied aus dem hinteren Theil des Bandwurmes. Vergr. 442. Fig. 47. Flächenschnitt von Taenia serpentulus. Glied aus der Mitte des Bandwurmes. Vergr. 92. Fig. 18. Flächenschnitt von Taenia litterata. Drei Glieder aus der Mitte des Bandwurmes. Vergr. 30, Fig. 19. Flächenschnitt von Taenia litterata. Glied aus der Mitte des Band- wurmes. Vergr. 92. . Fig. 20. Querschnitt von Taenia expansa. e Kommissur zwischen den beiden Längsnerven. Vergr. 92. Fig. 21. Flächenschnitt von Taenia expansa. c Kommissur zwischen den veiden Längsnerven Vergr. 30. Fig. 22. Sagittalschnitt von Taenia crassicollis. w die beiden Wurzeln der Kommissur. Vergr. 30. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. Bd.LV11. 937 Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. Von | Dr. August Brauer. (Aus dem Zoologischen Institut in Marburg.) Mit Tafel XIX—XX und 6 Textfiguren. Wenn auch in der letzten Zeit die Frage, ob die Arachnoiden den Xiphosuren oder den Hexapoden verwandt sind, häufig erörtert ist, so ist dieselbe doch noch keineswegs zu einem entscheidenden Abschluss gekommen. Während z.B. Lane (13) und R. Herrwic (8) in ihren Lehr- büchern die Ansicht vertreten, dass sie mit den Insekten, den Myriapo- den und mit Peripatus als Trachealen zusammenzufassen sind, schließen sich Korscner und Hrıper (11) der von Ray LAnkester zuerst eingehend begründeten Hypothese an, dass die Arachnoiden von jenen Gruppen zu trennen sind, und als ihre nächsten Verwandten die Paläostraken, be- sonders Limulus anzusehen sind. Dass diese beiden Ansichten sich neben einander erhalten können, dürfte vornehmlich darin seine Ur- sache haben, dass man bei der Abwägung der ausschlaggebenden Momente vorwiegend auf die Ergebnisse der Anatomie der ausgebildeten Thiere angewiesen war und desshalb nicht entscheiden konnte, ob man es mit Analogien oder Homologien zu thun hatte, dass dagegen die Ent- wicklungsgeschichte zu wenig durchgearbeitet war und einwandfreie Resultate nicht vorlagen. Es gilt das Letztere besonders für die- jenigen Formen, welche wegen ihrer Körpergliederung am ehesten bei einer Erörterung der obigen Frage in die Betrachtung zu ziehen sind, nämlich für die Solpugiden und die Skorpioniden. Die Embryologie der ersteren ist so gut wie unbekannt, die der letzteren ist zwar meh- rere Male Gegenstand einer Untersuchung gewesen, indessen weichen die Resultate noch sehr von einander ab und weisen noch große Lücken auf. Die beste Arbeit, welche wir über den Skorpion besitzen, ist immer noch die von MErscunikorr (18) aus dem Jahre 1871, nicht nur al Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. 403 wegen ihrer wichtigen Resultate, sondern auch wegen ihrer "guten Oberflächenbilder. Eine andere Untersuchung ist von KowaLewsky und Scaursıx (12) in einer vorläufigen Mittheilung ohne Abbildungen niedergelegt. Eine dritte Arbeit, welche Lavrıe (15, vor zwei Jahren veröffentlicht hat, ist zwar ausführlicher und von mehreren Tafeln begleitet und enthält, da die neuesten Untersuchungsmethoden in Anwendung gekommen sind, wichtige Berichtigungen der früheren Angaben und neue Resultate, aber es sind nur wenige Stadien untersucht worden, und es finden sich desshalb große Lücken und weiter hat, wie besonders die Ober- flächenbilder leicht zeigen, schlecht konservirtes Material vorgelegen. Außer diesen sind noch einige Arbeiten von BLocumann, PARKER, PATIEN, Laurie (16) und Jonxsox zu erwähnen, welche aber entweder nur ein- zelne Organe oder kurze Abschnitte aus der Entwicklung des Skor- pions behandeln. Unter diesen Umständen schien mir eine erneute, möglichst ein- sehende Untersuchung nicht werthlos. Ein Aufenthalt an der Triester Zoologischen Station vom 1. Mai bis Mitte Juli 1892 und ein zweiter in Torbole am Gardasee von Mitte Juli bis Ende August 1893 gaben mir Gelegenheit, Material zu sammeln. Bei Triest war mein bester Fundort das Boschetto, wo Euscorpius car- pathicus L.! besonders im Laubwalde — im Nadelwalde habe ich ihn niemals angetroffen — in den höher gelegenen Theilen seitwärts von den Wegen in sehr großer Menge sich findet; doch kommt er auch in anderen Gegenden bei Triest vor, z. B. auf dem Monte Spagato, bei Musggia, bei Divacca u. a. Bei Torbole lieferte mir vor allen der Monte Brione zwischen Riva und jenem Ort Material, außerdem die Wälder am Loppiosee, Malcesine u. a. Doch waren hier die Thiere viel weniger häufig als im Boschetto; während ich an letzterem Orte z. B. an günsti- gen Stellen in einer Stunde 20 bis 30 erwachsene Weibchen sammeln konnte, habe ich am Monte Brione oft drei bis vier Stunden gebraucht, um nur zwei bis drei brauchbare Thiere zu erlangen. Die Ursache dürfte zum Theil in der geringen Bewaldung und in dem zu trockenen Boden liegen. ausgeführt; ihre Ergebnisse sind bisher aber leider nur Bei Triest fand ich mit ganz wenigen Ausnahmen im Freien nur die kleinere, gelbliche Art, Euscorpius carpathieusL.; die zweite größere - schwärzliche Art, Euscorpius italicus Herbst, welche in Häusern, wie es scheint, allein sich verbreitet, kam im Boschetto sehr selten vor, und dann nur in oder an Mauern in der Nähe von Häusern. Hier waren die i Die Thiere sind bestimmt nach Karsch 9). 404 August Brauer, beiden Arten in ihrer Verbreitung so begrenzt, dass man nur wenige Schritte von den Mauern, in welchen Euscorpius carpathicus nicht sich aufhielt, sich zu entfernen brauchte, um dann unter den Steinen nicht mehr italicus, sondern carpathicus anzutreffen, und ersterer niemals im Walde gefunden wurde. Am Gardasee aber kamen beide Arten in Wäldern neben einander vor, in ganz vereinzelten Fällen habe ich unter einem und demselben Steinhaufen sogar beide gefunden; italicus war hier die überwiegende Art. In Folge dieser Verbreitung lag mir für das Studium der jüngeren Stadien fast nur Euscorpius carpathieus vor, für das der älteren auch Euscorpius italicus. Die Vertheilung der Individuen ist ganz verschieden. Wo die Steine zerstreut lagen, da saß fast immer nur ein Skorpion unter einem Steine, zwei nur dann, wenn der Stein auf der unteren Seite so gewölbt war, dass auf jeder Seite Platz für je einen Skorpion war, ohne dass ein Zusammentreffen möglich war; wo dagegen die Steine, besonders kleine, in einem Haufen vereint lagen, konnte ich zuweilen bis 20 aus- gewachsene Thiere, jedes aber unter einem verschiedenen Steine finden, und außerdem noch jüngere Thiere in verschiedenen Größen, welche eine Dauer der Entwicklung bis zum geschlechtsreifen Thiere von sicher 3 bis 4 Jahren anzeigen. Steine, unter denen Ameisen ihr Nest haben, oder welche auf den Wegen liegen, auf welchen das Regenwasser abwärts fließt, werden vom Skorpion fast immer ge- mieden. Da das Thier, das bekanntlich am Tage an der Unterseite des Steines, nicht auf dem Erdboden sitzt, beim Umwenden des Steines meist nicht fortläuft, sondern ruhig auf seinem Platz bleibt, so ist der Fang ein äußerst bequemer. Nach Merscnnikorf (l. c. p. 207) beginnt die Trächtigkeit des Skor- pions am Anfange des Sommers oder Ende des Frühlings. In dem einen Jahre fand er die ersten Spuren der Embryonalbildung erst am #. Juni, in dem anderen um dieselbe Zeit dagegen schon sehr weit entwickelte Embryonen. KowaLzwsky und Scaurcın geben nur an, dass im Juni die Entwicklung im vollsten Gange ist. In der Hoffnung die Reifungs- und Befruchtungsvorgänge wenigstens in den wichtigsten Punkten verfolgen zu können, begann ich bereits am 1. Mai zu sammeln. Zu meiner Über- raschung zeigte sich, dass mein ganzes Material, welches ich den Monat Mai hindurch erlangt hatte, fast nur Furchungsstadien enthielt und nur sehr wenige Reifungs- und Befruchtungsstadien. Da ich Tag für Tag die Embryonen von vier bis acht Thieren konservirte, so glaube ich mit Bestimmtheit angeben zu können, dass bereits Anfang Mai die Ent- wicklung des Skorpions beginnt. Da das Frühjahr 1892 kühl und nass Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. 405 war, welche Witterung den Skorpionen wenig zuträglich ist, so ist es sehr leicht möglich, dass die Trächtigkeit in wärmeren Jahren in den genannten Gegenden, und besonders in noch südlicher gelegenen, noch früher beginnt. Dem ungewöhnlich warmen und trockenen Frühjahr und Sommer 1893 möchte ich es wenigstens zuschreiben, dass ich, ob- wohl ich in Torbole, welcher Ort sicher kühler als Triest ist,. genau zu der Zeit meine Sammlung wieder begann, zu welcher ich sie in Triest im Jahre vorher abgebrochen hatte, fast durchweg die Entwicklung weiter fortgeschritten fand als an letzterem Ort. Die ältesten Stadien, welche ich Mitte Juli 1892 in Triest sammelte, die aber sehr selten waren, waren zu derselben Zeit 1893 nur noch wenig zu finden, die meisten waren bereits älter. | Es kommen bedeutend mehr Eier zur Anlage, als zur Befruchtung und zur Entwicklung. Aber auch von letzteren machen durchaus nicht alle immer die ganze Entwicklung im mütterlichen Körper durch, son- dern einige gehen früher zu Grunde und werden entweder zu Gunsten der übrigen resorbirt, oder bei der Geburt der übrigen mit ausge- stoßen. Es dürfte die verschiedene Ernährung die Ursache sein. In einem Falle habe ich sogar nur ein einziges entwickeltes Ei angetroffen, die übrigen waren zum Theil noch im Follikel, zum Theil in der Ei- röhre, aber, wie die Größe anzeigte, früh in der Entwicklung stehen geblieben; in anderen Fällen betrug die Zahl der nicht entwickelten Eier nur vier bis zehn, in den meisten waren alle normal entwickelt, und dann schwankte die Zahl zwischen 20 bis 40. Unter dem in Triest gesammelten Material habe ich mehrere Doppelembryonen gefunden, welche entweder so gelagert waren, dass der eine diese, der andere die entgegengesetzte Seite des Eies einnahm, oder mit einander in verschiedener Weise verwachsen waren. Die genauere Darstellung derselben werde ich bei einer anderen Gelegen- heit geben. Die dem lebenden Thiere entnommenen Ovarialröhren wurden, so lange die Eier noch sehr klein waren, also wenig Dotter vorhanden war, in kalter Chromosmiumessigsäure konservirt, die späteren Stadien ent- weder in 0,2 %iger Chromsäure (24 Stunden) gelassen oder für eine bis zu einer und einer halben Minute in heißes, nahe dem Kochen befindliches Wasser und dann in Chromessigsäure (zwei bis sechs Stunden) oder Chromosmiumessigsäure (zehn bis zwanzig Minuten je nach der Größe der Eier) gelegt. Die nach der ersteren Methode behandelten Eier wur- den erst, nachdem sie eine halbe bis zu einer Stunde in der Chromsäure gelegen hatten, aus den Eiröhren entfernt, weil vorher die Eier noch zu 406 August Brauer, ' weich waren und daher fast regelmäßig verletzt wurden. Die mit heißem Wasser behandelten Eier dagegen wurden sofort in der Chrom- essigsäure bezw. Chromosmiumessigsäure unter dem Präparirmikroskope aus der sog. Leber und den Ovarialröhren herauspräparirt; später, wenn sie im Wasser oder in Alkohol liegen, gelingt es sehr schlecht, das Epithel der Eiröhren abzuziehen. Eine Entfernung der Embryonal- häute ist auf den frühen Stadien der Segmentirung, wo es erwünscht wäre, nicht möglich, ohne den Embryo zu verletzen, in den späteren Stadien unnöthig, weil sie für das Studium der Oberfläche bei der Kon- servirung mit Chromsäure nicht hinderlich sind. Meiner Ansicht nach ist es sogar besser, die Häute am Embryo zu lassen, weil sie denselben beim Transport und bei der späteren Behandlung vor einer Verletzung schützen. ; | Die mit Chromsäure behandelten Embryonen eigneten sich nur für ein Studium der Oberflächenveränderungen, hierfür aber in ganz aus- gezeichneter Weise, dagegen waren sie zum Verfolgen der inneren Vorgänge völlig untauglich, indem sie, ganz abgesehen davon, dass der Dotter so brüchig wurde, dass die Schnitte, selbst wenn man Mastix- kollodium anwandte, fast ohne Ausnahme zerrissen, die Differenzirung der Zellschichten so gut wie gar nicht wiedergaben. Hierfür waren die beiden anderen Konservirungsflüssigkeiten, besonders die Chrom- osmiumessigsäure nach vorheriger Anwendung von heißem Wasser, ganz ausgezeichnet. Das Schneiden besonders der ersten Stadien war zwar auch hier ohne Anwendung von Mastixkollodium nicht möglich, aber mit diesem Mittel gelang es leicht, lückenlose Serien zu erhalten. I. Von der Furchung bis zum Beginn der Segmentirung. - Dieser erste Beitrag zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions behandelt die Periode von der Furchung bis zum Beginn der Segmentirung; dieselbe ist auch noch dadurch begrenzt, dass alle Vor- gänge, welche sich während derselben abspielen, nämlich die Furchung, die Entstehung der Keimblätter, die Anlage der Geschlechtsorgane, die Bildung des Mesoderms und der Embryonalhäute außer derjenigen des Amnions im Follikel ablaufen. Erst zwischen der Bildung der Serosa und des Amnions tritt der Embryo aus dem Follikel in die Eiröhre über. Die Furchung. (Fig. A und B und Taf. XIX, Fig. 1—14.) Wie MerschniKorr (18) und Laurie (15), deren Angaben über die Eibildung ich bestätigen kann, bereits gezeigt haben, wird die Wand der Ovarialröhren von cylindrischen Zellen gebildet, die meist so schmal ee SF Le N Se 2 Be de ET 4 EIER EEE" wien Dr Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. 407 sind, dass die Kerne benachbarter Zellen auf verschiedenen Höhen zu liegen kommen; außen wird das Ovar von der Peritonealhülle umgeben. Die zu Eiern werdenden Epithelzellen, welche sich früh durch das Keimbläschen und das körnige Protoplasma bemerkbar machen, rücken an die Basis des Epithels und buchten bald, rasch heranwachsend, die Peritonealhülle nach außen vor und geben damit den Anstoß zur Bil- dung des Follikels. Die benachbarten Epithelzellen der Eiröhre legen sich über ihr zusammen und rücken der jungen Eizelle ebenfalls nach außen nach und setzen den Stiel des Follikels zusammen. Wie es scheint, geht durch Vermittlung dieser Stielzellen auch vorwiegend die Ernährung des Eies vor sich. Zunächst beginnt sich nur in den peri- pheren Theilen Dotter abzulagern, während das Centrum von einer Ansammlung von dotterfreiem Protoplasma eingenommen wird, in deren Mitte das durch einen großen Nucleolus ausgezeichnete kugelige Keimbläschen liegt. Wenn der Follikel fertig gebildet ist, die Dotter- bildung eine Zeit lang fortgedauert hat und das Ei gewachsen ist, so rückt das Keimbläschen nebst dem anliegenden dotterfreien Proto- plasma an die Oberfläche und zwar nach dem Pol, welcher dem Stiel des Follikels und damit auch der Eiröhre zugewandt ist. Es plattet sich hier ab (Fig. 1). Wie ich schon oben erwähnte, habe ich nur we- nige Stadien von der Reifung und Befruchtung erhalten, auch waren diese zum Theil nicht gut genug zur Verfolgung dieser Processe kon- servirt, doch genügten sie, um mit voller Sicherheit angeben zu können, dass an jenem Pol nicht nur die Reifung, sondern auch die Befruchtung erfolgt, und die erste Furchungsspindel liegt, dass also nach der Reifung der Eikern nicht in die Tiefe wandert. Wie es scheint, beginnen zur Zeit der Reifung die Zellen des Follikelstieles aus einander zu weichen, zuerst über dem Ei und dann allmählich weiter nach dem Lumen der Eiröhre hin, wodurch ein Kanal und den Spermatozoen Zutritt zum Ei geschaffen wird. Der gleichzeitigen Öffnung dieses Kanals, die wahr- scheinlich durch den Druck der wachsenden Eier erfolgt, möchte ich es wesentlich zuschreiben, dass die Befruchtung gleichzeitig an allen Eiern erfolgt und erst nach beendeter Reifung. Würde der Zugang zum Ei früher möglich sein, so wäre zu erwarten, dass man schon auf jüngeren Stadien den Samenfaden im Ei findet und besonders in denjenigen Eiern, welche zu der Zeit, wo die Befruchtung erfolgt, noch nicht in die Reifung eingetreten sind. Die in der Fig. 2 abgebildeten Kerne dürften kaum anders zu deuten sein als Ei- und Spermakern, welche sich im Ruhestadium befinden und an einander sich gelagert haben. Bemer- kenswerth ist, dass in beiden Nucleolen sich finden, was im Allgemeinen selten der Fall ist. Die ungleiche Größe der Kerne in der Figur rührt 408 0 August Brauer, daher, dass der Schnitt sie etwas schief getroffen hat. Im Kanal waren vor dem Ei noch viele Spermatozoen, aber überzählige habe ich im Ei nieht gefunden, obwohl ich dieses Stadium häufiger erhalten habe. Die gleichzeitige Befruchtung hat auch wenigstens im Anfang eine weitere rn Entwicklung aller Eier zur Folge, erst auf späte- ©o® IS ORT: Er Fig. A, a—m. ren Stadien sind wahrscheinlich in Folge von ungleicher Ernährung zuweilen geringe Unterschiede zu beobachten. Das befruchtete Ei setzt sich in seiner Hauptmasse aus Dotter- kugeln zusammen, die in Folge der Behandlung zerstört sind, wesshalb Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. 409 auf meinen Präparaten der Dotter fast homogen erscheint oder zu- weilen runde Löcher aufweist; derselbe färbt sich etwas. Das Bildungs- plasma ist, so scheint es, vollständig an dem genannten Pol, der etwa der späteren Mundgegend entspricht, angesammelt; selbst an der Peri- pherie ist kaum ein schmaler Saum von Protoplasma nächzuweisen, jedenfalls nie so ausgeprägt, dass man von einem Keimblastem sprechen könnte. Umgeben ist das Ei von einer Dotterhaut. Die erste Theilung (Fig. A, a) besteht in einer genauen Halbirung der Protoplasmascheibe. Beide Zellen sind gleich groß, an ihrer Berüh- rungsfläche abgeplattet und gegen einander sowie gegen den Dotter scharf abgesetzt (Taf. XIX, Fig. 3). Die zweite Furche schneidet durch die Scheibe senkrecht zur ersten, und ihr Resultat sind vier gleich große Zellen (Fig. A, b), welche nach beendeter Theilung sich in der für dieses Stadium charakteristischen Weise lagern, indem zwei gegen- überliegende Zellen sich berühren, die beiden anderen nicht. Die Ebene der dritten Theilung liegt parallel oder annähernd pa- rallel der ersten, es müssten desshalb die acht resultirenden Zellen, welche wieder gleich groß sind, eine einschichtige Platte bilden, welche aus zwei Reihen von je vier Zellen besteht. Eine so regelmäßige Lage- rung (Fig. A, c) ist indessen nicht stets zu finden; in anderen Fällen nämlich kann man beobachten, dass einige Zellen aus der Reihe heraus- gerückt sind (Fig. A, d), und in vereinzelten sogar, dass die acht Zellen in zwei Gruppen zu je vier angeordnet sind, die mehr oder weniger eng zusammenliegen (Fig. A,e). In diesen letzteren Fällen dürfte wahr- scheinlich bereits das vierzellige Stadium nicht die genaue kaeerune der Zellen wie in Fig. A, b gezeigt haben. Die nächste Theilung erfolgt wieder an allen acht Zellen entweder, wie mir das Vorhandensein von Kernspindeln in allen Zellen in einem Falle zeigte, gleichzeitig oder allmählich nach einander. Man trifit so- wohl Stadien mit 10 (Fig, A, f), als auch mit 12 (Fig. A, g) und mit I& _ Zellen (Fig. A, h). Da die Theilung, wie mir die Stellung der Spindeln zeigte, wieder unter einem rechten Winkel zur vorigen, also parallel zur zweiten er- folgt, so müsste man, falls die Zellen ihre Lage, die sie auf dem acht- zelligen Stadium hatten, genau auch während und nach der Theilung beibehalten, eine Platte von 16 Zellen erwarten, welche aus vier paral- lelen Reihen von je vier Zellen bestände. Indessen bin ich dieser in keinem .einzigen Falle begegnet, obwohl ich gerade auf diesem Stadium viele Eier in meinem Materiale antraf. Am regelmäßigsten gebaut sind noch die in den Fig. i und k dargestellten, wo die Entstehung aus dem achtzelligen Stadium in der beschriebenen Weise klar hervorgeht, 410 August Brauer, indem je eine Tochterzelle die Lage der Mutterzelle beibehalten hat, die andere ihr seitlich gelagert ist. Die Verschiebung der Zellen, die hier schon erkennbar ist, ist in anderen Fällen noch beträchtlicher, wie die Figuren A, g, h,m klar zeigen; denn Zellen, welche in den bei- den äußeren Reihen hätten liegen müssen, liegen in den mittleren. Diese verschiedene Anordnung der 16 Zellen kann übrigens nicht überraschen, weil bereits das achtzellige Stadium in vielen Fällen Ab- weichungen von der zu erwartenden Lage zeigte, die naturgemäß mit dem Fortschreiten der Furchung zum schärferen Ausdruck kommen müssen. Besondere Beachtung verdient noch die Fig. A, /, welche einen Embryo zeigt, dessen 16 Zellen in zwei Gruppen gesondert sind. Es dürfte nicht zu gewagt sein, diese Lagerung auf eine solche der acht Zellen, wie sie Fig. e darstellt, zurückzuführen. Von diesem Stadium ab ist es mir nicht mehr möglich gewesen, den Verlauf der einzelnen Theilungen, besonders die Lage der Ebenen zu bestimmen. Man trifft Stadien mit einer sehr wechselnden Anzahl von Zellen (Fig. B), darunter auch oft solche mit 24, 32, 64, welche einen ziemlich regelmäßigen Fortgang der weiteren Furchung ver- muthen lassen. Auch dadurch wird das Verfolgen der Theilungen er- schwert, dass die Zellen mit verschieden großem Theile die Oberfläche der Scheibe berühren, zum Theil sogar in die Tiefe unter die anderen gedrängt werden (z. B. Taf. XIX, Fig. 5, 7) und ihre Zählung nicht möglich ist, die Zellen schieben sich später aber wieder, wie die älte- ren Stadien (Fig. 8, 9, 11) mit Sicherheit lehren, zwischen die übrigen ein, ihre subepitheliale Lage ist daher nur eine vorübergehende. Bei der Betrachtung der Figuren auf Fig. A und B muss die oft unregelmäßige und isolirte Lage einzelner Zellen oder Zellenpaare auf- fallen, und man könnte glauben, dass die Lücken in Wirklichkeit nicht vorhanden sind, sondern nur dadurch, dass die Protoplasmabrücken zwischen den einzelnen Zellen so dünn sind, dass der Dotter hindurch- scheint, vorgetäuscht werden, indessen zeigen Schnitte, z. B. durch Fig. A, m (Taf. XIX, Fig. 4 und Fig. 5, 6), dass keine Verbindung vor- handen ist. Es ist aber möglich, dass diese Lagerung nur kurze Zeit nach einer Theilung andauert, und dass später die Zellen zusammen- schließen. In einzelnen Fällen konnte ich auch auf älteren Furchungsstadien eine Anordnung der Zeilen in zwei ganz getrennten Gruppen (z. B. Fig. B, k) feststellen; dieselben sind aber höchst selten. Es kann sein, dass im Laufe der weiteren Theilung die beiden Gruppen sich treflen und zu einer Platte vereinigen, es ist aber auch möglich, dass jede Gruppe getrennt von der anderen sich weiter entwickelt und somit Beiträge zur Kenntnis der Entwieklungsgeschichte des Skorpions, 411 den Anlass zu Doppelbildungen giebt, welche, wie ich schon erwähnte, mehrere Male beobachtet wurden. Wenn die Keimscheibe eine gewisse Größe erreicht, nämlich so weit sich ausgebreitet hat, dass sie den Rand der runden Öffnung des [77 C anne Fig. B, a—k. Follikels nach der Ovarialröhre berührt, gelang es mir in einzelnen Fällen, dieselbe ohne Verletzung abzupräpariren; sie bleibt dann mit dem Rand des Follikels, dem sie sich dicht anlegt, in Verbindung. Weil ein wenig Dotter unter der Keimscheibe dieselbe undurchsichtig macht, so muss derselbe vorsichtig ganz fortgekratzt werden; es glückte le August Brauer, mir am besten bei solchen Eiern, welche nicht lange genug in der Konservirungsflüssigkeit gelegen hatten, so dass die Keimscheibe selbst zwar gut erhalten war, dagegen der Dotter nicht ganz von derselben durchdrungen und desshalb sehr weich und leicht abzupräpariren war. Durch Schnitte die Keimscheibe vom Dotter abzutrennen hat keinen Erfolg, weil ihre Form etwas gewölbt ist, und daher zu viel Dotter unter ihr sitzen bleibt und sie nicht durchsichtig zu machen ist. Eine Konservirung mit Sublimat würde hierfür möglicherweise bessere Resultate geben als eine solche mit .Chromosmiumessigsäure, da der Dotter bei einer Färbung mit Hämatoxylin und Nachbehandlung mit salzsaurem Alkohol ungefärbt bleibt, aber ich habe desshalb dieses Mittel nicht angewandt, weil diesem kleinen Vorzuge größere Nach- theile (Sprödigkeit des Dotters, Erschwerung des Herauspräparirens der Embryonen aus den Eiröhren u. A.) gegenüberstehen. Solche abpräparirte Keimscheiben (Taf. XIX, Fig. 10) nun, welche ein genaueres Studium zulassen, zeigen keine irgend wie bestimmte Anordnung von Zellen oder besondere durch Lage, Größe oder durch sonstige histologische Charaktere ausgezeichnete Zellen. Wohl er- scheinen einige heller, andere dunkler, aber diese Differenz dürfte lediglich mit der Theilungsphase, in welcher sie sich befinden, zu- sammenhängen, und sie liegen zudem so zerstreut, dass es nicht möglich ist ihnen eine bestimmte Bedeutung zuzuschreiben. Ältere Stadien als sie Fig. B, i zeigt, konnte ich nicht mehr zeichnen, da die Zellen so klein werden, dass eine genaue Umgrenzung mit der Anwendung des Zeichenapparates nicht mehr möglich ist. Die äußere Betrachtung der Keimscheibe kann nur noch über ihre Form und Ausdehnung Auskunft geben. Die erstere ist mehr oder minder rund, meist oval (Fig. C); ihr Wachsthum ist verhältnismäßig unbedeutend, es findet vornehmlich eine fortdauernde Ver- kleinerung der Zellen durch Theilung statt. Ein genaueres Studium ist nur auf Schnitten möglich. Diese zeigen (Fig. 11), dass die Fur- chungszellen eng an einander gelagert sind, und dass sie allmählich mit dem Fortschreiten der Theilungen nicht nur an Größe, sondern auch Fig. C. an Höhe verlieren, aus den Anfangs kubischen Elementen werden allmählich ganz abgeplattete. Auf diesen späteren Stadien habe ich nicht mehr gefunden, dass Zellen von der Oberfläche in die Tiefe gedrängt werden, vielmehr war die Keimscheibe stets einschichtig und in allen Theilen gleich breit. Sie ist wie ein Uhrglas geformt. Die Schnitte geben auch weiter den en 2 Rt EEE © Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. 413 sicheren Nachweis, dass die Furchung rein discoidal verläuft, dass keine Kerne weder während derselben noch beim Ende derselben sich im Dotter befinden. Das Resultat der Furchung ist mithin die Bildung eines Blastoderms, . das in Form einer einschichtigen, mehr oder weniger stark uhrglas- förmig gewölbten runden bis ovalen Platte niedriger Zellen dem Dotter aufgelagert ist und zwar an dem der Eiröhre zugewandten Pole. Die Thatsache, dass bei nahe verwandten Thieren, ja bei den ver- schiedenen Eiern derselben Art die Furchung einen ganz verschiedenen Verlauf nehmen kann, schließt von vorn herein die Möglichkeit aus, ihr in dem vorliegenden Falle irgend welche Bedeutung für die Erkundung verwandtschaftlicher Beziehungen beizumessen. In so fern nur kann die Furchung des Skorpions, wie sie im Vorhergehenden beschrieben ist, einiges Interesse beanspruchen, als sie nach dem discoidalen Typus verläuft, weil sein Vorkommen bisher für den Kreis der Arthropoden nur für wenige Formen, ausschließlich Grustaceen, genauer bekannt ist und selbst hier noch von einzelnen Forschern angezweifelt wird. Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass, wo bei den Arthropoden eine Änderung der Furchung durch die Ansammlung einer größeren Dotter- menge bedingt wird, dieselbe zwar meroblastisch, aber superficiell ver- läuft, dass also meist die erste Furchungsspindel im Centrum des Eies liegt, hier auch die nächsten Theilungen erfolgen, und erst die Ab- kömmlinge früh oder spät an die Oberfläche rücken und hier ein ein- schichtiges Blastoderm um das ganze Ei bilden, so bei Crustaceen, Insekten, anderen Arachnoiden, Limulus ete. Da ih vielen Fällen die Kerne nicht gleich rasch die Oberfläche erreichen, sondern vielmehr die Blastodermbildung auf einer Seite, der künftigen Ventralseite, be- ginnt und allmählich, indem nur Kerne aus dem Innern sich anreihen, weitere Ausbreitung gewinnt, so hat man versucht, auch die Beobach- tungen über rein discoidale Furchung in der Weise auszulegen, dass durch das frühzeitige Erscheinen der Kerne an einem Pole eine solche nur vorgetäuscht wird, dass im Inneren noch Kerne vorhanden seien, die sich nur verspäteten. Man hatte zu diesem Zweifel desshalb ein Recht, weil diese Beobachtungen zum Theil aus früherer Zeit herrührten und nur durch das Studium der oberflächlichen Veränderungen des Eies gewonnen oder weil wie beim Skorpion durch Merscanikorr und Laurie nur sehr wenige bereits etwas vorgeschrittene Stadien der Furchung bekannt geworden waren, welche zwar auf eine discoidale Furchung schließen ließen, aber keineswegs etwaige Bedenken als un- berechtigt zurückweisen konnten. Wie die neuere Untersuchung von Nusraum (20) für Ligia uud die vorliegende gezeigt haben, sind der- 414 August Brauer, artige Zweifel an dem Vorkommen von discoidaler Furchung im Kreise der Arthropoden nicht mehr aufrecht zu erhalten. Dieselben enthalten aber meiner Ansicht nach einen richtigen Gedanken, dass nämlich, wenn dieser Typus nachgewiesen wird, er selbständig sich ausgebildet haben muss aus superficiell und nicht aus inäqual sich furchenden Eiern wie bei den Cephalopoden und den Vertebraten. Denn zu der Thatsache, dass die Keimscheibe bei den letzteren an der dorsalen, beim Skorpion aber an der ventralen Seite liegt, kommt hinzu, dass der Skorpion — die Annahme dürfte kaum auf Widerspruch stoßen — sicher von Formen abstammt, welche ihre Eier ablegten, dass die Entwicklung in den Eiröhren erst sekundär sich ausgebildet hat. . Wenn man aber weiter erwägt, dass die Eier der Verwandten, mag man sie nun unter den Paläostraken oder unter den übrigen Tracheaten suchen, fast ausschließlich mehr oder weniger superficiell sich furchen, so dürfte wohl ein gleicher Verlauf auch für die Skorpioneier, als sie noch abgelegt wurden, anzunehmen sein. Dass in Folge einer Ernäh- rung der Eier seitens der Mutter die Furchung einen anderen Gang ein- schlägt, lehren z. B. viele Sommereier der Daphniden, ferner die Eier von Peripatus capensis und Edwardsü. Warum freilich diese in dem einen Fall holoblastisch, im anderen meroblastisch und discoidal wird, ist eine andere Frage, deren sichere Beantwortung vorläufig nicht mög- lich ist. Ich möchte mich daher der zuerst von BıLrour (2) und neuerdings von KorscHeLt und HEıper in ibrem Lehrbuche (p. 319 ff.) eingehender begründeten Ansicht anschließen, dass die discoidale Furchung einiger Crustaceen und des Skorpions nicht in gleicher Weise wie bei den Ce- phalopoden und Vertebraten, also aus der inäqualen abzuleiten ist, sondern »aus der superficiellen Furchung mit vorzeitiger Ausbildung des Blastoderms an der Ventralseite des Eies«. Bei der Betrachtung der Figuren besonders —m auf Fig. A und a—c, f, h auf Fig. B wird die symmetrische Lagerung der Zellen auf- fallen, und man wird hierdurch auf den Gedanken gebracht, es möchten dieselben wie in vielen Fällen bereits Beziehungen haben zu einer be- stimmten Orientirung des ausgebildeten Thieres; und wenn man weiter die Stadien zurückverfolgt, so scheint es, als ob die in jenen Figuren die Furchungszellen in zwei Hälften trennende Ebene zusammenfiele mit der ersten (Fig. a), also auf diesem Stadium bereits linke oder rechte, bezw. vordere oder hintere Körperhälfte vorgezeichnet sei. Derartige Vermuthungen als unberechtigt ohne Weiteres zurückzu- weisen halte ich nicht für richtig, zumal hier, wo, wie wirsehen werden, die Differenzirung der Gewebe bereits sehr frühe auftritt, aber auf der Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. 415 anderen Seite muss man auch wieder prüfen, ob für eine solche An- nahme sich auch genügende andere Beweise finden lassen. Dieses scheint mir nun nicht der Fall zu sein. Einmal nämlich erweist sich die bilateral-symmetrische Anordnung des Furchungsmaterials, wenn man genauer prüft, nicht so entscheidend durchgeführt, wie man er- warten könnte, dann finden sich viele andere Eier, welche keine Spur von derselben erkennen lassen, bei denen die Keimscheibe ganz rund oder anders gestaltet ist, und endlich verschwindet dieselbe auf späteren Stadien vollständig, so dass eine kontinuirliche Verfolgung von den Furchungsstadien bis in den fertigen Embryo vollständig ausgeschlossen ist, Das fertige Blastoderm ist, wie auch METscHniKorr, KOwALEWSKY und SchuLsIn und Laurie angeben, eine runde bis ovale Scheibe, die keine Eintheilung in bestimmte Regionen ermöglicht. Wenn man weiter sieht, dass bei anderen Eiern, welche sich discoidal furchen, wie z. B. den CGephalopodeneiern [Vıarıerox (22), Warass (24)] und auch bei den unter Druck sich furchenden Seeigeleiern |vgl. Drizsca (3)] die ersten Theilungen in gleicher oder fast gleicher Weise wie beim Skorpion ver- laufen, so will es mir natürlicher erscheinen, vorläufig keine besondere Bedeutung der bestimmten Lagerung der Zellen in den ersten Stadien beizumessen, sondern anzunehmen, dass sie durch den discoidalen Ver- lauf der Furchung bedingt ist. Unter dieser Auffassung können auch die verschiedenen Schwankungen in der Anordnung des Furchungs- materials, wie sie die Figuren A und B zeigen, nicht verwundern, Schwankungen, welche zwar in ihren Extremen sehr auffallen müssen, aber durch viele Übergänge eine leichte Verbindung finden. Die Bildung der Dotterzellen, der Keimblätter, die Anlage der Geschlechtsorgane und die Bildung des Mesoderms. Wie ich schon erwähnte, ist es auf dem Endstadium der Furchung nicht mehr möglich, die einzelnen Zellen bei oberflächlicher Betrach- tung wegen ihrer Kleinheit genau zu umgrenzen und mit dem Zeichen- apparat zu zeichnen; man erkennt nur eine gleichmäßige Scheibe (Fig. C, p. 412), welche zwar etwas heller ist als der umgebende Dotter, der durch die Konservirungsflüssigkeit eine schwarzbraune Farbe er- halten hat, aber doch noch dunkel erscheint, weil durch die dünne Schicht der stark abgeplatteten Zellen der Dotter hindurchschimmert. Als die erste Veränderung lässt sich beim Studium der Oberfläche bei auffallendem Licht konstatiren, dass, excentrisch gelagert, meist ein weiß erscheinender runder Fleck auf der Keimscheibe sichtbar wird, ohne aber irgendwie sich über die Oberfläche zu erheben (Fig. D). .Zu- weilen liegt er auch mehr der Mitte genähert; ganz im Centrum der A416 August Brauer, Keimscheibe aber, wie Merscuniıkorr und Laurie angaben, habe ich ihn in keinem Falle gefunden. Auf anderen diesem Stadium sich direkt anschließenden oder auch oben so alten fallen zuweilen noch außerhalb des Fleckes im übrigen Theile der Keimscheibe zerstreute, unregelmäßige, meist sternförmige Tupfen auf. Wichtiger aber als diese sind, wie wir sehen werden, folgende Veränderungen: Von dem runden Fleck aus breitet sich all- mählich die weißliche Färbung weiter über die vor ihm, weniger über die seitwärts und hinter ihm liegenden Partien der Keimscheibe aus, so dass jetzt drei Regionen zu unterscheiden sind: A) hinten (warum diese Region als die hintere bezeichnet wird, wird sich später ergeben) Fig. F. der runde milchweiße Fleck, welcher 2) in einer auch weiß, aber etwas weniger hell erscheinenden ovalen Scheibe liegt, und 3) eine schmale Randzone, welche noch die frühere Färbung der Keimscheibe bewahrt hat (Fig. E). Bald verwischen sich auch diese Abgrenzungen, indem die milchweiße Färbung sich immer weiter ausbreitet, zunächst über die ovale Scheibe und zuletzt auch über den Randsaum (Fig. F). Wir haben alsdann wieder eine gleichmäßig erscheinende runde Scheibe, welche nur durch ihre Färbung und durch ihren etwas größeren Umfang von der Blastodermscheibe sich unterscheidet. Damit sind im Wesentlichen diejenigen Veränderungen skizzirt, welche sich während der ersten Periode der Entwicklung durch Be- trachtung der Oberfläche feststellen lassen. Über die Bedeutung der- selben können nur Schnitte Auskunft geben. Vorausschicken möchte ich, dass es mir leider nicht gelungen ist, durch die Anfangsstadien genaue Längsschnitte zu erhalten, es tritt desshalb die excentrische Lagerung des weißen Fleckes oder, was das- selbe ist, der Verdickung der Keimscheibe in den Fig. 12—22 nicht hervor, sie nimmt vielmehr mehr oder weniger die Mitte ein. Eine Zählung der Schnitte, welche vor den dargestellten und hinter den- selben liegen, lehrt aber, dass die Angabe der excentrischen Lagerung richtig ist. Beiträge zur Kenntnis der Entwieklungsgeschichte des Skorpions. 417 Während das Blastoderm (Fig. 11) aus einer gleichmäßigen Schicht stark abgeplatteter Zellen bestand, lässt sich als die erste Veränderung jetzt feststellen, dass im Bereich des weißen runden Fleckes die Zellen höher werden und dass ferner nicht nur durch Einwucherung von Zellen, wie Kowazwsky und Scaurcın besonders betonen, sondern auch durch Theilung, wie radial gestellte Spindeln beweisen (z. B. Fig. 15), das Blastoderm mehrschichtig wird. Die dem Dotter zunächst liegenden Zellen zeigen sehr bald eine auffallende histologische Veränderung, indem sie nämlich einmal pseudopodienartige Fortsätze in den Dotter aussenden, dann ihr Kern an Größe zunimmt und chromatinreicher er- scheint, und sie endlich durch Auftreten von Anfangs vielen kleinen, bald wenigen größeren Vacuolen ein blasiges Aussehen gewinnen. Zugleich nehmen sie an Umfang bedeutend zu. Wie leicht ersichtlich ist, haben die Zellen Dotter aufgenommen (Fig. 12—19 dz). In Folge der Vacuolenbildung ist es in den meisten Fällen unmöglich, die Grenzen jeder Zelle genau zu verfolgen, da die Wände der Vacuolen zu oft solche vortäuschen. Diese Zellen sind, wenn nicht alle, jedenfalls zum größten Theile Dotterzellen, welche, wie bereits KowALEwsky und ScHuLeIn und Laurie angegeben haben, keinen direkten Antheil am späteren Aufbau des Embryos nehmen. Es sind verhältnismäßig nur wenige Zellen, ihre Zahl schwankt aber bei verschiedenen Individuen sehr. Mit voller Sicherheit lässt sich nicht entscheiden, ob die Dotter- zellen nur an diesem einen Punkte, der Stelle der Verdickung des Blastoderms, entstehen, weil abseits liegende, vereinzelte Zellen z. B. in Fig. 42, welche man zuweilen trifft, eben sowohl dorthin gewan- dert als dort entstanden sein können; und eben so wenig können Oberflächenbilder, auf welchen die Dotterzellen sich als weißliche, verästelte Tupfen, welche ich oben erwähnte, markirten, eine sichere Auskunft geben. Wahrscheinlich ist mir allerdings, dass sie sich auch von anderen Stellen der Keimscheibe ablösen, denn man findet mit- unter Zellen, welche ziemlich entfernt von der Verdickung liegen, welche zwar noch im epithelialen Verbande sind, aber bereits alle Charaktere von Dotterzellen, besonders rhizopodenartige Gestalt und den großen Kern zeigen (z. B. Fig. 13 dz!). Der weiße Fleck verdankt aber seine Entstehung nicht allein der Bilaung von Dotterzellen, sondern auch anderen, viel wichtigeren Pro- cessen, welche entweder gleichzeitig oder kurz nachher ablaufen; näm- lich der Anlage des zweiten Keimblattes und der Geschlechtsorgane. Wenn auch die erstere der letzteren vorangeht, so werde ich doch diese vorher besprechen, weil auf den Anfangsstadien das Entoderm gegen- über der Genitalanlage stark zurücktritt, seine wahre Natur erst später Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 28 418° August Brauner, | erkennbar wird. Das jüngste Stadium der Genitalanlage, welches ich gefunden habe, ist in der Fig. 44 wiedergegeben. Hier fallen drei Zellen (g9z) auf, welche zwar noch die Peripherie der Keimscheibe erreichen, aber bereits in die Tiefe sich zu verlagern scheinen. Auf den Fig. 15, 16 und den folgenden ist eine Vermehrung der Zellen eingetreten. Wodurch sie sofort in den Präparaten das Auge des Beob- achters auf sich lenken, ist schwer genau zu definiren. Die fast stets runden oder ovalen, nie länglichen Kerne färben sich zwar nicht so intensiv, sie sehen eher hell, matt aus, wodurch sie sich besonders von den benachbarten Ektodermzellen unterscheiden, und in Folge dessen hebt sich der eine oder die zwei Nucleolen schärfer vom Kerngrund ab; das Protoplasma der Zellen färbt sich ebenfalls etwas mit, die Form der Zellen ist rund oder unregelmäßig, niemals sind alle nach einer be- stimmten Richtung gelagert. So scheinen zwar genügend Unterschei- dungsmerkmale vorhanden zu sein; wenn man aber nur eins von ihnen herausgreift und prüft, ob diese Eigenschaft nicht auch andere Zellen zeigen, so wird man bald erkennen, dass dasselbe auch bei anderen zu finden ist. Das Charakteristische liegt nicht in einem Merkmal, son- dern vielmehr im Gesammthabitus und weiter — und das ist das Wichtigste — in der strengen Abgrenzung der ganzen Gruppe gegen die benachbarten Zellen. Natürlich tritt dieselbe im Beginne des Auf- tretens derselben nicht so klar hervor, später aber regelmäßig und immer deutlich. Die Gruppe ist mehr oder weniger kugelförmig; zuweilen scheint zwar ein Durchmesser größer zu sein und die Form dadurch nach einer Richtung abgeplattet (Fig. 18, 20 gz), indessen kann hier die Ursache, besonders auf den frühen Stadien, wo die Gruppe erst in der Ausbildung begriffen ist, zum Theil in einer momentanen Verschiebung in Folge lebhafter Vermehrung liegen, zum Theil aber auch in kleinen Pressungen bei der Behandlung. Sie bleibt fast bis zu der Zeit, wo der Embryo in die Eiröhre übertritt (Fig. 14—26), mit der Oberfläche in Verbindung, erst dann wird sie von den Ektodermzellen überwachsen und rückt in die Tiefe. Nach allen Seiten ist sie so scharf abgegrenzt, dass selbst auf Chromsäurepräparaten, auf denen die histo- logische Differenzirung der den verschiedenen Schichten zugehörigen Zellen in sehr ungenügender Weise zum Ausdruck kommt, dieselbe sofort durch dieses Merkmal auffällt. Die Zahl der Zellen vermehrt sich Anfangs durch Theilung der eingewucherten und durch neuen Nachschub oder nur auf erstere Weise bis — so scheint es — zu einer bestimmt großen Zahl. Denn von dem in Fig. 20 dargestellten Stadium an habe ich nur noch ganz vereinzelt Kernspindeln getroffen, und auch die bei den Individuen Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. 419 zwar etwas schwankende, aber im Allgemeinen ziemlich gleiche Größe der Gruppe auf allen späteren Stadien dieser und der folgenden Periode lässt schließen, dass für lange Zeit eine Ruhe eintritt. Die Zellgruppe bleibt dann, scheinbar völlig unbetheiligt an den Veränderungen, die der Embryo durchmacht, abgesehen von einer anderen Lagerung und Ausbreitung dieselbe, wie man sie auf diesen frühen Stadien vor sich hat. Ich habe dieselbe bis in den ausgeschlüpften Embryo verfolgt, und wenn auch zu meiner Überraschung auf diesem späten Stadium die Genitalanlage im Wesentlichen noch keine große Differenzirung er- fahren hat, so lässt doch ihre Lagerung nicht den geringsten Zweifel zu, dass jene Zellen die ersten Genitalzellen sind. Der ausführliche Beweis wird im nächsten Beitrag gebracht werden. Mit dem Nachweis, dass der weiße Fleck oder die Verdiekung die Genitalanlage enthält, ist eine sichere Orientirung des Embryos bereits ermöglicht. Wie es MErscanikorr bereits angenommen hat, bezeichnet dieselbe das Hinterende des Embryos; damit sind auch vorn, rechts und links gegeben. Diese frühe Anlage der Genitalorgane und der auffallende scharfe Unterschied, welchen die Zellen in ihrer Struktur gegenüber den an- deren erkennen lassen, zwingen zu dem Schluss, dass die Differenzirung nicht erst im Moment des Einwucherns stattfindet, sondern dass sie bereits früher vorhanden ist, aber in Folge der Kleinheit der Blasto- dermzellen nicht erkannt werden konnte. Außer den Dotter- und Genitalzellen sind an derselben Stelle noch andere Zellen eingewuchert, nämlich die ersten Entodermzellen. Wenn man ein späteres Stadium, z. B. das der Fig. 23 betrachtet, so findet man zwischen den Dotterzellen (dz) und dem Ektoderm (ec), bezw. auch der Genitalanlage, eine einzige Schicht spindelförmiger, abgeplatteter Zellen ausgebreitet, welche das Entoderm (en) darstellt. Gehen wir jetzt auf etwas frühere Stadien zurück (z. B. Fig. 16—20), so treffen wir hier ebenfalls ähnliche Zellen gleichen Charakters, welche hier aber auf den Bezirk der Verdickung, oder was dasselbe ist, der Genital- zellengruppe beschränkt sind. Zwar findet man auf noch früheren Stadien, z. B. Fig. 1%, auch an derselben Stelle solche Zellen, und man kann geneigt sein, ihnen auch denselben Werth zuzusprechen, indessen kann dieses nicht mit voller Sicherheit geschehen, weil die Ausbildung der Dotterzellen noch nicht so weit vorgeschritten ist, und desshalb jene Zellen eben so gut solche als Entodermzellen sein können. Erst wenn jene ihr blasiges Aussehen durch Aufnahme von Dotter ange- nommen, und die unterhalb der Genitalzellen liegenden sich eng ihnen angelagert, sich gestreckt haben, und auch der Kern in tangentialer 23* 430 - August Brauer, Richtung abgeplattet ist, lässt sich von Entodermzellen reden. Ein weiteres Verfolgen derselben wird die Behauptung stützen. Schon in dem Stadium der Fig. 20 und 21 ist klar zu erkennen, wie diese spindelförmigen Zellen, deren Zahl durch neue einwuchernde sich vermehrt, seitwärts und vornehmlich, wie man durch das Studium der Schnittserien feststellen kann, nach vorn sich auszubreiten be- ginnen und eine zweite oder, wo die Dotterzellen bereits ebenfalls sich in einer Lage unter der ganzen Keimscheibe angeordnet haben, eine dritte Schicht in der letzteren zu bilden. In der Fig. 22 ist dieser Pro- cess noch weiter fortgeschritten, und wie sich aus derselben ergiebt, geht diese Vergrößerung des Entoderms nicht durch Theilung oder Ab- spaltung von Blastoderm- oder, wie man sie jetzt richtiger bezeich- net, von Ektodermzellen vor sich, sondern durch Theilung der am hinteren Ende der Keimscheibe eingewucherten Entodermzellen. Auch am Rande ist die Lage und Form der letzteren niemals eine solche, dass man auf einen Ursprung von über ihnen liegenden Ektodermzellen schließen könnte. Ein Schritt weiter führt uns wieder zu der Fig. 23, von welcher wir ausgegangen sind, wo kein Zweifel über die Natur dieser Zellschicht mehr möglich ist. Bis zum Beginn der Segmentirung und noch darüber hinaus treten im Entoderm wesentliche Veränderungen nicht ein; es bleibt in dieser Zeit ein einschichtiges Plattenepithel (Fig. 22—36 en). Nur nimmt die Schicht an Größe zu; sie beschränkt sich bald nicht mehr auf den Be- reich der Keimscheibe, sondern sie verbreitet sich, nachdem die Bil- dung der Serosa ihren Anfang genommen hat, und diese den Dotter zu umwachsen beginnt, dem Ektoderm des Embryos voraneilend, noch darüber hinaus und zwar scheint das Wachsthum Anfangs in der Rich- tung nach vorn schneller vor sich zu gehen als nach hinten. Hierbei nehmen die äußersten Randzellen des zweiten Keimblattes ein den Dotterzellen etwas ähnliches Aussehen an, indem sie ebenfalls Fortsätze voraus in den Dotter senden und Dotter aufnehmen, welcher sich in Vacuolen ablagert (z. B. Fig. 25, 31). Wegen dieser Ähnlichkeit könnte man auf die Vermuthung kommen, es möchten auch die Dotterzellen Antheil an der Bildung des inneren Keimblattes nehmen, indem sie sich am Rande der Schicht zugesellten, zumal dieselben zu dieser Zeit fast eben so weit unter der Keimscheibe sich verbreitet haben, indessen glaube ich diese Möglichkeit mit Sicherheit ausschließen zu können. Die für die Dotterzellen charakteristische Struktur, welche wir bald nach ihrer Einwucherung beobachten konnten, ist seitdem noch viel schärfer zum Ausdruck gekommen (vgl. die Figuren auf Tafel XIX und XX;: durch weitere Dotteraufnahme sind die kleinen Vaeuolen zu Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. | 421 einer oder wenigen großen zusammengeflossen, die Zellen erscheinen hierdurch sehr stark aufgetrieben, so dass das Protoplasma nur noch in dünnen Lamellen zwischen den Vacuolen und an den Zellwänden sich anordnen kann. Der Kern ist ebenfalls noch gewachsen, zeigt oft Fort- sätze und ist meist durch einen oder zwei sehr große Nucleolen ausge- zeichnet. Bald nach der Anordnung der Entodermzellen zu einer Schicht beginnen auch die Dotterzellen eine regelmäßige Lagerung anzunehmen und unter dem Entoderm sich in einer gleichmäßigen Schicht auszubreiten. Doch ist, da, wie ich schon bemerkte, die Zahl sehr schwankt, dieses nicht immer der Fall, zuweilen liegen sie so sehr zerstreut, ohne sich zu berühren (z. B. Fig. 25), dass man auf manchen Schnitten keine treffen kann (z. B. Fig. 27). Niemals habe ich beob- achtet, dass eine Dotterzelle sich von dem Entoderm entfernt und tiefer in den Dotter eindringt. Da sie auch an den Rändern das Aussehen haben wie in der Mitte, so ist man, selbst wenn die Entodermzellen hier noch so stark vacuolisirt sind, niemals im Zweifel, ob man eine Dotter- oder eine Entodermzelle vor sich hat, und man muss eine Be- theiligung der ersteren an der Bildung des Entoderms ausschließen. Auf einem Präparat fand ich zwischen dem Entoderm und Ekto- derm eine Zelle (Fig. 30 a), welche durch ihren großen Kern auffiel und mich auf die Vermuthung brachte, ob es vielleicht eine Dotterzelle wäre, welche bei der Ausbreitung des Entoderms nach der Seite durch dasselbe von den übrigen Dotterzellen abgetrennt wäre. Eben so wie eine Umwandlung von Dotterzellen zu Entodermzellen muss ich auf Grund meiner Beobachtung eine Entstehung von Dotter- zellen aus Entodermzellen nach dem Zeitpunkt, wo die letzteren in einer Schicht sich angeordnet haben und seitwärts unter der Keim- scheibe sich auszubreiten beginnen, also mindestens nach dem Stadium der Fig. 22, als unwahrscheinlich bezeichnen. Nach KowaLewsky und Scaursın (12, p. 527) »theilen sich während der ganzen Zeit der Aus- bildung der Embryonalhüllen von dem unteren mehrschichtigen Blatte« (= Ento-Mesoderm der Autoren) »mehrere Zellen ab und vertiefen sich in den Dotter hinein. Anfangs sind diese Zellen nicht in großer Menge vorhanden, aber mit der Zeit vermehrt sich ihre Zahl bedeu- tend«e. Nach meinen Beobachtungen geht die Bildung der Dotterzellen der Anlage des zweiten Keimblattes, mindestens seiner Differenzirung voraus, die Bildungsstätte ist das Blastoderm, nicht das Entoderm. Es liegen zwar zuweilen Kerne von Dotterzellen dem Entoderm direkt an (z. B. Fig. 23, 24, 25) und man trifft auch manchmal Entodermzellen, welche kleine Fortsätze in den Dotter senden (z. B. Fig. 24), besonders auf den Stadien, wo der Embryo aus dem Follikel in die Eiröhre über- 499 : August Brauer, tritt und wo die Keimscheibe stark zusammengedrückt wird, aber da- "mit ist ein Übergang der beiden Zellsorten in einander keineswegs be- wiesen. Wenn wirklich auch noch nach der Differenzirung des Ento- derms eine starke Vermehrung von Dotterzellen, von der ich aber Nichts gesehen habe, stattfände, so müsste das erstere meiner Ansicht nach ein lockeres Gefüge zeigen und sich nicht als eine so einheitliche, abgeschlossene Schicht repräsentiren, wie es der Fall ist. Wir müssen jetzt wieder noch einmal auf jüngere Stadien zurück- gehen, um die Veränderungen, welche das Ektoderm erfährt, zu be- trachten. Als ich das erste Auftreten von Dotterzellen besprach, erwähnte ich bereits, dass im Bereich des weißen Fleckes oder der Verdickung die Blastodermzellen ihre abgeplattete Form in eine kubische verän- derten. Bald geht diese Form über in eine cylindrische. Von der Ver- diekung allmählich nach dem Rande zu vorwärts schreitend, ergreift dieser Process immer größere Theile der Keimscheibe. Diese Größen- veränderung der Zellen ist wesentlich — nebenbei zuweilen auch die Ausbreitung der Dotterzellenschicht — die Ursache für die Ent- stehung der ovalen weißen Scheibe, welche man (Fig. E, p. 446) bei einer Betrachtung der Oberfläche bemerkt. Da die Blastoderm- zellen am Rande der Keimscheibe noch ihre abgeplattete Gestalt bei- behalten, so muss auch die Färbung noch unverändert bleiben. Erst später, wenn das Entoderm, die Serosa und die Dotterzellen bis zu diesen Stellen sich ausgebreitet haben, geht dieselbe in eine weiße über und unterscheidet sich dann nicht mehr von den mehr central liegenden Theilen der Keimscheibe (Fig. F, p. #16). Gleichzeitig mit der Veränderung der Form der Zellen geht eine Theilung einher, welche bald so lebhaft wird, dass, da die Keimscheibe sich seitwärts verhältnismäßig wenig vergrößert, die Zellen sehr ge- drängt neben einander zu stehen kommen, und die Kerne benachbarter sich in mehreren Lagen über einander anordnen müssen. Der Form der Zelle muss sich auch der Kern anbequemen, das heißt, er wird nach einer Richtung hin stark gestreckt und zwar so, dass sein größter Durchmesser parallel dem Radius liegt. Hierdurch lassen sich die Ektodermzellen, wie man jetzt, da das Entoderm nicht nur gebildet ist, sondern bereits sich zu differenziren angefangen hat, die Blasto- dermzellen zu nennen hat, sehr leicht von den Zellen des zweiten Keimblattes, deren Kern tangential gestreckt ist, unterscheiden, außer am äußersten Rande, wo sie ihre abgeplattete Form von früher beibe- halten haben. Dort, wo die Ektodermzellen der Genitalanlage an- gelagert sind, müssen sie in Folge der Gestalt der letzteren eine ° Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. 423 gebogene Form annehmen; sie bilden gleichsam einen oben und unten offenen Mantel um dieselbe, dessen untere Öffnung durch die Ento- dermzellen abgeschlossen wird, durch dessen obere die Genitalzellen noch die Peripherie der Keimscheibe erreichen. Die soeben erwähnte rege Theilung im Ektoderm giebt aber nicht nur neuen Ektodermzellen den Ursprung, sondern auch dem Mesoderm. Ob bereits auf den durch die Fig. 12—18 dargestellten Stadien unter den die Verdickung bildenden Zellen einige sind, welehe zu Mesoderm- zellen werden, lässt sich nicht nachweisen, da es eben sowohl Ento- dermzellen sein können. Einwandfrei lassen sich erst auf dem Stadium der Fig. 22 die ersten Zellen als solche (me) bezeichnen, also auf einem Stadium, wo äußeres und inneres Keimblatt in Folge ihrer frühzeitigen Differenzirung gesondert und leicht zu unterscheiden sind. Es sind aber nur sehr wenige solche Zellen, und zwar nur in der Umgebung der Verdickung aufzufinden. Erst von diesem Stadium ab (Fig. 233—33 me) nimmt die Mesoderm- bildung einen raschen Fortgang; sie erfolgt durch Einwucherung und Theilung von Ektodermzellen, und zwar, wie sich durch Vergleich von Quer- und Längsschnitten feststellen lässt, ebenfalls nahe der Ver- diekung, also der Ursprungsstätte des Entoderms, der Dotter- und Genitalzellen, besonders vor und zu den Seiten derselben, während hinter ihr die Wucherung keinen so großen Umfang annimmt. Beson- ders auf älteren Stadien, wo die Serosa bereits gebildet ist, lässt sich an den erwähnten Punkten — man vergleiche besonders die Längs- schnitte Fig. 25, 26, 27, von denen die beiden ersten die Genitalanlage getroffen haben, der letztere dagegen etwas seitlich derselben geführt ist — beobachten, dass hier das Ektoderm nicht scharf nach unten abge- schlossen, sondern unregelmäßig begrenzt ist, indem Zellen sich auszu- keilen im Begriffe sind, um sich subepithelial zu lagern. Die Zellen sowohl wie ihre Kerne verändern hierbei allmählich ihre Form, je mehr sie aus der engen Lage sich lösen, und runden sich mehr ab. Sie liegen zwischen Ekto- und Entoderm, Anfangs vorwiegend nahe der Ein- wucherungsstelle und oft auch zu mehreren über einander, später verbreiten sie sich hauptsächlich nach vorn und ordnen sich in einer einzigen Schicht an. Es ist möglich, dass sich auch das übrige Ekto- derm an der Bildung des Mesoderms betheiligt, aber wahrscheinlich ist es mir nicht. Denn bei genauer Durchmusterung der Schnittserien lässt sich konstatiren, dass, je weiter man sich von der Verdickung der Keimscheibe entfernt, also hauptsächlich von hinten nach vorn vorgeht, um so gleichmäßiger und abgegrenzter wird das Ektoderm (z. B. Fig. 26), und es lässt die für die Mesodermzellen charakteristische runde Form 494 August Brauer, | und der mehr kugelige Kern der hier liegenden Zellen eher den Schluss zu, dass sie hierher gewandert als dass sie hier entstanden sind. Sicherer lässt sich die Frage, ob das Entoderm an der Bildung des Mesoderms betheiligt ist, verneinen, denn ich habe nicht einmal ein Bild gefunden, welches eine Abspaltung von solchen, sei es durch Auswanderung oder durch Theilung hätte anzeigen können. Die frühzeitige scharfe Sonderung der beiden Keimblätter lässt für den Skorpion keinen Zweifel über die Herkunft des Mesoderms zu. Wenn man selbst zugeben will, dass bereits auf den frühen Stadien unter den Zellen der Verdickung auch Mesodermzellen sich befinden, so würde doch eine Ableitung derselben von einem undifferenzirten Material, das noch »embryonalen Charakter« hat, oder gar vom Ento- derm nicht möglich sein, weil die Zeit der stärksten Entwicklung erst später kommt, wo die beiden Keimblätter völlig von einander sich ge- trennt haben und in Folge der beginnenden Differenzirung klar unter- scheidbar sind. In der Darstellung der im Vorigen besprochenen Processe weiche ich von allen meinen Vorgängern ab. Alle stimmen zwar darin überein, dass die oft erwähnte Verdickung, welche nach Merscanikorr und Laurie im Centrum, nach KowaLewsky und Scaurein aber »in der Mitte der unteren Seite des Blastoderms« liegt, die Bildungsstätte des Ento- und Mesoderms ist, aber im Übrigen sind ihre Angaben verschieden. Merscnnikorr hebt völlig richtig hervor: »Es tritt eine Differenzi- rung in Keimblättern auf, welche bei dem Skorpion in einer so deut- lichen Weise stattfindet, wie es bei nur wenigen Thieren der Fall ist. Die Differenzirung der Keimblätter kommt noch an einem solchen Stadium zum Vorschein, wenn die Keimscheibe ihre ursprüngliche Ge- stalt unverändert hat.« Indessen ist mir zweifelhaft, ob er nicht die Schicht der Dotterzellen für das Entoderm angesehen hat und, was Mesoderm und Entoderm ist, als mittleres Blatt bezeichnet. Die Be- schreibung, welche er von der Entstehung des unteren Blattes giebt, scheint mir mehr für die Dotterzellen zu passen; sie lautet nämlich (p- 212): »Unter der aus zwei Blättern « (=Ektoderm und Mesoderm des Autors) »bestehenden Keimscheibe befinden sich noch mehrere Zellen, welche theilweise auf der inneren Oberfläche des mittleren Blattes haften, theilweise aber zwischen der Keimscheibe und dem Nahrungs- dotter ihren Platz finden. Dieselben erscheinen bald in Form kleiner mit körnigem Protoplasma gefüllter und mit feinen Ausläufern ver- sehener Zellen, bald aber in Form größerer fettartige Kugeln enthalten- Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. 425 der Elemente. In diesen körnigen Zellen sehe ich die erste Anlage des bald zum Vorschein kommenden unteren Blattes. « Die anderen Forscher, KowaLewsky und Scaureın und Laurie be- trachten den Haupttheil der Verdickung, also wesentlich den Theil, welchen ich als Genitalanlage bezeichnet habe, als Ento-Mesoderm, welches sich erst später beim Auswachsen der Keimscheibe in Ento- derm und Mesoderm sondern soll. Sie haben also weder die Genital- zellen als solche, noch die frühzeitige Anordnung der Entodermzellen in einer Schicht gesehen. Wenn man die Figuren Laurır’s, besonders Fig. 18 und 23, betrachtet und die vermeintliche Ento-Mesoderm-Masse mit der von mir als gz bezeichneten Gruppe von Zellen vergleicht, so wird Jeder bald erkennen, dass beide identisch, nur verschieden ge- deutet sind. Bildung der Embryonalhüllen. Nachdem die Sonderung der Keimblätter beendet ist, die Bildung des Mesoderms ihren Anfang genommen hat, in allen Fällen aber, so weit ich beobachten konnte, noch bevor der Embryo aus dem Oviduct in die Eiröhre übergetreten ist, beginnt die Bildung der ersten der beiden Embryonalhüllen. Ich kann in Bezug auf diesen Punkt die Angabe Laurıe’s, dass die beiden Hüllen nach einander entstehen, vollständig bestätigen. Schon die verschiedene Größe der Kerne, welche die Serosa- und Amnionzellen unter einander zeigen, lassen auf einen un- gleichzeitigen Ursprung schließen. Von der Veränderung der Form der Ektodermzellen waren, wie bemerkt wurde, die äußersten Zellen, welche über den Rand der eigent- lichen Keimscheibe, d. h. so weit sie den Embryo aufbaut, hinaus- gewachsen sind, nicht betroffen worden; sie bleiben platt, ja eher nehmen sie in dieser Beziehung zu denn ab. Die Fig. 22, 29 zeigen klar, wie die Entodermzellen vom Gentrum nach der Peripherie allmählich an Höhe abnehmen und ihr größter Durchmesser allmählich aus radialer Lage in eine tangentiale übergeht. Diese Randzellen liegen meist dem Dotter direkt auf, nur wenn das Entoderm oder die Dotterzellen dorsal- wärts sich auszubreiten beginnen, werden sie an der Grenze der Keim- scheibe durch diese vom Dotter getrennt, darüber hinaus bleibt aber, da diese äußersten oder künftigen Serosazellen in der Umwachsung des Dotters stets den beiden genannten Zellschichten vorauseilen, das Ver- hältnis dasselbe (z. B. Fig. 27, 29, 31 se). An der Grenze der Keim- scheibe erfolgt die Trennung der Randzellen von.dem übrigen Ektoderm (Fig. 29 ec u. se). Es scheint, dass eine Schieftheilung den Process ein- leitet; wenigstens habe ich in einigen Fällen schief gestellte Spindeln 46 August Brauer, 'gesehen, durch deren Theilung eine Tochterzelle etwas über die Peri- pherie des Ektoderms hätte gerathen müssen. Von diesem Punkte aus beginnen die Serosazellen das Ektoderm nach der Mitte der Keimscheibe zu, zu überwachsen, hierbei demselben dicht sich auflagernd. Durch die großen und platten Kerne und durch ihre abgeflachte Form lassen sich die Serosazellen leicht von allen übrigen Zellen unterscheiden. In Folge der Trennung der Randzellen vom Ektoderm sind auch die ersteren jetzt als Serosazellen zu bezeichnen. Die Hülle stellt mithin im Anfang einen Gürtel von Zellen dar, welcher nach zwei Richtungen sich zu verbreitern strebt; die einen Zellen überwachsen die Keimscheibe, und es erhält die Serosa, wenn durch ihren Zusammenschluss die obere Öffnung geschwunden ist (Fig. 23, 24, 28, 30, 25 u. a.), die Form einer Kappe, die anderen dagegen beginnen den Dotter zu umwachsen, welcher Process sehr rasch verläuft. Zuweilen schien es, als ob das Überwachsen der Keimscheibe am hinteren Ende rascher erfolgte als am vorderen, Vergleiche indessen ergaben, dass dieses jedenfalls nicht die Regel ist. Da die Serosa aus sehr dünnen Elementen besteht und Anfangs der Keimscheibe dicht aufliegt, so war es mir nicht möglich ihren Rand auf der letzteren allein durch Betrachtung der Oberfläche festzustellen, dagegen war ihre Grenze auf dem dunklen Dotter immer scharf markirt. Erst nachdem sie über der Keimscheibe vollständig zum Verschluss gekommen ist, hebt sie sich meist mehr oder weniger weit von derselben ab. Wenn die Serosabildung beendet ist (Fig. 33) oder noch während derselben (Fig. 28) beginnt der Embryo den Follikel zu verlassen. Da der Kanal, welcher nach der Eiröhre hinüber führt, nureng und wenig erweiterungsfähig ist, so muss der Embryo sich durchquetschen, seine Form der Öffnung anpassen. Die bis dahin uhrglasförmige Keimscheibe erhebt sich (Fig. 33, 28) sehr stark und bildet einen kleinen Knopf und schiebt sich so in den Kanal ein. Allmählich folgt der übrige Theil und drängt die Wände des letzteren möglichst aus einander. Anfangs ist der vordere, dem Eileiter zugewandte Theil der kleinere, der noch im Follikel steckende der größere, bald werden .beide gleich groß, und dann tritt das umgekehrte Verhältnis ein, bis der Embryo ganz in die Eiröhre eingerückt ist. Aus den Fig. 33 und 28, welche zwei Embryonen, die im Beginne sind, ihre Lage zu verändern, darstellen, von denen der eine der Länge nach getroffen ist, wie aus der Lage der Genitalanlage hervorgeht, lässt sich erkennen, dass hierbei die Elemente der Keim- scheibe stark zusammengedrückt werden, ohne indessen aus ihrem Verbande getrennt zu werden. Weiter fällt auf, dass die Gruppe der Genitalzellen von der Oberfläche in die Tiefe gerückt ist. Ob es passiv Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. 427 in Folge der Lageveränderung des Embryos erfolgt oder, wie mir wahr- scheinlich ist, unabhängig von derselben, möge dahingestellt bleiben; kurz vor diesem Stadium (Fig. 32) habe ich die subepitheliale Lage der ganzen Gruppe zum ersten Male getroffen. Die benachbarten Ektoderm- zellen haben über ihr sich zusammengeschlossen (Fig. 33); in Fig. 28 ist sie sogar noch weiter in die Tiefe verlagert und oberhalb von Meso- dermzellen bedeckt. Nach unten stößt sie immer noch wie vorher an das Entoderm. Die Lage des Embryos in der Eiröhre ist eine verschiedene: manchmal kann man alle in einer der Längsröhren des Ovars mit dem Kopftheil nach den Genitalöffnungen zu gerichtet finden, manchmal aber auch mit dem hinteren Ende und in anderen Fällen liegen einige so, andere so; alle aber ohne Ausnahme sind der Länge, nie der Quere nach in den Eiröhren gelagert, sie haben also gegenüber der Lage im Follikel eine Drehung um 90° gemacht. Alsbald nach dem Übertritt der Embryonen nimmt die Segmen- tirung ihren Anfang, und dann erst die Amnionbildung. Die letztere soll hier nur noch dargestellt werden. Dieseibe erfolgt in einer anderen Weise als die der Serosa. Eine Trennung der Randzellen vom übrigen Ektoderm der Keimscheibe findet nicht statt, vielmehr schlägt sich dasselbe hier nach oben um (Fig. 34, 36 am) und beginnt, der Serosa sich anlagernd, von allen Seiten die Keimscheibe zu überwachsen. Wie die Fig. 35 am vermuthen lässt, dürfte auch hier mit einer anderen Theilungsrichtung der Zellen der Process eingeleitet werden. Nur in einem Falle, welchen dieselbe Figur darstellt, habe ich noch jenseits der Umschlagsstelle des Amnions Ektodermzellen gefunden, in allen anderen Fällen war hier auch die Grenze des Ektoderms. Amnion und Ektoderm bleiben in der Ver- bindung, bis beide gemeinsam den Dotter umwachsen haben. In Folge der späten Bildung sind die Kerne der Zellen dieser Hülle bedeutend kleiner als die der Serosa und nicht so stark abgeplattet. Auch in Bezug auf die Entstehung der Embryonalhüllen weichen die Angaben Kowaerwsky’s und Scaurgın’s von den meinigen, welche, wie ich schon erwähnte, mit denen Laurır’s übereinstimmen, ab. Es mag sein, dass bei Androctonus beide Hüllen gleichzeitig durch »eine Falte, die nur eine einfache Duplikatur des oberen Blattes darstellt, ge- bildet werden«. Wenn auch schon andere Beobachtungen gezeigt haben, dass an die Stelle der Bildungsweise mittels einer Falte eine solche durch seitliche Überschiebung treten kann, z. B. bei der Bildung der Embryonalhüllen der Biene, Chalicodoma gallica u. A. und bei der Bil- dung des Medullarrohres von Amphioxus, und man hieraus schließen 298 August Brauer, | könnte, dass auch die ungleichzeitige selbständige Anlage der beiden Hüllen beim Skorpion erst sekundär sich ausgebildet hat und von einer solchen mittels einer einzigen Falte abzuleiten ist, so würde doch die Beobachtung der russischen Forscher erst den Beweis geben, dass der Schluss richtig ist. ? Bezweifeln muss ich aber die folgenden weiteren Angaben; viel- leicht liegt hier ein Versehen in der Beschreibung vor. »In die Duplicatur,« heißt es, »reichen hier und da die Zellen des unteren Blattes hinein.« »Die innere Schicht der Embryonalhülle, deren Zellen mit kleinen Kernen versehen sind, geht direkt in das Entoderm über, während die obere Schicht mit großen Zellkernen in die Theile des oberen Blattes übergeht, welche den Dotter außerhalb der Keimscheibe bedecken. Von diesen zwei Schichten ist die innere das eigentliche Amnion, die obere ist seröse Hülle. « Wenn auch die Bildung der Keimblätter und des Mesoderms mehr als die Furchung geeignet ist, bei der Erwägung der Momente, welche für die verwandtschaftlichen Beziehungen des Skorpions ausschlag- gebend sind, in Betracht zu kommen, so möchte ich doch diesen Punkt bis zum Schluss der ganzen Arbeit verschieben, wenn erst die weitere Ent- wicklung und besonders diejenige der in dieser Hinsicht wichtigeren Organe mitgetheilt sind. Hier will ich mich darauf beschränken, die Beobachtungen mit denen, welche über die Entwicklung der übrigen Arachnoiden bekannt geworden sind, zu vergleichen und zu vereinigen. Diese Untersuchungen sind allerdings noch derart dürftig, dass fast nur die Phalangiden und Araneen in Betracht kommen können, aber auch hier zeigen die Resultate noch wesentliche Lücken und widersprechen sich derart, dass nur von einem Versuch, sie mit den meinigen in Über- einstimmung zu bringen, die Rede sein kann. In Bezug auf die Herkunft des Mesoderms kann ich mich kurz fassen, indem, so weit die Beobachtungen zu verwerthen sind, fast alle Forscher dasselbe vom Blastoderm oder sogar sehr bestimmt vom Ekto- derm herleiten. Aber es muss bemerkt werden, dass mir dieselben noch nicht genügend zu sein scheinen. Bei der Beurtheilung der Verhältnisse, welche beim Skorpion vor- handen sind, muss man ohne Frage stets im Auge behalten, dass die Entwicklung innerhalb der Mutter verläuft und dass hierdurch dieselbe wesentlich modifieirt sein kann; indessen wird hiervon schwerlich der Kernpunkt der Keimblätterfrage, nämlich wo ist der Ort der Herkunft, betroffen, sondern nur die Bildungsweise und die Zeit der Differenzirung, falls nicht an der Homologie der Keimblätter gezweifelt werden muss. Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. 429 Da beim Skorpion dieselben sehr früh, als zwei sehr leicht unterscheid- bare Schichten uns entgegentreten, und hierdurch die Verhältnisse viel klarer zu übersehen sind, so wird man berechtigt sein, diese zum Aus- gangspunkt der Vergleichung zu nehmen und mit ihnen diejenigen der anderen Gruppen in Beziehung zu setzen und nicht umgekehrt. Beim Skorpion ist nun ohne Zweifel der Bezirk der Verdickung, wo die einzige Bildungsstätte des Entoderms ist, und welcher, wie die dort ebenfalls erfolgende Anlage der Genitalorgane erweist, am Hinter- ende des Embryos gelegen ist, dem Blastoporus gleich zu setzen. Beiden Phalangiden soll nach Faussex (4, 5) das Entoderm aus Zellen hervorgehen, welche bei der Blastodermbildung im Inneren des Dotters verblieben sind; für die Spinnen machen Barrour (4) und ScHIMKEWITSCH (24) eine ähnliche Angabe, nach den übrigen Forschern aber, z. B. Locy (17), Morın (19), Kısumwouye (10) bildet sich an der Ventralseite des Blastoderms eine Verdickung aus, von welcher Zellen ins Innere wandern, die das künftige Entoderm bilden sollen. Ohne neue Beobach- tungen ist eine Vereinigung dieser Angaben nicht möglich. Nicht un- berechtigt scheint mir die Ansicht Korscherr's und Heıper’s (14, p. 569 ff.) es möchten die Zellen, welche BırLrour und SchHimkewitsch als Ento- dermzellen ansehen, Dotterzellen sein, welche, wie beim Skorpion, keinen Antheil am Aufbau des Embryos haben, die Bildung des wirk- lichen Entoderms aber nicht erkannt sein. Eben so dürften die bei Ixodes von Wagner (23) beobachteten Dotterzellen, welche allseitig vom Blastoderm entstehen und wenn ich den Forscher richtig verstehe, einen Theil des Entoderms bilden sollen, wirkliche Dotterzellen, dagegen die einen Haufen »an der Rückseite des Eies näher zum hinteren Ende zu« bildenden Zellen, welche das übrige Entoderm liefern sollen und zu deren Seiten auch das Mesoderm auftritt, allein Entodermzellen sein. Es muss überhaupt auffallen, dass weder für die Phalangiden noch für die Araneen Dotterzellen angegeben werden, da sie sonst bei dotter- reichen Eiern der Arthropoden fast regelmäßig beobachtet sind. Jeden- falls würde die obige Deutung die Durchführung eines Vergleichs der Keimblätterbildung beim Skorpion und bei den anderen Arachnoiden viel leichter ermöglichen. Eine weitere Schwierigkeit betrifft die Bestimmung der Stelle an der Keimscheibe, wo das Entoderm sich bildet. Während die meisten Forscher als solche den sogenannten Cumulus primitivus, welche Ver- dickung nach Allen, außer nach Locy, das Hinterende des Keimes be- zeichnet, ansehen, spricht Morın demselben jegliche Bedeutung in dieser Beziehung ab; nach ihm stellt er, wenn überhaupt vorhanden, nur eine Ansammlung von Mesodermzellen dar, die eigentliche Keimblätterbil- 430 August Brauer, dung erfolgt vor demselben. Eine Vermuthung kann hier vielleicht für spätere Untersuchungen nicht unwichtig sein, nämlich diejenige, ob nicht der Cumulus primitivus die Genitalanlage darstellt, bei einigen Formen allein, bei anderen dagegen, wie beim Skorpion, auch noch die Bildungsstätte für das Entoderm. Morım’s Angabe, dass derselbe aus einem Haufen von Mesodermzellen besteht, würde hiermit zu vereinigen sein. Ferner kommt die Beobachtung Fausszr’s (k) bei Phalangiden wesentlich in Betracht. »Zwischen den Zellen des unteren Blattes« (d.i des Mesoderms des Autors), schreibt er, »sondert sich vom Anfang an eine Gruppe von Zellen ab, die sich durch ihre Größe und eigen- thümliches Aussehen auszeichnen. Die Absonderung dieser Zellen- gruppe geht sogar der Bildung des Keimstreifens voraus; noch zur Zeit, da das Ektoderm mit einer Zellenschicht das Ei bedeckt, ragt schon diese Zellengruppe als ein kleiner Haufen ins Innere des Eies hinein; dieser Haufen liegt, wie es später zu sehen ist, im hinteren Theile, ob- gleich nicht ganz am Ende des Bauchstreifens, und bildet somit eine lokale Ektodermverdickung, die fast zugleich mit dem Mesoderm ent- steht und später die Keimzellen bildet.« Wenn diese Angabe sich be- stätigt, was meiner Ansicht nach zu bezweifeln kein Anlass vorliegt, da die Beschreibung und die Abbildungen (5), besonders Fig. 10, 14, 17, 20, 21 u. a. mit den meinigen über den Skorpion in vollem Einklang stehen, so würde die obige Vermuthung, dass auch in den anderen Gruppen die Genitalzellen sehr frühe sich von den übrigen absondern, wesentlich gestützt werden. Eine Entscheidung können freilich nur neue Beobachtungen bringen. Marburg, 17. December 1893. Benutzte Litteratur. 4. F. M. Barrovr, Notes on the development of the Araneina. Quart. Journ. Micr. Sc. XX. 1880. . Derselbe, Handbuch der vergl. Embryologie. Übers. v. VETTER. Jena 1880. . H. DriescHh, Entwicklungsmechanische Studien. IV. Diese Zeitschr. Bd. LV, 4892. 4, V. FausseX, Zur Anatomie und Embryologie der Phalangiden. Biol. Centralbl. Bd. XII. 4892. Nr. 4. 5. Derselbe, Studien über die Entwicklungsgeschichte und Anatomie der After- spinnen (Phalangiden). Arbeit. Petersb. Naturf. Gesellsch. Abth. Zoologie. Bd. XXI. 1894. (Russisch.) 6. C. GrosBEN, Die Entwicklungsgeschichte der Moina. Arb. Zool. Inst. Wien, Ba. II. 1879. > DD Beiträge zur Kenntnis der Entwieklungsgeschichte des Skorpions. 431 7. B. Hartscaek, Lehrbuch der Zoologie. 4888. Jena. 8. R. Herrwis, Lehrbuch der Zoologie. 1893. Jena. 9. Karsch, Übersicht der europäischen Skorpione. Berliner Entom. Zeitschr. Bd. XXV. 4884. 40. K. Kısaınouye, On the development of the Araneina. Journ. Coll. Science Univ. of Japan. Bd. IV. 4890. 44. E. KoRsCHELT u. K. Heider, Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgesch. der wirbellosen Thiere. 2. Heft. Jena 1892. 42. A. KowALEewsky u. M. Scaurcın, Zur Entwicklungsgeschichte des Skorpions. Biol. Centralbl. Bd. VI. Nr. 47. 4886. 43, A. Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. Jena 1888, 44. E. R. LAnkEsTER, Limulus an Arachnid. Quart. Journ. Micr. Sc. Bd. XXI. 1881, 45. M. Laurie, The embryology of a scorpion. Quart. Journ. Micr. Sc. Bd. XXXI. 1890. 16. Derselbe, Some points in the development of Scorpio fulvipes. Quart. Journ. Mier. Sc. Bd. XXXNH. 4894. 47. W. A. Locy, Observations on the development of Agelena naevia. Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard Coll. Vol. XII. 1886. 48. E. METSCHNIKOFF, Embryologie des Skorpions. Diese Zeitschr. Bd. XXI. 1874. 49. J. Morın, Zur Entwicklungsgeschichte der Spinnen. Biol. Centralbl. Bd. VI. 1887. 20. J. NussAum, Beiträge zur Embryogenie und Histogenie der Isopoden. Verhandl. d. Krakauer Akad. d. Wiss. Bd. XXV, 4893; auch Biol. Centralbl. Bd. XI, Nr. 2. 189, 24. W. Scainkewirsch, Etude sur le d&veloppement des Araignees. Arch. de Bio- logie. Bd. VI. 1887. 22. M. L, VIALLEToON, Recherches sur les premieres phases du developpement de la Seiche. Annal. d. sciences nat. zoologie. 7°. ser. Bd. XVI. 1888. 23. J. WAGNER, Zur Entwicklungsgeschichte der Milben. Furchung des Eies, Ent- stehung der Keimblätter und Entwicklung der Extremitäten von Ixodes. Zool. Anz. 45. Jahrg. 1892. 24. S. WATASsE, Studies on Cephalopods. Journal of Morphology. Vol. IV. 1894, Erklärung der Abbildungen. Buchstabenerklärung: am, Amnion; dz, dz!, Dotterzellen,; ec, Ektoderm; en, Entoderm; gz, Geni- talzellen ; me, Mesoderm; se, Serosa; V, vorn; H, hinten. Die Figuren im Text sind gezeichnet bei Zzıss A, Oc. 2 (Vergr. 60), aber auf 2/3 verkleinert, die Fig. ı—9 und 41 bei Zeıss C, Oc.2 (Vergr. 430) und die übrigen bei Zeıss D, Oc. 2 (Vergr. 230). Tafel XIX, Fig. A. Unreifes Ei; Keimbläschen peripher gelagert, Fig. 2. Befruchtungsstadium, 432 August Brauer, Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. Fig. 3. Zweizelliges Stadium. Fig. 4—9. Furchungsstadien. Fig. 40. Abpräparirte Keimscheibe. Fig. 44. Blastoderm. Fig. 42, 43. Bildung von Dotterzellen; Auftreten der Verdickung des Blasto- derms. Fig. 44 wie Fig. 12, 43; die ersten Genitalzellen. Fig. 15—49. Bildung der Genitalanlage, der Keimblätter und von Dotter- zellen. Fig. 20—22. Ausbreitung des Entoderms, erstes Auftreten von Mesoderm- zellen. Tafei XX. Fig. 23—27. Mesodermbildung und Serosabildung. Fig. 23, 24 Querschnitte, Fig. 235 —27 Längsschnitte durch die Keimscheibe. Fig. 29, 30. Serosabildung. Fig. 34. Rand der Keimscheibe. Fig. 32. Überwachsung der Genitalanlage durch das Ektoderm. Fig. 28 und 33. Schnitte durch zwei Embryonen, welche im Begriffe sind, aus dem Follikel in die Eiröhre überzutreten. Fig. 33—36. Amnionbildung. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Von Dr. Ludwig Rhumbler, Privatdocent und Assistent in Göttingen, II!. Saccammina sphaerica M. Sars. Erster Theil. Mit Tafel XXI—XXIV, Unter dem Rhizopodenmaterial, welches die »Sektion für Küsten- und Hochsee-Fischerei« auf den von ihr veranstalteten Nordseefahrten ? gesammelt hat, fand sich eine so große Menge von Saccammina sphaericaM. Sars mit wohlerhaltenem Weichkörper, dass eine ein- gehendere Bearbeitung dieser Form auch in Bezug auf den Weichkörper Erfolg zu gewähren schien. Ich bin dem damaligen Leiter dieser Nordseefahrten, Herrn Professor Dr. Frıeprich HeinckE, welcher zugleich für die wissen- schaftliche Verwerthung des gesammelten Materials Sorge zu tragen hatte, zu besonderem Danke verpflichtet, dass er mir das interessante Material überlassen hat. Es sei mir gestattet, diesem Danke hiermit öffentlichen Ausdruck zu verleihen. Eben so mussich hier mit aufrichtiger Dankbarkeit der mehrfachen Unterstützung gedenken, die mir im hiesigen zoologisch-zootomischen Institute von Seiten des Herrn Geheimrath Professor Dr. Enters zu Theil geworden ist. Die Veröffentlichung vorliegender Arbeit, welche in mehreren Ab- schnitten schon seit Ende 1891 im Manuskript festgelegt ist, hat da- durch eine Verzögerung erfahren, dass ich lange Zeit hindurch die Hoffnung hegte, am Fundorte, von welchem die Saeccamminen stammten, ! Nr. Lin dieser Zeitschr. Bd. LII, p. 515—550; Taf. XXXII. 18914. 2 Die beiden ersten im Herbst 1889 mit dem Dampfer »Sophie«, eine dritte im Herbst 1890 mit dem Dampfer » August Bröhan«, | Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 39 434. | Ludwig Rhumbler, durch Beobachtung vonlebendem Materialnoch manche Lücken ausfüllen zu können, welche das abgetödtete Material im Laufe meiner Unter- suchung offen ließ. Diese Hoffnung ist durch unvorhergesehene Zwischenfälle gescheitert. Ich bin somit gezwungen, nachstehende Ar- beit in weit unvollendeterer Form den Fachkreisen vorzulegen, als es Anfangs mein Wunsch war. Material: Das mir überwiesene Material stammt von der nor- wegischen Südküste. Es wurde mit Sand und Schlick vermengt (am 4%. August 1889) in dem Fjord von Christiansand aus einer Tiefe von 40—80 m vermittels der zoologischen Dredge eingesammelt. Konservirt ist es mit 96°/,igem Alkohol. Derselbe hat den Weich- körper unserer Form scheinbar sehr gut erhalten — wenigstens ergab Frenmixng’sche Lösung, welche ich auf der Fahrt des Dampfers » August Bröhan« zur Abtödtung der nah verwandten Astrorhiza selber anwenden konnte!, kaum irgendwie andere Bilder, als mir das Alkoholmaterial der ersten Expeditionen lieferte?, z. Th. waren die Bilder sogar augen- scheinlich schlechter. Es bleibe hier nicht unerwähnt, dass auch Bürscnıı? die Alkohol- konservirung bei marinen Thalamophoren »zur Untersuchung der Kern- verhältnisse und der Plasmastruktur nicht ungeeignet« fand; und eben so R. Herrwie * die Lücken, welche ihm die Untersuchung lebender Tha- lassicolliden gelassen hatte, nachträglich durch das Studium von Spiri- tusmaterial verringern konnte. Nichtsdestoweniger musste im Folgenden immer mit eventuellen Deformirungen durch den Alkohol überall da gerechnet werden, wo sich besonders starke Schrumpfungen oder andere auffällige Erscheinungen an meinem Material zeigten. Untersuchungsmethode. Außer den Exemplaren mit er- haltenem Weichkörper fand sich auch eine sehr große Zahl von ausge- storbenen Gehäusen. Diese waren trotz der oft verhältnismäßig großen Durcehsichtigkeit der Gehäusewandung nicht ohne Weiteres mit Sicher- i Die ersten Fahrten mit dem Dampfer »Sophie« habe ich nicht mitgemacht. 2 Auch die kalkschaligen Foraminiferen haben sich in 960/yigem Alkohol sehr gut konservirt, eine nachträgliche Entkalkung mit überschüssiger Pikrinschwefel- säure ergab brauchbare und augenscheinlich richtige Bilder von Kern und Weich- körper. Das auf ganz verschiedene Weisen abgetödtete Foraminiferenmaterial der Deutschen Planktonexpedition zeigt in analogen Fällen dieselben Erscheinungen wie das in Alkohol konservirte Material, wenn auch Einzelheiten in diesem Mate- rial durch besondere Behandlung öfters besonders stark hervorgetreten sind. 3 O0. BürscaLı, Kleine Beiträge zur Kenntnis einiger mariner Rhizopoden. in: Morphol. Jahrb. Bd. XI. 4886. p. 78. * R. Hertwic, Zur Histologie der Radiolarien. Leipzig 1876. p. 43. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 435 heit von den bewohnten Gehäusen zu unterscheiden. Zur Erleichterung der Untersuchung wurde daher jedes Mal eine große Zahl von Exem- plaren gefärbt und in bekannter Weise in Nelkenöl übergeführt. Im Nelkenöl werden die Gehäusewandungen so durchsichtig, dass sich bei der gewöhnlichen Ausbildung der Schale jede Spur eines Weichkörpers im Innern derselben mit schwacher Vergrößerung erkennen lässt. Aus- nahmsweise dunkel gefärbte Gehäuse wurden vorher 20—30 Minuten in Pikrinschwefelsäure gelegt, wobei das Gehäuse fast gänzlich farblos wurde, während der Weichkörper dabei in keiner Weise litt. Als Färbemittel kamen anfänglich Pikrokarmin, Alaunkarmin, Boraxkarmin , verschiedene Hämatoxylinkompositionen und Safranin zur Anwendung; später wurden Weichkörper, welche mit Pikrokarmin gefärbt worden waren, mit Eosin-Methylgrünmischung! nachgefärbt und in Schnittserien zerlegt. Zur Untersuchung des Weichkörpers wurde das Gehäuse mit Hilfe einer Nadel und einer feinen Pincette vorsichtig entfernt und derselbe nöthigenfalls unter Kompression in Nelkenöl untersucht oder geschnitten und in Kanadabalsam eingeschlossen. Andere Einschlussmittel waren hier nicht erforderlich. Unter dem Material befanden sich 474 mit Weichkörper besetzte Gehäuse; von diesen Weichkörpern gehörten aber nur 287, wie sich bei näherer Untersuchung herausstellte, dem ursprünglichen Be- wohner der Gehäuse an, während alle übrigen späteren Eindringlingen zugeschrieben werden mussten; die Menge der leeren Gehäuse über- stieg das Doppelte der angegebenen Zahl. Sie wurde zur Untersuchung des Schalenbaues in ausgedehntester Weise benutzt. Ich muss vorausschicken, dass ich mit Saecammina sphaerica M. Sars die von F. E. Scnusze aufgefundene Psammosphaera fusca F. E. Schulze als Jugendform der Sacc. sphaer. vereinigen muss. Die Gründe für diese Vereinigung werden weiter unten nach Bespre- chung des Gehäusewachsthums dargelegt werden (vgl. p. 462). Die Litteratur über den zu behandelnden Rhizopoden ist nicht sehr groß; sie beschränkt sich ausschließlich auf Vorkommen und auf Gestalt und Bau der Schale — wenn mir in dem dänischen Texte nicht etwa nähere Details entgangen sind. 4) M. Sıars, Fortsatte Bemaerkninger over det dyriske Livs Udbredning i Havets Dybder. Vidensk. Selsk. Forhandl. for 1868, p. 248. 2) G. O. Sars, Undersagelser over Hardangerfjordens Fauna. I. Crustacea eic. Vidensk. Selsk. Forhandl. for 4874. p. 250. 1 Vgl. RaumsLer, Eine Doppelfärbung zur Unterscheidung von ursprünglich lebender Substanz und von abgestorbenen oder anorganischen Substanzen nach ihrer Konservirung. Zool. Anz. Jahrg. 1893. Nr. 441 u. 412, 29* 436 Ludwig Rhumbler, 3) F. E. ScuuLze, Zoologische Ergebnisse der Nordseefahrt vom 24. Juli bis 9. Sep- tember 1872. I. Rhizopoda. in: Jahresbericht Komm. wiss. Unters. der deutschen Meere. 4874. p. 443. Taf. II, Fig. 8 a, f. 4) CARPENTER, The microscope and its revelations. 5. Edit. London 4875. p. 532. Fig. 272 a, b, c. (War mir nicht zugänglich.) 5) Brapy, Notes on some of the reticularian rhizopoda of the Challenger Expedi- tion. I. On new or little known arenaceus types. in : Quart. Journ. Microsc. Science. Vol. XIX. N.S. 4879. p. 27. pl. IV, fig. 4, 2. 6) Dr. R. HAEUSLER, Notes on some upper jurassice Astrorhizidae and Lituolidae. in: Quart. journ. geolog. soc. Vol. XXXIX. London 4883. p. 26. pl. II, fig. 4. 7) H. B. BrApy, Report on the foraminifera dredged by H. M. S. Challenger during the years 4873—4876. in: Rep. scient. res. voy. H. M. S. Challenger. Zoology. Vol. IX. 4884. p. 249—3254 (Pl. XVIII, Fig. 4—8); p. 253—254 (Pl. XVII, Fig, 41—17). 8) H. B. BrAapy, Synopsis of the British recent Foraminifera. Journ. Roy. Micr. Soc. (London) Vol. VII. 1887. ser. 2. p. 887. A. Das Gehäuse. 1. Äußere Form desselben. Das stets einkammerige Gehäuse von Saccammina sSphaerica M. Sars ist seiner Gestalt nach mehr oder weniger kuglig; es besteht aus kleinen — in Beziehung zur Schale aber oft relativ großen — Sand- körnchen, welche durch eine gelbbraune oder graubraue Kittmasse zu- sammengehalten werden. Das Gehäuse steht mit der Außenwelt durch eine, sehr selten durch zwei, enge Mündungen in Verbindung. Diese Mündung liegt bei er- wachsenen Gehäusen meist auf einer zitzenförmigen Hervorragung der Gehäusewandung — diese Hervorragung werde ich in der Folge als Pylomtubus bezeichnen —, zweimal wurden jedoch auch Gehäuse mit je zwei Pylomtuben beobachtet. Die jugendlichen Exemplare, Psammosphaera fusca F. E. Scuuzze (1874), Brapy (4879), Haruster (1883), unterscheiden sich durch die versteckte Lage ihrer Öffnung, die anstatt auf zitzenförmigen Hervorragungen zwischen den Bausteinen des Gehäuses versteckt liegt. Jugendliche Gehäuse zeigen innen und außen eine mehr oder weniger rauhe Oberfläche, während ältere Gehäuse auf beiden Flächen meist sehr glatt sind. Die frühesten Jugendstadien der Gehäuse sind von den erwach- senen nicht unerheblich verschieden; siehe Primitivgehäuse p. 447 u. ff. 2. Sind außer den größeren Mündungen noch kleinere Porenkanäle in der Schalenwand vorhanden? Als ich zuerst die Gehäuse von Saccammina näher zu unter- suchen begann, gelang es mir nicht, irgend welche Öffnungen in der Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 437 Gehäusewand zu entdecken, ich bestimmte daher die Form anfänglich als Psammosphaera fusca, von welcher F. E. Scauzze (loc. eit.) an- giebt, dass mit bloßem Auge keine Öffnung wahrzunehmen sei!. Erst nachdem ich bei einem ausgewachsenen Exemplar die auf einer zitzen- förmigen Erhebung liegende Öffnung erkannt hatte, wurde mir das Auffinden der Mündung auch bei den jugendlichen, rauhen Exemplaren nicht sehr schwer’. In den ausgewachsenen Gehäusen hatte nämlich meist der Weich- körper seinen vorderen Theil in den Pylomtubus vorgestreckt, so dass ich auch bei den rauhesten jugendlichen Exemplaren nur den Vorstül- pungen der Sarkode zu folgen brauchte, um zu der Schalenöffnung zu gelangen; so fand ich denn auch in den jugendlichen Schalen die Mün- dung. Meist nur eine, welche in ihrer Ausdehnung zwischen 0,1425 und 0,2850 mm schwankte; einige Male aber auch zwei von der- selben Größe an verschiedenen Stellen des Gehäuses. Es entstand nunmehr die Frage, ob außer diesen größeren Öffnungen noch kleinere vorhanden seien, welche den Poren der Perforaten gleichgesetzt werden könnten. Aus dem Challengerbericht von Brapy war hierüber nicht Gewissheit zu erlangen und sonst war in der Litteratur nichts von der- artigen Öffnungen erwähnt. An der in Betracht zu ziehenden Stelle (loe. eit. p. 250) sagt Brapy: »It has been the custom to consider that the tests of the arenaceous Rhizo- poda are of necessity imperforate; in other words, that except the general pseudo- podial orifice the investment is non-porous and the fact of these specimens having no general aperture created a doubt as to their Foraminiferal character. But it is now well understood that the term ‚imperforate‘ is only applicable to a limited number of genera, and that some at least of the sandy forms, have more or less porous tests, though, owing to their composite texture and the irregularities of the surface, the orifices are but little apparent on the exterior.« Diese allgemeinen Mittheilungen erleichterten mir in keiner Weise das Auffinden der etwa vorhandenen Poren. Zertrümmern der Schale und mikroskopische Prüfung der Schalenstücke ließ außer den er- wähnten Öffnungen keinerlei Poren zur Erkenntnis gelangen. Diese Untersuchungsmethode litt aber an Unsicherheit, da sich zwischen den Kanten der Steinchen feinere Poren leicht dem Auge hätten verbergen können. Ich machte daher folgende zwei Versuche, welche mir Ge- ! F. E. ScauLzE hat wohl überhaupt auch mit bewaffnetem Auge keine Öff- nungen in der Schale gesehen ; er erwähnt sie wenigstens in seiner kurzen Diagnose _ an keiner Stelle. - F % 2 Da ich zwischen den kleinen ganz rauhen und den glatten größeren Ge- _ häusen alle denkbaren Zwischenformen auffand, so war ich im Vornherein nicht im Zweifel darüber, dass ich es nur mit einer Form zu thun hatte. 438 Ludwig Rhumbler, wissheit über die Abwesenheit von kleinen Poren in der Schalenwan- dung von Saccammina und ihrer Jugendform Psammosphaera verschafften. Zuerst wurde eine Reihe von Saccamminagehäusen an der Luft oder in trockener Wärme vollständig ausgetrocknet. Die ausgetrock- neten Gehäuse wurden hierauf auf einem hohlgeschliffenen Objekt- träger mit koncentrirtem Glycerin übergossen und, mit einem Deck- gläschen überdeckt, unter das Mikroskop gebracht. Hierbei hielt sich ‚die, während des Austrocknens in das Gehäuse eingetretene Luft voll- ständig innerhalb des Gehäuses. Setzte ich aber nunmehr dem Glycerin starken Alkohol (ca. 96 %igen) hinzu, so wurde die Luft, sobald der Alkohol an das Gehäuse herantrat!, in allmählichem, der Beobachtung zugänglichem Verlaufe aus dem Gehäuse ausgetrieben. Es zeigte sich hierbei aber, dass nur aus den Hauptöffnungen Luftblasen aufstiegen — ein Hervorquellen derselben aus der Kittsubstanz, wo ja allein die Anwesenheit von Poren denkbar war, fand nicht statt. Es war von Anfang an nicht erwartet worden, dass die ganze im Inneren des Ge- häuses eingeschlossene Luftblase durch die etwa vorhandenen kleinen Poren nach außen gedrängt werden würde, denn dazu musste die Oberflächenspannung der Luftblase zu groß werden; nur die in den Porenkanälen selbst enthaltene Luft hätte durch den Alkohol verdrängt werden müssen. Dass diese Annahme richtig war, bewiesen auf das schlagendste poröse Steinchen, welche in die Gehäusewand eingefügt waren. Aus ihnen perlte die Luft hervor, als wenn man kohlensauren Kalk mit Säure übergossen hätte?. Dasselbe Bild wie diese Steinchen hoten Stücke oder ganze Schalen von ausgetrockneten kalkschaligen Perforaten dar, wenn sie auf dieselbe Weise mit Glycerin und Alkohol behandelt wurden. Ich vermochte Poren bis zu 0,00521 mm auf diese Weise kenntlich zu machen. Der angegebene Versuch erwies sich dem zufolge als vollständig beweiskräftig; er stellte klar, dass in dem Saccammina-Gehäuse keine Poren vorhanden sind; denn die genaueste Beobachtung mit stärkeren Vergrößerungen ergab niemals ein Auf- steigen von Luftblasen im Bereiche der Kittsubstanz. Zweitens wurden Gehäuse mit gut ausgebildetem Pylomtubus in Nelkenöl eingelegt, so dass sie sich ganz damit anfüllten. War dies ge- schehen, so wurden die Gehäuse vermittels einer feinen -Pincette in 1 Dies dauert immer einige Zeit. Man nehme daher wenig Glycerin und be- schleunige das Vordringen des Alkohols durch Absaugen des Glycerins mit Fließ- papierstückchen. 2 Es wird hierauf bei ähnlichen Versuchen immer zu achten sein, da sonst leicht durch den Versuch Poren vorgetäuscht werden könnten. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il, 439 absoluten Alkohol derart eingetaucht, dass nur noch die auf dem Pylom- tubus gelegene Mündung über die Oberfläche des Ale. abs. hervorragte und somit das im Innern des Gehäuses befindliche Nelkenöl der Ein- wirkung des Ale. abs. entzogen war. Der Alkohol wusch dabei das auf der Außenwand des Gehäusesbefindliche Nelkenöl ab, während dasInnere desselben mit Nelkenöl gefüllt blieb. (Bei diesem Abwaschen ist Vorsicht nöthig.) Brachte ich nun die mit Nelkenöl gefüllten Gehäuse in 70°/,igem Alkohol unter dasMikroskop, so konnte ich sicher auf eine schnelle Diffu- sion zwischen dem im Gehäuse befindlichen Nelkenöl und dem äußeren 700/,igen Alkohol zählen, falls Poren in der Gehäusewand von Saccam- mina vorhanden waren. Eine solche Diffusion hätte sich sofort durch die Trübung, welche der wasserhaltige (70°/,,ige) Alkohol beim Zusam- mentreten mit dem Nelkenöl erfahren hätte, kundgeben müssen. Die Trübung trat aber nur in der Umgebung des Pyloms ein; eine Diffusion der beiden Medien fand also durch die Gehäusewand hindurch nicht statt; folglich beweist auch dieser Versuch die Abwesenheit von Poren in dem Gehäuse der Saecammina!. Ein dritter Beweis für die Solidität der Schale vgl. auf p. 454. 3. Zusammensetzung der Gehäusewand. Die Steinchen, welche die Gehäusewand zusammensetzen, sind der Größe nach außerordentlich verschieden. Es sind meistens helle durchscheinende Quarzkörnchen, durch die man die Sarkode, wo eine solche erhalten ist, oft hindurchschimmern sieht. In Fällen, wo das Gehäuse aus lauter kleinen Steinchen zusammengesetzt ist, hindert das enge Netz der Kittsubstanz den freien Einblick in die Schale. Ein oder das andere Steinchen, meist jedoch nur ein einzelnes, kann sogar den Durchmesser des übrigen Gehäuses der Größe nach überschreiten, so dass dann das Gehäuse auf dem betreffenden Steinchen festgewachsen er- seheint. Nicht selten sind andere, wohl immer leere Saccamminaschalen in die Gehäusewand mit eingemauert, wodurch das Bild einer zwei- oder mehrkammerigen Schale vorgetäuscht werden kann: Zwischen solchen zusammengekitteten Gehäusen wurde nie eine innere Verbindung von mir aufgefunden, auch fand ich immer nur in einer derselben einen 1 Da der Pylomtubus in Folge seiner Schwere bei der Beobachtung im Uhr- schälchen meist nach unten sank und das trübende Nelkenöl außerdem schwerer als Alkohol ist, so blieb die obere Gehäuseoberfläche auch dann noch ungestörter Beobachtung zugänglich, wenn sich schon der Grund des Uhrgläschens in Folge I ‚des aus dem Pylomtubus austretenden Nelkenöls erheblich getrübt hatte. Die - obere Gehäusefläche konnte so stundenlang klar bleiben. Ein Zerdrücken des mit 'elkenöl gefüllten Gehäuses bewirkte eine augenblickliche Trübung des gesammten Alkohols. 449 Ludwig Rhumbler, typischen Saccamminaweichkörper, die anderen waren leer oder mit späteren Eindringlingen besetzt; sie müssen demnach als bloßes Bau- material einer streng monothalamen Rhizopodenform aufgefasst werden. Um ein Beispiel der verschiedenen Größenverhältnisse der Bausteine eines Gehäuses zu geben, lasse ich hier die verschiedenen Maße der Bausteine eines beliebigen mittelgroßen Gehäuses von 1,5 mm Durch- messer folgen. Das Gehäuse bestand aus: 1) A Stein von 0,4920 mm Länge, 2) ea. 20 Steinen von 0,1080—0,2160 mm, 3) ca. 100 Steinen von 0,0180—0,0300 mm, 4) aus einer sehr großen, sich der Schätzung entziehenden Zahl von Steinchen, welche überall in die Kittmasse eingesenkt waren und nur eine Größe von 0,00596—0,000894 mm aufwiesen; ich nenne sie in der Folge, da sie, wie gesagt, ganz in die Kittmasse eingetaucht sind und mit ihr gleichsam eine »Mörtelmasse« bilden, »Mörtelsteinchen«. Nur bei noch nicht ausgewachsenen Gehäusen oder nur an ver- einzelten Stellen von solchen, die ihrer Größe wegen für ausgewachsen gelten können, stoßen die unter 1) und 2) angeführten Steine direkt an einander und sind dann an ihren Berührungspunkten durch braune Strecken von Kittmasse verbunden (Taf. XXI, Fig. 3 und 5). Meist sind Steine der dritten Kategorie zwischen sie gelagert und auch diese sind, wenigstens bei ausgewachsenen oder dem Ende ihres Wachsthums nahestehenden Gehäusen nieht direkt mit einander verbunden, sondern die ganz kleinen, an vierter Stelle genannten Steinchen vermitteln, mit der Kittsubstanz zur »Mörtelmasse« vereint, ihren Zusammenhalt. Im Übrigen besteht nicht jedes Gehäuse aus so verschiedenartig großen Steinen, wie das angeführte Exemplar; das eine Thier hat sich manchmal nur aus kleinen Steinen (etwa Größe 3) seine Wohnung auf- gebaut, während ein anderes nur große Steine und Mörtelsteinchen dazu verwendet hat, ein drittes zeigt an einer Stelle des Gehäuses bloß große Bausteine, an einer andern nur kleine, so dass eine außerordent- liche Verschiedenheit nicht nur zwischen der Bauart verschiedener Gehäuse, sondern auch in dem örtlichen Gefüge ein und desselben Ge- häuses angetroffen wird (Taf. XXI, Fig. 2—9). Durch die Gestaltungs- und Lagerungsverhältnisse der verschiedenen Bausteine erscheint ein Gehäuse mehr oder weniger rauh oder glatt. Je größer ein Gehäuse ist, desto glatter ist es in der Regel, was durch die später zu schildern- den, von Gehäusen sehr verschiedener Größe abstrahirten Wachsthums- vorgänge zur Genüge erklärt werden wird. Dies gilt nicht nur von der Außenwand des Gehäuses, sondern auch von seiner Innenfläche. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 441} Schließlich bleibt noch zu erwähnen, dass auch hier wie bei den Süßwassermonothalamien! Schalenverzerrungen der verschiedensten Art vorkommen, welche wohl auf Wachsthumshemmungen oder noch nicht vollendetes Wachsthum vereinzelter Gehäusetheile zurückzuführen sein dürften (Taf. XXII, Fig. 16). 4, Die Kittsubstanz. Da, wo recht große Steine ohne Vermittelung kleinerer Steinchen an einander stoßen, lässt sich das Aussehen der Kittsubstanz am leich- testen untersuchen. Man bricht am besten ein geeignetes Gehäuse aus einander und sucht sich eine derartige Stelle aus. Die Kittsubstanz zeigt hier in der Regel ein chagrinartiges Aussehen; sie ist braun und ausnahmslos nur da anzutreffen, wo sich die Steinchen unmittelbar be- rührt haben?. . Der Charakter des Chagrins ist ihr durch den Abdruck der minimalen Unebenheiten der zusammengehaltenen Steinchen ver- liehen worden. Wenn es der Zufall will, dass man eine Stelle findet, wo scheinbar zu dem Aneinanderkitten der Steine zu viel Kittmasse verwendet wurde, so dass noch Kittmasse über die Berührungsflächen der Steine hinausfloss, dann erscheinen die übergeflossenen Partien ganz glatt; sie sind braun, etwas durchscheinend, sie sehen ganz wie erstarrter gewöhnlicher Leim aus, sind also vollständig homogen. Nur selten sind die größeren Steinchen so zusammengelagert, dass sie sieh mit ebenen Flächen einander berühren. Meist stoßen sie nur mit einer Kante an einander, so dass zwischen ihnen ein nach außen gerichteter winkeliger Spalt offen bleibt (Taf. XXI, Fig. 3 7), dessen Scheitel durch die Berührungskante der Steinchen gebildet wird. Solche Spalten sind dann, wenigstens bei größeren Exemplaren, mit Mörtel- masse und kleineren Steinchen ausgefüllt. 5. Verhalten der Kittsubstanz gegen einige chemische Reagentien. Behandlung mit Säuren entfärbt die Kittsubstanz, und da von ihr auch die Färbung des Gehäuses abhängt, auch dieses bei längerer Ein- wirkung gänzlich; am raschesten die Mineralsäuren. Die Essigsäure entfärbt die Kittsubstanz jedoch gar nicht. Mit ihrer Entfärbung wird die Kittsubstanz fast unsichtbar; sie wird farblos und lässt sich dann von den Steinchen, welche sie zusammenhält, nicht mehr unterschei- i Vgl. RaussLer, Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. I. Diese Zeitschr. Bd, LI. p. 540. E; 2 Eine gemeinsame Grundmasse, wie sie sich bei den Süßwassermonothala- _ mien {wohl ohne Ausnahme) als Einbettungsschicht für die Bauelemente findet, ist bei Saecammina also nicht vorhanden, 442 - Ludwig Rhumbler, den. Entwicklung von Kohlensäure trat bei Behandlung der Kittsub- stanz mit Säuren nie ein, so dass kohlensaurer Kalk in der Kittsubstanz von Saceammina in erheblichen Mengen nicht vorkommt!. Durch Kochen mit koncentrirter Salpeter-, koncentrirter Salz- und koncentrirter Schwefelsäure wird die Kittsubstanz vollständig gelöst, so dass nach dem Kochen die einzelnen Steinchen des Gehäuses als feiner Sand neben einander liegen, ohne dass ihnen, selbst den klein- sten Mörtelsteinchen auch nur die geringste Spur der Kittsubstanz noch anhaftet. Dagegen verändert selbst sehr langes Kochen in Eisessig die Gehäuse in keiner sichtbaren Weise. Die erstgenannten koncentrirten Mineralsäuren lösten in kaltem Zustande die Kittsubstanz selbst nach mehrtägiger Einwirkung nicht. Die Gehäuse behielten ihre Form bei, ohne zu zerfallen, sie'waren aber trotzdem nicht unverändert geblieben, sondern außerordentlich brüchig geworden; so war es nicht mehr möglich, sie mit der Pincette zu fassen, was bei den ursprünglichen Schalen ohne jede Gefahr geschehen kennte?. Verdünnte Säuren bringen selbst bei längerem Kochen die Schalen nicht zum Zerfall; sie werden aber auch hier brüchig. Dasselbe gilt für längere Einwirkung von kalten verdünnten Säuren. Längeres energischesKochen mit stark koncentrirter Natron- und Kalilauge löst die Kittsubstanz in derselben Weise wie das Kochen mit koncentrirter Salpeter-, Salz- und Schwefelsäure. Die Fär- bung erhält sich aber hier so lange, bis das Gehäuse in seine Bestand- (heile aus einander fällt, d. h. bis zur gänzlichen Auflösung der Kitt- substanz; ja in der ersten Zeit des Kochens tritt die Färbung deutlicher hervor. Längeres Kochen in 40°/,iger Kalilösung macht die Gehäuse nur brüchig; eben so werden sie bei kalter Anwendung von selbst stark koncentrirter Kalilauge nur brüchig. Die braune Färbung bleibt dabei bestehen. | Ein längeres Glühen ? auf dem Platinblech und vor der Löthrohr- i Von anderen sandschaligen Formen haben z. B. die Textularien eine von kohlensaurem Kalk durchsetzte Kittmasse. 2 Die Schalen sind ursprünglich so fest, dass man sie von Tischhöhe herunter- fallen lassen kann, ohne dass der Fall ihnen etwas schadet. Wenn sie trocken sind, springen sie dabei wie ein elastischer Gummiball in immer kleiner werden- den Sätzen weiter, bevor sie zur Ruhe kommen. Nach Behandlung mit Säuren und in allen Fällen, wo ich sage, dass die Schalen brüchig wurden, zerbarsten sie meist schon in Stücke, wenn ich sie nur von einem Uhrschälchen in ein anderes rollen lassen wollte. NEE 3 Das Glühen der Schalen möchte ich auch für das Studium der kalkschaligen Beiträge zur Kenninis der Rhizopoden. 1, 443 flamme bringt die Gehäuse nicht zum Zerfall, sie werden auch hierbei nur brüchig. Ihre braune Farbe ändert sich aber während der Rothgluth in die rothe bis braunrothe Färbung der Ziegelsteine um. Diese Ver- färbung beruht ohne Zweifel auf der Umwandlung der gefärbten Be- standtheile der Kittmasse, welche, wie ich später zeigen werde, aus irgend einem Eisenoxydsalze besteht, das wohl zu Eisenoxyd umge- wandelt wird. Bei Anwendung der seither genannten Reagentien lässt sich ein Unterschied im Verhalten der, die größeren Steine zusammenhaltenden, Kittmasse und des, die Fugen ausfüllenden, Mörtelecementes nicht feststellen. Wenn die eine gelockert wurde, so hatte in demselben Grade auch die Festigkeit der anderen abgenommen; verschwand die eine, so war auch die andere nicht mehr nachzuweisen. Man sollte desshalb Kitt- und Mörtelmasse für ein und dieselbe Substanz halten. So sehr viel Wahrscheinliches eine solche Meinung ohnedies von vorn herein hat, so muss doch irgend welche Modifikation die beiden Sub- stanzen unterscheiden. Bringt man nämlich Stücke von Saccamminen- gehäusen auf beliebige Zeit in Methylgrün-Eosingemisch — Stücke, damit die Farbe von allen Seiten gleichen, ungehinderten Zutritt hat — so färbt sich die Mörtelmasse in den weitaus meisten Fällen sehr stark violett, blaugrün oder grün, und bleibt nur in seltenen Fällen, scheinbar nur bei alten Gehäusen oder alten Gehäusetheilen, ungefärbt !. Die zwischen den größeren Steinen befindliche Kittimasse nahm dagegen niemals irgend welche Farbe an. Nun wäre es sicher das Einfachste, diesen Ausfall der Färbbarkeit auf das höhere Alter der Kittmasse zurückzuführen, die nach unseren späteren Auseinander- setzungen weit früher zur Abscheidung kommt, als die Mörtelmasse; ist doch eine Färbbarkeit jugendlicher Kittmassen auch bei den Süßwasser- thalamophoren sehr weit verbreitet, wenn nicht allgemein; und hört doch auch bei ihnen die Färbbarkeit der Kittsubstanz mit dem Alter bis zum Zerfall des Gehäuses auf. Formen auf das angelegentlichste empfehlen. Es treten dabei die feinsten Skulp- turverhältnisse (Beobachtung mit Oberlicht) in wunderbarster Klarheit zu Tage. Die Bestimmung der Foraminiferen wird hierdurch um Vieles erleichtert; auch lassen sich dabei Einzelheiten in der Schalenskulptur erkennen, welche sonst dem Auge gänzlich verborgen bleiben. Leider sind aber derartig geglühte Exemplare sehr vergänglich. 1 So hat sich bei dem Gehäuse Taf, XXI, Fig. 44 (das ich erst, nachdem es in der vorliegenden Form abgezeichnet war, mit Methylgrün-Eosingemisch behan- u. habe) in dieser Flüssigkeit der während des Wachsthums vorgeschobene _ jüngere Theil B intensiv blaugrün gefärbt, während der ältere Theil A seine braune Farbe unverändert beibehalten hat. | ee BEE a TE 444 Ludwig Rhumbler, | Ich werde aber später zeigen, dass die Kittmasse schon bei ihrem ersten Auftreten dieselbe Resistenz gegen die Annahme von Farbstoffen an den Tag legt. Sie tritt nämlich zuweilen in Gestalt kleinster nebelartig zusammengescharter Tröpfehen in der äußersten Schicht der Sarkode zu mehr oder weniger großen Partien zusammen und zeigt von Anfang an die grüngelb-bräunliche Färbung älterer Kitt- massen, so dass eine Verkennung ihrer Natur unmöglich ist; sie verhält sich aber, wie gesagt, auch hier schon gegen die Annahme künstlicher Farbstoffe absolut ablehnend. Dieser Widerspruch wird wohl am einfachsten und wahrschein- lichsten durch die Annahme gelöst, dass Kitt und Mörtelmasse zwar ein und derselben Herkunft sind, dass aber die Kittmasse erst auf einem späteren Ausbildungsstadium zur Abscheidung kommt, dass sie, anders ausgedrückt, ihr chromophiles Jugendstadium zu der Zeit bereits schon hinter sich hat, wo sie durch ihre bräunliche Färbung und ihre Re- sistenz gegen Farbstoffe in der Grenzschicht der Sarkode erkennbar wird. Der Mörtelkitt würde dem entsprechend auf dem früheren Stadium der Färbharkeit abgeschieden werden und erst allmählich in das un- färbbare Stadium der Kittmasse eintreten. Ob eine solche Auffassung zulässig ist, muss dahingestellt bleiben. Ich lasse also die hier an- geregte Frage in suspenso, betone aber nochmals, dass sich beide Sub- stanzen gegen alle anderen angeführten Reagentien genau gleich ver- hielten; es gilt desshalb auch das Nachstehende für Kittsubstanz und Mörtelmasse in gleicher Weise. Aus dem Verhalten der Kittsubstanz gegen Säuren und Alkalien lässt sich auf die Zugehörigkeit derselben zu irgend einer bekannten organischen Verbindung mit Sicherheit nicht schließen; wenigstens ist mir keine solche bekannt, mit welcher ihr Verhalten in jeder Hinsicht übereinstimmen würde. Gegen die Beiordnungzum Chitin, mit dem sie äußerlich viel Ähnlichkeit hat, spricht ihre Löslichkeit inkochender, stark koncentrirter Kalilauge, ihr Brüchig- werdenin verdünnten Alkalien und wohl auch ihre Beständig- keit gegen Rotbgluthhitze. Sie unterscheidet sich außerdem von dem Chitin noch dadurch, dass sie sich im Methylgrün-Eosingemisch niemals roth färbt, was bei dem Chitin der Fall zu sein pflegt, wenn ich aus dem diesbezüglichen Verhalten von leeren Ostracoden- und Insektenpanzern auf eine solche Eigenschaft des Chitins schließen darf!. Cellulose, welche sich nach neueren Untersuchungen oft mit dem ! Eine andere als grellrothe Färbung habe ich bei den genannten Materialien nie wahrgenommen, doch blieben sie manchmal gänzlich ungefärbt, auf keinen Fall trat jemals eine Blau-, Violett- oder Blaugrünfärbung ein. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 445 Chitin vereinigt findet! und desshalb auch als Beimengung von anderen cehitinartigen thierischen Substanzen nicht undenkbar wäre, vermochte ich in der Kittsubstanz von Saccammina nicht nachzuweisen. Ich erhielt nach Anwendung von Jod und Schwefelsäure keine blaue oder violette Färbung ; eben so blieb die Anwendung von Chlorzinkjodlösung ohne jeglichen Erfolg. Der Versuch durch Jodlösung etwa Ansatzstellen von neuer Kitt- substanz aufzuspüren, wie mir das bei den Süßwassernebeliden geglückt ist (diese Zeitschr., Bd. LII, p. 529), gelang ebenfalls nicht. Das Ge- häuse wurde aber auch in Jodlösung überaus brüchig. Die Löslichkeit der Kittsubstanz in kochender stark koncentrirter Kalilauge dürfte die- selbe in die Gruppe der Hornsubstanzen verweisen; es handelt sich dabei möglicherweise um eine zu dieser Gruppe gehörige, ganz neue eigenartige Verbindung. Das Brüchigwerden der Gehäuse in kalten koncentrirten und ver- dünnten) Säuren und Alkalien, in kochenden verdünnten Säuren und Alkalien, sowie nach dem Glühen, könnte auch darauf zurück- zuführen sein, dass die Kittsubstanz aus einem Gemenge zweier oder mehrerer chemischen Verbindungen besteht, von denen die eine der Einwirkung der genannten Reagentien trotzt, während die andere durch sie gelöst wird. Die zurückgebliebene Substanz würde alsdann ohne Mithilfe der gelösten, die Bausteine zusammenzuhalten haben; die Festigkeit der Kittmasse könnte somit nach Wirkung der genannten Reagentien nicht mehr die frühere sein. Wenn die Annahme einer Komposition der Kittmasse aus zwei Substanzen wirklich angängig ist, so möchte ich für die, den Reagentien weichende Masse eine protoplasmatische Natur in Anspruch nehmen?. Einmal stände ihr geschildertes chemisches Verhalten mit einer solchen Annahme in keinem Widerspruch, dann aber sind auch die Schalen- wandungen der kalkschaligen Foraminiferen, wie ich annehmen muss, stets von protoplasmatischen Massen durchdrungen >; dass die Süß- it Vel. z. B. Dr. H. Ausrons, Cellulose-Reaktion bei Arthropoden und Mollus- ken. in: Mittheilungen der Zool. Station zu Neapel. Bd. IX. 4890. p. 475. 2 Die Annahme der genannten zwei Substanzen ließe sich recht gut mit der ausgesprochenen Vermuthung in Einklang bringen, dass es sich hier um eine Art Hornsubstanz handelt. Die Verhornungsprocesse ergreifen ja auch sonst wohl, z. B. in der Epidermis, allmählich den ganzen Zellleib, so dass auch hier proto- plasmatische und hornige Substanzen, wenigstens zeitweilig in engster Ver- mischung neben einander vorkommen müssen. Auch die gleich zu erörternde Ein- u lagerung des Eisenoxydsalzes findet ihr Analogon in dem Eisenoxydreichthum nderer animalischer Hornbildungen (Haare, Federn etc. etc.). 3 Gewöhnlich werden bei der Entkalkung der Schale die protoplasmatischen Er andtheile derselben gewaltsam zerstört. Will man dieselben erhalten, so härte 446 - Ludwig Rhumbler, wassermonothalamien in ausgiebigster Weise protoplasmatische Sub- stanzen zu Kittzwecken bei ihrem Gehäusebau verwerthen, habe ich früher schon dargethan !. Als eine Beimengung ist dann ferner jene Substanz der Kittmasse zu bezeichnen, welche Träger der braunen Färbung ist. Sie lässt sich schon mit sehr schwachen Säuren, welche die Festigkeit des Gehäuses sonst in keiner merklichen Weise alteriren, aus der Kittsubstanz aus- ziehen?. (Oben wurde bereits die Pikrinschwefelsäure als praktisches Mittel zur Entfärbung der Gehäuse genannt. Vgl. p. 435.) Alkalien widersteht die Färbung. Eine Behandlung mit chemisch reiner Salz- säure (ganz kurze Zeit) und hierauf Überführung in gelbes Blutlaugen- salz verwandelt die braune Färbung in intensives Blau. Diese Sub- stanz ist demnach, wie schon mehrfach von anderer Seite vermuthet wurde, ein Eisenoxydsalz. Welches? Das zu ermitteln ist mir nicht gelungen. Die letztgenannte, äußerst prägnant auftretende Berliner- Blau-Reaktion gab mir ein Mittel in die Hand, manche Einzelheiten des Schalenwachsthums, von welchen weiter unten die Rede sein wird, zu erkennen. Es ist bekannt, dass die braun gefärbten Schalen nicht nur der marinen sondern auch der Süßwasserrhizopoden mit dem Alter dunkler werden; dass also die Menge der färbenden Substanz (welche wohl ganz allgemein aus einem Eisenoxydsalze besteht) mit dem Alter \jedenfalls direkt proportional dem Alter) zunimmt. Nun lässt sich die braune Färbung weit weniger sicher in ihren Nuancenstufen unter- scheiden als die durch gelbes Blutlaugensalz herbeigeführte blaue Fär- bung. Das Aussehen der Steinchen selbst ist dem Braun zu nahe ver- wandt, überdies stören auch die der Schale oft allenthalben anhaftenden organischen Reste die stufenrichtige Erkennung der braunen Farbe. man sie vor der Entkalkung des Gehäuses mit Osmiumsäure (diese entkalkt nicht) und nehme dann die Entkalkung in überschüssiger Pikrinschwefelsäure vor. Die protoplasmatischen Bestandtheile erscheinen dann je nach Einwirkungsdauer der Osmiumsäure mehr oder weniger stark gebräunt. Sie lassen sich mit allen künst- lichen Färbemitteln färben, am leichtesten mit Hämatoxylin und Anilinfarben. 1 Diese Zeitschr. Bd. LIE. Neuere Versuche in dieser Richtung haben mir ge- zeigt, dass die Kittsubstanzen von Difflugia acuminata, Difflugia pyri- formis, Difflugia urceolata, Difflugia lobostoma und Lecqueu- reusiaspiralisalle in verdünnter Kalilösung löslich sind. Eine gänzliche Lösung der Kittsubstanz in KHO trat im Brütofen meist schon nach 10 Minuten ein; manch- mal beanspruchte sie allerdings fast zwei Stunden. Ich gedenke in einer späteren Arbeit auf diese Verhältnisse zurückzukommen. 2 Die gefärbte Substanz kann demnach nicht diejenige sein, deren Entfernung 5% das Schalengefüge brüchig macht; dafür spricht auch die Wirkung der Alkalie: 5: welche die braune Substanz nicht verändern und doch ein Brüchigwerden r' Schale hervorrufen. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 447 Das Berlinerblau dagegen trug da, wo es nur in geringen Spuren auftrat, einen grünlichen Schimmer und ließ von dieser Nuance ab bis zu ge- sättigtem Schwarzblau alle Abstufungen erkennen. Eine Erscheinung, welche Beachtung verdient, konnte ich nach den genannten Blaufärbungen mit Salzsäure und gelbem Blutlaugensalze mehrmals beobachten. Die Kittmasse zeigte dann nämlich öfters Risse und Sprünge, wie sie Taf. XXI, Fig. 11 abgebildet sind; vor Allem auf größeren Kittsubstanzflächen. Die Sprünge traten erst nach der Be- handlung mit den genannten Reagentien auf und wurden bei der nor- malen Kittsubstanz nie beobachtet. Vielleicht beruht auf diesen Sprüngen das »Brüchigwerden« der Gehäuse, welches nach Behandlung mit Säuren eintritt, d. h. in meiner Anschauung auf Zerstörung der or- ganischen Substanz durch die Salzsäure etc. Die auffallend stark ausgesprochene Braunfärbung an der Außenseite von ausgewachsenen Saccamminagehäusen kommt jeden- fallsohne Mitwirkung der Sarkode zu Stande. Sie findet sich nämlich auch an älteren Gehäusen von Süßwasserrhizopoden, vor Allem an alten Arcellaschalen, deren Außenwand ohne Zweifel nur ausnahms- weise, oder doch wenigstens nur vorübergehend mit der Sarkode in nachträgliche Berührung kommt. Hier ist also eine direkte Wirkung der Sarkode bei dem allmählichen Braunwerden der Schalen so gut wie ausgeschlossen ; aber auch für die marinen Thalamophoren ist eine, ohne Beihilfe der Sarkode eintretende Nachbräunung der Gehäuse mehr wie wahrscheinlich. Es spricht dafür das Vorkommen von leeren, stark gebräunten Gehäusen solcher Species, die kaum die Andeutung einer Braunfärbung erkennen lassen, so lange sie ein lebendes Thier ent- halten. Die organischen Bindemittel der Rhizopodenschalen scheinen hiernach eine besonders günstige Ablagerungsstätte für Eisensalze dar- zubieten, die ohne Zuthun des Schalenbewohners von den im Wasser gelösten Eisenverbindungen benutzt wird. B. Wachsthum der Gehäuse (aus der verschiedenartigen Struktur verschiedengrolser Gehäuse abgeleitet). 1. Jüngste Gehäuse. RB 2), 2 Auf der Außenseite der Saccamminagehäuse fand ich ziemlich häufig halbkugelige Gebilde sitzen, welche sich durch ihre grell weiße - Färbung von dem Braun des Saccamminagehäuses deutlich abhoben (Taf. XXI, Fig. 2—5). Sie stellten Hohlkuppeln dar, deren Wandung, e stärkere Vergrößerungen ergaben, aus sehr kleinen Steinchen zu- sammengesetzt war. Die Größe dieser Steinchen entsprach ganz den A4S Ludwig Rhumbler, Steinchen vierter Kategorie (p. 440) in der Mörtelmasse der ausge- . wachsenen Gehäuse von Saccammina sphaerica. Das Innere dieser Hohlkuppeln war von Sarkode erfüllt. Ihre Größe schwankte zwischen 0,10 728 und 0,60000 mm. In die Wandung mittel- großer Kuppeln war fast immer eine große Zahl verschiedenartiger Spongiennadeln eingekeilt, die wie die Stacheln eines Seeigels nach allen Seiten hin von der Wandung abstanden. Dass diese Nadeln kein eigenes Erzeugnis des unter der Steinchenhülle geborgenen Sarkodeleibes darstellten, bewies der Umstand, dass einige Male langgestreckte Dia- tomeenpanzer die Aufgabe der Nadeln übernommen hatten (Taf. XXI, Fig. ). Anfänglich war ich über die Natur der kurz geschilderten, halb- kugligen Gebilde durchaus im Unklaren. Ich begegnete aber später so überzeugenden Übergängen zwischen ihnen und ganz kleinen Saccam- minen (bez. Psammosphaeren), dass mir über den genetischen Zusammen- hang beider kein Zweifel bleiben konnte. Ich hoffe, dass die beige- gebenen Abbildungen sowie meine weiteren Schilderungen diesen Zusammenhang zur Genüge veranschaulichen werden. Ich bezeichne diese jugendlichsten Stadien der Saccammina aus später klar werden- den Gründen als »Primitivgehäuse«. 2. Verhalten der Gehäusewand während des Wachsthums und Bildung des Pylomtubus. Die kleinsten Jugendstadien der Saccammina hatten einen mittleren Durchmesser von 0,10728—0,1995 mm. Sie waren meist nicht ausgesprochen halbkuglig, sondern zeigten auf ihrer planen Seite eine dellenartige Einstülpung, so dass sie sich mehr der Nierenform näherten. Diese Einbuchtung schmiegte sich in der Regel dem Pylomtubus einer erwachsenen Saccammina, weit seltener einem hervorragenden Stein im Gehäusegefüge einer solchen dicht an. Die jugendlichen Thiere scheinen demnach dem Pylomtubus älterer Gehäuse als Stelle ihrer Anheftung vor anderen Gehäusetheilen den Vorzug zu geben. Man könnte daran denken, dass die jugendlichen Thiere aus den älteren Saccamminen, auf welchen sie befestigt sind, etwa in Amöbenform herausgekrochen oder von der herausgetretenen Muttersarkode auf irgend eine Weise direkt vor der Gehäusemündung abgeschnürt worden seien und ohne sich vom Orte zu entfernen gleich mit dem Aufbau ihrer Hülle begonnen hätten. Der Umstand aber, dass sich die kleinen Thier- chen auch öfter auf losen Steinen an anderweitigen, lückenlosen Stellen der älteren Gehäuse festsetzen, wo sie nicht ausgewandert sein können, Bo" Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 449 zeigt, dass sie vor ihrer Ansiedelung Wanderungen — wenn auch nur geringfügiger Art — unternehmen können. Ihre Vorliebe für den Pylomtubus lässt sich vielleicht auch auf die dort vorhandene Er- leichterung des Nahrungserwerbes zurückführen. Es wird hier Manches von der Nahrung des älteren Thieres für sie abfallen. | Die weiße Hülle, welche ich Primitivhülle nennen will, erreicht ' eine Dicke von 0,01425—0,09500 mm, je nach der Größe und dem daraus abzuleitenden Alter der Stadien; sie scheint also von den jugendlichen Thieren von Anfang an durch neuen Zusatz von kleinen Steinchen verstärkt zu werden. Ihre weiße Farbe verdankt sie einmal der Abwesenheit oder der geringen Menge! des in älteren Gehäusen abgelagerten Eisenoxydsalzes und dann dem Umstande, dass die Stein- chen außerordentlich klein und in mehreren Schichten über einander gelagert sind, so dass die Lichtstrahlen nicht ungehindert durch sie hindurchtreten können. Es liegt hier also dieselbe Erscheinung vor, wie sie bei der Schaumbildung vieler Flüssigkeiten zu beobachten ist, oder besser, wie sie eintritt, wenn vollständig farbloses Fensterglas zu Pulver verstoßen wird; auch dieses Pulver erscheint dann weiß. Das Bindemittel der Steinchen besteht aus einer gelatinösen Masse, die gegen verdünnte Säuren absolut resistent ist, ünd selbst nach langer Einwirkung von kalter koncentrirter Salzsäure nur etwas aul- gequollen erschien. Poren scheinen in den Primitivdecken eben so wenig vorhanden zu sein, wie später in der Wand der definitiven Ge- häuse?; ich vermuthe, dass die Pseudopodien am Rande ausgestreckt werden, wo die Primitivdecke die Unterlage, auf welcher sich das junge Thier festgesetzt hat, berührt. Diese Vermuthung wird dadurch gestützt, dass an dieser Stelle öfters die Bildung der definitiven Mün- dungen, resp. der Pylomtuben, beobachtet werden kann, und dass das- se ve Verhalten bei einer auf dem Stadium dieser Jugendsaecamminen „beharrenden Foraminifere, Placopsilina, kaum zweifelhaft ist. Viel- leicht aber treten auch die Pseudopodien an allen Stellen durch die gelatinöse Hüllmasse zwischen den Steinchen hervor. Die beschriebenen kleinsten Jugendstadien hatten noch keine Spongiennadeln in ihre Primitivdecke eingemauert (Taf. XXI, Fig. 2). Dagegen waren größere Exemplare von 0,5225—0,5605 mm mittleren Durchmessers zum Theil außerordentlich dicht mit diesem Schutzmittel ee I Bei einigen dieser jugendlichen Saccamminen trat nach Behandlung mit Salzsäure und gelbem Blutlaugensalz eine leichte Blaugrünfärbung ein. 2 Die Porenversuche (p. 438) wurden dadurch vereitelt, dass die dazu ver- wendelen Primitivgehäuse während der Austrocknung von ihrer Unterlage ab- sprangen und dadurch zum sicheren Experimentiren zu klein wurden. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, LVII. Bd, 20 450 Ludwig Rhumbler, besetzt (Taf. XXI, Fig. 3). Ihre Zahl betrug manchmal über hundert. Die Nadeln erwiesen sich durch ihre vollständige Indifferenz gegen Säuren und Alkalien als Kieselnadeln. Sie stammten bei den mir vor- liegenden Exemplaren meist von Halichondria panicea Johnst. her, welche sich als Aufwuchs auf Laminarien an demselben Orte in ziemlich großer Menge vorfanden. Doch waren auch Nadeln anderer Arten, sowie Diatomeenpanzer, von deren Bestimmung abgesehen wer- den musste, zur Verwendung gekommen. Den eingemauerten Nadeln mag die Aufgabe eines Schutzmittels gegen fremde Eindringlinge zu- kommen, andererseits mögen sie auch ein Stützgerüst für die Ausbrei- tung der Pseudopodien abgeben. Wenn die Gehäuse eine Größe von 0,6 mm überschritten haben, sind an ihnen nur noch ganz wenig Spon- siennadeln zu bemerken, ihre Zahl nimmt mit dem Größerwerden der Schale bedeutend ab und reduecirt sich auf Null, sobald das Gehäuse seiner definitiven Ausgestaltung nahe kommt. Bei Gehäusen von / mm mittleren Durchmessers findet man nur noch höchst selten ein oder die andere Kieselnadel; bei ganz ausgewachsenen großen Gehäusen habe ich sie nie gefunden (vgl. die Fig. 3—9 und 1). An ihre Stelle treten, im selben Maße der Zahl nach zunehmend, wie die Kieselnadeln abnehmen, größere Steinchen (etwa unserer zweiten und dritten Kategorie). Sie liegen der Primitivdecke auf oder sind in dieselbe eingelagert. Oft lassen sie größere Strecken zwischen sich frei, so dass an solchen Stellen die Primitivdecke ganz den Eindruck der Mörtelmasse der größeren. Gehäuse erweckt, von der sie späterhin vielleicht auch einen Bestandtheil ausmachen mag. Das Verschwinden der Spongiennadeln, welches, wie gesagt, dem Häufigerwerden der größeren Steinchen proportional erscheint, darf wohl dahin erklärt werden, dass bei den Manipulationen, welche mit der Aufnahme der größeren Bausteinchen in die Primitivdecke noth- wendig verbunden sein müssen, die Spongiennadeln abgestoßen wer- den. Sie scheinen nur sehr leicht in die Primitivdecke eingesenkt zu sein. Nadeln von 0,288—0,396 mm Länge staken um 0,0418 —0,030 mm in der Primitivdecke drin. R Die Primitivdecke verliert mit der Aufnahme der größeren Stein- chen bedeutend an Klarheit ihrer Umrisse. Sie liegt wie eine breiig krystallinische Masse zwischen den größeren Steinchen, und Theile von ihr hängen nur noch wie flockige Massen an den Steinen (Taf. XXI, Fig. 5). Es ist mir desshalb sehr wahrscheinlich, dass der Aufnahme der größeren Bausteine neben dem Verluste der Nadeln auch z großer Theil der Primitivdecke selbst zum Opfer fällt. Die junge, fast I mm große Sacecammina scheint Alles darsat Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 451 abzulegen, möglichst schnell ihr Gehäuse mit größeren Steinen zu ver- schanzen; das Gehäuse sieht in diesen Stadien aus, als wenn es in größter Hast aufgebaut wäre, die gröberen Steinchen sind noch ohne jede Rücksicht auf ihre Gestalt an einander gekittet; die Breitseite liegt nur in den seltensten Fällen, wie dies bei ausgewachsenen Exem- plaren der Fall ist. in der Ebene der Gehäusewand; sie stehen viel- mehr wirr nach allen Seiten hin aus einander. Dieses Durcheinander in der Anordnung der Bausteine hat die Primitivdecke ganz dem Auge entzogen; sie ist in den meisten Fällen nur durch Kochen der Gehäuse mit Salpetersäure nachweisbar. Nach Anwendung derselben findet man ihre kleinen Steinchen zwischen den größeren Gehäusesteinen liegen, welche das Reagens durch Auflösung der Kittsubstanz frei ge- macht hat; allerdings nur in auffallend geringer Zahl, was sehr wohl mit dem oben vermutheten theilweisen Verlust der Primitivdecke über- einstimmt. Auf diesem Stadium unregelmäßiger Lagerung der Gehäusestein- chen verweilt die junge Saecammina ziemlich lange, hier wird auch die braune Färbung der Kittsubstanz zuerst erkennbar und mit der Zeit immer deutlicher. Es ist das Stadium, welches ich mit der von Brapy als ausgebildete Foraminifere angeführten Psammosphaera fusca F. E. Schulze für identisch halte (Challenger Rep. Vol. IX, p. 249). An diesen Gehäusen lässt sich schon in der oben angeführten Weise (p- 438) und oft auch in trockenem Zustande bei etwa S0facher Ver- größerung die Anwesenheit einer Mündung nachweisen !. Sie erscheint wie ein Krater, der zwischen den Bausteinen hindurch in den Wohn- raum des Gehäuses führt. Die Kraterwände werden meistens von größeren Bausteinen (etwa zweiter Kategorie) gebildet, seltener von klei- neren. Bevor das Kraterende den Wohnraum erreicht, trifft man in der Regel noch einen schmalen ringförmigen Saum von Kittsubstanz oder Mörtelmasse, welcher die Öffnung nach innen zu abgrenzt (Taf. XXI, Fig. 158). Die Öffnung maß bei einem Gehäuse von 1,0925 mm mitt- leren Durchmessers 0,1900 mm. Die Saccamminen können auf diesem ER Scadiurii unverhältnismäßig groß erscheinen, indem oft langgestreckte Bausteine weit nach außen abstehen; sie können dadurch größer aussehen und in Folge dessen für älter gehalten werden, als selbst vollständig aus- gewachsene Gehäuse, bei denen solche abstehende Steine nicht mehr 1. Die größte Schwierigkeit bei diesem Nachweis bieten die Unebenheiten der Gehäusewand. Die Lage des Gehäuses wird immer durch die verschiedene Schwere - seiner Bausteine beeinflusst; es widersetzt sich daher oft hartnäckig jeder Be- mühung es in irgend eine gewünschte Stellung zu bringen. 305 452 Ludwig Rhumbler, | vorzukommen pllegen. In zweifelhaften Fällen wird ein Vergleich der Gehäusehohlräume die richtigen Altersverhältnisse klar legen. Die Wohnräume sind bei älteren gewachsenen Exemplaren natürlich größer als bei jüngeren. Bei Gehäusen, welche einen Durchmesser von 2 mm überschritten haben, sind die Bausteine in der Regel schon mit ihrer breiten Fläche in die Gehäuseebene eingesenkt. Manche lassen auf dieser Größenstufe die äußerliche Anlage der Pylomröhre schon erkennen; vereinzelte Exemplare zeigen sie sogar schon ausgebildet. Um die zur Herstellung des Pylomtubus erforderlichen Verände- rungen in ihren Einzelheiten zu erkennen, ist es nothwendig, geeignete Gehäuse mit einer Nadel, die langsam durch die Gehäusewand durch- gedrückt wird, zu zersprengen. Taf. XXI, Fig. 12 bietet ein in dieser Hinsicht sehr lehrreiches Schalenstück. Man sieht auf der Innenwand des Gehäuses, um die Mündung herum, eine einfache Schicht Mörtel- masse ausgebreitet, welche aber nicht nur wie anderwärts in die Lücken zwischen die nächstgelegenen Steine eingelagert ist, sondern deren ganze Innenfläche überzieht. Da, wo die Gehäuseöffnung durch sie hin- durehtritt, bildet sie den ringförmigen Saum, welchen wir vorher als Abschluss der Krateröffnung erwähnt haben. Dieser ringförmige Saum ist der erste Anfang der Pylomröhre; seine Ausbreitung auf der Innen- fläche der Wandsteine ist ihre erste Befestigung am Gehäuse. Bei manchen Exemplaren hat er sich bereits über die Oberfläche der Schale erhoben. Da wo er eine Stütze an besonders hervorragenden Steinen gefunden hat, ist er oft schon zum vollständigen Pylomtubus ausge- wachsen. Wo diese aber fehlen, wie bei der eben eitirten Figur, stützt er sich von außen her durch Anlage von Mörtelmasse und Anbau von kleineren Steinchen. Die verhältnismäßig dünne Schicht des ursprüng- lichen Saumes bildet dann nur die innere Auskleidung der Pylomröhre, während ihre Außenwand durch neuere Aufschichtungen dargestellt wird. Diese Verhältnisse sind mir erst nach Anwendung von Salzsäure und gelbem Blutlaugensalz erkenntlich geworden. Taf. XXI, Fig. 10 führt ein Stück einer mit diesen Reagentien behandelten Pylomröhre vor, die aufs deutlichste die Richtigkeit der angeführten Entstehungs- weise kund giebt. Nur die innere Lage der Innenwand hat sich hier blau gefärbt, ein Zeugnis dafür, dass sie älter ist als die übergelagerte, ungefärbte Außenwand! (vgl. p. 446). I Auch bei einigen anderen sandschaligen Thalamophoren scheinen die inneren Schichten den äußeren im Wachsthum voranzugehen. Dies bekundet sich’ einmal dadurch, dass sich bei den betreffenden Formen das vordere Ende (Wachs- thumsende) nach vorn konisch zuspitzt, ohne dasssich dabei das Lumen des umschlos- Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 455 In manchen Fällen geht der ringförmige aus Mörtelmasse be- stehende Saum, welcher die Basis für die Pylomröhre abgiebt, sofort in ein Gefüge aus größeren Steinen (ca. zweiter Größe) über, sobald er die Oberfläche des Gehäuses erreicht hat. Der Pylomtubus besteht unter solchen Umständen in der Regel nur aus einer einzigen Lage dieser Steinchen, so dass man eine ältere und eine jüngere Schicht durch Salzsäure und gelbes Blutlaugensalz nicht nachweisen kann. Doch auch dann geben bei einigem Glücke die angeführten Reagentien Auskunft über das Wachsthum des Pylomtubus. Es färbt sich nämlich das distale Ende des Pylomtubus fast gar nicht oder bleibt gänzlich ungefärht, während sich in proximaler Richtung erst ein grünlicher Schimmer, dann ein Grünblau und schließlich ein ausgesprochenes Blau am Pylom- tubus geltend macht. Natürlich darf man zu diesem Versuche nicht alte längst ausgewachsene Exemplare verwenden. Auch diese Farbenstufe beweist, dass der Pylomtubus nach und nach zu seiner Länge ausge- wachsen ist und nicht etwa mit einem Male in seiner ganzen Größe an- gelegt wurde. Hier möge dann weiter noch ein Ausnahmefall Erwähnung finden, der ohne weitere Bedeutung ist, der aber doch zu zeigen vermag, dass der Ausbau des Saeccamminagehäuses im Einzelnen mancherlei Schwan- kungen unterworfen ist. Ich fand nämlich einmal ein einzelnes Gehäuse, in welchem der Pylomtubus nicht nach außen hervorragte, sondern dem Centrum des Gehäuses zugewendet war, so dass also seine weitere Mündung in der Ebene der Gehäusewand lag, und sein übriger Theil frei in das Gehäuselumen hineinragte. Dass gelegentlich auch Gehäuse mit zwei Pylomtuben vorkommen, habe ich oben schon erwähnt; sie können ganz nahe bei einander liegen, sind aber auch manchmal an zwei diametral entgegengesetzten Enden eines Gehäusedurchmessers der Gehäusewand aufgesetzt. Entsprechend der späten Entstehung und dem allmählichen Aufbau des Pylomtubus ist es leicht verständlich, dass das Verhältnis seiner Länge zum Durchmesser des übrigen Gehäuses großen Schwankungen unterworfen ist. Das Verhältnis zwischen Länge des Gehäuses und Länge des Tubus schwankte je nach dem Ausbildungszustande des Ge- © senen Wohnraumes an seiner Mündung verengert; und dann durch eine besonders - auffällige Bräunung des Mündungsrandes, der in älteren Schalentheilen wieder von helleren Außenschichten überdeckt ist (vgl. die Abbildungen im Chall. Rep. Astro- _ rhiza granulosa, Pl. XX, Fig. 14—-23; Rhabdammina linearis, Pl. XXI, Fig. 1—6, . _ Hyperammina friabilis, Pl. XXII, Fig. 3; Hyperammina elongata, Pl. XXIII, Fig. 4 und unten das p. 469—470 über das Verhalten der Schichten von Hyperam- mina floridensisn. sp. Gesagte). 454 Ludwig Rhumbler, häuses bei fünfzig Exemplaren, welche ich in dieser Beziehung genauen Messungen unterwarf, zwischen !/a, und !/31; im Mittel betrug es !/,. Fig. 12, Taf. XXI lässt außer der ersten Anlage der Pylomröhre noch eine weitere Wachsthumserscheinung erkennen. Wenn man die linke Seite der Figur mit der rechten vergleicht, so sieht man, dass auf jener die größeren Wandsteine des Gehäuses unmittelbar an einander gekittet sind, während auf der rechten Seite des Präparates kleinere Steine und Mörtelmasse zwischen sie eingelagert ist. Die weiter ausgebildeten Gehäuse zeigen nämlich zuerst bloß auf ihrer Außenseite derartige Einlagerungen; später werden auch die Fugen und Ritze im Innenraume mit ihnen ausgefüllt. Es entstehen so auf der Innen- und Außenwand des Gehäuses Netze von Mörtelmasse (resp. Mörtelmasse und kleinen Steinen), weiche demselben eine außer- ordentliche Festigkeit verleihen. Diese beiden Netze sind für gewöhn- - lich nicht leicht von einander zu trennen; wenn man sich aber den Verlauf des einen klar machen will, ohne von dem anderen gestört zu werden, so behandle man die Außenseite eines völlig ausgewachsenen Gehäuses mit Salzsäure und Blutlaugensalz 2; das innere Mörtelnetz bleibt dann, wenn der Versuch geglückt ist, vollständig unverändert, d. h. braun, während das äußere Netzwerk blau geworden ist?. Ich bin durch ein derartiges Präparat (Taf. XXI, Fig. 13) zuerst auf das innere Netz von Mörtelmasse aufmerksam geworden. Behandelt man mehrere Exemplare auf diese Weise, so wird man bald auf ein oder das andere Gehäuse stoßen, wo das innere Netzwerk noch nicht vollendet ist, während das äußere seine volle Ausbildung erreicht hat. Aus solchen Befunden ist eben zu schließen, dass die innere Auskleidung des Gehäuses erst später erfolgt als die äußere. Mit diesen letzten Veränderungen ist das Gehäuse ausgewachsen und entspricht jetzt der Form, welche Brapy als Saeccammina sphaerica M. Sars in seinem Challenger Report aufgezählt und be- schrieben hat. | i Es war: in einem Falle !/o,, in einem Falle !/o, in einem Falle !/;,, in einem Falle 1/j;, in einem Falle 1/9, in vier Fällen '/,,, in zwei Fällen 1/ı,, in acht Fällen !/g, in fünf Fällen 1/g, in acht Fällen !/,, in sechs Fällen !/«, in vier Fällen !/;, in sieben Fällen 1/4, in einem Falle 1/3. 2 Man tauche das betrefiende Exemplar nur so weit in die nöthigen Reagen- tien ein, dass die Pylomröhre nicht unter das Niveau derselben geräth. Dieser Versuch gelingt leicht. 3 Die Möglichkeit dieses Experimentes beweist ebenfalls, dass in der Ge- häusewand außer den Pylommündungen keine feinen Poren enthalten sein können vgl.p. 439), sonst könnte sich der Innenraum nicht gänzlich der Reaktion ent- ziehen. re ET Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden, N, 455 Nach dem seither Mitgetheilten könnte man etwa folgende sieben Stufen in der Gehäuseentwicklung von Saecammina unterscheiden. 1) Meist nierenförmiges Primitivgehäuse; mit einer aus mehreren Lagen sehr kleiner Steine bestehenden Primitivdecke. 2) Primitivdecke verdickt und größer geworden; zahlreiche Spon- giennadeln sind in die Primitivdecke eingesenkt worden. 3) An Stelle der Spongiennadeln sind größere Steine in die Primi- tivdecke aufgenommen worden. Mit dem Anwachsen der Zahl dieser Steine nimmt die Anzahl der Spongiennadeln ab und wird schließlich gleich 0. k) Die größeren Steine verdrängen mehr und mehr die Primitiv- decke. Von dieser bleiben vielleicht nur ganz vereinzelte und zufällige Reste als Mörtelmasse erhalten. Die größeren Steinchen sind, wie es scheint, ganz regellos zusammengekittet. 5) Die Steine sind mit ihrer Breitseite in die Ebene der Gehäuse- wand eingeordnet. Das äußere Ansehen der Gehäuse ist dadurch viel glätter geworden. Der Anfang der Pylomröhre ist angelegt. 6) Die Fugen und Ritzen, welche die Kanten der Steine auf der Außenseite des Gehäuses aufklaffen lassen, sind mit Mörtelmasse aus- gefüllt. Die Pylomröhre ragt über die umgebenden Steine empor. 7) Auch die Fugen und Ritzen zwischen den Steinen der Innen- seite sind mit Mörtelmasse ausgefüllt. Außerdem ist der Pylomtubus durch äußere Anlagerungen verstärkt worden und hat somit seine end- gültige Ausbildung erlangt. Das Gehäuse ist vollendet. Bei dieser Scheidung des Entwieklungsganges in sieben Stufen muss jedoch ganz besonders hervorgehoben werden, dass die charak- teristischen Merkmale mehrerer auf einander folgender Stufen oft gleich- zeitig an verschiedenen Stellen ein und desselben Gehäuses vorkommen; ein Beweis dafür, dass nicht das ganze Gehäuse mit einem Male in die höhere Strukturstufe eintritt, sondern dass diese erst ganz allmählich erreicht wird; zugleich wird hierdurch aber auch die Gewissheit ge- liefert, dass die genannten Stufen zu einander gehören, und dass sie nicht ganz verschiedene Formen repräsentiren, wie man dies seither geglaubt hat: Gehäuse sind gar nicht selten, die nach den bestgehenden Diagnosen und Abbildungen halb zu Psammosphaera und halb zu Saccammina zu rechnen wären. - 3. Gestaltveränderung der Gehäuse während ihres Wachsthums und Ä Loslösung derselben von ihrer Unterlage. _ — Die jüngsten Primitivgehäuse, welche ich auffand, zeigten bekannt- - lich eine mehr oder weniger ausgesprochene Nierenform. Diese bleibt 456 Ludwig Rhumbler, aber in der Folge nicht bestehen. Meist schon bevor die Spongien- nadeln zur Verschanzung aufgenommen werden, nehmen die Primitiv- gehäuse eine flache kugelkalottenartige Gestalt an. Ich glaube die stärkere Krümmung der ursprünglichen Nierenform öfters noch in einer leicht kenntlichen Verdickung auf dem Scheitel der Kalotte erkannt zu haben. Die Primitivdecke scheint demnach durch neue Unterlagen von Mörtelmassen — wenn man diesen Ausdruck auch für die Primitivge- häuse anwenden will — verstärkt und vergrößert zu werden; dabei ' werden dann die früheren Partien gehoben. Auf der Grundfläche, mit welcher das Primitivgehäuse auf seiner Unterlage festsitzt, ist keinerlei Mörtel oder Kittmasse abgeschieden; die Primitivgehäuse sitzen also ihrer Unterlage frei auf, sie mögen nur an einzelnen Punkten ihres die Unterlage berührenden Randes auf dieser festgekittet sein, so dass die übrigen Stellen des Berührungsrandes zum Durchlassen der Pseudopo- dien frei bleiben (vgl. p. #49). Die Primitivgehäuse sitzen viel zu lose, um mit ihrem ganzen Berührungsrande festgekittet zu sein, und doch wieder zu fest, als dass man annehmen könnte, sie würden nur durch Vermittelung der Sarkode allein an ihrer Unterlage festgehalten; dann wären sie ja wohl auch bei der Konservirung abgefallen. Beim Weiter- wachsen wird dann jedes Mal die Decke von ihrer Unterlage abgehoben und, wie bereits dargethan ist, durch untergelegte größere Schichten zugleich verstärkt und vergrößert. Die kalottenartige Gestaltung geht bei diesen neuen Zusätzen allmählich in die halbkugelige über, über- schreitet aber auch diese auf dem Stadium der Aufnahme von größeren Steinchen und ereicht schließlich vollständige Kugelgestalt, die nur an der kleinen Stelle, wo sie der Unterlage noch aufsitzt, eine geringe Ab- plattung zeigt. Auch an dieser Stelle, die ja anfänglich keinerlei Wan- dung zeigte, ist bei fortgeschritteneren Stadien eine solche angelegt. Sie ist meistens direkt von größeren Steinchen gebildet, so dass diese Stelle das Stadium der Primitivdecke ganz überspringt und zuerst am ganzen Gehäuse das endgültige Gefüge der Saecammina zum Aus- druck bringen kann (Taf. XXI, Fig. 8). Die Wandung dieser Ansatz- fläche zeigt bei jungen Gehäusen, welche man von ihrer Unterlage los- getrennt hat, sehr häufig die Erhabenheiten und Einsenkungen ihrer ehemaligen Unterlage in Gestalt von entsprechenden Unebenheiten, welche jedenfalls erst beim weiteren Wachsthum wieder ausgeglichen werden (Taf. XXI, Fig. 8 D). An einer Stelle der Peripherie derselben Ansatzfläche ist dann auch meist die Anlage der Pylomröhre zu erkennen. Ihre Gegenwart an dieser Stelle kann nicht überraschen, da ja auch das Primitivgehäuse an entsprechender Stelle Öffnungen zum Durchlass der Pseudopodien gehabt haben muss. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden, II. 457 Wenn schon von Anfang an das Festhalten der jugendlichen Sac- cammina an ihrer Unterlage ein sehr lockeres war, so wird dieses mit dem Wachsthum derselben und dem — nach Überschreitung der Halb- kugelgestalt — stetigem Kleinerwerden der Berührungsfläche noch loser und unsicherer. Die zuletzt an der Berührungsfläche aufgebaute Wand mag hierzu noch viel beitragen. Zumeist genügt ein etwas kräftiges Streichen mit einem Pinsel, um das junge Gehäuse von seiner Unter- lage frei zu machen. Ob nun das junge Thier sich schließlich selbst von seiner Unterlage abstößt oder ob es durch äußere Zufälligkeiten abge- worfen wird, vermag ich natürlich nicht zu entscheiden, ist aber auch | von keinerlei Belang. Es wird wohl beides neben einander vorkommen. Oft aber unterbleibt eine Trennung gänzlich: der Anfangs als Unterlage benutzte Stein wird dann allmählich wie andere Sand- körnchen in das Gehäusegefüge aufgenommen und in dasselbe einge- ordnet!. Meist wird er als Stütze für den Pylomtubus des ausgebildeten Gehäuses verwendet, was wiederum mit der ursprünglichen Lagerung der Pseudopodialöffnungen am Rande der Berührungsfläche überein- stimmt (vgl. Taf. XXI, Fig. #). Auch leere Gehäuse, welche als Ansatzstelle benutzt wurden, brauchen nicht abgestoßen zu werden. In diesem, sowohl wie im vorigen Falle unterbleibt die Anlage einer trennenden Wandschicht an der Berührungsfläche; das leere Gehäuse spielt dabei die Rolle eines gewöhnlichen Bausteins. Da ich nie zusammengekittete Gehäuse fand, die beide noch ihren zugehörigen Weichkörper besessen hätten, so glaube ich, dass sich die jungen Thiere von belebten Gehäusen immer lostrennen. Es könnte weiter die Frage aufgeworfen werden, ob sich die jungen Saccamminen nothwendigerweise festsetzen müssen. Ich kann diese Frage leider nicht entscheiden, da ich die Grundprobe, aus wel- cher ich die Saccamminen ausgelesen hatte, nach der Durchsicht nicht aufgehoben habe, und mir so kleine Gebilde wie die Primitivgehäuse bei der mir damals noch unbekannten Existenz derselben entgangen sein mögen. Brapy hat kleine Saccamminen (bei ihm: »Psammosphaera«) von ou Zoll aufgefunden; es sind dies Primitivgehäuse, welche_statt der Spongiennadeln direkt kleinere Steine aufgenommen haben; ich habe sie auch ein- oder zweimal in meinem Material angetroffen, sie mögen ER ! So kommt es, dass bei vielen Gehäusen ein Steinchen durch seine beson- dere Größe auffällt. Eine Thatsache, auf die schon F. E. Scuurze bei seiner Psammo- sphaera aufmerksam gemacht hat. ASS Ludwig Rhumbler, | an Orten, wo sich weniger geeignete Spongiennadeln finden, häufiger oder an solchen Stellen ihr Vorkommen sogar Regel sein. C. Wie-kommen die geschilderten, auf Wachsthum zurückgeführten Veränderungen des Gehäuses zu Stande ? Nach den Befunden, welche ich auf den vorangegangenen Seiten mitgetheilt habe, stehe ich nicht an das Wachsthum der Saececammina- gehäuse auf ein öfters wiederholtes Lossprengen von vorher festge- kitteten Steinen und gleichzeitiges Zwischenschieben von neuen Ge- . häusetheilen, größeren Steinen und Mörtelmasse, zurückzuführen. Es könnte hiergegen der Einwand erhoben werden, dass die Kittmasse sehr fest ist, und dass desshalb eine allzugroße Kraftentwicklung zu einer solchen Art des Gehäuseausbaues von der Sarkode der Saccam- mina erfordert würde. Der Vorgang ist jedenfalls aber auch kein bloß mechanischer, viel- mehr werden mit ihm chemische Veränderungen der Kittsubstanz Hand in Hand gehen. Man darf nicht vergessen, dass die Kittsubstanz Jod) verdünnten Säuren und verdünnten Alkalien gegenüber ihre Festigkeit nicht zu behaupten vermag. Ich habe oben (p. 445) schon vermuthet, dass die Kittmasse keinen einfachen Körper darstellt, sondern dass sie neben der so sehr resistenzfähigen Masse, welche selbst der Glühhitze zu trotzen vermag, und neben dem sicher in ihr eingelagerten Eisen- oxydsalz noch einen anderen Stoff enthält, der durch die p. 445 ange- führten Reagentien gelöst wird und dessen Entfernung die Schale mürbe macht. Nehmen wir nun an, dass diese wenig resistenzfähige Substanz nicht bloß durch Säuren und Alkalien, sondern auch durch protoplasmatische Einwirkungen gelöst werden kann, so bietet die Festigkeit der Kittsubstanz meiner Auffassung vom Gehäusewachsthum keine Schwierigkeiten mehr dar. Dass aber eine solche Annahme gar kein Wagnis enthält, habe ich oben schon gezeigt und wird durch Ana- logien bei allen in dieser Hinsicht genauer untersuchten verwandten Gruppen gestützt. | | Wie dem aber auch sei, jedenfalls besitze ich ein Präparat, wel- ches mit jeder wünschenswerthen Sicherheit das Wachsthum eines Saccamminagehäuses in der geschilderten Weise außer Frage stellt. Ich fand das Gehäuse erst, nachdem ich auf dem Wege der Vergleichung, den ich auch in dieser Abhandlung gegangen bin, über das Wachsthum der Gehäuse Klarheit erlangt hatte. Fig. 14 a, b und c stellen das be- treffende Gehäuse, a von oben, b von unten und c von der Seite ge- sehen, dar. Der Theil A des Gehäuses hat schon seine definitive Aus- bildung erlangt, er wird von den statthabenden Wachsthumsvorgängen Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 459 nicht weiter alterirt. B dagegen ist der Theil des Gehäuses, welcher aus seiner ursprünglichen Lage verschoben worden ist. Er trägt die Anlage des Pylomtubus und ist desshalb als der vordere Theil zu be- trachten, der ursprünglich in normaler Weise den unveränderten Ge- häusetheil A abschloss. Durch das Wachsthum ist er so weit aufgebläht worden, dass seine ursprünglichen Bausteine nicht ausreichten, den neuen Bedarf zu decken. Es sind desshalb neue Quarzstücke aufge- nommen worden. Sie liegen so durchsichtig wie Glassplitter in dem aufgeblähten Wachsthumstheile des Gehäuses und stechen durch ihre Farblosigkeit in ausgezeichneter Weise gegen die in Umlagerung be- griffenen älteren Bausteine ab. Diese erscheinen nämlich in einem diffusen schmutzigen Braun. Es ist nicht schwer zu errathen, dass dieses Braun von der Kittmasse herrührt. welche durch die Wachs- thumsumwandlungen überall aus ihrer Lage losgerissen wurde, und in ihren kleinen oft flockigen Resten ein diffuses und schmutziges Aus- sehen gewonnen hat. Ein größerer Quarzsplitter Q hat dem jungen vorgeschobenen Gehäusetheil zur Unterlage gedient und hat durch seine Ausdehnung die Form des neuen Zuwachsstückes abgeplattet. Alte Reste von Kittsubstanz, welche von der Umlagerung der an einander stoßenden Steine Zeugnis ablegen, finden sich auch sonst öfters an den Gehäusesteinen an mancherlei Stellen. Am klarsten lassen sich solche Stellen bei Gehäusen erkennen, welche unsere sechste Stufe erreicht haben, so dass das innere Netz der Mörtelmasse noch nicht ausgebildet ist; dieses verbirgt nämlich leicht durch den ausgedehnten Umfang, den es annehmen kann, derartige Reste überflüssig gewor- dener Kittsubstanz. Man sollte solche Reste ehemaliger Kittsubstanz bei allen ausge- bildeten Gehäusen erwarten, da ja bei all diesen eine Umlagerung der Bausteine stattgefunden haben muss. Bei vielen, wenn nicht bei den meisten, wird man aber vergebens danach suchen. Es scheint mir daher nicht unwahrscheinlich, dass die nutzlos gewordene Kittsubstanz nicht mehr fest an dem Gesteine anhaftet und abgestoßen werden kann, oder dass sie nachträglich von selber abspringt. Vielleicht wird sie in ähnlicher Weise, wie ich es oben nach Behandlung mit Salzsäure und gelbem Blutlaugensalz (p. 447) beschreiben konnte, durch die zum Wachsthum erforderlichen Einflüsse der Sarkode sprüngig und rissig. Vielleicht ist aber der Vorgang noch einfacher und ist etwa dem Ver- halten einer dünnen Leimschicht zu vergleichen, welche frei liegt. Auch diese reißt in der Regel und springt von ihrer Unterlage ab, während sonst dieselbe Quantität Leim, in geeigneter Weise zwischen 460 Ludwig Rhumbler, zwei Körper gebracht, nicht springt, sondern eine erstaunliche Binde- kraft an den Tag legen kann. Grund der Umlagerung ist jedes Mal unverkennbar eine zweck- mäßigere Einfügung der Bausteine. Anfänglich stehen diese ja wie geschildert nach allen Richtungen hin aus einander; später dagegen liegen sie, mit ganz wenig Ausnahmen, stets mit ihrer Breitseite in der Fläche der Gehäusewand und tragen so zur Vergrößerung des Ge- häuses bei. Die Art der nachträglichen Anlagerung der inneren Mörtelmasse ließ sich an dem Weichkörper mancher Saccamminen deutlich erkennen. Hier war nämlich öfters die äußere Peripherie der Hüllmasse an manchen Stellen ganz mit den kleinen Steinchen erfüllt, welche die Mörtelmasse kennzeichnen. Die peripherische Lagerung der Steinchen und ihre Zusammenhäufung an bestimmten Stellen der Hüllmasse, während andere Theile derselben frei waren, ist gewiss keine zufällige gewesen, denn dafür wurde die Erscheinung zu oft beobachtet (Taf. XXII, Fig. 30, 34). Wenn so die Entstehung des inneren Mörtelnetzwerkes durch An- lagerung von innen her zur Genüge erklärt ist, so fragt sich immer noch, wie die äußere Mörtelmasse in die Fugen der Außenwandung eingelagert wird. Man könnte sich denken, dass aus der Gehäusemün- dung hervorgetretene Pseudopodienmassen sich um das Äußere des Gehäuses in ähnlicher Weise herumlegen könnten, wie ich es für Dif- flugia spiralis früher nachgewiesen habe, und dass durch sie dann der letzte feinere Ausbau der Außenseite besorgt würde. Ich möchte aber auch eine andere Erscheinung, welche ich im Laufe meiner Unter- suchung bei einem Exemplar angetroffen habe, auf einen derartigen letzten Ausmauerungsvorgang zurückführen. Ich fand nämlich ein Exemplar, welches durch seine Gehäusewand hindurch einen ganz kleinen Sarkodetheil in Form eines Knopfes ausgeschickt hatte, ohne dass an der betreffenden Stelle eine regelrechte Öffnung mit Pylom- saum nachzuweisen gewesen wäre. Das Gehäuse hatte seinen Pylom- tubus schon regelrecht ausgebildet, so dass nicht abzusehen ist, warum es diesen nicht als Durchlass für seine Sarkode benutzt hatte; wenn man nicht annehmen will, dass an der betreffenden Stelle gebaut wer- den sollte. An der ausgetretenen Sarkode hingen noch einige kleine Steinchen fest (Taf. XXI, Fig. 22). Als Anbau von neuen Gehäusetheilen mit vorheriger Durch- brechung des bereits bestehenden Mauerwerks müssen auch eigen- thümliche Auswüchse des Gehäuses gedeutet werden, welche allerdings nur sehr vereinzelt in meinem Material beobachtet werden konnten. h . WE SEND rl Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 461 Meist sind diese Auswüchse kegelförmig gestaltet; dann kamen auch (durch schwache Krümmung der Kegelachse) hornförmige Gestalten vor, in seltenen Fällen waren sie direkt röhrenförmig. Dass hier ein Neubau vorliegt, beweist die helle Farbe der zum Zusammenhalte der Auswüchse ausgeschiedenen Kittsubstanz. Ich habe oben schon darauf hingewiesen, dass eine hellere Färbung der Kittsubstanz auf ein jünge- res Bestehen derselben hinweist, als dunklere Färbung. Ganz dieselben Verhältnisse des Farbenunterschiedes trifft man ja bekanntlich bei allen spiralen polythalamen Formen, welche ihr Gehäuse mit ähnlicher Kittmasse aus Steinchen zusammenbauen. Hier sind die jüngeren an der Peripherie liegenden Endkammern immer heller, als die alten im Centrum gelegenen Kammern. Wer mit diesen Verhältnissen nicht vertraut ist, kann sich bei Durchsicht des Challenger-Report hiervon eine für unsere Zwecke sehr lehrreiche Anschauung verschaffen !. Ob solche Kegel oder hornförmige Auswüchse vom Muttergehäuse losgeschnürt werden und zu selbständigen Gehäusen ausgebaut werden können, vermag ich nicht zu entscheiden, scheint mir aber sehr un- wahrscheinlich zu sein. Ich fand an dem Kern des im betreffenden Gehäuse wohnenden Weichkörpers niemals irgend welche Erschei- nungen, welche mit einer Vermehrung desselben in Beziehung hätten gebracht werden können. Die Auswüchse erreichen manchmal recht beträchtliche Dimensionen (Taf. XXI, Fig. 19—21 Fi), niemals würde aber das auf diese Weise aufgespeicherte Gehäusematerial zur Ausbil- dung eines ausgewachsenen gleich großen Gehäuses ausreichen können. Bei den röhrenförmigen Auswüchsen, welche ich bloß zweimal beobachtete, lässt sich merkwürdigerweise eine dem übrigen Gehäuse stets fehlende häutige Unterlage erkennen, auf welcher kleine Stein- chen spärlich aufgelagert sind. Diese Unterlage hat sich mit Pikro- karmin ganz so gefärbt, wie die protoplasmatische Kittmasse mancher Gehäuse von Sübwasserrhizopoden? künstlich gefärbt werden kann. Diese Art von Auswüchsen erinnerte mich sehr an ähnliche röhren- förmige Gebilde, welche bei Astrorhiza limicola Sandahl als Endver- zweigungen vorkommen und sich ebenfalls (wie die ganze Kitimasse ! Ich weise hauptsächlich auf folgende Abbildungen hin. Taf. XXXIV, Fig. 14 und 42; Taf. XXXV, Fig. 2—8, 42 und 13; Taf. XL, Fig. 43, 14, 19—22; Taf. XLI, Fig. 1ı—3, 5 und 8; Taf. XLIX, Fig. 43, 45 und 46. 2 Diese Zeitschr. Bd. LII. p. 527. Es ist kein Zweifel, dass die häutige Unter- lage dieser Röhren aus der Hüllmassensubstanz besteht, welche den gesammten Weichkörper der Saccammina einhüllt. Leider konnte ich die Röhren nicht mehr mit dem entscheidenden Methylgrün-Eosingemisch nachfärben, da sie bei der Untersuchung in Stücke brachen. | 462 Ludwig Rhumbler, der Astrorhiza überhaupt!) färben lassen. Ich möchte daher ver- muthen, dass die röhrenförmigen Auswüchse Reste von eingezogenen, später näher zu beschreibenden Pseudopodialröhren sind, welche durch die Gehäusewand hindurchgebrochen waren, um neue Bausteine auf- zunehmen ?. D. Gründe der Vereinigung von Psammesphaera fusca F. E. Schulze mit Saccammina sphaerica M. Sars. Die von F. E. Scnuzze über seine Psammosphaera fusca ge- machten positiven Angaben stehen in keinerlei Widerspruch mit der Beschreibung, wie ich sie für die Jugendform von Saccammina gegeben habe®. Eine Vergleichung der bei Brapy (Challenger-Report) für die bei- den Formen gegebenen Beschreibung ergiebt folgende Unterschei- dungsmerkmale — die andern angeführten Merkmale fallen bei beiden zusammen. Psammosphaera: Mit kleinen, durch Zwischenräume getrennte (interstitial) Mündungen, aber keiner größeren Öffnung. Durchmesser 0,16—4,0 mm. Saccammina: Mit deutlicher Mündung auf einer zitzenförmigen Hervorragung. Durchmesser 1I—3,5 mm. Nun lautet aber ein Abschnitt bei der ausführlichen Beschreibung der Saccammina (l. ce. p. 254) folgendermaßen: »From Psammosphaera fusca the distinetion, which depends primarily on the presence ofa distinet aperture is not so satisfactory, for specimens belonging unquestionably to the genus Saccammina are occasionally met with in which the orifice is exceedingly obscure, if not entirely wanting.« Demnach fällt also auch die Mündung auf der zitzenförmigen Hervorragung als Trennungsgrund der beiden Formen weg, und es blieben für Psammosphaera bloß noch die interstitial orificese. Es hätte nun gewiss eine genauere Beschreibung derselben erwartet werden dürfen, zumal solche Öffnungen doch von ganz allgemeinem Interesse auch für die Beurtheilung anderer sandschaliger Formen gewesen sein würden. Wir finden aber bei Brapy statt dessen jene ganz allgemein gehaltene Auslassung über die Perforation der i Die Kittmasse der Astrorhiza ist protoplasmatischer Natur. Cf. BütschLı, Protozoa. p. 31. 2 Man wird einer solchen Auffassung keine Willkür zum Vorwurf machen können. Wenn bei jeder gewöhnlichen Lokomotion und Nahrungsaufnahme Pseudo- podien die Gehäusewand durchbrechen würden, so wäre nicht abzusehen, warum der Pylomtubus aufgebaut wird. Gerade bei den Wachsthumserscheinungen sind aber derartige gewaltsame Vorgänge im Thier- und Pflanzenreich weit verbreitet. 3 Betreffs der Gehäusemündung vgl. p. 437. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 463 sandschaligen Foraminiferen überhaupt, welche ich schon auf p. 437 eitirt habe. Auch keine Abbildung in dem großen und sonst sehr aus- führlichen Atlas überzeugt uns von ihrem Vorhandensein. Ich kann mich daher des Eindrucks nicht erwehren, dass Brapy die »interstitial ori- fices« mehr vermuthet hat, als dass er ein sicheres und richtiges Bild von der Perforation seiner Psammosphaera gewonnen hätte. Er mag zu dieser Vermuthung durch die Überzeugung gebracht worden sein, dass er unzweifelhaft ein Rhizopodengehäuse vor sich habe, dass also Mündungen in der Schale vorhanden sein müssten, obgleich keine mit Sicherheit nachzuweisen war. Ihre Unsichtbarkeit konnte desshalb ihrer Kleinheit und ihrer verborgenen Lage zugeschrieben werden. Es ist in der That meistens auch außerordentlich schwer, die Mündung der Beobachtung zugängig zu machen. In Bezug auf die Abbildungen Brapy’s muss ich erwähnen, dass sich seine Abbildungen von meinen Exemplaren ganz wesentlich da- durch unterscheiden, dass bei jenen die dunklere Färbung immer auf die Bausteine aufgetragen ist, während diese in meinem Material aus farblosen Quarzkörnchen bestehen und in Folge davon ganz durchsichtig sind. Nur die Kittmasse ist bei meinen Exemplaren Träger der braunen Färbung. Man könnte daran denken, dass die Verschiedenartigkeit der Sand- körner, welche an den betreffenden Fundorten zur Verwendung kamen, an dieser Differenz Schuld wären. Brapy hebt aber die Durchsichtigkeit der Psammosphaera-Schalen ganz besonders hervor (l. c. p. 250). Ich kann mir kaum denken, dass die abgebildeten braunen Steine eine so auffällige Durchsichtigkeit zulassen würden; es liegt wohl ein Versehen von Seiten des Malers vor. Eine derartige Täuschung ist leicht möglich, wenn man trockene Exemplare bei auffallendem Lichte betrachtet, meine Abbildungen sind Kanadabalsampräparaten oder in Nelkenöl liegenden Stücken entnommen. Brapy scheint unsere Form mit mehr ‚stiefmütterlicher Unachtsamkeit behandelt zu haben, als er dies sonst in seinem großen, in mancher Hinsicht bewunderungswürdigem Werke gethan hat. Auf Abbildung 16 bei Brapy möchte ich noch ganz besonders hin- weisen, sie stellt eine Reihe von vier Individuen dar, welche in einer Richtung an einander gekittet sind. Das Endexemplar dieser Reihe ist eben erst auf dem Psammosphaera-Stadium angelangt. Die Bausteine stehen, nach außen hin noch weit aus einander!. Brapy (l. c. p. 254) 1 Ich.habe im Anfang, als ich das Material zu bearbeiten begann, derartige angeheftete junge Gehäuse, wie das Endexemplar der Brany’schen Kette, für einen unregelmäßig gebauten, aus großen Steinen bestehenden Pylomtubus (wie er in der That auch vorkommen kann) gehalten. Da ich ganz die selben Gebilde dann 464 Ludwig Rumbler, hat diese zufällige Aneinanderreihung für ein polythalames Exemplar gehalten. Ich habe zwischen derartig an einander gekitteten Gehäusen niemals einen Zusammenhang der Wohnräume auffinden können, so dass ich polythalame Exemplare für Saccammina sphaerica entschieden bestreiten muss. Die Brapy'sche Kette ist durch Zufall so regelmäßig geworden. Drei oder vier Gehäuse fand auch ich einige Male zusam- mengekittet, es enthielt dann aber immer nur eins einen richtigen Sac- cammina-Weichkörper, so dass die anderen Gehäuse als leeres Bau- oder Anheftungsmaterial aufgefasst werden mussten, eine Auffassung, welche durch die sonst sehr unregelmäßige Aneinanderreihung solcher Gehäuse gestützt wird. Auch Brapy hebt hervor, dass seine polythalamen Exem- plare weit häufiger viel regelloser gebaut sind. Es wäre doch auch ganz ohne Parallele, dass bei einer polythalamen Form die später ge- bildeten Kammern so beträchtlich viel kleiner wären, als die früheren Kammern, — dass Brapy sie als »additional« oder »supplementary cham- hers« bezeichnet, entkräftet diesen Einwurf nicht. Auch die Bravpy'sche Fig. 4 auf Taf. XVIII verdient unsere Aul- merksamkeit. Sie bietet uns ein kleines Exemplar, welches um eine Schwammnadel herumgewachsen ist. Die Schwammnadel hat wohl ursprünglich zur Verschanzung der Primitivdecke gedient und ist später mit in das Gehäusegefüge eingemauert worden. Brapy hat solche Exem- plare öfter gefunden. Die Thiere mögen sich auf diese Weise eine festere Lage zu verschaffen suchen. Wenn sie sich nämlich durch die enge Mündung in ihr Gehäuse zurückziehen wollen, so wird sich die Spongiennadel wie ein Stemmeisen in den Boden eingraben, und wird auf diese Weise der Sarkode das Zurückziehen erleichtern. Ich habe demnach aus folgendem Grunde die beiden Brapy'schen Gattungen Psammosphaera und Saccammina zu einer Species vereinigen müssen. Ganz abgesehen von der Unsicherheit der Trennung, welche sich in der ausgeführten Weise bei Brapy bemerkbar macht, auch frei vorfand, so glaubte ich, dass sich die jungen Gehäuse aus abgestoßenen Pylomtuben aufbauen würden. Diese Auffassung ist falsch, hat sich leider aber als ein Irrthum in meine erste Arbeit eingeschlichen. Ich bitte daher die I. c. p. 543 über Psammosphaera fusca F. E. Schulze ausgesprochene Vermuthung zu streichen. 1 Die Gehäusemündung ist im Vergleich zu der Masse des Weichkörpers außerordentlich klein. .Wenn sich daher der Weichkörper — etwa bei einer.nahen- den Gefahr — schnell an seinen Schutzort zurückziehen will, so wird hierzu viel mehr Kraftentwicklung nöthig sein als bei einem weitmündigen Gehäuse. Einer solchen Kraftentwicklung wird aber eine feste Lage des Gehäuses großen Vorschub leisten. Daher jedenfalls die Vorliebe der Saccammina auch zum Festheften, zur Aufnahme von größeren Steinen etc. etc. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. 11. 465 weisen ganz auffällige Erscheinungen auf die Zusammengehörigkeit der beiden Formen hin. In erster Linie ist hier der genetische Zusammen- hang zu nennen, welcher sich vom Primitivgehäuse an aufwärts durch das Psammosphaerastadium hindurch bis zur ausgebildeten Saccammina verfolgen lässt; der Umstand vor Allem, dass das Gehäuse nicht mit einem Male in die höhere Stufe seiner Ausbildung eintritt, sondern dass diese Umänderung ganz allmählich und streckenweise an dem Gehäuse ver- läuft, so dass man verschiedene, auf einander folgende Stadien an dem- selben Gehäuse beobachten und diese mit einer anderen Reihe von Sta- dien eines anderen Gehäuses vergleichen kann!. In zweiter Reihe tritt ergänzend hinzu, dass sich alle bis jetzt vorhandenen Abbildungen und Beschreibungen von Psammosphaera fusca F. E. Schulze mit dem Habitus der jugendlichen Saccammina in Einklang bringen lassen, mit alleiniger Ausnahme der Brany'schen »interstitial orifices«, deren Werth als Unterscheidungsmerkmal ich jedoch entkräftet zu haben glaube. Auch die Größenverhältnisse der beiden Monothalamien stimmen mit ihrer Vereinigung als Altersformen ein und derselben Art überein. Brapy giebt für Psammosphaera fusca eine Größe von 0,16—4 mm an, Saccammina fand er zwischen 1—3,5 mm schwankend. Psammo- sphaera Brady weist demnach weit kleinere Gehäuse auf als Saccam- mina. Nur der Grenzwerth für Psammosphaera (4 mm) scheint auf den ersten Anblick hin unverständlich. Bei einer solchen Größe müsste die Saccamminaform schon zum Ausdruck gekommen sein. Es ist hierbei aber zu berücksichtigen, dass bei noch nicht ganz ausgebauten Gehäusen, wie geschildert, die Steine mit ihrer Längsachse oft radiär vom Gehäuse abstehen und erst später in die Ebene der Ge- häusewand eingeordnet werden; so müssen diese Gehäuse anfänglich größer erscheinen als nachher, wo die Steine nicht mehr in solchem Maße nach außen vorragen. Bei einigermaßen großen Steinen kann die Größendifferenz zwischen den jugendlichen und den vollendeten Ge- häusen eine recht beträchtliche werden, so dass die Maßdifferenzen in den Angaben Brapv’s zur Genüge erklärt sind. Es könnte bei Betrachtung der Challenger-Abbildungen auffallen, dass Psammosphaera Brady meist aus größeren Steinen zusammen- gesetzt ist als Saecammina Brady. Dies ist aber nur ein scheinbarer Unterschied; Brapy hat nämlich seine Psammosphaera bei stärkerer 1 Wenn sich z. B. ein Gehäuse findet, welches an den verschiedenen Stellen seiner Wandung auf den Stufen (vgl. p. 455) 2, 3 und 4 steht, ein anderes dagegen gleichzeitig die Stadien 3, 4 und 5 in der Entwicklung seiner Gehäusetheile auf- weist, so sind durch diese Vorkommnisse auch die Stadien 2 und 5 mit einander verbunden u. s. f. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 341 466 Ludwig Rhumbler, Vergrößerung (20—40fach) dargestellt, wodurch natürlich auch ihre Bausteine größer erscheinen als diejenigen der unter A5facher Ver- größerung abgebildeten Saccamminen. Um sich von der Wirkung dieser Differenz in den Vergrößerungen zu überzeugen, vergleiche man die in demselben Werke (Pl. XLIX, Fig. 16) bei anderer Gelegenheit abgebildete Saccammina, welche wie die Psammosphaeren Brapy’s bei stärkerer (50facher) Vergrößerung dargestellt ist; hier sieht man, dass aus der Größe der Bausteine — die ja im Ganzen außer- ordentlich schwankend sein kann — kein Merkmal zu entnehmen ist, welches die Trennung der beiden von mir vereinigten Formen bean- spruchen kann. | Auch die Größenschwankung zwischen der jugendlichen Sac- cammina (Psammosphaera Brady) und der ausgewachsenen Form tritt recht deutlich auf den Challenger-Abbildungen hervor, wenn man die erwähnte Verschiedenheit in den Vergrößerungen berücksichtigt. Eben so ist das bellere Kolorit zu beachten, welches die Brapy'schen Fig. 1, 6 und S (Pl. XVIII) gegen die dunkle Färbung seiner Saccam- minen abstechen lässt. Die hellere Färbung kennzeichnet das geringere Alter (cf. oben p. 461). E. Vergleichendes und Allgemeines über das Gehäusewachsthum von Saccammina sphaerica. Obgleich das Vorhandensein eines Primitivgehäuses bei den Rhizo- poden noch nie beobachtet worden ist, so kann dasselbe doch nicht so sehr befremden. Einmal ist ja über die Fortpflanzung der marinen Rhizopoden überhaupt nur sehr Weniges, über die Fortpflanzung und Entwicklung der sandschaligen Formen sogar überhaupt nichts bekannt; dann aber lässt sich trotz alledem für das angegebene Verhalten der Saccamminagehäuse ein Analogon bei anderen heranwachsenden, mari- nen Rhizopodenformen aufstellen. Ich meine Formen, welche polythalam sind und deren neue Kammern in ähnlicher Weise durch Primitiv- decken vorgebildet werden'. Brapy vermuthet, dass die sandigen Auflagerungen, welche sich oft auf den Pseudopodien der Endkammer vorgelagert finden, später bei dem Aufbau einer neuen Kammer Verwendung erfahren. Er sagt über 1 Vgl. die Abbildungen im Challenger-Report: Haplophragmium globigerini- forme Parker and Jones, Pl. XXXV, Fig. 44; Textularia aspera Brady, Pl. XLIV, Fig. 9; Verneuilina propinqua Brady, Pl. XLVII, Fig. 43, 44; Valvulina fusca Williamson, Pl. XLIX, Fig, 44; Valvulina conica Parker and Jones, Pl. XLIX, Fig. 45, 16; Truncatulina lobatula Walker and Jacob, Pl. CXV, Fig. 4,5. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 467 die sandigen Anlagerungen von Valvulina conica Parker and Jones (Chall.-Rep. p. 392): »When found in situ the test is generally surrounded by a spreading mass of fine light-coloured sand, apparently collected by the animal as a protection for the sarcode protruded from the base of the test. The sand is of even grain, and though sufficiently coherent to bear washing in a stream of water, the mass is easily disintegrated with a camels-hair pencil. This sandy rampart is quite distinct from the test itself and differs from it both in colour and texture; but it is more than probable that the material for the construction of the test, as it increases in Size, may be selected from what is accumulated in this way.« Da Valvulina conica auch auf meinen Saccamminen festge- wachsen vorkam, so suchte ich, die citirte Vermuthung Brapy’s durch Messungen der Steinchen in den Vorlagerungen und derer fertiger Kammern genauer zu prüfen. Es ergab sich dabei Folgendes: Die Pri- mitivdecke setzte sich zu weitaus größtem Theil aus kleinen Steinchen von 0,003855—0,00547 mm zusammen; nur hier und da traf ich in ihr größere Steinchen von 0,0306—0,1002 mm!. In der Gehäusewand fertig gebildeter Kammern waren auf der unteren Seite der zertrüm- merten Wandstücke nur ganz außerordentlich wenig Steinchen von 0,0040—0,0064 mm aufzufinden; die Mehrzahl der Bausteinchen war viel größer und schwankte hier zwischen 0,0296—0,0636 mm. Es er- giebt sich hieraus, dass die Primitivdecke nicht ohne Weiteres zur end- - gültigen Gehäusewand verwendet, sondern dass nur ein verschwindend geringer Theil derselben möglicherweise in sie aufgenommen werden kann. Die, der Primitivdecke aufgelagerten, größeren Steinchen von 0,0306—0,1002 mm dürften allenfalls für das spätere Wandwerk des Gehäuses bestimmt sein. Es umgiebt sich also auch bei Valvulina conica und ähnlichen Formen der wachsende Sarkodekörper mit einer 1 Die Endkammer des gemessenen Exemplars war äußerst blass gefärbt und desshalb augenscheinlich noch sehr jung. Eine Kammerbildung mag desshalb vor- erst nicht haben stattfinden sollen. So ließe sich auf eine Weise die geringe Zahl der größeren Steinchen erklären. Abgesehen davon ist aber keineswegs ausge- schlossen, dass bei Valvulina und ähnlichen Formen von der ganzen Primitiv- decke überhaupt gar nichts in das Wandgefüge einer neuen Kammer aufgenommen wird. Es wäre vielmehr auch sehr gut denkbar, dass die Bausteine für eine neue Kammer direkt in das Innere der Sarkode selbst aufgenommen würden, um später unter dem Schutzdache der Primitivdecke nach Art der Euglyphatheilung zu einer neuen Kammer zusammengefügt zu werden. Die Frage kann bis jetzt nicht ent- schieden werden; ist auch für uns gegenwärtig weniger von Bedeutung, Jedenfalls steht fest, dass nur ganz geringe Quantitäten der Primitivdecke in das schließliche Wandgefüge aufgenommen werden können — dass der überwiegende Theil der Primitivdecke dagegen, wenn nicht gar ihre Gesammtheit, für den Gehäusebau ver- loren geht. 31* 468. Ludwig Rhumbler, primitiven Schutzdecke und auch hier wird dann später diese Primitiv- decke durch das endgültige Gefüge größerer Steinchen verdrängt. Die Verwendung der in die Primitivdecke eingelagerten Steinchen zur Aufführung der Gehäusewand ist möglicherweise bei den ver- schiedenen sandschaligen Formen eine sehr verschiedengradige. Bei Truncatulina lobatula Walker und Jacob, welche sich ebenfalls mit ähnlichen Schutzlagen von kleinen Steinchen umgiebt, werden diese sicher niemals zum Schalenbau, der hier ganz aus kohlensaurem Kalk aufgeführt ist, verwerthet. Hier geht also unbestritten die ganze primi- tive Schutzdecke für den Ausbau des Gehäuses verloren. Gegen Homologisirung des Primitivgehäuses, wie ich es für Sac- cammina beschrieben habe, und den sandigen Vorlagerungen anderer Formen wird wohl Niemand etwas einwenden können. Wer an dem Ausdruck Primitivgehäuse Anstoß nimmt, vergegenwärtige sich, dass dies Gehäuse nur aus einer kuppenförmigen Decke besteht, wie sie gerade auch als Schutzhülle bei den verglichenen Formen über die zu Tage tretende Sarkode ausgebreitet ist. Interessant wäre es zu wissen, ob auch andere der Saccammina ähnliche Sandforaminiferen ein Primitivgehäuse aufbauen ehe sie zur Zusammenfügung ihres endgültigen Gehäuses schreiten. Ich wüsste zwar keine Form, bei welcher ein derartiges Primitivgehäuse so sehr erforderlich wäre, wie bei Saecammina, wo die Kleinheit der Mündung a priori jegliche Art der Entstehung von Tochtergehäusen mit größeren Steinchen verbietet. Nichtsdestoweniger möchte ich an- nehmen, dass Rhabdammina, Rhizammina und jedenfalls auch Hyperammina aus ähnlichen Primitivgehäusen ihren Ursprung nehmen. Brapy hat die beiden ersteren sehr häufig mit seiner Placo- psilina bulla besetzt gefunden (Chall.-Rep. p. 345, Pl. XXXV, Fig. 16 und 17). Ich möchte diese Form für die betreffenden Jugendstadien halten !. Sie würden sich von den Primitivgehäusen der Saccammina ! Placopsilina bulla würde dann zwei Formen angehören. Die einfache Gestaltung der Primitivgehäuse wird einer gegenseitigen Ähnlichkeit bedeutenden Vorschub leisten, so dass es begreiflich erschiene, wenn die Jugendstadien ver- schiedener Formen als eine einzige selbständige Art beschrieben wären. Placo- psilina bulla kenne ich übrigens nicht aus eigener Erfahrung. Nach Fertig- stellung meines Manuskriptes erschien eine Arbeit von F. ScuAupins, Myxotheca arenilega nov. gen., nov. spec., ein neuer mariner Rhizopode (diese Zeitschr. Bd. LVII, p. 18—34), in welcher der Verfasser einen Rhizopoden beschreibt, der eine unverkennbare Ähnlichkeit mit den Primitivgehäusen der Saccammina be- sitzt, Interessant ist es, dass auch ScHAupınn in einer Nachschrift die Vermuthung ausspricht, dass Myxotheca vielleicht nur eine unausgebildete Sandforamini- fere sei. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden, Il. 469 dadurch unterscheiden, dass sie auch auf ihrer Ansatzfläche durch eine Primitivdecke von ihrer Unterlage getrennt sind. Wenigstens hebt Brapy das Fehlen einer solchen Wand nicht besonders hervor, während er auf die Abwesenheit derselben bei der ähnlichen Webbina hemi- sphaerica Jones, Parker und Brady (Chall.-Rep. p. 348, Pl. XLI, Fig. 11) besonderen Nachdruck gelegt hat. (Letztere ist zweifellos eine ausge- bildete Form und hat mit Primitivgehäusen nichts als ihre äußere Form gemeinsam.) Außerdem zeigt Placopsilina bulla eine mehr läng- liche Gestalt und an beiden Enden ihres längsten Durchmessers je eine Öffnung, welche sich bei den Primitivgehäusen der Saccammina nicht nachweisen lassen. Die beiden Öffnungen entsprächen in ganz ausgezeichneter Weise den späteren Wachsthumsrichtungen, welche eingeschlagen werden müssten, um z. B. eine Rhabdammina linearis Brady (Chall.-Rep., Pl. XXI, 1—6) zu erzielen. Diese besteht nämlich aus einer centralen Kammer mit zwei langen Armen, welche in gerader aber entgegengesetzter Richtung von der Centralkammer abstehen. Die CGentralkammer entspräche dann dem ursprünglichen Primitivgehäuse. Eine Hyperammina von Florida, welche aus der hiesigen zoologi- schen Sammlung stammt und welche ich durch die Güte des Herrn Ge- heimraths Professor Dr. Enters genauer untersuchen konnte, zeigt ähn- liche aber der Ausdehnung der Hyperammina entsprechende größere - Gebilde, welche ich für Primitivgehäuse halte. Die Verschanzung durch Schwammnadeln, welche auf gewissen Stadien die Primitivgehäuse der Saccammina sphaerica kenn- zeichnet, kommt ebenfalls bei marinen sandschaligen Rhizopodenarten häufiger vor!'. BeiHyperammina ramosa (Challenger-Rep., Pl. XXIII, Fig. 15—19, p. 261) bleiben sie als ständiger Schutz der Gehäusewand einverleibt. Dagegen lässt die Dichtigkeit ihres Vorkommens an dem oberen, jüngeren Ende der Haliphysema (Challenger-Rep., Pl. XXVILA, Fig. —6) und die Abnahme ihrer Zahl gegen die ältere Basis hin er- kennen, dass die Schwammnadeln wie dem wachsenden Gehäuse der Saccammina, so auch den älteren Gehäusetheilen der Haliphy- sema verloren gehen. Auch die oben erwähnte Hyperammina aus dem hiesigen Insti- tute zeigt eine ausschließlich aus Spongiennadeln zusammengebaute Innenschicht des Gehäuses. Diese Schicht tritt aber nur am äußeren Ende, am Wachsthumsende frei hervor, an den Partien des Gehäuses 1 Außer den oben genannten Formen vgl. die Abbildungen im Challenger- Report: Sorosphaera confusa, Pl. XVII, Fig. 9; Reophax difflugiformis, Pl. XXX, Fig. 4; Reophax spiculifera, Pl. XXXI, Fig. 46, 47; Hormosina monile, Pl. XXXIX, Fig. 11—13; Hormosina vormanni, Pl. XXXIX, Fig. 17, 49, 24, 470 Ludwig Rhumbler, wird sie von einer dichten glatten Schicht kleiner Quarzkörnchen über- lagert!. Eine solche nachträgliche Überlagerung ist für Haliphysema un- denkbar, da bei dieser Form die Nadeln nach allen Richtungen hin aus einander stehen, so dass eine Steinschicht von ganz unverhältnismäßiger Dicke zu ihrer Überlagerung erforderlich wäre. Hier bleibt, wie gesagt, nur die Annahme übrig, dass die Spongiennadeln im Verlaufe des Ge- häusewachsthums wieder abgeworfen werden, wie bei Saccammina. Ehe ich den Abschnitt über das Schalenwachsthum schließe, möchte ich noch einige Worte über die Gründe sagen, welche mich zu einer derart detaillirten Untersuchung und Beschreibung im Ganzen nicht sehr verwickelter Vorgänge bewogen haben. Ich versuchte zu zeigen, dass auch Formen, welche äußerlich nicht das leicht verständ- liche Bild einer Kammerbildung zur Schau tragen (wie die Polythala- mien), zu einem weiteren Wachsthum befähigt sind. Zu einem solchen Beweise war Saccammina in ganz hervorragender Weise verlockend nicht durch die Leichtigkeit, mit welcher dieser Beweis geführt werden konnte, sondern durch die Nothwendigkeit, mit welcher ein Wachs- thum hier gefordert werden musste. Ein sachkundiger Blick genügt zur Erkenntnis, dass bei Saccammina die Fortpflanzung durch Thei- lung bezüglich die Entstehung des Gehäuses während eines Theilungs- aktes, wie er bei Euglypha etc. vorliegt, gar nicht denkbar ist. Die meisten Steine, welche das Saccammina-Gehäuse zusammensetzen (von den Mörtelsteinchen abgesehen) sind »übergroß«2. Die Gehäusemündung, mag sie nun auf einem Pylomtubus oder bei jüngeren Exemplaren zwischen Steinen versteckt liegen, ist im Vergleich zur Größe eines ausgebildeten Gehäuses so gering, dass mit ihrer Beihilfe niemals in einem schnell vorübergehenden Theilungsakte ein neues Gehäuse ge- bildet werden kann. Die Annahme einer intrathalamen Aufspeicherung des Gehäusematerials verbietet sich mit anderen Worten wegen der Größe der Bausteine von selbst; aber auch eine extrathalame Auf- speicherung ist weit mehr als unwahrscheinlich. Um sich eine solche 1 Diese Konstruktion der Gehäusewand sowie die Beschaffenheit der Kitt- substanz, welche in Salpetersäure löslich ist, unterscheidet die genannte Hyper- ammina von Hyperammina friabilis, welcher sie sonst außerordentlich ähnlich ist. Hyperammina friabilis besitzt eine bloß aus Sandkörnchen zu- sammengesetzte Gehäusewand, welche keinerlei Schichtung erkennen lässt. Ihre Kittsubstanz besteht aus Kieselsäure. Für die neue Hyperammina möchte ich den Namen H. floridensis reserviren. 2 Als »übergroß« bezeichne ich alle solche Bausteine, die vermöge ihrer Aus- dehnung die Gehäusemündung nicht passiren können (vgl. diese Zeitschr. Bd. LII, p. 518). Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 471 vorzustellen, müsste man sich eine unverhältnismäßig lange, jedenfalls röhrenartige Zusammenhäufung von Gehäusematerial vor der Mündung denken; die wenigen auf einer Pseudopodialröhre (cf. weiter unten) oder auf einem Gehäusehorn zusammengehäuften Steinchen würden niemals für ein ganzes Tochtergehäuse ausreichen. Ganz abgesehen davon würden aber durch eine solche Art der Aufspeicherung auch die Schwierigkeiten, welche dem Gehäusewachsthum durch die Festig- keit der Kittmasse entgegenstehen, in keiner Weise gehoben werden. Beim Ausbau des Tochtergehäuses müsste dann doch unter allen Um- ständen dieselbe Kittmasse gelöst werden, deren Festigkeit zu Liebe man das Wachsthum des neu entstandenen Gehäuses bezweifeln wollte. Man müsste dann schon annehmen, dass beim Aufsammeln und Fest- halten der Steinchen eine andersartige Kittsubstanz zur Verwendung käme, als beim Aufbau des definitiven Gehäuses. Gegen eine solche Auffassung ließe sich zwar nichts einwenden, da, wie wir später bei Beschreibung der Pseudopodialröhren sehen werden, in der That die Steine, die zur Erweiterung und zum weiteren Ausbau des Gehäuses bestimmt sind, nicht mit Hilfe der eigentlichen Kittmasse aufgestapelt, sondern vorerst von der Hüllmasse festgehalten werden, welche den Weichkörper umgiebt; ein Theilungsakt, wie er bei Euglypha statt- findet und in der Kammerbildung der Polythalamien ein ungefähres Analogon aufweist, erfordert aber eine in sich zusammenhängende Kitt- schicht, in welche die Baumaterialien als Elemente der Verstärkung eingebettet sind. Diese fehlt bei Saccammina gänzlich. Somit ist der Annahme eines solchen oder ähnlichen Vorgangs jeder Boden ent- zogen. Es bleibt daher bloß die eine Möglichkeit, dass das Saccammina- gehäuse allmählich zusammengefügt ist und dass es trotz der schein- baren Konstanz seiner Kugelform zeitweise einem nachträglichen Wachsthum unterliegen muss!. Solche Erwägungen bewogen mich zuerst den Einzelheiten des nothwendigen Wachsthums nachzugehen. In meiner ersten Abhandlung dieser »Beiträge ete.« war es mir nicht möglich, das Wachsthum der Gehäuse der dort behandelten Süß- wasserrhizopoden Schritt für Schritt zu verfolgen; ich konnte es mir aus verschiedenen Erscheinungen, an sehr verschiedenen Gehäusen aller- dings, mit großer Wahrscheinlichkeit erschließen. 1 Es scheint mir nach Ausschluss der oben abgewiesenen Vorgänge sehr wahrscheinlich, dass Saccammina sphaerica eben so, wie dies von einigen Polythalamien bekannt ist, im Inneren ihres Weichkörpers mehrere Sprösslinge auf einmal erzeugt. Diese werden dann auf irgend eine Weise vielleicht kriechend aus dem Pylomtubus austreten, um freilebend oder festgeheftet den geschilderten. Aufbau ihres Gehäuses zu beginnen. 472 Ludwig Rhumbler, Diese Lücken sollten in zweiter Linie durch vorliegende Arbeit, die über ein durch Größe der Objekte weit günstigeres Material ver- fügen konnte, ausgefüllt werden. | Wenn irgend eine geometrische Form der Annahme eines nach- träglichen Wachsthums Schwierigkeiten in Bezug auf die Auffassung des Wachsthums macht, so ist es die Kugelgestalt der Saeecammina. Die Kugel des Saccammina-Gehäuses ist eine nach jeder Seite hin so abgeschlossene Form, dass hier ein Wachsthum nur durch An- satz an den Pylomtubus möglich erscheint, zumal die Kittsubstanz eine doch immerhin erstaunliche Festigkeit resp. Resistenzfähigkeit zeigt. Nichtsdestoweniger ist für Saccammina nach vorstehenden Ausein- andersetzungen das Gehäusewachsthum eine unbedingte Nothwendig- keit und ist von mir — wie ich hoffe — so lückenlos dargelegt worden, dass kein weiterer Zweifel über sein Bestehen aufkommen kann. Wir mögen aus dem dargelegten Wachsthum die Lehre ziehen, dass weder Formverhältnisse eines Gehäuses noch die — vielleicht sehr vielen Einflüssen gegenüber bekundete — Resistenzfähigkeit seiner Kittmasse das Bedürfnis des wachsenden Weichkörpers, sich auszudehnen und dabei sich immer wieder zu schützen, zu hemmen. vermögen. Hiermit soll aber keineswegs gesagt werden, dass alle Gehäuse- bestandtheile nothwendigerweise durch das Wachsthum des Weich- körpers nachträgliche Umbildungen zu erleiden hätten. Als wohl- bekanntes Beispiel für das unveränderte Bestehenbleiben früherer Gehäusetheile nach dem Anbau von neuen Gehäusetheilen führe ich das Verhalten des Gehäuses der Polythalamien an. Hier erleiden die älteren Kammern kaum oder doch nur ausnahmsweise irgend welche nennenswerthe Veränderungen, wenn neue Kammern angesetzt wer- den. Wie sich dieses Verhalten aus der stetigen Umänderung, welche ich für die ursprüngliche Wachsthumsweise der Rhizopodengehäuse halte, entwickelt haben mag, werde ich in einer späteren Arbeit zu zeigen versuchen. F. Die in den Gehäusen aufgefundenen Weichkörper. Bei Eröffnung der Gehäuse fanden sich sieben verschiedenerlei Arten von Weichkörpern, welche nach Ausschluss von schmarotzenden oder in die Gehäuse verirrten Würmern und anderen fremdartigen, kleinen Thieren möglicherweise für Rhizopodenkörper gelten konnten. Diese Weichkörper waren so sehr von einander verschieden und hatten so verschiedenartig gebaute Kerne, dass von vorn herein für Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 473 ausgeschlossen erachtet werden konnte, es lägen hier nur verschiedene Zustände ein und desselben Weichkörpers vor. Es musste hiernach die Frage aufgestellt werden, ob mit der Ver- schiedenheit des Weichkörpers nicht etwa auch eine solche des Ge- häuses Hand in Hand ginge. Ob nicht jeder Weichkörper sein eigen- artiges, wenn auch vielleicht von den andern nur wenig unterschiedenes Gehäuse besitze und so sieben verschiedene Thalamophorenspeecies mit ähnlichem Gehäuse aber mit sehr verschiedenen Weichkörpern vor- lägen. Eine hierauf gerichtete Untersuchung ergab aber, dass die sieben verschieden gestalteten Weichkörper in jeder Art von Gehäusen ver- treten waren, welche sich je nach dem Grade ihrer jeweiligen Ausbil- dung mehr oder weniger gezwungen unterscheiden ließen. Es ließ sich also eine Scheidung in sieben Species auf Grund der Weichkörper eben so wenig durchführen, wie bei Betrachtung des Ge- häuses eine Scheidung der jugendlichen Form (als Psammosphaera) und . der ausgewachsenen Form (als Saccammina) möglich war. Es musste demnach nur eine Art von Weichkörper den rechtmäßigen Besitzer des Gehäuses darstellen, die sechs anderen Weichkörper mussten dagegen auf Schmarotzer, bezüglich auf fremde Eindringlinge, zurückgeführt werden. Es galt nun zu entscheiden, welcher Weichkörper der wahre Sac- camminakörper war. Zur Lösung dieser Frage fand ich nach zahlreichen Untersuchungen das Größenverhältnis zwischen Weichkörper und Ge- häuse für maßgebend. Während die eine Form in allen Fällen, wo sie angetroffen wurde, das Gehäuse mehr oder weniger ausfüllte, so dass man sagen konnte, sie beherrsche das Gehäuse, war dies bei den anderen sechs Formen durchaus nicht der Fall. Hier war der Weich- körper, obgleich er auch einige Mal den Wohnraum des Gehäuses völlig erfüllte, oftmals doch so klein, dass neben ihm noch hundert andere gleich große Körper in demselben Gehäuse Platz gefunden hätten. Es ist aber sicher wahrscheinlicher, dass der berechtigte Inhaber des Gehäuses sich in seiner Ausdehnung nach den Maßverhältnissen des Gehäuses richtet, als dass er ganz unabhängig von dem Wohnraum, den er aus- nutzen soll, jede mögliche Größe anzunehmen vermag und oftmals gegen dessen Ausdehnung gar nicht in Betracht gezogen werden kann. Eine vergleichende Untersuchung des Weichkörpers von Astro- rhiza limicola Sandahl und Hyperammina floridensis n. sp. (ef. p. 470, Fußnote) erbrachte weitere Reweise für die richtige Er- kenntnis des eigentlichen Saccamminakörpers. Die in diesen Formen - aufgefundenen Weichkörper und namentlich auch ihre Kerne zeigten 474 Ludwig Rhumbler, sehr viel Ähnlichkeit mit dem Saccamminakörper, dagegen keine Ähn- lichkeit mit den anderen Weichkörperformen, welche ich als zu Ein- dringlingen gehörige beschreiben werde. Der eigentliche Saccamminakörper war außerdem der häufigste Bewohner der Gehäuse; unter 474 mit Weichkörper erfüllten Gehäusen wurde er 287 mal angetroffen ; 187 mal waren die sechs übrigen Formen vertreten. In Procenten ausgedrückt enthielten also die Saccamminagehäuse in 601/,°/, der Fälle ihren eigentlichen Bewohner, in 391/,%/, dagegen waren sie von Eindringlingen besetzt. G. Der eigentliche Saccammina-Weichkörper. Die weitaus meisten Individuen waren in meinem mit Alkohol konservirten Material zu einer kugeligen Masse zusammengezogen. Doch bewiesen öfters vorkommende Ausbeugungen der Kugelfläche, die im Ganzen allzu abgerundet waren, um für Schrumpfungen gehalten werden zu können, dass der lebende Weichkörper keineswegs immer an die Kugelgestalt gebunden ist, sondern, wie dies von einem Rhizo- podenkörper zu erwarten war, sich in weiteren Grenzen Gestaltsverände- rungen anheimgeben kann. Sehr häufig war ein größerer Theil der Sarkode nach der Öffnung des Gehäuses hin vorgestreckt, so dass ein derart vorgeschobener Theil, wie oben schon erwähnt, als Wegweiser zur Auffindung der Öffnung benutzt werden konnte. Der Weichkörper füllte den Innenraum der Gehäuse fast ganz aus. In seltenen Fällen, wo er kaum mehr als die Hälfte des Gehäusedurch- messers seiner Ausdehnung nach erreichte, bewiesen entweder auf der Oberfläche anhaftende Sarkodeperlen oder eine von den verwendeten Karminfarbstoffen trüb gewordene halb durchscheinende Masse, die den vom Weichkörper freigelassenen Raum ausfüllte, dass bei der Abtödtung Flüssigkeit aus den Thieren ausgetreten war und sich auf diese Weise ihr Volumen verringert hatte; oder aber es fanden sich spontan ausge- stoßene Schlickmassen neben dem Weichkörper, so dass das betreffende Thier durch Abgabe seiner Ingesta sein Volumen nachträglich verringert zu haben schien. 1. Die Hüllschicht. Der meist kugelig kontrahirte Weichkörper war in meinem Material von einer oft sehr dünnen, manchmal aber auch beträchtlich verdickten, scharf begrenzten glashellen Membran umgeben!. i Auch Döperuein fand bei seiner Psammonyx vulcanicus eine deut- liche, dem Weichkörper dicht anliegende Membran. cf. Verhandlungen der zool. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 475 Diese Membran nahm alle üblichen Karmin- und Hämatoxylinfarb- stoffe leicht auf, zeigte aber die Besonderheit, dass sie in dem von mir angegebenen Methylgrün-Eosin-Gemisch eine hellblaue, man darf sagen himmelblaue Färbung annahm und sich auf diese Weise als eine von der übrigen Körpersarkode verschiedene Substanz kund gab. Die eigentliche Körpersarkode färbte sich nämlich in derselben Doppel- farbe stets grell roth. Die Membran war so fest, dass sie sich in der Regel ohne grobe Mühe von dem Weichkörper abziehen ließ; sie riss dabei allerdings hier und da in ziemlich scharfen Kanten; ihr Verhalten lässt sich dem zufolge wohl am besten als pergamentähnlich bezeichnen (Taf. XXII, Fig. 26, 27, 28 und 38). Auch gegen chemische Einwirkungen scheint sie sehr resistent zu sein; sie veränderte selbst nach stundenlangem Verharren in kalter stark koncentrirter Salzsäure ihr Aussehen nicht!. Andere chemische Reak- tionen wurden nicht vorgenommen, um das Material zu schonen. Mein Hauptinteresse war nämlich bei vorliegender Arbeit den Fortpflanzungs- verhältnissen der Saccammina zugewendet. Leider sind nun meine Resultate in dieser Beziehung sehr geringe geblieben; ich musste aber jeden Weichkörper schonen, da ich von keinem wissen konnte, ob nicht gerade in ihm sichere Nachweise auf die Fortpflanzungsverhältnisse auf- zufinden waren. Hätte ich die Fortpflanzung klarzulegen vermocht, so wäre das übrig gebliebene Material zu weiteren Versuchen über die hier offen gelassene chemische Natur der Membranhüllen und anderes Ähnliche verwendet worden; so dagegen wurden alle Weichkörper theils zu Quetschpräparaten verbraucht, oder sie wurden, und zwar der größte Theil von ihnen, in Schnittserien zerlegt. Ihrer Struktur nach waren die aufgefundenen Membranen zum weitaus größten Theil durchaus homogen; nur einige Male ließ sich eine deutlich vakuolige Struktur in ihnen erkennen, ohne dass die Umstände angegeben werden können, unter welchen diese Strukturdifferenzen zu Stande kommen. Membranen mit vakuoliger, oder besser vielleicht »großwabiger Struktur« — großwabig im Unterschiede zu BürscaLr's Elementarwaben — waren in der Regel bedeutend dicker als die homogenen Membranen, während homogene Membranen in der Gesellschaft. Zweite Versammlung. p. 145—4146. Eben so beschreibt ScHauvınn bei seiner Myxotheca.arenilega nov. gen., nov. spec. eine den Weichkörper um- gebende Gallerthülle. Diese Zeitschr. Bd. LVII. p. 20. ! Die Gallerthülle der Myxotheca ist nach Scnaupınn ebenfalls gegen ver- - dünnte Schwefelsäure und verdünnte Kalilauge resistent. 476 Ludwig Rhumbler, Regel nicht dicker als 0,00149 mm waren, erreicht der Durchmesser der großwabigen Membranen 0,04341 mm und gelegentlich noch mehr. Die homogenen Membranen erwecken ganz den Eindruck einer festen, wenn auch geschmeidigen Pellicula, die als Hülle den übrigen Sarkodekörper sackartig umschließt. Die Ähnlichkeit mit einem derartigen, mehr oder weniger formbe- ständigen Gebilde wird noch dadurch erhöht, dass sich fast immer an der Stelle des Weichkörpers, wo dieser den inneren Mündungsrand des Pylomtubus berührt, eine besondere, oft äußerst scharf umgrenzte Öffnung in der pellieulaähnlichen Hülle befindet, welche augenschein- lich dazu bestimmt ist, die vordringenden zur Pseudopodienbildung be- stimmten Sarkodemassen durch die Substanz der Membran hindurch- treten und den Pylomtubus passiren zu lassen. Diese Öffnung ist nur in den seltensten Fällen ein einfaches in der Ebene der Hüllschicht gelegenes Loch (Taf. XXII, Fig. 27); meistens zeigt sie die Form eines wohlausgebildeten Trichters (Taf. XXII, Fig. 28 und 38), in dessen Ausbildung sich im Einzelnen bei ver- schiedenen Exemplaren mancherlei Verschiedenheiten ergeben; manch- mal ist er bei sehr großen Weichkörpern sehr klein, ein ander Mal bei kleineren Weichkörpern sehr groß; er kann wie ein sehr weiter Krater mit seiner inneren Mündung bis über die Mitte des Sarkodeleibes vor- rücken, so dass der ganze Weichkörper durch ihn eine nierenförmige Gestalt erhält; ein ander Mal wieder ist er nur durch eine ganz seichte Delle vertreten (Taf. XXII, Fig. 26 D), um schließlich bei wieder anderen Exemplaren ganz zu fehlen. Doch auch bei den letztgenannten Exem- plaren lässt sich meist die Stelle noch erkennen, wo dem Pylomtubus gegenübergelegen, sonst die Trichteröffnung vorhanden zu sein pflegt, die Substanz der Hülle ist in der Regel hier ganz besonders verdickt. Die große Verschiedenheit, die sich somit in der Formgestalt der einzelnen Trichter ergiebt, macht sich auch in der Menge der zur Trichterbildung verwendeten membranartig konservirten Substanz geltend; in so fern nämlich, als manche Trichter namentlich an ihrem röhrenförmigen Innenende ganz außerordentlich verdickt sind, während andere wieder einen oder mehrere dickere Wülste an ihrer äußeren Öffnung aufweisen, um sich von da aus mit plötzlich verdünnten Wan- dungen in die Tiefe des Weichkörpers zu senken. Kurz und gut in meinem Material konnte ich keine zwei Trichter finden, die in ihrer Ausbildung vollkommen oder auch nur sehr annähernd gleich gewesen wären. Es wäre nun meiner Überzeugung nach falsch, wenn man die ver- schiedenen Trichterformen auf eben so verschiedene Altersstufen bez. Entwicklungszustände des Trichters zurückführen wollte; man wird vielmehr weit richtiger annehmen, dass die Gestalt dieser Trichterbil- dungen keine konstante, sondern eine für ein und dasselbe Exemplar stets veränderliche ist, d. h. dass der Trichter von einer nicht festen, sondern beweglichen Masse gebildet wird, die den Bewegungen der Pseudo- pedien bis zu einem gewissen Grade zu folgen vermag und dabei die verschieden gestalteten Trichterformen annimmt. Man wird sich hier eine gallertige zähflüssige Masse vorstellen dürfen, wie sie z. B. bei Amphizonella violacea Greeff vorkommt und nach den Unter- suchungen Frenzer’s u. A. in wechselnder Form auch bei anderen nackten Rhizopoden sehr weit verbreitet erscheint!. Die Trichterbildungen kommen dieser Auffassung nach beim Ein- ziehen der Pseudopodien dadurch zu Stande, dass die gallertige Sub- - stanz den zurückgehenden Pseudopodien gefolgt, und auf diesem Wege konservirt worden ist. Es scheint mir auf der Hand zu liegen, dass je nach der Intensität, mit welcher die Pscudopodien zurückgezogen wurden, und je nach der Menge der gelatinösen Substanz, die gerade an der Durchtrittsstelle der Pseudopodien angehäuft war, sehr ver- schiedenartige Bildungen zu Stande kommen müssen, so dass hierdurch die Vielgestaltigkeit der Trichter zur Genüge ihre Erklärung findet. Aber nicht allein beim Einziehen der Pseudopodien folgt die ge- ‚latinöse Hüllmasse der in Bewegung begriffenen Sarkode, sondern auch beim Aussenden der Pseudopodien. Es entstehen auf diese Weise Trichter, deren weitere Mündungen nach dem Innenkörper der Sac- cammina gerichtet sind, während deren verjüngter Theil wie ein Pseu- dopodienstiel die Pseudopodienmassen in den Pylomtubus hinein be- gleitet. Solche nach außen umgekehrte Trichter waren nur in ganz seltenen Fällen in meinem Material anzutreffen, was keineswegs ver- wundern kann. Während der Konservirung suchten sich natürlich die Pseudopodien zurückzuziehen, so dass sich der Trichter immer nach innen umstülpen musste, und nur in ganz besonders günstigen Fällen ein nach außen gewendeter Trichter erhalten bleiben konnte. Fig. 76, Taf. XXIV zeigt einen Trichter, der nach außen vorgestülpt ist, aber doch schon auf dem Wege steht, sich nach innen einzustülpen. U ist die Umbiegungsstelle; der Umstülpungsvorgang lässt sich dem Um- stülpen eines Handschuhfingers vergleichen. In den Fällen, in denen ein Pseudopodientrichter nicht vorhanden war, ließen sich auch niemals vorgeschickte Pseudopodienmassen auf- Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 477 1 JoH. FRENZEL, Untersuchungen über die mikroskopische Fauna Argentiniens. Erste und zweite Abtheilung. Die Rhizopoden und Helioamöben. in: Bibliotheca zoologica. 12. Heft. 1892. 478 Ludwig Rhumbler, finden. Die Pseudopodien waren in den Weichkörper eingezogen worden — sie ließen sich hier, wie wir noch später sehen werden, in Folge eigenartiger Einlagerung leicht nachweisen — und über den einge- zogenen Pseudopodien lag die Hüllschicht ausgebreitet, als wenn hier nie eine Durchbrechung stattgefunden hätte. Man wird nicht fehlgehen, wenn man annimmt, dass die Hüllmasse über den zurückgezogenen Pseudopodien langsam zusammengeflossen ist. Für eine gewisse Zähflüssigkeit der Hüllmasse lassen sich auch Verdicekungen der Hüllschicht ins Feld führen, die sich in der Regel da finden, wo die übrige Sarkode Einbuchtungen zeigt. In Ein- biegungen des Weichkörpers muss sich nothwendig mehr Hüllschicht- masse anhäufen als auf Vorstülpungen desselben, wenn die Hüllschicht eine bewegliche Konsistenz wirklich besitzt. Es ist dabei auffallend, dass die Füllung im Weichkörper aufgetretener Furchen in der Regel da am stärksten zum Ausdruck kommt, wo die Hüllschicht vacuolä- ren Bau zeigt; so z. B. Fig. 73. Die Hüllschicht scheint im vacuolären Zustande freier beweglich als im homogenen, daher sie sich den Form- veränderungen des Weichkörpers schneller anzupassen vermag, so lange sie vacuolär ist. Auf der anderen Seite trifft man in der homogenen Hüllschicht häufig auf Verdickungen, ohne dass der Weichkörper an der betreffenden Stelle eine Furche zeigt. Hier mag sich eine früher vor- handene Furche wieder ausgeglichen haben, ohne dass die zähflüssige Hüllmasse Zeit gefunden hätte, auf ihr gewöhnliches Niveau zurück- zukehren (Taf. XXII, Fig. 29 Verd). Noch eine weitere, augenfällige Erscheinung kann als Beweis für die bewegliche Konsistenz der Hüllmasse in Anspruch genommen wer- den; nämlich das Durchwandern von Stoffen, die aus dem inneren Weichkörper herkommen, durch die Hüllschicht hindurch auf deren Außenfläche. Eine feste, starre Haut würde eine solche Durchwande- rung unmöglich machen. Unter solchen Stofien sind zu nennen: Erstens kleine Steinchen, die oft in größerer Zahl der Hüll- schicht aufgelagert sind, augenscheinlich, um für das innere Mörtel- netzwerk des Gehäuses verwerthet zu werden (Taf. XXII, Fig. 30, 34). Dieselben kleinen Steinchen, die der Größe nach ganz unseren Mörtel- steinchen entsprechen, findet man dann in der Regel bei demselben Exemplar auch im Weichkörper und, wenn man Glück hat, auch in der Hüllschicht selbst, eingebacken, an. Es kann kein Zweifel darüber bleiben, dass die kleinen Steinchen ihren Weg aus dem Inneren des Weichkörpers heraus, wo sie von der Sarkode aufgestapelt worden waren, durch die Hüllschicht hindurch genommen haben. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 479 Zweitens Sarkodetropfen, welche bei schlecht konservirten Weichkörpern öfters der Außenfläche der Hüllschicht anklebten, und ebenfalls mehrere Male in der Hüllschicht selbst eingebacken vorkamen (Taf. XXIV, Fig. 79 Sir). Sarkodetheile, durch Rothfärbung im Methyl- grün-Eosin-Gemisch als solche kenntlich, sind hier jedenfalls während des Todeskampfes durch die Hüllschicht hindurchgepresst worden. Wenn die eben genannten Tropfen durch ihre Isolirung von der übrigen Sarkode, als Konservirungsprodukte angesehen werden müssen, so weist doch ein anderes Vorkommen darauf hin, dass die Hüllschicht auch für die lebende Sarkode frei wegbar ist. Ich habe nämlich ge- legentlich in der Hüllschicht kleine kegelförmige, mit der Spitze nach außen gerichtete Grübchen gefunden. Diese Grübchen sind wohl durch das Vordringen von Sarkodepartien in die Hüllschicht hinein hervor- gerufen worden; vielleicht, dass sich auf diese Weise der Weichkörper innerhalb des Gehäuses festhält (Taf. XXII, Fig. 40). . Drittens Kittmassentheilchen, die ebenfalls in der Regel in den inneren Theilen des Weichkörpers erzeugt werden, und von da aus durch die Hüllmasse hindurch auf deren Außenfläche treten, augenscheinlich desshalb, um gelegentlich an die Gehäusewand abge- geben zu werden (Taf. XXIV, Fig. 76 Km). Von der besonderen Anord- nung dieser Kittsubstanztheilchen wird später noch die Rede sein. So wenig bestreitbar es demnach erscheinen muss, dass die Hüll- schicht keine starre, sondern eine, wenn auch vielleicht nur in ge- ringem Grade flüssige Masse ist!, die den im Gehäuse geborgenen Theil des Saccamminakörpers allseits umschließt und auch den Bewegungen der Pseudopodien in so weit folgt, als es ihre Zähigkeit und der je- weilige Vorrath an Substanz zulässt; so zweifellos ist es fernerhin, dass die Hüllmasse sich nicht unerheblich von der übrigen im Allgemeinen wohl ebenfalls zähflüssigen Sarkode unterscheidet. Die eigenartige, pergamentähnliche Konservirung der Hüllschicht ist zwar hierfür absolut kein zwingender Beweis. Man kann bei we- niger gut konservirten Präparaten von Pelomyxa palustris Greeff ganz dieselbe pergamentähnliche Erstarrung der äußeren Plasmalage wahrnehmen, obgleich hier gar kein Zweifel obwalten kann, dass diese äußere Plasmalage selbständig Pseudopodien auszuschieken vermag, dass 1 Dass diese Auffassung wirklich zutrifft, ist durch die interessanten Mitthei- lungen ScHAupınn’s über Myxotheca arenilega nov. gen., noy. spec. bewiesen. Die gallertige Hüllmasse dieser Rhizopode wird ebenfalls von Pseudopodien durch- brochen, ohne dass sich nach Einziehung der Pseudopodien besondere Öffnungen in der Gallerthülle nachweisen lassen. Über den früheren Durchtrittsstellen der Pseudopodien fließt augenscheinlich die weiche Gallertmasse wieder zusammen. 480 Ludwig Rhumbler, sie also eben so gut als Sarkode aufgefasst werden muss, wie die weiter nach innen gelegenen Partien des Sarkodekörpers. Ich meine hier nicht nur die lappenförmigen Ansammlungen von fein strukturirtem Plasma, als welche die an der Peripherie des Weichkörpers auftreten- den schmalen Pseudopodien gekennzeichnet werden müssen, sondern vor Allem die Borstenbesätze, welche öfters auf dem halbkugelig ab- gerundeten Hinterende der Pelomyxa aufzutreten pflegen. Diese Bor- sten sind kleinste Pseudopodien, welche sich unmittelbar aus der äußersten Lage der Sarkode hervorbilden. Ein Blick auf die Fig. 36, Taf. XXI wird dies zur Genüge darthun; sie ist einem Schnitte eines sehr gut konservirten (Pikrinschwefelsäure-) Exemplars entnommen, das mit Methylgrün-Eosin behandelt worden ist. Es sei hier gleich bemerkt, dass sich bei Pelomyxa auch diese äußerste manchmal pergamentartige konservirte Lage des Plasmas in dem genannten Farbe- gemisch stets roth gefärbt hat. Auch wenn man gewöhnliche Difflugien mit bloßem Alkohol kon- servirt, heben sich manchmal die äußeren Plasmatheile von den inneren pergamentartig ab. Aber auch hier färben sich die abgehobenen Theile wie das übrige Plasma in der Methylgrün-Eosin-Mischung vollstän- dig roth. Die zuletzt zum Vergleich herangezogenen hautartigen Erstarrungen sind aber nur seltene Vorkommnisse, so weit sie auch hin und wieder gehen mögen — man kann hier wie bei Saccammina die Haut manchmal abziehen, ohne beträchtliche Theile der inneren Sarkode mit fortzureißen — bei meinen Saccamminen waren sie dagegen immer vorhanden. Was aber zuvörderst für eine große Selbständigkeit der Hüllschicht von Saccammina und für einen Substanzunterschied zwischen ihr und der eigentlichen Sarkode spricht, ist ihr ausnahms- loses Verhalten gegen die Methylgrün-Eosin-Mischung. Die Hüll- schicht färbt sich, wie wir bereits wissen, stets blau, niemals roth, wie das übrige Protoplasma oder wie die peripherischen Sarkode- theile der Pelomyxa und der Difflugien. Fast unnöthig scheint es hiernach, noch anzuführen, dass die homogene oder auch grobwabige Struktur der Hüllschicht von den Struktur- oder Konservirungsbildern der eigentlichen Sarkode wesentlich abweicht, wie aus meiner späteren Darstellung hervorgehen wird, und dass auch hierdurch eine Substanz- differenz zwischen beiden mehr wie wahrscheinlich gemacht wird. Die Hüllmasse scheint von Zeit zu Zeit erneuert zu werden. Ich fand einige Male über der blau erscheinenden Hüllschicht noch Bruchstücke einer zweiten, immer sehr dünnen Haut, welche auf meinen Schnittpräparaten von der blauen Hüllschicht als deren äußerste Lage Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 481 losgerissen war und sich in dem Methylgrün-Eosin-Gemisch nicht blau gefärbt hatte, sondern ungefärbt geblieben war oder deutlich grün ge- färbt erschien. Nun habe ich in meiner ersten Mittheilung über die Färbe- mischung schon hervorgehoben, dass die Kittsubstanz der Süßwasser- difflugien, welche bei ganz jugendlichen Gehäusen sich blau färbt, bei älteren ungefärbt bleibt, bei alten (so bei den meisten ausgestorbenen zerfallenden Gehäusen) eine grüne Färbung annimmt. Die Annahme scheint mir daher gerechtfertigt, dass auch die Grünfärbung der äuße- ren Hüllschichttheile der Saccammina ihr Alter oder ihren Zerfall be- deutet, zumal ja beide Substanzen, die Hüllschicht der Saeccammina und die Kittmasse der Difflugien, auch sonst in ihrem Verhalten gegen den Farbstoff genau übereinstimmen. Wir hätten es hier also mit einer Abstoßung altgewordener Massen — mit einem Häutungsprocess zu thun!. Da die losgerissenen, grüngefärbten Häute nie in Form von Tropfen auftreten, so wird man zu der Annahme gezwungen, dass sie starr gewordene, also nicht mehr gelatinös, zähflüssige Theile der Hüll- substanz sind, die bei den Bewegungen des Saccamminakörpers zer- sprengt werden und dann gelegentlich abfallen, oft aber auch an der gelatinösen Hüllschicht noch länger hängen bleiben, so dass sie in Bruchstücken in meinem Material öfter gefunden werden konnten. Ohne mich in weitere Spekulationen zu vertiefen, sei hier er- wähnt, dass ja auch die analog färbbare Substanz der Mörtelmasse, welche das innere und äußere Mörtelnetzwerk der Gehäuse liefert, eine eben so einfache wie ungezwungene Erklärung ihrer Eigenschaften (cf. p- 443) in der Annahme finden würde, dass sie aus festgeworde- ner Hüllmasse besteht; man denke auch an die öfter aufgefundene Einlagerung kleiner Mörtelsteinchen in die Hüllschicht, an die Resistenz der Hüllmasse gegen Salzsäure etc. etc. Wenn auch die von allem Anfang an unfärbbare Kittsubstanz, also jene Substanz, welche die größeren Steine des Gehäuses zusammen- hält, mit der Hüllschichtsubstanz in Zusammenhang gebracht werden darf, woran ich kaum zweifle, so muss der Kittsubstanz doch von vorn herein eine besondere Modifikation zuerkannt werden, die ihr selbst im jugendlichen, flüssigen Zustande die Annahme von Farbstoffen abzuweisen erlaubt. Kittsubstanztheilchen werden nämlich sowohl innerhalb der Sarkode, wie wir später bei Besprechung der verschiedenartigen Einlagerungen im Inneren der Körpersarkode sehen 1 Auch für die Gallerthülle der Myxotheca vermuthet Scnaupınn, dass mit dem Abstoßen der steinigen Auflagerungen gelegentlich auch Theile der Gallert- hülle selbst mit abgestoßen werden. Diese Zeitschr. Bd. LVII. p. 22. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 39 482 Ludwig Rhumbler, werden, als auch in der Hüllschicht selbst in einem Zustande gefun- den, der über ihre ursprüngliche, zähflüssige Konsistenz keinen Zweifel aufkommen lässt. In der Hüllschicht treten die Kittsubstanztheilchen entweder in Form feinster, gelbgrünlich erscheinender, durch alle von mir ver- wendeten Farbstoffe nicht in ihrer Färbung veränderlicher Nebel auf, oder diese Nebel vereinigen sich zu mehr oder weniger großen Kon- krescenzen, die oft noch sehr deutlich ihre Entstehung aus Verschmel- zung kleiner Substanztheilchen zur Schau tragen. Von besonderem Interesse sind ringartige Ansammlungen von Kittsubstanz, welche sich ziemlich häufig um die Trichteröff- nung der Hüllschicht herumgelagert fanden. Diese Ringe waren in der Regel nicht geschlossen, sondern bestanden meist aus mehreren kon- centrisch gelagerten Kreisabschnitten, die ihrerseits wieder aus einzelnen tropfenförmigen Gliedern oder auch aus längeren Bändern zusammen- gesetzt waren (Taf. XXII, Fig. 28)!. Diese Kittschichtringe finden sich besonders bei kleineren Weichkörpern, während sie bei ausgewachsenen Saccamminen ganz fehlen oder nur spurweise angedeutet sind. Es liegt hiernach nahe, dass die Kittschichtringe beim Aufbau des Pylomtubus Verwendung finden und dabei mehr oder weniger aufgebraucht werden. Der Vollständigkeit halber muss ich zum Schlusse des Kapitels über die Hüllschicht noch eigenthümliche fadenförmige Anhänge erwähnen, welche ich einmal der Hüllschicht von innen her anhaften fand und welche sich im Methylgrün-Eosingemisch eben so blau gefärbt hatten wie die Hüllschicht selbst (Taf. XXII, Fig. 29). Es erinnern mich diese Anhänge sehr an ähnliche Gebilde, welche ich innerhalb des Weich- körpers von Pulvinulina Menardii (d’Orb.) als ziemlich konstantes 1 Die koncentrische Anordnung dieser Kittschichtringe (Taf. XXII, Fig. 28) wird wohl einfach durch das Aus- und Einstülpen des Hüllschichttrichters zu Stande gekommen sein. Bei derartigen Bewegungen einer gelatinösen zähflüssigen Masse müssen sich nach meiner Überzeugung anders geartete Substanzen immer in derselben Weise anordnen; es wird nämlich von dem Umstülpungscentrum aus eine in koncentrischen Kreisen nach der Peripherie hin verlaufende Wellenbe- wegung stattfinden, deren kreisrunde Anordnung sich auf die Lagerung der in ihr suspendirten Fremdsubstanztheilchen übertragen muss. Was hierbei der einzelnen Welle an Intensität fehlen mag, wird durch ihre häufige Wiederkehr ersetzt; dent es muss sich ja in gleicher Weise jede einzelne Erschütterung, welche die etwa _ ausgestreckten Pseudopodien durch Lageveränderung oder sonstwie erfahren, von dem Trichter aus über die Hüllschicht hin in kreisförmigen Wellen fortpflanzen. Ein anschaulicher, wenn auch etwas kühner Vergleich wäre es, die Kittringe ihrer Entstehung nach mit CartAnnrschen Klangfiguren zu vergleichen, die auf einer kreisrunden, vom Centrum aus in Schwingungen versetzten Scheibe ehenfalls kon- centrische Kreisformen annehmen müssten. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 483 Vorkommen antraf. Über ihre Bedeutung bin ich hier wie dort noch nicht ins Klare gekommen. Vergleichendes über die Hüllschicht der Saeeammina. Nachdem ich im vorigen Abschnitte bereits einen Vergleich der Hüllschicht der Saecammina mit dem Ektoplasma der Pelomyxa palustris und anderer Süßwasserrhizopoden (außer den schon ange- führten Difflugien darf auch Amoeba verrucosa Ehrbg. genannt werden, deren hautartiges Ektoplasma sich im Methylgrün-Eosingemisch ebenfalls roth und nicht blau färbt) als unzulässig dargethan habe, bleibt die Frage gerechtfertigt, ob es nicht Gebilde bei anderen Proto- zoen giebt, bei denen ein ähnlicher Widerspruch nicht existirt und die demgemäß mit der Hüllschicht der Saecammina verglichen werden dürfen. Ich dachte zuerst an die Pellicula der Infusorien, mit der ja die Hüllschicht der Saccammina in ihrem membranartigen Konservirungs- zustand eine gewisse, nicht zu leugnende Ähnlichkeit besitzt. Aber auch mit der Pellicula dieser Protozoengruppe hat die Hüllschicht nichts zu thun. Ich habe Opalina ranarum und Paramaecium aurelia in großen Mengen geschnitten und mit Methylgrün-Eosin gefärbt, ohne jemals die geringste Spur der sonst so auffälligen Blaufärbung an der ‚Pellieula erkennen zu können. Sie färbt sich roth und verhält sich somit genau wie das übrige Protoplasma, von dem sie jedenfalls auch nur einen besonders strukturirten Theil darstellt. Nach weiterem Suchen fand ich schließlich folgende Substanzen, die eine gesetzmäßige Blaufärbung nach Behandlung mit Methylgrün- Eosin erkennen ließen: 4) Frisch ausgeschiedene Kittsubstanzen von solchen Rhizopodengehäusen, die aus Fremdkörpern zusammengesetzt werden; 2) frisch ausgeschiedene Cystenmembranen verschiedener Protozoen (ob aller?) und 3) die sogenannten inneren Schalenhäutchen von jüngeren Kammern der Polythalamien. Es sind das, gewiss nicht zufälliger Weise, lauter solche Produkte, deren Homologisirung mit der Hüllschicht der Saceammina auch aus anderen Gründen so nahe liegt, dass kaum näher darauf eingegangen zu werden braucht. Besonders instruktiv scheint mir dabei, dass sich die genannten Gebilde nur in ihrem Jugendzustande blau färben. So färbt sich die Kittsubstanz der Süß wasserdifflugien nur da blau, wo sie etwa zur Anheftung neuer Bausteine frisch ausgeschieden worden ist. Cysten von Infusorien! sah ich so lange eine himmelblaue Färbung ‚annehmen, als sie noch in ihrem gelatinösen Zustand verharrten, welcher ! Die Cysten, welche mir die obenstehenden Resultate lieferten, gehörten 3 484 Ludwig Rhumbler, neu ausgeschiedene Gystenmembranen zu charakterisiren pflegt!; sie nahmen keine Farbe mehr an, sobald sie zu einer Haut erstarrt waren. Was das innere Schalenhäutchen der Polythalamien? anlangt, so färben sich die zu jüngeren Kammern gehörigen Theile derselben mehr oder weniger blau; ältere Theile früherer Kammern zeigen diese Blaufärbung nicht mehr sondern bleiben ungefärbt. Die Schalenhäut- chen alter ausgestorbener Gehäuse färben sich dagegen grell grün. Man vergleiche das angeführte Verhalten mit dem, was ich oben (p. 481) über die Färbbarkeit losgesplitterter Hüllschichttheile gesagt habe, und man wird eine Homologie der erörterten Substanzen kaum mehr in Frage ziehen dürfen. Es ergiebt sich hieraus aber der Schluss, dass die Hüllschicht derSaccammina dem Schalenhäutchen der kalkschaligen Polythalamien und der Kittmasse der Süßwasserdifflugien gleichgesetzt werden muss, welche letztere, unterhalb der Bausteine zu einer gemeinsamen Schicht zusammengetreten, ebenfalls als Schalen- häutchen aufgefasst werden kann. Ich habe oben bereits hervorgehoben, dass die Gehäusewand der Saccammina eines zusammenhängenden inneren Wandbelags von Kittmasse, wie er für die Süßwasserthalamophoren und die kalk- schaligen Perforaten wohl durchweg Regel ist, gänzlich entbehrt und dass die Gehäusesteine nur an ihren Berührungskanten mit Kittmasse verbunden sind. Dieser Wandbelag ist bei Saccammina mit dem - Weichkörper in inniger Verbindung geblieben; er wird vom Weich- körper in einem zähflüssigen Zustand erhalten, dabei findet von Zeit zu Zeit eine Abstoßung alter, festgewordener Substanztheile statt, der ein Ersatz von neuer Substanz aus dem Inneren des Weichkörpers folgt (ef. Einlagerungen p. 507). Die Kittmasse, welche das Gehäuse zusammenhält, ist wohl ein Derivat festgewordener Hüllschichtsubstanz, das sich durch seinen Ge- halt an Eisenoxydsalz auszeichnet. Ihrer stofflichen Natur nach ist die Hüllmasse ein Abscheidungs- produkt des Protoplasmas eben so wie die Cystenmembran encystirter Infusorien ein Abscheidungsprodukt des protoplasmatischen Infusorien- leibes ist. jedenfalls Stylonychia mytilusan; ich fand die untersuchten Cysten nämlich mit großen Mengen dieses Infusors zusammen. 1 cf. BürscaLı, Protozoa. p. 4659. 2 Als Untersuchungsobjekte dienten hier die in überschüssiger Pikrinschwefel- säure entkalkten und gut ausgewaschenen Gehäuse von Globigerinen, von Truneatulina lobatula Walker u. Jakob, von Rotalia BecariiLl. und von CalcarinaSpengleri. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 485 Die Frage, ob allesandschaligen Foraminiferen eine den Körper umgebende Hüllschicht besitzen, kann ich nicht be- antworten. Bei den Astrorhizen färben sich die Gehäuse mit ihren mehr oder weniger festen Fortsätzen in dem Methylgrün-Eosingemisch so auffallend stark blau, dass die ganze Gehäusewand augenscheinlich aus nichts weiter bestehen kann, als aus einer besonders mächtig ge- wordenen Hüllsubstanz, in die zur weiteren Festigung eine große Zahl von Steinen und Schlammpartien eingebacken ist. Ob außer dieser Gehäusewand auch dem Weichkörper eine besondere zähflüssig blei- bende Hüllmasse zukommt, muss desshalb unentschieden bleiben, weil es mir nicht gelang, die“ mit der Gehäusewand festverklebten Rand- theile des Astrorhizakörpers freizulegen. Bei den kalkschaligen Polythalamien und den Süßwasserdifflugien fehlt jedoch eine die Sarkode umgebende Hüllschicht gänzlich, sie ist eben ganz in das Schalenhäutchen übergegangen. Dass es auch Rhizopoden giebt, die bloß von einer Hüll- schicht ohne weitere Einlagerung von Festigungsmitteln umgeben sind, und kein besonderes Gehäuse aufbauen, werde ich später an Formen zu zeigen versuchen, die ich als fremde Eindringlinge in aus- gestorbenen Saccamminengehäusen auffand (Rhynchosaccus immigrans n. g.n. sp.). Es ist dies ja auch durch die Anwesenheit einer gelati- ‚nösen Hüllschicht bei Amphizonella violacea Greeff sehr wahr- scheinlich ef. p. 477); hier müsste allerdings erst ein Färbeversuch die Homologie der beiderlei Hüllsubstanzen feststellen. 2. Die Pseudopodialröhren. Ich fand bei drei Exemplaren von der Gehäusewand in das umge- bende Medium frei hineinragende verästelte Gebilde, von denen nun- mehr zu untersuchen wäre, ob sie für Pseudopodien gelten dürfen. Bei allen dreien ließ sich ein Hauptstamm erkennen, von welchem _ eine geringe Zahl von Ästen abging. An diesen Ästen saßen wiederum kleinere Zweige, eine weitere Zertheilung dieser Äste fand nicht statt. Bei zwei Exemplaren war der Stamm sowohl als die Äste und Zweige vielfach gelappt und abgeplattet, wodurch die ganzen Gebilde einen flechtenähnlichen Habitus erhielten. | Das dritte in gleicher Weise verästelte Gebilde zeigte weder Ab- plattungen noch Lappenbildungen, die Querschnitte waren vielmehr allenthalben, an Stamm, Ästen und Zweigen, mehr oder weniger kreis- rund (Taf. XXII, Fig. 24). Die Außenfläche der verästelten Gebilde wurde von einer ziemlich. dieken, durchsichtigen Haut gebildet, in die zahlreiche kleinere oder 486 Ludwig Rhumbler, größere Steinchen unddunkelgefärbte Schlickpartien eingebacken waren. Das Innere war streckenweise leer, streckenweise fand sich dagegen eine körnig trübe Masse, welche auf Sarkoderückstände zurtickgeführt werden müssen. Nur das eine stielrunde, nicht gelappte Gebilde hatte den Pylom- tubus zum Austritt aus dem Gehäuse benutzt, während die beiden ge- lappten durch eine, sonst in den Gehäusen nicht vorhandene Öffnung der Gehäusewand durchgetreten waren. Bei den letztgenannten Exem- plaren war aber, das muss besonders hervorgehoben werden, ein Pylomtubus ebenfalls schon deutlich angelegt, er war jedoch von den fraglichen, flechtenähnlichen Gebilden nicht benutzt worden (Taf. XXI, Fig. 18, 23). | Im Inneren der betreffenden Gehäuse befand sich ein Weichkörper, der in allen Einzelheiten dem Weichkörper der anderen Saccamminen so sehr entsprach, dass es gewiss falsch wäre, wenn man die Saccammi- nen mit den eigenthümlichen verzweigten Anhängen als eine besondere Species von SaccamminasphaericaM. Sars trennen wollte. Auch die Ausbildung der Gehäuse ließ keinerlei.Besonderheiten erkennen, welche die Abscheidung einer neuen Species erlaubt hätten; die Ge- häuse standen auf dem Psammosphaerastadium. Wenn man die geschilderten Gebilde als gewöhnliche Pseudopo- dien auffassen wollte, so würde man mit verschiedenen Beobachtungen in Konflikt gerathen, welche von anderen Forschern an lebenden Indi- viduen anderer sandschaligen Thalamophoren angestellt werden konn- ten. Man müsste nämlich eine mehr oder weniger lobose Verbrei- tungsform für die Saccamminapseudopodien annehmen; während bei Astrorhiza von Bsssers! und bei Haliphysema von Ray LAnkEster 2 eine spitze retikuläre Form der Pseudopodien ganz außer Frage gestellt ist. Die Beobachtungen sind in beiden Fällen mit Abbildungen belegt, die aufs deutlichste zeigen, dass die von mir auf Taf. XXI, Fig. 18,23 u. 24 wiedergegebenen Gebilde keine eigentlichen Pseudopodien darstellen können ; oder man müsste annehmen, dass es sich in beiden Fällen um erundaus verschiedene Rhizopodengruppen handele; eine Annahme, die mir sehr unwahrscheinlich erscheint. Der sonstige Bau der Astrorhiza giebt uns aber einen Schlüssel für ! E. Bessers, Haeckelina gigantea. Ein Protist aus der Gruppe der Mono- thalamien. in: Jenaische Zeitschr. für Medicin u. Naturw. Bd. IX. p. 265—279. Seine Haeckelina gigantea ist mit Astrorhiza limicola synonym. 2 E. Ray LAnkester, The structure of Haliphysema Tumanowiczii. in: Quart. journal of microscopical science. Bd. XIX. new series. p. 476—483. Vgl. auch: F..ScHAupınn, Myxotheca arenilega. Diese Zeitschr. Bd. LVII, p. 24. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 487 die fragwürdigen Gebilde bei Saccammina an die Hand. Es ist be- kannt, dass sich von der Centralscheibe der Astrorhiza limicola Sandahl aus nach allen Seiten hin fünf bis fünfzehn Arme strahlenförmig verbreiten. Diese Strahlen sind an ihren distalen Enden nicht so fest gebaut wie die Gentralscheibe, sie haben ganz dasselbe Aussehen haut- artiger, cylindrischer oder auch abgeplatteter Aststücke, denen kleine Steinchen und Schlickmassen aufgelagert sind, wie ich es für die ver- zweigten Gebilde der Saccammina beschrieben habe. Auch sie machen auf den ersten Anblick ganz den Eindruck wenig verzweigter Pseudopodien. Sie stellen aber im Unterschiede zu eigentlichen Pseudo- podien mehr oder weniger konstante, wenngleich weiche, biegsame Bildungen dar, welche nicht beliebig eingezogen werden können, und selbst bei der schlechtesten Konservirung in ausgestrecktem Zustande erhalten bleiben. Auch in ihrer Achse finden sich bei konservirten Exemplaren Sarkoderückstände. Von diesen Fortsätzen, die ich zum Eitersthiede von wirklichen Pseudopodien, als »Pseudopodialröhren« bezeichnen will, laufen dann erst nach den Mittheilungen Bessers’ die eigentlichen spitzen Pseudopodien aus. Meistens sind es die freien Enden der Pseudopo- dialröhren, welche die Pseudopodien ausschicken. Die Pseudopodialröhren sind übrigens keineswegs auf die sand- schaligen Formen beschränkt. Ich fand junge Miliolinen, welche sich auf die Bryozoe Aleyonidium gelatinosum festgeheftet und sich mit einer aus kleinen Sandpartikelchen und aus einer häutigen Unterlage bestehenden Decke allseits umgeben hatten, mit ganz denselben Fort- sätzen ausgestattet. Die Sanddecke lief direkt in die Pseudopodial- röhren aus! (Taf. XXII, Fig. 25). Bei Saccammina werden derartige Pseudopodialröhren offenbar nur sehr vorübergehend angelegt, sonst hätte ich sie öfter vorfinden müssen. Ihr Zweck scheint mir klar auf der Hand zu liegen; es sind Sammelstätten für neue Bausteine, die das Gehäuse bei seinem Wachsthum nöthig hat. Ich wüsste nicht, wie auf andere Weise das meist übergroße Baumaterial zum Wachsthum des Gehäuses herbei- geschafft werden sollte. Die Pseudopodialröhren der Saccammina sind eine besondere Ausbildung der extrathalamen Aufspeiche- 1 Vielleicht kommen die Pseudopodialröhren bei Imperforaten in weiterer Verbreitung vor; bei der Undurchlässigkeit ihrer Schale besitzen sie die Fähigkeit, Pseudopodien auszuschicken, in ‚weit geringerem Grade als die Perforaten, die allenthalben durch ihre Gehäusewand hindurch Pseudopodien in großer Zahl zur Entwicklung bringen können. Es kann auf keinen Fall bestritten werden, dass die Pseudopodialröhren eine weit größere Fläche zur Pseudopodienentfaltung dar- bieten, als sie durch die oft sehr kleine Gehäusemündung möglich ist. 488 Ludwig Rhumbler, rungen von Gehäusematerial, wie ich sie für Difflugia acuminata früher beschrieben habe'!. Man mag das Wachsthum des Saccamminagehäuses leugnen wollen, und sich irgend eine besondere Fortpflanzungsart derselben ausdenken, man wird immer zugeben müssen, dass die Saecammina entweder für sich oder für ihre Brut neue Bausteine bedarf. Da nun die weitaus größte Zahl der Bausteine wegen ihrer Ausdehnung nicht in das Ge- häuse hineingelangen können, müssen sie vor demselben untergebracht werden; daher die Pseudopodialröhren. Auch über das weitere Schicksal der Pseudopodialröhren kann kaum ein Dunkel bleiben. Ich bin nämlich überzeugt, dass man die Pseudopo- dialröhren mit jenen kegelartigen, hornartigen oder auch röhrenförmigen Gehäuseausläufern in Zusammenhang bringen darf, die ich oben p. 461 erwähnt habe. Aus diesem Grunde habe ich auf Taf. XXII, Fig. 18, 19 u. 21 diese Auswüchse neben das eine Exemplar mit Pseudopodialröhre in der Reihenfolge aufgezeichnet, wie ich sie mir aus einander her- vorgehend denke. In Fig. 19 hat sich die Pseudopodialröhre zu einem kegelförmigen Auswuchs des Gehäuses zusammengezogen, auf welchem die vorher aufgesammelten Steinchen nun mehr dichter zusammenge- lagert sind. In Fig. 21 ist die Zusammenziehung dieses Kegels so weit gegangen, dass die aufgesammelten Steinchen sich direkt einander be- rühren; es hat sich dadurch eine Steinwandung entwickelt, die sich von der des Gehäuses nur dadurch unterscheidet, dass sich keine braune Kittmasse zwischen ihren einzelnen Bausteinchen findet. Der Kegel hebt sich nach Behandlung mit gelbem Blutlaugensalz und Salzsäure durch seine helle Färbung außerordentlich scharf von den dunkelbraun erscheinenden älteren Gehäusepartien ab. Das weitere Schicksal dieses Kegels würde in einer Einreihung seiner Bausteine in die aus einander weichende, eigentliche Wand des übrigen Gehäuses zu suchen sein. Ein Vorgang, der uns in dem Gehäuse der Fig. 14 a,b, c (Taf. XXI) erhalten ist, und sich aus dem Zustande der Fig. 24 (Taf. XXII) ent- wickelt haben mag. Fig. 23 legt es nahe, dass zur Aufsammlung des zum Gehäusewachs- thum nöthigen Baumaterials zuweilen mehrere Stellen benutzt werden können; neben einem bereits vorhandenen Gehäusehorn ist eine weitere Pseudopodialröhre von Neuem durch die Gehäusewand hindurchge- brochen. Das gewaltsame Durchbrechen der Gehäusewand findet ihr Analogon in den gewaltsamen Vorgängen, die ich für das Gehäuse- wachsthum der Süßwasserrhizopoden in der oben eitirten Arbeit an- gegeben habe. ! Diese Zeitschr. Bd. LII. p. 519, ö Die häutige Unterlage der Pseudopodialröhren ist eine Fortsetzung der Hüllmasse. Bei dem Taf. XXII, Fig. 24 abgebildeten Exemplar konnte ich deutlich die unmittelbare Fortsetzung der Hüllschicht, welche die im Gehäuse geborgene Körpersarkode umgiebt, auf die Pseudopodialröhren hinüber verfolgen; die Pseudopodialröhren färbten sich außerdem den stofflichen Sonderheiten der Hüllmasse entsprechend in Methylgrün-Eosin tief blau. Es ist im Allgemeinen sehr schwer die Pseudopodialröhre in Zusammenhang mit der Sarkode frei zu prä- pariren; sie brechen nämlich außerordentlich leicht an der Stelle ihres Durchtrittes durch die Gehäusewand ab; doch kann man sich auch in solchen Fällen durch die Gestalt und durch Ausmessen der beider- seitigen Bruchflächen von der früheren Kontinuität der Hüllschicht und der Pseudopodialröhren überzeugen. Wir kommen also zu dem Schlusse, dass die Pseudopodial- röhren nicht mit echten Pseudopodien verwechselt werden dürfen, sondern dass sie als mehr oder weniger verzweigte Verlängerungen des Weichkörpers aufzufassen sind, von denen aus erst die Pseudopodien nach allen Seiten hin ausstrahlen (Astrorhiza, BesseLs). Bei meinem konservirten Material waren die früheren Pseudopodien zum Theil noch in Gestalt kleinster, im Methylgrün-Eosin roth oder graubraun (woher letztere Färbung stammt, wird im nächsten Abschnitt klar werden) gefärbter Sarkodetröpfchen vertreten; eine Gestaltungsform, die nach VERWoRN ihrem höchsten Reizzustande entspricht. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 489 3. Die Pseudopodien. Eben so wenig wie sich auf den Pseudopodialröhren die Pseudo- podien in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten fanden, eben so wenig wird man wohlausgebildete Pseudopodien an der Hauptstelle der Pseudo- podienentfaltung, am Hüllschichttrichter, erwarten dürfen. Immerhin glaube ich auf das Verhalten der durch den Trichter hervorgetretenen Sarkodemasse näher eingehen zu müssen, weil sich einmal ein durch- greifender Unterschied zwischen der inneren Körpersarkode mit Hilfe der Methylgrün-Eosin-Färbung herausstellte, und weil die vorgefun- denen Verhältnisse fernerhin mir trotz des Reizzustandes, in welchem sie fixirt worden sind, einen Schluss auf die ursprüngliche Anordnungs- weise der Pseudopodien zu gestatten scheinen. Was den ersten Punkt anlangt, so müsste es auffallen, dass die aus dem Pylomtrichter ausgeschickten Pseudopodienmassen zum größ- ten Theil nicht, wie man hätte erwarten sollen, wie die übrige Sarkode roth gefärbt waren, sondern nach der Färbung in einem fahlen Grau oder Graubraun erschienen. In diesem fahlen Grau leuchteten nur 490 Ludwig Rhumbler, einige, niemals sehr viele, stark rothgefärbte kugelige Tropfen und fürderhin eben so grellgrün gefärbte kugelige, ovale oder ganz unregel- mäßig gestaltete Gebilde hervor. Wie aus dem Abschnitte über die übrige Körpersarkode hervor- gehen wird, darf man die rothgefärbten Kugeln für Protoplasma an- sehen, das sich im höchsten Reizzustande kugelig zusammengezogen hat; die grüngefärbten Substanzen sind unstreitig aufgenommene Schlick- und Detritusmassen, wie ebenfalls der weitere Verlauf dieser Arbeit mit voller Sicherheit darthun wird. Es harrten somit nur noch die grau oder graubraun gefärbten Partien einer Erklärung. Ehe ich diese aber gebe, möge eine genauere Beschreibung der aus dem Trichter hervorgetretenen Sarkodemasse erlaubt sein. Sie stellt sich auf Schnitten (Taf. XXII, Fig. 76 und 79) wie ein Fächer dar, dessen, von der Austrittsöffnung nach der Peripherie hinstrahlenden Rippen von besonders stark hervortretenden Protoplasmasträngen gebildet werden. Eine Untersuchung mit etwa 500facher Vergrößerung reicht schon aus, um zu erkennen, dass diese Protoplasmastränge aus einem feinen Netz- werke bestehen, dessen einzelne Maschen in distaler Richtung sehr in die Länge gezogen sind. Auch die Partien zwischen den besonders ausgeprägten Strängen, oder, um in dem Bilde zu bleiben, die Fach- werke des Fächers, werden durch ein feines Netzwerk ausgefüllt, das aber mehr oder weniger rundlich oder polygonal gestaltete Maschen zeigt und keine Längsstreckung derselben erkennen lässt. Die Peri- pherie des Fächers ist mehr oder weniger ausgebuchtet, wobei die zwischen zwei Buchten stehengebliebenen Spitzen häufig in feinere Fäden ausgezogen sind. Die letzterwähnten Fäden dürfen wohl als direkte Überreste der einstmals viel länger ausgezogenen Pseudo- podien angesehen werden. Sie sind aus kleinen Tröpfchen, Reiztröpf- chen von 0,00298—0,00477 mm zusammengesetzt und stark roth ge- färbt. Der ganze übrige aus einem Netzwerk bestehende Fächer muss aber augenscheinlich als das Verschmelzungsprodukt aller vordem aus- geschickten Pseudopodien angesehen werden. In dieser Beziehung mag ein halbmondförmiger Spalt, der sich auf dem in Fig. 76 abgebildeten Schnitte eine kurze Strecke oberhalb des Ausgangspunktes des Fächers fand, eine Anschauung geben. Man kann ihn über mehrere Schnitte hinaus verfolgen und wird so zu der Anschauung geführt, dass hier ein besonderes Astbüschel von Pseudopodien sich noch nicht völlig mit dem Gros der anderen Pseudopodien vereinigt hat. Das geschilderte Sarkodenetzwerk ist der optische Ausdruck einer typischen Wabenbildung. Wenn auch die meisten der Waben bedeu- tend größer sind — sie erreichen einen größten Durchmesser von A Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 491 0,0081495 mm — als die Bürscaır'schen Elementarwaben, so sind doch viele von ihnen, ohne sonstige Unterschiede aufzuweisen, von unmess- barer Kleinheit, so dass hierdurch die Verbindung zu den Bürscnırschen Waben hergestellt ist. Mit einiger Sicherheit konnte ich noch Waben bis zu einer Kleinheit von 0,00420 mm Durchmesser feststellen. Es finden sich alle Übergänge von den großen zu den kleinsten Waben, so dass sich ein principieller Unterschied zwischen den verschieden großen Waben nicht feststellen ließ. Bei größeren Waben waren die einzelnen Wabenwände oft außerordentlich deutlich zu erkennen. Die langgestreckte Form, welche die Maschen der Hauptäste auszeichnet, ist jedenfalls auf den Zug zurückzuführen, welchen der Sarkodeleib auf die Pseudopodien ausübte, um sie vor den schädigen- den Einflüssen der Konservirungsflüssigkeit zu retten. BürscuLı hat durch Zerrung von besonders zähen Ölseifenschaumtropfen eine ganz ähnliche Längsstreckung der sonst mehr rundlichen Schaumwaben er- zielt und diese langgestreckten Waben bereits mit, unter ähnlichen Zer- rungen stehenden, lebenden Waben des Protoplasmas verglichen!. Eine auffallende Ähnlichkeit besteht zwischen dem Aussehen des beschriebenen Pseudopodienfächers und dem gelegentlichen Aussehen der Sarkode vieler oder vielleicht gar aller Polythalamien an den Orten, wo die Sarkode von einer Kammer in die andere übertritt. Auch hier habe ich bei Rotalia Becarii, Pulvinulina Menardii, Truncatu- lina lobatula und bei den Globigerinen eine fibrilläre Struktur der fächerförmig sich in die nächste Kammer ausbreitenden Sarkode gefunden; auch hier mag der Zug des während der Konservirung in die inneren Kammern zurückziehenden Weichkörpers an der Er- scheinung Schuld sein. An Stelle der fächerförmigen Ausbreitung der Fibrillen findet sich bei den genannten Formen manchmal eine knopf- förmige Schleifenbildung derselben, wie sie BürscaLı? zuerst bei Pe- neroplis, Calcarina und einer Verneuilina gesehen hat, und wie von mir demnach für die obengenannten Formen bestätigt werden kann. Bürscnuı erklärt die Erscheinung dadurch, dass irn Momente der Fixirung eine lebhafte Protoplasmaströmung nach den Nachbarkammern stattgefunden habe, so dass also auch durch Vorfließen, nicht bloß durch Zug, ein fibrilläres Aussehen der Waben zu Stande kommen soll. Die Waben im Pseudopodienfächer meiner Saccammina waren immer so an einander geordnet, dass ihre Kanten durch viele Waben 1 0. Bürscatı, Untersuchungen über mikroskopische Schäume und das Proto- plasma. Leipzig 1892. p. 32 u. 66. Taf. I, Fig. 9. 2 0. Bürscarı, Kleine Beiträge zur Kenntnis einiger mariner Rhizopoden. Morphologisches Jahrbuch, Bd. XI. 1886. p. 88. a Szene 492 Ludwig Rhumbler, hindurch den Eindruck zusammenhängender Fäden erweckten — un- gemein dünner Fäden, die mit den Hauptsträngen des Fächers nicht verwechselt werden dürfen. Ob dieses fadige Aussehen ein optisches Trugbild ist oder ob es sich hier um wirkliche Fäden, etwa Stützfäden der ursprünglichen Pseudopodien handelt, vermag ich nicht zu entschei- den, da meine Schnitte bei aller Dünne, die ich zu erreichen vermochte, zur klaren Beurtheilung dieser Frage immer noch zu dick ausfielen. Wenn es sich hier um wirkliche Fibrillen handeln sollte, so müsste weiter die Annahme gemacht werden, dass jede solche Fibrille von einem leichter flüssigen Protoplasma umgeben gewesen sei, näm- lich von demjenigen Protoplasma, welches durch seine Verbindung mit den Umkleidungsplasmen anderer Fibrillen die Wabenstruktur zuwege gebracht habe. Die Fibrillen würden bei einem solchen Verhalten die Rolle von Achsenfäden innerhalb eines leichtflüssigen Rindenplasmas spielen '. Vielleicht ist dieses Rindenplasma in Gestalt der roth gefärb- ten Sarkodetropfen konservirt. Deutlicher zu erkennen waren dagegen mehr oder weniger kugelige bis längliche grau oder graubraun gefärbte Körperchen von höchstens 0,00072 mm Durchmesser, welche überall in die Wände des Waben- werkes eingesenkt waren, und aus diesem Grunde auch den eben be- sprochenen Fibrillen anzuliegen oder in sie eingebacken schienen. Diese Körperchen, welche ich als Pseudopodienkörperchen be- zeichnen will, sind Schuld daran, dass der größte Theil des Pseudo- podienfächers nach Methylgrün-Eosinfärbungen in dem rauchartigen Dunkelgraubraun erscheint, das gegen die Rothfärbung der Leibes- sarkode so scharf absticht und einen Vergleich der aus dem Hülltrichter hervortretenden Pseudopodienmasse mit einem in Thätigkeit begriffenen Krater geradezu herausfordert. Die Pseudopodienkörperchensind bei Sacecammina nach meinen Untersuchungen für die Pseudopodien charakteristisch und einzig allein auf sie beschränkt; es liegt kein Grund vor, daran zu zweifeln, dass sie mit jenen Körperchen identisch sind, die man auf den langen spitzen Pseudopodien lebender mariner Thalamo- phoren sehr vielfach hin und her wandern sieht?. 1 Die oben von mir ausgesprochene Muthmaßung, die ohne fremde Beein- flussung allein von den vorliegenden Befunden ausging, findet durch Beobachtungen an lebendem Material, welche M. ScuuLtzEe und BürscaLı anstellten, und welche beide Forscher, ebenfalls unabhängig von einander, zu ganz ähnlichen Vermuthun- gen bewogen, nachträglich eine willkommene Stütze. Vgl. O. BürschLı, Mikrosk. Schäume (oben ecit.) p. 68. Die gleiche Vermuthung bei ScHaupınn, Myxotheca arenilega. Diese Zeitschr. Bd. LVII. p. 24. 2 Das Wandern von Körperchen wurde auch von ScHAupınn auf den Pseudo- podien der Myxotheca arenilega beobachtet. Diese. Zeitschr. Bd. LVII. p. 24. 4 | Es ii: , Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 493 Über ihre chemische Natur kann ich leider keine Aussage machen; ihre bräunliche Färbung kommt ihnen wohl auch im Leben zu; wenig- stens zeigten sie dieselbe konstante Färbung auch in Pikrokarmin- präparaten und in allen anderen mit sonstigen Farbstoffen behandelten Weichkörpern. 4. Die übrige Körpersarkode. Es soll in diesem Abschnitte die Körpersarkode abzüglich der schon besprochenen Pseudopodien, Hüllmasse und der erst später zu behandelnden Kerne eine eingehendere Besprechung erfahren. Esmuss hier aber schon vorausgeschickt werden, dass der Bau der Körper- sarkode auf den verschiedenen Altersstufen der Thiere ein einigermaßen verschiedener war, doch so, dass der eine Zustand des Weichkörpers durch alle wünschenswerthen Übergänge mit den anderen Zuständen desselben in Verbindung stand. Da dieser Wechsel der Zustände des Weichkörpers mit einer Strukturänderung des Kernes mehr oder weniger Hand in Hand geht, so werde ich auf die angedeuteten Ver- hältnisse erst nach Besprechung des Kernes näher eingehen können. Hier soll nur vorläufig eine Beschreibung des Weichkörpers in der Formgestaltung folgen, wie sie dem in normaler Lebensthätigkeit abge- tödteten Thier zu entsprechen scheint, und wie sie den weitaus meisten der von mir untersuchten Thieren zukam. Mit Pikrokarmin, Hämatoxylin, Safranin oder anderen Anilinfarben gefärbt, und in toto aus dem Gehäuse herauspräparirt erscheint die ganze Sarkode als eine stark gefärbte äußerst dichte Masse, welche keinerlei bestimmte Differenzirung erkennen lässt, mit einziger Ausnahme etwa vorhandener besonders stark gefärbter Kugeln, welche meist gegen die Hüllhaut hin größer zu werden pflegen, und die durch ihre Färbung und ihre Gestalt leicht in Gefahr laufen könnten, für Kerne gehalten zu werden!. Es sind dies besondere Ansammlungen von Sar- kode, die als Reizprodukte der Konservirung und des Einfangens aufge- fasst werden müssen. Diese Reizkugeln, wie ich die Sarkodederivate der Einfachheit halber nennen will, treten da am häufigsten auf, wo die meisten Sar- kodeperlen durch die Hüllhaut nach außen getreten sind, sie fehlten aber bei den meisten meiner Exemplare, bei denen die Hüllschicht in ihrem ganzen Umfange unversehrt geblieben war, gänzlich. Bei den letztgenannten Exemplaren, die also unstreitig für die best- konservirten gelten müssen, erzielt man durch die vorgenannten Färbe- 1 Ich bin überzeugt, dass derartige Verwechslungen schon öfter stattgefunden haben. 494 Ludwig Rhumbler, mittel keinerlei Differenzirung; sie liefern einen trostlosen Mischmasch, stärker oder weniger stark gefärbter Massen, die ohne unterscheidbare Kontouren in einander übergreifen. Anders ist es bei Behandlung der Schnitte mit dem von mir seiner Zeit angegebenen Methylgrün-Eosingemisch. Bekanntlich hat diese Färbemischung die Eigenschaft Protoplasmamassen roth, unorganische Schlammmassen dagegen grün zu färben. Dieser Eigenschaft zufolge löst sich die verwirrende Eintönigkeit, welche die früheren Methoden lieferten, und welche selbst sehr dünne Schnitte, durch einen etwa mit Hämatoxylin und Eosin, oder Borax- karmin und Hämatoxylin gefärbten Weichkörper nicht zu klären ver- mochten, in ein äußerst scharfes, das Auge des Beschauers anziehendes, Mosaikbild auf. Ich kann für das Aussehen, welches derartige Schnitte darbieten, keinen treffenderen Vergleich finden als den mit feinen Schliffen eines, aus grüner Grundmasse und rothen Einlagerungen sehr regelmäßig zu- sammengesetzten Marmors. Die rothen Einlagerungen würden der roth gefärbten Sarkode entsprechen, die grün gefärbte Grundmasse besteht aus Schlickballen, welche als Nahrung bergende Substanzen in die Sarkode aufgenommen worden sind. Die grün gefärbten Schlickmassen bestehen weiterhin aus sehr unregelmäßig geformten und sehr regellos zusammengeworfenen Einzel- theilen, unter denen hier und da, vereinzelt, oder bei manchen Exem- plaren auch in größerer Menge (Taf. XXIV, Fig. 82), mehr oder weniger kugelige bis ellipsoide Gebilde von sehr verschiedener Größe, auffallen. Die ganze Grundmasse bildet hiernach keinen zusammenhängenden, kompakten Bestandtheil des Schnittes, sondern ist vielmehr mannigfach zerrissen und zerklüftet; sie ist nicht gleichmäßig grün gefärbt, sondern sieht wie mit grüner Farbe willkürlich besprengt aus. Die zuletzt er- wähnten Kugeln, die ich als Schlickkugeln bezeichnen will, zeigen bei stärkerer Vergrößerung ein etwas durchscheinendes Aussehen, wodurch es kommt, dass man meistens kleine Quarzsplitter, Stücke von Diatome- enpanzern oder andere Beimengungen des gewöhnlichen Schlickes in ihnen durchschimmern sieht. Auch in den übrigen, unregelmäßig zu- sammengescharten, grün gefärbten Schliekpartien finden sich kleine Quarzsplitter, Sprengstücke von Muschelschalen, Echinodermenstacheln, ausgeschlüpfte Eihüllen, Diatomeenpanzer, Bruchstücke von Spongien- nadeln und was sonst Alles noch an Kleinresten von der See zertrüm- merter thierischer, pflanzlicher oder auch anorganischer fester Gefüge, ohne Nahrungswerth, in gewöhnlichem Schliekboden vorkommen mag. Man darf übrigens keinenfalls annehmen, dass die Schlieckkugeln Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 495 immer erst innerhalb der Sarkode aus vorher losen Schlickmassen ge- bildet würden; der Schlick wird vielmehr oft schon von Anfang an in Kugel- oder Rotationsellipsoidenform in den Weichkörper eingeführt. Das scheint mir einmal aus dem Umstand hervorzugehen, dass sich Schlickkugeln oft schon am äußersten Rande eines Pseudopodienfächers nachweisen lassen, an einer Stelle also, zu der sie kaum durch die Kon- traktion des Weichkörpers (bei der Abtödtung) verschlagen worden sein können. Weiterhin aber hat Bürscauı! bei einer lebenden Gromia Dujardinii M. Schultze die großen braunen Körper, »welche schon M. ScauLtze wegen ihrer großen Resistenz gegen verschiedene Reagen- tien auffielen«, nicht nur innerhalb des Gehäuses, sondern auch vor demselben an dem Orte, wo die Pseudopodien aus der Schalenmündung austreten, aufgefunden?. Die großen braunen Körper sind aber nichts weiter als unsere Schlickkugeln. Man braucht sich nur einmal eine kleine Schlickprobe unter dem Mikroskop genauer anzusehen, um zur Überzeugung zu kommen, dass ganz dieselben Schlickkugeln auch im freien Schlicke vorkommen. Ja man kann die Schlickkugeln, die man in 'einem freien Schlickpräparate auffindet, dadurch der Zahl nach vermehren, dass man das Deckgläschen unter gelindem Drucke in beliebiger Richtung über die losen Schlick- massen hin und her bewegt; es bilden sich dann eine große Zahl von neuen Schlickkugeln. Die Schlicksubstanz eignet sich, kurz gesagt, außerordentlich zur Bildung von kleinen Kugeln; so kommen einmal Schlickkugeln schon außerhalb der Thiere im freien Schlicke zu Stande durch Bewegungen, die sowohl vom Wasser herrühren können, als sie eine Folge von Umwälzungen sein können, die durch die Ortsverände- rung anderer Schlickbewohner, Würmer, Ophiuriden etc. etc. ver- ursacht sind. Auf der anderen Seite aber bilden sich auch diese Schlickkugeln erst im Inneren des Saccamminakörpers durch die Ver- schiebungen, welche die anfänglich losen Schlickmassen bei ihrer Aus- nutzung durch den Weichkörper erfahren. Es ist eben nur Bewegung zu ihrer Bildung erforderlich. Besonders auffallen muss es, dass noch lebende oder wenigstens noch in Verwesung begriffene organische Substanzen innerhalb der grüngefärbten Schlickmassen außerordentlich selten sind. Man sollte doch gerade solche organische Substanzen in den Schlickmassen in größerer Menge vermuthen, da der Gedanke auf alle Fälle sehr nahe liegt, die Schlickmassen seien bloß des Reichthums an verwesenden oder auch des Reichthums an lebenden, organischen Substanzen wegen 1 BürscaLı, Mikrosk. Schäume u. Protopl. p. 70 (cit. hier p. 491), ® cf. im genannten Werke. Taf. I, Fig. A. ET TR 496 Ludwig Rhumbler, in den Saccamminakörper aufgenommen worden. Man schreckt davor zurück, dem Schlicke an sich Nährwerth beizulegen und sucht diesen in den, ihm in der Regel beigemengten, organischen Substanzen. Diese sind aber, wie gesagt, außerordentlich spärlich. Sie kommen sowohl in den unregelmäßig zusammengeworfenen Schlieckmassen als in den Schlickkugeln und Schlickellipsoiden vor; so dass ein Unterschied in der Komposition von Kugeln, Ellipsoiden und den unregelmäßigen Schliekmassen sich nicht konstatiren ließ. Die organischen Substanzen sind durch ihre Blau-! oder Rothfärbung innerhalb der grüngefärbten Schlickmassen leicht kenntlich. Dieselbe Übereinstimmung zeigte sich auch in dem sonstigen Ver- halten der bloß der Gestalt nach verschiedenen Schlickmassen. Im ungefärbten Zustande tragen sie die Farbe des Schlickes, die sich aber unter dem Mikroskope durch die durchscheinende Beleuchtung etwas aufhellt, und so von schwärzlich Braun oder schwärzlich Grau, in ein helles Grau oder Graubraun umgewandelt wird. Sie besitzen eine ganz außerordentlich große Resistenzfähigkeit gegen Säuren und Alkalien, selbst wenn diese koncentrirt auf sie einwirken. Man kann nach Ein- wirkung dieser Reagentien, welche selbst mehrere Tage hindurch währen kann, kaum irgend welche Veränderung an den Schlickkugeln wahrnehmen, nur einzelne schienen etwas geschrumpft zu sein. Unter denselben Umständen ist natürlich von der Sarkode, in welche sie ein- gelagert waren, keine Spur mehr zurückgeblieben. Würden wir also auch dem Unterscheidungsvermögen der Methylgrün-Eosinmischung misstrauen, so würde doch schon die Widerstandsfähigkeit der be- schriebenen Massen eine protoplasmatische Zusammensetzung oder auch nur einen größeren Reichthum an protoplasmatischer Substanz voll- ständig ausschließen; ich hebe dies besonders hervor, weil CARTER die kugelig oder ellipsoid gestalteten Schlickmassen für Fortpflanzungs- körper gehalten hat (cf. p. 563), und weil die Färbbarkeit, welche die Schlicksubstanzen bei Behandlung mit Karminfarbstoffen mit der Sar- kode theilen, die Annahme einer protoplasmatischen Natur zugelassen hätte. ; 1 Wie ich in meiner ersten Mittheilung über die Methylgrün-Eosin-Färbung hervorgehoben habe, färben sich verwesende Protoplasmamassen je nach dem Grade ihrer Zersetzung blau oder grün. Diese Eigenthümlichkeit tritt jedoch nach meinen neueren Erfahrungen erst auf einem sehr späten Stadium der \Verwesung ein; auf den früheren Stadien reagiren die verwesenden Massen, wie die lebend abgetödteten roth. Es kann daher bloß eine ausgesprochene Blau- oder Grünfär- bung als sicherer Beweis einer abgestorbenen Substanz gelten; dagegen darf nicht jede Rothfärbung für den Nachweis einer lebenden Substanz angesehen werden. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 497 In die grün gesprenkelte Grundmasse eingelagert ist, wie bekannt, die Sarkode, welche im Methylgrün-Eosin-Gemisch eine grellrothe Fär- - bung angenommen hat. Auf den Schnitten erscheinen die einzelnen Sarkodepartien meist von einander getrennt; oft ziehen aber auch feine Verbindungsbrücken von dem einen Sarkodetheil zum anderen. Die Isolirung einzelner Sarkodeantheile könnte die Vermuthung aufkom- men lassen, dass sich auch in meinem Saccammina-Material die Sar- kode im Reizzustand der Tropfenbildung befinde. Dies ist aber keines- wegs der Fall. Schon die Form, welche die einzelnen Sarkodetheile angenommen haben, widerspricht der Annahme einer Tropfenbildung. Die Sarkodeinseln sind nämlich keineswegs kreisrund oder doch rund- lich, sondern sind im Gegentheil vielfach ausgezogen und gelappt: handförmige Gestaltung ist nicht selten. Es herrschen mit einem Worte - Formen vor, die der Annahme einer fortgeschrittenen Tropfenbildung direkt entgegenstehen. Eine Komposition auf einander folgender Schnitte führt dann auch zu dem Ergebnisse, dass die Sarkode sich wie das Gerüstwerk eines Schwammes innerhalb der sie umgebenden Hüllmasse ver- breitet. Die auf den Schnitten auftretenden Sarkodeinseln entsprechen den Durchschnitten der einzelnen Balken; eine Verfolgung derselben Insel auf mehreren Schnitten beweist, dass eine vollständige allseitige Isolirung eines Sarkodetheils in normalen Fällen nie stattgefunden hat, sondern dass alle Sarkodepartien mit einander zu einem Gerüstwerk vereinigt sind. In den Lücken dieses Gerüstwerkes finden sich in der Regel die bereits behandelten Schlickmassen eingebettet; doch giebt es, wie wir _ noch (p.555 u.556)sehen werden, Weichkörper, welche den größten Theil der Schlickmassen oder sogar alle Schlickmassen nach außen geworfen haben. Solche Weichkörper sind in hervorragendem Grade dazu ge- eignet, ein überzeugendes Bild von der geschilderten Anordnungsweise der Sarkode zu liefern. Am besten lässt man einige in Methylgrün-Eosin gefärbte Weich- körper, nachdem Sie in Xylol übergeführt worden sind, austrocknen; man erhält so Semper’sche Präparate, die zum Studium dieser gröberen Strukturverhältnisse recht empfohlen werden können. Die auch im trockenen Zustand noch roth erscheinenden Weichkörper geben durch den Grad ihrer Röthung ihre Armuth oder das gänzliche Fehlen von Schlickmassen zu erkennen. Man sucht sich desshalb einen recht roth ge- färbten Weichkörper aus, und löst die Hüllschicht, welche den Einblick in den Weichkörper unmöglich machen würde, ohne weitere Schwie- rigkeiten von dem Präparate ab oder man zerbröckelt auch nur einen Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LVIJ. Bd, 33 198 Ludwig Rhumbler, nach Semrer’s Methode getrockneten Weichkörper. Das Bild, das nun- mehr der Weichkörper oder dessen Theilstücke darbietet, ist das auf Taf. XXII, Fig. 39 abgebildete; ein reich verzweigtes Gerüst, das im trockenen Zustand auch ganz wie ein festes Skelett aussieht, so dass die Ähnlichkeit mit einem Schwammgerüst sich bei solchen Trocken- präparaten noch steigert. Es ist natürlich für die Semrer’schen Präparate Oberflächenbe- leuchtung erforderlich ; man erhält dann aber auch Beleuchtungseffekte und Schattenwürfe, welche viel tiefere, sicherere Einblicke in den Verlauf des Balkenwerks gestatten, als sie bei Kanadabalsampräparaten möglich wären. Im Übrigen wechselt der Habitus der Sarkodeanordnung in den einzelnen Exemplaren sehr. Es hängt dieser Wechsel mit dem Reichthum des Weichkörpers an aufgenommenen Schlickmassen zu- sammen; je mehr Schlickmassen den Weichkörper erfüllen, desto breiter und massiger sind in der Regel die Sarkodebalken. Da, wo wenig Schlickmassen liegen, wie dies in den centralen Theilen des Weichkörpers häufiger vorkommt, ist zwar das Balkenwerk oft ein außerordentlich dichtes, die einzelnen Balken sind aber nur ganz außerordentlich dünn und fein. Sie können so fein werden, dass sie in Folge des später zu erörternden Aufbaues der Sarkode aus homo- gener Grundmasse und kleinen Wabenkörperchen mit Spaltpilzfäden eine sehr unangenehme Ähnlichkeit erlangen. Die Ähnlichkeit ist eine so treffende, dass ich lange im Zweifel war, ob nicht Spaltpilze wirk- lich vorlägen — man müsste dann aber auch, wie aus meinen späteren Mittheilungen hervorgehen wird, die ganze übrige Sarkode als ein Ge- misch aus homogenem Plasma und aus Spaltpilzen ansehen; eine Auf- fassung, welche mit der Granulatheorie ALımann’s zusammenfallen würde, der ich aber in keiner Weise das Wort reden möchte. Die gegebene Schilderung von der Anordnung der Sarkode bei Saccammina darf natürlich nicht mit einer Elementarstruktur des Protoplasmas verwechselt werden. Fernerhin muss davor gewarnt werden, eine gleiche Anordnung der Sarkode auch für die anderen Foraminiferen anzunehmen. Obgleich ich nämlich über ein ziemlich reichhaltiges Foraminiferen-Material (darunter das Material der Plank- ton-Expedition) verfüge und dieses zum Theil schon eingehenden Untersuchungen unterzogen habe, bin ich weder bei kalkschaligen, noch bei polythalamen sandschaligen Formen jemals wieder auf eine gleiche Anordnung der Sarkode getroffen. Keine der genannten Formen waren aber auch in dem Grade mit Schlickmassen erfüllt, wie gerade Saccammina; ich glaube nämlich, dass die schwammgerüst- > Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 499 ähnliche Ausbreitung der Sarkode mit dieser massenhaften Aufnahme von Schlickmassen in ursächlichem Zusammenhange steht. Es liegt auf der Hand, dass durch die geschilderte Ausbreitungsweise ein möglichst inniger Verkehr zwischen den Sarkodetheilen und den aufgenommenen Schlickmassen ermöglicht wird, ohne dass dabei der Sarkodeleib allzu sehrin kleinste Theile aus einander gedehnt würde. Wenn die Schlickein- lagerungen, wie dies sonst meistens der Fallist, inlauter einzelnen kleinen Vacuolen untergebracht würden, so könnte nothwendig die geringe Menge der Sarkode nur sehr dünnwandige Kammern bilden, die ganz von Schlickmassen erfüllt sein müssten. Die specifische Schwere und der Umfang solcher Schlickeinlagerungen würden dabei leicht die ani- malischen Lebensäußerungen der Sarkode erschweren oder gar beein- trächtigen können. Es ist also nach meiner Auffassung in letzter Instanz der Drang der Sarkode gewesen, in dem stärkeren Verbande einer mehr zusammenhängenden Gerüstanordnung die Herrschaft über die aufgenommenen Schlickmassen zu behalten, welcher zur beschriebenen Anordnung der Sarkode geführt hat. Je stärker die Stränge sind, zu denen die Sarkode sich vereinigt, desto ausgiebigere Kraftäußerungen werden dem Weichkörper möglich sein. Die Anordnung des Sarkodebalkenwerkes hat man sich natürlich als eine stets veränderliche vorzustellen, die an keine ‚ festen Formen gebunden ist. Dies geht schon daraus hervor, dass kongruente Schnitte von verschiedenen Weichkörpern sich nur im Ganzen ähnlich sehen, sich nie aber in Anordnung der Balken und Vertheilung der Schlickmassen vollständig gleich verhalten. Es ist überdies eine Veränderlichkeit der Sarkodevertheilung schon wegen der auch sonst überall auftretenden Beweglichkeit des Rhizopoden- protoplasmas von vorn herein nicht zu bezweifeln. Balken werden sich durch Zustrom von anderen Balken her verdicken können; andere ‘werden durch Abströme sich verdünnen und schließlich gar reißen, um von ihren Ursprungsästen eingezogen zu werden. Neue Zweigäste werden durch die Schlickmassen hindurchtreten können, um sich mit Balken zu vereinigen, die ihnen auf diesem Wege begegnen etc. All diese Bewegungen werden unter dem Schutze der Hüllschicht vor sich gehen, die bei Saeccammina vielleicht gerade desshalb eine besonders kräftige Ausbildung erfahren hat, weil die Sarkode zur Be- wältigung der Schlickmassen noch eines weiteren festen Haltes bedarf. Sacecammina scheint durchaus dem Leben im Schlicke angepasst zu sein, so dass sich die Besonderheiten ihres Baues nicht allzu schwer verstehen lassen. Bei den weitaus meisten Exemplaren ließ sich eine sichere Unter- 33* 900 | Ludwig Rhumbler, scheidung von verschiedenen Zonenin der Sarkodenicht vor- nehmen!. Bei manchen dagegen war, wie schon angedeutet, eine Zonenbildung dadurch veranschaulicht, dass das Balkenwerk in den centralen Partien des Weichkörpers viel schmächtiger, aber dafür be- deutend dichter war als in den peripheren Körpertheilen; in solchen Fällen waren die Hauptmengen des Schlickes in den großen peripheren Lückenräumen des Sarkodegerüstes untergebracht, und es fanden sich nur sehr spärliche Schlicktheile zwischen den zärteren Ästchen des Körpercentrums (Taf. XXIV, Fig. 79 Sth). Aber selbst da, wo die Schlick- massen bis zum Körpercentrum vordrangen, war nicht zu verkennen, dass in der Körperperipherie ihre Anhäufung reichlicher war als in der Mitte. Es darf daher gesagt werden, dass bei Saeeammina eine scharf durchgeführte Zonenbildung der Sarkode in der Form, dass nur ganz bestimmte Theile derselben Nahrung aufnehmen könnten, nicht vorliegt, dass aber in der Regel die peripherischen Sarkodetheile weit mehr Schlickmassen aufnehmen als die centralen. Dass diese Regel jedoch nicht immer gilt, beweist der Gentranschnitt Fig. 77 auf Taf. XXIV; auf diesem Schnitte sind gerade in den centralen Körpertheilen beson- ders viel Schlickmassen aufgespeichert, doch bietet, wie gesagt, der Schnitt einen seltenen Ausnahmefall. Da, wo die Sarkodebalken an die Hüllschicht anstoßen, sind sie in der Regel zu einer gemeinsamen Wand, welche der Hüll- schicht dicht anliegt, zusammengeflossen. Die Breite dieser Wand wechselt ungemein; es hängt ihre Stärke wohl einfach von der Massig- keit der Balken ab, welche gerade zu ihrer Bildung zusammengeflossen sind. Manchmal fehlt diese Sarkodewand aber auch über größere Strecken gänzlich, so dass an solchen Stellen die Schlickmassen bis direkt an die Hüllschicht herantreten. Ob dies Verhalten ein ursprüngliches, im Leben der Saccam- mina wirklich vorkommendes ist, dürfte allerdings bezweifelt werden; es könnte dadurch zu Stande gekommen sein, dass sich die Sarkode- balken bei der Konservirung von der stark gewordenen Hüllschicht zurückgezogen und dabei die Schlickmassen ‘an der Wand zusammen- gedrängt haben. Es muss aber derselbe Vorgang des Zusammen- drängens von Schlickmassen unter gleichzeitigem Rücktritte der Sarkode von der Hüllschicht, auch von lebenden Thieren in Scene gesetzt werden können, wie man aus den später, nach Schilderung der Kerne, zu be- sprechenden Defäkationsvorgängen schließen muss; bei der zähflüssigen 1 Auch Myxotheca arenilega ließ nach Scuaupısn eine Sonderung von Ekto- und Entoplasma nicht zu. Diese Zeitschr. Bd. LVII. p. 23. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 501 Beschaffenheit der Hüllschicht sind derartige Vorgänge ja auch für le- bende Thiere wohl verständlich. Auch der Kern ist in den weitaus meisten Fällen von einem Mantel zusammengeflossener Sarkode umgeben. Abweichungen derselben Art, Herantreten der Schliekballen bis zur Kernmembran, sind sehr selten, kommen aber ebenfalls vor. Man muss sich zur Erklärung solcher Verhältnisse immer vergegenwärtigen, dass das Protoplasma mariner Rhizopoden in allen seinen Theilen eine außer- ordentlich große Selbständigkeit besitzt, wie aus den Mittheilungen Bessers’, den Untersuchungen Verworn’s u. A. unzweifelhaft hervorgeht, so dass selbst längere Zeit isolirt, mit dem Kern nicht in Berührung gewesene Sarkodetheile in die aktiv lebende Substanz wieder aufge- nommen werden können, ohne Schaden gelitten zu haben. Indessen soll hier keineswegs die gelegentliche schädliche Wirkung der Reagen- tien ganz in Abrede gestellt werden; ich halte es nur nicht für absolut ausgeschlossen, dass nicht Schlickmassen gelegentlich auch einmal bis dicht an die Kernmembran heranrücken können. Selbstredend wird dies nie von allen Seiten auf einmal geschehen, so dass der Kern mit der Sarkode immer in Verbindung bleibt; daher liegt auch selbstver- ständlich der Kern in meinen Präparaten niemals gänzlich innerhalb der Schlickmassen selbst. Es treten immer stärkere oder weniger starke Sarkodebalken an ihn heran. Was nun die feinere Struktur der Sarkode selbst anlangt, so kann bei geringer Vergrößerung (70—100) schon leicht festgestellt werden, dass sie allenthalben von kleinen Vacuolen durch- setzt wird. Diese Vacuolen sind in ihrer Größe recht schwankend und lassen bei der manchmal sehr verzerrten Form, die sie vielleicht erst nachträglich bei der Konservirung angenommen haben, ihren Durchmesser nur schlecht berechnen, doch mag nach Abzug der meist größeren verzerrten Vacuolen ein Durchmesser von 0,0072 his 0,01043 mm das richtige Maß darstellen. Die Vacuolen sind auf den Schnitten (Taf. XXIV, Fig. 77, 78, 83 und 89) als helle Kreise innerhalb der roth gefärbten Sarkodemasse kenntlich. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass sich innerhalb dieser Vacuolen auch gelegentlich kleine Schlickpartien befinden, was bei der allseitigen Beweglichkeit der Sar- kode nicht verwundern kann. Bei dem Zusammenfließen verschiedener Sarkodeäste können ja leicht kleinere Schliekpartien mit eingeschlossen werden. Doch darf nicht jeder Fall, wo auf einem Schnitte ein Schlick- ballen rings von Sarkode umgeben wird, in diesem Sinne gedeutet werden; es kann sich ja in solchen Fällen anstatt um eine Vacuole um den Durchschnitt eines gewöhnlichen Kanals handeln; so liegen z. B. en ee E 502 Ludwig Rhumbler, die Schlicktheile (Sth) der Fig. 79, Taf. XXIV nicht in Vacuolen sondern in Spalträumen des Sarkodegerüstes, wie die hier nicht wiederge- gebenen, anstoßenden Schnitte beweisen. Die weitaus meisten Vacuo- len lassen keinerlei Einlagerungen erkennen. 5. Wabenstruktur der Sarkode. Bei Anwendung von Immersionen! (1000—1500facher Vergröße- rung) lösen sich die rothgefärbten Vacuolenwände meist in ein sehr deutliches Maschenwerk von kleinsten Waben auf. Die Eosinfärbung lässt gar keinen Zweifel aufkommen, dass es sich hier wirklich um Waben handelt und nicht etwa um ein reich ver- filztes Fadenwerk. Bei vielen Waben lassen sich nämlich die stark roth gefärbten Wandungen in jeder Raumrichtung klar erkennen, nämlich da, wo keine der Wandungen direkt senkrecht zur optischen Beobach- tungsebene steht. Ich konnte Waben bis zu einem Durchmesser von 0,0006 mm messen, die meisten entzogen sich durch ihre Kleinheit oder durch ungünstige Lage jeder Messung. Es handelt sich hier demnach um die Bürscnischen Elementarwaben. An manchen Vacuolenwänden ließ sich jedoch eine Wabenstruktur nicht erkennen. Einerseits war hier öfter die sonst so deutliche Waben- struktur durch eine vollständig homogene, stark. gefärbte Wand ver- treten. Es fehlte also an solchen Stellen jede Wabenstruktur gänzlich, wenn man nicht die Vacuole selbst als Wabe auffassen will. In anderen Fällen dagegen waren deutlich erkennbare, perl- schnurartigan einander geordnete, länglich spindelför- mige Körperchen die Vertreter der Wabenstruktur an den Vacuolen- wänden. Die Körnchen, die ganz außerordentlich klein waren, hatten sich öfters zu größeren Körperchen vereinigt, welche Aggregate von sehr wechselnden Kontouren darstellten (Größe = 0,00149—0,001788 mm). Gerade die letztgenannten Aggregate zeigen durch ihre zackig ausgeris- sene Gestalt, und durch die Größe, die ihnen zukommt, dass es sich bei den geschilderten Körperchen nicht um eine verkappie Wabenbildung handeln kann (Taf. XXII, Fig. 34 F). Die perlsehnurartige Aneinander- reihung der kleinen Körperchen ist oft auf größeren Strecken zu verfol- gen. Da sich nun auch diese kleinen Körperchen besonders stark färben, entsteht bei minder starker Vergrößerung ganz das Bild von Spaltpilz- fäden, die den Weichkörper durchziehen. Die Körperchen imponiren als die einzelnen Glieder der Fäden. Dass es sich hier nicht um wirkliche Spaltpilze handeln kann, wird durch den direkten Übergang solcher 1 Von Immersionen kamen zur Verwendung: SEIBERT, Vll@; R. WınkEL, homo- gene Immersion 1/20 u. 4/24. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 503 Fäden in Wabenstruktur ausreichend sicher dargethan (vgl. Taf. XXI, Fig.34). Ich glaube, dass die Körperchen ausKonfluenz der Wand- masse geplatzter Waben entstanden sind. Wenn die einzelnen Protoplasmawaben platzen, so wird nothwendig die zähere Substanz der Wabenwände zu einem Tropfen zusammenfließen müssen, gerade wie die Wandung einer geplatzten Seifenblase sich zu einem oder mehreren Seifenschaumtropfen vereinigt. Die größeren Körperchen würden aus einer Verklebung mehrerer solcher Konfluenzprodukte entstanden sein; und die langen, spaltpilzartigen Fäden wären durch einen Niederschlag solcher Tröpfehen an dünnen nicht mehr aus Waben bestehenden Wänden größerer Vacuolen. wie mir scheint, sehr einfach erklärt. — Das Fehlen der Waben an solchen Wänden kann nicht verwundern; die Körperchen vertreten ja die Waben, sie stellen den zusammenge- sunkenen Rest derselben dar. Wenn in einer diekeren Vacuolenwand nicht alle Waben geplatzt sind, so lagern sich die geplatzten Waben- tröpfehen zwischen die Wandungen benachbarter Wabenreihen ein, bleiben aber nicht in Tropfenform bestehen, sondern fließen mit der Wandmasse der betreffenden Waben zusammen und verdicken dieselbe, Auf diese Weise wird die Anwesenheit von besonderen Fäden vorge- täuscht!, die weiter nichts sind, als das optische Bild diekerer Wan- dungen, entstanden durch den Zufluss geplatzter Wabensubstanz. Es kommt nun öfter vor, dass nicht bloß die Waben, sondern auch die Vacuolen platzen, in solchen Fällen sieht man ein kleines Körperchen neben das andere ohne bestimmte Ordnung zusammengelagert; sie sind wohl dureh die jedenfalls nicht ganz wasserflüssige Substanz des Wa- beninhaltes zu einem Nebel zusammengehalten worden (Taf. XXII, Fig. 44). Eine weitere Erscheinung, welche mir auf diese Weise erklärbar dünkt, ist die Verdiekung der Wände größerer Vacuolen; sie war auf meinen Schnitten sehr häufig anzutreffen (Taf. XXII, Fig. 34 Vd). Hier hat sich vielleicht die in der Vacuole enthaltene Flüssigkeit durch neuen Zufluss vermehrt und dadurch einen Druck auf die Vacuolen- wände ausgeübt, welcher die obersten Wabenlagen zum Platzen brachte. So erklären sich, so weit ich sehen kann, die geschilderten Abwei- chungen von der Wabenstruktur sehr einfach durch die Annahme ge- platzter Waben. Es soll natürlich das, von den hier beschriebenen Körperchen, Gesagte nicht auf alle Körperchen ausgedehnt werden, ! Die oben erwähnten fadenförmigen Scheinbildungen dürfen nicht mit den wirklichen Fäden unbekannter Herkunft in Pulvinulinen und anderen Polytha- lamien verwechselt werden; letztere färben sich in Methylgrün-Eosin grell blau, während die Scheinfäden der Saccammina sich wie die Sarkode selbst roth färben. 904 Ludwig Rhumbler, welche sich im Wabenwerk anderer Rhizopodenplasmen finden. Die Sarkode der Saccammina zeigte aber an vielen Stellen große Strecken, deren Wabenwerk bei 1500facher Vergrößerung aus vollständig homo- genem Protoplasma zu bestehen schien, ja manchmal waren sogar größere Ansammlungen von solchem durchaus homogenen Protoplasma ohne jegliche Wabenbildung in dem Vacuolennetzwerk aufzufinden (Taf. XXI, Fig. 34 AP). Es kann also kein Zweifel darüber bestehen, dass die Saccammina-Sarkode bei 1000 — 1500facher Vergröße- rung, Alkoholkonservirung und Eosintinktion streckenweise ganz frei von irgend welchen Körperchen erscheinen kann, und dass somit Kör- perchen, die mit den sonst vorhandenen Waben vikariiren, als geplatzte - Waben aufgefasst werden dürfen, nicht aber unbedingt als anders ge- artete Sarkodeeinlagerungen anzusehen sind; solche existiren aller- dings auch (ef. p. 505 u. ff.). Eine ganz andere Frage ist es indessen, in wie weit die Körperchen und die verdickten Wände als Kunstprodukte anzusehen sind, oder mit anderen Worten, ob ein Platzen und Zusammenfließen der Waben nicht bloß in Folge des Alkohols eingetreten ist und im Leben der Saecam- mina nicht vorkommt. Die Frage kann natürlich mit dem abgetödteten Material nicht ohne Weiteres beantwortet werden!. Doch scheint mir der regelmäßige Verlauf solcher Verdiekungen die Annahme von wirk- lichen Lebensvorgängen nahezulegen, da es mir wenig erklärlich er- schien, warum der Alkohol gerade nur ganz bestimmte Reihen von Waben mechanisch zum Platzen gebracht haben sollte, wie denn Figur 5 (VYd), Taf. XXI, die Annahme einer solchen Auslese nothwendig macht, während er die direkt angrenzenden Waben unbehelligt ge- lassen hat. Bei der Annahme von Lebensvorgängen ist eine solche Aus- lese weit leichter erklärlich; ich kann mir denken, dass einige Waben in besondere Beziehungen zu einander getreten sind, das heißt, dass der Anfang einer ersten Differenzirung sich innerhalb der Sarkode in der Weise geltend macht, dass ein, auf eine Wabe ausgeübter, Reiz? nicht nach allen Seiten hin an die benachbarten Waben abgegeben wird, sondern sich nur auf diejenigen Waben fortsetzt, welche z. B. in 1 Es ist mir sehr wahrscheinlich, dass man die Wabenkörperchen in der lebenden Sarkode nicht antreffen wird. Hier werden die Wabenkörperchen jeden- falls sehr rasch sich mit der Wandmasse noch ungeplatzter Wahben vereinigen, so dass ihre Existenz sich vielleicht wegen der Schnelligkeit, mit der sie verschwin- den, nicht beobachten lässt. Der Alkohol hat hier sichtlich Verschmelzungs- erscheinungen festgehalten, die im Leben ungemein schnell verlaufen müssen. 2 Der Reiz selbst kann sehr wohl vom Alkohol ausgegangen sein; die Anord- nung der zum Platzen bestimmten Waben bleibt aber auch dann das wahrschein- liche Resultat eines Lebensvorganges. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 505 der Verlängerung der Richtung liegen, von welcher der Reiz gekommen ist. Eine solche Reizleitung ist von vorn herein ja sehr verständlich ; — doch will ich mich in dieser Beziehung nicht auf weitere Spekulationen einlassen; es werde nur noch erwähnt, dass auch BürscaLı die Be- wegung seiner Schäume in erster Linie auf das Platzen von feinen Schaumwaben zurückgeführt hat!. Streifen wir die letzten Erwägungen von der seither gegebenen Beschreibung des Saccamminaweichkörpers wieder ab und wenden wir uns nunmehr zu den verschiedenen Einlagerungen, welche auch die Saccamminasarkode eben so wie jeder andere Rhizopode nicht ganz entbehrt. 6. Einlagerungen der Sarkode. Obgleich ich oben von den Pseudopodienkörperchen die Behaup- tung aufgestellt habe, dass sie einzig und allein auf die Pseudopodien beschränkt seien, und im übrigen Weichkörper nicht vorkämen, haben sie uns hier doch noch einmal für diejenigen Fälle zu beschäftigen, wo die Pseudopodien vollständig in die übrige Leibessarkode eingezogen waren. Nicht ihrer Besonderheiten wegen, die wir ja in ihrer Resistenz gegen die Einwirkung von Farbstoffen schon genügend gekennzeichnet haben, sondern wegen ihrer Lagerungsverhältnisse in der umgebenden übrigen Leibessarkode. Der Hüllschichttrichter war bei den Exemplaren mit eingezogenen Pseudopodien entweder überhaupt nicht mehr zu erkennen (Taf. XXIV, Fig. 90) oder er war zu einer etwas verdickten Strecke der Hüllschicht oder aber zu einer geschlossenen, seichten Grube zusammengeflossen (Taf. XXII, Fig. 26 D). Die eingezogenen Pseudopodien traten in dem übrigen Sarkodegefüge durch ihre graue oder graubraune, von den - Pseudopodienkörperchen herrührende Färbung schon der Farbe nach hervor: sie stachen aber weiter noch dadurch von der übrigen Sarkode ab, dass sie sich nicht bei der Bildung des Sarkodebalkenwerks be- theiligten, sondern von dem feineren Balkenwerk, das ich früher für die centralen Partien der Sarkode als gewöhnliches Vorkommen beschrieb, getragen, für sich eine scharf abgegrenzte, in ihren Kontouren mehr oder weniger kugelige Masse bildete, in welche von der äußeren Sar- _ kode her nur einzelne, rothgefärbte Stränge des dichteren, centralen 1 Bürscauı, Mikrosk. Schäume. 1. c. p. 200. Es liegt mir natürlich ganz und sar fern von meinen Befunden bei Saccammina aus über eine allgemeingültige Struktur des Plasmas urtheilen zu wollen; die beschriebene Wabenstruktur findet sieh aber auch bei allen anderen konservirten Foraminiferen, deren Weich- körper ich kenne, Pe SE ze ma. 506 Ludwig Rhumbler, Balkenwerks hineinliefen. Diese ins Innere des Sarkodekörpers einge- zogene Pseudopodienmasse unterschied sich im Übrigen von der vor- geschickten dadurch, dass ihr früher beschriebenes weitmaschiges Wabenwerk nunmehr nur noch eine Maschenweite von 0,001449 bis 0,004718 mm aufwies, so dass also die früher größeren Waben zu BürscuLischen Elementarwaben umgewandelt schienen, was aufs Neue dafür spricht, dass zwischen größeren und kleineren Waben innerhalb der Pseudopodienmasse kein principieller Unterschied besteht, sondern dass beide in einander übergehen können!. Im Inneren der auf diese Weise vom übrigen Weichkörper unterscheidbaren Pseudopodienmasse befand sich häufiger, aber nicht immer, neben grüngefärbten Schlick- massen ein nach der Peripherie der Pseudopodienmasse frei ausstrahlendes unregelmäßiges Astwerk rothgefärb- ter Stränge. Ich möchte dieses Astwerk auf jene rothgefärbten, im Reizzustande befindlichen Sarkodetropfen (Si) zurückführen, welche häufiger in ausgeschickten Pseudopodienmassen durch ihre Färbung auf- fallen. Ich denke mir, dass solche Sarkodetropfen, welche im Reizzu- stande sich gesammelt haben, durch den Druck, welchen die Pseudopo- dienmasse während der Einziehung erlitt, zu jenen verästelten Balken- werken aus einander gepresst worden sind. Manchmal waren die Astwerke noch durch kugelige Reiztropfen vertreten. Als eine weitere Einlagerung der Sarkode erscheinen fernerhin die kleinen Kittsubstanztheilchen, die in gestreckten, runzligen, manchmal hin und her gebogenen, kleinen Stäbchen oft auch zu größeren Konglomeraten verschmolzen in allen Theilen der Körpersarkode ange- troffen werden können, und sich häufiger in dichterer Lage in den peripheren Theilen der Körpersarkode finden (Taf. XXIV, Fig. 86). Sie tragen eine gelbgrünliche, gelbe oder braungelbe Färbung und ver- schmelzen bei dichter Zusammenlagerung mit einander. Auf einem Paratangentialschnitt sah ich sie von einem Vorsprung der Sarkode in die Hüllmasse aus vordringen, so dass sie also von der Körpersarkode an die Hüllmasse abgegeben werden (Taf. XXVI, Fig. 74, ihre Erklärung p- 585). : Auch über den ersten Entstehungsort dieser Kittsubstanz- theilchen vermag ich gewichtige Hinweise zu geben. Ich fand näm- lich zwei sehr jugendliche Weichkörper innerhalb von kleinen Gehäusen, die sich noch auf dem Psammosphaerastadium befanden, ganz von 1 Was ich hier von Saccammina behaupte, darf natürlich nicht ohne Weiteres auf andere Verhältnisse übertragen werden. Vacuolen, die mit beson- deren Flüssigkeiten gefüllt sind, wird man z. B. nie mit Bürscarr'schen Elementar- waben in Zusammenhang bringen dürfen. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il, 507 Zusammenhäufungen kleiner Kittsubstanztheilchen erfüllt (Taf. XXIV, Fig. 86). Schlickmassen und sonstige Ingesta fehlten in beiden Weich- körpern merkwürdigerweise gänzlich, dagegen fielen außer den Kitt- massentheilchen in der roth gefärbten Sarkode namentlich in der nächsten Umgebung des Kernes zahlreiche kugelig- oder tropfenförmig gestaltete Gebilde auf, die sich im Methylgrün-Eosingemisch zum Theil sehr stark blau gefärbt hatten oder schwach blau gefärbt erschienen, zum Theil aber vollständig klar und wasserhell geblieben waren. Die wasserklaren Gebilde (cf. Htr, u. Htr,) zeigten häufig noch die wichtige Besonderheit, dass sie in ihrem Centrum ein oder mehrere Kittsubstanz- theilchen enthielten. Die Färbungseigenthümlichkeiten der Tröpfchen weisen mit größter Wahrscheinlichkeit auf einen genetischen Zu- sammenhang derselben mit der Hüllmasse hin, im ganzen Saccammina- weichkörper ist ja keine zweite Substanz, die sonst die Blaufärbung mit ihnen theilt. Die Entstehung der Kittmasse ergiebt sich hiernach wie folgt: In der Nähe des Kernes bilden sich Hüllschichttröpfchen, die durch ihre stark blaue Färbung nach Behandlung mit Methylgrün-Eosin auffallen; diese Tröpfchen gehen allmählich in einen unfärbbaren Zustand über (hellblau gefärbte und wasserklare Körperchen). Innerhalb der unfärb- baren Tröpfchen bilden sich dann die kleinen Kittmassentheilchen, die durch ihre hellgelbe Färbung kenntlich sind. Die so producirten Kitt- massentheilchen werden zweifellos später in die Hüllschicht hineinge- schoben (Taf. XXIV, Fig. 74 7), wo wir sie früher schon angetroffen haben. Oftmals wird auch die Umwandlung der Hüllschichttröpfchen in Kittsubstanztheilchen ganz unterbleiben können; es werden unter solchen Umständen die Hüllschichttröpfehen unverändert an die Hüll- schicht abgegeben. Einfacher lässt sich wenigstens der durch das Ab- stoßen festgewordener Theile nothwendige Ersatz der Hüllschicht (ef. p. 484) nicht erklären. Wenn die beiden, von mir aufgefundenen Jugendlichen, Weichkörper diese Umwandlung in größerem Maßstabe erkennen ließen, so steht dies jedenfalls damit in Zusammenhang, dass beide Weichkörper sich dicht vor einem Umbaugeschäfte befanden. Es liegt wohl sehr nahe, dass die Gehäuse demnächst in das Saecammina- - stadium übergeführt werden sollten, wozu eine große Menge von Kitt- substanz nöthig wurde. | Die Umwandlung von Hüllsubstanz in Kittmasse ist aber ‚keineswegs an die Kernnähe gebunden. Man findet innerhalb der Hüll- schicht, namentlich an verdickten Stellen derselben, so äußerst feine Kittmassennebel, dass man sich der Vorstellung nicht entschlagen kann, sie hätten sich hier erst aus der Hüllsubstanz wie ein feinster Nieder- ET a ie ee ee 508 Ludwig Rhumbler, schlag abgesetzt. Ihre Herkunft aus der Kernnähe ist in solchen Fällen keine unmittelbare, bleibt aber doch bestehen, da die Hüllmasse, aus der sich die Nebel abgesetzt haben, eben daher stammt. Der Transport der Hüllschichttröpfchen oder der Kitt- substanztheilchen aus der Kernnähe nach der Hüllschicht hin wird durch Strömungen der Sarcode bewerkstelligt. Ich habe natür- lich an meinem abgetödteten Material derartige Vorgänge nicht verfolgen oder auch nur mit zwingender Gewissheit erschließen können. Einmal aber wäre es doch im höchsten Grade sonderbar, wenn man den Kitt- schichttröpfchen eine eigene Bewegung, etwa auf chemotaktischer Basis zuschreiben wollte, dann aber habe ich eine Beobachtung an einem Süßwasserrhizopoden hier anzuführen, die intra vitam angestellt wurde und welche wohl ohne Bedenken auf Saccammina ausgedehnt werden darf. Ich konnte nämlich bei einem Eneystirungsvorgange einer Nebela carinata den Weg von ähnlichen Kittmassentheilchen, die zu einer Deckelbildung benutzt werden sollten, genau verfolgen. Die Substanz, welche später zum Deckel verwendet werden sollte, wurde in Gestalt kleiner Tröpfchen aus der unmittelbaren Kernnähe durch einen nach der Gehäusemündung gerichteten Plasmastrom nach ihrem Bestimmungsorte hingetragen; dabei sammelten sich die Körnchen im vorderen Ende des Weichkörpers an und wurden hier mit allerlei In- gesta zusammengeschart, so dass eine dichte Zusammenhäufung von Nahrungsresten und Kittmassentheilchen im vordersten Sarkodeabschnitt entstand. Diese Anhäufung, welche sich als dunklere Masse sehr deut- lich von dem, seine Einlagerungen mehr und mehr verlierenden Weich- körper unterschied, wurde hiernach durch das Auftreten einer immer größer werdenden Vacuole gänzlich von dem übrigen Weichkörper ge- trennt. Darauf zog sich die Sarkode auf einige Minuten von den in der Gehäusemündung liegen gebliebenen Substanzen zurück, trat dann aber wieder vor, legte sich der festgewordenen Masse wieder an, und wie- derholte denselben Vorgang genau wieder. Derselbe Vorgang trat nach kurzen Pausen viermal hinter einander ein, so dass schließlich ein aus mehreren Schichten bestehender Deckel gebildet wurde, der aber sehr bald zu einer gemeinsamen festen Masse erstarrte. Ich habe die Rich- tung, welche die Kittsubstanztröpfchen bei dieser Deckelbildung in der Sarkode einschlugen, durch Pfeile angegeben (Taf. XXI, Fig. 33). Außer diesem im Leben beobachteten Vorgange spricht aber auch die Zusammenlagerung von Kieselplättehen oder Stäbchen in der Nähe des Kernes, wie sie sich bei Euglypha, bei Difflugia spiralis und Trinema wahrnehmen lässt, eben so bindend für die Entstehung der Kittmassen und ähnlicher Substanzen in unmittelbarer Nähe des Kernes. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 509 Die Kieselplättchen etc. und die Kittmasse scheinen mir nämlich immer einen gemeinsamen Entstehungsort zu haben; die Kieselplättchen etc. sind jedenfalls nur als ein Abtrennungsprodukt einer ursprünglich sehr komplieirten Substanz (Kittsubstanz und Kieselplättchen) aufzufassen. Ich komme zu dieser Anschauung durch die große Zahl von chemischen Elementen, die H. B. Brapy in den von ihm geprüften Thalamophoren- gehäuse nachweisen konnte!. Ohne auf diese Frage hier näher ein- zugehen, sei bemerkt, dass die Annäherung der Kieselplättehen und Stäbchen an den Kern oft eine so große ist, dass beim Absterben von Euglypha und Trinema, falls dabei die Sarkode aus dem Gehäuse ausfließt und nur der Kern im Gehäuse zurückbleibt — ein Vorgang, der sehr häufig eintritt — die Plättchen in dichter Lagerung um den Kern geschart bleiben und nicht von der Sarkode nach außen mitge- rissen werden. Da der Kern bei den genannten Formen viel wider- standsfähiger ist als die Körpersarkode, findet man dann nach einiger Zeit im Gehäuse nur noch den Kern, welcher von einem dichten Mantel von Plättchen umgeben ist; solche Vorkommnisse können sehr leicht, wenn man ihre Entstehung nicht kennt, für Encystirungszustände an- gesehen werden. Die Größe der kleinsten Kittsubstanztheilchen, welche ich inner- halb des Saecamminaweichkörpers auffand, belief sich auf 0,004 341 mm. Die Ausdehnung der Kongregationen erreichte auf den Kittringen am Trichterrande 0,0298 mm. Der Farbe nach sehr schwer von den behandelten Kittmassentheil- chen zu unterscheiden sind andere Einlagerungen, denen ich die Rolle von Exkretkörnchen zuschreiben möchte oder physiologisch ge- sprochen, die ich für Produkte der regressiven Protoplasmametamor- phose anzusehen geneigt bin. Sie lassen sich in dem mit Schlickmassen erfüllten Weichkörper nur ganz vereinzelt hier und da in den Sarkode- balken wahrnehmen und sind dann immer schwer von jenen Tröpfchen zu unterscheiden, die ich für das Produkt geplatzter Waben halte. Ihre Farbe ist nach Behandlung mit Methylgrün-Eosin oder Hämatoxylin eine olivenfarbene, grünbläuliche bis stahlgraue; da sich beide Farbstoffe diesen Exkretkörnchen gegenüber in derselben Weise ver- halten, so wird man die genannten Farbennuancen auch den ursprüng- lichen, nicht künstlich gefärbten Körnchen zuschreiben dürfen; leider habe ich auf keinem meiner ungefärbten Präparate dies als Exkret- körnchen gedeutete Gebilde wiedergefunden. Zu bemerken ist, dass die grünbläuliche bis stahlgraue Färbung der Körnchen keine intensive ist, sondern dass es sich hier nur um einen leichten Schimmer handelt, 1 Challenger-Report. Bd. IX. p. XVII—XXI. 510 Ludwig Rhumbler, so dass es erklärlich ist, wenn sich, wie ich vorhin sagte, die Exkretkörn- chen trotz der Farbendifferenz, die sich aus meinen Angaben ergiebt, nicht bloß von den Wabenkörnchen, sondern auch von den Kittsubstanz- theilchen schlecht unterscheiden lassen. Es handelt sich hier um so schwache Farben, dass sich das Gelbgrünliche der Kittsubstanztheilchen und das Grünbläuliche der Exkretkörnchen nur dann sicher unter- scheiden lassen, wenn sie in einem Gesichtsfelde bei einander liegen und man auch diese beim Vergleiche beider Gebilde gleichzeitig neben einander vor Augen hat. Die grünbläuliche Farbe herrscht bei kleineren Exkretkörnchen vor, die stahlgraue kommt in höherem Grade den größeren Körnchen zu. In beiden Fällen tragen die Farben einen matten Schimmer, den man am besten wohl als fettigen Glanz bezeichnen kann. Die kleinen, grünbläulich gefärbten Körnchen zeigen öfters Biskuitform oder sonstige mehrfach eingeschnürte längliche Gestaltung, die auch in die Breite gehen kann und dadurch zu traubenförmigen Bildungen Ver- anlassung giebt. Derartige Formen sind natürlich Verschmelzungspro- dukte. Die größeren, mehr stahlgrauen Exkretkörnchen lassen in der Regel Verschmelzungsvorgänge nicht mehr erkennen; sie sind meistens gänz- lich kugelrund und sind auf diese Weise nunmehr viel leichter von den langgestreckten Kittschichttheilchen zu trennen, als vorher, wo sie öfters zu mehr oder weniger langgestreckten Formen zusammengeschmolzen waren. Die Größe der Exkretkörnchen schwankt zwischen 0,00449 bis 0,004619 mm im Durchmesser. Wie schon hervorgehoben, kommen die Exkretkörnchen in dem, in normaler Lebensfunktion befindlichen Weichkörper nur außerordentlich spärlich vor. Wir werden später aber Zustände des Weichkörpers kennen lernen, in welchem sich die Exkretkörnchen zu größeren Ballen vereinigen, um schließlich aus dem Weichkörper ganz entfernt zu werden. Gerade die letztgenannten Schicksale der Körnchen sind es, die mich veranlasst haben, ihnen die Deutung als Exkretkörnchen beizulegen. Näheres hiertiber wird bei den Defäkationsvorgängen mitgetheilt werden. Ich stelle bier zum Vergleiche die Unterscheidungsmerkmale der vier, seither geschilderten Einlagerungsarten zusammen. A. Form mehr oder weniger länglich. a. Bakterienähnlich, sehr klein (0,00072 mm). Farbe nach Be- handlung mit Methylgrün-Eosin graubraun; auf die zur Pseudo- podienbildung bestimmte Sarkode beschränkt oder wenigstens in der anderen Körpersarkode nicht aufgefunden Pseudopodienkörperchen. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. I. 511 b. Spindelförmig, meist zu langen gegliederten oder auch unge- gliederten Fäden verschmolzen. 0,00449—0,0014788 mm. Farbe nach Behandlung mit Methylgrün-Eosin roth. Wabenköperchen. c. Runzlige, kleine, hin und hergewundene Stäbchen, die bei Zusammenhäufung zu ganz unregelmäßigen Konglomeraten ver- schmelzen. Farbe nach Behandlung mit Methylgrün-Eosin gelbgrünlich, gelb bis gelbbraun (Größe sehr schwankend, un- messbar bis ea. 0,043 mm). ...... Kittsubstanztheilchen. B. Form meist kugelig; nur bei Aneinanderreihung mehrerer Körper- chen unter Umständen länglich oder traubenförmig. Größere Körperchen fast ausnahmslos ziemlich regelmäßige Kugeln. Farbe alle Nuancen zwischen Grünbläulich und Stahlgrau. Die erstere für kleinere, letztere für größere Gebilde. 0,001 40—0,004619 mm. Exkretkörnchen. Der Vollständigkeit halber darf nicht unerwähnt bleiben, dass ich in Weichkörpern, die 48 Stunden lang in verdünntem Hämatoxylin ge- färbt worden waren, noch weitere, tiefblau gefärbte, mit scharfen Kon- . touren umgebene, streng kuglige Körperchen auffand. Ich vermochte diese Kügelchen nicht mit einer Art der vorhergenannten Körperchen zu identificiren. Obgleich sie in den mit Hämatoxylin gefärbten Exem- plaren meistens in großer Zahl auftraten, konnte ich sie in anders ge- färbten. Weichkörpern nicht wieder auffinden. Es muss dahingestellt bleiben, ob sie durch besondere optische Eigenschaften dem Auge bei anderen Färbemethoden entgehen, oder ob sie auf kuglige Pilze zurück - zuführen sind, die sich innerhalb der verdünnten Farbstofflösung in den 48 Stunden entwickelt haben. Die Färbung wurde nach der Angabe Frennine’s behufs Erlangung einer deutlichen Kerngerüstfärbung in der angegebenen Weise ausgeführt. Im Kern selbst fand ich derartige stark blau gefärbte Kügelchen nie, so dass die erstere Auslegung mehr Wahr- scheinlichkeit für sich hat als die letztere. Gewöhnliche, nicht den be- sonderen Verhältnissen der Saccammina ausschließlich angepasste Pilze würden kaum eine solche Auswahl zwischen Kern und Weich- körper zu treffen vermögen. Indessen ist eine weitere Prüfung an fri- schem Material auch hier erwünscht; sollten sich die fraglichen Körnchen als wirkliche Beimengungen des Weichkörpers ergeben, so wäre in ihrer starken Färbbarkeit in verdünntem Hämatoxylin ein sicheres Erken- nungszeichen für sie gegeben; keine Art der anderen Einlagerungen tritt in der Weise intensiv bei Hämatoxylinfärbung hervor. Ihre eventuelle Bedeutung im Weichkörper ist mir gänzlich unklar. Ihr Durchmesser 512 = Ludwig Rhumbler, wechselt zwischen 0,00120—0,00138 mm. Verschmelzungen der ein- zelnen Kügelchen habe ich nie beobachtet (Taf. XXII, Fig. 37). Es darf nicht verwundern, wenn ich bei Aufzählung der in der Sarkode vorkommenden Einlagerungen, Fettkörperchen, wiesie bei den meisten lebenden Foraminiferen beobachtet worden sind, nicht mit aufführen konnte. Der lange Aufenthalt der Weichkörper in starkem Alkohol kann derartige Fettgebilde wohl alle zur Lösung gebracht haben. Ich suchte mit Osmiumsäure etwa vorhandene Reste solcher Fettkörper- chen ausfindig zu machen, hatte damit aber keinen Erfolg. Die ganzen Schnitte nehmen bei Behandlung mit Osmium eine mehr oder weniger graue Farbe an, in der zwar hier und da ein besonders dunkel ge- färbtes Partikelchen auffällt, die aber nicht erlaubt, mit Bestimmtheit solche Partikelchen für dem Weichkörper zugehörige Fetttröpfchen auszugeben. Selbst mit Methylgrün-Eosin gefärbte Weichkörper nehmen bei Nachbehandlung mit Osmium ein so diffuses Aussehen an, dass sich von den dunkler gefärbten Bestandtheilen niemals mit Sicherheit fest- stellen ließ, ob sie wirklich innerhalb der Sarkode lagen oder ob sie als Detritussubstanzen innerhalb der Schlickmassen eingebacken waren. Jedenfalls beweist die Abwesenheit der Fettkörperchen in meinen Präparaten auf keine Weise ihr gänzliches Fehlen innerhalb des leben- den Weichkörpers. Wenn Analogieschlüsse erlaubt sind, wird man sie im Gegentheil bei ihrer sonst allgemeinen Verbreitung auch für die Sarkode der Saecammina als eine weitere Einlagerung annehmen müssen. 7. Der Kern. Der Kern der Saccammina liegt immer, so weit meine Erfah- rungen reichen, in den peripheren Theilen der Sarkode; ich habe ihn nie in genau centraler oder auch nur in annähernd centraler Lagerung gefunden (cf. Fig. 75, 79, 80, 82, 83, 86, 90, 91 und 92). Er ist, wie oben schon bemerkt, in der Regel von einem deutlich erkennbaren Sarkodemantel umgeben, welcher sich in das Balkenwerk der Sarkode fortsetzt. Manchmal jedoch scheint er nur auf einer oder mehreren Seiten mit Sarkodebalken in direkter Berührung zu stehen, während von anderen Seiten her Schlickmassen bis dicht an ihn herantraten, so dass an solchen Stellen zwischen Kern und Schlickmassen keine Sar- kode zu erkennen war. Der Kern fehlte keinem einzigen Weichkörper, und war in all meinen Exemplaren mit einer einzigen Ausnahme immer bloß in der Einzahl vorhanden. Den Ausnahmefall, in welchem zwei Kerne vor- handen waren, muss ich als ein pathologisches Produkt ansehen; ich werde den Fall am Schlusse der Kernbeschreibungen eingehender be- Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 513 sprechen (cf. p. 545). Da sich meine Untersuchungen über 287 Weich- körper ausgedehnt haben, so muss jedenfalls die Einzahl des Kernes für Saccammina als Regel gelten. Von Gestalt ist er kugelig, oder zeigt die Form eines Rotations- ellipsoids; bald war er prall, bald geschrumpft oder gar in reichlicher Faltenbildung zusammengesunken, vor allen bei den größeren Kernen. Er erreicht einen Durchmesser von 0,312 mm, so dass man ihn dann im Uhrschälchen mit bloßem Auge leicht sehen kann. Diese Größe hat er aber nur selten aufzuweisen, meist überschreitet er 0,180 mm nicht und kann sogar auf 0,063 mm Durchmesser in kleineren Thieren herabsinken. Da diese Angaben kein deutliches Bild von den wirk- lichen Größenschwankungen des Kernes zu bieten vermögen, in so fern nämlich als die Kerne großer und kleiner Thiere gemessen wurden, so suchte ich das Massenverhältnis zwischen Kern und Weichkörper für mehrere (27) Thiere durch eine Proportionszahl numerisch festzustellen. Dies war bei dem vorliegenden Material leicht angängig, da sich der Sarkodeleib oft kugelig kontrahirt hatte und der Kern ebenfalls meist kugelige Gestalt zeigte, oder sich wenigstens mit einem mittleren Radius auf Kugelgestalt umrechnen ließ; es mussten bloß die beiden Kugel- volumina mit einander verglichen werden, d. h. das Volumen des Kernes mit dem Volumen der gesammten Sarkode minus Kernvolumen. Es ergaben sich hierbei ganz ungemein große Schwankungen, die zum Theil wenigstens ihre Erklärung im nächsten Kapitel finden werden. Obgleich bei dieser Berechnung nur pralle Kerne oder solche von den großen, geschrumpften Kernen, welche sich ohne erhebliche Fehler- quellen auf einen prallen Zustand umrechnen ließen, und andererseits bloß wirklich kugelig kontrahirte Weichkörper, welche nicht geplatzt waren, in Betracht gezogen wurden, so dass also eine Täuschung durch, auf der einen oder anderen Seite stattgefundene Substanzverluste möglichst ausgeschlossen war, so wechselte das Massenverhältnis zwischen Kern und Weichkörper doch zwischen !/, und !/,es; im Mittel betrug es !/3y9 !. Bei der Feststellung dieser Massenverhältnisse wurde auch eine genaue Kontrolle über den jeweiligen Ausbildungszustand des Gehäuses geführt. Es stellte sich hierbei heraus, dass die reale Größe der Ver- hältniszahl in den weitaus meisten Fällen mit dem Ausbildungszustande des Gehäuses zunimmt?. So waren die Gehäuse, deren Kern und 1 Die bei den 27 untersuchten Exemplaren gefundenen Verhältnisse waren folgende: 41/768, 1/640, 1/639, 41/582, 1/4914, 4/400, 41/379, 4/327, 1/320, 41/342, 1/302, 1/270, 41/266, 41/254, 41/239, 1/2924, 41/220, 4/2419, 210, uk A/154, A46, 4/50, 4/45, 4/43 und 4/22, im Mittel = 41/342. 2 ScHAUDInn erwähnt, dass die Größe des Kernes von Myxotheca (wenn auch Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 34 il 2 Ludwig Rhumbler, Weichkörper die sieben ersten der angegebenen Verhältniszahlen (also bis Y/s79 inkl.) geliefert hatten, rauh und hatten noch keinen Pylomtu- bus oder hatten diesen doch nur erst angelegt, sie standen also noch auf dem Psammosphaerastadium, mit einer einzigen Ausnahme (1/,55) !, wo das Gehäuse völlig ausgewachsen schien, groß und glatt war und sogar einen recht langen Pylomtubus trug. Auch bei den letzten sieben Verhältniszahlen fand sich nur eine Ausnahme (1/,,)?2 von der sonst geltenden Regel, dass die zu den betreffenden Weichkörpern gehörigen Gehäuse ihre volle Ausbildung erreicht hatten oder doch derselben nahe standen. Dass die Ausnahme in den jeweils in Betracht gezogenen sieben Fällen immer nur 1 beträgt, wird wohl dem Zufall zuzu- rechnen sein. Immerhin wird sich daraus mit einiger Sicherheit ent- nehmen lassen, dass zwar, wie bereits bemerkt, der reale Werth der Verhältniszahl, mit dem Ausbildungszustand des Gehäuses, d. h. also auch mit dem Alter des Thieres, größer wird oder mit anderen Worten, dass beim Wachsthum des Weichkörpers der Kern in der Regel an Vo- lumen verhältnismäßig bedeutend mehr zunimmt als der Weichkörper, dass aber gelegentlich auch Ausnahmefälle in dieser Beziehung vor- kommen. Für die herangezogenen Fälle ergiebt sich ein Procentsatz von 85,7 für die Richtigkeit der erörterten Verhältnisse und bloß 14,3%, für die Ausnahmefälle. Wie diese Ausnahmefälle zu erklären sind, lässt sich mit Sicherheit nicht feststellen, doch scheint mir eine ungezwungene Erklärung sehr nahe zu liegen, nämlich die, dass die Entwicklung des Gehäuses und die des Weichkörpers nicht nothwendig Hand in Hand gehen müssen. Die Ausnahmefälle sind in so fern willkommen zu heißen, als sie be- weisen, dass auch die Größenverhältnisse des Kernes keinerlei Tren- nung zwischen Psammosphaera und Saccammina gestatten. Die vorstehenden Verhältnisse sind aus tabellarischen Aufzeich- nungen entnommen, welche ich vor zwei Jahren anfertigte, ehe ich noch wusste, zu welchem Zwecke ich sie jemals gebrauchen würde; es scheint mir also jede, etwa unbewusst unterlaufene, Willkür bei der Auswahl der beliebig hinter einander aufgegriffenen Exemplare ausgeschlossen. Eine weitere augenfällige Erscheinung ist diejenige, dass die nicht ausnahmslos) mit der Größe des Weichkörpers zunehme. Diese Zeitschr. Bd. LVII, p. 26. ! Das Gehäuse maß 4,52 mm, war glattwandig und hatte einen Pylomtubus von 0,323 mm Länge, der sich mit einer Öffnung von 0,4275 mm nach außen öffnete. 2 Das Gehäuse maß bloß 4,33 mm, war rauh, hatte noch keinen Pylomtubus, sondern seine Mündung war zwischen Steinen eingekeilt und hatte bloß eine Weite von 0,4435 mm. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 515 Struktur des Kernes im Verein mit der Zunahme seiner Größe sich ändert, d. h. dass der Kern auf seinen verschiedenen Größenstufen verschiedene Strukturbilder zeigt. Die Regelmäßigkeit dieser Struktur- differenzen ist eine so große, dass ich am Schlusse meiner Unter- suchungen mit großer Besiimmtheit die feinere Struktur eines Kernes voraussehen konnte, sobald ich seinen Durchmesser gemessen hatte. Natürlich waren hier und da zwei Möglichkeiten der Einreihung gegeben, da die Änderung der Struktur nicht an !/,ooo mm der Umfangänderung des Kernes gebunden war, sondern ein Stadium gewisse Größenstufen mit den angrenzenden Stadien gemeinsam hatte. Es ist dies aber gerade ein weiterer Beweis für den genetischen Zusammenhang der betreffenden Kernstadien. Ich unterscheide demgemäß neun verschiedene Kernstadien. Bei Aneinanderreihung derselben ist für mich außer der Größen- zunahme auch die Struktur selbst maßgebend gewesen; ja ich musste zweimal, wie aus meiner weiteren Schilderung hervorgehen wird, von der Reihenfolge, welche mir die Größenzunahme des Kernumfangs auferlegte, der Struktur zu Liebe abweichen, in so fern als sich zwei- mal Kerne, die ihrer Größe nach auf einander hätten folgen mtissen, ihrer Struktur nach nicht von einander ableiten ließen. Ich kann leider die oben erwähnten Ausnahmefälle, wo die Größe des Kernes nicht dem Ausbildungszustande des Gehäuses entsprach, nicht als Berechti- gungsbeweise für die vorgenommenen Umstellungen der Kernstadien anführen, da ich nicht weiß, ob die damaligen Ausnahmefälle gerade solchen, versetzten Kernstadien entsprachen. Als ich die Messungen vornahm, wusste ich noch nichts von den verschiedenen Kernzuständen. Ich habe desshalb in den Fig. 57—65 (Taf. XXIII) die Kerne der Größe nach angeordnet; man wird sich so am besten davon überzeugen können, dass sich die Struktur des Kernes, Fig. 60, auf keinen Fall mit der Struktur der Kerne, Fig. 59 u. 61, in unmittelbaren Zusammen- hang bringen lässt, und dass Fig. 63 denselben Widerspruch der Ein- reihung zwischen die Kerne Fig. 62 u. 64 entgegensetzt. Wenn die umgesetzten beiden Stadien durch ihre Umsetzung von den Größenstadien losgerissen scheinen, denen ich sie angefügt habe, so darf nicht außer Acht gelassen werden, dass vielleicht die Unter- suchung eines noch reichhaltigeren Materials diese Lücken ausgefüllt hätten. Vielleicht geht die Größenzunahme des Kernes, die in beiden Fällen die Folge einer Flüssigkeitsaufnahme zu sein scheint, so rasch vor sich, dass Übergangsstadien zur betreffenden Größenstufe nur unter besonderen Zufälligkeiten zu erhalten gewesen wären. Ich habe es versucht, aus der Verschiedenheit der Struktur, | 34%* B16oN : Ludwig Rhumbler, welche die verschiedenen Kernstadien von einander unterscheiden ließ, die vitalen Vorgänge abzuleiten, welche die jeweiligen Umände- rungen hervorgebracht haben mögen. Ich bin mir wohl bewusst, dass meine diesbezüglichen Bestrebungen vielleicht nicht überall das Rich- tige getroffen haben mögen. In der Größe und Klarheit der Objekte lag aber geradezu eine Herausforderung, die Beantwortung der Fragen zu wagen, welche sich an die Formveränderungen der Saccammina anschließen lassen, und welche ein weitergehendes Interesse bean- spruchen dürfen. Bei unseren, auf dem Gebiete der Kernveränderun- gen so sehr in Bewegung begriffenen Anschauungen schien es mir weit besser, mit möglichster Bestimmtheit ein auf die Befunde gegründetes Entwicklungsschema festzulegen, als mit vielen Wenn und Aber jeder bestimmten Auslegung aus dem Wege zu gehen. Je deutlicher die Anschauungen ausgesprochen worden sind, desto erfolgreicher wird eine etwa späterhin folgende Kritik oder Diskussion sein können. In- dessen habe ich es trotzdem zu vermeiden gesucht, meine Deutungs- versuche mit den Befunden selbst zu vermengen; sie sind vielmehr unter der Überschrift »Deutung« der Beschreibung der Befunde jedes Mal angehängt worden, so dass auch für denjenigen Interessenten, der meinen Auslegungen nicht sympathisch gegenübersteht, wenigstens die Benutzung des in dieser Arbeit beschriebenen Materials nicht erschwert worden ist. Besonderes Interesse verdienen die hier erörterten Verhältnisse desshalb, weil wir im Laufe einer sehr allmählichen Entwicklung einen Kern, der ursprünglich den Bau eines Keimbläschens — Kern mit homogenem Inhalt und Binnenkörpern (Nucleolen früherer Autoren) — trägt, sich in einen Kern von äußerst vollkommenem, feinen Gerüst- werk umwandeln sehen, wie er allem Anscheine nach mit den Gewebe- kernen höherer Metazoen verglichen werden darf. Die schädlichen Einflüsse der Alkoholkonservirung habe ich mit möglichster Objektivität bei meinen Überlegungen in Rechnung zu ziehen gesucht. Über die Zulässigkeit stärkeren Alkohols als Konser- virungsmittel für Protozoen überhaupt ist oben p. 43% schon das Nöthige gesagt worden. a) Das erste Stadium ist durch eine giatte Kernmembran und durch dichte Einlagerung auffallend großer Binnenkörper (Nucleolen früherer Autoren) ausgezeichnet. Die Größe der Kerne überschreitet auf diesem Stadium einen Durchmesser von 0,1050 mm nicht, während sie manchmal nur 0,066 mm im Durchmesser misst, oder sogar in Primitivgehäusen nur 0,04619 mm erreicht. Kerne dieses Stadiums wurden nur in Weichkörpern aufgefunden. deren Gehäuse nicht über Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 57 1,0925 mm im Durchmesser groß waren und im günstigen Falle nur die Anfänge eines Pylomtubus angelegt, nie diesen aber ausgebaut hatten. All dies spricht dafür, dass wir es mit einem jugendlichen Kernstadium zu thun haben. Die Gestalt des Kernes ist meist kugelig, nur selten ellipsoid. DieKernmembran ist homogen durchsichtig, hat in dem Methyl- grün-Eosingemisch ! eine rosarothe Färbung angenommen und weist eine ziemlich konstante Dicke von 0,00449 mm auf. Sie ist auf diesem Stadium niemals geschrumpft, sondern liegt dem Kerninhalt, von dem sie sich durch einen inneren Kontour scharf abhebt, überall prall an. Die Binnenkörper sind bei den Kernen der Primitivgehäuse in der Regel an der Kernmembran dichter zusammengehäuft als im Centrum; doch auch im Centrum des Kernes findet sich manchmal eine Zusammenhäufung von Binnenkörpern (Taf. XXII, Fig. 45). In den Kernen ganz junger Primitivgehäuse glaube ich mehrmals nur ganz wenig Binnenkörper (drei bis fünf) wahrgenommen zu haben; es ge- lang mir nicht die Kerne vollständig frei zu präpariren. Sonst sind die Binnenkörper mehr oder weniger gleichmäßig im Kernraum vertheilt. Die eingelagerten Binnenkörper zeigen in verschiedenen Kernen öfters eine verschiedene Komposition, doch kommen diese verschieden komponirten Binnenkörper auch in einem und demselben Kerne vor. Ihre Größe schwankt zwischen 0,00149—0,00662 mm. Meist sind es im Kernraume unregelmäßig vertheilte Körner, welche Kugelgestalt ‚zeigen oder doch wenigstens der Kugelgestalt sehr nahe kommen. Dann finden sich solche Körner zu unregelmäßigen Klumpen zusammen- geklebt, oder sie bilden auch ziemlich regelmäßige Kugeln, welche aus kleinen, meist ungleich großen Kügelchen zusammengesetzt sind ‚Taf. XXIH, Fig. 57). Auch traubige Konglomerate von derartigen Kügel- chen sind gar nicht selten; sie fanden sich oft zu Massen von 0,009 mm Durchmesser vereinigt. Am auffallendsten sind in der Regel jedoch die größten unter ihnen gebaut; sie zeigen meist eine helle Innenmasse, in welche ein bis drei unregelmäßige, manchmal halbmondförmige, manchmal biskuitförmige, stark lichtbrechende Körperchen eingelagert sind. Um diese hellere Innenmasse ist in gleichmäßiger Schicht eine dunklere Außenmasse herumgelagert, so dass diese ganz wie eine derbe Membran aussieht. Auf einem Schnitte durch den Kern einer Saccammina traf ich einen ! Vor ihrer Behandlung mit Methylgrün-Eosin waren alle Weichkörper schon vorher mit Pikrokarmin vorgefärbt worden (cf. p. 435); dies ist bei dem im Texte angegebenen Färbungsnuancen jedes Mal in Betracht zu ziehen, wenn es auch nicht immer wieder besonders hervorgehoben wird. 518 Ludwig Rhumbler, einzelnen solchen zweischichtigen Binnenkörper, welcher an seiner Peripherie ein deutliches Loch in seiner Außenschicht erkennen ließ. Die Binnenkörper haben in Karminfarbstoffen oder im Methyl- grün-Eosingemisch allerhöchstens einen schwach röthlichen Anflug angenommen; meist aber sind sie gegen beide Farbstoffe, denen noch das Hämatoxylin zugefügt werden darf, gänzlich resistent. Sie erschei- nen nach den Färbungen wie im ungefärbten Zustande gelbroth oder rothbräunlich, ölartig glänzend, sind aber nicht so durchsichtig wie Öl. In Pikrinsäure färben sie sich schon nach sehr kurzer Zeit intensiv gelb. Der übrige Kerninhalt wird von einer wolkig trüben Masse ge- bildet, die keinerlei Struktur erkennen lässt. Von einem Kerngerüst irgend welcher Art konnte ich bei Ker- nen dieses Stadiums niemals die geringsten Anzeichen auffinden. Deutung und Vergleichendes: Ich habe in einer früheren Arbeit! die hier vorgeführte Form- verschiedenheit der Binnenkörper auf ihre Entstehungsweise zurückgeführt. Ich glaube nämlich annehmen zu dürfen, dass die Binnenkörper aus Anfangs leichtflüssigen, dann zähflüssigen und schließlich erstarrenden Massen entstanden sind, die auf verschiedenen Stadien ihrer Erstarrung an einander gerietken und dabei zu verschie- den gestalteten Konglomeraten zusammengeschmolzen sind. Im Ein- zelnen muss ich auf die eitirte ausführlichere Arbeit verweisen; hier findet man auch eine Erklärung des mit einem Loche ausgestatteten Binnenkörpers. Die zweischichtigen Binnenkörper (Nucleolen) der Grega- rinen, die eine große Ähnlichkeit mit den Binnenkörpern der Saccam- minakerne besitzen, sind von verschiedenen Seiten für Bildungs- nucleolen, welche auf endogenem Wege die kleineren Nucleolen erzeugen sollten, angesehen worden. Ich habe auch diese Auffassung in der eitirten Arbeit als unzulässig dargethan. Die wolkig trüben Massen im Kerninhalt mögen ein Ge- rinnungsprodukt vielleicht einer Eiweißsubstanz sein, welche sich beim Alkoholzusatz aus dem Kernsafte niedergeschlagen hat. Außer bei den Gregarinen sind auch bei den Radiolarien ähnlich gebaute Kerne beschrieben worden. b) Die Kerne, welche ich nunmehr als diejenigen des zweiten Stadiums folgen lasse, wären erst an vierter Stelle als Kerne des vierten ! L. REUNBLER, Über Entstehung und Bedeutung der in den Kernen vieler Protozoen und in Keimbläschen von Metazoen vorkommenden Binnenkörper (Nucleolen). Eine Theorie zur Erklärung der verschiedenartigen Gestalt dieser Gebilde. Diese Zeitschr. Bd. LVI. p. 328—364. 2 Litteraturangaben im vorher citirten Aufsatze. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 519 Stadiums zu nennen, wenn ich genau der Größenzunahme der Kerne (wie sie auf Taf. XXIII dargestellt ist) im Bestimmen der Ausbildungs- stadien folgen würde. Ich muss hier den leitenden Faden der zuneh- menden Größe aus der Hand lassen, weil die hier zu besprechenden Kerne durch ihren Reichthum an Binnenkörpern sich unmittelbar an die Kerne des ersten Stadiums anfügen lassen, ihre Einfügung aber in die Kernentwicklungsreihe an einer anderen Stelle sehr viel Zwang erfordern würde. Ich hoffe die Berechtigung zu dieser Abweichung nach Darstellung der Befunde darthun zu können. Die Größe der hierher zu rechnenden Kerne schwankt zwischen 0,1470 und 0,1366 mm im Durchmesser. Ihre Gestalt wechselt zwischen Rotationsellipsoid und Kugel; meist finden sich Dellen in ihrer Ober- fläche oder sie zeigt Schrumpfungserscheinungen, welche durch die Behandlung mit Alkohol hervorgerufen sein mögen. Die Kernmembran hat ihre Struktur und Dicke nicht ver- ändert, nur erscheint sie auf manchen Präparaten stärker roth gefärbt oder sie ist stärker lichtbrechend als auf dem vorigen Stadium. Ihre Farbe könnte man in letzterem Falle als roth-öl-gelb bezeichnen. Eine merkwürdige Erscheinung, welche auch die nächstaufge- zählten Kernzustände charakterisirt, ist in den Kernen dieses Stadiums in verschiedener Ausbildung zu erkennen. Es haben sich nämlich auf die Kernmembran mehr oder weniger deutlich ausgebildete, mit Tink- tionsmitteln stark färbbare, kegelartige Gebilde mit ihrer Basis aufge- setzt (Taf. XXIII, Fig. 60 Mk). Ich werde in Zukunft diese von allen Kernsubstanzen am stärksten färbbaren Kegel, als Membrankegel be- zeichnen, womit nur gesagt werden soll, dass die gemeinten Kegel der Membran aufsitzen, nicht etwa aber, dass sie Bestandtheile der Mem- -bran selbst seien. Ihre starke Färbbarkeit lässt sie als Chromatin- elemente erscheinen, deren ausschließliches Vorkommen an der Kernmembran nichts Verwunderliches haben kann. Ich fand auch bei anderen Foraminiferen, z. B.bei Truncatulina lobatula, das Chro- matin zuweilen nur an der Kernmembran angeordnet; überdies ist eine ähnliche Anordnung der färbbaren Kernbestandtheile an der Innenseite der Kernmembran bei Süßwasserrhizopoden gar nicht selten, wie ich aus eigener Erfahrung behaupten darf und wie auch Bürscnri! in seinem Protozoenwerke bereits angegeben hat. Die Membrankegel zeigen nicht in allen Kernen dieses Stadiums die Kegelgestalt in solcher Vollkommenheit, wie sie auf Taf. XXI, Fig. 71 dargestellt ist; häufig lassen sich Verbiegungen der Kegelachsen auf- 1 0. BürscaLı, Protozoa. p. 443, 920 = Ludwig Rhumbler, finden (Taf. XXI, Fig. 71a). Die Grundflächen der Kegel lassen an ihren Berührungskanten eine kaum merkliche polygonale Abplattung erkennen, so dass der Eindruck einer kreisförmigen Basis im Ganzen gewahrt bleibt (Taf. XXIII, Fig. 71 c). Die Kegelbasen zeigen in einem und demselben Kerne eine Schwankung ihres Durchmessers von 0,0042 bis 0,0018 mm; auch die Höhe der Kegel ist im selben Kerne geringen Schwankungen unterworfen. Der größte Kegel, den ich angetroffen habe, hatte eine Höhe von 0,003 mm; in der Regel aber entfernen sich die Höhenmaße der Kegel von ihrem Mittel, das ca. 0,0015 mm beträgt, nur sehr wenig. Die Zusammenlagerung der Binnenkörper ist nicht mehr so dicht wie im vorigen Stadium ; auch ist in vielen Fällen eine Abnahme ihrer Größe ganz unverkennbar; Binnenkörper über 0,00599 mm Durch- messer sind eine große Seltenheit. Doch darf nicht unerwähnt bleiben, dass ich einmal einen doppelschichtigen Binnenkörper 0,00745 mm in einem Kerne dieses Stadiums vorfand, dessen größte Binnenkörper sonst nur 0,00 2682 mm im günstigsten Falle erreichten. Das einsame Persistiren eines oder höchstens weniger größeren Binnenkörper kommt auch noch bei größeren Kernen vor. Ich erwähne dies hier, weil da- durch eine Besonderheit dieser größeren Binnenkörper, die sich sonst in ihrem Aufbau von den anderen nicht unterscheiden, auch für andere Kernstadien wahrscheinlich gemacht wird. Die Binnenkörper einzelner Kerne dieses Stadiums waren stark geschrumpft, runzlich und in solchen Fällen immer von schmalen blassen Höfen umgeben. Der übrige Kerninhalt wird meist von einer wolkig flockigen Masse gebildet, welche keinerlei gesetzmäßige Anordnung zeigt, und ihre Herkunft aus Gerinnungsvorgängen kaum zu verbergen vermag. Sie ist in den weitaus meisten Kernen dieses Stadiums von hellen, wasserklaren Vacuolen durchsetzt, welche in dem abgebildeten Kerne (Taf. XXIII, Fig. 60 Vk) nur undeutlich hervortreten, manchmal aber auch sehr scharf begrenzt erscheinen können. In anderen, weniger zahlreichen Fällen hat sich die flockig trübe Substanz im Inneren des Kernes zu einer centralen Masse zusammengezogen, so dass ein wasser- heller Raum zwischen ihr und der Kernmembran übrig geblieben ist (Taf. XXIII, Fig. 68, bei geringerer Vergrößerung als Fig. 60 dargestellt). Es wird Niemand bezweifeln, dass dieser helle, peripherisch gelegene Raum den Vacuolen anderer Kerne dieses Stadiums entspricht und aus einfacher Konfluenz der sonst in der Mehrzahl auftretenden Vacuolen entstanden gedacht werden muss. Deutung. Die Binnenkörper fallen meist einer ruhigen Auflösung ! ! RHumBLER, Binnenkörper. Diese Zeitschr. Bd. LVI, p. 353. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden, II. 521 anbeim, d. h. sie werden kleiner, ohne dass Vacuolen in ihnen auftreten. Die Schrumpfung, die manchmal an ihnen kenntlich ist, wird durch die Alkoholwirkung zu erklären sein. Die Binnenkörper waren bereits ihrer vollständigen Auflösung sehr nahe, als ihnen der Alkohol den lösenden Stoff entzog; ihre Substanz ist daher wieder zu unregel- mäßig gebildeten runzeligen Körpern zusammengetreten, während die schmalen blassen Höfe noch den Raum kennzeichnen, welchen sie in ihrem während der Auflösung aufgequollenen Zustande ausfüllten. Die Auflösung der Binnenkörper steht wahrscheinlich damit in Zu- sammenhang, dass der Kerninhalt dünnflüssiger geworden ist. Zur Auf- lösung der Binnenkörper muss ja nothwendig eine Substanz in dem Kern auftreten, die vor ihrer Lösung nicht da war. Die Dünnflüssigkeit des Kerninhaltes wird durch das Auftreten der Vacuolen oder des peri- pheren leeren Raumes dargethan;; ganz einerlei ob die Vacuolen Kunst- produkte sind oder nicht. Ich halte sie wegen der Analogie mit Gre- garinenkernen, die auf ähnlichen Stadien einen homogenen Kerninhalt intra vitam aufweisen, für Kunstprodukte; die im Kern angesammelte Flüssigkeit hat sich in Vacuolen angesammelt, während die anderen Stoffe des Kernsaftes sich zu Gerinnseln vereinigt haben. Die Zunahme der Kernflüssigkeit ist eine so bedeutende, dass die Kerne sehr viel größer sind als die des vorigen Stadiums. Auffallen muss es, dass zuweilen ein oder doch nur wenige Binnen- körper der Auflösung trotzen und noch lange, selbst bis zum fünften Stadium hin, ungelöst bleiben. Ich halte diese »resistenten« Binnenkörper für die ältesten, welche sich im Kerne finden. Sie sind vermöge ihres Alters zu einer so festen Masse erstarrt, dass es weit längerer Zeit bedarf, als diejenige, welche zur Lösung jüngerer Binnen- körper nöthig ist, um sie durch Auflösung verschwinden zu machen. Die wenigen Kerne, welche ich aus Primitivgehäusen zu isoliren ver- mochte, zeigten häufig, wie gesagt, nur sehr wenige Binnenkörper; sie mögen ihres Alters wegen die späteren resistenten Binnenkörper dar- stellen. Organe des Zellkerneskönnen die resistenten Binnen- körper eben so wenig sein, wie ich dies für die anderen Binnenkörper für möglich halte. Sie sind nämlich bei Kernen ein und desselben Größen- und Ausbildungszustandes bald in der Einzahl vorhanden, bald durch zwei bis vier weniger große, aber die anderen Binnenkörper immerhin an Ausdehnung merklich übertreffende Binnen- körper vertreten, bald fehlen sie auch gänzlich. Sehr bemerkenswerth scheint mir, dass die chromatischen Membrankegel zum ersten Male hier auftreten, wo die Größenab- Ba Ludwig Rhumbler, nahme der Binnenkörper auf eine Auflösung derselben schließen lässt. Man wird daran denken dürfen, dass sich aus der gelösten Binnen- körpersubstanz das Chromatin (in seiner stark färbbaren Modifikation) auf diesem Stadium in Kegelgestalt abgeschieden und sich stalaktiten- artig der Membran angelagert hat. Die Membrankegel selbst für Binnenkörper zu halten, welche bloß die Eigenthümlichkeit einer besonders regelmäßigen Anordnung an der Kernmembran erfahren hätten, das ist absolut unzulässig. Färbt man, mit Pikrokarmin und Methylgrün-Eosin behandelte Sehnitte ganz kurze Zeit mit Pikrinsäure nach, so werden alle Binnenkörper ohne Ausnahme intensiv gelb, während die Membrankegel in ihrer rothen Pikrokarmin- und Eosinfärbung verharren (Taf. XXIV, Fig. 87). Dieselbe Differenz giebt sich auch bei allen anderen von mir verwendeten Farb- stoffen kund, die Membrankegel verhalten sich auch hier immer, wenn auch nur der Intensität ihrer Färbung nach, gesetzmäßig anders als die Binnenkörper. Gegen ihre Deutung als Chromatin lassen sich dagegen keine Einsprüche erheben. c) Die Kerne welche ich dem dritten Ausbildungszustand zu- rechnen möchte, hatten einen Durchmesser von 0,0870—0,1267 mm. Geringe Schrumpfungen des Kernes waren meist unverkennbar. Die Membrankegel schienen in einem Falle zu einer zweiten Membran zu- sammengeflossen, die der eigentlichen Membran dicht anlag, sich aber deutlich von ihr durch ihre äußerst starke Färbung unterschied; meistens aber waren sie gut ausgebildet und mit dem Auge leicht von einander zu trennen. Die Binnenkörper überschreiten eine Größe von 0,00313 mm nicht mehr; sie sind röthlich scheinend (durch die Eosin- oder Pikrokarmin- wirkung) und haben sich an Zahl etwas vermehrt. Außer ein bis vier resistenten Binnenkörpern, welche auch auf diesem Stadium gelegentlich vorkommen, wurden kombi- nirte Binnenkörper nicht mehr aufgefunden. Manchmal ließen sich an verschiedenen Stellen des Kerninneren kleine besonders dichte Zusammenscharungen von wenigen einfachen, kleineren Binnenkörpern erkennen. | Bei mehreren Kernen dieses Stadiums fehlten an der Peripherie des Kerninhaltes, also in nächster Nähe der Membran, die Binnenkörper gänzlich oder waren wenigstens hier nur sehr spärlich vertreten. Die Kerne erschienen in diesem Zustande durch eine schmale, blasse Rand- zone gekennzeichnet, die namentlich bei Betrachtung ungeschnittener, isolirter Kerne sehr deutlich hervortrat. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 923 Die rosa scheinende Grundmasse ließ dichtere koagulirte Massen erkennen, als auf dem vorigen Stadium. Deutung. Die Auflösung der Binnenkörper ist weiter fortge- schritten:; kombinirte Binnenkörper sind bei ihrer Auflösung in einfache zerfallen, daher die Zahl der Binnenkörper oft angewachsen ist, während ihre Größe abgenommen hat. Die Zusammenscharung der einfachen kleinen Binnenkörper (Taf. XXIII, Fig. 58 Zs) dürfte hiernach vielleicht aus dem Zerfall eines in Lösung befindlichen kombinirten Binnenkörpers entstanden sein. Bei diesem Auflösungsvorgang scheint die flüssige Substanz, welche sich in den Vacuolen des vorigen Stadiums vor oder nach der 'Konser- virung angesammelt hatte, verbraucht worden zu sein; es treten hier nämlich keine Vacuolen mehr auf. Höchst wahrscheinlich darf die Vo- lumenverringerung, welche die Kerne auf diesem Stadium erfahren haben, mit dem Auflösungsvorgang in der Weise in Zusammenhang ge- bracht werden, dass sich die, durch die Vacuolen des vorigen Stadiums kenntliche, im Kernsaft aufgespeicherte Flüssigkeit mit den gelösten Binnenkörpersubstanzen zu neuen Stoffen verbunden haben, die weniger Platz einnehmen, als die Flüssigkeit, welche vorher den Kern ausdehnte. In der That ist ja die Grundmasse des Kernes hier ein dichteres Gerinnsel als auf dem vorigen Stadium. d) Als viertes Kernstadium möchte ich hier den Ausbildungs- zustand eines Kernes bezeichnen, wie ich ihn nur in einem Exemplar aufgefunden habe (Taf. XXIII, Fig. 59). Der Durchmesser des Kernes ist 0,1152 mm, der Kern ist sehr prall, vollständig kuglig. Die Membrankegel erscheinen in dem Kern kleiner als in den vor- besprochenen Fällen, sie überschreiten eine Höhe von 0,000745 mm nicht, sind aber sehr scharf ausgebildet. Die peripherisch gelagerte, blasse Randzone, welche bei Kernen des vorigen Stadiums öfters sehr klar ausgebildet war, ist in dem vor- liegenden Kerne von kleinen, stark gefärbten Körnchen erfüllt. Die Farbe dieser Körnchen gleicht denen der Membrankegel so sehr, dass ich beide für dieselbe Substanz halte. Die Binnenkörper haben in diesem Kern bloß noch eine Größe von 0,002533 mm; sie haben sich etwas stärker gefärbt, als es sonst ihre Art war. Besonders beachtenswerth erscheint mir, dass sich eine große Zahl verschieden großer Binnenkörper, namentlich in den centralen Theilen des Kernes, zu perlschnurartigen Reihen zusammengeordnet haben, die öfters schlingenförmige Biegungen erkennen lassen (Taf. XXIII, Fig. 59 Ps). Die einzelnen Reihen bestehen meist aus hinter einander 524 | Ludwig Rhumbler, gereihten einzelnen Binnenkörpern, öfter aber sind auch zwei oder mehrere Binnenkörper auf derselben Höhe der Reihe neben einander gelagert. Derartige Reihen habe ich auf den vorhergehenden Kern- stadien, namentlich da, wo die Binnenkörper noch ihren Charakter als Verschmelzungsprodukt aus kleineren Substanztheilchen deutlich zur Schau trugen, nie wahrgenommen. Irgend welches Liningerüst, wel- ches den Zusammenhalt solcher Reihen erklären könnte, habe ich trotz vieler Anstrengungen nicht aufzufinden vermocht. Der übrige Kerninhalt, d.h. die Grundmasse, in welche die Binnen- körper eingelagert sind, erscheint hier fast homogen; er hat eine blass- rothe Färbung angenommen. Deutung. Von den Membrankegeln, die ich, wie dargelegt Rn für die Chromatinbestandtheile des Kernes halte, scheinen sich kisine Ghromatinkörnchen abgelöst und sich in der von Binnenkörpern freien Randzone des vorigen Stadiums angesammelt zu haben. Die Membran- kegel sind dabei kleiner geworden. Die perlschnurartigen Zusammenreihungen der Binnen- körper möchte ich für eine Folge der Saftbewegungen halten, welche innerhalb des Kernraumes bei Aufnahme und Verbrauch der auf dem zweiten Kernstadium aufgenommenen Flüssigkeit stattgefunden haben müssen. Es müssen sich hierbei meiner Überzeugung nach die Binnen- körper jedes Mal in der jeweiligen Stromrichtung reihenweise hinter einander ordnen. Durch spätere Stromveränderungen werden solche Reihen dann wieder in mannigfacher Weise verbogen, geknickt oder auch wieder ganz zerstört werden. Wenn die Binnenkörper auf diesem Stadium noch in flüssigem Zu- stande wären, so müssten hier ausgiebige Verschmelzungserscheinungen der Binnenkörper eintreten, welche eine Reihenbildung gänzlich ver- wischen würden, ein Grund vielleicht dafür, dass die jüngsten Kern- stadien keine ähnliche perlschnurartige Aneinanderreihung ihrer zu- sammengesetzten Binnenkörper erfahren haben. 1 Ich habe mir derartige Vorgänge dadurch zu veranschaulichen gesucht, dass ich einer sehr dünnen Gelatinelösung feinen Ruß zusetzte, und auf dem Ob- jektträger in der Gelatinelösung dadurch langsame Strömungen herverrief, dass ich dem Deckgläschenrande einen Tropfen schwachen Alkohols (35 0/,) vorsichtig zufließen ließ. Die entstandenen Ströme waren so schwach, dass sie nur bei über 400facher Vergrößerung deutlich wahrgenommen werden konnten; trotzdem aber reihten sich manchmal wunderhübsch die einzelnen Rußpartikelchen innerhalb der Ströme zu einzelnen Reihen an einander, die ganz wie Eisblumen an gefrorenen Fenstern gruppirt waren. Nach Eintrocknung des Präparates wurden die Reihen von der festgewordenen Gelatine fixirt und konnten so, ohne Schaden zu nehmen, als ein bleibendes Belegstück in Kanadabalsam eingeschlossen werden. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 925 Die Binnenkörper unseres jetzigen Stadiums sind in langsamer Auflösung begriffen; sie sind vielleicht an ihrer Oberfläche dadurch etwas klebrig und helfen so ihrer perlschnurartigen Aneinanderreihung noch weiter auf. Die hier zum ersten Male deutlicher werdende Tingirbar- keit der Binnenkörper lässt weiterhin die Frage aufwerfen, ob die Binnenkörper hier noch dieselbe stoffliche Zusammensetzung haben, wie auf den vorigen Stadien, wo sie sich gegen Annahme von Farb- stoffen so sehr ablehnend verhielten. Die Frage hat um so eher Be- rechtigung als sich ihre Zahl sehr stark vermehrt hat und desshalb eine Neubildung von Binnenkörpern Platz gegriffen zu haben scheint. Es wäre gewiss nicht leicht zu erklären, dass bei dieser Neubildung die frisch entstandenen Binnenkörper nicht wiederum zu zusammengesetz- ten Binnenkörpern verschmolzen sind. (Die resistenten Binnenkörper dürfen wegen ihrer starken Lichtbrechung, die ihr höheres Alter ver- räth, nicht zu den neu entstandenen gezählt werden.) Ich halte es da- her nicht für ausgeschlossen, dass die kugeligen Körner dieses Stadiums sich chemisch von dem, in den ersten Kernstadien auftretenden Binnen- körper unterscheiden, wenn sie auch wohl ohne Zweifel ihre Hauptsub- stanzen von jenen bezogen haben mögen. Die homogene Beschaffenheit der Grundsubstanz dieses Kernes, die gegen den koagulirten Zustand derselben auf den vorhergehenden Stadien sehr ins Auge fällt, deutet vielleicht darauf hin, dass die Substanzen , welche vorher durch die Alkoholkonservirung zur Gerinnung gekommen waren, nunmehr aus der Grundsubstanz verschwunden und zu den Binnenkörpern dieses Sta- diums geworden sind. Man wird sich diesen Umsetzungsvorgang aber nicht als einen plötzlichen vorzustellen haben, sondern Auflösung der ursprünglichen Binnenkörper und Bildung der neuen Binnenkörper wird neben einander herlaufen, wie denn das Vorhandensein des resistenten Binnenkörpers (rB) zur Genüge beweist, dass die Auflösungsvorgänge der ursprünglichen Binnenkörper noch nicht zu Ende sind. Auch auf den späteren Kernstadien finden sich manchmal noch ein bis vier Binnenkörper, welche sich durch ihr starkes Lichtbrechungsvermögen und ihr ablehnendes Verhalten gegen Tinktionsmittel als resistente, ur- sprüngliche Binnenkörper zu erkennen geben. Wenn sich beiderlei Binnenkörper in einem und demselben Kern oft nicht von einander trennen lassen, so beruht dies darauf, dass sie ihrer Gestalt nach beide völlig gleich sind und auch die Färbbarkeit der späteren Binnenkörper keine so hochgradige ist, dass sie von den ursprünglichen, die ja auch einen Anflug von Färbung annehmen, sicher unterschieden werden könnten. 