2 EEE URIRETRE REINE TE EEE m DEE m un uun \ } 7 fe i u { Er i 0 4 r a ar u LH 3 Dal ul AT } Sn u 1 u Van nu Fr IN 7 Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Univers tät zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen Fünfundsiebzigster Band Mit 39 Tafeln und 65 Figuren im Text LEIPZI6& Verlag von Wilhelm Engelmann 1903. 188119 Erstes Heft. Ausg>geben den 25. September 1903. Seite Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. Von Johannes Bongardt. (Mit Tafel I—III und 4 Figuren im Text.) . 1 Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. Von A.S$. Dogiel. en ee ae 46 Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. Von Wilhelm Haack. (Mit Be ne. een Rd > Zweites Heft. Ausgegeben den 6. Oktober 1903. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. Über eigenartige aus der Zelle wandernde »Sphären« und »Centrosomen«, ihre Entstehung und ihren Zerfall Von Emil Rohde. (Mit Taf. XVH-XRX) ....... 147 Über den Zusammenhang von Mitteldarm und Enddarm bei den Larven der aculeaten Hymenopteren. Von C. Rengel. (Mit Taf. XX u. XXL) 221 Studien über das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen. Von Enoch Zander. Bere zugen um. Text.) 2er nen sieen. 233 Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus. Von Fan Hobschmann. (Mit S’#isuren im Text) . .:.... 2... 258 Über die geschlechtliche heterogame Fortpflanzung einer im Darmkanale von Henlea leptodera Vejd. schmarotzenden Gregarine — Schaudinnella henleae mihi. Von Jözef Nusbaum. (Mit Taf. XXIL). ..... 281 “ Beiträge zur Anatomie der Geckopfote.. Von Julius Tandler (Mit EEE U DEREN.) 2: m nn aa 308 IV Drittes Heft. Ausgegeben den 8. Dezember 1903. ' Seite Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten bei Lumbriculus variegatus Gr. ‚Von P. Iwanow. (Mit Taf. XXV u. a), Ze 327 Aus dem Gebiete der Regeneration. III. Über Regenerationserscheinungen bei Phoronis Mülleri Sel. Long, Von Eugen Schultz. (Mit Taf. XXVI wXXVoOL).. .. „u 20205 VE 39 Alcune particolarita di struttura e di innervazione della cute dell’ ammocoetes branchialis. Per Giovanni Marenghi. (Con Tavola XXIX)... 421 Einige histologische Details über Trichoplax adhaerens.. Von Gustav Stiasny.. (Mit 2 Figuren im Text.) „ . DE 430 Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. Von Otto Römer. (Mit Taf. XXX—XXXII und 4 Figuren im Text) .... 437 Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. Über Regenerationserscheinungen bei Actinotrocha branchiata Müller. Von Eugen Schultz. (Mit Tafel XXXIIL) .. 2... 0202 20 EEE 413 Viertes Heft. Ausgegeben den 29. Dezember 1903. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. Myzostoma asteriae Marenz. Von Dr. Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels. (Mit Taf. XXxIV—XXXVIll und 2 Figuren im Text.). ....., Be Die Muskulatur von Branchiobdella parasita.. Von Friedo Schmidt. (Mit Taf. XXXIX und 31 Figuren im 'Text) . Fe 596 435 Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. Von Johannes Bongardt. Mit Tafel I—-III und 4 Figuren im Text. Obschon man den Phosphoreszenzerscheinungen der Thiere seit langer Zeit ein lebhaftes Interesse entgegenbrachte, ist die Literatur über die Leuchtorgane unserer Leuchtkäfer nicht sehr umfangreich. Dennoch finden sich in ihr viele Widersprüche. Ob die Tracheen- kapillaren der Leuchtorgane Anastomosen bilden oder nicht, ob sie in Zellen enden oder zwischen den Zellgrenzen verlaufen, ob sie mit Bindegewebszellen in Verbindung stehen oder nicht: das sind Fragen, die noch immer der Entscheidung harren. Auch das Verhalten der Nervenenden in den Organen, sowie der physiologisch-chemische Vorgang des Leuchtens ist noch in tiefes Dunkel gehüllt. Daß auch meine Untersuchungen nur einen kleinen Beitrag zur Lösung dieser Probleme liefern, beruht zum Teil auf der Unzulänglichkeit meiner Kräfte, zum Teil auf dem Umstand, daß die Flugzeit der Lampy- riden nur wenige Wochen währt, die Untersuchungen an konser- viertem Material aber mit großen Schwierigkeiten verknüpft sind. Sollte meine Arbeit, die einen Beitrag zur Lösung der Wider- sprüche bezüglich der Leuchtorgane der Lampyriden bietet, dennoch Anstoß zu weiteren Untersuchungen geben, so hat sie ihren Zweck erfüllt. | Die Anregung zu vorliegenden Untersuchungen gab mir Herr Professor Dr. BürscahLı. Es sei mir an dieser Stelle gestattet, meinem hochverehrten Lehrer für das Interesse, das er meinen Untersuchungen stets entgegenbrachte, sowie für die außerordentlich liebenswürdige Unterstützung, die er mir dabei zu teil werden ließ, meinen ver- bindlichsten Dank auszusprechen. Ebenso ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Professor Dr. SCHUBERG meinen aufrichtigen Dank Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 1. 2 Johannes Bongardt, auszusprechen, vor allem für seine wertvollen technischen An- weisungen. Ferner bin ich noch Herrn Dr. GOLDSCHMIDT für seine Mithilfe und Herrn Cand. zool. LOESER für seine Unterstützung bei physiologischen Experimenten zu großem Danke verpflichtet. I. Historisches. Schon im Jahre 1782 fand FORSTER, daß die Lampyriden in Sauerstoff intensiver leuchten als in der gewöhnlichen Atmosphäre. Dadurch erlangte für ihn die Hypothese, daß die leuchtende Materie eine flüssige, in »irgend einer ihm angemessenen tierischen Flüssigkeit aufgelöster Phosphor« sei, neue Wahr- scheinlichkeit. SPALLANZANI bemerkte ein sehr intensives Leuchten der Organe, sobald er sie mit einer Nadel reizte. Nach MACAIRE (1822) regt der galvanische Strom Lampyris italica zu intensivem Leuchten an. Ferner fand er, daß das Licht in indifferenten Gasen, in Öl und fetten Substanzen, sowie Temperaturen über 52° und unter 12°C. erlischt, daß Chlor, Salpeter- und Schwefelsäure das Licht für immer vernichten. Die ersten histologischen Untersuchungen der Leuchtorgane verdanken wir LeyvoicG (1857). Er hielt sie für modifizierte Teile des Fettkörpers, welche mit dunkeln Körnchen erfüllt sind. KÖLLIKER (1858) deutete sie als nervöse Apparate, die ihre nächsten Analoga in den elektrischen Organen der Fische fänden. Das Leuchten hielt er für eine Begleiterscheinung der Eiweißumsetzung (Oxydation), die unter direktem Einfluß des Nervensystems stehe. KÖLLIKER konstatierte ferner, daß die Leuchtorgane aus einer blassen, durchsichtigen und einer weißen, undurchsichtigen Lage bestehen. Erstere ist Träger der Leuchtsubstanz und arm an Körnchen, während letztere reich mit Körnchen versehen ist, die aus harnsaurem Ammoniak bestehen. Zwischen beiden Lagen sollen sich Übergänge finden. KÖLLIKER wies ferner darauf hin, daß die Tracheen von der dorsalen Seite in die ventral ge- legenen, dagegen von der medianen Seite in die lateralen Organe eintreten; daß sie sich zwischen den blassen Zellen reichlich verästeln und sich schlingenförmig miteinander verbinden. Die Nerven beschreibt er als blasse Fasern, die an den Teilungsstellen mit kernhaltigen Anschwellungen versehen sind. Eine Verbindung der Nerven mit den Zellen der Leuchtorgane vermochte er nicht nachzuweisen. Durch zahlreiche Experimente konstatierte er dann noch, daß Schwefelsäure, Salzsäure von 3—250/,, Salpetersäure, Phosphor-, Essig-, Wein-, Zitronen-, Oxal- und Chromsäure, ferner wasserfreier Äther, Chloroform und Chlordämpfe die Lichtintensität erhöhen, Dämpfe von Blausäure und Coniin dagegen die Fähigkeit zu leuchten dauernd vernichten. MıLnE EpwaArns (1863) bestätigte, daß das Leuchten nur bei Anwesenheit von Sauerstoff erfolgt, und daß es unter dem Einfluß des Nervensystems steht. MAx ScHULTZE (18651) zeigte, daß die dorsale und ventrale Lage der Männchen von Lampyris splendidula auf Schnitten scharf voneinander abgesetzt erscheinen, und daß nur die ventrale leuchtet. Die feinen Körnchen dieser Schicht sollen frei sein von Harnsäureverbindungen. Mit Hilfe von Macerations- mitteln — Jodserum oder Oxalsäurelösung — fand ScHULTzE, daß die Spiral- faser in den Tracheen nur so weit reicht, als sie mit Luft gefüllt sind. Von da an setzt die Trachee sich in ein blasses Fäserchen fort, das nicht mehr hohl zu sein scheint, sich verdickt und in einen sternförmigen Körper übergeht, den Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 3 SCHULTZE Tracheenendzelle nannte, da er in ihm einen kugeligen oder ovalen Kern wahrzunehmen glaubte. Von dieser Zelle, die der Verfasser ihrer Form nach mit den kleinen Ganglienzellen der grauen Rinde des Hirns von Säugetieren vergleicht, strahlen vier bis sechs Fortsätze nach verschiedenen Richtungen aus, die fein zugespitzt sind oder wie abgerissen aufhören. Eine Verbindung der Fortsätze benachbarter Zellen untereinander hat SCHULTZE nie gesehen. Wohl aber hält er es für wahrscheinlich, daß der Zusammenhang zwischen diesen sternförmigen Zellen und den Leuchtzellen auf einer Verbindung beider mittels Fortsätze beruhe. Das Vorkommen von Tracheenendzellen ist übrigens nichts Charakteristisches für die Leuchtorgane. Bereits Leypıc (1851) fand solche Gebilde in der Larve von Corethra plumicornis. M. SCHULTZE fand sie weiter an den Samenschläuchen von Lampyris splendidula. Wesentlich gefördert wurde das Studium der Tracheenenden durch An- wendung der Überosmiumsäure (Os), die M. SchULTze in die mikroskopische Technik einführte. Aus der wässerigen Lösung dieser Säure scheiden nämlich leicht oxydierbare Stoffe einen schwarzen Körper ab, nach SCHULTZE eine niedere Oxydationsstufe des Osmiums oder das Metall selbst. Werden daher lebende Lampyriden in eine wässerige Lösung dieser Säure gelegt, so werden schon nach 3—5 Stunden die Tracheenendzellen mit ihren Ausläufern schwarz gefärbt, während in den sog. Parenchymzellen des Leuchtorgans — abgesehen von den der Endzelle anliegenden — und in anderen Körperteilen kaum Spuren einer Osmiumreduktion nachzuweisen sind. In einer weiteren Arbeit (18652) wies M. SCHULTZE nach, daß vorwiegend die eiweißartigen Substanzen und Fette durch die Osmiumsäure schwarz gefärbt werden. Während SCHULTZE in seinen ersten Untersuchungen glaubte, die Tracheen endeten in der Endzelle, kam er in der erwähnten zweiten Arbeit zu dem Resultat, daß sich die mit Luft ge- füllten Tracheen noch verästeln. Diese Erscheinung war ihm in den ersten Untersuchungen infolge zu intensiver Schwärzung der Tracheenendzellen ent- gangen. Doch bezweifelte er jetzt die zellige Natur des sternförmigen Körpers, da die ampullenartige Erweiterung der Tracheenäste leicht zu Verwechslungen mit Kernen Veranlassung geben könnten. Auch war SCHULTZE noch in Zweifel darüber, ob die Tracheenäste wirklich im Innern der Ausläufer des sternförmigen Körpers liegen. >Man könnte die betreffende Stelle deuten, als wenn eine zarte Scheide des Tracheenästchens sich zu einem blasigen Körper ausgeweitet habe genau an der Stelle, wo das plötzliche Zerfallen der Ästchen in die feinen End- verästelungen statt hat. Jede der letzteren würde dann von einer Fortsetzung der Scheide umhüllt sein. Daß es den Eindruck macht, als läge der Anfang dieser Endverästelung außerhalb des blasigen Körpers, müßte darin seinen Grund haben, daß die Ausweitung der Scheide nur nach einer Seite stattgefunden hätte. Bei solchem Zustandekommen der eigentümlichen Bildung würde es freilich zweifelhaft, ob die Blasen die Bedeutung von Zellen hätten. Kerne haben wir in ihnen nicht deutlich erkennen können.< M. ScHULTZE beschreibt dann noch Nerven, die am Ende eiförmige Körperchen tragen, die wie Beeren an Stielen aufsitzen, die jedoch der Haut des Körpers angehören und den von Leypıc (1851) entdeckten Tastzellen gleichen. TArGIoNI-Tozzertı (1870) untersuchte die Flüssigkeit in den Tracheen- Kapillaren von Luciola italica und vermutete, daß sich das Kapillarnetz wesentlich an der Bluteireulation beteilige. OWSJANNIKOW (1864) untersuchte die Leuchtorgane der Larven und Weibchen von Lampyris noctiluca und kam zu dem Ergebnis, daß in den Leuchtorganen 1* 4 Johannes Bongardt, ein Leuchtstoff aufgespeichert sei. Die Organe sollen so lang leuchten, bis dieser Stoff verbraucht ist. Daß das Leuchten unter dem Einfluß des Nerven- systems steht, bestreitet er (1868) ganz entschieden, da Leuchtorgane von Lampyris noctiluca, die mit Curare und salpetersaurem Strychnin befeuchtet wurden, noch über 11/s Stunden leuchten. Aus diesem Experiment schließt der Verfasser, daß nicht das lebende Protoplasma leuchtet, sondern ein von den Leuchtzellen produzierter toter Stoff. Trotz dieses Experimentes, und obschon Pancerı (1872) nachwies, daß Pholas und Phyllkirhoö bei Wiederanfeuchtung leuchten, obschon sie zehn Tage trocken gelegen hatten, ist PrLüGer (18751) der Ansicht, daß die Leuchtmaterie lebendig und reizbar sei. Als positiven Beweis für die Richtigkeit seiner Ansicht erwähnt PFLÜGER, daß ein ausge- schnittenes Herz lange weiter schlägt, und daß das abgeschnittene Bein eines: Frosches in kühler Temperatur sein Leben viele Tage behält, daß selbst aus- geschnittene Stücke von Nerven, die nur Zellenfragmenten gleichwertig sind, ihre Reizbarkeit sehr lange erhalten. Ist die leuchtende Substanz aber reizbar, »so ist sie auch lebendige Materie; denn die Reizbarkeit ist die erste und wichtigste Funktion der lebendigen Materie«. Nach GIESBRECHT (1895) sind die Tatsachen, welche PFLÜGER anführt, nicht Dokumente dafür, daß die Leucht- materie selbst reizbar ist, sondern nur dafür, daß die Leuchttiere und deren Organe reizbar sind. PFLÜGER kommt dann weiter zu dem Resultat, daß der Leuchtvorgang in den Leuchtzellen nur graduell von den chemischen Vor- gängen der übrigen Zellen verschieden ist. Nach OwsJAnnıkow (1864) kommt das spontane Erlöschen des Lichts der Larven von Lampyris noctiluca dadurch zu stande, daß die Tiere ihre Leucht- organe in die Leibeshöhle zurückziehen, wo sie durch Fettkörper und Eingeweide verdeckt werden. Es fiel ihm ferner auf, daß in den Leuchtorganen der Larven und Weibchen von Lampyris noctiluca trotz Einwirkung von Überosmiumsäure in verschiedenen Konzentrationen keine Spur von Tracheenendzellen zu finden war. HEINEMANN (1872) suchte auch vergeblich nach diesen Zellen in den Leucht- organen von Pyrophorus. Seine Behauptung, daß die Leuchtzellen von Tracheen- ästehen durchbohrt würden und an letzteren wie Perlen aufgereiht seien, hat WIELOWIEJSKI (1882) zuerst bezweifelt, in einer späteren Arbeit (1889) aber bestätigt. In der erwähnten ersten Arbeit erachtet WIELOWIEJSKI es für uner- klärlich, daß M. SCHULTZE die feinsten Tracheenkapillaren übersehen und in- folge der intensiven Schwärzung der Tracheenendzellen »die völlig richtigen Angaben KÖLLIKERSs über die Verbindung der Tracheenendästchen untereinander für unrichtig zu erklären sich berechtigt hielt«. Offenbar kannte WIELOWIEJSKI die zweite Arbeit SCHULTZEs (18652) nicht. In seiner ersten Arbeit (1882) weist WIELOWIEJSKI nach, daß sich typische Tracheenendzellen nur in den ventralen Leuchtorganen der Geschlechtstiere von Lampyris splendidula finden, daß da- gegen in allen anderen Leuchtorganen der Lampyriden eine baum- oder büschel- förmige Verzweigungsweise der Tracheen besteht. Ferner behauptet WIELO- WIEJSKI, zwischen den Tracheenkapillaren Anastomosenbildung wahrgenommen zu haben. Auch hält er es für wahrscheinlich, daß die Tracheenkapillaren in ihrer ganzen Länge von einem protoplasmatischen Überzuge umgeben seien, den er für die Fortsetzung der Ausläufer von Tracheenendzellen hält. Mittels Kalilauge weist er nach, daß die Kapillaren aus Chitin bestehen. Weiter kon- statiert er, daß diese Gebilde Röhrchen sind und sich den »Parenchymzellen anschmiegen und fest damit verkleben«. Die schon von SCHULTZE (1865) ent- deckten »Tastzellen« hält WIELOWIEJSKI für ganglionäre Endigungen. Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 5 JOUSSET DE BELLESME! vergleicht (1880) das Licht der Lampyriden mit dem des Phosphors. Daß ersteres grünlicher erscheint, dürfte seinen Grund darin haben, daß es die ventrale Chitindecke des Käfers zu durchdringen hat. Nach Joussets Beobachtungen nimmt man — wenn man das Lampyridenlicht aus unmittelbarer Nähe betrachtet — ein fortwährendes Zittern auf der Netzhaut wahr. Das Spektrum des Lichtes vom Weibchen von Lampyris noetiluca, das der Verfasser eingehend studiert hat, ist charakteristisch durch die geringe Zahl der stark brechenden Strahlen. Die violetten Strahlen fehlen fast vollständig; die roten sind ziemlich reichlich vorhanden, am meisten aber die grünen. JOUSSET fällt weiter der sonderbare Geruch auf, der leicht wahrgenommen werden kann, wenn man die Lampyriden in die Hand nimmt oder gewaltsam zerreißt. Daß die Leuchtkäfer ihr Licht freiwillig erzeugen und wieder verschwinden lassen, ist 'besonders schön bei der Larve von Lampyris noctiluca zu beobachten. Die Er- scheinung der Phosphoreszenz beruht also nach des Verfassers Ansicht auf Nerventätiskeit. Durch gesteigerte Wärme wird das Weibchen von Lampyris noctiluca zum Leuchten gereizt, falls die Umgebung feucht ist. Doch bewirkt die Wärme die Phosphoreszenz nur indirekt, insofern der Käfer durch Steigerung der Wärme in Erregung gerät. Wird das Tier durch zu hohe Temperatur ge- tötet, so erlischt das Licht auf immer. JOoUSSET macht weiter auf die Schwierig- keiten aufmerkam, auf die man stößt, wenn man konstatieren will, ob der elek- trische Strom selbst der Erreger der Phosphoreszenz ist, oder ob das Leuchten eine sekundäre Erscheinung ist, insofern, als das Tier erst infolge der durch den elektrischen Strom bewirkten Erregung leuchtet. Bei feuchtem Wetter sollen die Lampyriden lebhafter leuchten als bei trockenem, selbst zerstückelte Organe noch nach vier Tagen. In Kohlensäure leuchten die Lampyriden nicht. Läßt man aber, nachdem sich die Tiere mehrere Stunden in diesem Gase befanden, gewöhnliche Luft zuströmen, so leuchten sie wieder intensiv. Daraus, sowie aus dem Umstand, daß die Käfer auch im Stickstoff und Wasserstoff das Leuch- ten einstellen, in Sauerstoff aber intensiv leuchten, schließt JoussET, daß die Phosphoreszenz der Lampyriden ein chemischer Prozeß ist. Er nimmt an, daß in den Zellen der Leuchtorgane eine Substanz erzeugt wird, die leuchtet, sobald sie mit dem Sauerstoff der Luft in Berührung kommt. Aus der Struktur der Organe schließt JousseT dann weiter, daß die erzeugte Substanz kein Sekret im gewöhnlichen Sinne sein kann. Er hält es deshalb für ein gasförmiges Pro- dukt. Er beobachtet dann weiter, daß ein Glühwürmchen, das plötzlich zertreten wird, nie leuchtet. Daraus folgert er weiter, daß es im Leuchtorgan keinen fertig ausgebildeten Stoff gibt, welcher leuchtet, sondern daß die Erzeugung eines phosphoreszierenden Stoffes und die Verwertung desselben zu Licht von- einander zu unterscheiden sind. Diese Ansicht glaubt Jousset damit dokumen- tieren zu können, daß zwischen der Erregung des Käfers und der darauf folgen- den Phosphoreszenz eine gewisse Zeit verstreicht. Auch müßte nach des Ver- fassers Ansicht die vollständige Zerstückelung des Organs die Phosphoreszenz begünstigen, falls ein leuchtender Reservestoff vorgebildet wäre. Zum Schluß vergleicht JouSsET noch die Phosphoreszenz der Lampyriden mit der der Myriapoden, Crustaceen und Salpen. Enmery (1884) bezweifelte den Zusammenhang der Nervenenden mit Zellen 1 JoUSSET DE BELLESME, Recherches experimentales sur la phosphores- cence du Lampyre. Compt. rend. Ac. Se. Paris. Tome XC. p. 318—321. — ROBIN et POUCHET, Journ. Anat. Physiol. Vol. XVI p. 121—169. 6 Johannes Bongardt, irgend welcher Art. Für ganz ausgeschlossen hält er eine Anastomosenbildung der Tracheenkapillaren von Luczola italica. Allen bisherigen Beobachtungen zum Trotz behauptete nun Duvzoıs (1886), daß die Leuchtorgane von Pyrophorus nur spärlich mit Tracheen versehen seien, das Leuchten daher keine Oxydation, sondern vielmehr eine Begleiterscheinung der Entstehung der kristallinischen Stoffe sei, die sich reichlich in den Leucht- organen des erwähnten Käfers finden. Zu dieser Hypothese glaubte Dvpoıs um so mehr Berechtigung zu haben, als er — wie gesagt — die Tracheen in der leuchtenden Schicht fast gänzlich vermißt. Nach WIELOwIEJskı (1889) hat aber Dugo1s die feinsten Tracheenkapillaren, die reichlich in die betreffende Schicht gesandt werden, übersehen, da diese sich nach dem Tode des Käfers rasch mit Blutserum füllt. Ebenso weist WIELOWIEJSKI in der erwähnten Arbeit nach, daß die schon von HEINEMANN entdeckten langen Zellreihen, die sich in den Leuchtorganen von Pyrophorus finden, nur scheinbar von dem von Duzoıs (1886) beobachteten bindegewebartigen Häutchen überzogen sind. In der anderen Arbeit (1898) spricht Dupoıs über die weite Verbreitung der mit Leuchtorganen versehenen Organismen. Er nimmt an, daß dieses Ver- mögen möglicherweise allen Organismen zukommt, daß wir es mit unseren In- strumenten nur nicht nachzuweisen im stande sind. Dueoıs nennt das Leucht- vermögen Biophotog&nese oder Fonetion photog&nique. Nicht nur die Geschlechts- tiere leuchten, sondern auch deren Eier, z. B. bei vielen Ctenophoren, Mollusken und Insekten. Die Eier der Leuchtkäfer leuchten schon vor ihrer Ablage im Ovidukt, und zwar bis zum Auskriechen der Larven. Auch unbefruchtet strah- len sie Licht aus, das jedoch bereits nach einigen Tagen erlischt. Wird ein Ei verletzt, so leuchtet der austretende Tropfen kurze Zeit. Die Lichtstärke der Eier steht nach Duos im geraden Verhältnis zu ihrer Entwicklungsstufe. Wenn die Larve von Pyrophorus das Ei verläßt, hat sie eine Länge von etwa 3 mm. Ursprünglich hat sie nur ein Leuchtorgan, und zwar am Kopf. Nach der zweiten Häutung sieht man am Abdomen mehrere leuchtende Stellen mit undeutlichen Konturen. Das Leuchtorgan am Kopf der Larve leuchtet, wenn das Tier gereizt wird, zuerst und erlischt beim Dunkelwerden zuletzt. Nach Dusgoıs’ Vermutung leuchten auch die Puppen von Pyrophorus. Die Leucht- organe der Larven, welche sich zum Männchen entwickeln, behalten bei der Verwandlung ihre Lage bei und werden nur größer. Die weiblichen Pyrophoren dagegen haben mehr Leuchtorgane als ihre Larven. Was den Verlauf der Tracheen in den Leuchtorganen angeht, so kommt Dusoıs zu dem Resultat, daß die Art der Tracheenendigung nicht zu erkennen ist, da ihm die Reduktion mit Osmiumsäure nicht gelang. Auch vermochte er nicht die den Tracheenstämmen anliegenden Nerven zu entdecken. Ferner bleibt ihm die Art der Nervenendigung in den Leuchtorganen ein Rätsel. Wie bei den Lampyriden, so finden sich auch in den Leuchtorganen des Pyro- phorus enorm viele Sphärokristalle, welche doppelbrechend und stark licht- brechend sind. Einen Unterschied zwischen alten und jungen Leuchtzellen er- blickt Dugoıs darin, daß die Kerne ersterer schwer zu färben sind, die letzterer sehr leicht. Letztere Eigenschaft schreibt er auch den Kernen der Matrixzellen der Leuchtorgane zu. — Duos konstatiert dann weiter, daß die Verdauungsorgane sowie der Blutgefäßapparat der Pyrophoren wie bei anderen Käfern beschaffen sind. Zur Erklärung des Leuchtprozesses nimmt der Verfasser an, daß in dem »leuchtenden Fettgewebe« Vorgänge einer energischen Histiolyse stattfinden, die durch den Eintritt von Blut in die Leuchtorgane veranlaßt wird. Der histio- Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 7: lytische Vorgang soll von der Bildung der Sphärokristalle im Innern der Leucht- zellen begleitet sein. Die Muskeln wirken nun insofern indirekt auf den Leucht- vorgang ein, als sie den Zutritt des Blutes zu den Leuchtorganen regulieren. Ihre Funktion ist wiederum von der der Nerven abhängig. »Der photosensitive Reflex hat seinen Herd in der zentralen Nervenmasse. Reize, die auf die Gan- glien, von denen die Nerven der Leuchtorgane ausgehen, wirken, veranlassen die Erscheinung des Leuchtens.< Das Leuchten selbst ist nach DuBoIs stets an die Anwesenheit von Wasser gebunden. Selbst die Leuchtorgane toter Käfer strahlten ein intensives Licht aus, sobald Dupo1s ihre Leibeshöhle mit Wasser injizierte. Der Verfasser zerrieb weiter frische Leuchtorgane von Pyrophorus. Diese Substanz filtrierte er und erhielt eine opalisierende Flüssigkeit mit feinen Granula, die im Dunkeln leuch- tete. Im luftleeren Raume getrocknete und pulverisierte Organe leuchteten, so- bald er sie anfeuchtete. Auch aus den Leuchtorganen von Pholas gewann DUBOIS eine leuchtende Flüssigkeit. Einen Teil dieser leuchtenden Substanz brachte er durch Schütteln, einen anderen durch Erwärmen auf 70°C. zum Erlöschen, wo- bei ein flockiger Niederschlag auftrat. Vermischte er darauf beide Flüssigkeiten, so erschien das Licht wieder. Die Flüssigkeitsmenge, welche durch Schütteln ihres Lichtes beraubt worden war, vermochte der Verfasser auch durch Zusatz von Alkali wieder zum Leuchten zu bringen. Es gelang ihm dann weiter, aus der leuchtenden Flüssigkeit zwei Stoffe zu isolieren, die er Lueiferin und Luci- ferase nennt. Erstere — in kristallinischem Zustande gewonnen — zeigt einen opalisierenden Glanz und ist in Wasser, Petroleumäther, Benzin und Äther lös- lieh. Die Luciferase soll die wesentlichen Eigenschaften löslicher Fermente zeigen. Diese beiden Stoffe genügen, um das Leuchten kinstlich hervor- zurufen. Dugoıs nimmt an, daß das Leuchten von Pyrophorus an Granulationen gebunden ist, die in den Leuchtzellen entstehen. Zunächst sind sie colloidal, von unbestimmter Gestalt, später bilden sie Sphärokristalle von charakteristischer Brechung. GIESBRECHT (1895) machte interessante Mitteilungen über das Leuchten pelagischer Copepoden und das tierische Leuchten im allgemeinen. GIESBRECHT goß einen fast nur aus Copepoden bestehenden Auftrieb aus dem Golf von Neapel durch ein Gazefilter und beobachtete, daß die auf dem Filter zurückgelassenen Tiere lebhaft zu leuchten begannen, sobald das Wasser abgeflossen war. Er konstatierte dann weiter, daß folgende Tiere leuchten: Pleuromma abdominale Lubd., Pleuromma gracıle Claus, Leuckartia flavicornis Claus, Heterochaeta papilliger« Claus, Oncaea conifera Giesbr. Der Verfasser beobachtete dann weiter, daß die Centropagidenarten ein grün- liches Licht ausstrahlen, das ausschließlich vor den Mündungen gewisser Haut- drüsen auftritt. Letztere zeichnen sich vor den übrigen farblosen Hautdrüsen durch ihre grüngelbe Färbung aus. Sie haben bei den einzelnen Arten eine konstante und für die Spezies charakteristische Zahl und Lage. Auf Reize, die durch Druck auf das Deckglas oder durch Zusatz von destilliertem Wasser, Ammoniak, Formol, Sublimat, Alkohol oder Glycerin verursacht werden, sondern die Drüsen ein leuchtendes Sekret ab. Dasselbe ist durchaus homogen und unterscheidet sich vom Sekret der farblosen Drüsen nur durch die Färbung: Es 8 Johannes Bongardt, leuchtet erst dann, wenn es aus den Drüsen tritt. Daraus geht hervor, »daß das Leuchten nicht an dem lebenden Protoplasma der Drüsenzelle, sondern an dem von ihr produzierten toten Sekret auftritt. Das Leuchten der Copepoden ist also keine direkte Betätigung des lebenden Plasmas, sondern die Begleit- erscheinung einer Veränderung am toten Sekret«. GIESBRECHT weist dann weiter nach, daß die Leuchtfähigkeit an die Gegenwart von Wasser gebunden ist, und daß das Eintreten der Erscheinung von der Menge der in dem angewandten Wasser gelösten Stoffe abhängig ist. Ob das Leuchten ein physikalischer oder ein chemischer Vorgang ist, wagt er nicht zu entscheiden. Er vergleicht die nichtleuchtenden und leuchtfähigen Hautdrüsen der Copepoden miteinander und kommt zu dem Resultat, daß es homologe Organe sind. So wie die farblosen Drüsen dazu bestimmt sind, Stoffwechselprodukte aus dem Körper zu schaffen, so haben auch die Leuchtdrüsen diese Funktion; nur daß ihr Sekret beim Kon- takt mit Wasser leuchtend wird. Ähnlich wie von gewissen Copepoden wird nach GIESBRECHTsS Vermutungen auch von ÖOstracoden, Geophiliden, Anneliden, Pholas ein Leuchtstoff ausgeschieden. Zwischen dem Mechanismus des Leuchtens der Noectiluea und der Leucht- käfer findet GIESBRECHT insofern eine gewisse Übereinstimmung, als bei beiden ein Leuchtstoff ausgeschieden wird, der aber, um aufzuleuchten, von der Ent- stehungsstelle erst fortgeschafft werden muß. Wesentlich anders soll dagegen der Leuchtprozess bei Euphausiiden verlaufen, bei welchen der Leuchtstoff einen eigentümlich geformten Körper, den sogenannten Streifenkörper bildet. — Die Frage, ob Reize die Produktion von Leuchtstoff in den Leuchtorganen der Tiere anregen, oder ob sie nur die Vorgänge veranlassen, durch welche der auch ohne Reiz sich bildende Leuchtstoff zum Aufleuchten gebracht wird, läßt der Ver- fasser offen. Für letztere Hypothese spricht nach GIESBRECHT das Fortleuchten der Zellen vieler Tiere post mortem. Schließlich kommt er zu dem Resultat, »daß es leuchtende Wassertiere gibt, bei denen das Leuchten ohne freien Sauer- stoff und bei saurer Reaktion des Mediums zu stande kommt. Es ist als er- wiesen zu betrachten, daß beim Leuchten der Organismen physiologische Vor- gänge nur so weit beteiligt sind, als sie die Erscheinung vorbereiten, als sie Leuchtstoffe produzieren und in die für ihr Aufleuchten erforderlichen Bedin- gungen versetzen. Das Leuchten selbst ist dagegen Begleiterscheinung eines chemischen, in einigen Fällen vielleicht auch eines physikalischen Prozesses. G. DE KERVILLE (189) führt die Erscheinung des Leuchtens bei allen Tieren auf Bewegungsvorgänge zurück, die zwischen den Bestandteilen der Moleküle zweier verschiedener Stoffe vor sich gehen. Unter den Käfern schreibt er zwei Familien Leuchtvermögen zu, nämlich den Malacodermatiden und den Elate- riden. Zu ersteren gehören die Lampyriden. Der Verfasser hält es für sehr wahrscheinlich, daß auch deren Eier und Larven leuchten. Er behauptet ferner, daß die Weibchen von Lampyris noctiluca weniger häufig vorkommen als die Männchen. Man kann allerdings oft lange suchen, ehe man die erwähnten Weibchen findet. An gewissen Stellen findet man sie aber so massenhaft. daß obige Behauptung zum mindesten gewagt sein dürfte. Dahin gehört z. B. das rechte Neckarufer bei Heidelberg oberhalb der alten Brücke, ferner das Maus- bachtal bei Heidelberg. Vielleicht rührt der Irrtum DE KERVILLEs davon her, daß Lampyris noctiluca bei uns etwa drei Wochen früher auftritt als Lampyris splendidula. Durch letztere Spezies — nämlich durch deren fliegende Männchen — wird man aber gewöhnlich erst auf die Flugzeit der Lampyriden aufmerksam gemacht. Da man nun die fliegenden Männchen von Lampyris noctiluca infolge ihres Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 9 schwachen Lichtes selten findet, so haben die Weibchen von Lampyris noctiluca meist schon ihre Eier abgelegt, wenn man Lampyriden sucht. — Nach DE KEr- VILLE dient das Licht der Tiere ihren Trägern zum Aufsuchen der Nahrung, zum Anlocken der Beute, zum gegenseitigen Erkennen und Auffinden, zum Be- merken drohender Gefahren, und dazu, Feinden Furcht einzuflößen. Zum Schluß gibt er noch eine Übersicht der Tier- und Pflanzengattungen, welche leuchtende Arten enthalten. Unter den Insekten erwähnt der Verfasser: Lipura, Caenis, Ceraplatus, Chironomus, Culex, Phengodes, Zarhipis, Photuris, Lucvola, Megaloph- thalmus, Amythetes, Phosphaenus, Lamprohiza, Lampyris, Pelania, Lamprophorus, Aspidosoma, Oratomorphus, Photinus, Lueidota, Lucernula, Cladodes, Lamprocera, Pyrophorus und Physodera. WISTINGHAUSEN (1890) beschrieb Tracheenendzellen in den Sericterien der Raupen. Er unterscheidet an ihnen zweierlei Kapillaren, einmal solche, welche die Tracheenkapillaren verschiedener Tracheenendzellen miteinander verbinden, und außerdem noch feine Fäserchen, die sich nicht untereinander verbinden, sondern nach kurzem Verlauf verschwinden. Er vermutet ferner, daß die Ka- pillaren von einer >Peritonealhaut< umgeben sein müssen, obschon er sie nie gesehen hat. — HoLmGREM (189) weist in dem »Tracheenepithel<, das die Tracheenkapillaren der Serieterien begleitet, »sehr kleine, bald mehr gerundete, bald mehr oder weniger lang gestreckte Kerne nach«. Da die Tracheenendzelle nicht den Abschluß der Tracheen bildet, so spricht er von »Übergangszellen«. Schließlieh macht uns PETRUNKEWITSCH (1899) noch mit der Funktion der Tracheenendzellen im Kropf von Periplaneta orientalis und Blatta germanica vertraut. Auffällig ist, daß die Tracheen durch diese »Endzellen geschlossen werden«, daß also in diesen Zellen keine weitere Verzweigung stattfindet. In ‚den erwähnten Tracheenendzellen dieser Tiere, die er mit Fett, Öl oder Karmin fütterte, fand er diese Nahrungsstoffe wieder; von hier aus sollen sie dann ins Innere der Tracheenäste gelangen. Dort entsteht eine »intratracheale Spiral- strömung, und die Stoffe rücken, der Spiralrinne der Taenidien folgend, immer weiter vor, bis sie die großen Tracheenäste erreichen<. Nun werden die Stoffe auf ihrem ganzen Wege allmählich von den Peritrachealzellen absorbiert, bis die Intima völlig frei von ihnen wird. Schließlich wären noch die Arbeiten von RADziszEwskI (1877 und 1880) zu erwähnen, welcher nachweist, daß gewisse organische Stoffe leuchten, wenn sie in alkalischer Reaktion unter der langsamen Einwirkung von aktivem Sauerstoff stehen. Werden z. B. einige Centigramm Lophin in einem Probiergläschen mit konzentrierter Kali- oder Natronlauge übergossen, so sieht man, sobald man schüttelt oder erwärmt, ein weißes, sanftes Licht, das lange leuchtet. Vermischt man 100 & Lophin mit 300 5 Kalilauge, so erhält man durch Umschütteln ein Licht, bei dem man in einer Entfernung von 5 cm Buchstaben erkennen kann. Das Licht ist nach dem Verfasser schon bei 10° C. deutlich zu erkennen, wird bei langsamem Erwärmen intensiver und erreicht bei 65°C. das Maximum der Intensität. Das schönste Licht erhält man, wenn man filtrierte alkoholische Lösungen von Kali und Lophin miteinander mischt und stark schüttelt. Neben Kali spielt Sauerstoff eine wesentliche Rolle beim Leuchtprozeß dieser Substanzen. Leitet man nämlich Wasserstoff durch eine leuchtende Lophinlösung, so wird das Licht schwächer und erlischt nach 15 Minuten ganz. Leitet man Sauerstoff . durch die erwähnte Lösung, so leuchtet sie sehr intensiv. Stets entweicht dabei Ammoniak. Daß diese Lichtentwicklung nicht nur als ein Oxydationsprozeß aufgefaßt werden darf, erhellt schon daraus, daß Lophin, in Eisessig gelöst und 10 Johannes Bongardt, mit übermangansaurem Kali oxydiert, kein Licht entwickelt. Auch Hydrobenz- amid und Amarin leuchten in einer alkoholischen Kalilösung, außerdem Furfurin und Anisidin. Alle Glieder dieser Reihe stimmen darin überein, daß sie ent- weder polymerisierte Aldehyde sind, oder durch Einwirkung von Ammoniak aus Aldehyden entstehen. Auch Formaldehyd und Glukose leuchten. Das Verhalten des Formaldehyd ist nach RAnzIıszEwskI beachtenswert, da nach den Beob- achtungen DUCHEMINS Noctiluca miliaris auf zarter Haut eine ähnliche Er- ‚scheinung wie Brennesseln hervorbringt. Daraus schließt RADzıszEwskı, daß Noctiluca möglicherweise ebenso wie Ameisen Ameisensäure ausscheide. Ein Unterschied würde nur darin bestehen, daß Noctzluca nicht direkt Ameisensäure ausscheidet, sondern Formaldehyd, der durch den Sauerstoff der Luft zu Ameisen- säure oxydiere. Und dieser Oxydationsprozeß würde sich als Leuchten doku- mentieren. Außer den erwähnten Substanzen leuchten auch die Fette, besonders aber die fetten Öle. Von den Alkoholen leuchten diejenigen, die mehr als vier Kohlenstoffatome im Molekül enthalten, und zwar dann, wenn sie mit Kalium- oder Natriumhydroxyd erwärmt werden. Je höher ihr Siedepunkt liegt, je größer also ihr Molekulargewicht ist, desto intensiver vermögen sie zu leuchten. Es ist immerhin beachtenswert, daß die erwähnten Alkohole sehr leicht oxydierende Eigenschaften annehmen, was durch Vermischen mit verdünnter Indigolösung — die schnell entfärbt wird — konstatiert werden kann. Wahrscheinlich ver- lieren die Alkohole erst Wasserstoff, wodurch sie zu Aldehyd werden. Der in der Weise entstehende aktive Sauerstoff soll sich dann in alkalischer Reaktion mit Aldehydmolekülen verbinden, ein Vorgang, der den Chemismus der Phos- phoreszenz ausmachen soll. >Wenn man nun bedenkt, daß in lebenden Organis- men sehr leicht aktiver Sauerstoff entsteht, so beruht das Leuchten der er- wähnten organischen als auch der organisierten Körper auf demselben Prinzip. Die Phosphoreszenz ist dann weiter nichts als ein spezieller Fall des unter dem Namen der physiologischen Oxydation bekannten Prozesses.< Hl. Untersuchungsmethoden. Zum Konservieren der Leuchtorgane benutzte ich 70%, Alkohol, Sublimat- essigsäure, Pikrinschwefelsäure, Überosmiumsäure und HEerMannsche Flüssigkeit. Letztere ist allerdings wenig empfehlenswert, da in ihr die Leuchtorgane brüchig und zu intensiv geschwärzt werden. Die trefflichsten Dienste beim Studium der Tracheen leistete mir die Überosmiumsäure (Os O,). Legt man nämlich lebende Lampyriden in eine wässerige Lösung dieser Säure, so findet man schon nach 3—5 Stunden eine Schwärzung der Tracheenendzellen und ihrer Fortsätze. Diese Schwärzung tritt schon bei einer Verdünnung von 1:1000 ein. Leider ist die Maceration solcher Präparate mit großen Schwierigkeiten verknüpft. Zum Mace- rieren benutzte ich das von M. SCHULTZE empfohlene Jodserum, sowohl künst- liches als natürliches, HerrTwiIGsche Mischung, Essigsäure 20/, Chromsäure 1:5000 und Salpetersäure 20%. Zu den besten Resultaten gelangte ich mit Salzsäure 60/0, in der ich die Objekte einige Tage einer Temperatur von 40° C. aussetzte. Leider erlitten die Nerven bei dieser Behandlung eine tiefgehende Veränderung. Insofern erwies sich die Maceration mit Osmiumsäure 1:2000 bei 40° Wärme günstiger, zumal bei längerem Liegen in dieser Flüssigkeit die Nerven gebräunt werden. Sehr gute Kernfärbung erhielt ich durch Anwendung von Boraxkarmin; zum Differenzieren diente angesäuerter Alkohol. Um eine intensive Schwärzung der Tracheenendzellen und namentlich ihrer Fortsätze zu erhalten, Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 11 wandte ich eine Osmiumsäurelösung von 1:250—1:600 an. Bei einer solchen Schwärzung entgehen jedoch die feinen Tracheenkapillaren leicht der Beobachtung. Bislang war keine Methode bekannt, um eine intensive Schwärzung der Tracheen- kapillaren selbst zu erzielen. Nach vielen Versuchen gelang es mir nun, sie schwarz zu färben, so daß sie sich von dem umliegenden Gewebe deutlich ab- heben. Zu dem Zwecke wurden mit Alkohol oder Sublimatessigsäure konservierte Leuchtorgane mit Boraxkarmin gefärbt und mit angesäuertem Alkohol extrahiert, ‚darauf 24 Stunden in destilliertem Wasser ausgewaschen, über Nacht in eine wässerige Überosmiumsäurelösung von 1:400 gelegt, dann direkt in rohen Holz- essig übertragen, auf etwa 8—10 Stunden. Darauf wurde das Objekt mit destilliertem Wasser ausgewaschen, mit Alkohol gehärtet und in Paraffin einge- bettet. Die Kapillaren traten auf solchen Präparaten (Taf. II, Fig. 2) sehr scharf als tief schwarze Fäden hervor, während die Tracheenendzellen und ihre Fort- sätze, sowie die Leuchtzellen kaum eine Spur von Schwärzung zeigten. Als Plasmafärbung leistete mir bei solchen Präparaten Bleu de Lyon gute Dienste. Die erwähnte Methode hat vor andern den Vorzug, daß sich die Schwärzung auf die Kapillaren beschränkt, infolgedessen der Bau der Tracheenendzellen zu erkennen ist. Insofern bildet dies Verfahren ein Gegenstück zu den allein mit Osmiumsäure behandelten Präparaten. Daß nach dieser Methode die Kerne vor der Einwirkung der Osmiumsäure gefärbt werden können, und daß sie auch mit Erfolg an konserviertem Material verwertet werden kann, erhöht ihren Wert. Letzterer Umstand ist um so wesentlicher, als die Flugzeit der Lampyriden kurz ist. Noch auf eine andere Weise gelang es mir, die Tracheenkapillaren intensiv schwarz zu färben. Zu dem Zwecke legte ich lebende Lampyriden etwa 3—4 Stunden in Osmiumsäurelösung (1:750), präparierte hierauf die Organe aus dem noch lebenden Tiere, konservierte sie mit konzentrierter Sublimatlösung, der ich 10/, Kochsalz zufügte, wusch dann mehrere Tage mit wässeriger und alkoholischer Jodjodkaliumlösung aus, bettete die Objekte in Paraffin ein und legte die mit destillierttem Wasser ausgewaschenen Schnitte in Goldehlorid (10/0) etwa 24 Stunden, schwenkte sie in destilliertem Wasser ab und reduzierte in Ameisensäure (10/,) in diffusem Licht etwa 8-10 Stunden. Auf die Weise er- hielt ich Präparate (Taf. I, Fig. 5), auf denen in den Kapillaren und an der Spiralfaser der Tracheenstämme tiefschwarze Körnchen perlenartig angeordnet sind. Die Leuchtzellen sind ziegelrot, die Tracheenendzellen dunkelrot gefärbt, ebenso ihre Fortsätze und die Kerne. Darin liegt gerade ein wesentlicher Vorzug vor der vorigen Methode, daß solche Bilder gestatten, die Fortsätze der Tracheenendzellen und die Kapillaren im Zusammenhang zu studieren. Die Schwärzung der Kapillaren gelang mir sowohl in den Organen der Männchen von Lampyris splendidula als auch der Weibchen von Lampyris noctiluca. Sehr große Schwierigkeiten bereitet das Studium der in den Leuchtorganen verlaufenden Nerven. Fast ohne Erfolg versuchte ich die Goldimprägnationen nach APATHY, COHNHEIM, RANVIER und VIALLANES. Wohl waren auf solchen Präparaten die Nerven mit ihren Kernen zu sehen. Aber es fehlte ein Kriterium für die Erkennung der feinsten Nervenendigungen, da sich auch Zellgrenzen und Tracheenfortsätze wie Nerven gefärbt hatten. Auch GoLcıs Methode führte nicht zu den gewünschten Resultaten. Ferner brachten mich Versuche mit Silberchromat, sowie Injektionen von Methylenblau (2% —1:1500) beim Studium der Nerven nicht weiter. Schließlich versuchte ich die Nerven noch mit mono- oder dichromsaurem Silber in Verbindung mit Überosmiumsäure zu färben, aber 19 Johannes Bongardt, auch ohne Erfolg. Nach Behandlung mit Pikrinsäure und Eosin waren auch nur die Hauptnervenstämme untrüglich als Nerven zu erkennen. Die besten Präparate zum Studium der Nerven verdanke ich der Behandlung mit Osmiumsäure. Wurden nämlich die Lampyriden 3—6 Tage in eine wässerige Lösung dieser Säure (1:300) gelegt, so nahmen die Nerven eine bräunliche Farbe an. Behandelte ich solche Präparate noch mit Boraxkarmin, so traten auch die Nervenkerne deutlich hervor. Auch hatten solche Präparate den Vorzug, daß sie das Verhalten der Nerven zu den Tracheenendzellen aufzudecken ermöglichten. Zum Auflösen der Konkretionen der undurchsichtigen Schieht von harn- saurem Ammoniak bediente ich mich einer Sodalösung (5%). Zur Isolation der gröberen Tracheenstämme behandelte ich die Objekte mit Kalilauge (1—30%),) oder künstlichem Magensaft bei 40°C. Wurden solche Präparate noch mit Orcein gefärbt, so war die Anordnung der größeren Tracheenstämme leicht zu übersehen. Ill. Topographie der Leuchtorgane. Unsere Fauna enthält von Leuchtkäfern Lampyris splendidula, Lampyris noctiluca, sowie Phosphaenus hemipterus. Letzterer soll sehr selten vorkommen. Das ist wohl der Grund, weshalb der feinere Bau seiner Leuchtorgane noch nicht untersucht wurde. Ich fand die Larven dieser Art sehr zahlreich in der Koniferenanlage des Heidel- berger Schlosses und auf dem Heidelberger Friedhof, wo sie fast den ganzen Sommer leuchteten. Trotz vielen Suchens erlangte ich jedoch nur ein Geschlechtstier, was wohl darauf beruht, daß sie äußerst versteckt leben. In der Gefangenschaft laufen sie unruhig hin und her. Da mir nicht mehrere ausgebildete Käfer dieser Species zur Verfügung standen, so bin ich auch nicht im stande, eine Beschreibung ihrer Leuchtorgane zu geben. Das Männchen von Lampyris splendidula trägt die Leuchtorgane an der Ventralseite des vorletzten und drittletzten Abdominalsegments. Sie liegen der Hypodermis unmittelbar an. Die Chitindecke ist über den Leuchtorganen durchsichtig, so daß sie als weiße Flecken durch- schimmern. Eine solche pigmentlose Stelle der Chitindecke findet sich auch zu jeder Seite der Medianlinie auf der Ventralseite des zweiten Abdominalsegments. Die Leuchtorgane des Männchens von Lampyris noctiluca sind dagegen von außen schwieriger wahrzu- nehmen, da sie von pigmentiertem Chitin verdeckt werden. Damit hängt es wohl zusammen, daß ihr Licht relativ schwach ist. Die Organe dieser Männchen liegen als zwei ovale Gebilde im letzten Abdominalsegment. Das Weibchen von Lampyris noctluca besitzt im fünften und sechsten Abdominalsegment je ein Leuchtorgan, das fast die ganze ventrale Seite des betreffenden Segments einnimmt. Jedes Organ wird Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 13 von sechs Muskelbündeln in sieben Lappen geteilt (Textfig. 1). Außer- dem findet sich noch je ein kleines Organ an den Rändern der Ventralseite des siebenten Segments. Außerdem fand ich noch zwei kleine Leuchtorgane auf der Ventralseite des vierten Abdominalseg- ments, median hintereinander gelegen. Diese waren bisher unbekannt, wahrscheinlich deshalb, weil die Chitindecke, der sie anliegen, an die- ser Stelle undurchsichtig ist. Bei der Präpara- tion entgehen sie den Blicken leicht, da sie dem umliegenden Fett- körper ähnlich sind. Das Abdomen des Weibchens von Lampyris noctiluca ist wie das der übrigen Lampyriden mit vielen Tastborsten versehen, die sowohl an den Dorsal- als auch an den Ventral- und Pleuralplatten in regelmäßigen Abständen stehen. Auf den Zwi- schenhäuten der Seg- mente, sowie den Pleu- ralhäuten finden sich an Textüg. 1. & Lampyris noctiluca @. Ventrale Seite mit den Leuchtorganen (Z) deren Stelle Härchen, schrafflert. m, Muskeln. Vergr. 15. denen die Sinnesgruben fehlen; die Haare sind basal stark verdickt, distal zugespitzt. VER- HOEFF (1895) nennt sie Häutungshaare, da sie die Aufgabe haben sollen, »der Imago beim Ausschlüpfen aus dem Nymphenskelett das Abstreifen desselben zu erleichtern«. Das Chitin der Zwischenseg- menthäute färbt sich mit Orcein intensiver als das übrige; ungefärbt ist es fast durchsichtig. Das Weibehen von Lampyris splendidula hat ein großes Leucht- organ an der Ventralseite des sechsten Abdominalsegmentes, außer- dem zwei, selten drei (ich habe letzteres nur bei drei Individuen ge- funden) kleinere Organe an der Ventralseite des fünften Abdominal- sesments, endlich ein kleines Organ in der Medianlinie des dritten 14 Johannes Bongardt, Abdominalsegments. Außerdem findet man an der lateralen Seite in jedem Abdominalsegment — ausgenommen die beiden letzten — ein knollenförmiges Leuchtorgan. Es liegt an der dorsalen Seite der Seitenzipfel der Pleuren und sitzt einem kurzen Tracheenstamm auf (Textfig. 2), der vom Stigma des betreffenden Segments entspringt und von der Ventralseite in das Organ eintritt. Der Tracheenstamm wird be- gleitet von einem Nerven, der von dem Bauchgan- glion desselben Segments abgeht. Die knollenför- migen Organe sind wie Textfig. 2. die ventral gelegenen von Zensur, tie: Geenchni lu Im Riten. ine EEE ben, das mit zahlreichen Kernen versehen ist, die sich mit Osmiumsäure schwärzen. Das Licht der knollenförmigen Organe ist nur von der dorsalen und lateralen Seite wahrzunehmen; die Organe des ersten und drittletzten Abdominal- segments sind größer und leuchten viel häufiger als die andern. Nur dann, wenn das Tier sehr intensiv gereizt wird, leuchten alle knollenförmigen Organe, selten das des zweiten Abdominalsegments. Dieses Organ ver- dunkelt sich auch zuerst, wenn dem Tiere die Luft ent- zogen wird. [Nach Dusoıs (1898) leuch- tet das linke Leucht- organ am Hals- schilde des Pyro- phorus länger als das rechte, wenn das Tier gereizt wird.] Die Chitindecke der Weibchen von Lampyris splendidula ist pigmentlos, weshalb die weißlichen Leuchtorgane sich nur wenig vom gelblich- weißen Chitin abheben. Eine ähnliche Lage wie die knollenförmigen Organe der Weibchen haben auch die Leuchtorgane der Larven dieser Art (Textfig. 3). In jedem Abdominalsesment — mit Ausnahme des letzten — findet sich jederseits ein kleines Organ, welches einem kurzen Tracheenstämmcehen, das von dem Stigma des betreffenden Segments ausgeht, aufsitzt und Textfig. 3. Lampyris splendidula. Larve, Querschnitt durch das Abdomen. Vergr. 15. Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 15 bei sorgfältiger Präparation mit diesem Stämmchen herausgenommen werden kann. Nach WIELOWIEJSKI sollen diese Organe mehr gegen das Innere des Körpers vorgerückt sein als die knollenförmigen der Weibehen. Wie aber die Textfig. 2 und 3 zeigen, kann auch das Umgekehrte der Fall sein. Die Lage ist bei den einzelnen Individuen sehr schwankend. — Nach WIELOWIEJSKI (82) kann es zweifelhaft erscheinen, ob die Larven von Lampyris splendidula das ganze Jahr hindurch leuchten können. Nach meinen Erfahrungen leuchten sie auch im Winter. Herr Professor Dr. LAUTERBORN brachte mir 14 Exemplare, die er am Sylvesterabend in Johanniskreuz (bayrische Pfalz) gefangen hatte, und welche intensiv leuchteten. Herr Cand. med. v. GössnITz schickte mir Mitte Oktober drei Larven aus dem Harz. Ich selbst fand ferner die Larven im November, Februar, März und April leuchtend. Die Larve von Phosphaenus hemipterus gleicht sehr der Larve von Lampyris noctiluca. Nur ist sie viel schlanker. Dorsal liegt in jedem Segment eine tiefbraune bis schwarze Chitinplatte; zwischen diesen Platten, sowie an den Seiten schimmert der rosa gefärbte Fettkörper durch, während der von der ventralen Seite sichtbare Fettkörper weiß er- scheint. An der Bauchseite hat die Larve in jedem Segment eine grau- braune Chitinplatte, die mit vier Sinnes- haaren versehen ist, von denen zwei Textfig. 4. in der Medianebene stehen. Die beiden Larve von Prosphaenus hemipterus. Quer- schnitt durch das vorletzte Abdominal- Leuchtorgane liegen als kleine ovale nn Knollen von der Größe eines Steck- nadelkopfes im vorletzten Abdominalsegment, je eins am Seitenrand (Textüg. 4). Sie sind dicht von Fettkörperballen umhüllt und dorsal von einer zarten Membran umgeben. Die beiden Leuchtorgane der Larven von Lampyris noctiluca haben eine ähnliche Lage in demselben Segment (Taf. I, Fig. 7L). Auch sie sind — wie die Figur zeigt — von Fettkörperballen um- geben. IV. Bau der Leuchtorgane. Die Leuchtorgane bestehen aus einer durchsichtigen und einer undurchsichtigen Lage. Das Verhältnis beider Lagen ist bei ver- schiedenen Tieren sehr verschieden. Auf Schnitten sind die beiden 16 Johannes Bongardt, Lagen scharf voneinander abgesetzt; doch verläuft ihre Grenzlinie unregelmäßig. Die durchsichtige Lage liegt in den ventralen Leucht- organen der Geschlechtstiere ventral, in den Organen der Larven von Lampyris noctluca und Phosphaenus hemipterus an der inneren und dorsalen Seite. Den knollenförmigen Leuchtorganen des Weib- chens von Lampyris splendidula scheint die Differenzierung in zwei Lagen zu fehlen, worauf WIELOWIEJSKI (1882) zuerst aufmerksam machte. Die Zellen der dunklen Lage sind dieht mit Konkretionen erfüllt, daher undurchsichtig. Beim Zerzupfen werden die Körnehen leicht ausgestreut. Sie treten in solcher Menge auf, daß sie das Studium wesentlich erschweren. Sie sind Sphärokristalle von posi- tiver Doppelbrechung und bestehen — was schon KÖLLIKER (1864) bemerkte und sich bei meinen Untersuchungen bestätigte — aus harn- saurem Ammoniak. Die Murexidprobe gelingt leicht, und bei Er- wärmen mit Natronlauge läßt sich die Entwicklung von Ammoniak nachweisen. Sie sind löslich in verdünnter Sodalösung, Kalilauge, Essigsäure, Wasser und Glycerin, namentlich bei erhöhter Tempera- tur. Läßt man die Leuchtorgane bei gewöhnlicher Temperatur längere Zeit in Wasser liegen, so finden sich an Stelle der Konkretionen nur noch dunkle Pünktchen; zuerst werden sie heller, dann verlieren sie ihre Doppelbrechung. Injiziert man die lebenden Lampyriden mit Methylenblau (1: 1000), fixiert dann mit Ammoniumpikrat und bringt die herauspräparierten Organe in verdünntes Glycerin, so weist die dunkle Schicht große Kristalle auf, die sich intensiv blau gefärbt haben, selbst dann, wenn das Plasma noch keine Spur von Färbung zeigt. Bei Zusatz von Kali- oder Natronlauge werden die Kristalle aufgelöst. Das Vorkommen zahlreicher Körnchen von harnsaurem Ammoniak ist übrigens nichts Charakteristisches für die Leuchtorgane. Sie finden sich nämlich ebenfalls im Fettkörper vieler Insekten. Auch die helle Schicht weist Konkretionen auf, die sich durch ihre geringe Größe von denen der dunkeln Schicht wesentlich unter- scheiden, ferner dadurch, daß sie nicht so scharf konturiert sind wie jene. Sie sind in Wasser und Glycerin unlöslich. Sie sind nicht doppelbreehend; daraus schließt M. SchuLtze (1865 ı), daß sie nicht harnsäurehaltig sind. Doch dürfte dieser Schluß etwas gewagt sein. Da nun ScHuLTzE außerdem »durch abwechselnde Beobachtung mittels Lampenlicht und bei Verfinsterung des Zimmers« beobachtet haben will, daß von der dunkeln Schicht gar keine Lichtentwieklung ausgeht, so kommt er zu dem Resultat, daß trotz ihres innigen Zu- sammenhangs beide Schichten wesentlich verschieden sein müßten. Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 17 Er nennt deshalb die Zellen der ventralen Schicht Parenchym-, die der dorsalen Schicht Uratzellen.. Nach WIELOwIEJsKI (1882) unter- scheiden sich beide Schichten in der Gestalt und Größe der sie zu- sammensetzenden Zellen wie auch im Verhalten derselben zu den Tracheen- und Nervenästelungen nicht. Man braucht aber nur die Schichten an mit Osmiumsäure und Holzessig oder an mit Osmium- säure und Goldehlorid behandelten Präparaten zu studieren, um zu bemerken, daß die dunkle Schicht viel reichlicher mit Tracheen- Endzellen und -Kapillaren versehen ist als die helle (Taf. I, Fig. 1 Lamp. splend. 9). Auch besitzen die Zellen der dunkeln Lage oft sehr große, stark verzweigte Kerne (Taf. I, Fig. 6), die ich trotz langen Suchens in der hellen Lage nie beobachtete. Die helle Lage ist ferner weniger widerstandsfähig als die dunkle. Wenn man z. B. die Leuchtorgane aus Wasser in Alkohol (95°/,) bringt, wie es ArpAraYy für die Nachvergoldung vorschreibt, so ist es stets die helle Lage, welche gänzlich zerreißt. Noch ein auffälliger Unterschied macht sich im Verhalten beider Lagen geltend. Färbt man nämlich mit Pikrinschwefelsäure konservierte Leuchtorgane mit Hämatoxylin und Eosin oder mit Boraxkarmin und Bleu de Lyon, so findet man in der dunkeln Schicht zahlreiche Zellen mit großen, sehr dunkel sefärbten Kernen, an die stets ein Tracheenstamm herantritt. Das Plasma dieser Zellen hat sich mit Eosin viel blasser gefärbt als das umliegende und ist stets geschrumpft und sendet vier bis sieben feine Fortsätze aus. Von solchen Zerrbildern der Tracheenendzellen ist in der hellen Lage keine Spur zu entdecken. Man sieht in ihr an solchen Präparaten überhaupt nichts von Tracheenendzellen. Nach WIELOWIEJSKI verhalten sich die beiden Lagen auch wesentlich ver- schieden gesen Indiskarmin. Während sich nämlich beide gleich- mäßig färben, wird doch nur die dorsale — und zwar ziemlich rasch — entfärbt, wenn man die gefärbten Organe in alkoholische Oxalsäurelösung bringt; die helle Lage dagegen bleibt sehr lang tief- blau tingiert. Trotzdem nimmt WIELOWIEJSKI (1882) an, daß eine allmähliche Umwandlung der Zellen der hellen Lage in die der dunkeln stattfindet. Der Umstand, daß die Grenzlinie beider Schich- ten sehr unregelmäßig ist und die Zellen der einen vielfach in die andere hineinragen, soll dafür sprechen. Wenn man aber bedenkt, daß die Lagen recht scharf gegeneinander abgesetzt sind und daß von Übergangszellen nichts zu entdecken ist, daß sich ferner die bei- den Lagen den verschiedenen Farbstoffen gegenüber ganz verschieden verhalten, so spricht doch sehr wenig für eine solche Annahme. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 9 18 Johannes Bongardt, Ich fand allerdings Zellen, welche einige Merkmale der Zellen beider Lagen in sich vereinigen und insofern als Übergangszellen betrachtet werden könnten; sie aber lagen nicht auf der Grenze beider Schichten. In den Leuchtorganen des achten Abdominalsegments hat nämlich das Weibchen von Lampyris noctiluca an der der Median- ebene zugewandten Seite mehrere Zellen, die sich mit Hämatoxylin und Eosin dunkelblau färben, während sich sonst die helle Lage hellblau und die dunkle rot färbt. Durch den Mangel der Konkre- tionen erinnern diese Zellen an die der hellen, durch ihre sehr großen Kerne an die der dunklen Lage, obschon ihre Kerne die größten der dunklen Lage weit übertreffen (Taf. I, Fig. 4). V. Tracheensystem. Um die Anordnung der Tracheenstämme zu studieren, behandelte ich die Lampyriden mit Kalilauge 1°/, bei 40°C, oder mit Verdau- ungsflüssigkeit bei derselben Temperatur. Letzteres Verfahren hat den Vorzug, daß es die feineren Tracheen unversehrt läßt, ersteres den, daß es das Pigment der undurchsichtigen dorsalen Decke ent- fernt; durch die Kalilauge werden also die Präparate gleichzeitig aufgehellt. Gute Präparate erhielt ich nach dieser Vorbereitung durch Färben mit in Alkohol gelöstem Orcein. Die Anordnung der Stigmen habe ich genauer untersucht bei den Weibchen von Lampyris nocti- luca und Lampyris splendidula. Beide Species haben in jedem Ab- dominalsegment jederseits ein Stigma, das in der Pleuralplatte liegt. Auffällig ist, daß auch das Stigma des ersten Abdominalsegments in der Pleuralplatte liegt, und daß es nicht größer ist als die Stigmen des zweiten bis siebenten Segments. VERHOEFF (1895) schließt daraus, daß die großen Stigmen an der Basis des Hinterleibs der Coleopteren wirklich zum ersten Abdominalsegment gehören, daß sie also sowohl morphologisch als physiologisch Abdominalstigmen sind. Die Stigmen des achten Segments sind kleiner als die übrigen. Sie liegen, da hier die Pleuren fehlen, im Seitenrande der Ventralplatten. Die Stigmen des Männchens von Zampyris splendidula bestehen aus einem Chitinring, der mit der Stigmenöffnung versehen ist. Von dem Ring erstrecken sich zwei sackartige chitinöse Gebilde in das Innere des Körpers hinein. An der ventralen Seite des Chitinrings nimmt der Haupttracheenstamm seinen Anfang. Er ist sehr eng, erweitert sich jedoch bald. Auf dem Spiralfaden größerer Tracheenstämme stehen feine Chitinhaare (Taf. II, Fig. 4). Sie sind alle proximalwärts gerichtet, Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 19 einfach oder verzweigt, und zwar kann diese Verzweigung sowohl am Grunde als auch an der Spitze der Haare stattfinden. Die Stigmen je zwei aufeinanderfolgender Segmente sind durch Längsstämme verbunden. Außerdem sind die beiden Stigmen des- selben Segments durch einen Querstamm verbunden. Von diesen Längs- und Querstämmen aus verbreiten sich dann die Tracheen dureh den ganzen Körper, alle Organe desselben umspinnend oder durehdringend. Besonders stark verzweigen sie sich in den Leucht- organen. Diese werden von Tracheenstämmen versorgt, die in dem betreffenden Segment entspringen. Außerdem treten beim Weibchen von Lampyris splendidula noch Tracheen in das ventrale Organ des sechs- ten Abdominalsegments, die vom Stigma des siebenten Abdominalseg- ments entspringen. Es treten hier also auch von hinten Tracheen in das Organ ein. Mittels Kalilauge kann man die Tracheenstämmechen leicht isolieren. Dabei verwirren und verknäueln sie sich aber leicht derart durcheinander, daß es sehr schwer: ist, ihren natürlichen Ver- lauf aufzudecken. Sicherer gelangt man zum Ziele, wenn man Prä- parate studiert, deren Tracheenstämmehen noch mit Luft gefüllt sind. An solehen Präparaten erkennt man leicht, daß je ein Tracheen- stamm — stets von einem Nerven begleitet — von der dorsalen Seite in die ventral gelegenen und von der ventralen Seite in die lateral gelegenen Organe eintritt. Im Leuchtorgan teilt sich der Hauptstamm in mehrere Äste, deren jeder wieder drei kleinere aus- sendet, beim Weibchen von Lampyris nocttluca fünf, bei der Larve von Lampyris splendidula zwei, deren jeder wieder drei kleinere Stämmcehen aussendet. Der Tracheenstamm, der in die Leuchtorgane von Phosphaenus hemipterus eintritt, teilt sich dagegen in drei größere und einen kleineren Stamm (Taf. III, Fig. 1). | Verfolgt man einen Tracheenstamm an einem mit Luft gefüllten Präparate weiter, so sieht man, daß er fortgesetzt weitere Zweige aussendet, die feiner werden und schließlich aufzuhören scheinen. — Ein ganz anderes Bild gewährt jedoch ein Präparat, das mit einer Osmiumsäurelösung behandelt wurde. Legt man nämlich ein leben- des Männchen von Lampyris splendidula in eine wässerige Lösung von Osmiumsäure (1:400), so leben und leuchten die Tiere lange weiter. Sie leuchten auch dann, wenn sie nicht leuchtend eingelegt wurden. Nach etwa 24 Stunden sieht man, daß die Leuchtorgane gebräunt: sind, mit Ausnahme von einem etwa !/; mm breiten Rande, der weiß geblieben ist. Außerdem ist das ganze Organ mit vielen kleinen schwarzen Pünktchen versehen, die makroskopisch noch eben DIE 20 Johannes Bongardt, wahrzunehmen sind. Hellt man ein solches Präparat mit Sodalösung (9%,) auf und betrachtet es bei schwacher Vergrößerung, so sieht man, daß die feinen Tracheenstämme stark geschwärzt sind, daß aber ihr Spiralfaden plötzlich aufhört. Das Tracheenstämmchen schwillt in manchen Fällen ampullenartig an und geht in einen kleinen, sternförmigen Körper über, der sein Ende zu bilden scheint. Sowohl dieser sternförmige Körper — den M. Scaurtze (18651) Tracheen- endzelle nannte — als auch seine Fortsätze — deren jede Endzelle drei bis sieben aufweist — sind stark geschwärzt. In der Endzelle findet sich stets ein Kern, der dunkler gefärbt ist als das Plasma. An sehr intensiv gefärbten Präparaten ist der Kern nicht zu sehen. Auch die den Tracheenendzellen anliegenden Leuchtzellen sind etwas geschwärzt, indem sich die feinen Körnchen ihres Plasmas in der Umgebung der Endzellen schwärzen (Taf. II, Fig. 1). Die den Tracheen- endzellen anliegenden Leuchtzellen zeigen eine deutliche feinwabige Struktur, die übrigens dem Plasma der Leuchtzellen überhaupt eigen- tümlich ist und vielfach sehr schön hervortritt. Die übrigen Leucht- zellen haben sich höchstens etwas gebräunt. Mit sehr starker Ver- größerung kann man die Fortsätze der Tracheenendzellen, die immer feiner werden, weiter verfolgen; sie verzweigen sich oft oder senden kurze Ausläufer aus (Taf. II, Fig. 1u. 3). Häufig sind sie auch mit protoplasmatischen Anschwellungen versehen. Diese Ausläufer sind sehr weit zu verfolgen. Sie ziehen auf den Grenzen der Leuchtzellen hin und endigen auch zwischen denselben, oder anastomosieren mit- einander. Nie habe ich mit Sicherheit beobachtet, daß ein solcher Fortsatz in eine Leuchtzelle eingetreten wäre. Sie verjüngen sich allmählich oder plötzlich (Taf. I, Fig. 3) und gehen in letzterem Falle in einen oder durch Gabelung in zwei (Taf. II, Fig. 3), selten in mehr sehr feine Fortsätze über (f' auf Taf. U, Fig. 1 u. 5), die fast regelmäßig auf den Zellgrenzen verlaufen und reichlich anasto- mosieren. So wird das ganze Leuchtorgan von einem Netz dieser feinsten Fortsätze der Tracheenendzellen durchzogen. Die Anasto- mosenbildung ist sowohl auf Total-, als auch auf Macerationspräpa- raten und Schnitten deutlich wahrzunehmen. HoLMGREMm (1896) will in den Fortsätzen der Tracheenendzellen der Spinndrüsen von Raupen, die er mit Methylenblau injizierte, kleine runde und ovale Kerne gesehen haben. Obschon ich seine Methoden bis ins einzelne auf die Lampyriden anwandte, habe ich trotz vieler Versuche und der besten Kernfärbung, die ich mit Boraxkarmin er- Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 21 zielte, nie einen Kern in den Fortsätzen der Tracheenendzellen der Leuchtorgane gefunden. Auf Macerationspräparaten bemerkt man häufig einen Zusammen- hang zwischen den feinsten Fortsätzen der Tracheenendzellen und den Leuchtzellen, der auch dann nicht gelöst wird, wenn man auf das Deckglas klopft. Wohl kann man auf diese Weise die Fortsätze zum Zerreißen bringen, ohne daß sie die Verbindung mit den Leucht- zellen aufgeben. Obschon sich also diese Fortsätze den Leuchtzellen sehr eng anschmiegen, wurde doch nie beobachtet, daß sie ins Innere der Zellen eingedrungen wären. Auch habe ich nie beobachtet, daß »die Röhrchen (Tracheenkapillaren) sich dicht den Parenchymzellen an- schmiegen und fest mit ihnen verkleben«, wie WIELoOwIEJskKI (1882) behauptet. Ich habe nur eine innige Verbindung zwischen den Fort- sätzen und den Zellen beobachten können. Wahrscheinlich hat WIELOWIEJSKI die feinsten Fortsätze der Tracheenendzellen mit den Kapillaren, d. h. den feinsten Tracheenröhrchen, verwechselt. Denn es ist sonderbar, daß er von den feinen Fortsätzen nichts erwähnt, obschon er Osmiumsäure in verschiedenen Konzentrationsgraden auf die Organe einwirken ließ und die Fortsätze viel deutlicher hervor- treten als die Kapillaren. Auch in seinen Abbildungen begleiten die Fortsätze die Kapillaren überhaupt nicht (Fig. 8) oder nur auf kurze Strecken (Fig. 4—7 u. 9). Auf keiner Abbildung aber sieht man, daß die Fortsätze die Kapillaren an Länge übertreffen. Emery (1884) nimmt an, daß die Tracheenkapillaren der Leuchtorgane von Luciola ttalica von einer feinsten Plasmaschicht überzogen sind, welche von den Fortsätzen der Tracheenendzellen herrührt, obschon sich diese Schieht mittels der angewandten optischen Mittel nicht unterscheiden ließ. Er kommt durch folgende Überlegung zu dieser Annahme: »Die Parenchymzellen sondern wahrscheinlich den Leuchtstoff ab; dieser wird von den Tracheenendzellen aufgenommen und mittels des in den Tracheenkapillaren vorhandenen Sauerstoffs verbrannt: eine solche Kombustion kann nur da stattfinden, wo die Chitinmembran der Tra- cheen außerordentlich fein und leicht durchdringbar ist, was eben an den Kapillaren der Leuchtplatten der Fall ist. Deshalb bräunt sich das Plasma der Tracheenzellen nur an der Gabelung der Tracheen- zweige und um die Kapillaren.« WIELOWIEJSKI vermutete gleichfalls, daß die Tracheenkapillaren von einem feinen protoplasmatischen Überzuge umgeben sind. Denn »die bei der Quellung erfolgende Schlängelung oder gar Verknäuelung der Tracheenkapillaren beweist deutlich, daß dieselben in ihrer ganzen 22 Johannes Bongardt. Länge von einem protoplasmatischen Überzuge umgeben sind, weleher zwar optisch seiner Zartheit wegen nicht direkt nachweisbar ist, trotzdem aber durch seine gleichmäßige Quellung oder Schrumpfung auf den Verlauf des eingeschlossenen Chitingebildes einen Einfluß ausgeübt hat«. Um die feinsten Fortsätze der Tracheenendzellen mit Sicherheit von bloßen Zellgrenzen der Leuchtzellen zu unterscheiden, ist es ratsam, eine konzentriertere Lösung von Osmiumsäure (1:250) auf die Organe ein- wirken zu lassen, weil dadurch auch die Fortsätze intensiv geschwärzt werden und sich von den Zellgrenzen, auf denen sie verlaufen, als etwas Besonderes abheben. Gilt es jedoch, die letzten Enden der Tracheenkapillaren zu verfolgen, so bedient man sich besser einer Lösung 1:700, weil zu starke Schwärzung der Tracheenendzellen die Kapillaren verdeckt. An solchen Präparaten sieht man, daß der Tracheenast in den meisten Fällen schon vor seinem Eintritt in die Endzelle seinen Spiralfaden einbüßt und sich in der Zelle etwas ver- Jüngt. Darauf sendet er drei bis sieben sehr feine Kapillaren aus (Taf. I, Fig. 5 u. Taf. I, Fig. 1 u. 2). Jeder Tracheenfortsatz schließt also eine Kapillare ein, in höchst seltenen Fällen deren zwei. Doch fand ich nie, daß sich die Kapillaren verzweigen, oder daß sie in feinere Kapillaren zerfallen, oder Anastomosen bilden. Gegen letz- tere Annahme spricht auch schon ihre relativ geringe Länge. Sie verlaufen nämlich eine Strecke weit in den Fortsätzen der Endzellen und endigen dann plötzlich. Daß sie bis zu ihrem Ende hohl sind, wird erst sicher dadurch bewiesen, daß sich sowohl bei Behandlung mit Goldchlorid (Taf. I, Fig. 5) als mit Osmiumsäure-Holzessig (Taf. III, Fig. 2) in ihnen ein feiner Niederschlag bildet, im ersten Fall in Form von kleinen schwarzen Körnchen. Im natürlichen Zustand sind sie nach M. ScauLtze (18651) nicht mit Luft, sondern mit einer Flüssigkeit erfüllt. Nie habe ich beobachtet, dass die Kapillaren in Leuchtzellen eindringen. Nach HEINEMANN (1886) soll dies in den Leuchtorganen von Pyrophorus oft zu beobachten sein. Die Endzellen treten übrigens nicht nur nach Behandlung mit ÖOsmiumsäure hervor, sondern, wie schon p. 17 beschrieben, auch dann, wenn man die Leuchtorgane mit Boraxkarmin und Bleu de Lyon färbt, ferner nach der Behandlung mit Goldchlorid nach ApArny. Es fällt auf, daß nicht nur die Endzellen verschiedener Organe, die in gleicher Weise behandelt wurden, sondern auch desselben Organs sich recht verschieden schwärzen (Taf. II, Fig. 3). Während einige intensiv schwarz sind, sind andere nur blaß, wieder andere fast gar Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 23 nicht gefärbt. Dieselbe Eigentümlichkeit zeigen natürlich auch ihre Tracheenkapillaren. Was diese Unterschiede bewirkt, ist noch nicht definitiv entschieden. Es wäre nicht unmöglich, daß die In- tensität des Leuchtens der mit Osmiumsäure behandelten Käfer auf den Grad der Färbung einen wesentlichen Einfluß ausübt. Es ist immerhin auffällig, daß die Endzellen der mit Osmiumsäure-Gold- chlorid behandelten Organe gleichmäßig rot gefärbt sind, in der hellen Schicht natürlich schwächer als in der dunkeln. Die Struktur der Leuchtorgane ist am besten an solchen Präpa- raten zu studieren, die, wie oben geschildert, in konserviertem Zustand mit Osmiumsäure-Holzessig behandelt wurden. Auf solchen Präpa- raten (Taf. III, Fig. 2) ist das Plasma der Endzellen viel blässer als das der Leuchtzellen. Auf den Grenzen der Endzellen ist die Osmium- säure in Form von kleinen Körnchen besonders reichlich reduziert. Der Kern der Endzellen unterscheidet sich von denen der Leuchtzellen wesentlich durch seine ovale Gestalt. In seiner zweiten Arbeit bezweifelt M. SCHULTZE merkwürdiger- weise die zellige Natur der Endzellen. Nachdem er nämlich p. 300 die Lage der Tracheenästchen zu den Zellfortsätzen aufgeklärt hat, fährt er fort: »Kerne haben wir in ihnen nicht deutlich erkennen können, Die ampullenartige Erweiterung einzelner Tracheenäste könnte zu Verwechselungen mit Kernen Veranlassung geben.< Wenn nun auch an den mit Osmiumsäure behandelten Präparaten die Kerne oft sehr verdeckt, ihr Umriß undeutlich und ihre Struktur unkenntlich wird, so ist doch auf den mit Goldehlorid oder Osmiumsäure-Holzessig be- handelten Präparaten der Kern als solcher so klar zu erkennen, daß wir in den von M. ScHULTZE benannten Tracheenendzellen zweifellos wirkliche Zellen vor uns haben. Denn bei letzterer Methode kann man die Kerne vor der Einwirkung der Osmiumsäure mit Boraxkarmin vortrefflich färben. Die vorstehend beschriebenen Endzellen finden sich jedoch nur bei Lampyris splendidula in den Leuchtorganen der Männchen und den ventral gelegenen der Weibchen. Legt man dagegen die Weibchen von Lampyris noctiluca in Osmiumsäurelösungen verschiedener Kon- zentration, die man 3 Stunden bis zu 3 Tagen und noch länger einwirken läßt, so sind die Leuchtorgane wohl gebräunt; auch sind nach längerer Einwirkung die Tracheenstämme geschwärzt; aber von gefärbten Endzellen findet man nichts. Dagegen senden die noch mit ihren Spiralfäden versehenen Tracheenästchen an vielen Stellen nach den verschiedensten Seiten sowohl Tracheenzweige von ver- 94 Johannes Bongardt, schiedenem Durchmesser aus, die wieder in kleinere Zweige und Kapillaren sich verteilen, als auch ganz feine Kapillaren, die sich durch ihre enorme Länge und dadurch, daß sie sich verzweigen, von den oben beschriebenen Kapillaren unterscheiden. Ich habe die Kapillaren jedoch nur an solchen Präparaten gefunden, die mit Gold- chlorid oder Osmiumsäure-Holzessig behandelt worden waren, in welchen die Kapillaren also einen Niederschlag enthielten (Taf. I, Fig. 6, Taf. III, Fig. 3 und 4). In Organen, die nur der Wirkung von Osmiumsäure ausgesetzt worden waren, sieht man nur die blaß gefärbte Peritonealhaut, d. h. das Plasma der Tracheen, das als lange Fäden im ganzen Organ reichlich nachzuweisen ist. Diese Ausläufer verzweigen sich reichlich und bilden wie die Fortsätze der Endzellen viele Anastomosen (Taf. III, Fig. 4). Den Beweis, daß die vorliegenden Gebilde nicht die Kapillaren selbst sind, kann man leicht dadurch erbringen, daß man längere Zeit Kalilauge auf sie ein- wirken läßt. Alsdann verlieren sie nämlich nicht nur ihre Farbe, son- dern schwinden überhaupt. Es ist ferner leicht zu beobachten, daß die Peritonealhaut, die sich an den Bifurkationsstellen der Kapil- laren schwimmhautartig ausbreitet, gerade so gebräunt ist wie diese Ausläufer. Es bleibt ja immerhin sonderbar, daß sowohl diese schwimmhautartigen Ausbreitungen als die feineren Ausläufer durch starke und schwache Osmiumsäurelösungen nur schwach gefärbt werden, während die Endzellen und ihre Ausläufer sich so intensiv schwärzen. Ein ähnliches Verhalten wie die Leuchtorgane der Weibchen von Lampyris noctluca zeigen die der Larven von Phosphaenus hemipterus. Legt man diese Tiere 4—24 Stunden in Osmiumsäure- lösung von 1:1000, so ist von den Tracheenkapillaren so gut wie gar nichts zu sehen. Dagegen hat sich die sog. Peritonealhaut der Tracheen, welche an den Hauptstämmchen sehr stark ist, intensiv gebräunt, bei längerer Einwirkung sogar geschwärzt. Außerdem ent- hält sie viele Körnchen und kleine Kerne. Dieselbe Beobachtung machte WIELOWIEJSKI bereits an den Leuchtorganen der Larve von Lampyris noctiluca. Der wesentlichste Unterschied im Verzweigungstypus der Tracheen in den Leuchtorganen der Männchen von Lampyris splendidula und der ventral gelegenen der Weibchen einerseits und der Leuchtorgane der Weibchen von ZLampyris noctiluca sowie der lateralen Organe der Weibehen von Lampyris splendidula, und der Leuchtorgane der Larven von Phosphaenus hemipterus anderseits ist also der, daß Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 25 bei ersteren die Tracheenästehen nur an ihrem Ende Kapillaren aussenden, und zwar innerhalb von besonderen Endzellen, während bei letzteren die Tracheenästehen an den verschiedensten Stellen Kapillaren abgeben, so daß eine baumförmige Verzweigung vorliegt. Die Kapillaren nehmen also nicht nur am Ende der Tracheenstämme ihren Ursprung, sondern auch an Stellen, die dem Hauptstamme nahe liegen (Taf. II, Fig. 3). Oft teilt sich auch ein Tracheenast in mehrere Äste, deren jeder an seinem Ende viele feine Fortsätze aus- sendet, ohne dabei in eine Endzelle überzugehen (Taf. I, Fig. 8). Nicht selten sieht man, daß ein Tracheenast sich vor seinem Ende ein wenig verjüngt, um wieder anzuschwellen und sich plötzlich zu verzweigen (Taf. II, Fig. 6). Ein prinzipieller Unterschied zwischen beiden Verzweigungstypen existiert also nicht. Für diese Behauptung spricht schon der Umstand, daß ich an Präparaten des Weibchens von Lampyris nochluca, das mit Osmiumsäure-Holzessig behandelt worden war, Zellen gefunden habe, die in vielen Punkten mit den Endzellen übereinstimmen und auch wohl als solche bezeichnet werden können. Übereinstimmung zeigen sie zunächst in ihrer Lage. Wie Taf. I, Fig. 8Tre zeigt, liegen auch diese Zellen da, wo mehrere Kapillaren von einem Tra- cheenstamm sich abzweigen, oder wo mehrere Tracheenästchen und Kapillaren sich abzweigen (Taf. III, Fig. 3). Auch hier ist in diesen Zellen ein ovaler Kern leicht erkennbar. Nach WIELOWIEJSKTIs Vermutung soll der baumförmige Ver- zweigungstypus einem geringeren Atmungsbedürfnis entsprechen. Nach Euery (1884) haben die Leuchtorgane der Lueciola ttalica eine noch vollkommenere Differenzierung, welche sich besonders in der typischen Ausbildung der Endzellen selbst und in der konstanten zweiästigen Gabelung der Tracheenendzweige kundgibt. VI. Nerven. Die Nerven, welche die Leuchtorgane der Männchen von Lam- pyris splendidula, der Larven von Lampyris noctiluca und Phos- phaenus hemipterus, sowie die ventral gelegenen der Weibchen von Lampyris splendidula versorgen, entspringen den letzten Ganglien des Bauchstrangs. Sie treten von der dorsalen Seite in die Leucht- organe ein. Die knollenförmigen lateralen Leuchtorgane der Weib- chen und Larven von Lampyris splendidula dagegen erhalten Nerven, die dem Ganglion des betreffenden Segments entspringen; sie treten von der ventralen Seite in das Organ ein und sind ebenfalls stets 26 Johannes Bongardt, von einem Tracheenstamm begleitet. Durch das ganze Leuchtorgan verbreiten sich die Verzweigungen der Nerven, die sich den Tracheen- stämmchen so eng anschließen, daß die Nervenkerne den Kernen der Matrix der Tracheen oft unmittelbar anliegen. Fast auf jedem Schnitt sieht man viele quergetroffene Nerven und Tracheen dicht nebeneinander. Die Nerven verzweigen sich meist hirschgeweihartig. Die stark verbreiterten Verzweigungsstellen sind meist mit drei bis fünf Kernen versehen, von denen sich einige durch besondere Größe auszeichnen. Die Nervenkerne sind durch ihre langgestreckte Ge- stalt meist leicht von den übrigen Kernen zu unterscheiden. Auch zwischen den Verzweigungsstellen weisen die Nerven viele Anschwel- lungen auf, die mit Kernen versehen sind (Taf. H, Fig. 3N). An mehreren Nervenästchen ist eine Fibrille als dunkle Faser weit zu verfolgen (Taf. IIL, Fig. 3 N). M. ScHhurtze (1864) hielt es für wahrscheinlich, daß die Nerven- enden mit den Tracheenendzellen in Zusammenhang stehen. Ein solcher Zusammenhang ist nun nachzuweisen, wenn man die Männchen von Lampyris splendidula etwa 3 bis 6 Tage lang in Osmiumsäure- lösung 1:300 legt, das Präparat darauf mit Sodalösung aufhellt und mit Boraxkarmin färbt. Die Nerven sind dann gebräunt, die Tracheen- endzellen geschwärzt. Fig. 3, Taf. II ist einem solchen Präparat ent- nommen. Der Nerv N tritt von der einen, N’ von der anderen Seite an eine Tracheenendzelle heran. Derartige Bilder bieten oft Total- präparate und dicke Schnitte. Namentlich begegnet man ihnen in der durchsichtigen Lage, und zwar vor allen Dingen am oberfläch- lichen Rand derselben, wie denn diese Gegend überhaupt relativ sehr viele Nerven aufweist. Das Studium der Nerven wird dadurch besonders erschwert, daß bei den verschiedensten Präparationsmethoden die feinsten Nerven- verzweigungen nur mit Mühe von den Ausläufern der Tracheenendzellen zu unterscheiden sind. Denn sowohl salpetersaures Silber als auch Goldehlorid wirken nicht nur auf die Nerven, sondern auch auf die Fortsätze der Endzellen derart ein, daß man nur nach sorgfältigem Studium und selbst dann kaum sicher behaupten kann, was für Gebilde vorliegen. Um nachzuweisen, ob die feineren Nervenzweige mit Leuchtzellen . in Verbindung treten, bediente ich mich verschiedener Macerations- mittel. Leider konnte die bei Macerationen der Leuchtorgane sonst sehr brauchbare Salzsäure (6°,) beim Studium der Nerven nicht verwertet werden, da sie eine tiefgehende Veränderung der Nervenstruktur bewirkt, Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 27 so daß die Kerne aufgelöst werden und die Nerven als solche kaum noch zu erkennen sind. Ich macerierte deshalb mit Osmiumsäure, die noch den Vorteil bietet, daß sie die Nerven bräunt. Das Zerfallen der Organe wird durch vorsichtiges Klopfen auf das Deckglas oder durch Schütteln in einem Reagenzgläschen und Zentrifugieren bewirkt. Auf solchen Präparaten bemerkt man nicht selten, daß die feineren Nerven mit den Leuchtzellen in Verbindung treten, indem sie sich denselben dicht anschmiegen und fest mit ihnen verkleben. Daß sie aber ins Innere der Zellen bis zum Kern vordringen, wie OwsJAannıkow (1868) berichtet, habe ich nie beobachtet. Wohl aber habe ich die von WIELOWIEJSKI zuerst abgebildeten Nervenästchen, denen mehrere längliehe oder ovale Körperchen aufsitzen, die mehrere große Keme aufweisen, gesehen. Schließlich scheint Fig. 5, Taf. II vielleicht noch eine besondere Nervenendigungsweise zu zeigen. Die Abbildung ist einem mit Os- miumsäure behandelten Präparat entnommen. Der Nervenausläufer (N) verzweigt sich und wird allmählich immer feiner, macht dann eine Biegung und schwillt an seinem Ende ein wenig an. Diese Anschwellung ist mit feinen Fortsätzen versehen. Zum Schluß sei noch darauf aufmerksam gemacht, daß die ventrale Seite der Larven sowohl als auch der Geschlechtstiere un- serer Leuchtkäfer mit Tastborsten versehen ist, die mit Tastzellen in Verbindung stehen. Diese von WIELOWIEJSKI (1882) beschriebenen Tastzellen sind den von Leyvıc (1851) beschriebenen Tastzellen der Larven von Corethra plumicornis ähnlich, unterscheiden sich aber von ihnen dadurch, »daß sie oftmals mehrlappig sind, mitunter sogar aus zwei, kaum miteinander verbundenen Hälften bestehen und ein trübkörniges, fast drüsiges Aussehen haben«. Vil,. Physiologisches. Betrachtet man die Leuchtorgane im abgeschnittenen Abdomen des Männechens von Lampyris splendidula im Dunkelkasten bei schwacher Vergrößerung, so erkennt man im Leuchtorgan kleine leuchtende Punkte, deren Zahl mit der Leuchtintensität zunimmt. Obschon Größe und Helligkeit dieser Punkte bedeutenden Schwankungen unterliegen, so bleibt ihre Anordnung doch immer dieselbe. Von diesen Punkten aus verbreitet sich das Licht über das ganze Leucht- organ. ‘Beim allmählichen Erlöschen des Organs leuchten diese Punkte noch einige Zeit fort. Nach M. Scauttze (1865 ı) entspricht die Zahl und Anordnung dieser Punkte etwa der der Tracheenend- 28 Johannes Bongardt. zellen. Daraus schließt er, daß es möglicherweise die Endzellen sind, an welchen die Lichtentwicklung zuerst auftritt; von ihnen aus soll sich dann das Licht auf die Leuchtzellen verbreiten. Daß aber die leuchtende Materie der Leuchtkäfer eine Zelle sei, die am Ende der Tracheen sitzt, davon sagt M. SCHULTZE mit Bestimmtheit nichts, obschon PFLÜGER (18751) es von M. ScHULTZE behauptet. Ich habe nun die Zahl der erwähnten Lichtpunkte an vielen Exemplaren mit der Zahl der intensiv geschwärzten Tracheenendzellen verglichen und kam stets zu dem Resultat, daß die Zahl der Tracheenendzellen die der Liehtpunkte bei weitem übertrifft. Nach Euwery (1884) findet die leuchtende Verbrennung an der Oberfläche der Leuchtzellen statt, »aber außerhalb ihrer Substanz selbst«. Er nimmt an, daß von den Leuchtzellen ein Leuchtstoff ab- gesondert wird, der von den Tracheenendzellen aufgenommen und von dem Sauerstoff der Tracheenkapillaren verbrannt wird. Daß den Tracheenendzellen bei physiologischen Vorgängen eine große Be- deutung zukommt, beweist PETRUNKEWITSCH (s. p. 19) für die Tracheen- endzellen am Kropfe von blatta germanica experimentell. Daß bei der Erklärung des Leuchtprozesses jedoch nicht nur die Tracheenendzellen zu berücksichtigen sind, geht schon daraus hervor, daß nach M. Scuuutze (1865 ı) die helle Lage des Organs leuchtet, daß aber — wie p. 17 erwähnt worden ist — gerade die dunkle Lage besonders reich an Tracheenendzellen ist (Taf. I, Fig. 1). Wenn nun auch die Schwärzung der Tracheenendzellen für ein be- sonderes Reduktionsvermögen dieser Gebilde spricht, so muß doch auch berücksichtigt werden, daß einerseits diese Reduktion in den Leuchtorganen der Weibehen von Lampyris noctiluca gänzlich aus- bleibt, und daß sich anderseits auch in der Wand der Samenschläuche von Lampyris splendidula, im Fettkörper vieler Insekten, ferner in den Embryonen der Schmetterlinge, Ichneumoniden, Syrphiden und Fliegen Tracheenendzellen finden und die betreffenden Organe nicht leuchten. WIELOWIEJsKI (1882) will den Tracheenendzellen beim Leuchtprozess deshalb keine bedeutende Rolle zuschreiben, weil er einerseits ihre Verbindung mit den Nerven gänzlich vermißt, welche nach seiner Meinung notwendig vorausgesetzt werden muß wegen des Einflusses, den das Nervensystem auf das Leuchten ausübt, und weil anderseits nach ihm die Beschaffenheit des Protoplasmas der Tracheenendzellen derart ist, daß ihnen jede Fähigkeit, flüssige Stoffe abzuscheiden, abgesprochen werden müsse. Bezüglich des ersten Einwandes hoffe ich in vorliegender Arbeit die vermißte Verbindung Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 29 nachgewiesen zu haben. Den zweiten Einwand versucht Emery (1884) zu beseitigen, indem er annimmt, daß die Leuchtzellen den Leucht- stoff absondern, die Tracheenendzellen ihn nur aufnehmen. Diese Absorptionskraft der Tracheenendzellen hat PETRUNKEwITscH (1900) bewiesen. Die große Affinität der Tracheenendzellen zum Sauerstoff gilt WIELOWIEJSKI um so weniger als ein Beweis für die direkte Beziehung der Tracheenendzellen zum Leuchtprozesse, als z. B. die roten Blutkörperchen der Wirbeltiere ein ähnliches Verhalten zeigen, obwohl niemand diese Zellen als den eigentlichen Sitz der Oxydation im Organismus betrachten würde. WIELOWIEJSKI kommt nun zu dem Ergebnis, daß die Tracheenendzellen, sowie die von ihnen ausgehende Tracheenmatrix analog den roten Blutkörperchen der Wirbeltiere den Sauerstoff der Luft, die sich in den Tracheenästcehen befindet, absor- bieren und an die zunächst gelegenen Leuchtzellen abgeben. »Die durch das Nervensystem erregten Parenchymzellen, resp. deren Se- krete, beginnen von diesen Stellen aus zu leuchten, weil sie hier zunächst eine größere Menge Sauerstoff erhalten.