526 Ludwig Rhumbler, Nur da, wo die zuletzt entstandenen Binnenkörper die ursprüng- lichen der Zahl nach überwiegen, fallen sie auf, weil durch ihre stärkere Tingirbarkeit der Kern, in welchem sie liegen, ein viel schärferes Ge- präge erhält, das noch dadurch erhöht wird, dass auch die Grundmasse des Kerns ihre störenden Gerinnsel mit einer homogenen Beschaffenheit vertauscht hat. Stünde die Doppelnatur der Binnenkörper, wie ich sie vermuthe, fest, so wäre es angebracht, für die späteren Binnenkörper eine beson- dere Bezeichnung zu wählen. Bei der Unsicherheit ihrer Unterschei- dung sehe ich aber von einer solchen Bezeichnung ab; es ist ja keines- wegs ausgeschlossen, dass meine Vermuthung nicht zutrifft und die früheren und späteren Binnenkörper doch dieselben Substanzen sind. Den Ausdruck »Binnenkörper« habe ich ja stets in ganz neutralem Sinne gebraucht, so dass gerade so, wie mit dem Ausdruck »Vacuole« auch stofflich verschiedene Substanzen mit ihm begriffen werden können; er soll nur im Gegensatz zu der Bezeichnung »Nucleolen« alle diejenigen festeren, körnigen oder kugeligen Bestandtheile im Kerne umfassen, denen aller Voraussicht nach keine morphologische Struktur zukommt. Die späteren Binnenkörper stellen vielleicht nur einen höheren Bereit- schaftszustand der früheren dar. Sie mögen in einen Zustand leichterer Lösbarkeit durch Wirkung der lösenden Substanzen übergeführt worden sein (Quellung, leichtere Tingirbarkeit). Es mag befremdend erscheinen, dass ich auf einen einzelnen Kern hin ein besonderes Kernstadium beschrieben habe. Die meisten der hier vorgeführten Verhältnisse finden sich aber zum größten Theil auch auf den nächstfolgenden Stadien wieder. Der beschriebene Kern schien mir dadurch besonders wichtig, als sich hier die stark färbbaren Körn- chen, die sich von den Membrankegeln abgelöst zu haben scheinen und nicht mit den Binnenkörpern zu verwechseln sind, allein in den peri- pherischen Theilen des Kernes finden. In größeren Kernen finden sie sich auch im Centrum des Kernes oder sind, besser gesagt, allwärts im Kernraume in gleichmäßiger Dichte verbreitet. Ihre erste Entstehung muss dem letztbesprochenen Kern zufolge in die peripherischen Theile des Kernes verlegt werden, einerlei ob sie, wie ich glaube, von den Membrankegeln herstammen, oder auf andere Weise gebildet sind. e) Die Kerne, welche sich als fünftes Stadium dem vorbesproche- nen Kerne auf das engste anschließen lassen, hatten eine Größe von 0,1395—0,159 mm (Taf. XXIN, Fig. 61). Die Membrankegel haben meistens ihre frühere Höhe von ca. 0,0045 mm wieder angenommen; die kleinen stark färbbaren Körnchen sind allwärts, aber noch nicht sehr dicht, im Kernraum vertheilt; die Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 527 Grundsubstanz des Kernes ist homogen. Die perlschnurartigen Zu- sammenreihungen der Binnenkörper sind zahlreicher und deutlicher als auf dem vorigen Stadium. Die Durchmesser der Binnenkörper sind größer als auf dem vorigen Stadium, sie hatten einen Durchmesser bis zu 0,00298 mm. Mehrmals wurden drei bis vier resistente Binnenkörper, deren größter 0,003429 mm maß, aufgefunden. Die Kerne fünften Sta- diums waren weitaus am häufigsten in den Weichkörpern zu finden. Deutung. DieMembrankegel haben den Verlust an Chromatin, den sie durch Abgabe der kleinen, die Außenschicht des Kernes erfüllenden Chromatinkörnchen erlitten haben, wieder ersetzt. Die Chromatinkörn- chen sind auch in dasInnere desKernes vorgedrungen, vielleicht durch jene Bewegungen des Kernsaftes, denen nach meiner Auffassung auch die perlschnurartigen Zusammenreihungen der Binnenkörper ihre Ent- stehung verdanken. Die Binnenkörper, welche auch hier wieder stärker färbbar sind, als auf den drei ersten Stadien, sind etwas angewachsen. Sie ändern von diesem Stadium an kaum mehr, sondern erscheinen auch in den folgenden Stadien immer von derselben Tinktionsfähigkeit, die ihnen im Methylgrün-Eosingemisch nach vorausgegangener Pikrokarminfärbung eine rosarothe Farbe verleiht. f) Die Kerne, welche nach meinem Dafürhalten an das letztbespro- chene Stadium angeschlossen werden müssen, und welche somit dem sechsten Stadium zuzuzählen wären, sind bedeutend größer als die Kerne des vorigen Stadiums. Ihrer Größe nach dürften sie erst nach den Kernen folgen, welche ich dem siebenten Ausbildungsstadium zu- rechnen werde. Die Gründe dieser Umsetzung sind dieselben, welche mich früher bewogen, die größeren Kerne des, von mir angenommenen, zweiten Stadiums vor die kleineren Kerne des dritten und vierten Sta- diums zu setzen. Sie lassen sich eben ihrer Struktur nach hier anreihen, während sie an der Stelle, die ihnen ihrer Größe nach angewiesen wer- den müsste, ganz unvermittelt, sowohl nach den kleineren Kernen hin als nach der Seite der größeren, dastehen würden. Die Kerne dieses Stadiums lassen sich auf den ersten Blick hin schon bei ganz schwacher Vergrößerung von allen seither besprochenen Kernen unterscheiden. Ihre Membran zeigt Schrumpfungen, oder besser gesagt, Faltungen von so großen Dimensionen, wie ich sie bei keinen Kernen meines Materials sonst wieder gefunden habe. Außerdem ist die Mem- bran der einzig gefärbte Bestandtheil dieser Kerne; der ganze übrige Kerninhalt erscheint, einerlei ob man sie mit Eosin, Pikrokarmin oder Hämatoxylin (selbst nach 48stündiger Einwirkung) behandelt hat, gelb, vielleicht mit der Modifikation, dass sich bei langdauernder Hämatoxylin- 528 = Ludwig Rhumbler, behandlung ein kaum merklicher Stich ins Grüne bemerkbar macht. Die Größe dieser so scharf gekennzeichneten Kerne schwankte in meinem Material zwischen 0,18402—0,19800 mm. Die Kernmembran erscheint etwas dünner als auf den vorigen Sta- dien, doch ist sie durch die Aufnahme der zur Verwendung gekommenen Farbstoffe jederzeit deutlich erkennbar. Sie erscheint auf Schnitten, den Schrumpfungen des Kernes entsprechend, als eine in Schlangenwin- dungen hin- und herziehende Begrenzungslinie des Kerninhaltes (Fig. 63). Der gelb erscheinende Kerninhalt selbst macht manchmal, bei seiner allwärts gleichmäßigen gelben Färbung ganz den Eindruck einer homogenen halb durchscheinenden Masse; er scheint in solchen Fällen außerordentlich hart zu sein, wenigstens wurde er oft beim Schneiden in kleinere, dem schneidenden Messer gleichlaufende Stücke zerrissen. Als ich zum ersten Male einen solchen Kern in meinen Schnittserien auffand, glaubte ich ihn für irgend einEi halten zu müssen, zumal auch sonst Eier verschiedener Thiere gar nicht selten von dem Weichkörper mit Schlickmassen zugleich als Nahrung aufgenommen werden; doch konnte ich damals schon kein anderes Gebilde auffinden, das für den Kern des sonst wohlerhaltenen Weichkörpers hätte gelten können. Eben so war dieses räthselhafte Gebilde in noch sechs anderen Weichkörpern, an deren Zugehörigkeit zu Sacecammina nicht der geringste Grund zu zweifeln vorlag, stets nur in der Einzahl vorhanden, ohne dass ein an- deres, der Auslegung alsKern sympathischeres Gebilde in den betreffen- den Weichkörpern aufzufinden war. Ich würde trotzdem die Auslegung desselben als Kern mit mehr Reserve vorgenommen haben, als dies durch seine anstandslose Einordnung in die aufgestellte Entwicklungs- reihe der Kerne geschehen ist, wenn ich nicht auf mehreren Schnitten in diesen Kernen die Reihen von Binnenkörpern wieder erkannt hätte, welche mir von anderen Kernen her zur Genüge bekannt waren. Bei häufig wechselndem Gebrauche des Asst’schen Beleuchtungsapparates erscheinen sie wie matt ölglänzende, perlschnurartig an einander ge- reihte Körperchen, die in eine ebenfalls aus kleinen mattglänzenden Körperchen zusammengesetzte Grundmasse eingesenkt sind. Die erst- genannten Körperchen hatten einen Durchmesser von 0,002235 bis 0,00298 mm; sie entsprechen also in der Größe ganz den früheren Binnenkörpern, mit denen ich sie auch für identisch halte. Die kleinen Körperchen der Grundmasse entziehen sich durch ihre Lichtbrechung und durch ihre Kleinheit einer annähernd genauen Messung. Die beschriebenen Kerne waren ohne Unterschied nicht direkt von der Sarkode des Weichkörpers umgeben, sondern zwischen ihnen und den nächstliegenden Sarkodepartien war ein kreisförmiger leerer Raum Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 529 frei geblieben, den der Kern offenbar vor seiner Konservirung inne hatte. Ich nenne diesen Raum, der sich auch bei augenscheinlich patho- logisch veränderten Kernen geitend macht, die Kernhöhle. Unter diesem Ausdruck verstehe ich also denjenigen Raum, welchen der Kern offenbar ausfüllte, ehe das betreffende Thier konservirt wurde. Die Kernhöhlen des besprochenen Stadiums hatten im Mittel einen Durch- messer von 0,248 mm. Die Kerngröße war also ursprünglich noch be- deutender als ich sie oben nach den konservirten Kernen dieses Stadiums angegeben habe, Deutung. Es hat eine außerordentlich ausgiebige Flüssigkeits- aufnahme von Seiten des Kernes stattgefunden. Der Kern hat sich dabei mächtig aufgebläht. Bei diesem Aufblähungsvorgang hat sich offenbar die Kernmembran stark gedehnt, so dass sie hier ihre sonst so konstante Dicke von 0,00149 mm verloren und nur noch eine solche von an- nähernd 0,0007 mm aufzuweisen hat. Bei der Konservirung ist der größte Theil der Flüssigkeit dem Kern durch den Alkohol entzogen worden, so dass nur noch die Kernhöhle von der früheren Ausdehnung des Kernes Zeugnis ablegt, gleichzeitig ist unter denselben Einflüssen der ganze übrige Kerninhalt zu einer festen, gegen Farbstoffe äußerst resistenten Masse zusammengetreten!. So viel sich in der opalisirenden, zusammengebackenen Kernmasse erkennen lässt, hat sich die Zahl der kleinsten Körnchen, der Chroma- tinkörnchen außerordentlich stark vermehrt; sie bildet die stark zu- sammengepresste Grundmasse des Kernes, in welcher die perlschnur- artigen Reihen der Binnenkörper eingelagert sind. Ich kann zur Stütze der angeführten Deutung noch das Verhalten ° eines Kernes anführen, der 0,1515 mm maß, seiner Größe nach also der Maximalgröße des vorigen Stadiums zuzurechnen wäre, so dass er sehr wohl als im Übergang zu unserem jetzigen Stadium befindlich an- gesehen werden darf. Auch die Membran dieses Kernes (Taf. XXIII, Fig. 69, bloß 240mal vergrößert) zeigt nicht unerhebliche Schrum- pfungen; außerdem aber sind an manchen Stellen seines Inhaltes die Binnenkörper zu kleinen Häufchen zusammengetreten, die ebenfalls mehr oder weniger der künstlichen Färbung (Eosin) getrotzt haben, gelblich erscheinen und alle von freien, vacuolenartigen Räumen um- geben sind. Ich halte diese freien Räume für die Stellen, in denen vor- her die Binnenkörper mehr oder weniger gleichmäßig vertheilt waren. Die Binnenkörper haben bei dieser Zusammenhäufung ihre kugelige ‚ 1 Immerhin bleibt bei dieser Auffassung doch sehr befremdend, dass sich nicht wenigstens die Ränder des verschmolzenen Kerninhaltes gefärbt haben, viel- leicht ist dies dem Zustande der stark gedehnten Membran zuzuschreiben. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVI. Bd, 35 330. 5 Ludwig Rhumbler, Gestalt nicht verloren, so dass Verschmelzungsformen, wie sie für die Binnenkörper junger Kerne charakteristisch sind, nicht vorkommen; sie sind nach meinem Dafürhalten bloß durch den Alkohol, der ihnen die wasserhaltige Substanz, durch welche sie früher getrennt waren, entzog, in ähnlicher Weise zusammengebacken worden, wie dies bei den noch an Flüssigkeit reicheren Kernen des sechsten Stadiums mit dem ganzen Kerninhalt geschehen ist. Die Chromatinkörnchen sind bei der in Fig. 69 zur Anwendung gekommenen Vergrößerung nicht sicht- bar, doch sind sie eben so gut wie in dem Kerne der Fig. 63 vor- handen. g) Die Kerne des siebenten Stadiums entsprechen einer Größe von 0,177—0180 mm mittleren Durchmesser. Die früher meist kugelige Gestalt des Kernes hat sich in ein Ellipsoid verwandelt, dessen Durch- messer sich annähernd wie 9:11 verhalten. Wenn man bei Untersuchung des vorigen Stadiums Mühe hatte, über den anfänglich unentwirrbar scheinenden Zustand dieser Kerne nicht missmuthig zu werden, so athmet man erleichtert auf, wenn man einen Kern dieses Stadiums zu Gesichte bekommt. Sie bieten die schönsten, klarsten, um nicht zu sagen die entzückendsten Bilder, die sich von Kernen und ihren Strukturen erwarten lassen. Zugleich be- weisen diese Stadien zur Genüge, dass eine einfache Alkoholkonservi- rung unter Umständen doch recht Treffliches zu leisten vermag, wie sehr sie auch unter anderen Umständen, wie z. B. bei den Kernen des vorigen Stadiums, oder vielleicht ganz allgemein gesagt, bei sehr wasserreichen und gleichzeitig wenig widerstandsfähigen Objekten, Unheil anrichten kann. Niemand, der die betreffenden Kerne gesehen hat, wird die Feinheiten ihrer Details für Kunstprodukte halten können, oder er müsste auch alle anderen Strukturen, die bis jetzt meist in weit gröberer Form in anderen Kernen an konservirtem Material ge- sehen worden sind, für eben solche ausgeben. An der Innenseite der scharf begrenzten Kernmembran, die ihre frühere Mächtigkeit von ungefähr 0,00149 mm wieder angenommen hat, findet sich eine nur 0,000496 mm breite Schicht einer stark ge- färbten Masse. Diese Masse scheint aus kleinsten, sich der Messung (wegen der Nähe der Kernmembran) entziehenden Körnchen zusammen- gesetzt zu sein. Eine Unterscheidung von einzelnen Kegeln oder Kuppeln ist in dieser Schicht nicht mehr möglich. Die Binnenkörper lassen zum Theil noch die früher häufige, seriale Anordnung erkennen, berühren sich aber nicht mehr unmittel- bar und liegen zum mindesten nie mehr so nahe bei einander wie auf. den früheren Stadien; jeder Binnenkörper wird nämlich von einem fast Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 531 wasserhellen Hofe (einer Kernvacuole) umgeben, der allein schon eine direkte Aneinanderlagerung der Binnenkörper verbietet. Durch alle übrigen Theile des Kernraumes, welche von den Binnenkörpern und ihren Höfen frei gelassen werden, ziehen eine Un- zahl feinster Fäden hindurch, in welche kleinste, stark roth gefärbte Körncehen, nämlich die Chromatinkörnchen, in enger, sehr regelmäßiger Aneinanderreihung eingelagert sind. Das Fadenwerk, augenscheinlich Lininmassen, färbt sich in Eosin blass rosa, in Hämatoxylin nimmt es eine stahlgraue Färbung an, während die CGhromatinkörnchen stärker roth, bezüglich bei Hämatoxylinbehandlung mehr oder weniger blau gefärbt erscheinen. Die Färbung ist in allen Fällen eine überaus scharfe und gerade die scharfe Differenzirung zwischen dem helleren Linin- gerüst, den stark gefärbten Chromatinkörnchen und den auch hier blass bleibenden, matt glänzenden Binnenkörpern ist es, die das Aussehen dieser Kerne so anziehend macht. Von besonderem wissenschaftlichen Werthe scheinen sie mir aber dadurch zu sein, dass sich an diesen Kernen mit großer Bestimmtheit feststellen lässt, dass die Lininfäden mit ihren Chromatinkörnchen nicht das optische Erzeugnis eines feinen Wabenwerkes sind, in dessen Wan- dung die Körnchen eingelagert 'sind. Sie ziehen vielmehr ganz unab- hängig von einander, sich gegenseitig ausweichend, im Kernraum frei einher, und legen sich nur den Höfen der Binnenkörper an, wo sie auf solche stoßen. Die Fäden laufen öfters so dicht neben einander her, dass für ein Wabenwerk zwischen ihnen gar nicht Platz ist, selbst wenn dessen Weite unter einem u betragen sollte; sie verfilzen und durch- kreuzen sich wie etwa die Dendriten der Nervenzellen. Ich glaubte, dies hier besonders hervorheben zu müssen, weil viel- leicht selten wieder so große Kerne mit so deutlichem Gerüstwerk zur Beobachtung kommen werden. So wenig zweifelhaft es im Übrigen hier ist, dass ein Wabenwerk in den Kernen dieses Stadiums fehlt — eben so sicher ist es, dass ein solches in größeren Kernen der Saecam- mina sehr deutlich zur Ausbildung kommt. Dies nur als vorläufige Mittheilung; die Waben werden uns auf den folgenden Stadien ein- gehender beschäftigen. Deutung. In der Grundmasse des Kernes hat sich nach der Flüssigkeitsaufnahme des vorigen Stadiums ein Filzwerk feinster Linin- fäden differenzirt. An diesen Lininfäden haften die Chromatinkörnchen. Um die einzelnen Binnenkörper herum haben sich Vacuolen gebildet; es hat sich wohl der noch unverbrauchte Theil der im vorigen Stadium aufgenommenen Flüssigkeitsmenge zur weiteren Auflösung und- Ver- arbeitung der Binnenkörper um die letzteren herumgelagert. Die 532 = Ludwig Rhumbler, Membrankegel sind verschwunden. Sie treten auch auf den folgenden Stadien nicht wieder auf; sie scheinen sich vollständig in kleine Körn- chen zersplittert zu haben, nämlich in jene Körnchen, welche der Kern- membran dicht angelagert sind '!. h) Die Kerne des achten Stadiums zeigen die ellipsoide Form oft in sehr klarer Ausbildung. Kerne, deren Achsenverhältnis sich wie zwei zu drei verhält, sind nicht selten; im Übrigen ist dies Verhältnis ein sehr schwankendes, so dass selbst eine bedeutende Annäherung dieser Kerne an die Kugelform nicht ausgeschlossen ist. Die mittleren Durchmesser der hierhergezogenen Kerne hatten eine Größe von 0,2086— 0,2430 mm. Das Aussehen der einzelnen Kerne, welche ich hier zusammen- fasse, ist weit verschiedener von einander als auf den vorigen Stadien, wo ein Kern immer für den Typus aller anderen auf demselben Stadium befindlichen Kerne angesehen werden konnte. Sie haben aber alle das gemeinsam, dass in der, von den feinen Lininfäden durchzogenen, Grundmasse des Kernes, welche auf dem vorigen Stadium die schönen Bilder bot, zahlreiche Vacuolen vorhanden sind, welche in dichter Aneinanderlagerung sich gegenseitig abflachen, und auf diese Weise ein außerordentlich deutliches Wabenwerk erzeugen, in deren Wan- dungen die Lininfäden mit ihren Chromatineinlagerungen verlaufen. Das verschiedene Aussehen der Kerne hängt davon ab, dass die Waben in den einelnen Kernen von sehr verschiedener Größe sind. Die Waben erreichen den fast unglaublichen Durchmesser von 0,033 mm, sind in den meisten Fällen allerdings nicht über 0,04043 mm groß, dagegen 1 Dass die der Kernmembran dicht anliegende Schicht feinster Körnchen der optische Ausdruck der an der Kernmembran zur Umbiegung gezwungenen Linin- fäden mit ihren Chromatinkörnchen sei, muss für ausgeschlossen gelten, weil man sonst zur Annahme gezwungen würde, dass die Lininfäden niemals in meridionaler, sondern nur in Parallelkreisrichtung oder in einem von dieser Richtung nur wenig abweichenden Sinne herumliefen. Man müsste sonst auch Lininfäden innerhalb der genannten Schicht finden, die mit der Kernmembran parallel liefen und sich nicht, wie dies thatsächlich der Fall ist, immer als bloße Punkte darstellen könn- ten. Solche Lininfäden sind aber in dieser Schicht nirgends zu sehen. Die Bevor- zugung einer Richtung würde auch gänzlich dem sonst so freien Verlauf der Linin- fasern widersprechen; auch wäre es höchst verwunderlich, wenn die Schnitte in über 20 Fällen den Verlauf dieser Lininfasern gerade immer in senkrechter Rich- tung getroffen haben sollten. Eine dritte Auffassung, die nicht in gleicher Weise abgewiesen werden kann, wäre diejenige, dass die Wandschicht von den verdickten Ansatzstellen der Lininfäden gebildet werde. Doch scheint mir, wie gesagt, die zuerst angeführte Ansicht, dass es sich bei Bildung der Wandschicht um eine Zer- klüftung der Membrankegel handelt, am wahrscheinlichsten; es ist ja hiermit zu- gleich das Verschwinden der Membrankegel befriedigend erklärt. beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 533 sehr häufig weit kleiner. Als Regel muss es gelten, dass auf diesem Stadium die größten Waben immer im Centrum des Kernes gelegen sind (Taf. XXI, Fig. 64 und 64a), und dass der Durchmesser derselben nach der Peripherie des Kernes hin ziemlich schroff oder auch allmählich abnimmt. In den Waben von großem Durchmesser lässt sich ungemein deut- lich erkennen, dass die Lininfäden innerhalb der Wandungen der Waben verlaufen. Sie sind hier oft namentlich in den Berührungskanten der einzelnen Waben zu mehreren zusammengedrängt, laufen dann aber an der nächsten Kante wieder aus einander, so dass sehr häufig das Bild einer Verästelung der Lininfasern vorgetäuscht wird, indem vor- her zusammengepresste Lininfasern sich wieder trennen. Ob auf diese Weise thatsächliche Verschmelzungen der einzelnen Lininfasertheile vorkommen, ist schwer zu entscheiden, doch halte ich es nicht für wahrscheinlich, da auf dem siebenten Stadium die Lininfasern eben- falls äußerst dicht durch einander laufen, ohne dass hier, wo die Ein- sicht durch eine Wabenbildung nicht gestört wird, eine Verschmelzung der einzelnen Fasern wahrgenommen werden konnte. Öfters sieht man in das Lumen der Waben freie Enden der Lininfasern hineinragen. Ja manchinal laufen sie durch das Lumen mehrerer Waben quer durch. Die Binnenkörper sind in den centralen Partien des Kernes, also da, wo sich gerade die Wabenbildung sehr breit macht, nur noch in sehr geringer Zahl vorhanden. Sie liegen hier fast ausschließlich im freien Raum der Waben, nur sehr selten finden sie sich den Wan- dungen derselben angelagert, oder sind auch in dieselben eingelagert. In den peripheren Theilen des Kernes lassen sich die Lininfäden in der Regel nicht mehr nachweisen, da- gegen finden sich gerade hier die Binnenkörper in oft außerordentlich dichter Zusammenhäufung. Sie können hier zu einer so dichten Masse zusammengelagert sein, dass sie bei unzureichender Vergrößerung eine bloße Verdickung der Kernmembran zu bilden scheinen (Taf. XXI, Fig. 70). Stärkere Vergrößerung und entsprechende Beleuchtung löst diese scheinbar kompakte Wandschicht aber in einzelne mattglänzende, ganz den Binnenkörpern entsprechende Körperchen auf, die aber nicht mehr kugelrund sind, sondern sich in die Länge gestreckt und Stäbchen- form angenommen haben. Der Längsmesser dieser Stäbchen, welcher 0,00447 mm erreicht, ist immer der Wandung des Kernes parallel ge- richtet. Der Quermesser der Stäbchen ist unverkennbar kleiner als der Durchmesser der kugeligen Binnenkörper. Diesen Wandbelag von stäbchenförmigen Binnenkörpern habe ich auf anderen Stadien der Kerne nie gefunden. Mit den Membrankegeln DIA . Ludwig Rhumbler, sind sie in keiner Weise zu verwechseln, da sie ja in ganz anderer Richtung gelagert sind und überdies künstlichen Farbstoffen gegenüber mit denselben mattglänzenden schwachen Farbennuancen antworten wie die Binnenkörper, während doch die Membrankegel stets sich sehr stark, am stärksten im ganzen Kerne, färben ließen. Deutung. Es ist kaum zu bezweifeln, dass in vielen Kernen dieses Stadiums der Alkohol wieder Zerrbilder hervorgerufen hat; vor Allem mögen die besonders großen Waben, die sich manchmal sehr unver- mittelt zwischen mehr oder weniger gleichmäßig angeordneten kleine- ren Waben befinden, als solche zu betrachten sein (Taf. XXIII, Fig. 64 a). Auch das Hineinragen von freien Lininfaserenden dürfte jedenfalls als ein Zerrprodukt anzusehen sein. Es scheint sich hier bei der Abtödtung der Inhalt mehrerer Waben vereinigt zu haben. Bei dem Platzen der Wabenwände, das einem solchen Vorgange vorausgehen musste, sind dann die in die Wabenwände eingelagerten Lininfasern zum Theil zer- rissen und in den Raum der zusammengetretenen Kunstwabe hinein- geschoben worden (cf. Taf. XXIII, Fig. 64a, zL). Wenn daher auch der Alkohol auf die vorliegenden Stadien zum Theil ungünstig eingewirkt haben mag, so lässt sich aus seiner formändernden Wirkung doch das Eine noch mit voller Bestimmtheit erkennen, dass nämlich die gesonder- tenLininfäden des vorangegangenen siebenten Stadiums auch jetzt noch als selbständige Gebilde existiren, dass also hier das fädige Aussehen des Gerüstwerks nicht auf den optischen Ausdruck von Wabenkanten zurückgeführt werden darf. Im Übrigen besitzen nicht alle Kerne dieses Stadiums solche über- mäßig stark ausgebildete Vacuolen oder Waben, die uns zwingen, sie für Kunstprodukte zu halten. Sehr viele Kerne bieten uns auch hier Bilder größter Regelmäßigkeit und feinster Strukturerhaltung. Vielfach können sie dann an Schönheit und Klarheit mit den Kernen des vorigen Stadiums recht gut jeden Vergleich aushalten. Doch auch bei solchen Kernen sind dieWaben im Gentrum des Kernes größer als an der Peri- pherie desselben; auch hier liegen die Binnenkörper wieder zum weit- aus größten Theil innerhalb der Wabenräume und sind nicht wie die Lininfäden in die Wandungen derselben eingelagert. Ich glaube demnach, dass sich die Wabenbildung zum Theil von den hellen Höfen herschreibt, welche sich auf’dem vorigen Stadium um die Binnenkörper herumgelagert fanden (Taf. XXIII, Fig. 624), ein an- derer Theil scheint aber durch das Auftreten von neuen Flüssigkeits- mengen im Kerninneren entstanden zu sein. Diese Flüssigkeit hat sich in Form von Vacuolen zwischen die Höfe der Binnenkörper, die ich ja ebenfalls für Flüssigkeitsmassen halte, eingelagert und auf diese Weise Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden, II. 535 die Gesammtheit des Wabenwerkes zu Stande gebracht, das zum Theil Binnenkörper in seinen Wabenräumen enthält, zum Theil eben nicht. Die Flüssigkeit hat sich besonders im Centrum des Kernes angesammelt, daher ein großer Theil der Binnenkörper an der Peripherie zusammen- gedrängt worden ist. Die peripherisch gelagerten Binnenkörper besitzen keine Höfe mehr; auch sie mögen die Flüssigkeit ihrer Höfe an das Kerncentrum abgegeben haben. Ich würde demnach das beschriebene Stadium folgendermaßen aus den davorliegenden entstanden erklären. Im sechsten Stadium hat eine außerordentliche Flüssigkeitszunahme im Kerninneren stattgefunden, diese Flüssigkeit sammelt sich im siebenten Stadium vor Allem um die Binnenkörper herum an, und stellt so die Höfe der Binnenkörper dar. Vielleicht dass sich die Flüssigkeit Stoffe aus den Binnenkörpern holt. Später im achten Stadium tritt die Flüssig- keit der Binnenkörperhöfe im Centrum des Kernes zusammen, dabei lässt die Flüssigkeit die meisten Binnenkörper im Stiche, und nur wenige Flüssigkeitströpfehen behalten ihren Binnenkörper im Inneren, Die von ihren Höfen verlassenen Binnenkörper werden nach der Kernperipherie hin zusammengedrängt, die anderen treten von ihren Höfen umgeben mit in den Verband der centralen Waben ein, ihre Höfe werden selbst zuWaben. Die physikalischen Verhältnisse, unter welchen das Waben- werk zur Ausbildung kommt, denke ich mir folgendermaßen: Die Grund- substanz des Kernes, die an und für sich schon zähflüssiger ist, als die zuerst in den Höfen der Binnenkörper erkenntliche Flüssigkeit!, wird durch die Einlagerung der vielen Lininfäden so widerstandsfähig, dass sie sich dem Vereinigungstriebe? der einzelnen Flüssigkeitstropfen er- folgreich zu widersetzen vermag. Die einzelnen Flüssigkeitstropfen können sich desshalb bloß an einander lagern, und bringen nunmehr, in Folge der Spannungsgesetze sich gegenseitig abplattend, das Waben- werk zur Bildung. Es wäre auf diese Weise zugleich erklärt, warum vor dem Auftreten der Lininfasern eine Wabenbildung im Kerne nicht statt- findet, obwohl doch schon auf dem zweiten Kernstadium eine große Menge sehr dünnflüssiger Substanz innerhalb des Kernes enthalten ge- wesen sein muss. Dadurch, dass die Lininfasern in die Vacuolenwandungen, d. h. in die Wabenwände eingelagert werden, müssen sie aber weiterhin bei 1 Die Grundmasse des Kernes ist optisch dichter als die Substanz der Höfe. 2 Der Ausdruck »Vereinigungstrieb« ist oben für alle physikalische und che- mische Faktoren, welche die Vereinigung gleich gearteter Massen in anders gearte- ten Medien herbeiführen müssen, der Einfachheit halber gebraucht worden. Eine Erklärung dieses Vereinigungstriebes habe ich an einer anderen Stelle zu geben versucht. cf, RaumsLer, Binnenkörper. Diese Zeitschr. Bd. LVI. p. 335 u. Fußnote daselbst. 5936. Ludwig Rhumbler, ihrer Länge vielfachen Hin- und Herbiegungen ausgesetzt sein, die durch die Anordnung der Wabenkanten bedingt sind. Es müssen sich die Lininfäden desshalb mehr und mehr nach den Gegenden der Waben- bildung hinziehen, also nach den centralen Theilen des Kernes, während ihre in den peripherischen Kerntheilen gelegenen Partien aus diesen, der zunehmenden Wabenbildung entsprechend, herausgezogen werden; daher denn auch die Spärlichkeit der Lininfäden in den Randtheilen der Kerne dieses Stadiums. i) Die Kerne des neunten und letzten Stadiums erreichen einen mittleren Durchmesser, wie er sonst nur selten vorkommen dürfte; sie wechseln auf diesem Stadium zwischen 0, 264—0,312 mm. Für die Kerne ist ein feines Wabenwerk charakteristisch, das eine Maschenweite von 0,04043 mm nicht mehr überschreitet, und sich in den meisten Kernen in gleichmäßiger Weise vertheilt findet. Nur bei wenigen Kernen dieses Stadiums ist eine weitmaschigere Anlage des Wabenwerkes in den peripheren Theilen des Kernes — also gerade umgekehrt wie auf dem vorangegangenen Stadium — sehr deutlich aus- geprägt, diese tritt besonders dann hervor, wenn man ganze Kerne und nicht Schnitte untersucht. In den Wabenwänden liegen die Linin- fäden mitihren Chromatinkörnchen sehr dicht zusammengehäuft, manch- mal (Taf. XXIII, Fig. 65) iassen sich die Lininfäden, vielleicht in Folge unzureichender Färbung, kaum mehr erkennen und man sieht dann nur die kleinen Ghromatinkörnchen in dichter, nebelartiger Zusammenhäu- fung, kleine, heller erscheinende polygonale Räume umrahmen. Diese helleren Räume sind zweifellos die Waben, wie man bei anderen Kernen des gleichen Stadiums leicht feststellen kann, deren Liningerüst durch eine blassrosarothe Färbung deutlich hervortritt. Auch die Kernmembran verhält sich bei den einzelnen Kernen dieses Stadiums sehr verschieden, in vielen Fällen ist sie wie auf den vorangegangenen Stadien im ganzen Umfange des Kernes deutlich er- kennbar, sie hat ihre Breite von ca. 0,00449 mm beibehalten, besitzt aber auf ihrer Innenseite keinerlei Anlagerungen mehr, weder Chroma- tinkegel noch eine Ansammlung zu Stäbchenformen abgeplatteter Binnenkörper. In anderen Exemplaren dagegen lässt sich eine scharf kontourirte, den ganzen Kern umgebende Membran nicht mehr auf- finden; sie ist zwar bei solchen Stücken manchmal noch streckenweise erhalten, zeigt dann aber ein merkwürdig aufgeschrumpeltes, runzliges Verhalten (Taf. XXIII, Fig. 67 RM), so dass sie mit den früheren Kern- membranen anderer Stadien verglichen, den Eindruck eines in Zerfall befindlichen Gebildes erweckt, ein Eindruck, der um so gerechtfer- tigter erscheint, als sich, wie bereits angedeutet wurde, an anderen Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 997 Stellen desselben Kernes eine Kernmembran oder deren Überreste überhaupt nicht mehr nachweisen lassen. An solchen Stellen konnte ich bei einem Kerne die Lininfäden mit ihren Chromatinkörnchen sehr deutlich in Theile des Weichkörpers eintreten sehen, die unzweifelhaft niemals dem Kerne selbst angehört haben können, sondern als zu dem Weichkörper im engeren Sinne gehörend angesehen werden müssen. Es traten also hier, deutlicher gesprochen, die Lininfäden aus dem Kernraum in den Weichkörper hinaus, während die Kernmembran in Zerfall begriffen war (Taf. XXIII, Fig. 67). Die Binnenkörper sind weitaus spärlicher im Kernraum ver- theilt, als sie im vorigen Stadium vertreten waren. Eine dichte Zu- sammenhäufung in den peripherischen Theilen des Kernes ist nicht mehr zu beobachten, sie liegen auch hier weit auseinander. Doch liegen bei den meisten Kernen auch jetzt noch immer mehr Binnenkörper in den peripheren als in den centralen Theilen des Kernes; die centralen Theile findet man manchmal gänzlich frei von Binnenkörpern. Die Binnenkörper an sich sind auf diesem letzten Stadium kleiner, als sie auf irgend einem der vorausgehenden waren, sie erreichen nur aus- nahmsweise einen Durchmesser von bloß 0,00238 mm, sind aber der Mehrzahl nach nicht über 0,001788 mm groß. Deutung. Die Waben in den centralen Theilen des Kernes sind kleiner geworden und haben sich mehr in den peripheren Kernpartien verbreitet. Vielleicht lässt sich die stattgefundene Verminderung der Wabendurchmesser mit der deutlichen Vermehrung der Lininfäden in Zusammenhang bringen. Mir scheint es nämlich kaum zweifelhaft, dass in einem, mit fädigen Massen durchsetzten, zähflüssigen Medium sich eine dünnflüssigere Substanz, wie der Wabeninhalt wohl zweifellos eine solche ist, in um so kleineren Vacuolen ansammeln muss, je größer die Menge der in das Medium eingelagerten fädigen Massen ist. Die Ausbreitung der Waben in den peripheren Kerntheilen hat vielleicht ihren Grund darin, dass die hier Anfangs dicht zusammenge- scharten Binnenkörper nunmehr ebenfalls Flüssigkeit bezogen, sich in derselben mehr oder weniger aufgelöst und auf diese Weise ebenfalls Waben um sich herum gebildet haben. Zwischen der gelösten Substanz hat sich dann auch hier das Linin- gerüst mit seinen Chromatineinlagerungen verbreitet. Die Kerne, welche noch größere Waben in den peripheren Theilen des Kernes enthalten, dürften nach der oben angenommenen Auffassung der Abhängigkeit der Wabengrößen von dem Reichthum der jeweiligen Kernregion an fädigen Massen darauf zurückzuführen sein, dass sich anfänglich nur wenig Lininmasse in den peripheren Kerntheilen findet, was damit gut in 588 : Ludwig Rhumbler, Einklang zu bringen wäre, dass auf dem vorigen Kernstadium nach unserer Auffassung die Lininfäden durch die Wabenbildung nach dem Gentrum des Kernes mehr oder weniger hingezogen wurden. Das letztbeschriebene Kernstadium lässt einen Vergleich mit ander- weitig von Foraminiferen beschriebenen Kernstrukturen zu. Ich meine die Kerne von Calcarina Spengleri L., die BürscaLı näher be- schrieben hat!. Sie lassen nach BürscaLı ein recht deutliches netz- förmiges Gerüst erkennen, das in zweien von vier beobachteten Kernen in seinen centralen Theilen aus viel feinerem Maschenwerk gebildet war, wie die Randpartien des Kernes. Während nun ein Kern der vier Individuen, dessen Struktur undeutlich war, keine nucleolusartigen Einschlüsse (also Binnenkörper in meinem Sinne) in dem Kerngerüst aufwies, fanden sich in der peripherischen Kernzone der übrigen Kerne deren mehrere. In einem Kerne konnte eine Zusammensetzung der Binnenkörper aus einer dunkleren peripherischen Schicht und einem lichteren Inneren erkannt werden; die viel ansehnlicheren Nucleoli (Binnenkörper) der beiden anderen Kerne zeigten dagegen einen sehr feinnetzigen Bau, »welcher in jeder Hinsicht dem des eigentlichen Kern- gerüstes entspricht«. Calcarina scheint in dieser Beziehung von Saccammina abzuweichen, bei der ich niemals auch nur die Spur eines Gerüstwerkes innerhalb der Binnenkörper auffinden konnte, so scharf und klar auch sonst die Lininfäden hervortraten. Die gelöste Masse der Galcarinabinnenkörper bleibt allem Anscheine nach viel länger als stark aufgequollene Substanz von der übrigen Grundmasse des Kernes unterschieden, als bei Sacecammina, wo sie nach ihrer Lösung von der Kerngrundmasse nicht mehr zu unterscheiden ist. Man vergleiche nur die Bürscaur'schen Fig. 16 und 14 auf Taf. VI. loc. eit. mit einander und man wird mir zugeben, dass man die Binnenkörper Fig. 16, die doppelschichtig sind, nicht mit denen der Fig. 14 für iden- tisch halten kann. Letztere sind weitaus größer, sie scheinen außer- ordentlich aufgequollen; sie haben sich wohl durch Flüssigkeitsauf- nahme aus denen der Fig. 16 entwickelt. Verwundern darf es nicht, wenn sich die Lininmassen des Kerngerüstes in die dicht vor ihrer völligen Auflösung stehenden Binnenkörper hineingesenkt und auch in ihnen ein Wabenwerk erzeugt haben, ist doch auch bei Saecammina die Verbreitung der Lininfäden mit ihren Chromatinkörnchen an die Lösung der Binnenkörper gebunden. Der eine Calcarinakern, welcher keine Binnenkörper aufzuweisen hatte, beweist übrigens, dass die ge- löste Binnenkörpersubstanz auch bei Calcarina vollständig das Aus- ! 0. BürscaLı, Kleine Beiträge zur Kenntnis einiger mariner Rhizopoden. in: Morphologisches Jahrbuch. Bd. XI. p. 78—101, Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 539 sehen der übrigen Kerngrundmasse annimmt, wenn dies auch weit später als bei Saeccammina geschehen mag. Rückblick auf die Veränderungen des Kernes. Nach Aufzählung der verschiedenartigen Strukturen, welche ich für die Kerne verschiedener Größe als typisch schildern durfte, scheint es mir angezeigt, noch einmal die Umwandlungen kurz zusammen- zufassen, welche nach meiner Auffassung die Kerne im Laufe ihrer Entwicklung erfahren. Die jüngsten Kerne sind von einer außerordentlich großen Zahl sehr verschieden gestalteter Binnenkörper erfüllt, deren Entstehung aus Verschmelzung von Anfangs dünnflüssigen, dann zähflüssigen und schließlich erstarrenden Massen sehr wahrscheinlich ist. Außer ihnen und einem trüben Gerinnsel im Kernsaft lässt sich in diesen jugend- lichen Stadien weder Gerüst noch Chromatin, noch eine andere struk- turirte Substanz nachweisen. Das eigentlich Aktive und Formbildende ist in diesen Kernen wohl der Kernsaft (I. Stadium). Es scheint dann eine ausgiebige Flüssigkeitsansammlung im Kerne stattzufinden, welche eine mehr oder minder ruhige Auflösung der Binnenkörper veranlasst. Gleichzeitig mit dieser Auflösung macht sich an derInnenwand der Kernmembran eine aus mehr oder weniger voll- endeten kleinen Kegeln oder Kuppeln bestehende, stark färbbare Schicht bemerkbar, welche wohl ohne Zweifel wegen der Analogie mit anderen Rhizopodenkernen als diejenige Modifikation des Chromatins angesehen werden darf, deren Verhalten gegen Farbstoffe dem Chro- matin seinen Namen gegeben hat. Da das Chromatin nach unserer heu- tigen Auffassung die Vererbungssubstanz darstellt, und unter solchen Umständen eine Kontinuität des Chromatins uns heut zu Tage noch als ein unumgängliches Erfordernis erscheinen muss, so wird man zu der Annahme gezwungen sein, dass das Ghromatin auf Stadium I im Kernsafte in einer gelösten nicht nachweisbaren Modifikation enthalten ist und sich auf Stadium II erst in seine, für Gewebezellen so allgemein charakte- ristische, färbbare Modifikation umändert. Dass dies gerade an der Kern- membran geschieht, rührt vielleicht daher, dass die umändernden Fak- toren von dem Zellleib aus in dem Kern durch die Membran hindurch zur Wirkung kommen. In den folgenden Kernstadien findet eine weitere Lösung der Binnenkörper statt, während von den, an der Kernmembran gelegenen Chromatinkegeln sich kleinste Chromatinkörnchen abzuspalten scheinen, und auf den späteren Stadien immer weiter nach dem Kerncentrum hin vordringen. Dieses Vordringen scheint durch Bewegungen, welche der 940 Ludwig Rhumbler, = Kernsaft ausführt, bewerkstelligt zu werden. Diesen Bewegungen sind vielleicht auch die perlschnurartigen Aneinanderreihungen, welche sich an den Binnenkörpern dieser Kernstadien wahrnehmen lassen, zuzu- schreiben. Nachdem diese Vorgänge, weitere Auflösung der Binnen- körper und Vorrücken der Chromatinkörnchen nach den centralen Partien des Kernes, auf den verschiedenen Stadien schrittweise zugenommen haben, scheint auf dem sechsten Stadium abermals eine sehr bedeutende Flüssigkeitsansammlung im Kern stattzufinden, die den Kern mächtig auftreibt (Verdünnung der Kernmembran; Kernhöhle und Faltung der Kernmembran als Produkt der Alkoholwirkung). Bei der Konservirung dieser Stadien ist der stark verdünnte Kernsaft so außerordentlich gierig von dem Alkohol extrahirt worden, dass der ganze übrige Kern- inhalt zu einer kompakten Masse verschmolzen ist, die jeder künstlichen Färbung widersteht. Nur mit Anwendung des Beleuchtungsapparaätes lassen sich in solchenKernen noch Binnenkörper und eine aus kleinsten Körnchen, jedenfalls den Chromatinkörnchen und einer für die Linin- fäden bestimmten Substanz, zusammengesetzte Grundmasse erkennen. Übergänge zu diesem verwirrenden Stadium lassen sich in größeren Kernen des vorigen Stadiums nachweisen. In dem folgenden Stadium, dem siebenten also, treten in der Kernmasse zum ersten Male deutliche Lininfäden auf; sie stellen ein außerordentlich dichtes Gewirr von Fäden dar, in welches nunmehr die Chromatinkörnchen der vorausgegangenen Stadien eingebettet sind. Die noch vorhandenen Binnenkörper haben dünnflüssigere Massen als Höfe um sich angesammelt, welche die Linin- fasern zur Seite drängen. Die Höfe der Binnenkörper sind wahrscheinlich von der Flüssigkeitszunahme des sechsten Stadiums herzuleiten. Jeden- falls geben sie den ersten Anstoß zur Wabenbildung, die aufdem folgenden Stadium in der Richtung vom Centrum nach der Peripherie hin allmäh- lich den ganzen Kerninhalt ergreift. Die Chromatinkegel an der Kern- membran zerfallen gänzlich in kleine Chromatinkörnchen und sind auf den späteren durch die Wabenbildung charakterisirten Kernstadien nie mehr vorhanden. Dagegen werden auf diesen späteren Stadien die noch vorhandenen Binnenkörper jetzt an derselben Stelle so dicht zusammen- gedrängt, dass sie gleichfalls oft bloß eine Verdiekungsschicht der Mem- bran darzustellen scheinen. Eine solche Schicht lässt sich aber von den früheren Membrankegeln ohne Weiteres durch die Größe und die Lage- rung ihrer Elemente, die mit ihrer Längsachse nicht radiär gerichtet sind, sondern parallel zur Membran verlaufen, unterscheiden. Auch diese Schicht ist nicht beständig, sondern macht später im Einklang mit der Auflösung der Binnenkörper, welche sie zusammensetzten, dem Wabenwerke mit seinen Lininfäden und Chromatineinlagerungen Platz. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden, II. 541 Schließlich -besteht der ganze Kern aus einem diehten Wabenwerk, in dessen Wandungen die Lininfäden mit ihren Chromatineinlagerungen verlaufen. In einem einzelnen Falle, das darf nicht unerwähnt bleiben, schien die Membran im letztgeschilderten, neunten Stadium dem Zer- fall anheimgefallen zu sein, während gleichzeitig die Lininfäden in den Zellleib hinaustraten, immer noch kleine ühromatinkörnchen in sich ent- haltend. Ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass es sich hier um einen zerrissenen oder geplatzten Kern handelt. Auffallend muss es in dem gegebenen Entwicklungsschema des Kernes erscheinen, dass sowohl vor dem ersten Auftreten des Chroma- tins in seiner erkennbaren, farbstoffgierigen Modifikation als auch vor dem ersten Auftreten des Linins beide Male eine so beträchtliche Flüssig- keitszunahme im Kern stattgefunden hat. Ich wüsste nicht, woher der Kern diesen Flüssigkeitszuschuss anders her erhalten haben sollte als aus dem Weichkörper. Ein ursächlicher Zusammenhang beider Vor- gänge scheint mir aber wenig zweifelhaft. Vorausgesetzt, dass man also der Umordnung zustimmt, welche ich der sonst als Regel geltenden Größenzunahme der Kerne entgegen, mit den betreffenden Stadien (II und VI) vorgenommen habe, wird man annehmen dürfen, dass bei der zweiten Flüssigkeitsaufnahme außer dem Stoff, der bei der ersten Auf- nahme eindrang, noch eine andere Substanz in das Kernlumen eintritt, welche die Bildung der Lininmassen zur Folge hat. Das bildende, oder ich will lieber sagen das zur Bildung des Chromatins und Linins Anstoß gebende, Element wird dabei im Kerninneren zu suchen sein, da ähn- liche Bildungen im Zellleib nicht vorkommen. Da nun bei dem ersten Deutlichwerden des Chromatins, also bei der ersten Flüssigkeits- aufnahme sich außer Zellsaft und Binnenkörpern nichts Anderes nach- weisen lässt, und weil vor Auflösung der Binnenkörper sogar auch das färbbare Chromatin fehlt, wird man annehmen dürfen, dass der Zellsaft aus den gelösten Binnenkörpersubstanzen mit Hilfe von anderen Sub- stanzen, die von dem Zellleib her in den Kern eingedrungen sind, die färbbare Chromatinmodifikation erzeugt. Hiernach ist es auch kaum verwunderlich, wenn an der Kernmembran, also da, wo die nöthigen Substanzen zuerst zusammenkommen, auch das Chromatin in seiner färbbaren Form (falls eine nicht färbbare, unsichtbare, vorher im Kern- saft gelöste Modifikation desselben aus theoretischen Gründen aufrecht erhalten werden muss) zuerst auftritt. Bei dem Auftreten des Linins sind die Binnenkörper wohl nicht so unmittelbar betheiligt, wenigstens lässt sich auf sehr vielen Stadien, wo eine Lösung der Binnenkörper schon lange im Gange ist, nie ein Lininfaden nachweisen. Ihre Entstehung scheint ganz an die zweite Flüssigkeitsaufnahme, die ja eine ganz auf- 542 Ludwig Rhumbler, fallend intensive und wohl auch sehr plötzliche sein muss, gebunden zu sein. Auch hier muss aber der Zellsaft wieder eine Rolle spielen, weil, wie schon hervorgehoben, Lininfäden bis jetzt nicht im Zellkörper nachgewiesen sind. Einerlei wie sich der Einzelne zu meinen Erörterungen stellen mag; ich glaube aus meinen Mittheilungen wird das zur Genüge hervor- gehen, dass sich die Struktur des Kernes mit seiner Größenzunahme, die unseren Untersuchungen nach seinem Alter entspricht, ganz außer- ordentlich ändert, dass in jugendlichen Kernen weder Chromatinmassen noch ein Liningerüst, noch eine Wabenstruktur vorkommt, dass sich all diese Komplikationen erst im Verlaufe einer allmählichen Entwicklung einstellen. Es hieße gewiss klügeln, wenn man diese auffällige Schritt- folge in der Kernentwicklung als eine Vorspiegelung unzureichender Konservirung ausgeben wollte. Wenn Gerüste von solcher Feinheit, wie sie das siebente Stadium aufwies, oder Waben von solcher Regel- mäßigkeit, wie sie hier und dort im neunten Stadium aufgefunden wurden, im konservirten Zustande klar und deutlich waren, so wird man doch erst die Gründe angeben müssen, warum sie auf allen jugendlichen Stadien durch dieselbe Konservirung zerstört worden sein sollten. Zerrissen könnten sie wohl sein, zumal wenn die jugendlichen Kerne sehr flüssigkeitsreich wären, aber man müsste doch die Trümmer der verschiedenen Gebilde sehen, oder sollten solche bei der Konser- virung plötzlich im Kernsaft löslich geworden sein? So sehr man auch vorsichtig sein soll, die Anwesenheit von Gebilden bei mikroskopischen Objekten zu bestreiten, so glaube ich doch, dass hier eine Bestreitung der Anwesenheit der genannten Strukturen in jugendlichen Kernen zu Recht bestehen muss; es handelt sich hier um Schnitte, wo eine Ver- deckung des Thatbestandes durch übergelagerte andere Massen völlig ausgeschlossen ist. Was diese Veränderungen des Kernes aber noch ganz be- sonders interessant erscheinen lässt, und was ihnen eine weitere höhere Bedeutung verleiht, ist die Thatsache, dass auch der Zellleib der Saceamminen mit der Umänderung seiner Kerne Schritt auf Schritt Abänderungen zeigt, deren endliches Resultat eine vollständige Aus- stoßung aller Ingesta, und eine Ausscheidung von Gebilden ist, die jedenfalls für Exkretkörnchen angesehen werden müssen, also höchst- wahrscheinlich Stoffe des regressiven Protoplasmaumsatzes darstellen. Bevor ich mich jedoch zu diesen interessanten Vorgängen wende, sei es mir gestattet, noch auf zwei Vorkommnisse hinzuweisen, welche die Kerne betreffen, und in die oben vorgeführte Reihe nicht hinein- passen, sondern jedenfalls als pathologische Umänderungen von Kernen Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 545 angesehen werden müssen. Nicht nur desshalb als »pathologisch«, weil sie in meine Reihe nicht eingezwängt werden konnten, sondern auch darum, weil sie in ihrem Inneren von Fäden durchzogen waren, die ich unmöglich für Lininfäden oder dergleichen halten kann, sondern für Pilzfäden ansehen muss. 8. Kerne, welche wahrscheinlich durch pathologische Veränderungen gelitten haben. Ich muss zwei verschiedene Arten pathologischer Kerne unter- scheiden, die beide durch Einwanderung von Pilzen gelitten zu haben scheinen. In beiden Fällen handelt es sich um sehr große Kerne. Die erste Art dieser Kerne ist durch eine abnorm ausgesprochene Schrumpfung schon äußerlich kenntlieh. Die Schrumpfungen unter- seheiden sich von denen, welche im sechsten Kernstadium ebenfalls sehr auffallend waren, dadurch, dass sie nicht so kurzwellig sind, sondern den ganzen Kern oder einzelne Kerntheile in verschiedenen Richtungen abplatten, so dass handförmige Gestalten zu Stande kommen, die manchmal aber auch durch eine rechteckige Form mit verschieden gestalteten Ausläufern in der Weise vertreten wird, wie dies in Fig. 66, Taf. XXI, abgebildet ist. Diese Kerne sind von einer Kernhöhle (Taf. XXI, Fig. 66a, XH) umgeben, deren Ausdehnung manchmal den Umfang der größten, von mir als normal angesehenen, Kerne übertrifft; der kleinste in dieser Ver- fassung aufgefundene Kern lag in einer Kernhöhle von 0,210 mm Durch- messer. Es kann hiernach kein Zweifel bestehen, dass die bezüglichen Kerne sehr flüssigkeitshaltig gewesen sind. Wenn man die Größe der Kernhöhle mit dem Durchmesser nor- maler Kerne vergleicht, so wird man durch sie zu der Annahme geführt, dass es sich bei diesen pathologischen Fällen um Kerne des achten und neunten Stadiums handelt. Ein genaueres Studium beschränkt dagegen die Vorkommnisse ganz auf das achte Stadium, was allerdings sehr auf- fällig ist, aber vielleicht dadurch erklärt werden kann, dass der in diesen Kernen schmarotzende Pilz gerade auf diesem Stadium seine günstigen Nährbedingungen findet. Da sich überdies meine Erfahrung bloß auf etwa zehn Fälle beschränkt, ist es ja auch leicht möglich, dass sich bei einem noch größeren Material auch andere von demselben Pilz befallene Stadien hätten auffinden lassen. Eine Vorliebe dieses Pilzes, wenn meine Auslegung der gleich zu schildernden Fäden als Pilze wirklich zutrifft, scheint aber aus den zehn Fällen für das achte Stadium immerhin mit großer Wahrscheinlichkeit hervorzugehen. Was nämlich die Beschränkung dieser Pilze auf das achte Stadium 34a = Ludwig Rhumbler, auf das deutlichste darthut, ist der dichte Belag von langgestreckten Binnenkörpern, welche als scharf abgegrenzte Schicht der Kernmembran anliegen. Diese Schicht kommt nach meinen mitgetheilten Erfahrungen nur dem achten Kernstadium zu; sieistin den hier zu erörternden Fällen, an manchen Stellen des Kernes oft zerstört, in Brocken zerfallen, lässt sich aber auch in solchen Fällen meist noch deutlich erkennen, weil sie dieselbe Breite einhält, wie die noch gut erhaltene Randschicht. Wenn die Kerne also unter den hier in Betracht kommenden Umständen manch- mal ihrer Größe nach hinter dem neunten Stadium nicht zurückstehen, so ist das sehr wahrscheinlich bloß einer sekundären Aufblähung zuzu- schreiben, die vielleicht einer Verflüssigung der Kernsubstanzen durch Einwirkung der Pilze zugewiesen werden muss. Der ganze Kern wird nun von Fäden durchzogen, welche in sehr verschieden dichtem Gewirr bald einzelne Stellen des Kernes be- sonders, bald das ganze Kernlumen mehr oder weniger gleichmäßig be- fallen zu haben scheinen. Man wird sich in jedem Falle den Verlauf der Fäden in frischem Zustande viel loser vorzustellen haben, als er im kon- servirten Zustande erscheint. Hier sind die Fäden durch den Druck der zusammengesunkenen Kernwandung dichter an einander gedrängt worden. Die Fäden (Taf. XXIII, Fig. 66 5) sind in der Regel an ihren beiden Enden abgerundet, wobei sich die Enden noch knopfartig verdicken können, so dass zuweilen annähernd hantelförmige Gestalten entstehen. Ihr Verlauf ist gewöhnlich kein gestreckter, sondern zeigt geringe Bie- gungen, deren Sinn bei ein und demselben Faden ein- oder zweimal wechseln kann, so dass ein nach rechts gebogener Faden sich nach einer gewissen Strecke nach links wenden kann, um dann wieder unter Um- ständen nach rechts umzukehren. Auch schärfere Kniekungen der Fäden kommen vor, sind aber seltener. Häufig gehen die Fäden an ihren Enden in perlschnurartig an einander gereihte kugelförmige Abschnitte über, die vielleicht als Abschnürungen von den Fäden angesehen werden dürfen. Einzelne im Fadengewirr vorhandene, isolirte Kugeln sind zum Theil viel- leicht ebenfalls aufsolche Abschnürungen zurückzuführen, manchmal mag aber hier Kugelgestalt durch die Querschnitte zur Schnittrichtung senk- recht verlaufender Fäden bloß vorgetäuscht werden. Die Kleinheit dieser Objekte lässt eine scharfe Entscheidung in dieser Beziehung nicht zu. Sehr auffallend muss es erscheinen, dass manche Fäden von der sonst geltenden Regel einer Abrundung an ihren Enden abweichen und unter Umständen sehr spitz ausgezogen sein können. Dieses Vorkom- men mag sich auf Fäden beziehen, welche von dem Schnittmesser in schiefer Richtung getroffen wurden, es wäre aber auch dann eine Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 545 Abplattung der betreffenden Fäden oder eine Schrumpfung derselben während der Konservirung anzunehmen, um ihre Gestalt zu erklären. Derartige Abplattungen wurden an den meisten Fäden, deren Quer- schnitt kreisrund zu sein scheint, nicht wahrgenommen. Nur bei einigen wurde mir eine solche wahrscheinlich; doch war auch hier nicht sicher festzustellen, ob die scheinbare Abplattung nicht dadurch vorgetäuscht wurde, dass der Schnitt einen Streifen aus dem sonst eylindrischen Faden herausgeschnitten hatte. Besonders hingewiesen werde noch auf das platte Gebilde Taf. XXIII, Fig. 66 5, b, ihm ist eine der oben erwähnten Kugeln so dicht angelagert, dass beide eins zu bilden scheinen. Eine Erklärung dieses Vorkommens ist mir nicht möglich. Die Fäden nehmen nach Eosintinktion eine blass röthlich gelbe Färbung an. Sie sind nicht alle gleich breit, vielmehr schwankt ihr Breitenmesser zwischen 0,002235 und 0,002682 mm; ihre Länge wechselt zwischen 0,00745 und 0,0298 mm; die Kugeln haben einen Durchmesser, der den Breiten- schwankungen der Fäden entspricht. Nach der eben gegebenen Schilderung der Fäden erscheint die Auslegung derselben als Pilze keineswegs als ganz gesichert. Was mich vor Allem dazu bestimmt, ihnen eine solche Auslegung zu Theil werden zu lassen, ist die Unordnung, welche sich im Innern solcher Kerne neben den Fäden findet. Man sieht hier Brocken und unentwirrbar zu- sammengebackene Massen, wie sie sonst in keinen Kernen vorkamen, neben noch unterscheidbaren Theilstücken von Lininfäden, mit noch zu erkennenden Chromatinkörnchen, und neben einzelnen noch kennt- lichen Binnenkörpern. Hier und da scheinen sich sogar Spaltpilze mit dem fädigen Pilzwerk gemeinsam an die Zerstörungsarbeit gemacht zu haben, wenn dichte Ansammlungen von kleinen Stäbchen wirklich auf Bakterien zurückgeführt werden dürfen, und nicht als ausnahmsweise regelmäßige Bruchstücke zerfallener Lininfäden aufgefasst werden müssen. Von diesen Kernen sieht jeder anders aus, die auffallend große Regelmäßigkeit, mit der die übrigen Größenstadien der Kerne eine ganz bestimmte Struktur zur Schau brachten, ist hier nicht wieder zu finden; es herrscht vielmehr ein solches Durcheinander, dass Alles in Zerfall begriffen erscheint und — das einzig Wiederkehrende in mehreren solcher Kerne sind die Fäden — nur die Fäden selbst lebens- kräftig erscheinen. Da ich die Fäden erst auf Schnitten erkannte, konnte eine Cellulose-Reaktion nicht mehr vorgenommen werden. Zur Auslegung der Fäden als eingedrungene Pilze hat mich dann weiterhin das Vorkommen von zwei Kernen in ein und demselben Weichkörper geführt, ein Vorkommen, das also der sonst konstanten Einzahl des Kernes widerspricht. Der eine dieser Kerne ist nämlich Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 36 546 Ludwig Rhumbler, ganz mit den von mir als Pilzfäden ausgelegten Gebilden behaftet, während der andere seiner Struktur nach unverkennbar dem achten Stadium zugezählt werden müsste. Der von Pilzen befallene Kern (Taf. XXI, Fig. 47, II) liegt innerhalb einer Kernhöhle (KH), während der andere Kern der umgebenden Sarkode allenthalben glatt anliegt; das Präparat ist mit Hämatoxylin gefärbt. Beide Kerne liegen dicht an einander, sie berühren sich sogar in dem abgebildeten Schnitte. Wie ich oben bereits hervorgehoben habe, ist das hier besprochene Exemplar unter annähernd 300 das einzige, das zwei Kerne enthält. Der Kern I hat einen Durchmesser von 0,1830 mm, der Kern II muss ursprünglich, der Kernhöhle nach zu urtheilen, einen Durchmesser von 0,1800 mm gehabt haben. Diese Größe widerspricht in beiden Kernen ihrem Ausbildungszustande, da ja sonst Kerne der Stufe VIII nie unter 0,2086 mm groß waren, und auch die von Pilzen befallenen Kerne nie hinter letztgenanntem Größenmaß zurückblieben, sondern im Gegen- theil meist noch größer waren. Wenn man sich dagegen beide Kerne vereinigt denkt, so würde daraus ein Kern entstehen, dessen Durch- messer dem achten Stadium durchaus entsprechen würde. Es scheint sich also hier ein Kern des achten Stadiums in zwei Theile getrennt zu haben. Eine normale direkte oder gar eine indirekte Theilung als Ursache dieser Trennung anzunehmen, muss als unzulässig gelten, da beide Kerne in ihrem Bau so sehr von einander abweichen. Es dürfte vielmehr eine andere Deutung hier am Platze sein, die etwa folgender- maßen zu lauten hätte. In dem ursprünglich in der Einzahl vorhan- denen Kerne ist an einer bestimmten Stelle der Pilz eingedrungen und hat daselbst den Kern zerstört; der noch nicht befallene Theil des Kernes hat sich dann von dem kranken losgetrennt. Ich habe bei langsamer Einwirkung von schädlichen Reagentien (schwache Säuren, Alkohol) auf lebende Difflugien öfters die zuerst von den Reagentien betroffenen Theile des Weichkörpers, den vorderen Sarkodetheil von dem hinteren abschnüren sehen, und würde für den besprochenen Kern einen ähnlichen Vorgang für möglich halten. Immerhin ist auch das Vorkommen der beiden von einander so ab- weichend gestalteten Kerne für die Auslegung der Fäden als Pilze nicht absolut bindend; es könnte sich hier ja auch um Vereinigung zweier Kerne handeln, von denen der eine während eines Konjugationsaktes aus einem zweiten Thier erst in das vorliegende Exemplar hineingebracht wurde. Ich halte aber eine solche Auslegung für weit hypothetischer als die hier versuchte, da sich sonst wohl eine Beeinflussung der beiden an einander stoßenden Kerne in irgend einer Weise in der Struktur der Kerne kund geben müsste ; beide liegen aber theilnahmslos neben ein- Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 947 ander. Das letzte Wort darf aber trotzdem für die behandelten Kern- zustände nicht gesprochen werden. Mit den Bacteroiden, welche Brocumann! und Korsckzır? in den Geweben und Eiern verschiedener Insekten aufgefunden haben, sind die geschilderten Fäden wegen ihrer Gestalt nicht zu vergleichen. Eben so wenig wird man sie für verunstaltete Chromosomen halten dürfen, da ich bei zwei Foraminiferen (Truncatulina lobatula und Pulvinulina Me- nardii) Chromosomen ebenfalls in Alkohol erkennbar konservirt fand. Mir scheint demnach die versuchte Deutung immer als die wahrscheinlichste. Die Unsicherheit, welche dem Mitgetheilten zufolge trotz alledem über den Zustand der eben erörterten Kernzustände herrschen bleiben muss, macht sich auch bei dem andersgestalteten Kerne breit, welchen ich ebenfalls als pathologisch verändert nur desshalb schildere, weil auch er sich nicht mit den für normal gehaltenen Befunden in Einklang bringen lässt. Es wurde nur ein Kern in dem betreffenden Zustande gefunden; sein mittlerer Durchmesser betrug 0,214 mm, so dass auch er ursprüng- lich dem achten Stadium angehört haben dürfte. Der Kern hat ziemlich pralle Umrisse gewahrt, von der Kern- membran ist aber nichts mehr erhalten; vielmehr besteht der ganze Umfang des Kernes aus einzelnen unregelmäßig gestalteten Brocken, die zu einem wenig dichten Grenzwalle vereinigt erscheinen. Die Breite dieses Grenzwalles entspricht ungefähr der Breite des Saumes von stäb- chenförmig plattgedrückten Binnenkörpern, welche auf dem achten Kernstadium häufig sind, bei Kernen anderer Stufen aber nie vorkamen. Man wird den bröckligen Grenzwall also aus dieser Schicht hervor- gegangen ansehen dürfen. Von dem Grenzwalle aus erstrecken sich weiterhin in centrifugaler Richtung sehr dünne im Mittel 0,04341 mm lange Fäden vom Kern aus in den Weichkörper hinein. Die Fäden zeigen nur ganz geringe Bie- gungen, sie lassen zum Theil eine Zusammensetzung aus kleinen Faden- Stückchen erkennen, während sie anderntheils auch homogen erscheinen können; sie sind nur 0,00449 mm dick und erreichen hierdurch die Feinheit der Lininfäden. Eine große Ähnlichkeit mit der letzterwähnten Substanz kann ihnen auch sonst nicht abgesprochen werden; es unter- scheiden sich beiderlei Gebilde, so weit ich beobachten konnte, bloß da- ı F. BLocumann, Über das regelmäßige Vorkommen von bakterienähnlichen Gebilden in den Geweben und Eiern verschiedener Insekten. in: Zeitschr. f. Bio- logie (Künxe u. Voir), Bd. XXIV. 1888. 2 E. KorscHELT, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkerns. in: Zool. Jahrbücher (Abth. f. Anatomie und Ontogenie), Bd. IV. 1889. 36* 548 Ludwig Rhumbler, durch, dass die den Grenzwall umragenden Fäden alle gleich lang oder ‘wenigstens nahezu gleich lang sind, während die Lininfasern sichere Endstücke, wenn sie nicht gewaltsam zerrissen waren, überhaupt nicht erkennen ließen. Reste von Lininfäden ließen sich im Inneren des Kernes hier und da, immer aber nur in äußerst geringer Zahl, auffinden; auch außerhalb . des Kernlumens findet sich in meiner Schnittserie ganz vereinzelt ein _ aus dem Inneren des Kernes verschlagenes Stück des Liningerüstes. Es ist mir kaum zweifelhaft, dass das letzterwähnte Vorkommnis erst nach- träglich, durch den beim Auflegen des Deckgläschens ausgeübten Druck zu Stande gekommen ist. Der ganze Kern und sein zugehöriger Weich- körper waren nämlich in einem sonst nicht wiedergefundenen Grade brüchig resp. bröcklig. Jeder Druck auf das Deckglas bewirkte das Auftreiben einer Wolke zerbröckelter Kern- und Weichkörpermassen, welche sich über andere Theile des Präparates verbreiteten. Die Schnittserie wurde auf mehrere Objektträger vertheilt, so dass ich über die letzterwähnte Thatsache eingehendere Versuche anstellen konnte, ohne die primären Befunde, welche auf den anderen Objektträgern ge- borgen waren, durch diese Versuche zu verunstalten. Obgleich die Schnitte mit einer Gelatinelösung festgeheftet waren, trat also beim Rütteln am Deckgläschen jedes Mal die besagte Wolke zerbröckelter Substanzen auf; die anderen Weichkörper, welche mit dem ev. patho- logischen Weichkörper zusammengeschnitten und auch sonst auf ganz genau dieselben Weisen behandelt worden waren und deren Festheftung ebenfalls mit derselben Gelatine und zwar auf demselben Objektträger stattgefunden hatte, hielten bei demselben Rütteln des Deckgläschens absolut Stand, und ließen sich keinerlei Substanzmassen durch diese Operation entreißen. Es ist hiernach zweifellos, dass der pathologisch veränderte Weichkörper nicht nur bröckliger war, sondern dass er auch auf der Gelatine viel schlechter festhaftete als alle anderen Schnitte nor- maler Weichkörper. Es mag dies von chemischen Umänderungen her- rühren, die im Weichkörper Platz gegriffen haben und auf Einwirkung der Pilze zurückzuführen sein dürften. Vielleicht ist eine fettige Degene- ration an diesem sehr auffallenden Verhalten des gesammten Weich- körpers Schuld. Außer den erwähnten, sehr spärlichen Resten von Lininfäden fin- den sich im Inneren des Kernes, im Centrum am dichtesten zusammen- geschart, aber sonst durchwegs in regelloser Anordnung, Massen blass röthlich gefärbter Körperchen. Ihre Umrisse sind viel regelloser als die- jenigen der Binnenkörper, welche bekanntlich vom vierten Kernstadium ab kaum mehr irgend erkennbare Abweichungen von der Kugelgestalt Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 949 aufweisen, und doch müssen sie wohl ohne Bedenken auf letztere zurück- geführt werden. Eine andere Herleitung dieser Körperchen, die sich gegen die Einwirkung des Eosins ganz wie Binnenkörper (blassrothe Färbung) verhalten, vermag ich nicht beizubringen. Ihr mittlerer Durch- messer stimmt denn auch nahezu mit dem der Binnenkörper überein, doch ließ sich bei vielen eine Vergrößerung ihres Durchmessers auf 0,003429 mm nicht verkennen; es dürfte bei solchen eine nachträgliche Quellung unter dem Einfluss schädlich wirkender Substanzen einge- treten sein. Der Weichkörper des geschilderten Exemplars enthielt keinerlei Schliekballen oder andere Nahrungsreste mehr; er war aus verschieden- gestalteten Brocken von sehr ungleicher Größe zusammengesetzt, die ohne Ausnahme im Eosin dieselbe Farbennuance angenommen hatten, wie die Trümmer der Binnenkörper. Stückchen von 0,003429 mm Durchmesser, also eben so groß wie viele der im Inneren des Kernes gelegenen Binnenkörperreste, hielten überdies auch im Weichkörper das Übergewicht gegen “größere und kleinere. Größere Brocken er- wiesen sich meist aus kleineren zusammengesetzt. Deutung. Der gegebenen Schilderung zufolge könnte man den betreffenden Kern als auf einem zehnten Stadium stehend ansehen, auf einem Stadium nämlich, das sich vielleicht ohne allzugroßen Zwang auf jene Zustände der neunten Stufe zurückführen ließe, in welchen, wie ich sagte, die Lininfäden aus dem Kern heraus in den Weichkörper vorzudringen scheinen. Es wäre dann die erste Annahme erforderlich, dass der Austritt der Lininfäden im ganzen Umfange der Kernperipherie eingetreten sei, eine Annahme, die an sich nicht unwahrscheinlich ist, da sich im Gegentheil eine einseitige Bevorzugung von einzelnen Stellen bei dem Austreten der Lininfäden nicht ohne Weiteres erklären ließe. Es müsste zu dieser ersten Annahme aber dann noch eine zweite hinzugefügt werden, die weit unverständlicher sein würde; die Linin- fäden müssten sich nämlich in sehr viele, annähernd gleich große Stücke getheilt haben, und müssten selbstthätig aus dem Kerncentrum, wo sich ja kaum noch irgend welche Spur von Lininsubstanz befindet, nach der Kernperipherie hingewandert sein. Mit einem einfachen Auswachsen der vorhanden gewesenen Fäden ließe sich das Zustandekommen der vorliegenden Lageverhältnisse nicht erklären; es würde somit für die Lininfäden eine eigene Vitalität gefordert, die sich in der Theilungs- und in der Bewegungsfähigkeit der Lininfäden äußern würde. Mir scheint es außerdem, als ob die Zahl der radiär gerichteten Fadenstücke in dem besprochenen Exemplar weit geringer sei, als sie erwartet werden müsste, wenn wirklich die auf Stadium IX existiren- ne ae BE Bee Be ae > RER EEE RE II = = E Kun j j 950 Ludwig Rhumbler, den Lininfäden in jene die Kernperipherie umragenden Fadenstücke zerfallen wären; doch kann das letztere Bedenken durch eine Schät- zungstäuschung verursacht sein, die um so eher begreiflich wäre, als ja die Raumverhältnisse mit ihrer Entfernung vom Kerncentrum in der dritten Potenz der Radien anwachsen und ich in diesem geometrischen Verhältnis nicht abzuschätzen gewohnt bin. Eine Erklärung, die weniger Annahmen nöthig machen würde, wäre diejenige, die Fäden als Pilze anzusehen, die sich ausschließ- lich in der peripher zusammengedrängten Binnenkörperschicht, wie sie auf dem achten Kernstadium häufig vorkommt, festsetzen und von da aus in den übrigen Weichkörper unserer Rhizopode vordringen. Es wäre hierbei nicht zu verwundern, wenn auch die inneren Kernregionen einer Zerstörung anheimfielen, wenn auch in ihnen selbst die Pilzfäden nicht vorkommen. Die Zerstörung der Randschicht und der Kernmem- bran verändert die Lebensbedingungen der übrigen Kernbestandtheile vielleicht derart, dass auch sie nicht im Stande sind, sich den störenden Einflüssen der Pilze gegenüber lebensfähig zu*erhalten. Zu Gunsten der letzt versuchten Erklärung des geschilderten Kern- zustandes als das Produkt einer Pilzeinwirkung darf vielleicht fürderhin die Anwesenheit der Randschicht angeführt werden. Es ist jedenfalls auffallend, dass sich diese Randschicht auch bei allen Kernen vorfand, welche die zuerst geschilderten, ebenfalls als Pilzfäden gedeuteten, mehr wurstförmigen Gebilde enthielten. Beide Vorkommnisse ließen sich mit einiger Glaublichkeit dahin deuten, dass gerade die an der Kern- peripherie zu einem dichten Wandbelag zusammengepressten Binnen- körper in besonders hervorragendem Maße einen günstigen Nährboden für Pilzentwicklung darböten. 9. Defäkationszustände des Weichkörpers. Die Schlickmassen, welche nach meinen früheren Mittheilungen das zwischen dem Sarkodebalkenwerk offen bleibende Lückensystem des Weichkörpers auszufüllen pflegen, sind nicht in jedem Weich- körper in gleicher Menge vertheilt. Manchmal dringen die Schlick- massen bis zum Gentrum des Weichkörpers hin vor (Taf. XXIV, Fig. 77); es geschieht dies allerdings in dem, in der Figur zum Ausdruck ge- brachten, Grade nur ausnahmsweise; manchmal sind sie ganz auf die peripherischen Theile des Weichkörpers beschränkt, und in wieder anderen Fällen sind alle Schlickmassen zu einem gemeinsamen Haufen zusammengedrängt, der sich mehr oder weniger scharf von der Körper- sarkode absetzt. Die Fälle einer abweichenden Vertheilung sind aber auch hiermit noch keineswegs erschöpft, es giebt Weichkörper, die in Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 551 ihren äußeren Partien nur noch ganz vereinzelte Reste von Schlick- stoffen enthalten, während ihre centralen Theile aus reiner Sarkode bestehen, und schließlich giebt es abermals Weichkörper, in deren protoplasmatischem Balkenwerk auch nicht die Spur von Schlickmassen mehr enthalten ist. All diese Zustände lassen sich durch Übergänge zu einer zusammenhängenden Reihe mit einander verbinden, welche ich als den Ausdruck eines Entleerungs- oder Defäkationsvorganges der Sarkode ansehen muss. Von besonderem Interesse muss dieser Vorgang desshalb erscheinen, weil diejenigen Weichkörper, die einen weit entwickelten Kern — z.B. Kerne des achten und neunten Stadiums — besitzen, ihre Sarkode ganz oder doch bis auf kaum merkliche Spuren von Schlickmassen befreit haben. Man darf desshalb wohl annehmen, dass diese immer wieder- kehrende Erscheinung in irgend welche Beziehung zu den weiteren Schicksalen des Sarkodeleibes gesetzt werden muss. Doch konstruiren wir uns vorläufig den Defäkationsvorgang aus den vorliegenden Stadien und verschieben wir die Besprechung seines Zweckes auf das nächste Kapitel. Eine einseitige Anhäufung der Schlickmassen tritt erst in Weich- körpern auf, deren Kern das sechste Stadium erreicht hat; sie ist hier aber in der Regel nicht sehr merklich. Um sie zu erkennen, wendet man am besten eine schwache Vergrößerung an, man sieht dann an der Stelle des Weichkörpers, wo sich die graugefärbten Pseudopodienmassen mit der übrigen Körpersarkode vereinigen, oder gelegentlich auch an einer anderen beliebigen Stelle des Schnittes, dass die durch Methyl- grün-Eosin grün gefärbten Schlickmassen hier viel näher zusammenge- treten sind als anderwärts (Taf. XXIV, Fig. 90 Zs). Bei diesem Zusammen- treten scheinen diejenigen Schlickmassen, welche vorher isolirt neben einander lagen, zu ganz denselben mehr oder weniger kugeligen oder rotationsellipsoiden Körpern zusammenzusintern, wie sie auch sonst in kleinerer oder größerer Zahl in den meisten Weichkörpern vorkommen. Auffallend muss es erscheinen, dass in dem einen Weichkörper meist nur große, in dem anderen dagegen meist nur kleine Schlick- kugeln erzeugt werden. Dass es sich hier nicht um prineipiell ver- schiedene Gebilde handelt, wird dadurch bewiesen, dass gelegentlich auch große und kleine Schlickkugeln im selben Weichkörper neben einander vorkommen und hier ganz auf dieselbe Weise zusammenge- schart werden, ohne dass ein Unterschied zwischen großen undkleinen Kugeln gemacht wird. Bei der Größe der Schlickkugeln mag die jeweilige Beschaffen- heit der gerade aufgenommenen Schlickpartien einen be- 552 sr Ludwig Rhumbler, stimmenden Einfluss ausüben, je zäher der aufgenommene Schlick war, desto größer werden meiner Ansicht nach die einzelnen Schlick- kugeln ausfallen. Da wo sich nur kleine Schlickkugeln innerhalb eines Fäkalballens finden, da mag das Thier vordem nur wenig zähen Schlick aufgenommen haben. Es ist kein Zweifel, dass die mikroskopischen Schliekproben ein und desselben Fundortes eine sehr verschiedene Dichte resp. Zähigkeit aufweisen; man kann das leicht feststellen, wenn man eine größere Schlickprobe unter einem Deckgläschen einem langsam gesteigerten Drucke aussetzt; es treten dabei immer einige Schlickpartikelchen viel schneller aus einander als andere. Bei den Weichkörpern mit den folgenden Kernstadien (VII. bis IX. Stadium) macht sich nunmehr ein doppeltes Verhalten geltend; die Anfangs nur gering hervortretende Anhäufung wird entweder immer merklicher, oder sie nimmt immer mehr ab, ohne dass die verschwun- denen Schlickmassen sich des Weiteren im Weichkörper auffinden lassen. Es treten hier Unterschiede in dem Defäkationsvorgange zu Tage, welche ich in der Scheidung eines allmählichen Defäkationsvor- ganges von einem rapiden Defäkationsvorgang zum Ausdruck bringen möchte. Der Unterschied zwischen beiden liegt im Worte; während bei dem allmählichen Defäkationsvorgange die Schlickmassen scheinbar nach einander ausgestoßen werden, — so dass eine besonders augen- fällige Zusammenscharung von Schliekkugeln nach ihrer wenig merk- lichen Ansammlung auf dem sechsten Kernstadium nicht mehr statt- findet, der Defäkationsvorgang vielmehr nur an der stets abnehmenden Menge der Schlickmassen kenntlich ist — sammeln sich bei dem rapiden Defäkationsvorgange alle Schlickmassen des Weichkörpers an einer Stelle und verbleiben hier bis sie von dem Weichkörper alle auf einmal ausgestoßen werden. - Den Verlauf der Zusammenscharung der Schlickmassen wird man sich bei dem rapiden Defäkationsvorgange in der Weise vorzustellen haben, dass die Sarkodestränge, welche anfänglich noch die immer näher zusammenrückenden Schlickmassen von einander trennen, all- mählich mehr und mehr aus der Konglomeration herausgezogen werden. Bei diesem Herausziehen der Sarkodestränge bleiben augenscheinlich gelegentlich kleine Partien der Sarkode innerhalb der Anhäufung zu- rück; ich habe nämlich manchmal in offenbar frisch ausgestoßenen Schlickmassen, in den später zu besprechenden Fäkalballen, noch Sarkodereste vorgefunden, welche sich durch ihre, im Methylgrün- Eosingemisch angenommene rothe Färbung verriethen. Die Selb- ständigkeit der einzelnen Sarkodepartien im Weichkörper der Saccam- mina ist so groß, dass die außerhalb der Schlickanhäufung befindlichen Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 999 Sarkodetheile immer neue Schlickmassen zu den bereits zusammen- gedrängten hinzubringen, unbekümmert, ob sie dadurch Sarkodestränge, die noch weiter in das Innere der Zusammenhäufung hineinragen, von der übrigen Sarkode abdrängen oder nicht. Ein kleiner Verlust an Sarkode fällt eben bei der geringen Differenzirung derselben nicht sehwer ins Gewicht. Wie hervorgehoben, findet die erste Ansammlung der Schlick- massen in der Regel an der Stelle des Ursprungs der Pseudopodien statt, ja ich habe geradezu den Eindruck gewonnen, als ob die Masse der Pseudopodienkörperchen mit den Schlickmassen zusammenge- backen würden. Es findet sich nämlich zwischen den Zusammenhäu- fungen des Schlickes immer, wenn auch in den einzelnen Fällen in sehr verschiedener Massigkeit auftretend, eine im Methylgrün-Eosin- gemisch ungefärbte, mehr oder weniger grau oder graubraun geblie- bene sehr dichte Masse, welche dem Schlick nicht zugerechnet werden darf, weil freier Schlick nach meinen Erfahrungen solche gegen den genannten Farbstoff resistente Substanzen nicht enthält. Man wird den Hauptbestandtheil dieser grauen Masse, wie angedeutet, wegen der Übereinstimmung seiner Farbe und wegen der Örtlichkeit, an der er sich befindet, den Pseudopodienkörperchen zuschreiben dürfen, ob- gleich die Dichtigkeit der Masse eine Unterscheidung in einzelne Körperchen von der geringen Größe, wie sie die Pseudopodienkörper- chen kennzeichnen, nicht zulässt. Dagegen lassen sich in derselben grauen Masse viel deutlicher sehr zahlreiche olivenfarbene, grünbläu- liche oder auch stahlgraue rundliche Körperchen von ca. 0,001937 mm Durchmesser (im Mittel) erkennen, welche ohne Zweifel mit den von mir als Exkretkörnchen innerhalb der Leibessarkode beschriebenen Körperchen identisch sind. Wir sind hiernach zu der Annahme be- rechtigt, bezw. gezwungen, dass sich beim rapiden Defäkationsvorgange eine große Zahl von Exkretkörnchen und jedenfalls auch die Pseudo- podienkörperchen gemeinsam mit den Schlickmassen zusammenlagern, um mit diesen ihr Schicksal zu theilen, d.h. ganz aus dem Weich- körper entfernt zu werden (Taf. XXIV, Fig. 91 Zs). Der rapide Defäkationsvorgang scheint keinen normalen Lebens- vorgang darzustellen; bei Weichkörpern nämlich, die eine augenfällige Zusammenscharung von Schlickmassen noch zu der Zeit erkennen lassen, wenn ihr Kern schon die Größenstufe des sechsten und siebenten Stadiums überschritten hat, finden sich regelmäßig jene Fäden inner- halb des Kernes, die ich früher als wahrscheinliche Pilzfäden geschil- dert habe. Wenn also wirklich jene Kerne, wie ich annehmen muss, durch Pilzwirkung pathologisch verändert sind, dann ist auch der 994 = Ludwig Rhumbler, rapide Defäkationsvorgang ein pathologischer Vorgang. Man wird ihn mit ähnlichen Vorgängen in absterbenden Weichkörpern von Süß- wasserthalamophoren vergleichen dürfen, wo sich auch sehr häufig die Ingesta zu einem Haufen zusammenlagern, der später, nachdem der Weichkörper verfault ist, allein.im Gehäuse zurückbleibt!. Doch sind die letztgenannten Rückstände der Süßwasserdifflugien dadurch von den ähnlichen Bildungen der Saccammina unterschieden, dass sie lose neben einander im Gehäuse liegen, während bei Saccammina die später in leeren, ausgestorbenen Gehäusen zurückbleibenden Schlick- massen von einer gemeinsamen im Methylgrün-Eosingemisch sich in der Regel blaufärbenden, glashellen Hülle umgeben sind und außerdem noch eine andere Besonderheit zeigen, auf die im Abschnitte »Fükal- ballen« noch näher eingegangen werden wird. Die Gegenwart der glashellen Hülle, die sich durch ihre Färbungs- eigenthümlichkeit im Methylgrün - Eosingemisch als ein Derivat der Hüllschicht kund giebt, verschafft uns einen brauchbaren Hinweis über den weiteren Verlauf des rapiden Defäkationsvorganges, von dem mir leider die letzten Stadien in meinem Materiale fehlen. Man wird sich vorzustellen haben, dass die im Weichkörper angesammelten Schlick- massen in corpore durch die Hüllschicht hindurchgeschoben und dabei . von einem Theil der Hüllmasse mantelartig umkleidet werden. Es wird auf diese Weise ein aus einzelnen Schlickkugeln zusammenge- setzter, von einer gemeinsamen Hüllhaut eingeschlossener »Fäkal- ballen«, und andererseits ein von allen Schlieckmassen befreiter Sarkodekörper erreicht, der nach meinen Erfahrungen allerdings immer dem Zerfalle anheimgegeben schien ?. Da die Fäkalballen auch bei anderen Foraminiferen vorkommen, und dort auch von anderen Beobachtern aufgefunden worden sind, ohne dass sie bis jetzt eine richtige Deutung erfahren haben, so werde ich ihnen späterhin noch eine weitere Besprechung zu Theil werden lassen. Dem eben geschilderten rapiden Defäkationsvorgange, den man nach unseren Auseinandersetznngen auch den pathologischen Defäka- tionsvorgang nennen könnte, steht der allmähliche Defäkationsvorgang gegenüber, der bekanntlich nach einer ersten kaum auffallenden An- häufung von Schlickmassen sich durch eine stete Abnahme derselben auszeichnet. Der langsame Defäkationsvorgang scheint ohne schädliche 1 cf. RaumsBLer, Eine Doppelfärbung etc. Zool. Anz. Nr. 442, 2 Wenn die nach der Verwesung des Weichkörpers von Süßwasserthalamo- phoren im leeren Gehäuse zusammengeballten Ingesta nicht von einer gemeinsamen Hülle umschlossen werden, so ist dies einfach die Folge davon, dass die Süß- wasserthalamophoren keine Hüllschicht besitzen (cf. p. 485). Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 555 gewaltsame Einflüsse zu Stande zu kommen, so dass er auch als der normale Defäkationsvorgang bezeichnet werden könnte. Die allmähliche Defäkation giebt sich an den Weichkörpern da- durch kund, dass man auf älteren Stadien derselben, die kenntlich sind durch ältere Kernstadien, immer weniger Schlickmassen antrifft, ‚ ohne dass dabei eine weitere besondere Koncentrirung der Schlick- massen an einem Punkte stattfindet. Meistens findet man im Innen- raum der Gehäuse in solchen Fällen neben dem an Schlickmassen immer ärmer werdenden Weichkörper mehr oder weniger zahlreiche Schliekkugeln, welche ohne Zweifel als von dem Weichkörper ausge- worfene angesehen werden dürfen. Solche vereinzelt aus dem Weich- körper ausgestoßene Schlickkugeln haften in der Regel der Wandung des Gehäuses so fest an, dass die Vermuthung nahe liegt, sie hätten beim Verlassen des Weichkörpers die Hüllschicht durchwandert und von dieser Substanz zum Anhaften an die Gehäusewand mit bekom- men. Wir haben ja gesehen, dass die Hüllschichtsubstanz erstarrt, wenn sie dem direkten Einflusse der Körpersarkode entzogen wird (p- 481). A priori wäre ein Weg der Schlickkugeln durch die Trichter- mündung wahrscheinlicher und einfacher gewesen. Dieser Weg wird jedenfalls auch in all denjenigen Fällen eingeschlagen, wo die ausge- stoßenen Schlickkugeln sich nicht mehr innerhalb des Gehäuseraumes auffinden lassen; sie sind in solchen Fällen jedenfalls durch den Pylomtubus direkt nach außen geworfen worden. Das Festkleben der Schlickkugeln scheint übrigens häufiger stattzu- finden als die direkte Beförderung nach außen. Bei großer Regelmäßig- keit ihrer Kugel oder Ellipsoidform können die Schlickkugeln, wie neben dem Weichkörper im Gehäuse wohnende lebende Gebilde, etwa wie eine Kolonie einzelliger Algen oder gar wie Schwärmerhaufen aussehen. Eine Färbung mit Methylgrün-Eosin bringt indessen ihre wahre Natur an den Tag; sie färben sich in dieser Mischung eben so grell grün wie alle anderen Schlickmassen (Taf. XXIV, Fig. 88). Eine weitere Prüfung mit Reagentien erweist sie fernerhin eben so wider- standsfähig gegen Säuren und Alkalien wie die Schlickmassen. Wer nach den Fortpflanzungsvorgängen der Foraminiferen sucht, darf sich bei solchen Gebilden nicht aufhalten, es sind eben so gut Schlickkugeln wie die Fäkalballen aus solchen bestehen. In Weichkörpern, welche normal ausgebildete Kerne des neunten Stadiums enthalten, findet man höchstens nur hier und da noch ganz spärliche Reste von Schlicksubstanzen in den peripherischen Theilen des Sarkodeleibes. Die Schnitte solcher Weichkörper fallen nach Färbung mit Methylgrün-Eosin durch ihre überwiegend rothe Färbung schon dem u 996 | Ludwig Rhumbler, unbewaffneten Auge vor allen jüngeren Weichkörpern auf, die durch ihre Beimengungen von grün gefärbten Schlickmassen mehr blau gefärbt oder violett erscheinen; das Grün der Schlickmassen und das Roth der Sarkode scheidet sich natürlich erst unter dem Mikroskope, dem unbe- waffneten Auge mischen ‚sich die Farben zu blau oder violett. In sol- chen Weichkörpern oder auch in Weichkörpern, die überhaupt keine Fremdsubstanzen mehr enthalten, macht sich nun bei dem allmählichen Defäkationsvorgange eine weitere Erscheinung breit, die mir volle Be- achtung zu verdienen scheint. Es tritt nämlich im ausgiebigsten Maße eine Abscheidung von jenen Körnchen auf, die ich als Exkretkörnchen im Sinne BürscnLi’s gedeutet habe. Die Abscheidung dieser Körnchen findet in größeren Häufchen statt, die fast ausnahmslos einer größeren Sarkodevacuole oder aber der Wandung eines Lückenkanales des Sar- kodebalkenwerkes dicht angelagert sind (Taf. XXIV, Fig. 89). Das Auf- treten der Exkretkörnchenhaufen scheint an keine bestimmte Stelle des Weichkörpers gebunden, doch sah ich sie einmal, in auffallend regel- mäßiger Gruppirung um den Kern herum angeordnet; und zwar in so unmittelbarer Nähe des Kernes, dass ich erst in Zweifel war, ob hier nicht etwa aus dem Kern ausgestoßene Binnenkörperreste vorlägen. Eine Messung ergab aber, dass die außerhalb des Kernes gelegenen Körperchen ohne Ausnahme größer waren als die im Kern befindlichen Binnenkörper (erstere 0,002384—0,002533 mm, letztere 0,001 639 — 0,001718 mm). Ihre Größe stimmte dagegen mit der der Exkretkörnchen vollkommen überein. Das betreffende Präparat war mit Hämatoxylin und Eosin gefärbt worden. Die Binnenkörper im Kern hatten dabei eine bläuliche Färbung angenommen, so dass sie der Farbe nach von den Exkretkörnchen schlecht zu unterscheiden waren (Taf. XXIV, Fig. 85; Bk, Binnenkörper; Ex, Exkretkörnchen). Es ist fernerhin kein Zweifel, dass die Exkretkörnchen eben so wie die einzelnen Schlickkugeln im weiteren Verlaufe des allmählichen Defäkationsvorganges aus dem Weichkörper fortgeschafft werden. Man trifft nämlich hier und da auf solche Weichkörper, die weder Schlick- kugeln noch Exkretkörnchen mehr enthalten, und welche sich hierdurch im Verein mit einem hochentwickelten Kerne als ein Folgestadium der seither geschilderten Stadien dokumentiren. Die Aufeinanderfolge der verschiedenen Zustände des Weich- körpers ist demnach bei dem langsamen Defäkationsvorgange folgende: 4) Weichkörper mit einer kaum merklichen Zusammenhäufung von Schlickmassen; 2) Weichkörper mit wenig Schlickeinlagerungen und Ansammlung von Exkretkörnchenhaufen; 3) Weichkörper ohne Schlick- anhäufungen aber mit vermehrter Anhäufung von Exkretkörnchenhaufen; Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 957 4) Weichkörper mit nur noch ganz wenig Exkretkörnchenhaufen ; 5) Weichkörper ohne jegliche Einlagerung. Das letzte Stadium zeichnet sich noch durch besondere Festig- keit der Sarkode aus. Das Messer des Mikrotoms geht nur selten un- gehindert durch solehe Weichkörper hindurch; meist zerreißt es den Schnitt in einzelne parallele Streifen, die der Einspannungsrichtung des Messers gleichgerichtet ist; es entstehen mit anderen Worten Schnitt- zustände, wie sie beim Schneiden von harten Massen, wie etwa Dotter- massen oder dergleichen, auftreten, bei denen das Messer vibrirend, ruckweise, die ihm entgegenstehende Masse zu bezwingen pflegt. Die Fäkalballen lassen sich im Allgemeinen noch besser schneiden als solche fest gewordene Weichkörper. Es gelang mir nur mit äußerster Mühe von solehen Weichkörpern Quetschpräparate herzustellen; bei Druck- versuchen auf das Deckgläschen sprangen sie wie ein fester Gallert- körper, dem Drucke ausweichend, hin und her. Es ist mir sehr wahrscheinlich, dass diese so sehr auffallende Ver- festigung des Weichkörpers durch eine Kondensation desselben, d. h. durch eine erhebliche Flüssigkeitsabgabe, wie wir sie bei der Bildung von doppelwandigen Cysten bei anderen Protozoen sehr häufig eintreten sehen, bewirkt worden ist. Und zwar komme ich auf diese Vermuthung, weil auch das Ausstoßen der Ingesta sowohl als die Abscheidung und das Auswerfen der Exkretkörnchen bei beiderlei Vorgängen, bei der Bildung von doppelwandigen Cysten und der allmählichen Defäkation von Saccammina angetroffen werden, und somit auch eine dritte Über- einstimmung nicht überraschen kann, falls sie, wie bei der Verfestigung der Saccamminasarkode, wirklich vorgefundene Stadien genügend zu erklären vermag. Der Sarkodekörper an sich nimmt natürlich durch den Verlust der Ingesta, sowohl während des rapiden als während allmählichen Defäka- tionsvorganges, sehr beträchtlich an Umfang ab; so werden die oben angegebenen Schwankungen der Massenverhältnisse zwischen Kern und Weichkörper (!/ss bis !/a5) verständlich — am Anfang der Reihe ein kleinerKern und ein vonSchlickmassen bedeutend aufgetriebener Weich- körper; am Ende der Reihe ein sehr großer Kern und eindurch Ausstoßen der Schlickmasse und wohl auch durch nachträgliche Flüssigkeitsabgabe an Masse sehr reducirter Weichkörper. Die Weichkörper, die den Defä- kationsprocess hinter sich haben, lassen sich meist schon innerhalb der Gehäuse dadurch erkennen, dass sie dieses nur noch zur Hälfte ausfüllen (ef. p. 474). Mit dem Kleinerwerden des Weichkörpers hängt jedenfalls auch dieVerdickungder Hüllschicht zusammen, die bei geläutertenWeich- körpern manchmal eine ziemlich gleichmäßige Dicke von 0,00547 mm 558 % Ludwig Rhumbler, annimmt (Taf. XXIV, Fig. 92); — dieselbe Menge von Hüllmasse muss natürlich einen kleineren Körper in breiterer Lage umfließen als einen größeren. Während des allmählichen Defäkationsvorganges bleiben die Pseu- dopodienmassen erhalten; auch konnte ich öfter einen wohl ausgebil- deten Hüllschichttrichter konstatiren; beides wurde dagegen bei späteren Stadien des rapiden Defäkationsvorganges vermisst. 10. Die Frage nach der Fortpflanzung der Saccammina. Es wurde oben bereits einmal in einer Fußnote die Fortpflanzungs- frage gestreift; doch geschah dies dort (p. 471) nur unter Berücksich- tigung des Gehäusebaues; ich halte es desshalb für angebracht, die Frage noch einmal aufzuwerfen, nachdem wir in vieler Hinsicht Auf- klärungen über Kern und Weichkörper erhalten haben. Unbedingte Hinweise auf Fortpflanzungserscheinungen sind in den vorgeführten Verhältnissen nirgends enthalten, da sich nirgends eine Theilung des Kernes, sei es in zwei oder in mehrere Theilkerne, feststellen ließ. Trotzdem glaube ich, dass die Reihe der Kernstadien, wie sie p- 516 ff. dargestellt wurde, den direkten Kurs vorstellt, in welchem die jugendlichen Kerne auf ihre Fortpflanzungsreife zusteuern. Der jugendliche mit wenigen, ziemlich großen Binnenkörpern (Nucleolen anderer Autoren) erfüllte Kern vergrößert sein Volumen und vermehrt die Zahl seiner Binnenkörper. Nachdem der Kern eine ge- wisse Größe erreicht hat, nimmt die Zahl der Binnenkörper wieder ab; an ihre Stelle treten im weiteren Verlaufe des Kernwachsthums kleinste Chromatinkörnchen, welche schließlich in ein immer feiner werdendes Liningerüst eingelagert werden. Bei diesen Veränderungen zeigen sich und verschwinden wieder die Membrankegel, die jedenfalls als die früheste Modifikation des Chromatins angesehen werden müssen. Die nachfolgenden Veränderungen des Kernes laufen alle dahin hinaus, dass die Vertheilung des Chromatins auf den Lininfäden eine immer gleich- mäßigere und dichtere wird, während in gleicher Weise die Binnen- körper allmählich ganz schwinden oder doch nur in außerordentlich geringer Zahl erhalten bleiben. In letzter Instanz wird dann die Kern- membran undeutlich und durch sie hindurch scheint dann das Linin- gerüst mit seinen Chromatinkörnchen direkt in das Maschenwerk der umgebenden Sarkode auszulaufen, der Sarkode, die ebenfalls ihr Aus- sehen im Laufe der Kernentwicklung in sehr bestimmter Weise geändert hat. Die Ingesta sind nämlich aus dem Weichkörper ausgestoßen wor- den und außerdem sind Exkretkörnchen in dem Weichkörper in großer Zahl aufgetreten, um gleichfalls ihren Weg nach außen zu nehmen!. ! Es giebt sich in den letztgenannten Vorgängen eine außerordentliche Über- F | Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II 59 Gerade die letzte Thatsache, die Befreiung des Weichkörpers von allen erschwerenden Beigaben, scheint mir mit großer Energie dafür zu sprechen, dass der Weichkörper seiner Fortpflanzungsepoche ent- gegengeht. So viel wir bis jetzt von der Fortpflanzungsweise der marinen Thalamophoren wissen, treten innerhalb der Mutterthiere eine große Zahl viel kleinerer jugendlicher Thiere auf. Nur die Art, wie diese kleinen Thiere aus dem Mutterthier entstehen, ist bis jetzt beharrlich im Dunkeln geblieben. Da nun die jugendlichen Thiere bei Erlangung ihrer Selbständigkeit mit einem Kern versehen sein müssen, so muss schon vor dem Auftreten der Brut eine Kernvermehrung im Mutterthiere stattgeiunden haben. Man mag nun diese Kernvermehrung als das Produkt einer fortgesetzten Zweitheilung des Kernes ansehen, oder sich wie bei den Radiolarien, die Entstehung der Kerne viel plötzlicher und weniger umständlich vorstellen, eins scheint mir sicher, dass eine aus- giebige, gesetzmäßige Vermehrung der Kerne hei der Größe des ur- sprünglichen Mutterkernes so lange auf unüberwindbare Hindernisse stoßen müsste, als noch der Weichkörper in dem Grade mit Fremdsub- stanzen erfüllt ist, wie bei den ganz mit Schlickmassen durchsetzten Weichkörpern jugendlicher Saccamminen. In der geläuterten Sarkode der letzten Stadien ist dagegen jeder Vermehrungsweise des Kernes freie Bahn geschaffen. Es spricht aber noch ein anderer Grund dafür, dass der Defäkations- vorgang und die Ausstoßung der Exkretkörnchen ein Vorspiel der Fort- pflanzung bedeuten. Es wäre meiner Ansicht nach gar nicht zu be- greifen, wovon die Saccammina nach Ausstoßung ihrer Fäkalmassen leben sollte; es werden ja niemals wieder neue Schlickmassen aufge- nommen, sonst hätten sich ja in den Weichkörpern des neunten und zehnten Kernstadiums neue Schlickmassen ansammeln müssen oder man müsste annehmen, dass bei erneuter Schlickaufnahme der Kern jedes Mal auf ein früheres Stadium zurücksinkt, so dass die höheren Kernstadien in schlickhaltigen Weichkörpern niemals gefunden werden. Ich brauche einer derart gezwungenen, unnatürlichen Auffassung wohl kaum entgegenzutreten, jedenfalls ist es weit wahrscheinlicher, dass die geläuterten Weichkörper des neunten und zehnten Kernstadiums einstimmung mit dem Verhalten kund, wie es von den Infusorien vor der Encysti- rung in doppelwandigen Cysten durch andere Forscher und mich bekannt gewor- den ist; zuerst Ausstoßung der Ingesta, hierauf Auftreten und Ausgestoßenwerden von zahlreichen Exkretkörnchen. Es mag hier genügen, auf diese Übereinstimmung hingewiesen zu haben. Da das weitere Schicksal des Saeccamminakörpers noch un- bekannt ist, wäre es verfrüht, diese Übereinstimmung weiter ausbeuten zu wollen. YREyn Yan 232 » 5 360 . > Ludwig Rhumbler, ihr normales Weiterleben (Nahrungsaufnahme, Verdauung und Defä- kation) aufgegeben haben, um sich ganz der Erzeugung der jungen Brut anheimzugeben. Noch ein Wort über die wahrscheinliche Kernvermehrungsweise innerhalb der geläuterten Sarkode. Ich glaube nicht, dass sie bei Sac- cammina durch eine fortgesetzte Zweitheilung des Kernes bewirkt wird. Die Entwicklung der Kerne hat mit einer solchen Konsequenz auf eine möglichst feine und regelmäßige Vertheilung des Chromatins hingearbeitet, und diese Vertheilung ist erst in so spätem Alter erreicht worden, dass ich die feine Vertheilung des Chromatins für den End- zweck aller Kernumwandlungen ansehen muss, nicht aber anzunehmen im Stande bin, das Chrematin könnte späterhin wieder zu einzelnen Chromosomen zusammentreten. Außerdem aber machen es mir die- jenigen Kernzustände des neunten Stadiums, bei denen die Kernmem- bran zerfallen erscheint und sogar, wie bei einem Exemplar beobachtet werden konnte, Lininfäden mit Chromatinkörnchen in den Weichkörper hineinlaufen (Taf. XXIII, Fig. 67), äußerst wahrscheinlich, dass hier eine Kernvermehrung in der Weise stattfindet, wie sie Branpr ! für die Radio- larie Thalassicolla nucleata und Thalassicolla n. sp. mitgetheilt hat: Ein Zerfallen der Kernmembran und eine hierauf folgende Zer- streuung der Chromatinpartikelchen innerhalb der Körpersarkode. Ein ähnliches Verhalten des Kernes ist überdies in neuerer Zeit von MinsaAzzını? vor der Sporulation von Benedenia octopiana Aime Schneider beobachtet worden; auch Kororxerr® giebt einen ähnlichen Zustand des Kernes bei Entstehung der Larven seines fragenreichen Carcinomparasiten an. | Diese Beobachtungen dürfen hier um so eher zum Vergleich heran- gezogen werden, als auch sonst die Kerne der genannten Radiolarie sowohl wie die der Sporozoen vielfache Übereinstimmung mit dem Bau des Saccamminakernes erkennen lassen, so z. B. in Bau und Anordnung der Binnenkörper. Wenn die vermuthete Vertheilungsweise der Chromatinkörperchen innerhalb der Körpersarkode wirklich statt hat, so lässt sich der weitere Verlauf der Brutbildung einfach in der Weise vorstellen, dass die Chro- matinkörperchen, vielleicht zu gesetzmäßigen Gruppen vereinigt, den I K. BrAanpt, Neue Radiolarienstudien. in: Mittheilungen des Vereins Schles- wig-Holsteinischer Arzte. 42. Heft, Stück 3. 2 Pıo Mınsazzinı, Contributo alla conoscenza degli sporozoi. in: Ricerche fatte nel laboratorio di anatomia normale della R. universita di Roma. Vol. III. p. 37. Tav. I, Fig. 42, 43, 22 u. 23. 3 A. KoroTnEFF, Die Sporozoen als Krankheitserreger. Erstes Heft. Unter- suchungen über den Parasitismus des Carcinoms. Berlin 1893. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 561 Ausgangspunkt für die neuen Kerne der Brut darstellen, und dass sich um die neugebildeten Kerne alsdann Plasmainseln herumlagern !, welche zu den jugendlichen Weichkörpern werden. Ob nun die etwa auf diese Weise erzeugten Weichkörper an sich schon zum Aufbau einer Saeecammina ausreichen, oder ob sie einer Vereinigung mit gleich- oder andersgestalteten jugendlichen Thieren bedürfen, entzieht sich der soliden Spekulation; doch darf nicht ver- gessen werden, dass auch solche Konjugationsvorgänge nicht unwahr- scheinlich sind, nachdem Gervaıs? der Brutbildung bei Milioliden eine Konjugation der Mutterthiere vorausgehen sah °. Es muss verwundern, dass ich unter meinem doch sehr ausgiebigen Saccamminamaterial, das einerseits sehr junge Thiere (Primitivgehäuse) und anderntheils sehr alte Kernstadien enthielt, keinen einzigen Weich- körper in der Brutbildung selbst angetroffen habe. Es findet dies seine Erklärung wohl darin, dass der eigentliche Brutbildungsprocess sehr rasch verläuft. Bei der Koncentration der Sarkode, wenn ich die Läu- terung des Weichkörpers von allen hinderlichen Beimengungen so nennen darf, ist ja ein rascher Verlauf von Entwicklungsvorgängen sehr wohl denkbar, überdies hat uns Branpr von dem fruktikativen Stadium der oben genannten Radiolarien mitgetheilt, dass es nur einige Tage dauert. Es wird somit vielleicht auf einen besonders günstigen Zufall ge- wartet werden müssen, bis sich alle Details der Fortpflanzung der Foraminiferen aufdecken lassen. Meine Arbeit scheint mir aber wenig- stens die Einleitungsprocesse zu der Fortpflanzung mit annehmbarer Sicherheit festgelegt zu haben, die allmähliche Änderung des Kernes und die Hand in Hand hiermit gehende Läuterung der Sarkode. Es bleibt mir nunmehr noch übrig, diejenigen Gebilde, die seither von anderer Seite als Vorläufer der jungen Brut angesehen worden sind, in ihrer Bedeutung richtig zu stellen ; ich hoffe hierdurch späteren Forschern ihren Weg zu erleichtern. > 1 Unter dem Foraminiferenmaterial der Planktonexpedition fand ich eine Pulvinulina Menardii, welche ganz von länglich ovalen Sarkodekörpern in so außerordentlich regelmäßiger Anordnung erfüllt war, dass/ich sie nicht fremden Eindringlingen zuschreiben kann, sondern für Pulvinulinabrut halten muss. Die nähere Beschreibung und Prüfung des Befundes wird seiner Zeit im Plankton- werke erfolgen. ? Bürscauı, » Protozoa«, p. 140. 3 Auch das Vorkommen von zwei Embryonalkammern, wie sie neuerdings SCHLUMBERGER (Me&m. de la societe zoology de France. Tome VI, p. 75) bei einer Miliolide aufgefunden hat, dürfte auf eine Konjugation der Jugendzustände dieser Miliolide zurückzuführen sein. Zeitschrift f. wissensch, Zoologie, LVII. Bd. 3% u ih ıl iR! u IM 14 Y Kan } 4 Bi A a 18 lee N Pe vi Aurdh m 562 Ludwig Rhumbler, . Die seitherigen Erklärungsversuche der Fortpflanzungsverhältnisse bei den Foraminiferen überhaupt sind, abgesehen von der Auffindung junger Brut in älteren Kammern der Polythalamien, ausnahmslos irr gegangen. Junge Thiere wurden in den Gehäusen von älteren vorge- funden durch Gervaıs, Mix ScHULTzE, ScHacko, H. B. Brapy u. A., aber keiner dieser Forscher war im Stande, der Entstehung der jungen Thiere in der Sarkode auf die Spur zu kommen. Gerade die Frage der Entstehung hat aber namentlich für die späteren Beobachter einen be- sonderen Reiz desshalb in sich getragen, weil man hier innerhalb einer Zelle, oder eines Thieres, das morphologisch den Werth einer Zelle repräsentirte, andere Zellen entstehen sah, die Thierchen der jungen Brut. Es schien also hier das Problem der endogenen Zellbildung vor- zuliegen. So kommt es, dass mit großem Eifer nach den Vorläufern der Brut in der Sarkode gesucht wurde, und dass Gebilde, welche irgendwie rundliche Gestalt (= Gestalt der Embryonalkammern) besaßen und im Weichkörper oder auch in leeren Gehäusen aufgefunden wurden, öfters eine irrthümliche Deutung nach dieser Richtung hin erfahren haben. Ich bin solchen Anschauungen schon in zwei kleinen Mittheilungen ! entgegengetreten, indem ich die wahre Natur der verkannten Gebilde festzustellen vermochte. Ich will sie nunmehr noch einmal mit mög- lichster Ausführlichkeit hier behandeln, weil gerade beiSaecammina die beiden Bildungen, deren Bedeutung als Fortpflanzungskörper vor- dem die wenigsten Anfechtungen zu erleiden hatte, besonders groß und deutlich ausgebildet sind. Es wird hiermit zugleich das von Saccam- mina in dieser Arbeit entworfene Bild vervollständigt werden. Ich werde mich dabei stellenweise des in meinen früheren Mit- theilungen gebrauchten Textes bedienen, da er zum Theil schon in ge- nügender Ausführlichkeit abgefasst war, anderntheils aber werde ich ausführlichere Zusätze einschieben, welche an Hand der beigegebenen Abbildungen meine Deutung der fraglichen Gebilde über allen Zweifel erheben sollen. So viel ich aus der Litteratur ersehen kann, sind die beiden Arten von Gebilden seither noch nicht sicher unterschieden worden; wenig- stens hat sie CARTER in seinen verschiedenen Aufsätzen mehrmals mit einander verwechselt, oder mit einander identisch gehalten. Eine solche Verwechselung ist dadurch leicht möglich, dass sie nicht nur der Form, sondern auch der Größe nach einander vollkommen ähnlich sein können, obgleich sie ihrem Wesen nach außerordentlich verschieden sind. Die Gebilde, die ich zuerst behandeln werde, sind die Schlick- ! Nr. 42 der Nachrichten v. d. königl. Gesellsch. d. Wissensch. a. d. Georg- August-Universität z. Göttingen v. Jahre 4892 u. Zool. Anz. Nr. 444 u. 412. 4893. ’ Br Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 563 i ballen, deren Einzelpartien wir bereits im Lückensystem der Saccam- minasarkode angetroffen haben und über deren Zustandekommen bei Besprechung des Defäkationsvorganges schon Eingehenderes mitgetheilt wurde. Die zweite Art von den hier zu erörternden Gebilden sind Eisen- kieseinlagerungen, die bei der Verwesung des Weichkörpers unter äußeren, mineralischen Einflüssen zu Stande kommen. Ich kann über die weitere Geschichte der Zweifel, welche sich im angedeuteten Sinne über diese Körper verbreitet haben, hinweggehen, da sie sich bei Bürscarı ! in richtigem Lichte dargestellt findet und auch in meiner vorläufigen Mittheilung bereits behandelt worden ist; nur muss ich noch hinzufügen, dass auch nach dem Erscheinen des Bürscnzischen Werkes sich H. J. Carter wieder berechtigt glaubte?, fossile Schliekballen, welche er in Orbitolites Mantelli var. Theobaldi auffand, für Fortpflanzungskörper zu halten. Dass dies nicht richtig ist, wird aus der folgenden Schilderung zur Genüge her- _ vorgehen. Mit dieser Widerlegung fallen natürlich auch die anderen Schlüsse, welche Carter über die Fortpflanzung auch anderer Rhizopo- den, auf seinen fossilen » Keimkörpern« fußend, aufgestellt hat. 11. Die Fäkalballen. Als »Fäkalballen« bezeichne ich, wie bekannt, die Gesammtheit der vom Weichkörper während des Defäkationsvorganges ausgestoßenen 'Schlickkugelmassen, die zu einem oft sehr regelmäßig gestalteten Packet vereinigt sind und von einer gemeinsamen glashellen, durchsichtigen Membran umschlossen werden. Letztere werde ich hinfort als »Glas- membran« bezeichnen. In den Fugen, welche zwischen den einzelnen, das Packet zusammensetzenden Schlickkugeln offen bleiben, finden sich weiterhin kleine oft sehr eigenthümlich gestaltete Körperchen, die uns erst später eingehender beschäftigen sollen. Die Fäkalballen liegen meistens in der Einzahl oder seltener zu zweien oder zu dreien in sonst leeren Gehäusen, sie sind hier an einer Stelle der Gehäusewand festgeklebt oder liegen auch ganz frei im Ge- häuse, so dass das ganze Packet beim Wenden des Gehäuses von einer Seite desselben zur anderen fällt. Den Raum des Gehäuses füllen sie immer nur zu einem geringen Bruchtheile aus, die größten Fäkalballen mögen etwa !/, des Gehäuseraumes in Anspruch nehmen. Sie wurden 1 BürscaLı (Protozoa. p. 439), der aber ebenfalls ihre wahre Natur nicht zu erkennen vermochte. 