«e WIELOWIEJSKI hält das Leuchten also auch für eine einfache Oxydationserscheinung. Bereits MAcAIRE (1822) stellte fest, daß das Leuchten der Lampyriden in indifferenten Gasen, sowie in Öl und fetten Substanzen erlischt, daß ferner Chlor, Salpeter- und Schwefelsäure das Leuchten vernichten. Diese Angaben wurden von KÖLLIKER (1858), OwsSJAnNnIkow (1868) und MıLyE EpwArns (1863) durch zahlreiche Experimente bestätigt. Außerdem gelangten diese Forscher zu dem Resultat, daß das Leuchten in Sauerstoff sehr intensiv ist, dass es ferner der Willkür der Tiere unterworfen ist, und daß weiter verdünnter Alkohol, wasser- freier Äther, salpetersaures Silber, Chloroform und Chlordämpfe, sowie Phosphor-, Essig-, Wein-, Zitronen- und Chromsäure als Erreger wirken. Die Dämpfe von Blausäure und Coniin sollen das Leuchten für immer vernichten. Dusoıs (1886) findet dann weiter, daß der galvanische Strom, sowie Zwicken des freigelegten Bauchmarks von Pyrophorus mittels einer Pincette das Leuchten verstärken, die Schwingungen einer durch einen Elektromagneten in Bewegung gesetzten Stimmgabel sowie sehr starker Luftdruck dasselbe aber zum Schwin- den bringen. Im luftverdünnten Raume wird das Licht allmählich schwächer. In einer ausgepumpten Flasche, die mit ausgekochtem Wasser gefüllt ist, leuchtet nach Dugoıs (1886) das Tier weiter; doch nimmt das Licht jetzt eine feuerrote Farbe an. Die des Wassers beraubten Pyrophoren sollen nach demselben Autor ihre leuchtende Kraft eher einbüßen als ihre Lebenskraft. Um fast ausgetrock- nete Tiere wieder zum Leuchten zu bringen, genügt eine Injektion von Wasser. Injiziert man solche Tiere mit Alkohol statt mit Wasser, so erlischt das Licht recht bald und ist durch Wasser nicht wieder zum Vorschein zu bringen. Um die Bedeutung gasfreien Wassers für den Leuchtprozeß zu veranschaulichen, troeknete Dugoıs Leuchtorgane im Vakuum und bewahrte sie an einem trocke- nen Orte einen Monat auf. Darauf legte er sie in eine an beiden Enden mit Hähnen verschlossene Glasröhre, die er mittels der Luftpumpe evakuierte. Als er dann ausgekochtes Wasser in die Glasröhre leitete, leuchteten die Organe 30 Johannes Bongardt, noch 4 bis 5 Minuten. Werden getrocknete Organe einem Druck von 600 Atmo- sphären ausgesetzt, so leuchten sie nach DuBo1s noch intensiv. Dusgoıs (1886) hat weiter zu ermitteln versucht, welchen Einfluß reiner Sauerstoff auf den Leuchtprozeß ausübt. Er kommt zu dem Resultat, daß sich die Pyrophoren unter gewöhnlichem Luftdruck in Sauerstoff gerade so verhalten wie in atmosphärischer Luft, daß aber die Intensität des Leuchtens entschieden zunimmt, wenn man den Sauerstoff unter einen Druck von fünf Atmosphären bringt. Ebenso soll auch Phosphor unter gewöhnlichem Luftdruck bei einer Temperatur unter 20° C. in reinem Sauerstoff nicht leuchten. In Wasserstoff und Stickstoff sollen nach Dupoıs sowohl die ganzen Indi- viduen als die herauspräparierten Organe höchstens 1/, Stunde leuchten, in Kohlensäure aber das Leuchten schon früher aufhören. Schließlich setzte Dugoıs die Pyrophoren noch verschiedenen Temperaturen aus und fand, daß sie bei —15° C. noch intensiv leuchten, ja daß sogar bei — 100° C. noch ein helles Leuchten wahrzunehmen war. Er konstatierte, daß das ausgestrahlte Licht der Pyrophoren ein konti- nuierliches Spektrum zeigt. Es sei an dieser Stelle darauf aufmerksam gemacht, daß nicht alle phosphoreszierenden Wesen dasselbe Licht ausstrahlen, daß z. B. das Licht der Pilze nach Lupwiıc (1874) wesentlich variiert. Das Licht der Lampyriden unterscheidet sich von dem der Lueiola. Ja, dasselbe Individuum kann in verschiedenen Stadien der Entwicklung verschiedenes Licht ausstrahlen. Die Larven der Pyrophoren können sogar dreifarbiges Licht produzieren (Dugo1ıs, 1886). Das Lampyridenlicht ist reich an blauen und violetten, dagegen arm an roten und gelben Strahlen und geht etwas über die Linie C hinaus, das Licht des Pyrophorus bis F. Mit der Abnahme der Lichtstärke nimmt das Spektrum gegen die blaue Seite ab, gegen die rote zu. Das Umgekehrte findet bei er- höhter Lichtintensität statt. Werden die Tiere gereizt, so bemerkt man zuerst die grünen Strahlen, später die blauen und violetten. Je höher die Temperatur während des Reizes ist, desto brechbarere Strahlen werden wahrgenommen. Das Licht der Lampyriden ist bläulich, das von Pyrophorus grünlich, das von Lueiola gelblich. Diese Variationen beruhen nach Dugoıs (1886) hauptsächlich auf der verschiedenen Lichtintensität. Denn das Licht der Eier und Puppen von Pyro- phorus soll ebenfalls bläulich sein, weil es eben relativ schwach ist. Auch MUrRAORA (1895) hat das »Johanniskäferlicht« untersucht und kommt nach zahlreichen Versuchen zu folgendem Resultat: »Das natürliche Käferlicht verhält sich wie gewöhnliches Licht. Die durch Filtration des natürlichen Käfer- lichts durch Karton oder eine Kupferplatte erhaltenen Strahlen haben ähnliche Eigenschaften wie die RÖNTGENnschen oder die BECQUERELSchen Fluoreszenz- strahlen. Sie zeigen dem Karton gegenüber ein auffallendes Verhalten, das Saug- phänomen, welches dem Verhalten der magnetischen Kraftlinien gegen Eisen ähnlich ist. Die Eigenschaften der filtrierten Käferstrahlen scheinen von den filtrierenden Substanzen abzuhängen, vielleicht von der Dichtigkeit der letzteren. Sie zeigen deutliche Reflexion; Refraktion, Interferenz und Polarisation konnten nicht nachgewiesen werden, doch glaubt der Verfasser, daß sie vorhanden sind.« Die chemische Wirkung der von Pyrophorus ausgesandten Strahlen scheint nach DUBoIs sehr schwach zu sein, obschon sie auf sehr empfindlichen Trocken- platten tiefgehende Veränderungen hervorrufen, ja Dusoıs mittels derselben so- gar photographiert hat. Aber es gelang diesem Forscher nicht, das Licht für die Assimilation von Kressen und Rettichen zu verwerten, obschon diese Pflan- zen in einem Lichte assimilierten, das viel schwächer war als das der Leuchtkäfer. Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 31 Auch die Wärme, welche die leuchtenden Organe ausstrahlen, ist nach Dusoıs (1886) sehr gering. Selbst das Licht mehrerer Pyrophoren vermochte auf ein Radiometer*keine Wirkung auszuüben. Ebenso gab der Thermomulti- plikator bei Dusoıs’ Versuchen keinen Ausschlag, selbst dann nicht, wenn man ihm den Käfer möglichst nahe brachte. Brachte Dusoıs aber das Abdomen des Käfers in unmittelbare Berührung mit dem Unemsmalamleuen, so war ein ganz geringer Ausschlag wahrzunehmen. Ich habe nun verschiedene Experimente Dusoıs’ wiederholt, kam aber bezüglich des Verhaltens der indifferenten Gase zu dem Leucht- prozeß zu ganz anderen Resultaten. Ich experimentierte vorwiegend mit den Leuchtorganen der Weibchen von Lampyris noctluca, weil sie größer sind und intensiver leuchten als die anderer Lampyriden. Versuche über Trocknung der Organe und Verhalten im Vakuum. Die herauspräparierten Organe trocknete ich im Va- kuum über Chlorcalecium. Ich vermied absichtlich Schwefelsäure, weil deren Dämpfe den Leuchtorganen eventuell schaden könnten. Trotz der verschiedensten Reizmittel, die ich anwandte, waren die Organe im trocknen Zustand nicht zum Leuchten zu bringen, während nicht getrocknete Organe schon infolge des geringsten Reizes leuchteten. Wurden sie jedoch mit destilliertem Wasser benetzt, so strahlten sie ein intensives Licht aus, das sich durch ein eigentümliches Flimmern auszeichnete. Darauf brachte ich die zuerst getrockneten und dann ange- feuchteten Organe in ein Glasröhrchen, aus dem ich mittels der Wasserluftpumpe die Luft bis auf 1cm Quecksilberdruck entfernte. Das Leuchten wurde schwächer, bis es nach 21/, Minuten gänzlich aufhörte.. Sobald wieder Luft zutrat, strahlten die Organe wieder ein intensives Licht aus. Gerade so verhielten sich auch frische Leuchtorgane, die eben herauspräpariert waren. Die in der beschriebenen Weise, getrockneten Organe wurden in einem Glasröhrchen, aus dem ich die Luft mit der Wasserluftpumpe bis auf 1cm Quecksilberdruck entfernte, und das dann zugeschmolzen war, vom 16. Juli 1901 bis zum 3. August 1902 aufbewahrt. Als sie dann herausgenommen und in der Dunkelkammer mit Wasser be- feuchtet wurden, blieben sie zunächst völlig dunkel, Nach 12 Minuten war ein schwaches Leuchten warzunehmen, das nach längerem Auf- enthalt in der Dunkelkammer immer heller wurde und schließlich in einer. Entfernung von 2 m noch deutlich wahrzunehmen war. Eier von Lampyris noctluca, die ich gerade so behandelt hatte, strahlten dagegen kein wahrnehmbares Licht mehr aus. Dusoıs 32 Johannes Bongardt, (1886) kam durch seine Experimente mit Pyrophorus zu ähnlichen Resultaten. Versuche über Erwärmung. Ferner habe ich herauspräparierte Leuchtorgane von Lampyris noctiluca Q in einem mit Wasser ge- füllten Kochfläschehen allmählich erwärmt. Bis zu etwa 40°C, nahm das Leuchten zu, darauf wurde das Licht schwächer. Bei 58° C. schwand es gänzlich und war nicht wieder hervorzurufen. Das Weibchen von Lampyris noctluca wurde in einer mit Wasser gefüllten Kochflasche erwärmt. Unter 23° C. leuchtete das Tier nicht. Bei allmählicher Steigerung der Temperatur leuchtete es stärker. Bei einer Temperatur von 48° schien das Tier abgestorben, leuchtete jedoch weiter. Erst bei 59° hörte das Leuchten auf. Während also die des Wassers beraubten Käfer nach Duzo1s’ Beobachtungen ihre Leuchtkraft vor ihrem Tode einbüßten, leuchtet dieser Käfer noch nach seinem Tode. Versuche mit Kohlenoxydgas. Fünf Weibchen von Lampyris nocttluca wurden in eine Glasröhre gebracht, durch welche Kohlen- oxydgas geleitet wurde, das ich mittels Kalilauge (500%,) und konzen- trierter Schwefelsäure reinigte. Die Tiere liefen unruhig hin und her. Drei von ihnen leuchteten nach 4 Minuten, 2 Minuten später auch die beiden andern Tiere. Nach 10 Minuten war das Licht sämtlicher Tiere verschwunden. Nach 3 Stunden wurde das Durchleiten von Kohlenoxyd unterbrochen. Die Käfer lagen regungslos auf dem Rücken. Ebenso fand ich sie auch am andern Morgen, jedoch in- tensiv leuchtend. Ich leitete nun abermals Kohlenoxydgas durch die Röhre. Nach 15 Minuten war das Licht wiederum verschwunden. Eine halbe Stunde später verschloß ich die Röhre abermals, so daß kein Kohlenoxyd mehr durchtreten konnte. 7 Minuten später leuchteten die Käfer, erst schwach, allmählich stärker, obschon die Röhre mit Kohlenoxydgas gefüllt war. Eine halbe Stunde später, während welcher die Tiere noch intensiv leuchteten, leitete ich von neuem Kohlenoxydgas durch die Röhre. 8 Minuten später war das Licht sämtlicher Tiere erloschen. Eine Stunde später — es zeigte sich noch immer keine Spur von Lichtentwicklung — unterbrach ich den Gasstrom abermals. 15 Minuten später leuchteten alle Käfer, und zwar strahlten sie nach 3 Stunden noch ein sehr intensives Lieht aus. Ich leitete nun wieder Kohlenoxydgas durch die Röhre. 10 Minuten später war das Licht in dem Röhrchen verschwunden. Als nach 4 Stunden die Käfer noch keine Spur von Lichtentwicklung verrieten, verschloß ich abermals das Röhrchen. 9 Minuten später leuchteten die Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 33 Tiere hell auf. Noch am nächsten Morgen war die verschlossene, mit Kohlenoxydgas gefüllte Röhre hell erleuchtet. Die Tiere leuchteten noch am fünften Morgen in der mit Kohlenoxydgas gefüllten Röhre sehr deutlich, ebenso die Eier, die während dieses Versuchs abgelegt worden waren. Ich nahm nun die Käfer, die über 5 Tage im Kohlenoxydgas waren, aus der Röhre und legte sie auf feuchtes Filtrierpapier. Bereits am andern Morgen liefen wieder drei von ihnen umlier. Vielleicht waren die beiden andern nicht durch die Wirkung des Gases, sondern infolge zu großer Trockenheit gestorben. Die Tiere sterben nämlich auch in der Gefangenschaft sehr leicht, wenn ihrer Umgebung die nötige Feuchtigkeit fehlt. Versuche mit Wasserstoff. Wasserstoff wurde aus reinem Zink und Schwefelsäure entwickelt und mittels sehr langsamen Durch- resp. Überleiten durch Kalilauge, Schwefelsäure, Silbernitrat- lösung über Chlorealeium und eine glühende Kupferspirale möglichst gereinigt, alsdann trat er in eine Glasröhre mit fünf Weibehen von Lampyris noctilıca. Das Leuchten derselben wurde schwächer, und nach 50 Minuten hörte es ganz auf. Nach 4 Stunden wurde die Glasröhre mittels Quetschhähnen an beiden Enden abgeschlossen. 8 Minuten später leuchteten die Tiere wieder intensiv, und zwar mehrere Stunden ununterbrochen. Am nächsten Morgen lagen sie regungslos auf dem Rücken, leuchteten aber noch. Ich leitete nun abermals Wasserstoff durch die Glasröhre. Nach 10 Minuten hörte das Leuchten auf. Nachdem die Röhre abgeschlossen war, begannen die Käfer nach 12 Minuten wieder zu leuchten. Nach 5 Stunden war ihr Licht noch sehr hell. Wiederholtes Durchleiten von Wasser- stoff, worauf nach 9 Minuten das Licht wieder erlosch. Als dann am - nächsten Morgen, als die Tiere noch immer keine Spur von Liehtentwicklung zeigten, der Strom wieder unterbrochen wurde, be- sannen die Käfer nach 14 Minuten wieder zu leuchten. Noch am fünften Morgen leuchteten die Tiere in der verschlossenen, mit Wasserstoff gefüllten Röhre. Nun legte ich die Käfer auf feuchtes Fließpapier. Bereits nach 38 Stunden liefen sie munter einher. Es sei noch bemerkt, daß bei diesem Versuch die Verbindungsrohre der einzelnen Gefäße ganz dicht aneinandergebracht und mit Wollfett eingerieben, und daß sämtliche Kautschukverbindungen sorgfältig unterbunden waren. Daß man jedoch trotz aller Vorsichtsmaßregeln keinen chemisch reinen Wasserstoff erhält, so lange man überhaupt Apparate mit Kautschukverbindungen benutzt, selbst dann nicht, wenn letztere möglichst kurz sind, darauf macht ja schon Künne (1898) Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 3 34 Johannes Bongardt. aufmerksam. Er setzte deshalb seine Apparate durch Anschmelzen des Glases zusammen, und selbst für diese soll Buxsens Vorschrift gelten, das Gas wenigstens eine Woche durchzuleiten, um die dem Glase anhaftende Luft wenigstens einigermaßen mit Sicherheit zu entfernen. Versuche mit Kohlensäure. Aus Marmor und Salzsäure ent- wickelte Kohlensäure wurde durch eine Lösung von doppeltkohlen- saurem Natron langsam geleitet, um sie von den Salzsäuredämpfen zu befreien. Das Gas trat dann in eine Röhre, in der sich fünf nichtleuchtende Weibehen von Lampyris noctiluca befanden. Nach 6 Stunden wurde die Röhre mittels Quetschhähnen abgeschlossen. 9 Minuten später begannen drei, nach 14 Minuten auch die beiden anderen Käfer zu leuchten und taten dies noch am nächsten Morgen. Es wurde nun von neuem Kohlensäure durch die Röhre geleitet. Das Licht erlosch nach 8 Minuten. 3 Stunden später wurde die mit Kohlensäure gefüllte Röhre wieder abgeschlossen. Nach 13, bei späteren Versuchen nach 8 und 11 Minuten leuchteten die Tiere wieder sehr intensiv. Dieselbe Tatsache konnte ich kon- statieren, nachdem die Tiere 4 Tage in der Kohlensäure gelebt hatten. Auch waren sie keineswegs gestorben, obschon sie — nach- dem sie auf feuchtes Fließpapier gelegt waren — 18 Stunden ge- brauchten, ehe sie wieder Lebenszeichen von sich gaben. Versuche mit Sauerstoff. Vier Weibchen von Lampyris noctiluca wurden in ein Röhrchen gebracht, durch das Sauerstoff ge- leitet wurde, der aus Braunstein und chlorsaurem Kali hergestellt und durch vorgelegtes Wasser gereinigt war. Zwei Käfer leuch- teten schon nach 2 Minuten, allerdings schwach. Als ich nach 1 Stunde den Strom unterbrach, leuchteten alle Käfer intensiv und zwar noch nach 6 Stunden. Sobald wieder Sauerstoff durchgeleitet wurde, nahm die Lichtintensität ab, bis nach 40 Minuten nur noch zwei Käfer schwach leuchteten. Versuche mit Stiekoxydul. Durch ein Röhrchen, in dem sich vier Tiere befanden, wurde Stickoxydulgas geleitet. Die Käfer liefen unruhig im Röhrchen auf und ab. Nach !,, Stunde war kein Licht mehr wahrzunehmen. Das Röhrehen wurde verschlossen. Bereits nach 4 Minuten leuchteten drei Tiere intensiv, obschon sie regungslos in der Röhre lagen. 2 Minuten später leuchtete auch der vierte Käfer. Am nächsten Morgen leuchteten noch drei Käfer. Ich leitete von neuem Stickoxydul durch die Glasröhre. Nach 11 Minuten war auch das letzte Licht geschwunden. Nun wurde die Röhre abgeschlossen; zwei Lampyriden leuchteten nach 7, die Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 35 beiden anderen nach 10 Minuten und zwar bis zum nächsten Morgen. Einfluß eines Luftstroms. Bei allen in Vorstehendem ge- schilderten Experimenten fällt auf, daß die Wirkung sämtlicher Gase — mit denen ich experimentierte — auf den Leuchtprozess nur sehr geringe Verschiedenheiten darbietet, daß die Tiere sowohl in Sauerstoff und Stickoxydul als auch in Kohlenoxydgas, Wasserstoff und Kohlensäure nach 4 bis 6 Tagen noch leuchteten, daß aber das Leuchten aufhört, so lange eins der Gase durch die Röhre geleitet wird. Es lag deshalb die Annahme nahe, daß die Strömung des Gases den Leuchtprozeß hemmt; daß dies der Fall ist, bestätigte in der Tat folgendes Experiment: Durch ein Röhrchen, in dem sich drei Käfer befanden, wurde ein Luftstrom geleitet. Kein Tier leuchtete. Darauf wurden die Quetschhähne geschlossen. Nach 2 Minuten leuchteten sämtliche Käfer. Nach 10 Minuten wurde der Luftstrom wieder hergestellt. 4 Minuten später war alles Leuchten erloschen. Als der Strom wieder unterbrochen wurde, begannen alle drei Käfer nach 6 Minuten zu leuchten. Ich habe dieses Experiment auch mit den Larven von Lampyris noctiluca oft wiederholt und bin stets zu den- selben Resultaten gekommen: der Luftstrom, welcher durch das Röhrchen geleitet wird, wirkt hemmend auf den Leuchtprozeß. Es ist also der Schluß wohl berechtigt, daß nicht die Kohlen- säure, der Wasserstoff, also das indifferente Gas selbst es ist, wel- ches das Leuchten zum Schwinden bringt, sondern der Gasstrom. Jetzt läßt sich auch leicht verstehen, weshalb sich die Tiere in den verschiedensten Gasen so wenig verschieden verhalten. Daß Dusoıs durch seine Experimente zu ganz anderen Resultaten kam, ist viel- leicht darin begründet, daß er sich nicht chemisch reiner Gase be- diente. Wenigstens erwähnt er nichts davon, daß die von ihm an- gewandten Gase vor ihrer Einwirkung auf das Leuchtorgan gereinigt worden wären. Wenn ich nun bedenke, wieviel Arsen sich z. B. in der Silbernitratlösung während der Wasserstoffentwicklung nieder- schlägt, so ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, daß dieses Gas den Käfern das Leuchtvermögen raubt, falls der Wasserstoff nicht sorgfältig gereinigt wird. Vielleicht hat Dusoıs die verschiedenen Gase nicht lange genug einwirken lassen, sondern das Experiment unterbrochen, sobald die Tiere in dem betreffenden Gase nicht mehr leuchteten. Aus meinen Versuchen folgt zwar noch nicht mit Sicherheit, daß 3* 36 Johannes Bongardt, das Leuchten ohne Sauerstoffverbrauch erfolgt. Denn das Verdrängen der atmosphärischen Luft bis auf die kleinsten Sauerstoffreste durch Wasserstoff oder andere indifferente Gase ist mit ganz besonderen Schwierigkeiten verknüpft und setzt Apparate voraus, die mir leider nicht zur Verfügung standen. Auch im Vakuum ist selbst bei der allerstärksten Luftverdünnung immer noch etwas Sauerstoff vorhanden, und es ist durchaus nicht ausgeschlossen, daß der Sauerstoff gerade in solchen Verdünnungen besonders wirksam ist. Gern hätte ich mich daher der von Künns (1898) empfohlenen chemischen Absor- benten des Sauerstoffes bedient, nämlich: Eisenoxydulhydrat, Eisen- oxydul, Ferromono- und -bichromat. Leider fielen meine Experi- mente in das Ende der Flugzeit unserer Lampyriden, so daß die meisten noch lebenden Tiere schon nach kurzer Zeit in der Gefangen- schaft starben. Dab einige Lampyriden im Sauerstoffistrom schwach leuchteten, also auch während der Gasströmung, beweist nichts gegen meine Behauptung. Denn wir dürfen doch wohl annehmen, daß die Käfer in Sauerstoff normaler zu leben vermögen als z. B. in der Kohlen- säure. Und die Produktion des Lichtes ist bis zu einem gewissen Grade doch auch von dem Wohlbefinden des Tieres abhängig. Die Wirkung der Kohlensäure ist aber nach Künxe (1898) wahrschein- lich eine doppelte, sowohl auf der Sauerstoffentziehung wie auch auf einer den Giften oder vielleicht den Säuren gleichenden beruhend. Cyanwasserstoffdämpfe. Nach KöLuıker (1857) hört das Leuchten unserer Lampyriden gänzlich auf, wenn die Käfer den Dämpfen von Blausäure ausgesetzt worden sind. Und zwar soll es alsdann nie wieder erregt werden können. — Ich habe Weibchen von Lampyris noctiluca mit Blausäuredämpfen getötet. Die Käfer leuchteten nicht mehr. Aber 5 Stunden nach dem Tode leuchtete ein Exemplar wieder intensiv, ein anderes bereits 3 Stunden nach dem Tode. ‚Man hat oft die Frage aufgeworfen, ob das Leuchten der Willkür der Käfer unterworfen ist oder nicht. OwsJAnnIıkow (1868) behan- delte Leuchtorgane mit starken Lösungen organischer Gifte, mit Curare und salpetersaurem Strychnin, wodurch die Lichtentwieklung selbst nach 11/, Stunden nicht beeinträchtigt wurde. WIELOWIEJSKI (1882) schließt daraus, daß das Leuchten der organischen Substanz als eine sekundäre Erscheinung scharf von den eigentlichen Lebens- vorgängen zu trennen sei. Ich habe das Experiment wiederholt und die Leuchtorgane des Weibchens von Lampyris noctiluca in eine Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 37 Lösung von Curare gebracht, in der sie noch nach 12 Stunden leuchteten. Trotzdem ist WIELOWIEJSKIS Schluß nicht einwandfrei. Denn wenn — wie WIELOWIEJSKI hervorhebt — das Curare, selbst in sehr kleinen Mengen in das Blut des Frosches übertragen, eine tödliehe Wirkung zur Folge hat und besonders auf die Nerven in- tensiv einwirkt, so ist damit noch lange nicht bewiesen, daß es auf die Nerven der Insekten einen ähnlichen Einfluß ausübt. Wohl be- weist aber die Tatsache, daß Organe, die über ein Jahr lang einge- trocknet aufbewahrt wurden, leuchteten, sobald man sie anfeuchtete, daß das Leuchten unserer Lampyriden als eine sekundäre Erscheinung scharf von den Lebensvorgängen zu trennen ist, d. h. sekundär in- sofern, als sie unabhängig ist von der Erhaltung der übrigen ver- wickelten Leistungen, deren Gesamtheit wir das Leben des betreffen- den Organismus nennen. Etwa in derselben Weise wie die andauernde Eigenschaft des Pepsins oder Trypsins auch unabhängig von dem Leben des Organismus, der diese Enzyme produzierte, fortdauert, obgleich ihre Erzeugung eine der wichtigsten und absolut notwendigen Tätigkeiten des betreffenden Organismus für die Gewährleistung seines Lebens ist. Diese Tatsache berechtigt also zu der Annahme, daß im Leuchtorgan ein Stoff ausgeschieden wird, der leuchtet, wenn ihm der erforderliche Grad von Feuchtigkeit zur Verfügung steht. Pancerı (1872) will diese Substanz als eine klebrige, graue nach Kapronsäure riechende Masse gesammelt haben. Es wäre nun noch die Frage zu erörtern, ob diese Substanz un- mittelbar vor der Liehtproduktion erzeugt oder aber aufgespeichert wird. WIELOWIEJSKI (1882) hält letzteres für ausgeschlossen. »Denn wäre eine solche Aufspeicherung vorhanden, so würde es nicht er- klärbar sein, wie es den Tieren möglich ist, durch den Einfluß des Nervensystems das Leuchten zu unterdrücken. Nach meinen Beob- achtungen sind die Tiere dazu auch nicht befähigt. Ich habe wenigstens nie beobachtet, daß die Lampyriden das Leuchten plötzlich einstellen können. Und dies — sollte man annehmen — würden sie doch wohl tun, wenn sie verfolgt oder plötzlich aus der Dunkel- kammer in die Nähe einer leuchtenden Flamme gebracht werden. Wohl hat es den Anschein, als hätten die Larven von Lampyris noctiluca und Phosphaenus hemipterus die Fähigkeit, ihr Licht plötzlich zu unterbrechen. Als ich z.B. in einem Hohlweg in der Nähe von Bruchsal, an dessen Böschungen unzählige Larven im Grase leuchteten, kräftig auf die Erde stampfte, erlöschten scheinbar die nächsten Lichter plötzlich. Bei genauerem Zusehen fanden sich die 38 Johannes Bongardt, leuchtenden Käferlarven nun tiefer wie früher, d. h. auf dem Boden; sie sitzen nämlich mit Vorliebe auf den Grashalmen und lassen sich auf die Erde fallen, sobald sie Erschütterungen merken. Ihr Licht . ist dann nicht mehr zu sehen, weil die Leuchtorgane an der ventralen Seite der Larve liegen. Auch ist an windigen Abenden leicht zu beobachten, daß die Männchen von Lampyris splendidula das Leuchten während des Flugs plötzlich einstellen, um es dann wieder ebenso plötzlich hervortreten zu lassen. Betrachtet man aber statt des Organs das ganze Tier, so sieht man bald, daß diese Erscheinung darauf beruht, daß das Männchen an solchen Abenden sehr unruhig fliegt und dabei das Abdomen nach vorn krümmt, so daß die ventral ge- legenen Leuchtorgane sich der Beobachtung entziehen. Daß die Leuchtkäfer das Leuchten nicht plötzlich einstellen können, geht auch schon daraus hervor, dab die Tiere, wie ich oft beobachtet habe, noch 10—20 Tage nach ihrem Tode leuchten, daß also dann noch die Leuchtsubstanz verbraucht wird, die früher gebildet wurde. Von den vielen Einflüssen, die im stande sind, diese Substanz zum Leuchten zu bringen, ist eine der wirksamsten eine weitgehende Temperaturveränderung. In eine Kältemischung von — 21°C., aus einer Mischung von Chlorkalium und Eis hergestellt, legte ich ein beider- seits zugeschmolzenes Glasröhrehen mit fünf Weibehen von Lampyris noctiluca. Sie leuchteten nicht. Nach 20 Minuten wurde das Röhrchen aus der Kältemischung in die hohle Hand genommen. Nach 12 Sekunden leuchteten die Tiere plötzlich intensiv. Das Lieht nahm mit dem allmählichen Erwärmen bis 30°C. zu. Bei 50° C. erlosch es. Abermals legte ich Weibchen derselben Speeies in die erwähnte Kältemischung. Nach 20 Minuten zerbrach ich das Röhrehen und legte die Tiere auf die flache Hand. Sofort leuchteten sie, obschon sie ganz starr waren und vorher beim Schütteln des Röhrchens klapperten. Im Vakuum getrocknete Eier, die über ein Jahr lang in dem evakuierten Röhrchen aufbewahrt und durch Benetzen mit Wasser nicht zum Leuchten zu bringen waren (p. 31), legte ich im Glas- röhrehen in die vorhin erwähnte Kältemischung. Als ich nach 10 Minuten das Röhrchen in die hohle Hand nahm; leuchteten auch diese Eier intensiv. Das Leuchten der Lampyrideneier wurde von TIEDEMANN (1830), NEwPorr (1857) und WIELOWIEJSKI (1882) geleugnet. Wohl entdeckte NEWPORT, daß die Eier im Ovarium des Weibchens von Zampyris noctiluca schwach leuchten. Doch glaubte er, dies rühre von den Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 39 ventral davon gelegenen Leuchtorganen her. Nach WIELOWIEJSKI (1882) kommt das Leuchten der Eier daher, daß bei der Präparation die äußerst weichen und zarten Leuchtorgane zerrissen oder zerdrückt werden und die Flüssigkeit derselben, welche auch die Leuchtsub- stanz enthält, die Eier benetzt. Wenn man freilich die Präparation von der dorsalen Seite beginnt, gelangt man nie zu einem ganz sicheren Resultat. Es ist jedoch sehr einfach, die ventral gelegenen Organe von der ventralen Seite her herauszunehmen, ohne sie zu verletzen. Und dann kann man ohne Mühe die Ovarien von der dorsalen Seite frei legen. Dabei fand ich stets, daß Eier, die mit der Leuchtsubstanz nicht in Berührung gekommen sein konnten, leuchteten. Auch die vom Käfer abgelegten Eier, welche leuchten, sollen nach WIELowIEJSsKI (1882) mit der leuchtenden Substanz der Leuchtorgane während ihrer Ablage in Berührung gekommen sein. Ich habe jedoch die abgelegten Eier sehr sorgfältig mit physiologischer Kochsalzlösung abgewaschen. Trotzdem leuchteten sie nach 12 Tagen noch. Legt man leuchtende Eier auf Filtrierpapier und drückt sie an oder rollt sie darüber hinweg, so ist an diesem Papier — wenn man es in der Dunkelkammer prüft — keine Spur von Lichtschimmer zu entdecken, während das Papier, auf dem Leuchtorgane lagen, im Dunkeln intensiv leuchtet, ebenso die Hand, auf die man Leucht- organe legt. Nach Dusoıs (1887) leuchten auch die Larven, sobald sie ausschlüpfen, während die verlassenen Eihüllen niemals Licht aus- strahlen. Nach diesem Forscher leuchten sowohl die befruchteten als auch die unbefruchteten Eier. Oft ist auch die Frage aufgeworfen worden, welchen Vorteil die Leuchtorgane ihren Trägern im Kampf ums Dasein gewähren. Nach TIEDEMANN (1830) sind sie ein sekundäres Geschlechtsmerkmal; nach WIELOWIEJSKI und EMERY (1884) dagegen dienen sie als Ab- schreckungsmittel gegen Feinde. Derselben Ansicht ist auch DE KerviLLe (1895). Anderseits dienen die Leuchtorgane nach ihm auch zum Anlocken der Beute. So bedienen sich z. B. die Fischer leuchtender Tiere, um mit ihnen Fische in die Netze zu locken, und zwar mit solchem Erfolg, daß dies Mittel seiner bedeutenden Wirk- samkeit wegen verboten ist. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache klingt es zum mindesten merkwürdig, daß sich die siüidamerikanischen Indianer der Cucujos bedienen sollen, um ihre Hütten von dem nächtlichen Besuch der Moskitos zu befreien, zumal die Insekten unter anderen Umständen dem Lichte stets zustreben. Auch das 40 Johannes Bongardt, klingt zum mindesten sonderbar, daß nach MıcHELET Fußgänger in Südamerika an ihrer Fußbekleidung mit Erfolg Leuchtkäfer be- festigen, um damit die Schlangen zu verscheuchen. Merkwürdige Motive hat man auch der Handlung des Tisserin baya untergeschoben. Dieser Vogel legt nämlich an den Eingang seines Nestes Lehm- klümpchen, in welche er Leuchtkäfer steckt. Dieselben haben nach Dusors (1556) den Zweck, die Schlange von der jungen Brut abzu- halten. Nach Emery (1854) haben die Leuchtorgane der ZLueiolen einen kohlartigen Geruch, der möglicherweise genügen soll, um sie für Fledermäuse und andere Nachttiere ungenießbar zu machen. Unsere Lampyriden zeigen denselben Geruch, wenn viele Käfer längere Zeit in einem kleinen Glase leben. Daß derselbe aber nicht genügt, um Feinde fern zu halten, beweisen unsere Spinnen, die an altem Gemäuer mit Vorliebe ihre Netze vor solehe Mauerritzen spannen, in denen sich tagsüber die Lampyriden aufhalten. So findet man z. B. an warmen Sommerabenden an den Mauern des Heidelberger Schlosses unzählige leuchtende Lampyriden, die von der Mauerseite aus in das Netz gelangt und ihrer Säfte beraubt worden sind. Man braucht nur einen Leuchtkäfer in das Netz einer Spinne zu legen, um sich zu überzeugen, wie wenig er verschmäht wird. Für ein Schrecekmittel gegen die Feinde halte ich demnach die Leuchtorgane nicht, wohl aber für sekundäre Geschlechtscharaktere.. Wenn man nämlich Weibehen von Lampyris noctiluca abends in einem Fläschehen trägt, so fliegen die Männchen dieser Art, die man sonst wegen ihrer geringen Leuchtkraft nur selten findet, von außen gegen die Flasche, worauf das Leuchten des Weibcehens intensiver wird. Bringt man nun Männchen zu den Weibchen in die Flasche, so strahlen letztere ein so intensives Licht aus, wie man es unter anderen Umständen nicht beobachtet. Das von den Käfern entwickelte Lieht ist besonders hell während und kurze Zeit nach der Begattung. Nach EMERYS Beobachtungen leuchtet das Weibchen von Zxeciola italiea nieht mehr, sobald sich das Männchen auf die Flasche gesetzt hat, in dem sich das Weibchen befindet. Sobald es aber das Licht eines entfernten Männchens gewahrt, leuchtet es wieder sehr intensiv. Man findet die Weibehen unserer beiden Zampyris-Arten fast nur an Abhängen, besonders häufig an solchen in der Nähe des Waldes- randes; so z.B. an dem etwa 2m hohen Abhange der Philosophen- höhe zu Heidelberg. Sobald aber die Flugzeit der Männchen zu Ende ist, kriechen die Weibehen in den Wald hinein, und zwar täglich um etwa 3 bis 4m weiter hinein. Nach der Flugzeit der Männchen Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 41 habe ich kein Weibehen mehr am Abhang gefunden, dagegen sehr viele im Walde. Es ist sehr charakteristisch, daß man jetzt die Weibehen von ZLampyris noctiluca stets in natürlicher Lage, die dorsale Seite nach oben, antrifft, weshalb sie viel schwieriger zu finden sind, wogegen sie während der Flugzeit der Männchen aus- schließlich auf dem Rücken liegen, das Abdomen emporstreckend. Das Weibehen von Lampyris splendidula dagegen, dessen laterale Organe am intensivsten leuchten, fand ich nie auf dem Rücken liegend. Elberfeld, im Oktober 1902. Litteraturverzeichnis. 1890. S. R. CAJar, Coloration par la methode de GoLGI des terminaisons des trach&es et des nerfs dans les muscles des ailes insectes. Zeitschr. f. wissensch. Mikrosk. | 1875. Chun, Über den Bau, die Entwicklung und physiol. Bedeutung der Rek- taldrüsen bei Insekten. Aus den Abhandl. der SENCKENB. naturforsch. Gesellsch. in Frankfurt a. M. Bd. X. 1886. R. Dusoıs, Contribution ä l’Etude de la production de la lumiere par les etres. Les elaterides lumineux. Bull. Soc. Z. France. 11. Annee. 1887. R. Dusoıs, De la fonction photogenique dans les oeufs du lampyre. Bull. de la societe zool. de France. 1896. R. Dusoıs, Physiological Light. From the Smithsonian Report for 1896. 1898. R. Dusoıs, Lecons de Physiologie generale et compar&e. Paris. 1888. R. Dittrich, Über das Leuchten der Tiere. Gymnasialprogr. 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PETRUNKEWITSCH, Die Verdauungsorgane von Periplaneta orientalis und Blatta germaniea. Zool. Jahrb. Bd. XII. RADZISZEWSKI, Über das Leuchten des Lophius. Ber. d. deutsch. chem. Gesellsch. 1877. RADZISZEWSKI, Über die Phosphoreszenz der organischen und organisier- ten Körper. Justus LieBiG’s Annalen der Chemie. 1880. MAX SCHULTZE, Zur Kenntnis der Leuchtorgane d. Lampyris splendidula. Archiv f. mikr. Anat. Bd. 1. Max SCHULTZE, Einwirkung der Überosmiumsäure auf tierische Gewebe. Ebenda. Bad. I. TARGIONI-TOZETTI, Sull organo che la lume nelle luciole volanti d'Italia. Bull. della Soc. Entom. Ital. Vol. II. TIEDEMANN, Physiologie der Menschen. Bd. I. C. VERHOEFF, Vergleichende Morphologie des Abdomens der männlichen und weiblichen Lampyriden, Canthar. ete. Archiv f. Naturgesch. Bd. 1. Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 43 1895. C. VERHOEFF, Zur Biologie von Phosphaenus hemipt. u. Verw. Verh. Nat. Ver. Bonn. 51. Jahrg. 1882. H. v. WIELOWIEJSKI, Studien über die Lampyriden. Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. 1889. H. v. WIELOWIEJSKI, Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane der Insek- ten. Zool. Anz. 12. Jahrg. 1890. WıisTINGHAUSEN, Über Tracheenendigungen in den Serikterien der Raupen. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. Erklärung der Abbildungen, Erklärung der Abkürzungen: As, Anastomosenbildung der Fortsätze der Tracheenendzellen ; d, undurchsichtige Schicht der Leuchtorgane; f, Fortsatz der Tracheenendzelle; f', feinste Fortsätze derselben; H, durchsichtige Schicht der Leuchtorgane; K, Kern; Kn, Körnchen der Tracheenendzellen u. der diesen anliegendenZellen; Kp, feinste Tracheenröhrchen (Kapillaren); N, Nerv; Tr, Tracheenstämmchen; Tre, Tracheenendzelle ; Zg, Grenzen der Leuchtzellen. Tafel I. Fig. 1. Querschnitt durch ein Leuchtorgan des Männchens von Lampyris splendidula. Die Figur gibt eine Übersicht über die Verteilung der Tracheen- kapillaren in der durchsichtigen 7 und undurchsichtigen Schicht d. Tr, Tra- eheenstämmchen:;: Kp, feinste Tracheenröhrchen (Kapillaren); gw, Querschnitt durch Tracheenkapillaren. Konserviert mit Sublimatessigsäure, gefärbt mit Borax- karmin, Osmiumsäure, Holzessig. Vergr. 270. Fig. 2. Teil eines Querschnittes durch das Leuchtorgan des Segmentes des Weibchens von Lampyris noctiluca, um die konzentrische Anordnung der Zellen zu zeigen. Durchsichtige Schicht. Konserviert mit Alkohol, gefärbt mit Häma- toxylin, Eosin. Vergr. 180. Fig. 3. Teil eines Horizontalschnittes des Männchens von Lampyris splendi- dula, um die Anordnung der Tracheenendzellen Tre, sowie deren feinere f und feinsten Fortsätze f’ zu zeigen. As, Anastomosenbildung der protoplasmatischen Fortsätze. Tr, Tracheenstamm mit den Tracheenkapillaren Kp, die in der Tra- cheenendzelle verlaufen und in ihrem weiteren Verlauf von den protoplasma- tischen Fortsätzen umhüllt sind. Kr sind feine Körnchen, die sich auf den Grenzen der Tracheenendzellen besonders reichlich abgelagert haben. Zg sind die von Osmium nur schwach gefärbten Zellgrenzen. Die Kerne der Tracheen- endzellen sind infolge zu intensiver Schwärzung dieser Zellen nicht zu sehen. Osmiumsäure-Boraxkarmin. Vergr. 940. 44 Johannes Bongardt, Fig. 4. Teil eines Querschnittes aus dem Leuchtorgan des achten Seg- ments des Weibchens von Lampyris noctiluca, um die der Medianebene zuge- wandten »Übergangszellen« (p. 18) mit sehr großen Kernem K zu zeigen. d, un- durchsichtige Schicht. Konserviert mit Sublimatessigsäure. Vergr. 940. Fig. 5. Teil eines Horizontalschnitts aus der undurchsichtigen Schicht des Leuchtorgans des Männchens von Lampyris splendidula, um die Tracheenendzelle Tre mit ihren Fortsätzen f und dem Kern X, sowie den Niederschlag zu zeigen, der sich durch die Einwirkung von Osmiumsäure, Goldehlorid und Ameisensäure auf der Chitinspirale des Tracheenstämmchens und auf den Tracheenkapillaren in Form feinster Körnchen gebildet hat. 7r, Tracheenstämmehen; Xp, Kapilla- ren. Osmiumsäure, Goldchlorid, Ameisensäure, Boraxkarmin. Vergr. 940. Fig. 6. Teil eines Querschnitts aus der dunkeln Schicht des Leuchtorgans des siebenten Segments des Weibchens von Lampyris noctiluca, um die reich- gelappten, großen Kerne X und die zahlreichen auf den Zellgrenzen sich finden- den Querschnitte der Tracheenkapillaren Xp zu zeigen. Osmiumsäure, Holzessig, Boraxkarmin. Vergr. 940. Fig. 7. Querschnitt durch das Abdomen der Larve von Lampyris noctiluea, um die Anordnung der Leuchtorgane L, sowie ihre Lagebeziehungen zu den Fettkörpern F’%, sowie den Muskeln M und zur Epidermis Epd zu zeigen. D, Darm; BD, Bauchmark; 7h, Tasthaare; 77, Tracheenstämmehen. Konserviert mit Alkohol, gefärbt mit Hämatoxylin, Eosin. Vergr. 20. Fig. 8. Stück eines Horizontalschnitts aus dem Leuchtorgan des Weibchens von Lampyris noctiluca, um den Verlauf der mit Osmiumsäure-Holzessig ge- schwärzten Tracheenkapillaren Xp und deren Beziehung zur Tracheenendzelle Tre zu demonstrieren. Zg die blaß gefärbten Zellgrenzen. Vergr. 940. Tafel II. Fig. 1. Teil eines Horizontalschnitts durch ein Leuchtorgan des Männchens von Lampyris splendidula. um die Anastomosenbildung As’ der feinsten Fort- sätze f der Tracheenendzellen Tre, sowie den Verlauf der Tracheenkapillaren Kp in den Tracheenendzellen zu zeigen. Tr, Tracheenstämmchen, das sich gabelt und seine Äste zu zwei Tracheenendzellen sendet. Kr, Körnchen an den Gren- zen der Tracheenendzellen. Auch die feinsten Fortsätze der Tracheenendzellen f' gabeln sich. Osmiumsäure, Boraxkarmin. Vergr. 940. Tracheenkapillaren sind nicht gefärbt. Fig. 2. Teil eines Horizontalschnittes durch ein Leuchtorgan des Männ- chens von Lampyris splendidula,. um den Verlauf der unverzweigten, durch Os- miumsäure-Holzessig geschwärzten Tracheenkapillaren in der Tracheenendzelle Tre, deren Struktur bei dieser Behandlung zu erkennen ist, zu zeigen. Tr, Tracheenstämmchen, das in der Tracheenendzelle vier Tracheenkapillaren Xp ausstrahlt. Die Fortsätze der Tracheenendzelle sind nicht gefärbt. Osmiumsäure- Holzessig, Boraxkarmin. Vergr. 940. Fig. 3. Teil eines Horizontalschnittes des Leuchtorgans des Männchens von Lampyris splendidula, um die Verbindung der Tracheenendzellen mit den Nerven zu zeigen, sowie die ungleichmäßige Wirkung der Überosmiumsäure auf die Tracheenendzellen. Die Nerven N treten von je einer Seite an die Tracheen- endzelle Tre heran. Undurchsichtige Schieht. Die Nerven N sind mit vielen langgestreckten Kernen versehen. Osmiumsäure 1:250 6 Tage. Kernfärbung mit Boraxkarmin. Vergr. 940. Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. 45 Fig. 4 Stück eines Tracheenstämmchens des - Weibehens von Lampyris noctiluea mit Chitinhaaren auf der Innenfläche. Vergr. 420. Fig. 5. Teil eines Horizontalschnitts aus der undurchsichtigen Schicht des Leuchtorgans des Männchens von Lampyris splendidula, um die Endigungs- weise des Nerven N\ zu zeigen, die in einer Anschwellung besteht, welche Fort- sätze F aufweist. V ist eine Verzweigungsstelle des Nerven, an der sich viele langgestreckte Kerne befinden. Bis zur Anschwellung verjüngt sich der Nerv. Tre, Tracheenendzelle, f, Fortsätze, f’, feinste Fortsätze derselben. Osmium- säure 1:250. Kernfärbung mit Boraxkarmin. Vergr. 90. Fig. 6. Teil eines Tracheenstämmehens aus einem Leuchtorgan des Weib- ehens von Lampyris noctiluca, um den Verlauf der protoplasmatischen Fortsätze f zu zeigen, welche durch Reduktion der Osmiumsäure geschwärzt sind. Die Tracheenkapillaren blieben dabei ungeschwärzt. Das Tracheenstämmchen zeigt vor seinem Ende eine Verjüngung, V. Die Zellgrenzen, Zg, wurden nur blaß gefärbt. Einem Mazerationspräparat entnommen. Kernfärbung mit Borax- karmin. Vergr. 90. Tafel III. Fig. 1. Leuchtorgan der Larve von Phosphaenus hemipterus, welches die Verteilung der noch mit Luft gefüllten Tracheen veranschaulichen soll. Der Tracheenstamm Tr teilt sich, nachdem er in das Organ eingetreten ist, in drei Teile, die dann wieder feinere Tracheen nach allen Richtungen aussenden. Untersucht in Glycerin — Wasser. Fig. 2. Teil eines Horizontalschnitts aus der undurchsichtigen Schicht eines Leuchtorgans des Männchens von Lampyris splendidula, um den Verlauf des Tracheenstämmchens 7r mit den Kapillaren Xp — die durch Osmiumsäure- Holzessig intensiv geschwärzt worden sind — in den Tracheenendzellen Tre zu veranschaulichen. Die Fortsätze der Tracheenendzelle wurden nicht geschwärzt, da das Leuchtorgan in konserviertem Zustande der Osmiumsäure ausgesetzt wurde. @s, Querschnitt durch die geschwärzten Kapillaren. Vergr. 940. Kern- färbung mit Boraxkarmin. Fig. 3. Teil eines Horizontalschnitts aus der undurchsichtigen Schicht eines Leuchtorgans des Weibchens von Lampyris noctiluca, um den Verlauf der durch Osmiumsäure-Holzessig tiefgeschwärzten Tracheenstämmchen und Tracheen- kapillaren, die sich reichlich verzweigen und meist auf den Zellgrenzen verlaufen, zu veranschaulichen. Die protoplasmatischen Fortsätze der Tracheenendzellen sind gar nicht, die Zellgrenzen nur wenig geschwärzt. Tre ist die Tracheen- endzelle mit dem ihr charakteristischen ovalen Kern. An sie heran tritt der Nerv N mit der Fibrille #f. Kermfärbung mit Boraxkarmin. Vergr. 940. Fig. 4 Teil eines TracheenstäÄämmchens 7r mit den protoplasmatischen Fortsätzen f aus der undurchsichtigen Schicht eines Leuchtorgans des Weib- chens von Lampyris noctiluca. Tracheenstämmehen und die protoplasmatischen Fortsätze sind durch Reduktion der Osmiumsäure geschwärzt, die Tracheen- kapillaren nicht, da das Organ nicht der Einwirkung des Holzessigs ausgesetzt wurde. Mazerationspräparat. Osmiumsäure, Boraxkarmin. Vergr. 940. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. Von { . A. S. Dogiel, 0. Professor der Histologie an der Universität St. Petersburg. Mit Tafel IV—XIV. Die Nervenendigungen an verschiedenen Stellen der Haut des Menschen (in der Haut der Fingerkuppen der Hand und des Fußes, in der Sohlenhaut, in der Haut der äußeren Geschlechtsorgane u. a.) und der Säugetiere sind in den letzten zehn Jahren vielfach Gegen- stand der Untersuchung gewesen. Zwecks Studiums derselben sind sämtliche neuen Verfahren der Nervenimprägnation angewandt worden. Die Methylenblaufärbung (A. DoGIEL, TiMOFEJEFF u. a.), die GOLGI- Methode (A. Smirnorr) und das von Rurrını abgeänderte Vergoldungs- verfahren von FISCHER (RUFFINI, P. SFAMENI). Diese Methoden, vor allem jedoch die Methylenblaufärbung, sowie die Färbung der Nerven mit Goldehlorid ermöglichten vielfach eine Klärung der Frage nach den Nervenapparaten der Haut; besondere Berücksichtigung verdient in dieser Hinsicht von den Arbeiten aus letzter Zeit diejenige von RUFFINI. Auf Grund sorgfältiger Beobachtungen gelangt Rurrını! zum Schluß, daß in den sog. Gefäßpapillen marklose Nervenfasern ein- treten, welche ihren Ursprung teilweise aus dem subpapillären Ge- flecht (s. unten) markloser Fasern, teilweise unmittelbar aus dem oberflächlichen Geflecht markhaltiger Nerven nehmen; letztere verlieren dabei ihre Markscheide an der Basis der Papillen oder innerhalb derselben. Nachdem eine oder mehrere Fasern in die Papille ein- getreten sind, teilen sie sich in feine Fibrillen, welche entweder die 1 Sulla presenza di nuove forme di terminazioni nervose nello strato papil- lare e subpapillare della cute dell’ uomo con un contributo allo studio della struttura dei corpuscoli del MEISSNER. Siena 1898. — Le fibrille nervose ultra- terminali nelle terminazioni nervose di senso e la teoria dell neurone. Rivista di Patologia nervosa e mentale. Firenze 1900. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 47 Kuppen der Gefäßschlingen umflechten und bald in verschieden ge- stalteten Verdiekungen, bald in baumförmigen Verzweigungen endigen, oder aber sog. »rosenkranzförmige Endigungen« — »terminazione a coroneine« bilden. Eine Reihe von Zeichnungen illustriert die Be- sehreibung dieser besonderen Nervenendigungen, welche Rurrinı für Endigungen der vasomotorischen Nerven hält. In der subpapillären Schieht der Haut ist nach Rurrinı fernerhin ein dichtes »subpapilläres Nervennetz« »rete amielinica subpapillare«, welches die in dieser Schicht verlaufenden Gefäße umflicht, gelagert. Das Netz besteht aus feinen varikösen Fäden, welche mit Verdiekungen endigen, wobei einige Fäden in die Papillen eindringen und daselbst Endverzweigungen bilden. Rurrısı nennt diese Fäden »rami papillari della rete ami- elinica«. Dieses Netz nimmt seinen Ursprung von markhaltigen Nervenfasern und ist seiner Funktion nach, wie RUFFINI annimmt, den vasomotorischen Nerven der Papillen analog zu setzen. Dank den Untersuchungen von RuFFINI hat es sich somit erwiesen, daß es in der Haut keine Papillen ohne Nerven gibt, infolgedessen die alte Einteilung der Papillen in Nerven- und Gefäßpapillen gegenwärtig keinen Sinn hat. Was ferner die Nervenendigungen in den MEıss- nerschen Körperchen anbetrifft, so bestätigt RUFFINI meine ver- mittels der Methylenblaumethode erhaltenen Befunde. Außerdem weist er darauf hin, daß in den Papillen noch besondere Nerven- apparate, welchen RurrInI die Bezeichnung »papilläre Büschel«e — »fiocchetti papillari« gibt, angetroffen werden. Die in derartigen »Büscheln< endigenden Ästchen sondern sich entweder von den zu den Meıssyerschen Körperchen verlaufenden Fasern, oder aber un- mittelbar von dem oberflächlichen Nervengeflecht der Haut ab und haben nach Rurrıinıs Meinung dieselbe Funktion wie die Meıss- xerschen Körperchen. RUFFINI resimiert seine früheren und die letzten Beobachtungen über die Nervenendigungen in der Haut folgendermaßen: a) Nerven- endigungen sind in der Subeutis, in der subpapillären Schicht und im Stratum papillare der Haut sowie in der Marpı@nrschen Schicht vor- handen; b) im Stratum reticulare und corneum gibt es keine Nerven- endigungen; c) in der Subeutis sind die Nervenendapparate von RUFFINI, .die GoL&I-Mazzonischen und die Pacınischen Körperehen sowie die Übergangsformen zwischen denselben gelagert; d) in der subpapillären Schicht und im Stratum papillosum der Haut liegen schließlich die Meıssnerschen Körperchen, das subpapilläre Netz markloser Fasern, die Vasomotoren der Papillen und die papillären Büschel. 48 A. S. Dogiel, Bald darauf erschienen einige Arbeiten von P. Sramenxt!, welcher Autor mit Hilfe von Goldehlorid die Nervenendapparate in der Finger- und Sohlenhaut von Hunden, Katzen und Affen untersuchte. SFAMENI fand bei den genannten Tieren fast sämtliche Formen von Nerven- endigungen, welche Rurrısı in der Haut des Menschen gefunden hatte und verallgemeinerte somit die von Rurrinı erhaltenen Befunde. Die Nervenapparate von Rurrısı sind nach den Beobachtungen von SFAMENI in beträchtlicher Zahl in der Subeutis vorhanden, wobei die Nervenverzweigungen derselben in einer besonderen feinkörnigen Substanz eingelagert sind, in welcher bisweilen große Kerne zu er- kennen sind. In derselben Schicht liegen auch die Pacmıschen Körperchen, welche jedoch beim Hunde in sehr geringer Zahl vor- handen sind. In den Papillen finden sich die Endkolben von Krause (beim Hunde und der Katze) und die Meısswerschen Körperchen (beim Affen) die papillären Büschel u. a. von Rurrısı beschriebenen Apparate. In der subpapillären Schicht ist ein Nervennetz gelagert, von welchem sich Zweige in die Papillen absondern, woselbst dieselben die intrapapillären Netze und die Büschel in den Papillen bilden. Während SFAMmENI die Beobachtungen von Rurrinı über die Nerven- endigungen in der Haut des Menschen bestätigt und teilweise ergänzt, weicht er in der Erklärung der physiologischen Bedeutung derjenigen Nervenendigungen in den Papillen und der subpapillären Schicht, welche RurrFint für vasomotorische Nerven anerkennt, durchaus von letzterem ab. Nach Sramenis Ansicht haben die erwähnten Endigungen gar keine Beziehung zu den Blutgefäßen und müssen den sensiblen Nervenapparaten der Papillen und der subpapillären Schicht der Haut zugerechnet werden. Mit den Arbeiten von Rurrını und SFAMENI ist das wesentlichste erschöpft, was in der letzten Zeit hinsichtlich der mich interessierenden Frage über die Nervenendigungen in der Haut beobachtet worden ist. Auf die unlängst erschienene Arbeit von LEONTowITscH? gehe ich hier nicht weiter ein, da in derselben der Autor sich bloß 1 Le terminazioni nervose delle papille eutanee e delle strato subpapillare nella regione plantare e nei polpastrelli del Cane, del Gatto e della Seimmia. Torino 1900. — Gli organi nervosi terminali del RurFINI ed i corpusecoli del Pacını studiati nelle pianti e nei polpastrelli del Cano, Gatto e della Seimmia.. Torino 1900. 2 Neue Befunde über das Hautgefühl. I. Teil. Neue Befunde über die Inner- vation der Haut des Menschen. M&moires de l’Academie Imp£riale des sciences de St. P&tersbourg. Vol. IX. 1900. Dasselbe in der Intern. Monatsschrift für Anatomie und Physiologie. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 49 bemüht die von früheren Forschern erhaltenen Befunde zu kontrollieren; die von dem Autor gemachten Korrekturen und Ergänzungen ent- sprechen dermaßen wenig dem Tatsächlichen, daß ich es für über- flüssig halte dieselben hier anzuführen und hinsichtlich derselben die sich dafür interessierenden Leser auf das Original verweise. Meine Beobachtungen an den Hergstschen und GrANDRYschen Körperchen sowie an den Nervenendigungen des Bauchfells veran- laßten mich, mich von neuem dem Studium der Nervenapparate in der Haut des Menschen zuzuwenden. Als Material diente mir die Finger- und Zehenkuppenhaut und die Sohlenhaut amputierter Extremitäten, welche ich dank der Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. R. WREDEN, Privatdozenten der militärmedizinischen Akademie erhielt; in seltenen Fällen nur bediente ich mich der Haut soeben verstorbener Indivi- duen. Aus den Hautstücken wurden mit dem Rasiermesser möglichst dünne Schnitte angefertigt, welche auf Objektträgern mit schwachen Methylenblaulösungen gefärbt wurden; letztere fixierte ich vermittels einer 9—8°/,igen Lösung von molybdänsaurem Ammonium, der bis- weilen Osmiumsäure zugesetzt wurde. Nach dem Auswaschen der fixierten Schnitte, welche bisweilen vorher mit Alaunkarmin gefärbt worden waren, in destilliertem Wasser, wurden dieselben entwässert und in dicken Xylol-Dammarlack eingeschlossen (das Nähere vgl. Eneyklopädie der mikroskopischen Technik 1903). Auf vielen Präparaten erhielt ich eine dermaßen prachtvolle Färbung der Nerven, daß ich die Möglichkeit hatte nicht nur die Beobachtungen von RuFFINI zu bestätigen und zu vervollkommnen, sondern auch einige neue interessante Befunde hinsichtlich der Nerven- endigungen in den verschiedenen Hautschichten zu erheben. Auf den nach der angeführten Methode gefärbten und fixierten Hautsehnitten sind in dem tiefsten Abschnitt der T. subeutanea leicht eine Menge verhältnismäßig dicker Nervenstämmchen zu erkennen, welche zusammen mit den großen Blutgefäßen verlaufen. Auf ihrem Verlauf geben sie in benachbarte Stämmchen übergehende Ästchen ab, infolgedessen in dem angegebenen Abschnitt der Tela subeuta- nea ein weitmaschiges Geflecht entsteht. Die Nervenfasern der letz- teren sind teils markhaltig, teils marklos (sympathische Fasern), wo- bei jedoch die ersteren in der Überzahl vorhanden sind. Dieses Geflecht entsendet Äste zu sämtlichen höher gelegenen Hautschichten, infolgedessen es mit vollem Recht »Grundgeflecht« genannt werden kann. Die vom Grundgeflecht sich absondernden Ästchen sind von verschiede- ner Dicke; sie steigen in schräger und senkrechter Richtung nach oben Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 4 50 A. 8. Dogiel, hinauf, wobei sie allseitig Seitenästehen abgeben. Die letzteren ver- einigen sich mit benachbarten Stämmehen und Ästehen und bilden in der Cutis einige übereinandergelegene, mehr oder weniger weit- maschige Geflechte. Die Dicke der Ästchen genannter Geflechte nimmt allmählich mit der Annäherung an die Pars papillaris corii ab; in der Nähe der Basen der Papillen zerfällt das Geflecht, wel- ches als »oberflächliches Geflecht« bezeichnet werden könnte, in Faserbündel und einzelne Fasern, die zu den Papillen und den Epi- thelleisten hinaufziehen. Die Diekenabnahme der erwähnten Ästchen ist dadurch bedingt, daß dieselben auf ihrem gesamten Verlauf Fasern zu den Blutgefäßen, den Schweißdrüsen, sowie Fasern, welche in der T. subeutanea, im Corium und ‘im Epithel in verschiedenen Endapparaten endigen, abgeben. Fast sämtliche markhaltige Fasern bilden gewöhnlich die sensiblen Apparate, während die marklosen Fasern sich ausschließlich zu den Blutgefäßen und den Schweißdrüsen begeben. Die in den Stämmchen und Ästchen der Geflechte gelagerten markhaltigen Fasern teilen sich mehrfach auf ihrem Verlauf; die hierbei entstehenden Fasern sind entweder in einem Stämmchen vereinigt oder ziehen zu benach- barten Stämmehen und Ästehen hinüber, wobei sie sich ihrerseits wiederum teilen, um schließlich die Stämmcehen in einem der Cutis- abschnitte zu verlassen und in einem sensiblen Apparat zu endigen. Nervenendigungen in der Cutis. Sämtliche in den verschiedenen Cutisschichten gelegenen Nervenapparate können in zwei große Grup- pen geteilt werden: in eingekapselte und uneingekapselte Apparate. I. Eingekapselte Apparate. Hierzu gehören, soweit ich nach meinen Beobachtungen beurteilen kann, die typischen VATER- Pacınıschen Körperchen, die modifizierten VATER-PAcıxischen Körper- chen (die Körperchen von GoL6I-MaAzzoni), die Körperchen mit plättehenförmigen Endverbreiterungen, die typischen MEISSNERSschen Körperchen, die modifizierten Meıssverschen Körperchen, die Körper- chen mit blattförmigen Nervenendigungen und endlich die einge- kapselten Nervenknäuel. 1) Typische VATErR-PıaAcınısche Körperchen (Fige. 1 u. 2) sind, wie bekannt, ausschließlich in der Tela subeutanea gelagert und werden sowohl in den oberflächlichen als auch in den tiefen Schichten derselben, vorwiegend jedoch in den letzteren angetroffen; zuweilen sind bloß einige Körperchen auf der Grenze zwischen Corium und Tela subeutanea zu finden. In der Mehrzahl der Fälle liegen Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 51 sie in Gruppen zu zwei und drei Körperchen. Ich gehe hier nicht auf den zur Genüge bereits studierten Bau der Hüllen dieser Körper- chen ein, sondern beschränke mich bloß auf die Beschreibung der Endigungsweise der Nerven in denselben. Von den Nervenstämmchen und Ästchen, welche durch die Tela subeutanea verlaufen, sondern sich gewöhnlich sehr dieke markhaltige Fasern ab; dieselben winden sich zwischen den Bindegewebsfibrillen- bündeln und teilen sich mehrfach in dünnere Fasern; letztere ziehen zu den Pacrmiıschen Körperchen, wobei jedoch zu einem Körper- chen nur immer eine Nervenfaser herantritt. Nicht selten teilt sich die Nervenfaser in einiger Entfernung vom Pol des Körperchens gabelförmig in zwei Fasern, worauf beide durch die Hülle des Körperehens hindurchtreten, eine derselben teilt sich darauf in der Nähe des Innenkolbens abermals in zwei feine Fasern. In derarti- sen Fällen dringen in den Hohlraum des Körperchens drei Achsen- cylinder auf einmal ein. Derartige Fälle gehören jedoch zu den Seltenheiten — in der Mehrzahl der Fälle dringt jedoch die Nerven- faser ohne vorherige Teilung in den Innenkolben, oder aber sie spaltet sich vor dem Eintritt in zwei Äste. Die in das Körperchen eintretenden Fasern sind gewöhnlich von einer dieken, bindegewebi- sen (HEnteschen) Hülle umgeben, welche unter allmählicher Dieken- abnahme in die Kapseln des Körperchens übergeht. In dieser Hülle sind, wie weiter unten gezeigt werden soll, auch die ins Innere des Körperchens verlaufenden Gefäße eingelagert. Nach dem Eintritt in den Innenkolben verläuft der dicke Achsen- zylinder in der Mehrzahl der Fälle im Achsenteil des Kolbens und gibt auf seinem Verlauf unter spitzem Winkel eine große Zahl von langen Ästchen verschiedener Dicke ab. Ungefähr in der Mitte oder im letzten Dritteil des Kolbens zerfällt er endgültig in einige ver- schieden dicke Ästchen, welche zum blinden Ende des Kolbens ver- laufen. Es verliert infolgedessen der Achsenzylinder seine centrale Lage im Innenkolben (Fig. 1), in verhältnismäßig seltenen Fällen erhält sich der Achsenzylinder als centraler Strang bis fast an das blinde Ende des Kolbens. Die aus der Teilung des Achsenzylinders hervorgegangenen Ästchen verlaufen unter verschiedenartigen Win- dungen längs dem Innenkolben, und teilen sich dabei mehrfach in eine größere oder geringere Anzahl sich wiederholt verzweigender Ästehen. Einige derselben beschreiben gewöhnlich in einer gewissen Entfernung vom blinden Ende des Kolbens einen schleifenartigen Bogen und ziehen darauf in entgegengesetzter Richtung zum gegenüber- 4* 52 A. S. Dogiel, liegenden Pol des Kolbens, oder aber ein Ästehen teilt sich an der Stelle der Schleifenbildung in zwei Äste, von denen der eine vor- wärts, der andere rückwärts verläuft (Fig. 1). Einige Ästehen bil- den am blinden Ende des Kolbens ein Knie und verlaufen gleich wie die eben beschriebenen Ästchen nicht selten eine beträchtliche Strecke nach rückwärts. Die Nervenästchen liegen in dem verhältnismäßig engen Hohlraum des Körperchens, dicht beieinander, umflechten und überkreuzen sich gegenseitig, wobei viele derselben eine oder mehrere Ringtouren (mehr oder weniger senkrecht zur Längsachse des Kolbens) beschreiben, welche entweder fast an der Peripherie des Hohlraums, oder aber mehr im Zentrum desselben angeordnet sind (Fig. 1). Im letzteren Falle wird der Achsenzylinder dort, wo er noch seine centrale Lagerung beibehält von den Windungen der Ästehen ringföürmig umgeben. Sowohl von dem Achsenzylinder selber, sowie von seinen langen Ästchen, entspringen auf dem ge- samten Verlauf derselben eine große Zahl kürzerer, dieker oder dünner Zweige und Fäden, welche in der Mehrzahl der Fälle nicht in querer oder schräger Richtung zur Längsachse des Hohlraums, sondern in der Längsrichtung derselben zum oberen oder unteren Kolbenende hinziehen. Viele dieser Ästehen winden und teilen sich ihrerseits, wobei sie sich mit den oben beschriebenen Ästehen ver- flechten. Der Achsenzylinder und seine sämtlichen Verzweigungen im Innenkolben sind gewöhnlich mit verschieden großen, runden, ovalen, spindelförmigen oder vieleckigen Verdiekungen besetzt (Fig. 1). Die Mehrzahl dieser Verdickungen erscheinen abgeplattet, zusammen- gedrückt und haben infolgedessen mehr das Aussehen von Ver- breiterungen als von Verdickungen, was seine Erklärung in der mehr oder weniger abzgeplatteten (bandförmigen) Gestalt des Achsenzylin- ders und seiner gröberen Verzweigungen findet. Von diesen Ver- breiterungen gehen häufig äußerst feine Fädchen ab, während die Ästchen selber außerdem noch mit kurzen Seitensprossen wie mit Dornen besetzt sind. Bei Verfolgung des Verlaufs eines Ästehens oder Fadens läßt es sich wahrnehmen, daß viele derselben augenscheinlich mit eben- solchen Verdiekungen oder Verbreiterungen endigen, mit welchen die Ästchen und Fäden besetzt sind. Bei einer sorgfältigen Betrachtung dieser vermeintlichen Endverbreiterungen und -verdiekungen mit stärkeren Vergrößerungen ist es jedoch nicht schwer festzustellen, daß von vielen derselben äußerst feine Fädchen sich absondern, welche sich mit benachbarten Verbreiterungen oder Ästehen und Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 53 Fäden verbinden. Einige Verbreiterungen machen den Eindruck echter freier Endigungen, wobei jedoch die Zahl der frei endigenden Ästehen um so größer erscheint, je unvollkommener die Färbung der Ver- zweigungen des Achsenzylinders mit Methylenblau ist und umgekehrt. Diese Befunde weisen darauf hin, daß, wie ich bereits häufig be- hauptet habe, die sog. freien Endigungen in den Endapparaten bloß das Resultat einer unvollkommenen Färbung der Nervenästchen und -fäden sind. Da selbst bei einer vollkommen erscheinenden Fär- bung der Endverzweigungen des Achsenzylinders wir nie sicher sind, daß in dem gegebenen Falle sämtliche Nervenästchen und -fäden, die den Endapparat zusammensetzen, sich gefärbt haben, so können wir darauf rechnen fast in jedem derselben gleichsam frei endigende, resp. unvollkommen gefärbte Ästehen zu finden. Wie aus dem vorher Mitgeteilten ersichtlich, so ist der Innen- kolben infolge der beständigen, mehrfachen Teilung des Achsen- zylinders in demselben, dermaßen mit Endverzweigungen angefüllt, daß zwischen diesen nur äußerst kleine, aller Wahrscheinlichkeit nach mit unbedeutenden Mengen einer serösen Flüssigkeit (Lymphe) anzefüllte Zwischenräume nachbleiben. In Betreff des Verhaltens des Achsenzylinders in den typischen Pacınısehen Körperehen zum Methylenblau ist zu erwähnen, daß sich derselbe recht schwer färbt, da augenscheinlich die Färbung durch die zahlreichen, das Körperchen umgebenden Kapseln gehindert wird. Am häufigsten färbt sich der Achsenzylinder selber, und einige seiner Äst- chen oder auch viele Nervenästchen, jedoch nur in einem Teil des Innenkolbens, infolgedessen es schwer ist eine deutliche und voll- kommene Vorstellung von der Nervenendigung in dem Hohlraum des Pacmiıschen Körperchens za gewinnen. Für eine ausreichende Fär- bung der typischen Pacıvischen Körperchen ist, soviel ich habe wahr- nehmen können, die Eröffnung des Innenkolbens erforderlich, d. h. das Körperchen muß in der Längs- oder Querrichtung durchschnitten sein. Da jedoch bei einer Färbung der Nerven in der Haut dieselbe aus freier Hand in Schnitte zerlegt werden muß, so ist natürlich schwer darauf zu rechnen, daß die Pacınıschen Körperchen durch- schnitten werden, somit auch schwer darauf zu rechnen, daß in den- selben sämtliche Nervenverzweigungen gefärbt sind. Nur in. seltenen gewissermaßen glücklichen Fällen werden Durchschnitte durch einige Körperchen erhalten, wobei dann in denselben ungemein deutlich die Verzweigungen des Achsenzylinders hervortreten. Die beigelegte Zeichnung eines Längsschnittes durch ein typisches Pacınısches 54 A. 8. Dogiel, Körperchen, welches vermittels des Zeichenprismas mit der größten Genauigkeit gezeichnet worden ist, gibt besser als jegliche Beschrei- bung eine genaue Vorstellung von der Endigung des Achsenzylinders im Innenkolben (Fig. 1). Wie ich jedoch bereits früher! für die Hersstschen Körperchen und die modifizierten VATER-Pacınıschen Körperchen im Bauchfell, darauf Sara? und A. SOKOLOFF? für die typischen Pacrmiıschen Körperehen im Mesenterium der Katze angegeben haben, so endigen im Innenkolben dieser Körperchen noch besondere Fasern, deren Endverzweigungen den Anblick eines dichten am der gesamten Peripherie des Innenkolbens angeordneten Netzes gewähren. Die Frage ob derartige Fasern auch in den typischen Pacmıschen Körperchen in der Haut- des Menschen vorhanden sind, blieb jedoch unentschieden. Bei einer sorgfältigen Durchsicht der Hautpräparate konnte ich an einigen derselben wahrnehmen, daß zu den Pacısı- schen Körperchen außer den bereits beschriebenen dieken mark- haltigen Fasern mit denselben noch dünne markhaltige und marklose Fasern herantreten. Die ersteren können ohne besondere Schwierig- keiten bis dicht an den Pol des Körperchens verfolgt werden, ihr weiteres Schicksal, sowie ihr weiteres Verhalten im Innenkolben kann jedoch nur an wenigen, besonders günstigen Präparaten wahrgenommen werden. Auf diesen läßt sich feststellen, daß die genannten Fasern in einiger Entfernung vom Körperchen oder während des Durchtritts durch die Hülle desselben ihre Markscheide verlieren, darauf zu- sammen mit der dicken Faser bis zum Innenkolben vordringen; hier zerfällt ihr Achseneylinder allmählich in eine große Zahl sich vielfach teilender äußerst feiner Fädchen: diese sind mit verschieden ge- stalteten feinen Varikositäten besetzt und umwinden den peripheren Teil des Innenkolbens, in der ganzen Ausdehnung desselben, wobei sie sich vielfach überkreuzen und miteinander vereinigen und somit ein dichtes Netz bilden (Fig. 2). In gewissen Fällen ließ sich bei Abänderung des Fokalabstandes wahrnehmen, daß einige Fädchen dieses Netzes tiefer in den Hohlraum des Körperchens eindringen, 1! Zur Frage über den Bau der Hrrsstschen Körperehen und die Methylen- blaufixierung nach BETHE. Diese Zeitschr. Bd. LXVI, 3. — Die Nervenendi- gungen im Bauchfell, in den Sehnen. den Muskelspindeln ete. Arch. für mikr: Anat. Bd. LIX. 1901. 2 Untersuchungen über die Struktur der Pacimıschen Körperehen. Anat. Anz. Bd. XVIE 189. 3 Zur Frage über die Endigungen der Nerven in den VATER-Pacıniscehen Körperchen. Idem. Bd. XVI. 189. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 55 bisweilen sich augenscheinlich auf ihrem Verlauf in mehrere Fädchen spalten, welche sich später mit den Fädchen des an der Peripherie des Innenkolbens gelagerten Netzes verbinden. Diese Beobachtung hat, wie weiter unten ersichtlich sein wird, eine gewisse Bedeutung, da dieselbe darauf hinweist, daß von dem peripheren Nervennetz Fädehen in den tiefer gelegenen Abschnitt des Körperchenhohlraums abgehen und indem sie zwischen den Endverzweigungen des Achsen- eylinders der dicken Faser in dem Hohlraum verlaufen und sich teilen, aller Wahrscheinlichkeit nach die letzteren umflechten. Ist dem so, so muß die von TiMmorFEJEFF!, mir, SaLa u.a. ausge- sprochene Ansicht über das beschriebene periphere Nervennetz etwas abgeändert werden und zwar dahin, daß das Netz nicht nur an der Peripherie sondern auch im ganzen Hohlraum des Körperchens vor- handen ist. Je besser die Färbung der Nerven im Schnitt gelungen war, desto dichter erschien gewöhnlich das Netz, in welchem die feinen markhaltigen Fasern endigen, desto leichter gelang es ferner die vom Netz in die tieferen Abschnitte des Hohlraums vordringenden Fädchen zu sehen. Nicht selten ist bloß ein Abschnitt des Netzes gefärbt, oder dasselbe ist mehr oder weniger gut gefärbt, während die in ihm endigende Faser vollkommen ungefärbt bleibt. Die genannten Fasern treten, soviel ich habe wahrnehmen können, in der Einzahl an jedes Körperchen heran. Die dünnen marklosen Fasern treten in der Zahl von 2—3 dünnen Fäden zusammen mit den dieken und dünnen markhaltigen Fasern an die VATER-Pacınischen Körperchen heran und dringen mit denselben durch die Kapselsysteme hindurch, wobei sie nicht selten auf dieser Strecke in mehrere Fädchen zerfallen (Fig. 2). Bisweilen gelingt es wahr- zunehmen, daß eines der erwähnten Fädcehen in die Zwischenräume zwischen den äußeren und sogar den inneren Kapseln eindringt, während die anderen sich zum Innenkolben begeben, häufig in den Anfangsteil desselben eintreten und sich darauf der Beobachtung ent- ziehen. Das charakteristische Aussehen dieser Fasern, welches sie auf ihrem gesamten Verlauf außerhalb der Körperchen aufweisen, sowie die Anwesenheit von Blutgefäßen zwischen den Kapseln der Hülle ließen den Gedanken aufkommen, daß die beschriebenen Fasern in Beziehung zu den Gefäßen stehen und wahrscheinlich den 1 Über die Nervenendigungen in den männlichen Geschlechtsorganen der Säugetiere und des Menschen. Kasan 1896. (Russisch.) Dasselbe Anat. Anz., Bd. X1. 56 A. 8. Dogiel, sympathischen Fasern angehören. Zweifel an der Richtigkeit dieser Voraussetzung erweckte bloß der Umstand, daß die Verzweigungen der genannten Fasern bisweilen in den Anfangsteil des Innenkol- bens eindrangen, wo, soweit mir aus den Literaturangaben bekannt ist, Blutgefäße nicht vorhanden sind (RAnvIEr!, RuFFinı2. Um die Frage nach den Blutgefäßen in den PaAcısıschen Körperchen zu klären, schlug ich dem Herın stud. Kowrysiv vor eine möglichst vollkommene Injektion der Blutgefäße des Mesenteriums der Katze und der Finger- und Zehenhaut des Menschen an amputierten Glied- maßen vorzunehmen und alsdann das Verhalten der Blutgefäße zu den Körperchen an Flächenpräparaten (im Mesenterium) und auf Schnitten durch die Haut zu studieren. Die von Kowrysın erhaltenen Präparate erwiesen unter anderm, daß dünne arterielle Ästehen mit den Nerven in jedes Körperchen eindringen, worauf sie in Kapillaren zerfallen, welche in die Zwischenräume nicht nur zwischen den Systemen der äußeren sondern auch der inneren Kapseln eindringen, woselbst sie beträchtliche Strecken durchziehen, nicht selten fast bis zur Hälfte der Länge des Körperchens und ein engmaschiges Netz bilden. Eine oder zwei feine Arterien treten außerdem vom Pol des Körperchens (nicht selten an der Stelle des Lig. interlamellare) gegen- über der Eintrittsstelle der Nerven in dasselbe ein und zerfallen hier in Kapillaren, deren Schlingen auf einer kurzen Strecke in die Zwischenräume zwischen den äußeren Kapseln vordringen; in vielen Fällen sind beide Kapillarsysteme vermittels langer Anastomosen ver- bunden. An vielen Körperchen ist außerdem erkenntlich, daß eine oder zwei Kapillarschlingen mit den Nervenfasern verlaufen und dieselben bis dieht an den Innenkolben begleiten, bisweilen sogar in den letzteren eintreten, sich jedoch nicht weiter als nur in den äußersten Anfangsteil desselben erstrecken. Die angegebenen Befunde erklären, meiner Meinung nach, sowohl das Vorhandensein der dünnen, varikösen, aus der Teilung der marklosen Fasern hervorgegangenen Fädchen zwischen den Kapseln und im Anfangsteil des Innenkolbens, sowie den Charakter der Fädchen selber und deuten auf die Zugehörig- keit letzterer zu den sympathischen Fasern hin. Die Abwesenheit von Gefäßen in dem Innenkolben, ausgenommen seines Anfangsteils, er- möglicht außerdem den Schluß zu ziehen, daß das oben beschriebene 1 Trait& technique d’histologie. 1875. - 2 Contributo allo studio della vascolarisazione della cute umana con pro- posta di una elassifiecazione piü razionale dei suoi diversi strati. Monit. Zool. Italiano. Anno XI. No. 9. 1900. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 57 Nervennetz, dessen Fäden an der gesamten Peripherie des Innen- kolbens angeordnet sind und sogar in die Tiefe des letzteren vor- dringen, keine Beziehung zu den Gefäßen hat und infolgedessen die in ihm endigenden dünnen markhaltigen Fasern nicht dem sym- pathischen System zugezählt werden können. Auf Grund der oben angeführten Beobachtungen muß somit die bisher geltende Ansicht über die Endigungsweise der Nerven in den typischen VATER-PACINISCHEN Körperehen wesentlich abgeändert werden. Es muß jetzt anerkannt werden, daß im Hohlraum eines jeden Körperehens zweierlei Arten von markhaltigen Nervenfasern endigen, und zwar dieke und dünne Fasern. Die Verzweigungen des Achsenzylinders der ersteren nehmen fast den gesamten Hohlraum des Innenkolbens ein und bilden in ihm einen Knäuel untereinander verbundener, zudem beträchtlich dieker Nervenästchen und -Fäden. Die Sehlingen dieses Knäuels sind entsprechend der Form des Innenkolbens lang ausgezogen. Die Endverzweigungen des Achsenzylinders der anderen Nervenfasern bilden ein dichtes Netz aus feinsten varikösen Fädehen; dieses Netz ist sowohl in dem periphersten als auch in den tieferen Ab- sehnitten des Innenkolbens angeordnet und umflicht die Verzweigungen der ersten Faser. Die in das Körperchen eindringenden marklosen Fasern gehören den sympathischen an und begleiten die Blutgefäße des Körperchens Im Körpercehenhohlraum ist wahrscheinlich nur eine unbe- deutende Menge seröser Flüssigkeit, jedoch keine Zellen und keinerlei körnige Substanz enthalten. 2) Modifieierte VATER-Pacınıische Körperchen (End- kolben, GoLGI-Mazzonische Körperchen) (Figg. 3, 5—9) sind bereits recht ausführlich von W. Krause in der Sohlenhaut ver- sehiedener Säugetiere, von mir! in der Haut der Geschlechtsorgane des Menschen und der Conjunctiva, von Rurrmı? in der Tela subeutanea ! Die Nervenendkörperchen in der Cornea und Conjunctiva bulbi. Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. XXXV. — Die Nervenendigungen in der Haut der äuße- ren Genitalorgane des Menschen. Ebenda, Bd. XLI. — Die Nervenendigungen m Lidrande und in der Conjunetiva palp. des Menschen. Ebenda, Bd. XLIV. 2 Di un nuovo organo nervoso terminale e sulla presenza dei corpuscoli GoL6I-MAZzoNI nel connetivo sottocutaneo dei polpastrelli delle dita dell’ uomo. Roma 1894. — Ulteriori rieerche sugli organi nervosi terminali nel connetivo sottocutaneo dei polpastrelli dell’ uomo e sulle diverse qualit& di corpuscoli del Pacını che si osservano nello stesso tessuto. Ricerche fatte nel Labora- 58 A. S. Dogiel. der Haut des Menschen, von F. CREvATIN! in der T. subeutanea der Haut des Affen, der Maus und anderer Tiere und von SFAMENI? in den Papillen der Fingerhaut des Hundes und der Katze beschrieben worden. A. Smirxorr® studierte diese Körperchen in der Sohlenhaut des Menschen, woselbst sie nach seinen Beobachtungen unmittelbar unter den Papillen gelegen sind; er unterscheidet zweierlei Arten dieser Körperchen: in den einen bildet der Achseneylinder, indem er sich verästelt, ein Netz, in den anderen tritt derselbe in den Innen- kolben und endigt in ihm mit einer knopfförmigen Verdiekung. Die genannten Körperchen haben, soviel ich habe wahrnehmen können, eine runde, eiförmige, ovale oder wurstförmige Gestalt und bestehen wie bekannt aus einer Hülle und einem Innenkolben. Die Hülle besteht aus einigen (zwei bis drei bis vier und mehr) feinen, in gewissen Abständen voneinander angeordneten, bindegewebigen Lamellen, deren Zahl in einer gewissen Abhängigkeit von der Größe der Körperchen selber steht (Figg. 3, 5—9). Der von der innersten Lamelle begrenzte Hohlraum weist im Vergleich zur Größe der Körperchen einen beträchtlichen Durchmesser auf; bloß in den wurstförmigen Körperchen ist er mehr oder weniger schmal im Vergleich zur Länge. Die Größe der Körperchen ist sehr mannig- faltig, jedoch selbst die größten unter ihnen sind um vieles kleiner als die kleinsten Varer-Pacısischen Körperchen. Sie sind in der Finger- und Zehenkuppenhaut, in der T. subeutanea, im Str. retien- lare corii fast unmittelbar unter den Epithelleisten (Fig. 9) dieht an der Basis (Fig. 8) und in dem Basaltheil derselben ange- ordnet, woselbst sie mit einer Seite der Epitheloberfläche anliegen oder aber ungefähr die Mitte des Basalteils einer Papille einnehmen. Nicht selten endlich werden die Körper- chen auch in der Tiefe der Papillen (Figg. 3, 4 und 5) un- sefähr im mittleren Teil oder im oberen Dritteil dersel- ben angetroffen, wobei sie hier gleichfalls entweder im torio di Anatomia normale della R. Universita di Roma ed in altri Laboratori biologiei. Vol. V. Fasc. 3. 1896. 1 Di alcune forme di corpuscoli nervosi del connettivo sottoceutaneo e della loro struttura. Bologna 190. 2 Contributo alla eonoseenza delle terminazioni nervose negli organi geni- tali esterni e nel capezzolo della femmina. Monitore zool. Italiano. Anno XI. No. 1. 1901. 3 Über Endkolben in der Haut der Planta pedis und über die Nervenendi- gungen in den Tastkörperchen des Menschen und im Ösophagus des Frosches. Internat. Monatsschr. f. Anat. u. Physiol., Bd. X. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 59 Achsenteil der Papille gelagert sind oder aber häufiger sich mit einer Seite an das die Papille umgebende Epithel an- lehnen. In den Kuppen der Papillen fehlen die Körperchen augen- scheinlich vollkommen, da ich bei der Durchsicht Hunderter gut ge- färbter Präparate niemals ein Körperehen in diesem Teil der Papille angetroffen habe. In der Haut der Finger- und Zehenkuppen sind diese Körperehen in verhältnismäßig großer Zahl vorhanden, auf jedem Schnitt lassen sich mehrere derselben auffinden. In den Pa- pillen, in welchen die abgeänderten Pacınıschen Körperchen gelagert sind, werden gewöhnlich auch andere Nervenapparate angetroffen, so, wie weiter unten angegeben wird, die nicht eingekapselten Nerven- knäuel, die von Rurrısı unter der Bezeichnung »fiocchetti papillari« — papilläre Büschel beschriebenen besonderen Endigungen sowie die vasomotorischen Nerven von RurFInI. In denjenigen Papillen, welche von den typischen Meisswerschen Körperchen und ihren verschie- denen Varietäten eingenommen sind, werden die erwähnten Körper- chen nicht angetroffen, selten nur sind sie an der Basis dieser Pa- pillen oder noch tiefer im Stratum retieulare corii gelagert. Die in den Papillen selber und an der Basis derselben ange- ordneten Körperchen haben gewöhnlich eine runde, ovale oder eiförmige Gestalt, während die unter den Epithelleisten gelagerten in der Mehrzahl der Fälle eine wurstförmige Gestalt annehmen und nieht selten mehr oder weniger gebogen erscheinen (Fig. 9). An jedes Körperchen treten an die dem Stratum reticulare corii zugekehrte Seite oder seitwärts eine, bisweilen zwei dicke mark- haltige Fasern heran, welche ihre Markscheide fast dicht am Körper- chen, oder aber häufiger in einiger Entfernung von demselben verlieren und alsdann in Gestalt nackter Achsenzylinder in den Hohlraum des Körperehens eindringen; die HEexLesche Scheide und das Neurilemm gehen offenbar in die Hülle des Körperchens über. Diejenigen markhaltigen Fasern, welche an die, in den Papillen gelegenen, Körperchen herantreten, verlieren die Markscheide gewöhnlich vor dem Eintritt in die Papillen und erscheinen in den letzteren bereits als dieke marklose Fasern. Im Hohlraum des Körperchens teilt sich der Achsenzylinder gewöhnlich sofort in zwei bis drei Ästehen, welche sich im Hohlraum vielfach winden und Schlingen verschiedener Größe und Form bilden (Figg. 3, 4, 9). Einige der Schlingen verlaufen parallel der Längsachse des Hohlraums, andere in querer Richtung, wieder andere mehr oder weniger schräg zu derselben, wobei sie sich auf ihrem Verlauf mannigfach überkreuzen und verflechten. Von 60 A. 8. Dogiel, diesen schleifenförmig gebogenen Ästchen sondern sich allmählich neue Ästchen ab, welche ähnlich den ersteren gebogen sind und sich ihrerseits mehrfach teilen, wobei die auf diese Weise entstandenen Ästehen und Fäden sich gleichfalls winden und sich miteinander verbinden (Figg. 3, 5,6 und 9). Diese letzteren Ästehen und Fäden sind von ver- schiedener gewöhnlich recht beträchtlicher Dicke, erscheinen abgeplat- tet und bilden auf ihrem ganzen Verlauf stellenweise verschieden große und mannigfach gestaltete Verbreiterungen und Auftreibungen, wo- durch sie selber und mit ihnen auch der ganze Endapparat ein eigenartiges Aussehen erhält. Da der in den Hohlraum des Körper- chens eingetretene Achsenzylinder in eine Menge sich teilender, windender und zudem miteinander verbundener Ästehen zerfällt, so entsteht im Hohlraum des Körperchens ein diehter Nervenknäuel (Figg. 3, 5, 6, 9). Je vollständiger die Nerven im Präparat sich gefärbt haben, eine desto größere Menge von Nervenästehen und -fäden sind im Hohlraum des Körperchens vorhanden; im Falle einer be- sonders günstigen Färbung ist der Knäuel dermaßen dicht, daß in demselben kaum irgendwelche Zwischenräume zwischen den einzel- nen Fäden zu erkennen sind. Im Falle einer nicht gelungenen Fär- bung bleiben im Gegenteil viele Ästehen ungefärbt, andere sind nur auf einer gewissen Strecke gefärbt, infolgedessen sie mit verschieden- sestalteten Verbreiterungen und Auftreibungen zu endigen scheinen. In den langgestreckten Körperchen verläuft die Mehrzahl der Schlingen parallel der Längsachse derselben, in den runden ziehen die Schlingen in verschiedenen Richtungen. Die in den genannten Knäueln, und zwar in einigen oder selbst vielen derselben endigenden Nervenfasern sind Äste, hervorgegangen aus der allmählichen Teilung einer dicken markhaltigen Faser oder, mit anderen Worten, eine einzige mark- haltige Faser endigt mit ihren Teilästen in vielen Körperchen ebenso wie es auch hinsichtlich der typischen VATER-PAcınischen Körper- chen der Fall ist. Auf dünnen Schnitten durch die Haut, in denen sich die End- verzweigungen vieler Körperchen gefärbt haben, kann man nicht selten wahrnehmen, daß zu einem oder dem anderen derselben mit der markhaltigen Faser noch eine (Figg. 3 und 7) oder mehrere feinere mit kleinen Varikositäten besetzte Fasern herantreten, welche in einer beträchtlichen Entfernung vom Körperchen mit einer dünnen Mark- scheide umhüllt erscheinen. Bisweilen zerfällt eine derartige Faser, nachdem sie die Markscheide verloren, in mehrere dieke Fäden, welche sich zu einem Körperchen begeben. Nach dem Eintritt in Bd ne a 0,8 Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 61 den Hohlraum des Körperchens winden sich diese Fasern zunächst an der Peripherie des Hohlraums, wobei sie allmählich in eine srößere oder kleinere Anzahl dünner variköser Fädchen sich auflösen. Bei einer sorgfältigen Durchsicht der Präparate läßt sich jedoch fest- stellen, daß in einigen Körperchen die in dasselbe eingetretenen varikösen Fasern sich nicht nur im peripheren Teil des Innenkolbens verästeln, sondern daß auch viele feine aus der Teilung dieser Fasern hervorgegangenen Fädchen in die Tiefe des Hohlraums vordringen; hier zerfallen sie allmählich in eine große Zahl feiner, sich ihrer- seits verästelnder Fädchen, welche sich im ganzen Hohlraum aus- breiten und ein Netz bilden (Fig. 7). Zwischen den dünnen Fädchen dieses Nervennetzes winden sich die verhältnismäßig. viel diekeren, mit den charakteristischen plättchenförmigen Verbreiterungen be- setzten Ästchen, mit welchen im Hohlraum des Körperchens die Achseneylinder der dieken markhaltigen Fasern endigen (Fig. 7). Die Endverzweigungen der dieken markhaltigen Fasern werden so- mit von den Endverzweigungen der anderen dünnen Fasern um- flochten. Diese Körperchen stellen in dieser Hinsicht keinen Aus- nahmefall vor. Dasselbe wird, wie oben berichtet wurde, auch in den typischen VATEr-Pacınıschen Körperchen, sowie in den Meıss- nErschen Körperchen (s. unten) beobachtet. Wie aus dem Gesagten hervorgeht, so unterscheiden sich die modifizierten PAcınischen Körperchen (GoLGı-Mazzoni) von den typischen VATErR-Pacıniıschen Körperchen bloß dureh ihre geringere Größe, durch die hinsichtlich ihrer Größe bedeutende Ausdehnung ihres Hohlraums, durch die schwächer entwickelte Hülle und teilweise durch ihre Lage und Gestalt. Sie sind durchaus den Endkörperchen gleich, welche im Bauchfell an den Übergangsstellen der Muskeln in die Sehnen und an andern Stellen vorhanden sind. Außer diesen Körperchen sind in dem oberflächlichsten Abschnitt des Stratum reticulare corii fast unmittelbar unter den Basen der Papil- len, freilich selten noch besondere Körperchen anzutreffen, welche nach der Endigungsweise der Nerven in demselben sich offenkundig von den oben beschriebenen Körperchen unterscheiden. Dieselben sind von runder oder ovaler Gestalt, von beträchtlicher Größe und von einer dieken Hülle umgeben, welche aus mehreren koncentrisch angeordneten Lamellen — Kapseln — zusammengesetzt ist (Fig. 10). An jedes derartige Körperchen tritt von unten her eine dicke mark- haltige Faser, welche gewöhnlich dieht an der Hülle desselben die 62 A. 8. Dogiel, Markscheide verliert; der dicke Achsenzylinder dringt alsdann in den Hohlraum des Körperchens ein und zerfällt sofort in mehrere (drei bis fünf und mehr) feine Ästchen. Diese winden sich mannigfach im Hohlraum des Körperchens und teilen sich dabei mehrfach in feine, mit kleinen Varikositäten besetzte Fädchen. Letztere beschrei- ben zahlreiche Windungen in dem Hohlraum des Körperchens, ver- flechten sich untereinander mannigfach und geben zahlreiche feine sich gleichfalls verzweigende und sich miteinander verbindende vari- köse Fäden ab (Fig. 10). Schließlich entsteht in dem Hohlraum des Körperchens ein beträchtlich dichter Knäuel, der aus feinen miteinan- der verbundenen varikösen Fäden besteht, wobei, soviel ich habe wahrnehmen .können, ein oder zwei Fädchen dieses Knäuels durch die Kapsel des Körperchens hindurchtreten und in die Papille ein- dringen, woselbst ich sie bisweilen bis dieht an die Kuppe der Papille verfolgen konnte. In diesen Körperchen endigt augenscheinlich nur eine Nervenfaserart, und zwar nur dicke, markhaltige Fasern, wo- durch sie sich unter anderm von den oben angeführten Körperchen unterscheiden; sie stellen offenbar bloß eine Variation derselben dar. 3) Körperchen mit plättehenförmigen Endverbreiterun- gen (Figg. 11 und 12). Diese in Bezug auf die Endigungsweise der Nerven eigentümlichen Körperchen sind meines Wissens bisher noch nicht beschrieben worden. Dieselben werden nur in dem Stra- tum retieulare corii angetroffen und sind gewöhnlich nahe beim Basalteil der Papillen angeordnet; nicht selten sind die Fälle, daß die Papille selber von einem Meıssyerschen Körperchen eingenom- men ist, während unter derselben eines der zu beschreibenden Körper- chen gelagert war. Diese Körperchen werden verhältnismäßig nicht häufig ange- troffen, welcher Umstand jedoch nicht darauf hindeutet, daß sie überhaupt in geringer Zahl vorhanden sind, da sie nur im Fall einer ausreichenden Färbung der in ihnen endigenden Nerven deutlich in die Erscheinung treten, während die Nerven selbst auf einem und demselben Schnitt durchaus nicht in allen Körperchen gefärbt sind. Das soeben Gesagte bezieht sich nicht allein auf die zu beschreiben- den Körperchen, sondern überhaupt auf sämtliche mit Methylenblau gefärbte Nervenendapparate. Die Körperchen haben gewöhnlich die Gestalt eines mehr oder weniger engen Zylinders, und sind nicht selten in geringerem oder stärkerem Maße gebogen (Figg. 11,12). Die Körperchen sind verhältnis- mäßig nicht groß; ihr Längsdurchmesser beträgt 0,062— 0,080 mm, der Uber die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 63 Querdurchmesser 0,018—.0,022 mm, wobei der Längsdurchmesser mehr oder weniger senkrecht zur Hautoberfläche gestellt ist. Jedes Körperehen ist von einer dünnen, bindegewebigen Hülle, welche, so viel ich habe wahrnehmen können, nicht aus einzelnen Lamellen, wie in den oben beschriebenen Körperchen, besteht, umgeben. Die Hülle umfaßt einen zylinderförmigen Hohlraum — den Innenkolben. An den unteren Pol eines jeden Körperchens tritt eine sehr dieke markhaltige, von einer dieken Hexteschen Scheide umgebene Nervenfaser heran. In geringer Entfernung vom Pol des Körperchens verliert die Faser ihre Markscheide, während die Hextesche und ScHwannsche Scheide in die Hülle des Körperchens übergeht; der breite, bandförmig abgeplattete Achsenzylinder dringt in den Hohl- raum ein, woselbst er alsbald ein oder zwei abgeplattete Äste unter spitzem Winkel abgibt, alsdann sich wellenförmig windend zum blinden Ende des Kolbens hinzieht und auf diesem Verlauf sich aber- mals gabelförmig in zwei bis drei Äste teilt (Figg. 11 und 12). Die ersteren Äste winden sich mehr oder weniger in dem unteren Ab- schnitt des Hohlraums und zerfallen hier in zwei bis vier Ästchen von verschiedener Länge und Dicke. Die anderen Äste nehmen da- segsen den oberen Abschnitt (die obere Hälfte) des Hohlraums ein: woselbst sie sich bisweilen winden und schließlich sich gabelförmig in mehrere (zwei bis drei) Ästchen teilen. Sowohl der Achsenzylin- der selber als auch seine im Innenkolben gelagerten Verzweigungen ‚erscheinen in Gestalt mehr oder weniger breiter, bisweilen gleichsam sedrehter Bänder, in denen sehr deutlich ein fibrillärer Bau zu er- kennen ist (Figg. 11, 12). Die Ränder dieser bandförmigen Fasern sind uneben, gezähnt (sie machen den Eindruck als wären sie mit zahlreichen, dornförmigen Sprossen besetzt); der Querdurchmesser der- selben ist häufig stellenweise dermaßen verbreitert, daß an derartigen Stellen jedes Ästchen die Gestalt eines breiten Plättchens erhält, dessen Ränder desgleichen mit Dornen und nicht selten mit kurzen sich teilenden Sprossen besetzt sind (Fig. 12). Die Größe dieser lokalen Verbreiterungen der Ästchen hängt natürlich von der Dicke der letzteren ab: die schmalen Ästchen sind mit weniger großen, plättchenförmigen Verbreiterungen besetzt als die breiten Äste. Jedes Ästchen endigt alsdann nach Verlauf einer sewissen Strecke im Hohlraum des Körperchens mit einem besonderen Plätt- chen (Figg. 11 und 12). Diese Plättehen sind von mannigfaltiger Ge- stalt und Größe: einige von ihnen sind vieleckige Gebilde, welche an die Blätter der Klette erinnern, andere sind rund, dreieckig und 64 A. S. Dosgiel, viereckig, wieder andere lang ausgezogen, eckig usw. Die Ränder der Plättehen sind mit feinen Zähnchen und Dornen besetzt, stellenweise ausgeschnitten, infolgedessen die Plättehen ein eigentümliches Aus- sehen gewähren {Figg. 11, 12). Einige der Dornen und Zähnchen sind dermaßen verlängert, daß sie sich in feine, sich nicht selten teilende, Fädchen ausziehen, vermittels welcher sich benachbarte Plättehen miteinandar verbinden. In einigen Fällen gehen von einem Plättehen zwei bis drei recht dicke Fädchen ab, welche nach kurzem Verlauf in neuen — sekundären — Plättchen endigen (Figg. 11, 12). In der Mehrzahl der Fälle ist eine Fläche des Plättchens nach oben gerichtet — gegen das blinde Ende des Kolbens, neben diesen wer- den jedoch auch mehr oder weniger schräg gestellte oder auch mit ihren Flächen gegen die Seitenwand des Kolbens gerichtete Plätt- chen angetroffen. Viele Plättchen sind in geringerem oder größerem Maße gebogen, infolgedessen ihre eigentliche Gestalt nur bei einer allmählichen Abänderung des Fokalabstandes erkenntlich ist. In einem Körperchen werden gewöhnlich Plättehen verschiedener Größe angetroffen. Was nun den Bau dieser Plättchen anbetrifft, so be- stehen dieselben, soviel ich habe feststellen können, aus ebensolchen feinsten Fibrillen, wie auch die in ihnen endigenden Nervenäste und Ästehen; die Zwischenräume zwischen den Fibrillen sind augen- scheinlich von einem körnigen Neuroplasma eingenommen. Infolge der soeben beschriebenen Endigungsweise der Nerven in diesen eigentümlichen Körperchen erhält der ganze Nervenapparat das Aus- sehen eines sich windenden Pflanzenstengels, von welchem gebogene, mit verschieden großen und beträchtlich breiten Blättern besetzte Zweige abgehen (Figg. 11, 12). Da die in Plättchen endigenden Nervenästchen in gewissem Grade an die Nervenendigungen in den zusammengesetzten GRAN- pDryschen Körperchen erinnern, so richtete ich mein Augenmerk auf ein etwaiges Vorhandensein von Zellen in dem Hohlraum, konnte jedoch deren Anwesenheit nicht feststellen. Infolgedessen ist an- zunehmen, daß die geringen zwischen den Verzweigungen des Achsen- zylinders und den Plättchen nachbleibenden Zwischenräume aller Wahrscheinlichkeit nach teilweise von eben solchen in Plättchen endigenden Ästchen eingenommen sind, welche jedoch ungefärbt ge- blieben sind, d. h. im Hohlraum eines jeden Körperchens sind bei weitem nicht alle, sondern nur einige Ästchen und Endplättchen gefärbt. An jedes Körperchen treten zusammen mit der dicken Nerven- Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 65 faser, wie ich es bisweilen habe feststellen können, noch dünne variköse Fäden heran, welche sich auf ihrem Verlauf gewöhnlich teilen und in einigen Fällen nicht nur bis an den Innenkolben sondern auch innerhalb desselben verfolgt werden können (Figg. 11 und 12). Da auf meinen Präparaten diese Fäden im Hohlraum des Körperchens bloß auf kurze Strecken gefärbt waren, so kann ich nicht aussagen, welchen Fäden dieselben zugezählt werden müssen — den Verzweigun- gen dünner markhaltiger Nervenfasern, analog denen, welche ich in den typischen und modifizierten Varer-PAacmischen Körperchen be- schrieben habe, oder aber irgendwelchen andern. 4) MEısswersche Körperchen (Figg. 13, 14—27). Bevor ich zur Besprechung dieser Körperchen übergehe muß ich bemerken, daß durchaus nicht alle Nervenapparate, welche bisher unter dem Namen Meıssnerscher Körperchen beschrieben worden sind, hinsichtlich der Endigungsweise der Nerven in ihnen zu denselben gehören. Viele von ihnen müssen aus dieser Gruppe von Nervenapparaten ausge- sondert und besonderen Formen von Körperchen zugezählt werden. Die typischen Meısswnerschen Körperchen sind ausführlich von MERKEL!, FiscHEer?, RANVIER? und in der letzten Zeit von mir, SMIRNOFFS und RUFFINI® beschrieben worden, infolgedessen ich mich hauptsächlich auf eine Darstellung meiner neuen Befunde hinsichtlich der Endigungsweise der Nerven in ihnen beschränken werde. Die Meısswerschen Körperchen sind wie bekannt von eiförmiger, ovaler, birnförmiger und sogar rundlicher Gestalt; bei den eiförmigen und birnförmigen Körperchen ist der diekere Teil der Basis der Pa- pille, der dünnere der Kuppe derselben zugekehrt. Nicht selten er- scheinen die Körperchen gebogen; bisweilen nehmen sie sogar Huf- eisenform an, in welchem Falle sie in dem Basalteil der Papille liegen. Das Körperchen besteht gewöhnlich aus einem von einer bindegewebigen Hülle umgrenzten Hohlraum, von ersterer gehen je- doch häufig dünne Scheidewände: aus, welche das Körperchen in querer oder schräger Richtung durchziehen und dasselbe in meh- rere miteinander kommunizierende Abschnitte — Läppehen — von 1 Tastzellen und Tastkörperchen bei den Säugetieren und beim Menschen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XI. 1875. 2 Über den Bau der Meısswnerschen Tastkörperchen. Ebenda. Bd. XI. 3 Nouvelles recherches sur les corpuscules de tacte. Comptes rendus de l’acad. des sciences. Paris 1880. 4 Die Nervenendigungen in MEISSNERSchen Körperchen. Internat. Monats- schrift f. Anat. u. Phys. Bd. IX. 1892. 5]. e. vgl. p: 46. 6]. c. vgl. p. 58. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 5 66 A. 8. Dogiel, verschiedener Größe und Form teilen. Derartige Körperchen werden zum Unterschiede von den ersteren zusammengesetzte genannt; die Zahl der ein Körperchen zusammensetzenden Läppchen schwankt zwischen zwei bis sechs bis acht und mehr, was in einiger Beziehung zur Größe der Körperchen steht (Figg. 15, 16, 17, 18—21, 22 und andere). Die Größe der Läppchen eines Körperchens ist verschieden: neben einem großen, rundlichen oder eckigen Läppchen sind ver- hältnismäßig kleine runde, dreieckige oder solche in Gestalt eines abgeplatteten Ovals gelagert. Im allgemeinen nimmt die Größe der Läppehen in der Richtung von der Kuppe zu der Basis des Körper- chens zu; die Grenzen zwischen den Läppchen sind jedoch nicht immer scharf ausgeprägt: die Bindegewebssepta sind bisweilen der- maßen dünn, daß nur mit Mühe die Zusammensetzung des Körperchens aus Läppchen erkannt werden kann. In einigen Fällen ist ein Läppchen disloziert, indem es an der Seite des Körperchens liegt. Die Größe der Körperchen ist sehr verschieden: einige von ihnen sind sehr klein und nehmen bloß einen Teil der Papille ein, andre wiederum erreichen eine ungewöhnliche Größe — sie nehmen fast die ganze Papille ein, wobei sie nicht selten mit ihrer Basis den Basal- teil der Papille überschreiten. Gewöhnlich ist in jeder Papille nur ein Körperchen gelagert und zwar bald in dem mittleren Teil derselben von der Basis an, ohne die Kuppe der Papille zu erreichen, bald näher zu einer Seite dieser hin, bisweilen füllt es auch, wie bereits erwähnt die ganze Papille aus und schiebt sich sogar mehr oder weniger tief in das Stratum retieulare corii vor. In großen Papillen werden außerdem zwei bis drei Körperchen angetroffen, welche entweder nebeneinander angeordnet und annähernd von gleicher Größe sind (Fig. 27) oder über- einander liegen; sind in einer Papille drei Körperchen vorhanden, so sind zwei nebeneinander gelagert, während das dritte unter ihnen an der Basis der Papille liegt. Die Körperchen sind in den Papillen mit ihrem Längsdurchmesser in der Längsachse der letzteren gelegen, n seltenen Fällen nur werden kleine gebogene Körperchen angetroffen, welche den unteren (basalen) Teil der Papille einnehmen, wobei ihre Längsachse :mehr oder weniger parallel dem Querdurchmesser der Papille gerichtet ist. In sämtlichen Papillen, auch in denen, in welchen MEISSNER- sche Körperchen vorhanden sind, finden sich, wie RuFFINI voll- kommen richtig beschrieben hat, Kapillarschlingen und Nerven- verzweigungen, welch letztere Rurrinı den Vasomotoren zurechnet (Figg. 14, 16, 21A und andere). Nach den Beobachtungen von RUFFINI Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 67 sind in den Papillen zusammen mit den MEısswerschen Körperchen noch besondere Nervenapparate, welche von ihm »papilläre Büschel« (fioechetti papillari) benannt worden sind, vorhanden; von diesen wird weiter unten ausführlicher berichtet werden. Es gibt auf diese Weise weder gefäß- noch nervenlose Papillen; ich habe mehrmals. sogar in denjenigen Papillen, welche fast vollkommen von den ungemein sroßen Meısswerschen Körperehen eingenommen waren, Kapillaren wahrnehmen können; das Bindegewebsgerüst einer derartigen Papille war von dem Körperchen zur Seite gedrängt und trotzdem waren in dieser dünnen Bindegewebsschicht Kapillarschlingen vorhanden. Die Endigungsweise der Nerven in den MEıssnerschen Körper- chen ist, wie bereits oben erwähnt, von mir schon früher studiert und im Jahre 1892! beschrieben worden; meine Beobachtungen sind alsdann von A. SMIRNOFF? und insbesondere von RUFFINI? bestätigt worden; von mir und den erwähnten Forschern wurden jedoch für MEıSSsnersche Körperchen Gebilde gehalten, welche ersteren hinsicht- lich der Nervenendigung durchaus nicht gleichwertig waren; und ist nicht beachtet worden, daß in den typischen MEISsnErschen Körper- chen zwei voneinander durchaus verschiedene Nervenapparate vor- handen sind. Die vom Nervengrundgeflecht abgehenden Stämmchen und Ästchen erreichen, wie bereits oben erwähnt, unter allmählicher Teilung und Anastomosenbildung die oberflächliche Schicht des Stratum reticeulare corii, woselbst sie das sogenannte oberflächliche Geflecht bilden. Die an der Zusammensetzung dieses Geflechts teilnehmenden mark- haltigen Nervenfasern verschiedener Dicke ziehen von einem Ästchen zum andern hinüber, teilen sich auf diesem Verlauf, wobei einige von ihnen (die dünnen Fasern) sogar ihre Markscheide verlieren. Hierauf verlassen die Fasern das Geflecht entweder in Gestalt einzelner markhaltiger oder markloser Fasern, oder in Gestalt von Nerven- faserbündeln und ziehen, sich mannigfach windend, senkrecht oder schräg teilweise zu den Papillen, teilweise zu den Epithelwällen. In den Papillen mit typischen Meıisswerschen Körperchen verlaufen viele von den dicken markhaltigen Fasern zu denselben, wobei an jedes Körperchen je nach dessen Größe entweder eine (Figg. 13, 15, 20, 21 u. a.) häufiger jedoch mehrere, zwei bis drei bis vier bis fünf und mehr Fasern (Figg. 13, 14, 16, 17 u. a.) herantreten. In günsti- gen Fällen läßt es sich bisweilen erkennen, daß zwei bis drei dieser 1]. e. vgl. p. 65. 2]. e. vgl. p. 46. 3]. e. vgl. p. 58. - 5*F 68 A. S. Dogiel, Fasern aus der Teilung einer Stammfaser hervorgegangen sind. Auf einigen Präparaten ist außerdem sichtbar, daß eine markhaltige Faser sich T- oder Y-förmig in dem erwähnten Geflecht in zwei bis drei Ästchen teilt, welche sich alsdann zu zwei bis drei in verschiedenen Papillen gelegenen Körperchen begeben (Fig. 13). Eine Stammfaser versorgt somit sich verästelnd nicht nur ein Körperchen mit mehreren Fasern, sondern entsendet auch einzelne Fasern zu zwei bis drei und wahrscheinlich mehr Körperchen, d. h. an den MEıssverschen Körper- chen wiederholt sich dasselbe, was überhaupt an sämtlichen sensiblen und motorischen Nervenapparaten beobachtet wird. Im Falle an das Körperchen mehrere Fasern herantreten, so stellen dieselben Ästehen zweier bisweilen auch dreier Stammfasern dar; in jedem Körperchen endigen somit mehrere gleichartige Fasern. Zu Gunsten dieses Verhaltens spricht die Beobachtung, daß häufig von drei bis vier an ein Körperchen herantretenden Fasern einige nach Erreichung des Grundgeflechtes nach einer Seite, die andern nach der entgegengesetzten Seite verliefen, wobei sowohl die ersteren als auch die letzteren auf beträchtliche Strecke hin verfolgt werden, sowie ihre Zugehörigkeit zu verschiedenen Stammfasern festgestellt werden konnte. Die vom oberflächlichen Geflecht sich absondernden und zum Körperchen herantretenden Fasern teilen sich in geringerem oder größe- rem Abstande von demselben abermals, wodurch ihre ursprüngliche Zahl noch vermehrt wird. Gewöhnlich treten die Fasern entweder an den unteren Pol des Körperchens oder seitwärts nahe dem Pol oder aber in den oberen Abschnitt desselben (an das obere Dritteil) heran. Erhält das Körperchen eine Nervenfaser, so verliert dieselbe an dem unteren Pol jenes, oder seitwärts an dasselbe herantretend das Neu- rilemm und die Markscheide, worauf der Achseneylinder durch die Hülle des Körperchens dringt und direkt (Figg. 15, 21, 22, 27) oder aber nach vorheriger gabelförmiger Teilung in zwei bis drei Äste in den Hohlraum eintritt (Fig. 15). Nicht selten jedoch verliert die an das Körperchen von unten oder seitwärts herantretende Faser nicht ihre Markscheide, sondern teilt sich im zwei Fasern, von welchen die eine sich an der Oberfläche des Körperchens windet und nach Ver- lauf einer gewissen Strecke von neuem in zwei bis drei Fasern teilt, oder aber die ganze Faser windet sich vor dem Eintritt in das Körperchen an der Oberfläche desselben, wobei sie sich hierbei bis- weilen teilt und darauf erst nach einer oder zwei Windungen die Scheiden verliert und in den Hohlraum eindringt. Ist der Achsen- zylinder vom unteren Pol aus in das Körperchen eingedrungen, so Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 69 verbreiten sich einige Ästehen desselben gewöhnlich in den unteren, andre in den mittleren, und die dritten in den oberen Abschnitten oder Läppchen des Körperchens, oder ein bis zwei Ästchen versorgen die Läppchen der unteren, die übrigen die der oberen Hälfte des Körperchens. Tritt endlich die Faser seitwärts in das Körperchen ein, näher zu dem einen oder dem andern Pol, so teilt sich der Achsen- zylinder zunächst in mehrere (zwei bis drei) Ästehen, von denen die einen sich zur oberen, die andern zur unteren Hälfte des Körper- chens begeben, wobei jedes Ästchen sich nach kurzem Verlauf aber- mals in zwei bis drei sich in den Läppchen der entsprechenden Hälfte verbreitenden Ästchen teilt. Bisweilen senkt sich der Achsen- zylinder ohne vorherige Teilung zum unteren Läppchen herab und teilt sich hier alsdann in mehrere zu den Läppchen verlaufende Ästehen (Fig. 22). In dem Hohlraum des Körperchens oder seiner einzelnen Läppchen winden sich die aus der Teilung des Achseneylinders hervorgegangenen Ästehen spiralförmig, wobei die Spiraltouren in dem einen Abschnitt des Körperchens oder in einem Läppchen enger, in dem andern Ab- schnitt oder in andern Läppchen weiter sind, d. h. die Ästchen bilden entweder eine stark zusammengerollte oder eine mehr oder weniger lockere Spirale (Figg. 15, 16, 18, 19 u. a.). Einige der Spiral- touren sind gewöhnlich von größerem, andre von geringerem Durch- messer; die Ästchen selber sind beträchtlich diek und etwas abge- plattet, zusammengedrückt, wobei sie stellenweise breiter und dicker werden. Diese lokalen Verbreiterungen der spiralförmig gebogenen Ästchen weisen die mannigfaltigsten Formen auf sind oval, rundlich und spindelförmig (Figg. 15, 16, 18, 19 u. a.), oder aber erscheinen als drei- oder vieleckige mehr oder weniger dieke Plättchen (Fig. 22). Wie ihre Gestalt so schwankt auch ihre Größe, neben kleinen werden verhältnismäßig sehr große und dicke Verbreiterungen an- getroffen; im allgemeinen ist ihre Größe jedoch von der Breite und Dicke der Ästchen selber abhängig. Die genannten Ästchen teilen sich mehrfach anf ihrem Verlauf und zwar des häufigeren an den Stellen der Verdiekungen oder Verbreiterungen, wobei die auf diese Weise entstandenen Ästehen sich gleich den ursprünglichen winden und desgleichen mit Verdickungen besetzt sind; nicht selten ziehen sie von einem Läppchen eines Körperchens zu andern Läppchen hinüber, woselbst sie mehrere Touren beschreiben (Figg. 15, 18, 21, 22, 27). Jedes dieser letzteren Ästehen kann seinerseits einige, häufig sich desgleichen teilende und spiralförmig oder schlangenförmig windende 70 A. S. Dogiel, feinere Ästehen abgeben, welche in den zusammengesetzten Körperehen von einem Läppehen zu andern, benachbarten, hinüberziehen. Der Hohlraum eines einfachen Körperchens sowie der eines jeden Läppcehens des zusammengesetzten Körperchens ist somit von zahl- reichen Windungen der sich mehrfach verzweigenden Ästehen ein- genommen, in welche der Achsenzylinder der in das Körperchen eintretenden Nervenfaser zerfällt. Die Mehrzahl der Windungen der Ästehen verlaufen annähernd parallel dem Querdurchmesser des Körperchens, doch werden neben solchen auch schräg gestellte an- getroffen, welche sich mannigfach mit den parallelen Windungen überkreuzen. Häufig ziehen in einigen Läppehen eines Körperchens die Schlingen der Nervenästehen senkrecht zur Längsachse desselben, in den andern mehr oder weniger schräg; in den kleinen Körperchen, deren Längsachse mit dem queren Durchmesser der Papille zusammen- fällt, winden sich die Nervenästchen mehr oder weniger parallel dem Querdurchmesser des Kürperchens. Bisweilen steigt ein Ästehen ohne sich zu teilen aus dem Hohlraum eines Läppehens in denjenigen eines benachbarten hinauf, wo es sich windet und sich teilt. In andern Fällen durehzieht ein Nervenästchen, indem es sich windet, mehrere Läppcehen, wobei es jedem dieser schleifenförmig gebogene Seiten- ästchen abgibt, und zerfällt erst in dem obersten oder untersten Läppchen endgültig in mehrere Ästchen. Endigen in den Körperchen mehrere Fasern, so treten sie an jedes derartige Körperehen in Bündeln (Figg. 13, 14, 16, 18) oder einzelne Fasern (Figg. 17—21 A) heran. Im ersteren Fall tritt das aus mehreren Fasern bestehende Bündel an den unteren Pol des Körperchens heran, woselbst einige (ein bis zwei) Fasern die Mark- scheide verlieren, während die Achsenzylinder in die unteren Läppchen eindringen und sich daselbst in der angegebenen Weise verästeln; die andern Fasern des Bündels verlaufen zunächst auf der Oberfläche des Körperchens, wobei sie sich nicht selten gabelförmig teilen oder das Körperchen mit ein, zwei Touren umwinden und darauf im mittleren oder oberen Abschnitt desselben ihre Markscheide verlieren, in die Läppchen eindringen und in denselben in bekannter Weise endigen. Bisweilen treten zwei bis drei Fasern zu einem Bündel vereint an den Pol des Körperchens, während eine Faser nach ihrer Absonderung vom oben beschriebenen Nervengeflecht getrennt von den übrigen zunächst weit ab vom Körperchen, häufig an der Peripherie der Papille hin- zieht und nach einem beträchtlich langen Verlauf an das obere oder mittlere Drittel des Körperchens herantritt; hier teilt sich dasselbe u u 0a Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 71 gabelförmig, worauf erst ein jedes Ästchen in das Körperchen ein- dringt und in den Läppchen des mittleren oder oberen Abschnitts desselben sich verzweigt (Fig. 16). Treten die Fasern an das Körperchen nicht zu Bündeln vereint heran sondern vereinzelt, so sondern sie sich an verschiedenen Stellen von dem oberflächlichen Nervengeflecht, einige von ihnen sogar be- trächtlich weit von der Papille, in welche sie später eindringen und begeben sich in Windungen an das Körperchen heran. Hierauf tritt oft eine dieser Fasern vom unteren Pol des Körperchens nach Verlust der Markscheide in das untere Läppchen ein, eine zweite in das folgende höher gelegene Läppchen, während eine dritte sich zunächst an der Oberfläche des Körperchens windet. Im mittleren Abschnitt des Körperchens teilt sich diese letztere gabelförmig; die Teiläste dringen in das dritte Läppchen ein; hier verzweigt sich der kürzere Ast, während der andre in die übrigen höher gelegenen Läppchen ein- dringt und denselben allmählich Ästchen abgibt (Fig. 17). Ferner geschieht es oft, daß ein oder zwei Fasern vom unteren Pol aus in das Körperchen eintreten und sich in der unteren Hälfte oder den unteren 2/, desselben verzweigen, während die übrigen zur oberen Hälfte resp. dem oberen Drittel verlaufen und in den entsprechenden Läpp- chen endigen. Außerdem habe ich beobachtet, daß einige Fasern vom unteren Pol des Körperchens in dasselbe eindringen und von hier aus, sich allmählich verästelnd, sämtliche Läppehen mit ihren Ästen versorgten. Bisweilen erhält ein Körperchen drei einzelne Fasern, von denen eine an der Seite des unteren Läppchens sich in zwei Äste teilt; ein Ast dringt nach kurzem Verlauf in das Körperchen ein und zerfällt sofort in zwei neue Ästchen (Fig. 18), von welchen eines nach unten zieht und sich in dem unteren Lappen verzweigt, während das andre nach oben verläuft und die übrigen Läppchen bis zum obersten hinauf mit seinen Verzweigungen versorgt; der andre Ast begibt sich von der Seite des Körperchens zur Kuppe desselben, woselbst er in den obersten Läppchen eindringt und alsdann nach unten unter allmählicher Abgabe von Ästehen hinzieht. Die andre Nervenfaser erreicht ähnlich der ersten von der Seite aus den oberen Teil des unteren Lappens, tritt in dasselbe ein und verzweigt sich teilweise in ihm, teilweise gibt sie Ästchen zu den höher gelegenen Läppchen ab. Die dritte Faser endlich verliert ihre Markscheide in einer beträcht- lichen Entfernung vom Körperchen, worauf sie in einige verhältnis- mäßig dünne variköse Fäden zerfällt, welche der Oberfläche des Körperchens anliegend, zu einem Bündel vereint sich zum obersten 72 A. 8. Dogiel, Läppchen begeben, alsdann in das Körperchen eindringen und in den obersten Läppchen endigen (Fig. 18). Aus dem Mitgeteilten erhellt, daß die Nervenfasern in die Körper- chen in mannigfacher Weise eindringen können, nichtsdestoweniger habe ich niemals wahrnehmen können, daß so viel einzelner Fasern ein Körperchen auch erhält, die Verzweigungen einer Nervenfaser sich ausschließlieh in einem Läppchen verteilten; stets dringen einige Ästehen in die benachbarten Läppehen ein. Wenn auch bisweilen Bilder erhalten werden, als träten die Verzweigungen einer Faser nicht aus dem Bereich eines Läppchens heraus, wie es z. B. auf Fig. 17 ersichtlich ist, so sind dieselben bloß das Resultat einer unvoll- ständigen Färbung der Nerven mit Methylenblau. Wird nun ein Körperchen von einer oder von mehreren Nerven- fasern versorgt, so endigen die in dem Hohlraum desselben sich verästelnden und spiralförmig verlaufenden Achseneylinder nicht frei: wie es zunächst ich!, alsdann SMIRNOFF? und in der letzten Zeit RuUFFINI? gezeigt haben, verbinden sich die Verästelungen der Achseneylinder vermittels verschieden langer und dieker Seitenäst- chen und -fäden, welche häufig senkrecht oder schräg von einer Faser zu andern höher oder niedriger gelegenen Ästchen verlaufen und im allgemeinen einen eigenartigen Knäuel unter sich verbunde- ner Nervenästchen und -fäden bilden (Figg. 15, 16, 18, 19, 22). In den zusammengesetzten Körperchen ist dieser Knäuel in mehrere, entsprechend der Zahl der Läppcehen, untereinander verbundene Ab- schnitte geteilt, welche aus Nervenästchen, die in bestimmter Weise sich winden und untereinander verbinden, zusammengesetzt sind. Zwischen der großen Anzahl von Ästchen, die aus dem Zerfall der Achsenzylinder der Nervenfasern in jedem Körperchen hervorgegan- gen sind, gibt es in der Tat kein einziges, welches frei mit einer Verdickung endigte. Sämtliche derartige Endigungen sind entweder das Resultat einer unvollständigen Färbung des Nervenapparates im Körperchen, oder entstehen dadurch, daß einige Ästehen durch- schnitten sind, oder endlich werden häufig von den verschiedenartigen Windungen der Ästehen vorgetäuscht. Infolge der zahlreichen Windungen und der allmählichen Teilung der Nervenästchen ist fast der ganze Hohlraum des Körperchens vom Nervenapparat eingenommen; im Hohlraum ist kein Platz für irgend welche andre Elemente vorhanden; die zwischen den sich windenden il. e. vgl. p. 69. 21.2 vgl: 2.2 31. e. vgl. p. 58. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 13 Ästehen übrigbleibenden minimalen Zwischenräume sind wahrschein- jich von einer geringen Menge Lymphe angefüllt. Die verhältnis- mäßig beträchtliche Dieke der Nervenästchen, ihre verschiedenartigen Verbreiterungen und Verdiekungen sowie die Spiralwindungen der- selben im Hohlraum des Körperchens charakterisiren vollkommen die typischen Meıssnerschen Körperchen und geben die Möglichkeit, sie mehr oder weniger leicht von den andern in den Hautpapillen ein- gelagerten Nervenapparaten zu unterscheiden. In den Meıssnwerschen Körperchen endigen außer den Endver- ästelungen der Achsenzylinder der dieken markhaltigen Fasern noch Fasern andrer Art. Dieselben gehören am häufigsten dünnen mark- haltigen Fasern zu, welche ihre Markscheide noch vor der Absonde- rung vom oberflächlichen Nervengeflecht oder auf ihrem Verlauf von demselben verlieren und in Gestalt mehr oder weniger dünner, bald glatter, bald variköser Fasern und Fäden zu den Papillen hinziehen. Früher oder später gesellen sie sich den markhaltigen, zu den MEısswerschen Körperchen verlaufenden, Fasern hinzu und treten mit denselben an den unteren Pol oder seitwärts an jedes Körperchen heran. Gewöhnlich teilen sich viele dieser Fasern bald nach ihrem Austritt aus dem Nervengeflecht in zwei bis drei bis vier Ästchen, welche zu mehreren Papillen verlaufen und erst in diesen sich den dicken markhaltigen, in den Körperchen endigenden, Fasern hinzu- gesellen (Fig. 21 A). Die Zahl dieser, an ein Körperchen heran- tretenden dünnen Fasern ist sehr verschieden und ist teilweise von der Größe des betreffenden Körperchens abhängig: die größeren der- selben erhalten drei bis vier Fasern, die kleineren eine bis zwei. Die genannten Fasern schlängeln sich auf ihrem Verlauf zum Körperchen, umwinden nicht selten in mehreren Touren eine der mark- haltigen Fasern und teilen sich gleichzeitig in eine verschieden große Anzahl verschieden dicker variköser Fäden (Figg. 20, 21); diese zerfallen bisweilen neuerdings in noch feinere variköse Fädchen, infolgedessen in derartigen Fällen sich in der Nähe des Körperchens häufig mehrere (ein bis zwei) Bündel verschieden dieker Fäden bilden, welche alsdann von unten oder seitwärts an das Körperchen herantreten (Fig. 25). Die genannten Fasern resp. ihre Teiläste dringen darauf in den Hohlraum des Körperchens ein, woselbst sie in eine große Zahl feinster vari- köser Fädchen zerfallen; diese sind zwischen den Verzweigungen der Achsenzylinder der markhaltigen Fasern gelagert, sie winden sich häufig spiralförmig, teilen sich mehrfach, wobei die auf diese Weise entstandenen Fädchen in derselben Weise verlaufen, mit benachbarten 74 A. S. Dogiel, Fäden anastomosieren und schließlich in dem Hohlraum des Körper- chens ein recht dichtes Netz bilden (Figg. 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25). Die Mehrzahl der Fädchen dieses Netzes windet sich mehr oder weniger parallel dem Querdurchmesser des Körperchens, nebenbei sind jedoch stets solche vorhanden, welche schräg oder senkrecht parallel der Längsachse des Körperchens sich erstrecken. Nicht sel- ten sind die Fäden des Netzes, wie es an besonders günstig ge- färbten Präparaten zu erkennen ist, in so großer Menge im Hohlraum des Körperchens vorhanden und dermaßen durcheinandergewirrt, daß der Verlauf der dieken Verästelungen der oben beschriebenen mark- haltigen Fasern mit Mühe verfolgt werden kann. Beim allmählichen Wechseln des Fokalabstandes ist es nicht schwer sich davon zu über- zeugen, daß das von den dünnen Fädchen gebildete Netz zusammen mit den Verästelungen der dieken markhaltigen Fasern tatsächlich im Hohlraum des Körperchens und nicht in dessen Hülle gelagert ist: die Fäden des Netzes treten nämlich dabei gleichzeitig mit den Endigungen dieser Fasern deutlich in Erscheinung, wobei festgestellt werden kann, daß das Netz den ganzen Hohlraum des Körperehens durchzieht, und daß die Fäden desselben die verhältnismäßig dicken Ästehen der dieken Fasern umflechten. Das Netz tritt besonders deutlich in den Fällen hervor, wenn die Endverästelungen der dicken Fasern schwach gefärbt sind, oder wenn dieselben nicht in dem ganzen Hohlraum, sondern nur in einigen Läppehen intensiv gefärbt sind (Figg. 19 und 22, 23, 24). Bei einer intensiven und vollständigen Färbung der Verästelungen genannter Fasern und des beschriebenen Netzes erscheint der Hohlraum des Körperehens dermaßen mit den Endverzweigungen beiderlei Faserarten angefüllt, daß es schwer ist sich in dieser großen Anzahl von Ästchen und Fäden zurechtzu- finden und das Vorhandensein zweier voneinander unterschiedener Nervenapparate festzustellen. In einer seiner Arbeiten weist Rurrisı! darauf hin, daß er um die MEIıssnerschen Körperchen ein zartes, aus feinsten Nervenfädcehen zusammengesetztes Netz hat wahrnehmen können; er bezeichnet das- selbe »cuffia retieulare« und vermutet, daß es dem von TIMOFEJEFF zuerst in besonderen Endkörperchen beschriebenen Fadenapparat ana- log ist. Da RUFFINI einen unmittelbaren Zusammenhang der Fäden dieses Netzes mit den spiralfürmig gewundenen Ästchen, mit denen die markhaltigen Fasern in den Körperchen endigen, gesehen hat, 1]. e. vgl. p- 46. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 7b) so erkennt er in den Körperchen nicht das Vorhandensein von zweier- lei Nervenapparaten an. Wie aus meinen Beobachtungen hervorgeht, so ist das Netz aus feinsten Nervenfädchen nicht nur an der Peripherie, sondern auch im Innern des Körperchenhohlraums gela- sert und umflicht die verhältnismäßig dieken, spiralförmig sewundenen Endästchen der dieken markhaltigen Fasern, wobei die Fädchen des Netzes mit diesen Ästchen nicht anastomosieren, sondern die Endverzweigungen vollkom- men selbständiger Fasern darstellen. Die beigegebenen Zeich- nungen sprechen besser als jegliche Beschreibung zu Gunsten dieser Tatsachen; leider bin ich nicht genügend Künstler, um die wunder- baren Bilder vollständig wiedergeben zu können, welche tatsächlich beobachtet werden und auf Grund welcher man sich von der Richtig- keit meiner Schlüsse vollkommen überzeugen kann. Da ich in den Meıssyerschen Körperchen das Vorhandensein zweier selbständiger, voneinander unterschiedener Nervenapparate habe feststellen können, so mußte ich auch die Frage berühren, welcher Kategorie die in den Körperchen, vermittelst eines Netzes endigenden markhaltigen Fasern angehören. Einige Befunde können meiner Meinung nach diese Frage bis zu einem gewissen Grade lösen. Beim genauen Studium der genannten Fasern habe ich wahr- genommen, daß von ihnen, bald dicht an der Basis des Körperchens, bald mehr oder weniger entfernt von demselben sich verschieden dicke Fäden absondern, welche sich nieht zum Körperchen, sondern zur Bindegewebspapille begeben (Fig. 21). Nach kürzerem oder länge- rem Verlauf zerfallen diese Fäden in ein Bündel feinster, variköser Fädehen, welches in Windungen zur Papillenkuppe hinzieht, wobei es infolge einer Teilung seiner Fädchen in mehrere Bündel zerfällt, welehe ihrerseits häufig abermals sich spalten. Die Fädchen dieser Bündel anastomosieren miteinander; die Bündel winden sich bogen- förmig in der Papille und bilden verschieden gestaltete Schleifen. Diese Schleifen der Fädchen sind vollkommen analog denjenigen Nervenapparaten, welche Rurrisı den Gefäßnerven der Papillen zu- rechnet; weiter unten sollen dieselben ausführlicher besprochen wer- den. Einige dieser Bündel sind in den Papillen unmittelbar unter dem Epithel gelagert, wobei von ihnen sich feine variköse Fädehen absondern, welche in das Epithel eindringen und in demselben aber- mals in eine große Anzahl von Fädcehen zerfallen. Diese letzteren sind gewöhnlich in den Zwischenräumen zwischen den Epithelzellen 76 A. S. Dogiel, gelagert und umflechten dieselben, indem sie sich untereinander ver- binden. Vor langer Zeit, bereits in meiner ersten Arbeit, habe ich! die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, daß aus dem oberen Pol vieler Meıssnerscher Körperchen dünne variköse Nervenfädehen austreten, welche ich nicht selten auf weite Strecken hin verfolgen konnte, wobei ich feststellte, daß dieselben in das Epithel eindringen und sich daselbst verästeln. Damals hatte ich den Eindruck gewonnen, als sonderten sich diese Fäden von den spiralförmig gewundenen Nervenästchen, mit denen die dieken markhaltigen Nervenfasern in dem Körperchen endigen, ab. Genauere Studien der Beziehungen dieser Fäden zu dem Nervenapparat im Meısswerschen Körperchen haben mir jetzt gezeigt, daß sie sich von denjenigen Fäden absondern, welche die Verästelungen der Achsenzylinder der dieken markhalti- gen Fasern umflechten, und daß sie mit den letzteren nichts gemein haben. Bisweilen habe ich schließlich wahrnehmen können, daß eine dünne markhaltige Faser der zweiten Art entweder an der Basis der Papille oder in einiger Entfernung von derselben sich in zwei Äste, einen markhaltigen und einen marklosen teilt: der letztere zerfällt alsbald in ein Bündel feiner Fäden, welche in das Körperehen vom unteren Pol desselben eindringen, sich in demselben verästeln und die spiralförmig gewundenen Ästehen umflechten (Fig. 26). Der mark- haltige Ast verliert alsbald seine Markscheide und zerfällt darauf in ein Bündel schleifenförmig gewundener und durcheinander gewirrter variköser Fäden, d. h. endigt in einem Nervenapparat, welcher durch- aus dem von RurFInI als »papilläre Büschel« — »fiocehetti papillari« bezeichneten analog ist.» Von diesem gewöhnlich in der Nähe eines Körperchens gelagerten Apparat sondern sich in der Regel einige Fäden ab, welche in das Körperchen eindringen und daselbst an der Bildung des oben beschriebenen Nervennetzes teilnehmen. Diese Beobachtungen weisen darauf hin, daß die dünnen mark- haltigen Fasern, welche ihre Markscheide in einer mehr oder weni- ger beträchtlichen Entfernung vom Körperchen verlieren und in ihm in einem Netz endigen, demselben Typus von Nervenfasern an- gehören, welche in den Papillen in Gestalt von Schleifen (Vaso- motoren von RUFFINI) und von »papillären Büscheln< von RUFFINI endigen. | Es muß somit zugegeben werden, daß in den typischen 1 ]>e.7yel.2p:63 Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 17 Meıssverschen Körperchen zwei Nervenapparate vorhan- den sind; jeder von ihnen wird von besonderen voneinander durchaus verschiedenen sensiblen Fasern gebildet. Die einen von diesen sind dicke markhaltige Fasern, die indem Körperchen in einem Knäuel endigen, welcher aus spiral- förmig gewundenen, miteinander anastomosierenden, mit verschieden großen und verschieden gestalteten Verbreite- rungen und Verdickungen besetzten, meist breiten Äst- chen zusammengesetzt ist. Die andern sind dünne mark- haltige Fasern, welche ihre Markscheide in der Mehrzahl der Fälle in einer beträchtlichen Entfernung von den Papillen verlieren und in verschieden dicke variköse Fäd- chen zerfallen; diese treten in die Papillen entweder in Bündeln vereint oder einzeln ein, wobei einige von ihnen in den Papillen endigen, andre in die Meısswerschen Körperchen eintreten. In jedem Körperchen zerfallen die senannten Fäden in eine große Anzahl feinster Fädchen, welche ein Netz bilden; dieses umflicht die Endverzweigun- sen der ersten Fasern. Von dem Netz lösen sich Fädchen ab, welche aus dem Körperchen vom oberen Pol aus aus- treten und in dem Epithel endigen. 5) Modifizierte Meıssnersche Körperchen (Figg. 25—531) sind, soweit es mir aus den Literaturangaben bekannt ist, bisher noch von niemand beschrieben worden. Sie werden in den Papil- len in einfacher und komplizierter Form angetroffen, wobei sich augenscheinlich eine Reihe von Übergangsformen zu den typi- schen Meıssnerschen Körperchen finden. Obgleich sie bedeutend seltener sind als die letzteren, so habe ich sie dennoch auf jedem Hautschnitt vorgefunden. Ungeachtet dessen, daß diese Gebilde (be- sonders in den komplizierten Formen) den Meissnerschen Körperchen sehr ähnlich sind, infolgedessen sie auch bisher mit diesen ver- wechselt wurden, so unterschieden sie sich von denselben dennoch dermaßen, daß, nach meiner Ansicht, diese Körperchen in eine be- sondere Gruppe von Nervenapparaten ausgeschieden werden müssen. Ein jedes dieser Körperchen setzt sich gleichsam aus einem ein- gekapselten und einem uneingekapselten Apparat zusammen, wobei der erstere ein modifizirtes MEısswersches Körperchen darstellt, während der andre einen vollkommen eigenartigen Charakter aufweist. Die einfachen Formen der Nervenapparate stellen sich folgendermaßen dar. Eine dicke markhaltige Faser verläuft nach der 78 A. 8. Dogiel. Absonderung vom oberflächlichen Nervengeflecht zu einer Papille, wobei sie entweder in einiger Entfernung von ihr oder im unteren Abschnitt derselben die Markscheide verliert. Der dieke mehr oder weniger ab- geplattete Achsenzylinder windet sich wellenförmig und zieht ungefähr in der Achse der Papille zur Kuppe derselben hin; in dem oberen Abschnitt des unteren Drittels der Papille oder häufiger in dem mitttleren Drittel, sondern sich vom Achsenzylinder ein, zwei, drei oder vier Ästchen verschiedener Dieke ab (Figg. 28, 29), welche mit spindelförmigen oder runden Verdiekungen besetzt sind; sofort nach ihrem Abgange vom Achsenzylinder winden sie sich in verschiedener Weise und zerfallen in mehrere sich vielfach teilende und sich windende Ästehen, welehe miteinander anastomosieren und einen Nervenknäuel bilden; die Größe des letzteren hängt von der Zahl der an seiner Bildung beteiligten Ästehen ab. Der ganze Knäuel ist von einer dünnen bindegewebigen Hülle umgeben; derselbe ähnelt durch- aus dem in einem Läppchen eingeschlossenen Teil des Nervenapparates eines MEıssnerschen Körperchens. Der Achsenzylinder verläuft nach Abgabe einiger Seitenästehen, welche den Knäuel bilden, weiter gegen die Kuppe der Papille hin, beschreibt auf diesem Verlauf eine größere oder geringere Zahl von Windungen und zerfällt in einer gewissen Entfernung von der Papillenkuppe in drei bis vier Ästchen, die be- trächtlich diek, abgeplattet und mit spindelförmigen oder runden Varikositäten besetzt erscheinen. Diese Ästchen teilen sich alsbald in mehrere ähnliche, welche ihrerseits bis dicht an die Papillenkuppe verlaufen, wobei sie sich mannigfach winden und hierbei abermals in eine große Zahl von Ästchen teilen; diese letztere winden sich ähnlich den früheren, wobei sie durcheinander gewirrte und miteinander zusammenhängende Schleifen bilden. Sämtliche Ästchen, in welche der Achsenzylinder zerfallen ist, bilden schließlich einen großen, dichten Knäuel, der die ganze Papillenkuppe einnimmt und mit seiner äußeren, dem Epithel zugekehrten Seite diesem letzteren unmittelbar anliegt (Fig. 29). Einige der Ästchen treten gewöhnlich aus dem Bereich der Papillenkuppe heraus, senken sich mehr oder weniger schräg herab, teilen sich hierbei und kehren nach Verlauf einer betächtlichen Strecke und nach der Bildung von Schleifen abermals zum Knäuel zurück. Häufig zerfällt ein Ästehen nach dem Austritt aus dem Knäuel in zwei bis drei kurze Zweige, welche infolge einer unvollkommenen Färbung frei zu endigen scheinen und nicht zum Knäuel zurückkehren. Nicht selten sind ferner die Fälle, daß ein Achsenzylinder nicht in Ästchen, welche den Knäuel bilden, zerfällt, sondern in. Windungen Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 19 bis an die Peripherie der Papillenkuppe zieht, sich hier an der Peripherie derselben unmittelbar unter dem Epithel (Fig. 28) erstreckt, hierbei gibt er sich windend mehrere dicke Seitenästchen ab, und zerfällt schließlich selber in eine gewisse Anzahl ähnlicher Ästehen. Jedes dieser letzteren teilt sich in eine größere oder geringere Zahl sewundener und mit Varikositäten besetzter Ästehen, die sich ihrer- seits abermals teilen, untereinander anastomosieren und sich unter dem Epithel in dem periphersten Abschnitt der Papillenkuppe an- ordnen (Fig. 28). | Die komplizierten Formen dieser Körperchen (Fig. 30) ähneln sehr den typischen Meisswerschen Körperchen; sie sind verschieden groß und, soviel ich habe erkennen können, von länglicher, wurst- förmiger Form; diese Körperchen sind entweder im Achsenteil der Papille oder an einer der Seitenfläche derselben gelagert. An jedes Körperchen treten eine dieke markhaltige Nervenfaser oder verhältnismäßig selten zwei bis drei Fasern heran; sie verlieren in der Mehrzahl der Fälle in einiger, häufig in einer beträchtlichen Entfernung vom unteren Pol des Körperchens die Markscheide und treten in Gestalt dieker mehr oder weniger abgeplatteter Achsen- cylinder in das Körperehen vom unteren Pol aus ein, oder aber sie verlaufen zunächst längs der Oberfläche des Körperchens und dringen in dasselbe im oberen oder mittleren Teil ein. Bisweilen teilt sich eine Nervenfaser nach Verlust der Markscheide in einer beträchtlichen Entfernung vom Körperchen, gabelförmig in zwei bis drei variköse Äste, welche zum unteren Pol des Körperchens hinziehen, in einigen Fällen teilen sich diese Äste abermals und dringen erst dann in das Körperchen ein, wobei eines dieser Ästchen stets dieker ist als die übrigen und gleichsam die unmittelbare Fortsetzung des Achsen- zylinders darstellt (Fig. 30). Tritt der Achsenzylinder vom unteren Pol des Körperchens in dasselbe ein, so verläuft er in demselben nach oben, wobei er eine Reihe von Windungen verschiedener Größe und Form beschreibt, d. h. mit andern Worten der Achsenzylinder erhält im Hohlraum des Körperchens das Aussehen einer stellenweise stark aufgerollten, stellenweise mehr oder weniger lockeren Spirale (Fig. 30). Von dem derartig gewundenen Achsenzylinder sondern sich allmählich eine große Zahl von Ästchen und Fäden ab, welche sich in mannigfacher Weise winden, dabei in eine gewisse Anzahl sich gleichfalls windender und wiederholt verzweigender Ästchen zer- fallen. Die Windungen der erwähnten Ästchen sind in verschiedener Weise zur Längsachse des Körperchens gerichtet: einige von ihnen 80 A. S. Dogiel. stehen mehr oder weniger senkrecht zu derselben, andre verlaufen schräg, nebenbei sind stets Ästchen und Fäden vorhanden, welche mehr oder weniger parallel der Längsachse sich erstrecken (Fig. 30). Die Ästehen sind in der kegel dünn und mit verhältnismäßig kleinen spindelförmigen und unregelmäßigen Varikositäten besetzt. Ungeachtet dessen, daß der oder die (zwei bis drei) in das Körperehen einge- drungenen Achsenzylinder, indem sie sich auf ihrem Verlauf winden, eine große Anzahl Ästehen und Fäden abgeben, so behalten sie so- zusagen dennoch ihre Individualität bei, d. h. sie können in einem jeden Körperchen von ihrer Eintrittsstelle an bis in das obere Dritt- teil oder Vierteil des Körperchens verfolgt werden, wobei sie als mehr oder weniger dicke, stellenweise verschieden gestaltete Verbreiterungen und Verdiekungen bildende Fasern erscheinen. Die Verzweigungen der Achsenzylinder sind von der Basis bis zum oberen ?/3 oder ’/, des Körperchens von einer beträchtlich dicken, elastische Fasern enthaltenden Bindegewebshülle umgeben, welche das Körperchen in eine gewisse Anzahl von Abschnitten oder Läpp- chen teilt; weiter oben lassen sich interessante Abweichungen ihres Baues erkennen, infolgedessen sie sich scharf von den typischen Merssnerschen Körperchen unterscheiden. Jedes Körperchen verliert zunächst seine Hülle, infolgedessen es den Charakter eines einge- kapselten Nervenapparates und gleichzeitig die Ähnlichkeit mit den Mezıssnerschen Körperchen einbüßt (Fig. 30). Die Achsenzylinder der Nervenfasern zerfallen an der Stelle, an welcher das Körper- chen seine Hülle verliert, d. h. in dem oberen ?2/, oder °/,, in mehrere recht dieke Ästchen, welche sich mannigfach winden, sich über- kreuzen, miteinander verbinden und sich mehrfach teilen. Sämtliche dieser Ästehen ziehen zur Papillenkuppe und zerfallen, da sie nicht von einer Hülle eingeengt sind, in diesem Abschnitt der Papille (Fig. 30). Auf ihrem Verlauf zerfallen sie in zahlreiche, sich gleich- falls verzweigende, Ästchen, welche vorwiegend in der periphersten Schicht der Papille unmittelbar unter dem Epithel gelagert sind und nicht selten hier ein besonders dichtes Netz bilden. In derartigen Fällen ist die ganze Kuppe der Papille von den Endverzweigungen der Achsenzylinder der anfangs in ein eingekapseltes Körperchen eingedrungenen Nervenfasern eingenommen. Die genannten Ver- zweigungen bilden bisweilen in der Papillenkuppe eine Reihe von Schleifen, von denen nur einige unmittelbar unter dem Epithel ge- lagert sind, während die andern durcheinander gewirrt erscheinen und den Epithelbelag der Papille nicht erreichen. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. si Soviel ich habe wahrnehmen können sind die in der Papillen- kuppe gelegenen und von einer Hülle nicht umgebenen Nervenästchen beträchtlich dieker (Fig. 30) als die Verzweigungen der von einer Hülle umgebenen Verästelungen der Achsenzylinder; zugleich weisen die ersteren stellenweise runde, spindel- und birnförmige oder viel- eckige Auftreibungen auf, welche im allgemeinen diejenigen an Größe übertreffen, mit welchen die Nervenästehen in dem eingekapselten Teil des Körperchens besetzt sind. Die aufgezählten Eigentümlichkeiten — die geringere Dicke der Ästchen des eingekapselten Teils des Körperchens, die Abwesenheit grober, plättchenförmiger Verbreiterungen, das Vorhandensein einer dieken, bloß die unteren ?/, resp. ®/, des Körperchens umgebenden Hülle, sowie die endgültigen, freien Verzweigungen der Achsenzylinder im Gewebe der Papillenkuppe — geben die Möglichkeit an die Hand, diese Körperchen leicht von den auf den ersten Blick ihnen durchaus gleichenden typischen Meısswerschen Körperchen zu unterscheiden. Zwischen den soeben beschriebenen Körperchen und den typi- schen MEISsnerschen sind, soviel ich habe wahrnehmen können, Über- sangsformen vorhanden. Derartige Körperchen sind von einer dicken Hülle umgeben, welche ein jedes derselben in mehrere (fünf bis sechs) Läppchen teilt (Fig. 31). An den unteren Pol des Körperchens tritt ein, häufiger zwei, mehr oder weniger dieker Achsenzylinder markhaltiger Fasern, die ihre Markscheide in einer gewissen Ent- fernung vom Körperchen verloren haben, heran. Gewöhnlich dringen die Achsenzylinder vom unteren Pol des Körperchens in dasselbe ein oder aber sie winden sich zunächst längs dem Körperchen (Fig. 31) und treten .in dasselbe ungefähr in dem unteren oder mittleren Dritt- teil desselben. Im Körperchen teilt sich jeder Achsenzylinder sofort in zwei bis drei Ästchen, von denen einige in die oberen, die andern in die unteren Läppchen verlaufen, woselbst sie in eine beträchtliche Anzahl verschieden dicker Ästchen zerfallen (Fig. 31). Letztere winden sich mannigfach, verbinden sich untereinander, bilden Schleifen, wobei sie, gleichwie in den typischen MEıssnerschen Körperchen, die Läpp- chen ausfüllen. In einigen Läppchen winden sich die Ästehen spiral- förmig, wobei die Schleifen mehr oder weniger parallel dem Quer- durchmesser des Körperchens angeordnet sind; in andern Läppchen sind die Schleifen unregelmäßig gelagert. Die Ästchen selber sind gewöhnlich mit verschieden großen und verschieden gestalteten Ver- diekungen und Verbreiterungen besetzt (Fig. 31). Bei flüchtiger Betrachtung sind diese Nervenapparate kaum von Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 6 82 A. 8. Dogiel, den typischen MEıssyerschen Körperchen zu unterscheiden; bei auf- merksamer Betrachtung des oberen Abschnittes derselben ist es jedoch nicht schwer zu erkennen, daß das oberste Läppchen niemals die Papillenkuppe erreicht; aus diesem Läppchen treten gewöhnlich ein bis zwei beträchtlich dicke Ästehen hervor, welche zur Papillenkuppe verlaufen, sich hierbei mehr oder weniger stark winden und in der Nähe des Epithels in mehrere gebogene, sich verästelnde und unter- einander verbundene Ästchen zerfallen (Fig. 31). Diese Ästchen sind, wie in den oben beschriebenen Formen der Körperchen, außerhalb der Hülle desselben unmittelbar unter dem Epithel gelegen. Außer- dem treten aus den oberen Läppchen Ästchen aus, welche schräg nach unten verlaufen und nach Bildung einer Schleife wieder zu einem der Läppchen zurückkehren (Fig. 31). Die soeben erwähnten Besonderheiten, sowie die weniger regelmäßige Verteilung der von den Verzweigungen der Achsenzylinder gebildeten Schleifen in den Läppehen, und die geringere Dieke der Ästehen selber bilden die Unterscheidungsmerkmale dieser Körperchen von den typischen MEISsnerschen Körperchen. Ob in diesen eigentümlichen Körperchen außer den dieken mark- haltigen auch Fasern andrer Art endigen, wie in den typischen Meıssnerschen Körperchen, kann ich vorläufig nicht mit Sicherheit entscheiden; ich will hier nur bemerken, daß es mir bisweilen gelang in den einfachen Formen dieser Körperchen und zwar entweder in dem eingekapselten oder in dem uneingekapselten Abschnitt des Nerven- apparates das Vorhandensein feinster variköser Fädehen wahrzunehmen, welche unter vielfacher Teilung und Anastomosenbildung auf einer gewissen Strecke den Achsenzylinder umflechten (Fig. 28), 6) Eingekapselte Körperchen mit blattförmigen Nerven- endigungen (Figg. 32, 33). Diese Körperchen sind ausschließlich in den Hautpapillen gelagert und haben eine ovale oder längliche (eiförmige) Gestalt; sie nehmen in der Mehrzahl der Fälle den Achsen- teil derselben ein, wobei sie bisweilen mehr oder weniger gebogen erscheinen. Dieselben werden ebenso häufig angetroffen wie die modi- fizierten Meısswerschen Körperchen, d. h. fast in jedem Hautschnitt sind mehrere vorhanden. Diese Körperchen' werden von einer sehr dünnen Bindegewebshülle umgeben, welche allmählich und unmerklich in das umgebende Bindegewebe der Papille übergeht, ohne die Körper- chen in Läppchen zu teilen. Zu jedem Körperchen begibt sich gewöhnlich eine markhaltige Faser, die sich an der Papille, in welcher das Körperehen gelegen Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 33 ist, oder in beträchtlicher Entfernung von demselben in zwei mark- haltige Fasern teilt. Beide Fasern verlaufen in Windungen zur Pa- pille, dringen in dieselbe ein, wobei nicht selten eine derselben sich an der Basis der Papille in einen markhaltigen und einen marklosen Ast teilt (Fig. 32). Sämtliche Äste der markhaltigen Faser treten an den unteren Pol des Körperchens oder häufiger seitwärts an dasselbe heran, wobei sie in gewisser Entfernung voneinander verlaufen; nach Verlust der Markscheide dringen sie in das Körperchen ein (Fig. 32). Im Körperchen zerfällt der Achsenzylinder in eine große Anzahl ver- schieden dicker Fäden, welche sich in verschiedener Richtung winden und sich hierbei in zahlreiche, sich gleichfalls windende und allmäh- lich verästelnde Fäden zerfallen. Sämtliche Fäden sind in dem Körperchen in verschiedener Weise durcheinander gewirrt, wobei sie sich gleichzeitig untereinander verbinden, infolgedessen, wie es Figg. 32 und 33 zeigen, ein vollkommener Knäuel von Nervenfäden resultiert; die letzteren sind dermaßen dicht beieinander gelagert, daß zwischen denselben nur unbedeutende Zwischenräume nachbleiben. Die den Knäuel bildenden Fäden sind mit kleinen vieleckigen Verbreiterungen — Blättehen — besetzt, von deren Ecken feinste kurze Fädchen zu den benachbarten Verbreiterungen hinziehen. Das Vorhandensein dieser Verbreiterungen gewährt dem ganzen Knäuel ein besonderes, charakteristisches Aussehen und gibt gleichzeitig die Möglichkeit, diese Nervenapparate leicht von andern, so von den einigermaßen ihnen ähnelnden, uneingekapselten Nervenknäueln zu unterscheiden. In gewissen Fällen verliert die markhaltige Nervenfaser die Markscheide in einer beträchtlichen Entfernung von der Basis der Papille, welche das Körperchen enthält, wobei vom Achsenzylinder einer derartigen Faser ein bis zwei Ästchen sich absondern; die letzteren teilen sich allmählich in zahlreiche untereinander anastomo- sierende Fäden (Fig. 33), während der Achsenzylinder selber in das Köperehen vom unteren Pol aus eindringt und hierselbst in eine große Zahl sich teilender und miteinander anastomosierender Fäden zerfällt (Fig. 35). Ungeachtet einer durchaus gelungenen Färbung habe ich auf meinen Präparaten nicht erkennen können, daß in diesen Körperchen außer den angegebenen Fasern noch irgend welche andere endigten. Dafür habe ich jedoch an einigen Präparaten wahrnehmen können, daß ein bis zwei, bisweilen auch mehr Nervenfäden an dem oberen Pol des Körperehens durch dessen dünne Hülle hindurch und zum - Epithel hinzogen, woselbst einige derselben häufig in die Zwischen- 6* 84 A. 8. Dosgiel, räume zwischen die Zellen des Stratum eylindricum eindrangen (Fig. 32). 7) Eingekapselte Nervenknäuel (Figg. 34, 35 und 36). Sie stellen besondere Nervenapparate dar, welche beständig in den Papil- len, gleichwie die andern oben beschriebenen angetroffen werden. Sie sind in der Mehrzahl der Fälle oval oder von eiförmiger Gestalt und verschiedener Größe: Die größeren Körperchen nehmen fast die ganze Papille ein, die kleineren sind in den oberen %/, derselben ge- lagert. Ein jedes Körperchen ist von einer dünnen bindegewebigen Hülle umgeben, welche jedoch nicht in das Körperchen eindringt und dasselbe nicht in einzelne Läppchen teilt. Auf den ersten Blick gleicht ein derartiges Körperchen einem Meıssxnerschen, bei aus- reichender Färbung der Nerven in denselben ist es jedoch nicht schwer die.recht scharfen Unterschiede zwischen beiderlei Arten von Nervenapparaten zu erkennen. | An jedes Körperchen treten ein oder gewöhnlich zwei dicke, markhaltige Fasern heran, welche in dasselbe entweder vom unteren oder vom oberen Pol eindringen, wobei sie dicht am Körperchen oder in geringer Entfernung von demselben ihre Markscheide verlieren (Figg. 34, 35 und 36); in sehr seltenen Fällen verlieren, nach meinen Beobachtungen, die Nervenfasern ihre Markscheide in verhältnismäßig großer Entfernung vom Körperchen. Die Nervenfasern verlaufen nie- mals vor dem Eintritt in das Körperchen längs dessen Oberfläche, noch umwinden sie dasselbe mit mehreren Touren, wie es häufig in den Meıssnerschen Körperchen der Fall ist; sie dringen direkt nach Verlust der Markscheide in den Hohlraum des Körperchens in Ge- stalt bandförmig abgeplatteter, mehr oder weniger breiter Achsen- zylinder ein. Die letzteren zerfallen allmählich in zahlreiche recht breite, bandförmige Ästchen, welche sich in verschiedenen Richtungen winden, und eine beträchtliche Anzahl verschieden langer und breiter durcheinander gewirrter Schleifen bilden. Die langen, mehr oder weni- ger gebogenen Kniestücke dieser Schleifen verlaufen parallel, schräg und senkrecht zur Längsachse des Körperchens, wobei sie sich in ver- schiedener Weise überkreuzen. Von diesen Schleifen sondern sich allmählich eine große Anzahl verschieden breiter Ästchen und feiner Fäden ab, welche ihrerseits desgleichen eine gewisse Anzahl ver- schieden großer Schleifen bilden; diese letzteren sind in den Zwischen- räumen zwischen den ersteren gelagert, infolgedessen diese Zwischen- räume noch enger werden. Die eben erwähnten Ästchen und Fäden verästeln sich desgleichen wiederholt in schleifenförmig gebogene Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. | 85 Ästehen und Fäden, von denen die noch nachgebliebenen engen Zwischenräume vollkommen ausgefüllt werden (Figg. 34, 35 und 36). Sowohl an den Teilungsstellen, als auch auf dem übrigen Verlauf derselben sind sie von verschieden großen vieleckigen und spindel- förmigen Verbreiterungen und Auftreibungen besetzt, während die Ästehen selber sich in der Mehrzahl der Fälle untereinander durch kurze feine Fädehen verbinden. Es resultiert somit schließlich ein Knäuel, welcher aus einer großen Anzahl untereinander verbundener und durcheinander gewirrter, bandförmiger Ästchen und Fäden ver- schiedener Breite und Dicke besteht; die zwischen den Endverzwei- gungen der Achsenzylinder nachbleibenden unbedeutenden Zwischen- räume sind aller Wahrscheinlichkeit nach von einer unbedeutenden Menge Lymphe angefüllt. Außer diesen verhältnismäßig einfachen Formen der Endknäuel werden bisweilen auch kompliziertere Formen angetroffen; dieselben sind dadurch charakterisiert, daß aus dem oberen Pol des Körper- chens ein oder zwei Ästehen austreten; nach Verlauf einer kurzen Strecke zerfallen sie in eine bestimmte Anzahl gebogener und unter- einander verbundener feinerer Ästehen und Fäden, welche einen neuen — sekundären — Knäuel bilden (Fig. 36). Diese sind im Vergleich zum Hauptknäuel von geringer Größe; sie nehmen die äußerste Kuppe der Papille ein. In einigen Fällen bilden die aus dem oberen Pol des Körperchens austretenden (ein oder zwei) Ästehen keinen neuen Knäuel, sondern verlaufen, wie aus der Fig. 34 ersicht- lich, zum Epithel und dringen mehr oder weniger tief in die Zwischen- räume zwischen den Epithelzellen des Stratum eylindrieum ein. In diesen Körperchen endigen offenbar nur einerlei Art Nerven- fasern — wenigstens habe ich auf meinen Präparaten nicht das Vorhandensein von andern Faserarten, wie in den VATER- PACINI- schen, GoL6I-Mazzonischen und andern Körperchen feststellen kön- nen. Ein Vergleich dieser Nervenapparate mit den bekannten Genital- nervenkörperchen, welche von mir! beschrieben und auf Fig. 9 der Taf. XXXIH abgebildet worden sind, ergibt, daß beide Gebilde ein- ander vollkommen analog sind. Auf Grund des über die eingekapselten Nervenapparate Ausge- sagten ist somit ersichtlich, daß im Stratum papillare und reticulare eorii, sowie in der Tela subeutanea der Finger- und Zehenkuppen- haut sieben hinsichtlich der Endigungsweise der Nerven in ihnen se: vel. PIE 86 A. S. Dogiel, unterscheidbare eingekapselte Nervenapparate vorhanden sind. In Anbetracht des Vorhandenseins in der Haut einer derartig großen Anzahl in Bezug auf die Nervenendigungsweise, somit auch die Funktion verschiedener Endapparate, kann man sich teilweise vor- stellen, weswegen die Haut im Stande ist, so mannigfache Eindrücke aufzunehmen. Dieses Verhalten wird unserem Verständnis noch näher gerückt, wenn man bedenkt, dab außer den eingekapselten Appara- ten in der Haut noch eine große Zahl uneingekapselter Apparate gelagert ist (vgl. unten). Ungeachtet jedoch einiger unterschiedlicher Besonderheiten, welche die einzelnen Formen dieser Apparate charak- terisieren, ist ihnen dennoch vieles gemeinsam. Beim Vergleich der Nervenendigungsweise in den einzelnen Typen dieser Körperchen ist es in der Tat nicht schwer festzustellen, daß in sämtlichen derselben, in den typischen und modifizierten VATER-PAcısT- schen und MEıssxerschen Körperchen, in den Endknäueln mit blattför- migen Verbreiterungen usw. die Endverzweigungen der Achsenzylinder der Nervenfasern, indem sie sich mannigfach durcheinanderwirren und untereinander vereinigen, verschieden gestaltete und verschieden große Nervenknäuel bilden. Der wesentliche Unterschied zwischen ihnen besteht, meiner Meinung nach, in folgendem: in der Anzahl der Äst- chen und Fäden, welche die Knäuel in den verschiedenen Apparaten bilden, in der Dieke (Breite) der Verzweigungen selber, in der Form und Verteilung der von denselben gebildeten Schleifen, in dem Ver- halten dieser zur Längsachse des Körperchens, sowie in der Form und Größe der Verbreiterungen und Verdiekungen, mit denen gewöhnlich die Verästelungen besetzt sind. Zu den Unterscheidungsmerkmalen der einzelnen Formen der Körperchen ist ferner auch der Umstand hinzuzu- fügen, daß in gewissen Körperchen (in den typischen und modifizierten Pacımiıschen sowie in den typischen und wahrscheinlich auch in den modifizierten MeIıssnerschen Körperchen) die Verzweigungen der Achseneylinder einer Art Nervenfasern von den Endverzweigungen der Achseneylinder einer andern Faserart umflochten werden. Zu den weniger wesentlichen Unterscheidungsmerkmalen gehört das Vor- handensein einer besonderen Hülle um die Endverzweigungen, infolge- dessen wir im stande sind gewisse (eingekapselte) Apparate in eine be- sondere Gruppe auszuscheiden, sowie in Rücksicht auf den Bau dieser Hülle, dieselben ihrerseits in eine bestimmte Anzahl von Typen einzu- teilen. Ein Unterscheidungsmerkmal für diese Körperchen gibt ferner ihre Lage in dem bindegewebigen Teil der Haut ab. Eine gewisse Ausnahme bilden zwischen den angeführten Nerven- Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 87 apparaten, die vieles gemeinsam miteinander haben, diejenigen Körperchen, deren Endverzweigungen mit plättchenförmigen Verbreite- rungen besetzt sind (dritter Typus). Diese Apparate nehmen unter sämtlichen übrigen eingekapselten Nervenkörperchen der Haut eine Sonderstellung ein; sie stehen den zusammengesetzten GRANDRYSchen Körperehen am nächsten, obgleich in ihnen augenscheinlich nicht das Vorhandensein von Tastzellen festgestellt werden kann. II. Die uneingekapselten Nervenapparate können in zwei Gruppen eingeteilt werden, in a) Apparate, welche im Bindegewebe gelagert sind, und b) Apparate im Epithel. | a) Zu den Apparaten der ersten Art gehören: Die Körperchen von RUFFINI, die baumförmigen Endverzweigungen, die uneingekapsel- ten Endknäuel, intrapapilläre Endigungen in Gestalt von schleifen- förmig gebogenen Fädenbündeln und Nervenfadennetze (die vasomoto- rischen Nerven in den Papillen [Rurrint]) und die papillären Büschel (fioecheti papillari) von RuFFINI. 1) Die Rurrinischen Körperchen (Figg. 37, 38 und 39) sind zuerst genau und ausführlich von diesem Autor beschrieben worden; dieselben sind in großer Zahl in der gesamten Tela subeutanea an- geordnet; ich habe dieselben nicht nur in den oberflächlichen Ab- schnitten dieser Schicht, sondern auch an der Übergangsstelle derselben in das Stratum reticulare corii angetroffen. Soviel ich habe wahr- nehmen können, so besitzen dieselben keine besondere Hülle, sondern stellen nur eine etwas modifizierte und kompliziertere Form der baum- förmigen Endverzweigungen dar, mit denen gewöhnlich die Nerven- fasern in den Sehnen, in dem intermuskulären Bindegewebe, im Perikardium und in vielen andern bindegewebigen Gebilden endigen. In Rücksicht auf das Gesagte verdienen meiner Meinung nach diese Apparate, da sie keine Hülle besitzen, nicht die Bezeichnung von Körperchen, worunter Apparate verstanden werden, die, mit einer Hülle versehen, von dem umgebenden Gewebe scharf abgegrenzt sind. Die in den Rurrmıschen Apparaten endigenden Nervenfasern sondern sich gewöhnlich von den in der Tela subeutanea verlaufen- den Nervenstämmchen ab, und erscheinen als dieke markhaltige Fasern, welche nach dem Abgange von den Stämmchen sich in der angegebenen Hautschicht mannigfach winden und mehrfach teilen. Schließlich teilt sich ein jeder Teilast nach kürzerem oder längerem Verlauf Y- oder T-förmig in zwei Fasern, welche früher oder später in entgegengesetzter Richtung verlaufen, wobei sie sich mehr oder weniger winden und darauf in zwei bis drei kurze markhaltige 88 A. S. Dogiel, Ästehen zerfallen; diese verlieren alsbald ihre Markscheide, während ihre Achsenzylinder unter allmählicher Verästelung je einen End- apparat bilden. Nicht selten sind jedoch auch die Fälle, daß die Achsenzylinder aller aus der Teilung der beiden markhaltigen Fasern hervorgegangenen Ästchen einen einzigen Nervenapparat bilden. Im ersten Fall entstehen einfache, im zweiten kompliziertere Formen von Körperchen, oder richtiger von Rurrınıschen Nervenendver- zweigungen. Eine dicke markhaltige Nervenfaser — eine Stamm- faser — endigt somit nach einer Teilung in Äste erster, zweiter, drit- ter usw. Ordnung in vielen Rurrınischen Endverzweigungen. Die verhältnismäßig einfachen Formen der Endverzwei- gungen entstehen somit, wie bereits angegeben, auf dem Wege einer allmählichen Teilung der Achsenzylinder zweier bis dreier markhaltiger Ästehen. Die letzteren sind gewöhnlich nicht lang und verlaufen unter Windungen entweder nur in einer oder in zwei entgegengesetz- ten Richtungen, wobei sie schließlich die Schwaxxsche und die Markscheide verlieren; ihre Achsenzylinder zerfallen darauf alsbald in mehrere Ästehen, welche sich verschiedenartig winden und gleich- zeitig allmählich in eine große Zahl sich gleichfalls verzweigender Ästehen teilen. Sämtliche Ästehen verflechten sich miteinander, über- kreuzen sich, winden sich in verschiedenen Richtungen, verbinden sich untereinander, wobei die von ihnen gebildete Endverzweigung eine verhältnismäßig große Fläche einnimmt (Figg. 37, 38 und 39). Die Ästehen sind mit verschieden großen vieleckigen und spindel- förmigen Verbreiterungen besetzt, welche der ganzen Endverzweigung ein eigenartiges Aussehen verleihen, infolgedessen sie eine große Ähnlichkeit mit den baumförmigen Endverzweigungen in den Sehnen, im Perikardium usw. erhält. Die beschriebenen Endverzweigungen sind der Oberfläche von Bindegewebsfibrillenbündeln, die ihrerseits von einem Netz elastischer Fasern umsponnen sind, aufgelagert; in der Mehrzahl der Fälle haben sie die Gestalt eines lang ausge- zogenen Blattes oder einer Spindel, wobei sie nicht in einer Fläche liegen, sondern gewöhnlich in verschiedenen Niveaus, die einen höher, die andern tiefer, infolgedessen sie mehrere miteinander verbun- dene Netze bilden. Die beigegebenen, möglichst genau dargestellten Figuren (Figg. 37, 38 und 39) geben eine richtige Vorstellung von der Form und dem Charakter der Rurrisıschen Endapparate. Nicht ‚selten ist die Zahl der an der Bildung des Nervenapparates teil- nehmenden Ästehen an einer oder mehreren Stellen desselben ge- ringer, infolgedessen die Endverzweigungen hier eine kleinere Fläche Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 89 einnehmen und der ganze Apparat gleichsam eingeschnürt (verengt) erscheint. Bisweilen habe ich wahrnehmen können, daß an der Bil- dung der Endverzweigung nur eine markhaltige Faser teilnimmt, welche in derartigen Fällen nach Verlust ihrer Markscheide sich als Achseneylinder allmählich in viele durcheinandergewirrte und mit- einander verbundene Ästchen teilt und in einer kleinen spindel- förmigen oder blattförmigen Verzweigung endigt. Zusammengesetzte Formen der Rurrınischen Endver- zweigungen. Dieselben unterscheiden sich von den beschriebenen einfachen Formen nur dadurch, daß an ihrer Bildung die Verzweigungen einiger (fünf bis sechs) kurzer markhaltiger Fasern teilnehmen (Fig. 37). Infolgedessen sind die einzelnen Apparate viel größer und nehmen häufig beträchtliche Strecken ein; im übrigen Verhalten sind diese Verzweisungen den einfachen Formen vollkommen gleich. An den Rändern aller Endverzweigungen, bisweilen auch zwischen den einzelnen Nervenästchen und -Fäden, werden in vielen Fällen runde oder ovale Kerne angetroffen (Fig. 39), auf welche bereits SFAMENT! aufmerksam gemacht hat; darüber, ob diese Kerne, wie SFAMENI an- nimmt, in einer körnigen Masse eingelagert sind oder nicht, kann ich nichts Bestimmtes aussagen, da ich das Vorhandensein einer derartigen Masse nicht habe feststellen können. Es scheint mir, daß wenn auch nicht alle so doch viele dieser Kerne teilweise der SchwAnnschen Scheide, welche die Nervenfasern nach der Markscheide verlieren, teilweise den Bindegewebszellen derjenigen Bindegewebsfibrillenbündel angehören, welchen die Endverzweigungen anliegen. Es bleibt zum Schluß noch zu erwähnen, daß in einigen, freilich seltenen Fällen eine kurze markhaltige Faser augenscheinlich nicht an der Bildung einer Endverzweigung teilnimmt, sondern in einem oder mehreren modifizierten VATER-PAcınischen Körperchen endigt. 2) Baumförmige Endverzweigungen (Figg. 40, 41, 42 und 43). Diese stellen Nervenapparate dar, welche stets in allerlei bindege- webigen Bildungen vorhanden sind, wie im Perikard, im Endokard, in den Gefäßscheiden u. dgl. Sie liegen, soviel ich habe wahrnehmen können, zerstreut in sämtlichen Cutisschichten: in der Tela subeutanea, im Stratum reticulare und papillare corii, wobei sie sich in nichts Wesentlichem von den soeben erwähnten Endverzweigungen unter- scheiden. Von den Nervenstämmchen der Tela subeutanea sondern sich recht dicke markhaltige Fasern ab, welche in verschiedenen Tee. vol: p. 48. 90 A. S. Dogiel, Richtungen verlaufen und sich allmählich teilen. Die markhaltigen Teiläste verlieren die Mark- und die Schwanssche Scheide, worauf die Achsenzylinder rasch in eine größere oder geringere Menge sich mehrfach teilender und untereinander anastomosierender Ästehen und Fäden zerfallen, infolgedessen verschieden große und verschieden gestaltete Endverzweigungen entstehen. Nicht selten sondern sich vom Achsenzylinder einer der markhaltigen Fasern vor dem Zerfall desselben in die Endverzweigungen, an den Stellen der Rawvıerschen Schnürringe kurze marklose Seitenästchen ab (Fig. 40), welche alsbald in eine große Zahl von Ästehen und Fäden zerfallen und Endver- zweigungen bilden. In einigen Fällen habe ich die Beobachtung machen können, daß von einer Endverzweigung sich mehrere Ästchen absonderten, welche nach kurzem Verlauf in eine gewisse Anzahl von Endverzweigungen zerfielen; mit andern Worten: von einer Endver- zweigung sondern sich Äste für die Bildung neuer, ebensoleher Apparate ab. Sämtliche an der Zusammensetzung der Endverzweigun- en teilnehmenden Ästchen sind mit verschieden großen vieleckigen und spindelförmigen Verdickungen besetzt, wie solches überhaupt an allen derartigen Apparaten der Fall ist. Die Verzweigungen selber sind in der Mehrzahl der Fälle vieleckige oder in die Länge gezogene Plättchen, die mannigfach gebogen sind und dem Bindegewebsfibrillenbündel fest anliegen. Häufig habe ich wahrnehmen können, daß einige mark- haltige Fasern oder aus der Teilung derselben entstandene Ästchen in die Fettläppchen der Tela subeutanea eindrangen und in denselben in baumförmigen Verzweigungen endigten. Dieselben sind gebogen und liegen, wie ich! es bereits für das Fettgewebe des Perikardiums angegeben habe, unmittelbar den Fettzellen an; derartige Endver- zweigungen hat späterhin auch Sramenı? in den Fettläppchen der Tela subeutanea verschiedener Tiere beschrieben. Wie die baumförmigen Verzweigungen der Tela subeutanea ver- halten sich auch die Endapparate im Stratum retieulare cori. Ein Unterschied besteht, soweit meine Beobachtungen reichen, nur darin, daß im Stratum retieulare eorii die erwähnten baumförmigen Ver- zweigungen am häufigsten in dem oberflächlichsten Abschnitt desselben sowie unmittelbar unter den Epithelleisten gelagert sind (Figg. 41, 42 und 43). Einige Verzweigungen fand ich unter dem Epithel an der Basis der Papillen, woselbst sie gewöhnlich klein sind und ! Die Nervenendigungen im Herzen und in den Blutgefäßen der Sänge- tiere. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLVI. Heft 2. 21. e. vol pa: Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 91 entweder das Aussehen einer kleinen mit eckigen Verbreiterungen be- setzten Schleife oder mehrerer gebogener und miteinander verbundener gleichfalls mit lokalen Verbreiterungen besetzten Schleifen haben (Fig. 46). Die in den baumförmigen Verzweigungen endigenden Nervenfasern sondern sich von dem im Stratum reticulare corii verlaufenden Stämmechen, insbesondere jedoch von dem von den Stämmchen ge- bildeten oberflächlichen Geflecht ab. Wie aus dem Gesagten hervorgeht so stellen die baumförmigen Endverzweigungen bloß vereinfachte Formen der Rurrinischen End- verzweigungen dar. 3) Uneingekapselte Nervenknäuel (Figg. 4, 4, 45, 46, 47 und 48) und 4) intrapapilläre Endigungen in Gestalt von schleifen- föormig gebogenen Fädenbündeln und Nervenfädennetze (vasomotorische Nerven der Papillen von Rurrını) (Figg. 15, 21, 44, 48, 49). Beide Arten von Apparaten stellen Endigungen mark- haltiger Fasern dar, welche sich vom oberflächlichen Nervengeflecht absondern. Einige dieser Fasern teilen sich, erreichen, ohne die Markscheide zu verlieren, die Basis der Papillen oder dringen in dieselben ein, die andern verlieren in verschiedener Entfernung von den Papillen die Markscheide, teilen sich V-förmig und verlaufen schräg in Gestalt mehr oder weniger dicker markloser Fasern zu den Papillen. Beide Faserarten endigen in den Papillen in zweifacher Weise. | Die Fasern der ersten Art erreichen in der Ein- oder Mehr- zahl die Basis der Papillen, dringen in dieselbe mehr oder weniger tief ein, worauf sie die Markscheide verlieren; der nackte Achsenzylinder einer jeden Faser zerfällt alsdann rasch in eine große Anzahl feiner, mit kleinen Varikositäten besetzter Fädchen. Diese teilen sich mehr- fach, winden sich mannigfach und in verschiedenen Richtungen, ver- flechten und verbinden sich untereinander, wobei sie einen überaus dichten kleinen Knäuel bilden (Figg. 4, 44, 45, 46 und andre). In der Mehrzahl der Fälle sind die Nervenknäuel in besonderen von keinem eingekapselten Nervenkörperchen eingenommenen Papillen (Fig. 48 und 49 5) gelagert, oder aber sie liegen zusammen mit modifizierten VATER-Pacınischen Körperchen (Fig. 4), oder sogar bisweilen mit typischen MEISSNERschen Körperchen. Sie finden sich im Achsenteil der Papille entweder in der oberen Hälfte oder den oberen ?/, der- selben, oder bloß in dem oberen Dritteil: in seltenen Fällen endlich 2 A. S. Dogiel, erstreckt sich ein Knäuel durch die ganze Länge der Papille. Die beschriebenen Knäuel sind gewöhnlich wurstförmig, mehr oder weniger gebogen, oder aber oval oder kugelförmig und nehmen, wie bereits erwähnt, nicht die ganze Papille sondern bloß einen verhältnismäßig kleinen Teil derselben ein. Ist ein Nervenknäuel in einer Papille zusammen mit einem MEISSnerschen Körperchen gelagert, so erreicht letzteres nicht die Kuppe der Papille, in welcher gewöhnlich der Knäuel angeordnet ist. Bisweilen zerfällt der Achsenzylinder einer Nervenfaser nach dem Verlust der Markscheide zunächst in zwei selbständige Bündel miteinander verflochtener und verbundener Fäden; beide Bündel verlaufen eine Strecke weit in der Papille und vereinigen sich darauf in einer größeren oder geringeren Entfernung von der Papillenkuppe, infolgedessen statt eines langausgezogenen Knäuels eine Schlinge entsteht, welche aus einer großen Anzahl mit- einander verflochtener und verbundener Fäden zusammengesetzt ist. Die einen Knäuel bildenden Fädchen sind, wie bereits oben er- wähnt, ausnehmend dünn und mit feinen runden oder spindelförmigen Varikositäten besetzt — dadurch unterscheiden sie sich scharf von sämtlichen übrigen sowohl eingekapselten als uneingekapselten, in den Papillen gelagerten Nervenapparaten. In den unbedeutenden Zwischen- räumen, welche zwischen den Fäden des Knäuels nachbleiben, habe ich weder die Anwesenheit von Zellen noch von einer körnigen Substanz feststellen können. Den charakteristischen Eigentümlichkeiten der Knäuel sind noch folgende hinzuzufügen. Sind die Nerven auf den Schnitten der Haut in genügender Weise gefärbt, so ist es nicht schwer zu erkennen, daß von jedem Knäuel, an verschiedenen Stellen desselben sich zwei bis drei Fäden und sogar Bündel derselben absondern (Figg. 44, 45, 47, 48). Die ersteren verlaufen gewöhnlich zu denjenigen Nerven- fädenbündeln, welche nach Rurrmıs Meinung Schlingen um die Gefäße bilden, und gesellen sich ihnen zu. Die Nervenfädenbündel begeben sich nach der Absonderung vom Knäuel in die Papille, winden sich daselbst und zerfallen nicht selten in mehrere Bündel, von welchen einige fast bis zur Papillenkuppe heraufsteigen und nach einer Schleifenbildung sich wieder herabsenken, andre zunächst nach unten fast bis zur Basis der Papille hinabziehen und alsbald wieder in den oberen Teil derselben hinaufsteigen (Figg. 44, 45, 46, 48). Die Fäden eines Bündels teilen sich gewöhnlich und vereinigen sich mit benachbarten Fäden desselben Bündels, außerdem jedoch gehen von den Bündeln bald einzelne Fädchen, bald dünne Bündelchen Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 93 ab, welche sich mit andern Fäden und Bündeln derselben Papille verbinden. In einigen Fällen gehen von einem Fadenbündel, das sich von dem Knäuel abgesondert hat, zwei bis drei Fäden ab, welche nach Verlauf einer gewissen Strecke, bisweilen sogar nach Bildung einer Schleife, in eine große Zahl sehr kurzer Fädchen zerfallen; diese letzteren sind mit unregelmäßigen Verdiekungen besetzt, verbinden sich untereinander und bilden somit in der Papille eine Art von End- büschel oder Endbäumchen (Fig. 45). Die Fäden, welche an der Zu- sammensetzung eines Knäuels teilnehmen, beteiligen sich somit an der Bildung derjenigen Nervenapparate, welche nach RurrFInI den Gefäßen der Papillen angehören; im folgenden sollen dieselben näher besprochen werden. Von jedem Knäuel sondern sich schließlich, soviel ich habe wahrnehmen können, bald ein, bald mehrere dünne Nervenfädchen ab, welche in Windungen zur Papillenkuppe verlaufen, das Epithel erreichen (Figg. 45 und 47) und darauf in das letztere eindringen, woselbst sie, wie aus der Fig. 47 ersichtlich, allmählich in eine große Zahl feiner, sich mehrfach teilender, variköser, Fädchen zerfallen. Die genannten Fädchen sind in den Zwischenräumen zwischen den Epithelzellen angeordnet; sie winden sich mannigfach, verbinden sich miteinander und umflechten die Zellen des Stratum germinativum. Diejenigen markhaltigen Fasern, welche, nachdem sie die Papil- len erreicht haben, nicht unmittelbar Knäuel bilden, endigen in folgender Weise: Die Fasern treten gewöhnlich in der Einzahl oder auch in der Mehrzahl an die Basis einer Papille heran, verlieren ihre Markscheide, wonach der Achsenzylinder einer jeden Faser sich gabel- förmig in zwei bis drei Ästchen teilt. Letztere dringen in mehr oder weniger schräger Richtung in die Papille und zerfallen, indem sie hinaufsteigen, in eine große Anzahl feiner variköser Fädchen (Fig. 49), welche entweder zu Bündeln vereint, oder als einzelne Fäden weiter- ziehen. Die Fadenbündel teilen sich in ihrem Verlauf, winden sich mannigfach und verlaufen häufig von einer Seite der Papille zur andern. Einige von ihnen bilden an verschiedenen Stellen der Papille gewundene, miteinander zusammenhängende Schleifen, andre erreichen die Kuppe der Papille und winden sich hier ähnlich der ersten schleifenförmig, wobei sie nicht selten sogar dem Epithel dicht anliegen (Fig. 49). Die einzeln verlaufenden Fäden durchziehen unter allmählicher Teilung die ganze Papille in verschiedenen Richtungen, überkreuzen sich, verbinden sich untereinander, wobei einige von ihnen sich den Bündeln hinzugesellen, und bilden in der Papille ein 94 | A. 8. Dogiel, mehr oder weniger dichtes Netz (Fig. 49). Stellenweise sondern sich von einem Faden dieses Netzes zwei bis drei kurzer Fädehen ab, welche irgendwo in der Papille einen kleinen Knäuel bilden. Von diesen gewundenen Fädchen gehen kurze, miteinander verbundene Seitensprossen und Fädchen ab, welche mit kleinen vieleckigen Ver- diekungen besetzt sind. Viele Fäden des im Basalteil der Papille gelegenen Netzes er- strecken sich gewöhnlich unmittelbar unter den Epithelwällen und beteiligen sich, indem sie sich verzweigen und mit ähnlichen Fäden andrer Papillen verbinden, an der Bildung des subpapillären Netzes markloser Fasern, welches Rurrıst beschreibt (Fig. 49), Die markhaltigen Fasern der zweiten Art, welche ihre Markscheide in mehr oder weniger weiter Entfernung von der Papillenbasis verlieren, endigen ebenso wie die schon beschriebenen Fasern, welche die Markscheide bis zum Eintritt in die Papille und selbst noch nach demselben beibehalten. Beide Faserarten gehören somit zu einer Kategorie, sie unterscheiden sich nur darin, daß die einen ihre Markscheide früher, die andern später verlieren. Ihre Verzweigungen beteiligen sich an der Bildung des subpapillären und intrapapillären Netzes sowie der intrapapillären Schleifen. Die ge- nannten Fasern teilen sich, wie bereits oben erwähnt, nach Verlust der Markscheide in mehrere dieke Ästchen, wobei deren Verzwei- gungen nicht zu einer Papille, sondern zu mehreren verlaufen (Fig. 49). Einige Ästehen, gewöhnlich die diekeren, dringen in die Papille ein und zerfallen in derselben in eine große Anzahl feinster Fädchen, welche die beschriebenen Knäuel bilden. Die andern Astchen zerfallen an der Basis der Papille in Bündel feiner Fädchen und einzelne Fäden verschiedener Dicke, von denen eine gewisse größere Anzahl in eine Papille eindringt, während die übrigen zu- nächst eine horizontale Richtung einschlagen und unter den Basen der Papillen und den Epithelleisten hinziehen. Hier bilden die Nerven- bündel und -fäden, indem sie sich teilen, durchflechten und miteinan- der sowie mit den Verzweigungen der oben erwähnten markhaltigen Fasern vereinigen, ein recht engmaschiges subpapilläres Netz oder richtiger Geflecht. Von diesen sondern sich alsdann Bündel von Fäden sowie einzelne Fäden ab, welche zusammen mit den oben- erwähnten Bündeln und Fäden in die Papillen eindringen. Sämtliche Bündel und Fäden sowohl die direkt in die Papille eingedrungen, als auch diejenigen aus dem subpapillären Geflecht, verteilen sich in besonderer Weise in den Papillen. Die ersteren winden sich mehr Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 95 oder weniger auf ihrem Verlauf zur Papillenkuppe, zerfallen dabei in dünnere Bündel und einzelne Fäden und vereinigen sich in ver- schiedener Weise mit eimander (Figg. 48, 49). Einige der Bündel erreichen die Papillenkuppe, senken sich darauf, nachdem sie eine Schleife gebildet haben, wieder herab und gesellen sich andern Bündeln zu. Nicht selten winden sich die Bündel in den Papillen spiralförmig, oder aber ein Bündel steigt in schwachen Windungen von der Basis bis zur Kuppe der Papille hinauf, worauf es wieder zur Basis hinunterzieht, woselbst die Fäden beider Bögen der auf diese Weise entstandenen langen Schleife sich durchflechten und miteinander vereinigen. Von den Bündeln, welche die Schleifen bilden, sondern sich außerdem auf ihrem gesamten Verlauf Fäden und dünne Bündel ab, welche die Schleifen verbinden. Ist in der Papille ein uneingekapselter Knäuel gelagert, so treten einige der Fädenbündel an den Knäuel heran und nehmen an dessen Bildung teil (Figg. 27, 47). Die in die Papillen direkt oder aus dem sub- papillären Geflecht eingedrungenen einzelnen Nervenfäden winden sich in denselben in verschiedener Weise, teilen sich mehrfach und gesellen sich entweder den Bündeln zu, oder aber vereinigen sich miteinander, wobei sie an der Bildung der papillären Schleifen oder des papillären Netzes teilnehmen. Ist in einer Papille ein MeEısswersches Körperchen gelagert, so gesellen sich einige Nerven- fäden, bisweilen auch ganze Bündel den markhaltigen im betreffenden Körperchen endigenden Fasern hinzu und dringen mit denselben in den Hohlraum desselben ein, woselbst sie wie auch die letzteren, wie bereits oben angegeben, allmählich in eine große Anzahl feinster Fädcehen zerfallen (Figg. 15, 21). Einige dieser Fädehen dringen nicht selten nicht in das Körperchen ein, sondern verlaufen zu dessen Hülle, wobei sie sich in eine große Anzahl von Fädchen teilen, welche die- selbe in einen mehr oder weniger diehten Netz umflechten. Einige Fäden verlaufen schließlich zusammen mit den markhaltigen für ein MEISSNErsches Körperchen bestimmten Fasern, und steigen der Ober- fläche des Körperehens anliegend an diesem hinauf, worauf sie an dessen Kuppe in mehrere feine Fädchen zerfallen, welche mit ande- ren ähnlichen Fädehen einen kleinen Knäuel bilden (Figg. 21, 27). In den Fällen, wenn das MEıssvessche Körperehen mit seinem obe- ren Abschnitt die ganze Kuppe der Papille einnimmt und dem Epi- thelbelage beinahe anliegt, dringen häufig zwei bis drei Fäden in den Zwischenraum zwischen Epithel und Körperehen ein und zer- fallen daselbst in ein Bündel miteinander verbundener Fäden, wobei 96 A. S. Dogiel, das Bündel einerseits dem Epithel, anderseits der Kuppenoberfläche des Körperchens anliegt. Nicht selten habe ich ferner wahrnehmen können, daß ein dicker Faden in der Nähe der Papillenbasis sich in zwei bis drei Fädchen teilt, welche in die Papille eindringen und unter allmählicher Teilung nach oben ziehen, wobei sie entweder an der Papillenkuppe oder weiter unten um die Gefäße Schlingen aus miteinander verbundenen Fäden bilden. Von den schleifenförmig gebogenen Bündeln und den Fädennetzen sondern sich stets noch ein bis zwei bis drei kurze, dicke Fäden ab, von welchen gewöhnlich kurze Fädchen und Seiten- sprossen abgehen; sowohl diese als auch jene sind mit vieleekigen und spindelförmigen Verdickungen besetzt; sie winden sich, vereini- gen sich miteinander und bilden eine Art von Knäuel, oder aber Büschel und Bündel miteinander verbundener Fäden (Fig. 49). Von denselben Bündeln sowie dem intrapapillären Fädennetz gehen außerdem, so viel ich habe wahrnehmen können, dünne Fäden ab, welche zur Papillenkuppe hinziehen oder aber zum seitlichen Teil derselben und darauf in das Epithel vordringen; hier teilen sie sich mehrfach, winden sich zwischen den Zellen des Stratum germi- nativum und umflechten dieselben, indem sie sich untereinander ver- binden. Diese interepithelialen Fäden sind vollkommen analog den- jenigen, welche, wie oben angegeben ist, sich von den uneinge- kapselten Nervenknäuel absondern. Wie aus dem Mitgeteilten hervorgeht, so hat das aus marklosen Ästchen und Fäden zusammengesetzte subpapil- läre Nervengeflecht, die uneingekapselten Nervenknäuel, sowie die schleifenförmig gebogenen Bündelund das intra- papilläre Fadennetz einen und denselben Ursprung; sie stellen bloß die Endverzweigungen der Achsenzylinder derjenigen verhältnismäßig dicken markhaltigen Fasern dar, welche sich von den Nervenfaserbündeln des ober- flächlichen Nervengeflechtes absondern. Die erwähnten Fasern teilen sich und bilden, nachdem sie die Mark- scheide entweder in dem Basalteil der Papillen (Fasern erster Art) oder in verschiedener Entfernung von der Basis derselben (Fasern zweiter Art) verlieren und all- mählich in Ästchen und Fäden zerfallen, die oben beschrie- benen Nervenapparate, wobei die Verzweigungen einer Faser nicht nur zu einer, sondern zu mehreren Papillen hinziehen. Eine gewisse Anzahl von Nervenästchen und Uber die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 97 -fäden, welche aus der Teilung derselben markhaltigen Fasern hervorgegangen sind, dringen außerdem in die typischen (möglicherweise auch in die modifizierten) Meıss- NERSchen Körperchen ein und bilden in denselben ein mehr oder weniger dichtes, die Verzweigungen der in den Körpercehen endigenden Fasern umflechtendes Nervennetz. Sowohl von dem erwähnten Netz, als auch von dem unein- sekapselten Knäuel, von den Bündeln und dem intrapapil- lären Netz sondern sich schließlich Fäden ab, welche in das Epithel eindringen und in demselben endigen. Es fragt sich nun, ob die Endverzweigungen der beschriebenen Nervenfasern nach Rurrnı als vasomotorische Nerven oder nach Sramenı als besondere sensible Nervenapparate der Papillen, die nichts mit den Gefäßen gemein haben, anerkannt werden müssen. Daß die genannten Verzweigungen nicht den vasomotorischen Nerven angehören, das geht ohne weiteres, meiner Meinung nach, aus dem Gesagten hervor. Dieselben sind nicht nur in den Papillen, sondern auch in den typischen und wahrscheinlich auch in den modifizierten Mkzısswerschen Körperchen, sowie in dem Epithel vorhanden und bilden außerdem selbständige Nervenapparate in Gestalt uneingekapselter Knäuel. Ich habe ferner niemals wahrnehmen können, daß die intra- papillären Nervenfäden die Gefäße der Papillen auf deren gesamten Verlauf umfleehten, wie solches überall an zweifellosen vasomotorischen Nerven beobachtet wird. Auf meinen Präparaten habe ich nur fest- stellen können, daß bisweilen ein oder das andre Fadenbündel oder ein Nervenfaden eine gewisse Strecke weit den Gefäßen der Papillen anliegt, oder daß letzteren nicht selten die von den Verzweigungen einzelner Fäden gebildeten Knäuel und Büschel anliegen, oder endlich daß die Nervenfäden stellenweise die Gefäße der Papillen schlingen- förmig umgeben. Die angeführten Befunde ergeben, meiner Ansicht nach, daß die Vasomotoren von RUFFINI diesen Nerven in der Tat nicht angehören, woraus jedoch durchaus nicht folgt, daß die be- schriebenen Endverzweigungen keinerlei Beziehung zu den Gefäßen der Papillen haben. Einige von diesen können, indem sie der Wand der Gefäße stellenweise anliegen oder die Gefäßschlingen umfassen, die Rolle sensibler Apparate für die Gefäße der Papillen spielen, in gewissem Grade analog den Endapparaten, welche ich in der Wand der Herzsefäße und derjenigen andrer Organe beschrieben habe. 5) Papilläre Büschel (fiocehetti papillari) Rurrinı (Figg. 47 und 50). Hinsichtlich dieser Nervenapparate kann ich die Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. !| 98 A. S. Dogiel, Beobachtungen von Rurrısı bestätigen und um einiges ergänzen. Ich habe auf meinen Präparaten sämtliche von Rurrını beschriebenen und auf der Taf. IV und V seiner Arbeit! abgebildeten Formen an- getroffen. Außer den recht sorgfältig studierten, verhältnismäßig ein- fachen Formen dieser Apparate habe ich jedoch nicht selten kompli- ziertere und eigenartige angetroffen. Die ersteren sind in denselben Papillen zusammen mit andern Nervenapparaten, wie den typischen MEısswerschen Körperchen, den eingekapselten Nervenknäueln und andern gelagert, während die komplizierten Formen, soweit ich habe feststellen können, einzeln in einzelnen Papillen angetroffen werden, wobei sie entweder die ganze Papille oder die obere Hälfte oder das obere Dritteil derselben einnehmen; ein derartiger Nervenapparat ist auf Fig. 50 dargestellt. Eine beträchtlich dieke markhaltige Nervenfaser verläuft nach ihrer Absonderung vom oberflächlichen Nervengeflecht zu einer zusammengesetzten Papille und verliert in einiger Entfernung von derselben die Markscheide. Der Achsenzylinder teilt sich darauf alsbald gabelförmig in zwei Äste, welche unter leichten Windungen gegen die Papille hinziehen und dieselbe erreichen. Der eine — linke — Ast gibt nach kurzem Verlauf einige dünne sich teilende Fäden ab, von denen einige mit dem Ast selber verlaufen, während die andern sich dem rechten Aste zugesellen; beide Gruppen von Fäden erreichen die Papille. Der zweite — rechte — dickere Ast windet sich bogenförmig an der Basis der Papille, gibt derselben drei Ästehen ab, während er selber um die Epithelleiste herumbiegt und in eine andre, benachbarte Papille eindringt. Die aus der Teilung des linken Astes hervorgegangenen Fäden erreichen noch vor dem Eintritt dieses in die Papille die Basis der letzteren und teilen sich in eine große Anzahl sich dermaßen winden- der Fäden, daß dieselben in dem Basalteil der Papille eine Art von Kranz bilden. Von den genannten Fäden sondern sich wiederum eine große Anzahl kurzer wellenförmig verlaufender Fädchen ab, welche sich mit den ersteren verflechten und auf ihrem Verlauf eine beträcht- liche Anzahl in derselben Weise gewundener Seitenästehen abgeben. Sämtliche Fäden verbinden sich untereinander und sind mit verhältnis- mäßig großen vieleckigen und spindelförmigen Verbreiterungen besetzt, welche dem Kranz ein eigentümliches Aussehen verleihen. Eine ge- ringe Zahl von Fäden verläuft nach der Absonderung von dem Kranz durch die Mitte desselben und gesellt sich alsdann wieder denjenigen Fäden zu, welche den Kranz zusammensetzen. 1]. c. vgl. p. 46. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 99 Der linke Ast selber verläuft neben dem beschriebenen Kranz, wobei er demselben einige dicke Fäden abgibt, welche an dessen Bildung teilnehmen, darauf jedoch zieht dieser Ast weiter nach links und nach oben zu der Basis der sekundären linken Papille. Hier teilt er sich in einige Fäden, welche unter leichten Windungen längs der gesamten Peripherie der Papille verlaufen und dabei in eine sroße Zahl beträchtlich dicker, sich abermals teilender und miteinander verbundener Fäden zerfällt. Sämtliche Teilfäden des linken Astes sind desgleichen mit blattförmigen und spindelförmigen Verbreiterungen besetzt. Der periphere Teil der sekundären Papille ist somit von einem hufeisenförmig gebogenen eigenartigen Nervenapparat ein- senommen. Von diesem, insbesondere jedoch von dem Kranz sondern sich Fäden ab, welche zur rechten sekundären Papille verlaufen, auf ihrem Verlauf sich teilen und mit einander verflechten; ihnen sesellen sich Fäden des rechten Astes hinzu. Einige dieser Fäden begeben sich alsdann zur Basis der rechten sekundären Papille, andre zu deren Kuppe, wiederum andre zur Peripherie der Haupt- papille.e An den erwähnten Stellen teilen sich die Fäden in eine große Anzahl gewundener und miteinander anastomosierender Fädchen, welche alle mit eckigen Verbreiterungen besetzt sind und an der Basis der sekundären Papille, unter dem Epithel der Kuppe derselben und im äußersten peripheren Abschnitt der Hauptpapille Endver- zweisungen bilden. Von sämtlichen angegebenen Nervenapparaten, welche in einer zusammengesetzten Papille von den Verzweigungen einer markhaltigen Faser gebildet werden, entspringen außerdem noch Fäden verschiedener Dicke, vermittels derer die einzelnen Apparate miteinander verbunden werden. Der rechte Ast endlich dringt nach Abgabe einiger Fäden, wie oben erwähnt, an die zusammengesetzte Papille in die nebenan gelegene einfache Papille, wo er in eine beträchtliche Anzahl sich vielfach teilender und mannigfach windender Fäden zerfällt. Letztere sind mit vieleckisen und spindelförmigen Verbreiterungen besetzt, ver- einigen sich miteinander und bilden einen Endapparat, welcher fast die ganze Papille ausfüllt. Außer diesen und ähnlichen Apparaten werden nicht selten in den einfachen Papillen weniger komplizierte Formen derselben an- getroffen. Nicht selten habe ich z. B. wahrnehmen können, daß eine dieke markhaltige Nervenfaser nach dem Verlust der Markscheide in einiger Entfernung von der Papille in diese eindringt, wo sie nach mehr oder weniger gewundenem Verlauf ungefähr das obere Dritteil 7 100 A. S. Dogiel, oder den mittleren Teil der Papille erreichte. Hier zerfiel der Achsen- zylinder der Faser in mehrere beträchtlich dicke Ästehen, welche in zickzackförmigem Verlauf zur Papillenkuppe hinzogen, auf ihrem Verlauf Seitenästehen abgaben und darauf an der Peripherie der Papillenkuppe in eine große Anzahl verschieden dieker Fäden sich teilten. Die genannten Fäden und Seitenästehen durchzogen die ganze Kuppe der Papille und verliefen mehr oder weniger parallel dem Rande derselben, infolgedessen sie bogenförmig gekrümmt er- scheinen. Gewöhnlich teilten sie sich abermals, überkreuzten sich, verbanden sich untereinander und nahmen die gesamte Papillenkuppe bis dieht an das Epithel heran ein. Sämtliche Fäden, welche die beschriebene Endverzweigung bildeten, waren mit verschieden großen mehr oder weniger in die Länge gezogenen, vieleckigen Verbreiterungen besetzt, welche der ganzen Verzweigung ein eigenartiges Aussehen gaben. Die beschriebenen sowie ähnliche Endverzweigungen mark- haltiger Nervenfasern unterscheiden sich in einigem von denjenigen Nervenapparaten, welche Rurrisı »fiocchetti papillari< genannt hat und stellen augenscheinlich kompliziertere Formen derselben dar. Die einfachen Formen der »papillären Büschel« sind vollkommen richtig und ausführlich von Rurrisı beschrieben worden, so daß ich seine Beobachtungen nur bestätigen kann. Ein derartiger Apparat ist unter anderm auf Fig. 47 abgebildet, auf welcher zu erkennen ist, daß zwei recht dieke Achsenzylinder, welehe zwei markhaltigen Fasern (die ihre Markscheide in der Nähe der Papille verloren haben) angehören, in die Papille eindringen, sich in derselben winden und darauf in stellenweise verdickte Ästchen zerfallen. Letztere winden sich in der Papille und bilden mehrere miteinander verbundene Schleifen, von denen kurze Seitenästchen abgehen, welche scheinbar mit Verdiekungen endigen. b) Nervenendigungen im Epithel. Im Epithel der Haut sind, wie bereits längst bekannt, zweierlei Arten von Nervenendigungen vor- handen: Nervenendverzweigungen im Epithel des Stratum germina- tivum (LANGERHANS!, RANVIER2, ich3, RETzıus? und viele andre) i Über die Nerven der menschlichen Haut. Vırcmows Archiv. Bd. XLIV. 1868. 2 Trait& technique d’histologie. II. Ed. Paris 1889. Sl. ze, volp 290 * Einige Beiträge zur Kenntnis der intraepithelialen Endigungsweise der Nerven. Biol. Untersuchungen. N.F. Bd. VI. p. &. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 101 und die zuerst von Fr. MERKEL in dem Epithel der aus verschiedenen Stellen des menschlichen Körpers entnommenen Haut beschriebenen »Tastzellen«. 1) Endverzweigungen im Epithel des Stratum germina- tivum (Fig. 47). Dieselben färben sich recht schwer mit Methylen- blau. Im Falle einer günstigen Färbung ist es nicht schwer festzu- stellen, daß sie von denselben markhaltigen Nervenfasern ihren Ur- sprung nehmen, welche, wie oben beschrieben worden ist, innerhalb der Papillen in den uneingekapselten Knäuel, in den schleifen- förmig gebogenen und miteinander verbundenen Nervenfädenbündeln und in dem intrapapillären Nervennetz endigen, sowie Ästchen zu den Meissnerschen Körperchen abgeben, woselbst diese sich ver- zweigen und ein die Endverzweigungen der dieken markhaltigen Fasern umflechtendes Netz bilden. Sowohl von den Fädenbündeln als auch von dem Netz, welches diese in den Papillen bilden, sondern sich bald Bündel von Fäden, bald einzelne Fädchen ab, welche an verschiedenen Stellen der Papillen, angefangen von der Basis bis hinauf zur Kuppe, in das Epithel eindringen. Sowohl die Bündel als auch die einzelnen Fäden zerfallen hier allmählich in eine große Anzahl feinster Fädchen, welche sich ziekzackförmig zwischen den Epithelzellen winden, sich auf ihrem Verlauf abermals teilen und, indem sie sich miteinander verbinden, die Zellen umflechten. Da die Nervenfäden in den Zwischenräumen zwischen den Zellen ange- ordnet sind, so erscheinen die Maschen der von ihnen gebildeten Netze vieleckig; nur in dem Stratum spinosum sind sie in die Länge gezogen, da hier die Zellen selber eine eylindrische oder mehr ‘oder weniger kegelförmige Gestalt haben. Die von dem Nervennetz inner- halb der Meıssnerschen Körperchen abgehenden Fäden dringen in das Epithel (vgl. typische Meiısswersche Körperchen) von der Pa- pillenkuppe aus ein und beteiligen sich gleichfalls an der Bildung des intraepithelialen Nervennetzes. Soviel ich habe wahrnehmen können, erreichen die intraepithelialen Nervennetze das Stratum granu- losum, dringen jedoch nicht in dasselbe ein. Die intraepithelialen Fäden sind, wie bereits oben erwähnt, sehr dünn und mit kleinen runden und spindelförmigen Verdiekungen besetzt. | In letzter Zeit weist BoTEZAT! in einer seiner Arbeiten auf das Vorhandensein von dreierlei Arten intraepithelialer Nervenendigungen 1 Die Nervenendigungen in der Schnauze des Hundes. Morphol. Jahrbuch. Bd. XXIX, 4. 102 A. S. Dogiel, hin. Die einen intraepithelialen Fäden nehmen, nach den Beobachtun- sen von BOTEZAT, ihren Ursprung von den Tastscheiben, die zweiten von dem unterhalb der Epithelwälle gelegenen Nervengeflecht, die dritten endlich von markhaltigen Nervenfasern, welche in die Haut- papillen eindringen, sich hier teilen, worauf deren Achseneylinder in das Epithel eindringen und daselbst intraepithelial endigen. Sämtliche in das Epithel eingedrungene Nervenfäden treten, wie BOTEZAT an- nimmt, in die Epithelzellen ein, teilen sich in denselben, erreichen nicht selten den Zellkern und endigen intracellulär mit knopfförmigen Verdickungen. Angaben darüber, dab die Nervenfädehen in die Epithelzellen eindringen und in ihnen in knopfförmigen Verdiekungen endigen, finden sich bereits bei PFITZxER, seit der Zeit hat sich jedoch nur eine sehr beschränkte Anzahl von Forschern, unter andern G. Huss und E. BorezAar, für eine derartige Endigungsweise der Nerven im Epithel ausgesprochen. Ich habe vielfach die Nerven- endigungen im Epithel der Hornhaut, der Schleimhäute und der Haut studiert, wobei ich niemals, trotz einer vollkommen gelungenen Färbung der Nerven und trotz Anwendung starker Immersionssysteme in ausreichender Deutlichkeit habe wahrnehmen können, daß die Nervenfädchen in die Epithelzellen eindringen — stets waren sie zwischen den Zellen angeordnet und umflochten die Oberfläche der- selben. Dasselbe muß ich auch jetzt für die Nervenendigungen in der Haut des Menschen wiederholen. Obgleich ich die Möglichkeit des Vorhandenseins derartiger intracellulärer Nervenendigungen nicht vollkommen in Abrede stellen kann, so bin ich dennoch der Ansicht, daß man vorläufig sich den Beobachtungen gegenüber, welche zu Gunsten derartiger Nervenendigungsweise sprechen, kritisch zu ver- halten hat. Die besonderen Nervenendigungen im Epithel, welche von D. TRETJAKOFF! in der Haut des Schweinsrüssels beschrieben worden sind, habe ich in der Haut des Menschen nicht feststellen können, wahr- scheinlich infolgedessen, daß sich diese Endigungen sehr schwer mit Methylenblau färben. | 2) MERKELSsche Tastzellen (Figg. 51, 52, 53 und 54). Dieselben liegen ausschließlich in den Epithelleisten, wo sie, zwischen den Epithelzellen gelagert, in großer Anzahl in der gesamten Kuppe einer jeden Leiste angeordnet sind; an den Eintrittsstellen der Ausführungs- gänge der Schweißdrüsen sind diese Zellen zur Seite gerückt und ! Zur Frage der Nerven der Haut. Diese Zeitschr. Bd. LXXI, p. 625. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 103 liegen infolgedessen hier besonders dicht beieinander. Ich gehe nicht weiter auf die Beschreibung der Form, Lagerung und dergleichen der Tastzellen ein, da diese genügend ausführlich von MERKEL!, RANVIER?, SZYMONOWIcZ3, BOTEZAT* und TRETJAKOFF> studiert worden sind; meine Aufgabe besteht bloß darin, auf das Verhalten der Nerven zu diesen Zellen hinzuweisen. Von dem im oberflächlichen Teil des Stratum retieulare gelagerten Nervengeflecht sondern sich gewöhnlich dünne, aus einigen (zwei bis drei) markhaltigen Nervenfasern verschiedener Dicke bestehende Nervenstämmchen ab, welche in Windungen bald in schräger, bald in mehr oder weniger senkrechter Richtung zu den Epithelleisten verlaufen, wobei die sie zusammensetzenden Fasern auf diesem Verlauf sich teilen, während die Stämmchen selber, nach Verlauf einer ge- wissen Strecke in zwei bis drei Äste zerfallen. Die letzteren teilen sich bisweilen in der Nähe der Epithelleisten abermals in mehrere Ästehen und beschreiben auf ihrem Verlauf eine größere oder geringere Anzahl von Windungen. Die markhaltigen Fasern dieser Ästchen verlieren die Markscheide fast unmittelbar unterhalb des Epithels, wobei, soviel ich habe wahrnehmen können, die dünnen Fasern ihre Markscheide früher verlieren als die dicken — bisweilen sogar in einer beträchtlichen Entfernung von den Epithelleisten. Die Achsen- zylinder der dieken Fasern dringen sofort in das Epithel ein, zer- fallen in mehrere sich wiederholt teilende Ästchen, welche sich häufig auf ihrem Verlauf zwischen den Epithelzellen mannigfach winden und in senkrechter, schräger oder horizontaler Richtung in Bezug auf die Oberfläche der Haut unter die Tastzellen herantreten, wo sie sich abflachen und das Aussehen der bereits längst bekannten Tastscheiben (Menisken) annehmen. Die letzteren sind verhältnismäßig klein, er- scheinen von der dem Gipfel der Leiste zugekehrten Seite etwas konvex, wobei ihre Ränder uneben, eckig sind, so daß die Scheiben selber eigentlich die Gestalt von mehr oder weniger konkaven, viel- eckigen Plättehen haben. Die erwähnten Scheiben sind nicht immer 1 Über die Endigungen der sensiblen Nerven in der Haut der Wirbelthiere. Rostock 1880. rc. vel. p. 101. 3 Beiträge zur Kenntnis der Nervenendigungen in Hautgebilden. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLV. 4 Die: Nervenendigungen an den Tasthaaren von Säugethieren. Arch. f. mikr. Anat. Bd. L. — Die Innervation des harten Gaumens der Säugethiere. Diese Zeitschr. Bd. LXIX, p. 429. be ve p- 102 104 A. 8. Dogiel, in der Richtung zum Gipfel der Leiste konvex: häufig ist die Kon- vexität gegen eine der Seitenflächen der Leiste gerichtet, bisweilen auch gegen die Hautoberfläche. Bei der Betrachtung der Tastscheiben mit Immersionssystemen läßt sich feststellen, daß dieselben aus feinsten Fibrillen und einer geringen Menge interfibrillärer Substanz zusammengesetzt sind. Sogar bei schwacher Vergrößerung ist es nicht schwer wahrzunehmen, daß von den Ecken der Scheiben sich verschieden lange, häufig recht dicke Fäden absondern, welche nach verschiedenen Richtungen ver- laufen, sich hierbei häufig gabelförmig teilen, darauf an eine Tastzelle herantreten, sich abermals abplatten und das Aussehen von Tast- scheiben annehmen; an diesen wiederholt sich die nämliche Erschei- nung, infolgedessen eine große Anzahl von Scheiben miteinander ver- bunden sind. Dieser Zusammenhang der Scheiben tritt besonders deutlich auf Flach- und Schrägschnitten hervor; in diesen Fällen er- scheinen die Scheiben als vieleckige Blättehen, von deren Ecken nach allen Richtungen die einzelnen Scheiben verbindende Fäden ab- gehen. In gewissen Fällen, besonders bei einer nicht vollkommen gelungenen Färbung, werden in den Präparaten nicht selten Scheiben angetroffen, von denen Fäden abgehen, welche augenscheinlich nicht in Scheiben endigen; derartige Fäden können auf kurze Strecken zwischen den Epithelzellen verfolgt werden, worauf sie sich der Be- obachtung entziehen. BOTEZAT nimmt an, daß diese Fädchen inner- halb der Epithelzellen endigen, ich bin jedoch der Ansicht, daß sie sich in nichts von denjenigen Fäden, welche in Scheiben endigen, unterscheiden; ihr Zusammenhang mit letzteren ist nur deswegen nicht zu erkennen, weil sich die Scheiben, sei es nun infolge einer un- senügenden Färbung der Präparate mit Methylenblau oder aus einem anderen Grunde, nicht gefärbt haben. 5 Die Frage, ob von den Tastscheiben Fädchen in die Tastzellen eindringen, wie ich und K. WILLAnENn! es an den GRANDRYschen Körperchen beobachtet habe, ist infolge der geringen Größe der Zellen selber schwer zu entscheiden, bei Betrachtung einiger Präparate mit Immersionssystemen habe ich dennoch das Vorhandensein derartiger Fädchen, wenn auch nicht dermaßen deutlich wie an den GRANDRY- schen Körperchen, wahrnehmen können. Was nun die Endigungsweise derjenigen markhaltigen Fasern, welche die Markscheide in einiger Entfernung von den Epithelleisten 1 Die Beziehungen der Nerven zu den GRAnDRYschen Körpercehen. Diese Zeitschr. Bd. LXVI. 3. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 105 verlieren, anbetrifft, so verlaufen deren Achsenzylinder zur Kuppe der Leiste, wobei sie sich in mehrere recht dieke varıköse Fäden teilen. Die letzteren verlaufen entweder anfangs längs der Kuppe der Leiste, wobei sie sich häufig teilen und darauf in das Epithel eintreten, oder aber dringen sofort, nachdem sie die Kuppe der Leiste erreicht haben, in das Epithel ein. In beiden Fällen winden sich die Fäden zwischen den Epithelzellen, teilen sich mehrfach, treten in der Ein- oder Mehrzahl an jede Tastzelle heran und zerfallen hier in eine große Anzahl mehr oder weniger dünner, mit feinen Varikositäten besetzter Fädchen, welche sich miteinander vereinigen und um jede Zelle ein dichtes Netz bilden, in welchem die Zelle wie in einem Korb eingelagert ist (Fisg. 52, 53 und 54). Von diesem Netz sondern sich gewöhnlich Fädchen zu andern benachbarten Zellen ab, wobei sie sich entweder nur den Fäden des Netzes, welches von andern Fäden gebildet wird, zugesellen, oder aber, nachdem sie in eine gewisse Anzahl von Fädchen zerfallen, den Hauptanteil an der Bildung des pericellulären Netzes nehmen. Infolge des Vorhandenseins dieser Fädchen stehen somit die pericellulären Netze in umittelbarem Zu- sammenhang miteinander. Die angeführten Beobachtungen weisen darauf hin, daß in der Haut des Menschen die Nerven sich ebenso zu den MErkeuschen Tastzellen verhalten, wie in den GRANDRYschen Körperchen und in ähnlichen Zellen im harten Gaumen und in der Schnauze (BOTEZAT) sowie in der äußeren Wurzelscheide des Haarbalges bei Säugethieren (TRETJAKOFF). Am Schlusse meiner Arbeit über die Nerven in der Haut des Menschen möchte ich noch kurz auf die besonderen Pigmentzellen eingehen, welche seit LANGERHANS bis in die letzte Zeit die Beob- achter irre leiten und von einigen derselben (LEONTOWITSCH) für Nervenelemente gehalten werden. Pismentzellen (Fig. 55). In den Epithelleisten der Haut (be- sonders stark pigmentierter Individuen) kann man beständig auf Schnitten, welche mit Methylenblau gefärbt worden sind, Zellen an- treffen, welche ihrer Form nach und nach dem Verhalten des Methylen- blaus zu ihnen leicht für periphere Nervenzellen gehalten werden können. Sie sind gewöhnlich nicht nur zwischen den Zellen der Epithelleisten in verschiedener Entfernung von dem unterliegenden Bindegewebe der Haut gelagert, sondern auch in dem letzteren, und zwar unmittelbar unter dem Epithel. Der Körper dieser Zellen hat das Aussehen eines eckigen Klümpchens, von dessen Ecken mehr oder weniger dieke Fortsätze abgehen. Letztere sind zwischen den 106 A. S. Dosgiel, Epithelzellen gelagert und teilen sich allmählich in eine große An- zahl von Ästchen, infolgedessen die Zellen multipolar erscheinen. Von den Fortsätzen sondern sich ihrerseits kurze, dünne Seitenästchen Sprossen) ab, welche das Aussehen von Dornen haben. Ist die Zelle unmittelbar unter der Epithelleiste gelagert (an dessen Kuppe oder an dessen Seite), so verlaufen die Fortsätze dennoch in das Epithel und verzweigen sich zwischen den Epithelzellen. Mit Methylenblau färben sich diese Zellen sehr intensiv und gewähren auf den ersten Blick das Aussehen von Nervenzellen. Sind nun in den Präparaten gleichzeitig mit diesen Zellen die Verzweigungen der Nerven in und unter dem Epithel gefärbt, so überkreuzen sich die Nervenästchen und -fäden stellenweise mit diesen Zellen und ihren Fortsätzen, liegen denselben stellenweise auf geringere oder größere Strecken an, wobei es bei flüchtiger Betrachtung den Anschein erwecken kann, daß sie mit den Zellen oder ihren Fortsätzen in unmittelbarem Zu- sammenhang stehen. Bei einer genauen und sorgfältigen Untersuchung erweist es sich jedoch jedesmal, daß die multipolaren Zellen keine Beziehung zu den Nerven haben, sondern nur stellenweise densel- ben angelagert sind. Neben gefärbten Zellen sind in demselben Präparat gewöhnlich auch ungefärbte vorhanden. In derartigen Fällen ist es nicht schwer in den Zellen und deren Fortsätzen die Anwesenheit von zahlreichen braunen oder gelben Pigmentkörnern festzustellen, infolgedessen die Illusion über die Nervennatur dieser Zellen endgültig schwindet. Die in den Zellen vorhandenen Pigmentkörner färben sich zunächst mit Methylenblau, alsdann erst folgt die Färbung der Kerne und des Protoplasmas, schließlich erhält die ganze Zelle eine mehr oder weniger intensive Färbung. Diese Zellen sind ausführlich von PLJUSCHKOFF! studiert worden, welcher dieselben für eine besondere Zellenart hält. Stellen sie nun eine besondere Zellenart dar oder nicht, jedenfalls müssen sie ein für allemal aus der Kategorie peri- pherer Nervenzellen oder zelliger Endorgane im Sinne LANGERHANS ausgeschlossen werden. Die Resultate vorliegender Untersuchungen sind in der biologi- schen Sektion der Gesellschaft zur Bewahrung der Volksgesundheit am 9. Februar 1901 sowie der Kaiserlichen Akademie der Wissen- schaften in St. Petersburg mitgeteilt worden. Ein Referat der Mit- teilung findet sich in der Zeitschrift »Wratsch« Bd. XXIL, Nr. 17, 1901. St. Petersburg, im Januar 1903. ! Material zur Histologie der Haut der Säugetiere. Kasan 1890. Russisch.) Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 107 Erklärung der Abbildungen, Die reiche Ausstattung dieser Arbeit mit Tafeln wurde durch die Unter- stützung der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg ermöglicht. Die Figuren sind mit Rücksicht auf den zur Verfügung stehenden Raum nicht nach der Reihenfolge der Bezifferung geordnet, ihre Stellung deshalb durch die Angabe der Tafelnummern gekennzeichnet. Tafel IV—XIV. Fig. 1, Taf. IV. Ein typisches VATER-Pacınısches Körperchen im Längs- schnitt. a, Achsenzylinder mit seinen Verzweigungen im Innenkolben; 5, binde- gewebige Lamellen der Kapsel. Zehenhaut. Obj. C, Zeıss, halbherausgezogener Tubus. Fig. 2, Taf. IV. Teil eines typischen VATER-Pacınischen Körperchens im Längsschnitt. «a, Achsenzylinder; d, bindegewebige Lamellen der Kapsel; c, Endverzweigung einer Nervenfaser der zweiten Art (einer dünnen markhaltigen Faser). Fingerhaut. Obj. E, Zeıss. Fig. 3, Taf. V. Eine Papille mit eingelagerten modifizierten VATER-PACINI- schen Körperchen (GoLGI-MAzzonisches Körperchen), Blutgefäßen und intrapapillä- ren Nervenfädenbündeln. «a, der sich im Körperchen verzweigende Achsenzylinder; b, bindegewebige Lamellen der Hülle des Körperchens; c, Endverzweigungen der Nervenfasern der zweiten Art; d, eine Nervenfaser, welche in die intrapapillären - Fädehenbündel zerfällt. Zehenhaut. Obj. E, Zeıss. Fig. 4, Taf. V. Eine Papille mit einem modifizierten VATER-PAcınischen Körperehen und einem uneingekapselten Nervenknäuel. «a, der sich im Körper- chen verzweigende Achsenzylinder; db, bindegewebige Lamellen der Hülle des Körperchens; c, Nervenfasern, welche im uneingekapselten Knäuel und in einem intrapapillären Fadenbündel endigen (d); das Bündel ist hinter dem Knäuel ge- lagert. Zehenhaut. Obj. E, ZEıss, halbherausgezogener Tubus. Fig. 5, 6, 7, Taf. V. Modifizierte VATER-PAcınische Körperchen in Papil- len. a, die in den Körperchen sich verzweigenden markhaltigen Nervenfasern; b, bindegewebige Lamellen der Hüllen der Körperchen; c, Achsenzylinder einer dünnen markhaltigen Faser, deren Endverzweigung den von den Verzweigungen der dieken Faser gebildeten Apparat umflicht. Zehenhaut. Fig. 6 bei Obj. E, Fig. 7 u. 8 bei Immers. 1/12 Zeıss gezeichnet. Fig. 8, Taf. V. Ein modifiziertes VATER-PAcınisches Körperchen in der Basis der Papille.. «a, markhaltige Faser, deren Achsenzylinder sich im Körper- chen verzweigt; 5b, bindegewebige Lamellen der Hülle; c, Epithelwall. Fingerhaut. Immers. 1/12 Zeıss. Fig. 9, Taf. V. Wurstförmiges modifiziertes VATER-Pacınısches Körperchen unter einem Epithelwall; das Körperchen selber erscheint gebogen. a, die im . Körperchen endigende markhaltige Faser; d, bindegewebige Lamellen der Hülle; €, einige Nervenfädchen der Endverzweigung der dünnen markhaltigen Faser; d, Epithelwall. Zehenhaut. Obj. E, Zeıss. 108 A. $. Dogiel, Fig. 10, Taf. VI. Eine Varietät der GotLGı-Mazzonischen Körperchen. a, markhaltige Nervenfaser; b, bindegewebige Hülle des Körperchens; ec, Epithel. Zehenhaut. Obj. C, Zeıss, halbherausgezogener Tubus. Fig. 11, 12, Taf. VI. Körperchen mit Endverzweigungen in Form von Plätt- chen. a, markhaltige Nervenfaser; b, Hülle; ec, Nervenfäden, die möglicherweise den Endverzweigungen der dünnen markhaltigen Fasern angehören. Fingerhaut. Immersion 1/12 Zeiss. Fig. 13, Taf. VI. Zwei typische MEISSneErsche Körperchen. «a, eine mark- haltige Nervenfaser teilt sich in zwei Ästchen, von denen jede in einem beson- deren Körperchen endigt; c, Epithel. Zehenhaut. Obj. C, Zeıss. Fig. 14, 15, Taf. VI. Typische MEıssxersche Körperchen. Auf Fig. 14 ist es ersichtlich, wie sich zwei markhaltige Nervenfasern auf der Oberfläche des Körperchens winden, worauf sie erst nach Verlust der Markscheide in den Hohl- raum desselben eintreten. «a, die in den Körperchen endigenden Nervenfasern ; b, Nervenfasern, welche in den Papillen in schleifenförmig gebogenen Fädchen- bündeln (d’) endigen, ec, Blutgetäße; d, Epithel. Zehenhaut. Fig. 14 ist bei Obj. D, Fig. 15 bei Immersion 1/12 gezeichnet. Fig. 16, Taf. VII. Eine Papille mit eingelagertem zusammengesetzten MEıSsnerschen Körperchen. In das Körperchen treten an verschiedenen Stel- len drei markhaltige Fasern (a, 5 und ce) ein und endigen in Verzweigungen; eine vierte Faser (d) hat sich nur auf eine kurze Strecke gefärbt; e, Nerven- füdenbündel und einzelne Fäden; f, Blutgefäße. Zehenhaut. Obj. D, Zeıss, halbherausgezogener Tubus. Fig. 17, Taf. VII. Papille mit einem zusammengesetzten MEISSNERschen Körperchen. In den Läppehen des Körperchens endigen die Achsenzylinder dreier markhaltiger Fasern (a, «' und b); auf dem Präparat war zu sehen, daß die Faser 5 sich darauf den Fasern « zugesellt und mit ihnen ein Bündel bildet; c, Läppchen. Zehenhaut. Obj. D, Zeıss. Fig. 18, Taf. VII. Ein Meısswersches Körperchen mit den in ihm endi- senden Achsenzylindern dreier markhaltiger Fasern (@, b und ec), welche in das Körperchen an verschiedenen Stellen eintreten. Zehenhaut. Immers. 1/12 Zeıss. Fig. 19, Taf. VII. Eine Papille mit einem MEıssnerschen Körperchen, in welchem die Endverzweigungen zweier verschiedener markhaltiger Fasern, einer dicken (a) und einer dünnen (db) sichtbar sind; e, Epithel. Fingerhaut. Immer- sion 1/12 Zeıss. Fig. 20, Taf. VII. Eine Papille mit einem MeEıssnerschen Körperchen, in diesem die Endverzweigungen einer dieken (@) und einer dünnen (b) markhaltigen Faser; c, Epithel. Fingerhaut. Obj. E, Zeıss. Fig. 21A, Taf. VIL, Fig. 21B, Taf. VIII. Zwei zusammengesetzte MEISSNER- sche Körperchen in verschiedenen Papillen. Auf Fig. A sind die Achsenzylin- der zweier dieker markhaltiger Fasern (a) und deren Endverzweigungen in den Läppchen des Körperchens abgebildet. Daneben ist ein dünnes markloses Äst- chen sichtbar (d), welches in der Nähe des Körperchens sich in mehrere Fäden teilt; einer von ihnen zieht zur'Peripherie der Papille, wo er in ein Bündel feiner Fädchen zerfällt, die übrigen Fäden treten in das Körperchen ein und endigen in demselben. Die Fortsetzung des Ästchens b ist auf Fig. B dargestellt, auf welcher ersichtlich, daß das genannte Ästchen einer dünnen markhaltigen Faser c angehört. Diese teilt sich gabelförmig in zwei Ästchen (d und D’), von denen eines zum beschriebenen MEISSnErschen Körperchen, während das zweite zu dem auf der Fig. B abgebildeten Körperchen zieht. Das Ästchen 5 zerfällt in mehrere Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 109 dünne Fädchen, welche in das Körperchen eindringen und in demselben End- verzweigungen bilden. Letztere umflechten den Nervenapparat, in welchem in dem gegebenen Körperehen der Achsenzylinder (a) der dieken markhaltigen Faser endigt. Vom Ästchen b’ sondert sich noch ein Astchen 5b” ab, welches zu einer andern Papille verläuft und dort in einem Faserbündel endigt. Um die Ausdehnung der Fig. B nicht zu vergrößern, so ist auf derselben nur ein geringer Teil des Ästchens 5” und der Papille abgebildet; d, Läppchen; e, Blut- sefäße. Zehenhaut. Obj. D, Zeıss, halbherausgezogener Tubus. Fig. 22, Taf. VII. Eine Papille mit einem zusammengesetzten MEISSNER- schen Körperchen, in welchem eine dicke markhaltige Faser (a) endigt, gleich- zeitig sind auch die Endverzweigungen (b) der dünnen markhaltigen Faser sicht- bar; ce, Epithel. Zehenhaut. Immersion 1/12 Zeıss. Fig. 25, Taf. VIII. Eine Papille mit einem zusammengesetzten MEISSNER- schen Körperchen, in welchem die Achsenzylinder (b) zweier dünner, markhal- tiger Fasern endigen. Im Körperchen selber sind die unvollständig gefärbten Endverzweigungen (a) einer dieken markhaltigen Faser sichtbar; ec, Epithel. Fingerhaut. Immersion 1/12 Zeıss. Fig. 24, Taf. VIII. Ein zusammengesetztes MEISSNERsches Körperchen, in welchem die Verzweigungen des Achsenzylinders («) der markhaltigen Faser sich nur teilweise mit Methylenblau gefärbt haben; 5b Endverzweigungen der dünnen markhaltigen Fasern. Zehenhaut. Immersion 1/12 Zeıss. Fig. 25, Taf. VIII. Eine Papille mit einem zusammengesetzten MEISSNER- schen Körperchen. «a, dicke markhaltige Faser; die Verzweigungen des Achsen- zylinders sind wie auf Fig. 24 nur teilweise und schwach gefärbt; db, Nervenfasern der zweiten Art mit ihren Endverzweigungen im Körperchen; c, Epithel. Finger- haut. Immersion 1/12 Zeıss. Fig. 26, Taf. VIII. Eine Papille mit einem zusammengesetzten MEISSNER- schen Körperchen. «a, eine (dieke) markhaltige Faser der ersten Art und deren Endverzweigungen; 5b, eine (dünne) markhaltige Faser der zweiten Art; in der Nähe des Körperchens zerfällt dieselbe in zwei Ästehen: ein markloses (c) und ein markhaltiges (d). Das erstere teilt sich zunächst in mehrere Fädchen, welche in das Körperchen eindringen und sich mit den Verzweigungen der Faser a ver- flechten, wobei zwei Fädchen aus dem Körperchen an seiner Kuppe heraustreten. Das zweite Ästchen verliert in der Nähe des Körperchens die Markscheide und zerfällt in einen Knäuel von Fädchen, von welchem sich einige Fädchen ab- sondern und in das Körperchen eindringen. Fingerhaut. Immersion 1/12. Zeıss. Fig. 27, Taf. IX. Eine Papille mit zwei zusammengesetzten MEISSNER- schen Körperchen. a, Achsenzylinder der dieken, markhaltigen Fasern, die Endverzweigungen derselben sind ungetärbt geblieben; b, Nervenfaser, welche an der Kuppe des Körperchens iu einem uneingekapselten Nervenknäuel endigt; b, Nervenfädenbündel; c, Blutgefäße. Zehenhaut. Obj. D, Zeıss, halbherausge- zogener Tubus. Fig. 28, 29, Taf. IX. Papillen mit einfachen Formen der modifizierten MEISSNERSschen Körperchen. a, markhaltige Nervenfasern; db, feine Nervenfäd- chen, welche in einer gewissen Ausdehnung die Verzweigungen der Nerven- faser «4 im uneingekapselten Teil des Köperchens umflechten; 5’, die in den eingekapselten Teil des Körperchens (ce) eintretenden Nervenfäden; d, Blutgefäße. Zehenhaut. Obj. D, Zeıss, halbherausgezogener Tubus. Fig. 30 A, Taf. IX, Fig. 30B, Taf. X. Papillen mit zusammengesetzten For- men der modifizierten Mrıssnerschen Körperchen. «a, markhaltige Nervenfasern; 110 A. 8. Dogiel, b, eingekapselter Teil der Körperchen; c, Epithel. Zehenhaut. Immersion 1/12 ZEISS. Fig. 31, Taf. IX. Papille mit einer Übergangsform der modifizierten MEISSnERSschen Körperchen. a, Nervenfasern; b, eingekapselter Teil des Körper- chens; c, Blutgefäße. Zehenhant. Obj. E, Zeıss. Fig. 32, 33, Taf. X. Eingekapselte Körperchen mit blattförmigen Nerven- endigungen. «a, markhaltige Nervenfasern; b, Hülle; e, Epithel. Fingerhaut. Immer- sion 1/12 Zeıss. Fig. 34, 35, 36, Taf. X. Papille mit eingekapselten Nervenknäueln. «a, mark- haltige Nervenfasern; d, Hülle; e, Epithel. Auf Fig. 36 sondert sich vom Haupt- knäuel ein Ästchen ab, welches einen kleinen sekundären Knäuel bildet. Zehen- haut. Immersion 1/12. Fig. 37, 38, 39, Taf. XI. Rurrisische Endverzweigungen (Körperchen) in der Zehen- (Fig. 37 und 39) und Fingerhaut (Fig. 38). «a, markhaltige Nerven- fasern; b, Blutgefäße; ce, Bindegewebsfibrillenbündel; d, Kerne. Fig. 37 ist bei Obj. A (halbherausgezogener Tubus), die übrigen bei Obj. E Zeıss gezeichnet worden. Fig. 40, Taf. XI. Eine markhaltige Nervenfaser (a), welche in baumförmi- gen Endverzweigungen in der Tela subeutanea endigt. Obj. B, Zeiss, halb- herausgezogener Tubus. Fig. 41, Taf. XI. Markhaltige Nervenfasern (a), welche in baumförmigen Endverzweigungen im Stratum reticulare und in den Papillen unmittelbar unter dem Epithel endigen; db, Epithel. Obj. C, Zeıss. Fig. 42, Taf. XI. Eine markhaltige Nervenfaser (a), welche in baumförmigen Endverzweigungen unter den Epithelleisten (b) endigt. Fingerhaut. Immersion 1/12 ZEISS. Fig. 45, Taf. XI. Achsencylinder einer markhaltigen Faser (a), welcher in baumförmigen oder eher knäuelförmigen Verzweigungen in der Nähe einer Epithelleiste (d) endigt. Fingerhaut. Immersion 1/12 Zeıss. Fig. 44, 45, Taf. XII. Papillen mit uneingekapselten Nervenknäueln (2), und intrapapillären Nervenfädenbündeln (ce). «a, Achsenzylinder einer markhaltigen Nervenfaser; c’, Verzweigungen, welche von zwei Nervenfäden gebildet werden; d, Blutgefäße; e, Epithel, mit Nervenfäden, welche sich vom Bündel (Fig. 44) und vom Knäuel (Fig. 45) abgesondert haben. Zehenhaut. Obj. E, ZEıss. Fig. 46, Taf. XII. Papille aus der Fingerhaut. «a, Achseneylinder einer markhaltigen Faser, welche in einer baumförmigen Verzweigung (c) endigt; von letzterer sondert sich ein Ästchen ab, welches in zwei einfacheren, schleifen- förmigen Endverzweigungen (c’) endigt; a’, Achsenzylinder markhaltiger Fasern, welche in Knäueln (5) endigen; d, Epithel. Immersion 1/12 Zeıss. Fig. 47, Taf. XII. Eine Papille, in welcher ein uneingekapselter Nerven- knäuel, intrapapilläre Nervenfädenbündel und »papilläre Büschele von RUFFINI eingelagert sind. «a, Achsenzylinder markhaltiger Nervenfasern, welche in sog. »papillären Büscheln< endigen; 5, Nervenästehen, welche in intrapapillären Fädenbündeln und in einem eingekapselten Knäuel (b’) endigen; von letzterem und einem der Bündel, sondern sich mehrere Fäden ab, welche in das Epi- thel (d) eindringen, wo sie mit einem intraepithelialen Netz endigen; e, Blut- gefäße. Zehenhaut. Obj. D, Zeıss, halbherausgezogener Tubus. Fig. 48, Taf. XI. Eine Papille mit einem uneingekapselten Nervenknäuel (b) und intrapapillären Nervenfädenbündeln. « und a’. markhaltige Nervenfasern; d, Blutgefäße. Zehenhaut. Obj. D, Zeıss, halbherausgezogener Tubus. Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. 19 Fig. 49 A, Taf. XIII, Fig. 49B, Taf. XIV. Papillen, in denen schleifenförmig sebogene intrapapilläre Bündel (d) und Nervenfädennetze (c) gelagert sind. a, markhaltige Nervenfasern; e’, Nervenfäden unter den Epithelleisten (subpapil- läres Geflecht); d, Schleifen der Nervenfäden; e, Epithel. Zehenhaut. Obj. C, ZEISS, halbherausgezogener Tubus. Fig. 50, Taf. XIII. Eine zusammengesetzte Papille mit einer besonderen Form der sog. »papillären Büschel< von RuFFInI. «a, Achsenzylinder einer mark- haltisen Nervenfaser; db, aus der Teilung desselben hervorgegangene Nerven- ästchen; e, Blutgefäße; d, Epithel. Obj. E, Zeıss. Fig. 51, Taf. XIV. Teil einer Epithelleiste (e) mit eingelagerten Tast- scheiben (ec). «a, markhaltige Nervenfasern; 5, dünne Nervenfasern, welche im Epithel in Fädchen (d) zerfallen, diese umflechten die MErRKELSschen Zellen. Fingerhaut. Obj. C, Zeıss, halbherausgezogener Tubus. Fig. 52, 53, 54, Taf. XIII. Teile von Epithelleisten (ec). a, Achsenzylinder dünner markhaltiger Fasern; 5, Endverzweigungen derselben, welche die MERKEL- schen Zellen umflechten. Fingerhaut. Immersion 1/12 Zeıss. Fig. 55, Taf. XIII. Epithelleiste (b) mit Pigmentzellen (a). Fingerhaut. Obj. E, ZEISS. Sämtliche Zeichnungen sind vermittelst des Zeichenprismas ausgeführt worden. Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. Von Wilhelm Haack aus Bremen. Mit Tafel XV und XV1. Von den zahlreichen Speicheldrüsen, die von alten Autoren, wie MECcKEL, RETZIUs, RATHKE und andern bei Fischen beschrieben worden sind, haben sich infolge neuerer, gründlicher Untersuchungen über den histologischen Bau nicht viele als Drüsen behaupten können. So beschreibt RATHKE beim Karpfen »ein grau-rötliches Organ von weicher gallertartiger Substanz, das sich am Gaumen dicht unter der Mundhöhlenschleimhaut, mit welcher es fest verbunden ist, be- findet«. MECKEL spricht ihr den Charakter einer Speicheldrüse ab, Own leugnet die drüsige Natur dieses Körpers. Dasselbe Organ beschreibt RATHKE noch beim Hornhecht, Stichling, Wels und der Schmerle. ELLENBERGER und HOFMEISTER (15) sagen jedoch, daß es Gefäßdrüsen sind. Ferner betrachtet Rerzıus als Speicheldrüse ein bei den Plagio- stomen und verschiedenen Knochenfischen, z. B. den Gadiden und den Salmen, zwischen den Muskeln der Unterkiefergegend gelegenes rötliches Organ, nach den Angaben von STANNIUs und SIEBOLD, OWEN, ELLENBERGER und HOoFMEISTER ist dasselbe jedoch keine Drüse sondern ein Gefäßganglion. Weiter teilt MECKEL uns mit, daß er »eine eigene kleine ge- lappte, dicht unter der Haut liegende, nur locker mit den benach- barten Teilen verbundene Drüse hinten in der weiten Kiemenöffnung vom »Froschfisch« gefunden zu haben glaubt, welche er als Speichel- drüsen ansieht. REICHEL jedoch weist nach, daß diese Drüsen mit dem Verdauungstraktus in keinerlei Beziehung stehen. Der einzige Fall nun, wo wir bei Fischen wirklichen Mundhöhlendrüsen in Gestalt von zusammengesetzten, mehrzelligen Drüsen, welche auch in nahe Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. 13 Beziehung zum Verdauungstraktus stehen, begegnen, findet sich bei den Petromyzonten. Es wird daher von Interesse sein, zu untersuchen, welche Bedeutung diesen sogar ziemlich voluminösen Gebilden bei- zulegen ist, denn wie gesagt, man trifft in der Mundhöhle der Fische kein ähnliches Organ an. Von meinem hochverehrten Lehrer Herrn Professor Dr. BLOcH- MANN auf dieses Gebiet hingewiesen, unternahm ich die Untersuchungen dieser Drüsen. Vorliegende Arbeit wurde auf dem hiesigen zoologi- schen Institute angefertigt. Ich verwandte für meine Untersuchungen Petromyxon Planert, nebst seiner Larve Ammocoetes, welcher hier in der Nagold in größeren Mengen vorkommt; Petromyzon fluviatılis und Petromyzon marinus. Ersteren erhielt ich teils aus Bremen, teils aus Aggerdeich; marınus wurde mir aus der Sammlung des hiesigen Instituts bereitwilligst überlassen. Myxine glutinosa, welche nament- lich als Vergleichsobjekt diente, stellte Herr Professor Dr. BLOCHMANN mir zur Verfügung. Die Tiere waren in Formol, Zenker, Sublimat-Essigsäure, Alko- hol- und Kaliumbichromat-Essigsäure konserviert. Ich habe auch hier die Beobachtung gemacht, daß sich für den feineren histologischen Bau die Konservierung nach ZENKER am besten eignet. Waren die Tiere in Kaliumbichromat-Essigsäure konserviert, so war es notwendig, um ein klares Bild zu erhalten, die Schnitte längere Zeit in 1%/,igem Salzsäure-Alkohol verweilen zu lassen. Es geschah dies, um den durch Chrom entstandenen Niederschlag wieder aufzulösen. Vor dem Färben jedoch mußte man die Säure wieder neutralisieren, dadurch daß man die Schnitte in Brunnenwasser überführte. Um mich über die Lage der Drüse zu orientieren, machte ich makroskopische Präparate. Wo dies, infolge der geringen Größe des Objektes sehr. schwer war, traten Serien von Sagittal- und Quer- Schnitten in Celloidin an ihre Stelle; die Schnitte waren mit Alaun- karmin gefärbt. Für den feineren histologischen Bau kamen Paraffin- schnitte zur Anwendung. Die 7,5 u oder 5 u dieken Schnitte wurden teils mit Orange-G., teils mit‘ Kongorot gefärbt, letztere Färbung - wurde hauptsächlich angewandt, um eventuell eine Ähnlichkeit mit den Fundusdrüsen höherer Wirbeltiere nachweisen zu können. Als Kernfärbung diente stets das DeLArıELdsche Hämatoxylin. Bevor ich meine eignen Untersuchungen mitteile, werde ich in folgendem etwas näher auf die Literatur über die Mundhöhlendrüsen der Petromyzonten eingehen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 6) 114 Wilhelm Haack, Schon Home (1) gibt die Drüsen an, da er aber nichts darüber in seinen »Comparative leetures« erwähnt, sondern man sie nur aus seinen Zeiehnungen entnehmen kann, so habe ich nicht feststellen können, ob er die Drüsen wirklich erkannt, oder ob auch er wie Ratuke (2) den ganzen M. basilaris (FÜRBRINGER) dafür angesehen hat. Eine ausführliche Beschreibung der Petromyzonten gibt dann RATHkE (2). In seiner Arbeit »Über den Bau der Pricken für Systematiker« kommt er auch auf die Drüsen zu sprechen. Er beschreibt die Muskulatur der Oberlippe, sowie der Unterlippe als auch den schon erwähnten M. basilaris als Speicheldrüsen. Borx (4) war es, welcher bei seinen Untersuchungen über Petromyxon marinus die eigentlichen Drüsen erkannte und die Resultate RATHKEs widerlegte, da fast sämtliche Forscher, die sich nach ihm mit dem Bau der Petromyzonten be- schäftigten, in Bezug auf die Drüsen auf diesen Autor verweisen, so wird es geeignet sein, seine Angaben wörtlich anzuführen: »In dem breitesten Teile dieses Gebildes«, Bor sprieht hier von dem von RATHKE als Speicheldrüse angesehenen M. basilaris, »findet sich auf jeder Seite ein länglich runder, von oben nach unten etwas zusammengedrückter in der Mitte eingeschnürter Sack, der nach innen und außen an der fibrösen Haut anliegt, nach oben und unten, vorn und hinten, von den Fasern des muskulösen Gebildes umgeben ist.« »Dieser Sack nun, der eine bräunliche, ziemlich konsistente Flüssigkeit enthält und dessen innere Fläche etwas flockig erscheint, hängt auf keine Weise zusammen mit dem als Speicheldrüse ange- nommenen Gebilde, sondern die Fasern laufen bloß, da der Sack nach außen seine größte Weite hat, von außen nach innen in einem spitzen Winkel zusammen, so daß sie sich an ihrem inneren Ende fast gegen- seitig berühren. « »Aus diesem Sacke nun entspringt nach vorn, mehr gegen dessen unteres Ende ein ziemlich weiter Kanal, der einige Zeit unter die fibröse Haut, zwischen den Fasern des Muskels versenkt, dann aber frei werdend, von ersterer als Scheide umgeben, sich nach vorn begibt, den platten Zungenknorpel durchbohrt und durch den Unter- kieferknorpel in die Mundhöhle tritt, in welche er etwa 11, Linien von der inneren, zusammenhängenden Zahnreihe entfernt, oberhalb und hinter dem zweiten Zahn dieser Reihe einmündet.« | »Nach diesen Untersuchungen also wären bloß die Säcke mit ihren Ausfuhrgängen als speichelabsondernde Organe zu betrachten; die von andern dafür genommenen, an der Lippe befindlichen und Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. 115 die diesen Sack umschließenden Gebilde bloß Muskeln, von welehen erstere wohl beim Ansaugen, letztere aber bei der Aussonderung des Speichels wirken, was weitere Untersuchungen noch aufklären müssen. « Nach Born erwähnt MAYeEr (6) die Drüsen, er bestätigt die An- gaben des ersteren, daß in einer ovalen Grube des M. biventer (basilaris) die Drüse liegt, deren Inhalt eine »zähe diekliche Flüssigkeit« dar- stellt. Über den Verlauf des Ganges sagt er, daß derselbe am Rande des Muskels hinläuft und in der Mundhöhle neben der Zunge und unter derselben von beiden Seiten mündet. Er schreibt dem ganzen M. basilaris die Veranlassung des Ausfließens der Drüsenflüssigkeit zu. JOHANNES MÜLLER (5) widerlegt in seiner Abhandlung »ver- gleichende Anatomie der Myxinoiden«< die Angaben RATHKES und bestätigt die Befunde von Born. FÜRBRINGER (9) stellte genaue, für die vergleichende Anatomie srundlegende Untersuchungen über die Muskulatur des Kopfskelettes der Cyelostomen an und gab eine Bezeichnung der einzelnen Muskeln und Muskelsysteme, der ich mich bei meinen Untersuchungen in Bezug auf die Lage der Drüsen und ihres Ausfuhrganges auch bedienen werde. Im wesentlichen sind seine Resultate dieselben, wie die von Born. Als Neues gibt er an, daß die Drüse eine flachlappige Ober- fläche besitzt, daß der Ausführungsgang in seinem vorderen Teile an der Außenfläche des vorderen Abschnittes des M. basilaris, zwischen ihm und dem M. copulo-glossus verläuft und über einen Zweig vom Ramus internus des Trigeminus tretend, auf einer Papille in der Mundhöhle mündet. Diese Papille liegt am vorderen Rande des unteren Ringsknorpelabschnittes ventralwärts vom unteren Zungenbogen. Eine speziell der Drüse dienende Funktion, die in der Kompression besteht, schreibt er den Bündeln des M. basilaris in unmittelbarer Nähe des Drüsenkörpers zu. Alle erwähnten Forscher beschäftigten sich mit der Untersuchung von Petromyzon marinus und Petromyzon fluviatilis. SCHNEIDER (11) ist der erste, der die Drüse bei Petromyxon Planeri angibt, er nennt sie Buccaldrüse, erwähnt sie jedoch nur kurz in seiner Abhandlung »Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Entwicklungsgeschichte«. Er sagt: »Der ventrale Abschnitt des Basilaris enthält die sackförmige Bucealdrüse, welche von einer dünnen Ringfaserschicht umgeben ist.« Sämtliche anderen Forscher, welche Petromyxon untersuchten, gehen entweder auf die Drüse nicht ein oder zitieren einen der oben angeführten Autoren. So geben Voer und Yunc (20) das Resultat 8*F 116 Wilhelm Haack, FÜRBRINGERS wieder, Opper (29) stellt in seinem Lehrbuch die Autoren zusammen, welche die Drüse erwähnen. Alle oben angeführten Forscher bezeichnen die Drüsen als Speichel absondernde Organe, nur ELLENBERGER und HOFMEISTER (15) teilen diese Ansicht nicht, sondern sehen in den »Backendrüsen«, wie sie die Organe nennen, Schleimdrüsen. GEGENBAUR (30) erwähnt in seiner » vergleichenden Anatomie« Bd. II diese merkwürdigen Gebilde überhaupt nicht. In folgendem will ich meine eignen Untersuchungen wiedergeben. Ich werde zunächst auf die Lage der Drüse eingehen und die- selbe von Petromyxon Planeri, von fluviatilis und zuletzt von marinus beschreiben. Alsdann werde ich die Beziehung der Muskulatur zur Drüse und die Entwicklung der letzteren näher erörtern, sowie genaue Angaben über den histologischen Bau, von dem bis jetzt noch nichts bekannt ist, geben. Hierauf werde ich die andre Art der Öyclostomen, die Myxinoiden, in den Rahmen dieser Betrachtungen ziehen und dann auf die histologischen Verhältnisse, namentlich des vorderen Teiles des Darmtractus etwas näher eingehen. In einem zweiten Abschnitt meiner Arbeit werde ich die physio- logischen Versuche mitteilen und zum Schluß eine Zusammenfassung der Resultate des morphologischen und physiologischen Teiles der Arbeit geben. Petromyzon Planeri. Im großen und ganzen kann ich die Befunde von SCHNEIDER (11), Born (4) und FÜRBRINGER (9), die über die Lage aussagen, bestätigen. Die Drüse tritt stets paarig auf, man findet sie leicht auf Schnitten, dort wo der Nasensack in der Mitte getroffen und das Auge eben angeschnitten ist, sie erstreckt sich dann bis gegen das Ende des Auges. Die Drüse liegt also unter der Augenhöhle und zwar ist sie hier eingebettet in dem, wie SCHNEIDER (11) sagt, ventralen Abschnitt des M. basilaris. _ Sie hat eine Länge von ungefähr 3 mm und einen Durchmesser von 0,5 mm. Was die Form (Fig. 1) anbetrifft, so stellt die Drüse im allgemeinen einen ovalen Sack dar, der im hinteren Drittel von außen nach innen hantelartig eingeschnürt ist. Ungefähr in der Mitte der Drüse wird die Rinne, welche die beiden Basilaris gegen den Zungenstiel bilden, tiefer, der ventrale Abschnitt der Muskeln sondert sich in zwei Teile. Umgeben von der bindegewebigen Fascie, welche diese beiden Abschnitte des Basilaris voneinander trennt, liegt hier die Drüse, sie durchsetzt also den Basilaris vollständig an dieser Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. 1% Stelle (Fig. 7), während sie in ihrem vorderen (Fig. 2) und hinteren Abschnitte an drei Seiten vom M. basilaris umgeben ist, und mur nach außen hin mit ihrer eignen Muskulatur an die Hauptfascie des Basilaris grenzt. Der Ausführungsgang der Drüse entspringt am vorderen Drittel ungefähr 0,5 mm von der Spitze der Drüse entfernt auf der Innenseite derselben dorsal, steigt aber noch eine kleine Strecke nach oben an, um dann unter einem Winkel von 45° nach unten zu gehen. Zunächst ist der Gang, eingehüllt in eine Bindegewebsfascie, vollständig von dem Muskel umhüllt, nähert sich aber allmählich der Fascie des Basilaris, und läuft schließlich in derselben bis zur Spitze dieses Muskels. Im Gegensatz zu Petromyzon marinus, wie später noch Sezeist werden wird, durchbohrt der Gang hier die Fascie nicht, sondern läuft in derselben (Fig. 3). Nachdem er am Anfang des Basilaris angekommen ist, tritt er hier in das Bindegewebe ein, welches den Zungenknorpel vom Processus spinosus (Fig. 4) trennt, steigt etwas an, um sich sogleich wieder bis zum Grunde der Papille, auf der er mündet, zu senken. Diese durchläuft er in einer doppelten Schlinge und tritt auf der ventralen Seite der Papille in die Mund- höhle (Figg. 5 und 6). Diese Papille liegt dorsal vom zweiten Haupt- zahn des Gaumens und zwar etwas nach innen, so daß auf einem Querschnitt die beiden Papillen sich nahezu berühren. Sie liegen also direkt ventral unter der Zunge. Petromyzon fluviatilis. Gehen wir nun zu Petromyzon fluviatilis über, so werden wir hier nichts anderes erwarten können, da wie SCHNEIDER (11) nach- gewiesen hat Petromyzon Planeri und Petromyzon fluviatilis ein und dieselbe Spezies sind, welche nur an verschiedenen Stellen leben, dieses in Flüssen, jenes in Bächen. Wir-finden auch bei Petromyzon fluviatiis im M. basilaris, der fast den ganzen Boden der Mundhöhle einnimmt, die Drüse eingebettet. Sie hat hier eine Länge von etwa “mm und einen Durchmesser von 3mm. Auch hier ist die Drüse im hinteren Drittel hantelartig eingeschnürt und wird in der wie bei Petromyzon Planeri angegebenen Weise vom M. basilaris eingehüllt. Der Drüsengang entspringt ebenfalls dorsal, läuft dann im Muskel und in der Fascie derselben genau ebenso, wie bei Petromyzon Planeri. 118 Wilhelm Haack, Peiromyzon marinus. Bei Petromyzon marinus sind die Verhältnisse in manchen Teilen etwas anders. Hier kann ich die Angaben FÜRBRINGERS (9) vollauf bestätigen. Wiederum liegt die Drüse im M. basilaris eingebettet. Sie ist jedoch relativ bedeutend größer im Vergleich mit denjenigen von Petromyzon Planeri und fluviatılis. Die Drüse hat eine Länge von 2—5 cm und einen Durchmesser von 1—1,5 em, sie ist hier nicht eingeschnürt, sondern repräsentierte sich bei den Exemplaren, die ich untersuchte, als ein ovaler, glatter Sack. Ob die Drüse eine flachlappige Oberfläche besitzen kann, wie FÜRBRINGER (9) angibt, werde ich weiter unten näher erörtern. Der Drüsengang entspringt hier im Gegensatze zu den beiden andern Vertretern dieser Abteilung ventral an der Innenseite der Drüse, auch hier etwas einwärts von der Spitze. In geradem Laufe durchsetzt er den Basilaris, durch- bohrt die Fascie in der Mitte des Muskels und läuft an der Außen- fläche desselben zwischen dem Basilaris und dem ‘M. copulo-glossus obliquus hin, durehbohrt auch nicht, wie Borx (4) angibt, den platten Zungenknorpel, sondern läuft in dem Bindegewebe, wie bei Petromyzon Planeri und fluwiatilis nach vorm und mündet auch hier auf einer Papille, die die oben geschilderte Lage ebenfalls hat. Muskulatur der Drüse. Was nun die Muskulatur anbetrifft, so habe ich glatte Muskulatur, wie man sie bei andern Drüsen vorfindet, nicht nachweisen können, Durch eine Fascie von den übrigen Muskelfasern des Basilaris ab- gegrenzt, hat die Drüse ihre eigne, quergestreifte Muskulatur (Fig. 7), Eigentümlich ist die Verteilung derselben. Um diese zu erklären, muß ich den Faserverlauf des Basilaris etwas näher erörtern. Während im vorderen Teile des Basilaris die Fasern einen teils longitudinalen, teils radiären gegen das Ethmoid und den rhomben- förmigen Knorpel gerichteten Verlauf zeigen, sind dieselben nament- lich dort, wo die Drüse den ganzen Muskel durchsetzt und diese denselben in zwei Teile sondert, unter einem Winkel von 60° gegen- einander geneigt. Die Funktion dieses Abschnittes des Basilaris ist - nun für den Pharynx eine starre, unnachgiebige Wand herzustellen, die beim Ansaugen des Tieres dem äußeren Medium genügend Widerstand zu leisten vermag. Hierdurch wird beim Ansaugen auch zugleich ein nicht unerheblicher Druck auf die Drüse ausgeübt, der in seiner Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. 119 Hauptsache von innen nach außen wirkt; die Folge ist, daß das Sekret gegen den Boden der Drüse gedrückt wird. Um diesen ein- seitigen Druck gleichsam zu kompensieren, hat die Drüse eine Ring- muskulatur, die sich namentlich an der Außenseite der Drüse dem Beobachter zeigt, ferner in der ventralen Partie eine mehr längsge- richtete Muskulatur, die höchst wahrscheinlich dazu dient einen gleich- mäßigen Druck auf die Drüsenflüssigkeit auszuüben. Die Muskulatur umhüllt die Drüse vollständig im vorderen und hinteren Drittel, im mittleren aber, namentlich dort, wo die Drüse den ganzen M. basilaris durchsetzt, entbehrt die nach dem Zungenstiel gerichtete Seite gänzlich der Muskulatur. Eine glatte Muskulatur habe ich am Ausführungs- gange ebensowenig, wie an der Drüse nachweisen können. Er ist nur von einer mehrschichtigen Bindegewebshülle, in der elastische Fasern verlaufen, umgeben. Entwicklung der Drüse. Bei Ammocoetes, der Larve von Petromyxon, findet man die Drüse nicht, sie ist also nur charakteristisch für das geschlechtsreife Tier. Durch die entwicklungsgeschichtlichen Arbeiten von SCHNEIDER (11), NEstLer (19) und andern ist es klar gelegt worden, daß die Muskeln der Zunge aus dem Gewebe entstehen, welches sich am Grunde des großen Tentakels befindet. Letzterer hat seine Lage am Boden der Mundhöhle und zwar am Ende der Mundleiste. Es ist daher schon von vornherein anzunehmen, daß in dieser Gegend aus dem Epithel der Mundhöhle die Drüse entsteht. Schon lange bevor in dem umliegenden Gewebe eine Differenzierung sich bemerkbar macht, sieht man bei einem Übergangsstadium am Grunde des Ten- takels auf beiden Seiten desselben sich die Zellen der Epidermis an- häufen und in das umgebende Gewebe hineinwandern. Sie breiten sich hier als eine Art Wucherung aus, bis sie an das Ende der Augenhöhle gelanst sind, wo sie einen ovalen Komplex bilden. Da ich infolge der Seltenheit des Materials die aufeinander folgenden Übergangsstadien von Petromyson Planeri nicht habe erhalten können, so muß ich in Bezug auf die Beobachtung, daß in diesem Zellhaufen eine Höhlung entsteht auf NESTLER (19) verweisen. Die Drüse ent- steht also wie der Nasensack und das Zentralnervensystem als solider Zellstrang, der erst später durch Resorption einer Anzahl von Zellen eine Höhlung erhält. Hieraus geht hervor, daß die Drüse zunächst einen Sack mit glatter Oberfläche und langem Ausführungsgang dar- stellt, es ist die einfachste Form einer tubulösen Drüse. Sieht man 120 Wilhelm Haack, nun diese Drüse auf Querschnitten, welche ich von jungen Tieren, diese waren im Oktober konserviert, anfertigte, so fällt es dem Beobachter auf, daß das Drüsenepithel nicht überall gleich ist. Im ventralen Teil der Drüse sieht man das für die Drüse charakteristische Cylinder- epithel, während im dorsalen Teil, namentlich an der Seite, die nach dem Zungenstiel hin liegt, das Epithel mehr einen plattenförmigen Charakter zeigt, wie es sich in der Mundhöhle vorfindet. Zunächst drängte sich mir die Frage auf, ob es sich nieht etwa um zwei Arten von Zellen handeln könne, da die Drüse auch, wie ich in der Darstellung meiner physiologischen Versuche noch zeigen werde, zwei Arten von Sekret enthält. Bei älteren Tieren, die ich im Anfang Januar kon- servierte, sah man jedoch in der Drüse überall das charakteristische Cylinderepithel. Hieraus geht hervor, daß das Wachstum der Drüse nicht abgeschlossen ist, sondern auch noch während der Entwicklung des jungen Petromyxon zum geschlechtsreifen Tier weiter vor sich geht. So kann man sich auch erklären, daß man bei einem geschlechts- reifen, ausgewachsenen Tier ein ganz andres Querschnittsbild der Drüse erhält, als bei einem jungen, das eben die Metamorphose be- endet hat. Ein solches Bild zeigt einen einfachen Hohlraum, wie aus Fig. 7 zu ersehen ist. Bei älteren Tieren jedoch vergrößert sich die Drüsen- oberfläche. Beugen sich nun diese Falten gegeneinander, so entstehen einzelne vom Hauptlumen abgesonderte Bezirke (Fig. 8). Wenn die Trennung in einzelne Abschnitte auftritt, so können einige derselben sich weiter entwickeln, größer werden und so ein flachlappiges Aus- sehen der Drüse hervorrufen, jedoch wird dies nur bei ganz alten Tieren der Fall sein. Bei Exemplaren von Petromyxon fluviatılis und marıinus habe ich dies nicht feststellen können, jedoch bei Petromyzon Planeri war es der Fall. So mag auch FÜRBRINGER (9), der diese Angaben von marinus gibt, recht haben. Histologischer Bau. Meine Untersuchungen über den histologischen Bau dieser Drüsenorgane beziehen sich namentlich auf Petromyzon fluviatilis, da ich von diesem Material eine genügende Menge besaß. Von Petro- myxon Planeri konnte ich, weil wegen der geringen Größe der Drüse ein Herauspräparieren sehr schwer war, nicht genügend dünne Schnitte durch den ganzen Kopf des Tieres machen. Petromyzon marinus stand mir nur als Formolmaterial zur Verfügung, da die ganzen Tiere in Formol konserviert waren, so war die Flüssigkeit nieht schnell Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. 193 genug eingedrungen und in den Drüsen war schon Selbstverdauung eingetreten. Immerhin konnte ich in beiden Fällen feststellen, daß keine wesentlich verschiedenen Zustände hier vorlagen, wenn man von der Größe des Epithels absieht. Da beim Töten der Tiere durch Zerstörung des Gehirns und Rückenmarks eine sehr starke Reizung der Nerven eintritt, die sich natürlich auch auf die Drüse erstreckt, so sieht man auf Schnitten von derartig präpariertem Material nur sekretleere Zellen. Um diese im sekretvollen Zustand also in der Ruhe zu erhalten, tötete ich die Tiere durch Ersticken, und erhielt so das Gewünschte. Was nun den histologischen Bau anbetrifft, so haben wir es hier mit sehr einfachen Verhältnissen zu tun. Die Drüse besitzt ein aus- gesprochenes Zylinderepithel (Figg. 9 und 10); wenn man von den oben erwähnten plattenförmigen Zellen in den Organen junger Tiere absieht. Die Basis der Zelle sitzt auf einer im Verhältnis zur äußeren Haut und zum Gange feinen Basalmembran, Membrana propria. Die Zellen haben bei älteren Tieren eine Höhe von 50—60 u und eine Breite von 9—6 u. Ungefähr in der Mitte etwas gegen die Basis hin liegt der Kern, er hat eine ovale Form und zeigt das typische Verhalten der Kerne von Drüsenzellen. In der Mitte des Kerns, in einem ziemlich groben Gerüst von Chromatin liegt das Kernkörperchen. Letzteres ist stets in der Einzahl vorhanden. Die Oberfläche der Zelle wird von einem Cutieularsaum dargestellt, welcher manchmal gestrichelt erscheint. Hierin kann man noch eine nahe Beziehung zum Mundhöhlenepithel sehen. Außer dem Ken bemerkt man noch zwei verschiedene Stoffe im Zellleibe, einmal schon bei geringer Vergrößerung ins Auge fallende, dunkelbraune Körner, die ausschließlich ihre Lage zwischen Kern und Oberfläche der Zelle haben (Fig. 9) und dann, im ganzen Zellleibe zerstreut, Anhäufungen von kleinen Sekretkörnchen (Fig. 10). Was sind nun diese Körnchen, sind sie als Sekretkörnchen oder Tröpfehen vorhanden oder aber sind sie infolge des Einflusses der Konservierungsflüssigkeit entstanden? Die Frage, ob wir es in den Drüsenzellen in Betreff der Körnehen oder Tröpfehen mit Kunstprodukten zu tun haben, ist seit langem ein kritischer Streitpunkt. Der erste Forscher, der sich mit dem feineren Bau der Drüsen beschäftigte, war MALPIGHI, er war der erste, welcher einen Versuch machte, die Sekretion in den Drüsenzellen zu erklären, obwohl seine Annahme falsch ist, so ist es doch sein Ver- dienst, auf diese Frage hingewiesen zu haben. Der Hauptpunkt seiner Lehre war, daß die Drüsenacini in offener Kommunikation mit 122 Wilhelm Haack, den feinsten Arterienzweigen ständen. Mit Hilfe von Injektionen wiesen aber dann MascAacnı, HUSCHKE und WEBER nach, daß die Röhrchen alle blind geschlossen seien. Die Arbeiten von JOHANNES MÜLLER riefen eine neue Periode in der Lehre von den Drüsen ins Leben. Indem dieser Forscher sein Augenmerk auf die Drüsenwandung richtete, wies er darauf hin, in wie auffallender Beziehung das Drüsenepithel zum Epithel der Schleimhäute stehe. Die Zellen ließ er jedoch im Sekret entstehen. A. von KÖLLIKER zeigte dann, daß die Bläschen der Speichel- und Schleim-Drüsen von einem Epithel aus- gekleidet werden, »dessen Zellen von Fett und öfters auch von Pigmentkörnchen durchsetzt seien«. Von dieser Entdeekung KÖLLIKERS an, schenkte man den Körnchen mehr Beobachtung, wies sie in fast allen Zellen des tierischen Körpers nach und zeigte in einer Reihe von Untersuchungen, daß in den Körnern der Zellen der Ort zu sehen ist, wo das Sekret seinen Ursprung nimmt, namentlich entsteht es in den Granulis, die in der Umgebung des Kerns liegen. Was nun die weitere Sekretion anbetrifft, so möchte ich die Befunde SoLGeErs (23) anführen. Er sagt: »Das Sekretionsmaterial tritt zunächst in kleinen Tropfen oder Körnern auf, die in gewissen Reagentien sich fixieren lassen; indem mehrere dieser Vorstufen zu einem größeren Tropfen zusammenfließen, erleidet ihre Substanz eine Änderung, die an frischen Präparaten nicht, wohl aber am fixierten Objekt zu erkennen ist, sie löst sich in der fixierenden Flüssigkeit und so entsteht eine rundliche Lücke.« Die Körnchen sind also wirklich in der Zelle vorhanden und setzen das weiter unten zu besprechende Sekret zusammen. Ich wende mich jetzt zu den schon vorher erwähnten größeren dunkel- braunen Körnern. Es fiel mir auf, daß auf allen Schnitten, die von verschieden konserviertem Material angefertigt wurden, die Körner immer dasselbe Aussehen und dieselbe Lage besaßen, auch nahmen sie keine Färbung an; mit den verschiedenen Farbstoffen, die ich anwandte, wie Hämatoxylin, Orange-G., Säurefuchsin, Kongorot, Eosin, erzielte ich keine Wirkung. Immer zeigten die Körner dasselbe Aussehen, wie gesagt, dunkelbraun, sie sind .es auch, welche der Sekretflüssigkeit diese wohl nur für die Drüse der Petromyzonten charakteristische Farbe verleihen. Sie sind also als Pigmentschollen zu betrachten. Auf die feine Membrana propria folgt nach außen von der Drüse eine Bindegewebsschicht, die zum großen Teile aus elastischen Fasern besteht und in der zahlreiche Blutgefäße verlaufen. Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. 123 Ich wende mich nun zum Epithel des Drüsenganges (Fig. 11). Erinnert schon das Epithel der Drüse selbst an das Mundhöhlen- epithel, so tut dies in noch viel größerem Maße das Epithel des Ganges. Auf einer ziemlich derben Basalmembran ruhen hier die Zellen in Form von plattenartigen Gebilden. Das Epithel ist zwei- schichtig, die obere Zellschicht ist mehr polygonal, während die an- dre abgeplattet erscheint. Die Zellen haben durchweg eine Höhe von 5—T u. Der Form der Zellen entsprechend sind auch die Kerne gestaltet, während die unteren mehr länglich sind, haben die oberen eine mehr ovale Gestalt. Stets ist nur ein Kernkörperchen vorhan- den. Die Oberfläche der Zellen wird von einem feinen Cuticular- saum begrenzt, der auch gestrichelt und an seiner Oberfläche fein zackig erscheint. Der Inhalt der Zelle ist stark körnig, doch nimmt diese nicht an der Sekretion teil. Auf die Basalmembran folgen zwei bis drei Schichten von Binde- gewebe, hauptsächlich in Gestalt von elastischen Fasern. Auch hier habe ich keine glatte Muskulatur nachweisen können, sie fehlt also vollständig. Dies ist verständlich, wenn man bedenkt, wie die Drüse in der Muskulatur eingebettet liegt, wo jede Kontraktion des Muskels eine Bewegung der Drüsenflüssigkeit veranlaßt. Der Gang mündet, wie oben schon gezeigt, auf einer Papille Diese besteht aus drei Lappen, einem dorsalen, einem medialen und einem ventralen. Auf der Unterseite dieses ventralen Lappens, der der größte ist, befindet sich die Mündungsstelle des Ganges. Die ganze Papille besitzt im Verhältnis zur anliegenden Mundhöhlenepidermis ein aus zahlreichen Schichten zusammengesetztes Epithel. Der ventrale Lappen hat in dieser Beziehung das höchste Epithel. Sinneszellen kommen auch hier, wie in der ganzen Mundhöhle, nur äußerst selten vor. Nachdem ich die Drüsen der Petromyzonten untersucht hatte, war es naheliegend, auch die Myxinoiden hierauf hin zu untersuchen. Zu diesem Zwecke fertigte ich eine Serie von Querschnitten durch den Kopf an, es zeigte sich, daß eine Drüse nach Form derjenigen von Petromyzon nicht vorhanden sei. Betrachten wir jedoch den vorderen Teil des Darmtraetus von Myzxine, so finden wir, daß sich hier im Gegensatze zu Petromyzon zahlreiche einzelne Drüsen vor- finden. Es wird daher hier von Interesse sein auf diese Verhältnisse näher einzugehen. Die ersten Untersuchungen über die Histologie des Darmkanals, sowie überhaupt über Myxine machte JOHANNES MÜLLER, doch sagte er über den feineren Bau der Darmwindung nichts, LeyYpıgG sprach 124 Wilhelm Haack, dem Darm der Myxinoiden überhaupt die Drüsenzellen ab. Genaue- ren Aufschluß über diese Verhältnisse verdanken wir SCHREINER (33). In seiner Arbeit: »Zur Histologie des Darmkanals bei Myxine gluti- nosa« p. D sagt er: »Der Digestionskanal verläuft bei Myxine in einer fast geraden Linie von der Mundöffnung bis zur Kloake. Er zerfällt nach seinem anatomischen Bau in vier Abteilungen: 1) die Mundhöhle, 2) die Speiseröhre, 3) den eigentlichen Darm, 4) den ektodermalen After mit der Kloake. Das Epithel der Mundhöhle ist mehrschichtig, das Protoplasma der obersten Zellenreihen wird von Schleimfarben gefärbt. Die basalen Zellen sind klein, polygonal, zwischen ihnen kommen größere Schleimzellen vor, die den Schleimzellen in der Epidermis ganz ähnlich sind, Körnerzellen kommen dagegen nicht vor. Das Epithel der Mundhöhle geht hinter der Öffnung zum Nasen- gaumengang in Höhe mit dem vordersten Teil des Schlundsegels über in das Epithel der Speiseröhre.< Diese Resultate über das Mund- höhlenepithel kann ich bestätigen, ich möchte nur noch hinzufügen, daß die polygonalen Zellen aus zwei Arten von Zellen bestehen. Diese unterscheiden sich namentlich durch die Form ihrer Kerne. Die einen zeigen das typische Verhalten eines Kerns mit einem Kernkörperchen, während die andern einen sichelförmigen kompakt erscheinenden Kern besitzen. Die Gestalt dieser Zellen ist nicht polygonal, sondern becherförmig. Ich halte sie für Becherzellen, also Schleimzellen, wie man sie vielfach findet. SCHREINER sagt dann weiter: »Die Speiseröhre ist der dünnwandige Teil des Digestions- kanals, der sich bis zur Cardia hinab erstreckt. Die weiße, innere Oberfläche der Speiseröhre ist der Länge nach gefaltet, Querfalten sind nicht vorhanden. Das Epithel der Schleimhaut besteht aus vier Zellarten, einem indifferenten mehrschichtigen Basalepithel, den Schleimzellen und den Körnerzellen.