2 H. J. CArter, Ramulina parasitica a new species of Fossil Foraminifera in- festing Orbitolites Mantelli, var. Theobaldi, with comparative observations on the Process of ‚Reproduction in the Mycetozoa, Freshwater Rhizopoda and Foramini- fera. Ann. mag. nat. hist. sixth series. Vol. IV. 37* | B64 Ludwig Rhumbler, ziemlich häufig in meinem Material angetroffen, doch waren keineswegs alle leeren Gehäuse mit ihnen besetzt. In selteneren Fällen war neben einem Fäkalballen noch der Über- rest eines in Zerfall begriffenen Weichkörpers vorhanden. Als Regel konnte gelten, dass überall da, wo der Fäkalballen sich von der Körper- sarkode des Thieres losgelöst hatte, der Weichkörper wegen Zerfalls- erscheinungen nicht mehr für lebenskräftig angesehen werden konnte. Die Fäkalballen kommen augenscheinlich als das Endprodukt des oben geschilderten rapiden Defäkationsvorganges zu Stande, der ja, wie oben bemerkt wurde, immer eine Folge von pathologischen zum Zerfall führenden Vorgängen innerhalb des Kernes oder Weichkörpers zu sein scheint. Die Färbung der Schlickkugeln, welche also den Fäkalballen zu- sammensetzen, variirt in allen Nuancen des Grau und des Braun, kann aber auch manchmal so dunkel werden, dass sie direkt schwarz er- scheint, und somit eine neue, zu Verwechselungen verführende Ähn- lichkeit mit den Eisenkieskugeln erlangt, die bei der gewöhnlichen Beobachtungsweise in durchfallendem Licht immer tiefschwarz er- scheinen. Ihre Konsistenz ist weich, sie lassen sich unter dem Deckglase, ihrer Natur entsprechend, wie andere Lehmmassen beliebig platt drücken. Die Gestalt der einzelnen Schlickkugeln ist, wie bekannt, nur selten genau kugelig, sondern ist meistens diejenige eines mehr oder weniger gestreckten Rotationsellipsoids. Die Größe der Kugeln wechselt zwischen 0,006—0,0414 mm Durchmesser. In manchen Gehäusen herrschen größere Schlickkugeln vor, in anderen haben die kleineren die entschiedene Oberhand, oder es fehlen größere gänzlich; meist aber sind die verschiedensten Größen- stufen in ein und demselben Fäkalballen vertreten. Diese Verschiedenheit haben wir schon während des Defäkations- vorganges auftreten sehen und aus der verschiedenen Konsistenz der jeweiligen Schlickmassen zu erklären versucht. Das Vorkommen von Fäkalballen in leeren Gehäusen erklärt sich durch ihre Resistenz gegen chemische Einwirkungen; sie widerstehen koncentrirten Mineralsäuren und Alkalien in gleicher Weise, sie fallen daher der Verwesung nicht anheim und bleiben auch dann noch be- stehen, wenn von dem Weichkörper, der sie zusammengeballt hat, keine Spur mehr übrig geblieben ist. | Als ich die Schlickballen zuerst unter dem Mikroskope mit Säuren behandelte, konnte ich in einem derselben eine energische Kohlensäure- Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il, 565 entwicklung konstatiren, während alle übrigen zu derselben Zusammen- häufung gehörigen Schlickbailen nicht die geringste Veränderung zeig- ten. Schon dieses abweichende Verhalten eines Exemplares von dem der anderen machte mir die Auffassung der untersuchten Gebilde als Fortpflanzungskörper sehr zweifelhaft; ich bezog damals schon die ver- einzelte Kohlensäureentwicklung auf die zufällige Anwesenheit eines kalkigen Fremdkörpers. In dieser Auffassung wurde ich bestärkt als ich bald darauf ein unverkennbares Stück eines Diatomeenpanzers mitten in einem braunen Ballen auffand. Der letztere Befund brachte mich auf die Idee, dass die Ballen aus dem Schlick herstammen müss- ten, der einen Theil des Meeresbodens ausmachte, auf welchem die Thiere gelebt hatten. Ich untersuchte daher Schlickpartien, welche von demselben Orte herstammten wie meine Untersuchungsobjekte und fand dann auch den Schlick stellenweise gerade so aussehend wie die braunen oder grauen Gebilde. Ich versuchte nun durch Hin- und Herrollen des Deckglases den Schlickmassen Kugelgestalt zu verleihen, und erhielt so ganz genau dieselben Kugeln wie diejenigen in den Saccamminage- häusen. Diese künstlichen Kugeln stimmen aber mit denen in den Ge- häusen nicht bloß dem Aussehen, sondern auch ihrem chemischen Ver- halten nach genau überein; es sind eben dieselben. Dieselbe Identität konnte ich dann später durch die Eosin-Methyl- grünmischung erweisen, indem bekanntlich der freie Schlick sowohl als die in Saccamminagehäusen aufgefundenen Fäkalballen sich alle ohne Ausnahme grün färben und sich nur ausnahmsweise hier und da in ihnen ein roth oder blau gefärbter organischer Rest vorfindet!. Das erstaunlich seltene Vorkommen solcher organischen Reste innerhalb der Schlickmassen wurde oben schon ausführlich erörtert (cf. p- 495). Weit reichlicher sind in die Schlickballen kleinste minera- lische Bestandtheile eingelagert, wie sich bei Anwendung stärkerer Vergrößerüngen leicht wahrnehmen lässt. Verschieden gefärbte Quarz- splitterchen sind in jedem Schliekballen in größerer oder geringerer Zahl eingeschlossen (Taf. XXIV, Fig. 88 Qu). Die Glasmembran, welche die in leeren Gehäusen vorkommen- den Fäkalballen zu umhüllen pflegt, färbt sich oftmals im Methylerün- Eosingemisch eben so blau, wie die Hüllschicht der Saccammina; manchmal blieb sie ungefärbt, in anderen Fällen nahm sie eine grüne Färbung an. Man wird nicht fehl gehen, wenn man diese Verschieden- heit in der Färbung der Glasmembran wiederum dem verschiedenen Alter derselben zuschreibt, und wenn man sie ohne Weiteres für ein 1 Die.Färbung der Fäkalballen mit Methylgrün-Eosinmischung muss auf Schnitten geschehen, weil sonst die Farbe nicht his ins Innere vordringt. — vr \ >, >8 566 => Ludwig Rhumbler, direktes Derivat der Hüllschicht ausgiebt. Die während des Defäkations- vorganges austretenden Schlickmassen nehmen eben cf. p. 554) an ihrer Oberfläche die ihnen entgegenstehende Hüllschicht mit und wer- den beim weiteren Vorrücken ganz von ihr eingehüllt. Die Glasmembran war fast um alle Fäkalballen herum sehr wohl erhalten. Gleichwohl darf man ihr jedenfalls keine zu sehr ins Weite gehende Unvergänglichkeit zuschreiben. Da sie außerordentlich dünn ist, mag sie durch die Temperaturschwankungen des Wassers und andere äußere Einwirkungen oft auf rein mechanischem Wege zerstört wer- den. Die Fäkalballen fallen aber aus einander, sobald die Glasmembran zerstört ist, und die einzelnen Schlickkugeln sind dann nieht mehr von jenen zu unterscheiden, die während des langsamen Defäkationsvor- ganges ausgestoßen wurden und sehr häufig lose in dem Gehäuse liegend gefunden werden. Was nun die zu Anfang dieses Kapitels kurz erwähnten, kleinen Körperchen anlangt, die sich zwischen den einzelnen Schlickkugeln eingelagert finden, so sind sie, obgleich ohne Zweifel von einerlei Art, ihrer Form und ihrer Farbe nach oft nicht unbeträchtlich verschieden. Da ihre Grundfarbe gelb ist, ihre chemische Natur aber nicht er- mittelt werden konnte, will ich sie in der Folge als »Xanthosomen« bezeichnen. Die Zahl der Xanthosomen, ist eine sehr verschiedene; oft sind es nur ganz wenige; in anderen Fällen finden sie sich zu langen Strängen in außerordentlich stattlicher Zahl zusammengedrängt, auf diese Weise die Lückenräume, welche die einzelnen Schlickkugeln frei lassen, ganz erfüllend. | Wenn sie in großer Zahl vorhanden sind, können sie ein dem Lückensystem entsprechendes oft erstaunlich regelmäßiges Netzwerk bilden, das namentlich gegen die Glasmembran hin sehr deutlich zur Schau tritt. | Solche Netzwerke sind ein Erzeugnis des Zufalls und besitzen keinerlei morphologischen Werth, wie sie denn auch vielen Zusammen- häufungen, die weniger gelbe Körperchen enthalten, ganz fehlen. Der lichte Raum dieses Netzwerkes entspricht der verschiedenen Größe der Schlickballen ; die Netzstränge zeigen eine sehr verschiedene Breite; sie wechselt zwischen 0,0030—0,0420 mm (cf. Taf. XXI, Fig. 50). Die Größe der Xanthosomen selbst schwankt zwischen 0,0009 bis 0,0046149 mm; sie kommen meist in allen Größenstufen in ein und dem- selben Fäkalballen vor, manchmal aber fand ich auch Fäkalballen, die nur ganz kleine Xanthosomen enthielten, und andere, welche dagegen nur größere und gar keine kleineren zwischen ihre Schlickkugeln auf- Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 967 genommen hatten. Wenn die Xanthosomen sehr groß sind, ist ihre Zahl in der Regel geringer, als wenn die Hauptmasse derselben aus kleinen Xanthosomen besteht; doch gilt diese Regel nicht allgemein. Die Farbe der Xanthosomen wechselt mit ihrer Größe zwischen blaugrün, grüngelb, gelb und gelbroth; die kleinsten sind hblaugrün, die größten erscheinen gelbroth. Mir scheint es sehr wahrscheinlich, dass diese Farbenverschiedenheiten bloß der Ausdruck besonderer optischer Eigenschaften sind, und dass nicht etwa eine Differenz in der chemischen Komposition zwischen den kleinen und größeren Xanthosomen besteht. Die kleinen wie die großen Xanthosomen sind ohne Ausnahme sehr stark lichtbrechend, sie sind optisch doppeltbrechend. Die Xanthosomen können alle möglichen oft sehr grotesken Formen annehmen. Als ihr Hauptcharakteristikum kann jedoch angegeben werden, dass sie aus Zusammenhäufungen von einzelnen kugeligen Gliedern bestehen, die unter sich in mannigfachster Weise verschmolzen sind. Es entstehen so häufiger traubige Gebilde, deren einzelne Perlen sich gegenseitig stark abgeplattet haben. Bei vollständiger Verschmel- zung der einzelnen Glieder werden dagegen manchmal hantelförmige oder hammerförmige Gebilde erzeugt, ja ich traf einmal einen voll- ständig ausgebildeten Ring. Wie sich all diese Formen aus der ein- fachen Annahme einer allmählichen Verschmelzung von anfänglich leichtflüssigen, dann zäher werdenden Massen, die schließlich ganz er- starren, herleiten lassen, habe ich früher schon zu zeigen versucht !, so dass ich hier des Weiteren nicht darauf einzugehen brauche. Besondere Beachtung verdient, dass die meisten Xanthosomen, aber keineswegs alle, aus zwei Schichten zusammengesetzt erscheinen, von denen die schmälere äußere meist dunkler gefärbt erscheint als die stärker lichtbrechende Innenmasse. Ich erkläre mir die Differenz zwischen den beiden Schichten durch ihr verschiedenes Alter, indem ich annehme, dass die Außenschicht erst nachträglich um ein bereits erstarrtes Xanthosom herumgeflossen, aber noch nicht bis zu demselben Grade erstarrt ist, wie die Innenmasse. Wenn die Xanthosomen in ihren natürlichen Verhältnissen geblieben wären, dann hätten sich, so darf man annehmen, die Gegensätze zwischen älterem und jüngerem Theil wieder ausgeglichen, und die Xanthosomen hätten alle ein homo- genes Aussehen angenommen, wie denn auch ihrer Masse nach voll- ständig homogen erscheinende Xanthosomen gar nicht selten sind (ef. Taf. XXII, Fig. 46 h) und bei manchen Fäkalballen sogar das alleinige Vorkommen derselben konstatirt werden konnte. Die häufige Zweischichtigkeit verleiht den Xanthosomen oftmals ı Diese Zeitschr. Bd. LVI, p. 333 u, f. (ki 11ER 968 Ludwig Rhumbler, ein sehr algenähnliches Aussehen. Dass es sich in unserem Falle aber nicht um wirkliche Algen handeln kann, das wird allein schon durch die Ringform bewiesen, welche eins der von mir beobachteten Xan- thosomen zur Ausbildung gebracht hatte ‘ef. Taf. XXI, Fig. 46 Rg). Über die chemischen Eigenschaften der Xanthosomen kann ich nur wenige, dürftige Mittheilungen machen. Sie erlitten in Jodlösungen keine Veränderungen. In koncentrirter Salzsäure sind sie löslich, wenigstens konnte ich sie in einem Fäkalballen, welcher acht Tage in koncentrirter Salzsäure gelegen hatte, nicht wieder auffinden. Bei Ein- wirkung von koncentrirter Salpetersäure geriethen die meisten von ihnen in Molekularbewegung, wie mit dem Mikroskop festgestellt werden konnte, doch vermochte ich nicht, selbst nach Verlauf einer viertel Stunde, irgend welche Volumabnahme an ihnen zu konstatiren. Jeden- falls lösen sich die Xanthosomen in letztgenanntem Reagens nur sehr langsam; die Einwirkung desselben konnte nicht bis zu Ende beobachtet werden. In Osmiumsäure veränderten die Xanthosomen ihr Aussehen nicht; in Hämatoxylin schienen sie einen leichten violetten Schein an- zunehmen. Methylgrün-Eosinmischung veränderte ihre gewöhnliche Farbe nicht. In geglühten Fäkalballen waren keine Xanthosomen mehr aufzu- finden; die Murexidreaktion auf Harnsäure kam ohne Erfolg zur An- wendung, obgleich die Gebilde an und für sich eine ganz ausgesprochene Ähnlichkeit mit den Harnsäurekonkrementen besitzen, wie sie BLOCHNANN im Fettkörper von Periplaneta und Blatta mit Hilfe der Murexid- reaktion nachgewiesen hat!'. Die chemische Natur der Xanthosomen muss demnach noch ganz dahingestellt bleiben; doch möchte ich mir noch eine Vermuthung über ihre Herkunft auszusprechen erlauben. Ich glaube nämlich, dass sie sich aus den Exkretkörnchen unter dem Einflusse der Schlickkugeln entwickelt haben. Ich habe bei Besprechung des Defäkationsvorganges darauf hingewiesen, dass die Exkretkörnchen mit den Schlickkugeln zusammengeschart werden. Man müsste desshalb die stahlgrauen Ex- kretkörnchen auch innerhalb der Fäkalballen anzutreffen erwarten; hier konnte ich aber solche nur ausnahmsweise und nur mit unzureichender Sicherheit in ganz geringer Zahl auffinden; statt der Exkretkörnchen finden sich nun aber die Xanthosomen in großer Zahl innerhalb der Fäkalballen, es liegt also die Vermuthung nahe, dass sich hier die Ex- kretkörnchen in Xanthosomen umgewandelt haben. Das umwandelnde Reagens scheint mir aus den Schlickkugeln herzustammen; die Xantho- I F. BLocHMmann in der (hier p. 547) eit. Arbeit. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 569 somen sind nämlich oftmals den Schlickkugeln so innig angeschmiegt, dass beim Freipräpariren der Schlickkugeln die Xanthosomen an ihnen hängen bleiben (Taf. XXIV, Fig. 88) und dass es ganz den Anschein hat, als ob die Xanthosomen aus dem Inneren der Schlickkugeln selbst her- vorgetreten wären. Wenn das Letztere wohl kaum der Fall sein dürfte, so lässt doch diese Anschmiegung argwöhnen, dass wenigstens das um- wandelnde Reagens aus den Schlickkugeln herausgetreten ist, und gleich bei seinem Austritte das nächstliegende Exkretkörnchen in ein Xanthosom umgewandelt hat. Einen Beleg für diese Anschauung erblicke ich in einem Fäkal- ballen, der in merkwürdiger Weise von dem seither geschilderten Ver- halten abweicht. In diesem Fäkalballen sind nämlich die Schlick- massen nicht zu einzelnen Schlickkugeln zusammengeordnet, sondern die Schlicktheilchen liegen in wirrer Unordnung ganz so lose neben einander, wie wir sie vorher nur ausnahmsweise im Inneren einiger Weichkörper vorfanden. Der Fäkalballen enthält fernerhin auch die sonst nie fehlenden Xanthosomen nicht, sondern ist von einer großen Zahl normaler Exkretkörnchen durchsetzt (Taf. XXIV, Fig. 84). Ich glaube, dass diesem Fäkalballen die umwandelnden Reagentien zur Erzeugung der Xanthosomen gefehlt haben. Es mag sich hier um irgend ein orga- nisches Derivat handeln, das die Schlickmassen durchsetzt, und dessen spätere Einwirkung die Exkretkörnchen zu Xanthosomen umwandelt; ein Zersetzungsprodukt verwesender organischer Stoffe vielleicht, das einmal die Hauptnahrungsquelle für die Saccamminen darstellt, dann aber auch das Bindemittel zum Zusammenhalt der Schlickkugeln liefert. Ist die von der Sacecammina aufgenommene Schlickmasse ganz dieser ernährenden Bindemittel beraubt, d. h. ist die Schlickmasse von Seiten der Saccammina vollständig ausgenutzt, so können sich die einzelnen Schlickpartikelchen nicht mehr zu Kugeln vereinigen und später kann auch keine Umwandlung der Exkretkörnchen in Xantho- somen stattfinden. Wir wissen ja, dass die Fäkalballen wohl ganz aus- schließlich von pathologisch angekränkelten Thieren erzeugt werden, so dass es nicht verwundern darf, wenn die Schlickkugeln der Fäkal- ballen fast ausnahmslos nicht ausgenutzt sind, sondern das ernährende Bindemittel noch enthalten. | Bei Umwandlung der Exkretkörnchen könnten fernerhin auch noch diejenigen verwesenden Sarkodetheile eine Rolle mitspielen, die während des Defäkationsvorganges von dem Thierleibe losgerissen und zwischen die Schlickkugeln eingebacken werden; es scheint mir mit anderen Worten ein Verwesungsprocess oder eine Zersetzung der an- liegenden Materie zu sein, welche die Exkretkörnchen in Xanthosomen A { N 570 Ludwig Rhumbler, umwandelt. Vielleicht setzt sich die fragliche Substanz der Exkretkörn- chen in eine entsprechende Ammonverbindung um. Das Vorgetragene soll natürlich nicht mehr als den Werth einer Vermuthung haben, an deren Hand sich vielleicht später einmal etwas erreichen lässt; Ur- sprung und Natur der Xanthosomen bleibt vorläufig unaufgeklärt. Ich dachte anfänglich daran, als mir die Herkunft der Kittmasse noch unbekannt war, ob die Xanthosomen nicht etwa mit der Kittsub- stanz in Zusammenhang zu bringen wären. Ich suchte desshalb mit der Blutlaugenreaktion das in der Kittsubstanz vorkommende Eisen- oxydsalz in den gelben Körperchen nachzuweisen, erhielt aber negative Resultate; die Körperchen hatten ihr Aussehen während der Behand- lung in keiner Weise geändert. Nur die Schlickballen selbst zeigten theilweise, namentlich die am Rand der Zusammenhäufung gelegenen, eine schwache blaugrüne Reaktionsfärbung. Ich hatte bei letzteren eine viel intensivere Färbung erwartet, da bei vielen Fremdkörpern, welche sich im normalen Weichkörper fanden, bei denselben Versuchen eine sehr starke Bläuung eingetreten war. Das Ausbleiben der Färbung ist auf die Undurchlässigkeit der Schlickballen zurückzuführen, was da- durch bestätigt wird, dass auch bei Anwendung der Eosin-Methylgrün- mischung auf ganze, nicht in Schnitte zerlegte Fäkalballen nur die zu äußerst gelegenen Kugeln das Methylgrün in ungeschwächtem Grade aufnehmen, während die Farbe nach innen zu immer mehr und mehr an Intensität abnimmt und oft in das Gentrum der Anhäufung gar nicht vorzudringen vermag. Anders ist es bei den im Weichkörper vertheilten Schlickballen, hier dringt die Färbemischung im Protoplasmanetz vor und färbt alle Schlickballen in gleich greller Weise grün. Um den Eisengehalt, der an Fremdkörper gebunden ist, auch in den inneren Schliekballen nachzuweisen, setzte ich die Schliekballenhaufen der Glühhitze aus und brachte ihren leicht zerfallenden Rückstand, der im Übrigen wenig an Masse verloren zu haben schien, unter das Mikroskop. Hier konnte ich durch Hin- und Herbewegen eines starken Huf- eisenmagnetes in der Nähe des Deckglases einzelne Theilchen des Rückstandes, der in Nelkenöl eingebettet wurde, in unverkennbar pen- delnde Bewegung versetzen, welche genau den Bewegungen des hin und her bewegten Magnetes entsprachen und.nur auf die Gegenwart metallischen Eisens zurückgeführt werden konnten!. Das metallische 1 Diese Reaktion auf Eisen ist bei Materialien, welche sich in kleine Stücke zertrümmern lassen, eine so sichere und leicht erkennbare, dass sie für ähnliche Fälle zur Nachahmung empfohlen werden kann. Man wird gut thun, um sich mit der Erscheinung vertraut zu machen, erst einmal mit notorischen Eisenpartikel- chen den Versuch zu machen. Ich schabte, ehe ich zum Versuch selbst ging, mit Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 971 Eisen muss durch Reduktion von Eisenverbindungen, durch Verkohlen von organischer Substanz während der Glühhitze entstanden sein. Die organische Substanz mag zum Theil von den Sarkoderesten herrühren, welche, wie wir wissen, in die Fäkalballen mit eingeschlossen werden. Ob aber diese spärlichen Reste zur Erklärung des Reduktionsvorganges ausreichen, ist mehr wie zweifelhaft; mir scheint vielmehr auch dieser Versuch darauf hinzuweisen, dass sich innerhalb des Schlickes außer den leicht kenntlichen Thier- und Pflanzenresten noch andere dem Auge verborgene organische Zersetzungsprodukte finden. Die Fäkalballen fanden sich in der hier beschriebenen Ausbildung außer bei Saeeammina auch bei Reophax fusiformis, Hyper- ammina floridensis.n. sp., Truncatulina lobatula, und bei verschiedenen Polymorphina-Arten. Das Bedenken, welches ich in meiner ersten Mittheilung (Nach- richten von der Königlichen Gesellschaft ete.) in Bezug auf Trunca- tulinalobatula Walker und Jakob gegen die hier vorgetragene Auf- fassung der Schlickballen ausgesprochen habe, ist durch die Eosin- Methylgrünmischung weggefallen (vgl. Zool. Anz., Nr. 414 u. 412. Jahrg. 1893). 12. Eisenkiesablagerungen im verwesenden Weichkörper der Saccammina und anderer Foraminiferen. In leeren Gehäusen oder auch in Gehäusen, welche noch von einer weichen Masse erfüllt waren oder in solchen, welche Fäkalballen ohne Weichkörper enthielten, fanden sich ziemlich häufig, bei durchfallendem Lichte schwarz erscheinende, meist sehr regelmäßig gestaltete Kugeln, welche sich in koncentrirten, eben so wie in verdünnten Säuren und Alkalien als resistent erwiesen. In diesem Verhalten stimmen die ge- nannten Kugeln mit den vorher geschilderten Schlickballen überein. Obgleich sich aber noch weitere Ähnlichkeiten (ef.p.562) zwischen den beiderlei Gebilden auffinden lassen, so sind sie doch ihrer Herkunft so- wohl, wie ihrer chemischen Natur nach, sehr verschieden von einander. Während die Schlickballen von außen in das Gehäuse durch den leben- den Weichkörper aufgenommen worden sind, entstehen die schwarzen, einer Stecknadel etwas Staub von einem Eisenofen und experimentirte dann mit Nelkenöl in der oben angegebenen Weise. Ich hatte geglaubt, die Eisenpartikel- chen würden sich sofort auf den Magneten zu bewegen; dies war aber bei meinen Experimenten, selbst bei den kleinsten Eisentheilchen, nicht der Fall. Dagegen veränderten sie bei der geringsten Stellungsänderung des Magneten sofort und alle in gleicher Weise, mit den Bewegungen des Magneten übereinstimmend, ihre Lage- rung und boten so, gleichsam zum Leben erwacht, ein recht anziehendes Schau- spiel. En mE SEE -—— u en ERS vr maTIER P>>5 ) 2 m nn _ — - .— npe-=32 23) IERS DR > Ludwig Rhumbler, kugligen Gebilde innerhalb des Gehäuses selbst und zwar erst, wenn der Weichkörper abgestorben, bezüglich wenn er in Zersetzung begriffen ist. Während die Schlickballen voraussichtlich aus einem Gemenge sehr verschiedener chemischer Substanzen bestehen, — der Hauptsache nach wohl aus verschiedenen Silikaten, — so sind die dunklen Kugeln aus einem einheitlichen chemischen Stoffe, dem zweifach Schwefeleisen, mineralogisch »Eisenkies« genannt, zusammengesetzt. Dieser Eisen- kies ist ein Produkt, das die Verwesung mit Hilfe äußerer, mineralischer Einflüsse in dem abgestorbenen Weichkörper der Saeccammina hervor- gebracht hat. Doch, bevor ich auf diese Verhältnisse näher eingehe, soll eine kurze Beschreibung der behandelten Gebilde folgen. Ich werde dabei auch andere Foraminiferen in gleicher Weise zur Betrachtung heranziehen müssen, weil sich meine Kenntnis von der richtigen Be- deutung dieser Gebilde aus dem Studium mehrerer Species, welche in gleicher Weise mit ihnen erfüllt sein konnten, entwickelt hat, und die Geschichte ihrer Erkennung zugleich Gewähr dafür bieten wird, dass sie nicht abermals einer irrthümlichen Deutung, wie diejenige als Fort- pflanzungskörper mehrerer früherer Autoren, anheimfallen. Bei der gewöhnlichen mikroskopischen Beobachtung mit durch- fallendem Lichte erscheinen die Eisenkiesablagerungen als schwarze Kugeln, welche hei Polythalamien häufig zu mehreren in einer Kammer zusammengelagert sind, sich öfters aber auch vereinzelt in verschiedene Kammern vertheilt finden (Taf. XXI, Fig. 41, 42 u.52). Ihr Durchmesser schwankt zwischen 0,005696 und 0,02986 mm. Größere Kugeln lassen oft an ihrem Umfange eine Zusammensetzung aus kleineren erkennen. Die ganzen Massen bestehen aus sehr kleinen, molekularen Krümeln von ca. 0,0011475 mm, in die sie sich meist durch nachhaltigen Druck auf das Deckglas zersprengen lassen (Taf. XXII, Fig. 56). Die Gestalt dieser Krümel lässt hier und da scharfe Kanten erkennen, welche mög- licherweise nach unseren späteren Ausführungen auf Krystallkanten zurückzuführen sein dürften, ohne dass sich jedoch bei der Kleinheit der Elementarkörnchen mehr mit Sicherheit feststellen ließe, als die Thatsache, dass ihnen keine Kugelgestalt zukommt. Oft finden sich diese Elementarkörnchen noch nicht fest mit den größeren Kugeln ver- einigt, sondern sind nur in lockerer Aneinanderreihung und ästig ver- zweigter Anordnung den Kugeln angelagert (Taf. XXII, Fig. 54). Auch das kommt nicht selten vor, dass die Elementarkörnchen zu ganz un- regelmäßig geformten Massen zusammengebacken sind, die nur durch ihre schwarze Farbe die Möglichkeit der Zugehörigkeit zu den vorbe- schriebenen Aggregaten darthun. Das Verhältnis der Masse dieser Einlagerungen zu der des Weich- Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 573 körpers ist ein überaus wechselndes; oft finden sich in einem großen Gehäuse mit einem entsprechend ausgedehnten Weichkörper nur eine einzige oder doch nur ganz wenige und ganz kleine Kugeln; ein ander- mal ist ein kleines Gehäuse ganz und gar mit großen schwarzen Kugeln erfüllt. In dieser Beziehung ist überhaupt jedes Verhältnis denkbar. Fig. 42 auf Taf. XXI stellt eine Lagena globosa Montagu dar, welche ganz und gar mit Eisenkieskugeln erfüllt ist; das Original, welches der Figur zur Vorlage gedient hat, macht ganz den Eindruck einer hellen Glasflasche, die bis zum Halse mit großen Schrotkörnern erfüllt ist. Die Figur ist desshalb von Interesse, als sie zeigt, dass sich die Größe der Eisenkieskugeln nicht nach der Weite der Schalenmündung richtet, sondern letztere an Ausdehnung bedeutend übertreffen kann. Wenn CARTER von seinen Fortpflanzungskörpern behauptet, dass sie nie größer als die Öffnungen der Kammern seien, in welche sie eingebettet liegen, so kann diese Behauptung nur durch Zufälligkeit hervorgerufen sein, thatsächlich richtet sich die Größe der Eisenkiesablagerungen in keiner Weise weder nach den Öffnungen, noch nach sonst etwas außer nach der Menge der Substanzen, aus welchen sie ihre Entstehung nehmen. In leeren Gehäusen liegen die Eisenkiese meist ganz frei, so dass sie von einer Seite zur anderen fallen, wenn man die Gehäuse dreht; manchmal aber werden sie auch durch weiche Massen festgehalten und kleben dann der Gehäusewand mehr oder weniger fest an. Das erste Verhalten kommt ihnen augenscheinlich in Gehäusen zu, welche schon lange ausgestorben sind, das letztere ist durch die Wirkung noch nicht völlig verwester Sarkode oder durch nachträgliche Infiltration des Ge- häuses mit Schlick u. A. zu erklären. Was die Zahl der Individuen anlangt, welche mit den behandelten Gebilden behaftet sind, so wechselt sie in den weitesten Grenzen, je nach dem Orte, von welchem das Material herstammt. Ich habe in einer Bodenprobe, welche von einem durch seine schlickigen Massen ausgezeichneten Orte herstammt (Nordsee 53°45’ n. Br. 4°47 6. L.) nahezu 75% der vorhandenen leeren Gehäuse mit schwarzen Kugeln belastet gefunden. Je mehr Schlamm und faulende Detritusmassen in einer gehobenen Grundprobe des Meeres sich finden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit auf eine erhöhte Zahl von Foraminiferen zu stoßen, welche schwarze Kugeln enthalten. In pelagisch lebenden For- men, wie Globigerina (incl. Orbulina), Pulvinulina und Hasti- gerina, wird man sicher niemals das kleinste Elementarkrümelchen solcher Einlagerungen finden, vorausgesetzt, dass die darauf hin unter- suchten Exemplare in der That auch pelagisch gefischt und nicht etwa als gesunkene auf dem Meeresboden verwesende Stücke eingesammelt 574 Ludwig Rhumbler, wurden; eben so wird man sie selten in Foraminiferen von solchen Fundorten antreffen, wo Sand, felsartiges Gerölle oder Schill den Unter- grund gebildet hatten!. Diese Erfahrungen, welche ich den, von der »Sektion für Küsten- und Hochseefischerei« gesammelten Nordsee-Foraminiferen einerseits, und andererseits dem Material der Deutschen Plankton-Expedition (be- züglich der negativen Befunde bei pelagischen Formen) verdanke, leg- ten mir zuerst die Vermuthung nahe, dass die eigenthümlichen Gebilde keine Erzeugnisse des Weichkörpers selbst seien, sondern von außen aus den Schlammmassen in den Rhizopodenkörper aufgenommen wür- den. Ich wäre auch über diese nur halb richtige Vermuthung nicht hinausgekommen, hätte ich nicht zufällig in einer Rotalia BecariiL. einen schwarzen Ballen gefunden, dessen Peripherie mit auffallend scharf kontourirten Zacken besetzt war. Diese Zacken konnten in sol- cher Schärfe nur von Krystallen herrühren. Ich untersuchte daher, um mich dessen zu vergewissern, mit Oberlicht, indem ich eine Kreuzblende in den Asst’schen Beleuchtungsapparat einsetzte, und letzteren mög- lichst weit nach unten schraubte. Die Wirkung einer solchen Unter- suchungsweise war denn auch eine außerordentlich günstige. Eine wohlentwickelte Krystalldruse, — mit tesseral entwickelten Krystallen, wie sich bei genauerer Prüfung ergab, — war in der Embryonalkammer der Rotalia eingelagert (Taf. XXI, Fig. 41 Kr). Außer der Deutlichkeit der einzelnen Krystallgestalten war aber auch ein speisgelber Metall- glanz unverkennbar, der im Verein mit der Gestalt der Krystalle in nahezu zwingender Weise auf Eisenkies hinwies. Nun hatte ich früher schon die aus einem Saccammina-Gehäuse stammenden kugligen Gebilde geglüht, ohne eine Veränderung an ihnen nach dem Glühen wahrgenommen zu haben; das stand mit der Annahme von Eisenkies für die geglühte Substanz in Widerspruch. Zum Glücke hatte ich die geglühten Ballen in Kanadabalsam eingeschlossen; sie waren seiner Zeit nur mit durchfallendem Lichte untersucht worden — oder hatte ich die Oberlichtbeleuchtung nicht weit genug nach unten 1 Dass sie den genannten Bodenarten ebenfalls nicht ganz fehlen, konnte ich neuerdings an einer Sandprobe aus Dar-es-Salaam feststellen. Ich fand hier unter sehr vielen ausgestorbenen Exemplaren von Rotalia BecariiL. einige wenige mit Eisenkieseinlagerungen. Die Grundprobe bestand aus krystallhellem Sand, der nicht die geringste Beimengung von Schlick enthielt. Es wäre nun denkbar, dass die Bodenprobe bei ihrer Einsammlung ausgewaschen worden wäre, so dass das Fehlen des Schlickes hierdurch erklärlich sei. Die Bodenprobe enthält aber noch so viel leichtes Material, wie faulende Thier- und Pflanzenreste, dass eine Auswaschung nicht stattgefunden zu haben scheint, sondern das Fehlen des Schlickes eine ursprüngliche Eigenschaft der betreffenden Grundprobe gewesen sein muss. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 575 geschraubt — genug, eine neue Prüfung auf die beschriebene Weise ließ die geglühten Ballen vollständig roth erscheinen. Diese Färbung stimmte dann auch mit ihrer ursprünglichen Natur als Eisenkies sehr wohl überein. Dasselbe Verhalten, speisgelben Metallglanz vor dem Glühen und völliges Roth bis Braunrothwerden nach dem Glühen, zeigte sich auch an den Einschlüssen anderer Foraminiferen, wenn sie in derselben Weise beobachtet wurden, so bei Reophax, Lagena, Uvigerina, Textularia, Gassidulina, Truncatulina, Rotalia, Polystomella und Nonionina; dabei war es einerlei, in welcher Form die Einlage- rungen vertreten waren, selbst die kleinsten Elementarkrümel trugen dies charakteristische Aussehen. Es ließen sich nunmehr noch einige weitere Einzelheiten erkennen. So große Krystalle, wie in dem für Rotalia erwähnten Falle, fand ich zwar nicht wieder — sie dürften somit in so vollendeter Ausbildung eine Seltenheit sein; — doch stieß ich auch bei ganz unregelmäßigen Anhäufungen auf kleine, metallisch glänzende, scharf umschriebene Flächen, welche nothwendig von ver- einzelten Krystallbildungen herrühren mussten. Meist erwiesen sich die Einlagerungen jedoch in der kugligen Weise zusammengebaut, in welcher der Eisenkies auch sonst oft auftritt. Außer in Foraminiferen traf ich die geschilderten Eisenkiesab- lagerungen, wenn auch seltener, in abgefallenen Seeigelstacheln !, deren organische Substanz bereits gänzlich ausgefault oder doch nur zu ganz geringem Theil noch erhalten war. Zur weiteren Sicherstellung der Eisenkiesnatur wurde erstens die Farbe der Einlagerungen mit größeren Eisenkiesstücken aus dem hiesigen, mineralogischen Institute verglichen. Ich leitete das mikro- skopische, metallglänzende Bild größerer Einlagerungsmassen mittels der Osernäuser'schen Kammer auf eine Unterlage über, auf welcher das makroskopische Vergleichsstück lag. Man muss dabei nur Sorge tragen, dass beiden Objekten, dem verglichenen Stück und dem Ver- gleichsobjekt, dieselbe Beleuchtungsintensität zu Theil wird, um sich von der völligen Koincidenz beider Farben zu überzeugen’. Zweitens wurden folgende chemische Reaktionen vorgenommen. Die Gehäuse mit den betreffenden Einlagerungen wurden mit Salzsäure? entkalkt, und aus ihren häutigen Resten die immer noch 1 Vor Allem in Stacheln von Echinocardium. 2 Ich verdanke die Kenntnis dieser Methode eben so wie die Vergleichungs- stücke selbst der Güte des Herrn Professor Dr. Lızsisch in Göttingen, wofür ich mir erlaube ihm meinen ergebensten Dank auszusprechen. 3 Es braucht wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden, dass alle Rea- Mi af A .——. N » PIBN LEE ur sm D>> —— ieh 576 2% Ludwig Rhumbler, metallglänzenden Ballen mit Hilfe von Glasnadeln unter dem Mikroskop ohne Mühe frei präparirt. Es erfolgte nun so lange ein Abspülen der frei präparirten Ballen mit destillirtem Wasser, bis ihnen keine ander- weitige Fremdsubstanz mehr anhaftete; dies war in einem Uhrschäl- chen mit einer Spritzflasche, die in eine feine Spitze ausgezogen war, nicht schwer zu erreichen. Nachdem ich mich hiernach unterm Mikro- skop überzeugt hatte, dass die aufzuklärenden Substanzen absolut rein waren, wurden sie erst in gelinder Wärme (Paraffinofen) getrocknet und dann in einer Mischung von drei Theilen Salpetersäure und einem Theil Salzsäure (beide koncentrirt) zwölf Stunden (über Nacht) stehen lassen. Nach Verlauf dieser Zeit wurden die Säuren verdampft, und der kaum merkliche, bleibende Rückstand in Salzsäure gelöst. In dieser Lösung bewirkte nun Zusatz von gelbem Blutlaugensalz blaue Färbung, während Zusatz von Rhodankalium die Lösung roth färbte. Beide Reaktionen erwiesen unzweideutig die Anwesenheit von Eisen in den geprüften Einlagerungen der Foraminiferen. Der Schwefel wurde durch die Heparreaktion nachgewiesen. Ein feines Holzstäbchen wurde an einer Gasflamme angebrannt und die verkohlte Stelle mit (in der Hitze) geschmolzener Soda bestrichen. Nach abermaligem Glühen des derart bestrichenen Holzstäbchens wurden die gut isolirten Einlagerungen durch Auftupfen in die Sodarinde des ‚ verkohlten Holzstäbchens aufgenommen. Es erfolgte hierauf wiederum ein längeres Glühen des Stäbchens, dann wurde seine mit den Einlage- rungen betupfte Spitze abgebrochen und auf einer blanken Silbermünze mit einem Glasstabe zu Pulver verrieben. Nach Befeuchtung dieses Pulvers mit Agq. dest. und wegschwemmen desselben von der Münze. ließen sich auf dem Silber die charakteristischen braunschwarzen Flecken mit der Lupe oder sogar mit bloßem Auge nachweisen, welche nach den beschriebenen Manipulationen nur bei Anwesenheit von Schwefel auftreten können!. Mithin ist auch der Schwefel für die be- sprochenen Einlagerungen erwiesen. Es bliebe nunmehr noch die Frage zu erörtern, wie die Eisenkies- einlagerungen in die Foraminiferen hineingelangen und was dafür spricht, dass sie, wie ich mehrfach behauptet habe, nur in abgestor- benen, resp. nur in Verwesung begriffenen, Foraminiferen vorkommen. gentien chemisch rein zur Verwendung kamen, und vor ihrem Gebrauch auf ihre völlige Freiheit von Eisen untersucht wurden. 1 Diese Reaktion ist schwieriger als die vorige; sie gelang mir erst nach drei vergeblichen Versuchen. Auch hier hat man sich vorher mit der Lupe von der Reinheit des Silberstückes zu überzeugen, damit nicht vorher auf demselben vor- handene Flecken eine Täuschung verursachen. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 977 Was die letzte Frage aubetrifft, so muss hervorgehoben werden, dass man neben den Eisenkieseinlagerungen oft noch weiche Massen vorfindet, welche als Protoplasma gedeutet werden könnten und größten- theils auch sicher auf solches zurückzuführen sind; künstliche Färbungen der betreffenden Weichkörper ergeben aber Bilder, die mit denen nor- maler Thiere verglichen, durch ihr sonderbares diffuses Aussehen und durch das Fehlen des Kernes — die Membran desselben traf ich zwar noch ganz vereinzelt an — beweisen, dass der Weichkörper von seiner normalen Gestaltung in eine andere, augenscheinlich in die der Ver- wesung, übergetreten ist. Derartige verwesende Weichkörper lassen sich an Stellen, wo Eisenkieseinlagerungen häufig vorkommen, schon äußerlich durch ihre grüne oder grünliche Farbe erkennen, welche durch die Kalkschale hindurchdringt und jedenfalls von einer Infiltration des Weichkörpers mit irgend einer anorganischen Substanz, höchst wahrscheinlich in der Regel mit schwefelsaurem Eisenoxydul herrührt. Mit dem Abgestorbensein der Weichkörper stimmt auch die Thatsache, dass Max Scaurtze ! niemals Foraminiferen, welche seine Keimkugeln enthielten, Pseudopodien ausstrecken sah. Nachträgliche Methylgrün-Eosinbehandlung solcher mit Eisenkies- einlagerungen und Weichmassen erfüllten Gehäuse, ergab immer eine vollständige Grünfärbung der Weichmassen, so dass auch hierdurch mit großer Sicherheit bewiesen ist, dass die Weichkörper, in denen sich Eisenkieskugeln befinden, als abgestorbene zu betrachten sind. Doch muss ich hier noch einen Fall erwähnen, der eine Ausnahme zu bilden schien, ich fand nämlich in einem Saccamminagehäuse einen ganz un- versehrten Rhizopodenkörper, in dessen Innerem sich deutlich Eisen- kieskugeln befanden. Wie sich bei näherer Untersuchung herausstellte, konnte der betreffende Weichkörper unmöglich einer Saccammina angehört haben; es handelte sich hier vielmehr um einen amöben- artigen, fremden Eindringling, der unter Anderen, von der ehemaligen Saccammina stammenden Überresten auch den während der Ver- wesung entstandenen Eisenkies in sich aufgenommen hatte. So fand sich denn auch eine ganz beträchtliche Zahl von Eisenkieskörpern noch außerhalb des Amöbenkörpers im Gehäuse unregelmäßig vertheilt. Die Ausnahme ist somit nur eine scheinbare, und es kann für sichergestellt gelten, dass die Eisenkiesbildungen nur in abgestorbenen Weichkörpern zu Stande kommen, wenn sie auch nachträglich eben so gut wie Quarz- körnchen ete. von anderen lebenden Thieren aufgenommen werden können. ! Max SchULTzE, Über den Organismus der Polythalamien. Leipzig 1854. P- 97. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 35 ae us ie Zr BT Ludwig Rhumbler, Nach dem seither Mitgetheilten muss die Erklärung der Entstehung von solchen Ablagerungen im mineralogischen resp. geologischen Ge- biete gesucht werden. Ich citire daher einen Abschnitt aus Justus Rorn: »Allgemeine und chemische Geologie '«, welcher die vollgültige Erklärung treffen dürfte. »Ein großer Theil der Schwefelmetalle, zunächst der in neptuni- schen Bildungen (Sedimenten) vorkommende, entstand aus Sulfaten, welche durch organische Substanz reducirt wurden. Dahin gehören namentlich Schwefelkies (= Eisenkies). Er entsteht aus den durch organische Substanz reducirten Eisensulfaten, ferner aus den oft ge- ringen Mengen von Eisenoxydulkarbonat und Sulfat der Alkalien und alkalischen Erden bei Gegenwart organischer Substanz. Die Bildung ist noch jetzt häufig zu beobachten, so in Torfmooren, in Absätzen der Quellen und Thermen, vitriolhaltiger Grubenwasser, des Meerwassers, wo die Küste lösliche Eisenverbindungen liefert. « Nicht alle in der See verwesenden thierischen Reste scheinen übrigens nach meiner Erfahrung der Bildung von Eisenkies gleichen Vorschub zu leisten. Ich fand, wie erwähnt, diese Ablagerungen nur in Foraminiferen und in Seeigelstacheln; niemals z. B. in den leeren Östracodenschalen, welche in großer Zahl in den Grundproben des Meeres vorzukommen pflegen, niemals in den Gehäusen und Schalen verwester Muscheln und Schnecken. Es mag dies für die Ostracoden damit zusammenhängen, dass die erforderlichen mineralischen Lösungen, durch den Chitinpanzer der Krustaceen nicht schnell genug durchzu- dringen vermögen, um von den verwesenden Weichtheilen in der an- geführten Weise umgesetzt zu werden. Diese Erklärung erscheint mir desshalb um so zulässiger, als die besprochenen Ablagerungen auch in den imperforaten Formen der Foraminiferen weit seltener sind als in den perforaten, so kann ich mich z. B. nicht erinnern, sie jemals bei den sonst so häufigen Quinqueloculinen und Biloculinen ange- troffen zu haben. Der Weichkörper der Mollusken verwest auf der anderen Seite vielleicht zu schnell oder die Eisenkiesablagerungen fallen. aus der glatten Schale resp. dem in der Regel weitmündigen Gehäuse (Schnecken) zu leicht heraus, um für gewöhnlich der Beobachtung er- halten zu bleiben?. Die Kalkwände der Foraminiferengehäuse und die der Seeigelstachel halten sie dagegen an ihrem Entstehungsorte fest. So lassen sich die Eisenkiesballen in diesen thierischen Bildungen unter jedem Material leicht auffinden, welches von geeigneten Plätzen stammt. 1 Berlin 4879. Bd. 1. p. 599. 2 Zusatz bei der Korrektur. In leeren Schneckenschalen habe ich sie neuer- dings ebenfalls, wenn auch weit seltener als in Foraminiferenschalen, gefunden. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden, II, 579 Die rothe Färbung, welche die Keimkörper Carters! bei fossilen Formen angenommen haben, ist natürlich durch nachträgliche minera- lische Einflüsse bei der Gegenwart von Eisen nicht schwer zu erklären, und kann desshalb nicht als Beweis dafür erbracht werden, dass die Carrer'schen Keimkugeln etwas Anderes seien als ehemalige Eisenkies- ablagerungen, wie ich sie für den verwesenden Weichkörper der Fora- miniferen geschildert habe. Erklärung der Abbildungen. Die mit * bezeichneten Abbildungen sind mit der OgEerHÄuser'schen Kammer gezeichnet; bei Objekten, die sich über mehrere optische Ebenen erstreckten, z. B. bei Gehäusen etc., konnte der Apparat nicht zur Anwendung kommen. Zur Be- zeichnung der Schnittrichtungen sind die von F. E, SchuLzE? vorgeschlagenen Aus- drücke verwendet worden. Tafel XXI. Das Gehäuse von Saccammina sphaericaM. Sars und seine allmähliche Ausbildung. Gemeingültige Bezeichnungen. G,älteres Gehäuse; M, Mündung des Gehäuses; MS, Mörtelsteinchen;,; Pr, Pri- mitivgehäuse; Pt, Pylomtubus; SN, Schwammnadeln, Fig. 4. Stück der Decke eines Primitivgehäuses von Saccammina sphaerica. Am rechten Rande des Bruchstückes sind bereits größere Bausteinchen (S) in die Mörtelmasse eingelagert, der größte Theil der Decke besteht aus bloßer Mörtel- masse, in welche Schwammnadeln, Diatomeen etc. eingekeilt sind. Vergr. 200/1. Fig. 2, Älteres Gehäuse G, auf dessen Pylomtubus Pt sich das Primitivge- häuse Pr festgesetzt hat; durch die Decke des Primitivgehäuses scheint Kern und Weichkörper des jungen Thieres hindurch. Das Gehäuse G ist ausgewachsen; die größeren Steinchen sind durch Mörtelmasse MS mit einander verbunden, Ansicht von oben auf die Mündung des Gehäuses. Vergr. 40/1. Fig. 3. Das Primitivgehäuse Pr hat Schwammnadeln SN aufgenommen; das ältere Gehäuse G steht nur an der Stelle MS auf dem Stadium seiner endgültigen Aus- bildung, an den übrigen Stellen des Gehäuses stehen die Bausteine noch nach allen Seiten hin wirr aus einander. Der Pylomtubus Pt ist bereits ausgebildet, er hat an dem größeren Steinchen Si eine Stütze gefunden. Vergr. 40/4. 1 Annals of nat, hist. 6. ser. Vol. I. 1888. p. 264. »On the nature of the opaque scarlet spherules found in the chambers and canals of many fossilized foramini- fera «, wo sie wieder als »elements of reproduction« angesehen werden. 2 F. E. ScauLze, Über die Bezeichnung der Lage und Richtung im Thierkörper in: Biologisches Centralblatt. Bd. XIII. Nr. 4; auch in: Verhandlungen der Deut- schen Zoologischen Gesellschaft auf der dritten Jahresversammlung zu Göttingen- Leipzig 1894. p. 6—11. 38* N ae a Ze 22 23,2 52 er r 580 Ludwig Rhumbler, Fig. 4. Das Primitivgehäuse Pr hat nunmehr auch größere Steinchen st auf- genommen. Die Zahl der Schwammnadeln SN hat bedeutend abgenommen. Der Pvlomtubus des älteren Gehäuses G ist an dem großen Stein St in die Höhe gebaut. Der Stein St hat früher jedenfalls dem Gehäuse G als Unterlage zum Festsetzen ge- dient. Das Gehäuse G ist vollständig ausgebildet. Vergr. 40/A. Fig. 5. Die Zahl der größeren Steinchen St hat die Schwammnadeln alle bis auf eine einzige SN verdrängt. Die Primitivdecke Prd zeigt ein flockiges ver- schwommenes Aussehen. Das ältere Gehäuse G@ scheint ausgewachsen; es ist fast allwärts aus mittelgroßen Steinen aufgebaut und weicht darin von dem gewöhn- lichen Ausbau der Gehäuse ab, dass es keine Mörtelmasse zwischen seine Bausteine eingelagert hat. Vergr. 40/4. NB. Fig. 3 und 5 sind kombinirt, d. h. die Primitivgehäuse Prd, deren Por- träts wiedergegeben sind, saßen eigentlich auf anderen Gehäusen, sie sind mit den Porträts der gezeichneten Gehäuse verbunden worden, um gleichzeitig mit der Entwicklung der Primitivgehäuse auch verschiedene Ausbildungsstufen älterer Ge- häuse veranschaulichen zu können. Fig. 6. Ein Saccamminagehäuse auf dem Psammosphaera-Stadium, die Ober- fläche des Gehäuses ist rauh, die Steinchen stehen unregelmäßig durch einander; zwischen ihnen befinden sich noch größere Strecken der ursprünglichen Primitiv- decke MS, sowie das abgebrochene Stück einer Schwammnadel. Vergr. 40/4. Fig. 7. Ein Gehäuse, das im Begriffe steht aus dem Psammosphaera-Stadium in seinen endgültigen Zustand überzugehen. Ein ursprüngliches Porträt ist so um- geändert, dass die einzelnen Steinchen auf diejenigen der vorhergehenden Figur bezogen werden können. Die Fig. 7 stellt also ein ideales Bild von einem späteren Zustande des Gehäuses Fig. 6 dar. Man sieht, dass die Steinchen zum Theil be- reits mit ihrer Breitseite in die Gehäuseebene eingeordnet sind, und dass sich Mörtelmasse in ihre Zwischenräume eingelagert hat. Vergr. 40/4. Fig. 8. Ein jugendliches Gehäuse, welches von seiner Unterlage, einem älte- ren Gehäuse, losgetrennt worden ist. Die Seite, mit welcher es aufgewachsen war, ist nach vorn gekehrt. Man sieht aufihr eine Reihe von Dellen (D), welche den Hervorragungen der Steine des als Unterlage benutzten Gehäuses entsprechen. Am Rande der ehemaligen Festheftungsfläche ist die Anlage des Pylomtubus Pi er- kennbar. Die Festheftungsfläche selbst ist ganz aus mittelgroßen Steinchen zu- sammengesetzt, welche keine Mörtelmasse zwischen sich gelagert haben. Die größeren Bausteinchen der abgekehrten Seite zeigen Reste früherer Kittsubstanz RK, welche beweisen, dass die Steinchen schon eine Umlagerung erfahren haben, obgleich sie ihre definitive Lage noch nicht erreicht haben. Vergr. 40/1. Fig. 9. Ein kleines Gehäuse, welches seinem definitiven Ausbildungszustand nicht mehr fern ist, und die Vorgeschichte des Gehäuses Fig. 8 zu haben scheint. F scheint die Seite seiner früheren Festheftung. Vergr. 40/A. Fig. 40. Querschnitt durch einen Pylomtubus, welcher mit gelbem Blut- laugensalz und Salzsäure behandelt worden ist. Man sieht im Inneren des Pylom- tubus die blau gefärbte Mörtelmasse, die Steine des übrigen Gehäuses theilweise überziehen (UeSt). Die blau gefärbten Theile des Pylomtubus sind die älteren (ae), die hell gebliebenen Theile (jT) sind jüngeren Datums, sie hatten noch kein Eisen- oxydsalz in sich abgelagert und haben sich desshalb nach der Blutlaugensalzbe- handlung nicht blau gefärbt. Vergr. 100/4. Fig. 14. Ein größerer Baustein, welcher aus dem Zusammenhange mit ande- ren Bausteinen losgelöst und hiernach mit gelbem Blutlaugensalz und Salzsäure Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, >81 behandelt wurde. Auf der rechten Seite sieht man die mannigfach gesprungene und blau gefärbte Kiltmasse. Vergr. 200/14. Fig. 12, Erste Anlage des Pylomtubus vom Inneren des Gehäuses aus gesehen. Eine zusammenhängende Schicht von Mörtelmasse MS hat sich über die der Öffnung M zunächst liegenden Steinchen ausgebreitet. Bei K sind die Bausteine des Ge- häuses durch bloße Kittmasse verbunden, bei MS durch Mörtelmasse. Vergr. 70/4. Fig. 13. Ein Stück einer Gehäusewand, auf seiner äußeren Seite mit gelbem Blutlaugensalz und Salzsäure behandelt. Das äußere Netzwerk von Mörtelmasse hat sich blau gefärbt, das innere dagegen ist braun verblieben und schimmert durch die Bausteine durch. Vergr. 200/4. Fig. 44a, b, c. Ein Gehäuse, welches ausgestorben ist, während es gerade im Wachsthum begriffen war. Erklärung siehe im Text p. 458. Vergr. 35/1, Fig. 45. Erste Anlage eines Pylomtubus von oben gesehen. Der Saum der Mörtelmasse (S) hat sich noch nicht über die umgebenden Bausteine B erhoben, Vergr. 40/4. Tafel XXI, Alle Figuren, bei denen nichts Anderes angegeben ist, beziehen sich auf Saccammina sphaericaM. Sars. Fig. 46. Ein durch den Wachsthumsvorgang deformirtes Gehäuse; der Theil a des Gehäuses hat sein endgültiges Gefüge schon angenommen, während der Theil 5 noch den rauheren Aufbau des Psammosphaerastadiums erkennen lässt. Vergr. 20/1. Fig. 47. Ein Gehäuse mit stark färbbarem Röhrenansatz (R); jedenfalls der übriggebliebene Rest einer früheren Pseudopodialröhre in der Form etwa wie bei Fig. 23. Vergr. 20/4. Fig. 48. Ein Gehäuse, durch dessen Wandung eine flechtenähnlich ausgebrei- tete Pseudopodialröhre (Psr) ausgetreten ist. Pt, Pylomtubus. Vergr. 20/4. Fig. 49. Ein Gehäuse mit bornförmigem Ansatz (H); letzterer ist jedenfalls aus einer zurückgezogenen Pseudopodialröhre entstanden. Zwischen den einzelnen Steinen, welche dem Horn aufgelagert sind, lässt sich überall noch deutlich eine feine Haut erkennen, die sich stark färben ließ und von der Hüllschicht der Pseudo- podialröhre hergeleitet werden muss. Vergr. 20/4. Fig. 20. Ein Gehäuse mit auffallend großem hornförmigen Ansatz. Vergr.15/A. Fig. 24 wie Fig. 19, jedoch sind die Steinchen auf dem hornförmigen Ansatz (H) so dicht an einander gerückt, dass von einer Haut zwischen ihnen nichts mehr zu erkennen ist. Das Horn sticht aber durch seine hellere Farbe von dem übrigen Gehäuse ab. Vergr. 20/1. Fig. 22. Ein Gehäuse, durch dessen Wandung nur ein sehr geringer Theil der Sarkode in Knopfform (Kn) ausgetreten ist, um neue Bausteine aufzunehmen. Der Weichkörper (Wk) hat sich im Inneren des Gehäuses kugelig kontrahirt und schim- mert durch die Gehäusewand hindurch. Vergr. 15/4. Fig. 23. Ein Gehäuse mit hornförmigem Ansatz (H) und mit Pseudopodial- röhre (Psr). Vergr. 20/4. Fig. 24*. Eine Pseudopodialröhre stärker vergrößert. Vergr. 60/1. Fig. 24a. Dieselbe Pseudopodialröhre im Zusammenhang mit ihrem Gehäuse; sie tritt aus dem Pylomtubus (Pt) hervor. Vergr. 20/1. Fig. 25*. Eine Miliolina (Mil) von einer Steinhülle (Sth) umgeben, welche in Pseudopodialröhren (Psr) ausläuft. Vergr. 10/4. 982 es Ludwig Rhumbler, Fig. 26. Stück aus der Hüllschicht einer Saccammina mit Delle (D), welche den sonst vorhandenen Pseudopodientrichter vertritt. Km, in der Hüllschicht ab- gelagerte Kittmassentheilchen. Vergr. 400/4. Oberlicht. Fig. 27*. Hüllschicht mit einer einfachen von Wülsten umgebenen Öffnung (0e). Km wie bei Fig. 26. Vergr. 400/4. Oberlicht. Fig. 28*. Ein von Kittringen (Kr) umgebener Hüllschichttrichter. Vergr.400/1. Oberlicht. Fig. 29*. Stück einer Hüllschicht mit einer dachartigen Verdickung (Verd) und verschieden gestalteten, fraglichen Fäden (F) von innen gesehen. Vergr. 400/A. Oberlicht. Fig. 30. Ein aus dem Gehäuse freipräparirter Weichkörper. Die Hüllschicht (Hsch) hat sich in Folge der. Konservirung von der Innensarkode (/s) losgehoben, dazwischen liegen kleine Reiztröpfchen (Rz). An einer Stelle sind der Hüllschicht kleine Steinchen (St) aufgelagert. Ps, die verschmolzenen Pseudopodienmassen. Vergr. 40/4. Fig. 34. Stück einer Hüllschicht mit aufgelagerten kleinen Steinchen (St), wie sie zur Herstellung des inneren Mörtelnetzwerkes Verwendung finden. Vergr. 100/4. | Fig. 32. Ein aus dem Gehäuse frei präparirter augenscheinlich besser konser- virter Weichkörper; die Hüllschicht liegt allenthalben der Körpersarkode so dicht “ an, dass sie sich nicht von ihm unterscheiden lässt. Der ganze Weichkörper zeigt zahlreiche Unebenheiten, die jedenfalls der Ausdruck einer ehemaligen Formver- änderung des Weichkörpers sind. Die Pseudopodienmasse (Ps) ragt noch nach dem Pylomtubus hin vor. Vergr. 40/1. | Fig. 33. Eine Nebela carinata während der Deckelbildung, welche ihrer Encystirung vorausgeht. D, der in Bildung begriffene Deckel; Yk, Vacuole, welche dazu bestimmt ist, den Deckel von dem übrigen Körper abzuscheiden; Fk, die in dieser Vacuole mit eingeschlossenen Fremdkörper; sie werden dem Deckel als weitere Verstärkung eingelagert; Km, Kittmasse, sie kommt aus der nächsten Um- gebung des Kernes (Nucl) her und wandert der Richtung der Pfeile folgend nach dem Deckel hin, dessen Grundmasse sie liefert. Vergr. 245/1. Fig. 34*. Die feinere Struktur der Saccamminasarkode; ein Proto- plasmabalken zwischen zwei Kanalräumen (Kr). AP, homogenes Protoplasma ; hF, homogene Protoplasmafäden; W, Waben; Wk, Wabenkörperchen, jedenfalls aus der Substanz geplatzter Waben hervorgegangen; Cgl, Konglomerate solcher Wabenkörperchen, zu verschieden gestalteten größeren Körperchen verschmolzen; Ki a. a 20 F, lange fadenförmige Gebilde derselben Herkunft; Vd, verdickte Wand einer R größeren Vacuole ; jedenfalls dadurch entstanden, dass die Waben an der Vacuolen- 5 wand geplatzt sind und ihre Substanz zu einer gemeinsamen dickeren Wandlage zusammengeflossen ist. Vergr. 1000/1. Fig. 35*. Kleineres Stück des Sarkodenetzwerkes; zwischen einzelnen Waben- lagen sieht man stark verdickte Stränge (Vd) verlaufen. Es sind hier jedenfalls ganze Wabenreihen geplatzt, während sich ihre Substanz zwischen den Wänden der an- grenzenden Waben zu den Strängen Vd vereinigt hat. Vergr. 41000/1. Fig. 36. Schnitt durch das Hinterende einer Pelomyxa palustris Greeff mit Methylgrün-Eosin gefärbt. Eine blau gefärbte Hüllschicht ist nicht vorhanden; die äußerste Protoplasmalage hat kleinste Pseudopodien (Ps) ausgesendet, welche bei schwächerer Vergrößerung ganz den Eindruck eines starren Borstenbesatzes hervorrufen. Die äußerste Leibesschicht der Pelomyxa besteht also aus Sarkode, - 5 4 u ei » 2 ” a ) Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 583 und darf nicht mit der Hüllschicht der Saccammina identificirt werden. Vergr. 1000/. Fig. 37*. Stück eines Schnittes durch Saecammina sphaerica mit ver- dünntem Hämatoxylin behandelt. rk, die über den ganzen Schnitt verbreiteten, stark gefärbten, rundlichen Körperchen fraglicher Herkunft. Vergr. 100/A. Fig. 38. Ein wohl ausgebildeter Hüllschichttrichter. Um die äußere Trichter- öffnung laufen zwei Wülste (Wu. W}), welche durch eine Furche (F) getrennt sind. Vergr. 400/4. Fig. 39. Stück des Sarkodebalkenwerkes als Semper'sches Trockenpräparat mit Oberlicht betrachtet. Vergr. 400/A. Fig. 40. Ein Stück der Hüllschicht mit dicht beisammen liegenden Gruben (Gr), wie sie nur sehr selten beobachtet werden konnten. Vergr. 400/1. Fig. 44*. Ein entkalktes Gehäuse von Rotalia Becarii L. mit Eisenkies- einlagerungen. In der Embryonalkammer deutliche Krystalle (Kr) erkennbar. Vergr. 245/A. Fig. 42. EineLagena globosa (Montagu) mit Eisenkieskugeln. Vergr. 75/4. Fig. 43. Ein Kern und Theile des Weichkörpers von Saccammina sphae- rica, Gie durch Pilze (?) pathologisch verändert worden sind. Spf, die eventuellen Pilzfäden; M, die frühere Kernmembran ; Wk, der körnig gewordene Weichkörper. Vergr. 215/A. Fig. 44*. Zur feineren Struktur der Saccamminasarkode. Die einzelnen Wabenkörperchen haben sich am oberen Rande des abgebildeten Schnitttheiles nicht vereinigt, sondern liegen lose neben einander (Wk). Vergr. 750/A. Fig. 45. Kern aus einem älteren Primitivgehäuse. Die Binnenkörper (Bk) sind hauptsächlich in der Randzone des Kernes angehäuft, jedoch befindet sich auch im Centrum des Kernes ein dichterer Haufen von Binnenkörpern (Bk,). Vergr. 500/A. Fig. 46. Verschiedene Gestaltungsformen der Xanthosomen. Rg, besonders auffallende Ringgestalt eines Xanthosoms. Vergr. 4000/1. Fig. 47. Zwei dicht neben einander liegende, jedenfalls pathologisch ver- änderte Kerne (/u. //). Vergr. 400/14. Fig. 48. Eine isolirte Schlickkugel. Vergr. 360/1. Fig. 49. Ein besonders regelmäßig aufgebauter Fäkalballen. Gm, Glasmem- bran; Fk, in den Fäkalballen eingeschlossene Fremdkörper; X, Xanthosomen. Vergr. 4100/A. Fig. 50*. Klopfpräparat von einem Fäkalballen. Gm, die Glasmembran; X, die Xanthosomen, welche hier zu einem deutlich ausgeprägten Netzwerk ange- ordnet sind; Sk, nach dem Klopfen im vorgenannten Netzwerk zurückgebliebene Schlickkugeln; LM, leere Maschen, aus denen die Schlickkugeln herausgefallen sind. Vergr. 210/1. Fig. 51*. Stück eines ausgefaulten Seeigelstachels, in welchem sich Eisenkies in verschiedener Form abgelagert hat. Ek, Eisenkies. Vergr. 400/4. Fig. 52*. Ein leeres Gehäuse von Nonionina depressula mit Eisenkies- kugeln. Vergr. 100/A. Fig. 53 u. 54. Isolirte Eisenkieskonglomerate aus ausgestorbenen Saccam- minagehäusen. Vergr. 120/A. Fig. 55. Ein durchscheinender Tropfen verwesenden Protoplasmas, in wel- chem sich Eisenkies nebelartig niederschlägt. Vergr. 4120/4. | Fig. 56. Eine Eisenkieskugel, durch Druck auf das Deckglas in ihre ursprüng- lichen Komponenten zerlegt. Vergr. 120/A. 584 "Ludwig Rhumbler, Tafel XXIL. Die Tafel stellt aus dem Weichkörper isolirte Kerne von Saccammina sphaericaM. Sars dar. Allgemeine Bezeichnungen. Bk, Binnenkörper; Mk, Membrankegel (Chromatin); Lf, Lininfäden mit fein- sten Chrematinkörnchen; Ps, perlschnurartige Zusammenreihungen von Binnen- körpern; r.B, resistente Binnenkörper; W, Waben. Fig. 57—65*%. Die neun verschiedenen Kernstadien. Um die Vo- lumzunahme des Kernes recht deutlich zu veranschaulichen sind sämmtliche Kerne (Fig. 57—65) unter derselben, 360fachen, Vergrößerung dargestellt. Der Raum- ersparnis wegen sind die Kerne zum Theil mit ihren Rändern über einander ge- zeichnet, die über einander liegenden Randstücke sind nicht ausgezeichnet worden. Die Kerne sind ihrer Größe nach angeordnet, da aber diese Größenfolge nicht ge- nau mit ihrem Alter übereinstimmt, so sind die Altersstadien der verschiedenen Kerne durch römische Ziffern kenntlich gemacht, welche einem jeden Kerne unten links beigesetzt sind; also III = drittes Kernstadium im Text. Sämmtliche Figuren mit Ausnahme der Fig. 64a sind Centran- bezw. Axianschnitte; Fig. 64a ist ein Paratransversanschnitt, so dass durch ihn nicht der wirkliche Umfang des be- treffenden Kernes zum Ausdruck kommt. Fig. 57. Erstes Kernstadium mit zusammengesetzten Binnenkörpern. Fig. 58. Drittes Kernstadium. Zs, Zusammenhäufung von Binnenkörpern, welche jedenfalls auf den Verfall eines in Auflösung befindlichen zusammengesetz- ten Binnenkörpers zurückgeführt werden darf. Fig. 59. Viertes Kernstadium. ChrK, die am Kernrande zuerst auftretenden sehr feinen Chromatinkörnchen. Fig. 60. Zweites Kernstadium. V%, Vacuolen, welche wohl bei der Konser- virung in Folge des Flüssigkeitsreichthums dieses Stadiums entstanden sind. Fig. 61. Fünftes Kernstadium. Fig. 62. Siebentes Kernstadium. H, Flüssigkeitshöfe, welche sich um die Binnenkörper herum gelegt haben. Fig. 63. Sechstes Kernstadium. G, Grundmasse, welche aus den Chromatin- körnchen und der für die Bildung der Lininfäden bestimmten Substanz besteht. Fig. 64. Achtes Kernstadium. Fig. 64a. Achtes Kernstadium; Paratransversanschnitt. z.L, zerrissene Linin- fäden, welche in das Lumen der Waben hineinlaufen. Fig. 65. Neuntes Kernstadium. Fig. 66. Ein augenscheinlich von Pilzfäden befallener Kern des achten Sta- diums. Vergr. 300/4. j Fig. 66a. Ein anderer Schnitt desselben Kerns innerhalb seiner Kernhöhle. KH, Kernhöhle. Vergr. 140/4. k Fig. 665. Die Pilzfäden (?). a und b, zwei besonders auffällig gestaltete Fäden. Vergr. 4000/A. Fig. 67. Randtheile eines Kernes des neunten Stadiums mit angrenzender Körpersarkode. RM, runzeliger Überrest der Kernmembran; an anderen Stellen ist die Kernmembran gänzlich geschwunden;; Lf, in die Körpersarkode hineinlaufende Lininfäden. Der aus der Mitte herausgeschnitten gedachte Theil des Kernes war normal gebaut. Vergr. 360/4.. Fig. 68. Ein Kern des zweiten Stadiums, bei welchem sich während der Kon- Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 585 servirung die Flüssigkeit in den Randpartien des Kernes angesammelt hat. Vergr. 200/1. Fig. 69. Ein Kern, welcher sich zwischen dem fünften und sechsten Stadium befindet. gBk, einzelne zu einem Gerinnsel zusammengetretene Binnenkörper- haufen. 240/4. Fig. 70. Ein Kern des achten Stadiums mit sehr weiter, jedenfalls durch die Konserviruog künstlich vergrößerter Wabenbildung. Rsch, Randschicht, welche von den an der Kernmembran zusammengedrängten Binnenkörpern gebildet worden ist. Vergr. 475/1. Fig. 71. Die aus Chromatin bestehenden Membrankegel, wie sie als charakte- ristische Gebilde auf dem II. bis V. Kernstadium vorkommen. a, weniger regel- mäßig ausgebildete Kegel von der Seite gesehen; b, sehr regelmäßig ausgebildete Kegel von der Seite gesehen;; c, die letzteren von oben gesehen. Vergr. 1500/1. Tafel XXIV. Alle Figuren bezieben sich auf Saccammina sphaerica M. Sars. Die Tafel stellt Schnitte durch Weichkörper dar, die mit Methylgrün-Eosin behandelt worden sind. Die Sarkode ist roth gefärbt, die als Nahrung aufgenommenen Schlickmassen erscheinen grün; die Hüllmasse dagegen ist durch eine blaue Färbung charakterisirt. Allgemeine Bezeichnungen. Exk, Exkretkörnchen; H, Hüllschicht; KH, Kernhöhle (= Raum, den der Kern augenscheinlich vor seiner Konservirung ausfüllte); Nucl, Kern; Ps, Peudopodien- masse; Sk, Schlickkugeln; Str, Sarkodetropfen (Reiztropfen); Tr, Trichter. Fig. 72*, Paratangentialschnitt durch die Trichtergegend. Tr, der durch- schnittene Trichter, der sich durch die Anhäufung von Hüllmasse vor der schmäch- tig ausgebildeten Hüllschicht (H) sehr auszeichnet. Vergr. 400/1. Fig. 73*, Schnitt durch ein Randstück der Sarkode. Die Hüllschicht (A) zeigt hier wabigen Bau, der von Vacuolenbildung herrührt; Vqd, Verdickung der Hüll- schicht, durch Zusammenfließen von Hüllmasse innerhalb einer Einbuchtung der Sarkode entstanden. Die Sarkode selbst lässt auf diesem Schnitte die Wabenkörper- chen (Wk) deutlich erkennen. Vergr. 360/A. Fig. 74a*. Ein Paratangentialschnitt durch den Trichter der Fig. 72. In die Hüllschicht sind Kittmassentheilchen in ringförmiger Anordnung eingelagert. Kitt- massentheilchen gelb. Vergr. 200/41, db, ein Glied eines Kittringes bei stärkerer Vergrößerung: an den Stellen + schiebt die rothgefärbte Sarkode gelbe Kittmassen- theilchen in das Gefüge des Ringgliedes hinein, während an den Stellen x die ein- zelnen Kittmassentheilchen zu größeren Kittmengen zusammengetreten sind, Vergr, 680/41. Fig, 75*. Ein Paratangentialschnitt. Vd, Verdickungen der Hüllschicht inner- halb der Einbuch tungen der Sarkode. Vergr. 100/1. Fig. 76*. Schnitt durch die Pseudopodienmasse eines noch ausgestülpten Trichters. Sp, Spalt innerhalb des Pseudopodienfächers, welcher auf den Abgang eines Seitenbüschels der Pseudopodien zurückzuführen ist. a, Stelle, an welcher der radiale Verlauf der Pseudopodienwaben eine andere Richtung annimmt; U, erste Andeutung einer Umstülpung des Trichters nach innen; Km, Kittmassentheilchen im Trichter. Vergr. 100/A. Fig. 77*, Centranschnitt; auf diesem Schnitte lässt sich ein Unterschied in der en re” > en 22 2 EIER IE 586 Ludwig Rhumbler, Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. Anordnung der peripheren und der centralen Sarkodetheile nicht erkennen, Fk, ein blau gefärbter (in Zersetzung begriffener) organischer Fremdkörper. Vergr. 64/A. Fig. 78*. Schnitt durch ein Randstück der Sarkode. Von der Hüllschicht H, die hier wieder vacuolären Bau zeigt und blau gefärbt ist, hat sich eine grün ge- färbte Haut (IM) losgelöst. Vergr. 360/A. Fig. 79*. Centranschnitt; hier unterscheiden sich die centralen Sarkodetheile durch ein engeres Gefüge, von den peripheren, die außerdem mehr Schlickmassen enthalten als die centralen. !M, von der Hüllschicht losgesplitterteMembran. Vergr. 100/A. Fig. 80*. Paratangentialschnitt durch einen Weichkörper, der seine Pseudo- podien eingezogen hatte. Psk, die grau gebliebenen Pseudopodienkörperchen, in deren Mitte die Sarkode (Reiztröpfchen) zu einem Astwerk A aus einander gepresst worden ist. Vergr. 100/A. Fig. 81*. Der mittlere Theil eines ebensolchen Schnittes wie Fig. 80 bei stär- kerer, 450facher Vergrößerung. Die feinbalkige Innensarkode schickt Ausläufer in die Zusammenhäufung der Pseudopodienkörperchen (Psk) hinein. Unter dem Drucke der letzteren bilden sich aus den ersteren einzelne Aste (A) des Astwerkes der Fig. 80. Fig. 82*. Ein Centranschnitt mit verhältnismäßig vielen Schlickkugeln; die Sarkode ist auf diesem Schnitte nicht eingezeichnet. Vergr. 50/4. Fig. 83*, Ein Paratangentialschnitt durch einen Weichkörper, der sich in dem rapiden Defäkationsvorgang befindet. Zs, Zusammenhäufung derSchlickkugeln. Der Kern (Nuel) ist pathologisch verändert, das Loch in demselben ist durch eine Delle hervorgerufen. Vergr. 64/1. Fig. 84. Ein Schlickmassenhaufen, dessen Schlickpartien sich nicht zu ein- zelnen Schlickkugeln zusammengeballt haben. Exk, die unverändert gebliebenen Exkretkörnchen. 64/4. Fig. 85*. Schnitt durch einen Theil eines Weichkörpers nach dessen Defäka- tion. Auftreten der Exkretkörnchen (Exk) innerhalb von Vacuolen, welche hier in sehr regelmäßigen Abständen der Kernmembran sehr nahe angelagert sind. Bk, Binnenkörper des Kerns. Vergr. 220/1. Fig. 86*. Schnitt durch ein Stück eines sehr jugendlichen Weichkörpers, der in ausgiebiger Bildung von Hüll- und Kittmasse begriffen ist; der Weichkörper ent- hält merkwürdigerweise keine Schlickbestandtheile (cf. Text p. 507). Vergr. 450/14. Fig. 87*. Schnitt durch einen Kern des zweiten Stadiums und seine angren- zende Sarkode, mit Pikrinsäure nachbehandelt. Die Binnenkörper (Bk) haben sich stark gelb gefärbt, während die Membrankegel (Mk)roth geblieben sind. Vergr.200/4. Fig. 88. Schlickkugel aus einem Fäkalballen mit dicht angelagerten Xantho- somen. Vergr. 360/14. Fig. 89*. Schnitt durch ein Stück eines Weichkörpers, der nach dem Defäka- tionsprocesse mit der Abscheidung von Exkretkörnchen beschäftigt ist. Die Vacuo- len, in denen die Exkretkörnchen auftreten, sind ohne Wahl im Weichkörper ver- theilt. Vergr. 140/1. Fig. 90*, Theil eines Schnittes durch einen mit der Defäkation beschäftigten Weichkörper. Zs, Zusammenhäufung der Schlickmassen. Vergr. 100/4. Fig. 94*, Paratangentialschnitt durch einen rapid defäcirenden Weichkörper. Vergr. 100/1. Fig. 92*. Theil eines Schnittes durch einen Weichkörper, der am Ende seiner allmählichen Defäkation steht; die Sarkode ist fester geworden und dadurch wäh- rend des Schneidens in einzelne Ballen zerbröckelt. Sk, vereinzelte Schlickmassen. Vergr. 100/. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Von Dr. Ludwig Rhumbler, Privatdocent und Assistent in Göftingen. II. Saccammina sphaerica M, Sars. Zweiter Theil. Mit Tafel XXV, H. In den Saccamminengehäusen aufgefundene spätere Eindringlinge. 1. Wahrscheinliche Rhizopoden. Außer dem bereits eingehend beschriebenen Weichkörper fand sich in Saccamminengehäusen öfters noch eine Anzahl ganz bestimmt ausgebildeter Weichkörper, welche ebenfalls Anspruch darauf erheben konnten, für Rhizopodenkörper angesehen zu werden. Wenn auch bei dreien dieser Formen, bei Rhynchogromia variabilis gen. nov. spec. nov., Rhynchosaccus immigrans gen. nov. spec. nov. und Dactylosaccus vermiformis gen. noy. spec. nov., kaum ein Zweifel darüber bestehen kann, dass sie nicht die rechtmäßigen Bewohner des Gehäuses darstellen, in so fern nämlich als ihre Körpergestalt in keiner Weise irgendwie den Bauverhältnissen des Saccamminagehäuses an- gepasst erscheint, so ist dies doch keineswegs mit den beiden anderen Formen der Fall, die ich als Ophiotuba gelatinosa nov. gen. nov. spec. und Dentrotuba nodulosa nov. gen. nov. spec. beschreiben werde. Dasselbe kann für die von Herrn Professor Dr. W.Zorr am Ende dieser Arbeit beschriebene, ebenfalls aus den Saccamminengehäusen stammende, Myxomycete Enteromyxa gelten. Die letztgenannten For- men schlingen sich innerhalb des Wohnraumes der Saccamminagehäuse in so zweekmäßiger Weise hin und her, sie wissen den ihnen dargebote- nen Raum oft in so hohem Maße auszunutzen, dass hier stärkere Zweifel obwalten konnten, ob nicht einer oder der anderen dieser Formen ein angestammtes Recht zum Bewohnen der Gehäuse zukäme. Hier mussten Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd, 39 588 5 Ludwig Rhumbler, schließlich die Größenschwankungen ausschlaggebend sein, die oft den Weichkörper in grellem Missverhältnis zu dem ihm zu Gebote stehen- den Raum erscheinen ließen. Wenn so die Erkenntnis der genannten Formen als spätere Ein- dringlinge für genügend gesichert betrachtet werden darf, so ist dies doch keineswegs mit ihrer Zureihung zu den Rhizopoden der Fall. Keine der genannten Formen lässt sich auch nur mit großer Wahr- scheinlichkeit irgend einem seither beschriebenen Genus anordnen; ja die Rhynchosaccen zeigen dem seither von den Rhizopoden Bekann- ten gegenüber so viel Neues und Auffallendes, dass ich gewiss nicht auf den Gedanken verfallen wäre, sie den Rhizopoden zuzuweisen, hätte nicht gerade dieses Neue und Auffallende in dem Aufbau des Saccam- minakörpers, wie er sich beim Fortgange meiner Studien allmählich meiner Kenntnis erschloss und wie ich auf den vorangegangenen Seiten beschrieben habe, eine interessante und zwingende Parallele gefunden. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass eines oder das andere der hier beschriebenen Gebilde sich später einmal als zu irgend einer anderen Gruppe gehörig erweisen dürfte, und dass einige der Er- wägungen, welche ich in aller Kürze meinen Beschreibungen beifügen werde, nicht zutreffend sind. Immerhin war die Form, in welcher die Gebilde konservirt waren, eine derart konstante für alle derselben Species zugerechneten Exemplare, dass ich mich eines Vergehens gegen mein Material schuldig gemacht hätte, wenn ich sie mit Stillschweigen übergangen haben würde. Bei der obwaltenden Unsicherheit ihrer systematischen Stellung und ihrer Bedeutung überhaupt, glaubte ich sie Anfangs nur als Form I, Form II etc. bezeichnen zu dürfen, um damit ihre unsichere Stellung auszudrücken; ich bin aber davon abgekommen, weil durch eine solche Bezeichnungsweise das Verständnis des Textes ungemein erschwert wurde, da kaum verlangt werden konnte, dass bei Vergleichen der verschiedenen Formen dem Leser sofort gegenwärtig sei, welche der Formen ich mit I, welche ich mit II u.s.f. belegt hatte. Ich habe mich daher bestrebt, die Gebilde mit solchen Namen zu be- zeichnen, die ihre Besonderheiten in irgend einer Weise zum Ausdruck bringen. A Bevor ich nun zur Beschreibung der Gebilde selbst übergehe, will ich noch vorausschicken, dass bei aller Unsicherheit, die über die Zu- gehörigkeit derselben zu den Rhizopoden bestehen mag, es doch kaum einem Zweifel unterliegen kann, dass diesen Gebilden allen der Form- werth einer einzigen Zelle zukommt, dass also ihre Zugehörigkeit zu den Metazoen von vorn herein so gut wie für ausgeschlossen gelten Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 89 muss. Unter meinem Spiritusmaterial fand ich sehr häufig im Inneren der Saeccamminagehäuse oder der Außenfläche derselben angeklebt Eier sehr verschiedener Thiere; bei all diesen Eiern ließen sich die einzel- nen Blastomeren mit ihren Kernen, falls die Eier den Furchungsprocess begonnen hatten, deutlich erkennen; eben so scharf waren die einzel- nen Zellen bei jungen noch in Eihüllen befindlichen Embryonen kennt- lich, noch schärfer traten sie natürlich bei erwachsenen Thieren hervor. Die Alkoholkonservirung hat also meiner Erfahrung nach überall da die Zellen gut erhalten, wo solche vorhanden waren; es wäre ein Zufall sonderbarster Art, wenn der Alkohol von der allgemein geltenden Regel, die Zellen deutlich zu erhalten, nur immer und immer wieder da ab- gewichen wäre, wo es galt jene merkwürdigen Eindringlinge im Sac- camminagehäuse zu konserviren; um so merkwürdiger als er die Viel- zelligkeit sehr zarter Nematoden, die sonst gegen gute Konservirung so spröde sind, oder der unten genannten kleinen Desmoscolex-Arten überraschend gut erhalten hat. Zellenkomplexe wurden aber bei keinem der zu schildernden Ge- bilde angetroffen; vielmehr zeigte jeder Organismus durch den Besitz eines oder doch nur weniger Kerne, die sehr verschiedene Lage an- nehmen konnten, dass er als einzelne Zelle aufzufassen sei. (Bei Ophiotuba gelatinosa habe ich einen Kern mit Sicherheit nicht nachweisen können, vielleicht besitzt diese Form viele sehr kleine Kerne.) Nach Ausschluss der Metazoen als ganzer Thiere könnte der prin- cipielle Skeptiker vielleicht an einzelne Theile von Metazoen oder Meta- phyten oder auch an ganze Leichen derselben denken, welche innerhalb der Saecamminagehäuse ihrer Verwesung entgegen gingen. Derselbe Skeptiker müsste uns aber dann auch den Weg angeben, auf welchem die sonderbare Verirrung ganz bestimmter Metazoen oder Metaphyten oder bestimmter Theile von solchen (die in der Verwesung immer schon über die Verwischung der einzelnen Zellgrenzen hinaus fortgeschritten sein müssten) hätte vor sich gehen können. Ich weiß wenigstens keinen anzugeben. Im Übrigen kenne ich das vielgestaltige Aussehen der in der See und am Meeresboden verwesenden thierischen und pflanzlichen Theile zur Genüge, so dass ich mit aller Bestimmtheit behaupten darf, dass die eingedrungenen Gebilde unmöglich den in Zersetzung be- sriffenen Substanzen beigezählt werden dürfen. Es bleibt somit nur das Gebiet der Einzelligkeit, in welchem die fraglichen Gebilde untergebracht, aber allerdings nicht ganz festgelegt werden können. Hier wäre zuerst die Frage zu entscheiden, handelt es sich um 39* 590 | Ludwig Rhumbler, thierische oder um pflanzliche Formen; d. h. sind ihre nächsten Ver- wandten bisher zu dem einen oder zu dem anderen Organismenreich hinzugezählt worden? Da meine Kenntnisse in Bezug auf die Proto- phyten nur sehr mangelhaft waren, wandte ich mich an Herrn Professor Dr. W. Zorr in Halle, welcher die große Güte hatte, meine Präparate zu prüfen. Herr Professor Dr. Zopr erkannte eine Form als Myxomycete; die anderen Formen vermochte er nicht in das Gebiet der Protophyten einzuordnen, obgleich er auf der anderen Seite auch ihre Zugehörigkeit zu dieser Pflanzengruppe nicht für unmöglich erweisen konnte. Für Rhynchosaccus immigrans sprach Herr Professor Dr. Zopr die Ver- muthung aus, dass es sich möglicherweise um eine Gregarine handeln könnte. Ich erwähne dies hier, weil ich eine ganz ähnliche, eigene An- sicht späterhin vertreten werde. Protozoen oder Protophyten, das wäre also der eine der unsicheren Punkte; ich werde auf andere noch bei Besprechung der einzelnen Formen, die ich jetzt beginnen will, einzugehen haben. Ich nehme die Formen in einer Reihenfolge durch, wie sie sich am besten, wenn auch immerhin nicht ganz zwanglos, an das seither von Rhizopoden Bekannte anreihen lassen. a. Rhynchogromia variabilis nov. gen. nov. spec. Die mit oben stehendem Namen belegte Form wurde in etwa! 15 Gehäusen aufgefunden, die meistens sonst leer waren, oder auch noch einige Reste faulender Substanzen (wohl vom Saecamminakörper stammend) enthielten. In einem Falle war außer Rhynchogromia variabilis noch Dendrotuba nodulosa in demselben Gehäuse ver- treten, in einem anderen Falle lag neben beiden noch ein Fäkalballen. Rhynchogromia dürfte sich vielleicht mit der Gattung Gromia nahe verwandt erweisen. Rhynchogromia variabilis besitzt eine glashelle durchsichtige Schale, deren Gestalt im Einzelnen ziemlich wechselt; im Allgemeinen lässt sie sich mit einem breiten, kurzen Schlauch vergleichen, der hier und da geringe Einschnürungen zeigt und meist an den beiden Enden mehr oder weniger spitz ausläuft. Eine Abrundung des Schlauches tritt am Hinterende gelegentlich auf, ist aber selten (Taf. XXV, Fig. 94). Die Struktur der Schalen ist bei kleinen und größeren oder großen Individuen einigermaßen verschieden; die Schalen der kleinen 1 Da ich am Anfange meiner Untersuchungen die verschiedenen Formen der Eindringlinge noch nicht zu unterscheiden vermochte und ich viele Exemplare zu Queischpräparaten und anderen Zwecken verbraucht habe, so kann ich die Häufig- keit ihres Vorkommens nur in annähernden Zahlen angeben. 2.:% Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 591 Exemplare zeichnen sich durch einen nicht sehr engen Belag von klei- nen Quarzsplitterchen und anderen Mineralbestandtheilen aus, während die größeren Schalen nur sehr wenig oder überhaupt gar keine fremd- artigen Auflagerungen enthalten. Solche Schalen zeigen nur eine feine Riefelung ihrer Oberfläche, die von der Einlagerung kleiner, vom Weichkörper jedenfalls selbst gebildeter Stäbchen herrührt, der Schalen- oberfläche einen chagrinartigen Ausdruck verleiht, und die Schale bei Oberlicht dunkler erscheinen lässt, als der lose Belag kleinerer Quarz- theilehen. Da sich Übergänge von der einen Ausbildungsform der Schale zu anderen finden, die im Ganzen der Größenzunahme der Schalen parallel laufen, so halte ich die verschiedenen Strukturdiffe- renzen für eben so verschiedene Altersstadien der Schale. Die Stäb- chen, welche der Schalenwandung älterer Thiere eingelagert sind, wer- den 0,00745 bis 0,00894 mm lang und 0,0009 mm breit; sie finden sich auch innerhalb des Weichkörpers (Fig. 97 Sı), und sind optisch doppelt- brechend. Die Schalenmündung befindet sich am einen Pole der Längs- achse und ist meistens auf einer stielartigen Verlängerung des betreffen- den Gehäusetheiles gelegen. In einem Falle war diese stielartige Ver- längerung in das Innere der Schale umgestülpt, so dass an der Stelle, wo sonst der Mündungshals der Schale aufzusitzen pflegt, eine falten- reiche Grube vorhanden war (Taf. XXV, Fig. 93). Es erinnert dies Vor- kommen lebhaft an den bei Saecammina beschriebenen Hüllschicht- trichter. Eine sonderbare Gestalt hatte die Mündung der in Fig. 95 abgebildeten älteren Schale angenommen. Hier war die sonst vorhan- dene stielartige Schalenverlängerung, welche die Schalenmündung zu tragen pflegt, halsartig ausgezogen und an ihrem Ende zu einer voll- kommenen Kugel aufgetrieben, die an ihrer Oberfläche erst die 0,0584 mm weite, deutlich sichtbare Öffnung (Oe) trug. Bei einer Schale wurde auch eine Mündung am aboralen Pole auf- gefunden (Taf. XXV, Fig. 960e,); kleinere Falten an derselben Stelle bei zwei weiteren Exemplaren erweckten ganz den Eindruck, als wenn hier eben solche Öffnungen durch Zusammenziehen der Schale ge- schlossen worden wären. Immer ist jedoch die zweite hintere Schalen- öffnung nicht angedeutet. Ob es sich bei den Schalen mit zwei Öffnun- gen um eine besondere Species handelt, muss dahingestellt bleiben. Die Schale ist bei meinem Alkoholmaterial außerordentlich spröde, sie zersplittert bei stärkerem Drucke wie Glas in viele scharfkantige Theile. Diese Sprödigkeit scheint ihr aber in frischem Zustande nicht eigen zu sein. Jedenfalls steht die Schalengestalt noch ganz unter der Gewalt des Weichkörpers, eine Thatsache, die sich mit der 592 | Ludwig Rhumbler, Annahme einer starren, spröden Schale nicht vereinbaren lässt. Es weist hierauf die Verschiedenheit in der Gestalt der Schalen selbst hin, — Krümmungen der Schalen kommen vor (Fig. 96), die Verjüngungen der Schalen sind nicht an bestimmte Regionen gebunden; die Gehäuse- mündung ist bald ein- bald ausgestülpt und variirt in merkwürdiger Weise in ihrem Ausbau — einen wichtigeren Beweis für die Abhängig- keit der Schalengestalt vom Weichkörper bieten aber zwei Fälle, wo sich ein Theil der Schale ganz von dem übrigen Schalentheil abgelöst hatte. Die Abschnürung kann nur von dem Protoplasmaleib ausgegangen sein; sie wird wohl im Todeskampfe stattgefunden haben, darauf hin deuten auch die Wolken organischer Substanz, die der Mündung der betreffenden Thiere vorgelagert sind, und die ohne Zweifel ebenfalls während des Absterbens nach außen getreten sind (Fig. 97 Wo). Für einen normalen Vermehrungsakt können die beiden Abschnürungen nicht angesehen werden, da keines der beiden abgeschnürten Stücke einen Kern besitzt. | Die Längenausdehnung der Schalen schwankten bei den von mir aufgefundenen Exemplaren zwischen 0,28527—0,91 800 mm, ihre größte Breite differirte zwischen 0,11308—0,2898 mm. Die Größe der ein- zelnen Thiere stand in gar keinem Verhältnis zu dem von ihnen be- setzten Saccamminagehäusen. Der Sarkodeleib ließ, namentlich bei kleineren Exemplaren (Taf. XXV, Fig. 93 und 9%), eine Scheidung in Ekto- und Entoplasma in der Art erkennen, dass das Ektoplasma als homogene Masse an einigen Stellen den Rand des Weichkörpers umzog (Ekt). Das Entoplasma ist dem Ektoplasma gegenüber durch den Besitz von zahlreichen körnigen Einlagerungen ausgezeichnet, auf die wegen Spärlichkeit des Materials nicht näher eingegangen werden kann, und enthält außerdem allerlei Nahrungsreste. Letztere können sehr dicht im Entoplasma zusammen- gehäuft sein, sie bestehen aus Diatomeenpanzer und ähnlichen Bruch- stticken lebender Wesen, zum Theil machen sie aber auch ganz den Eindruck von einzelnen Schlickkugeln. Auf der äußeren Schalenoberfläche des jugendlichen, Fig. 94 ab- gebildeten Exemplars befinden sich außerdem in Pikrokarmin stark roth gefärbte kleinere und größere Tröpfchen angeklebt, welche ganz die homogene Beschaffenheit des Ektoplasmas zeigen und auch ganz dieselbe Intensität der Färbung angenommen haben wie dieses. Ich halte diese Tröpfchen für Reste eines Protoplasmamantels, der ursprüng- lich um die ganze Schale herum gelegen zu haben scheint, bei der Ab- tödtung aber bis auf diese Reste in das Gehäuse zurückgezogen wurde. Die Kerne waren bei allen Exemplaren bläschenförmig, kugelig, Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 593 von einer deutlichen, aber dünnen Membran umgeben, ihre Durch- messer waren 0,02313—0,03949 mm lang. Ihr Inneres war von einer großen Zahl bei den verschiedenen Individuen verschieden großer Binnenkörper erfüllt. In kleinen Thieren war immer nur ein Kern vorhanden, größere Thiere zeichneten sich durch den Besitz von zwei bis drei Kernen aus, die öfters dicht neben einander lagen, manchmal aber auch durch weitere Strecken von einander getrennt waren. Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass der Sarkodeleib einiger Thiere in eine große Zahl von Protoplasmaballen zerfallen schien, welche oft noch durch schmale Stränge mit einander in Verbindung standen, manchmal aber auch allseits isolirt waren. Zwischen sie ein- gelagert waren auch in diesen Fällen zahlreiche Nahrungskörper. Ich halte derartige Bilder für pathologische, durch die Abtödtung hervor- gerufene Erscheinungen, und werde in dieser Auffassung dadurch be- stärkt, dass sich vor der Schalenmündung aller solcher im Reizzustande konservirter Thiere die Wolken organischer Massen wiederfinden, die ich oben schon als im Todeskampf ausgestoßene Plasmatheile gedeutet habe (Taf. XXV, Fig. 97). Die in der Schale zurückgebliebenen Proto- plasmaballen mögen zähere Plasmatheile vorstellen, welche, zu ver- schiedenen Formen zusammengezogen, in der Schale haften geblieben sind, während die flüssigeren Partien des Sarkodekörpers bei der Ab- tödtung aus der Schale herausgeflossen sind; auffällig muss dabei er- scheinen, dass die ausgeflossenen Sarkodepartien nach Behandlung mit Pikrokarmin gelb erscheinen, während sich die in der Schale verblie- benen Sarkodetheile stark roth gefärbt haben. Es erinnert dies an die Pseudopodienkörperchen der Saccammina. Färbungen mit Methylgrün-Eosin ergaben Rothfärbung der Sar- kode, Blau- und Grünfärbung der Ingesta, dagegen blieb die Schale mit ihren Stäbchen gänzlich ungefärbt. Wahrscheinliche systematische Stellung der Rhyn- chogromia variabilis nov. gen. noY. spec. Wie ich oben schon kurz mitgetheilt habe, scheint mir die be- schriebene Rhynchogromia in die Familie der Gromiina Bütschli! eingereiht werden zu können und nicht gar zu weit mit der Gattung Gromia selbst verwandt zu sein. Hierfür spricht: 1) die meist zitzenartige Mündung der Rhyncho- gromia, welche bei dem Zurückziehen der Pseudopodien in das Innere der Schale umgestülpt werden kann — BürscrLı hat eine ähnliche zitzenförmige Hervorragung an der Mündung der Gromia Dujardinii 1 BürscaLı, Protozoa. p. 186. 994 e= Ludwig Rhumbler, M. Schultze während der Ausschickung der Pseudopodien und eine Ab- flachung dieser Hervorragung mit gleichzeitiger Verengerung der Mün- dung selbst beim Einziehen der Pseudopodien beobachtet!. 2) die unter der Herrschaft des Körpers stehende und mit diesem seine Gestalt verändernde Schale. Die Möglichkeit der Abschnürung von Schalenstücken, die in der Durchschnürungsfähigkeit der in Theilung begriffenen Lieberkühniaschale ihr Analogon findet. 3) das wahrscheinliche Umflossensein der Schale durch (aus der Schalenmündung hervorgetretene) Plasmapartien. Einer direkten Einordnung in die Gattung Gromia widersetzt sich die Rhynchogromia durch das gelegentliche Vorkommen einer zweiten Schalenmündung am aboralen Pole. Dieses Kriterium würde die betreffenden Stücke in die Familie der Amphistomia Bütschli verweisen. Ich glaube aber nicht, dass auf die letzerwähnten Aus- nahmefälle ein derartig scheidender Werth zu legen ist, kommt doch auch bei Saecammina, die in der Regel bloß mit einem Pylomtubus ausgestattet ist, ausnahmsweise einmal ein Exemplar mit zwei Pylom- tuben zur Ausbildung. Es ist sicherlich sehr wahrscheinlich, dass solche Exemplare auch mit zwei Pseudopodientrichtern ausgestattetsind?. Die Pseudopodientrichter entsprechen aber augenscheinlich in morpho- logischer Beziehung ganz den zitzenförmigen Mündungen der Rhyncho- gromia, so dass das gelegentliche Vorkommen einer zweiten Schalen- mündung bei Rhynchogromia nicht auffallend erscheinen kann, und keine Berechtigung abgiebt, sie in eine besondere Familie zu verweisen. Es muss in hohem Grade verwundern, dass eine Form, wie die oben geschilderte, den Weg durch die enge Öffnung des Saccammina- gehäuses zu finden gewusst hat. Ich möchte trotzdem ihr Vorkommen in diesen Gehäusen bloß für ein zufälliges halten — wodurch auch die geringe Zahl, in welcher sie hier vorkam (ca. 15) ihre Erklärung fände — und annehmen, dass sie an dem Fundorte der Saccammina in weitaus größerer Zahl frei lebt und sich nur gelegentlich, vielleicht der Nahrung folgend, die ein faulender Saccamminakörper für sie abgiebt, in die Saccamminagehäuse verirrt. Leider habe ich die Grundprobe, aus welcher meine Untersuchungsobjekte stammten, nicht aufgehoben und darum dieselbe auf frei lebende Rhynchogromien hin nicht weiter untersuchen können. ! BürscaLı, Mikroskopische Schäume (hier cit. p. 494) p. 69. ?2 Meine mit zwei Pylomtuben ausgestatteten Saccamminagehäuse waren meist leer, nur eines enthielt noch einen Weichkörper, der aber leider zu schlecht kon- servirt war, um zu einer Entscheidung der aufgeworfenen Frage benutzt werden zu können. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II, 995 In Schliekproben, die von anderen Fundorten stammten, fand ich trotz eifrigen Suchens keine Rhynchogromien. b. Rhynehosaccus immigrans nov. gen. NOV. Spec. Die Form, die ich mit dem vorstehenden Namen bezeichne, wurde in etwa 100 Gehäusen aufgefunden. Die Größe ihres Weichkörpers (Länge 0,240—0,900, Breite '0,048—0,150 mm) richtet sich in keiner Weise, wie schon hervorgehoben wurde, aber wegen des häufigen Vor- kommens dieser Form noch einmal besonders betont werden mag, nach den Raumausdehnungen der Gehäuse, in welchen die Thiere aufgefunden wurden. Die von ihnen aufgesuchten Gehäuse waren selten ganz leer, meist enthielten sie noch Fäkalballen von dem früheren rechtmäßigen Eigenthümer oder es fanden sich auch noch zerfallene Überreste des letzigenannten, meist in‘Gestalt von flockigen Massen im Gehäuse neben ihnen. Manchmal waren die Rhynchosaccen geradezu in solche Reste eingebacken, so dass sie erst beim Zerdrücken eines Rückstand- haufens sichtbar wurden, auffallend war mir manchmal in solchen Haufen die außerordentlich große Menge von Diatomeen, die meinen Mittheilungen zufolge, sonst nur sehr spärlich in der Saecamminasarkode vertreten zu sein pflegten. Die Körpergestalt des Rhynchosaccus immigrans ist langge- streckt, wurstförmig, an dem vorderen Ende in der Regel nicht uner- heblich verbreitert, beide Enden sind abgerundet. Am verbreiterten Vorderende findet sich ein rüsselartiger Anhang, der in den meisten Fällen eine so charakteristische Ausprägung aufweist, dass ich ihn in der Folge mit dem besonderen Ausdruck »Stomostyl« bezeichnen werde. Dieses Stomostyl war bei einigen Thieren nach Art eines um- gestülpten Handschuhfingers in das Körperlumen eingezogen. Ein Exemplar besaß einen ähnlichen rüsselartigen Anhang auch an seinem verschmälerten Hinterende (Taf. XXV, Fig. 103). Esmuss unentschieden bleiben, ob dieses Thier einer anderen Species angehört (Länge des letztgenannten Exemplars = 0,396, Breite = 0,06 mm). Die frag- liehen Thiere sind selten in gerader Richtung gestreckt, öfter sind sie halbmondförmig gebogen, manchmal waren sie geradezu geknickt (ef. Taf. XXV, Fig. 99 und 100 a—d). Der ganze Weichkörper wird von einer ziemlich dünnen im Sto- mostyl jedoch erheblich verdickten Hüllschicht umgeben, die ich hier als Pellicula bezeichnen will, weil ihr ganzes Aussehen auf eine festere nicht mehr zähflüssige, wenn auch immer noch geschmeidige Konsistenz schließen lässt. Die Pellicula zeigt deutlich zwei Kontouren, sie lässt selbst an den 896°, Ludwig Rhumbler, verdickten Partien des Stomostyls keinerlei Strukturen erkennen, sondern erscheint allenthalben selbst auf sehr dünnen Schnitten, durch- aus homogen. Sie lässt sich mit allen Farbstoffen leicht färben und nimmt in dem Eosin-Methylgrüngemisch eine violette Färbung an, sie verhält sich gegen diesen Farbstoff demnach ähnlich wie die Hüllschicht der Saccammina, nur dass die Pellicula des Rhynchosaceus augenschein- lich mehr Eosin aufnimmt als die der Saccammina, wodurch das Himmelblau, welches die Hüllschicht der Saeccammina charakterisirt, in einen mehr violetten Ton umgewandelt wird. Ein Anklingen an die Eigenschaften der Saccamminahüllschicht lässt sich auch in der noch bestehenden Geschmeidigkeit der Pellicula erkennen, wenn uns auch kein Vorkommnis zur Annahme einer noch bestehenden Zähflüssigkeit derselben zwingt, wie dies beiSaccam- mina der Fall war. Es finden sich nämlich auch bei Rhynchosac- cusimmigrans noch kleine pseudopodienartige Vorstülpungen neben dem Stomostyl, ohne dass jedoch diese Vorstülpungen in irgend einer Weise die Anordnung der Pellicula alterirt hätten, was nach unseren Erfahrungen bei Saeccammina bei Annahme einer Zähflüssigkeit der Pellicula (Abfließen der Hüllschichtmasse von Erhöhungen und An- sammlung derselben in Einbuchtungen des Weichkörpers [vgl. p. 478]) nothwendig hätte eintreten müssen. Ein Dünnerwerden der Pellicula an solchen Hervorragungen war nicht zu konstatiren (Taf. XXV, Fig. 102). Das Vermögen, derartige kleine pseudopodienartige mehr oder weniger lappenförmige Vorstülpungen auszuschicken, scheint überdies nur ein sehr beschränktes zu sein, ich fand sie nur an den beiden Körperenden der Rhynchosaccen und auch hier nur sehr selten und nie in größerer Zahl 1—3). Eine weitaus gewichtigere Übereinstimmung der beschriebenen Pellicula mit der Hüllschicht der Saccammina ist aber sicher in der An- wesenheit des Stomostyls selbst zu suchen; man wird nicht zweifeln können, dass es sich hier um eine dem Pseudopodientrichter der Sac- cammina homologe Bildung handelt. Das Stomostyl hängt da, wo es völlig eingestülpt ist, frei in die Körpersarkode hinein und zeigt dann an seinem unteren Ende, wo es sich in den Körper öffnet, eine nicht unbedeutende Verdickung der Pellicularsubstanz (Taf. XXV, Fig. 106 Va). Bei keinem meiner Exemplare ist das Stomostyl bis zur vollen Länge ausgestülpt, sie scheinen alle während der Abtödtung im Zurück- ziehen begriffen gewesen zu sein. Der nach außen vortretende Theil des Stomostyls ist nämlich in keinem meiner Präparate so geradwandig, wie es das eingestülpte Stomostyl, Taf. XXV, Fig. 405, ist, sondern es Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 597 zeigt in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen bauchige Aufwul- stungen und dazwischen ringförmige Einkerbungen (Taf. XXV, Fig. 101). Diese Aufwulstungen sind eben ein Zeichen dafür, dass das Stomostyl nicht mehr seine größte mögliche Längenstreckung besitzt. Das im eingestülpten Zustande nach dem Körperinneren mit weiter Öffnung aufstehende Ende des Stomostyls ist in der Regel geschlossen, so lange es nicht in den Körper eingezogen ist. Der Verschluss scheint einfach durch das Aneinanderlegen der verdickten Stomostylränder bewerk- stelligt worden zu sein. Hier und da wurde übrigens auch ein Stomostyl im ausgestülpten Zustand angetroffen, das nach vorn hin noch offen war, so dass kein Zweifel darüber bestehen kann, dass das Stomostyl eine Passage dar- stellt, durch welche hindurch die Körpersarkode mit der Außenwelt in direkte Verbindung treten kann (Taf. XXV, Fig. 103). Die Pellicula des Stomostyls lässt da, wo dasselbe sich noch auf dem Wege der Einstülpung befindet, an seinen Umkehrungsrändern eine scharf ausgesprochene Kerbung erkennen, verursacht durch den op- tischen Durchschnitt einer Längsstreifung, welche sich über das in Ein- ziehung befindliche Stomostyl hinzieht (Taf. XXV, Fig. 108). Dieselbe Längsstreifung konnte ich auch bei einem vollständig ein- gestülpten Stomostyl, dessen Einstülpung von der sonst geraden, in der Körperachse des Rhynchosaceus verlaufenden Richtung abgewichen war, und das an der Stelle seiner Abirrung eine blasige Auftreibung zeigte, in längerer Strecke verfolgen (Taf. XXV, Fig. 107Sto). An den anderen Stomostylen war eine derartige Längsstreifung nicht zu erkennen, ich glaube daher, dass sie trotz der Regelmäßigkeit, mit welcher sie namentlich in dem einen Falle (Taf. XXV, Fig. 108) ausgebildet war, nur der Ausdruck einer vorübergehenden Faltung ist, welche bei der Einstülpung des bedrängten Raumes wegen nöthig wird, aber dem ausgestülpten Stomostyl nicht zukommt. Die Fig. 108, Taf. XXV ist einem Quetschpräparate entlehnt, sie zeigt wie der Vorgang der Einstülpung vor sich geht. Das ganze Sto- mostyl ist zu einer kuppelartigen Verdickung zusammengedrängt. Auf dem Gipfel dieser kuppelartigen Verdickung liegt die gekerbte Krater- öffnung, welche durch die Einstülpung des bereits nach innen ge- richteten Vorderendes des Stomostyls hervorgerufen worden ist. Durch die Einstülpung des distalen Stomostylendes müssen demnach die proximalen Theile des Stomostyls eine nicht unerhebliche Dehnung er- fahren, welche das Passiren der in Einstülpung begriffenen Stomostyl- theile möglich macht, und welche wieder dafür spricht, dass die Pelli- cula des Rhynchosaccus, wenn sie auch einen ziemlichen Grad von = a v2 Bag Ludwig Rhumbler, Festigkeit besitzen mag, keine starre Bildung sein kann. Man wird ihr eine hochgradige Elastieität zuschreiben müssen. Eine solche wird auch durch die Formveränderungen gefordert, welche das merkwürdige Thier in seiner Gesammtheit zum Ausdruck bringen kann; es kann sich stark in die Länge strecken und auch ziem- lich erheblich kontrahiren (vgl. Taf. XXV, Fig. 100 a und c); außerdem vermag es sich in verschiedener Weise zu krümmen, es ist mit einem Worte sehr metabolisch. Wodurch diese Formveränderungen zu Stande kommen, vermag ich nicht zu sagen. Trotz vieler Mühe konnte ich weder an ganzen Thieren noch auf Schnitten irgend etwas von Elementen erkennen, welche als kontraktile hätten gedeutet werden können. Bei der Größe der Objekte hätte man derartige Organoide, wenn sie in regelmäßiger Lage vorhanden wären, als sichtbare erwarten dürfen, doch mag hier die Alkoholkonservirung Unzureichendes geliefert haben. Die ganze von der Pellicula umschlossene Innenmasse des Rhynehosacceus immigrans erscheint als ein regelloses Gemisch von größeren und kleineren Körnchen, Plättchen, Stäbehen und wie sonst noch gestalteten Körpern, denen jedenfalls theils die Rolle von aufgenommener Nahrung, theils aber diejenige von Umsetzungspro- dukten, welche das Thier selbst gebildet hat, zugeschrieben werden darf. Im Allgemeinen sind die gröberen Einlagerungen auf die axialen Theile des Weichkörpers beschränkt, während sich in den peripheren Theilen nur kleinkörnige Einlagerungen finden. Ausnahmen kommen jedoch gelegentlich vor. An den beiden Körperenden finden sich in der Regel gar keine Sarkodeeinlagerungen, es hat sich hier in fast allen Exemplaren ein sehr dichtes Ektoplasma angesammelt (Taf. XXV, Fig. 93 —1 00,105 und 107 An). Als unzweifelhafte Nahrungskörper sind vor Allem Dia- \omeen zu nennen, sie kamen zwar nur sehr selten in den Thieren vor, aber selbst dieses seltene Vorkommen beweist, was bei der Frage nach der systematischen Stellung der Thiere von Werth sein wird, dass diese Thiere gröbere Nahrung von außen in ihren Leib einzuführen ver- mögen; auch kleine Steinchen fand ich gelegentlich in ihrem Inneren (Taf. XXV, Fig. 98). Im Allgemeinen sind derartige Vorkommnisse un- verwerthbarer Substanzen aber, wie gesagt, selten; es überwiegen weit- aus Körperchen von sehr wechselnder Form und wohl auch von sehr verschiedener stofflicher Natur. Die meisten dieser Körperchen sind kugelig (Fig. 111 a und b), andere dagegen länglich (Fig. 114 d). Sehr auffallend gestaltet sind weiterhin mehr oder weniger lange Fäden oder Röhren, die aus einzelnen Scheibcehen zusammengesetzt erscheinen und Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 599 ganz wie einzelne Muskelbruchstücke von kleinen Krebsen etwa aus- sehen. Ich fand ganz dieselben eigenartigen Gebilde auch in der Sar- kode von den Foraminiferen Globigerina bulloides und Hasti- gerina pelagica unregelmäßig vertheilt, ohne dass ich über ihre Natur auch nur irgend eine Vermuthung aufstellen könnte (Fig. 141 c). Wieder andere Körperchen sind schollenförmig (Fig. 111 e) und zeigen oft Sprünge und Risse (Fig. 111 f). Zusatz von Jodtinktur ergab bei einmaligem Versuche eine sehr intensive Blaufärbung von äußerst kleinen, sehr unregelmäßig ge- stalteten Körperchen, welche nur ganz spärlich in der Sarkode des be- treffenden Thieres vertheilt waren (Taf. XXV, Fig. 111 g). An den anderen Körperchen konnte nach Einwirkung des genannten Reagen- ses eine Veränderung des Aussehens nicht konstatirt werden. Die meisten der genannten Körperchen färben sich im Methylgrün-Eosin- gemisch roth, nur größere Kugeln (Fig. 141 5), welche eine Körnelung in ihrem Inneren erkennen lassen, nehmen einen blauvioletten Anflug an; selten wurden grün gefärbte kugelige oder ellipsoide Gebilde auf- gefunden, welche ich für Schlickkugeln halte, wie wir sie inSaccam- mina angetroffen haben. Ich glaube, dass diese Schlickkugeln noch von der ursprünglichen Saeccammina herstammen, deren zerfallen- der Weichkörper den Stylosaccen zur Nahrung gedient haben mag. Einmal fand ich an einem solchen Schlickballen noch Xanthosomen (Fig. A144 h, &) angelagert. Die genannten bläulich oder grün gefärbten Gebilde kommen den anderen roth gefärbten gegenüber gar nicht zur Geltung; die Schnitte durch den Weichkörper sehen daher nach Behandlung mit Methylgrün- Eosin im Allgemeinen vollständig roth aus und werden nur von der violett gefärbten Pellicula umrahmt. Vor der äußeren Mündung des Stomostyls befindet sich außerdem meist eine Wolke gelblicher oder graubrauner Masse, welche augenscheinlich von dem Thiere bei der Abtödtung ausgestoßen wurde (Taf. XXV, Fig. 100 d, Wo), welche aber ebenfalls viel zu wenig intensiv gefärbt ist, um gegen das grell rothe Aussehen des Weichkörpers mit seinen Einlagerungen ankommen zu können. Der Kern war bei Rhynchosaccus immigrans immer in der Einzahl vorhanden. Er stellte eine kugelige Blase dar, die von einer ‚geringeren oder von einer größeren Zahl von Binnenkörpern erfüllt wurde. Ich vermochte zu konstatiren, dass in kleineren Kernen größere Binnenkörper prävaliren, dass in größeren Kernen dagegen der Um- fang der Binnenkörper abnimmt, voraussichtlich auch hier in Folge von stattfindenden Auflösungsvorgängen. Eine perlschnurartige Anein- 600° Ludwig Rhumbler, anderreihung der Binnenkörper war manchmal recht deutlich (Taf. XXV, Fig. 109 Ps). Der Durchmesser des Kernes variirte in den verschieden großen Thieren zwischen 0,02980—0,06854 mm, die Binnenkörper waren im Durchmesser zwischen 0,00547 und 0,001639 mm groß. Einige Male fand ich den Weichkörper von Rhynchosacecus zu einzelnen Klumpen aus einander gefallen in den leeren Gehäusen liegen; die Gestalt der Pellicula und die Form des Kernes war noch erhalten, so dass der Weichkörper seiner Natur nach festgestellt werden konnte. Die einzelnen Zerfallsklumpen waren dicht von grüngelblichen bis rothgelben kleinen Körperchen umlagert, welche viel Ähnlichkeit mit den Xanthosomen der Saccamminafäkalballen hatten, aber nie zwei- schichtig waren, was gerade bei letzteren häufiger vorkam (Taf. XXV, Fig. 140). Die Bedeutung dieses Zerfalls, ob ein Konservirungsprodukt, ob Einleitung zu einem Fortpflanzungsvorgang, oder ob ein Zustand des Absterbens vorliegt, konnte nicht ermittelt werden. Was die systematische Stellung des Rhynchosacceus immi- grans anlangt, so haben wir es hier unter Umständen mit einer äußerst interessanten Thierform zu thun, mit nichts Geringerem viel- leicht als mit einer Übergangsform zwischen Rhizopoden und Grega- rinen. Das Stomostyl erinnert sehr an den Hüllschichttrichter der Saccam- mina; sein Vorhandensein lässt darauf schließen, dass die Sarkode noch wie bei anderen Rhizopoden mit der Außenwelt in unmittelbare Be- rührung tritt, dass also ein gänzlicher Abschluss nach außen, wie er bei den Gregarinen vorliegt, noch nicht Platz gegriffen hat. An die Gregarinen erinnern mehrere Faktoren, nämlich: erstens die Körper- gestalt, die schlanke nach dem Vorderende zu sich nicht unbedeutend verbreiternde Wurmgestaltung, zweitens die Anhäufung von dich- terem Protoplasma an den beiden Körperpolen, drittens die gewöhn- liche Lagerung des Kernes im verbreiterten Vordertheil des Rhyncho- saccus, die aber eben so wie bei den Gregarinen auch gelegentlich verschoben sein kann. Außerordentlich auffallend, und wie mir scheint nicht ganz un- wichtig, ist der Umstand, dass sich innerhalb der Leibesmasse von Rhynchosaccus fast gar keine oder doch so außerordentlich wenig grün oder wenigstens blau gefärbte Substanzen nach Behandlung mit Methylgrün-Eosin nachweisen lassen; es unterscheidet sich hierdurch Rhynchosaccus von Saccammina sowohl als auch von allen anderen in dieser Arbeit behandelten Eindringlingen in das Saccamminagehäuse. Nach meinen Erfahrungen bin ich zu der Annahme gezwungen, dass Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 601 Rhynchosaccus fast ausschließlich von frischer, organischer Substanz lebt und nur ausnahmsweise, vielleicht mehr als Verunreinigung mit seiner frischen organischen Nahrung zusammen Schlickmassen oder sonstige Beimengungen, wie Diatomeenpanzer etc. aufnimmt. Die frisch aufgenommene, im Methylgrün-Eosin roth gefärbte organische Substanz mag sich dann später in die mehr bläulich reagirenden Ballen umwan- deln, wenn ich hier meinen Erfahrungen bei Infusorien und anderen Protozoen folgen darf. Die Aufnahme von nur lebensfrischer Nahrung, etwa die Aufnahme der Saccamminasarkode unter Zurücklassung der nahrungsärmeren Schlick- und Fremdkörpermassen, scheint mir eine weitere Annähe- rung des Rhynchosaccus an die parasitär lebenden Gregarinen darzustellen. Das Stomostyl würde dem Epimerit der Gregarinen zu vergleichen sein, und würde mit ihm auch in Betreff der Art und Weise seiner Aus- und Einstülpung übereinstimmen. Es finden sich hiernach so viel Ähnlichkeiten mit den Gregarinen, dass man in Versuchung gerathen könnte, Rhynchosacecus direkt den Gregarinen zuzuweisen. Gegen eine solche Klassifieirung muss aber einmal die Öffnung des Stomostyls, dann die Verschiedenartigkeit der Sarkodeeinlagerungen angeführt werden, welche letztere scharf gegen die oft so große Gleich- mäßigkeit der Gregarineneinlagerungen absticht. Die letzten Charak- tere halten Rhynchosaccus, wie mir scheint, in der Klasse der Rhizopoden zurück. €. Daetylosacceus vermiformis nov. gen., NOV. Spec. Die als Dactylosaccus bezeichnete Art der Eindringlinge, welche im Ganzen ca. 20 mal in leeren oder bloß von Weichkörperresten bezw. Fäkalballen spärlich erfüllten Gehäusen aufgefunden wurden !, besitzen eine ähnliche Gestalt wie Rhynchosaccus; sie sind nur in der Regel viel länger (bis k mm lang, bei einer größten Breite von 0,333 mm); auch ist der Unterschied zwischen dem verbreiterten Vorder- und dem schmäleren Hinterende viel auffälliger als bei Rhychosaccusimmi- grans. Doch könnten diese Unterschiede vielleicht bloß auf Alters- merkmalen beruhen, wenn nicht das Fehlen des Stomostyls, der Bau des Kerns und der Aufbau der Leibessarkode Kriterien für ein grundsätzlich anderes Gebilde abgäben. Die eventuelle Zugehörigkeit des Dactylosaccus zu den Rhizopoden wird durch kleine, bald finger- förmige, bald mehr oder weniger lobose Fortsätze dargethan, die sich in der Regel in geringer Zahl am verbreiterten Vorderende von einer ! Zweimal fand ich Dactylosaccus sogar im Inneren von Primitivgehäusen. 692 Ludwig Rhumbler, gut ausgebildeten Pellicula erheben und jedenfalls für die erhaltenen Pseudopodien oder wenigstens für die Überreste derselben angesehen werden dürfen (Taf. XXV, Fig. 112, 413, 144 und 417 Ps). Diese frag- lichen Pseudopodien scheinen von der Pelliculasubstanz selbst gebildet zu sein; wenigstens werden die vorhandenen Hervorragungen ganz von derselben homogen erscheinenden, fast glashellen Substanz gebildet, welche auch für die übrige Pellicula charakteristisch ist. Zweimal fand ich Gebilde, welche durch den Bau ihres Kernes und ihrer Sarkode sich genau an Dactylosaccus anschlossen, aber sich in merkwürdiger Weise von den anderen Dactylosaccen dadurch unterschieden, dass bei ihnen das sonst verbreiterte Vorderende in ein langes abgeplattetes Band ausgezogen war, das auf seiner Außenfläche eine feine Riefung erkennen ließ, die sich nicht auf den übrigen cylindrischen Haupttheil des Körpers fortsetzte. Dieses Band war in einem Falle etwa eben so lang als der nicht abgeplattete Körpertheil, im anderen Falle ein Drittel desselben. Die Bänder rissen beide beim Herausholen der Thiere aus den Gehäusen ab; vielleicht saßen sie mittels feiner Fäden (cf. Ramo- tuba) an der Gehäusewand fest. Fig. 118 zeigt den Übergang des ge- wöhnlich gestalteten Weichkörpers a in das platte Band b, das die Riefen R erkennen lässt. Wenn die letztgenannten Weichkörperformen wirklich mit Daetylosaccus zusammengehören, so müsste man dem Vorderende der Dactylosaccus eine sehr große Metabolie zuerkennen. Am verjüngten Hinterende des Thieres fanden sich manchmal ganz auffallend starke Falten (Taf. XXV, Fig. 115), ohne dass ich die Ursache ihrer Entstehung ermitteln konnte. Das Thier zeigte an seinen übrigen Körperstellen eine nematodenähnliche Glätte seiner Pellieula: auch die Windungen, in denen es manchmal seinen langen Körper aufgerollt hatte (Taf. XXV, Fig. 113), trugen einen frappant wurmähnlichen Cha- rakter. Die Pellicula färbte sich im Methylgrün-Eosingemisch roth, verrieth jedoch hier und da eine leichte Neigung zu violett; sie ist hier- nach wohl als Ektoplasma aufzufassen. Der Weichkörper bot nach Färbungen mit Methylgrün-Eosin fast genau dasselbe Bild eines marmorartigen Mosaiks, wie wir es bei Sac- cammina in allen Fällen angetroffen haben, wo die Defäkation nicht eingetreten war. Auch die Details im Aufbau der Sarkode zeigten große Übereinstimmung zwischen SacecamminaundDaetylosaceus. Die rothgefärbten Sarkodebalken, die auch hier ein schwammartiges Ge- rüst bildeten, wurden von kleinen Vacuolen durchsetzt, in deren Wandungen sich hier und da deutliche Elementarwaben bei Anwen- dung von Immersionen nachweisen ließen. In dem in der Fig. 120 (Taf. XXV) wiedergegebenen Schnitte sind die grüngefärbten Schlick- Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 605 massen, welche auch hier das ganze Lückensystem innerhalb der Sar- kode ausfüllen, dunkler wiedergegeben als die Sarkode, und nur im oberen Theil des Schnittes eingezeichnet, damit im unteren Theil die Anordnung der Sarkode desto deutlicher hervortrete. Auffällige Einlagerungen, wie wir sie bei Rhynchosaceus immigrans innerhalb der Sarkode in verschiedener Form auffanden, fehlen dem Dactylosaccus gänzlich; um kleinere Sarkodeeinlage- rungen genauer zu beschreiben, war das Material nicht zahlreich genug; es konnten eventuell zufällige Beimengungen von charakteristischen nicht hinreichend sicher unterschieden werden, um eine Beschreibung zu lohnen. Der Totaleindruck des Weichkörpers der Dactylosaccus vermiformis nach Methylgrün-Eosin-Behandlung ist dem Schlickreich- thum ihres Leibesinneren gemäß roth und grün und bietet dadurch ein ‚leichtes Unterscheidungsmerkmal vonRhynchosaceusimmigrans, der fast gänzlich roth gefärbt wird. Der Kern ist in der Ein- oder in der Zweizahl vorhanden; er zeigt einen ganz eigenartigen Bau. Er war bei den von mir beobachteten Exemplaren zwischen 0,0391485 und 0,06109 mm groß, stets kugelig, vön einer nach außen scharf kontourirten Membran umgeben, die nach innen zu aber direkt in eine ca. 0,00596 mm breite, einen radiär strahligen Bau verrathende Randschicht tberzugehen schien. Die Innenmasse des Kernes wurde von einem sehr klaren, hellen Kernsaft erfüllt, in welchem sich mehrere (5—30) Binnenkörper verschiedener ‘ Größe erkennen ließen. Man wird die radiärstreifige Randschicht der Kerne vielleicht mit den Membrankegeln der Saecammina ver- gleichen dürfen, und das um so mehr, als auch bei Dactylosaccus, gerade die Randschicht nach Behandlung mit Pikrokarmin und Methyl- grün-Eosin eine stark rothe Färbung angenommen hat und sich bier- durch als die Chromatinmasse des Kerns kund giebt. Die sehr auffällig gebauten Kerne erinnern sehr an die Kerne, welche Carter! in den Wurzelzellen der Chara verticillata (Roxb.) gefunden hat. Dies darf um so weniger verschwiegen werden, als auch die Kerne der später zu schildernden Dendrotuba nodulosa n. g. n.sp., die ebenfalls auffällig gebaut sind, eine ganz unverkennbare Ähn- lichkeit mit späteren Stadien derselben CGharawurzelzellen aufweisen. Man wird kaum zu zweifeln brauchen, dass es sich in unserem Falle niceht"um Charastücke handelt — so viel mir bekannt ist, sind die Characeen ganz auf das Süßwasser beschränkt — man würde aber auf 1 H. J. CArıer, On the development of the root-cell and its nucleus in Chara verticillata (Roxb.). in: The annals and magazine of natural history. Second series. Vol. XIX. p. 13—32. P], III. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 40 604 = Ludwig Rhumbler, der anderen Seite daran denken können, ob Dactylosacceus vermi- formis und Dendrotuba nodulosa nicht als ähnliche Entwicklungs- zustände eben so gemeinsam zu irgend einer anderen sich wie Chara verhaltenden Kryptogame gehören, wie dies mit den verschieden ge- bauten Kernen der Charawurzelzellen der Fall ist. Einer solchen Auf- fassung tritt aber der Reichthum an Fremdkörpern und die pseudo- podienartigen Ausläufer des pelliculaartigen Ektoplasmas wohl hinder- lich in den Weg. Die letzten Kriterien verweisen auf die Rhizopoden!. d. Ophiotuba gelatinosa nov. gen., noY. Spec. Ophiotuba gelatinosa wurde in etwa zehn Gehäusen ange- troffen; sie besitzt einen langen schlangenförmigen Weichkörper. Die Größe desselben ist wegen vielfachem Hin- und Herwindens innerhalb des Gehäuses von Saccammina schwer zu bestimmen, doch sind alle von mir aufgefundenen Exemplare größer gewesen als die Weichkörper der vorher geschilderten Eindringlinge. Wenn man sich die Windungen der Ophiotuba in eine Ebene ausgestreckt denkt, so würde nach meiner Schätzung eine Länge des Thieres von 2—5 mm erreicht werden, seine Breite beträgt nur 0,04800—0,12600 mm. | Die Ophiotuba ist von einer sehr festen Membran umgeben, die manchmal einen bräunlichen Anflug, wie ihn chitinige Bildungen zeigen, erkennen ließ. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Membran eine starre, mehr oder weniger unveränderliche Substanz ist, die den ganzen Weichkörper wie eine feste Röhre umgiebt; denn man findet häufiger leere Saccamminagehäuse, die im Inneren noch die unge- schädigten Röhren der Ophiotuba erkennen lassen, ohne dass auch nur der geringste Überrest von dem ehemaligen Weichkörper noch vorhan- den wäre. Solche den Weichkörper überdauernde Röhren besitzen stets noch ganz dieselbe Formgestaltung wie die mit Sarkode erfüllten Röhren; ihr praller Zustand nach Verlust des Weichkörpers spricht sicher für ihre Rigidität. Von einzelnen Stellen der Röhren, die meist durch eine kielartige Abplattung kenntlich sind, ziehen außerordentlich dünne, aber sehr zähe Fädchen (Taf. XXV, Fig. 122 F) nach der Wand des Gehäuses hin, welche die Röhre innerhalb des Gehäuses in ihrer 1 Nach Abschluss meines Manuskriptes kann ich hier noch hinzufügen, dass durch ScHAUDINN nunmehr auch ein thierischer, sogar ein Rhizopodenkern, von ganz ähnlicher Struktur bekannt geworden ist. Myxotheca enthält einen Kern, in welchem das Chromatin in auffallend dicker Schicht der Kernmembran direkt angelagert ist, die innerste Schicht des Kernes bleibt vollständig ungefärbt und enthält mehrere stark lichtbrechende Kugeln (Binnenkörper nach meiner Auffas- sung). Diese Zeitschr. Bd. LVII. p. 26 u. 27. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden, Il. 605 Lage halten, und welche Schuld daran sind, dass es mir niemals gelang, eine Ophiotuba in continuo aus dem Saccamminagehäuse freizupräpa- riren. Diese Fädchen halten nämlich so fest, dass sie die ganze Röhre aus einander reißen, sobald man Steine, an die sie sich festgesetzt haben, aus ihrer ursprünglichen Lage innerhalb der Gehäusewand her- ausbringt. Die ganze Röhre mit ihren Fäden färbt sich im Methylgrün- Eosingemisch ganz tief dunkelblau. Verzweigungen, wie sie bei der später zu beschreibenden Dendro- tuba nodulosa vorkommen, habe ich an dem im Saccamminagehäuse geborgenen Theil des Weichkörpers niemals angetroffen. Dagegen fand ich zweimal Exemplare, die ihr Vorderende zum Pylomtubus hinaus- gestreckt und dieses in eine große Zahl von Ästen aufgelöst hatten. Diese Äste strahlten alle von dem Punkte aus, wo der Weichkörper die Mündung des Saccamminagehäuses verließ; sie waren ebenfalls von der festen Hülle umkleidet und ließen vereinzelt ähnliche Schlingungen erkennen (Taf. XXV, Fig. 122 Sch), wie sie der im Inneren des Gehäu- ses befindliche Theil des Weichkörpers in größerer Zahl ausführte. Die meisten der Weichkörper traten nicht aus dem Gehäuse heraus, sondern lagen mit ihrem Vorderende in dem Pylomtubus drin, aus welchem mir es nicht gelang sie herauszupräpariren. Wie sich bei solchen Exem- plaren das Vorderende verhält weiß ich nicht: doch war der Raum zu einer gleichen Verzweigung innerhalb des Pylomtubus natürlich viel zu klein; ich vermuthe, dass bei all diesen Exemplaren das Vorderende abgebrochen war. Die Sarkode war in allen Theilen des Weichkörpers sehr gleich- mäßig gebildet, bei schwacher (50facher) Vergrößerung sah sie fast homogen aus; mit stärkeren Vergrößerungen ließ sie einen ziemlich weitmaschigen, netzwabigen Bau erkennen. Nach Behandlung mit Methylgrün-Eosin erschien der ganze Weichkörper, in toto betrachtet, eben so tief blau wie die Röhre, in welcher er lag. Auf Schnitten da- gegen (Fig. 121) ließ sich ein roth gefärbtes Netzwerk aus feinsten Fädchen erkennen, dessen Maschen, mit einer homogen erscheinenden, die stark blaue Färbung tragenden Substanz erfüllt waren (Fig. 124, die blau gefärbte Masse ist weiß gelassen). Außerdem ließen sich hin und wieder, nur selten so zahlreich zusammengehäuft wie in Fig. 121, mehr oder weniger kugelige Körperchen erkennen, die sich ebenfalls roth gefärbt hatten. Die Bedeutung der letzteren mag eine verschiedene sein, zum Theil werden sie wohl als Gerinnungs- bez. als Konfluenz- produkte aus dem feinen roth gefärbten Netzwerk entstanden sein, zum Theil mögen sie auch wohl ursprüngliche Sarkodeeinlagerungen dar- stellen, einem anderen Theil wieder wird man dagegen vielleicht Kern- 40% a u m B06 Ludwig Rhumbler, natur zusprechen dürfen. Ich möchte in dieser Richtung am ersten kleine, sehr regelmäßige, kugelförmige Gebilde von 0,002874—0,00447 mm Durchmesser deuten, welche nicht in allzugroßer Zahl in der ganzen Länge des Weichkörpers unregelmäßig vertheilt waren. Es muss bei dieser Deutung aber betont werden, dass sich diese Körperchen außer durch ihre regelmäßige Form in nichts von den anderen in gleicher Weise roth gefärbten Körperchen unterscheiden. Gebilde mit deut- licher Kernstruktur wurden nicht aufgefunden. Typische Fremdkör- per, welche für aufgenommene Nahrung angesehen werden konnten, vermochte ich ebenfalls nicht nachzuweisen. Dem Mitgetheilten zufolge muss es sehr dahingestellt bleiben, ob die beschriebene Weichkörperform wirklich den Rhizopoden zugezählt werden darf. Vor Allem scheint das Fehlen von Nahrungskörpern gegen eine solche Einordnung Widerspruch zu erheben; ich muss hierzu aber bemerken, dass ich auch in anderen Foraminiferen, z.B. in Gornuspira foliacea (Philippi) gelegentlich keinerlei Gebilde ge- funden habe, die ich mit Bestimmtheit als Nahrungskörper von anderen Einlagerungen hätte unterscheiden können. Es darf desshalb das Fehlen deutlich erkennbarer Nahrungskörper nicht als bindender Beweis gegen eine Einreihung zu den Rhizopoden angesehen werden. Sollte Ophiotuba zu den Rhizopoden gehören, so müsste man an eine schlauchförmige Thalamophore denken, die sich ähnlich wie Hali- physema ramulosum Bowerbank, an ihrem Vorderende stark ver- zweigt, ihre Gehäuse aber nicht mehr, wie ihre Verwandten, mit Fremd- körpern befestigt. Sie bedarf dieser Festigung vielleicht desshalb nicht mehr, weil sie sich in fremde leere Gehäuse anderer Thalamophoren einnistet, die ihr einen genügenden Schutz bieten. Außer in Saccam- mina fand ich die räthselhaften Gebilde auch in Reophax fusiformis (Williamson). e. Dendrotuba nodulosa nov. gen., noY. Spec. Die Ausdehnung des Weichkörpers von Dendrotuba nodulosa, die in etwa 30 Gehäusen angetroffen wurde, wechselt in viel höherem Grade als die der vorher beschriebenen O phiotubagelatinosa. Ein- mal füllt sie den Gehäuseraum der Saccammina fast ganz aus — dies ist aber nur selten der Fall — dann aber trifft man Exemplare, welche im Vergleich zu dem Gehäuse, in welchem sie wohnen, so verschwindend klein sind, dass noch hundert andere von derselben Größe neben ihnen in demselben Gehäuse Platz hätten. Die Schlingungen des Weichkörpers sind vielausgiebiger als bei Ophiotuba. Eine annähernd genaue Längen- messung der Weichkörper wird hier so sehr erschwert, dass ich eine Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 607 Schätzung nur mit sehr geringer Annäherung auf etwa 0,7—5 mm an- geben darf. Die Umbiegungen des Weichkörpers an den Gehäuse- wänden sind viel schroffer als bei Ophiotuba, die Weichkörper zeigen hierbei oft eine scharfe Knickung, wie sie etwa ein leerer schlaffer Gummischlauch, den man in der Mitte umbiegen und mit seinen beiden Hälften an einander legen würde, zur Erscheinung brächte. Übrigens treten die Umbiegungen nicht nur da auf, wo der gewundene Körper an die Wand des Sacecamminagehäuses herantritt. Sie finden sich auch mitten auf dem Wege durch den Gehäuseraum hindurch, ohne dass eine äußere Veranlassung zu ihrer Entstehung erkannt werden kann. Der- artige Verschlingungen werden dadurch noch unklarer, dass oft ein Theil des Schlauches mit einem rücklaufenden eine Strecke weit ver- schmilzt, und dass hin und wieder der Weichkörper noch Seitenäste abgiebt, die sich ebenfalls in vielfacher Richtung einherschlingen. Der- artige Ramifikationen des Weichkörpers sind selten (bei Ophiotuba habe ich sie nie beobachtet), man trifft aber öfter auf knopfartige Anschwel- lungen des Weichkörpers, die unter Umständen als zurückgezogene Zweigäste aufgefasst werden dürfen (Taf. XXV, Fig. 125 b, Kn). Der ganze Weichkörper wechselt sonst in seiner Breite nur wenig, wenn sich auch öfter an ihm dicke Knoten auffinden, so erweisen sich dieselben auf Schnitten doch nur als der Knäuel, an dessen Bildung sich der Hauptast oder auch Zweigäste des Weichkörpers betheiligt haben (Taf. XXV, Fig. 124 b), ohne allzusehr von ihrer gewöhnlichen Breite abzuweichen. Die Breite des Weichkörpers wechselt, meist im Ver- hältnis mit seiner Länge, zwischen 0,018—0,072 mm. Wie Ophiotuba, so wird auch Dendrotuba nodulosa von einer Hülle umgeben, die von Zeit zu Zeit band- oder fadenartige, aber hier weit breitere Fortsätze als Ophiotuba zum Festhalten nach der Gehäusewand hinschickt (Taf. XXV, Fig. 123). Derartige Fäden oder Bänder sind aber weit seltener als bei Ophiotuba, meistens wird das Festhalten des Schlauches durch scharfe Umkniekungen und Anlegen der Umknickungswinkel an die Gehäusewand vermittelt. Die Dendro- tuben hängen dadurch so sehr an der Gehäusewand fest, dass es mir auch hier trotz vieler Sorgfalt nie gelang, einen Weichkörper auch nur in größerer Strecke aus dem Gehäuse frei zu präpariren. Ich bin dadurch nicht im Stande gewesen, über die Endigungen des Weichkörpers Siche- res zu ermitteln; wenn die Endstücke, die ich zu Gesicht bekommen habe, wirklich die Enden des Hauptstammes und nicht etwa die von Seitenzweigen darstellen, so endigen die Schläuche in keulenförmigen Verdickungen, wie sie in Fig. 126, Taf. XXV dargestellt sind, Du auch in fadenförmigen Verjüngungen (Fig, 126). en nn nn mE EEE Km 608 Ludwig Rhumbler, Der Protoplasmaleib ist in seiner ganzen Länge gleichmäßig ge- bildet, einzelne Zonen lassen sich hier eben so wenig wie bei Ophio- tuba unterscheiden. Bei Pikrokarminbehandlung lässt sich auch hier ein Wabenwerk erkennen, dessen einzelne Maschen eine Weite von 0,00774—0,04542 mm erreichen. Schon bei Pikrokarminbehandlung sieht man, dass die Waben von einem hellen, gelatinösen Safte erfüllt sind. Hier und da machen sich größere Anhäufungen einer feinkörnigen Substanz geltend, die man leicht für besondere Ansammlung der ge- latinösen Substanz halten könnte, so lange man nur Karminpräparate untersucht. Behandlung mit Methylgrün-Eosin beweist aber, dass diese sich roth färbenden, feinkörnigen Massen Protoplasmatheile sind, die sich vielleicht erst bei der Abtödtung an einer Stelle angehäuft haben, jedenfalls fehlen sie vielen Exemplaren gänzlich (Taf. XXV, Fig. 123a, An). Das Aussehen der Weichkörper ist nach Behandlung mit Methyl- grün-Eosin sonst dasselbe wie das der Ophiotuba nach entsprechen- der Behandlung. Die Wabenwände erscheinen roth, sind also zweifellos das Protoplasmagerüst des Weichkörpers, eben so gefärbt erscheinen die Einlagerungen des Protoplasmas, während der Wabeninhalt und die Hülle der Dendrotuba nodulosa sich wieder grell blau färben. Da die gelatinöse Masse die Sarkode und ihre Einlagerungen an Menge bedeutend überwiegt, so fallen auch die Schläuche der Dendrotuba durch ihre grellblaue Färbung sofort allen sonst in den Gehäusen auf- _ gefundenen Weichkörpern gegenüber auf. Diatomeen oder sonstige als Nahrungskörper zu deutende Fremd- substanzen fand ich auch in diesen Weichkörpern nicht. Als Einlagerungen fanden sich kleine gelbliche bis olivenfarbige Krümel von 0,00120— 0,00150 mm, die an die Exkretkörnchen anderer Protozoen erinnern; sie sind überall im Weichkörper verbreitet. Außer den Krümeln von der genannten Größe fanden sich in der- selben regellosen Lagerung und oft mit ihnen untermengt größere kuge- lige oder ellipsoide Körper von 0,00240—0,00330 mm Breite und 0,00240 bis 0,00630 mm Länge; sie besaßen ein sehr starkes Lichtbrechungs- vermögen (Taf. XXV, Fig. 1255, EIN). Einige Male fand ich noch unregelmäßige Konglomerate einer ganz dunkel fast schwarz erscheinenden Masse von 0,0051 4—0,006426 mm Durchmesser (Taf XXV, Fig. 1255, schw.K), die fast wie Eisenkieskon- glomerate aussahen, wie sie sonst nur in verwesenden Weichkörpern vorkommen (cf. p. 571). Jedoch konnte ich keinen metallischen Glanz (bei Oberlicht) an ihnen wahrnehmen, was aber daher kommen mag, dass bei ihrer Lage im Inneren des Weichkörpers die Lichtstrahlen nicht in gewöhnlicher Weise reflektirt werden. Sollte es sich hier wirklich Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 609 um Eisenkieskonglomerate handeln, so wären sie das einzige Zeugnis dafür, dass eine Substanzaufnahme von außen her in den Weichkörper stattgefunden hat. Der Kern der Dendrotuba nodulosa ist immer in der Einzahl vorhanden; er ist an keine genau bestimmte Region des Weichkörpers gebunden; doch habe ich ihn niemals innerhalb der Zweigäste ange- troffen, so dass er auf den Hauptstamm angewiesen sein dürfte. Er ist immer ein Rotationsellipsoid oder Ovoid, dessen längerer Durch- messer 0,0876— 0,1380 mm groß ist, während der kleinere nur 0,0200 bis 0,0600 mm erreicht. Diese Größenschwankungen des Kernes gehen mit denen der Weichkörper Hand in Hand. Er nimmt in der Regel die ganze Breite des Weichkörpers ein, ja er wird manchmal (Taf. XXV, Fig. 1235 und 1250) von der den Weichkörper umgebenden Hülle eingeengt, so dass eine scheinbar zufällige Verschmälerung des Weichkörpers seine natürliche Breite verringert. Die Kernmembran ist von unmessbarer Dünne und nur dadurch kenntlich, dass sie hier und da runzelig geschrumpft ist. Manchmal glaube ich auf ihr eine äußerst zarte aber unregelmäßige Punktirung erkannt zu haben. Der Kernmembran nach innen zu angelagert finden sich langge- streckte, thränenförmige, in Pikrokarmin stark färbbare Gebilde, welche eine Länge von 0,042511—0,06333 mm, bei einer Breite von 0,00333 bis 0,00857 mm aufweisen, und augenscheinlich als die Chromatinbe- standtheile des Kernes aufgefasst werden müssen; sie waren mit ihrer Längsachse in der Regel der Längsachse des Kernes gleichgerichtet!. Von diesen Chromatintropfen sah ich in einem Präparate sehr deutlich feine Fäden nach einer anderen Anhäufung von kleineren Chromatinkörnern im Centrum des Kernes hin verlaufen. Es entstand so eine Strahlung, die an Attraktionssphären erinnert, doch wurden hier die Strahlen, wie bemerkt, von wirklichen Fäden gebildet (Taf. XXV, Fig. 123 a). Die Hüllhaut der Dendrotuba zeigt die Besonderheit, dass sie oft- mals in mehreren Lagen über einander liegt; so namentlich bei Knäuel- bildungen, wo außer der Hüllhaut des aufgeknäuelten Weichkörpers sich in der Regel noch eine den ganzen Knäuel umfassende gemeinsame Hülle findet. Außerdem sah ich recht häufig losgerissene Hülltheile an der intakten Hülle anhaften; es scheint hier ein sehr ausgiebiger Häu- tungs- oder Abschürfungsprocess stattzufinden. Einige Male fand ich auch Steinchen der Hülle angeklebt (Fig. 123 b, St); zuweilen ließen sich 1 Derartige Kerne hatten wieder eine große Ähnlichkeit mit einem Kernsta- dium, wie :eSs CARTER in den Wurzelzellen von Chara verticillata auffand (cf. p. 603). 610 2. Ludwig Rhumbler, ringförmige Einschnürungen auf der Hüllhaut deutlich wahrnehmen (Fig. 1235, Ei). Der Gehäuseraum zeigte häufig neben dem Weichkörper noch leichtwolkige trübe Massen, die jedenfalls als ein weiteres Abscheidungs- produkt des Weichkörpers aufgefasst werden müssen. Die Hüllmasse scheint auch bei Dendrotuba sehr resistent zu sein; sie hielt sich in 10°%/,iger Kalilauge über drei Tage ohne Schaden zu nehmen; man findet sie öfters noch in leeren Gehäusen, während der von ihr einst umschlossene Weichkörper schon gänzlich ausgefault ist (Taf. XXV, Fig. 127). Einen in Zerfall begriffenen Weichkörper mag Fig. 126 darstellen. Vergleichendes über die in Saccamminagehäusen aufgefundenen, als spätere Eindringlinge erkannten einzelligen Weichkörper. Wenn die Einreihung der in dem vorigen Kapitel beschriebenen Weichkörper zu den Rhizopoden in der Folge zu Recht bestehen würde, so dürfen die vier letztbeschriebenen Formen Rhynchosaccus immi- grans, Dactylosaceus vermiformis, Ophiotuba gelatinosa und Dendrotubanodulosa wohl als ursprüngliche, vielleicht sandschalige, Thalamophoren angesehen werden, welche dadurch, dass sie den Schutz fremder Gehäuse aufsuchten, ihr eigenes Gehäuse nicht mehr in der sonst üblichen Weise durch Einlagerung von Fremdkörpern oder auch durch andere Abscheidungen zu festigenbrauchten. Rhynchogromia varia- bilis dagegen würde vielleicht eine Form darstellen, bei der die Ein- wanderung in fremde Gehäuse noch nicht zur Regel geworden ist, oder die wenigstens eine Festigung ihrer Schale noch nicht gänzlich aufge- geben hat. Bei einer solchen Auffassung legt weiterhin der Bau von Rhyncho- saccusimmigrans die Vermuthung nahe, dass sich aus derartigen Formen auf kürzerem oder längerem Wege die Gruppe der Gregarinen entwickelt haben mag. Das Exemplar von Rhynchosaccus immigrans, das durch zwei Stomostyle ausgezeichnet war (Taf. XXV, Fig. 105), erinnert lebhaft an die Schalen von RhizamminaindivisaH.B. Brady (Challenger-Report Bd. IX, Taf. XXIX, Fig. 6 und 7), deren sonst ebenfalls wurmförmige Ge- stalt an beiden Körperenden in rüsselartige Verlängerungen ausläuft; die Schale dieser Thalamophore ist noch ganz mit fremden Auflagerungen verstärkt. Die »chitinous Rhizopod-tubes, probably related to Rhizam- mina«, welche Brapy. auf Taf. XXIX, Fig. 1— 4 seines Challenger-Rhizo- podenwerkes abgebildet hat, dürften vielleicht mit meiner Ophiotuba gelatinosa in sehr naher verwandtschaftlicher Beziehung stehen, Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 611 zumal das Exemplar Fig. 4 mit fadenförmigen Gebilden besetzt ist, die zwar in gedrungenerer, etwas abweichender Form von der Hülle aus- laufen, aber immerhin zu einem morphologischen Vergleich mit den Fäden der Ophiotuba Anlass geben. Dendrotuba nodulosa darf vielleicht direkt mit Rhizammina algaeformis Brady verglichen werden (Challenger-Rep. Taf. XXVII, Fig. 1—11), nur dass der Verlauf der Zweigäste bei letztgenannter Thalamophore ein freierer, mehr baum- artiger ist, was dadurch wohl verständlich wäre, dass hier eine frei- lebende Form vorliegt, die nicht durch die Wände eines fremden Ge- häuses zu zahlreichen Umbiegungen veranlasst wird. Rhizammina algaeformis ist für uns desshalb von besonderer Wichtigkeit, weil wir neben stark mit Fremdkörpern inkrustirten Röhren auch solche an- treffen, die kaum mehr die Andeutung fremder Einlagerungen erkennen lassen, so dass hierdurch ein Übergang zu Dendrotuba gegeben scheint, zumal ja auch der Hülle von Dendrotuba gelegentlich noch Steinchen anhaften. Stünde also die Rhizopodennatur der behandelten Gebilde fest, so wären die Verwandtschaftsbeziehungen derselben nicht allzuschwer auszukundschaften. | Außer bei Saccammina fand ich einige Male Dactylosaceus, Ophiotuba und Dendrotuba auch in besonders großen Exemplaren von Reophax fusiformis, Rhynchosacecus immigrans dagegen einmal in einer kleinen, sonst leeren Wurmröhre. Die Einwanderung dieser Formen ist demnach nicht auf bestimmte Foraminiferenspeecies beschränkt. 2. In den Saccamminagehäusen aufgefundene Metazoen. Außer den im vorigen Abschnitte behandelten Fremdlingen in den Saecamminagehäusen, welche mit größerer oder geringerer Wahrschein- lichkeit auf protozoitische Abkunft zurückgeführt werden konnten, fan- den sich auch einige Metazoen in die Gehäuse verschlagen oder auch selbstthätig eingewandert. | Herr Dr. W. MicHAztsen in Hamburg hatte die Güte, die betreffen- den Stücke zu bestimmen. In drei Gehäusen fanden sich Sipunculiden aus der Gattung Phascolion. Es waren sehr junge Exemplare. Eins derselben hatte sein Vorderende zur Mündung des Pylomtubus hervorgestreckt. »Wahr- scheinlich gehören sie zum arktischen Phascolion strombi Mont.« Die Jugend der Exemplare erschwert eine sichere Bestimmung!. 1 Da diese Thiere sonst Schneckengehäuse aufsuchen, also auch sonst abge- schlossene Räume als Wohnung benutzen, ist ihre Gegenwart wohl auf eine eigen- Be Ludwig Rhumbler, Zweimal kamen Nematoden aus der interessanten Gattung Desmo- scolex vor. Das eine der Thiere gehörte zu Desmoscolex minutus Clap.; das andere war jedenfalls Desmoscolex adelphius Greeff. Außerdem fanden sich öfters Anguillula-ähnliche Nematoden, von deren Bestimmung abgesehen werden musste. Letztere kamen sowohl in ausgestorbenen Gehäusen vor, als auch in solchen, welche noch einen augenscheinlich lebenskräftigen Sarkodeleib enthielten. Im letz- teren Falle hielten sie sich meist neben dem Sarkodekörper auf, zwei- mal fand ich sie jedoch auch innerhalb desselben. Ähnliche Nematoden traf ich gelegentlich auch in Truncatulina lobatula Walker und Jakob und in Rotalia Becarii L., doch bei letztgenannten Foramini- ferenspecies bloß in abgestorbenen Gehäusen. Außer den genannten Thierformen wurden sehr häufig Eier aus ganz verschiedenen Thierklassen, welche scheinbar zum Schutze in den Gehäusen abgelegt worden waren, angetroffen. Manchmal war ihre Zahl so groß, dass das ganze Gehäuse davon erfüllt war und ganz den Eindruck machte, als ob es der Eier wegen zusammengebaut worden wäre. Der frühere Einwohner war in solchen Fällen natürlich nicht mehr zugegen. Auch die größeren Gehäuse von Reophax fusiformis Will. waren häufiger ganz mit Metazoeneiern erfüllt. Über eine Mycetozoenform, welche ebenfalls die Saccammina- gehäuse als Wohnstätte benutzt, hat Herr Professor Dr. W. Zopr in Halle die Liebenswürdigkeit gehabt,-Näheres zu referiren. Ich lasse mit sei- ner Erlaubnis die diesbezüglichen Mittheilungen am Schlusse meiner Arbeit folgen. 3. Kurzer Rückblick auf die beim Studium der Saccammina erhaltenen Resultate. Die Gehäusewand der Saccammina ist solid und enthält nur eine bis zwei auffallend kleine Öffnungen, welche auf dem Gipfel von zitzen- artigen Hervorragungen liegen (p. 4#36—441). Die Kittsubstanz des Saccamminagehäuses besteht nicht, wie man dem äußeren Aussehen nach annehmen sollte, aus Chitin, sondern ist jedenfalls in die Gruppe der Hornstoffe zu verweisen. Die braune Fär- bung der Kittsubstanz rührt von der Einlagerung eines Eisenoxydsalzes her (Berliner-Blau-Reaktion) (p. 441—ı447). Die jüngsten Gehäuse weichen in ihrem Aussehen nicht unbedeu- tend von den ausgewachsenen älteren ab (Primitivgehäuse). willige Einwanderung zurückzuführen; auch hier bleibt es merkwürdig, dass die Thiere die kleine Mündung des Saccamminagehäuses aufzufinden vermögen. Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. II. 613 Aus den Primitivgehäusen entwickelt sich durch Zerstörung alter Gehäusetheile und Aufbau von neuen zuerst ein Stadium des Gehäuses, wie es seither als einer besonderen Art Psammosphaera fusca F.E. Schulze zugehörig beschrieben wurde; aus diesem Psammosphära- stadium bildet sich durch Anlage eines Pylomtubus und weiteren Aus- bau der Gehäusewand das endgültige Saecamminagehäuse (p. 447—1472). In den Saccamminagehäusen wurden nach Ausschluss von Meta- zoen, welche sich in die Gehäuse verirrt hatten, fünf verschiedenerlei Arten von Weichkörpern aufgefunden, die möglicherweise für Rhizo- podenkörper gelten konnten. Unter diesen Weichkörpern konnte einer mit voller Bestimmtheit als der allein rechtmäßige Insasse des Gehäuses festgestellt, die anderen mussten für spätere Eindringlinge gehalten werden (p. 472—474). Der eigentliche Saccamminaweichkörper ließ folgende Struktur- eigenthümlichkeiten erkennen (p. 474—558). Er besitzt eine besondere Hüllschicht, die an Stelle des Pseudo- podiendurchtritts durch eine nicht formbeständige Trichteröffnung unterbrochen wird (p. 474—483). Die Hüllschicht des Saecamminakörpers lässt sich mit anderen Ge- bilden anderer Rhizopoden vergleichen (p. 483—1485). Zur Aufnahme der bei dem Gehäuseaufbau nöthigen Bausteine schickt der Weichkörper besonders verästelte Abzweigungen durch die Gehäusewand hindurch, die sich ihrerseits wieder mit Steinen be- decken (Pseudopodialröhren). Diese ästigen Abzweigungen dürfen nicht mit echten Pseudopodien verwechselt werden (p. 485—489). Die echten Pseudopodien lassen eine besondere Wabenstruktur vielleicht mit Einlagerung festerer Fäden erkennen und enthalten kleine körnige Einlagerungen, die dem übrigen Weichkörper fehlen (Pseudo- podienkörperchen) (p. 489—493). Der übrige Weichkörper der Saccammina besteht aus einem schwammartigen Sarkodegerüst, in dessen Lückensystem von außen aufgenommene Schlickmassen eingelagert sind (p. 493—502). Die Sarkode an sich lässt an den meisten Stellen eine deutliche Wabenstruktur erkennen (p. 502—505). Die Sarkode enthält außer den Schlickmassen noch andere Arten von Einlagerungen (Wabenkörperchen, Kittsubstanztheilchen, Exkret- körnchen) (p. 505—512). | Der Kern (p. 512—550) lässt neun verschiedene Zustände seiner Ausbildung unterscheiden. Die jüngsten dieser Zustände zeichnen sich durch den alleinigen Besitz von Binnenkörpern (Nucleolen anderer Auto- ren) aus, während ihnen jedes Chromatin- oder Liningerüst abgeht. 614 E Ludwig Rhumbler, Die späteren Stadien bringen, nachdem vorübergehend an der Kern- membran besonders stark färbbare Kegel (Chromatin), »Membrankegel «, aufgetreten sind, ein Liningerüst von äußerst feiner Struktur zur Aus- bildung, in welches kleinste Chromatinkörnchen eingelagert sind. Linin und Chromatin nehmen in demselben Maße zu, in welchem die Binnen- körper verschwinden. Auf den letzten Stadien tritt ein immer feiner werdendes Wabenwerk auf, das den früheren Stadien ganz fehlt. In den Wänden dieser Waben verlaufen die Lininfäden mit ihren Chromatin- einlagerungen (p. 512—539). Rückblick auf die Veränderungen des Kernes (p. 539— 543). Zwei besondere Arten von Kernen müssen wegen der Zerfallser- scheinungen, welche sich an ihnen wahrnehmen lassen, und weil sie von fadenartigen Gebilden erfüllt sind, die nicht für Chromosomen gel- ten können, sondern jedenfalls auf Pilze zurückgeführt werden müssen, als pathologisch verändert angesehen werden (p. 543—550). Mit der höheren Ausbildung des Kernes geht eine Veränderung des Weichkörpers in der Weise Hand in Hand, dass sich die Weichkörper höherer Kernstadien aller Schliekmassen entledigen, und eben so sämmt- liche Exkretkörnchen ausstoßen. Diese »Läuterung« des Weichkörpers kann allmählich verlaufen (allmählicher Defäkationsvorgang) oder sie kann mit einem Male geschehen, indem sich die Schlickmassen und die Exkretkörnchen an irgend einer Stelle des Weichkörpers ansammeln und von dort aus als ein gemeinsamer Ballen von dem Weichkörper ausgestoßen werden (rapider Defäkationsvorgang). Der rapide Defäka- tionsvorgang scheint nur als Folge von pathologischen Veränderungen in Kern oder Weichkörper aufzutreten (p. 550—598). Die Frage nach der Fortpflanzung der Saccammina konnte an dem vorliegenden Material nicht gelöst werden; doch ist es sehr wahrschein- lich, dass die höchstentwickelten Kernzustände und die während des Defäkationsvorganges eingetretene Läuterung des Weichkörpers die un- mittelbare Vorstufe der Fortpflanzungsvorgänge bedeuten (p. 558 —563). Die Gebilde, die von verschiedenen Forschern für die Vorläufer der in marinen Thalamophoren sicher aufgefundenen Brut angesehen worden sind, verdienen diese Auslegung nicht. Es sind dies erstens die Fäkalballen, d. h. die während des rapiden Defäkationsvorganges ausgeworfenen Schliekmassen, die zu einem Packet vereinigt, von einer gemeinsamen durebsichtigen Haut (Glasmembran) umhüllt werden, und in ihren Lücken kleine, sehr verschieden gestaltete, gelbliche Körper- chen (Xanthosomen) enthalten. Die Glasmembran ist als ein Derivat der Hüllschicht anzusehen. Die Hüllschicht ist augenscheinlich dem austretenden Ballen gefolgt, hat sich fest um ihn herum gelegt, und ist | ee Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 615 schließlich von der übrigen Hüllmasse des Weichkörpers abgeschnürt worden. Die Xanthosomen sind möglicherweise durch die, innerhalb des Fäkalballens auftretenden Verwesungsprocesse umgewandelte Ex- kretkörnchen (p. 563— 571). Die zweite Art der irrthümlich für Fortpflanzungskörper ange- sehenen Gebilde sind Eisenkieseinlagerungen, welche im verwesenden Weichkörper unter Mithilfe von äußeren mineralischen Einflüssen ent- standen sind p. 571—579). Von den anderen, in den Gehäusen aufgefundenen Weichkörpern konnte nur mit größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit eine pro- tozootische Natur festgestellt werden. Es ließen sich fünf verschieden organisirte Weichkörper von einander unterscheiden, die ich unter den Namen Rhynchogromia variabilis, Rhynchosacceusimmigrans, Dactylosaccus vermiformis, Ophiotuba gelatinosa und Den- drotuba nodulosa beschrieben habe, ohne jedoch über ihre systema- tische Stellung ein bindendes Urtheil abgeben zu können (p. 587—615). Göttingen, im December 1893. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXV. Spätere Eindringlinge im Saccamminagehäuse., Allgemeine Bezeichnungen. Fk, Fremdkörper; H, Hülle; Nuwel, Kern. Die mit * bezeichneten Figuren sind mit der OBErHÄuser’schen Kammer gezeichnet. Fig. 93—97*. Rhynchogromia variabilisn.g.,.n. Sp. Fig. 93*. Durch Einziehung der Mündung ist eine Delle (D) in der Schalen- wand entstanden. Ekt, Ektoplasma. Vergr. 220/4. Fig. 94*. Der Schale haften äußerlich Sarkodetropfen (St) an, welche woh. auf eine frühere Umhüllung der Schale durch aus der Mündung hervorgetretene Sarkodepartien schließen lassen. Oe, Öffnung der Schale. Vergr. 220/1. Fig. 95*. Kugelige Anschwellung des Mündungstheiles.. Die Schale hat hier durch Einlagerung kleinster Stäbchen (Stb) ein chagrinartiges Aussehen angenom- men. Oe, Öffnung der Schale. Vergr, 220/1. Fig. 96*. Schale mit zwei Öffnungen (Oe, und Oe3). Vergr. 64/4. Fig. 97*. Schnitt durch ein Exemplar, das augenscheinlich im Todeskampfe den hinteren Theil seiner Schale ganz abgeschnürt hat. Wo, Wolken organischer Substanz aus der Öffnung (Oe) ausgestoßen; St, Stäbchen, wie sie bei älteren Exemplaren in der Schalenwandung liegen, ebenfalls ausgestoßen; Ds, Durch- schnürung der beiden Schalentheile. Vergr. 64/1. Fig. 98—A44. Rhynchosaccus immigransn.g.,n. sp. An, Anhäufung von Ektoplasma am Vorder- oder Hinterende; Fk, Fremd- 616 Ludwig Khumbler, körper; H, Pellicula,; Nucl, Kern; Sto, Stomostyl; Wo, organische Massen, welche während des Todeskampfes durch das Stomostyl ausgestoßen wurden. In Fig. 100 d*. Sb, ein Schlickballen, der jedenfalls von der früheren Saccam- mina stammt; RS, andere Reste von Saccammina. Vergr. 64/4. Fig. 4104. Das Stomostyl vor seiner Einstülpung. Vergr. 450/4. Fig. 102. Pseudopodienartige Lappen am Vorderende. Vergr. 450/1. Fig. 4103*. Ein Exemplar mit zwei Stomostylen (Sto, und Stoa); Ps, pseudo- podienartige Erhebung der Pellicula. Vergr. 100/41. Fig. 104; Kern vom Exemplar Fig. 103. Fig. 105—107*. Axianschnitte durch das verbreiterte Vorderende; das Stomo- styl ist in Fig. 105 und 406 in schräger Richtung getroffen. Vergr. 100/4. Fig. 108. Ein Stück der Pellicula vom Vorderende; das Stomostyl ($to) ist in Einziehung begriffen und hat sich dabei in Längsfalten gelegt. Vergr. 120/A. Fig. 4109*. Centralschnitt eines Kernes. PsZ, perlschnurartige Zusammen- reihung der Binnenkörper. Vergr. 300/A. Fig. 440. Ein in Zerfall begriffener Weichkörper; der Weichkörper ist zu einzelnen Ballen aus einander gefallen, welche von xanthosomenartigen Körperchen (H) umgeben werden. Vergr. 100/A. Fig. 444%, Verschiedenartige Sarkodeeinlagerungen. Näheres im Text (p. 598 u. 599). Vergr. 150/A. Fig. 442—120. Dactylosaccus vermiformisn. 8, n. Sp. Fk, Fremdkörper; Nucl, Kern; Ps, pseudopodienartige Erhebungen der ekto- plasmatischen Hüllschicht. Fig. 412*. Ein ganzes Thier bei Beobachtung mit durchfallendem Licht. Vergr. 45/4. Fig. 143. Ein ganzes Thier bei Oberlicht. Vergr. 45/1. Fig. 444*, Vorderende. Vergr. 100/A. Fig. 445. Hinterende mit Falten (Fa). Vergr. 400/A. Fig. 116. Ein isolirter Kern in toto. Bk, Binnenkörper; Rs, Randschicht. Vergr. 360/A. Fig. 447*. Vorderende. Vergr. 100/A. Fig. 448. Stück eines Vorderendes, das in ein langes Band ausgezogen war. b, bandförmig ausgezogenes Vorderende mit Riefen (R); a, unveränderter Körper- theil. Vergr. 100/. Fig. 449%, Centralschnitt durch einen Kern. Bk, Binnenkörper; Rs, Rand- schicht. Vergr. 360/1. Fig. 120*. Axianschnitt durch ein Stück des mittleren Weichkörpertheiles. Sb, ein Schlickballen; Sn, Sarkodenetzwerk. Im unteren Theil des Schnittes sind die Fremdkörpereinlagerungen nicht eingezeichnet. Vergr. 100/A. Fig. 121—4122. Ophiotuba gelatinosan.g,,n. sp. Fig. 424*, Schnitt durch ein Bruchstück des Weichkörpers von Ophiotuba gelatinosan.g.,n.sp. Vergr. 125. Fig. 422. Ganzes Thier innerhalb des auf einer Seite geöffneten Saccammina- gehäuses ($.Geh). F, Fäden, die sich an die Gehäusewand ansetzen; Sch, Schlingen der aus der Gehäusemündung hervorgetretenen Äste (Ae). Vergr. 50/4. Fig. 123—427. Dendrotuba nodulosan.g., n. Sp. Nuecl, Kern. Fig. 123a u. b. Bruchstücke. An, Ansammlungen von feinkörnigem Proto- plasma; Chr, Chromatinbestandtheile des Kernes; Bd, bandartige Ausläufer der Beiträge zur Kenntnis der Rhizopoden. Il. 617 Hülle zum Festhalten am Gehäuse; Ei, Einschnürung der Hülle; ab, abgesplitterte Hüllschichttheile; St, ein der Hülle anklebender Stein. Vergr. 250/4. Fig. 124a u. b*. Axianschnitte durch Bruchstücke des Weichkörpers, welche mit Methylgrün-Eosin behandelt wurden. Die roth gefärbten Bestandtheile der Schnitte sind dunkler gezeichnet als die blau gefärbten. Fig. 124a Vergr. 100/A; Fig. 424 db, komplicirte Knotenbildung mit einer zweiten Hülle (Ha). Vergr. 70/4. Fig. 125 a u. b. Bruchstücke des Weichkörpers mit charakteristischen Schlin- gungen. Fig. 1255. Kn, knopfförmige Anschwellungen des Weichkörpers; Ell. ellip- soide Körper; schw.K, schwarze Körper. Vergr. 64/14 u. 250/A. Fig. 126. Ein scheinbar schon in Zerfall begriffener Weichkörper; von dem Kern ist nichts mehr zu sehen. Theile (l.TR) der Hülle enthalten bereits keinen Weichkörper mehr. G, schwach getrübte flockige Masse, wie sie sich auch sonst bei augenscheinlich lebensfrischen Exemplaren findet. Vergr. 50/4. Fig. 427*, Eine leere Hülle, wie sie in leeren Saccamminagehäusen häufiger vorkam. Vergr. 25/1. Ein in Saccamminagehäusen vorkommender Myxomyecet. Von Professor Dr. W. Zopf (Halle). Mit 2 Textliguren. Die Saccammina-Gehäuse werden als Unterkunftshütte benutzt von einem niederen Mycetozoum, dessen vegetativer Zustand ausgesprochen plasmodialen Charakter aufweist. Die in Folge guter Fixirung vorzüglich erhaltenen Plasmakörper bestehen aus dicken wurmförmigen Plasmasträngen, welche sich mehr oder weniger häufig verzweigen und bald spär- liche bald reiche Anastomosen- bildung aufweisen (Fig. 1,2). Letz- Fig. A. Fig. 2. Fig. 1. Plasmodium der Znteromyza, ein körperliches Netzwerk-mit zahlreichen Anastomosen dar- stellend, das in Form und Ausdehnung dem Lumen des Saccammina-Gehäuses entspricht. Y0fach vergr. Fig. 2. Ein einfacheres Plasmodium der Znteromyza. 0fach vergr. tere kann nach allen Richtungen des Raumes erfolgen und damit zur Bildung eines körperlichen Netzwerkes führen, das in seiner Form dem Lumen des Saccammina-Gehäuses entspricht (Fig. 1). Hier und Ein in Saeeamminagehäusen vorkommender Myxomycet. 619 da verbreitern sich die Plasmastränge schwimmhautartig und heften sich an die Innenwand des Gehäuses an. Der vielkernige Plasmakörper zeigt, wie bei anderen Mycetozoen, eine Differenzirung in Körner- plasma und Hyaloplasma. Letzteres kann, wie an einem jüngeren Exemplare zu sehen war, einfache oder spärlich verzweigte Pseudo- podien aussenden und besorgt auch die Anheftung an die Saccam- mina-Wandung, sich hierbei meistens plattenartig verbreiternd und glasartig durchsichtig erscheinend. In dem Körnerplasma findet man Nahrungsreste des Mycetozoums, welche, so weit sie deutlich unterscheidbar sind, in Form von leeren Schalen verschiedener Diatomeen, nicht sicher zu bestimmende Cysten- bildungen und Fragmentchen von sonstigen pflanzlichen oder thierischen Theilen, zum Theil auch anscheinend anorganische Partikeln. Die plasmodialen Zustände erinnern in ihrer Gestaltungsweise so _ lebhaft an die Plasmodien von Enteromyaca paludosa Cienk., dass man wohl berechtigt ist, vorliegenden Organismus als zu dieser Gattung ge- hörig anzusprechen. Cienkowskı hat mir seiner Zeit gestattet, von allen seinen unveröffentlichten Originalen dieser Species genaue Kopien zu nehmen, und so bin ich in der Lage beide Objekte mit einander ver- gleichen zu können. Von sonstigen Entwicklungsstadien fanden sich in den Präparaten nur solche, welche einen Übergang vom Plasmo- dium zur Fruktifikation darstellen, wie er für E. paludosa in meinen »Pilzthieren « (Breslau 1885) Fig. 42 III abgebildet wurde. Vom sporen- bildenden Stadium war leider in dem Saccammina-Material nichts auf- zufinden; es ist daher auch nicht mit Sicherheit zu entscheiden, ob etwa vorliegende Enteromyxa mit der E. paludosa Cienk. identisch ist, eine bloße f. marina derselben darstellend, oder ob eine ganz andere Species vorliegt. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII, Bd, AA Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der Goleopteren. Von Dr. K. Escherich. Mit Tafel XXVI und 3 Textfiguren. Unsere Kenntnis von dem männlichen Genitalsystem der Coleopte- ren ist im Verhältnis zu der ungeheuren Vielgestaltigkeit, in der das- selbe auftritt, noch recht mangelhaft. Nicht einmal über die rein anatomischen Verhältnisse, über die Formen, die die Keimdrüsen, die Ausführungsgänge, die Anhangsorgane etc. in den verschiedenen Fami- lien und Gattungen zeigen, sind wir genügend unterrichtet, geschweige denn über den feineren histologischen Bau und die Entwicklung etc. Größtentheils ältere Autoren sind es, die sich mit der Insekten- anatomie eingehender befassten und uns mit dem großen Formenreich- thum der Geschlechtsorgane der Insekten bekannt machten. Am meisten verdanken wir in dieser Hinsicht dem bekannten Entomotomen L£on Durour. Er untersuchte ein Organsystem nach dem anderen in den verschiedenen Insektenklassen, Ordnungen und Fami- lien, präparirte sie sorgfältigst, bildete sie ab und machte genaue Be- schreibungen davon. Seine Untersuchungen sind bewunderungswürdig gewissenhaft ausgeführt und kann man sich in den allermeisten Fällen vollkommen darauf verlassen. In Bezug auf das männliche Genital- system präparirte Durour circa 100 verschiedene Coleopteren (1825). Nach Durour beschäftigte sich Suckow (1828) mit dem Genitalsystem der Insekten, doch schlug dieser eine andere Richtung ein, indem er nicht die einzelnen Formen bei den verschiedenen Arten gesondert be- schreibt, sondern sich bemühte ein System aufzustellen, in dem er die verschiedenen Formen einzureihen suchte; so unterscheidet er testiculi lineares, spirales, ramosi ete. — Leider ist seine Arbeit von schwülsti- Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der Goleoptereu. 621 gen, naturphilosophischen Ideen und Phrasen so beeinflusst, dass sie - sehr viel an Werth verliert. Suckow gehörte außerdem der anthropo- morphischen Richtung (cf. Paırmen 1884) an und weiß daher von einer » Clitoris, welche sehr empfindlich, während der Begattung erigirt und durch die äußere Scham geschützt ist« ferner von »Fimbrien«, »Glans penis« ete. zu erzählen. Die Schleimdrüsen (glandulae accessoriae) des männlichen Genitalsystems deutet Suckow als »Harngefäße«, obwohl Durour und frühere Autoren dieselben schon ganz richtig erkannt hatten; J. F. Hrertscaweıter (1820) z. B. äußert sich darüber also: Haud longe a vero aberrare puto, si illis glandulae prostatae et glandularum Cowperi (si unquam analogiae inter Insecta et Animalia vertebrata locus sit) functiones adscribo. Dant enim seminali liquori vehiculum et invo- lucrum (p. 12). Suckow’s Phantasie war so groß, dass er sogar zwischen dem Darmkanal und den Geschlechtsorganen große Ähnlichkeit zu er- kennen glaubte und lange Vergleiche darüber anstellt (p. 259 und 260). Viel gediegener und brauchbarer ist Burmsister’s Darstellung in seinem berühmten Handbuch der Entomologie (1832). Auch hier ist wieder die systematisirende Richtung vertreten, indem BuRrMEISTER eine große Anzahl von Kategorien aufsiellt und in diese die verschiedenen Formen einreiht; die Hodenformen theilt er in vier Gruppen ein, deren jede wieder in 4 —6 Unterabtheilungen zerfällt: z.B. zusammengesetzte Bläschenhoden (T. racemosi, granulati, vesiculosi, vesiculoso-cirrati). BuRrMEISTER gründete sein System vielfach lediglich auf die äußere Erscheinung, ohne sich durch Zerlegung Aufschluss über den wirklichen Bau eines Organs zu geben und kam dadurch oft zu ganz falschen Vor- stellungen; so dachte er sich den Hoden von Blaps als »eine Blase, die überall mit kleinen runden Bläschen besetzt ist« und stellt dafür die Gruppe »Test. granulati« auf. In Wirklichkeit besteht der Hoden von Blaps aus vielen radiär angeordneten Blindschläuchen, wie es bereits Durour richtig dargestellt hatte. Burnmsister’s System ist daher ziemlich werthlos; doch enthält seine Abhandlung so viele andere werthvolle Aufschlüsse, dass sie von den älteren Arbeiten immerhin als eine der besten bezeichnet werden muss. Besonders die Kopulationsorgane erfahren durch BurnEister zum ersten Mal kritische Bearbeitung. Die letztgenannten Organe wurden in der folgenden Zeit eingehen- der studirt; eine ausgezeichnete Arbeit darüber lieferte Ormancry (1849) und es ist nur zu bedauern, dass sie von den späteren Autoren fast ganz vernachlässigt wurde. Besonders intensiv beschäftigte sich ferner G. Kraurz (1881) mit den Genitalanhängen der Coleopteren, indem er mit großem Eifer und besonderem Nachdruck auf die enorme systematische 41% 692 - °K. Escherich, Bedeutung der Kopulationsapparate hinwies. Daraufhin bedienten sich in der That eine große Anzahl deskriptiver Entomologen zur Species- unterscheidung der Genitalanhänge; leider erfuhren die verschiedenen Theile fast von jedem Autor wieder eine verschiedene Deutung und Benennung, was zu einer großen Verwirrung Veranlassung gab. Erst in neuester Zeit unternahm es C. VERHOEFF, die Genitalanhänge der Coleo- pteren vergleichend-anatomisch zu studiren und eine einheitliche, zweck- entsprechende Nomenklatur zu schaffen, worüber unten noch Näheres mitgetheilt wird. Endlich soll noch eine Arbeit erwähnt werden, die zwar nicht speciell über das Genitalsystem der Käfer handelt, die aber so viele all- gemein wichtige Aufschlüsse, so viele ganz neue Gesichtspunkte bringt, dass sie Jedem, der sich mit den Geschlechtsorganen der Insekten be- schäftigt, als Grundlage dienen muss. Es ist das Pırn£n’s klassische Arbeit »Über paarige Ausführungsgänge der Geschlechtsorgane bei Insekten« (1884). Wir werden unten noch häufig auf diese Abhandlung zurückkommen, so dass ich mich hier mit der einfachen Citirung be- gsnügen kann. Außer diesen zusammenhängenden Arbeiten über die Anatomie des männlichen Geschlechtssystems der Käfer existiren noch eine An- zahl uns weniger interessirender Abhandlungen, die zum Theil nur Einzelbeschreibungen bringen und die ich desshalb hier nur eitiren möchte. Es sind dies: SwAMmMERDAM, REAUMUR, HEGETSCHWEILER, HERRICH- SCHÄFFER, STRAUSS-DÜRKHEIM, LABOULBENE, LINDEMANN, BEAUREGARD U. A. Von entwicklungsgeschichtlichen Arbeiten über das Genitalsystem interessiren uns nur zwei Autoren: Nussaum (1882) und W. M. WHEELER (1892), auf die ich unten noch zu sprechen komme. Allgemeiner Theil. Bei der ungeheuren Vielgestaltigkeit, in der das männliche Genital- system in der Klasse der Coleopteren auftritt, schien mir die Frage von größtem Interesse, ob sich alle, mitunter sehr komplicirten Systeme auf eine oder wenige Grundformen zurückführen lassen. Zu diesem Zwecke war es vor Allem nöthig, einmöglichst einfach gebautesSystem aufzusuchen und dieses genau zu analysiren. Als solches erschien mir das der Carabiciden. Denn es ist hier das Princip der Funktions- theilung nur sehr schwach angedeutet: ein einfacher Blindschlauch auf jeder Seite hat die Funktion der Samenproduktion, der Samenaufbe- wahrung und der Schleimsekretion zu erfüllen. Dieser Blindschlauch mündet in je einen etwas stärkeren Schlauch, durch deren Vereinigung ein unpaarer Ausführungsgang entsteht (Fig. ]). Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der Goleopteren. 623 PıLm£n weist nun in seiner oben erwähnten Abhandlung darauf hin, dass »die Unpaarigkeit des Endabschnittes der Ge- schlechtsorgane sekundär entstanden ist und sich aus einem primärpaarigen Anhang phylogenetisch entfaltet haben muss (p. 94). Zugleich macht er aber darauf aufmerksam, dass der unpaare Endabschnitt nicht homophyletisch, sondern hetero- phyletisch entstanden ist, und weist zwei verschiedene Entwick- lungsmodi nach: 4\ per confluentiam der mesodermalen Vasa deferen- tia, oder 2) durch Einstülpung des Integuments. Wir müssen also, um zu einer Analyse des männlichen Genital- systems der Carabieiden zu gelangen, zunächst die Frage beantworten: Ist der unpaare Endabschnitt per confluentiam der Vasa deferentia, oder durch Integumentaleinstülpung entstanden ? Diese Frage kann auf verschiedenen Wegen gelöst werden, näm- lieh: 1) dadurch, dass man sowohl die embryonale als postembryonale Entwicklung Schritt für Schritt verfolgt, oder 2) dadurch, dass man aus dem Bau des fertigen Gewebes auf seine Herkunft schließt. Der letzteren, der anatomischen Untersuchungsmethode habe ich mich bedient; gerade bei den Insekten besitzt ja das ektodermale Ge- webe ein sehr charakteristisches Merkmal, das uns die Erkennung als solches in den meisten Fällen ermöglicht. Es ist das die chitinöse CGuticula, ein Produkt der ektodermalen Zellen, die nur in wenigen Fällen fehlt. Letzteres möchte ich besonders unterstreichen, um darauf hinzuweisen, dass der Mangel einer Chitincuticula keines- wegs die Abstammung vom Ektoderm ausschließt. Die Zellen können dadurch, dass sie an Stelle der ausschließlichen Chitin- bildung eine andere Funktion (Schleimsekretion, Ausscheidung von harnsauren Salzen etc.) übernehmen, ihre ursprüngliche chitinogene Eigenschaft ganz einbüßen, in welchem Falle dann natürlich das be- treffende Organ der Chitincuticula ganz entbehrt (z. B. sehr häufig bei den Marricur'schen Gefäßen). Umgekehrt aber spricht das Vorhanden- sein einer Ghitincuticula unzweifelhaft dafür, dass das betreffende Organ ektodermalen Ursprungs ist. Was nun die mikroskopische Untersuchung der Chitineuticula betrifft, so zeigt sich diese im einfachsten Falle als homogene, gelblich erscheinende Membran; häufig findet man einen sog. Stäbchensaum. Nicht selten gewahrt mn auch borstenartige Gebilde, verschieden geformte Vorsprünge, Leisten, Zähne ete. In diesen Fällen ist natür- lich eine Täuschung ausgeschlossen. Haben wir aber eine sehr dünne Schicht vor uns, so ist es nicht immer möglich, aus dem mikroskopischen 624 Fr K, Escherich, Befund an Schnitten mit Bestimmtheit auszusagen, ob diese aus Chitin besteht oder nicht (so kann z. B. erstarrtes Sekret eine Chitineuticula - vortäuschen). Glücklicherweise ist uns hier ein Mittel an die Hand gegeben, wodurch wir Chitin auf das Bestimmteste erkennen können; es ist das die Kalilauge. Dieses Reagens zerstört alle Gewebe mit Ausnahme des Chitins. Von der Kalilauge machte ich ausgiebigsten Gebrauch, und zwar verfuhr ich meistens so, dass ich das ganze Geni- talsystem herauspräparirte und es in vollständigem Zustand in das Reagens legte und einen oder mehrere Tage in den Wärmkasten stellte. Dadurch bekam ich sehr brauchbare Präparate, indem alle -Gewebe sich aufgelöst hatten, und nur die Chitincuticula zurückblieb. Um nun wieder auf das Genitalsystem von Garabus zurückzu- kommen, so erwiesen sich auf die Behandlung mit Kalilauge folgende Theile als chitinös: 4) Der Penis mit den Parameren. 2) Die innerste Membran des unpaaren Ausführungs- ganges. ’ | 3) Die innerste Membran der Ektadenien!, das ist der vom Ductus ejaculatorius ausgehenden Blindschläuche. Damit ist nun die aufgeworfene Frage erledigt: Der unpaare Endabschnitt des männlichen Genitalsystems der Garabi- ciden ist durch Einstülpung des Integuments entstanden. Auch eine zweite Frage kann hier gleich beantwortet werden. Es ist nämlich, wie Paım£n dargelegt hat, von höchstem phylogenetischen Interesse, ob die Vasa deferentia vor der Einmündung in die integu- mentale Einstülpung zu einem unpaaren Abschnitt sich vereinigen, oder ob sie bis zu ihrem Ende paarig bleiben, also paarig in das Inte- gumentalderivat münden. Wie ich nun oben dargelegt habe, reicht bei Carabus die Ein- stülpung des Integuments nicht nur bis zum proximalen Ende des unpaaren Ausführungsganges, sondern sie gabelt sich hier und ver- läuft bis zum Ende der Ektadenien. Erst oberhalb der Gabe- lungsstelle münden die beiden Vasa deferentia getrennt in je eine Ektadenie. Das Integumentalderivat reicht also bis zu den beiden Mündungen der Samenleiter, und es ist daher eine gewisse Paarigkeit der Ausführungs- gänge noch vorhanden, was nach Pıın£n auf die undifferenzirten Stadien niederer Insekten hindeutet. ® Wir haben also bei Betrachtung des Genitalsystems von Garabus 1 Als »Ektadenien« bezeichne ich die accessorischen Drüsen, die vom Ekto- derm abstammen (s. u.). Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der Goleopteren. 625 zwei Organgruppen zu unterscheiden: a) die Organe des Mesoderms, b) die Organe des Ektoderms. In die erste Gruppe gehören Hoden, Vas deferens (das zugleich die Funktion von Schleimdrüsen zu erfüllen hat) und Samenblase, alle in einem einfachen Blindschlauch vereinigt. In die zweite Gruppe gehören: Penis mit Parameren, Ductus ejacula- torius und zwei schlauchförmige Drüsen (Ektadenien). Ich schlage vor, die Organe der ersten Gruppe als »primäre Gescehlechtsorgane«, die der zweiten Gruppe als »ssekundäre Geschlechtsorgane« zu bezeichnen. C. VERHOEFF (1893 a) bezeichnet » die Fortpflanzungszellen (Testikel) und Ovarien sowie die die Geschlechtszellen ableitenden Wege zu- sammen als »primäre Geschlechtscharaktere«, die Parameren, den Penis und den Theil des Ductus ejaculatorius, welcher über den Penis her- vorragt, oder durch starke Chitinisirung und Loslösung vom Penis selb- ständig wird, sowie ferner alle sonstigen, nur dem einen Geschlecht zukommenden Eigenthümlichkeiten (erweiterte Tarsen, Antennenan- hänge etc.) als »sekundäre Geschlechtscharaktere«. Abgesehen davon, dass die Bezeichnung »primäre und sekundäre Geschlechtscharak- tere« von Darwin in einem ganz anderen Sinn gebraucht wird, ist auch die Eintheilung Vernorrr's eine ganz verfehlte und willkür- liche; denn er schreibt dem Ductus ejaculatorius bis zu einem will- kürlich angenommenen Punkt den Rang eines sekundären Geschlechtscharakters zu, während er ihn im weiteren Verlauf als pri- mären Geschlechtscharakter bezeichnet. Die oben von mir vorgeschlagene Bezeichnung glaube ich damit begründen zu können, dass die Organe der ersten Gruppe sowohl ontogenetisch als phylogenetisch wirklich primär auftreten, dagegen die Organe der zweiten Gruppe erst sekundär. Nachdem wir nun auf einigem Umweg zur Analyse des männlichen Genitalsystems von Carabus gelangt sind, können wir wieder zu dem Gedanken, von dem wir ausgegangen sind, zurückkehren. Ich stellte Eingangs die Frage, ob sich alle mitunter recht komplieirten Genital- systeme in der Klasse der Coleopteren auf eine oder wenige Grund- formen zurückführen ließen. Diese Frage endgültig zu beantworten sind die Untersuchungen, die ich bis jetzt anstellte, viel zu ungenügend. Doch werde ich in Fol- gendem zu zeigen versuchen, dass sich wenigstens einige hoch diffe- renzirte Systeme von einer Grundform ableiten lassen Diese Grundform ist uns in dem Genitalsystem von Garabus gegeben. Zunächst untersuchte ich nach der angegebenen Weise Hydrophilus piceus, da dieser ein sehr komplicirtes und hoch. 626 r K. Escherich, differenzirtes Genitalsystem besitzt. Von den paarigen Hoden gehen die dünnen Vasa deferentia ab, die mit einer großen Samenblase endi- gen und getrennt in mächtige Drüsen münden. Vor der Mündung er- gießt sich eine in drei Äste sich theilende, schlauchförmige Drüse in das _ Vas deferens (resp. die Samenblase). Die erstgenannten mächtigen Drü- sen vereinigen sich zu dem Ductus ejaculatorius; den Penis umgeben in mehrere Theile abgesetzte Parameren. Durch Behandlung mit Kalilauge erwiesen sich folgende Organe als ektodermal: 4) der Penis mit den Parameren und 2) der Ductus eja- eulatorius, der sich am proximalen Ende in zwei kurze Äste theilt. Von den großen Drüsen gelang es mir nicht eine Chitineuticula zu isoliren. Trotzdem ist es zweifellos, dass dieselben ektodermalen Ursprungs sind; denn sie können nur durch Fortsetzung resp. durch weitere Ausstülpung der beiden ektodermalen Äste des Ductus ejacu- latorius entstanden sein, wie aus Fig.10 (Taf. XXVI) ersichtlich ist. Es ist hier eingetreten. worauf ich oben hingewiesen habe, dass nämlich die ektodermalen Zellen in Folge Übernahme einer anderen Funktion ihre chitinogene Eigenschaft ganz verlieren können. Dass die Drüsen durch Ausstülpung des Vas deferens entstehen, ist ausgeschlossen, da letzte- res in den nachweisbar ektodermalen Theil mündet. Als sekundäre Geschlechtsorgane erweisen sich also bei Hydro- _ philus 1) der Penis mit den Parameren, 2) der unpaare Ductus ejacu- latorius und 3) die paarigen großen Drüsen (Ektadenien), die sich noch weiter specialisiren, indem sich am Ende ein kleiner Theil abschnürt und modifieirt. Alle übrigen Organe sind mesodermal also: Hoden, Vas deferens, Vesicula seminalis und die Anhangsdrüsen, die sich in letztere ergießen. Die Vasa deferentia vereinigen sich nicht vor ihrer Mündung in die Integumentaleinstülpung, sondern sie bleiben getrennt und mün- den also paarig in die Ektadenien (Fig. II). Wir haben also bei Hydrophilus denselben Grundplan wie bei Garabus. Eine Differenz liegt einzig und allein darin, dass die primären Geschlechtsorgane bei letzterem durch einen einfachen Blindschlauch repräsentirt werden, während sie bei jenem aus Hoden, Vas deferens, Vesicula seminalis und Anhangsdrüsen bestehen; mit anderen Worten: Das Prineip der Arbeitstheilung ist bei-Hydrophilus in der weitgehendsten Weise durchgeführt, während es bei Cara- bus nur schwach angedeutet ist. Eine Zwischenform zwischen den beiden Extremen liefert Blaps, indem nämlich hier das Vas deferens nicht ausschließlich die Funktion der Samenausführung zu erfüllen, sondern im letzten Abschnitt noch nebenbei als Drüse zu funktioniren hat. Es ist zwar eine Anhangsdrüse Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der Goleopteren. 627 vorhanden, doch scheint deren Sekretion allein nicht zu genügen. Sehr merkwürdig und etwas abweichend von Hydrophilus ist die Lage der Samenblase, die nicht am Ende des Vas deferens sich befindet, sondern in der Mitte, so dass nach ihr letzteres sich noch eine Strecke fort- setzt (Fig. I). Man sieht also, dass diese Genitalsysteme, so verschieden sie er- scheinen, dennoch einen Grundplan haben und dass lediglich das Prineip der Funktionsthei- lung die Differenzirung veranlasst hat. Ob dieses für alle Käfer zutrifft oder nur für einen Theil, müssen weitere, ausgedehntere Unter- suchungen entscheiden. Auf die Samenblasen muss ich hier nöch etwas näher eingehen. Fig. III. Fig. II. Fig. I, Schema des männlichen Genitalsystems von Carabus; Fig. II, von Blaps; Fig. II, von Hydrophilus. Die dicken Linien stellen die ektodermalen Organe dar. ’ Wie ich oben dargelegt habe, sind die Vesiculae seminalis sowohl bei Hydrophilus als auch bei Blaps mesodermal. Dasselbe fand W.M. Wneserer bei Xiphidium (1893). Dieser Autor beschreibt den Vorgang der Entwicklung ausführlich und giebt sehr klare Abbildungen davon. Es bildet sich am Mesodermsomiten des zehnten Abdominal- segmentes ein Divertikel, dessen distales Ende sich zu einer Ampulle (the terminal ampulla) erweitert. Diese wird zur Samenblase, während der übrige Theil des Divertikels zum Vas deferens sich ausbildet. 628 K. Escherich, Anderer Ansicht ist J. Nussaum (1882); nach ihm sind die Samen- blasen ektodermalund zwar sollen sie aus» zwei Hautepithelverdickungen des viertletzten Abdominalsegmentes« entstehen (bei den Mallophagen, Pediculiden, Blattiden und Culieiden). Nussaum untersuchte nur Larven, während nach Wnzerrr die Bildung der Samenblasen schon im Embryo stattfindet. | Sehr instruktiv sind die Verhältnisse bei Carabus; es ist zwar hier eine Vesicula seminalis von dem übrigen Theil des Vas deferens äußerlich nicht abgegrenzt, aber dennoch können wir von einer solchen sprechen. Es hat nämlich ein besonderer Abschnitt des Samenleiters die Funktion der Samenaufbewahrung bereits übernommen, nämlich der Theil kurz vor der Mündung in die Ektadenie. An der Mündung selbst bekommt das Vas deferens eine äußerst kräftige Ringmuskulatur, die als Sphinkter zu funktioniren hat. So lange keine Begattung statt- findet, bleibt der Sphinkter geschlossen und die Samenmasse sammelt sich vor der Mündung an (Fig. 2, Taf. XXVI). Es entsteht also hier durch Verschluss eine Samenblase. Das Epithel ist in diesem Abschnitt, im Gegensatz zu dem übrigen Theil des Vas deferens, flach, niedrig und liegt der Muscularis glatt an, wodurch das Lumen größer wird. — Sollte es bei Carabus zu einer Funktionstheilung kommen, so müsste der der Samenblase vorhergehende Theil, der, wie im speciellen Theil noch ausführlich gezeigt wird, die Funktion einer Drüse (Mesadenie) zu er- füllen hat, an Stärke beträchtlich abnehmen, da er dann nur noch als ableitender Kanal zu dienen hätte. Der oben genannte Abschnitt dagegen, der als Samenblase zu funktioniren hat, würde auch nach eingetretener Arbeitstheilung seine alte Stärke behal- ten oder eher noch vermehren. Wir kämen so zu dem Bild, das uns Hydrophilus in der That darbietet. — Die Samenblase ist daher lediglich als eine Erweiterung des mesodermalen Samen- leiters anzusehen, was schon BurMEISTER und Suckow richtig erkannten (s. unten). Nussaum’s Ansicht dürfte sich daher als unrichtig erweisen. Es erübrigt noch einen Punkt zu berühren, nämlich die Nomen- klatur. In Bezug auf diese ist die Uneinigkeit die denkbar größte. Nur Hoden, Vas deferens und Ductus ejaculatorius wurde von allen Autoren (mit wenigen Ausnahmen) richtig erkannt und bezeichnet. Um so größer ist die Konfusion, wo es sich um die Erkennung und Benen- nung der Samenblase und der Anhangsdrüsen handelt. Durour (1825) nennt alle Anhangsgebilde einfach »vesicules seminales« und spricht von vier bis fünf Paaren langer, schlauchförmiger Samenblasen. Suckow (1828) dagegen wandte den Terminus »„Samenbläschen« nur für die blasenförmige Erweiterung des Vas deferens an, hatte also die Vesicula Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der Goleopteren. 629 seminalis ganz richtig erkannt. Um so unglücklicher sind die übrigen Bezeichnungen gewählt: denn weder der Terminus »Nebenhoden« noch »Harngefäße« entspricht den damit bedachten Organen (Anhangs- drüsen). BuRrMEISTER (1832) hat ebenfalls die Samenblasen richtig und sehr treffend wie folgt definirt: »Die Vasa deferentia sind feine Röhren von Anfangs sehr geringem Umfang, die entweder immer ein gleiches Lumen behalten, oder sich vor ihrer Mündung erweitern undin eine ovale, längliche Blase ausdehnen. Diese Erweiterung heißt Samenblase«!. Den Terminus »Neberhoden« behält er leider in demselben Sinne wie Suckow bei. Er definirt ihn »als ein drüsiges, oft nach dem Typus der wahren Hoden gebildetes Organ, das mit einem eigenen Ausgang in den gemeinschaftlichen Ausführungsgang der Ge- schlechtsorgane einmündet «. Im Allgemeinen behielt man diese Terminologie bis heute bei, abgesehen von der Bezeichnung »Nebenhoden«, die man nicht mehr im Sinne Burnzıster’s und Suckow’s anwendet, sondern die man gewöhn- lich da gebraucht, wo das Vas deferens in Folge seiner Länge sich zu einem Knäuel aufwindet; so spricht man sehr zweckentsprechend von einem Nebenhoden bei den Carabiciden, Dytiseiden (AurrsacH [1893]), Lucaniden (Escarrıch [1893]) etc. Es handelt sich hier um einen rein morphologischen Begriff, da das aufgeknäuelte Vas deferens (Nebenhoden) bei den verschiedenen Arten verschiedene Funktionen erfüllen kann. Als »Nebenhoden« (Epididymis) ist also lediglich das durch Auf- knäuelung des Vas deferens entstandene Organ zu bezeichnen, gleich- gültig welche Funktion dasselbe zu erfüllen hat. Die »Samenblase« ist schon erörtert und habe ich oben die Worte Burnzister’s angeführt. Doch möchte ich hier nochmals betonen, dass lediglich das Organ alsSamenblase zu bezeichnen ist, das sieh als Erweiterung des Vas deferens erweist und ledig- lich dazu bestimmt ist, die Samenmasse bis zur Copula aufzubewahren?. Was nun die verschiedenen Anhangsdrüsen betrifft, so habe ich im Vorhergehenden gezeigt, dass dieselben sich in zwei Gruppen theilen lassen: 4) in diejenigen, die vom Mesoderm und 2) in die, die vom 1 Bei BURMEISTER nicht gesperrt gedruckt. 2 Es kommt öfter vor, dass man einzelne Spermatozoen in den verschiedenen Anhangsdrüsen findet. Man darf aber desswegen diese nicht als Samenblase be- zeichnen. (Cf. die Abhandlung von Leypis [4892]) über die Receptacula seminis der Urodelen.) 650 ge K. Escherich, Ektoderm abstammen. Nach diesem Gesichtspunkt dürfte auch eine verschiedene Benennung zweckmäßig sein und möchte ich für die Drüsen der ersten Gruppe den Terminus »Mesadenien«, und für die der zweiten Gruppe den Terminus »Ektadenien« in Vorschlag bringen. Als »Mesadenien« sind alle drüsigen Anhangsgebilde zu be- zeichnen, die vom Mesoderm abstammen, also Ausstülpungen des Vas deferens. Als »Ektadenien« alle diejenigen drüsigen Anhangsgebilde, die vom Ektoderm abstammen, also Ausstülpungen des Duetus ejacula- torius!. In Bezug auf die Terminologie der Kopulationsorgane war die Konfusion und Uneinigkeit noch bedeutend größer als bei der der inne- ren Organe. Es ist das Verdienst C. VERHOEFF'S, dieser Verwirrung ein Ende gemacht zu haben. Dieser Autor studirte die Genitalanhänge der Goleopteren vergleichend-anatomisch und kam zu dem Resultate, dass alle Formen .aauf eine Grundform sich zurückführen lassen. Diese besteht: 1) aus einem Mittelstück, in das der Ductus ejacu- latorius mündet, und 2) aus zwei Nebenstücken, die zu beiden Seiten des ersieren gelagert sind. Das Mittelstück bezeichnet VERHOorFF als Penis, die Nebenstücke als Parameren. Zerfallen die letzteren in mehrere abgesetzte Stücke, so unterscheidet er zwischen »partes basa- les«, »partes mediae« und »partes finales«. Diese Nomenklatur ist eine völlig zweckentsprechende, und es ist nur zu wünschen, dass dieselbe allgemein angenommen werden möge. Specieller Theil. Im Folgenden werden die anatomischen und histologischen Einzel- heiten des männlichen Genitalsystems von CGarabus, Blaps und Hydrophilus beschrieben. Ich muss aber bemerken, dass ich mich ausschließlich auf die mikroskopische Untersuchung der Ausfüh- rungsgänge und Anhangsgebilde beschränkte, dagegen den Hoden und die spermatogenetischen Vorgänge nicht berücksichtigte. Ich muss mich daher in Folgendem damit begnügen, in Bezug auf die Hoden die makroskopisch-anatomischen Verhältnisse anzugeben. Carabus morbillosus (Fig. 1). Der Hoden besteht aus einem einfachen Blindschlauch, der sich aufwindet und dadurch einen Knäuel von A—11/, cm Länge bildet, die Gestalt ist gewöhnlich oval, nach vorn zu sich etwas zuspitzend. Der I F, Leyvig unterscheidet bei Lamia auch Anhangsdrüsen mit chitinöser Intima und ohne eine solche (4859). Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der Goleopteren. 631 Blindschlauch ragt mit seinem peripheren Ende circa i/, cm weit frei aus dem Knäuel hervor (Fig. I {). Das ganze Konvolut wird von einer feinen Tunica umgeben. Das Vas deferens ist ungefähr 5 cm lang und muss sich daher, um Platz zu bekommen, aufknäueln; es entsteht dadurch ein Neben- hoden (Epididymis) (Fig. 1 w). In entfaltetem Zustand kann man schon - mit schwacher Lupenvergrößerung zwei Abschnitte unterscheiden: Der erste Abschnitt, der ungefähr ?/, der ganzen Länge (vom Hoden ab) beträgt, zeigt ein deutlich geringeltes Aussehen, indem dunkle mit hellen Ringen abwechseln (etwa wie bei Tracheen). Im zweiten Ab- schnitt dagegen verschwindet diese Erscheinung und zeigt sich hier das Vas deferens als ein einfacher Schlauch. In histologischer Beziehung verhalten sich die beiden Abschnitte folgendermaßen: Im ersten Theil setzt sich die Wand zusammen: 1) aus einer Längsmuskelschicht, 2) einer Ringmuskelschicht, 3) einer Bindege- webslage und 4) dem Epithel. Letzteres liegt der Muskulatur nicht überall glatt an, sondern es bildet Falten, die verschieden weit in das Lumen hineinragen. Anfangs (vom Hoden ab) befinden die Falten sich nur auf einer Seite und erreichen hier eine solche Höhe, dass sie das Lumen zu versperren scheinen (Fig. 3). Gegen die Ektadenien zu nehmen diese Falten an Höhe ab, dagegen bildet das Epithel nun auch auf der gegenüberliegenden Seite Falten. Die Zellen sind, so weit sie den Falten angehören, schmal und ziemlich hoch und an ihrer Basis zugespitzt. An der Spitze der Zellen (d. i. an der in das Lumen ragen- den Seite) gewahrt man eine feine Strichelung. In den Falten ist der Zwischenraum zwischen der Basis der Zellen mit faserigem Binde- gewebe ausgefüllt. An den Stellen, wo das Epithel der Muscularis glatt anliegt, sind die Zellen niedriger, kubisch, an ihrer Spitze so breit wie an der Basis (Fig. 3). Paırm£n (1884) beschreibt eine ebensolche Faltenbildung im Vas deferens der Ephemeriden (Heptagenia) und be- merkt sehr richtig, dass »dieser Abschnitt des Samenleiters eine Art Glandula mucosa darstellt«. In unserem Falle hat jedenfalls die Falten- bildung auch nur den Zweck, die Fläche des secernirenden Epithels möglichst zu vergrößern; denn auch hier hat dieser Abschnitt des Vas deferens die Funktion einer Glandula mucosa, einer Mesadenie, zu erfüllen, da eine solche bei Garabus nicht ausgebildet ist. Der zweite der oben erwähnten Abschnitte unterscheidet sich in histologischer Beziehung wesentlich von dem ersten. Die Muscularis besteht lediglich aus einer Ringmuskelschicht, deren Bündel sich in 2 K. Escherich, spitzem Winkel kreuzen, also gewissermaßen ein Geflecht bilden. Sie wird gegen die Mündung in die Ektadenien zu immer kräftiger und erreicht schließlich eine Dicke, die das Lumen um das Sechsfache über- trifft (Fig. 2 rm). Das Epithel ist hier ziemlich flach und schließt sich der Muscularis eng an. Wie im allgemeinen Theil schon erwähnt, stellt dieser Abschnitt des Vas deferens die Samenblase vor. Die paarigen Ektadenien (Fig. 1 E) sind sehr groß und fallen sofort bei Eröffnung des Ahdomens auf; sie sind eirca 2 em lang und mehrfach unregelmäßig gewunden. Ein Querschnitt (Fig. 5) bietet uns folgendes Bild: Zu äußerst sehen wir eine mächtige Schicht großer, polygonaler Felder, die sich als Querschnitte von Muskeln erweisen (Im). Die einzelnen Bündel erreichen einen Durchmesser von 16 u und lassen eine Zusammensetzung aus äußerst feinen Fibrillen erkennen. Auf diese Längsmuskelschicht folgt eine sehr dünne Bindegewebslage, in der feinste Tracheenäste verlaufen (b); darauf kommt eine Ringmuskel- schicht (rm); dieser liegen verschieden große, eigenthümlich gefärbte Zellen an (rz), die unten noch genauer besprochen wer- den sollen. Erst auf diese Zellenlage folgt das eigentliche Drüsenepithel, das aus verschieden hohen, zum Theil sehr langen, schmalen Zellen besteht (ep); manche von diesen erreichen eine Länge von 60—70 u, während ihre Breite kaum 2 u beträgt. Das Protoplasma zeigt deutliche Körnelung, die Kerne sind länglich oval und liegen theils an der Basis, theils in der Mitte der Zellen. Als letzte Schicht endlich zeigt sich uns ein Stäbchensaum, der besonders gegen das Ende der Ektadenien deut- lich wahrzunehmen ist, und auf Schnitten ein Flimmerepithel vortäu- schen könnte. Es gelang mir, wie bereits im allgemeinen Theil erwähnt, eine Chitincuticula mittels Kalilauge isolirt darzustellen. | Von besonderem Interesse ist die Zellenlage, die sich zwischen dem Drüsenepithel und der Ringmuskelschicht findet. Je nach der Stelle, an der der Schnitt gemacht ist, und je nach der Jahreszeit, aus der das Thier stammt, erhalten wir ganz verschiedene Bilder von besagten Zel- len. In einigen Fällen sieht man eine vollkommen kontinuirliche, aus niedrigen, ziemlich gleichgeformten Zellen bestehende Lage (Fig. 5rz); auf anderen Schnitten ist die Lage hier und dort unterbrochen, einige Zellen ragen hervor und zeigen ganz unregelmäßige Formen; oder es finden sich nur noch einige wenige Zellen, die ohne jeden Zusammen- hang getrennt von einander liegen, und so in die Epithellage hinein- ragen. In diesem letzten Fall erreichen die Zellen eine beträchtliche Größe und besitzen die verschiedensten Formen; meistens sind sie länglich dreieckig mit breiter Basis und schmaler Spitze, manchmal auch umgekehrt sitzt die Zelle nur mit einem schmalen Stiel auf der Muskel- Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der Goleopteren. 633 schicht auf (Fig. 7rz). Das Protoplasma erscheint dunkelgelb und unterscheidet sich dadurch sehr auffallend von den darüberliegenden Epithelzellen. Was die Funktion dieser Zellschicht betrifft, so dürfte es wohl keinem Zweifel unterliegen, dass die betreffenden Zellen dazu bestimmt sind, diedarüberliegenden Epithelzellen nach deren Zer- fall zu ersetzen, dass es sich also um sogenannte Ersatz- oder Regenerationszellen handelt. Es wurden solche schon mehrfach im Mitteldarm von Insekten beschrieben, so z. B. von FRENZEL, van GE- HUCHTEN (Larve von Ptychoptera contaminata) und von Mıncazzını. Letz- terer untersuchte den Mitteldarm der Larve von Oryctes und theilt Fol- gendes über das Epithel mit (1889a): »L’epithelio del mesenteron & formato da due strati sovraposti, ’uno superiore assai sviluppato, fun- zionante, l’altro inferiore, basamentale o di matrice, molto ridotto rispetto al primo. Quando le cellule sovrastranti sono ben vigorose e nella piena attivitä del loro periodo funzionale, allora le cellule dell’ epithelio di matrice sono piecolissime, si distinguono appena come piccoli nuclei posti al disopra del connettivo. Comminciando lo stato regressivo delle cellule superiore, quelle di matrice si acerescono ed il loro corpo cellu- lare, che prima non si distingueva, si fa piü visibile e si presentano allora come tante piccole cellule cubiche o sferiche adiacenti l’una all’ altra. Infino verso gli ultimi stadi di regressione delle cellule superiori, le matriei sono ancora piü grosse, hanno un’ altezza piuttosto considera- vole e diventano eylindriche« (p. 49). An einer anderen Stelle (1889 b) berichtet er über den Mitteldarm des ausgewachsenen Käfers: »Alla parte basilare dell’ epithelio stanno nummerose piccole cellule ad altezze differenti, le quali rappresentano lo strato, che dovrä rigenerare il so- prastante, quando questo avrä compiuta la sua funzione« (p. 278). Die Abbildungen Minsazzin!'s und diese Beschreibung stimmen im Allgemeinen mit den von mir beschriebenen Zellen überein; es dürfte sich daher wohl um analoge Erscheinungen handeln. Genauere Unter- suchungen über diese Art der Epithelregeneration wären sehr wün- schenswerth und würden sich die Ektadenien von Carabus dazu vor- züglich eignen. Der unpaarige Ductus ejaculatorius ist ca. 5 mm lang und zeigt im Allgemeinen dieselbe histologische Struktur, wie die Ektadenien. Die Muscularis besteht aber hier aus reiner Ringmusku- latur, das Epithel ist niedriger und die Regenerationszellenschicht fehlt ganz. Der Kopulationsapparat ist sehr einfach gebaut und besteht 1) aus dem Penis, 2) aus paarigen Parameren. Der Penis ist ca. 8 mm lang, stark chitinös und an der Basis stark gekrümmt. Das Ostium liegt 634 K. Escherich, (bei natürlicher Lage des Penis, die Konvexität nach rechts gekehrt, ventral und etwas vor der Spitze. An der gekrümmten Basis sind die Parameren mit dem Penis durch Bindegewebe und Muskeln beweglich verbunden. Die Parameren sind Anfangs ziemlich kräftig, verjüngen sich aber von der Mitte an nach hinten zu einer Borste (vgl. die Abbil- dungen bei Ormanczy |1849] und Koıse [1893]). Blaps gigas L. (Fig. 6). Nach Entfernung der Tergiten des Abdomens gewahrt man an der Seite (in der Höhe der dritten bis vierten Ventralplatte) den linken Hoden, der über dem Darm liegt. Der übrige Theil des Genitalsystems ist von letzterem vollständig verdeckt und wird erst nach Abtragung desselben zugänglich. Die Entfernung des Darmes ist mit ziemlichen Schwierigkeiten verbunden, da der mitunter sehr lange Ductus ejacu- latorius (bei Blaps gibba 40—50 cm) mit dem Darmkonvolut vielfach verwickelt .ist. Der rechte Hode liegt etwas weiter analwärts gerückt als der linke (zwischen vierter und fünfter Ventralplatte) ; mächtige, schneckenförmige Drüsen nehmen fast das erste Drittel des Abdomens ein. Außerdem sieht man die hufeisenförmigen Vesiceulae seminales und zu unterst (ventral) die langen, zarten Anhangsdrüsen des Vas de- ferens in aufgeknäueltem Zustand. Im letzten Drittel des Abdomens liegt parallel zur Längsachse des Körpers der lange, cylindrische Kopu- ' lationsapparat. Die Hoden zeigen eine annähernd nierenförmige Ge- stalt (Fig. 6 7). Jeder Hode wird zusammengesetzt aus zwei von kurzen, radiär angeordneten Blindschläuchen gebildeten Büscheln. Aus jedem der letzteren führt ein feiner Ausführungskanal, durch deren Vereini- gung das Vas deferens entsteht. Das periphere Ende der einzelnen Blindschläuche enthält die Spermabildungszellen, während der central- wärts gelegene Theil von fertigen Spermatozoen dicht angefüllt ist. Das Äußere des Hodens bekommt dadurch, dass die Blindschläuche etwas hervorragen, ein granulirtes Aussehen, was BurmEister zur Aufstellung der Gruppe »Testiculi granulati« Veranlassung gab. Auf das Unrichtige seiner Vorstellung habe ich oben schon hingewiesen. An dem Vas deferens sind drei scharf begrenzte Abschnitte zu unterscheiden: 4) der Theil vom Austritt des Hodens bis zur Vesicula seminalis, 2) die Vesicula seminalis und 3) der Theil an der Vesicula seminalis bis zur Mündung in den Ductus ejaculatorius. Die drei Abschnitte sind ganz präcis charakterisirt durch ihr Epithel, das in jedem der drei Theile gemäß der verschiedenen Funk- tionen verschieden ist. | Der erste Abschnitt ist sehr zart und dünn; seine Wand besteht Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der Goleopteren. 635 aus einer dünnen Muscularis und einer Epithellage, deren Zellen ziem- lich hoch und eylindrisch sind. Dieser Theil hat lediglich die Funktion der Samenausführung. Der zweite Abschnitt, die Vesicula seminalis, hat eine hufeisen- förmige Gestalt und zeichnet sich außerdem noch vor dem ersten Ab- schnitt aus durch das beträchtlich größere Lumen und das hier niedri- gere, plattere Epithel. Der dritte Abschnitt, der drüsige Theil, ist etwas länger als der erste Abschnitt; das Epithel ist sehr ausgezeichnet: die Zellen schwanken in ihrer Höhe zwischen 90 «u und 15 u und sind so angeordnet, dass sie viele neben einander stehende, kegel- oder zapfenförmige Vor- sprügeindasLumenbilden |Fig. 8). Die Muscularis besteht hier aus einer Ringmuskulatur. Dieser letzte Abschnitt des Vas deferens hat außer der Samenausführung auch noch die Funktion einer Schleimdrüse zu erfüllen (ähnlich wie bei Garabus). Die Mesadenien (Fig. 6 M) sind paarig vorhanden, d.h. für jedes Vas deferens eine. Sie erreichen eine Länge von 5 em und sind äußerst zart und empfindlich; ihre Wand besteht aus einer sehr dünnen Mus- cularis und einer Lage Cylinderepithel. Sie ergießen sich in den dritten Abschnitt des Vas deferens, kurz vor der Mündung des letzteren in den Ductus ejaculatorius. Die paarigen Ektadenien erreichen auch bei Blaps eine mächtige Ausbildung (wie bei Carabus). Ihr centraler Theil (d.i. wo sie sich zum Ductus ejaculatorius vereinigen) ist ziemlich dick, gegen das periphere Ende hin verjüngen sie sich allmählich und winden sich spiralig auf. Die histologischen Details sind folgende: Die äußerste Schicht, die Muscularis, setzt sich zusammen aus einer Längs- und einer etwas dünneren Ringmuskulatur; auf diese folgt eine Lage äußerst schmaler, langer Drüsenzellen, die größtentheils gleich weit in das Lumen hinein- ragen. Nur gegen den centralen Theil hin bildet das Epithel mehrere fächerartige Vorsprünge. Die Zellkerne sind von verschiedener Größe, gewöhnlich länglich eiförmig (Fig. 7E). Die chitinöse Intima ist sehr fein und lässtsich mit Kalilauge ganz gutisoliren. Der Ductus ejaculatorius (Fig. 6.de) ist bei Blaps gigas ungefähr 10 em lang (bei Blaps gibba Lap. erreicht er eine Länge von 40 bis 50 em!) und ist in Folge dessen vielfach gewunden und gekrümmt. An seinem proximalen Ende ist er etwas erweitert, eben so an seinem distalen Ende vor dem Eintritt in den Penis; in seinem mittleren Ver- lauf ist er ziemlich dünn, aber sehr resistent. Die Wand setzt sich aus folgenden Schichten zusammen: 1) einer sehr starken Ringmuskel- schicht, 2) Bindegewebe, 3) der Hypodermis, deren Zellen im proximalen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 49 656 K. Escherich, Theil sehr hoch, ceylindrisch sind, im weiteren Verlauf aber bedeutend niedriger werden und 4) der sehr kräftigen, deutlich sichtbaren Chitin- intima. Die Wände der letzteren zeigen nach der Isolirung mit Kali- lauge ein gewelltes Aussehen. Der Kopulationsapparat ist bedeutend höher differenzirt als bei Carabus, indem die Parameren in zwei Theile abgesetzt sind. Das Basalstück ist im Verhältnis zum Endstück sehr kräftig entwickelt, liegt dorsalwärts und ist ohne deutliche Naht verwachsen. Die Endstücke sind kurz und an der Basis verwachsen. Der Penis, der zwischen den partes finales ein wenig hervorragt (ventralwärts), besteht aus einer langen Rinne, die den Ductus ejaculatorius nur auf der Dorsalseite be- deckt. In der Mitte der Rinne verläuft der ganzen Länge nach eine deutliche Naht. Hydrophilus piceus (Fig. 9). Nach Entfernung der Dorsalplatten des Abdomens gewahrt man nahe der Hinterbrust die zwei großen, länglichen Hoden, die quer ge- lagert sind und mit ihrem peripheren Ende oberhalb des Darmes einander berühren. Große, runde Tracheensäcke liegen über den Hoden (Fig. 9 ir). Der übrige Theil des Genitalsystems wird erst nach Entfernung des langen, schneckenförmig gewundenen Darmes sichtbar. Besonders auffallend sind die zwei mächtigen Ektadenien, die beinahe zwei Drittel des ganzen Abdomens einnehmen; ferner sieht man zwei zarte Mesade- nien, die Vesiculae seminales, den starken Ductus ejaculatorius und die Genitalanhänge. | Der Hoden (Fig. 97) ist von länglicher Gestalt, an seinem peri- pheren Ende ziemlich breit, an dem gegenüberliegenden Ende sich zu- spitzend (Länge 1 cm, Breite 2 mm). Er ist zusammengesetzt aus einer sehr großen Anzahl feiner ca. 1 mm langer Blindschläuche, die um einen in der Längsachse verlaufenden feinen Ausführungsgang radiär angeord- net sind. Durour giebt eine sehr gute Beschreibung und Abbildung von dem Hoden von Hydrophilus. Burmsister stellte dafür die Gruppe »Testiculi scopacei« auf. Das Vas deferens (Fig. 9 vd), die Fortsetzung des in der Mitte des Hodens verlaufenden Kanals ist sehr zart. Seine Wand besteht aus einer äußerst dünnen Muscularis und dem Epithel. Es ist hier lediglich ausführender Kanal und hat nebenbei keine anderen Funktionen zu erfüllen, wie das bei den eben besprochenen Käfern der Fall war. Die Vesicula seminalis (Fig. 9vs) ist rund und eiförmig und Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der Goleopteren. 637 mündet in die Ektadenie mit einem schmalen Hals (Fig. 100). Ihre Wand besteht aus einer Ringmuskelschicht und dem Epithel (Fig. 10 vs). Vor ihrer Mündung in die Ektadenie nimmt sie eine Glandula mu- cosa auf. Die Mesadenien. Da bei Hydrophilus das Vas deferens kein Drüsenepithel enthält, also nicht secernirt, so. sind hier dieMesadenien um so besser ausgebildet. Es sind auf jeder Seite (d. i. für jedes Vas deferens) drei lange schlauchförmige Drüsen vorhanden, die mit einem gemeinschaftlichen Stamm in die Vesiculae seminales, eventuell deren Hals einmünden. Die einzelnen Schläuche können sich an ihrem peri- pheren Ende nochmals mehrfach gabeln. Sie sind 1—1'/, cm lang, durehsichtig und von äußerst zarter Konsistenz. Theilweise sind die Schläuche in bestimmten Abschnitten etwas eingeschnürt, wodurch sie ein rosenkranzförmiges Aussehen erhalten, Die Wand der Mesadenien besteht aus einer dünnen Muscularis und ziemlich hohem Cvlinder- epithel (25 u). Als Inhalt findet man ein feinkörniges Sekret. Suckow nennt die Mesadenien bei Hydrophilus »Harngefäße« (s. oben). Die Ektadenien, von BurMmEISTER und Suckow, als »Nebenhoden« bezeichnet, sind äußerst kräftig entwickelt und nehmen beinahe zwei Drittel des ganzen Abdomens ein (Fig. 9E). Sie verlaufen zunächst (von ihrer Vereinigung zum Ductus ejaculatorius ab) in der Richtung schräg nach hinten, biegen dann in einem spitzen Winkel um und gehen dann parallel zum Seitenrande des Abdomens nach vorn bis fast zu den Hoden, krümmen sich hier nochmals, so dass sie mit ihrem peripheren Ende beinahe die Basis berühren. An der Spitze befindet sich noch eine kleine, nach vorn gekrümmte Anhangsdrüse (Fig. 9E). Auf dem Quer- sehnitt zeigt die Ektadenie nicht eine runde Form, sondern sie ist breit- gedrückt, elliptisch. Die Wand besteht aus einer großen Anzahl langer, dünner, schlauch- förmiger Drüsen, die mit niedrigem Cylinderepithel ausgekleidet sind. Zwischen den einzelnen Schläuchen sieht man Bindegewebe; außen werden diese schlauchförmigen Drüsen von einer Längsmuskelschicht umgeben (Fig. 10 E). Eine chitinöse Intima gelang mir bis jetzt noch nicht mit Sicherheit zu konstatiren. Kurz vor der Vereinigung der Ekta- denien ändert sich plötzlich das Epithel: es besteht jetzt aus hohen - CGylinderzellen und schließt sich der Muscularis glatt an; auch gewahrt man hier deutlich eine Cuticula. Hier im Ausführungsgang ist das Epithel (die Hypodermis) in seiner ursprünglichen Gestalt, während im drüsigen Theil die Zellen in Folge des Funktionswechsels modifieirt wurden und vielleicht ihre chitinogene Eigenschaft ganz verloren. 42% 638 K. Escherich, Die Ausführungsgänge der Ektadenien treten in einem spitzen Winkel zusammen und bilden den unpaaren Endabschnitt. j£* BurMEISTER schildert den Bau der Ektadenie ganz richtig; er spricht von »einer äußeren, feinen prallen Haut, die eine zweite, drüsige Haut, die viele vertiefte längliche, regelmäßig neben einander liegende Taschen bildet, eingeschlossen enthält« (p. 220). Suckow dagegen sah die schlauchförmigen Drüsen für ein aufgerolltes Gefäß, für »eine lange, geschlängelte Blindröhre« an (p. 232). Die kleine Anhangsdrüse am Ende der Ektadenie (Fig. 9 ap) zeigt einen ähnlichen Bau, wie letztere: wir haben hier einen centralen Gang, von dem nach zwei Seiten hin sich verschieden große Ausbuch- tungen erstrecken. Dieselben sind von niedrigem Cylinderepithel aus- gekleidet; die Muskulatur erstreckt sich zwischen die einzelnen Aus- stülpungen hinein. Die äußere Wand der Drüse ist nicht eben, sondern lässt die beiderseitigen Ausbuchtungen und den centralen Kanal ganz deutlich erkennen. Das Sekret ist körnig und färbt sich mit Borax- karmin blassrosa, während das der Ektadenie beinahe homogen und ganz hell, ungefärbt erscheint. Die Abbildung, die Durour von der Anhangsdrüse giebt, ist, was die Größenverhältnisse anlangt, entschieden nicht richtig. Er stellt sie fast so groß wie die Ektadenie dar, während sie in Wirklichkeit be- deutend kleiner ist. Es mtisste denn sein, dass sie zu gewissen Zeiten (vor der Gopula) sich noch bedeutend vergrößert. Ich habe zwar Hydro- philus in den verschiedensten Jahreszeiten untersucht, konnte aber eine merkliche Größenzunahme nicht konstatiren. Der Ductus ejaculatorius ist 1')„—2 cm lang und erweitert sich in der Mitte seines Verlaufs ziemlich beträchtlich. Anfangs sind die Hypodermiszellen sehr hoch, cylindrisch, später werden sie niedri- ger, kubisch. Auf Querschnitten sieht man, dass das Lumen nicht einfach rund ist, sondern sternförmig in fünf lange, schmale Falten ausläuft. Die Muskulatur ist ungeheuer stark; in den Sektoren zwi- schen den fünf Falten befinden sich Längsmuskeln, während außen eine sehr dicke Ringmuskellage folgt. Die einzelnen Muskelbündel zeigen sehr deutliche Querstreifung. Die Intima ist sehr stark und lässt sich durch Kalilauge schön isoliren; man sieht an solchen Präparaten auf einer Seite eine schmale Reihe feiner Zähnchen in einer Längsreihe vom proximalen bis zum distalen Ende des Ductus ejaculatorius ver- laufen. Der Kopulationsapparat besteht aus dem Penis und den Para- meren. Der Penis (Fig. 11) ist zum größten Theil häutig, nur einige starke, Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der CGoleopteren. 639 ehitinöse Spangen dienen zur Stütze und zum Halt des weichen Schlauches. Eine Spange (Fig. 11 d) liegt dorsal und besitzt die Form eines langen, gleichschenkeligen Dreiecks; an der Basis ist sie gewölbt und bildet eine Rinne. Auf der ventralen Seite liegt eine zweite Spange, ein einfacher, schmaler, wenig gebogener Stab (v). An der Spitze des Penis befindet sich zwischen den beiden Spangen ein Ring (o), der eine annähernd ovale Form zeigt und schräg nach unten gerichtet ist. Der Ductus ejaculatorius verläuft in diesem Schlauch, Anfangs ziemlich dünn, erweitert sich aber gegen die Spitze zu trichterförmig und er- reicht schließlich die Weite des Ringes, an den er sich anheftet. Die Parameren sind in ihrer Längsachse in zwei Theile abge- setzt, und wir haben demnach ein Basalstück (pars basalis) und ein Endstück (pars finalis) zu unterscheiden. Erstere sind nur ventral vorhanden und ohne Naht mit einander verwachsen, letztere dagegen liegen zu beiden Seiten des Penis und sind klappenartig, frei gegen einander beweglich (vgl. die Abbildung bei Kouse). Würzburg, im Januar 1894. Litteraturverzeichnis. 1893. L. AuERBACH, Über merkwürdige Vorgänge am Sperma von Dytiscus margi- nalis. Sitzungsber. d. k. preuß. Akad. d. Wiss. 1893. XVI. p. 4185. 1890. BaLLowırz, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen. I. CGoleo- ptera. Diese Zeitschr. Bd.L. 4890. BEAUREGARD, Les insects vesicants. Paris 4890. 4832. BURMEISTER, Handbuch der Entomologie. I. Berlin 4832. 1825. L. Durour, Recherches anatomiques sur les Carabiques et sur plusieurs autres insectes Col&opteres. Ann. d, sc. nat. T. VII. 4825. 1892. K. EscHERICH, Die biologische Bedeutung der Genitalanhänge der Insekten, Verh. d. zool.-bot. Ges. Wien. 1892. 4893. —— Über die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Lucaniden und Scarabaeiden. Wien. entom. Zeitung. 1893. p. 265. 1885. FRENZEL, Einiges über den Mitteldarm der Insekten, sowie über Epithel- regeneration. Arch. Mikr. Anat. Bd. XXVI. 4885. 1891. 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Fig. 4, Männliches Genitalsystem von Carabus morbillosus L. 2mal vergr. Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der Coleopteren, 641 Fig. 2. Carabus morbillosus, Mündung des Vas deferens in die Ektadenie. rm, Ringmuskeln. Fig. 3. Carabus morbillosus, Längsschnitt durch das Vas deferens in der Mitte. Fig. 4. Carabus morbillosus. Längsschnitt durch die Wand der Ektadenie, rz, Regenerationszellen. Fig, 5. Carabus morbillosus, Theil eines Querschnittes durch die Ektadenie. Im, Längsmuskeln; db, Bindegewebe; rm, Ringmuskeln; rz, Regenerationszellen; ‚ep, Drüsenepithel. Fig, 6. Blaps gigas, männliches Genitalsystem. Fig. 7. Blaps gigas, Längsschnitt durch die Ektadenie. Fig, 8. Blaps gigas, Längsschnitt durch die Wand des Vas deferens im letzten (centralen) Drittel. rm, Ringmuskeln; ep, Drüsenepithel. Fig, 9. Hydrophilus piceus, männliches Genitalsystem (mal vergr.). D, Darm; tr, Tracheensack;; an, Anhangsdrüse der Ektadenie; ga, letztes Abdominalganglion., IXd, Dorsalplatte des neunten Abdominalsegmentes; Xd, Dorsalplatte des zehnten Abdominalsegmentes; pa, Parameren; P, Penis. Fig. 40. Hydrophilus piceus, Frontalschnitt durch Ektadenie und Ductus eja- eulatorius. 50fach vergr. Fig. 44. Hydrophilus piceus, Penis. d, Dorsalleiste; v, Ventralleiste; o, Ring. Organogenie der Gordiiden'. (Zugleich ein Beitrag zur Kenntnis der Metamorphose und Biologie | der Zelle.) Von Professor Dr. F. Vejdovsky in Prag. Mit Tafel XXVII—XXX und 3 Textfiguren. Der Organismus der erwachsenen, frei lebenden Gordiiden ist größtentheils erst im letzten Decennium näher beleuchtet worden, in- dessen vermochte die vergleichende Anatomie eine Reihe von Fragen, die sich auf einzelne Organe beziehen, nicht zu beantworten und überließ sie daher den künftigen entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen. In der allerletzten Zeit sind nun thatsächlich einige Arbeiten erschienen, welche dem Titel nach die Entwicklungsgeschichte der Gordiiden behandeln sollen, indessen haben dieselben zur Lösung der betreffen- den Fragen so viel als nichts beigetragen, nebstdem aber für die Deutung der in Rede stehenden Thiergruppe neue Verwirrungen ge- bracht. Diese Fragen betreffen nämlich nicht nur die Einzelheiten, welche vielleicht nur für die Gordiiden und denselben nächst verwandte Gruppen charakteristisch wären: sie haben eine allgemeinere Bedeu- tung, zumal sie nicht nur mit der Organogenie, sondern auch mit der Lehre von der Organisation und Biologie der Zelle im innigsten Zu- sammenhange stehen. Wenn ich also schon vor einigen Jahren ? versucht habe, den Organismus der Gordiiden auf dem anatomischen Wege klarzustellen, so wage ich in der vorliegenden Abhandlung die in meinen Arbeiten 1 Die Hauptergebnisse der vorliegenden Untersuchungen sind bereits in den Sitzungsberichten der königl. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. in Prag 1893 unter dem Titel: »Organogenese Gordiü « veröffentlicht worden. 2 Zur Morphologie der Gordiiden. Diese Zeitschr. XLIII. Bd., 3. Heft. 1886. — Studien über Gordiiden. 4888. Diese Zeitschr. XLVI. Bd., 2. Heft. Organogenie der Gordiiden, 643 enthaltenen Angaben, sowie auch die inzwischen von anderen Seiten mitgetheilten Thatsachen und Ansichten in entwicklungsgeschichtlicher Richtung zu prüfen und, so weit es durch das mir zu Gebote stehende Material zulässig ist, die fortschreitende Bildung, beziehungsweise Ent- stehung der Gewebe und Organe zu ermitteln, wobei der ursprüngliche Zustand der Zelle und deren spätere Metamorphose und definitive Struktur berücksichtigt wird. Über die untersuchten Gordiusarten. Die gegenwärtigen Beobachtungen beziehen sich auf vier Arten der Gattung Gordius in verschieden jungen parasitischen Stadien, von welchen die meisten schneeweiß, andere dagegen graulich oder grau waren, während nur ein sehr junges Exemplar sich durch bräunliche Färbung auszeichnete. Derartige parasitische Stadien sind von anderen Seiten als »Larven« oder sogar »weiße Larven« bezeichnet worden. Es sind aber nur junge Würmer, deren Organe in der Bildung begriffen sind, indem sie hier eine niedrigere, dort eine vollkommenere Stufe der Entwicklung erreicht haben und schließlich auch mit der Organi- sation der freilebenden Gordien übereinstimmen, wenn sie auch theil- weise durch die schneeweiße Färbung ihres Integumentes ausgezeichnet wären. Vielleicht nur die parasitische Lebensweise könnte zu jener Be- zeichnung als »Larve« berechtigen. 1) Die erste Art, welche ich in diesem Stadium untersuchte, fand ich am 18. August 1892 in Feronia vulgaris, welche am Ufer der Elbe bei Kfivenie (gegenüber Liboch) herumlief und wegen dem stark angeschwollenen Abdomen meinem fünfjährigen Knaben so auffallend war, dass er den Käfer mit nach Hause brachte. In der Leibeshöhle dieser Feronia fand ich ein Weibchen und zwei Männchen in einen Knäuel derart eingerollt, dass es ziemlich schwierig war die Indivi- duen ohne Verletzung zu isoliren. Sämmtliche drei Exemplare waren schneeweiß, die schlankeren Männchen 12 cm, das diekere Weibchen 1% em Länge. Der vordere Körperpol des Weibchens (Fig. 1) und eines Männchens war kegelförmig angeschwollen und enthielt die un- deutliche Mundöffnung (Fig. 2), der hintere Körperpol des Weibchens war normal (Fig. 3), das Männchen entbehrte noch der Borsten in der Umgebung der Geschlechtsöffnung (Fig. 4), während die beiden Äste der Schwanzgabel mit einigen stumpfen cuticularen Fortsätzen ausge- rüstet waren (Fig. 5). Die Cuticula des Weibchens war an der ganzen Oberfläche mit gleich großen Areolen verziert, die sowohl in der Gestalt als der Größe mit den von Gordius Preslii übereinstimmen (Fig. 6). 644 e F. Vejdovsky, Die Guticula des anderen Männchens war dagegen völlig glatt, und nur zerstreute und sehr spärliche hyaline Höfchen rings um die Haut- poren waren die einzige Struktur dieser äußeren Körperbedeckung (Fig. 7a). Es ist mir keine Art mit solchen Charakteren bekannt und glaube ich daher, dass dieses Männchen einer neuen Art angehört, welche ich provisorisch als »Gordius aestivalis« bezeichnen möchtet. Es ist allerdings nothwendig das Männchen und das dazu gehörige Weibchen im reifen Zustande zu untersuchen. Ferner betrachte ich als interessant zu erwähnen, dass der Körper von Gordius Preslii nach dem Öffnen des Käfers ganz glatt und glänzend war, nach einigen Minuten aber, als er mit der Luft und unmittelbar darauf mit dem Wasser in Berührung kam, sich stellen- weise einzuschnüren und zwischen je zwei Einschnürungen bedeu- tende Anschwellungen zu bilden begann, in Folge dessen der Körper einem Rosenkranze, oder eher einem segmentirten Wurme ähnlich war. Namentlich auffallend war diese Einschnürung am hinteren Körper- ende des Weibchens, aber auch der vordere Pol des Körpers des Weibchens und des Männchens war reihenweise eingeschnürt?. Das andere Männchen (Gordius aestivalis) schnürte sich überhaupt nicht ein. Diese Erscheinung erklärte sich durch spätere Untersuchung. Beiderlei Cuticula, sowohl die glatte als auch die sog. faserige, war nämlich zwar entwickelt, aber bisher sehr fein und weich; der innere lokale Druck, welchen die Eier und Spermazellen auf die Körperwandungen ausübten, veranlasste die Durchbrechung der bis- her nicht fertigen Muskelschicht und Cuticula, welche letztere sich in kleinen Fetzchen vom Körper abreißen ließ. Dass dieser innere Druck thatsächlich die beschriebene Erscheinung verursachte, bewies das andere Männchen, welches sich überhaupt nicht einschnürte, und dessen Gonaden, wie die spätere Untersuchung zeigte, bloß mit dem Geschlechtsepithel oder sehr spärlichen Spermatoblasten ausgekleidet war. Die hohlen Geschlechtstuben vermochten daher keinen intensive- ren Druck auf die Körperwandungen auszuüben und die un wenn auch sehr fein, blieb unverletzt. Die Durchbrechungen der Guticula wiederholten sich auch im 1 Sonst werde ich diesen Namen anwenden, um mich eher auf die besprochene Form berufen zu können. Zur definitiven Aufstellung der Art wäre es nothwendig mehrere und ganz entwickelte Exemplare zu Gesicht zu bekommen. Der Name »aestivalis« ist also provisorisch, und das Gleiche gilt von dem unten angeführ- ten Gordius Vaeteri. 2 In einem zahlreichen Material von Gordius Preslii, welches mir, wie weiter unten angeführt, aus Krivenic im Frühjahr 41893 geschickt wurde, befanden sich auch einige ähnlich eingeschnürte Exemplare. Organogenie der Gordiiden, 645 Wasser und hörten erst dann auf, als ich die Würmer in eine !/,"/,ige Chromsäurelösung eingelegt hatte, wo sie durch 24 Stunden verblieben. Das ist auch die beste Konservirungsflüssigkeit für die Gordien, die ich allen Jenen empfehle, welche die wunderschönen und überhaupt deut- lichen Präparate der Gordiidenorgane erreichen wollen. Welche Vor- züge die Konservirung im starken Alkohol darbietet, wird weiter unten angeführt werden. Der in Böhmen zuerst entdeckte und später auch in Italien sicher- gestellte Gordius Preslii war in seinem biologischen Cyklus nicht ganz bekannt. Die Entdeckung daher, dass seine Jugendstadien in Feronia vulgaris parasitisch leben, ist neu. Es war aber nothwendig sicherzustellen, ob sich diese Erscheinung auch in mehreren Fällen wiederholt. Zu diesem Zwecke ersuchte ich Herrn Emır VArTER, ge- wesenen Schulverwalter in Krivenic, die genannten Käfer in seiner Umgebung, namentlich im Frühjahr zu sammeln und mir zu schicken. Thatsächlich verschaffte ich mir im Laufe des April 1893 mehr als 50 fort- geschrittene, fast schon reife Exemplare von Gordius Preslii, welche der genannte Sammler durchaus aus Feronia vulgaris herauspräparirte!. Diese Käfer wurden aber nicht am Ufer der Elbe, sondern in einer bedeutenden Entfernung von hier auf Feldern und trockenen Wegen gefangen. Dass Gordius Preslii thatsächlich in Feronia vulgaris parasitisch lebt, zeigte sich auch in der Umgebung von Prag. Jıri Jınpa fand beinahe in jedem bei Branik, Chuchelbäd und Radotin gesammelten Käfer (Feronia) Gordius Preslii, und nur etwa zweimal auch Gordius tolosanus. Es war dies nur im Frühjahre der Fall, während später, im Mai und Juni, nicht ein einziges Exemplar dieses Wurmes zu finden war. Als eine allgemeine Regel darf man also die Thatsachen hervor- heben: Gordius Preslii macht seine Entwicklung in Fero- nia vulgaris durch; die Infektion findet offenbar im Som- mer statt; dieinficirten Käfer überwintern, und sehr früh im nachfolgenden Jahre, im März und April, verlässt der Wurm seinen Wirth. 2) Die dritte Art wurde mir am 18. März 1893 von Herrn Varrer in einer starken Chromsäurelösung (wo sie mehrere Tage lag) geschickt. Es war ein 17 cm langes graulich braunes Weibchen, welches angeblich aus einem im Keller gefangenen Käfer herauspräparirt wurde. Die Haut- reste und inneren Theile des Käfers waren der Sendung beigelegt, in- dessen ließ sich die Käferart selbst nicht bestimmen. i Nach einer brieflichen Mittheilung öffnete Herr VAETEr mehr als 800 Käfer, und fast in jedem fünften Exemplare befand sich ein GordiusPresliil 646 2 F. Vejdovsky, Das verhältnismäßig lange Verharren des Wurmes in der Chrom- säure verschuldete, dass die Zellkerne seiner Organe sich nur schwach färbten und die Struktur der Gewebe niemals so schön und überzeugend hervortrat wie bei der vorigen Art. Angesichts aber der Hypodermis- histologie ist diese Art vor allen interessant, und — so weit wir die übrigen Gordiusarten kennen — einzig dastehend. Die Charaktere der Cuticula und Hypodermis werden wir weiter unten ausführlich aus einander setzen; derzeit aber halte ich dafür, dass diese Art, welche mit Bezug auf die Gestalt des vorderen Körperpoles mit Gordius Preslii übereinstimmt, während die Cuticula nach der Art von Gordius affi- nis areolisirt zu sein scheint, eine neue Species vorstellt, die ich als Gordius Vaeteri bezeichnen möchte. Ein zahlreiches Material von beiden Geschlechtern im erwachsenen Zustande dürfte dieser schönen Art eine bestimmtere Stelle zwischen den übrigen einheimischen Gordiusver- tretern anweisen. 3) Die vierte Art schließlich, an welcher ich neue Thatsachen aus der Entwicklungsgeschichte sicherstellen konnte, war Gordius pustu- losus. Einige jugendliche Stadien, theils in Abschnitten, theils in Totalexemplaren, erhielt ich durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Professor LoRENzo CAMERANo in Turin, wofür ich ihm auch an dieser Stelle herzlichst danke. Nach den höchst interessanten Nachrichten des genannten For- schers! lebt die genannte Art in verschiedenen Blapsarten, in Turin war sie von CAMmErAnNo in großer Menge in Blaps mucronata, spärlicher auch inSphodrusleucophthalmus und Harpalus gefunden, welche inficirte Käfer in den Kellern der verschiedenen Gebäude in Turin ge- sammelt wurden. Der Entwicklungszustand der Gordien aus den ge- nannten Käfern war sehr mannigfaltig und zwar das jüngste Stadium (stadio filiforme) von 10—12 cm und die älteren Stadien von 13—17 cm. Parasitische junge Gordien fand Camerano ferner auch in den Larven von Blaps mucronata, welche 20—30 cm tief in der feuchten Erde leben; sie waren viel kleiner, sogar nur von 4 cm Länge. Das mir von Professor Camzrıno geschickte Material war durchaus in 90°/,igem Alkohol konservirt; die Ergebnisse für die Erkenntnis der Zellstruktur sind nach dieser Konservirungsmethode zwar nicht so günstig, wie nach der Chromsäure, nichtsdestoweniger sind die Details der Organisation auch hier gut erhalten, daneben aber kann man be- züglich der Polarität des Zellkernes auf diesem Wege zu besseren Re- sultaten gelangen als nach der Chrommethode. ! L. CAMERANO, Ricerche intorno al parasitismo ed allo sviluppo del Gordius pustulosus. Atti Acad. Scienze. Torino 1892. Organogenie der Gordiiden. 647 Die jüngsten Stadien (stadio filiforme) hat schon CAmzrano (l. ce. Fig. I und 2) abgebildet; dieselben sind noch mit dem Embryonalrüssel ver- sehen, an welchem Camerano die bekannten Häkchen beobachtete. Am konservirten Material konnte ich mich von den letzteren nicht über- zeugen. Sämmtliche von mir untersuchten Stadien hatten am Vorderende noch einen Rest des Embryonalkörpers in Form eines hyalinen, mit starrer Cuticula umgebenen Kegels von verschiedener Höhe, mit dem erwähnten Rüssel, welcher ebenfalls in der Degeneration begriffen war. Ähnliche Stadien hat auch v. Lınstow! bei Gordius tolosanus be- obachtet. In anderen Stadien ist der erwähnte embryonale Kegel vor- handen, nicht selten auch mit einem cuticularen Septum (Fig. 17) ver- sehen, hier aber erscheint der Rüssel ganz atrophirt, als eine körnige Substanz, welche die Mundöffnung des definitiven jungen Gordius ver- stopft. Später ist der Embryonalkegel sehr niedrig (Fig. 8, Taf. XXVII) und erinnert an die sog. Galotte des erwachsenen Wurmes. Er ist daher nicht charakteristisch für die sog. »weißen Larven«. Bei vier zu diesem Zwecke untersuchten Stadien fand ich aber noch ein anderes Organ, welches man als ein unterscheidendes Merk- mal der »weißen Larven « bezeichnen könnte, wenn es in bestimmterer Form persistiren würde; es befindet sich aber eben so wie der Embryo- nalkegel in verschiedenen Stufen der Degeneration. Das besprochene Organ ist bisher bei den Gordiiden unbekannt. Ich fand es in der Ge- stalt und Lage in optischen Längsschnitten der durchsichtigen Körper jener vier Würmer, wie Fig. 9 und 10 (x) veranschaulichen. Genaue- res konnte ich allerdings an Schnittserien sicherstellen. Da es mir vor der Hand unmöglich ist eine bestimmtere Ansicht über die Funktion des Organs auszusprechen, — obwohl man leicht nach seiner braunen Färbung an ein embryonales Exkretionsorgan denken könnte, — so bezeichne ich es provisorisch als „braune Drüse« und überlasse die Ermittelung seiner Beziehungen in jüngeren Stadien den künftigen Untersuchungen. An den durchsichtigen Würmern erscheint die »braune Drüse« als ein massives, lappenförmiges oder vielleicht gewundenes Organ von dunkelbrauner Farbe, welches seitlich von dem Darmkanal liegt. Sonst kann man in diesem Zustande die Lage und den Bau der Drüse nicht näher ermitteln. Nach den Querschnittserien unterscheide ich an der Drüse den eigentlichen Drüsenkörper und einen Ausführungsgang, wel- cher gewiss mit der Speiseröhre kommunicirt. ! v. Lissrow, Weitere Beobachtungen an Gordius und Mermis. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXVI. 1891. 648 = F. Vejdovsky, . Der Drüsenkörper liegt in der primären Leibeshöhle (Fig. 16 bd) seitlich von dem Ösophagus (oe) und besteht aus einigen wenigen aber großen, gelappten Zellen, welche sich tief bis zum Bauchstrange (bg) er- strecken. Vom großen central liegenden Kerne gehen die Zellläppchen aus. Weiter nach vorn kann man an den Querschnitten das Lumen der Drüse in der Form eines gewundenen Kanälchens erkennen, welches letztere in eine Endampulle (Fig. 15 a) anschwillt und mit einer braunen Substanz erfüllt ist. Der verschmälerte Ausführungsgang der Ampulle legt sich dicht an die Wandung der Speiseröhre an und der nächste Schnitt nach vorn beweist, dass das Lumen des letzteren ebenfalls mit der braunen Substanz erfüllt ist (Fig. 14 oe). Ich glaube daher nachge- wiesen zu haben, dass die besprochene Drüse direkt in die Speiseröhre einmündet. An anderen Exemplaren konnte ich nur einzelne Theile der un- deutlichen Drüse sicherstellen, bei den älteren Weibchen und Männ- chen fehlt sie gänzlich. Nachdem ich einmal auf das Vorhandensein dieser Drüse bei Gor- dius pustulosus aufmerksam gemacht wurde, trachtete ich dieselbe auch an den Serien durch Gordius Vaeteri —, welcher allerdings in der Entwicklung weit fortgeschritten war — sicherzustellen. Thatsäch- lich fand ich auch hier, wenn auch undeutliche Spuren der braunen Substanz an der Seite der verengten Speiseröhre. In der Entwicklungsgeschichte der Gordiiden möchte ich gern mit anderen Autoren die sog. »Larve« oder „weiße Larve« als ein bestimm- tes, in den Insekten parasitisch lebendes Stadium anerkennen, aus welchem nach dem Verluste gewisser Organe, wie des Rüssels, der definitive Gordius zu Stande kommt. Die Veränderlichkeit und die Stufen der Degeneration dieser Organe lässt aber keinesfalls eine be- stimmtere Bezeichnung eines solchen Stadiums zu. Nach den Beschrei- bungen der Autoren, welche ein solches Larvenstadium zwischen dem sog. Embryo und dem definitiven freilebenden Wurme anerkennen, ist die Larve weiß, von weichen Geweben, und vornehmlich soll ihr die sog. faserige Cuticula fehlen. Wenn wir zu diesen Merkmalen noch das Vorhandensein der »braunen Drüse« hinzufügen würden, so könnten wir thatsächlich ein Übergangsstadium zwischen dem sog. Embryo und dem fertigen Gordius anerkennen. Meiner Ansicht nach kann aber von einem solchen Larvenstadium keine Rede sein. Das, was man unter diesem Namen unterscheidet, sind junge, mit den mehr oder weniger degenerirten Organen des sog. Embryo versehene Gordien, welche in der übrigen Organisation mit den reifen Gordien übereinstimmen. S Organogenie der Gordiiden. 649 Das, was man mit Recht als Larve betrachten kann, ist eben nur der mit dem Rüssel versehene sog. Embryo; dieses Stadium hat seine kon- stanten Organe, die zwar in die ersten Entwicklungsstadien des echten Gordius übergehen, bald aber einer rascheren oder trägeren Degene- ration anheimfallen. Der junge Gordius ist ebenfalls parasitisch wie seine Larve; seine Oberfläche ist weiß, später dunkel bis braun. Es giebt aber auch Arten, wie Gordius Preslii, deren Cuticula im frei- lebenden Stadium eben so weiß verbleibt, wie in ihrem jugendlichen Stadium. Die Behauptung schließlich eines Autors, nach welcher das parasitische Stadium lediglich mit glatter, papillen- und areolenloser Cuticula versehen sein soll, resultirt offenbar aus ganz oberflächlichen Beobachtungen. Die hervorgehobenen Charaktere der Cuticula des parasitischen Stadiums können in einzelnen Fällen Geltung haben, nur darf man sie nicht verallgemeinern. Die Bildung der Guticularschichten und Areolen ist das Resultat einer fortschreitenden aber ungleich- zeitigen Vervollkommnung, in Folge dessen einige sog. weiße Larven bereits völlig entwickelte Organe besitzen, aber der sog. faserigen Cu- ticula und der Felderung auf der glatten Cuticula entbehren, während andere in demselben Entwicklungsstadium, oder in noch jüngeren Zu- ständen, sowohl mit beiden Cuticulaarten als auch mit den äußeren Areolen versehen sind. In den eben ausgesprochenen Ansichten habe ich eigentlich nichts Neues vorgetragen. In gleicher Weise hat bereits Camerano! die Ent- wiceklungsgeschichte der Gordiiden aufgefasst, indem er im Gegensatze zu Vırror als »forma larvale« nur das die Eihüllen verlassende und mit dem Bohrapparate versehene Stadium unterscheidet. Aus dieser Larve entsteht direkt das »stato filiforme« und es ist daher nicht nothwendig eine »seconda forma larvale« anzunehmen. »La vera metamorfosi, volendo adottare questa parole, sta nella caduta degli uncini e degli stiletti, nello scomparire del prolungamento proboscidale e nell’ assu- mere l’animale la forma allungata.« Trotz dieser in der angezogenen Abhandlung sehr eingehend besprochenen Auffassung Camerano’s haben später v. Linstow? und ganz neuerdings VırLor? von Neuem das erste und zweite parasitische Larvenstadium der Gordiiden aufrecht zu er- halten versucht, ohne jedoch wesentliche Gründe für diese Ansichten anzuführen. Daher habe ich meine Erfahrungen mitgetheilt, um die 1 CAmERANO, Ricerche int. al parassitismo ed al polimorfismo dei Gordii. Mem, d. reale Accademia delle Scienze di Torino. Ser. 2. Tom. XXXVII. 1887. 2 v. Lisstow, Über die Entwicklungsgeschichte und die Anatomie von Gor- dius tolosanus. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXIV. 1890. — Weitere Beobachtungen an Gordius tolosanus und Mermis. Ibid. Bd. XXXVIl. 1894. 3 A. Vırror, Evolution des Gordiens. Ann. Sc, nat. Zoologie. T. XI. 1891, | up} -J1159q Sunppig sojusfoaue | ö JALIOU9S9P liop UT9YV0ISAOI UAWULONJJOA | UJOYSNM 951.10J UIWWONITOA UIWWONITOA ıyoJ | susorngysnd 'y 19020] uopytadogq U9JOAILY (©) uapueyuoA |-ewuaads (5) 9J19a uawwoy][oA | UJOYSNM 9dmaoJ | Sunpfig 19p ur | U9aWwwmosTToA JaLıouoSap | snsonysnd 9 UIWULWON soju9] uslsejgojew |-][0A IydTu aoge uoyLısaq | -o91e oy9ım (©) ya1ı9u9&op |-1ods aydıaayyez | “uoyyLıyosod1oA | UJOoySnM 951.107] | Sunppıq AEp ur |-Jus uowwoyf]oA uspueyuoA | snsonysnd 9 sojuaf uojsepqojew | pusfyoJ usyury uaytasoq | -oaae YoyaIm (®) = uspueyuoA |-19ds aydreayyez | 4S9T9SURe uroA [yytdojoysnw | Sunppig a9p ur |-Juo uHWWONTLOA uopueyqıor |snsojnysnd 9 = ON9EJSA0IH = usJury ‘99 so[uo] > -ıdy] Ju uoayoA y29oy - uoytaseq | -091e ‘OYIIM ö Ex JAA9UISIP \-SIUIHTYISIHUA0A UIWWLONTJOA “u9wwoy][oA |, Zunpfig AP UL |-Ju9 UHWWONITOA 991y9J 11999eA 9 U9JOIAY IIONI1A yıw “Y9IOM 6) & JI91 9Y907Sa0ı UIWWONTTOA y9oy |-Ju9 UHWTWONLTOA ‘u9pueydoA 99[y9J ı1[s9AId 9 939 Joyyıda sorany D E -U9POH SEIewııd UIWWOYJ]OA y9oy u9apuey1oA | -YNUIS ‘y9Iam 9)[y9J 11[s9ad 9 u9uday Iyde SIq SY99S rum S1AP9TU usyplısoq sojıny Q b uajjozewuaeds UIWWONIJOA “uswwoyfjoA | Sunppfig aop u -Y1N14S y9IaMm ayyaJ || SıTeArgsee‘g ASnLT euneIg PUBSLOSINIHTTISOH woISsÄsupAION ujoysnm A) einoIng oxegny [ossny IyD9TTPSOH 'n semodg OSTIOSPF "Sog =) Ne) Ne) Organogenie der Gordiiden. 651 Deutung v. Linsrow’s und namentlich VırLor’s definitiv zurückzuweisen. Zu diesem Zwecke habe ich auch die vorstehende Übersichtstabelle zusammengestellt, welche am besten die Organisationsverhältnisse der jungen von mir untersuchten Gordien veranschaulichen dürfte. Die nachfolgenden Abschnitte sind den Darstellungen der Organi- sation und Struktur der einzelnen Körpertheile in den jungen Entwick- lungsstadien der Gordien gewidmet, um zu zeigen, wie im Laufe der Entwicklung des Körpers nicht nur die Organe, sondern auch ihre Komponenten, die Zellgewebe und die Zellen selbst einer Metamorphose anheimfallen, bis sie die definitive, bei den erwachsenen Gordien be- kannte Gestalt erreichen. Es giebt nur wenige Lücken in dieser Ent- wicklungsreihe und es fehlt hier nur an der Erkenntnis des ersten Larvenstadiums, welches nach dem Verlassen der Eimembranen in den Körper seines ersten Wirthes wandert. Welche Modifikationen in den Organen, Geweben und Zellen in diesem Stadium stattfinden, muss den künftigen Untersuchungen überlassen werden. $1. Hypodermis. Die Metamorphose der Zelle in der Hypodermis erreicht während des Wachsthums des jungen Gordius ihren Kulminationspunkt. Im er- wachsenen Wurme ist die Hypodermis bekanntlich sehr redueirt, so dass sie von einer Seite eine Zeit lang einfach in Abrede gestellt, und anstatt dieser zelligen Matrix der Cuticula nur eine nervöse Körper- umhüllung angenommen wurde. Im Gegensatze zu den erwachsenen freilebenden Gordien finden wir die Hypodermis der jungen parasiti- schen Würmer in ungemein üppiger Entwicklung. Es ist daher von Interesse die Vorgänge zu verzeichnen, nach welchen aus den hohen, saftigen Zellen des jungen Gordius das plattgedrückte, aus spärlichen Elementen bestehende Epithel des erwachsenen Wurmes zu Stande kommt. Höhe der Zellen. Berücksichtigt man zuerst die Größe der Zel- len, so gelangt man zur Überzeugung, dass dieselben nicht von gleicher Höhe sind; weder einzelne Arten, noch beiderlei Geschlechter der- selben Art, noch sämmtliche Theile des Körpers bei demselben Indivi- duum haben gleich große Hypodermiszellen. Als Beweise dazu führe ich die drei erstgenannten, in Chromsäure gehörig erhärtete Arten an. Gordius pustulosus wurde, wie gesagt, in 90°/,igem Alkohol kon- servirt, in Folge dessen sämmitliche flüssige, meist wässerige Substanzen aus den Hypodermiszellen extrahirt wurden und die letzteren sehr niedrig, so niedrig wie bei den erwachsenen Würmern, geworden sind. Auch ihre Struktur ist nach der erwähnten Konservirungsmethode sehr Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bad. 43 652 F, Vejdovsky, undeutlich geworden, so dass ich mich bezüglich der Hypodermis auf die genannte Art nicht berufen kann. Um so schöner erscheint die Struktur des hohen Cylinder- oder kubischen Epithels in der Hypodermis von Gordius Preslii und Vaeteri. Seine Höhe verhält sich folgendermaßen: Gordius Preslii g' vorn 0,025 mm ) » g' hinten 0,043 » » » gZ'inderMitte 0,035 » ) ) O vorn 0,03 » » » O hinten 0,05» » » O in der Mitte 0,044 » Gordius Vaeteri © vorn 0,045 » ) » Q in der Mitte 0,072 » » > Q hinten 0,075 » Gordius aestivalis g' in der Mitte 0,054 » Aus dieser Tabelle geht hervor, dass die jungen Stadien von Gor- dius Vaeteri überhaupt das höchste Hypodermisepithel besitzen. Kein anderer bisher bekannte Gordius hat so hohe Zellen, allerdings auch nicht so hohe, wie wir auch bei dem Männchen von Gordius Preslii sta- tuirt haben. Struktur der Zellen. Die niedrige Hypodermis der Weibchen von Gordius Preslii bietet keine Eigenthümlichkeiten dar; ihre Zellen sind abgeplattet, die Kerne ohne bestimmte Struktur und färben sich intensiv roth mit Pikrokarmin; offenbar sind diese Zellen weit in der Metamorphose begriffen und sind, wie die Flächenpräparate zeigen, spiralförmig im Körper angeordnet. | In ursprünglicherem Zustande der Struktur sind gewiss die Zellen des Männchens von Gordius Preslii erhalten, welche uns daher Anlass geben, dieselben genauer zu untersuchen und mit ihnen die Hypo- dermiselemente von Gordius Vaeteri zu vergleichen. Die Hypodermis der erstgenannten Arten ist ein hohes Cylinder- epithel, dessen Zellkerne in gleicher Höhe liegen; einzelne Zellen kann man bei sorgfältiger Manipulation, namentlich in den Querschnitten isoliren, wie sich die Hypodermis selbst stückweise von der Muskel- schicht leicht lostrennt (Fig. 97hp). Das Cytoplasma ist fein faserig oder besser, netzförmig, die Maschen sind jedoch in der Längsachse so ausgezogen, dass es bei schwächeren Vergrößerungen scheint, als ob die Zelle aus feinen Längsfasern bestehe (vgl. Fig. 33—41). Die Fasern erscheinen an dem äußeren Zellsaume verdickt (Fig. 36—38). Hyalines Höfchen um den Kern. Das cytoplasmatische Faser- netz legt sich nicht direkt an die Wandungen der runden, mit einem Organogenie der Gordiiden. 659 oder mehreren Kernkörperchen versehenen Kerne an. An allen Zeilen kann man sich leicht überzeugen, dass jeder Kern von einem breiten, scharf an der Peripherie kontourirten Höfchen umgeben ist. (Seine Kontouren sind allerdings nicht so scharf wie die der Kernmembran.) Das Plasma dieses Höfchens ist klar, hyalin, und es gelang mir nicht, darin eine Struktur nachzuweisen. Meist ist das Höfchen rund (Fig. 39 a), kann aber auch oval (Fig. 35), ellipsoid (Fig. 36) oder ganz unregel- mäßig sein. Nur an recht wenigen Hypodermiszellen — und dies noch an Querschnitten — gelang es mir nicht, das besprochene Höfchen nach- zuweisen. Die Durchmesser der Höfchen verhalten sich in den vorgenomme- nen Messungen folgendermaßen: 0,0454, 0,01%, 0,042 mm. In dem Höfchen liegt der Kern, nicht aber central, sondern immer etwas einseitig, d. h. dem äußeren Kontour des Höfchens angenähert. In seltenen Fällen fand ich den Kern im Centrum, in welchem Falle aber das Höfchen an dieser Stelle eingeschnürt war, so dass es zwei Hälften bildete‘(Fig. 33), zwischen welchen sich der Kern erstreckte. Centrosom. Der Kern und das hyaline Höfchen stellen nicht die letzten Komponenten der Hypodermiszellen von GordiusPreslii.dar. Beide diese Bestandtheile kann man schon mit den schwächsten Ver- srößerungen statuiren. Aber mit den schärferen Vergrößerungen ent- deckt man bald in der hyalinen Substanz des Höfchens ein kleines, rundes, schwach sich färbendes Kügelchen, in dem oft noch ein inten- siv sich färbendes punktförmiges Körperchen zum Vorschein kommt (Fig. 33—36, 39, 40%). Auch pflegt das in Rede stehende Gebilde, welches ich vorläufig als Gentrosom bezeichne, dicht an der Peripherie des Höfchens zu liegen (Fig. 35 x). Selten fand ich auch Spuren einer undeutlichen Radiation um das Gentrosom (Fig. 35 x), welches sich auch in einer Achse verlängern, selbst zu zwei theilen kann (Fig. 40). Schließ- lich sind die Fälle nicht ungewöhnlich, wo das Höfchen sich mit seinem Centrosom von der anderen Hälfte, wo der Kern liegt, abschnürt (Fig.39y, 40). . Degeneration des Kernes. Es ist eine ganz gewöhnliche Er- scheinung, dass der Kern in gewissen Hypodermiszellen des Männchens von Gordius Preslii in dem besprochenen Stadium allmählich degene- rirt und man kann sämmtliche Stadien dieses interessanten Vorganges sicherstellen. Der erste Schritt zur Degeneration ist dadurch eingeleitet, dass der Kern nicht mehr frei in dem Höfchen liegt, sondern zu dessen äußeren Kontouren verdrängt ist; er wird kleiner und erscheint wie ein undeutlich sich färbendes Segment am äußeren Pole des hyalinen 43% 654 = F, Vejdovsky, Höfchens (Fig. 35 a, 44). Zu dieser Zeit resorbirt sich die Kernmem- bran, der flüssige Inhalt des Kernes (Kernsaft) verschmilzt mit dem Cytoplasma, und es bleibt nur das Kernreticulum zurück, aus welchem mehr oder weniger zahlreiche, aber intensiv sich färbende Chromatin- körperchen hervortreten, die wie Knötchen an den Fasern des Gerüstes haften (Fig. 36, 38, 39 a). Es ist kaum zu bezweifeln, dass auch diese letzteren Kernreste zu Grunde gehen und die Zelle wird kernlos (Fig. 34 b). Man findet in solcher Zelle nur das große hyaline Höfchen in der Form einer Vacuole, welche jedoch nach und nach enger wird, wie sich auch die Zelle selbst verengt (Fig. 35 b), schlank und schmal wird, und solche findet man häufig zwischen den normalen, großen Hypodermiszellen (Fig. 39 b, c). Über den Degenerationsprocess des Kernes in den Zellen wissen wir bisher wenig. Fremmins und Andere berichten über die Degene- ration der Zellkerne in den Geschlechtszellen, wenn sich die letzteren unter schädlichen Einflüssen befinden. Die Vorgänge der Degeneration scheinen hier dieselben zu sein wie bei Gordius. Fragt man sich aber nach der Ursache der Kern- und Zelldegene- ration gewisser Hypodermiszellen, so wird man kaum eine befriedigende Antwort erhalten. Man findet in der Umgebung solcher in Degeneration begriffener Zellen keine äußeren Faktoren, welche auf diesen Vorgang einwirkten. Die Thätigkeit also liegt in der Zelle selbst. Allerdings sind aber die Folgen solcher Zelldegeneration in den späteren Entwick- lungsstadien der Würmer erkenntlich. In dem erwachsenen Gordius findet man an einem Querschnitte durch den Körper eine unverhält- nismäßig Kleinere Anzahl der flachen Hypodermiszellen, als in den jungen eben besprochenen Stadien. Die degenerirenden Hypodermiszellen machen also den zurück- bleibenden Platz, die nachher sich erweitern, flacher werden und die so lange strittige Cuticulamatrix der erwachsenen Gordien vorstellen. Die Polarität der Hypodermiszellen ist durch zweierlei Erscheinungen ausgeprägt: erstens durch die Lage des Centrosoms, und zweitens durch den Degenerationsvorgang des Kernes. Danach wird man in der Hypodermiszelle einen äußeren oder »distalen« und einen inneren oder »proximalen« Pol unterscheiden müssen. Der Kern verlässt also das hyaline Höfchen in distaler Rich- tung und geht am äußeren Zellpol zu Grunde. Der proximale Pol ist bestimmt durch die Lage des Gentrosoms; dasselbe liegt immer hinter dem Kerne, in der Richtung gegen die Leibeshöhle. Hypodermis von G. Vaeteri. Nachdem wir die Hypodermis von Gordius Preslii 5' erkannt haben, wollen wir mit ihr diejenige Organogenie der Gordiiden. 655 von Gordius Vaeteri © in Vergleich ziehen. Sie ist in ihren Ge- staltsverhältnissen allein dastehend. Betrachtet von der Oberfläche (Fig. 18,19, 20) besteht die Hypodermis aus schönen vielseitigen Zellen von ungleicher Größe, Gestalt und Farbe. Kleinere und größere Zellen alterniren. Zwischen den normalen farblosen erscheinen braune fünf- bis sechsseitige Zellen von denselben Dimensionen wie die erstgenannten. Ihr Inhalt ist das braune, glänzende Protoplasma. In einigen Körper- partien fanden wir nur diese fünf- bis sechsseitigen braunen Zellen, oft zu zweien, in anderen dagegen, namentlich im hinteren Körpertheile, verkleinern sich diese Zellen und erscheinen als von allen Seiten zu- sammengedrückte Elemente. Manchmal ist eine solche farblose Zelle — unverändert in ihrer Größe — von allen Seiten mit verengten, in lange Fortsätze auslaufenden braunen Zellen umgeben; die sich ver- ästelnden Fortsätze anastomosiren in diesem Falle unter einander und sind den Pigmentzellen ähnlich. Schließlich werden die braunen Zellen ganz abgeplattet und erscheinen von der Oberfläche als lange Fasern, welche ähnlich den intercellulären Streifen zwischen den farblosen Zellen hinziehen. Wären dem Beobachter die gewöhnlichen braunen Zellen und deren Übergänge zu Faserzellen nicht bekannt, so würde er oft in Bezug auf die Erklärung der intercellulären Streifen in Verlegen- heit kommen. Nach den Verhältnissen und der Anordnung der braunen und blassen Zellen gewinnt die Hypodermis von Gordius Vaeteri eine sehr auffallende und gewiss ungewöhnliche Färbung. Struktur des Protoplasma. Was die Struktur des Protoplasma von Gordius Vaeteri anbelangt, so erscheinen sowohl die braunen als blassen Zellen fast in denselben Verhältnissen; an den braunen Zellen kann man nur schärfere Umrisse konstatiren. Das Gytoplasma zeigt die bekannte Schaumstruktur; die Alveolen sind bald rund, bald vielseitig. Vielleicht veranlasste die lange Konservirung der genannten Art in der Chromsäure die auffallende Struktur der Hypodermiszellen. Auf den Flächenpräparaten ist es überraschend, mit welcher Deutlichkeit die Alveolen bereits bei schwachen Vergrößerungen hervortreten (Fig. 18), während an Querschnitten durch den Körper es nicht so leicht ist die Waben so deutlich zu unterscheiden; damals erscheint die Plasma- struktur der Hypodermiszellen wie bei Gordius Preslii. Feine, unter einander anastomosirende Fäserchen verlaufen dicht neben einander, so dass es den Anschein hat, als ob das Zellplasma nur aus längsver- laufenden Fasern bestehe (Fig. 23—26, 28, 29); je schmäler die Zelle) um so berechtigter scheint diese Ansicht zu sein. Gestalt der Zellen. Die blassen Hypodermiszellen sind eylin- drisch, welche Gestalt nur recht wenige braune Zellen wiederholen. Hl) 656 w F. Vejdovsky, Die meisten braunen Zellen, sowohl die großen als seitlich komprimir- ten — in Folge dessen sie in Querschnitten als Fasern erscheinen — haben in der Tiefe nicht denselben Durchmesser wie oben, d.h. unter- halb der Cuticula. Hier sind sie regelmäßig erweitert, während sie sich gegen die Basis allmählich verengen. Zuweilen gehen sie in eine feine braune Faser über (Fig. 24). Die beschriebene Gestalt hat zur Folge, dass die braunen Zellen an den Querschnitten durch den Leibes- schlauch als fächerförmige Elemente hervortreten. Zellkern. In den großen farblosen Zellen ist die Entdeckung der Kerne erleichtert durch die hyalinen Höfchen, welche jedoch nicht an der ganzen Peripherie des Kernes, wie bei Gordius Preslii hervortreten. Nur die vordere Hälfte des Kernes steckt in der hyalinen Substanz des Höfchens (Fig. 22 x), während der übrige Raum desselben vom Kerne erfüllt ist. In den braunen Zellen ist das Höfchen um so deutlicher, da die hyaline Substanz auch in der übrigen Peripherie des Kernes, wenn auch als ein nur sehr enger Saum den Kern umgiebt (Fig. 27 x). Der äußere Pol der Zelle von Gordius Vaeteri ist demnach cha- rakterisirt durch die vordere Erweiterung des hyalinen Höfchens. Da der übrige Raum des Höfchens vom Kerne ausgefüllt ist, so wird man wohl vergebens nach dem Centrosom suchen. Thatsächlich gelang mir nicht in einem Falle dasselbe zu entdecken. Ich glaube auch nicht, dass das Gentrosom in diesem Stadium der Hypodermiszellen vorhanden ist. Deutung des hyalinen Höfchens. Man fragt sich zunächst, ‚welche Bedeutung dem hyalinen Höfchen um den Kern zuzuschreiben ist? Ich habe schon in meiner Schrift! dasselbe eingehend in seinem Vorkommen in verschiedenen Zellen dargestellt, als Periplast bezeich- net und mit den »Attraktivkugeln« E. v. Benepen’s identifieirt. Die Periplasten spielen nach meiner Darstellung die wichtigste Rolle bei der Zelltheilung, zu welcher sie zuerst Anlass geben. Zu demselben Resultate gelangte auch etwas später E. van BENEDEN, indem er die- selbe Bedeutung seinen »spheres attractives« zuschrieb. Schließlich hat auch Bovzrı ein »Archoplasma« beschrieben, welches dem Peri- plaste entsprechen dürfte, wenn wir genauer über dessen Verhältnis zum Kern und Centrosom belehrt würden. Die späteren Autoren, welche über »das Archoplasma« und Gentrosomen berichten, haben zu deren näheren Kenntnis nur recht wenig beigetragen. Was den Ursprung des Periplastes (Attraktivkugel) anbelangt, so habe ich zuerst nachgewiesen, dass dieses Gebilde mit dem Sperma in das Ei eindringt und zu dessen Theilung Anlass giebt. Dasselbe hat ! Vespovsky, Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. Prag 41888—1892. Mit einem Atlas von 32 Tafeln. Organogenie der Gordiiden. 657 unabhängig Bovzrı ausgesprochen. Über den Ursprung des Centrosoms habe ich Nachrichten mitgetheilt, die leider bisher wenig, wie die übrigen Angaben über die Reifung und Befruchtung des Rhynchelmis- und Lumbrieideneies berücksichtigt wurden, trotzdem in der ange- zogenen Arbeit schon Manches enthalten ist, was erst nach Jahren von anderen Seiten »als neu« entdeckt wurde !. Nach meiner Darstellung entsteht zu gewisser Zeit in dem Peri- plaste, und zwar durch Assimilation, ein neues Centralkügelchen, an dessen Peripherie neue Strahlen zu Stande kommen. Dieses Kügel- chen, von mir Tochterperiplast genannt (Gentrosoma, Bovzkı), theilt sich zu zwei neuen Elementen, welche wachsen, sich von einander ent- fernen, und zwischen ihnen entsteht die achromatische Spindel. Diese Thatsachen habe ich in dem genannten Werke bei der Be- sprechung der Entstehung der ersten zwei Blastomeren von Rhynchel- mis ausführlich besprochen und abgebildet. Nach meiner Auffassung ist daher kein Unterschied zwischen der »Attraktivkugel« und dem »Centrosoma«. Die erstere ist ursprüng- lich, das letztere entsteht nachträglich im Centrum derselben. Der Periplast ist immer in den Zellen vorhanden, nur meist in solchen Zu- ständen, dass es in gewöhnlichen Zellen schwierig ist denselben nach- zuweisen. Erst zu gewissen Lebensperioden fängt er an deutlich zu werden, er wächst an der Peripherie des Zellkernes, und erst später legt sich in ihm ein neues Gebilde an, ein neues Kügelchen oder Centro- som, welches in dem freiliegenden Periplast central liegt (Blastomeren von Rhynchelmis); wenn aber der Periplast den Kern von allen Seiten umgiebt, dann ist das Gentrosom seitlich gelegen. Wenn die Deutung des hyalinen Höfchens und des darin liegenden Kügelchens von Gordius Preslii richtig ist, so bieten uns die Hypo- dermiszellen der Gordiiden neue Belege für die Kenntnis der in Rede stehenden Zellbestandtheile. In dem hyalinen Höfehen — dem Periplaste — von Gordius Vaeteri habe ich kein Centrosoma nachweisen können und glaube auch, dass es in diesem Stadium kaum vorhanden ist, zumal der Periplast selbst bisher nicht vollkommen entwickelt ist. Das Gentro- soma erscheint erst später in einem bestimmten Alter der Zellen, in welchem z. B. die Hypodermiszellen von Gordius Preslii sich bereits befinden. In dem breiten von allen Seiten den Zellkern umgebenden Periplaste konnte das neue Gebilde — Gentrosom — zu Stande kommen. Es ist allerdings eine andere Frage, welche Bedeutung die be- sprochenen Gebilde in den gewöhnlichen, vielleicht ruhenden Zellen i Vel. z. B. DRIESCH, STRASSBURGER etc. 658 F. Vejdovsky, der Hypodermis der jungen Gordiiden haben? Diese Frage dürfte be- friedigend beantwortet werden: 4) durch Verfolgung einiger nach einander folgenden Entwick- lungsstadien einer und derselben Gordiusart; dazu würden die Gordius Vaeteri und Preslii 9° mit hohem Cylinderepithel in der Hypodermis am geeignetsten sein; 2) empfehlenswerth wäre die Behandlung solcher Stadien mit der Fremmisg’schen Flüssigkeit oder Chromessigsäure, um sicherzustellen, ob die möglichen Vorgänge der Karyokinese zu der beschriebenen Zellstruktur in gewissem Zusammenhange stehen. Einzellige Drüsen. Es handelt sich ferner um Beantwortung der Frage, welche physiologische Bedeutung haben die braunen Zellen in der Hypodermis von Gordius Vaeteri? Diese Frage ist leicht zu be- antworten, wenn man findet, dass die braunen Zellen ihre Ausführungs- öffnungen haben, und dass sie daher als einzellige Drüsen aufzufassen sind. Namentlich bei den braunen Faserzellen ist es leicht diese That- sache sicherzustellen. Auf den meisten Querschnitten kann man finden, dass diese Fadenzellen an ihrem äußeren Ende zu einer hyalinen Ampulle anschwellen, welche zuerst elliptisch ist, sich bis zur Cuticula erstreckt und durch sie hindurch sich nach außen öffnet (Fig. 22, 30 a). Die Gestalt des äußeren Kanälchens ist recht mannigfaltig; meist ist es ein cylindrisches enges Röhrchen, in anderen Fällen kann es nochmals zu einem Exkretionsbläschen anschwellen, oder schließlich sich noch trichterförmig nach außen erweitern (Fig. 22 b). Größere braune Drüsen scheinen mehrere Ausführungskanälchen zu besitzen und dürften also als »Siebdrüsen « funktioniren (Fig. 26). In welchem Zusammenhange die großen braunen Drüsen mit der Bildung der Areolen stehen, kann ich aus dem einzigen Entwicklungs- stadium nicht entscheiden. Sicher ist es nur, dass die äußere Cuticula in diesem Stadium noch glatt, fast ohne Areolen ist, höchstens dass bei starken Vergrößerungen an der unteren Cuticulafläche die Abdrücke einzelner Hypodermiszellen zum Vorschein kommen (Fig. 32). Was die Verbreitung der einzelligen Drüsen in der Hypodermis der Gordien anbelangt, so habe ich sie auch bei Gordius Preslii 9 gefunden, allerdings aber nicht in solchen Verhältnissen und nicht so oft wie bei Gordius Vaeteri. Bei der erstgenannten Art fand ich sie an Längsschritten durch einzelne Körperpartien der Bauchseite (Fig. 42 dr). Gewöhnliche Hypodermiszellen alterniren hier mit schlanken flaschen- förmigen Gebilden, welche in dieser Gestalt den einzelligen Drüsen der Lumbriciden ähnlich sind. Mit dem engen halsartigen Kanälchen öffnen sie sich mittels eines winzigen Porus nach außen, wo sie mit verdickten Organogenie der Gordiiden. 659 euticularen Höfchen versehen sind. Ihr Inhalt ist eine wasserklare Substanz, in der mir den Kern zu entdecken nicht gelang, sondern nur das oben besprochene Centrosom; es ist demnach wahrscheinlich, dass die einzelligen Drüsen aus den gewöhnlichen Epithelzellen nach dem Verluste der Kerne zu Stande kamen. Die einzelligen Drüsen funktioniren in der Hypodermis der Gor- diiden nur in jugendlichen Stadien, zumal sie in den erwachsenen frei- lebenden Würmern sehr redueirt und spärlich sind. Die Ausfuhrkanäl- chen und äußeren Poren habe ich bereits früher bei Gordius tolo- sanus entdeckt!, während später Camerano? derartige Drüsen — »cellule seceretici modificate« — bei derselben Art sicherzustellen ge- lang. Die Ausführungskanälchen und Poren finde ich auch bei den parasitischen Männchen von Gordius pustulosus (Fig. 43d), wo be- reits sowohl die sog. faserige Guticula als auch die großen Areolen vor- handen sind. Hier stellt die Hypodermis eine außerordentlich dünne Lamelle dar, in welcher man nur recht schwierig die Kerne zu finden vermag. Es giebt keinen Unterschied zwischen einzelnen Zellen; aber nach dem Vorhandensein der Ausführungskanälchen, welche in den Areolen nach außen münden, darf man dafür halten, dass die ursprüng- lich hier vorhandenen einzelligen Drüsen degenerirten und nur ihre Ausfuhrkanälchen persistiren. Aus der vorstehenden Darstellung geht hervor, dass die Hypoder- mis der jungen parasitischen Stadien von Gordius aus hohen, saftigen Zellen besteht. Das haben wir vornehmlich an Gordius Preslii g’ und Gordius Vaeteri © nachgewiesen. v. Linstow? hat dasselbe in den parasitischen Stadien von Gordius tolosanus konstatirt und Canme- rano* bildet das kubische Hypodermisepithel bei den jungen Stadien von Gordius pustulosus ab. Dagegen habe ich. zuerst die ganz abgeplattete Hypodermis in dem erwachsenen Stadium von Gordius tolosanus hervor- gehoben und Camerano hat sehr ausführlich nachgewiesen, dass in allen Körpertheilen die aus flachen Zellen bestehende Hypodermis vor- handen ist. Und so gelangen wir zur Frage, wie es kommt, dass die Hypoder- mis der jungen Stadien als hohes Cylinderepithel vorkommt, während i Vespovsky, Zur Morphologie der Gordiiden. Diese Zeitschr. Bd. XLIN. 1886. ? CAMERANO, Ricerche interno alla anatomia ed istologia dei Gordii. Torino 1888, 3 Linstow, l. c, * CAMERANO, Atti Accad. Scienze, Torino 1892, Fig. 1, 2, 5. 660 e F. Vejdovsky, in den erwachsenen Würmern es nur als eine sehr niedrige, scheinbar nur plasmatische Schicht mit spärlichen Kernen erscheint? Diese Frage wird beantwortet durch die Verfolgung der Entstehung der sog. faserigen Cuticula. Äußere Cuticula. Diese äußerste Körperschicht ist auch bei den jüngsten Stadien, wo die sog. faserige Cuticula noch nicht existirt, vorhanden. Von den von mir beobachteten Arten ist sie am dieksten bei Gordius Vaeteri, wo sie an Querschnitten als eine bräunliche, strukturlose, aus wenigstens zwei parallel an einander liegenden Schichten bestehende Lamelle erscheint. Von der Oberfläche mit den stärksten Vergrößerungen beobachtet, zeigt sie eine ungemein feine doppelte Strichelung, in welcher die Linien sich beinahe unter 40° kreuzen (Fig. 32c). Die ursprünglichen Zellkontouren treten ebenfalls sehr überzeugend an den leicht isolirbaren Cuticulartheilen hervor; es sind Zellabdrücke, die, sich nicht berührend, als die erste Spur der Areolen zu deuten sind. Die interareoläre Substanz zeigt keine Striche- lung, aus welchem Grunde man schließen kann, dass die äußere Zell- membran der Hypodermiszellen von ungemein feinen, mit unseren besten optischen Mitteln nicht sichtbaren Poren wie ein Sieb durch- bohrt ist, durch welche die Guticularsubstanz von den Zellen ausge- schieden wird. Die äußere Cuticula verdient also nicht den Namen »homogene Cuticula«, mit welchem sie bisher bezeichnet wurde. Sie besteht eben so aus Fasern, wie die untere Schicht, nur sind dieselben äußerst fein, dass man sie leicht als solche übersieht. Die untere Fläche der äußeren Cutieula von Gordius Vaeteri zeigt eine eigenthümliche, scharf lichtbrechende Körnelung, welche theils in bestimmten Linien angeordnet, theils unregelmäßig über der Oberfläche einzelner Zellen zerstreut ist. Die scheinbaren Körnchen gehören jedoch nicht der Cuticula an, sondern stellen die Abdrücke der Zellenfasern dar, aus denen die untere oder sogenannte faserige Cuti- cula entsteht. »Faserige Guticula.« Diese Schicht ist morphologisch verschieden von der äußeren Cuticula, wesshalb ich sie als Subeutieula weiter- hin bezeichnen will. Unter diesem Namen darf man jedoch nicht die »Subeuticula« A. Schneiper’s und seines Schülers Ronpe’s verstehen, in- dem die genannten Autoren mit diesem Namen nur die Hypodermis bezeichnen, welche Bezeichnung wohl als überflüssig zu verwerfen ist. Die Subeuticula ist ein späteres Produkt der Hypodermis. So lange sie noch nicht entwickelt ist, erscheinen ihre Anfänge dicht unterhalb - der eigentlichen Guticula in Form von faserigen Wimpern (Fig. 31 f). welche die Cuticula mit den Zellen verbinden. An den oben erwähnten NER LELNEEE ZERBEDL ZULEGEN Organogenie der Gordiiden. 661 von der Oberfläche betrachteten Abdrücken der Zellen in der Guticula sieht man eine recht große Menge der kornförmigen Durchschnitte die- ser Fasern, welche in regelmäßigen Reihen angeordnet sind (Fig. 32). An Quer- und Längsschnitten erscheint die Faserung wie vertikal aus den Zellen ausgehende Wimpern Fig. 23, 24, 25, 29, 30 f). Das beste Beispiel hierzu ist Gordius Vaeteri; hier ist die Verbindung der Fasern mit der Cuticula nicht intensiv, was am überzeugendsten die Schnittpartien beweisen, auf welchen sich die Cuticula ganz abspaltet; an solchen Bildern treten dann die Hypodermiszellen so hervor, als ob sie mit wirklichen Wimpern besetzt würden (Fig. 34 f). Den Ursprung der Fasern zu bestimmen ist nicht schwierig; sie gehen aus den Hypodermiszellen hervor. Schwieriger dagegen ist, den näheren Bildungsmodus der Fasern anzugeben; entweder ist es eine aus dem Zellplasma ausgeschiedene und erstarrte, ursprünglich flüssige Substanz, oder es stellen die Fasern der Subcuticula einfache Auswüchse des Zellgerüstes vor. Im ersteren Falle wtirde die Subeuticula gleichwerthig der äuße- ren Cuticula sein, für welche Ansicht man jedoch keine Gründe anführen kann. Die andere Auffassung, nach welcher die Faserung der Subeuticula das modifieirte Reticulum oder das sogenannte Spongioplasma vorstellt, hat viele Wahrscheinlichkeit für sich und zwar aus nachfolgenden Gründen: 4) Die Fasern, welche bei Gordius Vaeteri mit den braunen Zellen in Verbindung stehen, sind ebenfalls so braun gefärbt, wie das Reticulum dieser Drüsen (vgl. Fig. 27—29). 2) Mit der Zunahme der faserigen Subeuticula nimmt die Höhe der Hypodermiszellen ab, welche schließlich ganz abgeplattet werden, wie die erwachsenen Gordien beweisen. Je höher die faserige Schicht ist, - um so niedriger erscheint die Hypodermis. Die Fasern wachsen dem- nach auf Kosten des Zellreticulums. So lange die Hypodermiszellen dazu befähigt sind, so lange entwickeln sich die Fasern. 3) In ihren äußeren Eigenthümlichkeiten sind die Fasern der Sub- cuticula von einem anderen Charakter als die der äußeren Cuticula. Hypodermis als Muskelepithel. Zuletzt ist meine Auffassung von der morphologischen Beschaffenheit der Subeuticula durch nach- folgende Auseinandersetzung der Hypodermis als Muskelepithel be- gründet. Bekanntlich entbehren die Gordiiden wie die Nematoden der Ring- muskelschicht. Aber eben so interessant als überraschend ist die Er- scheinung, dass diese Cirkularmuskelschicht bei Gordius durch die 662 F. Vejdovsky, Hypodermis selbst ersetzt ist, welche demnach als Muskelepithel auf- zufassen ist. Den Beweis von dem Vorhandensein der Muskelfasern in der Hypodermis der Gordien zu erbringen, ist ziemlich schwierig, ob- wohl schon Vırror von solchen Fasern spricht und dieselben abbildet, aber als Nervenfibrillen deutet, welche mit dem Bauchstrange im Zu- sammenhange stehen sollen. Diese Ringfaäsern sind ausgezeichnet in der Hypodermis des jungen Gordius Preslii entwickelt, nur muss man, um sie deutlich zu er- kennen, streng vertikale Längsschnitte führen. An Querschnitten kann man nur kurze Abschnitte der Fasern verfolgen. Die Fasern sind un- gemein fein, aber ihr Glanz und die Regelmäßigkeit ihrer Lage beseitigt jeden Zweifel von ihrem Vorhandensein. Die scharfen Umrisse der Fasern und vornehmlich, dass man im Darmepithel eben solche Fibrillen findet, wo sie allerdings weit deutlicher und im ganzen Verlaufe zu ver- folgen sind, diese Charaktere beweisen, dass man es nicht mit Nerven- elementen, sondern mit Muskelfasern zu thun hat. An den erwähnten Längsschnitten erscheinen die Hypodermis- muskelfasern folgendermaßen. An der Basis der Zellen erscheinen punktförmige, glänzende Querschnitte der Fasern, deren ich in jeder Zelle regelmäßig drei bis fünf gezählt habe (Fig. 47 m). Allerdings muss man in diesem Falle mit rein vertikalen Schnitten rechnen: an etwas schiefen Schnitten sind die Spuren der kontraktilen Fasern sehr un- deutlich und man übersieht sie sehr leicht. Entscheiden kann ich nicht, ob sich die Fasern an der ganzen Peripherie des Körpers erstrecken; in den besprochenen Verhältnissen habe ich die Fasern nur an der Bauch- seite der Hypodermis sichergestellt. An dünnen Flächenpräparaten ver- laufen die Fäserchen parallel neben einander, doch kann man über ihre Struktur nichts ermitteln. Historische Zusätze. Einige Autoren, wie Linstowund CAMERANO, sind geneigt neben den beiden Cuticulae noch besondere Zwischen- schichten zu unterscheiden. Der letztgenannte Autor unterscheidet nämlich: a) uno strato cuticolare esterno, b) uno straterello interrotto di sostanza granulosa, ce) di uno strato fibrillare, d) di uno straterello interrotto, cestitmite di granulazioni, di quale portono i prolungamenti che attraversano gli strati fibrillari fino alla euticola esterna, e) di uno strato epidermico. Es handelt sich also um die unter b und d angeführten granulir- ten Schichten, welche jedoch nicht in jedem Falle nachzuweisen sind; Organogenie der Gordiiden. 663 sie sind jedenfalls als Resultat der Differenzirung einer einzigen zelligen Grundschicht, der Hypodermis zu deuten. Bei den erwachsenen Gordien kann die oberste Schicht der faserigen Cuticula eine körnige Beschaffen- heit annehmen, wie ich sie auch bei Gordius pustulosus gefunden habe (Fig. 435). Die untere granulirte Schicht kommt hier aber nicht vor. An den Längsschnitten durch junge Gordius Preslii sieht man dagegen, dass diese untere granulirte Schicht nicht selbständig ist, son- dern als eine deutliche Reihe von Körnchen in der äußersten Fläche der Hypodermiszellen zum Vorschein kommt (Fig. 472). Auch in Querschnitten’tritt diese Körnchenschicht der Hypodermiszellen äußerst scharf hervor (Fig. 36, 37). Es sind demnach nach wie vor die beiden Cuticularschichten und ihre Matrix — Hypodermis — als die eigentliche Körperumhüllung der Gordiiden zu unterscheiden. Bezüglich der morphologischen Darstellung der Hypodermis als Matrix der Cuticula habe ich in meiner ersten Arbeit sämmtliche älte- ren Ansichten zusammengestellt und, wie ich glaube, zuerst auf den zelligen Bau der Hypodermis in verschiedenen Körpertheilen hin- gewiesen, welchen Gegenstand neuerdings CamErano und MicHEL ! aus- führlich behandelt haben. Nun behauptet v. Linstow? ein Prioritätsrecht für sich, die zellige Struktur der Hypodermis zuerst erkannt zu haben. Dies ist unrichtig; Linstow bildet einen Theil des dünnwandigen Leibes- schlauches in optischer Schichtung ab und will die großen, sechs- seitigen Zellen als Hypodermiselemente deuten. Dem ist aber nicht so; in solcher Gestalt und Struktur der Kerne kommen die Hypodermis- zellen der Gordiiden in keiner Körperregion vor. Die fraglichen, von Lınstow gezeichneten Zellen gehören einzig und allein dem Peritoneum der Leibeshöhle an, wie man solche leicht ihrer scharfen Kontouren wegen an jedem Weibchen, welches die Eier abgelegt hat, bereits bei schwachen Vergrößerungen wahrnehmen kann. $2. Entwicklung und Struktur der Längsmuskelschicht. Über die Muskulatur des eigentlichen Larvenstadiums der Gordii- den wissen wir nichts; was der Epithelschicht vorangeht, aus welcher die Längsmuskeln des Leibesschlauches zu Stande kommen, mtissen die künftigen Untersuchungen entscheiden. Derzeit handelt es sich nur um die Deutung von zwei Zellschichten, welche in jüngsten mir zur Disposition stehenden Entwicklungsstadien sich unterhalb der 1 MıcHeL, Compt. rend. Acad. Sc. Paris. Vol. GVIII. p. 4475. 2 v. Liısstow, Über Entwickl. und Anatomie von Gordius tolosanus. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXXIV. 1890. DBA F. Vejdovsky, Hypodermis erstrecken, und die man als Mesoblastprodukte auffassen muss. Bei den erwachsenen Gordien entsteht aus der einen Zellenlage die Längsmuskelschicht, die andere wird noch heute von den meisten Autoren als »Parenchym « oder »Zellgewebe« bezeichnet, während ich sie schon vor Jahren als echtes, die Leibeshöhle auskleidendes Perito- neum bezeichnet habe. Die nachfolgende Darstellung beseitigt hoffentlich sämmtliche Zwei- fel darüber, in welchen Verhältnissen die erwähnten Zellschichten zu den übereinstimmenden Embryonalanlagen der übrigen bekannten Thiere, namentlich der Bilaterien stehen. Das erwähnte jüngste Stadium, von welchem ich ausgehe, ist Gordius pustulosus g', in dessen Leibeshöhle ich noch keine Ge- schlechtsdrüsen, wenigstens in der mittleren Körperpartie, vorgefunden habe. Camerano bezeichnet dieses Stadium als »stadio filiforme«. Unter der äußerst schwachen, körnigen Hypodermis erstrecken sich zwei mesoblastische Zellschichten; die eine an die Hypodermis angrenzende ist das Muskelepithel (Fig. 45 m), die innere stellt die Anlage des Peri- toneums (ms) dar. Die Zellen des Muskelepithels sind noch niedrig, aus einem hya- linen Plasma bestehend und erkenntlich nach den ausgezogenen Kernen (j, 7). Die letzteren entstanden offenbar aus gewöhnlichen ovalen Kernen, die wohl in den noch jüngeren Stadien vorkommen müssen!. In weiterer Entwicklung verengen sich die meisten Kerne in der Mitte, und nur die Kernpole sind gleichmäßig angeschwollen (Fig. 46 mk). In dem klaren Plasma der Kerne sieht man ein zierliches Fasernetz, das Kernkörperchen fehlt überhaupt. Durch diese Gestalt und Struktur erinnern die Muskelkerne an die Kerne der Opalinen. Allerdings muss man immer bedenken, dass diese Art (Gordius pustulosus) nur im 90°/,igen Alkohol konservirt wurde. In dem älteren Stadium von Gordius Preslii, wo die Längsmuskelschicht bereits fast funktionsfähig vorliegt, finde ich das bisher nicht differenzirte Muskelepithel nur im hinteren Körper als verschieden hohe, zwischen die Hypodermis- und Peritonealzellen gestellte Zellen, deren Kerne sich intensiv roth färben (Fig. 54 mep}. Weiter nach vorn differenzirt sich ein Theil des Plasmas zur kontraktilen Substanz, das übrige mit dem Kerne wird 1 In einer nach der Fertigstellung dieses Manuskriptes untersuchten Schnitt- serie eines älteren Stadiums mit Gonaden (abgebildet in Fig. 85) finde ich that- sächlich ein sehr niedriges Muskelepithel mit gewöhnlichen intensiv roth sich färbenden Kernen (ms). Das Epithel erstreckt sich nur an der Bauchseite, wäh- rend seitlich und an der Rückenseite ein großzelliges Peritoneum die Leibeshöhle auskleidet (pt). Organogenie der Gordiiden. 665 zum Sarkoplasma. Die Muskelzellen werden nach und nach höher, was namentlich für die Männchen von Gordius Preslii und pustulosus gilt, während bei den Weibchen der letztgenannten Art und den Männ- chen von Gordius aestivalis die Muskelzellen niedrig verbleiben. Bei den Weibchen von Gordius Preslii und Vaeteri sind die späte- ren Muskeln ebenfalls sehr hoch. | Kontraktile Substanz. Ehe ich auf die Schilderung der Ent- wicklungsgeschichte der Muskelfasern eingehen werde, erachte ich als zweckmäßig die Struktur der fertigen Leibesmuskulatur genauer zu erkennen. Es ist dies nothwendig einerseits Angesichts der neueren Mittheilungen über die Muskelfasern der Nematoden überhaupt und der Gordiiden insbesondere, andererseits wird dadurch die Bildungs- weise der kontraktilen Platten wesentlich erleichtert. Untersucht man die Leibesmuskulatur eines erwachsenen aber doch noch parasitischen Gordius Preslii an Querschnitten, so ist es zunächst nothwendig nur solche Schnitte zu berücksichtigen, welche die Längsmuskeln im strengsten Sinne des Wortes vertikal auf ihre Längsachse getroffen haben. Dann treten solche Bilder der Muskel- platten zu Gesicht, wie Fig. 72 veranschaulicht. Die Muskelzellen sind sehr plattgedrückt, trotzdem aber tritt das Sarkoplasma (Marksubstanz) der ganzen Höhe nach als eine hyaline Substanz hervor, in welcher es mir, auch nach der nachträglichen Fär- bung mit Hämatoxylin, nicht gelang eine retikuläre oder irgend welche andere Struktur nachzuweisen. Im inneren Abschnitte sind die Zellen etwas erweitert, und hier liegen die Querschnitte der Muskelkerne. Der Wurm, aus welchem die angezogene Abbildung herkommt, war nicht gehörig konservirt, und daher ist die Struktur des Sarkoplasma etwas modificirt. An meinen alten Präparaten findet man aber das feinkörnige Sarkoplasma, wie ich es bereits in meiner ersten Arbeit hervorgehoben habe. Durch den weiten Innenraum, in welchem das Sarkoplasma die Muskelzellen erfüllt, unterscheidet sich der noch para- sitisch lebende — wenn auch ganz entwickelte — Gordius von dem erwachsenen freilebenden Wurme, in dem, wie ich bereits früher mit- getheilt habe !, das Sarkoplasma nur als eine dunkle Linie erscheint. Wichtiger ist nun die Struktur der kontraktilen Substanz. Die- selbe verläuft zu beiden Seiten jeder Zelle und umgiebt auch den oberen gegen die Leibeshöhle hin zugewandten Pol und bildet daher eine geschlossene, durch ihren Glanz sehr deutlich hervortretende Platte. In den seitlichen Nachbarzellen wiederholen sich nun dieselben 1 Zur Morphologie der Gordiiden. 666 “ F. Vejdovsky, Verhältnisse, so dass sich an die Muskelplatten der erst beschriebe- nen Muskelzelle (a) von links und rechts die Nachbarplatten (b und c) anlegen. Zwischen je zwei Platten der neben einander stehenden Muskelzellen zieht eine bereits mit schwachen Vergrößerungen deut- liche dunkle Linie. Bei starken Vergrößerungen erkennt man aber, dass es ein hohler Raum ist, in welchem mir jedoch nicht gelang eine besondere Struktur zu erkennen (Fig. 69 r). Wenn die Schnitte nun streng vertikal geführt werden, so treten zwischen je zwei benachbar- ten Muskelplatten feine Querbrücken hervor, die der Reihe nach die Platten verbinden. Dadurch kommt eine Struktur zu Stande, welche auf eine alveoläre Zusammensetzung des Zwischenraumes zwischen je zwei Platten erinnert. In anderen Schnitten sieht man dagegen die erwähnten Querbrücken nicht (r’) und die Nachbarplatten verlaufen frei neben einander. Die Muskeiplatten selbst sind wieder der Reihe nach eingeschnürt und bestehen daher aus glänzenden Körperchen, welche zuweilen auch durch schmale Brücken in der vertikalen Richtung verbunden sind (Fig. 71 %). Die beschriebene Struktur findet ihren Ausdruck auch an vertikalen Längsschnitten (Fig. 66). Jede Muskelplatte erscheint hier als eine dünne Lamelle mit einer Längs- und Querstreifung. Die Längslinien bezeichnen die Einschnürungen zwischen den Körperchen, die Querstreifung belehrt uns dagegen, dass die letzteren auch der Länge nach angeordnet sind und wohl in der letzten Instanz die eigent- lichen Komponenten der kontraktilen Substanz vorstellen. Fragt man sich nun nach der morphologischen Bedeutung dieser Komponenten, so wird man zunächst die Auffassung BürscaLr's'! be- rücksichtigen müssen, nach welchem jede kontraktile Platte in der Muskelzelle von Ascaris einer Wabenreihe entspricht. Daher würde ein jedes-Muskelknötchen in der kontraktilen Platte von Gordius eine wohl modifieirte Wabe der gewöhnlichen Muskelzelle vorstellen. Es lässt sich dies jedoch weder aus anderen Verhältnissen der Muskel- platten, noch aus der Entwicklungsgeschichte bestätigen. In Fig. 71 sieht man nämlich, dass die benachbarten zwei Muskelplatten nur im oberen Theile aus den erwähnten Muskelknötchen (k) bestehen, die also den Waben entsprechen sollten. In dem unteren Theile erscheinen sie dagegen als krümelige Lamellen ohne jede Spur der Einschnürun- gen. Es ist allerdings möglich, dass man es hier mit einem Kontrak- tions- beziehungsweise Dilatationszustande zu thun hat, aber in den ! BürschLı, Über den feineren Bau der kontraktilen Substanz bei Ascaris. LEucKART's Festschrift. 4892, Organogenie der Gordiiden. 667 sich anlegenden Muskelplatten begegnet man denselben fast geraden Platten, wie wir weiter unten näher aus einander setzen werden. Die Basis der Muskelzellen von Gordius Preslii in dem be- schriebenen sowie in den jüngeren Stadien entbehrt überhaupt der kontraktilen Substanz und ist daher — um sich mit Ronpe auszu- drücken — nach außen offen, d. h. das Sarkoplasma ist hier gegen die Hypodermiszellen mit bloßer Zellmembran begrenzt. Noch deutlicher tritt die brückenartige Verbindung der Platten zwischen je zwei benachbarten Muskelzellen bei Gordius pustu- losus hervor (Fig. 70). Die physiologische Bedeutung der gegen- seitigen Verbindung zwischen je zwei Muskelplatten liegt auf der Hand; der Muskelschlauch wird dadurch fester und es ist bekannt, wie schwierig einzelne Muskelfasern der Gordiiden zu isoliren sind. Mir gelang es niemals eine solche Faser auszupräpariren, während vor Jahren nur BürscaLı dies nach langen Bemühungen gelingen sollte. Der Leibesschlauch der Gordiiden vermag nur in jugendlichen Stadien durchzubrechen, wobei nicht nur die feinen Cuticulae und Hypoder- mis, sondern auch die Muskulatur betheiligt wird. In der letzteren geht nun die Spaltung nicht zwischen je zwei Muskelzellen vor sich, sondern durch das Sarkoplasma, welches, wie wir bald erkennen wer- den, zu dieser Zeit noch nicht an der inneren Peripherie sich zur kon- traktilen Substanz modificirt hat. Von den neuerdings erschienenen Arbeiten über die Muskulatur von Gordius hat nur Ronpe die Struktur der Muskelzellen annäherungs- weise richtig erkannt, wenn auch seine Abbildungen allzu schematisch gehalten sind!. Von den Verbindungsfasern zwischen je zwei benach- barten Muskelplatten macht er keine Erwähnung, obwohl dieselben an seinen photographischen Aufnahmen an einigen Stellen ganz deutlich hervortreten. Dagegen versucht VırLoT? seine alten Ansichten über das Perimy- sium der Muskelzellen aufrecht zu erhalten und begleitet diese seine Angaben mit einigen phantasiereichen Abbildungen. Die Angaben v. Lınsrow’s sind mir ganz unverständlich. Bildung der kontraktilen Substanz. Die erste Anlage der kontraktilen Platten habe ich bei einem jungen Männchen von Gordius pustulosus ermittelt. Die oben erwähnten Muskelzellen mit den - verlängerten Kernen erheben sich höher gegen die Leibeshöhle, behal- ten aber nach wie vor ihren epithelialen Charakter, nur sind die Kerne im inneren Pole gelegen wie bei den entwickelten Muskeln. An der ! Roupe, Giebt es Holomyarier? Sitzungsber. preuß. Akad. Wissensch. 189. — Ferner: Muskel und Nerv. Scuneiper’s Beiträge. 1892. 2 VıLLot, |. c. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Ba. 44 a ae N k ' LH 2 u 3 4 oh ri =; Br: . 3 A ns Er Fa = ae 3 668 En F. Vejdovsky, Basis dieser Zellen erscheinen nun rechts und links äußerst feine, aber durch den Glanz leicht erkennbare Lamellen, die etwa bis zur Hälfte der Zelle reichen, weiter nach innen folgt nur die gewöhnliche Zell- membran. Schon während dieser Anlage treten die Verbindungsbrücken hervor, während die Zusammensetzung der Lamellen aus verdickten und eingeschnürten Partikeln nicht nachweisbar ist. Die beschriebenen Anlagen der kontraktilen Substanz erweitern sich nach und nach zum inneren Pole der Muskelzellen, und man sieht ein solches fortgeschrittenes Stadium im Weibchen von Gordius Preslii in Fig. 62 bei schwächerer (Zkıss E), in Fig. 63 bei homogener Immersion dargestellt. Die Strukturverhältnisse sind dieselben wie im vorigen Stadium, die Zellmembranen sind nur am innersten Abschnitte der Zellen erhalten, wo auch der Kern liegt. Dieser kernführende Ab- schnitt dürfte dem sog. Markbeutel der Muskelzelle von Ascaris ent- sprechen. Ähnliches Stadium der Bildung der kontraktilen Substanz von Gor- dius pustulosus ist in Fig. 55 u. 56 bei schwächerer, in Fig. 58 u. 59 bei starker Vergrößerung dargestellt. Überall tritt die Verbindung der benachbarten Muskelplatten durch zahlreiche Bälkchen hervor. Schließlich erreichen die Platten den innersten Pol der Muskelzellen, und diese Zustände sind in Fig. 57 von Gordius pustulosus, weiter in Fig. 65 vom Männchen von Gordius Preslii bei sehr starken Ver- gröberungen dargestellt. Der Unterschied zwischen beiden Arten ist auf- fallend; bei der letztgenannten Art sind die Lamellen sehr angenähert, so dass es scheint, als ob sie aus einer einzigen der Länge nach einge- schnürten Faser bestehen. Gtinstigere Präparate (Fig. 68) beweisen dagegen, dass die Struktur der Muskelplatten dieselbe ist wie bei Gor- dius pustulosus (Fig. 57), wo aber die Platten nicht gleichmäßig ange- schwollen, beziehungsweise kontrahirt erscheinen, in Folge dessen die intercellulären, durch die Bälkchen verursachten Waben von verschie- dener Größe sind. | Andererseits sieht man auch den Unterschied zwischen den Muskel- platten von Gordius Preslii g' und © (vgl. Fig. 65 und 62), in welcher Hinsicht daher die Geschlechter dimorph erscheinen. Die horizontalen Längsschnitte durch den Muskelschlauch be- lehren uns von der Beschaffenheit der in der Längsachse durchge- schnittenen Muskelplatten (Fig. 60, 61). Die Verhältnisse sind hier dieselben wie in den Querschnitten; die Muskelplatten je zwei benachbarter Zellen sind der Länge nach ebenfalls mit den Querbälkchen verbunden, die dadurch entstandenen intercellulären Waben sind bald gleich (Fig. 60), bald alterniren die EH Organogenie der Gordiiden. 669 großen angeschwollenen Räume mit den kleineren (Fig. 61). Die Kerne (%) alterniren mit den Muskelplatten. Durch sehr niedrige Platten ist Gordius aestivalis (g) cha- rakterisirt. Die fertigen, gegen das somatische Peritoneum geschlossenen Muskellamellen findet man in den parasitischen im Frübjahre ge- sammelten Gordius Preslii; zwischen den vollkommen gebildeten Muskelzellen trifft man auch solche, in denen die Platten von links und rechts gegen den Mittelpunkt an einander genähert sind, bisher aber nicht verschmelzen; es sind offenbar die letzten Entwicklungsstadien der Muskellamellen. Die Muskellamellen von Gordius Vaeteri (2) sind von dersel- ben Höhe wie die Hypodermis (in dem oben besprochenen Jugend- stadium) und bestehen aus regelmäßigen, gleich großen intercellulären Waben. Die Muskellamellen sind bei den erwachsenen Gordien bündelartig gruppirt, was namentlich bei Gordius tolosanus hervortritt; die Lamellen sind nämlich so dicht neben einander gestellt, dass es scheint, als ob sie auf Kosten des Sarkoplasma einer Zelle zu Stande kamen und die letztere ganz erfüllten. Dies ist nicht selten um so auffallen- der, als zwischen einzelnen dicht an einander liegenden Lamellen die Kerne nicht nachweisbar sind. Bei jungen Gordius Preslii J er- klärt sich uns diese Bildung der Muskelbündel. Einzelne Nachbarzellen reihen sich nämlich dicht an einander, ihr Sarkoplasma wird ganz ver- drängt, die Kerne bestehen zwar Anfangs zwischen den Lamellen, um schließlich ganz zu Grunde zu gehen (Fig. 67, 68 %). Sarkoplasma und Kern. Das Plasma der Muskelzellen sämmt- licher untersuchten Arten erscheint nach der erwähnten Konservirungs- methode in der Chromsäure und dem 90°/figen Alkohol und nach der Färbung mit Pikrokarmin als eine durchaus homogene, strukturlose Substanz; wären hier die Kerne nicht vorhanden, so müsste man dafür halten, — namentlich bei den Arten, wo die Muskellamellen bündel- artig angeordnet sind, — dass zwischen den letzteren hohle Räume persistiren. Sämmtliche Abbildungen (Fig. 55—72) zeigen dieselben Strukturverhältnisse des Sarkoplasma und auch die nachträgliche Fär- bung mit Hämatoxylin veränderte an der Sache nichts. Nur bei Gor- dius Vaeteri erschienen nach der Hämatoxylinfärbung ganz andere Strukturverhältnisse des Sarkoplasmas. Nach der Färbung mit Pikro- karmin finde ich das letztere eben so hyalin und scheinbar strukturlos, wie bei Gordius Preslii ete.; mit Hämatoxylin behandelt erscheint aber die früher homogene Substanz aus hellen Alveolen bestehend, 44* 670 | F. Vejdovsky, „wischen welchen mehr oder weniger intensiv sich färbende Knötchen eines feinkörnigen Plasma gelagert sind (Fig. 73). Die stark verlängerten Kerne der Muskelzellen sind nach dem Grade der Degeneration mehr oder weniger angeschwollen oder zu- sammengedrückt und zeichnen sich durch die bekannte enorme Länge aus (Fig. 47 k). Sie liegen meist in dem inneren Abschnitte der Muskel- zellen, können aber auch unregelmäßig in verschiedenem Niveau (wie 2. B. bei Gordius Preslii 9’) liegen. Die färbbare Substanz ist an der Peripherie der Kerne gelagert, während das Innere von einer hyalinen Substanz eingenommen ist. In Folge dessen erscheinen die Kerne an Querschnitten wie durchgeschnittene Röhrchen. $ 3. Die Leibeshöhle und der Begriff des»Parenchyms« und»Zellgewebes«. In den jungen parasitischen Stadien der beobachteten Arten ist die eigentliche Leibeshöhle oder das Cölom vorhanden und ihre Verhältnisse unterliegen gewissen Modifikationen 1) nach dem Entwicklungszustande der Geschlechtsdrüsen, sowohl der Männchen als Weibchen, und 2) nach der Körperregion, aus welcher man den betreffenden Schnitt untersucht. In der vordersten und hintersten Körperregion sind offenbar die Cölomverhältnisse modifieirt, wesshalb es für die all- gemeinen Betrachtungen nicht rathsam ist von der Darstellung der- selben auszugehen. Eine geräumige Leibeshöhle erkannte ich bei dem jüngsten Sta- dium von Gordius pustulosus g', dessen Geschlechtsdrüsen in der Körpermitte nicht entwickelt waren (Fig. 79). Das Muskelepithel (ms) ist hier mit flachen Mesoblastzellen bedeckt, welche durch runde, in- tensiver sich färbende Kefne sich von der Muskelzelle unterscheiden. Es ist also die somatische Peritoneallamelle (pis). Die Zellen sind groß und gerade nicht (namentlich auf der Rückenseite) zahlreich, so dass sie eher als eine die Muskelschicht bedeckende Bindegewebsschicht erscheinen, wie besonders die Längsschnitte durch den ganzen Körper beweisen (Fig. 45 ms, Fig. 46 pis). Die Querschnitte durch dasselbe Entwicklungsstadium weiter nach vorn zeigen aber, dass die Zellbedeckung viel dichter ist, aus zahl- reicheren Zellen besteht, welche zu einer Epithelschicht angeordnet sind. Namentlich die Körperseiten sind durch dieses hohe Peritoneum ausgezeichnet, welches nach der Rücken- und Bauchseite dagegen etwas niedriger erscheint. Dies ist also, wie gesagt, das somatische Peritoneum, das splanchnische ist nicht vorhanden. Der Darmkanal entbehrt über- Organogenie der Gordiiden. 671 haupt der äußeren Bedeckung (Fig. 79 d), nur in der medialen oberen Linie verbinden sich zwei Lamellen, welche von der rechten und linken somatischen Peritoneallamelle ausgehen und ein Mesenterium vor- stellen (mt). Dadurch zerfällt das Cölom in eine größere obere und in eine untere Höhle; in der letzteren verläuft der Darmkanal (d). Die besagten Mesenterien weichen gewissermaßen von der Anord- nung der gewöhnlichen Mesenterien ab, welche wir bei den etwas älte- ren Stadien von Gordius Preslii besprechen werden; hier aber muss man berücksichtigen, dass der beschriebene Gordius pustulosus der Geschlechtsröhren entbehrte, was wohl die Anordnung der Mesen- terien bedingen kann. Aber die eben geschilderte Organisation der Leibeshöhle bei dem jüngsten mir zu Gebote stehenden Stadium zeigt sehr überzeugend, dass man es bei Gordiiden mit der echten Leibeshöhle zu thun hat, auch wenn kein Darmperitoneum vorhanden ist, dass somit die epi- theliale Bedeckung der Muskelschicht ursprünglicher ist, als die Zellen, welche in gewissen Körperregionen und zu gewissen Zeiten als das so- genannte Parenchym oder das Zellgewebe die Leibeshöhle erfüllen. Polarität der Peritonealzellen. In Fig. 80 ist ein Theil der Leibeswand mit Hypodermis (hp), Muskulatur (r) und dem somatischen Peritoneum dargestellt. Die Zellen des letzteren schönen Epithels sind auffallend durch große ovale Kerne, in denen man aber weder ein Kerngerüst noch ein Kernkörperchen findet. Dagegen tritt hier die chromatische Substanz in reichlicher Menge hervor und zwar an dem, gegen das Centrum des Körpers gerichteten Pole. Besondere Differen- zirung in dieser Substanz ist schwierig nachzuweisen, nur in einigen Zellen scheint die Substanz an feine Schleifen gebunden zu sein. Die angezogene Abbildung ist aus dem Körperschlauche von Gordius pustulosus (Q) entnommen, welcher, wie gesagt, im 90°/,igen Alkohol konservirt wurde. Dadurch ist gewiss die beschriebene Kernstruktur hervorgerufen. Bei den von mir in Chromsäure konservirten Gordius Preslii ete. findet man nichts von dieser auffallenden Anordnung der chromatischen Substanz. Gewiss aber ist dadurch die centrade Orien- tirung der Peritonealzellen ausgeprägt. Leibeshöhle der vorderen Körperregion. Wir wollen jetzt die einzelnen Körperregionen in Bezug auf die Gestaltung der Leibes- höhle eingehender besprechen und wählen dazu in erster Reihe den vorderen Körperpol. Hier ist die Leibeshöhle sehr redueirt, da hier zunächst der angeschwollene Anfangstheil des Darmkanals, ferner die Bauchstranganschwellung und die oben erwähnte braune Drüse vorhan- den ist (vgl. die Querschnitte von Gordius pustulosus Fig. 14,15, 16). 672 a F. Vejdovsky, Die Längsmuskelschicht fehlt hier, so dass an die Hypodermis die Mesoblastzellen sich direkt anlegen. Dieselben sind aber nicht unregel- mäßig angeordnet; sie wiederholen sich schichtenweise und koncen- trisch von der Hypodermis nach innen. Vergleichen wir in dieser Hin- sicht einige nach einander folgende Querschnitte. In Fig. 1% sieht man unterhalb der Hypodermis eine ziemlich dicke kleinzellige Schicht (pr), die wir erst später berücksichtigen werden. Dieselbe ist nach innen mit einem großzelligen Epithel (p.1s), dessen große ovale Kerne aus dem hyalinen Plasma sehr schön hervortreten. Eine aus etwas kleineren Zellen bestehende Epithelschicht bedeckt die Bauchstrangslappen und die Speiseröhre (pt.p). Das ist also eine Fortsetzung des Peritoneums und dürfte in diesem Falle als splanchnisches Blatt bezeichnet werden. Zwischen beiden Lamellen befindet sich ein enger, spaltförmiger zellen- loser Raum (c) und dies ist der Rest der Leibeshöhle, welche an den nachfolgenden Schnitten von den Abkömmlingen der Epithelschichten ausgefüllt ist. Wir sehen nämlich in Fig. 15 wieder ein somatisches (pt.s) und ein splanchnisches (| pt.p) Peritonealblatt, die zwischen ihnen befindliche Leibeshöhle ist aber von den Lymphoidzellen (l) ausgefüllt. Je mehr nun nach hinten, um so zahlreicher und kleiner sind die letz- teren und können ebenfalls wie die Peritonealschichten lamellenweise angeordnet sein; dies ist in Fig. 16 veranschaulicht (e). Auf diese Weise erklärt man sich leicht die dicht gruppirten poly- gonalen Zellen im vorderen Körpertheile der erwachsenen Gordien, die man als Parenchym bezeichnet, welches wohl aus den ursprünglich freien, ellipsoiden oder runden Zellen entstanden ist. Hypodermales Parenchym. Das in seinem Ursprunge erkannte Zellgewebe muss man aber unterscheiden von dem eigentlichen Paren- chym, wie es sich in der vordersten Körperpartie auf zwei bis vier Schnitten wiederholt. Hier findet man nämlich weder die großzelligen Peritoneallamellen, noch irgend eine Leibeshöhle. Der Raum zwischen dem Anfangstheil des Darmkanales und der Hypodermis ist einfach er- füllt von einem kleinzelligen Bindegewebe, welches ich als Parenchym bezeichnen will (Fig. 13 pr). Dieses Parenchym zieht weiter nach hinten längs der Hypodermis (Fig. I4 pr), während der übrige Raum vom mesoblastischen Peritoneum eingenommen wird. Fragt man sich nach dem Ursprunge dieses Bindegewebes, so wird man nach der sorgfältigen Untersuchung bald zur Überzeugung gelangen, dass das Gewebe durch die Proliferation der Hypodermiszellen entstanden ist. Der erste Schnitt (Fig. 42) durch die eigentliche Hypodermis zeigt nämlich, dass von den Zellen dieser Schicht zahlreiche Produkte derselben radienartig in die primäre Leibeshöhle eingreifen (p) und weiter nach hinten dieselbe Organogenie der Gordiiden. 673 ganz erfüllen. So entsteht das härtere Terminalende des Gordienkörpers oder die sogenannte Galotte. Dieses eigentliche Parenchym kommt in gleichen Verhältnissen bei Gordius Vaeteri und Preslii und auch in erwachsenen freilebenden Gordius tolosanus vor; ich habe es bekanntlich in meiner ersten Arbeit als modifieirtes »Zellgewebe« gedeutet!. Die Leibeshöhle im hintersten Körpertheile ist bereits bei den jüngsten untersuchten Stadien mit dem Zellgewebe gänzlich erfüllt, ‚so dass ich über deren ursprüngliche Gestaltsverhältnisse nichts zu sagen weiß. Man darf aber mit Recht annehmen, dass die Entstehung des Zellgewebes in dieser Region dieselbe ist, wie in der vorderen Körperregion, und dies aus zwei Gründen: 1) In meiner ersten Arbeit habe ich mit besonderem Nachdruck hervorgehoben, dass das somatische Peritonealepithel der hinteren Region auch in erwachsenen Würmern durch die Größe seiner Elemente auffallend ist und dadurch sich von den übrigen Zellen des Zellgewebes unterscheidet. 2) Dass nun die Zellen des Zellgewebes ursprünglich aus Lymphoid- zellen entstanden sind, beweist das nachfolgende Experiment. Ich ver- suchte die im hinteren Körpertheile dicht gruppirten Zellen zu isoliren. Nach der Durchschneidnng des Körpers eines noch parasitischen, aber geschlechtlich bereits vollkommen reifen Gordius Preslii presste ich sowohl die Spermatozoen aus den Samenleitern, als auch das Zellge- webe auf einen Objektträger heraus, nachher behandelte ich den Inhalt mit OÖsmium, Alkohol und Pikrokarmin und fand, dass die in der Leibes- höhle als »Parenchym« zusammengedrängten Zellen auf den so her- gestellten Präparaten als schöne amöbenförmige Körperchen mit Pseudo- podien hervortraten. Es ist desshalb sicher, dass das Zellgewebe aus den ursprünglichen Lymphoidzellen besteht, wesshalb ich es als überflüssig betrachte die sonderbaren Ansichten Vırror’s zu berücksichtigen ?. 1 Vgl. Zur Morphologie der Gordiiden (l. c.). Fig. 33, 34, 35 gm. 2 Ich habe mich bereits in meiner letzten Arbeit (diese Zeitschr. XLVI. 2. 1888) über die Angaben des genannten Herrn sehr scharf aussprechen müssen. Nichtsdesto- weniger wiederholt er auch neuerdings seine alten Phrasen (sit venia verbo!). Um z. B. auf die Argumente, mit welchen er seine Vorstellung von der Leibeshöhle unterstützt, hinzuweisen, will ich nur ein Citat aus seiner letzten Publikation (Evo- lution des Gordiens. Ann. Sc. nat., 4894, p. 359) anführen: » Le mesoderm, qui, ainsi que je l’ai deja dit, represente la partie peripherique de l’endoderme, n’est encore constitue au debut du developpement larvaire que par des cellules embryonnaires. Ces cellules, qui sont fort petites et peu nombreuses chez l’embryon, proliferent beaucoups chez la larve et y prennent un rapide accroissement. Leur parois’Epaissit; 674 = F, Vejdovsky, Leibeshöhle der mittleren Körperregion. Die Leibeshöhle der jungen parasitischen Stadien, bei denen die Gonaden bereits ange- legt erscheinen, ist durch diese Organe sehr modifieirt, eben so wie die das Cölom auskleidenden Peritonealschichten. Wie sich das Peritoneal- epithel und die Mesenterien zu den Geschlechtsorganen der erwachse- nen Weibchen verhalten, habe ich schon in meinen ersten zwei Arbeiten aus einander gesetzt. Trotz einiger Opposition von Seiten VıLLorT’s und Linstow’s gegen meine Darstellung wird meine Auffassung durch das Studium der jungen Weibchen bestätigt und werde ich auf diesen Gegenstand bei der Besprechung der weiblichen Geschlechtsorgane zurückkommen. An dieser Stelle will ich nur bemerken, dass das splanehnische Peritoneum durch die mächtig wuchernden Eierstöcke an das somatische Blatt verdrängt wird (Fig. 95 sm, sp), so dass die eigentliche Leibeshöhle ganz verschwindet und man leicht zu der Ansicht verführt werden kann, dass das somatische Peritoneum aus zwei Zellschichten gebildet wird. Andererseits ist das Vorkommen von vier Längskanälen zwischen der Muskelschicht und der Somatopleura bemerkenswerth, die ich bei zwei jungen Weibchen von Gordius pustulosus angetroffen und in Fig. 94 und 95 abgebildet habe. Es giebt zwei ventrale (pr! und pr/?), sowie zwei dorsale (prl?, pr!*) derartige Röhren, denen man an den Sehnittserien begegnet. Meiner Ansicht nach entstanden dieselben durch die Abspaltung des somatischen Peritoneums von der Muskel- schicht und zwar in Folge der durch die Wucherung der Geschlechts- drüsen stattfindenden Spannung. Eine besondere physiologische Funk- tion kann man ihnen kaum zuschreiben. Schwieriger ist es bei erwachsenen Männchen die Leibeshöhle und die modifieirten Peritonealschichten nachzuweisen; hier sind nämlich sämmtliche Räume des Göloms ziemlich früh mit Mesoblastelementen erfüllt. Das Studium der jungen Männchen zeigt aber, dass kein Unterschied zwischen beiden Geschlechtern ist; bei den ersteren ver- schwindet nämlich die Leibeshöhle rascher in Folge der Vermehrung leur contenu se charge d’elEments graisseux; et leur noyau passe a l’etat granu- leux. En se multipliant, ces cellules ce pressent les unes contre les autres et for- ment une masse compacte (Zellkörper), qui occupe tout l’espace compris entre le systeme nerveux et l'intestin. La cavite primitive du corps de ’embryon (Blasto- coele) est des lors completement obliteree. Les cellules embryonnaires de la peri- pherie du mesoderme se transforment en myoblastes et constituent par leur en- semble la couche musculaire (muscle cylindrique).« Und so geht es weiter. Diese Probe, glaube ich, entledigt mich der Pflicht die Angaben Vırror's zu besprechen und überhaupt mich mit ihnen zu befassen. Organogenie der Gordiiden. 675 der Mesoblastelemente, welche dieselbe epitheliale Anordnung nach der Richtung der Organe, welche sie umgeben, wiederholen. Es sind vornehmlich die männlichen Gonaden, um welche sich rings die Meso- blastzellen röhrenartig (Fig. 96 a) anordnen; auf diese Röhren legt sich wieder eine neue Epithelschicht (Fig. 96), die also das Cölom von der inneren Fläche auskleidet, als Splanchnopleura zum Bauchstrange hin- zieht und sich an die Mesenteriallamelle (ns) anschließt. Da nun die Leibesmuskelschicht von normalem somatischem Peritoneum {c) bedeckt ist, so ist durch diese Lamellen eine zwar nicht voluminöse, aber doch leicht nachweisbare Leibeshöhle ausgekleidet (IR). In anderen Schnitten erscheinen die Mesoblastzellen weit zahl- reicher entwickelt, die sich somit von Neuem an die bereits vorhandenen Schichten anlegen und so erfüllen sich die Höhlungen und es bleibt jeder- seits nur ein enger Spalt zwischen den Mesoblastlamellen als Rest des früher geräumigen CGöloms zurück. In Fig. 97 sind diese Verhältnisse dargestellt; das somatische Peritoneum (c) besteht aus größeren Epithel- zellen als das splanchnische (b), welches wie in Fig. 96 die Gonaden- röhre (a) bedeckt. Zwischen dem somatischen und splanchnischen Blatte hat sich nun eine neue Zellreihe (d) eingeschoben, deren Elemente aber nicht so regelmäßig epithelartig angeordnet und offenbar as Lymphoid- zellen zu betrachten sind. Sie erfüllen bisher nur den dorsalen Theil der Leibeshöhle, während der ventrale Theil (!h) als ein spaltartiger Raum persistirt. Schließlich erfüllt sich auch diese spaltförmige Höh- lung und man findet keine Spur des Cöloms; es scheint dann, dass die Leibeshöhle durch das sogenannte Parenchym vertreten ist, namentlich wenn man die schichtenweise Anordnung der Lamellen nicht berück- sichtigt (Fig. 98). So erscheint es in der Leibeshöhle der erwachsenen Gordien und ich habe diese lamellenartige Anordnung der Mesoblast- elemente bei Gordius tolosanus in einer früheren Arbeit veran- schaulicht!. Die Längsschnitte durch das vermeintliche Parenchym be- weisen schließlich, dass die Zellen ziemlich lose an und neben einander liegen, wie Fig. 82 veranschaulicht. Ausführlichere Darstellung des Epithelverlaufes auf der Oberfläche der Gonade, sowie das Verhältnis der Mesenterien zu diesen Peritoneal- hüllen werden wir weiter unten aus einander setzen. Jedenfalls aber mtissen nach dieser Darstellung sämmtliche Kin- wände und Zweifel über die Existenz der echten Leibeshöhle bei Gor- diiden aufhören. Rückenkanal. Bei den Weibchen der erwachsenen Würmer fand ı Vgl. Zur Morphologie der Gordiiden. Fig, 36. Ar F. Vejdovsky, ich zuerst in der Mediallinie der Rückenseite einen Kanal, welcher bei erwachsenen Männchen nicht vorkommt. Die Entwicklungsgeschichte lehrt nun, dass der Rückenkanal nichts Anderes ist als ein Theil der _ Leibeshöhle, welcher dadurch zu Stande kommt, dass sich das Mesen- terium nach links und rechts spaltet und mit der peritonealen Somato- pleura in Verbindung tritt. In jugendlichen Stadien kommt der Rücken- kanal bei beiden Geschlechtern vor, nur wird er bei den Männchen einiger Arten etwas reducirt, indem sich dessen Lumen bald mit neuen Mesoblastzellen erfüllt. So finde ich es bei dem jungen Männchen von Gordius Preslii. In den Männchen von Gordius pustulosus (Fig.S5 rc) und Gordius aestivalis befindet sich zwischen dem dorsalen Peritoneum (pi) und der Gonadenwandung eine weite Leibeshöhle, die durch Bindegewebszellen (bg) nach rechts und links in drei Abschnitte getheilt ist, von denen der mittlere dem Rückenkanal entspricht. Und dasselbe wiederholt sich auch bei den jungen Weibchen von Gordius pustulosus (Fig. 94, 95 rc), wo der Rückenkanal einen recht geräu- migen Theil der Leibeshöhle vorstellt, welche ebenfalls von Binde- gewebsfasern durchsetzt ist (Fig. 94, 95 bd), so dass es scheint, als ob da wenigstens vier Längskanäle verliefen. In reiferen Weibchen, wo die Eierstöcke bereits entwickelte Eier enthalten, ist der einzige Rücken- kanal ziemlich redueirt (Fig. 104 rc). Die Periintestinalhöhle ist in beiden Geschlechtern in jugend- lichen Stadien sehr gut entwickelt und nach allen Gestaltsverhältnissen entspricht sie der primären Leibeshöhle. Sie ist von rechts und links mit Mesenterien begrenzt und an ihrer Basis verläuft der Darmkanal. In den mir zu Gebote stehenden Stadien habe ich keinen Inhalt darin gefunden, so dass ich kaum im Stande bin, die von Vırror mitgetheilten Angaben als glaubwürdig anzunehmen. Hier soll nämlich »das Paren- chym« einer fettigen Degeneration anheimfallen, welchen Process er auch neuerdings in Fig. 10 und 11 (Evolution des Gordiens 1891) ab- bildet. Mir ist nichts von solchem fettig degenerirenden Parenchym bekannt. Oder handelt es sich in den angezogenen Abbildungen um die »braune Drüse«, welche eben in der primitiven Leibeshöhle liegt? Um diese Angaben des genannten Autors mit den meinigen in Einklang zu bringen, müssten sowohl die Mittheilungen bestimmter ausgesprochen, als auch die Abbildungen deutlicher ausgeführt werden. Meiner An- sicht nach sind aber die Präparate des Herrn Vırror für die wissen- schaftliche Verwerthung ungenügend; die neueren Abbildungen, mit welchen Vırror seine Auffassungen begleitet, unterstützen mich in dieser Ansicht. Organogenie der Gordiiden. 677 $ 4. Das Nervensystem. In welchen genetischen Verhältnissen sich das Nervensystem der Gordiidenlarven zu dem definitiven Nervensystem der fadenförmigen parasitischen und freilebenden Würmer befindet, darüber kann man heute nichts sagen. Meiner Ansicht nach legt sich das definitive Nervensystem unabhängig von dem larvalen an, denn es ist sicher, dass sich in den fadenförmigen Gordiusstadien das Nervensystem sehr spät anlegt und dass es ziemlich weit von dem Terminalende, wo wir den Rest des Larvenkörpers angetroffen haben, anfängt. In dem dünnen, 12 em langen Gordius pustulosus finde ich, dass er fast in der ganzen hinteren Körperhälfte des Bauchstranges entbehrt; seine Hypo- dermis in der Mediallinie der Bauchseite ist in derselben Höhe wie zu beiden Körperseiten und nach innen mit dem Muskelepithel bedeckt, in welchem eben so keine Differenzirung zu Muskelfasern stattfindet. Erst die etwa von der Körpermitte nach vorn fortschreitenden Schnitte zeigen die Anlagen des Bauchstranges, welcher einzig und allein durch die Hypodermisverdicekung entsteht. Zwei oder drei Zellen in der Mediallinie der Bauchseite schwellen An- fangs unmerklich, später deutlicher an (Fig. 51, 52% bs), erheben sich über die Nachbarzellen und berühren so den dicht dem Muskelepithel anliegenden Darmkanal (d). Von der paarigen Anlage des Bauch- ‚stranges kann man nur dann reden, wenn man zwei verdickte Hypo- dermiszellen an Querschnitten antrifft (Fig. 52), was aber ziemlich selten ist; da die Schnitte mit drei Zellen (Fig. 5t4) weit öfters vorkommen, so wird man die Bauchstrangsanlage der Gordiiden eher als unpaarig be- zeichnen müssen. Die Hypodermisverdickung schreitet dann ununter- brochen bis zur Stelle fort, wo sich das sogenannte Gehirnganglion, oder besser, die Bauchstranganschwellung vorfindet. | In der verdiekten Hypodermis gelang es mir einige Mal kinetische Kerntheilungen zu finden (Fig. 52), aus welcher Thatsache hervorgeht, dass sich die Zellen schneller vermehren als in der Nachbarhypodermis. Je weiter nach vorn, desto deutlicher ist die Hypodermisverdickung, welche sich dann über die innere Fläche des Epithels erhebt (Fig. 50 bs), mit diesem allerdings aber noch zusammenhängt. Im Ganzen sind es aber nur wenige Zellen, aus welchen der junge Bauchstrang besteht. Die ungenügende Konservirung des Gordius pustulosus (im 90°/,igen Alkohol) hat jedenfalls verschuldet, dass ich in dem oberen Theile der Querschnitte regelmäßig nur drei undeutlich hervortretende Kerne ge- funden habe, während der basale Theil des Bauchstranges aus einem Plasma besteht, über dessen Struktur man nichts Bestimmtes sagen kann. Be F. Vejdovsky, Den Übergang von dieser Verdiekung und dem sich in der Diffe- renzirung seiner Elemente befindlichen Bauchstrange habe ich in mei- nem Materiale nicht gefunden, welche Lücke also durch künftige Unter- suchungen auszufüllen ist. Das was ich weiter ermitteln konnte, verhält sich folgendermaßen. R In der vorderen Körperpartie des besprochenen Männchens war R der Bauchstrang schon von der Hypodermis ganz getrennt, wenn er A auch in dem Epithel eingebettet war (Fig. 795g). Das Neuralreticulum au . 5 . ® . . Mi ist schon vorhanden. Gegen die Leibeshöhle hin ist der Bauchstrang mit dem Peritoneum bedeckt. Bei den Weibchen von fast gleichem Alter lag der Bauchstrang schon außerhalb der Hypodermis und Muskel- schicht, daher ganz in der Leibeshöhle (Fig. 94 bg). Die Zellen der verdickten Hypodermis differenzirten sich: 1) zu einer das Reticulum umgebenden bindegewebigen Membran. 2) zu dem Stützgewebe oder Glia (Fig. 95.n). 3) zu einer großen basalen Medianzelle mit einem großen Kerne (Fig. 95 mz). Das Peritoneum umgiebt den Bauchstrang an der ganzen Oberfläche (Fig. 94 npt). Bei Gordius Preslii waren die peripheren einfachen Nerven be- reits gut entwickelt, eben so wie die übrigen Bestandtheile des Nerven- systems. Die gut konservirten Exemplare dieser Art lieferten über- haupt schöne Resultate zur Erkenntnis des Nervensystems und es ist empfehlenswerth den Bau desselben zu revidiren. I) Der Bauchstrang ist an der ganzen Peripherie mit den Peritoneal- zellen bedeckt. Während bei Gordius pustulosus diese Peritoneal- zellen klein waren, sind sie bei Gordius Preslii sehr groß und flach (Fig. 53 a). 2) Unter dem Peritoneum tritt sehr scharf die eigentliche Bauch- strangumhüllung oder das Neurilemm hervor. Kleine, hin und wieder auftretende Kerne an der Wandung des Neurilemms beweisen, dass dasselbe als Produkt der Glia aufzufassen sei (Fig. 53 gl). Besonders zu beiden Seiten sind diese Kerne wegen der starken Färbung in Pikro- karmin sehr deutlich!. Bei den Weibchen tritt dazu an den Quer- schnitten (Fig. 76 ep) eine epitheliale Bedeckung auf der oberen Seite des Bauchstranges, dessen kubische Zellen mit kugligen Kernen ver- sehen sind. I Ich vermag jedoch nicht zu entscheiden, ob dieses Epithel Nerven- N zellen vorstellt, oder ob es von der Glia herkommt. In den erwachsenen I! Selbstverständlich entspricht diese Gliaschicht dem sog. inneren Neuri- au lemm der Annulaten. ww Organogenie der Gordiiden. 679 Gordien erstreckt sich das Neuralreticulum (Punktsubstanz) bis in diese Zellen. 3) Der größte Theil des Bauchstranges ist von dem Neuralreticu- lum eingenommen, welches hier in drei dicken Strängen verläuft (Fig. 53, 74—76 nr). Je nach der Art der Konservirung erscheint das Reticulum in verschiedenen Gestaltsverhältnissen. Die Alkoholpräpa- rate von Gordius pustulosus liefern die bekannte »pulverig ge- strichelte« Punktsubstanz (Fig. 90, 94, 95). Dagegen zeigen die in Chrom- oder Chromessigsäure konservirten Würmer, dass die in Rede stehende Substanz aus ziemlich großen von feinen, knotigen Fasern umgebenen Waben besteht, so dass man das Ganze als ein Reticulum, oder auch als ein aus Alveolen bestehendes Gewebe auffassen kann (Fig. 74,75 nr). An den Querschnitten hat jedes Feld dieser Substanz das Aussehen eines großen Zellkernes und bestätigt auch die von mir nachgewiesene Ent- stehung derselben aus den Zellkernen!. Hier konnten sich allerdings nur drei Kerne an der Bildung des Reticulums betheiligen. Nirgends findet man ein dem Kernkörperchen entsprechendes Gebilde, welches, wie ich in dem angezogenen Werke hervorgehoben habe, spurlos atro- phirt. Die Stränge des Neuralreticulums sind durch bindegewebige Züge von einander getrennt (Fig. 75 bg); die letzteren haben ihren Ur- sprung in der Glia. Hierdurch sind die Stränge von der unteren Zellen- lage isolirt. Man findet daher dieselben Verhältnisse wie bei den Annulaten; auf die Unterschiede werden wir weiter unten zurück- kommen. Unter dem Reticulum findet man an Querschnitten mehrere größere und kleine Kerne, welche durch feine Fäserchen von einander getrennt sind ; nur schwierig kann man zwischen diesen Elementen eine normal geformte Zelle mit Zellplasma und Kern vorfinden. k) Nur eine große Medianzelle, welche an der Basis des Bauch- stranges an bestimmten Schnitten hervortritt (Fig. 53, 7% gz), ist eine echte Ganglienzelle. Sie scheint membranlos zu sein, ihr Plasma färbt sich rosenroth, der große Kern dagegen intensiv roth (Fig. 53 gz). Ihre Umrisse sind unregelmäßig, da die gangliöse Zelle vielleicht in eine Anzahl von Fortsätzen ausläuft, von denen der eine, der Hauptfortsatz, in den Nerv ausläuft, hier jedoch nur recht schwierig in seinem Ver- laufe zu verfolgen ist. Ganz deutlich habe ich die Ganglienzellfortsätze bei dem geschlechtsreifen Gordius tolosanus schon früher verfolgt ?. 5) In den Stadien von Gordius pustulosus habe ich die Seiten- nerven noch nicht gefunden, dagegen sind die letzteren bei Gordius Vgl. VEıDovskY, Entwicklungsgeschichtl. Untersuchungen. Studien über Gordiiden, 11, Diese Zeitschr, 1888. 1 2 an ee A ne ann Dan ie Ben ee ns er re we EEE ERBE TEEN WEERERLETEEEEETEELEE DE REEENER EEE ERBRTE E sr 680 | F. Vejdovsky, Preslii und Vaeteri vollständig entwickelt. Diese Nerven sind ver- schieden lang; bei den Männchen regelmäßig länger, hoch über die Muskelschicht hinaufragend, während solche hohe Nerven bei den Weib- chen nur im hinteren Körpertheile vorkommen (Fig. 7%, 75 n), in der Mitte dagegen nur die Höhe der Muskelschicht erreichen. Die Nerven sind durchaus unpaarig, sie verlaufen dicht hinter einander, sind an Querschnitten in ihren Gestaltsverhältnissen zu er- mitteln, während sie an Längsschnitten als äußerst feine Fasern her- vortreten (Fig. 44 n). Die Nerven verlaufen von der unteren Fläche des Bauchstranges vertikal zur Hypodermis und erscheinen als doppelt- kontourirte Züge (Fig. 74, 75 n). Die äußere festere Membran muss man als eine Fortsetzung des äußeren Neurilemms des Bauchstranges auffassen. | Der innere, nur äußerst schwache Kontour des Nerven rührt von der äußeren Umhüllung des Ganglienzellfortsatzes her. Ich vermochte nicht zu ermitteln, wie diese Hülle entsteht, ich werde weiter unten nur die Gründe anführen für die Annahme, dass dieselbe aus den Glia- zellen zu Stande kommt. 6) Die so durch die Doppelhüllen und die Ganglienzellfortsätze ausgezeichneten Nerven treten direkt in die Hypodermis ein, um sich hier zu einem Längsstrange zu verbinden und einen mächtigen Hypoder- misnerven zu bilden. Der letztere ist homolog mit dem medialen Nerven in dem Neurochord der Annulaten, mit dem er sowohl den Ursprung als die Struktur gemeinschaftlich hat. Nur die Stelle des Verlaufes ist hier verschieden. Der Neurochord der Gordien ist in der Medianlinie der Hypodermis gelagert, und zwar auf der inneren Seite derselben. Nur selten lässt sich der Einfluss des Neurochords auf die Hypodermiszellen sicherstellen. Je nach der Anschwellung desselben sind die Zellen der Hypodermis mehr oder weniger zusammengedrückt. In einigen Fällen ge- lang es mir an einzelnen Schnitten nicht den Neurochord nachzuweisen, in welchem Falle man dafür halten muss, dass er an einzelnen Stellen unterbrochen ist. So sieht man in Fig. 76 und 77 zwei hinter einander folgende Schnitte; in Fig. 76 ist der Neurochord (nch) gut entwickelt, während er im nächstfolgenden (Fig. 77) fehlt. Bei den Weibchen von Gordius Preslii‘fand ich die Querschnitte des Neurochords als mehr oder weniger regelmäßig, d.h. glatt kontourirte Felder mit breitem Durchschnitte des äußeren Neurilemms (Fig. 74, 75 nch). Zwischen der äußeren und inneren Hülle findet man selten Kerne (Fig. 74 %), welche offenbar von der Glia des Bauchstranges her- stammen und vielleicht der inneren Umhüllung der Ganglienzellfortsätze angehören. Organogenie der Gordiiden. 681 Der innerhalb seiner Hüllen (Fig. 74 «a, b) verlaufende Nerv (c) ent- steht offenbar aus den einzelnen Ganglienzellfortsätzen und entspricht daher dem Nerven, welchen ich bei Rhynchelmis gefunden habe !. Seitliche Nervenäste aus dem Neurochorde gelang es mir nicht zu finden. An Längsschnitten (Fig. 44 nch) trifft man einzelne Abschnitte des Neurochords mit seiner mehr oder weniger eingeschnürten Wan- dung. 7) Nun komme ich zu einem wichtigen Thema, welches die morpho- logische Bedeutung des sog. Gehirn- oder Peripharyngealganglions be- trifft. Ist es mit dem Gehirnganglion der Gliederthiere homolog oder nicht? Und wenn nicht, wie soll man diese Anschwellung auffassen ? Die Gestalt- und Lagerungsverhältnisse des genannten Bestand- theiles des Nervensystems bei den geschlechtsreifen erwachsenen Gordien sind gut bekannt; es entsteht nun die Frage, wie es sich bei jungen, in der Organogenie begriffenen Gordien verhält? Ich glaube diese Frage bei Gordius pustulosus entschieden zu haben. In dem Körpertheile, wo sich die oben erwähnte braune Drüse befindet, schwillt der Bauchstrang bedeutend an, so dass er tief in die Leibeshöhle hineinragt, bisher aber auf der Bauchseite liegt und die- selbe Struktur und Anordnung der histologischen Elemente behält wie weiter nach hinten (Fig. 16 bg). Die weiter nach vorn geführten Schnitte zeigen aber, dass sich der Bauchstrang nach rechts und links erweitert und sich flügelartig zu der Speiseröhre erhebt (Fig. 15 bg). Der basale Theil der Anschwellung besteht aus zahlreichen Kernen, während es eben nur das Neuralreti- culum ist, aus welchem die beiden seitlichen Anschwellungen be- stehen. Ein weiterer Schnitt (Fig. 14 bg) nach vorn zeigt, dass die beiden Flügel des Bauchstranges den Ösophagus von unten halbkreisförmig umgeben, weiter aber auf die Rückenseite nicht zusammenlaufen, son- dern als zwei seitliche, nur aus dem Retieulum bestehende und von einander getrennte Felder erscheinen; sie sind seitlich von dem oben erwähnten Hypodermalparenchym, und oben von den Peritonealzellen (ptp) bedeckt. Mit einem Theile des zelligen Bauchstranges hängen die Anschwellungen zusammen. In dieser Gestalt hört der Bauchstrang der jungen Gordien im Vorderkörper auf, es giebt keine Querkommis- sur auf der Rückenseite der Speiseröhre, welche die Anschwellungen verbinden sollte. Das sog. Gehirnganglion der Gordiiden ist daher kein selbständiger I Entwicklungsgeschichtl. Untersuchungen. 682 F. Vejdovskv, Theil des Nervensystems, sondern nur eine Fortsetzung, beziehungs- weise paarige Anschwellung des Bauchstranges. Das Nervensystem der Gordiiden ist daher einheitlich, es giebt kein morphologisch definirbares Gehirnganglion, keine Schlundkommissuren, welche das erstere mit dem Bauchstrange verbinden würde. Ist diese Deutung richtig, so muss die besprochene Bauchstrang- anschwellung auch histologisch von dem echten Gehirnganglion der gegliederten Evertebraten abweichen. Dem ist thatsächlich so; bei den Gordiiden bestehen die beiden Bauchstranglappen nur aus dem Neu- ralreticulum, man findet hier keine obere Ganglienzelllage. Bei dem echten Gehirnganglion besteht dagegen die obere Schicht aus Gan- glienzellen, während der untere Theil vorzugsweise aus dem Reticulum zusammengesetzt ist. Interessante Resultate bietet der Vergleich des Bauchstranges der Gordiiden mit dem der Annulaten und vielleicht sämmtlicher Arthro- poden. Stellt man nämlich die Querschnitte des Bauchstranges eines Gordius, z.B. Gordius Preslii, und des Bauchstrangganglions eines Annulaten, z. B. Rhynchelmis, oder eines Lumbriciden neben einander und berücksichtigt man die histologische Textur ihrer entsprechenden Komponenten, wie des Neuralreticulums, der Ganglienzellen und Seitennerven, so gelangt man zum nachfolgenden Ergebnisse: Rhynchelmis und Lumbriciden haben im Bauchstrangganglion sechs Reticularstränge, paarig angeordnete Ganglienzellen oder Gan- glienzellgruppen und paarige Seitennerven. Die Gordiiden haben im Bauchstrange drei Reticularstränge, un- paarige Ganglienzellen und unpaarige Seitennerven. (Ich berufe mich auf die histologischen Verhältnisse der Oligochäten, die ich selbst sowohl histologisch als entwicklungsgeschichtlich untersucht habe. Die Entstehung der Reticularstränge von Rhynchelmis und der Lumbri- ciden ist in meinem Werke, »Entwicklungsgeschichtliche Untersuchun- gen«, enthalten. Die sorgfältige Vergleichung der Bauchstränge anderer Chätopoden und Arthropoden in dieser Richtung dürfte zeigen, dass die Reticularstränge, wenn nicht in gleicher Zahl, so doch wenigstens in paariger Anordnung vorhanden sind.) Die angeführten Vergleichspunkte führen aber zur Schlussfolge- rung, dass der Bauchstrang der Gordiiden nur einer Hälfte des Annu- laten-Bauchstranges entspricht. Ich könnte sagen »einer Hälfte des Bauchganglions der Annulaten«, es ist aber den künftigen Unter- suchungen vorbehalten zu entscheiden, ob der ganze Bauchstrang von Gordius nur einem Ganglion oder der ganzen Ganglienkette der Annulaten und Arthropoden entspricht. Die derzeit festgestellten Organogenie der Gordiiden. .- 683 Thatsachen scheinen eher zu Gunsten der ersteren Ansicht zu sprechen. Neuerdings hat sich über die Struktur des Nervensystems von Gordius auch Roape! ausgesprochen. Nach ihm soll man einen eigent- lich nervösen und einen »aus dem Subeutieularfasergewebe« gebildeten Theil unterscheiden. Der letztgenannte Theil soll der Neurallamelle entsprechen, in welche »das Stützgewebe« aus dem eigentlichen ner- vösen Theile übergehen soll. Ronpe nimmt nämlich, wie ich in meiner ersten Arbeit, die Lamelle als zusammenhängenden Strang an und offenbar hat er meine zweite Arbeit, wo ich die selbständigen Ganglien- zellfortsätze bei Gordius tolosanus nachgewiesen, nicht berücksichtigt, weil er sie nicht eitirt. Den hypodermalen Nerv mit seinen Hüllen hat Ronne ganz übersehen, obwohl ich glaube denselben in seiner Photo- graphie (I) an der Basis der »Lamelle« gut zu unterscheiden. Er betont die Ähnlichkeit des Gordiidennervensystems mit dem der Chätopoden, resp. Hirudineen, nur leugnet er irrthümlich ein peripherisches Nerven- system bei den Gordiiden. Speciell aber vergleicht Ronpe das Nervensystem von Halla mit dem eines Gordius, indem hier wie dort das Nervensystem in seiner ganzen Länge mit der Hypodermis (Subeuticula bei Ronpe) durch eine dünne Lamelle in Verbindung steht, welche »oben in das die Ganglien- zellen umgebende Stützgewebe, nach unten in die Subeuticula über- geht«. Abgesehen davon, dass Roupe den großen Unterschied zwischen dem Querschnitte durch den Bauchstrang eines Gordius und eimes Chätopoden verkannt hat, so ist andererseits sein Vergleich des Nerven- systems von Halla mit dem eines Gordius nicht zutreffend, denn das Schema Wawrix’s, auf welches er sich beruft, ist jedenfalls falsch. Wie die Photographien des letztgenannten Autors beweisen, sind die histologischen Komponenten im Nervensystem von Halla durchaus paarig angelegt (vgl. Fig. 20,.23), und es lässt sich nach den Photo- graphien die eigentliche Natur des sog. medianen Subeuticularfaser- stranges nicht erkennen. Es ist allerdings möglich, dass man es hier mit Verhältnissen zu thun hat, welche ich bei Rhynchelmis aus einander gesetzt habe ?. Nachdem ich in der vorliegenden Arbeit die Entstehung des Nervensystems bei Gordius auf organogenetischem Wege erkannt habe, muss ich allerdings meine frühere Darstellung zurücknehmen, nach welcher ich die beiden Nervenäste in der Schwanzgabel der Männchen und in dem hintersten Körper der Weibchen als paarige Anlage des vl.e | =. 2 Vgl. Veıpovsky, Entwicklungsgeschichtl. Untersuchungen. Taf. XXIV. Atlas. Zeitschrift f., wissensch. Zoologie. LVII. Ba. 45 684 F. Vejdovsky, Nervensystems angenommen habe. Die erwähnten Theile sind nur thatsächliche Nervenäste, welche durch die Längsspaltung des Bauch- stranges zu Stande kamen. Wie nun Fig. 78 veranschaulicht, gehen aus beiden Theilen selbständige Nerven aus, um’ sich wieder zu einem vertikal verlaufenden Aste zu vereinigen, welcher schließlich mit dem hypodermalen Neurochord in Verbindung steht. $5. Der Darmkanal. In den parasitischen Stadien findet man den Verdauungsapparat beinahe in denselben Entwicklungsverhältnissen wie bei den freileben- den Gordien. Allerdings aber kommt es auf das Alter dieses Stadiums an. Schon Anfangs dieser Arbeit ist die Erwähnung der jüngsten Stadien von Gordius pustulosus gemacht worden, an welchen CamzrAano den Rest des Embryonalkörpers mit dem Anfange der Mundhöhle sicher- gestellt hat, welche letztere offenbar im Laufe der weiteren Entwick- lung degenerirt. Somit entspricht jene Öffnung an dem vorderen Kör- perpole, welche oft mit einer terminalen Cuticula verklebt ist, nicht der Mundöffnung des ersten Larvenstadiums, über welche wir allerdings so viel als nichts wissen. Der Mund der Larve mit dem Bohrapparate degenerirt und der Verdauungsapparat des eigentlichen Gordius beginnt auf dem verdick- ten terminalen Pole, wo früher der Rest des Larvenkörpers vorhanden war. Der Querschnitt durch diesen vordersten Körperpol zeigt eine kleine scharf umschriebene Öffnung (Fig. 120) in der kleinzelligen Hypo- dermis, welche, wie oben erwähnt, das Parenchym der sogenannten Calotte produeirt. Die Öffnung selbst ist mit einer körnigen Masse ver- klebt und geht in eine lange Röhre über (Fig. 13), deren Wandungen aus einem hohen Cylinderepithel bestehen und von dem erwähnten hypodermalen Parenchym umgeben sind (pr). Auf den nachfolgenden Schnitten erscheinen die Wandungen des Darmkanales je mehr nach hinten desto flacher, und sind in der Region der vorderen Bauchstrang- anschwellung in dem Maße abgeplattet, dass es scheint, als ob sie aus reiner Cuticula gebildet würden. Die intensiver sich färbenden und ganz flachen Kerne in diesen Wandungen (Fig. 14 oe) zeigen aber, dass es ein stark modifieirtes Epithel ist. Mit der fortschreitenden Abplattung des Epithels vergrößert sich dagegen das innere Lumen der Speise- röhre, welche sowohl in der erwähnten Region als auch weiter nach hinten, in der Umgebung der braunen Drüse ihren Kulminationspunkt _ erreicht. | Wie die Abbildung (Fig. 14 oe) zeigt, und wie wir bereits oben er- wähnt haben, ist diese Anschwellung der Speiseröhre mit der braunen Br Organogeniefder Gordiiden. 2085 Substanz erfüllt, welche vielleicht aus der braunen Drüse secernirt wird. In der Region der braunen Drüse werden die Wandungen des Darmkanales wieder dicker (Fig. 15, 16) und bestehen aus zahlreicheren Zellen. Nach und nach gehen sie in das bekannte Darmepithel über, welches für die erwachsenen Gordien charakteristisch ist. Die physiologische Bezeichnung der einzelnen bisher erkannten Theile des Verdauungsapparates in den jungen parasitischen Stadien ist ziemlich schwierig. Es fehlt hier aber gewiss die Mundhöhle und der Pharynx und die beschriebene vordere Partie dürfte höchstens dem Ösophagus entsprechen. Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass die be- schriebenen Theile ihren Ursprung im Hypoblast haben, während die epiblastischen Bestandtheile mit dem larvalen Körper zu Grunde gingen. Orientirung der Hypoblastzellen. Die mir zu Gebote stehen- den Exemplare von Gordius pustulosus waren, wie mehrmals er- wähnt, in 90°/ igem Alkohol konservirt, und nur durch die Einwir- kung desselben nehmen die Kerne des Darmkanales eine besondere Struktur an. Sie sind durchaus oval, glänzend und nach der Färbung mit Pikrokarmin scheint es, als ob sie aus einer homogenen Substanz bestehen. Man findet hier nämlich weder das Kerngerüst, noch das charakteristische Kernkörperchen. Trotzdem zeigt die Färbung, dass das Kernplasma chemisch nicht gleichartig ist; der größte Theil färbt sich nämlich rosaroth, während der Kernrand, welcher zur Rückenseite des Körpers gerichtet ist, sich intensiv roth färbt (Fig. 94, 95, 104d). So erscheinen die Kerne ausnahmslos auf der oberen und unteren Pe- ripherie, sowie zu den Seiten der Querschnitte durch den Darmkanal. Die Zellen sind demnach ausgesprochen gegen die Rückenseite des Körpers orientirt. Auf den durch die Chromsäure erhärteten Präparaten findet man von dieser Polarität keine Spur, die Kerne der Hypoblastzellen haben die normale Gestalt, das normale Kerngerüst und das etwas excentrisch liegende, intensiv sich färbende Kernkörperchen. Hypoblast als Muskelepithel. Noch durch eine interessante Eigenthümlichkeit sind die Darmzellen der jungen Gordien ausgezeich- net, indem sie das Muskelepithel, eben so wie die Hypodermis vorstellen. So lange man nur die Querschnitte untersucht, kann man die Muskel- fibrillen nicht sicherstellen; anders dagegen in vertikalen Längsschnitten (Fig. 47 mf). Da erscheinen die Fibrillen in dem äußeren Rande der Zellen als glänzende, punktförmige Querschnitte in einer bedeuten- den Anzahl in jeder Zelle. Noch besser belehrt uns von dem Vorhan- densein der besprochenen Fibrillen die Ansicht auf die äußere Darm- 45* TE a EEE EEE REED BETEN EEE CET DE 1 MDR DEE AEG EEE TEE TE TE ET ET ET N EEE BE EEE ET in EEE IT TEERLETEEETIE ERENETEE EEE Ta TT BE F. Vejdövsky, fläche Fig. 47 dın), in welchem Falle sowohl der Verlauf als die Feinheit der Fasern zum Vorschein kommt. Sie verlaufen fast an der Oberfläche der Zellen wie dicht neben einander gestellte Reifen und sind daher viel auffallender als die identischen Fibrillen in der Hypodermis. Besondere Struktur dieser Fasern gelang es mir nicht zu ermitteln: es sind glatte, glänzende Fibrillen, ähnlich den elastischen Fasern. After und Enddarm. Schließlich gelangen wir zur Frage: Wie verhält sich in den‘ parasitischen, jungen Würmern der Enddarm und After zu dem eben besprochenen Darmkanal? Die Schnittserie durch den hintersten von Gordius in Preslii © zeigt Nachfolgendes: YA 1) Der After stellt bei dem Weibchen eine selbständige, durch den N euticularen Rand scharf umschriebene Öffnung (Fig. 99 «) dar, welche in eine lange kegelförmige Röhre übergeht, in deren Wandungen mir die Zellen und Kerne nachzuweisen nicht gelang (Fig. 99, 100, A014 ed). Die Wandungen sind eher aus einer Guticula gebildet, was auch ihr Glanz verräth. Nach Allem degenerirte hier die eigentliche Zellwandung, für welche Ansicht auch der Umstand spricht, dass diese Röhre mit einem glänzenden und stark lichtbrechenden fettartigen Inhalte erfüllt ist. Diese Röhre halte ich, gewiss mit Recht, als Rest des larvalen End- darmes, welcher in den jungen Gordien allmählich degenerirt. Dieses Organ verläuft in der Länge der hintersten Körperregion, wo sich in- zwischen das von mir als Atrium bezeichnete Organ befindet, welches aber bisher keine Verbindung mit der Außenwelt hat. Das Atrium selbst bildet sich durch eine Aussackung des Darmes. Ein ähnliches Organ wie der Enddarm der Weibchen existirt auch bei den jungen Männchen. $ 6. Geschlechtsorgane. N Zur Beleuchtung der bisher sehr strittigen Frage über die Morpho- logie der Geschlechtsorgane wurden bisher nur erwachsene Gordien untersucht und dies noch in den verschiedensten Stufen der Reife der Geschlechtsprodukte, in Folge dessen es allerdings schwierig war eine NV Vereinigung in der Auffassung nicht nur der Organe selbst, sondern auch der Terminologie ihrer einzelnen Bestandtheile zu erzielen. Wenn nun auch in der neueren Zeit ein bedeutender Fortschritt in der Erklä- rung dieser Verhältnisse gemacht wurde, so ist doch zum völligen Ver- ständnis der komplicirten Verhältnisse der Geschlechtsorgane auf die Ermittelung der Thatsachen bei jüngeren Entwicklungsstadien hinge- wiesen worden. Und thatsächlich hat die Organogenie in dieser Be- N ziehung noch viel zu thun. Bei den jüngsten parasitischen Stadien ist es Organogenie der Kordiiden. 687 allerdings nothwendig sich nach dem ersten Ursprunge der Geschlechts- zellen zu fragen, ob sie nämlich aus den Mesoblastelementen entstanden sind oder eine eigene Anlage haben. Diese Frage muss in der Eifurchung der Gordien ermittelt werden. Wie sich nun diese Gonadenanlagen in der eigentlichen Larve verhalten, darüber muss die eingehende Dar- stellung der Organisation dieses Entwicklungsstadium belehren. Meinen jetzigen Erfahrungen zufolge ist der Entwicklungsvorgang der Geschlechtsdrüsen weder bei allen Arten, noch bei allen Individuen einer und derselben Art gleich, indem bei den einen früher, bei den anderen später sich die Geschlechtszellen differenziren, wie die nach- folgende Übersichtstabelle beweist. 1) Gordius pustulosus g', 12 em lang, mit den sich bildenden Muskeln und nicht fertigem Nervensystem: ohne Geschlechts- drüsen. 2) Gordius pustulosus g', 15 em lang, mit dem Muskelepithel und dem sich anlegenden Nervensystem: Die Gonaden mit Spermatocyten vollständig erfüllt. 3) Gordius Preslii g', 12 em lang, mit fertiger Längsmuskel- schicht und Nervensystem: In den Gonaden das Ge- schlechtsepithel und erste Stadien der Spermato- eyten. k) Gordius aestivalis g', 12 em Länge, mit niedrigen Muskeln und fertigem Nervensystem: Die Gonaden mit Spermato- cyten erfüllt. 5) Gordius pustulosus ©, 17 cm lang, mit niedrigen nicht voll- ständigen Muskeln und fertigem Nervensystem: Das Ge- schlechtsepithelundsichbildendeEier. 6) Gordius pustulosus ©, 18 cm lang, mit sehr niedrigen Mus- keln: Reste des Geschlechtsepithels, die Eierstöcke vollvonentwickelten Eiern. | Gordius Preslii ©, 17 cm lang, mit vollkommenem Muskel- und Nervensystem: Reife Eier wieim erwachsenen frei- lebenden Wurme. I I. Männliche Gonaden. Der erste Zustand der männlichen Elemente ist bei Gordius _Preslii sichergestellt worden. Organisation der Gonaden. Auf En in Fig. 96 abgebildeten Querschnitte durch die Körpermitte von Gordius Preslii sieht man zu beiden Seiten der Medianlamelle des Mesenteriums je eine geräu- mige Höhle, die man häufig als Hodenröhre bezeichnet. Ihre Wandungen Se F. Vejdovsky, sind aus großen, epithelartig zusammengestellten, mit hyalinem Plasma und großen runden Kernen versehenen Zellen (a) gebildet. Die inneren Wandungen dieser Röhren legen sich dicht an die Mesenteriallamelle, während sie nach außen, gegen die Leibeshöhle, noch mit einer splanchni- schen Peritonealschicht (b) bedeckt sind. Die Querschnitte durch den Körper der Männchen weiter nach hinten zeigen ungemein schön die epi- theliale Schichtung der Gonadenumhüllung (Fig. 97). Die morphologische Identität der Zellen sämmtlicher dieser Hüllen, somit auch der eigenen, innersten Röhre weist auf den gleichen Ursprung dieser Elemente hin und haben wir bereits oben die Entstehung dieser Lamellen aus einan- der gesetzt. Etwa in dem ersten Drittel des Körpers fand ich das echte männ- liche Geschlechtsepithel, welches die innere Fläche der beschriebenen Röhren auskleidete. Weiter nach hinten fehlte dieses Geschlechts- epithel, hier sammeln sich nur die weiteren Entwicklungsstadien der Spermatozoen. In Fig. 83 habe ich einen Querschnitt durch die männliche Ge- schlechtsröhre dargestellt, um die Anordnung der jüngsten Spermato- gonien zu veranschaulichen. Dieselben sind sehr charakteristisch; sie zeichnen sich fast durch dieselbe Größe aus, wie die sie nach außen um- hüllenden Mesoblastzellen (r). Bei sorgfältiger Vergleichung kann man aber doch sicherstellen, dass die Keimzellen (s9) um ein wenig kleiner sind, ihr Plasma entbehrt jenes für die Peritonealzellen charakteristi- schen Glanzes, die Zellmembranen sind ferner äußerst fein, während die Zellen der Geschlechtsröhren sehr scharf kontourirt erscheinen. Die Feinheit der Zellmembranen der Spermatogonien hat zur Folge, dass in recht zahlreichen Fällen die Membran durchbricht, das Zellplasma spur- los zerfließt und auf der Wandung der Geschlechtsröhre nur der Zell- kern wie angeklebt bleibt, wobei er oft eine spindelförmige Gestalt annimmt (Fig. 83 Ks). Ähnliche Figuren hat auch v. Lissrtow beobachtet, jedoch ohne näheres Verständnis des Sachverhaltes die spindelförmi- gen Kerne als Bestandtheile »eines Spindelzellenepithels« bezeichnet!. Seine Abbildungen sind auch allzu schematisch. Auch bezüglich der Kerne unterscheiden sich die Geschlechtszellen von den Kernen der Zellen in der Wandung der Geschlechtsröhren. Der Kern der Spermatogonie ist nämlich bedeutend kleiner, färbt sich nicht so intensiv, und ist von einer feinen Kernmembran umgeben. In dem sich nicht färbenden Kerngerüst tritt dagegen die chromatische Sub- stanz in mehreren kleinen Schleifchen hervor, deren Anzahl in diesem Über die Entwicklungsgeschichte von Gordius tolosanus. I. c. Organogenie der Gordiiden. 689 Zustande nur höchst schwierig als vier sich schätzen lässt. Das Kern- körperchen habe ich überhaupt nicht finden können, während dasselbe bei den Umhüllungszellen sehr charakteristisch ist (Fig. 83 r). Das beschriebene männliche Epithel ist, wie gesagt, nur auf das erste Drittel der Röhren beschränkt. Aber auch hier verharrt es nicht lange, indem seine Elemente zu je einzelnen oder in ganzen Gruppen sich von den Wandungen lostrennen und in das Innere der Röhren hineinfallen. Ob die Spermatogonien noch an ihrer Ursprungsstelle einen weiteren Fortschritt in der Entwicklung durchmachen, vermag ich nicht anzugeben; das Weitere habe ich nur im Lumen der Ge- schlechtsröhren sichergestellt. v. Linsrow zeichnet gruppenartige Zu- sammenstellung der Spermatocyten noch an den Wandungen der Ge- schlechtsröhre. Die in der Höhle der Röhren befindlichen Spermatogonien sind verschieden von den erst beschriebenen, wenn man auch zwischen ihnen einzelnen bisher nicht differenzirten begegnet. In den weitaus meisten findet man aber, dass die Kernmembran resorbirt ist; das Karyoplasma zerfließt daher in dem ganzen Umfange des CGytoplasmas. Dies hat zur Folge, dass die Körnchen des Karyoplasmas mehr das Zel- lencentrum einnehmen, während der Rand fast homogen erscheint (Fig. 84 k). Zuletzt aber vertheilen sich die Körnchen gleichmäßig in dem Cytoplasma. Statt der Kerne erscheinen dagegen die früher so undeut- lichen chromatischen Elemente als die bekannten Chromosomen (Fig. 84b, c). Es sind in allen Fällen nur vier gleich lange Stäbchen, meist gerade, aber auch geschlängelt oder schleifenförmig. Durch ihre intensive Färbung treten sie aus dem blassen CGytoplasma schon bei schwachen Vergrößerungen deutlich hervor. In dem ganzen mittleren Theile der Geschlechtsröhren finden wir die Spermatogonien in diesem Entwicklungsstadium. Da ihre Anzahl nur eben so viel beträgt, als es Zellen an den Wandungen der Röhren in dem Geschlechtsepithel gab, ist das Lumen der Röhren niemals über- füllt (Fig. 96). Die Länge der Chromosomen beträgt regelmäßig 0,006 mm. Eine besondere Struktur habe ich nicht gefunden. Je mehr nach hinten um so angeschwollener erscheinen die Chro- mosomen, aber solche Stadien sind im Großen und Ganzen spärlicher, indem die Chromosomen ziemlich rasch eine andere Gestalt annehmen. Ohne besondere Umgestaltungen durchzumachen verän- dern sieh die Ghromosomen nämlich zu neuen Kernen. Es giebt hier keine kinetische Theilung; der wahrscheinlich zuerst im Kerne der Spermatogonien vorhandene Kernfaden zer- GELEGEN BER TEE NT EEE ET 690 F, Vejdovsky, fällt in vier Chromosomen, und jedes von diesen stellt einenneuenKernvor. In so. weit ich diese Metamorphose sicher gestellt habe, wird sie da- durch eingeleitet, dass das Chromosom anschwillt, wobei die chroma- tische Substanz undeutlicher und meist nach einer Seite des Chro- mosoms verdrängt wird (Fig. 84 d). Je mehr das Chromosom anschwillt, desto mehr nimmt die chromatische Substanz ab, während das übrige in dem anschwellenden Chromosom klar und feinkörnig wird (Fig. 84 e). An der Peripherie bildet sich eine deutlichere Membran. Schließlich nimmt das ganze Gebilde eine ovale Form an und stellt den neuen Kern vor, welcher sich im Pikrokarmin schwach rosaroth färbt (Fig. 84 f, g, h). Nur an einem Pole, in der Regel an dem äußeren, er- scheint die Färbung etwas intensiver (Fig. 84 g, h) und die Kerne erin- nern dann an diejenigen, welche wir in den Zellen des Peritoneal- und Darmepithels von Gordius pustulosus gefunden haben; diese Art war aber in 90°/,igem Alkohol konservirt, während Gordius Preslii, an dem wir die Metamorphose der Geschlechtszellen erkannten, mit dem gleichen Effekt an den aus Chromosomen entstandenen Kernen mit Chromsäure behandelt wurde. Übrigens werden wir die gleiche Polarität der Kerne auch an jungen Eiern hervorheben können. So entstanden also in jeder Spermatogonie vier neue Kerne aus dem ursprünglichen Chromatinfaden ohne jeden kinetischen Theilungs- vorgang. In dem erwähnten Männchen von Gordius Preslii habe ich keine anderen Stadien der Entwicklung aufgefunden. Ich kann daher auch von dem Schicksale der vierkernigen Zellen nichts sagen; nach den Ein- schnürungen aber des Cytoplasmas, welche ich in den Präparaten finde, scheint es, dass sich die Zelle zu vier neuen theilt und dass auf diese Weise die ersten Spermatocyten zu Stande kommen; durch die weitere Theilung der letzteren vermehren sich die nachfolgenden Spermato- cytenstadien, von denen die letzte Generation die Spermatiden vor- stellt. Dies muss allerdings erst durch spätere Untersuchung derZwischen- stadien nachgewiesen werden, ich unterstütze aber diese meine An- nahme durch nachfolgende Belege: Das Männchen von Gordius aesti- valis hatte in seinen Geschlechtsröhren reifere Stadien der Spermato- cyten als Gordius Preslii; an Querschnitten finde ich nur sechs- bis achtzellige Gruppen der Theilungsprodukte aus den ursprünglichen Spermatogonien. Auf diesen Zellen kann man leicht den plasmatischen Zellkörper und den Kern unterscheiden, während Gordius pustulo- B: Organogenie der Gordiiden. 