« Diese letzteren kommen hier wesentlich in Betracht. Auch ich habe gefunden, daß in dem von SCHREINER als Speiseröhre bezeich- neten Abschnitt nur Längsfalten vorhanden sind, nie Querfalten. Die Speiseröhre stellt von der Spitze an bis zum Beginn der Kiemen, dieser Teil entspricht bei Petromyxon dem Schlunde, ein sich all- mählich verengerndes Rohr dar. Die Längsfalten, die im Anfang sehr hoch sind, nehmen allmählich ab, ebenso wird das Epithel niedriger. In diesen Falten nun, etwa von der Mitte an, liegen vorzugsweise ventral, namentlich am Grunde derselben, die Körnerzellen. Nach SCHREINER stimmen diese Zellen im Bau ganz mit den entsprecher- den Gebilden der Epidermis überein. Von diesen sagt er, daß sie > ge Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. | 125 ihren Namen eigentlich mit Unrecht führen, da ihr Inhalt nicht aus Körnern, sondern aus fein zusammengefalteten Drähten bestehe. Ob es wirklich Drähte sind, kann ich nicht bestätigen, da ich nur konser- viertes Material zur Verfügung hatte. Darauf möchte ich aber hin- weisen, daß es keineswegs ein einziger zusammengefalteter Faden ist, sondern daß der Inhalt der Zelle aus zahlreichen kleinen Fäd- chen besteht. Auch darf man sie nicht als ähnliche Gebilde betrach- ten, wie die für die Myxinoiden charakteristischen Schleimsäckchen. Die Lage der Körnerzellen, namentlich der Umstand, daß sie nach der Cardia zu verschwinden, macht es wahrscheinlich, daß sie ähn- liche Gebilde sind, wie die Drüsenzellen im Ösophagus von Ammo- coetes, auf die ich gleich näher eingehen werde. Ob auch bei den außereuropäischen Formen der Üyclostomen, Geotria, Velasia und Mordacıo, Mundhöhlendrüsen sich vorfinden, habe ich nicht feststellen können, da mir kein Material zur Verfügung stand, und auch über die Verhältnisse des Verdauungstraetus nichts ' Näheres bekannt ist. Digestionskanal. Wenn ich etwas näher auf die histologischen Verhältnisse des Digestionskanals eingehe, namentlich des vorderen Teils desselben, so geschieht dies hauptsächlich infolge der merkwürdigen Drüsen- komplexe im Kiemendarm von Petromyzon und im Ösophagus von Ammocoetes. Die Histologie des Darmkanals ist vielfach untersucht und genau beschrieben worden, so daß ich mich hauptsächlich auf die Resultate der Autoren beziehen kann. Wie bekannt, besteht der Darmtractus von Petromyzon aus fünf Abteilungen, der Mundhöhle, dem Pharynx, dem Schlunde, dem Darm und dem Afterdarm. Wenden wir uns zum Mundhöhlenepithel; die Barteln, sowie die Hornzähne lasse ich außer Betracht, da sie nicht in den Bereich dieser Untersuchungen ge- hören. Die Epidermis besteht aus vielen Schichten, die wie die der Haut angeordnet sind. Auf der Basalmembran ruhen cylinderförmige Zellen, während die oberen Schichten sich immer mehr polygonal gestalten, bis sie in einer ziemlich derben Cuticula endigen. Jede Zelle der obersten Lage scheidet ihre Cutieula aus, die sehr schwach gestrichelt erscheint, die Andeutung einer ehemaligen Bewimperung. Die für die äußere Haut charakteristischen Zellen, die Körner-, Schleim- und Keulenzellen sind hier nicht vorhanden, ebenso fehlt die Pigmentschicht. Charakteristisch ist jedoch die Gestalt der Kerne 126 Wilhelm Haack, in den verschiedenen Zellschichten (Fig. 12). Während diejenigen der unteren Schichten das gewöhnliche Aussehen zeigen, haben die Kerne der oberen sichelförmig angeordnetes, kompaktes Chromatin, sie fär- ben sich mit Schleimfarben, außerdem sieht man auf dem Cutieular- saum ein feines schleimartiges Gerinnsel liegen. Diese Zellen vertreten also die Stelle von Schleimzellen. Sinneszellen habe ich nur äußerst selten getroffen, ich kann die Annahme von Vogt und Yunxe (20), daß sie sich häufiger in der Mundhöhle als auf der äußeren Haut vorfinden, nicht bestätigen. Auf die Mundhöhle folgt der Pharynx, dieser erstreckt sich vom Vorderende des Zungenstempels bis zur Orbitalregion. Es ist ein enger Kanal, der sich hart an die Schädelbasis anlegt. Nach LAxGEr- HANS (14), Vogr und Yung (20) ist der Kanal von einem zweischich- tigen Epithel ausgekleidet, bei Petromyxon Planeri ist dies der Fall, bei Petromyxon fluviatilis jedoch habe ich dies nicht feststellen können, sondern ich sah immer, daß ein mehrschichtiges Epithel (Fig. 13) vorhanden ist. Die Zellen sind am Grunde wieder eylin- drisch und nach oben hin abgeplattet, ihre Kerne jedoch zeigen immer denselben Bau, niemals den der oberen Schichten der Mund- höhle, der Cuticularsaum der Zellen ist hier deutlich gestrichelt. Sinneszellen treten auch nur sehr wenig auf. An seinem hinteren Ende mündet der Pharynx in zwei Hohl- gänge, den dorsal verlaufenden Ösophagus und den darunter liegen- den Wassergang. Der Ösophagus bildet sich, wie NESTLER (19) nachgewiesen hat, an der dorsalen Leiste des Kiemendarmes von Ammocoetes als ein massiger Wulst. Der Schlund stellt einen engen Kanal dar, welcher im Innern Längsfalten zeigt, das Epithel besteht aus Cylinderzellen, die keine Wimpern tragen. Der Wassergang entspricht dem ventralen Teile des Ösophagus von Ammocoetes, ich muß daher auch auf diese Verhältnisse näher eingehen. RATHKE (2, 3), SCHNEIDER (11) und LANGERHANS (14) geben eine ausführliche Beschreibung des Darmtractus, der ich nichts hinzu- fügen kann. Der vordere Teil des Digestionskanals besteht aus Mund-, Rachen- und Kiemenhöhle. Letztere zeigt ein interessantes Verhalten, insofern als sich hier namentlich an der dorsalen Wand und am Grunde der Kiemenblätter jene eigentümlichen Drüsenbil- dungen vorfinden, die ich oben schon erwähnt habe. Diese Organe wurden zuerst von NESTLER (19) und Arcock (25, 26) beschrieben. Vor diesen Forschern entdeckte F. E. ScHuLzE (17) gleiche Gebilde in der Gaumenschleimhaut von Batrachierlarven. Um die Drüsen Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. 127 von Petromyxon und Ammocoetes mit diesen Gebilden vergleichen zu können, will ich kurz die Resultate SCHULZES rekapitulieren. Über die Lage sagt der Forscher folgendes: »Einen gänzlich an- dern Charakter nimmt nun aber das Epithel in jener halbmond- förmigen . hinteren Region des Rachenhöhlendaches an, welches ich als Hinterfeld bezeichnet habe, und welches sich schon für das un- bewaffnete Auge durch den Mangel der Papillen, eine mehr gelblich- sraue Farbe, sowie die feinpunktierte Oberflächenbeschaffenheit ihrer konkaven vorderen Randpartie scharf von der vorliegenden Gegend abhebt. « »Zu meinem Erstaunen fand ich hier in dem plötzlich auf das vierfache und mehr erhöhten Epithel ein reich entwickeltes System mehrzelliger Drüsen, welche von allen sonst bei Wirbeltieren bekann- ten mehrzellisen Drüsen dadurch wesentlich abweichen, daß sie nicht in die bindegewebige Grundlage eingebettet, sondern durchaus auf das Epithel beschränkt sind, ein Verhalten, welches bisher nur bei Wirbellosen oder von isoliert stehenden einzelligen Drüsen, wie den Becherzellen der Wirbeltiere, bekannt war.< Die histologischen Be- funde, die auch ich an Präparaten, die der Sammlung des Herrn Professor Dr. BLOCHMANN entstammen, bestätigen kann, sind folgende: Die Drüsenkomplexe haben die Gestalt einer Birne, die den Drüsen- körper bildenden Elemente sind Prismen, welche sich an ihrem oberen Ende verjüngen. Im unteren Drittel der Zelle liegt der Kern. Über die Wandung der Zelle sagt SCHULZE: »während sich an dem basa- len und mittleren Teile des Zellenleibes keine deutliche, d. h. auch gegen den Zellinhalt scharf abgesetzte Membran wahrnehmen läßt, erscheint an dem ziemlich scharf abgesetzten äußeren Drittel eine doppelt konturirte, röhrenförmige Membran sehr deutlich ausgebildet, welche, abgesehen von dem gänzlichen Fehlen der Ausbauchung, einigermaßen an den von mir früher als Theca bezeichneten Endteil der Becherzellen erinnert, und daher auch hier mit dem gleichen Namen bezeichnet werden mag«. Die Zellen haben eine Breite von 3—5 u, ihre Höhe wechselt. »Diese sogearteten Drüsen befinden sich nun in verschiedener Größe und Reichliehkeit in dem ganzen vorde- ren Randteil des halbmondförmigen Hinterfeldes. Sie bilden hier eine dieht hinter dem Anheftungsgelenke des Ceratohyoids jederseits beginnende und medianwärts bis zum Ösophaguseingang reichende 2 mm breite Zone, welche durch stärkere Aufwulstung und feine Punktierung sich mit einer schon für das unbewaffnete Auge leicht 128 Wilhelm Haack, erkennbaren Grenze besonders scharf gegen die davor gelegene Partie des Rachenhöhlendaches absetzt.« Ganz ähnliche Organe finden sich nun im Kiemendarm resp. im Ösophagus von Petromyxon und Ammocoetes. Bei letzteren ist wohl die Ähnlichkeit am weitesten durchgeführt. NESTLER und ALcock beschreiben diese Zellen von Ammocoetes unabhängig voneinander, das Verdienst, auf die Ähnlichkeit jener Drüsen mit den Scuurze- schen Organen hingewiesen zu haben, gebührt S. Mayer (21). Nach ihm erwähnt sie SCHAFFER (22), welcher uns zugleich eine genaue Darstellung des Epithels des Kiemendarmes gibt. Auf die näheren Verhältnisse dieses Darmabschnittes gehe ich nicht ein, sondern will sofort den Bau der Drüsen näher erörtern. Die äußere Kiemenöffnung führt in eine Rinne, die ihrerseits in die Vorkammer der Kiementasche übergeht. Am Rande der Öffnung wandelt sich das Epithel der äußeren Haut allmählich in ein Platten- epithel um. Dorsal und ventral in der Vorkammer wird das Epithel wieder höher, und es zeigen sich unter den andern Zellen Drüsen- zellen von prismatischer Gestalt. Diese Zellen treten an der latera- len Wand, wie SCHAFFER zeigt, einzeln auf, mehren sich jedoch bald und bilden eigentümliche Gruppen. Solche Gruppen findet man in der Vorkammer, an der Basis der Kiemenblätter und an der dorsalen Wand des Ösophagus. Zwischen je zwei Drüsenknospen, die in der Regel aus sechs, manchmal auch mehr Zellen zusammengesetzt sind, schieben sich Zellen ein, welche den Deckzellen angehören und bil- den so gleichsam eine Scheidewand zwischen den einzelnen Drüsen- organen. Wie bei Pelobates fuscus neigen sich die Zellen gegen- einander, und die Oberfläche hat die Form eines flachen Tellers. Die Drüsen im Kiemendarm von Petromyzxon verhalten sich in manchen Teilen anders. Während man bei Amsnocoetes nur in dem Gang, der zur Kiemen- tasche führt, einzellige Drüsen findet, im übrigen aber immer jene zusammenhängenden Komplexe sieht, kommen bei Petromyzon am Grunde der Kiemenblätter alle Übergangsformen in betreff der Zahl der zusammenstehenden Zellen vor. Man kann einzellige Drüsen beob- achten, und Komplexe, die aus zwei, drei und mehreren Zellen be- stehen, ich zählte bis zu acht (Fig. 14, 15, 16). Auch im Bau sind die Zellen sehr verschieden, namentlich der Kern zeigt ein gerade entgegengesetztes Verhalten. Während der Kern bei den Drüsen von Ammocoetes vollständig kompakt erscheint und keine Sonderung in Chromatinfäden und Kernkörperchen erkennen läßt, wie dies bei den Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. | 129 umliegenden Deckzellen der Fall ist, so sieht man in den Drüsen- zellen von Petromyzon einen Kern, der im Gegensatze zu dem der benachbarten Zellen heller erscheint. Der Hauptunterschied aber liegt darin, daß die Zellen von Ammocoetes nach der Sekretion be- stehen bleiben, während die von Petromyzon zerfallen. . Man sieht nämlich, wenn eine Drüsenzelle sich entleert, daß in der Umgebung des Kerns ein heller Hof entsteht, dieser wird immer größer, bis zuletzt der ganze Inhalt nach außen getreten ist. Daß hier wirklich eine stetige Erneuerung der Zellen vor sich geht, dafür spricht, daß man in den umliesenden Zellen solche findet, die sich zu Drüsen- zellen umwandeln, ferner kann man oft Mitosen am Grunde des Epithels wahrnehmen. Eine wichtige Bedeutung wurde diesen Drüsen von Petromyzon, Ammocoetes und Pelobates fuscus zu teil, indem S. Mayer (21) sie als Belege für die von LeypıG begründete Lehre, daß die Sinnes- knospen phylogenetisch aus Drüsenzellen hervorgegangen seien, ge- ‚brauchte. Leyvig hat es oft versucht, die Sinnesknospen, wie sie namentlich in den Seitenkanälen der Fische vorkommen, die Sinnes- organe des sechsten Sinnes, wie der Forscher sie nennt, in bezug auf die Drüsen zu bringen, ohne jedoch ein befriedigendes Resultat zu erhalten. S. MAyER nun suchte diese Theorie durch die eigentüm- lichen Gebilde von Ammocoetes, Petromyzon und Pelobates weiter auszubauen, indem er diese intraepithelialen Drüsen als die Vorläufer der knospenartigen Geschmacks- und Sinnesorgane ansieht. SCHAFFER nun weist nach, daß diese beiden Arten von Organen nichts mit- einander zu tun haben, daß sie nicht auseinander hervorgegangen sind. Diese Ansicht von SCHAFFER wird auch jetzt wohl allgemein anerkannt. Physiologische Untersuchungen. Der zweite Teil meiner Arbeit wird sich auf die physiolog- chemische Bedeutung dieser Drüsen erstrecken. Um die Physiologie dieser Drüsen zu erkennen, stellte ich zwei verschiedene Reihen von Versuchen an. Die erste diente dazu, den sauren oder basischen Charakter festzustellen, die zweite waren Verdauungsversuche. Indem ich auf die Drüsenflüssigkeit die Reaktion mit Lackmuß- papier anstellte, fand ich, daß das Sekret einen schwach sauren Charakter zeigte. Die Verdauungsversuche führte ich analog den Versuchen mit den Drüsensekreten höherer Wirbeltiere aus, indem Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. | 9 130 Wilhelm Haack, ich das Ferment der Drüsen mit Glyzerin, Salzsäure 4%,,, oder 10°, Sodalösung auszog. Nachdem ich mich überzeugt hatte, daß auch bei gewöhnlicher Temperatur eine Verdauung eintrat, führte ich die Versuche im Wasserbade von konstanter Temperatur (28°30° aus. Es geschah dies, um die geringe Menge des Fermentes, welches ich aus den relativ kleinen Drüsen nur erhalten konnte, wirksamer zu machen. Angeregt durch die Versuche von ALcock bei Ammocoetes, stellte ich noch solche mit den Fermenten der Drüsen des Kiemendarms und des Darms, sowie der äußeren Haut von Petromyxon fluviatilis an. Ferner wurde auch der Kontrolle halber ein solcher Versuch mit Muskelfleisch gemacht, welcher jedoch, wie von vornherein auch anzunehmen war, resultatlos verlief, d. h. keine verdauende Wirkung zeigte. Wie oben in der Besprechung der Literatur schon erwähnt wurde, haben fast alle Forscher die Drüse für eine wirkliche Speicheldrüse angesehen, nur ELLENBERGER und HoFMEISTER (15) bezeichnen sie als Schleimdrüsen. Bei den mikroskopischen Bildern der Drüse fiel es mir auf, daß sich die Zellen nicht wie die Schleimzellen z. B. der äußeren Haut färbten. Um hierüber genauer Aufschluß zu erhalten, wandte ich die spezifisch Schleim, also Muein, färbenden Farbstoffe, wie Thionin und Methylenblau an, jedoch ohne Erfolg. Die Drüse ist also keine Schleimdrüse. Da die Mundhöhle und der Ösophagus, wie ich im morphologischen Teil meiner Arbeit gezeigt habe, der Drüsen vollständig entbehren, so kam ich auf den Gedanken, daß man es hier mit einer Eiweiß verdauenden Drüse zu tun habe. Zu diesem Zwecke stellte ich die physiologischen Versuche an, welche im Reagenzrohr ausgeführt wurden. Dieselben hatten bei dem mit Salzsäure ausgezogenen Ferment den gewünschten Erfolg, das Eiweiß wurde verdaut. Der Kontrolle halber wurden Versuche mit Salzsäure und Fibrin im Bade ausgeführt, um die Einwirkung von Salzsäure auf Fibrin zu zeigen. Das Resultat jedoch war von den ersten Ver- suchen grundverschieden. Die basische Lösung, sowohl wie die auf ein diastatisches Ferment prüfenden Versuche zeigten nichts. Ich habe also weder ein diastatisches noch ein dem Pankreas ähnliches Ferment nachweisen können. Hieraus geht hervor, daß die Drüse eine reine Eiweißdrüse ist, ihr Ferment hat also einen pepsinartigen Charakter. Dies Ferment entsteht voraussichtlich aus dem feinkörnigen Material, welches im ganzen Zellleibe liegt und manchmal die Bildung Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. 131 von Sekrethäufchen zeigt. Die Körner, welche das Volumen der Zelle zwischen Kern und Oberfläche ausfüllen und einen kristalloiden Charakter zeigen, sind, wie oben schon erwähnt, Pigmentschollen, daß ihnen jedoch nur die Bedeutung beizulegen ist, dem Drüsensekrete die Farbe zu verleihen, glaube ich nicht, was jedoch dieses Sekret vorstellt habe ich nicht nachweisen können. Ich dachte zunächst, auch wegen der Mündung der Drüse, an Gift. Um die Wirkung auf ‚lebende Organismen zu sehen, injizierte ich mit der in Wasser extra- hierten Drüsenflüssigkeit die Lymphherzen von Fröschen. Die Tiere verhielten sich jedoch ganz ruhig, die Injektion belästigte sie nicht im geringsten. Hieraus geht hervor, daß das Sekret nicht giftig ist. Von Interesse ist es auch, zu sehen, daß in einem Zellleibe beide Arten von Sekret entstehen, zwar nicht gleichzeitig, sondern während die eine Zelle dies Ferment bereitet, stellt die andre jenes dar, während in den Drüsen höherer Wirbeltiere, die ein zweifaches Ferment absondern, auch zwei Arten von Zellen sich vorfinden. Die zweite Reihe meiner physiologischen Verdauungs-Versuche bezieht sich auf die Drüsen im Kiemendarm von Petromyzon. Die- selben Versuche stellte Arcock mit dem Ösophagus von Ammo- coetes an. Der erste Forscher, der sich über die Herkunft und die Be- schaffenheit des Sekretes des Kiemendarmes von Petromyzon und des Ösophagus von Ammocoetes äußert, ist NESTLER, jedoch läßt er es unentschieden, ob der Schleim das Sekret dieser Drüsen darstelle, oder ob er einer allmählichen, oberflächlichen Zerstörung der ge- samten Oberhaut seinen Ursprung verdankt. Arcock nahm infolge ihrer physiologischen Versuche, durch welche sie nachwies, daß ein pepsinartiges Ferment im Ösophagus von Ammocoetes vorhanden sei, diese Drüsen als Eiweißdrüsen in Anspruch. SCHAFFER (22) dagegen bezeichnet sie als Schleimdrüsen, er sagt: »Darüber kann jedoch kein Zweifel sein, daß es sich um typische regelmäßig secernierende Schleimzellen handelt, welche in ihrer reichlichen Entwicklung eine eminente Schutzeinrichtung für die Kiemenhöhle bilden, indem sie eine schützende Schleimhülle für die Schleimhaut liefern. « Diese beiden Annahmen, daß es sich um Eiweißdrüsen und um Schleimdrüsen handele, können mit Recht bestehen bleiben. Es fiel mir nämlich auf, daß an einigen Stellen, namentlich am Grunde der Kiemenblätter, die Drüsen mit Hämatoxylin sich blau färbten, während sie an der dorsalen Wand des Kiemendarmes, namentlich am Anfang desselben, sowie in den Vorkammern ÖOrange-G. aufnehmen. Zunächst 9* 152 Wilhelm Haack, dachte ich an einen Zufall, aber mit Hilfe der spezifischen Schleim- farben, wie Thionin und Methylenblau, erhielt ich dieselben Resultate. Hieraus geht hervor, daB wir in diesen Drüsen zwei verschiedene Abteilungen unterscheiden müssen, diejenigen, welche wie Miss ALCOcK gezeigt hat, der Verdauung dienen, und diejenigen, welche den Schleimüberzug über die Kiemen bilden. Im histologischen Bau ist kein auf den ersten Blick wesentlicher Unterschied zwischen diesen beiden Arten vorhanden. Nur in ihrer Protoplasmastruktur ist eine Verschiedenheit zu bemerken. Die Schleim bereitenden Zellen zeigen einen grobwabigen Bau, wie auch aus den Abbildungen von SCHAFFER zu ersehen ist. Die andern Zellen nun, die ich diesen als »Körner- zellen« gegenüberstellen möchte, zeigen einen mehr kompakteren, aus einzelnen, diekeren Fädchen bestehenden Zellinhal. Was nun die Verbreitung dieser Drüsen anbetrifft, so sind erstere namentlich am Grunde der oberen Kiemenblättehen zu beobachten, sie erfüllen hier ihren Zweck, indem sie die Oberfläche mit Schleim bedecken. Die andern Zellen kommen hauptsächlich am Anfange des Ösophagus in der dorsalen Wand desselben vor und haben hier die Bedeutung, die ihnen Atcock beilegt. Einen Übergang dieser beiden Arten von Drüsenkomplexen habe ich nicht konstatieren können, ich sah immer, daß ein Drüsenkomplex Schleim absonderte, während die andre Art das pepsinartige Ferment lieferte, niemals jedoch, daß in dem- selben Drüsenorgan beide Sekrete sich vorfanden. Ebenso fand ich, daß die oben geschilderte Lage dieser beiden Arten von Drüsen kon- stant ist. Was nun das Sekret der Drüsen im Kiemendarm von Petromy- xon anbetrifft, so beschreibt es NESTLER als Schleim. Mit Hilfe von Thionin und Methylenblau konnte ich jedoch feststellen, daß diese Drüsen kein schleimartiges Sekret absondern. Durch physio- _ logische Versuche nun konnte ich nachweisen, daß ein pepsinartiges Sekret vorhanden ist, wir haben es hier also auch mit Eiweißdrüsen zu tun. Die weiteren physiologischen Versuche, die ich, wie ALcock bei Ammocoetes, mit den Drüsenfermenten der verschiedenen Darmab- schnitte von Petromyxon anstellte, zeigten, daß auch hier ein pepsin- artiges Ferment sehr verbreitet ist, und zwar in demselben Maße wie bei Ammocoetes. Auch hier sondert der Kiemendarm, die Leber, der Mittel- und Enddarm vorzugsweise ein solches Sekret ab. Zwar nicht in derselben Masse, sondern ich sah, daß die Leber das stärkste pepsinhaltige Ferment lieferte, ihr folgt der Kiemendarm und die Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. | 133 Mundhöhlendrüsen, alsdann der Mitteldarm, der Enddarm schließlich zeigt kaum eine Spur dieses Fermentes. Hieraus sehen wir, daß das pepsinartige Ferment bei den Petromyzonten nicht auf jene Lokali- täten, die es bei höheren Wirbeltieren einnimmt, beschränkt ist. Hieran anschließend, möchte ich noch mitteilen, daß ALcock mit den Fermenten der Drüsen der äußeren Haut physiologische Versuche an- stellte, die ergaben, daß auch hier ein pepsinartiges Ferment vor- handen ist. Da es von Interesse war, zu sehen, ob bei Peiromyzon die gleichen Verhältnisse vorlagen, stellte auch ich solche Versuche an und erhielt dieselben Resultate. Um zu sehen, ob auch bei Fischen ein derartiges Ferment in der äußeren Haut sich vorfinde, machte ich die gleichen Versuche mit der Haut und der Mundschleimhaut von Barbus fluvvatılis, jedoch fand ich hier nichts Ähnliches. Ob bei andern Fischen ähnliche Verhältnisse vorliegen, müssen weitere physio- logische Versuche aufklären. In folgendem will ich die Entstehung der Drüse zu erklären ver- suchen. Da in der Drüsenbildung der Mundhöhle ein steter Wechsel stattfand, so ist es für viele Drüsen nicht möglich, ihre Entstehungs- geschichte durch die Reihe der Wirbeltiere zu verfolgen. Dieses gilt auch für die Drüsen der Petromyzonten. Betrachten wir nun die Fische, so fehlen ihnen, wie schon in der Einleitung erwähnt, mehrzellige zusammenhängende Mundhöhlen- drüsen, was die Drüsen, die in einer ventralen Rinne der Mundhöhle von Muraena liegen, vorstellen, müssen weitere Untersuchungen klarlegen. Aber nicht nur den Fischen. ist der Mangel an Mundhöhlendrüsen in Gestalt mehrzelliger zusammengesetzter Organe eigentümlich, sondern sämtliche Wirbeltiere, die ihre Nahrung im Wasser auf- nehmen, zeigen ein ähnliches Verhalten. So sehen wir, daß bei den Amphibien die Mundhöhlendrüsen erst bei der Metamorphose, also beim Übergange zum Landleben auftreten. Bei den Reptilien weist HOFFMANN nach, daß bei den Seeschildkröten keine zusammengesetzten Mundhöhlendrüsen vorhanden sind, wohl aber bei den Landschildkröten. Ebenfalls sehen wir bei den Vögeln, daß wenn sie ihre Nahrung vorzugsweise im Wasser aufnehmen, die Mundhöhlendrüsen rudimentär werden, so z. B. bei verschiedenen Arten der Anseres. Bei den Säuge- tieren finden wir etwas Ähnliches in der Gruppe der Cetaceen. Es ist daher merkwürdig, daß wir bei den Petromyzonten, die doch durch- aus Wassertiere sind, so wohlentwickelte Mundhöhlendrüsen finden. Ziehen wir jedoch die Lebensweise der Tiere hinzu, so ist dies 134 Wilhelm Haack, vielleicht verständlich. Wie bekannt saugen sich die Petromyzonten an, entweder an ihre Nahrung oder aber in der Ruhe an Steine, Holz usw. Der Strom des Atemwassers geht durch die Kiemenspalten hinein und heraus, das Wasser kommt also mit der Mundhöhle selten, nur bei der Vorwärtsbewegung der Tiere in Berührung. Infolgedessen ist: der Schlund der Petromyzonten bei der Nahrungsaufnahme in demselben Zustand, wie derjenige, der auf dem Lande lebenden Tiere. Dieselben Verhältnisse, die bei letzteren die Bildung von Drüsen in der Mund- region veranlaßten, können auch hier in Betracht gekommen sein. Das Sekret einer größeren Drüse kann in der Mundhöhle der Petro- myzonten eine Wirkung ausüben, es kann verdauend auf die Nahrung einwirken, während bei den übrigen Fischen, die ihre Nahrung zu- gleich mit dem Atemwasser aufnehmen, das verhältnismäßig wenige Sekret in dem Wasser so verdünnt würde, daß eine Wirkung des- selben vollständig ausgeschlossen sein würde. Diesen Drüsen kommt jedoch nicht nur die Funktion zu, welche dieselben bei landlebenden Tieren besitzen, die Verdauung einzuleiten, sondern eine andre, sehr wichtige Funktion besteht darin, die Zähne zu unterstützen. Hierfür spricht, daß die Drüse an der Basis eines Zahnes ausmündet und es in der Gewalt des Tieres liegt, die Drüsenflüssigkeit auszustoßen. Vergleicht man ferner die Zähne der Myxinoiden mit denen der ’Petromyzonten, so findet man, daß die der ersteren bedeutend schärfer und in größerer Anzahl vorhanden sind. Die Lebensweise der Tiere ist jedoch dieselbe, beide Tierarten vermögen ihre Opfer schnell ab- zunagen. Auch hieraus geht hervor, daß die Drüse jene oben an- geführte Beziehung zu den Zähnen hat. Zu den Speicheldrüsen sind diese Gebilde nicht zu rechnen. Obwohl HÜFnEr und andre Forscher in neuerer Zeit gezeigt haben, daß sich in den Speicheldrüsen Spuren von Eiweiß nachweisen lassen, so zeigen doch die Mundhöhlendrüsen der Petromyzonten einen von diesen Drüsen ganz verschiedenen Bau, ferner läßt sich kein diasta- tisches Ferment nachweisen, auch reagieren diese Drüsen schwach sauer im Gegensatz zu den Speicheldrüsen, welche schwach alka- lisch sind. | Ob die Drüsen »die Körnerzellen« der Myxinoiden, die ich oben erwähnt habe und die den einzelligen Drüsen im Kiemendarm von Petromyzon ähnlich sind, eine gleiche Bedeutung wie die Drüsen im Ösophagus von Ammocoetes haben, konnte ich nicht feststellen, da es hierzu physiologischer Versuche bedarf. Es ist aber höchst wahr- scheinlich, daß ihnen die gleiche Funktion zukommt. Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. 135 Das Vorkommen von mehrzelligen komplizierten Drüsenbildungen, die mit der äußeren Haut in direkter Beziehung stehen, ist, wie schon oben erwähnt, bei Fischen ein sehr beschränktes. Ich will daher kurz am Schluß meiner Arbeit jene wenigen Fälle noch anführen und einige Untersuchungen, die ich über dieselben anstellte, hinzufügen. Bei den Myxinoiden finden wir eigentümliche drüsenartige Gebilde in der Seitenlinie des Tieres, in jedem Myomer befindet sich ein solcher »Schleimsack«, welche im stande sind, den ganzen Körper des Tieres mit Schleim zu überziehen, und so eine Schutzeinrichtung darstellen. Diese Drüsen bilden kleine Schläuche, welche mit je einer Öffnung nach außen münden. Die Mündung wird von der Epidermis der Haut ausgekleidet, das Epithel des Drüsensacks weist zwei Arten von Zellen auf. Große Zellen, welche kein drüsenähn- liches Aussehen haben und kleinere, welche einen dieht zusammen- seknäuelten Faden enthalten, aus welchen das schleimartige Sekret zusammengesetzt ist. Ferner gehören hierher jene drüsenartigen Organe in der Schnau- zenregion von Chimaera monstrosa. Diese Gebilde jedoch sind noch unbekannt. Ich konnte leider diese Untersuchungen nicht zu Ende führen, da mir nicht gut konserviertes Material zur Verfügung stand. Hoffe aber in nächster Zeit auch einiges hierüber veröffentlichen zu können. Alsdann kommen hier noch jene Drüsen in Betracht, die sich an den im Dienste der Geschlechtsorgane umgebildeten Flossen der Männchen der Selachier befinden. Für die Untersuchungen dieser Gebilde verwandte ich Acanthias vulgaris, Raja clavata, Raja batıs. Die Organe waren teils in Subli- mat-Essigsäure, teils in Formol konserviert, doch war für genauere histologische Untersuchungen nur das erstere zu gebrauchen. Ich kann mich hier, da es nicht in den Rahmen der Arbeit passen würde, auf die Anatomie des Skelettes der hinteren Flossen nicht einlassen, sondern verweise in dieser Beziehung auf die Arbeiten von PETRI (30) und JUNGERSEN (31, 32). Der histologische Bau dieser Drüsen unterscheidet sich nach meinen Untersuchungen nach zwei Richtungen. Bei Acanthias und Seyllium finden wir ein Konglomerat von einzelligen Drüsen, welche alle gemeinsam in einen großen Hohlraum münden. Es erinnern diese Verhältnisse an diejenigen, welche wir oben bei den Mundhöhlendrüsen der Petromyzonten vorfanden, einen Drüsensack, dessen inneres Epithel fast ausschließlich von einzelligen Drüsen gebildet wird. Bei den 136 Wilhelm Haack, Rajıdae dagegen zeigen sich wohlausgebildete zusammengesetzte tubulöse Drüsen. Acanthias und Scyllium. Was die Lage der Drüsen anbetrifft, kann ich die Ergebnisse von PETRI bei Acanthias bestätigen (Fig. 17). Auf der lateral-dorsalen Seite des Pterygopodiums befindet sich eine Rinne, hervorgerufen durch die Muskulatur und ausgekleidet von der Epidermis, welche hier wieder Epithel zeigt und keine Placoidschuppen, wie sonst. Dieselbe steigt an ihrem Ende etwas abwärts und mündet hier in einen Drüsensack. Derselbe ist zunächst eng und röhrenförmig, er- weitert sich allmählich und zieht direkt unter der Epidermis der ventralen Seite des Pterygopodiums bis an den Beckengürtel hin, wo er blind endigt. Die Drüsen der beiden Flossen stoßen hier bei ausgewachsenen Exemplaren aneinander, ein Verhalten, wie es PETkt nur bei Scyllium vorfand. Die Länge der Drüsen ist nicht konstant, sondern richtet sich wahrscheinlich nach dem Alter des Tieres, d. h. ob es ausgewachsen oder nicht. Während PETRI eine Länge von 4cm und eine Breite von 0,9 em fand, hatten die Drüsen meiner Exemplare 5—6 sogar über 6 cm Länge und 1—2 cm Breite. Die Lagebeziehungen bei Scyllium sind ähnlich, doch muß ich hier ganz auf die Arbeit von PETRI verweisen, der folgendes darüber sagt: »Als Ausführungsgänge der Drüse dienen eine innere geschlossene Röhre, welche von drei Knorpelstäben gebildet wird, und eine durch eine breite Hautfalte gebildete äußere Rinne, welche vermittelst eines vorn über der Öffnung der inneren Röhre befindlichen Loches mit dem Drüsenschlauch kommuniziert.< »Dieser äußere aus Weichteilen gebildete Kanal und die innere knöcherne Rinne teilen sich in das Geschäft der Ausfuhr des Drüsensekretes.« »Die Glandula pterygo- podii stellt wie bei Acanthias einen einfachen muskulösen Schlauch dar, der unmittelbar unter der Haut auf der ventralen Fläche der Flosse aufliegt und eingebettet ist in losem blutgefäßreichem, subeu- tanem Bindegewebe, welches zugleich als Bindemittel zur Befestigung der Drüse in ihrer Lage dient. Die Drüse erstreckt sich bei den Scyllien noch weiter über den Beckengürtel hinaus als bei Acanthras, und besitzt eine Länge von ungefähr 7 em bei Seyllium catulus und von 3,2 cm bei Seyllium canicula. Die Drüsen beider Pterygopodien sind in der Medianebene oberflächlich verwachsen, so daß sie leicht voneinander geschieden oder lospräpariert werden können. Nach hinten zu, wo sie bald in den ausführenden Kanal münden, verengen Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. 137 sie sich plötzlich und gehen getrennt in den häutigen sehr kurzen Schlauch über, vermittels dessen sie über den Öffnungen der Röhre befestigt sind. In der Mitte haben sie eine Breite von ungefähr 1,6 cm und eine Dicke von ungefähr 0,6 cm. Die Muskelschicht der Drüse ist bei den Scyllien bedeutend mächtiger als bei Acanthias, im übrigen bleibt sich jedoch ihre Beschaffenheit ganz gleich. « Histologischer Bau. Die Drüse hat die Form eines ungefähr überall gleich breiten Sackes, der von dorsal nach ventral zusammengedrückt ist. Auf zur Längsachse der Drüsen senkrechten Querschnitten sieht man die Innenseite des Drüsenschlauches von einem mehrschichtigen Epithel ausgekleidet (Fig. 19); daß sich hier ein Epithel zeigt, welches aus mehreren Schichten besteht, erklärt die Entwieklungsgeschichte. Die Drüse ist eine Einstülpung der äußeren Haut. Auf der dorsalen Seite der hinteren Flosse eines männlichen Acanthras-Embryo befindet sich eine Rinne, diese stülpt sich bei der Weiterentwicklung des Tieres ein und schiebt sich durch die Muskulatur hindurch nach der ven- tralen Seite, schnürt sich ab und gibt den Zusammenhang mit der äußeren Haut auf. Dies ist der Anfang des oben geschilderten Drüsen- sackes, derselbe vergrößert sich namentlich nach vorn hin, bis er seine definitive Lage und Ausdehnung erreicht hat. Auf einer zur Höhe des Epithels (Fig. 19) dünnen Membrana propria lagern sich Zellen, die der ‘unteren Schicht der Epidermis entsprechen und sich durch einen Kern auszeichnen, der sehr viel kompaktes Chromatin enthält. Ob diese Zellschicht aber eine cambiale Zone für die Drüsen dar- stellt, d.h. ob sich aus diesen Zellen Drüsen entwickeln, nachdem die Drüsenzellen, die ihr Sekret ausgeschieden haben, zu Grunde ge- gangen sind, habe ich nicht feststellen können. Ich kann mich dieser Meinung PETRIs, daß hier eine cambiale Zone für die Drüsen besteht, nicht anschließen, da ich niemals zugrunde gehende Drüsenzellen sah, wie auch niemals Kernteilung beobachtete. Meine Ansicht ist, daß die Drüsenzellen zeitlebens persistieren, denn ich sah, daß Zellen wieder anfingen Sekret zu bilden. Auch habe ich nicht feststellen können, daß diese unteren Zellen zart gestrichelt erscheinen, wie PETRI es angibt. Auf diese untere Schicht von Zellen folgen mehrere, welche ähnlich gebaut sind, nur daß ihre Gestalt unregelmäßig polygonal ist. In diesen Zelllagen eingebettet befinden sich die Drüsenzellen. Ihre Lage ist jedoch nieht auf die oberste und mittlere 138 Wilhelm Haack, Schicht beschränkt, sondern sie durchsetzen das ganze Epithel und reichen manchmal bis zur Membrana propria hinunter. Niemals ent- behrt eine Strecke Epithel vollständig jener Drüsen, sondern sie sind stets in so großer Anzahl vorhanden, daß es dem Beobachter zuerst erscheint, als hätte man es hier mit einem einschichtigen Epithel zu tun. Die Drüsenzellen haben die Form einer weitbauchigen Flasche (Fig. 19), dieselbe wird dadurch bedingt, daß die Drüsen von Deck- zellen an ihrer Oberfläche umgeben sind, so daß sie nur mit einem kleinen engen Kanal, dem Hals der Flasche, wenn man das Bild weiter gebraucht, in das Lumen des Drüsensackes münden. Betrachtet man die innere Oberfläche des Drüsensackes, so sehen, wie PETRI sehr betreffend bemerkt, die Ausführungsöffnungen der einzelnen Drüsen wie Spaltöffnungen eines Blattes aus. Diese Deckzellen der Drüsen, welche der obersten Schicht des Epithels angehören, haben eine unregelmäßige polygonale Gestalt, sind nach der Oberfläche etwas ausgebuchtet und zeigen einen deutlichen Cuticularsaum, der fein ge- strichelt erscheint und an seiner Oberfläche zackig ausläuft. Derselbe läßt bei geeigneter Einstellung die einzelnen Abschnitte der Zellen erkennen, ein Beweis, dab auch hier jede einzelne Zelle ihre Cuticula besitzt und letztere nicht eine homogene Schicht über alle Zellen hinweg darstellt. Die Meinung PErrıs, daß diese oberen Zellen viel- leicht der Zellenmembranen entbehren, ist wohl leicht zu erklären. Der Inhalt dieser Zellen ist stark gekörnt und läßt die Zellgrenzen verwischt erscheinen. Dieselben sind aber stets vorhanden. Die Membranen der Drüsenzellen sind im Verhältnis zur Größe der Zelle stärker, wie die der umliegenden kleinen Zellen. Dem Beobachter erscheinen sie jedoch auf den ersten Blick besonders stark, auch PErRı gibt dies an. Auf sehr dünnen Schnitten jedoch sieht man, daß sich zwei Drüsenzellen niemals berühren, immer liegen Zellen da- zwischen (Fig. 19). Die Drüsen liegen also immer in einem Polster von Zellen. Diejenigen, welche zwischen den Drüsenzellen liegen, können oft sehr fein ausgezogen sein. Der Kern der Drüsenzelle, welcher je nach der Tätigkeit derselben ein verschiedenes Aussehen haben kann, liegt entweder am Grunde oder in der Mitte des Zell- leibes, immer jedoch dieht an der Zellmembran, niemals mitten im Protoplasma. | Der Drüsensack ist von verschiedenen Schichten Bindegewebe und Muskulatur eingehüllt (Fig. 18). An die Membrana propria schließt sich eine Bindegewebsschicht an, in welcher zahlreiche Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. 139 Blutgefäße verlaufen. Direkt unterhalb der Membrana propria sieht man glatte Muskelfasern in ziemlich zahlreicher Menge. An- das Bindegewebe schließt sich eine Lage Längsmuskulatur an und dieser folgt eine Ringmuskulatur. Eingehüllt ist der ganze Drüsensack wieder von einem Bindegewebe, in dem zahlreiche Blutgefäße ver- laufen. | Die Verhältnisse bei Sceylkum sind nach Perrı dieselben wie bei Acanthvas. Rajidae. Raja clavata, Raja batis. Die Drüse der Rochen unterscheidet sich wesentlich von der- jenigen bei Acantinas und Scyllium. Haben wir es dort mit einem Konglomerat einzelliger Drüsen zu tun, so sehen wir hier eine wirkliche zusammengesetzte tubulöse Drüse. Die Lagebeziehungen derselben sind die gleichen, wie bei Acanthıas. Auf der ventralen Seite des Pterygopodiums, in dem Teil, der von den Flossenstrahlen gebildet wird, liegt direkt unter dem Integument die Drüse. Diese Drüse setzt sich aus zwei verschiedenen Teilen zusammen, dem Drüsensack und in diesem liegend dem eigentlichen Drüsenkörper (Fig. 20). Der Sack besteht hauptsächlich aus Muskulatur, letztere differenziert sich in zwei Teile, einen dorsalen und einen ventralen. Der dorsale Teil der Muskulatur liegt eng an dem Drüsenkörper an, während der ventrale durch einen Hohlraum von demselben getrennt wird. Dieser Hohlraum ist von einem Epithel ausgekleidet, welches dem der Aus- führungsrinne entspricht. Gegen das untere Ende des Sackes öffnet sich derselbe und geht hier in die Ausführungsrinne über, welche wie bei Acanthiqs gebaut ist. Die Form des Drüsensackes ist im allge- meinen eiförmig, wie auch die Gestalt des eigentlichen Drüsenkörpers eine ähnliche ist. Auf der ventralen Seite des letzteren sieht man eine Rinne, die mit eigentümlichen Zäpfchen besetzt ist. Auf diesen Zäpfehen münden die Tubuli des Drüsenkörpers aus. Wie PETRI fest- stellte und ich auch bestätigen kann, beläuft sich die Anzahl der Wärzchen durchschnittlich bei den verschiedenen Spezies auf etwa 60. Sie liegen in Reihen hintereinander, aber in unregelmäßiger Anzahl nebeneinander, manchmal zu zwei und drei wie PErrı beobachtete, aber auch zu vier und mehreren, namentlich an der der Mündung entgegengesetzten Seite ist dies der Fall, während sie in der Nähe der Ausführungsöffnung nur zu zweien stehen. Wie auch hei Acan- thias, so richtet sich die Länge der Drüse nach dem Alter des Tieres und wechselt demnach bei den Exemplaren. 140 Wilhelm Haack, So fand ich bei Raja clavata, daß die ganze Drüse eine Länge von 4—7 cm und eine Breite von 1—3 cm besaß. Der eigentliche Drüsenkörper maß 2—5 cm in der Länge 0,5—2 in der Breite. Die Verhältnisse bei Raja batis waren fast genau dieselben. Histologischer Bau. Der eigentliche Drüsenkörper. Auf einem zur Längsachse des Körpers senkrechten Querschnitte zeigen die Tubuli ein verästeltes Bild, radiär ausstrahlend verzweigen sie sich dichotomisch nach der Peripherie zu, wo sie blind endigen, die Drüse bietet so ein Beispiel für eine wohl ausgebildete tubulöse Drüse, wie auch aus dem Schema (Fig. 21) zu ersehen ist. Zwischen den einzelnen Tubuli befinden sich Bindegewebsfasern, in welchen zahlreiche Blutgefäße verlaufen, erstere besitzen eine Dicke von durchschnittlich 26 «u. Die Annahme PETrıs jedoch, daß diese Fasern der Kerne entbehren, ist wohl eine irrtümliche, denn auf dünnen Schnitten (Fig. 22) sieht man in den Fasern sehr langgestreckte Kerne, welche ein ähnliches Aussehen, wie diejenigen glatter Muskel- fasern haben, es ist jedoch keine solche Muskulatur vorhanden. Die einzelnen Tubuli besitzen ein einschichtiges ziemlich hohes Epithel (Fig. 22). Die Zellen desselben haben eine ungewöhnliche Gestalt, an ihrem Grunde gewöhnlich langgestreckt und sehr schmal, sind sie an ihrer Spitze karaffenartig ausgebuchtet. Aber nicht nur äußerlich, sondern auch ihrer Funktion nach kann man an der Zelle zwei Ab- schnitte unterscheiden, den oberen sekretorischen Teil, in welchem das fertige Sekret sich befindet, den unteren plasmatischen Teil, wo wir das Protoplasma .und den Kern vorfinden (Fig. 22). Der Kern ist im Verhältnis zur Größe der Zelle klein, sowie auch bedeutend kleiner als der Kern der Drüsenzellen bei Acanthias. Das Proto- plasma ist feinkörnig und zeigt an der Übergangsstelle zum sekre- torischen Teil sehr häufig Vakuolen. Hier ist wahrscheinlich die Bildungsstelle des Sekretes, denn ich sah niemals eine Zelle, welche nur Sekret enthieit, wie auch keine solche, deren Inhalt nur aus Protoplasma bestand. Der Meinung PErrıs, wonach die Zellen sich ablösen und nach einmaliger Sekretion zu Grunde gehen sollen, kann ich mich nicht anschließen. Obgleich er in den Hohlräumen der Tubuli abgelöste Zellen vorfand, so muß ich hier doch annehmen, daß bei seinem Material schon Zerfall eingetreten war, was man nament- lich auch nach seiner Zeichnung von dem Epithel der Tubuli schließen kann. Auch ich habe solche Präparate bekommen, bei denen schon Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. | 141 Mazeration sich zeigte, und wo man die Tubuli mit abgelösten Zellen angefüllt sah, anderseits sah ich auf Schnitten, die von Sublimat- Essigsäure-Material angefertigt waren, Bilder wie Fig. 22 zeigt. Da ich niemals Kernteilung beobachtete, und wir hier es nur mit einem einschichtigen Epithel zu thun haben, so müssen auch hier die Drüsenzellen zeitlebens in Funktion sein. Die Meinung PErrıs, dal die Zellen aus der faserigen Schlauchwand sich erneuern, kann wohl kaum aufrecht erhalten werden. Die Tubuli münden gemeinsam auf Zäpfehen in den Hohlraum, welcher von dem Drüsenkörper und dem Sacke gebildet wird (Figg. 20 und 21). Dieser Hohlraum wird, wie oben schon erwähnt, von einem mehrschichtigen Epithel ausgekleidet, in welchem vereinzelt einzellige Drüsen vorkommen, wie man sie auch in der äußeren Haut wohl findet. Diesem Epithel folgt ein blutgefäßreiches Bindegewebe, an welches sich dann die Ringmuskulatur anschließt, diese kann man ihrer Funktion nach in zwei Teile gliedern, in die Muskulatur des Drüsenkörpers, welche dazu dient, das Sekret in den Hohlraum zu fördern, und in die des Sackes, welche das Sekret in die Ausführungs- rinne preßt. Über den chemischen Bau des Sekretes dieser Drüsen der Selachier kann ich nur soviel sagen, daß es kein Schleim (Mucin) ist, denn die charakteristischen Färbungen, Methylenblau, Thionin, Eisen, bleiben aus. Die genauere chemische Zusammensetzung dieses Sekretes ist weiter nicht bekannt. Die physiologische Bedeutung ist wohl folgende. Zur Begattungs- zeit sind die Drüsen in sehr lebhafter Funktion. Die Pterygopodien können mit Hilfe zweier Muskeln zusammengeklappt werden, um in die Scheide des Weibchens eingeführt zu werden. Das Sekret dieser Drüsen nun breitet sich über die Haut der Pterygopodien aus, welche mit Placoidschuppen besetzt ist, es hat daher wohl die Bedeutung, die Haut zu glätten und geschmeidig zu machen, um ein schnelles Einführen des Pterygopodiums in die Scheide zu ermöglichen. PETRI vergleicht dann noch die Pterygopodiendrüse der Sela- chier mit der Bürzeldrüse (Glandula uropygii) der Vögel. Meiner Ansicht nach kann jedoch nur ein Vergleich in physiologischer Hin- sicht gemacht werden. In welcher Beziehung jedoch die Sekretion dieser beiden Drüsen zueinander stehen, kann ich nicht sagen, da ich die genaue Zusammensetzung des Sekretes der Pterygopodien- drüse nicht kenne. Der Meinung PETRIs, daß es sich hier wahr- scheinlich auch um eine Talgdrüse handele, weil nach den Zeichnungen 142 Wilhelm Haack, Kossmanns (35) im histologischen Bau Übereinstimmungen zwischen den beiden Drüsen herrschen, kann ich mich nicht anschließen, denn die Bürzeldrüse bildet sich erst bei den Vögeln aus und ist nur diesen charakteristisch, entwicklungsgeschichtlich ist es nieht möglich, die Glandula uropygiü in irgend welche Beziehung zu andern Drüsen zu bringen. Aus obigen Untersuchungen sehen wir, daß die Haut der Wasser- tiere im allgemeinen der mehrzelligen Drüsen entbehrt. Der Grund für dieses Verhalten der Epidermis ist in dem Medium, in dem die Tiere leben, zu suchen. Das Sekret einer Drüse würde durch das Wasser so verdünnt, daß es seine Wirkung verlieren würde. Es wäre daher im allgemeinen zwecklos, wenn sich hier komplizierte Drüsenbildungen vorfinden. Einen Beweis für diese Annahme kann man in den Drüsen der Cetaceen sehen. Als Säugetiere sind sie mit komplizierten Drüsenbildungen versehen, infolge des Wasser- lebens dieser Tiere werden dieselben jedoch nur embryonal ange- legt und entwickeln sich nicht weiter, sie sind rudimentär geworden. Derselbe Grund erklärt auch das Fehlen der Mundhöhlendrüsen, wie oben näher erörtert wurde. Die Epidermis ist jedoch nicht unfähig mehrzellige komplizierte Drüsen zu bilden. Unter gewissen Um- ständen können auch bei den Fischen solche Organe entstehen, wie wir es bei den Petromyzonten, den Myxinoiden, Chimaera und den Selachiern gesehen haben, ferner würde man auch die noch wenig untersuchten Giftdrüsen verschiedener Acanthopterygier hierher zu rechnen haben. Hieraus sehen wir also, daß nicht nur den höheren Wirbeltieren komplizierte Drüsenorgane der Haut zukommen, sondern in allen Klassen derselben solche Gebilde entstehen können. Es ist daher erklärlich, daß es fast unmöglich ist, die einzelnen Drüsen- bildungen entwicklungsgeschichtlich aufeinander zu beziehen, da ein stetiger Wechsel in der Bildung dieser Organe stattfand und wohl noch stattfindet. Am Ende meiner Arbeit ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. BLOCHMANN, für das mir stets entgegengebrachte Wohlwollen, sowie für die zahlreichen Unterstützungen meinen aufriehtigsten Dank auszusprechen. Tübingen, im März 1902. pe 18. 19. 20. Uber Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. | 143 Literaturverzeichnis, E. Home, Lectures on comparative Anatomy. 1819-1825. Bd. II. Tafeln. RATHKE, Bemerkungen über den inneren Bau der Pricke. Danzig 1825. —— Über den Bau der Pricken für Systematiker. MEcKELs Archiv. 1823. Bd. VII. BORN, Über den inneren Bau der Lamprete. HEUSINGERsche Zeitschrift. 1827. . J. MÜLLER, Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Akad. Abhandl. Berlin 1834. p. 284. MAYER, Über den Bau von Petromyzon marinus. 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Buchstabenerklärung: A.O, Ausfuhröffnung der Drüse; Ag, Musculus annulo-glossus; B, Basilaris; Ba, Basalmembran ; Bi, Bindegewebe; Bu, Blutgefäß; Ca, Cartilago annularis; Cs, Cartilago semilunaris; Ogr, M. copulo-glossus rectus; Oobl, M. copulo-glossus obliquus; Cus, Cuticularsaum; D, Drüse; DE, Drüsenepithel; D@G, Drüsengang ; DZ, Drüsenzelle; Dkx, Deckzelle; DK, Drüsenkörper; E, Ethmoid; Ep, Epithel; F', Fasecie; F.B, Fascie des Basilaris; G, Gehirn; K, Kern; M, Musculus hyomandibulari-glossus; M.B, Muskelfasern des Basilaris; L.M, Längsmuskulatur; RM, Ringmuskulatur; Mu, Muskulatur; P, Papille; P.T, protoplasmatischer Teil; Pr.sp, Processus spinosus; P.S, Pigmentschollen; R, Rinne; Sek, Sekretkörner; S.T, sekretorischer Teil; Z, Zunge; Zst, Zungenstiel; Zn, Zäpfehen. Tafel XV und XVI. Fig. 1—6. Petromyzon Planeri. Fig. 1. Sagittalschnitt durch den Kopf. Kombiniertes Bild. Vergr. 10. Fig. 2. Querschnitt in der Augengegend, die Drüse ist eben angeschnitten. 022 1..057.:00. Fig. 3. Querschnitt durch den Basilaris und den Zungenstiel, weiter vorn. Oe. I, Obj. A. Fig. 4 Querschnitt durch den Zungenknorpel, ganz vorn in der Kopf- region. Oc. III, Obj. A, Fig. 5. Querschnitt durch Zunge und Papille. Oe. I, Obj. A. Fig. 6. Längsschnitt durch die Papille. Oe. I, Obj. A. Fig. 7. Querschnitt durch die Drüse von Petromyzon fluviatilis in der mittleren Gegend, junges Tier. Oc. I, Obj. 00. Fig. 8. Querschnitt durch die Drüse von Petromyzon Planeri, vordere Gegend, altes Tier. Fig. 9. Drüsenepithel von Petromyzon flwiatihis. Oc. III, Obj. 1/12. Fig. 10. Drüsenepithel von Petromyzon Planeri. Oe. III, Obj. 1/12. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Ba. 10 \ 146 Wilhelm Haack, Über Mundhöhlendriüsen bei Petromyzonten. Fig. 11. Epithel des Drüsenganges von Petromyzon fluriatilis. Oe. II, Obj. 1/12. Fig. 12. Epithel der Mundhöhle von Prtromyzon fluriatilis. Oe. II, Obj. 1/12. Fig. 13. Epithel des Pharynx von Petromyxon fluriatilis. Oe. TIL, Obj. 1/12. Fig. 14, 15, 16. Drüsen aus dem Epithel des Kiemendarmes von Petro- myxon fluviatilis. Oe. III, Obj. 1/12. Fig. 17. Pterygopodium mit Drüse von Acanthias vulgaris. 1/a verkleinert. Fig. 18. Schema eines Querschnittes durch die Drüse von Acanthias vul- garıs. Fig. 19. Drüsenepithel von Acanthias vulgaris. Oc. II. Obj. 1/12. Fig. 20. Drüsenkörper von Raja batis. Natürliche Größe. Fig. 21. Schema eines Querschnittes durch den Drüsenkörper von Raja batis. Fig. 22. Drüsenepithel von Raja batis. Oc. I, Obj. 1/12. Untersuchungen über den Bau der Zelle, II. Über eigenartige aus der Zelle wandernde »Sphären« und »Centrosomen<, ihre Entstehung und ihren Zerfall. Von Prof. Dr. Emil Rohde aus Breslau, Mit Tafel XVI—XIX. Inhalt. I. Einleitung Re II. Beschreibender Teil be a le LI. ee N ee 1) Struktur ’ ar 2) Lage, Größe und Zahl a Sr I ee re NE BA TeBalstehumion 2.0. 0 LE TE heran Rn ee ar B. Centrosomen . 1) der Erna lennellen u ehe 2) der Spinalganglienzellen des Hundes . . .. . 3) des Sympathicus des Frosches. 4) der 0 der. Katze. Far III. Vergleichender Teil . . . . 2 IV. Erklärungsversuche der Befunde a 1) durch Vergleich mit den En Eömierohen de: Eies . N EEE 2) durch Pens IR, V. Zusammenfassung . . Ausführliche Bolerklärung. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 11 148 149 149 153 158 160 160 162 164 164 165 169 174 174 198 201 202 214 216 148 Emil Rohde, I. Einleitung. »Der neueren Forschung ist es gelungen, noch einen weiteren Bestandteil der Zelle aufzudecken, der als ein nie fehlender, wesent- licher anzusehen ist: Das Archiplasma mit dem Polkörperchen (Centro- soma). Wir verdanken diese hochwichtige Entdeckung E. v. BENEDEN. Das Polkörperehen (Centrosoma, BOVERI) fand E. van BENEDEN be- reits 1876. Später beschrieb er um dasselbe eine abgerundete Sphäre dunkler erscheinenden Protoplasmas als Attraktionssphäre und sprach bald darauf die Ansicht aus, daß die Attraktionssphären mit den Pol- körperchen dauernde und wesentliche Bestandteile jeder Zelle wären — wenigstens so lange dieselbe sich in vermehrungsfähigem Zu- stande befindet, müssen wir wohl hinzufügen, denn es hat sich her- ausgestellt, dab diese Bildungen, soweit wir bis jetzt beurteilen können, wesentlich mit den Teilungsvorgängen der Zelle zu tun haben. « Mit diesen Worten leitet WALDEYER in seinem Aufsatze: »Die neueren Ansichten über den Bau und das Wesen der Zellei« das Kapitel über die Centrosomen und Sphären ein. Seitdem hat sich gezeigt, daß die Sphären resp. Centrosomen nicht nur in mitotisch sich teilenden Zellen vorkommen, sondern auch bei der Amitose, ja selbst bei Zellen, die sich überhaupt nicht mehr teilen, auftreten. Die Bezeichnungen für die beiden Bildungen sind sehr wech- selnde, statt des van BENEDENnSchen Namens »Polkörperchen« führte BovErı das Wort »Centrosoma« ein, das ich in folgendem beibehal- ten will; die Attraktionssphäre VAN BENEDENS nennt BOVERI Archo- plasma. Der letztere Ausdruck wurde später in Archiplasma ver- bessert, während von andern Autoren für das gleiche Gebilde die Bezeichnung »ÜCentrosphäre«, »Astrosphäre« oder kurz »Sphäre« (FLEMmNING) angewandt wurde. Letzteren Namens will ich mich im folgenden auch stets bedienen. Ich habe über die fraglichen Gebilde seit einer Reihe von Jahren Untersuchungen angestellt, und zwar bei einer Zellart, die sich weder mitotisch noch amitotisch teilt, nämlich bei den Ganglienzellen der Wirbelthiere, speziell bei den Spinalganglien- und Sympathicuszellen des Frosches sowie bei den Spinalganglienzellen des Hundes und der Katze, und habe hier Sphären und Centrosomen getroffen, die nicht 1 WALDEYER, Deutsche Mediz. Wochenschrift. 189. Untersuchungen über den Bau der Zelle II. 149 nur in ihrer Struktur, Lage und Zahl, sondern auch in ihrer Ent- stehung und bei ihrem Zerfall Verhältnisse aufweisen, die für Centro- somen und Sphären neu sind. Meine Arbeit wird sich in drei Abschnitte gliedern, in einen ersten beschreibenden, in welchem ich möglichst objektiv meine Be- funde darlegen und an der Hand von sehr genauen Zeichnungen er- läutern will, in einen zweiten vergleichenden, welcher zeigen soll, daß die von mir gefundenen Bildungen auch wirklich den Sphären und Centrosomen der Autoren entsprechen, und in einen dritten und letzten, in welchem ich eine Erklärung der Befunde versuchen werde. II. Beschresbender Neil. A. Sphären. Schon im Jahre 1898 veröffentlichte ich in meinem Aufsatze: »Die Ganglienzelle«! meine ersten Beobachtungen über die Sphären und ließ mich hier am Ende p. 724—727 über dieselben folgender- maßen aus: »LENHOSSEK 2 beschrieb vor einigen Jahren sehr eigenartige Bildungen in den Spinalganglienzellen des Frosches, welche er als Centrosomen resp. Sphären bezeichnete, und betonte, daß er als erster diese in Nervenzellen nachgewiesen habe. Er beschreibt sie als kuglige, homogene Gebilde, welche sich scharf gegen das Proto- plasma der Ganglienzelle abheben, ja gegen dieses hin sogar durch eine Art Membran abgeschlossen scheinen und in ihrem Inneren ein stark sich färbendes, aber leicht verblassendes Zentralkorn enthalten, welches bei genauerem Zusehen sich stets aus feinsten Körnchen zusammengesetzt erweist. Ich habe mehr als ein Dutzend Frösche untersucht, von jedem mehrere Ganglien, und stets die LENHOSSEK- schen Bildungen gefunden. Aber mit Centrosomen und Centrosphären hat man es hier nicht im entferntesten zu tun. LENHOSSEK unter- suchte dieselben besonders mit der HEIDENHAINschen Eisenhämatoxylin- methode, ich habe diese auch probiert und sie sehr gut gefunden, da- neben aber auch andre Färbungen, besonders wieder die ZIMMER- MANNsche Doppelfärbung mit Jodgrün-Fuchsin angewandt, letztere wieder mit ganz besonderem Erfolge; denn mit ihr traten die ver- meintlichen Centrosomen und -Sphären noch ungleich schärfer und 1 Diese Zeitschr. Bd. LXIV, Heft 4. 2 LENHOSSER, Centrosom und Sphäre in den Spinalganglienzellen des Frosches. Archiv für mikr. Anat. 1895. 19 150 Emil Rohde, differenzierter hervor als bei dem HeıpenhAnschen Verfahren, so daß man weitere Einblicke in ihre Strukturverhältnisse gewinnt, zu- mal wenn man dieselben wieder mit Glyzerin statt in Harzen unter- sucht. Fixiert werden auch sie am besten mit Sublimat, nach Alkoholbehandlung treten sie sehr scharf im Ganglienzellleib hervor, doch erscheint ihre Struktur hier verwischt. Ich habe wiederholt die Ganglien quer durchschnitten, die eine Hälfte in Sublimat, die andre in Alkohol gehärtet, die aus jedem der beiden Stücke ge- fertigten Serienschnitte zu 12—14 auf verschiedene Objektträger ver- teilt und diese sehr verschieden gefärbt, so bekam ich die mannig- faltigsten Vergleichsbilder der Lexnoss£üxschen Centrosphären. Unter- sucht man die fraglichen Gebilde auf feinen, in Glyzerin liegenden, mit Jodgrün-Fuchsin oder nach der HeıpextmaArnschen Methode ge- färbten Schnitten, so erkennt man, daß sie nicht homogen sind, wie sie LENHOSSEK beschreibt, der sie offenbar in Harzen untersucht hat, sondern aus radiären, einzeln oft scharf hervortretenden Strahlen sich aufbauen, welche peripher d. h. gegen das Ganglienzellprotoplasma meist scharf abgesetzt sind und innen ebenfalls in kreisförmiger Linie in kurzer Entfernung von dem Zentralkorn aufhören, so dab das letztere im Zentrum eines hellen, meist sehr fein granulierten Hofes erscheint. Wer diese Präparate zum ersten Male sieht, schließt sich sewiß unbedingt der LExHoss£Ekschen Auffassung an. Untersucht man aber genauer, vor allem eine große Anzahl von Fröschen, so wird man bald eines andern belehrt. Lexmoss£k gibt an, dab seine Zentrosomen nur in gewissen, mittelgroßen Ganglienzellen und hier stets genau im Mittelpunkte der Zellen vorkommen, während der Zell- kern stets exzentrisch ist. Gewiß gibt es solche Zellen, aber die Zentrosphären kommen nicht nur in derartigen Zellen und nur zentral vor, sondern in allen Arten von Zellen, namentlich auch in den größten, und an allen möglichen Stellen des Zellleibes, sehr oft auch ganz peripher, ferner nicht nur in der Einzahl, sondern häufig zu mehreren bis zu acht, und nicht bloß im Zellleib, sondern auch im Zellkern, und schließlich, was die Hauptsache ist, nicht allein innerhalb der Ganglienzellen, sondern oft zahlreich auch zwischen denselben vor. Allerdings gilt dies nicht von allen Fröschen. Die untersuchten Tiere zeigten nach dieser Richtung sehr bedeutende Differenzen, ja selbst die verschiedenen Ganglien desselben Frosches variierten bisweilen hierin nicht unwesentlich. In manchen Ganglien traten die fraglichen Gebilde nur spärlich, lediglich innerhalb der Zelle und dann sehr oft nur in der Einzahl und in der von Lexnossix beschriebenen zentralen Untersuchungen über den Bau der Zelle ID. 151 Lage auf. Solehe Ganglien haben offenbar LEexHoss£k zur Unter- suchung vorgelegen. In andern Ganglien finden sich aber neben derartigen Ganglienzellen alle die oben geschilderten Variationen. Manche Ganglien sind durch sehr viel extracelluläre und verhältnis- mäßig wenig intracelluläre »Sternehen«, wie ich fernerhin die LEX- Hoss£kschen Zentrosomen und Sphären kurz bezeichnen will, ausge- zeichnet, bei andern überwiegen wieder weit die letztern. Öfter fand ich auch im Zellkern nicht nur ein, sondern mehrere Sternehen und in ganz verschiedener Ausbildung; bei den einen zeigten sich um das Zentralkorn nur Spuren einer Radienbildung, bei andern die Radien vollständig entwickelt; bisweilen traf ich daneben im Zellkern auch ein vollständig nacktes Zentralkorn. Bei Behandlung mit DELAFIELD- schem Hämatoxylin und besonders mit Jodgrün-Fuchsin nehmen die Sternchen eine viel dunklere Färbung als das Zellprotoplasma an, im erstern Fall eine bläuliche, im letztern eine rötliche oder bläulich- rote an und treten dadurch als eigenartige Gebilde im Zellleib scharf hervor. Beim HeipenHaAischen Verfahren erscheinen sie oft in blaß- selblichem Tone, beitzt man nur wenig, so stechen sie namentlich scharf gegen die den Zellleib füllenden blaugefärbten Schollen ab, welche, wie schon bemerkt, an der Oberfläche der Sternchen plötzlich aufhören. Ungefärbt zeigen sie bald den Farbenton des Zellproto- plasmas, bald einen sehr starken metallischen Glanz und starkes Liehtbreehungsvermögen, besonders gilt das letztere vom Zentralkorn. Das metallische Aussehen behalten sie oft auch bei der HEIDEN- HAInschen Beizmethode und heben sich dann doppelt scharf gegen den Zellkörper ab. Das Zentralkorn ist von LENHOSSER im wesent- liehen richtig beschrieben worden. Oft erscheint es nicht in der Einzahl, sondern als Summe von feinen Körnchen. LENHOSsER be- hauptet, daß es stets einen Körnehenhaufen darstelle. Dies stimmt nicht. Es ist sehr häufig das Zentralkorn eine einzige, ziemlich große, stark liehtbrechende Kugel; der Farbenton, den es bei der HEIDEN- HAInschen Methode annimmt, ist zwar dunkel, aber anders als der- jenige der Nucleolen. LENHossEX betont richtig, daß das Zentralkorn sehr leicht verblaßt. Beizt man etwas länger, so ist das Zentralkorn schon in einem Stadium, in welchem die Schollen noch einen bläu- lichen Ton zeigen und die Nucleolen noch schwarz sind, meist schon sanz entfärbt. Bisweilen hält es aber den Farbstoff ziemlich lange zurück. Bemerkt sei noch, daß nach Alkoholhärtung die Strahlen vollständig verschwinden und die Sternchen als ganz homogene, kuglige Gebilde erscheinen mit sehr deutlichem, zentralen, hellen 152 Emil Rohde, Hofe und einem oder mehreren Zentralkörnern, genau entsprechend den Abbildungen und der Beschreibung LExHoss£Ks. Was bedeuten nun die Sternchen? Kunstprodukte können es aus den verschiedensten Gründen nicht sein. Dagegen spricht zunächst die Tatsache, daß sie bei allen Fröschen und nach den verschiedensten Härtungsmethoden auftreten. Man könnte sie vielleicht für Kristallisationsprodukte halten, wenn nicht die Beobachtung vorläge, daß die Schollen der Zellkörper an ihrer Peripherie stets in kreisförmiger Linie und ganz normaler Anordnung aufhörten. Wie schon LexHosseK nachgewiesen hat, sind die Sternchen eine nur den Spinalganglienzellen des Frosches eigentümliche Bildung und fehlen bei den Säugetieren ganz. Tatsache ist aber auch, daß sie nur innerhalb der Ganglienzellen oder in ihrer nächsten Umgebung, niemals aber in der Nervenfaserschicht auftreten. Bei gut konservierten Ganglien traf ich die extracellulären Sternchen öfter eingebettet in eine feinkörnige Masse, über deren Natur ich mir nicht klar werden konnte. Bisweilen schien es mir, als ob die- selbe den Rest von untergegangenen Ganglienzellen darstellte. Ich habe mir die denkbar größte Mühe gegeben, über das Wesen der Sternchen ins Klare zu kommen, und viel Zeit und Mühe auf ihr Studium verwandt, ich bin aber bezüglich derselben nur zu dem negativen, aber, wie ich glaube, nicht bedeutungslosen Resultate ge- kommen, daß sie auf keinen Fall auf Centrosomen zu beziehen sind. Öentrosomen kommen also bei Ganglienzellen nicht vor, sowohl die Denterschen als LEnHOsSsERschen vermeintlichen Centrosomen haben sich als wesentlich andre Bildungen erwiesen. Und so glaube ich, daß auch noch in vielen andern Fällen die als Centrosomen be- schriebenen Gebilde somatischer Zellen bei genauerer Untersuchung als solche sich nicht werden behaupten können, besonders aber bei denjenigen Zellen, die sich nicht mehr oder nur direkt teilen.« Ich gab zur Erläuterung dieser Verhältnisse damals nur eine schematisch gehaltene Textfigur. Ich habe meine Studien inzwischen weiter fortgesetzt, ich bin dabei anf viele neue wichtige Punkte auf- merksam geworden und daher heute in der Lage meine ersten An- gaben zu erweitern resp. nach mancher Richtung zu korrigieren. Die auf Taf. XVII abgebildeten Zellen entstammen Spinalganglien des Frosches, welche größtenteils mit Sublimat gehärtet und teils mit Hämatoxylin oder Boraxkarmin gefärbt, teils mit der HEIDEN- HAINSchen Eisenhämatoxylin-Beizmethode behandelt, teils einer Doppel- färbung mit Jodgrün-Fuchsin unterworfen worden waren, wobei so- wohl durch Glyzerin als auch durch absoluten Alkohol differenziert Untersuchungen über den Bau der Zelle. I. 155 wurde!. Alkoholhärtung zerstört, wie schon oben in dem Zitat be- merkt, die feineren Strukturverhältnisse der Sphären (vgl. Fig. 23, Taf. XV. Betonen muss ich auch heute wieder die Notwendigkeit die Schnitte in Glyzerin zu untersuchen, da auf Kanadabalsampräparaten der eigentliche Bau der Sphären meist nur sehr undeutlich, oft über- haupt nicht hervortritt. 1. Struktur der Sphären. Fig. 1 (Taf. XVII) stellt einen Schnitt durch eine mittelgroße Ganglienzelle aus einem Spinalganglion des Frosches nach Sublimat- fixierung und Behandlung mit HEIDENHAINschem Eisenhämatoxylin dar. Wie bekannt, enthalten viele Ganglienzellen der Wirbeltiere in ihrem Zellleibe eine große Menge intensiv färbbarer, sehr ver- schieden großer und gestalteter Brocken, das sind die »Nisstschen Schollen«e. Die Zelle (Fig. 1) ist eine solche Schollenganglienzelle. Sie zeigt eine Sphäre (sph) etwa in der Lage, welche LENHOSssEK für die Sphären der Ganglienzellen als typisch angiebt (vgl. hierüber p. 149—152 das Citat aus meiner Arbeit: »Die Ganglienzelle« und auf Taf. XIX die Fig. 18, welche eine Kopie einer diesbezüglichen LexHossexschen Figur ist). Die Sphäre (sp) setzt sich aus drei deutlich gesonderten Teilen zusammen: aus einem zu innerst ge- legenen, noch dunkler schwarz wie die Schollen gefärbten Zentral- korn, das in seinem Innern heller als an seinem Rande erscheint; aus einem ziemlich weiten hellen, aber deutlich gefärbten, das Zen- tralkorn umgebenden Hof, und drittens aus einer den größten Ab- schnitt der Sphäre ausmachenden peripheren Partie, welche einen selblichen Ton zeigt und deutlich Radiärfasern und eine Zwischen- substanz unterscheiden läßt. Sieht man genauer zu, so überzeugt man sich, daß das gelbe Aussehen der Rindenpartie durch die Radiärfasern, die oft mehr oder weniger deutlich gekörnt erscheinen, bedingt wird, während die Zwischenmasse derselben im Ton mit dem hellen, das Zentralkorn umgebenden Hof übereinstimmt. Die gelblichen Radiär- fasern sind sowohl nach innen gegen den hellen Hof, als nach außen gsesen das die dunkelschwarzen Sehollen enthaltende Zellprotoplasma scharf kreisförmig abgesetzt. Fig. 2 zeigt uns ebenfalls eine deutliche Sphäre (sph). Diese liegt 1 Vol. Ausführlicheres hierüber: RoHDE, Untersuchungen über den Bau der Zelle. I. Kern und Kernkörper. Methodisches. p. 4985—500. Diese Zeitschr. Bd. LXXII. 154 Emil Rohde, aber etwas anders als in Fig. 1. Wie ich schon früher?! ausführlich beschrieben habe, enthalten die Ganglienzellen der Wirbeltiere oft eine periphere, mehr oder weniger breite, meist aber am Abgange des Nervenfortsatzes stärker entwickelte Zone, welche ganz frei von Nisstschen Schollen ist und feinkörnig oder feinfibrillär und deshalb viel heller als das zentrale schollenhaltige Zellprotoplasma erscheint. In Fig. 2 liegt die Sphäre in dieser peripheren Schicht und sticht darum doppelt scharf hervor. Die Serie, welcher die Zelle Fig. 2 entstammt, hatte ferner nieht die HEIDENHAINsche Beizmethode er- fahren, sondern war mit DELAFIELDschem Hämatoxylin gefärbt wor- den. Die Sphäre hat etwa den gleichen dunkelblauen Ton wie die Schollen und läßt wieder die schon für Fig. 1 beschriebenen drei Abteilungen, nämlich Zentralkorn, hellen Hof und radiär gestreifte Rindenzone unterscheiden, weist aber im einzelnen mehrere Modi- fikationen gegenüber der Sphäre von Fig. 1 auf. So erscheint das Zentralkorn noch deutlicher ringförmig und, was die Hauptsache ist, in mehrere kleine Stücke zerklüftet, der helle Hof ist verhältnismäßig kleiner, die streifige Rindenzone aber breiter als in der Sphäre der Fig. 1. In der Rindenzone (Fig. 2) erscheinen die Radiärfasern nicht überall mit gleicher Deutlichkeit, besonders im Innern sind sie stellenweise ganz verwischt, so daß hier die Sphäre fast homogen aussieht. Anderseits zeigen die Radiärfasern an ihrem äußern Ende oft, so besonders auf der rechten Seite der Sphäre, sehr deutliche Verdiekungen, welche wie ein gröberer Körnehenkranz die Sphäre umhüllen, und sie doppelt scharf gegen das helle feinkörnige Proto- plasma der Ganglienzelle abstechen lassen. Eine gleiche Lage wie in der eben beschriebenen Fig. 2 haben die Sphären (spl) in den beiden Figg. 13 und 14, d. h. auch hier befinden sie sich in der peripheren feinkörnigen, schollenfreien, hellen Partie des Zellleibes. Die Ganglienzellen der Figg. 13 und 14 sind ebenso wie diejenigen von Figg. 9—12 mit Jodgrünfuchsin gefärbt und durch Glyzerin differenziert worden?. Die Sphären zeigen sich wieder etwa in gleichem Tone wie die Schollen gefärbt, wie ich dies schon für die Fig. 2 betont habe, nur daß sie hier nicht schwarz wie in letzterer, sondern deutlich rot aussehen. Die Sphären der Figg. 13 und 14 zeigen wieder gegenüber denen von Fig. 1 und 2 bemerkens- 1 Vgl. außer meiner Arbeit »Die Ganglienzelle< |l. ec.) auch meine beiden Aufsätze: »Ganglienzelle und Neuroglia« (Archiv f. mikr. Anat. 189%) und Gan- glienzelle, Achsenzylinder, Punktsubstanz und Neuroglia (Ebenda 1895). 2 Vgl. oben p. 152/153. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 155 werte Einzelheiten. So enthält die Sphäre der Fig. 14 nicht ein ein- ziges, sondern mehrere Zentralkörner, nämlich drei größere von etwa gleichem Durchmesser und ein kleineres. Ein heller Hof ist nicht zu unterscheiden, sondern die vier Zentralkörner nehmen in ihrer Ge- samtheit einen Raum von etwa den Dimensionen des hellen Hofes der Sphäre in Fig. 1 und 2 ein und stoßen direkt an die Radiärfasern der mächtigen Rindenpartie, welche einzeln überall sehr deutlich zu unterscheiden und am äußeren Ende wieder teilweise knopfartig ver- diekt sind. Die Sphäre der Fig. 13 enthält nur ein einziges Zentral- korn genau von demselben Bau wie in Fig. 1, d. h. es zerfällt in eine dunklere (rote) Rmdenzone und in ein helleres (mehr rosa aus- sehendes) Zentrum; ferner tritt in der Sphäre der Fig. 15 in der Umgebung des Zentralkornes genau wie bei Fig. 1 ein großer heller Hofraum auf, welcher eine mehr violette Farbenuance aufweist. Be- sonders interessant ist aber die Rindenzone, insofern sie eine außer- ordentlich deutliche körnige Struktur aufweist. Die Körnchen sind zum größten Teil deutlich radiär zu Fasern angeordnet, teilweise (besonders auf der rechten Seite) aber fast regellos, ohne reihenweise Lagerung. Die Radiär-Fasern resp. -Körnchen sind deutlich rot ge- färbt, während die Zwischensubstanz einen gleichen violetten Schim- mer zeigt wie der das Zentralkorn umhüllende weite Hof. Die die Sphäre einschließenden feinen Körnchen des Protoplasmaleibes der Ganglienzelle sind ungleich blasser als die Radiär-Fasern resp. -Körn- chen der Sphäre, infolgedessen die letztere sehr scharf hervortritt. Sehr bemerkenswert in dieser Fig. 13 ist ferner die Beobachtung, daß die blassen Körnchen des Ganglienzellleibes in der nächsten Umgebung der Sphäre stellenweise deutlich zum Zentralkorn der Sphäre radiär gelagert sind, so daß sie fast wie eine direkte Fortsetzung der Radiär- fasern der Sphäre selbst erscheinen. Die Sphäre der Fig. 10 stimmt im wesentlichen mit derjenigen der Fig. 14 überein, gleich dieser enthält sie mehrere Zentralkörner, ein großes und zwei kleinere, und läßt offenbar im Zusammenhang damit wieder jede Andeutung eines Hofes vermissen. Betont sei, daß auch die in der Mehrzahl auftretenden Zentral- körner der Figg. 10 und 14 genau wie das in der Einzahl vorhan- dene der Figg. 13 und 1 mehr oder weniger deutlich ringförmig aus- sehen, d. h. eine dunkelrote Randzone scharf gegen ein helleres Zen- trum sich abheben lassen. Figg. 15—22 entstammen alle demselben Spinalganglion eines Frosches. Dasselbe war in eine Schnittserie zerlegt worden, welche 156 Emil Rohde, auf zwei verschiedene Objektträger verteilt, mit Jodgrünfuchsin ge- färbt und durch Glyzerin differenziert wurde. Die Figg. 15—18 sind dem einen, Figg. 19—21 dem andern Objektträger entnommen wor- den. Die Schnitte Figg. 15—18 sind durch langes Liegen in Glyzerin sehr stark verblaßt, die Schnitte Figg. 19—22 waren in demselben Maße verblaßt wie in Figg. 15—18, wurden aber ein zweites Mal einer Doppelfärbung mit Jodgrün-Fuchsin unterworfen. Der schollen- haltige Zellleib zeigt in letzteren (Figg. 19—21) etwa denselben roten Farbenton wie in den nur einmal mit Jodgrün-Fuchsin gefärbten Zellen der Figg. 9—14, die Sphären sehen in den Figg. 19—21 aber ganz anders aus, nämlich mehr grünlich. Das ganze Ganglion, dem die Ganglienzellen der Figg. 15—22 angehören, war durch außerordentlich viel Sphären charakterisiert, vor allem aber dadurch interessant, weil die Sphären sich auf allen Stadien des Austritts aus den Ganglienzellen zeigten und zum großen Teil ganz außerhalb der letzteren auftraten. Diese intercellulären (resp. extracellulären) Sphären ließen nun noch viel deutlicher als die intracellulären ihre eigentliche Struktur auf den Glyzerinschnitten erkennen. In Fig. 22«—d sind vier solcher freier, d. h. extracellulärer Sphären äußerst naturgetreu wiedergegeben. Fig. 22c läßt ganz ähnlich wie Fig. 1 und Fig. 13 Zentralkorn, hellen Hof und periphere Radiärzone unterscheiden, nur mit dem Unterschiede, daß nicht ein, sondern vier Zentralkörner auftreten; drei von ungefähr gleichem Durchmesser (etwa von demselben wie in Figg. 1 und 15), das vierte kleiner. Der das Zentralkorn um- gebende Hof ist hellviolett und setzt sich deutlich in die Rinden- partie als Zwischensubstanz der hRadiärfasern fort. Die letztern erscheinen wieder mehr oder weniger deutlich gekörnt und im Gegen- satz zu der rein violetten Zwischensubstanz in grünlichem Tone, welcher besonders an ihren wieder verdiekten Enden deutlich zu Tage tritt. Diese peripheren Verdickungen der Radiärfasern verschmelzen oft direkt miteinander, so daß man stellenweise statt des Körnehenkranzes eher den Eindruck einer Membran gewinnt, welche die Sphäre nach außen abschließt. Noch schärfer treten diese Strukturen in der Fig. 22d hervor, welche einen Teil einer Sphäre bei noch stärkerer Vergrößerung, als sie Fig. 22a—c zeigen, darstellt. Die Radiärfasern erscheinen hier deutlich als Reihen von Körnchen, von denen die äußersten wieder die dicksten sind und gleichzeitig den für die Radiär-Fasern resp. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 157 -Körnchen typischen grünlichen Ton am deutlichsten erkennen lassen. Noch instruktiver als Fig. 22c und d ist Fig. 22a. Bei ihr treten die Radiär-Fasern resp. -Körnchen in der Sphäre quantitativ stärker zurück, größere Partien der Rindenzone sieht man teils ganz frei von denselben, teils nur spärlich mit ihnen besetzt. Hier kann man über allem Zweifel deutlich die schon oben für die Fig. 22c betonte Tatsache beobachten, daß die den Hof ausmachende violett färbbare Substanz sich in die von den Radiärfasern durch- setzte Rindenpartie fortsetzt, oder besser gesagt, daß diese Substanz die eigentliche Grundsubstanz der Sphäre dar- stellt, welche in der Umgebung des Zentralkornes nur darum schärfer als Hof hervortritt, weil sie hier frei von den Körnehen ist, welehe sich in der Rindenpartie der Sphäre zu den Radiärfasern zusammenlegen. Treten statt eines Zentralkornes mehrere in dichter Lagerung auf, dann füllen sie meist den ganzen im Innern der Radiärzone ge- legenen Abschnitt der Sphäre aus. In diesem Falle ent- zieht sich auch hier die violette homogene Grundsubstanz der Beobachtung, d. h. ein Hof kommt nicht zur Unter- scheidung (vgi. Figg. 10, 14). Die grünlichen Körnchen der Rand- zone selbst weisen in der Fig. 224 eine sehr große Regellosigkeit in ihrer Anordnung auf. Meist sind sie zwar radiär nebeneinander ge- lagert, die aus ihnen so entstehenden Radiärfasern zeigen aber eine sehr verschiedene Länge, manche bestehen nur aus wenig Körnchen, manche reichen dagegen tief ins Innere und bis zu dem Zentralkorn. Das letztere erscheint stark zerklüftet in kleinere Stücke, welche sich nur unvollständig voneinander gelöst zu haben scheinen. Wieder ein ganz andres Bild der Sphäre zeigt die Fig. 222. Hier sieht das ganze Innere der Sphäre fast wie homogen aus, nur am Rande treten grünliche Körnchen resp. kurze Körnchenreihen - deutlicher hervor, nach innen zu werden diese aber immer undeut- licher. Eine ähnliche Beobachtung haben wir schon für die Sphäre der Fig. 2 konstatiert. In der Sphäre der Fig. 225 vermißbt man aber auch jedes Zentralkorn und ebenso eine Hofpartie. Neben den eben geschilderten Sphären (Fig. 22«—d) traf ich in dem zugehörigen Ganglion sowohl innerhalb wie außerhalb der Ganglienzellen alle möglichen Zwischenformen. Sämtliche bisher beschriebenen Sphären entstammen Ganglien- zellen, die mit Sublimat gehärtet waren. Fig. 23, Taf. XVII stellt 158 Emil Rohde, dagegen eine mit Alkohol fixierte Spinalganglienzelle des Frosches dar. Alkohol konserviert, wie oben schon öfter betont, die Ganglien- zellen ungleich schlechter als Sublimat, und so können wir uns auch nicht wundern, daß die Sphäre in Fig. 23 ihre feinere Struktur nicht unterscheiden läßt. Man kann zwar auch ein ganz feines Zentralkorn, einen Hof und eine Rindenpartie erkennen, die letztere erscheint aber ganz verschwommen, wie homogen, ohne Andeutung der Radiär- Fasern resp. -Körnehen. Nur die äußeren Verdiekungen der letztern treten deutlich hervor, aber auch nieht als Körnchenkranz, sondern als fast homogene, geschlossene Membran von etwas anderm Tink- tionsvermögen als die innern Teile der Sphäre. Die so verschiedene Färbung der Sphären einerseits in den stark verblaßten Ganglienzellen der Figg. 15—18, anderseits in den ein zweites Mal mit Jodgrün-Fuchsin gefärbten Ganglienzellen der Figg. 19—21 erkläre ich mir in folgender Weise. Ich betonte oben bei Besprechung der Fig. 22«—d, daß die Grundsubstanz, welche besonders als Hof deutlich hervortritt, ein wesentlich andres Färbungsvermögen als die radiären Strahlen der Rindenzone aufweist: während jene rein violett aussieht, erscheinen diese im grünlichen Tone, welcher besonders an ihren verdickten Enden an der Peripherie der Sphäre deutlich zu Tage tritt. Wahrscheinlich wird der letztere bei intensiverer Färbung der Grundsubstanz, wie das in den Figg. 19--22 der Fall ist, durch diese stark verdeckt, während umgekehrt bei Ver- blassung der Grundsubstanz, wie sie in den Ganglienzellen der Figsg. 15—18 durch das lange Liegen in Glyzerin erfolgte, der eigent- lich grünliche Ton der Radien resp. der diese zusammensetzenden Körnchen scharf hervortritt. Bemerken muß ich aber, daß selbst bei sanz gleich behandelten Objekten die Färbung der Sphären bisweilen eine wechselnde war, so erschienen sie auf den mit der HEIDEN- HAINSchen Eisenhämatoxylinmethode behandelten Schnitten bald deut- lich gelblich, wie dies Fig. 1, Taf. XVII zeigt, bald fast in dem- selben Farbenton wie die Schollen, ebenso bei nur einmaliger Jod- srünfuchsinfärbung bald rot gleich den Schollen (Figg. 9—14) bald mehr violett oder jedenfalls anders gefärbt als der Zellleib. 2. Lage, Größe und Zahl der Sphären. Fig. 1 zeigt uns die Sphäre, wie schon oben (p. 153) bemerkt, etwa in der Gegend der Ganglienzelle, welche LENHOSSER! als die 118e Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 159 typische angibt, d. h. entsprechend der Kopie Fig. 18 der Tafel XIX. Wie ich aber bereits in meiner ersten diesbezüglichen Mitteilung (vgl. oben das Zitat auf p. 149—152) hervorgehoben habe, sind erstens die Sphären nicht an Ganglienzellen einer bestimmten Größe gebun- den, sondern sie kommen in allen möglichen Zellformen vor, und ist zweitens ihre Lage in den Ganglienzellen eine sehr wechselnde. Oft liegt die Sphäre in dem oben beschriebenen peripheren schollenfreien, feinkörnigen resp. feinfaserigen, durch hellen Farbenton hervor- stechenden Abschnitt des Ganglienzellleibes, wie uns das die Figg. 2, 13 und 14 demonstrieren. Auch Fig. 10 zeigt die Sphäre nicht an dem von LENHoss£X angegebenen Punkte. Im stärksten Gegensatze zu der LEx- Hoss£rschen Auffassung tritt die Sphäre aber in Fig. 11 (Taf. XVII) auf, nämlich am äußersten Ende der etwas langgestreckten Zelle. Was jedoch die Hauptsache ist, die Sphären erscheinen nicht nur im Zellleibe, sondern auch im Zellkern, ferner sehr häufig nicht in der Einzahl, sondern zu vielen, ja sehr vielen und in sehr wechselnder Größe, schließlich, was das allerauffälligste ist, auf allen Stadien der Auswanderung aus der Zelle und oft in sehr großer Menge extra- cellulär, d. h. als freie ganz selbständige Gebilde. So zeigt uns Fig. 9, (Taf. XVII) eine deutliche Sphäre (sph) im Innern des Kerns, Fig. 3 zwei Sphären von etwa gleichem Durchmesser, aber mit etwas ver- schieden gebautem Zentralkorn, im Zellleib dicht nebeneinander, Fig. 12 drei Sphären in ganz verschiedener Lage und etwas difie- rierend in der Größe. Besonders aber sind die Ganglienzellen der Figg. 15—21, welche, wie oben schon bemerkt worden ist, sämtlich demselben Ganglion entstammen, reich an Sphären der mannigfal- tigsten Art. In Fig. 20 treten ganz peripher in der Ganglienzelle sechs Sphären von wechselndem Durchmesser und eine extracelluläre, aber noch dicht neben der Zelle gelagerte Sphäre auf. Die Ganglien- zelle Fig. 19 enthält noch bedeutend mehr Sphären, sie liegen hier vorwiegend im Kern, stellenweise dicht gedrängt, zum: Teil aber im Zellleib, oder auf den Grenzregionen von Kern- und Zellkörper und variieren außerordentlich in der Größe, worauf ich gleich ausführlich zurückkommen werde. In Fig. 21 ist der Ganglienzellkern voll- sepfropft mit mittelgroßen bis ganz kleinen Sphären. In Fig. 18 sehen wir meist große Sphären, aber in sehr wechselnder Lage: eine im Kern, eine zweite außerhalb des Kerns aber noch dicht neben ihm, wieder andre (bei @ und b) paketweise dicht beieinander liegend und zwar am äußersten Rande der Ganglienzelle, teilweise schon im Austritt begriffen, schließlich zwei Sphären (bei c und d) außerhalb 160 Emil Rohde, der Zelle in kurzer Entfernung von derselben. Ebenso ist die Ganglienzelle Fig. 15 erfüllt von vielen Sphären der verschiedensten Größe und Lage: eine derselben liegt am Fortsatz, ob sie diesem eingelagert oder nur dicht aufgelagert war, ließ sich nicht entscheiden. Jedenfalls trifft man aber oft Sphären direkt am Fortsatzgrunde. Eine sehr große Sphäre liegt in Fig. 15 außerhalb der Zelle links unten von ihr. Besonders reich an solchen extracellulären Sphären sind die Figg. 16 und 17. Die Sphären weisen in diesen beiden Figuren wieder die denkbar größten Verschiedenheiten auf, sowohl was ihre Größe, Lage und Struktur betrifft, als auch namentlich be- züglich der Entwicklung des Zentralkorns und des dieses umgeben- den hellen Hofs. 3. Teilung der Sphären. Die eben besprochenen Figuren, besonders Figg. 15—18, zeigen Bau- resp. Lageverhältnisse der Sphären, welche auf eine Teilung derselben schließen lassen. Namentlich instruktiv nach dieser Rich- tung sind die extracellulären Sphären der Fig. 17. Oft sind die Sphären hier nicht kugelig, sondern, wie z. B. bei a, in die Länge gezogen, gleichzeitig sind dann die Strahlen der Rindenpartie nicht um ein kugeliges, sondern um ein mehr längliches Zentrum radiär gestellt, und die Zentralkörner, wenn solche sichtbar sind, weit voneinander gerückt. Die Sphäre erscheint aber noch als etwas Einheitliches. Bei b, c, d, e, f der Fig. 17 sehen wir die Teilung schon weiter fort- seschritten und statt der einen Sphäre zwei schon mehr oder weniger selbständige Sphären dieht nebeneinander, mit ihren Radiärfasern oft noch tief ineinandergreifend. Die Teilstücke sind nicht immer gleich groß, sondern es schnüren sich nicht selten knospenartig kleine Stücke von einer Muttersphäre ab. Ganz ähnliche Verhältnisse weisen die intracellulären Sphären der Fig. 18 auf: bei a sehen beide Sphären wie ineinandergeschoben aus, bei 5 liegen drei dicht zusammen und bilden noch eine einheitliche Gruppe. Derartig trifft man die Sphären oft zu mehreren eng miteinander verbunden und scheinbar ineinander verwickelt. Wahrscheinlich kann eine Mutter- sphäre sich gleichzeitig auch in mehrere Stücke teilen, welche längere Zeit noch mehr oder weniger eng zusammenhängen. 4. Entstehung der Sphären. Ich habe schon öfter betont, daß die Sphären in sehr ver- schiedener Größe auftreten. Je kleiner sie werden, desto mehr Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 161 schwindet der oben beschriebene Bau derselben. Sehr instruktiv in dieser Beziehung sind die Ganglienzellen der in Figg. 4—8 (Taf. XVII) wiedergegebenen Serie. Fig. 8 zeigt uns im Innern des Kerns eine sroße typisch geformte Sphäre, neben dieser aber eine Unmasse kleiner meist mehr oder wenig deutlich ringförmiger Bildungen von etwa der Größe des Zentralkomes der großen Sphäre, schließlich kleinste ganz kompakt erscheinende Kügelchen. Die Ganglienzellen Figg. 7—4 enthalten in ihren Kernen alle möglichen Übergangs- formen zwischen den großen typischen Sphären und den kleinen eben beschriebenen Ringen resp. kompakten Kügelchen. Fig. 7 weist im Kern mehrere mittelgroße Sphären auf, die noch deutlich die Radiärzone und den Hof, teilweise mit Zentralkorn, erkennen lassen. Im unteren Kern der Fig. 6 sind die Sphären kleiner als in Fig. 7, aber noch deutlich am Rande radiär gestreift und innen hell, der obere Kern der Fig. 6 zeigt Sphären von noch geringe- rem Durchmesser, daneben durch alle Zwischenformen mit ihnen verbunden, wieder kleinere durchweg gleichmäßig gebaut aussehende Kügelehen. Bei genauerem Zusehen — die Fig. 6 gestattet Lupen- versrößerung — erkennt man, daß die ringförmigen Sphären in ihrer dunklen peripheren Zone und die kleinen Kügelehen durchweg aus kleinsten Körnchen bestehen. Bemerkenswert in diesem oberen Kerne der Fig. 6 sind feine fadenartige Bildungen, welche den Kern allent- halben durchziehen und aus gleich kleinen Körnchen sich zusammen- setzen, wie die Ringe resp. die kompakten Kügelchen. Fig. 5 läßt im Kern nur einige wenige ringförmige noch sphärenartig aussehende Bildungen erkennen, daneben aber eine Unmasse kleiner und kleinster kompakter Kügelchen. Fig. 4 zeigt die intranucleolären Kügelchen durchschnittlich am kleinsten, dagegen den Zellleib wieder durchsetzt von etwas größeren ringförmigen Gebilden von etwa dem Durch- messer des Zentralkornes der großen Sphären, z. B. derjenigen in Fig. 1. Betrachtet man die Fig. 5—4 in umgekehrter Reihenfolge, d. h. geht man nicht von Fig. 8, sondern von Fig. 4 aus, so können wir die Figg. 4-8 als verschiedene Entwicklungsstufen der Sphären auffassen, diese würden dann in ihrer Ent- stehung auf kleinste Kügelchen zurückgehen, je größer diese werden, desto mehr kommt eine helle Innenzone und dnnkle Rindenzone zur Differenzierung, welch letztere in Körnchen zerfällt, die mit zunehmendem Durchmesser der Sphäre immer deutlicher radiär sich anordnen, während 162 Emil Rohde. gleichzeitig im Zentrum der hellen Innenzone ein dunkles Zentralkorn zur Differenzierung kommt, das späterin meh- rere zerfallen kann. Die Entwicklung der Sphären würde also im Kern erfolgen. Bemerkenswert ist, daß in den die eben geschilderten jüngsten Entwicklungsstadien der Sphären enthaltenden Ganglienzellen größere, vollständig ausgebildete Sphären in der Regel fehlen. 5. Zerfall der Sphären. In den Figg. 15—17 kommen ebenfalls überall den großen Sphä- ren vollständig gleich gefärbte, d. h. auch durch grünliche Farbe in den Ganglienzellen scharf hervorstechende Kügelehen vor. Die Verhältnisse liegen hier aber wesentlich anders als in den Figg. 4—8. Zunächst kommen in den Figg. 15—17 neben den kleinen grün- lichen Kügelehen allenthalben und meist in sehr bedeutender Anzahl große typisch gebaute Sphären vor, zweitens treten die kleinen ‚ Kügelehen nicht im Kern, sondern fast ausnahmslos in der Zelle auf, drittens zeigen sich hier die großen Sphären in deutlichem Zerfall begriffen. Wir haben es hier also offenbar nieht mit einer Ent- stehung der Sphären, wie in den Figg. 4—8, sondern mit der Auf- lösung derselben zu tun, und die kleinen Kügelchen sind nicht die ersten Entwicklungsstadien, sondern die Zerfallsprodukte der Sphä- ren. So wenigstens lassen sich die in den Figg. 15—17 wieder- gegebenen Verhältnisse in der natürlichsten Weise erklären. Der Zerfall der großen Sphären ist ein sehr mannigfaltiger, die verschiedenen Modifikationen desselben werden am besten durch die ganz naturgetreu wiedergegebenen Abbildungen Figg. 15—17 erläu- tert. Die aus den zerfallenden Sphären hervorgehenden Kügelchen sind bald größer, bald kleiner, bald liegen sie isoliert, bald zu mehreren oder vielen in sehr verschieden gestalteten Paketen vereinigt, oft perlschnurartig hintereinander gereiht; nicht selten erscheinen die kleinen Auflösungsprodukte der Sphären nicht kugelig, sondern mehr langgestreckt und kurz stäbchenförmig. Fig. 16 zeigt uns auch im Kern der linken großen Ganglienzelle solch ein kleines grünliches Auflösungskügelchen. Wahrscheinlich wandern also später die Zerfallsprodukte der Sphären in den Kern, wenn nicht schon in letzterem eine Auflösung der großen Sphären erfolgen kann. Wir würden dann folgenden vollständig ge- schlossenen Entwicklungszyklus für die Sphären konsta- tiert haben: die kleinen, meist kugeligen Zerfallsprodukte Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 163 der Sphären treten aus dem Zellleib in den Kern über und entwickeln sich hier allmählich in der oben angegebenen Weise zu großen Sphären, diese kehren in den Zellleib zurück und lösen sich in kleine Kügelchen auf, die ihrer- seits wieder in den Kern wandern und hier eine neue Sphärengeneration aus sich erzeugen. | Da die großen Sphären oft, besonders dann, wenn die Ganglien- zellen selbst stark erfüllt von ihnen sind, extracellulär auftreten, so müssen wir folgern, daß auch außerhalb der Ganglienzellen ein Zer- fall der Sphären erfolgen kann und die Zerfallskügelchen dann in den Zellleib, resp. in den Zellkern zurücktreten. Sehr instruktiv für die allmähliche Entstehung der Sphären im Kern sind auch die beiden Figg. 19 und 21. Die letztere enthält die verschiedensten Entwicklungsstadien der Sphären, aber alle auf den Kern beschränkt; in Fig. 19 treten dagegen, wie schon oben bemerkt, solche auch an der Grenze von Kern und Zellleib auf, ja selbst ganz junge Entwicklungsstadien finden sich schon direkt im Zellleib. Wir dürfen demnach annehmen, daß bisweilen, wahrschein- lich aber ausnahmsweise, die jungen ringförmigen Stadien erst im Zellleib zu den definitiven Sphären heranwachsen. Als solche frühe Entwicklungsstufen von Sphären können daher wohl auch die vielen extranucleolären kleinen ringförmigen Bildungen (sph) in Fig. 4 auf- sefaßt werden. Wahrscheinlich stellen die sechs ganz verschieden sroßen intracellulären Sphären der Fig. 20 ebenfalls verschiedene Entwieklungsstadien dar. Betont sei noch folgendes: wir trafen oft ausgebildete Sphären im Kern. Diese zeigten stets einen ganz wesentlich andern Farben- ton als das Nuclein und die Nucleolen, besonders deutlich bei Jod- srünfuchsinbehandlung (vgl. Figg. 9, 16, 18, 19, 21, 24). Die Aus- bildung der Sphären, welche, wie wir wissen, im Kern heranwachsen, kann also weder auf Kosten des Nucleins noch der Nucleolarsubstanz stattfinden, sondern muß von den, den Ausgangspunkt der Entwicklung darstellenden, kompakten kleinen Kügelchen, wahrscheinlich durch eine Art Sprossungsproceß, erfolgen. Deshalb braucht auch die Entwicklung der Sphären nicht auf den Kern beschränkt zu sein, wie wir dies eben für die Fig. 19 konstatiert haben. Die frühesten kugel- oder ringförmigen Entwicklungsstadien der Hämatoxylinpräparate, wie wir sie besonders in den Figg. 4, 5, 8 treffen, haben fast das Aussehen von Nucleolen und sind von mir Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 12 164 Emil Rohde, lange Zeit als solche aufgefasst worden, bis einerseits meine ein- gehenden Kernstudien!, anderseits die Auffindung der verschiedenen Zwischenstadien bis zu den zweifellosen Sphären (vgl. Figg. 6, 7) mich bezüglich der Deutung der fraglichen Gebilde auf den richtigen Weg wiesen (vgl. unten p. 171 das über die Centrosomen Gesagte). B. Centrosomen. Außer den Sphären kommen in den Spinalganglienzellen des Frosches, allerdings seltener, noch freie Centrosomen vor, bisweilen zusammen mit den Sphären in einer und derselben Ganglienzelle. Dieselben stimmen im Bau, in der Größe wie im Färbungsvermögen genau mit dem Zentralkorn der Sphären überein. Fig. 9 zeigt uns ziemlich genau in der Mitte des Ganglienzellleibes ein solches freies Centrosoma (ci), das nach jeder Richtung dem Zentralkorn der Sphä- ren (sph) in Fig. 9 und 12 gleicht, wie dieses zeigt das Centrosoma eine intensive Rotfärbung, ferner dunkler tingierte Randzone und helleres Zentrum. Die freien Centrosomen treten bald in der Einzahl, bald zu vielen in der Ganglienzelle, und zwar in der Regel im Zellleib der- selben, bisweilen aber auch im Kern, auf, in sehr vielen Fällen fehlen sie ganz. Fig. 24 der Taf. XVII zeigt uns acht etwa ringförmig er- scheinende Centrosomen, und zwar in ganz verschiedener Lage, drei im Zellleib, fünf im Kern; um eins der letzteren findet sich noch ein deutlicher Strahlenkranz, der durch rotes Aussehen gegenüber dem violetten Kerninhalt absticht, das Centrosoma bildet hier also noch das Zentrum einer Sphäre; bei den andern intranucleären Centro- somen der Fig. 24 treten teilweise ebenfalls noch Andeutungen einer solchen hervor. Die Fig. 24 beweist also, daß die freien Centro- somen dem Zentralkorn der Sphäre entsprechen. Die Zentralkörner der Sphären erscheinen nicht immer ringförmig, sondern bisweilen als mehr kompakte, öfter in kleinere Stücke zerfallene Kugeln, so z. B. in Fig. 3 bei der oberen Sphäre, in Figg. 22a, 20 usw. Dasselbe gilt von den freien Centrosomen. Auch sie sehen oft wie Vollkugeln aus. Besonders deutlich treten die Centrosomen in den Zellen bei der HEIDENHAINSchen Eisenhämatoxylin-Beizmethode auf, mit Hilfe deren die Centrosomen in den letzten Jahren von den Autoren allgemein studiert worden sind. Die Figg. 19—21 der Taf. XVII zeigen uns i Vgl. ROHDE, Untersuchungen über den Bau der Zelle. I. Kern und Kern- körper. Diese Zeitschr. Bd. LXXIM. Untersuchungen über den Bau der Zelle. IL. 165 drei in dieser Weise behandelte Spinalganglienzellen des Frosches. Bei starker Beizung gibt der Zellleib wie der Kern fast ganz das Schwarz ab, dunkel gefärbt bleiben nur die Nucleolen und die Centro- somen, welch letztere dann in dem hellen Zellleib ungemein scharf hervorstechen, zumal wenn sie, wie in Fig. 19—21, nicht Ringe, sondern Vollkugeln darstellen. Treten die Centrosomen nur in der Einzahl auf, dann haben sie nicht selten die zentrale Lage im Zellleib, wie sie DEHLER! für die Centrosomen der sympathischen Ganglienzellen des Frosches angibt, worauf ich unten noch ausführlicher zurückkomme (vgl. auf Taf. XIX, Fig. XV, welche eine Kopie einer DeaLerschen Abbildung ist). Wie DEHLER die Centrosomen, so hat auch LEexnuoss£&£k die Sphären stets ins Zentrum der Ganglienzellen verlegt (vgl. oben p. 150 ff. und unten p. 175ff.). Wie aber die letzteren überall im Zellleib auftreten und nicht nur in der Einzahl, was LExHoss£eX glaubte, so finden sich auch die freien Centrosomen allenthalben im Zellleib der Ganglien- zellen, bisweilen in größerer Anzahl, anderseits vermißt man sie in vielen Ganglienzellen ganz. Centrosomen von genau derselben Art, wie wir sie eben vom Frosch kennen gelernt haben, aber ungleich häufiger wie hier, kom- men in den Spinalganglienzellen der Säugetiere vor, unter denen ich sie besonders beim Hund und der Katze studiert habe. Für den Hund lagen mir als Untersuchungsobjekte ein junges Tier von 8 Wochen, von welchem ich so ziemlich sämtliche Spinalganglien in Schnitte zerlegt habe, sowie ein ausgewachsenes Exemplar vor. Die folgenden Angaben beziehen sich vorwiegend auf den ersteren. Bemerkenswert ist zunächst, daß bei den Säugetieren nur freie Centrosomen, niemals aber Sphären auftreten. Dies ist schon von LENnHoss£ek betont worden, welcher am Ende seiner Arbeit? auf p- 367 folgendes schreibt: »Nachdem es mir gelungen war, Centrosom und Sphäre in den Spinalganglien des Frosches aufzufinden, habe ich es nicht unterlassen, auch die Spinalganglien einiger Säuger auf diese Verhältnisse mit der HzıpenHassschen Methode zu prüfen. Ich habe hierzu namentlich die Spinalganglien von Hund und Katze benutzt. Das Ergebnis war nun ein vollkommen negatives. Die Zellen sind beim Säuger wesentlich anders gebaut als beim Frosche, aber auch 1 DEHLER, Beiträge zur Kenntnis vom feineren Bau der sympathischen Ganglienzelle des Frosches. Arch. f. mikr. Anat. 1895. 2]. c. 12% 166 Emil Rohde, hier besteht manchmal eine konzentrische Anordnung des Protoplasmas, wenn auch viel schwächer ausgesprochen als bei dem letzteren. Der Mittelpunkt der konzentrischen Kreislinien wird aber stets vom Kern gebildet. Dieser liegt auch, so weit ich sehe, immer im Mittelpunkt der Zelle. Centrosom und Sphäre sind nicht nachzuweisen.« Ebenso wie LENHOSSEK die freien Centrosomen in den Spinal- ganglienzellen des Frosches übersehen hat, sind ihm auch die gleichen Bildungen in der Säugetierganglienzelle entgangen. Die freien Centrosomen der Säugetierganglienzellen zeigen eine ganz auffallende Übereinstimmung mit denen der Froschganglienzelle, sowohl in der Größe, Zahl und Lage, wie im Bau und in der Färbung, so daß es keinem Zweifel unterliegt, daß wir es mit identischen Gebilden zu tun haben. Nur muß ich betonen, daß ich sie beim Hunde, besonders dem jungen, viel regelmäßiger in den Ganglien- zellen fand als beim Frosch, in manchen Ganglien fehlten sie aber auch beim Hunde ganz. Sehr beweisend nach dieser Richtung ist die Fig. 25 (Taf. XVII), welche eine Spinalganglienzelle des jungen Hundes nach Sublimathärtung und Doppelfärbung durch Jodgrün- Fuchsin darstellt und sechs freie Centrosomen enthält, welche genau wie in der links daneben befindlichen Ganglienzelle des Frosches Fig. 24) an ganz verschiedenen Stellen im Zellleib auftreten, eins wieder direkt an der Grenze von Kern und Zellleib, durch tiefrote Färbung sich auszeichnen und gleichfalls in dunkle Randzone und helleres Zentrum differenziert sind. In den Spinalganglien der Wirbeltiere tritt außer den oben (p. 155) beschriebenen Schollenganglienzellen noch eine zweite Art von Ganglienzellen auf, welche ganz frei von Schollen und durchweg fein granuliert sind. Die letzteren sind, wie ich im IV. Teil dieser Zelluntersuchungen demnächst ausführlich darlegen werde und es schon in meinen letzten Arbeiten wiederholt betont habe, die jüngere Zellform. Sie traten besonders zahlreich bei dem acht Monate alten Hunde auf. - Diese jungen Zellformen mit dem fein granulierten Zell- protoplasma sind es nun, in denen die Centrosomen namentlich scharf hervorstechen, wie dies z. B. Fig. 25 zeigt, während sie dagegen bei den älteren Ganglienzellen zwischen den gleich dunkelgefärbten großen Schollen oft nur schwerer nach Jodgrünfuchsinbehandlung zur Unterscheidung gelangen (vgl. z. B. Fig. 36, Taf. XVII von der Katze). Ich bemerkte oben schon, daß die Schollenganglienzellen oft eine von Schollen ganz freie feinkörnig resp. feinfibrillär aussehende Rand- zone besitzen. Ebenso wie in dieser die Sphären namentlich deutlich Untersuchungen über den Bau der Zelle. I. 167 zur Beobachtung gelangten (vgl. sph Fig. 2, 13, 14 auf Taf. XVII), so treten hier auch die Centrosomen gleich scharf wie in den jungen durchweg feinkörnigen Zellformen hervor (vgl. z. B. ct auf Taf. XVII 2 3,.7,9, 12). Fig. 1 und Fig. 2 der Taf. XVIII zeigen die Centrosomen, welche wieder in verschiedener Zahl und Lage wie in der Frosch- ganglienzelle Fig. 24 der Taf. XVII erscheinen, mit starkem dunkel- rotem Rande. In andern Fällen sehen die Centrosomen ähnlich, wie wir es schon für die Spinalganglienzellen des Frosches konstatiert haben, durchweg gleichmäßig, wie Vollkugeln, aus, so z. B. in Fig. 6 der Taf. XVII. Diese Fig. 6 lehrt uns ferner, daß die Centrosomen auch von der Kugelgestalt abweichen und bald eckig, bald langge- streckt sein können. Oft sind sie in kurze oder längere, teils dicke, teils dünne Fortsätze ausgezogen, so daß sie etwa ähnlich wie eine kriechende Amöbe aussehen (vgl. z. B. Fig. 3 der Taf. XVIII ci). Wie in der äußern Gestalt und Zahl so sind die Centrosomen auch in der Größe Schwankungen unterworfen. In manchen Ganglien sind sie durchweg sehr klein, wie dies die Figg. 9 und 10 der Taf. XVIII demonstrieren, welche mit Boraxkarmin gefärbte Spinal- ganglienzellen des jungen Hundes im Schnitt darstellen. Diese beiden Figuren zeigen ferner, wie nahe die Centrosomen in der Fär- bung dem Ganglienzellleib kommen. Dasselbe sehen wir auch nach der Behandlung der Objekte mit Jodgrün-Fuchsin (vgl. Taf. XVII, Figg. 24—26). Außer den bisher beschriebenen teils dunkelrandigen, teils durch- weg gleichmäßig gefärbten Centrosomen kommen noch anders gebaute vor. So können wir in dem mächtigen Centrosoma c? der in Fig. 4, Taf. XVII dargestellten mit Jodgrün-Fuchsin behandelten Ganglienzelle ein sehr großes intensiv gefärbtes Zentralkorn und eine hellere Rand- schicht unterscheiden. Besonders deutlich treten diese Differenzierun- gen der Centrosomen aber nach Behandlung der Schnitte mit der HEIDEnHAINnschen Eisenhämatoxylinmethode hervor, wie dies die Figg. 13—27 der Taf. XVII erläutern. In der schollenhaltigen Ganglienzelle Fig. 13 sind die beiden kleinen im Zellleib liegenden Centrosomen durchweg intensiv schwarz gefärbt, ebenso die Centro- somen ct der Figg. 15, 19—21. Das große in Fig. 13 an der Grenze von Kern und Zellleib liegende Centrosoma ct aber, das den Eindruck macht, als wenn es sich eben durch die Kernmembran hindurch t Vgl. die Anmerkung der Fig.-Erkl. auf p. 218. 168 Emil Rohde, zwängt, ist zwar dunkel umrandet, in seinem Innern aber hell bis auf ein kleines rundliches intensiv schwarz tingiertes Korn. In der schollenlosen Ganglienzelle Fig. 14 sehen die beiden Centrosomen ci ganz blaß und nur wieder scharf umrissen aus, in Fig. 17 dagegen erscheint das gleich große und gleich gestaltete Centrosoma ei, welches die Kernmembran durchsetzt, wieder durchweg dunkelschwarz, während die Ganglienzelle Fig. 16, welche ein Übergangsstadium zwischen den schollenlosen und den schollenhaltigen Ganglienzellen darstellt, das eine (rechte) Centrosoma ct in dunkles Zentrum und helle Rand- zone differenziert, das andre (links daneben befindliche) Centrosoma ct aber in gleichem Bilde zeigt, wie wir die Centrosomen c? der Fig. 14 kennen gelernt haben. Wir sehen also, dab die Centrosomen einer und derselben Gan- glienzelle oft ganz verschiedene Strukturen aufweisen. Nicht selten traf ich den Gegensatz zwischen den Centrosomen der gleichen Gan- glienzelle noch viel schärfer, als ich es eben beschrieben habe. Bleiben die mit HEIDENHAINschem Eisenhämatoxylin differenzierten Schnitte mehrere Jahre lang in Glyzerin liegen, so verblassen die Centrosomen stark und werden ganz undeutlich. Behandelt man die Schnittserien dann noch ein zweites Mal mit der HEIDENHAINschen Methode, — natürlich nachdem man das Glyzerin sorgfältig aus den Schnitten ausgewaschen hat — so treten die Centrosomen mit allen den eben geschilderten Differenzierungen noch viel deutlicher hervor als das erste Mal, wie ich bei den verschiedensten Objekten probiert habe, und bleiben dann auch sehr lange in Glyzerin unverändert. Noch nach einem Jahre hielten die Centrosomen derartig behandelter Schnitte den Farbstoff in ganz verschiedener und zwar derselben Weise wie das erste Mal zurück: manche sahen, wie oben angegeben, durchweg farblos bis auf eine ganz schmale dunkle Randzone, andre gleichmäßig intensiv schwarz aus, ein drittes wies ein bald größeres bald kleineres dunkelschwarzes Zentralkorn und helle Randzone auf. Diese Unterschiede können also kaum zufällige Differenzierungen, sondern müssen durch einen verschiedenen Bau der Centrosomen be- dingt sein. Dieselben bestehen offenbar aus zwei Substanzen, nämlich aus einer schwerer färbbaren Grundsubstanz und einer zweiten dieser in sehr wechselnder Menge und Form eingelagerten stärker chroma- tischen Substanz. Untersucht man die Schnitte ungefärbt in Glyzerin, so treten auch hier schon bedeutende Unterschiede unter den Centrosomen zu Tage. Die einen sind durchweg milchig, genau wie die Nucleolen Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 169 im Kern, andre sehen ungemein scharf umrissen aus, oft fast wie mehr oder weniger diekwandige Ringe, nicht selten tritt noch eine dritte Art auf, welche einen auffallenden metallischen Glanz zeigt. Auch auf den gefärbten Schnitten hafteten den Centrosomen in manchen Ganglien feine Körnchen, oft in bedeutender Menge, an, welche einen metallischen Glanz hatten oder wie Pigmentkörnchen aussahen. Ich habe in Fig. 8 der Taf. XVIII eine Ganglienzelle aus einem Ganglion, in welchem diese Körnchen besonders stark ent- wickelt auftraten, nach Behandlung mit Pikrokarmin dargestellt, die Centrosomen sind hier derartig mit den gefärbten Körnchen besetzt, daß sie selbst kaum in ihren Umrissen zu erkennen sind. Die Centrosomen machen ferner offenbar Teilungen durch, ähnlich wie wir sie bei den Sphären konstatiert haben. Wenigstens trifft man oft mehrere Centrosomen so dicht aneinander geklebt, daß man durchaus den Eindruck gewinnt, als ob hier Teilungen eines Muttercentrosoma vorliegen, wie z. B. bei ct in Fig. 5 Taf. XVII, und bei ct’ in Fig. 9 Taf. XVII. Oft liegen viele Centrosomen kettenartig hintereinander, so daß sie an die durch Sprossung ent- standenen Perlschnüre erinnern, welche bei den multinueleolären Eiern der Amphibien aus den Nucleolen hervorgehen!, oder wie die Ketten von Sproßpilzen aussehen. Auch die Gestalt des oberen Centrosoma ct in Fig. 11, Taf. XVIH ist wohl nur so zu erklären, daß dasselbe eine Knospe treibt. Schließlich können die Centrosomen in abermaliger Überein- stimmung mit den Sphären auch aus dem Zellleib der Ganglien- zellen heraustreten. Fig. 26 der Taf. XVII zeigt uns ein Centro- soma ct am äußersten Rande der Ganglienzelle, teilweise schon außer- halb derselben, Fig. 9 der Taf. XVII bei « aber zwei extracelluläre Centrosomen. Doch muß ich betonen, daß ich solch extracelluläre freie Centrosomen nie in der Häufigkeit beobachtet habe, in welcher die Sphären in gewissen Ganglien des Frosches auftreten. Möglicher- weise liegt der Grund aber in der Kleinheit der Centrosomen, welche bei der von mir benutzten Aufklebemethode der Schnitte (durch schwachen Alkohol) viel leichter verloren gehen können als die sroßen Sphären. | Wenden wir uns zu den sympathischen Ganglienzellen, so treffen wir hier beim Frosch ganz ähnliche Centrosomen wie in den 1 Vgl. ROHDE, Untersuchungen über den Bau der Zelle. I. Kern und Kern- körper. 1. c. 170 Emil Rohde, Spinalganglienzellen, nur ist die Tatsache bemerkenswert, daß die Centrosomen bei der sympathischen Ganglienzelle ungleich häufiger als bei der Spinalganglienzelle im Kern auftreten. Auch im Sympathieus zeigen die Centrosomen sehr bedeutende Größenunterschiede und starken Wechsel in der Zahl und Lage wie im Bau. Figg. 28—50 der Taf. XVII zeigen uns Ganglienzellen eines Ganglions, in welchem die Centrosomen fast durchweg sehr klein, aber sehr zahlreich waren. Wir finden sie teils im Zellleib, teils im Kern, teils an der Grenze von beiden, d. h. entweder im Übertritt aus dem Zellleib in den Kern oder umgekehrt begriffen. Die Figg. 22—24 sind einem andern Ganglion entnommen, in welchem die Centrosomen durchschnittlich viel größer als in dem Ganglion Figg. 23—30, aber gleichfalls sehr zahlreich waren. Während aber die kleinen Centrosomen der Figg. 23—30 sämtlich als durch- weg gleich dunkle Kügelchen erscheinen, zeigen die größeren Centro- somen der Figg. 22—24 in ihrem Innern deutliche Differenzierungen ähnlicher Art, wie wir sie bei den Uentrosomen der Spinalganglien- zellen beobachtet haben, so besonders die großen intranucleären Centro- somen der Fig. 23, insofern sie ein dunkelschwarzes Zentralkorn und eine helle Grundsubstanz erkennen lassen, welch letztere als Rand- zone erscheint. Wieder einem andern Ganglion gehören die drei Ganglienzellen Fig. 25—27 an. Hier kamen die Centrosomen ungleich spärlicher vor, sie zeigten aber meist bedeutendere Dimensionen und im Zu- sammenhang damit auch wieder deutliche Strukturen im Sinne der intranucleären Centrosomen der Fig. 23. Fig. 25 enthält ein intra- nucleäres Centrosoma mit großem Zentralkorn und ein extranucleäres Centrosoma, in dessen Innern die dunkelschwarzen Partien an ver- schiedenen Stellen und in wechselnder Form auftreten; in Fig. 27 ist das dunkelschwarze Zentralkorn in dem extranucleären Centrosoma kuglis, in dem intranucleären Centrosoma dagegen hufeisenförmig gestaltet; auch die beiden intranucleären Centrosomen der Fig. 26 lassen in wechselnder Ausbildung helle Randzone und dunkles Zentralkorn unterscheiden. Helle Grundsubstanz und dunkel tingierte Partien treten in den Centrosomen der sympathischen Ganglienzellen wieder in dem denkbar verschiedensten Verhältnis, sowohl was die Menge als die Gestalt anbetrifft, auf, ja sie zeigen hier noch größere Variationen als ich sie im Spinalganglion konstatiert habe. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II 171 DEHLER! hat, wie schon oben bemerkt, die Centrosomen in den sympathischen Ganglienzellen des Frosches ebenfalls gesehen, aber von ihnen angegeben, daß sie in einer bestimmten zentralen Lage im Ganglienzellleib auftreten (vgl. Ausführlicheres unten p. 182 ff.). Gewib gibt es auch solche Ganglienzellen, in bestimmten Ganglien mögen diese auch zahlreicher sein, in den meisten sympathischen Ganglien- zellen liegen die Centrosomen aber nicht zentral, sondern wie bei den Spinalganglienzellen an den verschiedensten Stellen, nicht nur im Zellleib, sondern auch im Zellkern, und treten sie nicht bloß in der Einzahl, sondern zu vielen auf. Dagegen hat DEHLER die Differen- zierung der Centrosomen in eine helle Grundsubstanz und eine dunkler färbbare meist als Zentralkorn erscheinende Masse erkannt, wenn auch anders gedeutet, insofern er die helle Randzone als Sphäre an- sieht, eine Auffassung, der ich auf Grund meiner Befunde nicht bei- stimmen kann (vgl. Ausführliches unten p. 185). Im ersten Teil dieser Zelluntersuchungen?2 habe ich von den Nucleolen der Sympathicuszelle des Frosches angegeben, daß sie ebenfalls aus einer schwach färbbaren Grundsubstanz und aus einer zweiten stärker tingiblen Substanz bestehen. Im Sympathicus des Frosches zeigen die freien Centrosomen eine solche Ähnlichkeit mit den Nucleolen, daß beide Elemente häufig nur schwierig auseinander- gehalten werden können. Wenn nicht die so auffällige Überein- stimmung der Centrosomen des Sympathicus mit den Centrosomen der Spinalganglienzellen des Frosches und der Säugetiere bestünde, und es bei letzteren nach meinen oben mitgeteilten Befunden nicht ganz ausgeschlossen wäre die hier auftretenden Centrosomen als Nucleolen zu deuten, so würde ich auch heute noch die Centrosomen des Sympathi- cus als Nucleolen ansehen, die in den Zellleib übertreten. In meiner Arbeit »die Ganglienzelle®« habe ich die freien Centrosomen noch direkt als wandernde Nucleolen beschrieben und sie mit der Entstehung der Schollen in Zusammenhang gebracht; ich ließ mich damals über diesel- ben (p. 705— 707) folgendermaßen aus: »Ich erwähnte oben die kleinen und mittelgroßen Nucleolen, welche sich bei Doppelfärbungen anders verhalten als die ‚Hauptnucleolen‘ und im Gegensatz zu diesen als ‚Nebennucleolen‘ bezeichnet wurden. Sie nehmen stets genau die- selbe Färbung an wie die Schollen. Ich habe die ZIMMERMANNSsche i DEHLER, 1. ce. 2 Kern und Kernkörper. Diese Zeitschr. Bd. LXXII. 3 uc. 172 Emil Rohde, Doppelfärbung in zweifacher Weise angewandt, worüber ich an an- derer Stelle ausführlicher berichten werde. Bei der einen färben sich die Schollen tief rot; in diesem Falle sind auch die Nebennucleolen dunkelrot tingiert, während die Hauptnucleolen mehr ein rosa Aus- sehen zeigen, und der übrige Inhalt des Kerns, wie schon oben be- merkt, sehr schwach gefärbt und in einem Mischton von rot und blau erscheint. Die Nebennucleolen stechen deshalb im Kern scharf hervor. Bei der andern Methode der ZınvermAannschen Doppelfärbung, welche sich eng an die AurrBAchnschen Angaben anschließt, wird der Hauptnucleolus intensiv rot gefärbt, die Nebennueleolen dagegen bläulieh und die krümelige Inhaltsmasse des Kerns wieder nur sehr schwach und in ähnlichem Tone wie beim ersten Verfahren. Auf diesen Präparaten zeigen auch die Schollen wieder genau den bläu- lichen Ton der Nebennucleolen. Bei der HeıpexHuArsschen Beiz- methode leuchten, wenn man nur wenig entfärbt, die Schollen oder doch eine größere Anzahl von ihnen durch dunkelschwarzen Ton hervor; dieselbe intensive Schwarzfärbung weisen auch die Neben- nucleolen auf, während der Hauptnucleolus heller, oft bedeutend heller erscheint. Besonders scharf trat dieser Gegensatz zwischen den beiden Nucleolenarten dann hervor, wenn ich, wie es öfter ge- schah, ein bereits einmal nach der HEIDExHArnschen Methode be- handeltes, schon etwas verblichenes Präparat noch ein zweites Mal demselben Prozeß unterwarf, was bei Glycerineinschluß der Schnitte keine Schwierigkeiten macht. Die Nebennucleolen sind es nun, welche an die Stelle der Kernfortsätze der Wirbellosen treten und an der membranfreien Seite des Kerns in den Zellleib wandern und sich hier nach allen Richtungen verbreiten. Läßt man bei der HEIDEN- HAINnschen Behandlung die Schnitte längere Zeit in der Beize, so ver- lieren die Schollen ihre Färbung, während die Nebennucleolen schwarz bleiben und dann scharf in dem ungefärbten Zellleib hervorstechen. Durehmustert man in dieser Weise behandelte Schnitte, so findet man die Nebennucleolen auf allen Stadien der Auswanderung. Bisweilen sieht man sie auch aus allseitig von der Membran umhüllten Kernen austreten und sich, indem sie amöbenartig Fortsätze entsenden, durch die Membran zwängen. Auch im Zellleib selbst erscheinen die Neben- nucleolen nicht immer absolut kugelig, sondern bisweilen mit kleinen Ausläufern versehen. Sie bewegen sich also amöbenartigz. Genau dieselben Verhältnisse beobachtete ich bei den mit Jodgrünfuchsin behandelten Schnitten. Hier heben sich die Nebennueleolen im Proto- plasmaleib der ‚Schollen-Ganglienzellen‘ nur durch ihre rundliche Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. | 173 Form und die schärfere Begrenzung von den gleichgefärbten Schollen ab. Ihr Übertritt in den Zellleib läßt sich auch an solchen Präpa- raten sehr deutlich verfolgen. Die Zahl der in den Zellleib über- tretenden Nebennucleolen ist eine sehr verschiedene. Bisweilen traf ich auf einem Schnitt sieben bis acht, und zwar an den verschieden- sten Stellen des Zellleibes, meist aber weniger, nicht selten auch nur einen. In diesem letzten Falle sind sie schon beschrieben, aber ganz irrig gedeutet worden, nämlich beim Sympathicus des Frosches. Sie entsprechen nämlich den von DEHLER! hier als Centrosomen beschrie- benen Gebilden. Zu einer solchen Auffassung kann man leicht kom- men, wenn man dieselben nicht auf einer breiteren Grundlage unter- sucht. DEHLER hat mit der HEIDENnHAINschen Beizmethode gearbeitet. Hier stechen bei starker Entfärbung die Nebennucleolen, wie ich schon oben erwähnte, in dem ganz farblosen Zellleib durch ihr tief- schwarzes Aussehen stark hervor, zumal in der Sympathicuszelle des Frosches, da bei dieser die Schollen entweder ganz fehlen oder, wenn vorhanden, sehr häufig nur peripher vorkommen und das innere srobfibrilläre Spongioplasma des Ganglienzellleibes (vgl. oben) seinen Farbstoff bei der Beize sehr leicht abgibt. Die Nebennucleolen er- innern in solchen Fällen, besonders wenn sie nur in der Einzahl auftreten, allerdings stark an die bei andern Zellen als Centrosomen beschriebenen Bildungen. DEHLER bildet ferner seine Centrosomen mit einem hellen Hofe ab. Auch in dieser Form erscheinen die Nebennucleolen bisweilen sowohl innerhalb als außerhalb des Kerns. Hier wie dort bemerkt man nämlich neben den durchweg schwarz sefärbten Nebennucleolen auch solche, welche nur in ihrem Innern tingiert sind, peripher aber einen hellen Randsaum zeigen; bei manchen ist der letztere sehr breit, und die gefärbte Partie erscheint nur als zentraler, dunkler Punkt. Die Nebennucleolen bieten dann genau das Bild der von DEHLER bezeichneten sog. Centrosomen?, nur sah ich sie selten so groß und die meisten ohne hellen Hof. Auch ganz farblose, wie helle Ringe aussehende, Neben- nucleolen kommen im Kern wie im Zellleib vor, oft neben ganz dunkel gefärbten. Da wir es nach dem Gesagten hier unmöglich mit 1 DEHLER, Beiträge zur Kenntnis vom feineren Bau der sympathischen Ganglienzellen des Frosches. Archiv für mikr. Anat. 189. 2 Von Interesse ist, daß MAnn centrosomenartige Gebilde in den Kernen von sympathischen Ganglienzellen und Pyramidenzellen der Großhirnrinde bei Säugern angibt (Histol. chang. induc. in symp., motor and sens cells by Luc activ. Journ. of Anat. and Phys. Vol. XXIX. 1894—1895). 174 Emil Rohde, Centrosomen zu tun haben können, so entsteht die Frage: ‚Was be- deuten die Nebennucleolen ?‘« Zum Schluß will ich noch kurz der centrosomenartigen Bildungen gedenken, die ich bei den Spinalganglienzellen einer jungen (4 Tage alten) Katze mit großer Regelmäßigkeit getroffen habe (Figg. 33— 37 der Taf. XVII ct). Dieselben waren meist kugelig, bisweilen aber auch eckig (Fig. 33), wie wir dies auch bei den Centrosomen des Hundes konstatiert haben (vgl. Fig. 6, Taf. XVII); sie lagen oft zu mehreren direkt aneinander, als wenn sie aus einem Muttereentro- soma entstanden wären (Fig. 34), und zeigten bisweilen eine eigen- artige, wohl durch Knospung zu erklärende Gestalt (Fig. 35); sie traten meist im Zellleibe, bisweilen, aber seltener, im Zellkern oder auf der Grenze zwischen beiden (Fig. 37) auf und stimmten in der Färbung genau mit den Centrosomen des Hundes und des Frosches überein. Öfter unterschieden sie sich kaum von den Nucleolen. Ob die traubenförmigen Bildungen ct’, welche die Figg. 38 und 39 auf Taf. XVII im Zellleib der Ganglienzellen zeigen, und die ich öfter bei der Katze traf, mit den Centrosomen zusammenzubringen sind, vielleicht durch unvollkommene Teilung resp. Knospung ent- standen zu denken sind, muß ich für heute noch unentschieden lassen. III. Vergleichender Teil. Im folgenden will ich nachzuweisen suchen, daß die von mir beschriebenen Sphären und Centrosomen auch wirklich den Sphären resp. Centrosomen der Autoren entsprechen. Bezüglich der Sphären bemerkte ich oben schon, daß bei dem gleichen Objekt, für welches ich die Sphären beschrieben habe, d.h. bei den Spinalganglienzellen des Frosches, solche auch von andrer Seite angegeben worden sind, nämlich von LENHOssEXk!. Daß wir beide die gleichen Gebilde vor uns gehabt haben, beweist allein schon ein Vergleich meiner Fig. 1, Taf. XVII mit der Lexnosserschen Ab- bildung, die ich als Fig. XVII auf Taf. XIX kopiert habe. In beiden zeigen die Sphären nicht nur dieselbe Größe und Lage, sondern auch die gleiche Differenzierung in Zentralkorn und Rindenzone Der wesentliche Unterschied besteht nur darin, daß die Rindenzone der ! LENHOSSEK, Centrosom und Sphäre in den Spinalganglienzellen des Frosches. Archiv für mikr. Anat. 189. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. | 175 LexHoss£xschen Sphäre homogen erscheint. Ich habe oben wieder- holt betont, daß in manchen Fällen die von mir beschriebenen Ra- diärfasern resp. Körnchen der Rindenzone sehr undeutlich werden (vgl. z. B. Taf. XVII, Fig. 2 und namentlich Fig. 2205); besonders silt dies von den Kanadabalsampräparaten, wie sie LENHOSSER aus- schließlieh benutzt hat. Stets vollständig homogen erschienen auch auf meinen Präparaten die Sphären, wenn die Objekte nicht mit Sublimat, sondern mit Alkohol gehärtet waren, wie dies die Fig. 23 der Taf. XVII demonstriert. Statt des starken Körnchenkranzes, der auf den Glyzerinschnitten die Sphären meist nach außen abgrenzt, sehen wir in diesem Alkoholpräparat Fig. 23, ähnlich wie in der LExHoss£xschen Figur (Kopie Fig. XVII auf Taf. XIX), meist eine Membran als äußeren Abschluß der Sphäre. LENHOsSER läßt sich über seine Sphären folgendermaßen aus (p. 355): »Verfolgt man nun die Körner der zweiten Gattung an den HErDEnHArINschen Bildern von der Peripherie des kugelförmigen Protoplasmaabschnittes nach dessen Zentrum hin, so findet man zu- nächst, daß sie je mehr nach innen, desto mehr an Dichtigkeit zu- nehmen. Dies stimmt überein mit den Thioninbildern. Aber während bei diesen die Körnelung auch die zentrale Stelle, auch das eigent- liche Zentrum des Zellkörpers überschwemmt, tritt uns an den Bor- deaux-Hämatoxylinbildern ein andres Verhalten entgegen. Schon in einiger Entfernung vom Zentrum hört die Körnelung mittels einer kreisförmigen Linie auf. In der Mitte des Protoplasmas taucht nun, eingebettet in das granulierte Plasma, ein relativ kleines, helles, wohl konturiertes, kugelförmiges Gebilde auf, das sich durch seine ganz homogene Beschaffenheit und durch seine besondere Färbung von der Umgebung äußerst plastisch abhebt. Es zeigt eine geradezu metachromatische Färbung, indem es nicht die reine Bordeauxtinktion annimmt, sondern eine Bordeauxtinktion mit der Beimischung eines leicht bläulichen, offenbar vom Hämatoxylin herrührenden Tones. Das deutliche Hervortreten des Gebildes wird dadurch sehr gefördert, daß es innerhalb des von den Körnern ausgesparten Raumes noch seine eigne scharfe Grenzlinie " besitzt und von den Körnern wenigstens sehr oft durch einen schmalen weißen Hof geschieden ist. Der Gegenwart dieses hellen Saumes ist es zu verdanken, daß die Grenzlinie des Gebildes recht genau untersucht werden kann. Sie zeigt sich in allen Zellen, wo sie in verläßlicher Weise zur Ansicht kommt, ganz regelmäßig, ohne Höcker oder dergleichen. Die An- wendung der stärksten Vergrößerungen läßt keinen Zweifel darüber, 176 Emil Rohde, daß die Linie keineswegs durch perlschnurartig aneinandergereihte Mikrosomen gebildet wird. Ihre scharfe Ausprägung läßt sie manch- mal als feine Membran erscheinen, aber in der Mehrzahl der Fälle bekommt man mehr den Eindruck, daß es sich bloß um eine Grenzmarke handelt, die durch das Aneinandergrenzen zweier substan- tiell verschiedener Protoplasmatheile zu stande kommt.« p. 356/357: »Was die Form des Scheibehens betrifft, so bietet es typisch die Gestalt eines regelmäßigen Kreises dar, mag die Zelle, der es an- gehört, noch so extrem verlängert sein. Da es auch an Querschnitten der Zellen in derselben regulären Kreisform erscheint, so ist klar, daß hier ein regelmäßig kugelförmiges Gebilde vorliegt. Zwar kommen ab und zu auch längliche Formen vor, allein ich könnte mich nicht entschließen in ihnen etwas andres als Verzerrungsfiguren, Kunst- produkte, zu erblicken!.c p. 357/358: »Genau im Zentrum der homogenen Scheibe bemerkt man in allen Zellen, wo die in Rede stehenden Dinge überhaupt zur Darstellung gelangen, noch ein weiteres Gebilde: einen kleinen aus Körnern zusammengesetzten Körper, im ganzen von 1—2 u Durchmesser, der sich mit dem Hämatoxylin der HeEiIDenHAINschen Färbung in äußerst intensiver Weise, nicht weniger lebhaft als das Kernkörperchen, verbindet. Es handelt sich in der Mehrzahl der Fälle um ein rundes, aber durch seine unregelmäßige Begrenzung sehr oft maulbeerförmig erscheinendes Gebilde. Sieht man genau zu, so erkennt man, daß das Gebilde keinen struktur- losen ganz einheitlichen Körper bildet, sondern ein Multiplum von unmeßbar feinen Pünktchen, die in eine schwächer gefärbte Ver- bindungsmasse eingebettet zu sein scheinen. In Betreff der Zahl dieser feinen mikrokokkenartigen Körnchen, die übrigens von ver- schiedener Stärke sein können, und die die eigentlichen Träger der Schwarzfärbung des ganzen Gebildes sind, vermag ich nur soviel anzugeben, daß sie jedenfalls mehr als ein Dutzend beträgt. Das Häufchen präsentiert sich aber nicht immer in der beschriebenen regelmäßigen Gestalt. Es kann eine unregelmäßige zackige oder längliche Form aufweisen. Nicht selten sieht man einzelne Körnchen oder Körnchengruppen sich aus dem Bestand des Körperchens los- trennen, ja in manchen Fällen findet man statt eines Häufchens zwei oder drei getrennt nebeneinanderliegen. Möchte ich mich auch eines ganz bestimmten Urteils darüber enthalten, inwieweit bei einer solchen Anordnung der Körnchen präformierte Verhältnisse vorliegen oder 1 Das gilt z. B. auch von der Sphäre der in Fig. 23, Taf. XVII abgebilde- ten Ganglienzelle, welche durch Alkohol konserviert war. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. | EX inwieweit es sich um Erscheinungen handelt, für die die Mißhand- lungen bei der Präparation verantwortlich zu machen sind, so muß ich doch sagen, daß mir letzteres immerhin viel wahrscheinlicher scheint. Das Hauptgewicht möchte ich darauf legen, daß ich diese zentralen Körnchen in geeigneten Präparaten nie vermißt habe. Zeichnet sich das Gebilde in Bezug auf die Stärke der Färbung durch seine Affinität dem Hämatoxylin gegenüber aus, die derjenigen des Kernkörperchens nicht nachsteht, so steht es, was das Festhalten des Farbstoffes betrifft, entschieden hinter diesem zurück, namentlich bei kleineren Zellen, und dies erklärt uns nebst dem Fehlen der Körner der zweiten Gattung im Endoplasma, warum die allerkleinsten Elemente keine günstigen Specimina zur Untersuchung der fraglichen Verhältnisse bilden. Der Farbstoff wird aus dem Gebilde bei der Extrak- tion nicht auf einmal spurlos entzogen, sondern es tritt uns als Zwischen- stadium ein Zustand der schwachen, diffusen Färbung entgegen, bei dem das kleine Gebilde sich als einheitlicher Körper ohne Spur jener körnigen Einschlüsse präsentiert« (vgl. oben p. 151 mein Zitat). In der Deutung der einzelnen Teile der Sphäre weicht LENHOSSER in einem wichtigen Punkte von mir ab. Er sagt (p. 359/361): »Ich selange zum schwierigeren Teil meiner Aufgabe, indem ich daran gehe, die geschilderten Bildungen terminologisch zu kennzeichnen und mit den Befunden andrer in Zusammenhang zu bringen. Daß es sich um Centrosom und Sphäre handelt, liegt auf der Hand. Die Schwierigkeit liegt angesichts der in der Literatur über diese Dinge herrschenden Kontroversen in der Frage, was wir hier als Centrosom, was wir als Sphäre bezeichnen sollen? Das zentrale Körnchen- häuflein ist ohne Frage identisch mit dem Zentralkörperchen van BENEDENS!. Schon etwas schwieriger ist der Vergleich mit den Darstellungen Boverrs?, aber ich bin schließlich zur Überzeugung gekommen, daß sich unser Körnerhaufen doch mit dem deckt, was BOVERI — wenigstens in gewissen Stadien der Befruchtung des As- carıs-Eies — als Centrosoma bezeichnet hat. Dagegen stimmt es nicht überein mit dem, was für FLemmmne® und M. HEIDENHAIN! ein 1 vAn BENEDEN et A. NeyT, Nouvelles recherches sur la fecondation et la division mitosique chez l’Ascaride megalocephale. Bulletins de l’Academie royale de Belgique. Tome XIV. 1887. 2 Tu. Boverı, Zellenstudien. Heft 2. Jena 1888. 3 W. FLEMMING, Neue Beiträge zur Kenntnis der Zelle. II. Teil. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXXVII 1891. 4 M. HEIDENHAIN, Neue Untersuchungen über die Zentralkörper und ihre Beziehungen zum Kern und Zellprotoplasma. Ebenda. Bd. XLII. 1894. 178 Emil Rohde, Zentralkörper ist, sondern entspricht dem Mikrozentrum des letztern Autors. Von diesen Namen möchte ich das Wort Centrosoma bevor- zugen, weil es richtig gebildet, als Terminus technieus vortrefflich geeignet und, wie mir scheint, auch am meisten eingebürgert ist. Ein ähnliches, in seinem Innern eine größere Zahl von Körnchen ein- schließendes Centrosom ist uns nun durchaus keine neue Erscheinung. Tritt uns doch gleich bei der ersten Beschreibung dieses Gebildes, bei derjenigen bei van BENEDEN, ein derartiges Centrosom entgegen, und auch seitdem sind mehrere Zellgattungen bekannt geworden, bei denen ein ähnlich gebautes Centrosom vorliegt. Ja ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß die Anwendung der meiner Überzeugung nach für eine verläßliche Darstellung dieser Dinge vor allen andern Methoden geeigneten HEIDENHATNschen Färbung auch bei den Zellen, wo das Üentrosom bisher als einheitlicher, strukturloser großer Klumpen gesehen wurde, noch eine derartige innere Konstitution dieses Gebildes enthüllen wird. HEIDENxHAINs! Verdienst ist es zu- erst ausführlich dargelegt zu haben, daß in den Bau des Centrosoms außer den Körnchen noch ein zweiter Bestandteil eingeht: eine schwach färbbare Zwischenmasse, die die Körnchen miteinander verbindet. Ich vermag die Beobachtungen HEIDENHAINS für mein Objekt vollauf zu bestätigen und möchte auf diese Zwischensubstanz besonderes Gewicht legen. Denn in ihrer Gegenwart erblicke ich dasjenige, wodurch das ganze Gebilde, mag es in seinem Innern noch so viele Körnchen beherbergen, doch immer in seiner Eigenschaft als einheit- licher Körper gewährleistet ist.« Unter dieser Zwischensubstanz ist das von mir als Grundsubstanz bezeichnete Element der Sphären zu verstehen. Daß diese Grund- substanz als Hof um das Centrosoma auftreten kann und sich auch in die Rindenpartie der Sphäre als Zwischensubstanz der Stadien fortsetzt, ist LENHOSSER entgangen. Da er die Radiärstreifung resp. Körnelung der Rindenpartie der Sphäre nicht gesehen hat, kommt er zu einer ganz irrigen Deutung des peripheren Abschnittes der Sphäre, indem er hierüber schreibt (p. 362/363): »Einer viel größeren Schwierigkeit begegnen wir, wenn wir- uns zur Deutung des zweiten hier in Betracht kommenden Gebildes, jener hellen, wohlabgegrenzten Zone um das Centrosom herum, wenden. Würden wir dem in der letzten Zeit fast allgemein eingebürgerten Brauch folgen, so hätten wir diese helle, homogene Scheibe ohne weiteres als Sphäre zu 1 HEIDENHAIN selbst bezeichnet als seine Vorgänger in dieser Hinsicht FLEMMING, PRENANT und NICOLAS. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 179 bezeichnen. Denn ohne Frage haben wir es mit demselben Gebilde zu tun, das in so zahlreichen neuen Publikationen mit diesem Namen bedacht wird. Immer handelt es sich um ein kleines, den Zentral- körper umfassendes, kugelförmiges Gebilde, das fast immer eine homogene strukturlose Beschaffenheit aufweist und sich durch seine dunkle Färbung gegen seine Umgebung mehr oder weniger scharf ab- setzt. Besonders schön scheint die strukturelle Eigenart des Gebildes mit jenem Verfahren zur Ansicht zu gelangen, das Rawırz! unlängst bekannt gegeben hat, wenigstens nach den Abbildungen dieses Forschers geurteilt. Aber ich kann gewisse Bedenken gegen diese Anwendung des Namens Sphäre nicht unterdrücken. Sie gründen sich erstens auf die Tatsache, daß dasjenige, was hier als Sphäre benannt wird, durchaus nicht dem entspricht, was van BENEDEN unter dem Namen Sphere attractive in die Literatur eingeführt hat. Betrachten wir die Bilder, die der belgische Forscher von den 4s- caris-Eiern gibt, so gelingt es, glaube ich, die von uns an unserm Objekt beschriebenen drei Bestandteile aufzufinden: eine große körnige Protoplasmakugel, in deren Mitte eine kreisförmig abgegrenzte helle Stelle und in deren Zentrum wieder das kleine runde, aus einem Körnchenhaufen bestehende Centrosom. Außer dem Centrosom be- zeichnet nun VAN BENEDEN alles übrige als Attraktionssphäre und unterscheidet daran zwei Zonen: eine helle Markzone und eine stark körnige, sich als große Kugel darstellende Rindenzone. Unsre Zentralscheibe, also die Sphäre der neueren Autoren entspricht dem- nach nicht der ganzen Attraktionssphäre van BENEDENS, sondern nur deren Markschicht.< Ich komme auf die van BENEDENschen An- gaben unten noch ausführlicher zurück. Ebenso im Irrtum befindet sich LEenHoss£k über die Lage der Sphäre, wenn er schreibt p. 365: »Ein Punkt, den ich noch kurz zur Sprache bringen möchte, betrifft die gesetzmäßige Stellung des Centrosoms im Zellkörper. Es gibt vielleicht keine zweite Zellgattung, bei der die Tatsache, daß das Centrosom durchaus nicht wo immer in der Zelle liegen kann, sondern daß ihm unweigerlich eine be- stimmte Stelle im Zellprotoplasma zum Sitze zugewiesen ist, deut- licher zur Ansicht kommt, als hier, was wohl mit der relativ regel- mäßigen Form unserer Zellen zusammenhängt. Das Centrosom liegt immer im Hauptteil des Zellkörpers, in der Mitte des Endoplasmas, nie in der unmittelbaren Nachbarschaft des Kerns. Es fällt immer 1 B. Rawıtz, Centrosoma und Attraktionssphäre in der ruhenden Zelle des Salamanderhodens. Archiv für mikr. Anat. Bd. XLIV. 1895. p. 555. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 13 180 Emil Rohde, in die Linie, die die Zelle in der Längsrichtung in zwei gleiche Teile teilt, und die bei der regelmäßigen Beschaffenheit unsrer Zellen in der Regel die Mitte des einen Poles mit der Mitte des Kerns und der Mitte des andern Pols verbindet. Man kann diese Linie als Zellenachse bezeichnen. Die Stelle aber, wo diese Linie das Centrosom schneidet, entspricht nie der Mitte ihrer Länge, sondern liegt stets zu dem einen Ende, und zwar dem Fortsatzende näher.«.... p. 367: »Wenn diese beiden Erklärungsversuche scheitern, so bleibt, glaube ich, nichts andres übrig, als das Walten eines speziellen vielleicht gerade nur für unsre Zellen gültigen Lagegesetzes anzunehmen. Dieses Gesetz glaube ich nun in dem durch planimetrische Messungen nachweis- baren Tatbestand erkannt zu haben, daß die überschüssige Substanz- menge auf der einen Seite ungefähr der Ausdehnung des Kerns ent- spricht. Eliminiert man diesen, so ist das Gleichgewicht zwischen den beiden Hälften hergestellt. Das Centrosom ist also in den Spinalganglien des Frosches wohl ein Zentralgebilde in Bezug auf das Zellprotoplasma mit Abzug des Kerns, nicht aber in Bezug auf die kernhaltige Gesamtzelle. Der Kern tritt in die zu beiden Seiten des Centrosoms gleichmäßig verteilte Zellmasse als ein Fremdes ein, und verleiht der einen Hälfte ein Übergewicht, ohne eine ent- sprechende Verlagerung des Centrosoms bewirken zu können.« Diese Auffassung wird aufs schlagendste widerlegt durch die Tatsache, daß die Sphären an allen möglichen Punkten der Gan- slienzelle, ja selbst im Kern derselben auftreten, und vor allem durch die Massenhaftigkeit, mit der sie in vielen Zellen vorkommen. Lexnossixs Auffassung vom Bau der Ganglienzelle muß ich noch in einem andern Punkte entgegentreten. LENHOSSER sagt am Anfange seines Aufsatzes p. 345: »Als ich vor einigen Monaten ıneine im vorigen Sommer begonnenen und mit dem Beginn des Wintersemesters einstweilen zurückgelegten Untersuchungen über die Protoplasmastruktur der Nervenzellen wieder aufnahm, wurde meine Aufmerksamkeit sehr bald durch gewisse Bauverhältnisse in den Nervenzellen der Spinalganglien des Frosches gefesselt, die unver- kennbar auf die Anwesenheit von derartigen Bildungen in diesen Zellen hinwiesen, wie sie als Centrosom und Sphäre in manchen andern Zellen in den letzten Jahren nachgewiesen worden sind. Die Wahrnehmungen, die mich zur Annahme solcher Zellbestandteile hin- leiteten, waren folgende: Zunächst fiel die konstant sehr stark exzen- trische Lage des Kerns auf. Noch mehr überraschte die Beob- achtung, daß der Kern an seiner dem Hauptteil des Zellkörpers Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 181 zugewandten Seite in zahlreichen Fällen eine kleine Abplattung oder eine napfartige Vertiefung erkennen ließ, ein Verhalten, das bisher trotz genauer Untersuchungen über die fraglichen Zellen gänzlich übersehen worden war.< p. 345/346: »Mußte diese Kerneinbuchtung angesichts der Aufklärungen, die wir über die Entstehungsweise der ganz analogen Erscheinung an den Leukocytenkernen M. HEIDENHAIN ! verdanken, im höchsten Grade verdächtig erscheinen für die Gegen- wart eines sie mechanisch hervorbringenden dichteren kugelförmigen Zellenbezirks, einer Sphäre, so sprach für die Anwesenheit einer die Architektur des Protoplasmas als regulatives Zentralgebilde beherr- schenden Zellbestandteiles, eines Centrosoms, die an allen Zellen nachweisbare Einrichtung, daß die bei den Spinalganglienzellen des Frosches so besonders schön ausgesprochene konzentrische Anordnung des Protoplasmas als Mittelpunkt nicht den Zellkern umkreist, son- dern einen andern, dem Zellprotoplasma angehörenden, unweit von der Zellmitte gelegenen Punkt<.... und p. 354: »An passenden Präpa- raten hebt sich in der Zelle dieses mit Hämatoxylinkörnern dicht be- ladene Feld als eine große körnige Kugel hervor, die sich mit einem Stückchen ihrer Peripherie in die Einbuchtung des Kerns genau hineinlest, und man bekommt gleich auf den ersten Blick den Ein- druck, daß es sich in jener Kerndelle um das Ergebnis einer mechanischen Kompression von Seiten dieses offenbar dichter ge- bauten Protoplasmabezirkes handelt.« LENHOssEkX betont an dritter Stelle schließlich noch, daß an der Kerndelle eine starke Anhäufung der Schollen stattfindet. Ich habe die Kerndelle sehr oft gesehen, ebenso die hier massenhaft auftreten- den Schollen, welche sich in dieser Gegend besonders stark färben (vgl. Fig. 31, Taf. XVII), habe mich aber nicht überzeugen können, daß dieser Befund mit den Centrosomen in Zusammenhang steht. Denn erstens kommt eine ähnliche kreisförmige Anordnung der Schol- len resp. des Protoplasmas der Ganglienzelle, wie sie LENHOSSEK beschreibt, in Ganglienzellen vor, die kein Centrosoma enthalten (vgl. Fig. 31, Taf. XVII), anderseits findet sich oft eine starke Anhäufung gleich dunkel gefärbter Schollen am Kern, ohne daß eine kreisförmige Anordnung der Schollen im Zellleib oder eine Delle im Kern auftritt. Dagegen konnte ich sehr oft konstatieren, daß eine 1 M. HEIDENHAINn, Neue Untersuchungen über die Centralkörper und ihre Beziehungen zum Kern und Zellenprotoplasma. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLIII. 1894. p. 423. 13* 182 Emil Rohde. derartige Ansammlung von dunklen Schollen am Kern dort auftrat, wo derselbe (oft mehr oder weniger fingerförmige) Fortsätze in das Protoplasma entsendete (Fig. 32, Taf. XVII), ähnlich wie sie KorRSCHELT! in den Drüsenzellen beobachtet hat. Ich glaube daher. daß die Delle am Kern resp. die starke Anhäufung der Schollen am Kern und ihre auffallende starke Färbung in dem KorscHEurtschen Sinne zu deuten sind, nämlich als Andeutung eines besonders regen Stoffwechsels resp. Stoffaustausches zwischen Kern und Zellleib, zu- mal man in allen diesen Fällen, so auch beim Auftreten der Delle, fast ausnahmslos die Tatsache konstatieren kann, daß die sonst so deutliche und dieke Kernmembran an diesen Stellen ganz verschwindet und Kern- und Zellleibbestandteile direkt aneinanderstoßen (vgl. Figg. 31 und 32, Taf. XVII), worauf ich noch in einem andern Auf- satze eingehender zurückkommen werde. Was die von mir beschriebenen freien Centrosomen anlangt, so sind diese, wie schon oben erwähnt, bei einem meiner Untersuchungs- objekte, nämlich dem Sympathicus des Frosches, bereits von DEHLER beobachtet worden, wie die Fig. XV auf Taf. XIX zeigt, welche eine Kopie einer diesbezüglichen Abbildung DEHLERs ist. Nur befindet sich DEHLER Betreff der Centrosomen erstens in demselben Irrtume, den LENHOSSER für die Spinalganglienzellen begangen hat, indem er sie stets in ganz bestimmter zentraler Lage des Zellleibes, und nur in der Einzahl annimmt, und hält er zweitens die Centrosomen der sympathischen Ganglienzellen für Sphären. Er sagt? p. 731—734: »Liegt in einem Zellquerschnitt der Kern in der Mitte des Bildes, dann scheinen die Schollen in ein- oder mehrfachere Kreise um ihn gelagert. Ist dagegen eine Zelle längs oder schräg zur Längsachse geschnitten, so daß auch die Abgangsstelle des Nervenfortsatzes sichtbar ist — und nur solche Bilder werden von jetzt an berück- sichtigt — dann finden wir die auffallende Tatsache, daß alle die schollen- und körnchenartigen Gebilde sich nicht um den Kern in Ovalen gruppieren, sondern konzentrisch um einen Punkt, der zwischen Kern und entgegengesetztem Pol gelegen fast immer genau der Mitte der Zelle entspricht. Gröbere Schollen liegen freilich auch dann noch als äußerste oberflächlichste Schicht nahe der Zellperipherie und umgreifen mit dieser den Kern, der eventuell in einer Ausbuchtung ! EUGEN KORSCHELT, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zell- kerns. SPENGEL, Zool. Jahrb. Anat. Abt. Bd. IV. 1891. 2 A. DEHLER, Beitrag zur Kenntnis vom feineren Bau der sympath. Gan- slienzellen des Frosches. Archiv für mikr. Anat. Bd. XLVI. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 183 liegt, aber die gegen die Mitte zu gelegenen feineren Gebilde lassen in ihrer Gruppierung den Kern geradezu unberücksichtigt. Wie es scheinbar nur mit der Eisenhämatoxylinmethode von M. HEIDENHAIN und ihren Kombinationen (Bordeaux-Vor-, besonders aber Rubin-Nach- färbung) nachzuweisen ist, nehmen die Gebilde von der Peripherie gegen die Zellmitte in den allermeisten Fällen regelmäßig an Größe, Dichtigkeit und Gehalt an chromophiler Substanz ab, ja in günstigen Schnitten — und von solchen besitze ich nicht wenige — verlieren sich diese Gebilde in jetzt völlig kreisförmiger Schichtung je näher der Mitte, desto mehr, so daß in der Mitte eine helle Scheibe nur von jener fein gekörnten Substanz gebildet wird, die ich unter I beschrieb. Aber nicht so ganz allmählich vollzieht sich dieser Über- sang, vielmehr hat es den Anschein, als sei für die größeren Gebilde in überall gleich weiter Entfernung vom Mittelpunkte eine ziemlich schroffe Grenze gesetzt. Die Mitte ist frei und erscheint schon bei schwacher Vergrößerung als hellleuchtende kreisrunde Scheibe von ungefähr 5—7 ıı Durchmesser, die deutlich von der Umgebung ver- schieden, aber niemals durch ein etwa membranartiges besonderes Gebilde von ihr abgegrenzt ist; auch van BEnEDEnsche Granula sind nicht zu sehen. Inmitten dieser Scheibe taucht, in gut differenzierten Eisenhämatoxylinpräparaten schon bei einer 500fachen Vergrößerung deutlich sichtbar, hinwiederum jene Gruppe von tief schwarz gefärbten Körperehen auf, welche von FLEMMING und M. HEIDENHAIN zuerst, dann von andern bei ruhenden Leukocyten und Riesenzellen usw. und von mir jüngst an den roten Blutkörperchen des Hühnerembryos beschrieben wurden. Die Zentralkörpergruppe ist es offenbar, die diese Schichtung : der Schollen und des übrigen Protoplasmas ver- ursacht hat und trotz ihrer Kleinheit ihre physiologische Funktion, dem Aufbau der Zelle und dem Zusammenhalt ihrer Substanz vor- zustehen, bis in den entferntesten Teil der Zelle wirken läßt. Um diese Gruppe als Mitte des Zellkörpers sind die kleinen und größeren Körnchen und Schollen konzentrisch gelagert, sie ist es, die mit dem um sie gelagerten und nach ihr sich richtenden Protoplasma den Kern einbuchtet und an den entfernten Pol verdrängt. Die Zentral- körpergruppe setzt sich zusammen aus scharf begrenzten kleinen Kügelchen von verschiedener Zahl und Größe, welche, wenn auch die dunkle Färbung der Chromatinschollen bei der Differenzierung in Eisenoxydammon ins Bläuliche übergeht, homogen schwarz gefärbt bleiben, fast so lange und so intensiv wie der Nucleolus im Zellkern. Besonders deutlich treten die Zentralkörperchen hervor, wenn die sie 184 Emil Rohde. umgebende runde Scheibe sich in Rubin hell rötet; sie liegen stets dicht beieinander und scheinen öfters durch eine schwächer gefärbte Zwischensubstanz verbunden. Ich habe bezüglich der Zentralkörper in den roten Blutzellen des Hühnerembryos die Ansicht vertreten, daß man in Anbetracht ihrer stets auf zwei oder drei beschränkten Anzahl und ihrer konstanten Größe jedem einzelnen eine gewisse Selbständigkeit und Individualität zuschreiben müsse. Die Zentral- körper, die in den sympathischen Ganglienzellen, in Zellen, welche sich nicht mehr teilen, zu einer Gruppe vereint beisammenliegen, haben mit ihrer Größe und geringen Anzahl auch wohl ihre indivi- duelle Wichtigkeit verloren, sich wahrscheinlich »öfter als notwendig« geteilt, d.h. ohne daß ihnen der Kern und das Protoplasma in der Teilung folgte. Jedenfalls betone ich auch hier wieder den Wert und die physiologische Wirkung der Zentralkörpergruppe und kann der Protoplasmascheibe und -Schiehtung nur eine sekundäre Wichtigkeit zuschreiben. Anders verhält es sich freilich mit der Beantwortung der Frage, warum nicht in allen Zellen die Zentralkörpergruppe und das sie direkt umgebende Protoplasmabild nachzuweisen sei; hierzu möchte ich bemerken: Es ist nicht anzunehmen, daß manche sympa- thische Ganglienzelle von bestimmter Größe, Funktion oder Alter dieses Organ überhaupt nicht besitze; denn ich habe die Zentralkörper mit entsprechendem Protoplasmahof an verschieden großen Zellen gesehen. Ferner wird von vielen Autoren angenommen, daß die Ganglienzellen, einmal ausgebildet, sich überhaupt nicht mehr, auch nicht behufs Regeneration (ZIEGLER) teilen, vielmehr wie in ihrem Leben und Wirken, so auch in ihrem grundsätzlichen Aufbau be- ständig, konservativ seien. Daraus könnte man folgern, daß die Zentralkörper, bisher hauptsächlich bei Teilungsvorgängen beobachtet, nach der Ausbildung dieser Zellen verschwinden; aber dieser Annahme widerspricht auch ihr bisheriger Nachweis in ruhenden Zellen andrer Arten. Dann aber ist es klar, daß bei der Kleinheit der Zentral- körpergruppe und der »Sphäre« nicht besonders viele Schnitte so sroßer Zellen dieselben zeigen können. Endlich allerdings scheint die Zentralkörpergruppe und Sphäre manchmal durch darin und darüber gelagerte Körnchen und Schollen verdeckt worden zu sein; ich sage: »scheint«; denn ich möchte mich nicht verlocken lassen, den vorläufig durch keine sonstigen Tatsachen begründeten Glauben anzunehmen, daß durch die Funktion eine solche Verschiebung in der Anordnung des Protoplasmas und infolgedessen auch der Schollen zu stande komme.« Untersuchungen über den Bau der Zelle. Il. 185 Ich habe auch vom Sympathicus des Frosches viele Dutzende von Ganglien untersucht und zum größten Teil in derseiben Weise behandelt wie DEHLER, d. h. mit HeIDEenHArnschem Eisenhämatoxylin, und kann behaupten, daß Sphären hier nicht vorkommen, sondern nur freie Centrosomen. Die gegenteiligen Angaben DEHLERs kann ich nur so erklären, daß die größeren Centrosomen, wie oben be- schrieben worden ist, oft sehr deutlich eine Differenzierung in dunkleres Zentralkorn und helle Rindenzone erkennen lassen, wodurch sie denn ein den DeuLerschen Bildern ähnliches Aussehen bekommen, wie ein Vergleich des rechten Centrosomas c? meiner Fig. 16 (Taf. XVII), so- wie des Centrosomas ct meiner Fig. 27 (Taf. XVII) mit der Fig. XV von Taf. XIX, d. h. der Kopie einer DenLerschen Figur zeigt. In sehr vielen Fällen, wie ich hier noch einmal (vgl. auch das Citat auf p. 175) betonen will, fehlt aber diese Differenzierung und die Centro- somen erscheinen dann als durchweg gleichmäßig dunkle Vollkugeln (vgl. Figs. 15, 15, 17, 19—24 auf Taf. XVII). Bei der großen Übereinstimmung, welche die DsuLersche Be- schreibung der Centrosomen resp. Sphären des Sympathicus mit den Angaben LENHOSSERS über die Sphären resp. Centrosomen der Spinal- ganglienzellen zeigt, besonders was den Bau und die Lage der Sphären resp. Centrosomen sowie die Struktur des Ganglienzellleibes betrifft, möchte ich glauben, daß DEHLER bei seinen Untersuchungen sich durch die LEnHoss£&schen Beobachtungen hat mehr beeinflussen lassen, als er geneigt ist anzunehmen, wenn er am Ende seiner Arbeit auf p- 737/738 schreibt: »Die Untersuchungen, deren Resultate hier vor- liegen, waren ihrem Ende nahe, als Herr v. LENHOSSEK, mit dem ich an demselben Institut tätig zu sein die Ehre hatte, eine Beobachtung über das von ihm sogenannte »Centrosom und Sphäre in den Spinal- ganglien des Frosches« in einem Vortrag veröffentlichte. Wie dieser Forscher am Ende seines in den Sitzungsberichten der Würzburger physikalisch-medizinischen Gesellschaft erschienenen Vortrags voraus- sagte, ist also dem von ihm gelieferten ersten Nachweis von »Centro- som und Sphäre« in Nervenzellen ein zweiter bald nachgefolgt. Wenn mir nun auch in dankenswerter Weise mancher Meinungsaus- tausch ermöglicht war, so habe ich doch für meine Untersuchungen und Ansichten volle Selbständigkeit gewahrt; es haben sich denn auch neben mehreren einander entsprechenden Punkten einige Ver- schiedenheiten der Resultate und der theoretischen Ansichten er- geben, die sich nicht aus der Verschiedenheit des Objektes allein er- klären. « 186 Emil Rohde, Die Centrosomen resp. Sphären treten, wie wir oben gesehen haben, im Sympathicus ebensowenig wie in der Spinalganglienzelle nur in einer bestimmten Gegend des Zellleibes auf, sondern an allen möglichen Punkten, vor allem auch im Kern und oft zu vielen in einer und derselben Zelle. (sehen wir jetzt zur Beschreibnng über, die von den Sphären resp. Öentrosomen andrer von mir nicht untersuchter Zellen von den Autoren gegeben worden sind, so müssen wir zunächst die Angaben VAN BENEDENS!, des Entdeckers der Sphären und Centrosomen, be- rücksichtigen. VAN BENEDEN unterscheidet (vgl. oben das Citat von LENHOSSER) ein Polkörperchen und eine dieses umgebende Attraktions- sphäre und in letzterer zwei verschiedene Zonen, nämlich eine helle Markzone und eine stark körnige sich als große Kugel darstellende, oft radiär streifige Rindenzone, von welcher er bemerkt, daß sie nach außen durch einen scharf hervortretenden Körnchenkranz abgeschlossen wird. Diese Schilderung paßt vollständig auf die von mir beschrie- benen Sphären der Spinalganglienzellen des Frosches, wenn wir z. B. die Figg. 1, 2, 22 c und d der Taf. XVII in Betracht ziehen. Die ' vAN BENEDENsche Markzone entspricht dem von mir als hellen Hof bezeichneten Teil der Sphäre. BoveErı? hat dann betont, daß die Sphären ein von dem Zellleib verschiedenes Protoplasma enthalten und dieses als Archoplasma be- zeichnet. Auch dies stimmt durchaus für die Sphären der Frosch- sanglienzelle. Denn wir wissen, daß dieselben vollständig selbständige Bildungen darstellen, welche eine Grundsubstanz und eingelagerte Körnchen enthalten, die sowohl untereinander als vom Zellprotoplasma der Ganglienzelle färberisch sich unterscheiden. BOVvERI versteht unter dem Archoplasma die (meist radiär gestellten) Körnchen der Rindenschicht. In den letzten Jahren sind in einer großen Anzahl von Arbeiten Sphären der verschiedensten Zellen beschrieben und abgebildet worden, die ebenfalls die allergrößte Übereinstimmung mit den von mir be- obachteten Sphären der Froschganglienzelle aufweisen und zweifels- ohne diesen entsprechende Bildungen darstellen. Ich habe einen Teil der einschlägigen Zeichnungen der Autoren in den Figg. TIH—XIX der Taf. XVII und XIX kopiert. Figg. XII—XIV stellen drei Zellen aus der Leber von Salamandra 1 van BENEDEN et A. Neyt ete. 1. ce. 2 Tu. BovErı, Zellenstudien. Heft 1, 2. Jena 1887, 1888. Untersuchungen über den Bau der Zelle. I. 187 mac. dar, welche von NıEssixg! abgebildet worden sind und je eine deutliche Sphäre enthalten, die durchaus in ihrem Aussehen und Bau den Sphären der Froschganglienzellen gleichen. Berücksichtigt man noch die Beschreibung, die NIEssIng von seinen Sphären gibt, so schwindet jeder Zweifel an der Identität beider Gebilde. NIEssING sagt p. 159/161: »In der Zellenruhe tritt nun noch eine andre Er- scheinung mit den Zentralkörpern auf, die sogenannte Astrosphäre, auch Attraktionssphäre genannt. In dem Worte selbst liegt seine Erklärung, es ist eine Kugel, welche größtenteils von den Strahlen der Zentralkörper gebildet wird. Diese Erklärung ist aber nicht sanz zutreffend, insofern als das Wort nicht die ganze Strahlen- ausbreitung in der Zelle bezeichnen soll, sondern eine bestimmt ab- srenzbare Kugel, in deren Mitte die Zentralkörper liegen. Es ist also nur eine kurze Strecke der Strahlen von den Zentralkörpern aus gerechnet in den Begriff dieses Wortes gefaßt. Es handelt sich aber hier nicht um eine überflüssige Wort- und Begriffsvermehrung, sondern um eine tatsächlich und sehr deutlich auftretende Erscheinung an den ruhenden Zellen. Man sieht nämlich die Zentralkörper in einem kugligern Körper liegen, wie auch VAN BENEDEN es schilderte, au centre de chacune des spheres se voit un globule. Bei entsprechend mit B.-E.-H.? gefärbten Leberpräparaten fällt die Astrosphäre sofort in die Augen, so daß sie schon bei schwächeren Vergrößerungen nicht bloß sichtbar, sondern auffällig ist. Sie erscheint dann als ein meist kugelrunder, oft aber auch ausgezackter, sich ziemlich scharf abgrenzender Körper, dessen Durchmesser sehr schwankt, öfters aber ungefähr auf ein Viertel des Kerndurchmessers zu schätzen ist. In einer Zelle ist stets nur eine Astrosphäre sichtbar. Sie ist natürlich nicht in allen Zellen, aber doch bei einem großen Teil derselben zu finden, so daß schon eine oberflächliche Durchmusterung eines Prä- parats eine ganze Anzahl vor Augen führt. Sie liegen nicht immer an den Kern gepreßt, sondern oft ganz frei im Protoplasma. Es entsteht nun die Frage, ob diese Astrosphären Kunsterzeugnisse sind, oder ob sie tatsächlich in der Zelle vorgebildet waren. Es liegen für den ersten Fall keinerlei triftige Gründe vor, sondern alles spricht dafür, daß die Astrosphären, so wie wir sie sehen, auch in der lebenden Zelle vorhanden sind. Sobald man nämlich gute Fixierungs- mittel anwendet oder entsprechende Färbungen, so erscheinen die Astrosphären ohne weiteres. Durch meine Fixierungsmittel werden 1 G. Nıessing, Zellenstudien. I. Archiv für mikr. Anat. Bd. XLVI. 2 = Bordeaux-Eisenhämatoxylin. 188 Emil Rohde, die Astrosphären schon im ungefärbten Präparat deutlich und zwar mit denselben Eigenschaften wie im gefärbten Präparat sichtbar. Nach Sublimatfixierung und B.-E.-H. sieht man sie als hochrote Kugeln mit einem schwarzen Punkt in der Mitte der Zentralkörper- gruppe, während das Zellprotoplasma mehr rosa gefärbt ist. HEIDEN- HAIN behauptet, daß die Färbung der Astrosphäre bei den Lymphoeyten nur quantitativ von der des Protoplasma verschieden sei. Dies wider- spricht den eben geschilderten Befunden bei den Leberzellen, es ist hier die Quantität und die Qualität der Farbe eine verschiedene. Und wenn man hier mit HEIDEnHAIN der Farbenreaktion Bedeutung beimessen will, ist man berechtigt, die Astrosphäre für etwas Be- sonderes, Andersartiges zu halten, als einen bloß abgegrenzten Bezirk der Protoplasmastrahlung. HEIDENHAIN sucht dies dadurch zu er- klären, daß er sagt, die Grenze der Astrosphäre werde von dem Körnerstratum gebildet und die Räume zwischen den Fibrillen inner- halb des Stratums würden absolut so eng, daß hier ein andrer Stoff- wechsel und also auch andre Reaktionen Platz greifen als außer- halb desselben. Wäre dies der Fall, dann müßten sich eben aus diesem Grunde die Astrosphären nach dem Zentrum zu dunkler färben, während gerade das Umgekehrte, wie ich noch zeigen werde, stattfindet.« .... P. 162: »Nach meinen Befunden bei den ruhenden Leber- und Milzzellen ist die Astrosphäre durchaus strahlig gebaut und zwar sind die Strahlen größtenteils sehr zart und in dichter An- ordnung. Dieses strahlige Aussehen reicht indessen nur bis an die Grenze der Astrosphäre.«.... P.163: »Macht man die B.-E.-H.-Färbung etwas stärker oder läßt die Farbe etwas weniger ausziehen, so findet man bei Sublimatpräparaten (bei meinen Fixierungen auch ohne diesen Kunstgriff) Astrosphären, welche fast so schwarz gefärbt sind als die Zentralkörper, wobei aber die Räume in der Nähe der Centro- somen heller bleiben und der schwarze Ton nach der Grenze zu stärker wird. Die Zentralkörper können dabei ganz deutlich er- scheinen. Hier ist nun die Färbung ganz gewiß qualitativ anders als die des Protoplasmas. Diese Schwarzfärbung kann nicht allein da- durch bedingt sein, daß die Fibrillen sich stärker gefärbt haben, denn dann wäre einmal die Grenze nach außen nicht so scharf, anderseits aber, und das ist der wichtige Punkt, müßte dann doch entsprechend der zunehmenden Dichte die Schwarzfärbung nach der Mitte zu an Stärke wachsen. Es müssen also andre Stoffe sein, welche diese Färbung verursachen. Und da bleibt nur übrig die käume zwischen den Fibrillen dafür verantwortlich zu machen. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 189 Diese werden nach der Peripherie hin an Masse größer und müßten durch Schwarzfärbung den geschilderten Effekt geben. So sind wir also dahin geführt worden in den interfilaren Räumen der Astro- sphären einen besonderen Stoff anzunehmen, welcher von dem Zell- protoplasma verschieden ist und die Astrosphäre zu etwas Besonderem macht. Welcher Art dieser Stoff ist, das kann man nur vermuten. Es ist wohl möglich, daß wir in ihm das zu sehen haben, was BovERI Archoplasma genannt ha « Diese Schilderung paßt zum großen Teil fast wörtlich auch auf die von mir beschriebenen Sphären der Froschganglienzelle. Bemerkens- wert ist vor allem, dab Nıessing eine Zwischensubstanz der (radiär gestellten) Körnchen der Rindenzone entsprechend meiner Grund- substanz unterscheidet. Auch die Abbildung, welche G. NıEssinG in einer zweiten Arbeit! von den Lymphoecyten der Leber von Salamandra mac. veröffentlicht, und von der ich auf Taf. XIX in Fig. XI eine Kopie gegeben habe, zeigt eine Sphäre sehr ähnlich denen der Froschganglienzelle. Ebenso erinnern die von Ü. Nıessing? gezeichneten Sphären der Säugetier-Hodenzellen (der Mutter- wie der Tochterzellen) teilweise ungemein an die meinigen, wie die Kopien XVI und XVII der Tai. XIX zeigen. Die Beschreibung stimmt gleichfalls wieder für meine Sphären, p- 113: »In den Mutterzellen des Meerschweinchenhodens ist schon bei oberflächlicher Untersuchung ein kugliger oder ellipsoider Körper auffallend, welcher neben dem Kern im Zellplasma seine Lage hat. Sein Durchmesser beträgt etwa ein Viertel des Kerndurchmessers, sein Inneres ist meist in eine dunklere Rinden- und eine. hellere Markschicht gesondert. In der letzteren ist ein schwarz gefärbtes Körnehen mit einer oft bis in das Protoplasma reichenden Fibrillen- strahlung zu finden. Durch diese Merkmale ist der Körper sofort als Sphäre mit dem Centrosom kenntlich.«.... P. 121: »Die Sphäre tritt bei den Tochterzellen mit derselben Deutlichkeit hervor, wie bei den Mutterzellen. Sie bildet hier denselben scharf abgegrenzten rund- lichen oder ovalen Körper. Auch sind die Zentralkörper in der gleichen Anzahl zwei bis drei vorhanden; letzteres war allerdings äußerst selten zu konstatieren. Überhaupt ist die Sphäre genau wie in den Mutterzellen gebaut. Die Zentralkörper sind, sobald ihre Lage eine solche Beobachtung erlaubt, öfters durch deutliche Centrodesmosen 1 GEORG NIEssInG, Zellenstudien. II. Archiv für mikr. Anat. Bd. LV. ? CARL NIESSING, Die Beteiligung von Centralkörper und Sphäre am aus bau des Samenfadens bei Säugetieren. Ebenda, Bd. XLVII. 190 Emil Rohde, miteinander verbunden. Von dem Mikrozentrum gehen zarte Fi- brillenstrahlen aus mit einem in der Randschicht der Sphäre ge- legenen Mikrosomenstratum, sie weichen jedoch darin von den Sphären der Mutterzellen ab, daß eine Rinden- und Markschicht nicht be- sonders hervortritt«< .... und p. 119: »Ich behaupte also, was mein Bruder auch schon zu beweisen versucht hat, daß die Sphäre nicht ein durch das van BExepensche Körnerstratum abgegrenzter, sonst aber mit dem übrigen Zellplasma gleichwertiger Bezirk der Fibrillen- strahlung ist, sondern besondere gegen das übrige Zellplasma ver- schiedene färberisch darstellbare Interfilarsubstanzen enthält, welchen, wie ich bei den Tochterzellen noch nachzuweisen suchen werde, so- gar nach Loslösung von der Filarsubstanz noch gewisse Kräfte inne- wohnen. « Auch in den Hodenzellen der Spermatocyten von Salamandra maculosa kommen nach G. NıessıngG! ganz gleichgebaute Sphären vor, wie folgende Sätze beweisen (p. 65/66): »Ich wende mich zu- nächst zu der Schilderung der Protoplasmastruktur soleher Zellen, in denen sich der Kern im Stadium des dichten Knäuels befindet. Hier ist regelmäßig eine wohl begrenzte und gut differenzierte Sphäre vorhanden. Sie liegt etwas getrennt vom Kern, ist rundlich oder oval und häufig am Rande mit Zacken oder Einbuchtungen versehen. Ungefähr-in ihrer Mitte, oft auch etwas exzentrisch, liegen die Zentral- körper. Sie sind schwarz und ziemlich scharf gefärbt, verhältnis- mäßig sehr klein, entweder dicht beisammen oder deutlich getrennt. An ganz kleinen Körperchen ist kaum über ihre Gestalt etwas Sicheres zu entscheiden; an etwas größeren findet man bucklige Hervorragungen. Gewöhnlich sind nur zwei Zentralkörper vorhanden, mitunter aber kann man bei vorsichtiger Einstellung der Linse noch ein drittes Centrosom, welches bedeutend kleiner und schwächer gefärbt als die andern ist, wahrnehmen. Eine dunklere Masse in der Mitte der Sphäre ist hier nicht zu sehen; das Innere der Sphäre ist gleich- mäßig hell gefärbt. Dagegen ist eine deutliche Randschicht fast regelmäßig vorhanden. Sie verhält sich hier ebenso, wie sie bereits mein Bruder beim Säugetierhoden beschrieben hat. In der schmalen, dunkler gefärbten Randschicht liegt ein aus feinen und dicht gelagerten Körnern bestehendes Stratum, manchmal ist auch noch ein zweites, dem ersteren dicht anliegendes zu finden. Vielleicht ist dies regel- mäßiger vorhanden als ich behaupten kann, denn nur selten sind die ! GEORG NIESSING, Zellstudien. II. 1. ce. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. | 191 Sphären so günstig angeschnitten, dab man sich über den feineren Bau Gewißheit verschaffen kann. Die Sphären sind bei diesem Stadium der Spermatocyten mit einer feinen, aber scharfen Kontur umgeben, welche keine Unterbrechungen zeig. Ob man diese Kontur als Membran bezeichnen oder ansehen darf, darüber wird sich streiten lassen«e und p. 67: »Ich habe schon früher an anderm Material nachzuweisen versucht, daß in der Sphäre besondere Stoffe vorhanden sein müssen, daß sie mithin nicht einfach als ein dem übrigen Protoplasma gleichartiger, nur abgegrenzter Bezirk aufzufassen sei. Seitdem hat mein Bruder (l. e.) Beobachtungen an Säugetier- spermatiden veröffentlicht, welche in meinem Sinne beweisend sind, . und ich habe oben desgleichen gezeigt, daß auch an den hier unter- suchten Sphären nicht einfach die Randschicht von einem Körner- stratum gebildet wird, sondern daß dieses vielmehr innerhalb einer spezifisch gefärbten Grundsubstanz gelegen ist. « Ebenso trägt die von mir als Fig. IX der Taf. XIX kopierte Zeichnung, die MevEs! von den Sphären der Spermatogonien des Salamander-Hodens gibt, eine unverkennbare Ähnlichkeit mit den Sphären der Frosch-Ganglienzelle. Auch die Mevessche Schilderung deckt sich genau mit dem oben über die Sphären der Froschganglien- zelle Gesagten .... P. 121: »Gegen die umgebende Zellsubstanz sind die Sphären durch eine membranartige Umhüllung scharf abgegrenzt. In den meisten Fällen erscheint dieselbe im optischen Querschnitt als eine Linie. Zuweilen ist sie so dick, daß die Sphäre deutlich doppelt konturiert erscheint; es besteht also in diesen Fällen eine schalen- förmige Umhüllungsschicht der Attraktionssphäre. In andern Fällen wird die Sphäre statt durch eine kontinuierliche doppelte Kontur durch einen Kranz von ziemlich voluminösen Körnern begrenzt, welcher möglicherweise dem Körnerkranz entspricht, welchen van BENEDEN bei Ascaris megalocephala an der Grenze zwischen Attrak- tionssphäre und umgebendem Dotter beschrieben hat; jedoch kommen die letzteren Bilder bei meinem Objekt selten zur Beobachtung. Der innere Bau der Attraktionssphären bietet der Untersuchung große Schwierigkeiten. In zahlreichen Fällen und bei vielen Methoden ist von irgend welchen Differenzierungen innerhalb der Sphäre überhaupt nichts zu erkennen; die Sphären scheinen dann völlig homogen zu sein. In andern Fällen gelingt es der technischen Behandlung, eine zentrale und eine periphere Partie der Sphäre zur Anschauung zu ı F. Meves, Über eine Metamorphose der Attraktionssphäre in den Spermato- gonien von Salamamdra maculosa. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XLIV. 192 Emil Rohde. bringen. Erstere entspricht der Markzone, letztere der Rindenzone VAN BENEDENS. Die Rindenzone ist von wechselnder Breite; bei ruhendem Zustand des Kerns hat sie stets ein gleichmäßig homogenes Aussehen.«.... p. 122: »Als eine lichte Zone, welche den Zentral- körper umgibt, ist die Markzone an Sphären der Geschlechtszellen von Salamanderlarven von MOORE beschrieben worden; dieses Aussehen zeigt sie an meinen Präparaten auch, aber verhältnismäßig selten. In andern Fällen ist, neben der Färbungsdifferenz oder ohne dab eine solche besteht, zwischen Medullarzone und Cortiealsubstanz eine Grenzmarke vorhanden, welche entweder durch eine meistens un- scharfe, häufig ausgezackte Linie oder durch einen Kranz von un- deutlich hervortretenden Körnern gebildet wird, welche letzteren wohl ein Analogon des innern Körnerkranzes van BENEDENS darstellen. Verschieden beschaffene Körner, die mehr oder weniger deutlich hervortreten, sind häufig auch in verschieden großer Zahl innerhalb der Markzone anzutreffen. Zuweilen setzt sich die ganze zentrale Partie der Sphäre aus dicht nebeneinanderliegenden Körnern zu- sammen. « Namentlich bemerkenswert ist aber die von Meves! konstatierte Tatsache, daß auch beim Sehnenknorpel in der Achillessehne des Frosches, d. h. also bei Zellen, welche sich ebensowenig teilen wie die Ganglienzellen der Wirbeltiere, Sphären von gleichem Bau auf- treten. Fig. VIII der Taf. XIX stellt wieder die Kopie einer dies- bezüglichen Abbildung dar. Seine Beschreibung trifft auch für die von mir beobachteten Sphären der Froschganglienzelle zu, indem er p. 137 sagt: >Wo eine besonders beschaffene Sphäre um die Zentral- körper zur Wahrnehmung kommt, erscheint sie in der Regel als ein rundliches oder auch unregelmäßig geformtes, homogenes Scheibehen, welches meistens durch stärkere Färbung vor der Umgebung hervor- tritt und zuweilen auch durch eine unscharfe, höckerige Kontur eingefaßt ist.« In seiner Abhandlung: »Über den feineren Bau der Drüsenzellen des Kopfes von Anzlocra mediterranea Leach im speziellen und die Amitosenfrage im allgemeinen? bildet ©. vom RarH eine Menge Sphären aus den verschiedensten Zellen ab, welche gleichfalls un- gemein an die Sphären der Froschganglienzelle erinnern. Ich habe ı Fr. Meves, Über die Zellen des Sesambeines in der Achillessehne des Frosches (Rana temp.) und über ihre Zentralkörper. Archiv für mikr. Anat. Bd. XLV. 2 Diese Zeitschr. Bd. LX. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 193 sie teilweise in den Figg. IV’—VII von Taf. XVII und XIX kopiert. Fiss. IV, Va und Vb sind Leukoeyten aus der Milz eines jungen Hundes, besonders die Zelle IV, welche nach der Auffassung RarHs sich in multipolarer Mitose befindet, zeigt eine ganz auffällige Über- einstimmung mit vielen von mir beobachteten Ganglienzellen des Frosches; Fig. VI, Taf. XIX stellt einen Leukocyten aus dem Bauchfell vom Salamander, Fig. VII eine Zelle aus dem Hoden vom Salamander dar. Raras Schilderung stimmt zum größten Teil auch wieder für die Sphären der Froschganglienzelle, so p. 60: »In Übereinstimmung mit FLEMMInG und HERMANN habe ich in den verschiedenen Geweben von Salamandra maculosa ebenso wie bei vielen andern von mir unter- suchten Vertebraten und Evertebraten stets nur einen relativ einfachen Bau der in Rede stehenden Gebilde gefunden. Das Centrosoma von Sala- mandra war von einem Strahlenkranz umgeben, der in vielen Fällen nicht bis an das Centrosoma heranreicht, vielmehr einen hellen Hof um letzteres frei läßt, welcher der Zone medullaire van BENEDENS entsprechen dürfte; in manchen Fällen treten aber die Strahlen direkt an das Centrosoma an« .... und p. 68: »Bei den Amphibien Sala- mandra maculosa, Triton, Rana, Bufo vulgarıs ist bei den ruhenden Sexualzellen eine Sphäre vielfach außerordentlich scharf als ein mit einer dicken Membran versehener Körper, der ein oder zwei Centro- somen in seinem Innern birgt, wahrnehmbar. « Ganz besonders interessant für den vorliegenden Fall ist aber Rart#’s Arbeit durch seine Beobachtungen über den Bau der Kerne der Kopfdrüsen von Anzlocra und die Centrosomen der zugehörigen Zellen, insofern hier Verhältnisse auftreten, die durch ihre Überein- stimmung mit meinen Befunden bei der Froschganglienzelle geradezu frappieren, wenngleich RATH seine Beobachtungen in einem ganz andern Sinne deutet. Ich habe in den Figg. I—-II der Taf. XVII Kopier von mehreren Bildern gegeben, die RATH in seiner Arbeit ver- öffentlich. Wir sehen hier in dem Kern (X) der Figg. I und II stern- förmige Bildungen von fast demselben Bau, wie ihn die intranucleären Sphären der Froschganglienzelle z. B. in meinen Figg. 9, 8, 19, 21, 1, 6 zeigen. RartH deutet die Bilder als strahlige Anordnung des Chromatins. Daß es sich aber wirklich um Produkte des Chromatins, d. h. des Nucleins handelt, dafür bleibt uns Rartu den Beweis schuldig. Ich bin geneigt zu glauben, daß es sich in den Raruschen Sternbildungen um den Sphären der Froschganglienzelle entsprechende Elemente handelt, einerseits, da RATH betont, daß seine chromatischen Sternbildungen nicht in allen Zellen sondern nur in bestimmten 194 Emil Rohde, auftreten, ganz besonders aber darum, weil er eine Teilung der ehroma- tischen Sterne angibt und etwas schematisiert abbildet, die sich genau in derselben Weise vollzieht, die ich bei den Sphären der Frosch- ganglienzelle gefunden habe, wie ein Vergleich der Kopie III, Taf. XVII mit den in meinen Figg. 15—18 auf Taf. XVII abgebildeten Sphären zeigt. Diese Beobachtungen von RATH gewinnen noch mehr an Be- deutung, wenn man die von ihm beschriebenen in den gleichen Zellen vorkommenden Centrosomen berücksichtigt. Bei den Ganglienzellen des Frosches kommen, wie wir wissen, außer den Sphären auch freie Centrosomen vor, welche meist genau dieselbe Größe, Struktur und Färbbarkeit besitzen, wie das Zentralkorn der Sphäre, was oben des weiteren ausgeführt worden ist und z. B. Fig. 9 auf Taf. XVII (sph . und ct) erläutert. Im Innern der intranueleären ehromatischen Sterne der Kopfdrüsen von Anzlocra finden wir ein Zentralkorn vor, das in seinem Aussehen in ganz frappanter Weise an das Zentralkorn der Sphären der Froschganglienzelle erinnert (vgl. die Kopien I—III auf Taf. XVII und meine Figg. 9 und 12 auf Taf. XVII); in beiden Fällen handelt es sich um stark färbbare Kugeln, die in eine dunkle Randzone und helles Zentrum zerfallen. Ebenso stimmt die Größe auffallend überein. Anderseits gleichen die von Rarı dieht neben dem Kern dieser Zellen gefundenen Öentrosomen ct in der Größe und Färb- barkeit wie im Bau durchaus dem Zentralkorn der »chromatischen« intranucleären Sterne (vgl. Kopie I, Taf. XVII). Wir hätten dann genau dieselben Verhältnisse vor uns wie in der Froschganglienzelle, d. h. teils intranucleäre Sphären, teils extranucleäre Centrosomen von dem gleichen Bau und Aussehen, wie es das Zentralkorn der Sphären zeigt. Rarı betrachtet seine intranueleären chromatischen Sterne und die Oentrosomen als ganz außer Zusammenhang untereinander stehenden Bildungen und läßt sich über diese Elemente im Text folgendermaßen aus (p. 10): »Eine jede der chromatischen Stern- figuren besteht aus einem sich intensiv färbenden Zentrum und einer Anzahl genau radiär angeordneter, etwas heller tingierter Chromatin- stäbehen. Meist erscheint das Zentrum als ein vollkommen homogenes Korn, hin und wieder, und zumal auf recht dünnen Schnitten, er- kennt man aber an Stelle desselben einen dunklen Ring mit hellem zentralen Innenraum. Auf weniger stark gefärbten Präparaten sehen die ziemlich dunkel gefärbten Zentren Kernkörperchen nicht unähnlich, während die Chromatinstäbehen die Farbe nur wenig angenommen haben und daher nur bei sorgfältigem Zusehen erkannt werden können. Letztere sind alle an der dem Zentrum zugekehrten Spitze Untersuchungen über den Bau der Zelle. I. 195 bedeutend verjüngt, an der andern angeschwollen. Eine direkte Verbindung der Chromatinstäbehen mit den Zentren scheint auf den ersten Blick nicht stattzufinden, vielmehr glaubt man vielfach um die Zentren einen hellen Hof zu erkennen.«.... p. 11: »Der Stern- durchmesser in den verschiedenen Kernen ist ein sehr verschiedener und auch bei den Sternen desselben Kernes ungleich.« .... p. 11: »Es gibt nun sowohl in Kernen, die nur einen Stern, als solchen, die deren mehrere enthalten, Chromatinfiguren, die von der typischen radiären Anordnung der Stäbchen Abweichungen zeigen, die auf Teilungen der Sterne hinweisen. In Fig. 2! habe ich solche Teilungs- phasen der chromatischen Sterne schematisch dargestellt. Vielfach fand ich Figuren, bei welchen an Stelle des Sternzentrums ein biskuit- oder hantelförmiger chromatischer Strang gelagert war, welchen die Stäbehen allerorts umstanden, sowohl an den Polen als am Ver- bindungsstück. Manchmal waren die Stäbchen fast genau radiär um die Knöpfe der Hantel gruppiert, während das Verbindungsstück nicht von Stäbchen umstellt war. Ich fand auch Figuren, in welchen zwei Sterne nur durch einen blassen chromatischen Faden verbunden waren. Es dürfte dies die letzte Phase in der Sternteilung darstellen, denn mit dem allmählichen Verschwinden des die beiden Sterne ver- bindenden Fadens werden die Sterne voneinander isoliert. Bei einer neuen Durchsicht meiner alten und neuen Präparate fand ich aber auch gar nicht so selten Sterne mit zwei Zentren, die bald ganz dicht nebeneinander lagen, bald etwas weiter voneinander entfernt waren. Diese Bilder werden wohl mit Recht als die Anfangsphasen der Sternteilungen zu deuten sein. Man könnte, wenn man die Figuren betrachtet,- geneigt sein, von einer direkten Teilung der chromatischen Sterne innerhalb der Kerne zu sprechen. Ich habe mich nun mit Sicherheit davon überzeugen können, daß diese Teilungen der Sterne von der Teilung der Kerne völlig unabhängig erfolgt.«..... p. 13: »Bei- läufig möchte ich hier noch bemerken, daß die Zahl der Zellen mit polyzentrischer Anordnung des Chromatins je nach den Individuen außerordentlich schwankt; eine große Zahl von Drüsenzellen, die auch in Rosettenform angeordnet sind und neben den in Rede stehenden charakteristischen Zellen gesehen werden, lassen sehr häufig nichts von einer polyzentrischen Anordnung des Chromatins erkennen. « Diese Beschreibung Rarus kann wieder fast wörtlich auch für 1 = Kopie III auf Taf. XVII. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 14 196 Emil Rohde, die Sphären der Froschganglienzelle gelten: Wie bei dieser (vgl. z. B. Fig. 10, Taf. XVII) kommen auch bei den chromatischen Sternen karus häufig nicht nur ein, sondern zwei Zentralkörper vor, sind zweitens die letzteren auch hier nicht selten in dunkle Randzone und helles Zentrum gesondert und oft von einem hellen Hof umgeben, treten drittens die intranucleären Sterne in den verschiedenen Tieren und Zellen in sehr wechselnder Zahl auf. Auch betont RAru, wie dies auch die Kopie II auf Taf. XVII zeigt, daß die Strahlung um die Zentralkörper bisweilen nur ganz undeutlich entwickelt ist (vgl. diesbezüglich meine Figg. 5—8, 19, 21 auf Taf. XVII). Wie RATH sich seine chromatischen Sterne deutet, lehren uns folgende Sätze von ihm p- 12, 13: »In meinem früheren Aufsatze habe ich für die polycentrische Anordnung des Chromatins in den in Rede stehenden Drüsenzellen von Anslocra zwei Deutungen als möglich bezeichnet, von denen aber, wie ich ausdrücklich hervorhob, weder die eine noch die andre wirklich befriedige. Bevor ich jetzt eine andre Erklärung zu geben versuche, will ich meine früheren Hypothesen wiederholen, um zu zeigen, daß dieselben damals sehr wohl berechtigt waren. Was die chromatischen Zentren der Stern- figuren angeht, so könnte man geneigt sein, dieselben als Kern- körperchen aufzufassen, um welche auf irgend welchen Reiz hin sich das Chromatin radiär angeordnet hat. Die große Zahl von Kern- körperchen innerhalb eines Kernes ist nichts Außergewöhnliches und bei Drüsenzellen längst bekannt; ebenso findet man in den Kernen (Keimbläschen) von Ovarialeiern nicht selten mehrere Nucleoli. Zu einer andern Auffassung könnte man gelangen, wenn man auf die intensive Färbbarkeit der Zentren kein großes Gewicht legt; dann wäre es denkbar, die Erscheinungen mit der multipolaren indirekten Kernteilung in Beziehung zu bringen. Bei dieser Auffassung wäre jedes Zentrum als ein Polkörperchen (Centrosoma) zu deuten und die Teilung der Zentren als eine Teilung der Polkörperchen aufzufassen, wie sie von E. van BENEDEN und BoveErı bei Ascaris gesehen und auch von RABL angenommen wurde Da die Kerne infolge der An- passung an die Drüsenfunktion der Zelle schon beträchtlich von normalen Kernen abweichen, so würde die Teilung der Polkörperchen nicht mehr die Teilung des Kerns nach sich ziehen und könnten daher zahlreiche Zentren in einem Kerne erscheinen. Wichtige Ein- wände gegen diese Auffassung liegen aber darin, daß von den Chromatinelementen niemals die typische Form zu sehen ist, daß niemals achromatische Spindeln deutlich werden und keine der Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 197 charakteristischen Phasen der Mitose sich konstatieren lassen. Die erste Hypothese, daß die chromatischen Zentren der Sterne Nucleolen sein könnten, möchte ich keineswegs weiter verteidigen, obschon ich recht häufig und zumal bei Drüsenzellen eine mehr oder weniger auffallende strahlige Anordnung sowohl des Chromatins als auch der achromatischen Kernsubstanz um unzweideutige Nucleolen habe be- merken können. Man könnte immerhin daran denken, daß die Zentren der Sterne Hauptnucleolen seien und die vorhin erwähnten -blassen Nucleolen als Nebennucleolen zu bezeichnen wären. Die zweite Hypothese muß schon deshalb fallen gelassen werden, da es mir bei meinen neuen Präparaten gelang, die als Centrosomen und Sphären zu deutenden Gebilde stets außerhalb der Kerne im Zell- plasma nachzuweisen. Zur Zeit scheint mir die einfachste Deutung der chromatischen Sternfiguren die zu sein, daß die Zentren der Sterne nichts andres als die Knotenpunkte des ehromatischen Netz- werkes an den Kreuzungsstellen sind, um welche das übrige Chroma- tin eine radiäre Anordnung angenommen hat.« Diese Auslassungen RArHs sprechen durchaus zu Gunsten der von mir (oben) vertretenen Auffassung der intranuclearen chromatischen Sterne von Anzlocra. Daß das Auftreten von Centrosomen außerhalb des Kerns solehe im Innern des letzteren nicht ausschließt, beweisen meine Befunde an den Ganglienzellen. Die letzte Deutung, welche Rarn seinen ehromatischen Sternen gibt, erscheint mir als die allerunglück- liehste. Leider stand mir von Anzlocra kein geeignetes Material zur Verfügung, sonst hätte ich diese sehr interessanten Kernbildungen von Anslocra eingehender untersucht, vor allem geprüft, ob es sich bei ihnen wirklich um Nucleinteile handelt. Dieser Nachweis wäre hier besonders leicht durch Behandlung der Schnitte mit Jodgrün- Fuchsin zu führen gewesen, da es sich um Drüsenkerne handelt, deren Nuclein sich in diesem Falle ausgesprochen grün färben würde!.. Ich glaube, dab bei Anzlocra ganz gleiche Bildungen vorliegen, wie ich sie in den Sphären der Froschganglienzellen beschrieben habe. Bemerkt sei, daß IpE? ganz ähnliche ehromatische Sterne in den Kernen bei Jone thoracica abgebildet hat. Von den Centrosomen, die RATH als Sphären auffaßt, läßt er ! Vgl. diese Zelluntersuchungen. I. Kern und Kernkörper. Diese Zeitschr. Bd. LXXIIl. 2 MANILLE IDE, a) Glandes cutandes & canaux intracellulaires chez les Crustac&es edriophthalmes. La Cellule. Tome VII. — b) Le tube digestif des Edriophthalmes. Idem. Tome VII. 14* 198 Emil Rohde. sich auf p. 8/9 ganz kurz in folgender Weise aus: »Die Abbildungen der Anilocra-Zellen lassen im Zellplasma in verschiedener Entfernung von den Kernen dunkel tingierte Kugeln erkennen, die in einem un- regelmäßig gestalteten Plasma liegen, welches gegen das übrige Plasma scharf absticht. Nur in einigen Fällen erkannte ich im Innern dieser Kugeln ein, zwei oder mehrere Körner, die als Centrosomen zu deu- ten sind, während ich die Kugeln selbst, obschon sie häufig völlig homogen zu sein scheinen, als Sphären ansehen möchte.« Die von RarH als Sphären aufgefaßten Kugeln stimmen, wie oben ausgeführt worden ist (vgl. auch die Kopie I auf Taf. XVIIT, im Durchmesser und sonstigen Aussehen vollständig mit dem Cen- tralkorn der intranucleären chromatischen Sterne überein und können nur den Centrosomen entsprechen. Das »unregelmäßig gestaltete, zegen das Zellplasma scharf abstechende« Plasma, welches nach RArH die Centrosomen umhüllt, ist vielleicht auf unvollkommene Sphären- resp. Sternbildungen zu beziehen (vgl. oben das über die Entstehung der Sphären der Ganglienzellen Gesagte und Fig. 24 auf Taf. XVII). Von den Centrosomen der Autoren will ich schließlich bemer- ken, daß auch von ihnen ähnlich, wie ich es für die Centrosomen des Frosches und der Säugetiere angegeben habe, Wanderungen, d. h. ein Übertritt in den Kern und Zurückwandern in den Zellleih beobachtet worden ist!. Ich betonte oben, daß die freien Centrosomen, besonders des Sympathieus, oft kaum von den Nucleolen zu unterscheiden sind. Interessant ist, daß KARSTEN ? und BREMER ? die Centrosomen direkt aus den Nucleolen hervorgehen lassen, und auch BRAUER ! die Möglich- keit des Zusammenhanges zwischen Centrosoma und Nucleolus zugibt. IV. Erklärungsversuche der Befunde. Im Vorhergehenden glaube ich über allen Zweifel deutlich gezeigt zu haben, daß die von mir als Sphären und Centrosomen beschriebenen i Vgl. A. BRAUER, Zur Kenntnis der Spermatogenese von Ascaris megalo- cephala. Archiv für mikr. Anat. Bd. XLII. 1893. Ferner F. Scaaupisx, Über das Centralkorn der Heliozoen, ein Beitrag zur Centrosomenfrage. Verhandl. d. Deutsch. Zoolog. Gesellsch. 1896. 2 KARSTEN, Die Beziehungen der Nucleolen zu den Centrosomen bei Pszlo- tum triquetrum. Ber. d. deutsch. Botan. Gesellsch. 18%. 3 BREMER, Die Identität des Paranuclearkörperchens der gekernten Erythro- eyten mit dem Centrosom. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XLVI. Untersuchungen über den Bau der Zelle. I. 199 Bildungen den Sphären und Centrosomen vieler Autoren entsprechen. Meine 'Befunde an den Sphären und Centrosomen der Spinalgan- glienzellen und Sympathieuszellen des Frosches und der Säugetiere müssen demnach eine allgemeinere Bedeutung haben, d. h. die sich aus ihnen ergebenden Konsequenzen bezüglich der Auffassung der Sphären, resp. Centrosomen müssen auch für die Sphären und Centro- somen der Autoren gelten. Überblieken wir die Literatur über die Sphären und Centro- somen, so hat sich also, wie schon anfangs bemerkt, bei Vertiefung der diesbezüglichen Studien gezeigt, daß die Sphären nicht nur eine sich mitotisch teilenden Zellen zukommende Erscheinung sind, son- dern auch bei der amitotischen Teilung, ja selbst bei Zellen, die sich überhaupt nicht mehr teilen, auftreten. Sehr bemerkenswert nach dieser Richtung ist folgende Äußerung LExHossiks in seiner oben besprochenen Abhandlung! p. 346/347: »Wenn es gelingt, an so konservativen Elementen, wie es unsre Nervenzellen sind, Centro- som und Sphäre nachzuweisen, so ergibt sich von selbst die Bedeu- tung eines solchen Befundes für die Entscheidung der Frage, ob das Centrosom ein dauerndes Zellgebilde sei, oder wie das von manchen Seiten angenommen wurde, ein vorübergehendes Organ der Zelle oder wenigstens ein vorübergehender Bestandteil des Zellprotoplasmas in dem Sinne, daß es nach der Teilungsphase in den Bestand des Kerns aufgenommen wird. Man kann nun auf Grund der mitzu- teilenden Beobachtungen in dieser Frage mit Bestimmtheit dahin ein Urteil abgeben, daß sich das Centrosom auch in Zellen dauernd als morphologisch nachweisbares Gebilde erhalten kann, und zwar als Bestandteil des Protoplasmas und nicht des Kerns, die nicht nur von ihrer vorhergehenden Teilungsphase durch lange Zeiträume geschie- den sind, sondern für die auch in Zukunft keine Teilung mehr in Aussicht steht. In diesem Nachweis erblicke ich den Schwerpunkt meines Befundes und ich glaube, daß man in dieser Beziehung meinen Beobachtungen höchstens die von MEvEs? an die Seite stellen kann« (vgl. oben p. 192 meine Besprechung der Mrvesschen Befunde und das diesbezügliche Citat). Gleich interessant sind die Schlußsätze®, in denen BREMER seine 1 LENHOSSER, 1. c. 2 Mrve&s, 1. c. 3 L. BREMER, Die Identität des Paranuclearkörperchens der gekörnten Erythrocyten mit dem Centrosom. Archiv für mikr. Anat. Bd. XLVI. 200 Emil Rohde, Beobachtungen! über die Centrosomen der kernhaltigen roten Blut- körperchen zusammenfaßt, indem er u. a. schreibt: »Das Postulat der Protoplasmastrahlung, durch welche das Centrosom bisher haupt- sächlich charakterisiert worden ist, würde hinfällig werden« ... »Das regelmäßige Vorkommen des Centrosoms in den Hämatoblasten (bei den Vögeln usw.) beweist, dal dieser Körper nicht ausschließlich ein Teilungsorgan ist, und daß es in Zellen gefunden wird, in welchen Kernteilungsfiguren weder existieren noch existiert haben. « Weiter hat sich dann die Erkenntnis immer mehr Bahn ge- brochen, daß die Sphären nicht Teile des Zellprotoplasmas sind, sondern, wie dies BOVERI zuerst betont hat, aus einem selbständigen, von dem Zellprotoplasma verschiedenen Plasma bestehen, welches BoveErı Archoplasma nennt. BOVvERI bezeichnet mit diesem Namen die meist radiär geordneten Körnchen der Rindenzone der Sphären. Von andrer Seite ist dagegen die Auffassung vertreten worden, daß die Zwischenräume der Radiärstrahlen der Rindenzone von einem für die Sphären charakteristischen, dem Protoplasma des Zellleibes fremden Substanz erfüllt seien (vgl. z. B. oben die Arbeiten von G. und ©. NIESSING). Ich habe nachweisen können, daß beides richtig ist, d. h., daß die Sphären durchweg aus einer schwerer färbbaren scheinbar homo- genen Substanz bestehen, die ich als Grundsubstanz bezeichnet habe. Diese Grundsubstanz tritt besonders deutlich oft in der Umgebung des Zentralkorns als heller hofartiger Raum auf, welches der Mark- zone der Attraktionssphäre van BENEDENs entspricht, während sie dagegen in der Rindenzone gegenüber den hKadiärfasern resp. -Körnchen stärker zurücktritt und zwischen den letzteren häufig nicht deutlich zur Beobachtung kommt. Zerfällt das ursprünglich einheit- liche Zentralkorn in mehrere, so füllen diese dann nicht selten den sanzen innerhalb der radiär gestreiften Rindenzone gelegenen Raum derartig aus, daß auch hier die Grundsubstanz scheinbar ganz ver- schwindet. Die Radiärstrahlen der Rindenzone vAn BENEDENS be- stehen aus feinen Körnchen, die ebenfalls eine eigne Färbbarkeit besitzen, durch die sie sich sowohl von der Grundsubstanz der Sphäre, als von dem Zellprotoplasma scharf unterscheiden (vgl. z. B. auf Taf. XVIL, Fig. 1 und Fig. 22 a—d). An der äußeren Peripherie der Rindenzone verdicken sich oft die Körnchen, welche die Radiärstrahlung bilden, und erzeugen dann den äußeren Körnchenkranz VAN BENEDENS, 1 L. BREMER, Über das Paranuclearkörperchen der gekörnten Erythrocy- ten usw. Ebenda. Bd. XLV. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 201 welcher nicht selten bei dichterer Lagerung und Verklebung der Körn- chen als einheitliche die Sphäre nach außen abschließende Membran erscheint. Die Sphären haben also im wesentlichen denselben Bau wie eine Zelle, insofern sie aus einem dem Zellkern entsprechenden Zentralkorn und aus einer das letztere einschließenden Grundsubstanz bestehen, welche sich dem Protoplasmaleib der Zelle vergleichen läßt. Die der Grundsubstanz eingelagerten (meist radiär gestellten) Körn- chen der Rindenzone der Sphäre erinnern schließlich an die Mikrosomen des Zellleibes. Auch die Membranbildung der Zelle fehlt den Sphären nicht. Auch die Centrosomen bestehen aus einer Grundsubstanz und aus einer zweiten, dieser eingelagerten stärker chromatischen Substanz. Diese Sphären resp. Centrosomen teilen sich nun sehr häufig, ohne daß je eine Teilung der Zelle erfolgte, sie wandern ferner aus der Zelle und leben außerhalb derselben als selbständige Gebilde weiter, sie zerfallen schließlich in kleinste Stücke usw. Daß unter diesen Umständen die Sphären mit der Teilung der Zellen nichts zu tun haben können, liest auf der Hand (vgl. auch oben p. 200 das Citat von BREMER). Die Frage entsteht: »was bedeuten sie?« Da liest es am nächsten, wenn wir an Bekanntes anknüpfen und die Sphären überhaupt als Abkömmlinge der Zelle, der sie eingelagert sind, auffassen wollen, die Richtungskörperchen der Eier als Ver- gleichsobjekte heranzuziehen, welche ebenfalls als sehr kleine Teile von der Eizelle sich ablösen, den Wert einer Zelle haben und längere Zeit außerhalb der Mutterzelle erhalten bleiben können!, später sich aber auflösen. Da die Sphären im Kern der Froschganglienzelle scheinbar entstehen, hier heranwachsen (vgl. die Figg. 4—8, 21 Taf. XVII) und dann in der Regel erst in den Zellleib übertreten, um schließlich die Zelle ganz zu verlassen, so würde sich die Ähn- lichkeit mit den Richtungskörperchen noch erhöhen. Die Gewebs- zellen hätten dann auch ihre Richtungskörperchen. Über die Deutung der Richtungskörperchen der Eier sind die Akten noch nicht ge- schlossen. Vielfach wird angenommen, daß sie überschüssiges Zell- Vgl. z. B. die HAeckersche Arbeit: »Die Keimbahn von Oyeclops<. Archiv für mikroskop. Anat. Bd. XLIX. Auch bei schon weit vorgeschrittenen Ent- wieklungsstadien des Eies sind die Richtungskörperchen noch deutlich zu unter- scheiden. 202 Emil Rohde, resp. Kernmaterial darstellen, das aus der Zelle herausbefördert werden muß. Diese Auslegung ließe sich vielleicht auch für die aus der Ganglienzelle austretenden sphärenartigen Bildungen hören. Nur muß betont werden, daß die im Kern heranwachsenden Sphären sich färberisch anders verhalten als das Nuclein des Kerns. Es bleibt ferner der große Gegensatz zwischen den Richtungskörperchen der Eier und den Sphären der Froschganglienzelle bestehen, dass jene in sehr gesetzmäßiger Zahl, d. h. in der Regel zu zweien (oder dreien) auftreten, während diese bald ganz fehlen oder nur sehr spärlich sind, bald, allerdings seltener, in sehr bedeutender Menge erscheinen, ferner, daß die Sphären schon in der Zelle in kleine Stücke zer- fallen können (vgl. Figg. 15, 16 auf Taf. XVII). Will man den Vergleich mit den Richtungskörperchen der Eier, welcher, wie ich selbst zugeben muß, seine großen Schwächen hat, nicht gelten lassen, so bleibt nur noch die eine Möglichkeit übrig, die Sphäre, resp. Centrosomen, nicht als integrierende Bestandteile der Zelle, sondern als Fremdkörper derselben aufzufassen, d. h. sie als parasitäre Erscheinung anzusehen. So gewagt es auf den ersten Blick erscheint, hieran zu denken, so sehr gewinnt die Annahme, wenn wir genauer nicht nur auf meine eignen Befunde, sondern auch auf die Beobachtungen der Autoren eingehen. Ziehen wir zunächst meine eignen Beobachtungen in Betracht, so haben wir nach meiner oben gegebenen Schilderung bei der Spinalganglienzelle des Frosches einen vollständigen Entwicklungs- cyklus der Sphären vor uns, ähnlich wie er von andern Zellparasiten ! angegeben worden ist, wenn wir annehmen, daß die kleinen Zerfalls- produkte der Sphären in den Kern einwandern und hier identisch den kleinen Kügelchen sind, die den Ausgangspunkt der Entwick- lung der Sphäre darstellen. Die Sphären würden dann aus kleinsten Keimen in dem Kern entstehen (vgl. Figg. 4—8 und 21 auf Taf. XV), hier allmählich heranwachsen unter stetig deutlicher werdender Radiär- strahlung, bis sie den typischen Bau der Sphären erlangt haben vgl. Figg. 8, 19), dann in den Zellleib übertreten und entweder in letzterem schon oder erst, nachdem sie diesen verlassen haben, in kleine Keime zerfallen, die schließlich wieder in den Kern der Gan- glienzelle zurückwandern, um zu einer neuen Sphärengeneration heranzuwachsen. ! Vgl. die Arbeiten von GRASSI, SCHAUDINN, STEINHAUS, DRÜNER, R. HEIDEN- HAIN, in denen es sich teilweise auch um Kernparasiten handelt. Untersuchungen über den Bau der Zelle. I. 203 Allerdings fehlt zu dieser Auffassung die Hauptsache, nämlich der experimentelle Nachweis: solange dieser nicht erbracht ist, muß meine Deutung der Sphären selbstverständlich Hypothese bleiben. Ein andres schwerwiegendes Bedenken würde darin bestehen, dab wir es mit einem vollständig neuen, in seiner Form ganz unbekannten, Parasiten zu tun hätten. Anderseits spricht aber stark für meine Hypothese die Tat- sache, daß in manchen Tieren die Ganglienzellen ganz frei von Sphären, in andern diese nur sehr. spärlich auftreten, während sie in einem dritten Falle in großer Menge sich finden, ferner, daß selbst im gleichen Tiere die verschiedenen Ganglien und ein und dasselbe Ganglion in den verschiedenen Ganglienzellen sehr große Schwan- kungen in der quantitativen Entwicklung der Sphären aufweisen. Diese auffallenden Befunde könnten dann sehr leicht durch eine ver- schieden starke Infektion der Tiere resp. der verschiedenen Gan- glien sich erklären lassen. Betonen möchte ich bei dieser Gelegen- heit, daß ich vorwiegend Winterfrösche untersucht habe. Doch kommen die Sphären, wie ich mich überzeugt habe, auch m Sommer- fröschen vor. So stark infizierte Ganglien, wie das, dem die Figg. 15—21 entnommen sind, gehören übrigens zu den großen Seltenheiten. Ich habe viele Dutzende von Froschganglien unter- sucht und bei weitaus der Mehrzahl der Ganglien auch nicht an- nähernd eine solche Massenhaftigkeit der Sphären konstatieren können. Oft schienen sie, wie bemerkt, ganz zu fehlen. Zu Gunsten der parasitären Natur der Sphären darf ferner die Beobachtung angeführt werden, daß die Sphären wie die Centrosomen zweifelsohne aus einer von dem Zellprotoplasma ganz verschiedenen Substanz (vgl. auch oben die Angaben von BovERI, G. und Ü. NIESSING) bestehen und oft durchaus wie Fremdkörper in der Zelle hervor- stechen (vgl. Fig. 1, 15, 16, 23 auf Taf. XVII. Boverı!, der, wie schon bemerkt, die Auffassung, daß die Sphären ihr eignes Proto- plasma haben, zuerst ausgesprochen hat, beobachtete, daß bei einer bestimmten Einwirkung. der Pikrinessigsäure auf das Ei alle Be- standteile der Zellsubstanz, Grundmasse, Fäden, Körnchen und Dotter- körper zu einer homogenen, leicht vacuolisierten, durchsichtigen Masse verquollen, in der nur die Struktur der Kerne und des Archoplasmas sich erhielt. Sehen wir uns in der Literatur weiter um, so finden wir bezüglich der Sphären noch manche Angaben, die sehr gut die 1 Bovertr, 1. ce. 204 Emil Rohde, Annahme zulassen, daß die Sphären parasitär sind. So gibt Meves in seiner oben zitierten Arbeit! an, daß die Sphären ebenfalls einen vollständigen Entwicklungseyklus durchmachen und zwar ganz un- abhängig von der Mitose, daß auch sie in kleinste Stücke zerfallen und aus diesen wieder neu entstehen. Seine Abbildung und Be- schreibung der diesbezüglichen Verhältnisse könnten vollständig auch auf die Entwicklung eines Endoparasiten der Zelle bezogen werden. So sagt er über den Zerfall der Sphäre p. 119: »In den Spermatogonien von Salamandra maculosa erfährt die Attraktionssphäre außerhalb des Verlaufs der Mitose zu Zeiten weitgehende morphologische und chemische Änderungen, welche, einen Kreislauf bildend, zum Aus- gangspunkt zurückführen.« ... »Soweit sie die Sphäre betreffen, be- stehen sie, kurz gesagt, darin, daß diese, im allgemeinen gegen Ende des Sommers und im Herbstanfang (August, September, in einigen Hoden schon Ende Juli) in Körnerhaufen übergeht, aus welchen sie im Frühjahr wieder aufgebaut wird.« .... p. 124/125): »In Hoden aus dem Spätsommer (August, September) nimmt man häufig wahr, daß die vorher glatte Oberfläche der Sphäre unregelmäßig wird; es treten Furchen auf, welche gegen das Zentrum hin einschneiden. Dadurch bekommt die Sphäre ein zerklüftetes, höckeriges Aussehen. Anzahl und Größe der Höcker sind in verschiedenen Fällen verschieden. Bald entstehen anfangs nur wenige (fünf bis sechs) größere, bald zahlreichere (bis zu 20 und mehr) entsprechend kleinere Höcker. Die einzelnen Höcker einer Sphäre sind niemals untereinander gleich sroß. Die Höckerbildung endet damit, daß schließlich an Stelle der einen Muttersphäre eine Anzahl selbständiger Körper entstehen. Die- selben sind, wie die ursprünglichen Höcker, untereinander von ver- schiedener Größe. Von Gestalt sind sie entweder rundlich oder oval. Oder sie haben, wie häufig, eine konvex-konkave Form, sind bohnen- oder auch schalförmig; in letzterem Fall haben sie im optischen Querschnitt das Aussehen kürzerer oder längerer gekrümmter Stäb- chen. In noch andern Fällen sind sie ganz unregelmäßig gestaltet.« ... »Weiterhin rücken die Sphärenteilchen, die zunächst noch auf einem Haufen zusammen lagen, auseinander; gewöhnlich finden sie sich bald auf der einen Seite des Kerns in der Zellsubstanz verstreut. Während des Auseinanderrückens zerfallen sie mehr und mehr in kleinere Teilstücke. ° In einem Stadium, das sich an ein solches der Figg. 17, 18 anschließt, findet sich die ganze Zellsubstanz von zahl- reichen, kleinen, homogen aussehenden Kügelchen durchsetzt.« i MEvES, Archiv f. mikr. Anat. Bd. XLIV. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. ; 205 Über die Neuentstehung der Sphären schreibt Meves p. 130/131: »In Salamanderhoden, besonders aus dem Frühjahr, beobachtet man, daß die Körnermassen, welche den Kern vorher in ihrer Gesamtheit wie eine Hohlkugel umgaben, sich mehr und mehr auf eine Stelle zusammenziehen, so daß sie ihn bald nur noch zu einem Teil schalen- förmig umfassen. Zuletzt drängen sie sich meistens an einem Punkt der Kernperipherie zu einem einzigen Haufen zusammen. Dieser sitzt häufig in Kappenform dem Kern auf; zuweilen liegt eine kugel- förmige Anhäufung von Körnern frei neben dem Kern in der Zell- substanz. Diese Ansammlung verdichtet sich mehr und mehr zu einem dunklen Körper, an dem man einzelne Körner nicht mehr unterscheidet, und erfährt schließlich eine Umwandlung in homogene Substanz. Oder aber es entsteht die Attraktionssphäre im Zentrum der Ansammlung als ein homogen aussehender Körper, in dessen Umgebung zunächst noch Körner liegen bleiben, welche wohl erst nachträglich in die Sphäre einbezogen werden. In andern Fällen geht die Rekonstitution der Sphäre in einer von der eben geschilderten abweichenden Weise vor sich, welche den Vorgängen, wie sie sich beim Zerfall abspielen, mehr analog ist. Die Körnermassen ziehen sich nicht erst an einer Stelle der Kernperipherie zu einem einzigen großen Haufen zusammen, sondern während sie den Kern noch in Form einer Hohlkugel umfassen, erfahren sie bereits an Ort und Stelle eine Umwandlung ihrer Substanz. Der Kern ist dann im op- tischen Querschnitt an seiner ganzen Peripherie von zahlreichen winzigen Körperchen umgeben, welche im Vergleich mit den Körner- massen geringe Neigung zeigen, Farbstoffe aufzunehmen. In andern Fällen findet man in derselben Lage weniger zahlreiche, aber größere Körper von dem gleichen Aussehen. Diese größeren Körper, welche von den von mir sog. Sphärenteilchen nicht zu unterscheiden sind, können entweder aus den kleineren Kügelchen entstanden sein, in- dem mehrere derselben sich vereinigten; oder sie können ihre Ent- stehung genommen haben, indem gleich von vornherein die Körner- massen sich zu kleineren Häufehen zusammenzogen und diese dann eine Umwandlung in homogene Substanz erfuhren.«.... »In Bildern späterer Stadien sieht man Sphärenteilchen an einem Punkt des Kern- umfanges zu einem Haufen versammelt. Wie bei den vorhin be- schriebenen Vorgängen des Zerfalls steht auch jetzt ihre Zahl in umgekehrtem Verhältnis zu ihrer Größe. Dieselben vereinigen sich zu einem einzigen Sphärenkörper, dessen Formen im Anfang oft stark lappig und höckerig sind.« 206 Emil Rohde, Mevzs deutet seine Beobachtungen, die er sehr subjektiv bald auf einen Zerfall, bald auf eine Neuentstehung der Sphären bezieht, als den Reifeerscheinungen der Eizelle entsprechende Vorgänge. Es bleiben ihm aber eine große Menge von Einschlüssen des Zellleibes vollständig unerklärlich. Eimige seiner diesbezüglichen Befunde sind für die vorliegende Frage darum von großem Interesse, weil sie un- gemein an die intranucleäre Entstehung der ÜCentrosomen resp. Sphären, ihren Übertritt in den Zellleib und an die in den Centro- somen zur Differenzierung kommenden Strukturen erinnern, wie ich sie für die Ganglienzellen angegeben habe. So schreibt er p. 134: » Weiterhin sind nach Beobachtungen, die bisher ausschließlich an einer Anzahl von -Frühjahrshoden gemacht sind, in der Zellsubstanz der Spermatogonien zu Zeiten Einschlüsse nachweisbar, die, so dunkel die Bedeutung ihrer Anwesenheit in der Zellsubstanz auch ist, ihrer Herkunft nach wenigstens nicht zweifelhaft sein können. Es handelt sich um Kernbestandteille. Die Elimination derselben findet sowohl bei polymorphen wie bei runden Kernen, je nach der Kernform an verschiedenen Stellen statt. Bei den polymorphen Kernen kommt sie fast niemals an der freien Kernoberfläche zur Beobachtung, sondern beschränkt sich auf die nach innen gekehrten Einfaltungen derselben. Man findet diejenigen Teile der Kernmembran, welche die Spalten der polymorphen Kerne auskleiden, mit stark gefärbten knötchen- förmigen Auflagerungen besetzt; in andern Fällen beobachtet man gefärbte Kügelchen von etwas verschiedener, meistens nicht ganz un- beträchtlicher Größe frei innerhalb der Kernspalten. An Präparaten, an welchen Nucleolen und Chromatin different tingiert sind, zeigen Auflagerung und Kügelchen dieselbe Färbung wie das Chromatin. Die Spalten der polymorphen Kerne werden durch die knötchen- förmigen Auflagerungen der sie auskleidenden Membran und die frei in ihnen liegenden Kügelchen vielfach geradezu markiert. Bei der Betrachtung eines polymorphen Kerns kommt es nicht selten vor, daß zunächst eine Reihe stark gefärbter Kügelchen eben durch ihre Anordnung den Blick auf sich zieht; häufig erst bei genauerem Zu- sehen erkennt man, daß dieselben innerhalb einer Kernspalte liegen. Chromatinkügelchen von derselben Größe, wie man sie innerhalb der Spalten der polymorphen Kerne antrifft, findet man sodann völlig Setrennt von dem mehr ausgerundeten Kern im Innern der Zell- substanz. Und zwar haben sie gewöhnlich ihre Lage im Bereich der aus dem Zerfall der Sphäre hervorgegangenen Körnermassen; in diesen sind sie ziemlich regellos verteilt. Wie die Kügelchen aus Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. | 207 den Spalten des Kerns herausgelangt sind, muß ich dahingestellt sein lassen. Einige Bilder legen den Gedanken nahe, daß sie wenigstens teilweise rein passiv herausbefördert werden; es hat mir zuweilen den Anschein, als ob die Kernmembran sie vor sich her- schiebt, indem ihre Einbuchtungen ausgeglichen werden und der Kern wieder eine abgerundete Form annimmt. Jedoch kann in allen Fällen wohl kaum der ganze Weg bis zu den Körnermassen nur auf diese Weise zurückgelegt worden sein. In andern Zellen mit meta- morphosierter Sphäre, deren Kerne meistens ebenfalls abgerundete Formen aufweisen, zeigt die chromatische Substanz eine viel feinere Verteilung. Man findet an Stelle der eben beschriebenen verhältnis- mäßig großen Chromatinkügelchen ebenfalls im Bereich der modifi- zierten Sphäre zahlreiche, winzige, gefärbte Körnchen.« ... »Besonders, wo die Körnermassen locker liegen, erkennt man folgendes auffallende Verhalten: Die Mitte eines jeden Sphärenkorns wird von einem stark (an meinen Präparaten blau oder rot) gefärbten Kügelchen einge- nommen; letzteres ist also von einem, bei gelungener Dreifachbe- handlung gelblich gefärbten, Hof von Sphärensubstanz umgeben.« Auch die von mir beobachteten Centrosomen lassen deutlich Zentralkorn und helle Randzone unterscheiden. Die Mevessche Figur, welche diese Verhältnisse erläutern soll und von mir als Fig. X auf Taf. XIX kopiert worden ist, zeigt eine unverkennbare Ähnlichkeit mit meinen Figg. 22—50 auf Taf XVII. Meves fährt dann p. 135 diesbezüglich fort: »Über die Art, wie die Dekonstitution der großen Chromatinkügelchen der Fig. 41 und weiterhin die Verbindung des Chromatins mit den Sphärenkörnern zu Stande kommt, weiß ich keine Angaben zu machen; wahrschein- lieh spielen, wie auch sonst hier bei dem Eliminationsvorgang, chemische Prozesse, Lösung an einer Stelle und Wiederabscheidung an einer andern, eine Rolle.« p. 136 gesteht Meves selbst, daß die Abstammung seiner Kügelehen aus dem Chromatin des Kerns doch nicht ganz zweifellos sei, indem er schreibt: »Allerdings muß man daran denken, daß durch die beiden genannten Methoden auch nicht chromatische Teile, z. B. auch die Zentralkörper gefärbt werden. Es wäre deshalb wünschenswert, die färbbaren Zentren auch nach einer andern Fixierung als mit Osmiumgemischen, welche scharfe Tinktionen ge- stattet, nachzuweisen; ich habe dazu bisher keine Gelegenheit ge- funden. Da aber die Bilder der Figg. 43—45 sich gut an solche, wie das der Fig. 41 anschließen, welche letzteren ich auch mit 208 Emil Rohde, andern Behandlungen erhalten habe, so glaube ich nicht, daß Zweifel in Bezug auf die Natur der gefärbten Zentren zu Recht bestehen. Nach meiner Ansicht handelt es sich in der Tat um Chromatin, welches in eine innige Beziehung zu der Sphärensubstanz getreten ist.« Auf p. 138/139 fügt er dann über diese »Chromation-Elimina- tion« noch folgendes zu: »Auf Chromatinelimination zu beziehende Bilder finde ich nun auch in Zellen, in welchen die Körnermassen bereits eine Umwandlung in homogene Substanz erfahren haben, sei es, dab diese zunächst noch in Form von Sphärentheilchen in der Zelle verteilt ist oder sich bereits zu einem einzigen Körper konsolidiert hat. Unter diesen Verhältnissen ist die Kernform gewöhnlich rund- lich; die Elimination vollzieht sich dann an der freien Kernoberfläche. Die Kernmembran erscheint mit kleinern und größern knötehenförmigen Auflagerungen häufig dicht besetzt. Ist aber noch irgendwo ein Spalt vorhanden, so geht der Prozeß hier vorzugsweise von statten. Der Kern der Fig. 51 zeigt Chromatin auf dem Wege der Elimination an seiner ganzen Peripherie; besonders große Brocken aber nimmt man an seiner linken Seite, in der Tiefe einer noch vorhandenen Kinbuchtung wahr, deren Längsachse der Ebene des Objekttisches parallel läuft und auf deren Grund eingestellt ist. Dagegen findet bei dem Kern der Fig. 52, welcher von einem engen Kanal durch- bohrt ist, keine Elimination an der Oberfläche statt, sondern nur die Wandung des Kanals ist mit knötchenförmigen Chromatinauf- lagerungen besetzt. Außerdem findet man in den Zellen mit kon- solidierter Sphäre Chromatin frei in der Zellsubstanz, häufig besonders in der Umgebung der Attraktionssphäre, zuweilen ihrer Peripherie aufgelagert. Übrigens brauchen diese Chromatinkörner nicht erst notwendig nach erfolgter Rekonstitution der Sphäre eliminiert zu sein, sondern es ist möglich, in Fällen, wie denjenigen der Fig. 54 sogar höchstwahrscheinlich, daß sie sich schon vor diesem Zeitpunkt vom Kern getrennt hatten und bei Aufbau der Sphäre nicht mit verwandt wurden. Jedoch wird man wohl im allgemeinen in Bezug auf Bilder, wie das der Fig. 53, wenn man sie zusammen mit denjenigen der Figg. 49—51 in Frühjahrshoden findet, vermuten müssen, daß es sich um einen zweiten Schub von eliminiertem Chromatin handelt. Später sind die frei in der Zellsubstanz vorkommenden Körnchen verschwunden; über ihren Verbleib weiß ich nichts anzugeben.« Diese Schilderung von MEves erinnert zweifelsohne stark an die in den Figg. 22—50 von Taf. XVII resp. Figsg. 4-8, 21, 19 von Taf. XVII abgebildeten Centrosomenverhältnisse der Ganglienzellen. Untersuchungen über den Bau der Zelle. U. 209 Interessant ist auch folgende Stelle bei Meves p. 137: »Bei meiner bisherigen Schilderung handelt es sich ausschließlich um Chromatin. Es nimmt aber auch die Nucleolensubstanz an der Elimination Anteil. Nicht selten findet man außer den Chromatin- körnern im Bereich der körnigen Sphäre ziemlich große in der Regel nur vereinzelte Kügelchen, welche sich ebenso tingiert haben wie die Nucleolen. In Fig. 45 liegt ein soleher Körper links oben am Rande der zu einem Haufen zusammengezogenen Körnermassen. Über die Art, wie die Elimination der Nucleolensubstanz vor sich geht, habe ich keine Beobachtungen gemacht. « Auch ich habe (vgl. oben p. 171 ff.) die Centrosomen (Figg. 22— 380, Taf. XVIH) resp. die jüngsten Entwieklungsstadien der Sphären (vgl. Figg. 4, 5, 8, Taf. XVII) bei den Ganglienzellen jahrelang für Nueleo- len gehalten (vgl. auch oben p. 198 über die gleichlautenden Angaben KARSTENS, BREHMERS usw.). Sehr instruktiv für den vorliegenden Zweck sind ferner be- sonders die Beobachtungen HEIDEnHAINs! über die Sphären der Samenzellen von Proteus. HEIDENHAIN beschreibt hier Sphärenver- hältnisse, vor denen er wie vor einem unlösbaren Rätsel steht. Ich habe in der Fig. XIX a—d auf Taf. XIX einige der HEIDENHAINschen Abbildungen kopiert. Die Sphäre liegt nämlich in einer Kapsel, die durehlöchert aussieht, in Wirklichkeit sich aber aus dieken sich eng verflechtenden Fasern zusammensetzt (Fig. XIXa). Was aber das Merkwürdige ist, HEIDENHAIN fand diese Kapseln in der Mehr- zahl der Fälle innen ganz leer, d.h. ohne Sphären (vgl. Kopie XIX b—d). Wenn die Sphären integrierende Bestandteile des Zellkörpers und von so großer Bedeutung für die in der Zelle sich abspielenden Lebensvorgänge sind, wie allgemein angenommen wird, so bleibt es doch vollständig unerklärlich, daß sie in den Samenzellen so oft ganz verschwinden und an ihrer Stelle ein leerer Raum innerhalb der Kapsel übrig bleibt. Nehmen wir dagegen den Parasitismus zu Hilfe, so würden die HEIDEnHAINschen Beobachtungen alles Wunderbare ver- lieren. Wir könnten dann einfach annehmen, daß der Parasit seine Wirts- zelle verlassen hat und in letzterer nur seine Kapsel zurückgeblieben ist. Die Kapsel selbst stellt nach HEIDENHAIN eine Modifikation des Mitoms des Zellleibs der Wirtszelle dar. Wenn diese Kapsel sich ! M. HEIDENHAIN, Über die Zentralkapseln und Pseudochromosomen in den Samenzellen von Proteus, sowie über ihr Verhältnis zu den Idiozomen, Chondro- miten und Archoplasmaschleifen usw. Anat. Anzeiger 1900. 210 Emil Rohde, nach Austritt des Parasiten wieder auflöst, wie HEIDENHAIN es an- gibt, so hat dies auch nichts Auffälliges. Ich will einige Stellen aus der sehr interessanten Arbeit HEıDEexmarss im Wortlaut wiedergeben. Er sagt p. 518: »In den einfachsten Zuständen sehen sie aus, wie eine tiefschwarz gefärbte, durchlöcherte Kapsel, und diese schließt dann das Idiozom in sich ein (sofern das letztere überhaupt wahrnehmbar ist. Diese Gebilde sind wesentlich das Gleiche wie die von BALLo- wırz aus den Zellen des Descem£rschen Epithels beschriebenen Faser- körbe (Centrophormien).«.... p. 921/22: »Da diese Zentralkapseln ganz genau die Lage und auch beiläufig etwa die Größe gewöhn- licher Sphären haben, wie man sie sonst bei Geschlechtszellen, Leu- kocyten und Bindegewebszellen findet, so wird jetzt zunächst das Verhältnis zwischen Sphäre (Idiozom) und Zentralkapsel genauer zu bestimmen sein. Im ersten Augenblick nach der Auffindung der Dinge (Anno 1894) glaubte ich, daß die Kapsel eine Differentiation innerhalb der van BEnEDenschen Körnerlage sei; denn es sah mir so aus, als setze sich die Kapsel aus einzelnen Körnern zusammen. Indessen habe ich mich später überzeugt, daß die Kapseln mit der Sphäre (Idiozom) direkt nichts zu tun haben. Vielmehr steckt die Sphäre in der Kapsel drinnen. Ich habe unter anderm Fälle ge- sehen, wo die Sphäre bedeutend kleiner war, als die Kapsel, ganz lose in ihr lag und selbst wiederum eine dunkle Randkontur zeigte, die meiner Auffassung nach das Analogon des VAN BENEDEN- schen Stratums ist. Daß die Sphäre etwas andres ist als die Kapsel, geht schon daraus hervor, daß in den Fällen auch, in denen die Kapsel sich zu Spitzen auszieht oder knospenartige Buckel treibt, die Sphäre diese Umgestaltung der Form nieht mitzumachen braucht, vielmehr ihre rundliche Form beibehalten kann; gleichwohl sehe ich sie in andern Fällen der Deformation der Kapsel folgen. Daß die Sphäre (Idiozom) nur in seltenen Fällen innerhalb der Kapsel zu finden war, wurde schon erwähnt. Meist erschien die Kapsel ganz leer oder enthielt nur einige undeutliche Körnchen, die ich für meinen Teil nicht mit Sicherheit als Zentralkörper zu identifizieren vermag. Auch Barrowıtz fand innerhalb seiner Faserkörbe schlechterdings nichts von der Sphäre, glaubt hingegen die Zentralkörper überall ge- funden zu haben. Bei meinem Objekt sah die Sphärensubstanz, wenn vorhanden, eigenartig grau aus (nach E.-H.-Färbung), dabei klar und homogen, und füllte in den gewöhnlich vorkommenden Fällen die Kapsel aus, so daß man, wenn nur solche Bilder vorgelegen hätten, darüber im Zweifel hätte bleiben müssen, ob die Kapsel ein Teil Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. | 2 der Sphäre ist oder nicht. War die Sphäre vorhanden, so war auch das Mikrozentrum meist ganz deutlich. Ich glaube also, daß die Kapsel eine konzentrische Differentiation des Zellenprotoplasmas ist.« Über den späteren Zerfall der Kapsel! bemerkt Hrıpexnary dann p. 924: »An die letztbesprochenen Fälle reihe ich andre Bilder an, die vielleicht auch genetisch hierher gehören, was ich indes nicht behaupten will. Es ist durch BExDA gezeigt worden, daß seine Mitochondria sich zu Ketten und Fäden (Chondromiten) anordnen. Umgekehrt kann man hier zuweilen bei den schleifen- oder chromo- somenartigen Fäden die mikrosomatische Zusammensetzung an einer sehr deutlichen Knotung wahrnehmen. Wenn ich mir nun vorstelle, daß bei den letztbeschriebenen Körpern, welche an der Stelle der Sphäre stehen und die Form eines geschwärzten Gerüstwerkes oder Spirems haben, eine Desintegration der Fäden in Mikrosomen und kleinste, stäbehenähnliche Bildungen statthat, so bekomme ich den Übergang zu neuen, in meinen Präparaten ebenfalls sehr reichlich vertretenen Formen, welche im wesentlichen das Bild eines Körner- haufens zeigen. Von der Kapsel und dem Idiozom ist dann nichts mehr zu sehen; die Zentralkörper könnten eventuell in dem Körner- haufen enthalten sein. Ich will noch hinzufügen, daß einige dieser Körnerhaufen mir einen entschieden degenerierten Eindruck machten; es handelte sich darum, daß die Körnchen untermischt waren mit tröpfehenartigen Gebilden verschiedener Größe. « BALtowırz? hat die »Zentralkapseln< zum ersten Male bei dem Descemerschen Epithel genauer beschrieben. Hier haben die Kapseln die Form von weitmaschigen Faserkörben und werden von BALLOWITz daher als Centrophormien bezeichnet. BALLowITz hält aber seine Faserkörbe für die Sphären selbst. Ich kann mich diesbezüglich nur den nachfolgenden Bemerkungen HEIDENHAINs anschließen, welcher p. 331 sagt: »In Bezug auf die Deutung des Organs ist der Ver- fasser nicht glücklich gewesen. Mit der Sphäre hat dasselbe direkt nichts zu tun, und ist mir auch unbegreiflich, wie BaLLowIrz das Ding für eine Sphäre erklären konnte, da doch die bisher nachge- wiesenen Sphären bezw. Idiozomen einen ganz andern Charakter an sich tragen. Von der Sphäre hat also BarLowırz in der Tat gar 1 Vgl. Ausführlicheres hierüber in der III. demnächst erscheinenden Ab- handlung dieser Zelluntersuchungen. 2 E. BALLowıtz, Über das Epithel der Membrana elastica posterior des Auges, seine Kerne und eine merkwürdige Struktur seiner großen Zellsphären. Archiv f. mikr. Anat. Bd. LVI. Zeitschrift f, wissensch. Zoelogie, LXXV. Bd. 15 212 Emil Rohde, nichts gesehen; er hat jenen Zustand der Zellen vor Augen gehabt, der auch in meinen Präparaten am häufigsten ist, daß man nämlich innerhalb der Zentralkapsel schlechterdings niehts von der Sphären- substanz sieht. BaLLowırz hat dann in einer späteren Mitteilung diese Faserkörbe mit den merkwürdigen korb- oder gerüstartigen Figuren zusammengestellt, welche GoL6Gı und seine Schüler in Nerven- zellen und einigen andern Elementen neuerdings nachgewiesen haben. « Auch die Schilderung, die HEIDENHAIN in seiner großen Arbeit! über die Centrosomen von letzteren gibt, läßt sich übrigens sehr wohl mit einem parasitären Charakter derselben vereinigen. So sagt er p. 63/64: »daß den Zentralkörpern irgend eine im chemischen Sinne spezifische Substanz zukommen muß, welche an andern Orten der Zelle nicht vorhanden ist und daß die Centrosomen ihrer Materie nach Dinge sui generis sind,« ferner »Zentralkörper-sind scharf um- srenzte solide — durch Eisenhämatoxylin unter Umständen färbbare — Granula von sehr geringer Größe. Sie besitzen die Fähigkeit zu assimilieren, zu wachsen und sich durch Knospung zu vermehren. Sie zeigen in hohem Maße die Neigung Gruppen zu bilden, wobei sie innerhalb der Gruppe durch eine bei Gelegenheit ihrer Vermelh- rung zwischen ihnen sich ausspinnende Substanz aneinander ge- kettet sind. Sie können entweder für sich allein oder als Gruppe vereinigt die Ursprungspunkte für die Fäden eines zentrierten Systems abgeben. « Aus der Literatur lassen sich noch manche Beobachtungen an- führen, die ebenfalls für den parasitären Charakter der Sphären und Centrosomen sprechen könnten, resp. zeigen, daß Sphäre und Zelle auch sonst außer jedem Zusammenhange stehen. So findet sich zunächst häufig die Angabe, daß die Sphären sich teilen, ohne dab eine Teilung des Kerns resp. der Zelle darauf folgt und umgekehrt. Von MoorE? wird ferner angegeben, dab das Centrosoma außer der Teilung außerhalb der Sphäre gefunden wird. Allgemein werden die bei der mitotischen Teilung an den Polen der Spindel im Innern der Strahlung liegenden Centrosomen als die eigentlichen Kraftzentren angesehen. Demgegenüber ist von andrer Seite die Auffassung ver- treten worden, daß die Pole der Spindel den einzigen Ruhepunkt ! M. HEIDENHAIN, Neue Untersuchungen über die Zentralkörper usw. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLIII. 1894. 2 Joun E. S. MooRE, Some Points in the Spermatogenesis of Mammalia. Internationale Monatsschrift für Anat. u. Physiol. 1894. Untersuchungen über den Bau der Zelle. I. 213 der Zelle darstellen. Sind die Centrosomen parasitär, so ist es bei der letzteren Auffassung selbstverständlich, daß sie während der Teilung von dem in starker Bewegung befindlichen Protoplasma an den Ruhepunkt der Zelle gedrängt werden und hier liegen bleiben, bis die Teilung vorüber ist. Tatsache ist ferner, daß in manchen Fällen bei der Mitose, wie ich selbst beobachtet habe, an den Polen der Spindeln im Zentrum der Strahlung keine Polkörperchen sich finden, die Strahlungen können also auch ohne solche entstehen. Von LENHOSSER und DEHLER (vgl. oben p. 179, 182 die Citate) wird eine ganz gesetzmäßige Lage der Sphären resp. Centrosomen in der ruhenden Zelle angenommen. Wäre dies allgemein richtig, so würde dies stark gegen die parasitäre Natur dieser Gebilde sprechen. Wie wir oben gesehen haben, trifft diese Auffassung aber nicht einmal für die LEnnHoss£gschen und DEHLERschen Objekte zu und hat auch keine weitere Gültigkeit, wie folgende Worte Rarus! beweisen: »Über die Lage der Sphäre und Centrosomen im Zellplasma habe ich meinen früheren Angaben nicht viel hinzuzufügen. In allen von mir be- obachteten Fällen sowohl bei Sexualzellen als bei Somazellen (auch bei Leukocyten) kann von einer gesetzmäßigen Lage dieser Gebilde in Beziehung zum Kerm gar keine Rede sein; dies ist auch von HEIDENHAIN für seine Objekte (Leukocyten, Lymphocyten, Riesen- zellen) ausgesprochen worden.« Dagegen liegen allerdings sehr schwer wiegende Bedenken gegen die parasitäre Herkunft der Sphären resp. Centrosomen in der An- gabe, daß die Radiärfasern der Sphäre selbst während der Ruhe der Zelle in das Protoplasma der Zelle sich fortsetzen und bei der Mitose derartig in die Protoplasmastrahlung übergehen, daß beide Strahlensysteme nicht mehr voneinander zu trennen sind, ferner daß aus der während der Ruhe der Zelle auftretenden Sphäre bei der Mitose die Spindel hervorgehe oder daß, wie NıEssın@ (l. ec.) es von den Hodenzellen beschreibt, aus der Sphäre der Kopf der Samenfäden hervorgehe. Bezüglich der ersten Beobachtung muß ich bemerken, daß ich auf meinen Präparaten bei der ruhenden Ganglienzelle oft einen ähnlichen Eindruck gehabt habe (vgl. Fig. 13, Taf. XVII. Ber genauerem Zusehen konnte ich mich aber stets un- zweifelhaft überzeugen, daß hier nur Täuschungen vorliegen, d.h. daß zwar bisweilen die der Sphäre zunächst gelegenen Mikrosomen des Ganglienzellleibes radiär angeordnet erschienen, daß aber niemals 10. vom RATH, 1. ce. p. 73. 15* 214 Emil Rohde, zwischen diesen Protoplasmastrahlen und den Strahlen der Sphäre ein wirklicher Zusammenhang bestand. Wenn also in den oben an- gegebenen Fällen nicht Beobachtungsfehler vorliegen, zu denen die Autoren durch die vorgefaßte Meinung von der Zusammengehörigkeit der Sphären der ruhenden Zelle mit den bei der Teilung auftreten- den Strahlenbildungen verleitet worden sind, dann wäre immer noch die Möglichkeit offen, dab wir es in den als Sphären resp. Centro- somen beschriebenen Elementen der Autoren mit verschiedenen Bildungen zu tun hätten, und daß nur ein Teil der in der Literatur als Sphären bezeichneten Gebilde Parasiten darstellten. V, Zusammenfassung. Überblieken wir noch einmal meine Befunde, so steht jeden- falls fest einerseits, daß die von mir beschriebenen Sphären der Frosch- ganglienzellen den Sphären sehr vieler Autoren entsprechen und vor allen in ihrem Bau durchaus mit den Attraktionssphären van BENEDENS, des Entdeckers der Sphären, übereinstimmen, anderseits A. von den Sphären der Froschganglienzellen: 1) daß sie ganz selbständige mit einem spezifischen Protoplasma versehene Bildungen darstellen und in ihrer Struktur den Bau der Zelle wiederholen, insofern sie aus einer dem Protoplasma der Zelle ent- sprechenden Grundsubstanz bestehen, welche in ihrem peripheren Abschnitte (der Rindenzone vAN BENEDENs) meist radiär gestellte Körnehen (etwa im Sinne der Mikrosomen der Zelle) und in ihrem Zentrum ein oder mehrere Zentralkörner enthält, welche an den Kern der Zelle erinnern (vgl. bes. Fig. 1 und Fig. 22a —d auf Taf. XVII). 2) Daß die Grundsubstanz und die dieser eingelagerten Körnchen der Sphäre sowohl voneinander als von dem Protoplasma der Zelle, welcher sie eingebettet sind, färberisch sich stark unterscheiden, so daß die Sphäre wie ein Fremdkörper gegenüber der Zelle erscheint (vel. Kie 1 auf Dar XV). | 3) Daß die Sphären nicht eine bestimmte Lage in der Zelle haben, sondern allenthalben in derselben und zwar sowohl im Zell- körper wie im Zellkern auftreten können, ferner, daß sie numerisch die denkbar größte Verschiedenheit zeigen, insofern sie in den Zellen bald ganz fehlen, bald nur in der Einzahl, bald aber zu ’ X , END RE VERREHTE S07 SLR j Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 215 mehreren, bisweilen sogar in sehr bedeutender Menge vorkommen (vgl. Taf. XVII). 4) Daß die Sphären in dem Kern der Zelle aus kleinsten Keimen heranwachsen (vgl. Fig. 4—8, 19, 21 auf Taf. XVM). 5) Daß die in dem Kern ausgebildeten Sphären in den Zellleib über- und oft aus der Zelle ganz heraustreten und außerhalb der letzteren als selbständige Gebilde weiter existieren (vgl. Fig. 15—18 auf Taf. XVII). 6) Daß die Sphären sich oft teilen, ohne daß die. zugehörige Zelle sich je mitteilte, daß also die Sphäre ohne jeden Einfluß auf die Ganglienzelle ist (vgl. Fig. 16, 18 auf Taf. XV). 7) Daß die Sphären schließlich im Zellleib oder außerhalb des- selben in kleinste Körper zerfallen, welche möglicherweise in den Kern zurückwandern und hier den Ausgangspunkt einer neuen Sphärengeneration bilden in dem Sinne, wie es unter Nr. 4 ange- geben worden ist (vgl. Fig. 15, 16 auf Taf. XVII). B. von den freien Centrosomen der Ganglienzellen des Frosches und der Säugetiere: 1) Daß sie im Bau und in der Größe wie in der Färbbarkeit oft vollständig mit dem Zentralkorn der Sphäre übereinstimmen (vgl. Fig. 9, 24 auf Taf. XVII). 2) Daß sie ebenfalls aus einer (schwer färbbaren) Grundsubstanz und einer zweiten stärker chromatischen Substanz bestehen, welch letztere in sehr wechselnder Menge und Form der ersteren eingelagert ist, insofern sie sich bald peripher mehr oder weniger stark kon- zentriert, in welchem Falle dann die Centrosomen eine dieke oder dünnere Randzone und helleres Zentrum unterscheiden lassen, bald nur im Zentrum erscheint, so daß in dem Centrosoma ein dunkleres Zentralkorn und hellere Randzone zur Sonderung kommen, bald das ganze Uentrosoma gleichmäßig erfüllt, welches in diesem Falle wie eine intensiv färbbare Vollkugel erscheint, die im Zellkörper scharf hervortritt (vgl. Fig. 1—30 auf Taf. XVIM. 3) Daß sie wie die Sphären überall in der Zelle, im Kern und im Zellkörper, vorkommen können (Taf. XVII). 4) Daß sie in fernerer Übereinstimmung mit den Sphären aus den Zellen heraustreten können (vgl. Fig. 26, 9 auf Taf. XVII) Breslau, im Juni 1903. 216 Emil Rohde, Erklärung der Abbildungen. Buchstabenerklärung. big, Blutgefäß; nglk, Neurogliakern ; ct, Centrosoma; ncll, Nucleolus; K, Kern; sph, Sphäre. Kp, Kapsel der Sphäre; Figurenerklärung. Die Figuren zeigen alle etwa die gleiche starke Vergrößerung bis auf . 22 d, welche noch stärker als die andern vergrößert ist. m 08 Tafel XVII. Fig. 1. Spinalganglienzelle. Frosch. Sublimat. Schnitt. HEIDEXHAINsche Eisenhämatoxylinbeizmethode. Glycerin. Die Sphäre sp besteht aus Zentral- korn, hellem, dieses umgebenden Hof und radiär gestreifter Rindenzone. Fig. 2. Spinalganglienzelle. Frosch. Sublimat. Schnitt. DELAFIELDsches Hämatoxylin. Glycerin. Die Sphäre liegt in dem peripheren schollenfreien Ab- schnitt der Ganglienzelle. Fig. 3. Spinalganglienzelle. Frosch. Sublimat. DELAFIELDsches Häma- toxylin. Glycerin. Schnitt. Zwei Sphären liegen dieht nebeneinander. Fig. 4—8 stellen die intranucleär erfolgende Entwicklung der Sphäre dar. Fig. 4. Spinalganglienzelle. Frosch. Sublimat. Schnitt. DELAFIELDsches Hämatoxylin. Glycerin. Die kleinen dunkelschwarzen Kügelchen im Kern stel- len die frühesten Entwicklungsstadien der Sphären dar. Im Zellleib treten eine Anzahl weiter fortgeschrittener, ringförmiger Entwicklungsstadien von Sphären auf. Fig. 5. Spinalganglienzelle. Frosch. Sublimat. Schnitt. DELAFIELDSsches Hämatoxylin. Glycerin. Die Entwicklung der Sphären ist weiter fortgeschritten, d. h. der Kern enthält teils durchweg dunkle Kügelchen, welche aber durch- schnittlich größer als im Kern der Fig. 4 sind, teils einige wenige schon ring- förmig aussehende Stadien, d. h. man kann hier schon deutlich ein helles Zen- trum und eine dunkle, breite Rindenzone unterscheiden. Fig. 6. Zwei benachbarte Spinalganglienzellen. Frosch. Sublimat. Schnitt. DELAFIELDsches Hämatoxylin. Glycerin. Der obere Kern stellt ein drittes, der untere ein viertes Entwicklungsstadium der Sphären dar: Die Sphären, welche im oberen Kern kleiner als im unteren sind, lassen fast sämtlich ein helles Zen- trum und eine dunkle Rindenzone erkennen, welch letztere aus feinsten Körnchen besteht, die sich mit zunehmender Größe der Sphären immer deutlicher radiär anordnen. Fig. 7. Spinalganglienzelle. Frosch. Sublimat. Schnitt. DELAFIELDsches Hämatoxylin. Glycerin. Die intranucleären Sphären sind bedeutend größer als in Fig. 6 und lassen deutlich Zentralkorn, Hof und radiärgestreifte Rindenzone unterscheiden. : Fig. 8. Kern einer Spinalganglienzelle. Frosch. Sublimat. Schnitt. DELA- FIELDsches Hämatoxylin. Glycerin. Der Kern enthält eine große bereits typisch Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 217 gebaute Sphäre (sp) und daneben viele jüngere, teils mehr oder weniger ring- förmig aussehende, teils kompakte, durchweg gleich dunkel gefärbte kleinste Kügelehen darstellende Entwicklungsstufen von Sphären. Fig. 9. Spinalganglienzelle. Frosch. Sublimat. Schnitt. Jodgrünfuchsin. Glycerin. Die Zelle zeigt im Kern eine große Sphäre, und im Zellleibe mehrere freie Centrosomen, welche in der Größe, Färbung, wie im Bau genau mit dem Zentralkorn der intranucleären Sphäre übereinstimmen. Neben der Zelle bei « zwei extracelluläre Centrosomen von gleichem Bau wie die intracellulären. Fig. 10. Spinalganglienzelle. Frosch. Sublimat. Schnitt. Jodgrünfuchsin. Glycerin. Die Sphäre enthält mehrere Zentralkörner. Fig. 11. Spinalganglienzelle. Frosch. Sublimat. Schnitt. Jodgrünfuchsin. Glycerin. Die Sphäre liest ganz endständig und enthält zwei Zentralkörner. Fig. 12. Spinalganglienzelle Frosch. Sublimat. Schnitt. Jodgrünfuchsin. Glycerin. Die Zelle enthält drei verschieden große Sphären. Fig. 13. Spinalganglienzelle. Frosch. Sublimat. Schnitt. Jodgrünfuchsin. Glycerin. Die Sphäre liest in dem peripheren schollenfreien Abschnitt der Gan- slienzelle und zeigt die Radien der Rindenzone deutlich aus Körnchen zusammen- gesetzt. Fig. 14. Spinalganglienzelle. Frosch. Sublimat. Schnitt. Jodgrünfuchsin. Glycerin. Die Sphäre liegt in dem schollenfreien Abschnitt der Ganglienzelle und enthält mehrere große Zentralkörner. Fig. 15—22 entstammen einem und demselben mit Sublimat fixierten Spinal- ganglion des Frosches, welches die Sphären sehr entwickelt und teilweise extra- cellulär zeigte. Die Serie, in welcher dieses Spinalganglion zerlegt worden war, wurde auf zwei verschiedene Objektträger verteilt, mit Jodgrünfuchsin gefärbt und durch Glycerin differenziert. Die Figg. 15—18 sind dem einen Objektträger entnommen und zeigen sehr stark verblaßte Ganglienzellen, die Figg. 19—22 gehören dem andern Objektträger an, die Ganglienzellen waren hier gleich ver- blaßt wie die Zellen der Figg. 15—18, sie wurden aber ein zweites Mal der Jodgrünfuchsinfärbung unterworfen und gezeichnet, ehe sie wieder verblaßt waren. Fig. 15. Die Sphären in starkem Zerfall begriffen. Fig. 16. Die teils extracellulären, teils intracellulären, teils intranucleären Sphären sind sehr verschieden gebaut und in zwei Ganglienzellen stark zer- fallen. Fig. 17. Die (extracellulären) Sphären zeigen verschiedene Stadien der Tei- lung. Dasselbe gilt von zwei intracellulären Sphären der untersten Ganglien- zelle der Fig. 16. Fig. 18. Die Sphären liegen teils intranueleär, teils dicht neben dem Kern, teils extracellulär (c, d), teils sind sie im Austritt aus der Ganglienzelle und in Teilung begriffen (bei @ und D). Fig. 19. Der Kern enthält sehr verschiedene Entwicklungsstadien von Sphären, von denen einige in den Zellleib übertreten. Fig.’20. Die sechs sehr verschieden großen Sphären stellen wahrscheinlich verschiedene Entwicklungsstufen der Sphären dar. Fig. 21. Der Kern ist vollgepfropft mit Sphären der verschiedensten Ent- wicklungsstufen. Fig. 224—d. Verschieden gebaute (extracelluläre) Sphären. Fig. 22d nur teilweise und stärker vergrößert. Fig. 23. Spinalganglienzelle. Frosch. Alkohol. Schnitt. Jodgrünfuchsin. Glycerin. Die Alkoholhärtung hat die feinere Struktur der Sphäre zerstört. 218 Emil Rohde, Fig. 24. Spinalganglienzelle. Frosch. Sublimat. Schnitt. Jodgrünfuchsin. Glycerin. Die Zelle enthält acht freie Centrosomen, welche teils im Zellleib, teils im Zellkern liegen und hier in ihrer Umgebung noch mehr oder weniger deut- lich Sphärenbildungen zeigen, die durch ihre rötliche Färbung von dem violetten Kerninhalt abstechen. Fig. 25. Spinalganglienzelle. Junger Hund. Sublimat. Schnitt. Jodgrün- fuchsin. Glycerin. Die freien Centrosomen stimmen in der Lage und Größe wie im Bau mit den Centrosomen der Froschganglienzelle der Fig. 24 genau überein. Fig. 26. Spinalganglienzelle. Junger Hund. Sublimat. Schnitt. Jodgrün- fuchsin. Glycerin. Das Centrosom ist im Austritt aus der Zelle begriffen. Tafel XVIIL!. Fig. 1 u. 2. Spinalganglienzellen. Junger Hund. Sublimat. Schnitt. Jod- grünfuchsin. Glycerin. Die Centrosomen treten in beiden Ganglienzellen in sehr wechselnder Zahl und Lage auf. Fig. 1 nur Teil einer Ganglienzelle. Fig. 3. Teil einer Spinalganglienzelle. Junger Hund. Sublimat. Schnitt. Jodgrünfuchsin. Glycerin. Das Centrosoma liegt in dem peripheren, schollen- freien Abschnitt der Ganglienzelle und ist in Fortsätze ausgezogen. Fig. 4. Spinalganglienzelle. Junger Hund. Sublimat. Schnitt. Jodgrün- fuchsin. Glycerin. Das große Centrosoma ist in dunkles Zentralkorn und helle Randzone differenziert. Fig. 5. Spinalganglienzelle. Junger Hund. Sublimat. Schnitt. Jodgrün- fuchsin. Glycerin. Zwei durch Teilung aus einem Muttercentrosoma hervor- gegangene Centrosomen. Fig. 6. Spinalganglienzelle. Junger Hund. Sublimat. Schnitt. Jodgrün- fuchsin. Glycerin. Die Zelle enthält sehr verschieden große und gestaltete Centrosomen, welche durchweg ziemlich gleichmäßig gefärbt sind, während die Centrosomen der vorhergehenden Figuren in der Regel eine deutliche Differen- zierung in dunkle Randzone und helles Centrum aufwiesen. Fig. 7. Teil einer Spinalganglienzelle. Junger Hund. Sublimat. Schnitt. Jodgrünfuchsin. Differenzierung durch absoluten Alkohol und Einschluß in Kanadabalsam. Fig. 8. Spinalganglienzelle. Junger Hund. Sublimat. Schnitt. Pikrokarmin (WEIGERT). Glycerin. Die Centrosomen sind mit (Pigment?) Körnchen besetzt. Fig. 9 u.10. Spinalganglienzellen. Junger Hund. Sublimat. Schnitt. Borax- karmin. Glycerin. Die Centrosomen sind sehr klein. Fig. 11 u. 12. Spinalganglienzellen. Erwachsener Hund. Sublimat. Schnitt. DELAFIELDSsches Hämatoxylin. Glycerin. Die Centrosomen in der Fig. 11 sind offenbar in Teilung resp. Knospung begriffen, in Fig. 12 liegt das Centrosoma in dem peripheren, schollenfreien Abschnitt der Ganglienzelle und zeigt deutlich eine dunkle Randzone und helles Innere. . Fig. 13—28. Die Zellen sind mit HeIDEnHAINschem Eisenhämatoxylin be- handelt und zeigen die Centrosomen sehr verschieden differenziert: bald durch- 1 Die Figg. 1—39 der Taf. XVIII waren in der Originaltafel gleich denen der Taf. XVII bunt, d. h. genau in dem Farbenton der Präparate gehalten, sie sind nur, um die Arbeit nicht zu verteuern, von dem Lithographen einfarbig wiedergegeben worden. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. : 219 weg dunkel gefärbt, bald mit heller Randzone und dunklem Zentralkorn, bald mit hellem Zentrum und dunkler Randzone. Fig. 13—18. Spinalganglienzellen. Junger Hund. Sublimat. Schnitt. Glyeerin. Fig. 19—21. Spinalganglienzellen. Frosch. Sublimat. Schnitt. Glycerin. Fig. 22—24. Sympathieus. Frosch. Sublimat. Schnitt. Glycerin. Die Zellen entstammen dem gleichen Ganglion, welches durch sehr viele, teilweise ziemlich sroße Centrosomen ausgezeichnet war, die teils im Kern, teils im Zellleib auf- treten. Fig. 25—27. Sympathieus. Frosch. Sublimat. Schnitt. Glycerin. Die Zel- len gehören einem andern Ganglion an, welches nur wenige, meist aber größere Centrosomen enthielt. Fig. 26 stellt nur den Kern dar. Fig. 283—30. Sympathieus. Frosch. Sublimat. Schnitt. Die Zellen sind einem dritten Ganglion entnommen, welches durch sehr viele, meist kleine Centro- somen charakterisiert war. Fig. 25. HEIDENHAINsches Eisenhämatoxylin. Glycerin. Fig. 29, 30. Jodgrünfuchsin. Glycerin. Fig. 31, 32. Spinalganglienzellen. Frosch. Sublimat. Schnitt. Jodgrün- fuchsin. Glycerin. Fig. 33—37. Spinalganglienzellen. Katze. Sublimat. Schnitt. Jodgrün- fuchsin. Glycerin. Die Zellen enthalten sehr verschieden gestaltete und ge- lagerte Centrosomen (ct). Fig. 38, 39. Spinalganglienzellen. Katze. Sublimat. Schnitt. HEIDENHAIN- sches Eisenhämatoxylin. Die Zellen enthalten eigenartige, traubenförmige Bil- dungen, welche möglicherweise mit den Centrosomen zusammenhängen. Tafel XVIII, Fig. I-V und Tafel XIX, Fig. VI-XIX stellen Kopien von sphären- resp. centrosomenhaltigen Zellen aus fremden Arbeiten dar. Fig. I-VII aus 0. vom Rart#, Über den feineren Bau der Drüsenzellen des Kopfes von Aneloera mediterranea Leach. im speziellen und die Amitosenfrage im allgemeinen. Diese Zeitschr. Bd. LX. Fig. L. Kopfdrüsenzelle von Anzlocra. Fig. I. Kern einer Kopfdrüsenzelle von Anslocra. Fig. IL Verschiedene Stadien eines sich teilenden intranueleären chro- matischen Sterns. Fig. IV, Va, Vdb. Leukocyten aus der Milz eines jungen Hundes. Fig. VI. Leukocyt aus dem Bauchfell der Salamanderlarve. Fig. VII. Zelle aus dem Hoden von Salamandra maculosa. . Fig. VIII Zelle aus dem Sesambein des erwachsenen Frosches; aus MEves, Über die Zellen des Sesambeines in der Achillessehne des Frosches und über ihre Zentralkörper. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLV. Fig. IX u. X. Spermatogonien des erwachsenen Salamanders; aus MEVES, Über eine Metamorphose der Attraktionssphäre in den Spermatogonien von Salamandra maculosa. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLIV. Fig. XL. Lymphoeyt der Leber von Salamandra maculosa; aus G. NIESSING Zellenstudien. II. Arch. f. mikr. Anat. Bd. LV. Fig. XII, XIU, XIV. Zellen aus der Leber von Salamandra maculosa; aus - G. Nısssing, Zellenstudien. I. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLVI. 2320 Emil Rohde, Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. Fig. XV. Sympathische Ganglienzelle des Frosches; aus DEHLER, Beitrag zur Kenntnis vom feineren Bau der sympathischen Ganglienzellen des Frosches. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLVI. Fig. XVI, XVII. Spermatocyten vom Meerschweinchen; aus C. NIESSING, Die Beteiligung von Zentralkörper und Sphäre am Aufbau des Samenfadens bei Säugetieren. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLVII. Fig. XVIII. Spinalganglienzelle des Frosches; aus LENHOSSEK, Centro- som und Sphäre in den Spinalganglienzellen des Frosches. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLVI. Fig. XIXa—d. Zentralkapseln aus den Samenzellen von Proteus; die Sphäre ist bei o erhalten, bei D—d verloren gegangen; aus M. HEIDENHAIN, Über die Zen- tralkapsel und Pseudochromosomen in den Samenzellen von Proteus, sowie über ihr Verhältnis zu den Idiozomen, Chondromiten und Archoplasmaschleifen usw. Anat. Anz. 1900. Über den Zusammenhang von Mitteldarm und Enddarm bei den Larven der aculeaten Hymenopteren. Von Ü. Rengel. (Aus dem zoologischen Institut der Universität Berlin.) Mit Tafel XX und XXL Die interessanten Veränderungen, welche der ganze Organismus der holometabolen Insekten während der Metamorphose erleidet, sind zur Zeit durchaus noch nicht für sämtliche Organe durch alle Ent- wicklungsphasen verfolgt und in ihrem Verlauf hinreichend sicher gestellt. Die Zahl der Forscher, welche sich mit der Verwandlung der inneren Organe eingehender beschäftigten, ist leider recht klein geblieben; die Ergebnisse ihrer Studien, die sich oft nur auf einzelne Organe beziehen, sind zumeist nicht lückenlos, so daß gegenwärtig das Gesamtbild der Insektenmetamorphose zwar in großen Zügen skizziert, aber nur an wenigen Punkten bis ins einzelne ausgeführt erscheint. Über die Metamorphose der aculeaten Hymenopteren liegt nur eine einzige größere Abhandlung vor: die ausgezeichnete Bearbeitung der metembryonalen Entwicklung einer Ameise (Zasius flavus) von Karawaızw! (1898). Einige Bemerkungen über Lasius verdanken wir auch den älteren Autoren Gaxn? (1876) und Nassoxow? (1886). KARAWAIEW bestätigt die Angabe Ganms, daß ebenso wie bei ! KARAWAIEw, Die nachembryonale Entwicklung von Lasius flarus. Diese Zeitschr. 1898. Bd. LXIV. > Ganın, Materialien zur Kenntnis der postembryonalen Entwicklung der ee Warschau 1876. 3 NAassonow, Zur postembryonalen Entwicklung der Ameise Laszus flavus. Vorläufige Mitteilung. Sitzungsberichte der zoologischen Abteilung der Gesell- schaft von Freunden der Naturwissenschaften. Moskau 1886. 222 C. Rengel, den Museiden, Coleopteren und Lepidopteren, auch bei den Hymen- opteren die Metamorphose mit der vollständigen Beseitigung aller Speisereste aus dem gesamten Darmtraktus durch den After anhebt. Es ist auffällig, daß weder Gans, noch KARAWAIEW die Frage auf- geworfen hat, wie das zu Anfang der Verwandlung überhaupt möglich ist, denn das Lumen des Mitteldarmes steht ja bei den Larven der aculeaten Hymenopteren in keiner Verbindung mit dem Lumen des Enddarmes. Ich unternahm es daher, mir durch einige Präparate Klarheit über die Beziehung des Mitteldarmes zum Enddarm bei den Larven mehrerer Hymenopteren zu verschaffen, und berichte in den folgenden Zeilen über die Ergebnisse dieser Untersuchung, die an Vespa germanica, Apis mellifica und Lasius niger vorgenommen wurde. Historisches. Nach DurrocHEr! sind die Larven der Bienen und Wespen vollkommen afterlos; ihr Mitteldarm endet blind. Ebensowenig hat Carus? bei den Bienenlarven einen Übergang vom Mitteldarm zum Enddarm vorgefunden. Dagegen berichtet GrUBE?: »Der Magen (i. e. Mitteldarm) geht bei Vespa vorn in einen ganz kurzen, ziemlich starken Ösophagus, hinten durch eine Einschnürung in einen ebenfalls kurzen, mit einer gelblichen Flüssigkeit gefüllten, blasenartig aufgeblähten Darm über.« Die Wandung des Darmtraktus besteht nach GRUBE aus einer Muskel- haut, einer strukturlosen, durehsichtigen Membran und einer Zellen- schicht (Membrana cellulosa), auf welch letztere im Mitteldarm dann die eigentümlichen Epithellagen folgen, von denen Suckow* bereits drei, Raumponr’ vier unterschieden hatte. GRUBE selbst fand meist fünf, zuweilen sechs oder sieben. (Diese sogenannten Epithellagen sind nichts weiter als die chitinösen, von den Mitteldarmzellen abge- schiedenen zarten Häute, welche die Darmkontenta bei den Insekten 1 DUTROCHET, Memoire sur les metamorphoses du canal alimentaire dans les inseetes. MECKELs Archiv. 1818. Bd. IV: 2 Carus, Lehrbuch der vergleichenden Zootomie. 2. Aufl. Leipzig 1834. Bd. II. p. 450. 3 E. GRUBE, Fehlt den Wespen- und Hornissenlarven ein After oder nicht? MÜLLERS Archiv. 1849. 4 Suckow, Verdauungsorgane der Insekten. HEUSINGERS Zeitschr. für orga- nische Physik. 1828. Bd. III. 5 RAMDOHR, Abhandlungen über die Verdaungswerkzeuge der Insekten. 1811. Über den Zusammenhang von Mitteldarm und Enddarm usw. 293 umhüllen.) Während nun die Muskelhaut, die strukturlose Membran und die Zellschicht sich vom Mitteldarm auf den Enddarm fortsetzen, sind die »Epithelsäcke« des Mitteldarmes hinten, ist der eine Epithel- sack des Enddarmes vorn blind geschlossen, so dab keine direkte Kommunikation stattfindet. BürschLı! kommt auf Grund seiner entwicklungsgeschichtlichen Studien bei Apis zu dem Ergebnis: »Das anfänglich blind geschlossene Ende des Afterdarmes (im Embryo) öffnet sich, sobald derselbe seine spätere Länge erreicht hat und sich an die Wandung des Mittel- darmes anlegt; letztere, eine einfache Zellschicht, verschließt jedoch während des Larvenlebens die Öffnung des Afterdarmes, so daß eine Kommunikation zwischen dem Innenraume des Mitteldarmes und des Afterdarmes nicht möglich ist.«< BürscHLı hebt besonders hervor, er könne GrusEs Angabe, daß eine feine Öffnung zwischen dem Magen und dem Afterdarme vorhanden sei, nicht bestätigen. GAnIn: »Bei den Larven der Ameise, wie der Biene endet der Mitteldarm blind.< »Es unterliegt die Tatsache keinem Zweifel, dab ‚vor der Verpuppung eine Verbindung des Mittel- und des Enddarmes besteht, und daß der Darminhalt hinausgeworfen wird.« Die Vereinigung der Lumina des Mittel- und des Enddarmes ent- steht nach Nassonow in der Weise, daß gegen Schluß des Larven- lebens das Vorderende des Afterdarmes sich allmählich dem Hinter- - ende des Mitteldarmes nähert, daß dieselben an der Berührungsstelle verwachsen, und daß an der Verwachsungsstelle ein Durchbruch stattfindet. . >»Wenn die Bienenlarve ihre Freßperiode beendet hat,« berichtet 'JoH. FRENZEL? »so entleert sie den Darm von allen Speiseresten. Dies geschieht, indem sie zunächst ihre Lage verändert und das Afterende nach der Öffnung der Wabenzelle hin verlegt. Es treten dann an dieser Körperstelle, wie ich deutlich beobachtet habe, kleine, ziemlich harte Kotballen von dunkelgelber bis bräunlicher Färbung heraus. Dieselben bestehen gewöhnlich aus einer derart gefärbten schmierigen Materie, welche zahlreiche mehr oder minder durch die Verdauung zerstörte Pollenkörner enthält. Man sieht diese steck- nadelknopfgroßen Kotballen zu mehreren längere Zeit am Körper- ende haften, von wo sie wahrscheinlich wohl durch die Arbeitsbienen I BÜTSCHLI, Zur Entwicklungsgeschichte der Biene. Diese Zeitschr. 1870. Bd. XX. 2 FRENZEL, Einiges über den Mitteldarm der Insekten. Archiv für mikr. Anat. 1885. Bd. XXVI. 224 C. Rengel, entfernt werden. Bei einer ausgewachsenen Larve, die ich 8 Tage lang hungern ließ, ohne daß eine Eindeckelung erfolgte, sah ich etwa 30 bis 40 Kotklümpchen ausscheiden, welche zum Teil an der äußeren Wand der Zelle abgesetzt wurden. Da dieselben nur aus dem After entleert werden, so muß jetzt ein vollständiger Enddarm vorhanden sein, welcher die Verbindung der Afteröffnung mit dem Mitteldarm bewerkstelligt. « In Leuxıs Synopsis! findet sich die Angabe: »Eine merkwürdige Eigentümliehkeit der fußlosen Maden ist der Umstand, daß ihr Magen blind geschlossen endigt und ohne Verbindung mit dem die MaLrıcHı- schen Gefäße aufnehmenden Enddarm ist; erst in der Puppe wird der Zusammenhang des Magens mit dem Enddarm hergestellt.« In ähnlicher Weise stellen CLaus? KoLBE? und LasG® eine Kommunikation zwischen Mittel- und Enddarm in Abrede. In der Figur, die ArnoLD Lang in seinem Lehrbuche darbietet, ist deutlich ein Abstand zwischen dem Mittel- und dem Enddarm erkennbar. Karawaızw berichtet von der Lasius-Larve, der Enddarm sei an dem Mitteldarm angewachsen, aber so, daß beide Teile ihre eigne Wandung behalten. Bei Besprechung eines Verwandlungs- stadiums, in welchem das imaginale Mitteldarmepithel schon fertig ist, sagt er: »Auf diesem Stadium kommuniziert die Mitteldarmhöhle bereits mit der Hinterdarmhöhle mittels eines dünnen Kanals, welcher durch die Mitteldarmwand hindurchgeht.« Eigne Untersuchungen. Wer die Veränderungen studieren will, die ein Objekt unter sewissen Umständen erleidet, wird sich zunächst mit der Beschaffen- heit des Objekts vor Eintritt der Veränderungen vertraut machen. Es ist deshalb nicht recht verständlich, waram KARAWAIEW der Frage, wie die Kommunikation zwischen dem Mittel- und dem Enddarm der Ameisenlarve hergestellt wird, nicht näher getreten ist, zumal eine — allerdings irrige — Behauptung FRENZELSs vorliegt, daß bei der Biene das Mitteldarmepithel der Larve von einem zweiten Mittel- darmepithel der Puppe und dieses von einem dritten Mitteldarmepithel der Imago abgelöst würde, und somit doch immerhin die Möglichkeit ! Leuniss-LupwiG, Synopsis der Tierkunde. 1886. Bd. II. 2 Craus, Lehrbuch der Zoologie. 1885. 3 H. J. KoLBE, Einführung in die Kenntnis der Insekten. 1893. * A. Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Tiere. 1888— 1894. Über den Zusammenhang von Mitteldarm und Enddarm usw. 22393 .- der Neubildung eines Verbindungskanals nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen war. Wir betrachten zunächst den hinteren Teil des Mitteldarmes der fressenden, d. h. noch nicht in die Metamorphose eingetretenen Larve von Vespa germanica. Junge, höchstens halb erwachsene Larven wurden durch kurzes Eintauchen in heißes Wasser von ca. 80° C. getötet, quer durchgeschnitten und in einem Gemisch von 2 Teilen konz. Alkohol und 1 Teil konz. Sublimatlösung fixiert. Nach der Beseitigung des in den Geweben zurückgebliebenen Queck- silberehlorids durch Jod-Alkohol und der Härtung durch absoluten Alkohol wurden die Tiere in Paraffın eingebettet und in Längs- schnitte zerlegt. Die Wespen füttern ihre Brut vornehmlich mit Insekten, die zwar stückweis, aber doch mit Haut und Haaren verspeist werden. Da nun eine Defäkation bei der Larve von Vespa nur einmal während des Larvenlebens und zwar zu Beginn der Verwandlung statthat, so speichern sich die unverdaulichen Nahrungsbestandteile, insbesondere die mitaufgenommenen Chitinbrocken in recht beträchtlichen Mengen im Mitteldarm der Larve auf. Diese Chitinmassen setzen aber dem Mi- krotommesser ein fast unüberwindliches Hindernis in den Weg. Tadel- lose Serien waren so nicht zu erzielen. Nur hin und wieder geriet ein Schnitt. Die wenigen brauchbaren Schnitte zeigten jedoch, daß die _ Nahrungsüberbleibsel von zahlreichen hyalinen, chitinösen Membranen eingehüllt sind. Derartige Membranen finden sich im Mitteldarm aller Insekten. Bei solehen mit durchgehendem Darme werden sie regelmäßig mit den unverdaulichen Nahrungsbestandteilen ausgestoßen. Die Fäces z. B. von Aydrophelus piceus behalten nach der Ausstoßung nur durch sie ihre wurstförmige Gestalt bei, und selbst nach mehreren Tagen noch kann man die einhüllende Membran leicht abpräparieren. Die Existenz solcher Membranen im Insektendarm ist schon sehr lange bekannt. Bei der Beantwortung der Frage nach ihrer Herkunft und ihrem Zweck gehen die Meinungen der Autoren aber vielfach auseinander. ANT. SCHNEIDER! hat 1890 einen nicht sehr glücklichen Versuch gemacht, ihre Entstehung festzustellen. Er kam zu der Ansicht, daß sie am hinteren Ende des Vorderdarmes entstehen, von hier aus ununterbrochen weiter wachsend, in den Mittel- und End- darm trichterförmig hineinreichen (SCHNEIDERscher Trichter) und am After mit den abzusetzenden Fäces abreißen. i A. SCHNEIDER, Über den Darmkanal der Arthropoden. Zoologische Bei- ‚träge. 1890. Bd. 1. 