691 sus, etwa desselben Alters, welcher in Fig. 85 veranschaulicht ist, nur die Kerne in der Röhrenhöhle enthält, der Zellkörper aber nicht zu erkennen ist. Dies ist offenbar durch die Konservirungsmethode ver- schuldet (900/,iger Alkohol). Die Kerne sind dicht an einander gestellt und dichter längs der Mesenterien als auf der äußeren Peripherie. In- teressant ist auch die besondere Schichtung dieser Kerne; zwischen den Wandungen der Röhren erstrecken sich nämlich einige Zellen koncen- trisch und sind ähnlich den Bindegewebszellen. Zwischen ihnen sind zahlreiche Kerne der Spermatocyten gelagert. "Die Geschlechtsröhren sind in diesem Stadium von Gordius aestivalis und pustulosus sehr angeschwollen, so dass sie die Muskulatur der Leibeswand berühren. Ihre Umhüllung besteht aus den beträchtlich abgeflachten Zellen. Diese Anschwellung der Röhren ist offenbar verursacht durch die reichliche Anhäufung der Spermatocyten, welche in beiden Röhren desselben Wurmes nicht gleichmäßig fort- schreitet; dies hat zur Folge, dass die eine Röhre voluminöser ist als die andere. So erscheint es bei Gordius pustulosus und aestivalis. In den älteren Stadien von Gordius pustulosus fand ich den weiteren Fortschritt in der Entwicklung der eigentlichen Spermato- zoen. Aus dem kopfartig angeschwollenen Zellkörper geht ein sichel- oder hornförmiger Fortsatz aus, in welchem der verlängerte intensiv sich färbende und scharf zugespitzte Kern sich befindet (Fig. 86). Der angeschwollene Zellkörper besteht aus einem dichten, an der Peripherie angehäuften Protoplasma, während im Centrum sich eine blasse, hya- line Vacuole befindet. Die Struktur des Protoplasmas an der Peripherie des Kernes konnte ich nicht erkennen. Eben so ist es mir schwierig anzugeben, ob diese Spermatozoen, zwischen welchen ich keine an- deren Stadien gefunden habe, bereits vollständig reife Elemente vor- stellen oder nicht. Wir kennen nämlich bisher nicht die reifen Spermato- zoen bei dem erwachsenen Gordius postulosus; stellen also die beschriebenen Stadien fertige Spermatozoen vor, so unterscheiden sie sich wesentlich von den Spermatozoen von Gordius Preslii und tolosanus, welche ganz abweichend von den eben beschriebenen sind, von deren Struktur aber bisher nichts bekannt ist, obwohl die von Gordius tolosanus schon öfters abgebildet und beschrieben wurden. Früher hat sie Mrıssser, neuerdings v. Linstow abgebildet, leider aber nicht das geringste zur Kenntnis dieses interessanten Körper- chen beigetragen. Der Letztere sagt nur, die Samenkörperchen seien kurze, dicke Stäbchen mit einer dünneren und einer dickeren Hälfte. Um mich von der Struktur der Spermatozoen besser zu belehren, suchte ich sie mit verschiedenen Methoden zu fixiren. Den parasi- 62 F. Vejdovsky, tischen, aber bereits geschlechtlich vollkommen entwickelten Gordius Preslii zerschnitt ich im Wasser, die aus dem Körper strömende Samenmasse tödtete ich mit Osmiumsäure und färbte mit Hämatoxylin. Die nach dieser Methode hergestellten Bilder entsprechen den älteren Abbildungen (Fig. 87); es ist nicht möglich ein feineres Detail in ihrer Struktur zu unterscheiden. Besser ist die Gestalt der Spermatozoen zu erkennen, wenn man sie nach dem Auspräpariren ohne Wasserzusatz am Objektträger ein wenig vertrocknen und gleichzeitig mit Hämatoxylin färben lässt. Dann schwellen sie beträchtlich an und zeigen eine keilförmige, nach vorn verengte, hinten kugelig erweiterte Gestalt. Die ungleich sich gestal- tenden Umrisse, welche als kleine Läppchen erscheinen, weisen auf eine amöbenartige Bewegung des Cytoplasma hin, welches eine doppelte Struktur hat (Fig. 88). Im vorderen verengten Pole ist es dicht, schwach sich färbend, während das hintere Ende dünner und hyalin ist. Der stäbchenförmige Kern imbibirt sich bis ins Schwärzliche. Am verlässlichsten überzeugt man sich von der Gestalt der Sper- matozoen, wenn man sie auf trockenem Wege nur mit der, wenn auch spärlichen Leibesflüssigkeit auf dem Objektträger auspräparirt, mit Osmiumsäure tödtet, entwässert und entweder mit Pikrokarmin oder Hämatoxylin färbt. Dann behalten die Spermatozoen sowohl ihre ur- sprüngliche Gestalt als die innere Struktur (Fig. 89). Jedes Spermato- zoon besteht aus drei Abschnitten, die durch äußere Einschnürungen schwer von außen kenntlich sind. a) Der vordere Abschnitt besteht aus einem dichten Plasma und dem stäbchenartigen Kerne (Fig. 89 a). b) Der mittlere, etwas angeschwollene Theil hat eben so ein dich- tes Protoplasma, in welchem jedoch an der Kernbasis eine scharf um- schriebene, kugelige und mit einer hyalinen Substanz erfüllte Vacuole (Fig. 89 b) sich befindet. c) Der dritte hinterste Abschnitt schnürt sich schärfer von dem mittleren Theile ab und erscheint als eine stark angeschwollene Kugel mit einer feinen Membran, unter welcher sich eine niedrige Plasma- schicht erstreckt. Das Innere der Kugel ist von einer schwach kontou- rirten und mit einer blasseren Substanz erfüllten Vacuole eingenommen (Fig. 89 cd). Die Strukturverhältnisse der Spermatozoen der Gordiiden sind danach sehr interessant, und was die Gestalt anbelangt, einzig da- stehend. Allerdings aber ist es leicht die erwähnten Bestandtheile mit den entsprechenden Abschnitten anderer, in dieser Beziehung gut be- kannter Thiere, wo man den Kopf mit Kern, dann den Mittelabschnitt Organogenie der Gordiiden. 693 und den beweglichen Samenfaden unterscheidet, in Einklang zu bringen. Sämmtliche diese Theile sind bei Gordiiden insgesammt vertreten und entspricht der Kopf dem vorderen Abschnitte mit dem Kerne, der Hals der mittleren Anschwellung und dem Faden schließlich die hintere plasmatische Anschwellung. Der mittlere Abschnitt, den man aber noch zum Spermakopfe zählen könnte, ist ausgezeichnet durch das wichtige Organ, welches wir als hyaline Vacuole bezeichnet haben. In meinem Werke »Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen « habe ich zuerst nachgewiesen, dass das Element, welches zur Theilung der Zelle Anlass giebt, mit dem Sperma in das Ei gelangt und sich dann auf alle Abkömmlinge der Eifurchung überträgt. Diesen Periplast habe ich mit den » Attraktivkugeln« identifieirt, allerdings aber nicht den Sitz desselben im Sperma näher anzugeben vermocht. Die nachfolgenden, sich mit dieser Frage beschäftigenden Autoren suchten die Stelle in den Spermatozoen näher anzugeben, wo sich der Periplast befindet. So geben Pıarner und Benpi an, dass dies im Spermakopfe, Herman dagegen, dass es im mittleren Theile ist, und - ganz neuerdings führt Fıck Gründe an, nach welchen der mittlere Spermaabschnitt den Periplast enthält. Über den morphologischen Begriff der Hoden bei Gordius herrscht bisher in der Litteratur eine große Verwirrung; man bezeichnet mit diesem Namen nur die der ganzen Länge nach hinziehenden Röhren, die im erwachsenen Gordius mit reifem Samen erfüllt sind, und die ich daher als »Samensäcke« deutete. Vırror’s Ansicht, nach welcher diese Organe aus dem Parenchym entstehen sollen, entbehrt gewiss jeder Begründung. Andererseits sollen sich die Samenkörperchen nach v. Linstow »an der Wand der Hoden« bilden; nach dieser Anschauung sollte daher die äußere mesoblastische Umhüllung die besprochenen Organe vorstellen. Dagegen haben wir gefunden, dass das Keimepithel nur einen geringen Theil der besprochenen Röhren einnimmt, während der weit größte Hohlraum in den jungen Gordien nur zur Aufnahme der sich bildenden Spermatozoen dient. Es ist wahrscheinlich, dass in den noch jüngeren Stadien das Keimepithel nur an recht kleine Organe beschränkt ist und die voluminösen Röhren erst nachträglich sich bil- den und nach hinten mit den Samenleitern in Verbindung treten. Um daher weiteren Missverständnissen vorzubeugen, bezeichne ich die in Rede stehenden Organe als männliche Gonaden, deren vorderer Theil in der Jugend das Keimepithel produeirt, während in den späteren Stadien sowohl dieser als jeder nachfolgende Theil als Samensack dient. een ainueisehnehseniesseenssienenee nn es Eee a ae Eee een ne a a F. Vejdovsky, Diese meine Ansicht ist durch das nachstehende Schema veran- sehaulicht: A stellt die jungen Anlagen des Keimepithels vor, B den . weiteren Vorgang der Bildung der männlichen Gonaden, C die Samen- säcke der erwachsenen Gordien mit Samenleitern und Kloake. n T I STR Eu = = SFESRE Sue = SIR III e In IS Q ES 2 ERIITEEEER NIS R ISSN Se SE II es 53 nn EEE SS = STETTEN IE II ST > —, yz = N NEREIEN ERENIS = == Fig. A—C. Schematische Darstellung der männlichen Gonaden. in k, Keimepithel; r, dessen Umhüllung; pi, splanchnisches Peritoneum ; il m, Mesenterium ; sc, Spermatocyten: sp, Spermatozoen; vd, Samen- leiter; cl, Kloake. II. Weibliche Gonaden. Die Gestaltsverhältnisse des jüngsten weib- r ( lichen Keimepithels verfolgte ich bei Gordius pustulosus. Nicht weit hinter der vorderen Bauchstranganschwellung findet man röhrenartige Durchschnitte des Keimepithels (Fig. 90 9), welche nach außen vom mesoblastischen, in mehreren Lamellen angeordneten Epithel umhüllt sind (in der angezogenen Abbildung sind nur zwei solche Lamellen [a und 5b] reprodueirt). Der histologische Unterschied zwischen den Keimzellen und deren Umhüllung ist auffallend; die Kerne der ersteren sind feinkörnig und färben sich weit intensiver als die des Umhüllungsepithels. Je weiter nach hinten,:um so bestimmter treten die Zellen des Keimepithels hervor, erlangen aber niemals solche Größe wie die männlichen Keimzellen. In weiteren Schnitten nach hinten wird das Lumen der Gonaden voluminöser, nicht aber leer, sondern von den Abkömmlingen der Epithelzellen erfüllt. Es trennen sich nämlich einige Zellen von ihrer Ufsprungsstelle los, fallen in das Lumen der Röhre, um hier zu einer körnigen Substanz zu zerfallen, in welcher dann Organogenie der Gordiiden. 695 zahlreiche Kerne zerstreut erscheinen (Fig. 91, 92, 94 "). Namentlich in den vorderen Theilen der Gonaden pflegt das Lumen der Gonaden mit dieser der sog. Rhachis im Ovarium der Nematoden entsprechenden Substanz ganz erfüllt zu sein. Die Gonaden sind in den besprochenen, sowie in zwei anderen älteren Stadien paarig angelegt, während ich nur in einem sehr jungen Exemplare eine unpaarige Anlage der Gonade gefunden habe, die aber ebenfalls, wie die Exemplare mit paarigen Anlagen, paarige Eierstöcke produeirte. Die bisher beschriebenen Keimepithelanlagen stellen nämlich keinesfalls die eigentlichen Ovarien vor, da sich hier die Eier nicht bilden. Die letzteren entstehen nur in den seitlichen Lappen, welche sich in bestimmten Abständen nach einander wiederholen. Das Keim- epithel stülpt sich seitlich gegen die Leibeshöhle aus und am distalen Ende dieser Ausstülpungen beginnen sich die Eier zu bilden. So sieht man in Fig. 92, dass sich hier zwei Keimzellen zu Eiern umgebildet haben. An anderen Stellen bleibt eine Reihe von Keimzellen im Lappen unverändert, an wieder anderen alterniren die Keimzellen mit den in der Bildung begriffenen Eiern. Nirgends aber begegnet man dem Falle, dass sich ein Ei in den mit dem Keimepithel ausgestatteten Röhren bilden würde; im Gegentheil ist die Höhle desselben nur mit dem Keimepithel ausgestattet, theilweise auch mit der die Kerne enthalten- den körnigen Substanz erfüllt (vgl. Fig. 94, 95). Wenn daher die Eierstöcke als seitliche Proliferationen des Keim- epithels in die Seitenhöhlen zu deuten sind, so müssen an den Serien die Schnitte mit geschlossenen Röhren und dann wieder die Schnitte mit den ausgestülpten Eierstöcken alterniren. Dem ist thatsächlich so; Fig. 94 stellt einen Schnitt mit geschlossenen, Fig. 95 den mit geöffneten Röhren vor. Je weiter nach hinten, um so üppiger ist die seitliche Proli- feration und die Eibildung, so dass schließlich die reihenweise nach ein- ander folgenden Eiertrauben sich berühren und scheinbar eine ununter- brochene Reihe bilden. Die Längsschnitte beweisen dagegen, dass die Eierstöcke von einander durch sehr flache zellige Hüllen getrennt sind. Nun sieht man in den Fig. 91, 94 und 95 die umfangreichen Höhlen, in welche die Eierstöcke hineinragen. Wie soll man dieselben deuten? Ist es die Leibeshöhle? Nach den Verhältnissen der Peritonealhüllen gewiss nicht. Bei den Männchen sahen wir, dass das somatische Peri- toneum einschichtig ist, in den angezogenen Abbildungen aber, nament- lich in Fig. 95 ist ersichtlich, dass das an die Leibeswand sich anlegende Peritoneum doppelschichtig ist. Dieses Verhalten muss nun dahin erklärt werden, dass das EEE NENNEN Se 696 = F, Vejdovsky, splanchnische Peritoneum (sp) durch die Eierstockswucherung an das somatische (sm) ganz verdrängt wurde, in Folge dessen die Leibeshöhle sänzlich verschwindet. Nun findet man aber in Fig. 104 einen Querschnitt eines der Reife ‘nahen Weibchens, in welchem die Leibesmuskelschicht (ms) nur mit einer einzigen aus schönen Epithelzellen gebildeten Membran, dem somatischen Peritoneum (pts), gebildet ist. Die in früher eitirten Ab- bildungen dargestellte Membran (sp) ist hier gar nicht vorhanden, und anstatt derselben nur einige, anscheinlich in der Degeneration be- griffene, isolirte Zellen (l) vorhanden. Es sind Lymphoidzellen als Reste des splanchnischen Peritoneums, beziehungsweise sämmtlicher Zellen, die sich in der gewesenen Leibeshöhle befanden. Dieselben atrophirten offenbar durch die Wucherung und das Wachsthum der Eierstöcke, welche dann thatsächlich in die Leibeshöhle hineinragen. Dass dieser Degenerationsprocess der splanchnischen Lamelle während der Eierstocksbildung stattfindet, will ich durch nachfolgende Argumente beweisen. In den Querschnitten durch junge Weibchen sieht man (Fig. 94, 95), dass die Hüllen, in welche die Eierstöcke hineinragen, neben den Eiern noch besondere, meist amöboide Zellen (a, b) enthalten. Es sind dies gewiss Lymphoidzellen, welche theils einzeln, theils gruppenweise in dem freien Raume der Höhlungen suspendirt, oder auch an den Wan- dungen angebracht sind. Immer aber sind sie hier in größerer Menge vorhanden. In Fig. 81 sind diese Wanderzellen bei starker Vergröße- rung abgebildet, und man sieht das hyaline pseudopodienbildende Cyto- plasma und einen oder zwei intensiver sich färbende Kerne. Kurz und gut, man kann diesen Zellen kaum die Beschaffenheit der Lymphoid- zellen absprechen. Fragt man sich nun nach dem Ursprunge derselben, so kann man zur richtigen Auskunft in dieser Beziehung nur die als splanchnisches Peritoneum bezeichnete Membran genauer untersuchen. Aus den niedrigen Elementen derselben wuchern einzelne Zellen stark in das Lumen (Fig. 94 a), einige zeigen schon die pseudopodienartigen Fortsätze (Fig. 95 a), andere schließlich trennen sich von dieser Ur- sprungsstelle los und flottiren in dem freien Raume der Eierstocks- höhlen (Fig. 95 db). Nun muss ich dafürhalten; dass auf diese Weise das splanchnische Peritonealblatt schließlich zerfällt und dann ragen die Eierstöcke in die Leibeshöhle hinein, wie es bei den älteren Weibchen der Fall ist (Fig. 104). Möglicherweise werden die Lymphoidzellen von den sich bildenden Eiern verdaut, denn in der letzt angezogenen Figur sieht man nur recht spärliche und im Großen und Ganzen der Degene- ration anheimfallende Lymphoidzellen (!). Organogenie der Gordiiden. 697 Was die Eibildung selbst betrifft, so lässt sich darüber wenig sagen. Die Keimzellen vergrößern sich, ihr Protoplasma ist klar, der Kern färbt sich intensiv roth. Dann erscheint das Cytoplasma mit Dotterkörnchen | erfüllt, und die jungen Eier nehmen eine kugelige Gestalt an. Der Kern | schwillt auch ein wenig an, sein Plasma scheint (nach der Behandlung mit 90%/,igem Alkohol) etwas flüssiger zu sein und die chromatische Sub- stanz sammelt sich an einem Pole, worüber wir weiter unten ausführ- licher berichten wollen. Zwischen den entwickelten Eiern findet man aber eine Menge der überhaupt sich nicht differenzirenden Zellen, die vielleicht in diesem Zustande verharren, oder möglicherweise sich erst in späteren Stadien weiter zu Eiern umbilden. Diese Zellen sind nach ihren Kernen kenntlich (Fig. 104 ep). Das Wachsthum der Eier geschieht höchst wahrscheinlich einerseits auf Kosten der oben erwähnten Lymphoidzellen, andererseits auch aus der körnigen Substanz, da die letztere in den späteren Stadien ganz ver- | schwindet. ii Schließlich hört die Eibildung auf und die Querschnitte durch ein | fast reifes, aber noch parasitisch in Blaps muceronata lebendes Weib- | chen von Gordius pustulosus liefern eine recht interessante und | | zierliche Anordnung der Geschlechtsprodukte. Wir wollen einen sol- chen in Fig. 104 naturgetreu reprodueirten Querschnitt eingehender betrachten. Die früher das Keimepithel producirenden Röhren sind sehr ver- kümmert; sie erscheinen als der Länge nach von beiden Seiten zu- sammengedrückte Spalten (g), die in unserer Abbildung von den Resten des Keimepithels ausgefüllt sind, in anderen Präparaten ein deutlicheres Centrallumen besitzen. Sie liefern offenbar kein Material mehr zur Bil- dung der Eier, trotzdem man in der rechten Hälfte sieht, dass sie sich in die seitlichen Ausstülpungen fortsetzen, welche letzteren noch das zu Eiern nicht differenzirte Keimepithel enthalten. Die Eierstöcke sind dagegen recht voluminös, so dass sie die beiden CGölomhälften erfüllen, wenn sie auch das somatische Peritoneum nicht direkt berühren. Sie be- stehen aus radiär angeordneten Reihen der entwickelten Eier, zwischen welchen, namentlich an der Peripherie, die oben erwähnten nicht differen- zirten und durch die intensiv sich färbenden Kerne kenntlichen Keim- zellen (ep) hervortreten. Die Eierreihen sind radienartig gegen die ursprünglichen Röhren mit dem Keimepithel orientirt, was an anderen Schnitten noch überzeugender hervortritt als in dem in Fig. 104 abge- _ bildeten der Fall ist. Es bestehen nämlich immer seitliche Öffnungen, durch welche die Eierstöcke mit den Röhren kommuniciren. : 698, F. Vejdovsky, Nach den von mir zuerst bekannten Verhältnissen! stellen die in der angezogenen Abbildung mit g bezeichneten Röhren den eigentlichen Sammelort vor, aus welchem die reifen Eier zuerst in die Eileiter und _ von hier nach außen gelangen. Daher habe ich diese Röhren in meinen früberen Abhandlungen passend als Eibehälter bezeichnet und zuerst darauf aufmerksam gemacht, dass diese Röhren mit eigentlichem Epithel ausgestattet sind. Die späteren Autoren, wie Vırıor und v. Linstow konnten die phy- siologische Funktion der in Rede stehenden Organe nicht enträthseln, zumal ihnen die Bildung der Eierstöcke aus dem ursprünglichen Keim- epithel unbekannt geblieben ist. Nichtsdestoweniger suchen sie meine Darstellung zu korrigiren. Aus den vorliegenden organogenetischen Untersuchungen muss ich also an meiner ursprünglichen Deutung festhalten und die weiblichen Gonaden folgendermaßen charakterisiren: Aus den Röhren mit dem Keimepithel bilden sich durch ei: paarige Ausstülpungen die Eierstöcke. Die reifen Eier der erwachsenen Würmer kehren in diese Röhren zurück, welche letzteren mit den Resten des Keimepithels? ausgestattet sind und nachher — mit den Eiern ge- füllt — die Eibehälter vorstellen. Die letzteren sind daher mit den Samensäcken homolog. Dass die Eierstockseier thatsächlich in den Eibehälter gelangen, habe ich bereits in meiner zweiten Arbeit darge- legt, aber die Tendenz der Eier, in diese Röhren zurückzukehren, ist in den jungen Weibchen durch eine bewunderungswürdige Anordnung der chromatischen Substanz in den Eikernen ausgeprägt. Betrachtet man nämlich die Eierreihen in den Ovarien (Fig. 104), so erkennt man sogleich, dass die Eier eine bestimmte Lage haben; die chromatische Substanz ihrer Kerne ist in einer und derselben Richtung gelagert. Das finde ich ohne Ausnahme in jedem Querschnitte durch die Weibchen von Gordius pustulosus. Der Punkt nun, zu welchem sämmtliche Eierreihen eines Ovariums orientirt sind,.ist kein anderer als die Öffnung, durch welche die gewesenen Keimepithelröhren mit den Ovarien kommuniciren. Die Ansammlung der chromatischen Substanz auf dem gegen die späteren Eibehälter gerichteten Pole der Kerne ist offenbar, wie ich bereits bei dem Peritoneal- und Darmepithel hervorgehoben habe, nur durch die Konservirung der Würmer in 90°/,igem Alkohol hervorge- rufen worden. Die Konservirung der Eier in anderen Flüssigkeiten, IAjee: 2 Wir haben es hier mit einem erwähnenswerthen Falle zu thun, wo das Keimepithel in letzter Instanz als gewöhnliche Umhüllungsmembran funktionirt. Organogenie der Gordiiden. 699 a ee See = Aria; - wie z. B. in der Chromsäure und Chromessigsäure zeigt ganz andere Strukturen des Kernplasmas und des Dotters; von einer Polarität der Eikerne ist hier keine Rede. Die in Fig. 105 abgebildete Gruppe der Eier aus dem Eibehälter eines erwachsenen Gordius Preslii, wel- cher zuvor mit Chromessigsäure fixirt wurde, zeigt zwar eine zierliche radiäre Anordnung der Dotterelemente und: eine etwas excentrische Lage des Kernkörperchens, aus welchen Thatsachen man aber kaum auf eine Kernpolarität urtheilen darf. Die aus dem Keimepithel in der ersten Bildung begriffenen Eier zeigen noch keine bestimmtere Gruppirung der chromatischen Ele- mente an einem Pole des Kernes (Fig. 94); die Kerne sind in diesem Stadium ziemlich einförmig, indem sie sich im ganzen Umfange gleich- mäßig färben. Sobald aber das Ei ausgesprochener entwickelt ist, orientirt sich sofort die chromatische Substanz gegen die künftigen Geschlechtswege, während das übrige Kernplasma sich weit schwächer oder gar nicht färbt. Hiermit schließe ich die Beobachtungen über die Organogenie der Gordiiden; die Erfahrungen über die Genese der eigentlichen Ge- schlechtswege bestätigen nur die Angaben, welche ich schon früher mitgetheilt habe, doch überlasse ich die nähere Darstellung dieser Vor- gänge einem Anderen. Über die verwandtschaftlichen Beziehungen der Gordiiden zu an- deren Wurmgruppen darf man sich erst dann bestimmter aussprechen, wenn die eigentliche Larve (der Embryo der Autoren) genauer in ihren Organisationsverhältnissen bekannt ist. Prag, den 16. December 1893. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXVIL, Fig. 4. Vorderes Körperende eines jungen Weibchens von Gordius Preslii Vergr. 45/A. Fig. 2. Dasselbe von einem Männchen derselben Art (aus Feronia vulgaris auspräparirt). Fig. 3. Hinterende des in Fig. 4 abgebildeten Weibchens. Fig, 4. Hinterende des Männchens. | Fig. 5. Außerstes Ende der Schwanzgabel von GordiusPreslii. Fig. 6. Areolen des jungen parasitischen Weibchens von GordiusPreslii. ale Fig Außere Cuticula von »Gordius aestivalis« ($), mit Poren a. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Ba. 46 re 700 ® F, Vejdovsky, Fig. 8—10. Vorderkörper von drei jungen Exemplaren von Gordiuspustu- losus, an denen der Larvenkörper in Degeneration begriffen ist. x, braune Drüse. Fig. 44. Querschnitt durch den larvalen Fortsatz des in Fig. 47 abgebildeten Gordiuspustulosus (77—11), Fig. 12. Ähnlicher Querschnitt, geführt durch den Anfangstheil des eigent- lichen Körpers des Gordius. c, Cuticula; o, Mundöffnung; p, hypodermales Paren- chvym. Fig. 413. Weiter nach hinten folgender Querschnitt derselben Serie. pr, hypo- dermales Parenchym. Fig. 44. Sechster Schnitt derselben Serie, aus der Region der vorderen Bauch- stranganschwellung (bg). oe, dünnwandiger Ösophagus, dessen Inneres mit einer braunen Substanz angefüllt ist; ce, spaltartige Leibeshöhle; pip, splanchnische Peri- toneallamelle ; pts, somatische Peritoneallamelle; pr, hypodermales Parenchym. Fig. 15. Der nächstfolgende Querschnitt derselben Serie. bg, ptp, pts wie in Fig. 44; I, Lymphoidzellen; a, Ausführungsgang der braunen Drüse. Fig. 16. Neunter Schnitt derselben Serie. oe, ptp, pis, I, bg wiein Fig. 44 u.15; bd, braune Drüse. Fig. 47. Vorderende des jungen Weibchens von Gordius pustulosus, durch welches die Schnittserie geführt wurde. Fig. 18. Hypodermis von Gordius Vaeteri in der Flächenansicht. Fig. 49. Dessgleichen mit einer verzweigten braunen Zelle. Fig. 20. Dessgleichen mit drei unter einander anastomosirenden Zellen. Fig. 21. Dessgleichen mit zahlreichen braunen Zellen, welche zwischen den farblosen Zellen gelagert sind und dieselben mit ihren Ausläufern umgeben. Fig. 22. Querschnitt durch die Hypodermis und Cuticula von Gordius Vae- teri. a, ampullenartige Erweiterung der braunen Zelle; db, Ausführungskanälchen der Zelle; &, hyalines Höfchen um den Kern (Periplast). Fig. 23—25. Gestalten der braunen Zellen in den Querschnitten der Hypo- dermis. Fig. 26. Große braune Zellen mit drei Ausführungskanälchen. Fig. 27. Dessgleichen, zwischen zwei farblosen Zellen. x, Periplast. Fig. 28, 29, 30. Theile der Querschnitte durch die Hypodermis von Gordius Vaeteri,um die Faserung (f) der Subcuticula, ferner die äußere Cuticula(c), ampul- lenartige Erweiterungen der braunen Zellen (a) und deren Ausmündungen (!) zu veranschaulichen. Fig. 34. Theil der Hypodermis mit der abgehobenen äußeren Cuticula (c); die in der Bildung begriffene Subeuticula erscheint als erstarrte Wimpern (f) der Hypodermis. Fig. 32. Äußere Cuticula in Flächenansicht. c, äußerste Oberfläche; f, bei tieferer Stellung, um die Abdrücke der Faserung der Subeuticuia zu sehen; al, noch tiefer, zur Veranschaulichung der Alveolenabdrücke der Hypodermiszellen. Fig. 33—44. Hypodermiszellen von GordiusPreslii (parasitisches Stadium). a, Kern; b, hyaliner Hof (Periplast) ; &, Centrosom. In Fig. 36—38 befinden sich die der Degeneration anheimfallenden Kerne außerhalb der Periplaste, dessgleichen in Fig. 35 (c) und 39 (a). Fig. 42. Längsschnitt durch die Hypodermis von GordiusPreslii(ö), um die einzelligen Drüsen dr zu veranschaulichen. m, Längsmuskelschicht ; mk, Muskel- kern. Organogenie der Gordiiden. 701 Fig. 43. Querschnitt durch die Leibeswand von Gordius pustulosus (ä3). m, Muskelschicht; hp, Hypodermis; c, Subcuticula; db, deren Übergang zur äuße- ren Cuticula (a); d, Ausführungsgang einer degenerirten Hypodermaldrüse. Fig. 44. Längsschnitt durch den Bauchstrang (bg). n, Ganglienzellfortsätze ; nch, hypodermaler Neurochord. Fig. 45. Längsschnitt durch die Leibeswand eines sehr jungen Männchens von Gordius pustulosus, Ap, Hypodermis; m, Muskelepithel mit langen Kernen (j, 3’); ms, Peritonealepithel. Fig. 46. Eine stärker vergrößerte Muskelzelle derselben Art. mk, Kern der Muskelzelle; pis, Peritonealzelle; hp, Hypodermis. Tafel XXVIII. Fig. 47. Längsschnitt durch den Darmkanal (dm), Längsmuskelschicht (lm) und Hypodermis. mf, Muskelfasern der Darmzeilen; k, Kern der Längsmuskulatur ; m, Fibrillen der Hypodermiszellen; z, feine Körnerschicht der Hypodermis. Fig. 48 u. 49. Zwei Querschnitte durch die abgeflachte Hypodermis aus der mittleren Körperregion eines jungen Weibchens von Gordius Preslii, um die an der Basis des Nerven verlaufenden Neurochorde (nch) zu veranschaulichen. Fig. 50—52. Anlage des Bauchstranges (bs) durch die verdickte Hypodermis, ms, Muskelepithel; d, Darmkanal. Fig. 53. Theil eines Querschnittes durch das Männchen von Gordius Pres- lii. Ap, Hypodermis; m, Längsmuskelschicht; a, b, Peritonealschichten des Bauch- strangganglions; d, Darmkanal; nr, Neuralreticulum; gl, Gliazellen; gz, mediane Ganglienzellen. Fig. 54. Querschnitt durch den hinteren Körper eines jungen Weibchens von GordiusPreslii, um die Lage des sich differenzirenden Muskelepithels (mep) zu veranschaulichen. Fig. 55—59. Muskelzellen des jungen Männchens von Gordius pustulo- sus mit der angelegten kontraktilen Substanz, Fig. 60 u. 61. Längsschnitte durch die Muskelzellen, die kontraktile Substanz (eS) alternirt mit dem Sarkoplasma (sp), in welchem die langen Muskelkerne (k) hinziehen. Fig. 62. Muskelzellen eines jungen Weibchens von GordiusPreslii. Fig. 63. Dieselben stark (homog. Immers.) vergrößert. Fig. 64. Niedrige Muskelzellen von »Gordius aestivalis«. Fig. 65. Muskelzellen eines jungen Männchens von GordiusPreslii (hom Immers.). Fig. 66. Anordnung der Muskelknötchen in der Lamelle. Fig. 67. Bildung der Muskelbündel in der Muskelschicht eines jungen Männ- ehens von GordiusPreslii. Fig. 68. Dasselbe bei sehr starker Vergrößerung mit den degenerirenden Kernen (k). Fig. 69—72. Muskelzellen aus dem erwachsenen Gordius Preslii. k, kon- traktile Substanz in Doppellamellen angeordnet, welche durch quere Bälkchen der Reihe nach verbunden sind. Fig. 73. Muskelzellen von Gordius Vaeteri zur Veranschaulichung des alveolären Sarkoplasmas. Fig. 74, Theil eines Querschnittes durch den Bauchstrang und Hypodermis aus dem Hinterkörper von GordiusPreslii (2). nr, Neuralreticulum;; gl, Glia- 46* | | h 7023 o F, Vejdovsky, kerne; gz, mediane Ganglienzelle; nch, Neurochord, bestehend aus der äußeren (a) und inneren (b) Hülle; c, der. Nerv; k, Kern. Fig. 75. Ähnlicher Schnitt. Fig. 76. Schnitt durch die Mitte eines Weibchens von Gordius Preslii; in der flachen Hypodermis sieht man den Neurochord, welcher jedoch in dem nächst- folgenden Schnitte Fig. 77 fehlt. Fig. 78. Theil des Querschnittes durch die hinterste Körperregion des Weib- chens von Gordius Preslii. Der Bauchstrang spaltet sich zu zwei Längsästen (a), aus welchen nach unten die Nerven (b) hervorgehen, die sich aber schließlich zum unpaarigen Nerven (c) vereinigen. nch, Neurochord ; m, Muskelepithel; hp, Hypo- dermis. | Fig. 79. Querschnitt durch die mittlere Körperregion von Gordius pustu- losus(ö). hp, Hypodermis; ms, Muskelepithel; pis, somatisches Peritoneum; mt, Mesenterien; d, Darmkanal; bg, Bauchstrang. Fig. 80. Theil eines Querschnittes durch den Körper eines Weibchens von Gordius pustulosus (Fig. 104). hp, Hypodermis; m, Muskelschicht;; spt, soma- tisches Peritoneum mit centrad orientirter chromatischer Substanz. Fig. 84. Lymphoidzellen des jungen Weibchens von Gordiuspustulosus. Fig. 82. Lymphoidzellen des erwachsenen Weibchens von GordiusPreslii. Tafel XXIX und XXX. Fig. 83. Stark vergrößerte männliche Gonade mit den äußeren Umhüllungen. sg, Zellen des Keimepithels; ks, einzelne Kerne desselben; r, äußere Umhüllung des Keimepithels; mpt, splanchnisches Peritoneum; spi, somatisches Peritoneum. Fig. 84. Männliches Keimepithel in verschiedenen Differenzirungsstadien. a, in der Bildung zurückgebliebene Keimzelle; db, c, Zellen mit je vier Chromo- somen; d, e, f, Umbildung der Chromosomen zu neuen Kernen; g, h, i, vierkernige Spermatocyten. Fig. 85. Querschnitt durch das junge Männchen von Gordius pustulosus, dessen Gonaden stark mit Spermatocyten ausgefüllt sind. bg, bindegewebige Zellen zwischen den Samensäcken und dem somatischen Peritoneum ; d, Darm; bs, Bauch- strang,, hp, Hypodermis; ms, Muskelepithel. Fig. 86. Spermatozoen von Gordius pustulosus. Fig. 87. Reife Spermatozoen von Gordius Preslii, im Wasser auspräparirt und mit Osmium behandelt. Fig. 88. Dieselben am Objektträger vertrocknet und mit Hämatoxylin gefärbt. Fig. 89. Dieselben in der Leibeshöhlenflüssigkeit auspräparirt, mit Osmium getödtet und mit Hämatoxylin gefärbt. a, Vorderende mit stäbchenförmigem Kern; b, Hals mit hyalinem Körperchen;, c, Schwanzende. Fig. 90. Theil des Querschnittes durch den vorderen Körperabschnitt eines Weibchens von Gordius pustulosus. g, weibliches Keimepithel; a, b, dessen Umhüllung; d, Darm. a f Fig. 94. Weiter nach hinten. g, Keimepithel; r, körnige Substanz mit Kernen (Rhachis?); ov, das sich bildende Ovarium. Fig. 92. Außere Ausstülpung des Keimepithels mit dem Anfange des Ovariums. Fig. 93. Noch mehr fortgeschrittenes Stadium der Eierstocksbildung. Fig. 94. Querschnitt durch den ganzen Körper eines jungen Weibchens in der Region zwischen je zwei Ovarien. hp, Hypodermis; ms, Muskelschicht; pt, beide Organogenie der Gordiiden. 703 Peritonea; re, Rückenkanal; bd, Bindegewebszellen,;, pri—prl?, Längskanäle zwi- schen der Muskelschicht und dem Peritoneum; a, b, Lymphoidzellen; npt, neurales Peritoneum;; bg, Bauchstrang. Fig. 95. Dessgleichen, hier aber sind die Ovarien (ov) direkt durchgeschnitten, so dass ihre Kommunikation mit den Röhren (g) ersichtlich ist. Dieselbe Bezeich- nung wie in früheren Figuren. Fig. 96. Querschnitt durch das Männchen von Gordius Preslii in der mittleren Körperregion. a, äußere Umhüllung der Gonaden; 5, splanchnisches Peritoneum ; c, somatisches Peritoneum;; m, Mesenteriallamelle; !h, Leibeshöhle; spc, Spermatocyten, Fig. 97. Dessgleichen mehr nach hinten. Zwischen die peritonealen Lamellen des vorigen Querschnittes (a, b) schiebt sich eine neue ein; die Leibeshöhle (Ih) ist sehr reducirt. . Fig. 98. Querschnitt durch die hintere Körperregion direkt vor den Ausfüh- rungsgängen desselben Männchens. Die Leibeshöhle ist mit den Lymphoidzellen (d) erfüllt. Fig. 99—103. Schnittserie durch den hintersten Körpertheil des Weibchens, um zu veranschaulichen, dass hier ein larvaler, durch den After (Fig. 99 @) aus- mündender Enddarm (ed) persistirt. Fig. 404. Querschnitt durch ein fast reifes Weibchen von Gordius pustu- losus, um die merkwürdige Anordnung der Eier in den Eierstockslappen zu ver- anschaulichen, hp, Hypodermis; ms, Muskelschicht; pts, somatisches Peritoneum; !, Lymphoidzellen; rc, Rückenkanal; g, Reste des Keimepithels; ep, nicht differen- zirte Zellen in den Ovarien; d, Darın ; bg, Bauchstrang. Fig. 405. Eine Gruppe der Eier aus dem Eibehälter des erwachsenen Weib- chens von GordiusPreslii. | | Zur Anatomie und Entwicklung der CGucumaria glacialis (Ljungman). Von Th. Mortensen, Stud. mag, in Kopenhagen. Mit Tafel XXXI und XXXIL Bei einer Revision der grönländischen Echinodermen wurde meine Aufmerksamkeit auf die durch Levinsen (14, p. 383) näher beschriebene Cucumaria minuta (Fabr.) gelenkt. Es erwies sich bald, dass die von Levinsen beschriebene Form mit der von Professor Lürken (19, p. 7) beschriebenen Cucumaria minuta (Fabr.) gar nicht identisch war, son- dern mit der von Lyungman (6, p. 4128) beschriebenen Gucumaria gla- cialis. Die interessante Entdeckung Levixsen’s an » Cucumaria minuta«, dass sie lebendig gebärend ist, gilt also in der Wirklichkeit von Cucumaria glacialis. Die von STuxgerc (31, p. 27; 32, p. 153) als Gucu- maria minuta aufgeführte Art ist eben so mit Gucumaria glacialis synonym, wie TnteL angiebt (35, p. 105). In seinem großen Challenger-Werk über Holothurien schreibt Taten von Gucumaria glacialis, dass zahlreiche Exemplare von Spitz- bergen und Novaja Semlja sich im Museum zu Stockholm finden. Da ich sehr wünschte diese interessante Form näher zu untersuchen und schon einige anatomische Befunde gethan hatte, schrieb ich an Herrn Professor Ta£teı, ob er mir einige Exemplare überlassen wolle. Mit größter Liberalität hat er mir sogleich 13 Exemplare von verschiedener Größe gesandt — ich bitte ihn hier meinen herzlichsten Dank zu empfangen. Eben so muss ich den Herren Inspektor Levınsen und Dr. R. S. Bersn, die mir aufs liebenswürdigste in verschiedener Weise Hilfe geleistet haben, meinen herzlichsten Dank aussprechen. Cucumaria glacialis ist bisher nur aus dem nördlichen Eismeere bekannt. Sie kommt dort bei Spitzbergen, Novaja Semlja und im Kara- Meer, sowohl auf Thon- als auf Felsenboden vor in einer Tiefe von 20 bis 93 Faden. Zur Anatomie und Entwieklung der Gucumaria glacialis (Ljungman). 705 Lsuneman beschreibt (16, p. 128) nur die äußere Gestalt, die Ten- takel und Füßchen und die Kalkplatten; die sind aber so charakteristisch, dass die Art leicht daran zu erkennen ist. Da es aber im Ganzen eine recht unvollständige Beschreibung ist, und da man sonst nur bei Tateı (l. e.) die Bemerkungen findet, dass der Kalkring sehr »slender« und ohne hintere Verlängerungen ist, und dass nur eine Porsche Blase und ein Madreporenkanal vorhanden ist, soll hier zuerst eine genauere Be- schreibung der Anatomie, dann einige Bemerkungen über die sehr merkwürdige Entwicklung des Thieres — so weit sie aus dem vorhan- denen Material erkannt werden konnte — folgen. Sämmtliche Exem- plare waren in Alkohol konservirt, es konnte desshalb natürlich nicht viel auf die histologischen Verhältnisse eingegangen werden. I, Anatomie. Die äußere Gestalt ist von Lyuxsman recht gut geschildert wor- den. Die Form wird man aus Fig. I ersehen. Sie ist fast tonnenförmig, doch ein wenig mehr nach hinten als nach vorn zugespitzt. Die Saug- füßchen stehen im Zickzack, an den jüngsten Exemplaren fast nur in einer Reihe. Das letzte Saugfüßchen jedes Radius ist nach hinten ge- richtet und endigt abgerundet, indem keine Endscheibe darin sich findet. Sie fungiren offenbar nicht als Saugfüßchen. Die radialen Wassergefäße scheinen in diesen Füßchen zu enden, doch konnte es nicht bestimmt konstatirt werden. Es würden demnach diese Füßchen die Endtentakel repräsentiren, den unpaaren Fühlern der Armspitzen der Asteriden und Ophiuren homolog. Unmittelbar vor ihnen findet sich eine Einschnürung, so dass der dahinter liegende Theil als ein besonderer Endabschnitt hervortritt. Die fünf Endtentakel umgrenzen eine kleine platte Partie, in deren Mitte die Analöffnung, von fünf interradialen »Afterzähnen« umgeben, sich findet. Die Tentakel sind alle gleich groß. Die Kalkkörper sind sehr charakteristisch und verschieden nach der Körperregion, in der sie sich finden. Die von Lyuneman beschrie- benen finden sich im größten Theil der Haut, nur nicht im vorderen, einstülpbaren Theil. Die Fig. 2 a zeigt eine Kalkplatte der eigentlichen Körperhaut, in Fig 25 ist eine solche von der Seite gesehen darge- stellt. Lsuneman beschreibt sie folgenderweise: »Figura plerumque rotundato-quadrangulae, marginibus undulatae, erassae, supra nodoso- euspidatae, haud eoronatae, sed e laminis, foraminibus appropinquatis plus minus in ordines dispositis perforatis, binis vel ternis trabeculis conjunetis compositae, corpus quasi spongiosum formantes« (l. c.). Diese Beschreibung ist ganz zutreffend, nur eins hat Lsungman übersehen, | , er Er nn Fee TEN SG 2 wu,72 ” P a+ = a ERLITT BIT ET > = = z 706°. > Th. Mortensen, nämlich dass sie immer am Rande dünn und glatt sind, aus nur einer Schicht bestehend. Es ist das nicht ohne Bedeutung, beson- ders ftir die jüngeren Thiere; die Kalkplatten werden nämlich dadurch bei der Zusammenziehung des Thieres etwas über einander gleiten können, was man thatsächlich immer an den beim Abtödten kontra- hirten Thieren sieht. Die Haut ist überaus reich an solchen großen Platten — »squamis densissime instructa « (LJungman) —, so dass, wenn die Kalkplatten nicht einen solchen dünnen Rand hätten, das Thier sich gar nicht kontrahiren könnte. Doch wird auch dabei nur eine geringe Kontraktion ermöglicht, da die Platten so dicht liegen, dass sie sich fast mit den Rändern berühren, wenn das Thier ausgestreckt ist. Die älteren Thiere können sich weit mehr zusammenziehen. Indem nämlich das Thier wächst, werden die Kalkplatten mehr zerstreut liegen müssen, und es wird Platz für neue Platten geschaffen. Diese neuen Platten scheinen aber nie so groß und dick wie die anderen zu werden, so dass die Platten sich nun nicht mehr berühren. Eine stär- kere Zusammenziehung wird dann möglich. Außer diesen großen Platten finden sich noch einige kleinere Kalkkörper von ganz anderer Form (Fig. 3 |c von der Seite gesehen)). Sie liegen außerhalb der großen Platten. Lsunenan beschreibt sie sehr gut als kleine kreuzförmige, mit am gewöhnlichsten vier (seltener drei oder fünf) aufgebeugten Armen (»Radien«), deren Enden mit drei Spitzen . versehen sind, eine hinaufgerichtet und eine zu jeder Seite. Bis- weilen können zwei Arme verwachsen (Fig. 3b). Im vorderen Ende des Körpers, in dem Stück, das beim Einziehen der Tentakel mit hineingezogen wird, finden sich ganz anders geformte Kalkplatten (Fig. k). Sie sind lang und schmal, und haben nur wenige Höcker. Einzelne dieser Platten haben die Höcker wieder durch Kalk- lamellen verbunden und erinnern dadurch an die mehr zusammen- gesetzten Platten der übrigen Haut. Sie sind in Querreihen geordnet, und alle sind so gelagert, dass ihr Längsdurchmesser quer zur Längsachse des Thieres steht. Sie liegen lange nicht so dicht wie die anderen Kalkplatten. Es ist leicht einzusehen, dass bei dieser Ordnung und Form der Kalkplatten dem Einziehen kein oder nur sehr geringer Widerstand geleistet wird; die anderen großen Platten würden das Einziehen vollständig hindern. Es ist recht häufig unter den Dendrochiroten, dass die Kalkkörper des vorderen Endes von denen der übrigen Haut verschieden sind (17, p. 140); wahrscheinlich werden sie bei allen nach dem Princip des geringsten Widerstandes gegen das Einziehen geordnet sein. Die Stützkörper der Saugfüßschen und Tentakel sind auch ver- Zur Anatomie und Entwicklung der Gucumaria glacialis (Ljungman). 707 hältnismäßig sehr groß und, der Form der Füßchen entsprechend, etwas gebogen (Fig. 5). Sie sind mit Höckern versehen, die aber nicht durch Kalklamellen verbunden sind (»nodoso-cuspidatae« LJungman). Gegen die Spitze des Saugfüßchens sind sie etwas anders gestaltet und ein wenig dünner (Fig. 6). Wegen der Größe der Platten können die Saug- füßchen fast nicht eingezogen werden; nur bei den größeren Exem- plaren kann man sie fast vollständig eingezogen sehen, was durch das oben Gesagte sich leicht erklären lässt. Die Endscheibe der Saugfüß- chen ist sehr groß, rosettenförmig (Fig. 7). Die Kalkplatten der Ten- takel sind meistens groß, ohne Höcker und von sehr unregelmäßiger Gestalt. Man findet sie selbst in den äußersten Spitzen der Tentakel- ästchen; sie werden gegen die Spitzen der Tentakel dünner aber fast nicht kleiner. Die Entwicklung der Kalkkörper folgt dem gewöhnlichen Typus (Fig. 8). Bei den Platten des vorderen, einstülpbaren Theiles der Haut und bei den »Afterzähnen« weichen doch schon die ersten x-förmigen Stadien von der sonstigen, regelmäßigen Form ab (Fig. 1). Über die histologische Struktur der Kalkkörper der Echinodermen soll hier nur vorläufig bemerkt werden, dass der von den meisten Autoren angegebene Achsenkanal oder -strang gar nicht existirt. Was als solcher gedeutet wurde ist nur eine optische Er- scheinung, wie Cu£nor (3) vermuthet. Eine so komplieirte Struktur, wie SEMon (28) beschreibt, besitzen die Kalkkörper gar nicht; sie sind überall ganz gleichmäßig von organischer Grundsubstanz durchwoben. Ich hoffe bei einer späteren Gelegenheit diese Kalk- gebilde eingehend studiren zu können. Die Haut bietet ein recht verschiedenes Aussehen in den zwei Abschnitten des Körpers. Im vorderen, einstülpbaren Theil ist sie fast nur halb so diek wie im übrigen Theil des Körpers, wie eine Ver- gleichung der Fig. 9 und 10 zeigen wird!. Das Bindegewebe ist hier nur sehr sparsam entwickelt, was gewiss damit in Zusammenhang steht, dass dieser Theil der Haut fast ganz seine Funktion als Schutz verloren hat, so zu sagen ganz passiv geworden ist, und daher nicht so fest und dick zu sein braucht. Auch wird das Einziehen natürlich sehr erleich- tert durch die Dünnheit der Haut; mit einer Haut so dick wie die übrige Körperhaut würde das Einziehen fast unmöglich sein. Pigment findet sich nicht in der Haut. Einen besonderen Abschnitt der Haut 1 Doch muss bemerkt werden, dass die zwei Figuren nicht von demselben Individuum stammen, und zwar Fig. 9 aus dem kleineren. Der Unterschied in der Dicke der Haut der zwei Körperabschnitle wird also etwas kleiner, als es aus der Vergleichung der genannten Figuren hervorgeht, aber immerhin sehr groß. 708 = Th. Mortensen, bilden die Bruttaschen; sie werden aber später bei Besprechung der Fortpflanzung geschildert werden. H£rovmrn (8, p. 546) und Cuinor (3, p. 349) beschreiben eine sonderbare Struktur des Epithels der Haut bei Colochirus und Cucu- maria, indem die Zellkerne in kleinen Haufen liegen, die durch Binde- gewebe von einander und von der Cuticula getrennt sind. Eine ähn- liche Struktur fand sich auch bei Cucumaria glacialis; indessen kommt sie nicht überall vor. In dem vorderen, einstülpbaren Theil findet man keine Spuren einer solchen Struktur, wie überhaupt kein eigentliches Epithel darin zu sehen ist. In dem übrigen Theil der Haut findet man diese Struktur, aber nicht bei allen Exemplaren; in Fig. 10 ist nichts Derartiges vorhanden. Es ist also keine konstante Struktur, und es wird dadurch etwas zweifelhaft, ob es auch in den von H£rovarD und Guenor beschriebenen Fällen etwas Konstantes sei. Bei ganz jungen Exemplaren findet sich diese Struktur nicht. In den Längsmuskeln findet sich dieselbe Struktur, die H£rouarn (8) bei Colochirus beschreibt, indem die Muskelfasern zu Bündeln ge- ordnet sind, die man an Querschnitten als Kreise von Pünktchen sieht; es gilt dies jedoch nur von den Retraktormuskeln, ist aber hier sehr schön ausgebildet. Bei ganz jungen Thieren, wo die Retraktoren noch nicht ganz abgespaltet worden sind, ist diese Strukiur nur angedeutet, indem die Fasern nur in unregelmäßigen Reihen geordnet sind (Fig. 14). Erst nach der vollständigen Abspaltung werden sie zu regelmäßigen Bündeln vereinigt — eine Struktur, die sich gewiss von mechanischen Gründen aus erklären lassen wird. Der Kalkring wird von Tater (35, p. 105) als sehr »slender«, ohne hintere Verlängerung beschrieben. Wie Fig. 1 zeigt, ist er doch nicht so »slender« im Verhältnis zur Größe des Thieres. Die Radialia sind vorn schwach eingebuchtet, die Interradialia abgerundet und etwas 'schmäler. Beide sind in der Mitte des Hinterrandes etwas eingebuchtet und eingedrückt. Verdauungsorgane. Der Ösophagus ist sehr deutlich vom Magen abgesetzt. Der Magen wölbt sich etwas nach vorn, so dass der Ösophagus wie eine Klappe am Anfange des Magens bildet (Fig. 21 und 40). Vor den kleinen, wenig verzweigten Kiemenbäumen findet sich ein erweiterter Endabschnitt, wie Levinsen (14) bemerkt. Ein perianaler Sinus ist vorhanden. Auf die histologische Struktur des Darmes kann nicht eingegangen werden, da das Material nicht dazu geeignet war. Das Wassergefäßsystem weicht im Ganzen nicht von dem ge- wöhnlichen Typus ab. Die Fühler- und Füßchenampullen sind nur SR a _ Zur Anatomie und Entwicklung der Cueumaria glacialis (Ljungman), 709 durch kleine Ausbuchtungen repräsentirt, also nur eben angedeutet. Es findet sich nur eine Pour'sche Blase, die auf der linken, dorsalen Seite liest, und ein Steinkanal, der ebenfalls ein wenig links liegt. Kalkkörper finden sich nicht in der Wand des Steinkanals. Fig. 12 stellt einen Querschnitt durch einen jungen Fühler dar. Man sieht dort außerhalb der Längsmuskeln eine dünne, aber sehr deutliche Membran — die elastische Membran. Angaben über eine solche finden sich bisher nur bei Semrer (30), Jourpan (10) und Tate (34). Nach meinen Untersuchungen muss ich deren Angaben ‚nicht nur bestätigen, sondern auch erweitern. Verfolgt man an einer Schnittserie die Membran der Fühler, so sieht man, dass sie sich überall findet: ohne Abbrechung geht sie in die Semilunarklappen der Fühler (Fig. 13), von da an in die Radialkanäle, und man kann sie nun in die Radialkanäle des Körpers verfolgen, wo sie eben so außerhalb der dort an der Außenseite des Kanales liegenden Längsmuskeln sich findet. Weiter verfolgt man sie leicht in die Ventile der Füßchen (Fig. 14), und in die Füßchen selbst, wo man sie auch unterhalb der Endplatte sehen kann. Eben so kann man sie bis in den Ringkanal verfolgen — kurz, das ganze Wassergefäßsystem ist von einer zusammen- hängenden elastischen Membran ausgekleidet, die über- all den Längsmuskeln direkt außen aufliegt. Elastische Fasern sind hier nicht in der Membran zur Entwicklung gekommen, eben so wenig wie bei Thyonidium hyalinum (Forbes), das auch darauf untersucht wurde. Ich muss hier auch meine frühere Angabe! über elastische Fasern in der Membran der Ophiuren bestätigen. Wenn man ein Saugfüßchen einer Ophioglypha texturata (Lmk.) in verdünnte Kalilösung legt, kann man nach einigen Stunden die ganze Haut ab- ziehen und weiter kann man durch einen gelinden Druck den ganzen Muskelschlauch herauspressen, und man erhält so die elastische Mem- bran in seiner vollständigen Form — etwa wie einen Handschuhfinger. Bei einer starken Vergrößerung erkennt man nun daran eine doppelte Schicht von Fasern, die spiralförmig um die Membran liegen, aber so, dass die Fasern der zwei Schichtenin ent- gegengesetzter Richtung verlaufen. Auf Fig. 15 ist ein Stück- chen der Membran mit seinen Fasern dargestellt; wie man sieht, liegen sie ziemlich dicht an einander. Es sind die Fasern, die ich als zwei Reihen feiner Pünktchen auf einem Längsschnitte durch ein Saugfüß- chen von Ophiopus arctieus beschrieben habe (l. c.). Von den Asteriden wird allgemein angegeben, dass sie eine ganz ! Über Ophiopus arcticus. Diese Zeitschr. Bd. LVI. p. 348. 0 - Th. Mortensen, homogene elastische Membran haben. Indessen habe ich durch die oben dargestellte Behandlungsweise bei Asterias glacialis und A. rubens eine ähnliche Ausbildung von Fasern wie bei Ophioglypha gefunden; sie liegen aber hier etwas weiter von einander, so dass die Maschen, die von den zwei sich kreuzenden Spiralen gebildet werden, größer sind. Auch sind die Spiralwindungen viel steiler als bei Ophioglypha, so dass die Maschen eine andere Form zeigen (Fig. 16). Vielleicht ist jedoch die Struktur hier noch komplicirter; an einigen Stellen schienen die Fasern nämlich zu anastomosiren; doch kann das von der Kontraktion des Saugfüßchens herrühren. Sicher ist es aber, dass auch bei den Asteriden (jedenfalls bei den untersuchten Arten) eine doppelte Schicht von elastischen FasernindenFüß- chen ausgebildetist. Hamann’s Angaben (6), dass die Echiniden in den Saugfüßchen nur eine Schicht von eirkulären Fasern haben, kann ich bestätigen. Auch bei den Holothurien scheinen elastische Fasern vorkom- men zu können, indem Tu£er’s Angabe (3%, p. 122) über Deima validum, dass die Membran mit »numerous transverse closely-placed wrinkles of about equal size« versehen ist, vielleicht von solchen Fasern zu ver- stehen ist. Von den Crinoideen wird von Hamann (6) angegeben, dass die Ambulacralgefäße von einer äußerst feinen Membran umgeben sind; es dürfte diese Membran wohl wie bei den übrigen Echinodermen von elastischer Natur sein. Es scheint hiernach, dass das Wassergefäßsystembeiallen Echinodermen von einer elastischen Membran, die außer- halb der Muskelschicht liegt, umgeben ist, und zwar nicht nur-die Füßchen oder Tentakel, sondern das ganze Wasser- sefäßsystem. Bei den Ophiuren hat Köntzer! dies nachgewiesen; von den Asteriden und Echiniden liegen, so weit mir bekannt, nur Angaben über deren Vorkommen in den Ambulacralanhängen vor. Es scheint mir jedoch unzweifelhaft, dass sie auch in den Ambulaeral- kanälen und in dem Ringkanale vorkommen wird. Wir haben dann hier wahrscheinlich einen allen Echinodermen gemeinsamen histologisch-anatomischen Charakter. Die Ausbildung der Membran scheint sehr verschieden zu sein in den Ambulacralanhängen nicht nur innerhalb: der verschiedenen Ord- nungen, sondern auch innerhalb der Gattungen und Arten. So waren die Fasern bei Asterias glacialis viel deutlicher als bei Asterias rubens. Bisweilen kann die Membran sehr dick sein, wie in den Tentakel- I R. Könuter, Recherches sur l’appareil circulatoire des Ophiures. Ann. des Sciences nat. 7. ser. II. 1887. Zur Anatomie und Entwieklung der Cucumaria glaeialis (Ljungman). va sefäßen von Cucumaria japonica nach Semper (30, p. 125). Im Ganzen scheint die Membran um so stärker zu sein, je mehr die Füßchen als Bewegungsorgane gebraucht werden. So sind die steifen wegen der großen Kalkplatten nur wenig beweglichen Füßchen und Tentakel der Cucumaria glacialis nur mit einer dünnen Membran ohne Faserbildung versehen, während die Tentakel der kalkarmen Gucumaria japonica eine sehr stark entwickelte Membran haben. Eben so sind die großen Saugfüßchen der Asterias glacialis mit einer stark entwickelten Mem- bran versehen. Die Ophiuren (Ophioglypha texturata und Ophiopus wenigstens) haben eine viel dünnere, doch mit Fasern versehene Mem- bran, dem entsprechend, dass sie ihre Füßchen nur als Tastapparate, nicht als Bewegungsapparate gebrauchen. Bei den Echiniden wird die Membran wahrscheinlich in den verschiedenen Füßchen desselben Thieres ungleich stark ausgebildet sein, indem sie in den Tastfüßchen nicht so stark zu sein braucht, wie in den Saugfüßchen. Aus Hamann's Untersuchungen scheint hervorzugehen,, dass er es so gefunden hat. Bestimmte Angaben über die Dicke der Membran in den verschiedenen Füßchen hat er aber nicht gegeben. Der Steinkanal zeigt ein eigenthümliches Verhalten, indem er mit dem Ausführungsgange der Geschlechtsorgane ver- wachsen ist (Fig. 17 und 18). Wie die Querschnitte (Fig. 19 und 20) zeigen, ist das Bindegewebe des Ausführungsganges an der Seite, wo der Steinkanal liegt, von lockerer Natur und etwas dünner als am übrigen Theil des Ausführungsganges. Das Peritonealepithel geht direkt vom Steinkanal auf den Ausführungsgang der Geschlechtsorgane. Die Verwachsung findet immer an der inneren Seite des Ausführungs- ganges statt. Das Epithel des Steinkanals ist an der einen Seite fast zweimal so hoch als an der anderen. Über das Nervensystem wurden keine Beobachtungen von Interesse gemacht. Im Ganzen zeigt es die gewöhnliche, wohlbekannte Ordnung. | Das Blutgefäßsystem. Die gewöhnlichen Darmgefäße, durch Anastomosen verbunden, und das Ringgefäß waren deutlich. Näheres über die Blutgefäße kann aber nicht angegeben werden, da sie auf ‚Sehnitten sehr undeutlich waren. Das Ringgefäß liegt zwischen dem Wassergefäßring und dem Ösophagus, so dass es nicht leicht zu sehen ist. An der dorsalen Seite verlängert es sich etwas nach hinten wie eine Drüse, und von der Spitze dieser Drüse kommt das Genitalgefäß (Fig. 17 und 24). Es ist diese Drüse das Homologon des dor- salen Organs der übrigen Echinodermen. Etwas Ähnliches wird von Cu£xor (3, p. 579 f£.) bei Cucumaria Planci beschrieben und u u 111 7A a Th. Mortensen, als eine »glande Iymphatique« angesehen. Auch H£rovarn (8, p. 663) erwähnt es und sieht es als eine rudimentäre »glande ovoide« an. CGu£txor spricht sich (3, p. 613 f.) bestimmt gegen die Homologie dieser Drüse mit dem dorsalen Organ (»glande ovoide«) bei den Aste- riden, Ophiuriden und Echiniden aus, und eben so will er nicht das dorsale Organ der Crinoideen als homolog damit ansehen. Seine Gründe holt er besonders von der Entwicklung des Organs. Bei den Asteriden, Ophiuren und Echiniden entsteht es aus der inneren Wand des axialen Enterocöls (vorderen Enterocölraums), und sendet vom aboralen Ende Verlängerungen aus, die die Genitalorgane bilden. Bei den Echiniden gehen diese Verlängerungen nicht eigentlich vom dorsalen Organ aus, sondern von der Wand des axialen Enterocöls; da aber das dorsale Organ selbst aus der Wand des axialen Enterocöls hervorgeht, ist dieser Unterschied nur ein geringer. Bei den Crinoideen dagegen geht das axiale (vordere) Enterocöl zu Grunde, und das dorsale Organ ent- steht ohne Verbindung damit im Mesenterium, liegt auch nicht in dem- selben Interradius wie das vordere Enterocöl. Außerdem gehen die Genitalstränge hier vom oralen Ende des Organs aus. Auch der Bau ist verschieden von dem des dorsalen Organs bei den übrigen Echino- dermen. Es scheint danach bewiesen zu sein, dass das dorsale Organ der Crinoideen nicht dem der übrigen Echinodermen homolog sein kann. Vorläufig muss ich doch die Richtigkeit seiner Anschauungen be- zweifeln. Die morphologische Bedeutung der vorderen Enterocölräume kann, trotz Bury’s Untersuchungen (1), noch nicht als genügend bekannt und festgestellt angesehen werden. So will Lupwıc (18) gar nicht das, was Bury als vorderen Enterocölraum bei Holothurien beschrieben hat, als solches ansehen. Es ist ein sekundäres Gebilde, das auf dem Steinkanal auftritt, die »Madreporenblase«, wie Lupwis es nennt. Eben so stimmt SzELIGER (23a) nicht mit Bury überein in Hinsicht auf die Deutung dieses vorderen Enterocölraumes. Dagegen stimmt SEELIGER mit Bury darin überein, dass er meint, es seien ursprünglich allen Echinodermen zwei Paar Cölomsäcke zugekommen. Die‘ Asteriden zeigen also ein späteres Verhalten, in dem die vorderen Enterocöl- räume sich nicht abtrennen, so dass in der Wirklichkeit nur ein Paar Enterocölräume vorhanden ist. Dass dies aber ein sekundäres Ver- halten ist. meint Bury daraus schließen zu können, dass er bei einer Bipinnaria den linken vorderen Enterocölraum abgetrennt gefunden hat, und diese Bipinnaria war eben eine sehr primitive Form, indem sie nicht die gewöhnlichen Verlängerungen hatte. Es solle darum auch das Verhalten der Enterocölräume bei dieser Form primitiver sein als Zur Anatomie und Entwicklung der Oueumaria glacialis (Ljungman). 113 das der übrigen Asteriden, und dann wieder ganz abgetrennte vor- dere Enterocölräume das primitivste Verhalten sein. Es lässt sich doch Verschiedenes hiergegen einwenden. So ist es nicht sicher, dass diese Bipinnaria eine so sehr primitive ist, sie kann eben sowohl eine mehr modifieirte sein. Aus der Form allein lässt sich nicht sogleich sagen, ob sie etwas Primitives oder Sekundäres repräsen- tire; jedenfalls möchte man doch wissen, zu welcher Asteride sie gehört. Weiter muss man erinnern, dass ein solcher Zustand, wie man ihn dauernd bei den Asteriden findet, dem, den man bei Ophiuren und Echiniden findet, vorausgeht (bei den Echiniden kommt eine geringe Modifikation vor [11, p. 274], die indessen hier keine Bedeutung hat). Es liegt dann am nächsten das Verhalten der Enterocölräume der Asteriden als das Primitivste anzusehen, zumal die Asteriden selbst primitivere Formen als die Ophiuren und Echiniden sind. Eine ver- einzelte Form, wie Bury’s Bipinnaria, kann diese Anschauung nicht ändern. Im Ganzen zeigen die Enterocölräume der Echinodermen sehr verschiedene Verhältnisse — so wird bei den Holothurien nur eine, links gelegene Blase vom Entoderm abgeschnürt, und dieses Hydro- Enteroecöl theilt sich dann später in die zwei Enterocölräume und das Hydrocöl; ein vorderes Enterocöl kommt gar nicht zur Entwicklung (Lupwis, 18). Bei den Crinoideen entsteht das Hydrocöl am vorderen Ende des Darmes, während das Enterocöl am hinteren Ende entsteht (SEELIGER, 23a). Bei allen übrigen Echinodermen entsteht das Entero- cöl am vorderen Ende des Darmes; doch kann es wohl nicht zweifel- haft sein, dass das Enterocöl der Crinoideen dem der übrigen Echino- dermen homolog ist. Am wahrscheinlichsten dünkt es mir, es sei das einfache Verhalten der Enterocölräume bei den Asteriden das ur- sprünglichste, damit übereinstimmend, dass die Asteriden selbst die ursprünglichsten Formen unter den jetzt lebenden Echinodermen sind. Das Verhalten der Enterocölräume bei den übrigen Echinodermen ist nur als Modifikation aus dem bei den Asteriden vorhandenen anzu- sehen. Es ist dann auch natürlich, dass die am meisten modifieirten Formen, die Holothurien und Crinoideen, am meisten darin abweichen. Es können demnach die vorderen Enterocölräume nur als sekun- däre Gebilde angesehen werden, und ihre Bedeutung für die Homologie eines Organs kann nicht so groß sein, dass man sagen könnte, die damit in Verbindung stehenden Organe seien homolog, die nicht damit in Verbindung stehenden nicht homolog. Falls man das thut, kann man auch nicht das Wassergefäßsystem der Ophiuren als homolog mit dem der übrigen Echinodermen ansehen. Büury (1) hat nämlich gefunden, a | Th. Mortensen, dass das Hydrocöl der Ophiuren aus dem hinteren linken Enterocöl hervorgeht, während es bei den übrigen aus dem vorderen hervor- ‚geht. Diese Folgerung wird doch gewiss auch Cu£nxor nicht zugeben. Die Hauptsache ist, dass es überall aus dem Enterocöl hervorgeht. Dagegen ist es weniger wichtig, ob es aus dem vorderen oder hinteren Ende des Enterocöls hervorgeht, indem es mit der größeren oder geringeren Differenzirung der Enterocölräume in Verbindung steht. Bei den Holothurien findet sich gar kein vorderes Enterocöl, man kann also nur die Bedingung für die Homologie des dorsalen Organs mit dem der Asteriden, Ophiuren und Echiniden stellen, dass es aus dem Enterocöl entstehen soll. Freilich liegen noch keine Angaben darüber vor, doch kann es wohl kaum zweifelhaft sein, dass es diese Bedingung erfüllen wird. Erst wenn es bewiesen würde, dass es nicht so ent- stehe, würde man die Homologie dieses Organs mit dem der übrigen Echinodermen verneinen müssen. Dasselbe gilt den Crinoideen; das vordere Enterocöl ist hier so eigenthümlich ausgebildet und vielleicht nicht dem vorderen Enterocöl der Asteriden, Ophiuren und Echiniden ganz homolog, dass man auch hier nur die Bedingung für die Homologie des dorsalen Ogans stellen kann, dass es aus dem Enterocöl hervor- gehen soll, und diese Bedingung ist erfüllt. Das dorsale Organ bei allen Echinodermen mussals homolog angesehen werden. Dass es bei Holothurien und Crinoideen ganz anders aussieht als bei den Asteriden, Ophiuren und Echiniden, ja selbst ganz rudimentär sein kann (Holothurien), ist nicht mehr als man erwarten musste. Die Aste- riden, Ophiuren und Echiniden gehören entschieden sehr nahe zusam- men, dagegen sind die Holothurien und Crinoideen weit von diesen und von einander geschieden ; man muss dann erwarten einigermaßen die- selbe Ausbildung des Organs bei den drei ersten zu finden, dagegen eine besondere Ausbildung desselben Organs bei jedem der zwei an- deren — und das ist eben, was man thatsächlich findet. | Als letzten Grund führt Cu£nor an, dass es sei »prouv&, que ces amas plastidogenes n’ont aucun röle dans la formation des organes geni- taux«. Das ist nun aber gar nicht bewiesen, da noch Keiner die erste Entstehung der Genitalorgane der Holothurien beschrieben hat. Da aber die Geschlechtsorgane der Holothurien wie bei den übrigen Echinodermen von einer Blutlakune umgeben sind, die direkt vom dorsalen Organ ausgeht, wie Gutxor’s Figuren besonders schön zeigen, ist es überaus wahrscheinlich, dass es sich hier wie bei den übrigen Echinodermen verhalten wird. Also liegt auch hierin kein Grund gegen die Homologie des dorsalen Organs vor. Über den histologischen Bau der Geschlechtsorgane kann nur Zur Anatomie und Entwicklung der Cucumaria glacialis (Ljungman). 715 im Allgemeinen angegeben werden, dass sie von den bekannten hohen Peritonealzellen überkleidet sind; dann folgt eine Muskelschicht — Ring- und Längsmuskeln —, eine Bindegewebsschicht und endlich das innere Epithel. Verschiedene Entwicklungsstadien der Eier sind in demselben Schlauche zu finden. Die reifen Eier sind sehr groß, I mm, und geben dem Schlauche ein perlschnurartiges Aussehen. Der Kern ist sehr eigenthümlich, indem die chromatische Substanz sich auf der einen Seite lagert wie eine Schale, so dass man auf Schnitten eine halbmondförmige Figur sieht (Fig. 22). Die auf dieser Figur dargestellte Form ist doch möglicherweise von der Konservirung hervorgerufen; sie war nicht an jüngeren Eiern zu sehen, indem der Kern hier die ge- wöhnliche runde Form zeigte, die chromatische Substanz doch wie oben beschrieben geordnet. Eine Eiweißschicht, wie Semrer (30) und Hamann (6) beschreiben, war nicht zu sehen, und die Follikelhaut lag dicht an der Peripherie des Eies; es scheint also das Fehlen dieser eigenthümlichen Bildung nicht auf Rechnung der Konservirung ge- schrieben werden zu können. Die Spermatozoenentwicklung geht bei allen bisher unter- suchten Echinodermen auf direktem Wege vor sich in der Reihe: Spermatogonien — Spermatocyten — Spermatiden — Spermatozoen, wie es durch Jensen (9), Pıcrter (22), Cu£nor (A) und Fırın (5) gezeigt wurde. Cucumariaglacialis weichthierin vonallen übrigen Echi- nodermen — so weit sie bis jetzt untersucht wurden — ab, indem die Spermatogonien sich hier zu ungemein großen und schönen Spermatogemmen entwickeln (Fig. 23). Der Kern der Spermatogemme misst 0,08—0,1 mm, die Schwanzfäden 0,5—0,6 mm. Schon äußerlich kann man an den reifen Genitalschläuchen sehen, ob es ein Männchen oder Weibchen ist, indem die Genitalschläuche des Männchens einzelne große Anschwellungen zeigen, die fast durch- sichtig sind, während die Genitalschläuche des Weibchens perlschnur- artig sind. Diese Anschwellungen sind von Spermatogemmen gefüllt. Sehr sonderbar ist es, dass man nur dieses Stadium findet. Ich habe Hunderte von Spermatogemmen gesehen, aber kein einziges ganz reifes Spermatozoon und kein einziges jüngeres Stadium. Nur kann man einzelne Kerne zwischen den Spermatogemmen frei liegend finden, besonders in der Nähe der Wand des Schlauches. Es können diese wohl nur junge Spermatogonien sein; sie haben dieselbe Größe wie die im inneren Epithel liegenden Zellen. In den Anschwellungen ist das Epithel sehr verdünnt, bisweilen nur einschichtig, und ohne Falten, wie JENSEN (9) bei Cucumaria frondosa gefunden hat. Gegen die Enden der Anschwellungen wird es mehrschichtig und gefaltet, und in den Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 47 ib © Th. Mortensen, nicht angeschwollenen Partien ist es so dick, dass das Lumen des Schlauches fast verschwunden ist. Was Cu£xor (2, p. 120 f.) bei den Asteriden als Spermatogemmen beschreibt und abbildet, ist nicht das- selbe wie die Spermatogemmen der Cucumaria glacialis: Die einzelnen Spermatozoen sind dort nicht auf demselben Entwicklungsstadium — »le developpement marche de bas en haut, de sorte que les noyaux les plus terminaux sont aussi les plus avances; on peut suiyre tout le developpement du spermatoblaste sur un meme spermatosphere«. Die Asteriden scheiden sich also nur dadurch von den übrigen Echino- dermen, dass die aus den Spermatogonien hervorgehenden Spermato- cyten zusammen liegen bleiben, während sie sich bei den übrigen Echinodermen ganz unregelmäßig lagern. Der Unterschied zwischen diesen Gebilden und den eigentlichen Spermatogemmen liegt darin, dass die Kerntheilungen, wo Spermatogemmen sich bilden, gleich- zeitig vor sich gehen, während sie sonst nicht gleichzeitig erfolgen. Es können diese Gebilde der Asteriden also nicht als eigentliche Spermatogemmen angesehen werden, es ist nur eine geringe Modifika- tion des gewöhnlichen Typus. — Eine Genitalpapille findet sich nicht bei Cucumaria glacialis. Die ungewöhnliche Größe der Eier — 4 mm — steht in genauer Verbindung mit der interessanten Eigenthümlichkeit dieser Art, die Entwicklung der Jungen in Bruttaschen. Es gebührt Levinsen das Verdienst dies entdeckt zu haben (14). Er beschreibt zwei Taschen, die jederseits des ventralen Radius liegen, nahe dem Vorderende, und die Eier und Jungen von verschiedener Größe enthalten. An einem 27 mm langen Exemplar {die Tentakel mitgemessen) waren die Brut- taschen 8 mm, an einem 30 mm langen (die Tentakel eingezogen) waren sie 13 mm. Nur an diesem größten Exemplar fand er äußere Öffnungen, und glaubt, dass der weniger entwickelte Zustand, in dem der Inhalt der Taschen sich bei den kleinsten Exemplaren befand, eine genügende Erklärung des Fehlens der Ausfuhröffnungen sei (14, p. 386). Die klein- sten Jungen waren 3 mm, die größten 5!/; mm. Die Haut dieser Jungen war schon mit zahlreichen zerstreuten Kalkkörpern versehen. Von dem inneren Bau der Jungen werden nur die Respirationsorgane besprochen, indem sie als zwei kleine abgerundete, ungleich große Aussackungen des Darmes beschrieben werden. Wie die Taschen sich bilden, und wie die Eier hineingelangen, darüber wird nichts mitgetheilt. Eine Verbindung zwischen Bruttaschen und Genitalschläuchen wurde nicht aufgefunden. Mehr findet man nicht in der Litteratur über diese Art. Ein sehr ähnliches Verhältnis ist indessen von Lanperr an der antarktischen Zur Anatomie und Entwicklung der Gueumaria glacialis (Ljungman). 77 Cucumaria laevigata (Verr.) beschrieben worden. In seiner ersten Mit- theilung (12) (wo sie Gucumaria crocea Less. genannt wird) beschreibt er die zwei Bruttaschen, die jederseits des ventralen Radius, etwas hinter der Mitte, liegen, und vermuthet, die Geburt finde durch Ruptur der Leibeswand statt. Bei einem Exemplar lagen die Bruttaschen »zwischen zwei ventralen Längsmuskeln«. Bei zwei Exemplaren war jeder Beutel noch einmal in eine kleinere und eine größere Abtheilung geschieden, welche mit einander in Verbindung standen. Die Haut des Beutels enthält die gleichen Körper wie die Körperwandung, als deren Einstülpung der Beutei daher erscheint. Die Größe der enthaltenen Embryonen war 1!/,—4!/, mm. Er behält sich nähere Details über die in den Beuteln gefundenen Embryonen und die noch in den Genital- schläuchen verschiedener Größe befindlichen Eier vor; indessen ist noch nichts darüber erschienen. In seiner späteren Mittheilung (13), in der die Art richtig als Cucumaria laevigata Verr. angesehen wird, giebt Lamperr an, dass der Ausführungsgang der männlichen Geschlechts- organe auf einer kleinen Papille mündet. Die Lage der Bruttaschen wird nun auf 6 mm vor der Insertion der Retraktoren, näher dem Kopf- ende, angegeben. Die darin enthaltenen Eier sind ungefähr I mm groß. Eine Verbindung der Bruttaschen mit den Geschlechtsorganen konnte nicht nachgewiesen werden. Es ist sehr interessant, dass diese merkwürdige Brutpflege fast identisch bei einer arktischen und einer antarktischen Form vorkommt, während sonst etwas Ähnliches nicht vorzukommen scheint. Über sonstiges Vorkommen von Brutpflege bei Holothurien muss auf Lupwıs (17, p. 407) hingewiesen werden. Am genannten Ort spricht Lupwie die Vermuthung aus, es öffne sich wieder ein Porus für das Aus- schlüpfen der Jungen an der Stelle, wo die Öffnung lag, durch welche die Eier aufgenommen wurden. Die Vermuthung Lunwie’s (17, p. #10), es gelte die Angabe Farrıcıus’ über Holothuria pentactes, dass sie vivi- par sei, der Cucumaria minuta Levinsen’s (also Cucumaria glacialis), ist unrichtig. Holothuria pentactes ist nach Lürkex (19, p. 2) ein Syno- nym von Cucumaria frondosa, die indessen nicht vivipar ist. Gucumaria glacialis ist bisher nicht bei Grönland gefunden und wird sich wohl kaum da finden, da die grönländische Fauna wenigstens auf geringeren Tiefen schon recht gut untersucht worden ist. Was es eigentlich ist, das FaBrıcıus gesehen hat, lässt sich vorläufig nicht sagen — vielleicht könnte man einen Schmarotzer darin vermuthen. — Es soll nun die Entwicklung und der Bau der Bruttaschen beschrieben werden, so weit es erkannt wurde. Bei ganz jungen Weibchen von ca. A2 mm Größe findet man jeder- 47% nn en er TS Th. Mortensen, seits des ventralen Radius ein kleines rundes Gebilde, das in die Leibeshöhle hineinragt, gleich hinter dem einstülpbaren Theil der Haut. Das ist das erste Entwicklungsstadium der Bruttaschen, das zum Vor- schein kam. Fig. 24 stellt ein solches dar; der Schlundkopf ist nach vorn geschlagen. Fig. 17 zeigt ein späteres Stadium; die eine Tasche ist in der Mitte etwas eingeschnürt, eiwa wie Lımrert bei einigen Exemplaren von Cucumaria laevigata gefunden hat. Fig. 25 zeigt die Bruttaschen eines erwachsenen Exemplars. Auch hier findet sich eine kleine Aussackung am oberen Ende der einen Tasche. Solche Aus- sackungen sind ganz zufällig. ohne morphologische Bedeutung, und nur durch die zufällige Lagerung der Eier hervorgerufen: ein Ei lag in der kleinen Aussackung auf Fig. 25. Nur an den größten Exemplaren sind äußere Öffnungen direkt zu erkennen (Fig. 26). Auf Schnitten sieht man indessen, dass sie auf allen Stadien eine Öffnung besitzen, was ganz einfach aus der Entstehungsweise folgt, indem sie, wie LAmpErT vermuthet, Einstülpun- gen der Haut sind. Wenn man die Öffnungen auf den kleineren Thieren nicht sehen kann, rührt das einfach von der Kleinheit der Öffnungen her; außerdem werden sie wohl immer kontrahirt sein. Die Vermuthung Lupwig’s, dass sie sich, wenn die Jungen zur Geburt reif wären, aufs Neue öffnen, ist also unrichtig — sie sind niemals geschlossen. Die allerersten Stadien kamen freilich nicht zur Beobachtung, das Resultat kann indessen nicht zweifelhaft sein. a Am Rande der Öffnung wird die Haut plötzlich verdünnt (Fig. 27 und 10). Am Hinterrande der Öffnung scheint es, als fange diese Ver- dünnung schon ein Stückchen vor der Ausführungsöffnung an. Das ist jedoch nur eine Folge der Kontraktion, indem die hintere Seite sich etwas vorgewölbt hat. An dem eingebuchteten Rande ist das Epithel der Haut sehr kräftig ausgebildet (Fig. 10), und die Kerne in mehreren Lagen geordnet, doch — so weit es zu sehen war — nur ein einschich- tiges Epithel. Am Querschnitte durch den Außenrand der Öffnung tritt dieses Epithel als ein ringsverlaufender Wulst hervor (Fig. 28). Auf Fig. 10 ist deutlich zu sehen, dass die verschiedenen Schichten der Haut sich direkt in die Haut der Bruttaschen fortsetzen; nur die Binde- gewebsschicht ist viel dünner, indem ihr äußerer mit Kalkplatten ver- sehener Theil hier entweder ganz dünn ist oder ganz fehlt — das kann nicht entschieden werden, da die zwei Bindegewebsschichten nicht so scharf von einander gesondert sind. — Kalkplatten fehlen ganz in der Haut der Bruttaschen. Die Quermuskeln der Haut setzen sich direkt an die Haut der Bruttaschen fort und bilden hier eine deutliche Ringmuskelschicht. Zur Anatomie und Entwicklung der Gucumaria glacialis (Ljungman). 719 Der obere Theil der Tasche ist immer verschmälert und bildet einen Ausführungsgang. Die Haut ist hierin kontrahirt, so dass das innere die Bruthöhle begrenzende Epithel in Falten liegt (Fig. 29). Wenn die Jungen heraus sollen, müssen sie sich selbst den Weg bahnen, indem sie den Ausführungsgang erweitern müssen. Das Mutterthier kann nicht selbst den Gang erweitern, da nur Ring- muskeln vorhanden sind. Es müssen also die Jungen so lange in der Bruthöhle verweilen, bis sie groß genug sind um den Gang erweitern zu können. Doch wissen wir nicht, wie weit der Gang wird, wenn die Ringmuskeln erschlafft werden, was sie wohl werden, wenn die Jungen herauskriechen. In der eigentlichen Tasche ist die Haut sehr dünn, das Epithel recht deutlich einschichtig (Fig. 30). Die Bindegewebsschicht ist sehr dünn, und die Ringmuskeln nicht deutlich an Schnitten. Flächenpräpa- rate zeigen indessen, dass sie überall vorhanden sind. Auf einigen Stellen, meistens wo ein Junges die Wand berührt, ist das Epithel viel dicker und etwas gefaltet (Fig. 31). Man könnte versucht sein hier eine secernirende Funktion zu vermuthen, zumal man in den Taschen eine schleimige Substanz findet, die auf den Schnitten als eine feinkörnige Masse erscheint (Fig. 31). Von einem Ernährungssekret kann jedoch kaum die Rede sein; man findet nämlich dieselbe körnige Masse in der Leibeshöhle der Jungen, die sich in der Tasche befinden, nicht aber in deren Darmlumen. Bei der Schilderung dieses späteren Stadiums der Entwicklung wird es auch bewiesen werden, dass keine Ernährung auf diese Weise stattfindet — jedenfalls auf den späteren Entwicklungsstadien. Die zwei Taschen sind von einander ganz unabhängig, ohne Verbindung unter einander. Fig. 27 stellt einen Längsschnitt durch eine 5 mm lange Bruttasche mit zwei weit ent- wickelten Jungen dar. Über die morphologische Bedeutung der Bruttaschen hat Lamperr eine sonderbare Anschauung ausgesprochen, indem er sie mit den Bursen der Ophiuren homologisirt; er sagt: dass »nach Nachweis ähn- licher Bruttaschen bei einer Holothurie unterscheidet dieser Charakter nicht länger die Ophiuriden scharf von den übrigen lebenden Echino- dermen«(12,p. 15). Eine solche Homologisirung ist absolut unberechtigt. Die Bruttaschen bei Cucumaria glacialis und laevigata sind Neugebilde, die nur mit der eigenthümlichen Brutpflege dieser zwei Arten in Zu- sammenhang stehen, und keine vergleichend-morphologische Bedeutung haben. Falls sie eine solche haben sollten, müsste man sie bei allen Holothurien finden, oder wenigstens Spuren davon. Nun findet man sie indessen nur bei zwei unter der großen Menge bekannter Holo- BE er nm m in ° nam 0 0 eg a ne ar a 720 Th. Mortensen, thurien — sie können dann unmöglich den Bursen der Ophiuren homo- log sein. Auf der Serie, aus der die Fig. 29—31 genommen sind, waren in, der Bruthöhle außer den zwei Jungen noch einige sonderbare, meistens zusammengerollte Fäden zu sehen, die im oberen Ende der Höhle lagen (Fig. 29). Zwischen den Fäden waren einige wenige Kerne zu sehen. Was sie sind, kann ich nicht sagen. Am nächsten läge es zu vermuthen, es seien Spermatozoen. Keiner der Kerne war aber mit einem Faden in Verbindung. Bisweilen schien es, als lägen die Kerne in einer Röhre, deren Ränder dann die Fäden darstellen sollten. — Nur in einer der Bruttaschen waren sie zu sehen, es muss also etwas der Bruttasche Fremdes sein. Wir kommen nun auf eine andere, sehr dunkle Frage: Wie ge- langen die Eier in die Bruttaschen hinein? Sowohl L£vinsen als LAmPpErT haben vergebens nach einer Verbindung zwischen Bruttaschen und Geschlechtsorganen gesucht, und ich muss nun bestimmt sagen, dass eine solche Verbindung nicht existirt. Die Eier müssen also zuerst abgelegt und dann später in die Taschen von außen her ge- bracht werden; — denn dass die Eier selbst durch amöboide Bewe- gungen darin anlangen sollten, wird wohl Niemand annehmen. Aber wie werden sie hineingebracht? Dass das Thier sie mit den Tentakeln hineinbringen könnte, ist ganz unwahrscheinlich. Die Tentakel sind wegen der Kalkkörper ziemlich starr, und würden auch die Öffnungen der Taschen kaum erreichen können. Es ist auch nicht einzusehen, wie die Eier festgehalten werden könnten. Am wahrscheinlichsten dünkt es mir, dass es auf folgende Weise geschehe: Die Eier werden am Meeresboden abgelegt, und das Thier kriecht dann darüber hin und nimmt sie in die Taschen auf — durch die Ringmuskeln der Taschen können wohl solche Bewegungen gethan werden, dass die Eier hinein- gelangen können. — Dass die Bruttaschen sich an der Bauchseite öffnen, kann sehr gut mit der dargestellten Vermuthung stimmen. Es würde also etwa auf die Weise vor sich gehen, wie die Urodelenweibehen nach ZELLER die Spermatophoren aufnehmen. Direkte Beobachtung muss natürlich konstatiren, wie sich die Sache verhält. So lange wir nicht wissen, wie die Eier der cheilostomen Bryozoen in die Oöecien hineingelangen, wo keine Verbindung zwischen Oöcien und Zoöcien existirt (15), können wir auch in dem vorliegenden Falle nichts Be- stimmtes sagen — es wäre ja möglich, dass sowohl hier als beiden Bryozoen etwas ganz Ungeahntes vorläge. Wenn man die Jungen in den Bruttaschen eines großen Thieres betrachtet, sieht man bald, dass nur zwei oder drei Entwicklungsstadien | | | Zur Anatomie und Entwicklung der Gueumaria glacialis (Ljungman). 721 vorkommen, durch keine Zwischenstadien verbunden, wie viele Jungen auch in den Taschen sind. Unter allen den Jungen, die ich gesehen habe, waren nur drei weit von einander geschiedene Stadien repräsen- tirt. Wohl kann man sehr kleine Unterschiede in dem Entwicklungs- grad der verschiedenen Individuen von fast derselben Größe finden, doch sind sie immer so gering, dass sie gar nicht Zwischenstadien repräsentiren können. Es muss das wohl auf die Rechnung eines kleinen Zwischenraumes zwischen der Befruchtung dieser und der an- deren etwa auf demselben Stadium stehenden Individuen geschrieben werden. Bei den mir vorliegenden Exemplaren fanden sich, wie gesagt, nur drei weitgeschiedene Stadien. Wie ist nun diese sonder- bare Thatsache zu erklären? Bei den Männchen wurde ein ganz ähnliches Verhältnis beobachtet: alle die Spermatozoen, die sich in den Genitalschläuchen fanden, waren genau auf demselben Entwicklungsstadium, nur Spermatogemmen, aber kein reifes Sper- matozoon und kein jüngeres Entwicklungsstadium wurde gefunden. Nur eine Erklärung scheint möglich: die Bildung der Geschlechts- stoffe findet bei Gucumaria glacialis nur zu bestimmten Perioden statt, von Zeiträumen unbekannter, jedoch nicht langer Dauer unterbrochen. Nur in den weiblichen Genital- schläuchen fanden sich verschiedene Entwicklungsstadien der Eier bei demselben Individuum, indem alle Stadien vom reifen bis zum ganz jungen Ei in demselben Schlauche zu sehen waren. Dies scheint gegen die periodische Entwicklung der Geschlechtsstoffe zu sprechen, die oben angeführten Thatsachen scheinen dagegen diese Annahme gerade zu erfordern. — Auch hier muss die direkte Beobachtung entscheiden. II. Entwicklung. Wie schon oben genannt, waren nur drei verschiedene Entwick- lungsstadien unter allen den in den Taschen vorhandenen Jungen repräsentirt. Es konnte also nur ein geringer Theil der Entwicklung studirt werden. Nur die Furchung konnte ziemlich vollständig erkannt werden; von der Bildung der verschiedenen Organe konnte nur etwas über die Geschlechtsorgane gesehen werden. Indessen scheint das Wenige, das bekannt wurde, von recht großem Interesse zu sein, und da man nicht Aussicht hat, in einer näheren Zukunft neues Material zu bekommen, soll es hier mitgetheilt werden. Die Furchung. Bei allen Echinodermen, deren Entwicklung bis- her bekannt wurde, ist die Furchung total, die ersten Entwicklungs- stadien verlaufen sehr regelmäßig, und die Urdarmbildung geschieht durch Invagination. Die einzige bisher bekannte Ausnahme ist Amphiura 122 | Th. Mortensen, squamata, bei der das Entoderm durch Delamination gebildet wird, was besonders durch Russo festgestellt wurde (23, p. 405). Cucumaria glacialis bietet dann ein unter den Echinodermen ganz einzig dastehen- des Verhältnis. Wegen der Größe und Undurchsichtigkeit der Eier lässt sich die Furchung nur auf Schnitten studiren. Ein Schnitt durch einen ganz jungen Embryo ist auf Fig. 32 dargestellt. Am Rande findet sich rings eine ganz homogene Dottersubstanz; in der Mitte sind dagegen zweierlei Gebilde zu sehen, erstens kleine, scharf hervortretende und tief gefärbte Pünktchen — das sind die Furchungskerne, und zweitens größere, matt gefärbte runde Körper, oft von einem ganz klaren Ringe umgeben — das sind Doiterkugeln, die übrigens schon auf dem im Ovarium liegenden reifen Ei, obwohl sparsam, auftreten (Fig. 22). Die klaren Ringe rühren von Schrumpfungen her, sind also nur leere Räume. — Genau dasselbe Bild gaben die Schnitte der an- deren auf demselben Stadium stehenden Embryonen. Wir haben dann hier einen unter den Echinodermen bisher unbekannten Modus der Furchung: nur die Kerne theilen sich, und bleiben dann im Inneren des großen, ungefurchten Dotters liegen, ganz unregelmäßig geordnet. Von dem folgenden Stadium habe ich nur eine Schnittserie. Es war hier schon die Organbildung angefangen, indem an dem einen Ende einige Höhlungen und Kernhaufen zu sehen waren. Da indessen der Embryo auf diesem Stadium noch ohne äußerlich deutliche Sonderung von verschiedenen Regionen war, konnte er bei Schnitten nicht be- stimmt orientirt werden, und es war desshalb unmöglich die verschie- denen Organanlagen zu deuten. Indessen gab diese Schnittserie Er- klärung über die späteren Furchungsstadien. Fig. 33 stellt einen Schnitt durch einen Embryo auf diesem Stadium dar, ein wenig sche- matisirt, aber in genauer Übereinstimmung mit dem auf der Serie thatsächlich gesehenen. Die Zellkerne liegen nun fast alle an der Peripherie und bilden hier eine Zone, die von der innerhalb liegenden Dottermasse recht scharf gesondert ist, indem sie einen anderen Farben- ton hat als der Dotter. An zwei einander gegenüber liegenden Stellen sind die Kerne (und Zellen) in mehreren Schichten geordnet. So weit ich sehen konnte, sind es Zellstreifen, die aus dem Ort, wo die eigentliche Organbildung vorzugehen scheint, nach hinten verlaufen. Im Übrigen liegen die Zellen zum Theil einschichtig — ein kleines Stück ist stärker vergrößert in Fig. 34 dargestellt — zum Theil deutlich in zwei Schiehten geordnet (Fig. 35 stellt ein solches Stückchen dar). Zellgrenzen waren an einigen Stellen deutlich zu sehen (Fig. 35 und 36). Die Kerne sind nun deutlich größer als auf dem ersten Stadium, doch nicht alle. Fig. 36 zeigt Zur Anatomie und Entwicklung der Gucumaria glacialis (Ljungman). 723 noch einige kleine Kerne von derselben Größe wie auf dem vorigen Stadium, zwischen denen von der in diesem Stadium gewöhnlichen Größe; sie scheinen also, indem sie nach der Peripherie wan- dern, allmählich an Größe zuzunehmen. Der Dotter bietet auf diesem Stadium ein sehr sonderbares Aus- sehen, indem er zur Hälfte in große Kugeln zerfallen ist. Sie färben sich stärker als die übrige Dottermasse. Zwischen diesen Dotterkugeln liegen noch einige Kerne, um die man bisweilen ein helles Plasma sehen kann. Es sind ohne Zweifel Zellen, die als Vitello- phagen fungiren werden. Auf dem folgenden Stadium, Junge von 3—5 mm, findet man wieder dieselben Dotterkugeln. Sie liegen nun zerstreut überall in der Haut (Fig. 37), in der Darmwand, in den Wassergefäßkanälen, in der Leibeshöhle. Die in der Leibeshöhle liegen- den Dotterkugeln liegen fast konstant als ein kleines Häufchen im vor- deren Ende des Thieres, und man trifft hier noch Vitellophagen da- zwischen (Fig. 38). Es waren nicht gleich viele Dotterkugeln bei den verschiedenen Jungen dieses Stadiums vorhanden, was sich ganz einfach daraus erklären lässt, dass sie bei den Individuen, wo nur wenige vorhanden waren, schon zur Ernährung des Thieres verwendet waren. Dagegen waren keine Dotterkugeln selbst bei den jüngsten der freilebenden Individuen zu finden. Nach dem eben Dargestellten muss die spätere Entwicklung also folgendermaßen vor sich gehen: Die Furchungskerne wandern, indem sie an Größe zunehmen, gegen die Peripherie des Eies und lagern sich hier als ein Epithel, das Ektoderm. Es ist also eine superficielle Furchung, wie sie bei Arthropo- den vorkommt. — Ob die unter dem Epithel liegende Schicht das Entoderm bildet, konnte nicht entschieden werden, eben so auch nicht, ob sie ebenfalls durch nach außen wandernde Zellen gebildet wird, oder durch Zellen, die aus der Theilung der Zellen der äußeren Schicht hervorgehen. Der Dotter zerfällt theilweise (oder ganz?) in große Dotterkugeln, diein die verschiedenen sich bilden- den Organe zu liegen kommen und ihnen zur Ernährung dienen. Einige bleiben in der Leibeshöhle liegen und wer- den hier von Vitellophagen absorbirt. Das dritte Entwicklungsstadium, das gefunden wurde, ist von fast ganz entwickelten jungen Thieren repräsentirt (Fig. 39). Die zehn Tentakel sind schon vorhanden und etwa vier Saugfüßchen sind in jeder Reihe ausgebildet. Die Haut ist ganz dicht mit jungen Kalk- körpern versehen, die nur die in Fig. 8 dargestellten Stadien repräsen- tiren; nur die Analzähne sind größer, sie werden also vor den anderen nie ine mn mn nn m mn en - nn in ea mn een TEE ESSTISCH PRESSE EERNENEEREE ELSE NEEEEINEUREEERBEEENDEAEEESENIEESEEEIREZUERSO nenn As 724 £ Th. Mortensen, Kalkkörpern der Haut angelegt. Eben so zeigen die Kalkplatten im Vorderende etwas weitere Stadien. In den Ambulacralanhängen finden sich noch keine Kalkkörper. Der Kalkring ist schon ziemlich weit ent- wickelt, Radialia und Interradialia deutlich verschieden. Der Retrak- tormuskel ist noch nicht abgespaltet, aber sehr nahe dabei, wie Fig. 14 zeigt. Das Wassergefäßsystem ist schon vollständig ausgebildet, die elastische Membran schon deutlich. Der Steinkanal öffnet sich noch nach außen. Der Darmkanal zeigt die typischen Windungen und ist schon in die verschiedenen Abschnitte gesondert, nur der kleine aus- geweitete Endabschnitt ist noch nicht recht deutlich, wie aus den Fig. 39 und 40 zu sehen ist. Die Respirationsorgane sind nur zwei kleine, ungleich große Aussackungen des Darmes (Fig. 40). Das Nerven- system ist auch schon vollständig ausgebildet. Blutgefäßsystem und Geschlechtsorgane sollen unten besprochen werden. Die Größe dieser Jungen war 3—5 mm. Dieser große Unterschied in der Größe rührt von der Kontraktion her, indem einige — wie der auf Fig. 39 gezeich- nete — ganz ausgestreckt, andere mehr oder weniger kontrahirt sind. In Hinsicht auf die Entwicklungsstufe der inneren Organe waren sie alle fast genau auf demselben Stadium. Bei diesen Jungen ließ sich ein sehr sonderbares Verhalten kon- statiren, nämlich dass der Mund geschlossen ist. Sowohl auf Längs- als auf Querschnitten war das deutlich. Fig. 41 stellt einen Längsschnitt durch das vordere Ende eines Jungen dar. Am Außen- rande des Mundes liegt eine Verschlussplatte, die eine direkte Fort- setzung der umgebenden Haut ist. Wie und wann sie sich bildet, konnte natürlich nicht an dem einen Stadium gesehen werden. Die Jungen können also jedenfalls auf diesem Stadium keine Nahrung von außen her aufnehmen, und wahrscheinlich muss die ganze Entwicklung auf Kosten des Dotters vor sich gehen — der ist ja aber auch recht groß. Die Thatsache, dass der Mund geschlossen ist, in Verbindung mit der oben angeführten, dass die schleimige Flüssigkeit der Taschen auch in der Leibeshöhle der Jungen sich vorfindet, macht es sehr wahrschein- lich, dass diese Flüssigkeit keine Ernährungsflüssigkeit sein kann, und dass die Bruttaschen überhaupt keine Ernährungsfunktion haben; sie leisten den Jungen nur Schutz. Wann die Verschlussplatte ver- schwindet (resorbirt wird), lässt sich nicht bestimmt sagen; da aber keins der in den Bruttaschen sich befindlichen jungen Thiere über 5l/, mm groß ist, muss man wohl vermuthen, es geschehe etwa bei einer Größe von ca. 6 mm, wenn der Dotter ganz aufgespeist ist. Bei dieser Größe werden die Jungen alle Organe fertig ausgebildet haben — vielleicht die Geschlechtsorgane ausgenommen — und sie werden Zur Anatomie und Entwicklung der Gucumaria glacialis (Ljungman). 725 nun im Stande sein ein selbständiges Leben zu führen. Wahrschein- lich kriechen die Jungen dann sogleich heraus — jedenfalls werden sie es gewiss nicht eher thun, denn mit einem geschlossenen Munde wür- den sie eben nicht sehr angenehm gestellt sein. Man könnte vielleicht daran denken, es sei dieses Verhältnis etwas Ähnliches wie das bei den Aurieularien bekannte Puppenstadium. Ich glaube indessen dies bestimmt in Abrede stellen zu müssen. Bei Synapta, wo dieses Puppenstadium sich typisch findet, ist der Mund während dieses Stadiums nicht geschlossen, und auch bei keiner an- deren Holothurie ist etwas Ähnliches bekannt. Es scheint danach ganz ohne Analogie und muss ein rein biologisches Verhalten sein, das von den besonderen Verhältnissen, worunter die Entwicklung vor sich geht, hervorgerufen ist. Hiermit steht natürlich auch in Verbin- dung, dass kein eigentliches Larvenstadium vorhanden ist, was man wohl sicher sagen kann, obgleich nicht alle Entwicklungs- stadien beobachtet sind — der große Dotter muss ein solches unmög- lich machen. Dass es von keinem Nutzen sein würde, ist nicht für sich allein Grund genug um dies anzunehmen. Bewimperung war auch nicht zu sehen; das kann aber von dem Konservirungszustand her- rühren, so dass es wohl möglich ist, dass sie sich wirklich findet. Bei Cucumaria laevigata wird die Entwicklung wahrscheinlich auf ähnliche Weise vor sich gehen. Nach Lamrerr sind die Eier I mm groß, müssen also auch sehr dotterreich sein, und da sie unter den gleichen Verhältnissen sich entwickeln, werden sie wahrscheinlich denselben merkwürdigen Furchungsmodus zeigen. Von der Entwicklung der einzelnen Organe wurde nur die der Geschlechtsorgane einigermaßen verfolgt. Die allerersten Stadien wurden nicht gesehen. Indessen ist bisher nur sehr wenig über die Entwicklung der Geschlechtsorgane der Holothurien bekannt, so dass die Beobachtungen an Cucumaria glacialis, obgleich unvollständig, mir nicht ohne Interesse scheinen. Bei SELENkA (25) finden wir die ersten Bemerkungen darüber; er vermuthet, sie werden aus einem Theil der Mesenchymzellen gebildet. Später spricht Semon (29) die Vermuthung aus, dass die Genitalschläuche durch sackartige Einstülpungen der Cölomwandung in die Leibeshöhle entstehen. Die Ausstülpungen seien von solidem Mesenchymgewebe ausgefüllt, in welchem das Lumen des Genitalschlauches als ein Schizo- cölraum entstehe. Die Bildungszellen der Geschlechtsprodukte sollen vom äußeren Cölomepithel des Genitalschlauches stammen und die übrigen Schichten des Schlauches durchwandern, um in den Hohlraum 7200 Th. Mortensen, des Schlauches zu gelangen. Erst später bilde sich die äußere Genital- öffnung. Wirkliche Beobachtungen liegen nur von H£rovarn und Gu£xor vor. Hi£rouarn beschreibt die Entstehung der Geschlechtsorgane folgendermaßen (8, p. 676): Von einem Zellenhaufen, der im Binde- gewebe des Mesenteriums an dem Genitalgefäß liegt (ntangentiellement au canal genital amoebophore«), ohne besondere Epithelialbekleidung, wachsen die Genitalschläuche hervor, indem sie das Bindegewebe des Mesenteriums vor sich herschieben. Die Zellen des Mesenteriums ver- mehren sich, um mit dem Wachsthum der Schläuche Schritt zu halten. Später entsteht ein Hohlraum in der Mitte des Haufens, indem die Zellen aus einander weichen, bis sie zuletzt nur ein einfaches Epithel bilden. Leider giebt er keine Figuren davon. Gutnor’s Beobachtungen (3, p. 583) wurden auf schon älteren Sta- dien angestelit, indem schon vier bis fünf kleine Genitalschläuche an dem jüngsten von ihm gesehenen Stadium vorhanden waren. Er sagt, »tout se passe, comme si les cellules initiales des organes genitaux talent placces A Tinterieur de la lacune marginale« — was auch aus seiner Figur hervorgeht. — Mehr liegt meines Wissens nicht über die Entstehung der Geschlechtsorgane der Holothurien vor. Ein genaues Studium von deren ersten Entstehung würde von großem Interesse und Bedeutung sein. Ich erwartete bei der Untersuchung der mir vor- liegenden Jungen von Cucumaria glacialis die erste Entstehung der Geschlechtsorgane klar legen zu können, besonders das Verhalten zwi- schen dem dorsalen Organ und den Geschlechtsorganen. Leider war es unmöglich wegen der Konservirung. Indessen werde ich doch die wenigen Beobachtungen, die ich machen konnte, darstellen, da nur so wenige Angaben darüber vorliegen. Vorläufig kann ich jedoch nicht daran zweifeln, dass die Geschlechtsorgane hier wie bei den übrigen Echinodermen von dem dorsalen Organ stammen, indem die Urkeimzellen sich in diesem Organ ausbilden und von da an in die Geschlechtsorgane hineinwandern. Beweisen kann ich es aber nicht. Das erste Stadium, das zur Beobachtung kam, entspricht dem von H£rovarn beschriebenen. Auf Fig. 42 ist ein Querschnitt durch die Genitalanlage auf diesem Stadium dargestellt; ein Häufchen von Zellen, in deren Mitte ein Schizocölraum eben aufgetreten ist, trennt die zwei Mesenteriallamellen von einander. Diese sind verdickt, und eine leb- hafte Wucherung findet offenbar statt. Die ganze Genitalanlage ist herzförmig, die Spitze nach hinten gerichtet, wie aus den auf einander folgenden Schnitten hervorgeht. Fig. 43 ist einem vertikalen Längs- schnitt entnommen. Der Steinkanal ist zweimal getroffen, darunter Zur Anatomie und Entwicklung der Gueumaria glacialis (Ljungman). 727 ” kommt die Genitalanlage, die also unmittelbar hinter dem Steinkanale liegt. Eine Verbindung zwischen der Genitalanlage und dem dorsalen Organ war nicht zu sehen, denn es war überhaupt keine Spur des Blutgefäßsystems oder des dorsalen Organs bei diesen Jungen zu ent- decken, was sicher auf die Rechnung der Konservirung geschrieben werden muss. Dass es wirklich schon auf diesem Stadium vorhanden ist, kann gewiss keinem Zweifel unterliegen, da sonst alle Organe so weit ausgebildet sind. Auch bei den Erwachsenen war das Blutgefäß- system sehr undeutlich in den Schnitten, geschweige denn bei den Jungen. Man kann also diesen Fall nicht als Zeugnis gegen die Ab- stammung der Geschlechtsorgane von dem dorsalen Organ ansehen. Die Vermuthung Srmon’s, es stammen die Geschlechtszellen vom äuße- ren Cölomepithel, ist absolut unrichtig, wie aus den zahlreichen An- gaben darüber hervorgeht, und wie ich auch bestätigen muss; sie gehen aus dem inneren Epithel hervor. Aber die Herkunft dieser Epithel- zellen bleibt noch zu erklären. Fig. 4% stellt ein etwas späteres Stadium dar: zwei Genitalschläuche sind schon hervorgewachsen, aber keine Spur des Ausführungsganges ist zu sehen. Fig. 39 und 40 zeigen dasselbe Entwicklungsstadium. Der Ausführungsgang muss dann längs der Unterseite des Steinkanals emporwachsen, und bei dieser Gelegenheit muss die Verwachsung des Steinkanals mit dem Ausführungsgang stattfinden, indem der Ausfüh- rungsgang sich zwischen den Steinkanal und die Haut schiebt. Es ist dann leicht zu verstehen, warum das Madreporenköpfchen immer an der inneren, gegen den Darm sich wendenden Seite des Ausführungsganges verwachsen ist. — Die später hervorwachsenden Schläuche sprossen immer oralwärts von den erst vorhandenen hervor, so dass die hintersten immer dieältesten und längsten sind. Fig.A5 zeigt dies sehr deutlich. Selbst an ausgewachsenen Exemplaren kann man das konstatiren. Die Genitalschläuche sprossen immer paar- weise hervor. Es möge zuletzt ein kurzes Resume folgen: Am Rande der großen Kalkkörper findet sich eine glatte, dünne Partie, die bewirkt, dass die Kalkkörper beim Zusammenziehen des Thieres etwas über einander gleiten können. Die Kalkkörper des vor- deren einstülpbaren Theiles der Haut sind alle mit ihrer Längsachse quer auf die Längsachse des Körpers gerichtet — nach dem Prinecip des geringsten Widerstandes beim Einziehen. Die Haut des einstülpbaren Theiles ist viel dünner und slhwächet als die übrige Körperhaut; denn da sie im eingezogenen Zustande 28. Th. Mortensen, nicht zum Schutz dient, braucht sie nicht so diek und fest wie die übrige Körperhaut zu sein. Das ganze Wassergefäßsystem ist von einer elastischen Membran umgeben. Dies scheint etwas allen Echinodermen Gemeinsames zu sein. Der Ausbildungsgrad der Membran in den Füßchen hängt wohl damit zusammen, wie die Thiere sie gebrauchen. Der Steinkanal ist mit dem Ausführungsgang der Geschlechts- organe verwachsen. Das dorsale Organ der Holothurien ist mit dem dorsalen Organ aller übrigen Echinodermen homolog. Die Spermatozoenentwicklung ist von der aller übrigen darin bekannten Echinodermen verschieden, indem große Spermatogemmen gebildet werden. Die Bruttaschen sind Einstülpungen der Haut, die immer nach außen offen sind. Von der Weise, in welcher die Eier in sie hineinkommen, lässt sich nur vermuthen, dass diese am Meeresboden abgelegt werden, und dass das Thier darüber hinkriecht und sie in die Taschen aufnimmt, etwa durch peristaltische Bewegungen der Ringmuskulatur der Aus- führungsgänge der Taschen. Eine direkte Verbindung zwischen Brut- taschen und Geschlechtsorganen existirt nicht. Die Geschlechtsstoffe werden zu bestimmten Perioden gebildet, die von Zwischenräumen unbekannter Länge, in denen keine Ge- schlechtsstoffe sich bilden, unterbrochen werden. Die Furchung der 1 mm großen Eier ist nicht total wie sonst bei den Echinodermen. Die Furchungskerne liegen zerstreut in der Mitte des großen ungefurchten Dotters, wandern dann unter Größenzunahme gegen die Peripherie und bilden ein Epithel, das Ektoderm. Es besteht also eine superficielle Furchung. Der Dotter zerfällt in große Kugeln, die man später in den verschiedenen Organen zerstreut findet, wo sie resor- birt werden, zum Theil durch besondere Viteilophagen. Bei den fast erwachsenen Jungen ist der Mund durch eine Zellenplatte verschlossen, so dass keine Nahrungsaufnahme auf diesem Stadium stattfinden kann. Im Ganzen genommen leisten die Bruttaschen den Jungen wahrschein- lich nur Schutz. Die Geschlechtsorgane entstehen im Mesenterium als ein kleiner Zellenhaufen, der zuerst ein Paar Genitalschläuche aussendet, später den Ausführungsgang. Die späteren Genitalschläuche kommen paar- weise oralwärts von den schon gebildeten hervor. Kopenhagen, im Januar 1894. = 4, ES 1 9 © Zur Anatomie und Entwicklung der Cucumaria glacialis (Ljungman). 729 Litteratur. H. Bury, Studies in the Embryology of Echinoderms. Quarterly Journ. of mier. Science. New Ser. XXIX. 4889. L. Cuenor, Contribution a l’etude anatomique des Asterides. Arch. de Zool. exper. et gener. 2 Ser. 5. Suppl. | . —— Etudes morphologiques sur les Echinodermes. Arch. de Biologie. XI. 4891. — ‚Notes. sur les Echinodermes. I. Oogenese et spermatogenese. Zool. Anz. 45. Jahrg. 1892. G. W. Fıerp, Echinoderm Spermatogenesis. Anat. Anzeiger. VIII. 4893. O0. Hamann, Beiträge zur Histologie der Echinodermen. Jena 4884—1889. ——— Die wandernden Urkeimzellen und ihre Reifungsstätten bei den Echino- dermen. Diese Zeitschr. Bd. XLVI. 1888. E. HErouArRD, Recherches sur les Holothuries des cötes de France. Arch. de Zool. exper. et gener. 2. Ser. VII. 4889. 9. 0. S. JEnsEen, Recherches sur la spermatog&@nese. Arch. de Biologie. IV. 1883. 13. . E. Jourpan, Recherches sur l’histologie des Holothuries. Annales du museum d’hist. nat. de Marseille. Zoologie. I. 1883, . E. KorscHheLt u. K. HEIDER, Lehrbuch der vergleichenden DEINER schichte der wirbellbsen Thiere. Jena 1890—1893. K. LaAmpert, Die Holothurien von Südgeorgien nach der Ausbeute der deutschen Polarstation im J. 4882 u. 4883. Jahrbuch.d. m wissensch. Anstalten. 3. Jahrg. 4886. —— Die während der Expedition S. M.S. » Gazelle« 4874—1876 von Professor Dr. Ta. Stuper gesammelten Holothurien. Zool. Jahrbücher. Abtheil. für Systematik. IV. 1889. . G.M.R. Levinsen, Karahavets Echinodermata. Dijmphna-Togtets zoologisk- botaniske Udbytte. Kjöbenhavn 1886. .„ —— Polyzoa. Det videnskabelige Udbytte af Kanonbaaden » Hauchs« Togter. Udgivet ved Dr. C. G. Jon. PETERsEn. Kjöbenhavn 1881. . A. W. Lıuneman, Förteckning öfver Spetsbergens Holothurider. Öfvers. af Kgl. Vetensk. Akads. Förhandlingar. Stockholm 4879. . H. Lupwıs, Echinodermen. I. Die Seewalzen. Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs. 4889—4892. . —— Zur Entwicklungsgeschichte der Elolsthinlon. Sitzungsber. der Berliner Akad. 4894, . Car. F. Lürken, Oversigt over Grönlands Echinodermata. Kjöbenhavn 14857. . E. W. MacBrivde, Development of Amphiura squamata. Quarterly Journ. of mier. Science. New Ser. 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VII. 1886—4 887, 29. —— Die Entwicklung der Synapta digitata und die Stammesgeschichte der Echinodermen. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Bd. XXI. 1888. 30. C. SEMPER, Reisen im Archipel der Philippinen, II. Theil. Bd. I. Holothurien. Leipzig 1868. 34, A. Stuxgers, Echinodermer frän Novaja Semljas Haf samlade under Norden- skjöldska Expeditionerna 4875 och 4876. Öfvers. af Kgl. Vetensk. Akad. s. Förhandlingar. Stockholm 4878. 32. —— Faunan pä och kring Novaja Semlja. Vega-Expeditionens vetenskapliga Jakttagelser. Bd. V. Stockholm 1887. 33. R. TEUSCHER, Beiträge zur Anatomie der Echinodermen. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Bd. X. 4876. 34. Hs. Tu£eL, Report on the Holothuroidea. I. Report on the scientific results of the voyage of H. M. S. Challenger. Vol. IV. 1882. 35. —— Report on the Holothuroidea. II. Ibid. Vol. XIV. 1886. 36. —— On the development of Echinocyamus pusillus. Scient. Upsala 1892. Nova Acta Reg. Soc. Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche Figuren, Fig. 33 ausgenommen, sind durch die Camera mit SEIBERT'S Mikroskop entworfen. In allen Figuren bedeutet: B.gew, Bindegewebe; B.R, Blutgefäßring; B.t, Bruttasche; D, Darm; D.k, Dotterkugeln; D.O, dorsales Organ ; E.a, Endanschwellung des Darmes; el.F, elastische Fasern ; el.M, elastische Membran; Ep, Epithel der Brutta- schen; ep.s, epineuraler Sinus; F.k, Fühlerkanal; F.K, Furchungskerne; G, Genitalorgane; G.a, Genitalanlage; G.f, Genitalgefäß; G.g, Genitalgang; G.s, Genitalschlauch ; H, Körperhaut; H', Körperhaut des Jun- sen; Ir, Interradiale J, Junge; K.b, Kiemenbäume; K.R, Kalkring; L.m, Längsmuskeln des Wassergefäßsystems;; L.M, Längsmuskel des Kör- pers; | M, Mesenterium; Md, Mundöffnung; Mg, Magen; M.k, Madreporenköpfchen ; N.r, Nervenring; 0, Öffnung der Bruttasche; O.d, Oviduct; Oe, Ösophagus; Zur Anatomie und Entwicklung der Gucumaria glacialis (Ljungman). _ 731 P.B, Porı'sche Blase ; R, Radiale; Schl, schleimige Flüssig- Ph, Pharynx; R.k, Radiärkanal; keit; Pt, Peritonealepithel; R.M, Retraktormuskel; St.k, Steinkanal; Pt’, Peritonealepithel des R.m. Ringmuskeln der Brut- V.ph, Vitellophagen;; Jungen; tasche; W.r, Wassergefäßring. Q.M, Quermuskulatur; R.n, Radiärnerv; Tafel XXXI und XXXII. Fig. 4. Cucumaria glacialis Ljungman. Zweimal vergrößert. Fig. 2. Kalkkörper der Haut; a, von der Fläche, 5, von der Seite gesehen. Obj. II, Oc. 0. Fig. 3. Sternförmige Kalkkörper der Haut. a, normal vierstrahlig, 5, fünf- strahlig, die zwei Äste verwachsen; c, von der Seite gesehen. Obj. II, Oe. 0. Fig. 4. Kalkkörper aus dem vorderen einstülpbaren Theil der Haut; zwei Entwicklungsstadien. Obj. II, Oc. 0. Fig. 5. Kalkkörper der Füßchen vom unteren Ende. Obj. II, Oe. 0. Fig. 6. Kalkkörper der Füßchen vom oberen Ende, nahe der Endscheibe. Obj. II, Oc. ®. Fig. 7. Endscheibe der Füßchen. Obj. II, Oec. 0. Fig. 8. Entwicklungsstadien der Kalkkörper. Obj. V, Oc. 0. Fig. 9. Stückchen eines Querschnittes durch den vorderen, einstülpbaren Theil der Haut. Das Peritonealepithel außergewöhnlich verdickt. Obj. V, Oe. 0. Fig. 40. Schnitt durch den Rand des Ausführungskanales einer Bruttasche. Obj. V, 0c. 0. Fig. 11. Kalkring. Dreimal vergrößert. Fig. 12. Querschnitt durch einen Tentakel eines Jungen. Obj. V, Ob. ®. Fig. 43. Querschnitt durch die Fühlerkanäle, dort, wo sie in den Radiärkanal einmünden. Obj. V, Oc. ®. Fig. 14. Querschnitt durch einen Radius des Körpers eines jungen Thieres. Der Retraktormuskel ist beinahe abgespaltet. Obj. V, Oc. 0. Fig. 45. Stückchen der elastischen Membran eines Füßchens von Ophioglypha texturata. Obj. V, Oc.0. Fig. 16. Dasselbe von Asterias glacialis. Obj. V, Oc. 0. Fig. 47. Der Schlundkopf mit anhängenden Organen von Cucumaria glacia- lis. 3/4. Fig. 48. Der Steinkanal, mit dem Genitalgang verwachsen. Obj. II, Oc. 0. Fig. 49. Querschnitt durch Genitalgang und Madreporenköpfchen. Obj. II, Oc. 0. Fig. 20. Ein Stück desselben Schnittes stärker vergrößert. Obj. V, Oe. 0. Fig. 21. Ösophagus, mit Blutgefäßring und dorsalem Organ. Obj. 00, Oc. 0. Fig. 22. Stückchen eines Schnittes durch ein reifes Ei, aus dem Ovarium her- ausgenommen. Obj, II, Oc. 0. Fig. 23. Eine Spermatogemme von Cucumaria glacialis. Obj. II, Oc. 4, Fig. 24. Vorderende eines jungen Thieres. Der Schlundkopf nach vorn ge- schlagen, dass man die ganz jungen Bruttaschen sieht. 3/1. Fig. 25. Die Bruttaschen eines erwachsenen Thieres. 3/4. Fig. 26. Vorderende eines erwachsenen Thieres mit deutlichen Öffnungen der Bruttaschen. 3/1. Fig. 27, Längschnitt durch eine Bruttasche mit zwei großen Jungen. Obj. 00, Oc. 0. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LVII. Bd. 48 732 Th. Mortensen, Zur Anatomie und Entwicklung der Cucumaria glacialis (Ljungman). Fig. 28. Querschnitt durch die äußere Öffnung einer Bruttasche. Obj. II, Oc. 0. Fig. 29. Stückchen eines Längsschnittes durch die Haut der Bruttasche, am oberen Ende. Obj. II, Oc. ®. Fig. 30. Dasselbe vom unteren, eigentlich fungirenden Theil der Bruttasche. Obj. V, Oe. 0. Fig. 34. Längsschnitt durch ein Stückchen der Haut der Bruttasche und durch die Haut eines daran liegenden Jungen. Der Zwischenraum durch eine feinkörnige, schleimige Masse erfüllt. Obj. V, Oe. 0. Fig. 32. Schnitt durch einen ganz jungen Embryo. Obj. II, Oe. 0. Fig. 33. Schnitt durch einen Embryo eines etwas älteren Stadiums; etwas schematisirt. Fig. 34. Stückchen eines Schnittes durch denselben Embryo; die Zellen nur in einer Schicht geordnet. Obj. V, Oec. 0. Fig. 35. Eben so. Die Zellen in zwei Schichten geordnet. Obj. V, Oec. 0. Fig. 36. Eben so. Die Zellen noch nicht in zwei deutliche Schichten geordnet; einige Zellen auf der Wanderung gegen die Peripherie. Obj. V, Oc. 0. Fig. 37. Stückchen eines Schnittes durch die Haut eines Jungen. Dotterkugeln zerstreut in der Haut. Obj. V, Oc. 0. Fig. 38. Dotterkugeln und Vitellophagen, frei in der Leibeshöhle eines Jungen. Obj. V, Oc. 0. Fig. 39. Ein Junges von 5 mm. Obj. 00, Oc. 0. Fig. 40. Darmkanal mit anhängenden Organen eines Jungen von derselben Größe. Obj. 00, Oc. 0. Fig. 44. Längsschnitt durch das Vorderende eines Jungen von etwa derselben Größe. Obj. II, Oc. 0. Fig. 42. Querschnitt durch die Genitalanlage eines Jungen von eiwa derselben Größe. Obj. V, Oc. 0. Fig. 43. Aus einem vertikalen Längsschnitt durch ein Junges von derselben Größe. Der Steinkanal ist zweimal getroffen; darunter die Genitalanlage. Obj. V, Oc. 0. Fig. 44. Ösophagus mit anhängenden Organen eines Jungen von derselben Größe (Geschlechtsorgane, Wassergefäßring, Porr'sche Blase, Steinkanal). Obj. II, Ob. 0. Fig. 45. Geschlechtsorgane eines jungen Thieres. Obj. 00, Oc. 0. Druck von Breitkopf & Häürtel in Leipzig. Min MI: EIER - — DE eh TitnÄnstarE AFımke, Leipzig. Zeitschrift fıwiss.Zoolagte BA.LVM. Fig2% Fig2b arlaswWilluEngelmannın Lepaiy- 7A lm He dm u" 1%, = Ins ee = ots A [93 Zeitschrift F wiss. Zoologie Ba, LM. Tafıl. f SICH 5 ET, rer — = s nel Le Er z MHEEHELHENNSERSERENESEIEE ., __. _ x x e J Ne Verlag Wilh.Engelmanı 1 Leipzie EEE TEEN © Zeitschrift fwiss. Zoologie Ba.LVl. Taf. En ER HIRTEN: FORRNRENBURAELU EN S i KsUCEE] J Pz _ S S — Erik [HERN rt % RER, 371 x 2 ’ DT eh Zu MIR - I. WSchewiakoff ge2. 7 DEN Ennplmann. leinzi Verlag vonWiln Engelmann, heunzig. ; Ron ern kr: ih. Anst.u Werner Winter, Frankrurtäll. VerlagyWilk.Engehnam in Leipzig. | Bun a ] | » AM rss. 200 gie BA.IVIT. ” a Ta a ! —\ Iith. Anst wWerner Winter, Frankfurt 3M. Zeitschrift K wiss. Zoologie Ba.LVN. Fe > z 0) 0 0 ech (06 -schsr cch-—n- Verlag Wilh. Engelmann. Zeinaig. =Z „izsch % nun nennen nn nun ne u ee ne EEE ENTE EEE EEE EEE WE SEE MEERES En: Zeitschrift £ wiss. Zoologie Bd. LVT. Taf IT. ee chfsch... \ 17. chfsch ce Verlag wuilh Engelmanı Sur Anst vWerner& Pinter Frankfurt lH. BR 7er ‚Leipzig. nst.v. E.AFunke LifnA: 19 Fig IO. 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Zoologie Bd. LUH. Taf. XIX. — Verlag vll. Engelmann, Teinzig. Jh. Anst.w Werner &Wintar, Frankfurt ME, Pa AR: Zeitsch un A a Dt Va in. innen Zeitschrift Kuass. Zoologie Ba.lIM. Just Brauer Re} erlag vWilh Engelmann, Leinzin. Ak. Anst v Werner & Winter, Prankfurdsid, Eh an niit > Taf. XXT. Jeitschrift Ewiss. Zoologie Ba.LWl. M M 1. Eid reeimienmkegeünme ne mes een nn Zeitschrift F wiss. Zoologie Ba.LVI. Lih Anst. v Werner «Winter Frankfart #M. 2 PR Zi iz Zeitse % 90 a, >, 2.o a 990°. be) 059 ® ? Zeitschrift F wiss. Zoologie Bd. LVn. E Taf, ANIn. - I: | | « | sn | A af “sch B 4 PR m GH (X If, f >77 N) TEL NL) zes: ee zw. Val Varıng mA. Engelman w S Zeitschrift S. wiss. Zoologie Bd.1VM. Nuel KH Ak Anıt eNimurnmaten Prankfure 9 w 4 Zeitschrift X wiss Zoologie Bd. IN. Ce) Nucl a ee Pi t \\ Nucl£ Jh. 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Zoologie Ba.uVM. 2 94. 7C ba | & ee ug = ln Fan ] u 7 =; 7 ET 7 = H S 'bs | | A, y Jüh Anst eWerner «Winter, Frankfurt Mr. Verlag v Wilh, Engelmann, Zeinzig, - a nn ent te So —— m = nn | 4 | Zeitschr! | Zeitschrift f wiss. Zoologie Bd. VI. Taf{XXNX. 4 Verlag ik Engelmann, Zeynzia Jıth. Anst, zWerner & Hinter, Frankfart”M. 5 45 # DE FR ve aM S A Zeitschrift F wiss. Zoologie Bd. LVH. Taf NM. - - ang R „Ir n. MA, 16, NOHRK N NUN) N NN NINN UN SU INENEN \ N x ® a \ IN Od duk Austen hlornar 8 Winten Frankfärb®t, D ‘ j \ \ ' \ ” Ri u a . - - u ee ae an en a il eh re RE nn LE u nn Fr nal nn Er En Sr ER n = 4 £ R ” vw nz EEE EEE ren . 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