226 C. Rengel, Der Zweck dieser Gebilde ist nach einer weit verbreiteten Meinung der Schutz der zarten secernierenden und resorbierenden Epithelzellen gegen die unmittelbare Berührung mit den nicht selten harten und scharfkantigen Bestandteilen des Darminhaltes. Da die Insekten nicht ununterbrochen Nahrung aufzunehmen im stande sind, so wechseln, in Abhängigkeit von den zeitlich be- grenzten Nahrungsaufnahmen, auch bei den Epithelzellen des Mittel- darmes Zeiten sekretorischer Tätigkeit mit Zeiten, in denen die Sekretion nachläßt und ganz aufhörte. Während soleher Ruhepausen überkleiden sich nun die Mitteldarmzellen an ihrer dem Lumen zu- gewandten Seite mit einer zarten Membran, einer wahren Intima, die bei wieder beginnender Sekretion durch das Sekret abgehoben wird, dann frei in der Darmhöhle liegt und schließlich mit den Exkrementen durch den After ausgestoßen wird. Bei vielen Species bleiben diese Membranen so dünn, daß sie bald nach ihrer Loslösung durch die Bewegungen des Darmes zerrissen werden, wohingegen sie sich bei vielen andern, z. B. der Imago von Hydrophilus und der Larve von Vespa von großer Dauerhaftigkeit erweisen. Fig. 6 zeigt einige Epithelzellen aus dem Mitteldarm einer Wespenlarve, bei denen die Loslösung der Membran :* nahe bevorsteht. Bei der erwachsenen Wespenlarve ist die Zahl der Membranen, die eine Schar ineinander liegender, immer größer werdender Säck- chen bilden, die alle mit dem Rande ihrer Öffnung in eigentümlicher Weise an der Grenze von Vorder- und Mitteldarm an der Darmwand hängen bleiben, eine ganz beträchtliche. Meiner Schätzung nach werden bei Wespen täglich 5—6, bei Bienenlarven sicher noch mehr produziert. Die inneren, während der ersten Tage ihres Lebens von der Larve gebildeten Säckehen werden natürlich dureh die fort- gesetzte Nahrungsaufnahme zersprengt; nur die äußeren zuletzt ge- bildeten bleiben unversehrt. Auf die Tatsache, daß die Nahrungsüberreste im Mitteldarm der Wespenlarve von einer größeren Zahl freiliegender, ineinanderge- schachtelter, sackförmiger Membranen eingehüllt sind, baute ich nun meinen Plan für eine geeignetere Konservierung der Larven von Vespa. Ich tötete die Larven wie früher mit heißem Wasser, schnitt sie quer. durch und versuchte nun vor der Fixierung der Darmwand vorsichtig mit der Pincette an der Schnittfläche einige von den Chitin- häuten zu fassen in der Erwartung, daß sie sich und mit ihnen die im Darmlumen liegenden Nahrungsreste würden herausziehen lassen. Der Versuch gelang in den meisten Fällen vortrefflich; und die Uber den Zusammenhang von Mitteldarm und Enddarm usw. 227 Weiterbehandlung mit Sublimat-Alkohol usw. führte zu ausgezeich- neten Schnittserien. Die genaue Durchsicht dieser Serien ergab nun, daß der Mittel- darm der Wespenlarve in eigenartiger Verbindung mit dem Enddarm steht. Beide sind nämlich durch einen kurzen Stiel verbunden und zwar so, daß nicht nur die Muscularis vom Mitteldarm auf den End- darm übergeht, sondern auch Membrana propria und Epithel beider in Kontinuität stehen. Fig. 1 zeigt die Grenze von Mittel- und Enddarm einer jungen, 4 mm langen Larve. Der Stiel ist verhältnis- mäßig lang und vor allem krumm, so daß er nicht axial getroffen, sondern nur angeschnitten wurde. Die Figg. 24 und 2B stellen Schnitte durch das Ende des Mitteldarmes einer nahezu ausge- wachsenen Larve bei gleicher Vergrößerung wie Fig. 1 dar. Auch hier liegt nicht die ganze Achse des Verbindungsstückes in einem Schnitte. Entweder stand die Achse schief zur Schnittfläche oder besaß senkrecht zu dieser eine schwache Krümmung. Zwischen den beiden gezeichneten Schnitten 2A und 25 dieser zweiten Serie finden sich noch vier Schnitte zu je 9 «. Bemerkenswert ist, daß das Verbindungsstück bei der ausgewachsenen Larve verhältnismäßig kurz ist. Es ist eben nicht länger geworden, nicht mitgewachsen, während Mittel- und Enddarm sich bedeutend vergrößert haben. Schließlich ist auch noch als wichtig hervorzuheben, daß sowohl das Epithel des Mitteldarmes, wie auch das Epithel des Enddarmes sich tichterförmig gegen das Verbindungsstück vertieft. In histologischer Beziehung ist der Darm der Wespen- larve durchgehend, nicht unterbrochen. Die Grenze zwischen dem Mitteldarmepithel und dem Enddarmepithel war bei der von mir angewandten Färbung mit Hämatoxylin nicht immer scharf erkenn- bar; doch spricht die Anwesenheit von Regenerationsherden in dem Verbindungsstück dafür, daß das Epithel desselben Mitteldarmepithel _ ist. Der Nahrungskanal ist also am Ende des Mitteldarmes wie durch einen Sphinkter eingeschnürt, so daß, obwohl die Darmwand kontinuierlich vom Munde bis zum After hindurchgeht, die Darm- höhle an dieser Stelle eine Unterbrechung erleidet. Der Vorder- und der Mitteldarm einerseits, der Enddarm anderseits bilden dem- nach nur in physiologischer Beziehung während des Larvenlebens Blindsäcke. Ä Erwähnen möchte ich noch, daß es mir nicht gelungen ist, den - Zeitpunkt festzustellen, wann diese eigentümliche Brücke zwischen dem Mittel- und dem Enddarm sich bildet. In fast fertigen Embryonen, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd, 16 228 ©. Rengei, bei denen das Lumen des Vorderdarmes bereits mit dem Lumen des Mitteldarmes kommuniziert, zeigt die Grenze von Mittel- und End- darm dasselbe Bild, welches man einige Zeit früher am vorderen Ende des Mitteldarmes, bevor hier der Durchbruch eingetreten ist, antrifft. Ganz junge Larven dagegen besitzen ein solches Ver- bindungsstück. Die Figg. 1, 2A und 2B stellen also den Befund an fressen- den Larven von Vespa germanica dar und zwar Fig. 1 bei einer jugendlichen, Figg. 24 und 2B bei einer nahezu ausgewachsenen. Die vollkommen erwachsene Wespenlarve deckelt ihre Zelle und beginnt dann sich ihres Darminhaltes zu entledigen. Mittels heftiger Muskelkontraktionen drängt sie den Sack mit Chitintrümmern nach hinten. Durch den Druck, den die Inhaltsmasse im letzten Teil des Mitteldarmes auf die Wandung desselben ausübt, wird diese stark sedehnt. Mit der Dehnung der Membrana propria, die den hohen eylindrischen Epithelzellen als Basis dient, werden auch diese ge- nötigt, ihre Gestalt zu ändern; sie werden breiter und niedriger (vergl. Fig. 7). Die fortgesetzten Anstrengungen der Larve bewirken, daß auch das Verbindungsstück nicht zurückbleiben kann. Die Epithelzellen in demselben bilden ja, wie schon geschildert, — sit venia verbo — ein Rohr ohne Lumen. Nun erhält der Verbindungsstrang vom Mitteldarm her allmählich ein Lumen. Der vordringende Fäkalsack schiebt sich hinein und erweitert auch diesen Engpass nach und nach. In der Fig. 3 sehen wir die Verbindungsstrecke bereits mit einem Lumen versehen. Die Figur ist das getreue Bild eines Präparates; und dennoch gibt sie die tatsächlichen Verhältnisse nicht ganz wieder. Die Larve wurde zur Abtötung etwa 1 Sekunde in heißes Wasser getaucht. Diese Zeit reichte gerade aus, den Hautmuskelschlauch zu fixieren. Bis zum Darm gelangte die Temperatur, welche Proto- plasma zum Gerinnen bringt, keineswegs. Der Darm war also noch nicht fixiert. Nun wurde die Larve quer durchschnitten und der Darminhalt herausgezogen. Darauf mußte notwendig bei der stark gedehnten, noch weichen Darmwand eine starke Kontraktion eintreten. Nur einige von den zahlreichen Chitinmembranen, und zwar die äußeren, blieben zurück und zeigen an, wie weit die auszustoßenden, unverdaulichen Reste der aufgenommenen Nahrung bereits vorge- drungen waren. Ein Weiteres bewies dieses Präparat, daß nämlich die so bequeme Methode der Chitinentfernung weiterhin nicht mehr anwendbar blieb. Über den Zusammenhang von Mitteldarm und Enddarm usw. 229 In der Fig. 4 finden wir bei mg die Mündung eines larvalen Marpisnischen Gefäßes, also dieht darüber die Grenze von Mittel- und Enddarm. Die Regenerstionsherde sind der geringen Vergrößerung (42:1) wegen nicht in der Zeichnung ausgeführt worden. Die 5 weißen, mit /kx bezeichneten Areale am Grunde der Epithelzellen des Mitteldarmes zeigen ihre Lage an. Der vordere Teil des Fäkalsackes hat den Enddarm bereits er- reicht. Die Einschnürung zwischen dem Mittel- und dem Enddarm der Larve ist völlig ausgeglichen. Der Pfeil in der Figur gibt die Bewegungsrichtung des Mikrotommessers an. Durch die Chitinbrocken, welche das Messer auf seinem Wege mitnahm, wurde der in der Zeichnung links gelegene, durch punktierte Linien angedeutete Teil der Darmwandung fortgerissen. Das wesentlichste Hindernis für die Ausstoßung der unverdau- lichen chitinösen Bestandteile des aufgenommenen Futters ist damit bei der Wespenlarve beseitigt. Die Fäkalmasse gleitet nun langsam den Darm hinab und gelangt nach außen. Fig. 5 stellt den Längsschnitt durch den Darm einer Larve dar, die unmittelbar nach der vollendeten Ausstoßung des Darminhaltes konserviert worden ist. Larven, die sich innerhalb der Zelle ihres Darminhaltes entledigen, drücken die zähe, knetbare Masse durch die Bewegungen ihres Ab- domens zu einem schüsselförmigen Gebilde breit, das am Grunde der Zelle ruht. Im Herbste findet man in den einzelnen Zellen des Wespennestes so viele solcher Schüsseln ineinanderstehend, wie Larven in der betreffenden Zelle großgezogen worden sind, nur von- einander getrennt durch die bei den verschiedenen Häutungen der Bewohner abgelegten Hüllen. | Da das chitinöse Exoskelett der meisten Insekten dunkle Färbung ‚besitzt, so sind auch die Überbleibsel, die sich im Mitteldarm der Wespenlarve anhäufen, schwarzbraun. Dieser dunkle Inhalt schimmert durch die zarte Wandung des ganzen Larvenleibes etwas durch. Larven dagegen, die sich dieses Ballastes bereits entledigt haben, die also schon in die Verwandlung eingetreten sind, zeigen einen rein gelben Farbenton. Präpariert man aus den erst vor kurzem gedeckelten Zellen einer Wespenwabe die Insassen heraus, so ist es daher nicht schwierig, die Individuen, welche die Defäkation bereits überstanden haben, von denen zu unterscheiden, bei welchen sie noch bevorsteht. Ist die Anzahl der letzteren nicht zu klein, so wird man sicher eimige 16* 230 | ©. Rengel, Larven antreffen, die soeben mit dem Spinnen fertig geworden waren und sich nun vor den Augen des Beobachters zur Entleerung an- schicken. Der Prozeß der Entleerung nimmt geraume Zeit, oft mehrere Stunden in Anspruch. Fig. 5 zeigt uns den Darm der Wespenlarve nach der Entleerung; er gleicht in diesem Stadium durchaus dem Darme eines Insekts, das zeitlebens ein durchgehendes Lumen besitzt. Der Durchmesser des durch die umfangreichen Inhaltsmassen vorher stark gedehnten Mitteldarmes vermindert sich nach der Ausstoßung um ein Beträcht- liches. Die Epithelzellen werden dann wieder hocheylindrisch. Wir wenden uns nun der Honigbiene zu. Die Fig. 8 stellt ein Stück eines Längsschnittes durch den Darm der fressenden Larve dar. Die Verhältnisse liegen bei Apis mellifica einfacher als bei Vespa. Das Verbindungsstück ist breiter, aber relativ kurz. Die chitinösen Membranen im Innern des Mitteldarmes sind bei der Bienen- larve sehr zart, so daß ein Herausziehen der unverdaulichen Nahrungs- reste wie bei Vespa nicht gelingt. Eine solche Operation ist aber auch gar nicht nötig, denn der Mitteldarm enthält nur eine zähe Flüssigkeit, die mit den Hüllen von Pollenkörnern durchsetzt ist, so daß das Schneiden der eingebetteten Stücke nicht die geringsten Schwierigkeiten macht. In Fig. 9 ist die Schranke zwischen dem Mittel- und dem Enddarm vollständig beseitigt. Einen ähnlichen Befund ergab die Untersuchung der Larven von Lasius niger. Fig. 10 stellt die Grenze von Mittel- und Enddarm einer fressenden, und zwar noch nicht ausgewachsenen Larve dar. Der Umstand, daß nicht alle Larven eines Ameisennestes für die Verwandlung einen Cocon spinnen, sondern daß zahlreiche Individuen sich frei, ohne Cocon verpuppen, mahnt sehr zur Vorsicht bei der Schätzung des Alters. Der Grund für dieses ungleiche Verhalten der Insassen ein und desselben Nestes scheint mir in der großen Ge- schäftigkeit der Arbeiter zu liegen, mit welcher diese bei jeder Änderung in der Temperatur und Feuchtigkeit der Luft die Larven und Puppen im Neste von einem Ort zum andern tragen. Gerade an Spätsommertagen mit halb bedecktem Himmel, an welchen die Sonnenstrahlen zeitweilig den Erdboden treffen, zeitweilig durch Wolken abgeblendet sind, nehmen die Ameisen häufiger eine Ortsveränderung mit ihrer Brut vor. | Larven, die an solchen Tagen sich einspinnen wollen, werden mit den übrigen noch fressenden Larven und den Puppen bald nach oben, bald nach unten getragen. Sie dürften nach einer Reihe von Uber den Zusammenhang von Mitteldarm und Enddarm usw. 231 Unterbrechungen im Spinnen eher den Inhalt ihrer Spinndrüsen er- schöpfen, als sie einen hinreichend festen Cocon zu stande bringen, und schließlich in die Metamorphose ohne schützende Hülle eintreten. Man tut gut, bei einer Untersuchung der Vorgänge, die sich im Verdauungstraktus kurz vor Beginn der Verwandlung abspielen, nur solche Individuen auszuwählen, die sich eingesponnen haben. Da die Metamorphose des Darmkanals unmittelbar nach der Entleerung an- hebt, ist es für uns von großer Bedeutung an einem äußeren Zeichen feststellen zu können, ob für eine vorliegende Larve dieser Augen- blick erst bevorsteht, oder ob er bereits überschritten ist. Bei einem eingesponnenen Individuum ist die Entscheidung leicht zu treffen: sind beide Pole des Cocons weiß, so ist die Larve entweder noch beim Spinnen, oder sie ist bei der Ausstoßung des Darminhaltes; hat da- gegen der Cocon einen weißen und einen dunklen Pol, so rührt die dunkle Färbung des einen Endes nur von den durchscheinenden, schon ausgestoßenen Inhaltsmassen des Mitteldarmes her, — ein untrügliches Zeichen, daß die Metamorphose bereits im Gange ist. In der Fig. 11 sehen wir die beginnende Erweiterung des kurzen Verbindungskanals von Mittel- und Enddarm. In der Fig. 12 ist keine Spur einer Einschnürung mehr zu finden. Das Ergebnis der Untersuchungen an den genannten drei Insekten- larven ist also folgendes: 1) An der Grenze von Mitteldarm und Enddarm erhält sich der embryonale Zustand während des ganzen Larvenlebens unverändert (Apis, Lasius) oder nahezu unverändert (Vespa). 2) Der Mitteldarm steht von Anfang an in organischem Zusammen- hang mit dem Enddarm. Muscularis, Membrana propria und Epithel gehen von dem einen Darmabschnitt ohne Unterbrechung auf den andern über. Die Ausstoßung von aufgespeicherten Inhaltsmassen des Mitteldarmes wird nicht erst durch eine Neubildung ermöglicht, sondern erfolgt lediglich durch Dehnung des verengten Darmabschnittes. Potsdam, im August 1902. 232 C. Rengel, Über den Zusammenhang von Mitteldarm u. Enddarm usw. Erklärung der Abbildungen, Bedeutung der Buchstaben: e, Epithel des Mitteldarmes der Larve; c*, Epithel des Enddarmes der Larve; np, Membrana propria; i, Intima; ng, MAr- pIGHisches Gefäß der Larve; Mg, MauriGHisches Gefäß der Imago; kx, Regene- rationsherd. Tafel XX. Fig. 1—7 von Vespa germanica. Fig. 1. Grenze von Mittel- und Enddarm einer etwa 4 mm langen Wespen- larve. Der Mitteldarm ist mit dem Enddarm durch einen soliden Strang verbunden. Fig. 2A und 2B sind Schnitte durch das hintere Ende des Mitteldarmes einer nahezu erwachsenen Larve. Der Verbindungsstrang ist während des Larven- lebens nicht wesentlich länger, dagegen beträchtlich dicker geworden. Sowohl das Epithel des Mitteldarmes, wie das Epithel des Enddarmes vertieft sich triehter- förmig gegen das Verbindungsstück. «a ist eine Sekretschicht, die dem Mittel- darmepithel aufliegt. Fig. 3. Das Verbindungsstück besitzt bereits ein Lumen. Vgl. Text p. 228. Fig. 4. Der vordringende Chitinsack hat den Enddarm bereits erreicht. Die Zusammenschnürung des Verdauungskanals an der Grenze von Mittel- und End- darm ist beseitigt. Der von zahlreichen Membranen (z) gebildete Sack ist mit Chitintrümmern, den unverdaulichen Resten der verzehrten Insekten angefüllt. Der Pfeil gibt die Richtung an, in der sich das Mikrotommesser bewegte. Fig. 5. Die Ausstoßung der Darmeontenta ist vollendet. Der vorher, und zwar ganz besonders während der Ausstoßung des Chitinsackes, stark gedehnte Mitteldarm hat sich radial um ein Bedeutendes kontraliert. Fig. 6. Epithelzellen aus dem Mitteldarm einer jungen Larve. * ist eine chitinöse Intima, die im Begriff steht sich loszulösen. Fig. 7. Epithelzellen aus dem Mitteldarm einer erwachsenen Larve, welche die ersten heftigen Anstrengungen macht, sich des Chitinsackes zu entledigen, also aus einer Zeit, in welcher die Mitteldarmwandung die stärkste Dehnung erleidet. Tafel XXI. Fig. 8 und 9 von Apes mellifica. Fig. 8. Grenze von Mittel- und Enddarm der fressenden Bienenlarve; a, Sekretschicht. Fig. 9. Die Lumina von Mittel- und Enddarm kommunizieren. Von den vielen chitinösen Membranen, welche die Darmeontenta umhüllen, ist nur eine, die äußerste, gezeichnet worden. Fig. 10—12 von Lastius niger. Fig. 10. Grenze von Mittel- und Enddarm der fressenden Ameisenlarve. Fig. 11. Die analwärts gepreßten Inhaltsmassen des Mitteldarmes haben den hinteren Teil des Mitteldarmes so stark gedehnt, daß schon eine kleine Öffnung entstanden ist, durch welche das Lumen des Mitteldarmes mit dem Lumen des Enddarmes in Verbindung steht. ° Fig. 12. Die Einschnürung des Darmkanals am Ende des Mitteldarmes ist vollständig beseitigt. Studien über das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen, Von Dr. Enoch Zander Erlangen. Mit 17 Figuren im Text. Jedem, der einen Süßwasserfisch aufmerksam seziert, muß es auffallen, daß die Kiemen stets frischrot und nie durch Schlamm- oder Schmutzkrusten verunreinigt sind. Zunächst bietet zwar der Kiemendeckel eine befriedigende Erklärung, aber wenn man weiter erwägt, daß der Strom des Atemwassers fortwährend aus dem Rachen an den Kiemen vorbeigetrieben wird, sowie daß nicht alle Fische in klarem Wasser leben, ja manche wie z. B. der Karpfen mit Vorliebe im Schlamm wühlen und das Wasser ihres Wohngebietes oft weit- hin trüben, so muß man nach andern Reinigungsvorrichtungen suchen, welche den mit dem Atemwasser in die Mund- und Rachenhöhle ge- schwemmten Substanzen den Eintritt in die Schlundtaschen wehren, etwa wie die Haare an. den Stigmen der Insekten die feinen Tracheen vor dem Staub der Luft schützen. Aber man wird vergeblich Um- schau in der Literatur halten, um genaueren Aufschluß über die Be- schaffenheit dieser Einrichtungen zu finden. Zwar ist durch Boas (8) und Schurze (11) an den Kiemenbogen der Batrachierlarven ein sehr zierlicher Filterapparat nachgewiesen worden, für die Fische liegen jedoch keine ausführlichen Angaben vor. Nachdem einmal meine Aufmerksamkeit auf diese Frage gelenkt war, folgte ich gern einer Anregung meines verehrten Lehrers, Herrn Prof. Dr. FLEISCHMANN, diese interessanten Filterapparate bei Süßwasserfischen eingehender zu untersuchen und will im folgenden meine Resultate schildern. Als gewissenhafter Chronist muß ich zunächst darüber Rechen- schaft ablegen, was bisher auf dem von mir beschrittenen Gebiete geleistet worden ist, da die hier zu schildernden Einrichtungen dank 234 Enoch Zander, ihrer wunderbaren Gestaltung sorgfältigen Beobachtern nicht ent- sehen konnten. In der Tat stoßen wir in der ichthyologischen Literatur des vergangenen Jahrhunderts wiederholt auf kurze Mit- teilungen über das Kiemenfilter der Fische. Auffallenderweise gleiten aber sämtliche Autoren mit wenigen Worten über die Form und Struktur desselben hinweg und schildern bloß mehr oder minder ausführlich seine physiologische Bedeutung. Dieältesten Aufzeichnungen fand ich in CUVIER und VALENCIENNES’ Naturgeschichte der Fische (1). Im ersten einleitenden Bande be- richtet CuvIER auf p. 354 folgendes: »Die innere Kante der Kiemenbogen zieren kleine knöcherne Platten, Zapfen oder Blättchen, die gewöhnlich mit Zähnchen in spezifisch wechselnder Anordnung besetzt sind. Sie dienen allgemein dazu, die Substanzen, welche der Fisch verschlingt, festzuhalten und zu verhindern, daß dieselben mit dem Atemwasser entweichen und sich in den Falten der Atemplatten festsetzen. Diese kleinen Gebilde leisten in ihrer Weise dasselbe, wie die Epiglottis der Säugetiere und die Zähnchen am Kehlkopf- rande der Vögel. SIEBOLD und Srtaxnıus erwähnen kurz (2), daß die konvexe Fläche der Kiemenbogen und ihr Innenrand gewöhnlich mit eigen- tümlichen, rauhen, oft ossifizierten Oberhautgebilden in Form von Plättehen, Tuberkeln, Zähnen, Zangen, Spitzen usw. besetzt sind, welche das Eindringen von Speisen in die Kiemenhöhle hindern. Sehr anziehende Gedanken über den Filterapparat der Fische sprechen BERGMANN und LEUCKART (3) aus. Ich lasse ihre Be- schreibung (p. 225) hier unverkürzt folgen, weil sie von scharfer Be- obachtung zeugt. »Die vier knöchernen Kiemenbogen sind von Schleimhaut bekleidet, welche die Grundlage zahlreicher Fortsätze bildet. Nach der Mundhöhle hin ist sie häufig mit Hartteilen, feinen Zähnchen usw. inkrustiert, welche vielleicht hier und da auch den Zweck haben, kleine, dem inspirierten Wasser beigemengte Gegen- stände abzuhalten, daß sie in die Kiemenhöhlen gelangen. Von einem Kiemenbogen gegen den andern hin, also in die Öffnung zwischen beiden vorgestreckt, findet man häufig Erhebungen, welche an den beiden, eine Kiemenspalte begrenzenden Bogen alternierend stehen, so daß die Spalte dadurch eine Ziekzackform erhält. Das wird gewiß als ein Schutz der Kiemenhöhle gegen fremde Körper anzusehen sein.«e Wenige Seiten später (p. 229) kommen die Ver- fasser noch einmal auf denselben Gegenstand zurück und führen folgendes aus: »Es leuchtet ein, daß eine Spalte von gewisser Länge, Studien über das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen. 235 d. h. zwischen zwei Punkten von bestimmter Entfernung verlaufend, bei einer bestimmten Breite den kleinsten Querschnitt hat, wenn sie in gerader Richtung geht. Läuft sie nieht gerade, sondern z. B. im Zickzack, so bietet sie bei gleicher Breite einen größeren Querschnitt, bei gleichem Querschnitte eine geringere Breite. Durch die Zacken, welche an den Kiemenbogen vieler Fische gegen die Kiemenspalte hin gerichtet stehen, wird jede Kiemenspalte zu einer im Zick- zack laufenden Ritze und bietet also zwischen zwei gegebenen End- punkten eine Öffnung, welche weniger leicht fremde Körper in die Kiemenhöhle gelangen läßt, als wenn sie zwischen denselben End- punkten verlaufend eine gerade Linie verfolgte und dabei dieselbe Größe der Öffnung böte, indem sie alsdann breiter sein müßte.« In der Monographie der österreichischen Süßwasserfische von HECKEL und Kner (4) begegnet uns zum ersten Male eine wissen- schaftliche Bezeichnung für die Filterfortsätze des Kiemenkorbes. Sie werden dort »Rechenzähne« genannt, jedoch so ungenügend be- schrieben, daß man keine richtige Vorstellung von ihrer mannig- faltigen Form und Anordnung erhält. Z. B. werden (p.56) die »Rechen- zähne« des Karpfen folgendermaßen geschildert: »Alle Kiemenbogen sind mit fast gleich langen Rechenzähnen besetzt, von kompresser Klingenform mit gezähnelter Schneide und gerade nach einwärts ge- kehrter Spitze. « Die von HECKEL und KneEr gewählte Benennung fand nicht den Beifall jüngerer Autoren, denn in den ichthyologischen Werken aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts sind die Filterapparate der Fische stets als »Reusenzähne« oder »Kiemenreuse« verzeichnet. Diese Namensänderung hatte jedoch keine Vertiefung unsrer Kennt- nisse zur Folge. Wenn auch die Reusenzähne gelegentlich, so von HEINcKE (7), Leunis (9), GÜNTHER (10!, GEGENBAUR (15), erwähnt werden, so liegt doch meines Wissens seit dem Jahre 1860 keine einzige Mitteilung vor, die an Ausführlichkeit die Angaben von BERG- MANN und LEUCKART (3) erreichte. Ich wende mich deshalb sogleich dazu, meine eignen Befunde zu schildern und auf die mannigfach wechselnde Form und Anordnung der »Reusenzähne« aufmerksam zu machen. Zuerst sollen jedoch Bau und Funktion der »Reusen- zähne« besprochen werden. Die bisher übliche Bezeichnung »Reusenzähne« trifft die morpho- logische und physiologische Bedeutung der zu schildernden Einrich- tungen in keiner Weise. Selbst bei oberflächlicher Untersuchung sieht man, daß die »Reusenzähne« keine Hartgebilde sind, die den 236 Enoch Zander, an den Kiefer- und Schlundknochen vorkommenden Zähnen verglichen werden könnten. Sie stellen vielmehr, wie schon BERGMANN und LEUCKART (3) richtig erkannten, zapfenartige Wucherungen der Rachenschleimhaut (Fig. 1e) am Eingange der Schlund- taschen (sp) dar, deren innere Ränder sie in wechselnder Form und Zahl zieren (Fig. 1s). Da sie dem durch die Kiemenspalten ab- Fig. 1 g.1. Querschnitt durch den Kiemenkorb von Cyprinus carpio. Vergr. 20:1. e, Schleimhaut; 2, Bindeg. webez k, Kieme; %b, Kiemenbogenskelett; kn, Knochen der Siebfortsätze; s, Siebfortsätze; sr, Schlund- spalten; 7—5, Kiemenbogen. fließenden Wasser standhalten müssen, ist ihr bindegewebiger Kern (Fig. 15) durch kleine Knochenelemente (Fig. 1 kn) gestützt. Nichts- destoweniger bleiben die »Reusenzähne« dem Skelett der Schlund- region vollkommen fremd, da die Knochenplättehen, wie auch GÜNTHER (10) feststellte, ohne festen Zusammenhang mit dem knöcher- nen Kiemenbogen (Fig. 1%b) als selbständige Elemente völlig isoliert im Bindegewebe liegen. Es wäre also viel passender, nicht von » Reusen- zähnen«, sondern von »Reusenfortsätzen«< zu sprechen, wenn nicht das Wort »Reuse« zu falschen Vorstellungen über die Funktion der fraglichen Fortsätze Anlaß geben könnte. Die physiologische Bedeutung der Schleimhautfort- sätze ist eine doppelte. Dadurch, dab sie Organismen und festen Substanzen den Eintritt in die Schlundtaschen verwehren, schützen sie nicht allein die .Atemplatten vor Verunreinigungen, sondern dienen zugleich auch dem Nahrungsbedürfnis der Fische. Während man bisher die Vorsprünge am Schlundtaschenrande hauptsächlich Studien über das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen. | 237 als Schutzapparate für die Kiemen ansah, glaube ich nicht fehl zu sehen, wenn ich ihre eminente Bedeutung für die Ernährung der Fische hervorhebe. Ja, wie ich später nachweisen werde, ist die mannigfaltige Ausbildung des Filterapparates vorwiegend durch die verschiedene Zusammensetzung der Nahrung bedingt, darum kann - man den Kiemenkorb wohl einer dem Fischfange dienenden Reuse vergleichen. Man muß sich aber vergegenwärtigen, daß der Kiemen- korb nicht starr und unbeweglich mit dem Skelett der Rachenwand verbunden ist, wie das Maschenwerk mit den Reifen einer Reuse; Mund- und Rachenhöhle der Fische bilden vielmehr einen langge- streckten, dorso-ventral stark komprimierten Raum, dessen Lumen durch die Kontraktion der Kiefer- und Kiemenmus- kulatur verändert wird. Verengert sich beim Schließen des Mundes die Mund- und Rachenhöhle, so wird das Wasser durch das von den Reusenzähnen gebildete Filter förmlich hindurchge- preßt, während die festen Bestandteile in der Rachenhöhle zurück- bleiben. Durch diese Betrachtungen wird ein Vergleich des Rachens mit einer Fruchtpresse geradezu herausgefordert. Wenn wir dieser Ana- logie folgen wollten, müßten wir aber von vornherein im Auge be- halten, daß in einer Presse die. massive Druckplatte als der allein bewegliche Teil gegen den feststehenden Siebboden wirkt, während ‘ in der Rachenhöhle der Fische die Verhältnisse gerade umgekehrt liegen. Das dem Druckstempel vergleichbare Gaumendach ist un- veränderlich fixiert, dagegen wird der als Siebboden fungierende Kiemenkorb gegen die Schädelbasis gedrückt. Aus diesen Erwä- gungen empfiehlt es sich, den Vergleich mit einer Reuse fallen zu lassen und einen Ausdruck zu wählen, der die geschilderte Wirkungs- weise der Schleimhautfortsätze prägnant zum Ausdruck bringt. Ich schlage hierfür die Bezeichnung »Siebfortsätze« vor. Nachdem ich den Leser über Bau und Funktion der Siebfortsätze orientiert habe, will ich die spezielle Beschreibung folgen lassen. ag | Form, Zahl und Anordnung der Siebfortsätze variieren zwar mannigfach, trotzdem gelingt es bei sorgfältiger Analyse, bestimmte Eigenschaftskomplexe zu finden, welche eine Gruppierung der unter- suchten Species ermöglichen. Als Regel dürfen wir festhalten, daß die Siebfortsätze generell zweizeilig angeordnet sind, da sowohl - die vordere, wie die hintere Kante der Kiemenbogen an ihrer der Rachenhöhle zugekehrten Seite Vorsprünge tragen kann. Es liegt 238 Enoch Zander, demnach im Interesse einer vereinfachten Darstellung, vorder- und hinterständige Siebfortsätze zu unterscheiden. Nur dem fünften Kiemenbogen, der die Rachenhöhle caudal begrenzt, fehlen stets die hinterständigen Siebfortsätze. Bei den weitaus meisten Süßwasserfischen (Acanthopteri, Lota, Oypriniden) sind die Siebfortsätze am vorderen und hinteren Schlundtaschenrande gleich stark entwickelt, aber aus ihrer sröberen oder feineren Modellierung und Anordnung ergeben. sich augenfällige Unterschiede zwischen Acanthopteri und Oypriniden. Im einfachsten Falle entspringen von den Kiemenbogenkanten niedrige, lateral mehr oder weniger komprimierte Knötchen, die in srößeren Abständen derart alternierend stehen, daß die Vorsprünge der benachbarten Kiemenbogen ineinander greifen. Dadurch wird die Kommunikation der Schlundtaschen mit der Rachenhöhle auf einen wellenförmig verlaufenden Spalt reduziert, wie wir sehr deutlich an dem in Fig. 2 abgebildeten Ausschnitte aus dem Kiemenkorbe von Acerina cernua erkennen. Die Oberfläche der einzelnen Sieb- fortsätze erscheint bei frischen oder in For- malin konservierten Fischen vollkommen glatt oder doch nur feinhöckerig. An Spiritus- präparaten treten jedoch infolge der Schrum- Fie. 2. pfung des Epithels zahlreiche feine Zähn- ae A: ee chen über die Schleimhaut hervor (Fig. 2). ) Die Basis der Zähnchen ist in kleine Knochen- kegel eingelassen, welche in spezifisch wech- selnder Ausdehnung die Oberfläche der Stütz- knochen in Form einer Kruste überziehen. Die Skelettelemente, welche die einzelnen Sieb- fortsätze versteifen, fügen sich vollkommen der Form des Epithelüberzuges ein und bil- Fie. 3, den hohle (Zota) oder von spongiösem Gerüst Knöchelchen aus einem Siebfortsatz erfüllte (Perca) Glocken (Fig. 3), deren ver- aha a Br El preiterte Ränder dem Kiemenbogen anliegen. In dieser Form und Anordnung finden wir die Siebfortsätze bei Acanthopteri (Perca, Acerina) und Lota. Während Dentale, Prämaxille, Vomer und die Ossa pharyngea superiora et inferiora bei Acerina cernua dichtgestellte » Bürstenzähne« tragen, bildet die Schleimhaut der vorderen und hinteren Kante der Kiemenbogen niedrige stampfkegelförmige Höckerchen, die lateral sehr Studien über das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen. 239 wenig komprimiert sind (Fig. 2). Die hintere Kante des vierten und die vordere des fünften Kiemenbogens besitzen keine Siebfortsätze, so daß die Ränder der letzten sehr kleinen Kiemenspalte vollkommen glatt erscheinen. Die der Rachenhöhle zugekehrte, mediale Fläche der Siebfortsätze ist mit einigen größeren Zähnchen besetzt, deren Spitzen gegen den Ösophagus ragen. Die Siebfortsätze von Lotu vulgaris, die ähnlich geformt und an- seordnet sind wie bei Acerina, zeichnet ein reicherer Besatz kräftiger konischer Zähne aus. Wie bei Acerina sitzen die Zähnchen nur der medialen Fläche der Siebfortsätze an. Im Gegensatze zu Acerina und Lota sind die Siebfortsätze von Perca fluviatılis nicht an sämtlichen Kiemenbogen gleich gestaltet. An der vorderen, dem Kiemendeckel zugekehrten Kante des ersten Kiemenbogens fallen langgestreckte, messerförmige Anhänge auf, die, in den lateralen Winkeln des Kiemenbogens am längsten, nach seinem dorsalen und ventralen Ende zu immer kleiner werden. An der hinteren Kante des ersten und an den folgenden Kiemenbogen stehen dagegen wie bei Acerina und Lota niedrige, komprimierte Höcker- chen. Auch die hintere Kante des vierten Kiemenbogens ist bei Perca schwach eingekerbt, während die vordere des fünften keine Siebfort- sätze trägt. Der reiche Zähnchenbesatz der Siebfortsätze beschränkt sich nicht auf die mediale Fläche, sondern dehnt sich allseitig bis an die Basis der Fortsätze aus. Die einzelnen Zähnchen, die viel feiner als bei den vorher genannten Arten sind, stecken in kegel- förmigen Erhebungen der Schleimhaut. Die Knochen des Kiefer- gaumenapparates und die Ossa pharyngea sind bei Perca wie auch bei Zota mit zahlreichen Zähnchen dicht besetzt. Von den primitiven Siebfortsätzen der Acanthopteri führt uns das vergleichende Studium zu dem Kiemenfilter der artenreichen Fami- lie der Oypriniden, die ebenfalls durch die gleichmäßige Entwicklung der vorder- und hinterständigen Siebfortsätze charakterisiert sind. Im übrigen geben aber die wunderbar zierliche Form und die dichtgedrängte Anordnung der Siebfortsätze, Hand in Hand mit dem gänzlichen Mangel jeglicher zum Ergreifen der Beute geeigneter spitzer Zähne, sowie der Besitz kräftiger Kauzähne im hintersten Abschnitte der Rachenhöhle dem Relief der Mund- und Rachenhöhle bei Cypriniden ein typisch andres Gepräge als bei den Acanthopteri und Lota. Bei allen Oypriniden hat die Natur das Bestreben, ein möglichst feines Filterwerk vor den Kiemen zu bilden. Dies erreicht sie in sehr verschiedener Weise. Während die Zahl der Siebfortsätze 240 Enoch Zander, stets sehr groß ist, unterliegen ihre feinere Modellierung und ihre Gruppierung großen spezifischen Schwankungen. In der Regel seitlich stark komprimiert sind die Siebfort- sätze auch bei den Cypriniden stets durch kleine Knochen gestützt. Fig. 4. Zwei Siebfortsätze eines Kiemenbogens von Cyprimıs carpio, von der Seite gesehen. Vergr. 7:1. kb, knöcherner Kiemenbogen; kn, Skelett der Siebfortsätze; s, Siebfort- sätze. Fig. d. Skelett eines Siebfortsatzes von Barbus vulgaris. Vergr. 20:1. D, Basalplatte. Tie.6. Querschnitt durch einen. Siebfortsatz von Oyprinus carpio. Vergr. 100:1. D, Binde- sewebe; e, Epithel; An, Skelett. zickzackförmigen Ritze, um Soweit ich darüber Beobachtungen an- gestellt habe, liegen diese Knochen nur in der äußeren, den Atemplatten benach- barten Hälfte der Siebfortsätze (Fig. 4 kn), während sie bei den Acanthopteri den ganzen Epithelzapfen erfüllen. Wir kön- nen an denselben eine verbreiterte und gelappte Basalplatte (Fig. 5 5b), die dem Kiemenbogenskelett anliegt, und ein von dieser ausgehendes Stück unterscheiden, das unter starker Verjüngung und paral- lel zur äußeren Kante der Siebfortsätze (Fig. 4 in) in deren Spitze vordringt. Dieses letztere Stück besitzt die Gestalt einer stark zusammengedrückten Rinne mit spaltförmiger Höhlung (Fig. 5), die sich gegen das Mesoderm öffnet. Auf Querschnitten (Fig. 6 kn) zeigen daher die Knochen die Form einer Stimmgabel, deren Schenkel gegen den Rachen ge- richtet sind. Wie bei den Acanthopteri entsprin- sen die Siebfortsätze meistens nicht un- mittelbar nebeneinander, sondern es bleibt zwischen ihnen so viel Raum, daß die Vor- sprünge des gegenüberliegenden Schlund- spaltenrandes gerade in die Lücken hin- einpassen, wie man die gespreizten Finger einer Hand zwischen diejenigen der an- dern schieben kann. Die Siebfortsätze stehen also mehr oder weniger stark alternierend. Durch diese Anordnung er- hält die Schlundspalte die Gestalt einer die Ausdrucksweise von BERGMANN und LEUCKART (5) zu gebrauchen. Die zwischen den einzelnen Fortsätzen befindlichen Spalten werden sekundär dadurch modifiziert, dab das Studien über das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen. 241 Epithel der Siebfortsätze zahlreiche Höckerchen treibt, die über die Ränder vorspringend den kontinuierlichen Verlauf der Ziekzackritze unendlich oft unterbrechen. Im einfachsten Falle, z. B. bei Cobitis und Alburnus, besitzt die Oberfläche der Siebfortsätze ein fein ge- rauhtes Aussehen. ee Während der vorderen Kante des ersten Kiemenbogens bei Cobztis fossihis Siebfortsätze vollständig fehlen, stehen an allen übrigen Bogen niedrige, seitlich etwas komprimierte Vorsprünge, deren Oberfläche höckerig erscheint. Konisch zugespitzte Papillen mit rauhem Epithel sitzen den Kiemenbogen von Alburnus lucidus in großer Zahl auf mit Ausnahme der vorderen Kante des ersten Kiemenbogens. Hier sind die Siebfortsätze ähnlich wie bei Perca zu langen dünnen Stäben ausgewachsen, die in dichter Reihe dem Kiemendeckel anliegen. Viel reicher sind die Siebfortsätze von Oyprinus, Tinca und Abramis differenziert. Bei COyprinus carpio fallen dieselben als dreieckige, seitlich stark komprimierte Platten auf, die den Kiemenbogen mit breiter Basis ansitzen (Fig. 4 s). Die mediale, in die Rachenhöhle schauende Schmalkante der ein- zelnen Fortsätze ist polsterartig verbreitert (Figg. 4 u. 6). Der Epithelüberzug dieses Polsters bildet, besonders am Polsterrande, zahlreiche stecknadelkopfförmige Eır- hebungen, die demselben ein gebuckeltes Aussehen verleihen und seine Randkontur tief eingekerbt erscheinen lassen (Fig. 7). Da die Siebfortsätze benachbarter Kiemen- | bogen eng ineinander greifen, werden die Fig. 7. Spalten zwischen den Fortsätzen durch die no sich berührenden peripheren Vorwölbungen Von innen gesehen. der Polster in ein unregelmäßiges Lücken- system verwandelt, das der Ausschnitt aus dem Kiemenkorbe von Oyprinus carpio (Fig. 7) besser als jede Beschreibung illustriert. Die Anordnung der Siebfortsätze ist bei Cyprinus sehr regelmäßig, da sämtliche Kiemenspalten durch Siebfortsätze gesperrt werden. Selbst die vordere Kante des fünften Kiemenbogens trägt eine Reihe gut entwickelter Anhänge. Während ihre Zahl gegen den Ösophagus zu allmählich abnimmt, ist der Größenunterschied der Siebfortsätze an den vorderen und hinteren Kiemenbogen nicht sehr auffallend. Auch die Fortsätze jedes einzelnen Kiemenbogens weisen nur geringe 242 Enoch Zander, Größenvariationen auf. Nur am äußersten dorsalen und ventralen Ende der Bogen stehen einzelne kleinere Vorsprünge. Ganz ähnlich sind Form, Zahl und Anordnung der Siebfortsätze -bei Tinea vulgarıs. Jedoch fehlen der ventralen Hälfte des ersten Kiemenbogens größere vorder- ständige Siebfortsätze. Bei Abramis brama (Figg. 8 und 9) erstreckt sich die polster- artige Verdiekung der media- len Kante nicht bis an das distaie Ende der Siebfortsätze, so daß die Spitzen (Figg. 8 und 9 sp) derselben frei in den Rachenraum vorragen. Obgleich Ausschnitt aus dem Kiemenfilter von Abramis brama. die Polster (Fig. 9 p) der ein- Vergr. 6:1 Von innen gesehen. p, Polster; sp, freie zelnen Siebfortsätze nach den ae ee Seiten sehr stark ausladen, be- rühren sich doch die benachbar- ten Polsterränder nicht (Fig. Sp), da die Siebfortsätze weiter aus- einander stehen als bei Cypri- Fig. 9, nus und Tinca. In die dadurch Zwei Siebfortsätze von Abramis brama in seitlicher An- entstehenden Spalten schieben nennt“ sich die freien Spitzen gegen- überliegender Siebfortsätze hin- ein (Fig. 8). Während bei den bisher beschriebenen Cypriniden die Siebfortsätze in Abständen an den Kiemenbogenkanten gestellt waren, sitzen dieselben bei an- dern Arten in lückenloser Fig. 10. Reihe den Kiemenbogen an. Ausschnitt aus dem Kiemenkorbe von Barbus vulgaris. - - - x E 4 ae Ya kunen Veoseheit Typische Beispiele hierfür bie- ten Darbus und Carassius. Die Siebfortsätze von Barbus vulgaris (Fig. 10) sind klein und konisch zugeschnitten; infolgedessen erscheint die Kante jedes Kiemenbogens, von innen betrachtet, wie eine Säge gekerbt. Die Fort- sätze der einzelnen Bogen schieben sich mit ihren glatten Flächen so eng ineinander, daß nur in den Winkeln zwischen den Siebfort- Studien über das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen: 243 sätzen kleine Löcher frei bleiben, die dem Wasser den Durchtritt zu den Kiemen gestatten. Das Kiemenfilter von Carassius vulgaris gehört zu den wunder- barsten Einrichtungen dieser Art, die ich bei Süßwasserfischen beob- achtet habe. Die Siebfortsätze sind auffallend lang und so dicht gestellt (Fig. 11), daß sie in ıhrer Gesamtheit eine über den vorderen resp. hinteren Kiemenbogenrand vorspringende Platte zu bilden scheinen. Der freie Rand dieser scheinbaren Platte ist ausgezackt, weil die einzelnen Siebfortsätze konisch endigen. Dadurch, daß die aneinanderstoßenden Ränder der Siebfortsätze einer Kiemenbogen- kante wie bei andern Cypri- niden (Fig. 11) zierlich ge- buckelt sind, entsteht zwi- schen den Siebfortsätzen ein unregelmäßiges, aber äußerst feines Porensystem, das selbst die kleinsten Futterpartikel- chen in der Rachenhöhle zurückhalten muß. Die seihende Oberfläche dieses Filterapparates ist in wunderbarer Weise vergrö- Bert. Die Siebfortsätze lie- gen nämlich nicht alle in - Eb era Fig. 11. einer ene, sondern razen Linke Hälfte des Kiemenkorbes von Carassius vulgaris (Fig. 11) derart in die Rachen- Doppelte natürliche Größe. höhle hinein, daß die vorder- und hinterständigen Vorsprünge je zweier Kiemenbogen konvergieren und, indem sie mit den Spitzen ineinandergreifen, Falten bilden, die bogenförmig die laterale Rachenwand umziehen und den Zugang zu den Kiemenspalten versperren. Der Siebapparat von Carassius sleicht demnach täuschend einem Faltenfilter. Es leuchtet ein, daß der feine Verschluß der Kiemenspalten das rasche Filtrieren des Atemwassers außerordentlich erschweren würde, wenn nicht Einrichtungen vorhanden wären, welche das Wasser rasch durch das Kiemenfilter hindurchtreiben. Unzweifelhaft dient dazu ein dickes muskulöses Polster, das der Schädelbasis inner- halb des Kiemenkorbes anliegend (Figg. 12 und 153g) nach hinten und lateral zungenartig in die seitlichen Winkel der Rachenhöhle vor- springt. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. _ 17 244 Enoch Zander, In der Literatur habe ich über dieses Organ keine genaueren Angaben finden können. HEIncKE (6, p. 514) erwähnt beiläufig, daß die Mucosa der Schlunddecke am Eingange in die Kauhöhle ein stark muskulöses Polster bildet, welches höchst wahrscheinlich einen vollständigen Abschluß der letzteren nach dem Kiemenapparat zu herbeiführen könne. GünTHEr (10) deutet dieses Polster als Ge- schmacksorgan, da er im Gewebe desselben zahlreiche Nerven er- kannte. Er schreibt: »Ein eigentümliches Organ an der Decke des Gaumens der Oypriniden ist vielleicht ein für die Wahrnehmung des Geschmacks geeignetes Organ; bei diesen Fischen ist der Gaumen zwischen und unter den oberen Schlund- knochen mit einer dieken, weichen kontraktilen Substanz ausgepolstert, welche reichlich mit Fasern aus den Nervi vagus und Glossopharyngeus versehen wird (p. 80/81).«e GEGENBAUR (15, II. p. 82) bezeichnet das Polster als »kontraktiles Gaumenorgan«, ohne näher auf die Struktur und Bedeu- tung desselben einzugehen. Dieses Polster ist zusammengesetzt aus quergestreiften Muskelfasern, die in lockerer Anordnung senkrecht und parallel zur Schleimhaut verlaufen. Die Lücken zwischen den Muskel- zügen sind in der dem Epithel zunächst liegenden Partie durch dichtes fibril- Fig. 12. Querschnitt durch den Kopf von (Cyprinus carpio. Vergr.S:1. g, Gaumenpolster (gelb); ka, läres Bindegewebe, gegen die Schädel- Kiemendeckel; %5, Kiemenbogen; km, Kiemen- und Kiefermuskulatur; n, Nerv des Gaumen- PASiS zu durch Fettgewebe ausgefüllt. RULES = Siebiorlenlze: Zahlreiche nach allen Seiten aus- strahlende Nervenäste (Fig. 12») durch- setzen das ganze Polster. Ihre Endfasern treten mit Sinnesorganen in Verbindung, die in großer Zahl in der Schleimhaut liegen. Wenn diese Nervenendapparate auch vielleicht Geschmackswahrnehmun- gen vermitteln, so darf man das muskulöse Polster doch nicht als Geschmacksorgan ansprechen, da die gleichen Sinnesorgane in der ganzen Mund- und Rachenhöhle verbreitet sind, ja sogar außen in der Epidermis des Kopfes, besonders zahlreich in der Mundregion, auffallen. Bei geschlossenem Munde liegt dieses Polster den Kiemenbogen Studien über das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen. 945 innig an, so daß man an konservierten Fischen nicht selten die Ein- drücke der Siebfortsätze in das Gaumenpolster wahrnimmt. Daher glaube ich mich zu der Behauptung berechtigt, daß das Gaumenpolster in erster Linie zur Beschleunigung der Wasserfiltration dient. Das leuchtet sofort ein, wenn wir bedenken, daß sich das Polster vermöge seiner elastischen Beschaffenheit beim Anpressen des Kiemenkorbes N} = == = N Zi SU A => MN Fig. 13. Medianer Längsschnitt durch den Kopf von Cyprinus carpio. Vergr. 8:1. g, Gaumenpolster (gelb); k, Kauplatte; »n, Mund; oe, Ösophagus; pr, Proc. pharyngealis; z, Zähne. an das Gaumendach innig in die Spalten und Löcher des Filters ein- schmiegt. Dabei wird sicherlich die Wirksamkeit des Polsters durch die Kontraktionen seiner Muskelzüge wesentlich erhöht. Ein ähnlich strukturiertes, aber weit schwächeres Polster liegt als schmaler Kamm den Copulae der letzten Kiemenbogen (Figg. 12 und 15) auf. Durch die wellenförmigen Kontraktionen beider Polster werden wahrscheinlich die vom Wasser befreiten Nahrungsteilchen an den Kauapparat befördert. Dieser Kauapparati, der ausschließlich den Oypriniden eigentümlich ist, liegt unmittelbar vor dem Eingange in die Speiseröhre in einer kleinen gegen den Rachen durch die i Genaueres über den Kauapparat der Cypriniden siehe bei HEINcKE (3) und Hopp (9). ET: 246 Enoch Zander, beschriebenen Polster abgesperrten Höhlung (Fig. 15). Derselbe setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Auf dem verdickten inneren Rande des fünften Kiemenbogens (Schlundknochen) sitzen nach Form, Zahl und Anordnung spezifisch verschiedene, kräftige Zähne (Schlundzähne) mit breiten Kauflächen (Fig. 13 x). Als Widerlager derselben dient eine hornige Kauplatte (Fig. 13 k), welche dem pfannenförmig aus- gehöhlten Processus pharyngealis des Oceipitale basilare (Fig. 13 pr) aufliegt. Durch fünf Muskelpaare können die Schlundknochen mit den Zähnen gegen die Kauplatte nach verschiedenen Richtungen Kau- und Reibbewegungen ausführen. Spitze konische Zähne zum Ergreifen der Beute fehlen den Uypriniden vollständig. Selbst rudimentäre Zahnanlagen sind in der Mundhöhle nicht nachgewiesen worden. Während wir bisher die Siebfortsätze in gleiehmäßiger Entfaltung an beiden Kanten der Kiemenbogen beobachteten, fallen bei den von mir untersuchten Salmontden und Clupeiden (Osmerus eperlanus, Coregonus fera und albula, Clupea alosa)! nur an den vorderen Bogenkanten stärker entwickelte Fortsätze auf. An der hinteren Kante bleiben sie rudimentär oder fehlen sogar voll- ständig. Die vorderständigen Siebfortsätze sind bei allen vier Arten konform gestaltet, so daß sich nur in der Zahl und Größe geringe spezifische Unterschiede ergeben. Die Siebfortsätze (Fig. 14) bilden lange, schmale, lateral stark zusammengedrückte Anhänge von messer- förmiger Gestalt, die mit breiter Basis vom Kiemenbogen entspringend distal stark zugespitzt sind und den Kiemenbogen so aufsitzen, daß ihre Schmalkanten in die Rachenhöhle sehen (Fig. 14). Ihre Breitseiten sind mit zerstreut stehenden spitzen Zähnchen besetzt, deren Basis in kegelförmigen Erhebungen des Epithels steckt (Fig. 15a). Die Länge der Siebfortsätze wechselt in den verschiedenen Ab- schnitten der Kiemenbogen. In den lateralen Winkeln der scharf ge- knickten Bogen am längsten, nehmen sie dorsalwärts und ventralwärts beträchtlich an Größe ab. An den vorderen Kiemenbogen sind sie stets mächtiger entfaltet als an den letzten. Bei Clupea alosa (Total- länge 37 cm) messen die längsten Siebfortsätze 10,1 mm, die kürzesten l mm. Kürzere Siebfortsätze zeichnen Coregonus fera vor den andern i Obgleich der Maifisch kein ständiger Süßwasserbewohner ist, habe ich ihn doch in die Reihe der von mir untersuchten Sißwasserfische aufgenommen, weil er wegen seiner Größe die zu schildernden Verhältnisse klarer zur An- schauung bringt als Maräne und Stint. Studien über das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen. 247 untersuchten Arten aus. Bei einem 35 cm langen Exemplare er- reichen die größten Siebfortsätze nur 5,5 mm. Die Zahl der Siebfortsätze ist bei Clupea alosa, Coregonus al- bula und Osmerus eperlanus sehr groß und schwankt z. B. bei Olupea alosa zwischen 40 am ersten und 27 am fünf- ten Kiemenbogen. Bei Coregonus fera zähle ich dagegen am ersten Kiemenbogen nur 22, am letzten neun Sieb- fortsätze. Auf der rech- ten und linken Körper- seite ist die Anzahl der Fig. 14. Fig. 15. Kiemenfilter von Clupea alosa. Natürliche Größe, von innen Querschnitt durch einen Sieb- gesehen, fortsatz von Coregonus marue- na. Vergr.100:1. «, Zähne; db, Epithel; c, Bindegewebe ; d, Skelett. Siebfortsätze nicht immer gleich. Bei Clupea alosa stehen z. B. am ersten Kiemenbogen rechts 40, links 38, am dritten rechts 30, links 32, während der zweite Bogen beiderseits 38, der vierte 26 Sieb- fortsätze erkennen läßt. Die Gräten, welche die einzelnen Siebfortsätze stützen, sind entsprechend der Form der Vorsprünge langgestreckt und wie bei den Cypriniden rinnenförmig gehöhlt und stark zusammengedrückt (Fig. 15 d). Die Ausbildung der hinterständigen Siebfortsätze, welche stets die Form niedriger dreieckiger Spitzen haben, steht in Korrelation zu 248 Enoch Zander. der Entfaltung der vorderständigen. Bei Coregonus fera, deren vorder- ständige Siebfortsätze in geringer Zahl und Größe vorhanden sind, fallen an der hinteren Kante sämtlicher Kiemenbogen primitive Vor- sprünge auf, deren Zahl zwischen 18 am ersten und 8 am vierten rechtsseitigen Kiemenbogen schwankt. Osmerus, Olupea und Corego- nus albula mit mächtig entwickelten Siebfortsätzen der vorderen Kiemenbogenkanten weisen hinterständige Fortsätze nur an einzelnen Bogen auf und zwar Osmerus am dritten und vierten, Olupea alosa und Coregonus albula nur am vierten. ET AAky , A Aal 4A, Pe w AA reg EN AAAAA 1% A Luk, ak EEE LR EEE, WITT a Fig. 16. Stück eines Kiemenbogens von Zsox lueius. Vergr. 10:1. «a, Kieme; %, Koochenplatten. Durch die einseitige Entwicklung der Siebfortsätze entsteht vor den Kiemenspalten ein feines Gitterwerk, dessen Spaltlücken durch die den Breitseiten der Siebfortsätze ansitzenden Zähnchen sekundär eingeengt werden. Spitze konische Zähnchen fehlen den Knochen des Kiefer- Saumenapparates und den Ossa pharyngea niemals vollständig. Eine genauere Schilderung ihrer Anordnung, die aus jedem systemati- schen Werke zu ersehen ist, liegt nicht im Interesse dieser Unter- suchung. Auffallenderweise kommt nicht allen Süßwasserfischen ein Filtrierapparat vor den Kiemenspalten zu. Unter den von mir untersuchten Spezies fehlen den ärgsten Räubern unserer Binnengewässer, Zsox lucius und Lucioperca sandra, Siebfortsätze vollständig. Nichtsdestoweniger ist die konkave Seite der Kiemen- bogen nicht glatt. Bei Esox sind die Ränder der Schlundspalten mit Studien über das Kiemenäflter bei Süßwasserfischen.- 949 sroßen, nahezu quadratischen Knochenplatten in einfacher Reihe be- lest (Fig. 16%), in die spitze Zähne in ungeheurer Zahl eingelassen sind. Die Größe der Zähnchen schwankt in weiten Grenzen. Während in der der Rachenhöhle zugekehrten Hälfte der Kmnochenplatten lange Zähne auffallen, nehmen dieselben gegen die Atemplatten (Fig. 16a@) zu beträchtlich an Größe ab. Die Kiemenbogen von Lucioperca sandra (Fig. 17) zeichneteinedoppelteReihe von bezahnten Knochen- schildern aus. Die innere Reihe setzt sich aus Platten von zweierlei Form zu- sammen, indem kleinere Schilder mit niedrigem SED NUR NORNGARENSEV RN SE. Zahnbesatz mit größeren 2 und stark verdiekten Kno- ) j ı chen abwechseln, die be- N weg N ubar 7 Se » to. 17: sonders gegen die Rachen- a ee | ; Stück eines Kiemenbogens von Zucioperca sandra. höhle mit langen Zähnen Vergr. 10:1. a, Kieme; %, Knochenplatten. besetzt sind. Die äußere Reihe wird durch kleine unregelmäßig gestaltete Schilder mit feinen Zähnchen gebildet. Die Angabe von Hecker und Kxer (4), dab der erste Kiemenbogen von ZLucioperca mit Rechenzähnen (Siebfortsätzen) besetzt sei, kann ich nicht bestätigen. Bei dem von mir untersuchten Exemplare sind sämtliche Kiemenbogen mit Zähnchenschildern gleich- mäßig bedeckt. Die Knochen des Kiefergaumenapparates sowie die dorsal und ventral vor dem Ösophagus liegenden Ossa pharyngea tragen bei Ksox und Zucioperca zahlreiche längere oder kürzere konische Zähne, deren scharfe Spitzen nach hinten gerichtet sind. Bei #sox sind dieselben am Dach der Mundhöhle gelenkig mit den Knochen verbunden, daß sie sich nach hinten zurücklegen, aber nicht nach vorn über- klappen können. Hiermit schließe ich die vergleichende Schilderung der Siebfort- sätze, indem ich ihre wesentlichsten Ergebnisse kurz zusammenfasse. Die Siebfortsäze sind nach Form, Zahl und Anordnung sehr ver- schieden entwickelt. Wollen wir die untersuchten Species nach der Ausbildung der Siebfortsätze in ein System bringen, so würden sich folgende Gruppen umgrenzen lassen: I. Fische ohne Siebfortsätze, aber mit reichem Zahnbesatz 250 Enoch Zander, auf der Innenseite der Kiemenbogen und den Knochen des Kiefer- gsaumenapparates und den Ossa pharyngea. Esoxz, Lueioperca. II. Fische mit Siebfortsätzen: A. Siebfortsätze an beiden Kanten der Kiemenbogen gleich stark entwickelt: 1. Siebfortsätze einfache, rundliche Höcker, mit Zähnchen besetzt, alternierend, ineinandergreifend, Zu- gang zu den Schlundtaschen wellenförmiger Spalt. Reicher Zahnbesatz auf den Knochen des Kiefergaumen- apparates und den Ossa pharyngea. Perca, Acerina, Lota. 2. Siebfortsätze stark entwickelt, zahlreich, spezi- fisch verschieden gestaltet und angeordnet. Zwischen den Fortsätzen unregelmäßiges Poren- oder Lücken- system. Mundhöhlenepithel glatt, kontraktiles Gaumen- polster, Kauapparat im hintersten Abschnitt des Rachens. Uypriniden. B. Siebfortsätze nur an der vorderen Kante der Kiemenbogen stark entwickelt, messerartig, mit feinen Zähnchen besetzt, Gitter vor den Schlundspalten bildend; Zähnchen auf den Kiefergaumenknochen und den Ossa pharyngea. Clupea alosa, Coregonus fera und albula, Osmerus. Angesichts dieser wunderbaren Mannigfaltigkeit des Kiemen- filters bei Süßwasserfischen drängt sich die Frage auf, ob die ver- schiedenartige Gestalt und Anordnung der Siebfortsätze vielleicht in irgend welcher Beziehung zur Nahrung stehe. Um diese Frage erfolgreich diskutieren zu können, müssen wir ZU- nächst feststellen, wovon sich die Fische nähren. Unsre Kenntnis der Fischnahrung ist in den letzten Jahren wesentlich vertieft worden. Während man vor nicht allzulanger Zeit und vielleicht zum Teil auch heute noch der pelagischen Tier- welt, welche die pflanzenfreie Zone unsrer Seen belebt, eine über- trieben hohe Bedeutung für den Unterhalt der Fische zuschrieb und die Produktivität der Gewässer lediglich durch Planktonanalysen be- stimmen zu können glaubte, wissen wir heute, daß das Plankton eine sehr untergeordnete Rolle als Nahrungsmittel der Süßwasserfische spielt. Es ist das Verdienst von SCHIEMENZ (16), auf dem letzten Studien über das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen. 251 internationalen Zoologenkongresse in Berlin nachdrücklichst auf diese Tatsache hingewiesen zu haben. In seinem Vortrage: »Die Zoologie im Dienste der Fischerei« führte ScHIEMENZ etwa folgendes aus: »Die Planktonuntersuchungen haben in der fischereilichen Süßwasserbiologie eine große Rolle gespielt und spielen sie auch zum Teil noch. Ich muß aber entschieden behaupten, daß man viel zu weit gegangen ist, wenn man aus der Menge und Beschaffenheit dieses Planktons oder Auftriebes den Nahrungswert eines Gewässers bestimmen zu können glaubte. Man ging dabei von der falschen Voraussetzung aus — vielleicht verführt durch Erfahrungen, die man im Meere gemacht hatte —, daß dieser Auftrieb, besonders der limnetischen Region, die Hauptnahrung der Fische sei. Tatsächlich nähren sich nun aber die allerwenigsten unsrer gewöhnlichen Sübßwasserfische von diesem Auftrieb. Schon die einfache Tatsache, daß die meisten Eier unsrer Süßwasserfische auf der Schar! und dem Boden abgelegt werden, müßte eigentlich die Vermutung nahelegen, daß die Schar, welche den meisten jungen Fischen als Aufenthalt dient, in deren Ernährung eine bedeutendere Rolle spielt als der limnetische Auftrieb. Einzelne Süßwasserfische, wie der Ukelei, nähren sich zwar von Auftrieb, aber selbst dieser Fisch lebt in der Jugend am Ufer und nährt sich dort. Den Nährwert eines Gewässers für die Fische durch eine Plankton- untersuchung bestimmen zu wollen, ist durchaus falsch. Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich behaupte, daß die Hauptnahrung der Fische besteht in Arten von Alona (und Verwandten), Chrronomus und Borstenwürmern. Diese Tiere kommen aber im Auftrieb nicht vor, sondern sitzen entweder im Boden, auf dem Boden, an Pflanzen oder schweben dicht über dem Boden dahin. Vorzüglich sind es die Larven der Chironomiden, welche die Fische dick und fett machen und welche beinahe von sämtlichen Fischen gefressen werden, gleich- gültig ob das Raub- oder sogenannte Friedfische sind. Man würde viel weniger fehl gehen, wenn man den Nährwert eines Gewässers für die Fische nach der Menge der Chironomidenlarven bestimmen wollte, als wenn man es nach dem Auftrieb abschätzen wollte. Natürlich fressen nicht alle Fische lediglich diese Larven, auch Larven andrer Mücken spielen eine Rolle.« Zu ganz ähnlichen Resultaten gelangte ArnorLn (17), der den Anteil des Planktons an der Zusammensetzung der Fischnahrung durch genaue Analysen des Darminhalts verschiedener Süßwasserfische i Uferzone der Seen bis etwa 11/a Meter Wassertiefe. 252 Enoceh Zander. feststellte. ARNOLD teilt die von ihm untersuchten Süßwasserfische in drei biologische Gruppen ein: 1) Die konstanten Planktonkonsumenten, die sich aus- schließlich und immer von Plankton ernähren, wie Osmerus eperlanus, Coregonus albula, Alburnus lucidus u. a. 2) Die temporären Planktonkonsumenten, welche nur in der Jugend von Planktonten leben, später aber zur Ernährung durelı Boden- und Uferorganismen, wie Insektenlarven, Muscheln, Schnecken, Würmer usw. übergehen. Hierzu zählen Abramıs brama, Idus mela- notus, Perca fluwiatilis, Leueiscus rutdlus. 3) Fische der Uferregion, die in ihrem Leben am wenigsten oder gar nicht vom Plankton abhängen und sich vom jüngsten Alter an nur mit Ufer- und Bodenorganismen begnügen (Acerina cernua, Cobitis taenia, Cottus gobio, Lota vulgaris). Uyprinus carpio, Tinca vulgaris und Verwandte, die ARNOLD noch nicht untersuchte, dürften nach dem Verf. gleichfalls hierher zu rechnen sein. Die Untersuchungen ARNOLDS sind für meine Betrachtung sehr wichtig, da sie uns klar und deutlich zeigen, dab die Fische in schr verschiedener Weise die Nahrungsquellen unsrer Binnengewässer ausnutzen. Nachdem wir dies festgestellt haben, wird es im folgenden meine Aufgabe sein, genauer zu untersuchen, ob und inwieweit die Organi- sation der Mund- und Rachenhöhle und im besondern der Bau des Kiemenfilters bei den von mir studierten Süßwasserfischen einer be- stimmten Art von Nahrung angepaßt ist. Ich beginne mit KEsor und Luecioperca. Beide gehören zu den ärgsten Räubern unsrer Binnengewässer, die mit schier unersättlicher Mordlust allen kleineren Klassengenossen, selbst Fröschen, Vögeln und Säugetieren nachstellen!. Da Hecht und Zander nur große Beute- stücke angreifen und klare Gewässer bevorzugen, bedürfen sie keiner komplizierten Siebapparate an den Kiemen- bogen, um die Nahrung in der Rachenhöhle zurückzuhalten resp. i Die Gefräßigkeit des Hechtes übertrifft nach BREHM (13, p. 314), die aller andern Süßwasserfische, er verschlingt Fische aller Art, seinesgleichen nicht ausgenommen, außerdem Frösche, Vögel und Säugetiere. Auch der Zander ist nach demselben Verfasser ein außerordentlich raubgieriger Fisch. Über seine Nahrung hat RAauca (14) genauere Angaben gemacht. Zwei bis vier Wochen alte Zander fressen Cyclops, Cypris, Daphniden und Ohironomus-Larven, zu denen sich . bei etwas älteren Tieren (6 cm) auch kleine Fische gesellen. Während im zwei- ten Lebensjahre die Nahrung ähnlich zusammengesetzt ist, besteht dieselbe vom dritten Lebensjahre an ausschließlich aus Fischen. Studien iiber das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen. 2553 um die Kiemen vor Verunreinigungen zu schützen. Dagegen ist ein reichlicher Zahnbesatz in allen Teilen der Mund- und Rachenhöhle für das Ergreifen und Verschlingen der Beute sehr vorteilhaft. Auch Zota und die Acanthopteri sind mehr oder weniger gefähr- liehe Räuber, die sich ausschließlich (Zofa, Acerina) oder doch wenigstens die längste Zeit ihres Lebens (Perca) von den Bewohnern der Schar ernähren. In der Jugend auf kleine Plankton- oder Uferentomostraken angewiesen, greifen sie mit zunehmender Größe hauptsächlich Insektenlarven, Crustaceen, später auch Fische und Frösche an. | ARNOLD, der den Darminhalt von 82 Barschen untersuchte, fand bei den kleinsten 5—6 cm) Exemplaren nur Planktonten (Hyalodaphnia, Leptodora, Bos- mina, Chydorus); bei größeren Fischen (11—13,5 em) bildeten Ufercerustaceen (Sida, Euricercus) die Hauptmasse der Nahrung, daneben Culex, Chironomus, Phryganidenlarven. Große Barsche greifen Krebse (Astacus), Stinte, Plötzen, Karauschen, die eignen Artgenossen, selbst Frösche mit Erfolg an. Der Darm- inhalt von 10 kleinen Kaulbarschen (Acerina) bestand nach ARNOLD aus Chiro- nomus, Ceriodaphnia, Alona, Oyclops, Cypris und bei einem Exemplar aus zwei Planktonten (Leptodora und Hyalodaphnia). Größere (5—6 cm) Kaulbarsche ent- hielten neben COyclops, Sida, Alona, Corethra hauptsächlich Cypris-Arten. Im Darm ganz großer Fische befanden sich Unmengen von Schlammmuscheln (Pisz- dium), ferner Larven von COhrronomus, Corethra, Stialis, Agrion. Der Darm von zwei kleinen Lotia vulgaris (2,1—2,6 cm) war vollgestopft mit Uferentomostraken (Pleuroxus, Alonopsis, Acroperus, Sida, Oyclops). In zwei srößeren Quappen fand ArnoLD bloß Insektenlarven (Stalıs).. Erwachsene Quappen vernichten Unmengen verschiedener Fische, auch Phryganidenlarven, Krebse und Frösche. Dieser räuberischen Lebensweise ist die Organisation der Mund- und Rachenhöhle vortrefflich angepaßt, da spitze Zähne in dichter Anordnung den Kiefer- und Gaumenknochen, sowie den Ossa pharyngea und sogar den Siebfortsätzen aufsitzen. Obgleich die primitiv entwickelten Siebfortsätze für den Nahrungserwerb sicher nur eine untergeordnete Bedeutung haben, verengern sie die Schlund- taschen doch hinreichend, um auch kleineren Organismen das Ent- weichen aus der Rachenhöhle zu verwehren. Als ein wirksamer Sehutz der Kiemen gegen Beschmutzung durch Schlammpartikel können sie dagegen infolge ihrer weitläufigen Anordnung wohl nicht angesprochen werden. Wir finden daher die Acanthopteri nach den übereinstimmenden Angaben aller Beobachter hauptsächlich in klaren, reinen Seen. Die Cypriniden sind ebenso wie die Acanthopteri Bewohner der Schar, unterscheiden sich von ihnen aber wie im Bau der Rachenhöhle, 2354 Enoch Zander, höhle, so auch in der Lebensweise total. Während die Acanthopteri vorzugsweise über dem Boden zwischen den Pflanzen nach Beute Jagen, wühlen die Cypriniden mit Vorliebe am Grunde der Seen und Teiche im Schlamme nach allerlei Nahrung tie- rischer und pflanzlicher Herkunft. Einige Beispiele mögen die Lebensgewohnheiten der Cypriniden illustrieren. Nach BREHM (13) wühlen Abramus und Tinca der Nahrung halber im Schlamm, die in Würmern, Kerflarven, Wasserpflanzen und Schlamm selbst be- steht. Kleine Brachsen von 1,5-1.8 cm Länge leben nach ARNOLD pelagisch. Der Darm der untersuchten Exemplare enthielt fast ausschießlich Bosmina core- goni. Ältere Brachsen (8 em) nähren sich dagegen fast nur von Bewohnern der Ufer- und Bodenregion (Cyclops, Alona, Difflugia, Chironomus, Ceratopogon u. a.). Das Futter der Barbe bilden nach BREHMm kleine Fische, Würmer, Schlamm und tierische Abfälle. Die Nahrung des Karpfen besteht aus den in und auf dem Teichboden lebenden Organismen (Insektenlarven, Muscheln, Schnecken, Würmer, Krebse usw. und den zwischen den Pflanzen schwebenden Uferentomostraken usw. Gegen den Herbst zu bevorzugt er pflanzliche Stoffe (Samen und Teile von Wasser- pflanzen). Cobitis lebt nach BREHM nur in Flüssen und Seen mit schlammigem Grund. Seine Nahrung besteht aus kleinem Gewürm, aller Art Wassertierchen, Fisch- laich, ebenso aus vermoderten Pflanzenresten. Die Karausche kommt nach demselben Verfasser in den verschiedenartig- sten, selbst ganz trüben Gewässern vor, und gedeiht bei der schmutzigsten und schlammigsten Nahrung. Sie nährt sich hauptsächlich von Würmern, Lar- ven, faulenden Pflanzenstoffen und Schlamm, hält sich dementsprechend die längste Zeit ihres Lebens am Grunde auf. Die Gewohnheit der Cypriniden im Schlamm zu graben, bedingt einen sehr engen Verschluß der Kiemenspalten, weniger um die Nahrungsstoffe in der Rachenhöhle festzuhalten, als vielmehr um die Kiemen gegen Verunreinigung zu schützen. Infolgedessen beob- achten wir vor den Schlundtaschen ein gröberes oder feineres Siebwerk, durch das das Wasser mit Hilfe des muskulösen Gaumenpolsters hindurchgetrieben wird. Die wunderbar feine Struktur dieses Filters bei Carassius habe ich weiter oben genauer geschildert. Daß eine derartige Einrichtung aber auch für eine pelagische Lebensweise vor- züglich geeignet ist, beweist die Beobachtung, daß Alburnus lucıidus sich in erwachsenem Zustande mit Vorliebe vom limnetischen Plankton nährt. ARNOLD, der den Darminhalt von 54 Exemplaren untersuchte, konnte darin Hyalodaphnia, Leptodora, Bosmina, Limnosida, Diap- tomus, Chydorus, Melosira usw. feststellen. Trotzdem ist Alburnus kein echt pelagischer Fisch, wie die später zu besprechenden Clupeiden, da aus den Befunden Arxorps klar hervorgeht, daß der Ueckelei Studien über das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen. 955 gelegentlich auch auf der Schar seine Nahrung sucht, wo er nach SCHIEMENZ (16) seine ganze Jugendzeit verbringt. In seltenen Fällen fand ARNOLD nämlich im Darm des Uckelei auch Uferentomostraken (deropus, Sida, Pleuroxus), in einem Falle auch eine Mückenlarve (Ceratopogon). Auf die Gewohnheit der Cypriniden, im Teichboden nach. Nahrung zu suchen, scheint mir auch der Bau eines andern Organs hinzudeuten. Während nämlich bei Olupea, Osmerus, Coregonus, Esox, Lota und den Acanthopteri die Schwimmblase stetsals ein einfacher langgestreckter Sack die Leibes- höhle durchzieht, ist dieselbe bei sämtlichen Cypriniden deutlich in eine kleinere vordere und größere hintere Kammer gesondert. Diese Kammerung hat für das Bodenleben eine hohe Bedeutung. Wird der Gasgehalt der vorderen Kammer zu Gunsten der hinteren verringert, so sinkt der Kopf nach unten, wodurch dem Fische das Wühlen im Schlamme wesentlich erleich- tert wird. Den Schlammbeißer (Cobitis) zwingt sogar die rudimentäre Entwick- lung der Schwimmblase zu ständigem Aufenthalte am Teichboden. Nur bei Sauerstoffmangel arbeitet er sich unter Schraubenbewegungen seines Körpers an die Wasseroberfläche, um Luft zu schnappen. Ganz andrer Natur ist die Nahrung von Ülupea, Osmerus und Coregonus. Diese Fische sind konstante Planktonkonsumenten im Sinne ARNOLDs, die sich während ihres ganzen Lebens in der limnetischen Region unsrer Seen aufhalten, sei es an der Oberfläche oder in größerer Tiefe. Über die Zusammensetzung ihrer Nahrung verdanken wir ARNOLD genauere Angaben. Der Stint ernährt sich im Sommer hauptsächlich von Leptodora; seltener wurden Hyalodaph- nia, Dosmina, Diaptomus, Chydorus im Magen gefunden. Bloß im Winter (Januar bis März) waren Hyalodaphnıa, Bosmina, Oyclops und Anuraea häufiger gefressen worden. In dem Magen von 20 Maränen (Coregonus albula) fand ARNOLD hauptsächlich Cyelops serrulatus und einzelne Rotatorien (Anwuraea cochlearis). Coregonus fera bewohnt nach BREHM die meisten Alpenseen. Sie lebt für gewöhnlich in 70—80 m Tiefe. Ihre Nahrung besteht aus sehr kleinen Wassertieren, die in der Tiefe der Binnenseen leben. Zu ihrer Beute zählen auch kleine Krebse, Wasserschnecken, Würmer und Kerbtierlarven. Die Nahrung setzt sich also fast ausschließlich aus pelagisch lebenden Krustern zusammen. Um diese winzig kleinen Tierchen, von denen beträchtliche Mengen zur Ernährung eines Fisches nötig sind, in der Rachenhöhle festzuhalten. bedarf es besonderer Einrich- tungen, die wir in den gitterförmig angeordneten Siebfortsätzen kennen gelernt haben. Die Weite dieses Gitterwerkes ist in der denkbar vollkommensten Weise der Größe der Planktonorganismen angemessen. 256 Enoch Zander. Dagegen ist es kaum fein genug, um die Kiemenfalten gegen das Eindringen von Schlammpartikelchen zu schützen. Diese Gefahr wird auch nur selten vorhanden sein, da Clupeiden und Salmoniden nur in klaren Wasserschichten leben. Den Siebfortsätzen der Renken, Stinte und Maränen können wir daher im Gegensatz zu denen der Cypriniden nur die Bedeutung von Fangvorrichtungen zusprechen. Wenn wir die Ergebnisse dieser biologischen Betrachtung über- blieken, so ergeben sich ganz interessante Resultate. Zunächst können wir feststellen, daß die Siebfortsätze bei allen Süßwasserfischen mit räuberischer Lebensweise (Esor, Lota, Acanthopteri) gar nicht oder nur sehr primitiv ent- wickelt sind, während Mund- und Rachenhöhle von spitzen Zähnen zum Ergreifen der Beute starren. Alle sogenannten Friedfische besitzen dagegen ein feines Filter vor den Kiemenspalten, dessen Ausbildung eine verschiedene ist, je nachdem wir Bewohner der litoralen (Öypriniden) oder der limnetischen Region (Clupeiden, Core- sonen usw.) unsrer Binnengewässer untersuchen. Die Siebfortsätze der ersteren sind an beiden Kanten der Kiemenbogen gleich stark entwickelt und bei spezifisch verschiedener Gestalt so geordnet, dab zwischen ihnen ein unregelmäßiges Poren- und Lückensystem frei bleibt. Bei pelagischen Fischen hingegen stehen nur an der vorderen Kante längere Fortsätze, so dab die Kiemenspalten durch ein Gitter- werk gesperrt werden. Wenn wir von den Fischen ohne Siebfortsätze (Esor, Lucioperca) absehen, die ARNOLD nicht untersuchte, stimmen meine Befunde im großen und ganzen mit den Ergebnissen der biologischen Studien ARNOLDs überein; allerdings ist eine Scheidung der Scharfische in temporäre Planktonkonsumenten und Fische der Uferregion, die ARNOLD durchgeführt hat, für meine Betrachtungen hinfällig, da ich nur geschlechtsreife Individuen studierte. Durch meine Studien er- halten die modernen Erfahrungen von der Zusammensetzung der Fischnahrung eine wertvolle Ergänzung, da ich zeigen konnte, daß die Organisation der Mund- und Rachenhöhle die größere Mehrzahl der Süßwasserfische befähigt, ihre Nahrung auf der Schar und am Boden zu suchen. Erlangen, 20. Februar 1903. Studien über das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen. 957 Literaturverzeichnis, CUVIER et VALENCIENNES, Histoire naturelle des poissons. Paris 1828. Bd.1. p. 354. SIEBOLD u. STANNIUS, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. Bd. II. p. 4. 1848. BERGMANN u. LEUCKART, Anatomisch-physiologische Übersicht des Tier- reichs. Stuttgart 1832. HECKEL u. KneEr, Die Süßwasserfische der österreichischen Monarchie. 1858. SIEBOLD, Die Süßwasserfische von Mitteleuropa. 1863. HEINCKE, Untersuchungen über die Zähne niederer Wirbeltiere. Diese Zeit- schrift. Bd. XXIII. p. 495. 1873. —— Naturgeschichte des Herings. Abhandl. d. deutsch. Seefischereivereins. Bd. I, Heft 1. 1898. BoAs, Über den Conus arteriosus und die Arterienbogen der Amphibien. Morph. Jahrbuch. Bd. VII. p. 488. 1882. LEUNIS, Synopsis. Bd. I. p. 639. 1883. GÜNTHER, Handbuch der Ichthyologie. 1886. SCHULZE, Über die inneren Kiemen der Batrachierlarven. Abh. d. königl. Akad. Wiss. Berlin. 1883 u. 1892. HorPpeE, Untersuchungen über den Kauapparat des Cypriniden Leueiscus ru- tilus. Diss. Leipzig 189. BREHM, Tierleben. 3. Aufl. Bd. VIII. 1896. Rauch, Der Zander. Fischerei-Zeitung. Neudamm. p. 40. 1900. GEGENBAUR, Vergl. Anatomie der Wirbeltiere. II. Bd. p. 225ff. 1901. SCHIEMENZ, Die Zoologie im Dienste der Fischerei. Verh. V. intern. Zool. Kongr. Berlin 1901. p. 579. ARNOLD, Über die Fischnahrung in den Binnengewässern. Ibid. p. 553. Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus. Von Paul Hübschmanın, approb, Arzt. (Aus dem Institut für vergl. Anatomie, Embryologie und Histologie der Universität Würzburg.) Mit 5 Figuren im Text. Einleitung. Mit Recht steht man heutzutage auf dem Standpunkte zur Er- forschung des ungeheuer komplizierten Baues des menschlichen Zen- tralnervensystems auch die vergleichende Anatomie soviel wie möglich heranzuziehen, und darf man erwarten, auch auf diesem Wege zu wichtigen Resultaten zu gelangen. Um nun für umfassendere vergleichende Abhandlungen den er- forderlichen Stoff zu liefern, ist es nötig, zuerst im einzelnen die Verhältnisse bei den verschiedenen Tierklassen kennen zu lernen. Über den feineren Bau des Zentralnervensystems der niederen Säuger sind in den letzten Jahren eine Anzahl von Arbeiten erschienen, zum Teil von der Hand der bedeutendsten Forscher. Es gereicht mir da- her zur Ehre, auch einen Beitrag auf diesem so wichtigen Gebiete liefern zu können. Die Dasypodidae oder Gürteltiere gehören zu der Klasse der Edentata und sind in Südamerika und den südlichsten Teilen von Nordamerika heimisch. Beschreibungen des Zentralnervensystems von Tieren dieser Klasse sind bisher noch nicht gegeben worden; es existieren nur einige Bemerkungen KÖLLIKERS (1), ZIEHENS (2), GABELS! (3) und eine Beschreibung des N. acc. Willis von Dasypus villosus von LUBOSCH (4), ferner morphologische Arbeiten von LöNnN- BERG (d) und ErLior SMITH (6). 1 Die noch ungedruckte Arbeit GABELS (3) lag mir im Manuskript vor. Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus. 259 Das Material, an dem ich meine Untersuchungen machte, stammt von einem Exemplar von Dasypus vellosus, das sich lebend im Be- sitz des Herrn Geheimrat Exec. von KÖLLIKER befand. Das ver- längerte Mark und das Gehirn wurde von Herrn Geheimrat Exe. von KÖLLIRER auf dem gewöhnlichen Wege konserviert, in Serien ge- schnitten und nach WEIGERT gefärbt. Die einzelnen Schnitte haben eine Dicke von 25 u: auf den ersten 170 Objektträgern befinden sich je zwei Schnitte, auf den folgenden je einer. Die Abbildungen sind von der Künstlerhand des Herrn Universi- tätszeichners W. Frryrac hergestellt. Tech will nun versuchen, im Anschluß an die Abbildungen das Hauptsächlichste der Strukturverhältnisse des verlängerten Marks zu schildern, und zwar von der Pyramidenkreuzung an bis zum Beginn der Brücke. Die Abbildungen sind so ausgewählt, daß die hauptsächlichsten Eigentümlichkeiten berücksichtigt sind. Ich werde eine möglichst ge- naue Beschreibung derselben geben und dabei stets das, was auf den zwischenliegenden Schnitten Bemerkenswertes ist, in. Betracht ziehen. Fig. 1 (Präparat Nr. 30) gibt einen Schnitt durch die Mitte der Pyramidenkreuzung wieder. Die graue Substanz ist sehr stark ent- wickelt. Die Vorderhörner (V.A.) laufen in eine Spitze aus, in der eine Anzahl von großen Ganglienzellen gelegen ist, von denen man eine mediale, die Ursprungszellen der motorischen Wurzeln, und eine laterale Gruppe unterscheiden kann. Ferner läßt sich in dieser Gegend im medialen Teil der Basis der Vorderhörner eine lose zu- sammenhängende Gruppe von großen Zellen nachweisen, die von den gekreuzten Pyramidenfasern durchsetzt wird und sich bei Durch- sichtderhöher gelegenen Schnitte als Anfang des XIl. Kerns erweist (XII.Nu.). Außer den genannten Gruppen finden sich in einigen Schnitten noch in dem gerade angedeuteten Seitenhorn Ansammlungen von einigen etwas kleineren Zellen, und außerdem große und kleine Zellen überall in geringer Anzahl im ganzen Vorderhorn zerstreut. Jene Ansammlung im Seitenhorn wird weiter proximalwärts auf einigen Schnitten deutlicher. Man hat es mit dem Accessoriuskern zu tun, der hier ebenfalls, wie auf den LugoschH’schen Präparaten (4) nur sehr gering entwickeltist. Die Entstehung des Accessorius- kerns aus der vorderen von zwei lateralen Zellgruppen, wie sie _ LvsoscH angibt, kann ich auf meinen Präparaten nicht nachweisen. Das Hinterhorn hat eine sehr breite Basis und wird hauptsäch- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 18 x 260 Paul Hübschmann. lich von der Substantia gelatinosa Rolando (8.g.r.) eingenommen. Zwischen Hinter- und Vorderhorn, dieselben breit verbindend, breitet sich die Formatio retieularis grisea (F'r.) aus, in der man hier und 5 .‚e ir N.B. N.G. - FB. Fig. 1. No. 30. Schnitt durch die Pyramidenkreuzung. Nr. 30 der Serie. Vergr. 19/1. Py.Kr, Pyra- midenkreuzung; V.Strg, Vorderstrang; ©.W, vordere Wurzel; V.H, Vorderhorn; S.H, Seitenhorm; XZZ.N«, Nucleus Hypoglossi; F.r, Formatio retieularis; V.W, spinale Trigeminuswurzel; S.g.R, Substantia gelatinosa Rolando; Py.F, in den Hinterstrang ziehende gekreuzte Pyramidenfasern; F.B, BurpAcHscher Strang; N.DB, Nueleus Funieuli BurRDACH; F.etN.G, Funieulus et Nucleus GoLL; H.C, hin- tere graue Kommissur; C.XK, Zentralkanal. da einige zerstreute Zellen sieht und die in allen Richtungen von Fasern durchsetzt wird. Der Zentralkanal (C.X.) ist bis zu seiner Eröffnung schlitzförmig. Neben demselben befindet sich hier eine kleine runde Zone (auf der Abbildung der schwachen Vergrößerung wegen nicht dargestellt), die Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus. 261 einzelne kleine Nervenzellen enthält und vor allen Dingen eine große Anzahl feinster quer getroffener Nervenfasern. Dies Gebilde bleibt später, wenn sich der Hypoglossuskern voll entwickelt, dorsal von demselhen und geht dann allmählich in den Vaguskern über. Dorsal vom Zentralkanal befindet sich die auf allen Schnitten dieser Gegend sehr stark entwickelte hintere graue Kommissur (7. C.). Man kann in derselben stets drei Faserbündel voneinander irennen: ein mittleres sehr starkes, das man zuweilen durch die graue Substanz hindurch bis fast zum Seitenstrang verfolgen kann, ein ebenfalls ziemlich starkes dorsales, das im Bogen gegen die Hinterstränge zu läuft, und ein schwaches ventrales, das aus ziem- lich feinen Fasern besteht und mit ventralwärts gerichteter Konkavität sich dicht an den Zentralkanal anlegt. Die Kommissur verhält sich also genau so, wie man sie bei LENHOSSER (7) nach früheren Angaben von CAJAL, KÖLLIKER und VAN GEHUCHTEN für das Rückenmark einiger andrer Säuger beschrieben findet. — Die vordere graue Kommissur ist viel schmäler und läßt keine besonderen Fasern er- kennen. Die weiße Substanz tritt im Verhältnis gegen die graue zurück. Im Vorderstrang werden die in der Mittellinie zusammenstoßenden Teile vom distalen Ende der Pyramiden und von deren Decussatio (Py.Kr.) eingenommen. Letztere ist auf dem vorliegenden Schnitte in voller Entwicklung begriffen; man sieht, daß die Zahl der sich kreuzenden Fasern gemäß der geringen Ausdehnung der Pyramiden (s. u.) ebenfalls verhältnismäßig gering ist. Die Kreuzung findet in einzelnen kleinen Bündeln statt, die sich zu- nächst in der Mittellinie zopfförmig ineinander verflechten, sich dann spitzwinklig voneinander trennen, in der grauen Substanz, in ver- schiedenen Richtungen geschlängelt, dorsolateralwärts verlaufen, sich dabei ziemlich auf der Grenze zwischen Substantia grisea centralis und Formatio reticularis halten und schließlich in den Hinterstrang einmünden (Py.F.). Weiter oben differen- ziert sich das Verhalten etwa in der Weise, daß ein Teil der Fasern spitzwinklig eine Art Raphe bildet, ein Teil auch ungekreuzt zu ver- laufen scheint, ein Verhalten, wie es ähnlich von KoOTZENBERG (8) für den Igel und von ZIEHEN für die Monotremen beschrieben wird. Was den weiteren Verlauf der gekreuzten Fasern betrifft, so lassen sie sich, wie gesagt, besonders in den unteren Abschnitten, zum allergrößten Teil in den Hinterstrang, und zwar hauptsächlich in den Faseiculus euneatus ver- 18* 262 Paul Hübschmann, folgen. Eine Zusammenstellung der Tiere, bei denen der Verlauf ein gleicher ist, findet sich in Zreuens Abhandlung über das Zentral- nervensystem der Monotremen und Marsupialier (2). Hier ist jedoch noch zu bemerken, daß besonders in den oberen Partien auch Fasern in den dorsalen Abschnitt des Seitenstranges zu verfolgen sind. Der ganze Verlauf der Pyramidenfasern in der srauen Substanz ist im proximalen Abschnitt nicht unähnlich dem der Schleifenfasern !. An der Grenze zwischen Vorder- und Seitenstrang tritt ein aus dem Vorderhorn entspringendes und zu den Üervikalwurzeln ge- höriges Faserbündel (V. W.) durch die weiße Substanz und verläßt in etwas lateral geneigtem Verlauf das Mark. Vom Nervus accessorius ist auf der Abbildung nichts zu sehen. Über diesen Nerven sei folgendes gesagt: Nur auf wenigen Sehnitten, schon vor der Pyramidenkreuzung bis hinauf zum Beginn des Hypoglossus, sieht man ganz vereinzelt sehr schmale Bündel, etwas ventralwärts von der Substantia gelatinosa seitwärts austreten, welche sich zuweilen bis an das mittlere Kommissurenbündel ver- folgen lassen, so daß ein Übertritt in dieselben vorgetäuscht wird. Man muß dieselben für Accessoriusfasern ansprechen, wie es ja auch der Beschreibung und Abbildung von LusoschH (l. e.) entspricht. Die- selben lassen sich jedoch nicht bis zum Kern verfolgen. Nur auf sehr wenigen Schnitten sieht man aus letzterem etwas kompaktere Bündel- chen austreten und in der grauen Substanz dorsalwärts verlaufen; einige wenige Fasern sieht man dann auch lateralwärs umbiegen. Am Rande der Substantia gelatinosa gewahrt man die untersten Bündel der spinalen Trigeminuswurzel (V.W.), die nach oben zu stets kräftiger werden. Zellen sind dort anfangs nur sehr spärlich und vereinzelt nachzuweisen, später werden sie zahlreicher. Die beiden hinteren Stränge sind durch einen Einschnitt scharf voneinander getrennt. Der Fasciculus gracilis (s. GoOLL) ist sehr schlank nnd spitzt sich gegen den Zentralkanal noch zu; in demselben ist der Kern (Fe? N.@G.) schon deutlich sichtbar. Der Faseieulus euneatus ! LUBOSCH (l. ec.) sagt über die Pyramidenkreuzung von Dasypus villosus folgendes: Was die Beziehungen der Pyramidenkreuzung und Nervus access. be- trifft, so zeigt es sich, daß-beim Gürteltier die Hauptmasse der Pyramidenseiten- strangfasern sich in der Form. retie. zwischen Accessorius und Hinterhorn an- sammelt; ein geringerer Teil bleibt ventral vom Accessorius liegen, ein dritter Zug indes durchsetzt das Hinterhorn, um in den Hinterstrang zu treten. Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus. 265 (F.B.) ist bedeutend breiter; ein Teil desselben ist in die graue Sub- stanz disloziert (N.5.), vereinigt sich aber weiter proximalwärts mit dem Keilstrang; GABEL (3) gibt etwas Ähnliches für den Igel und das Gürteltier an. Auf einigen Schnitten sieht man gerade in diesem dislozierten Teil die hinteren Wurzeln eintreten, die übrigens be- deutend stärker sind als die vorderen. Der Beginn des Kerns im Keilstrang (N.PD.) wird durch eine Vorbuchtung der grauen Substanz angedeutet. Die Fig. 2 (Präparat Nr. 80) stellt einen Schnitt oberhalb der Pyramidenkreuzung dar. Die überwiegende Masse der grauen Substanz wird von der Formatio reticularis grisea eingenommen. Von sonstigen grauen Massen sind vorhanden: Kerne im Umkreis des Zentralkanals, die Hinterstrangkerne, der Kern des sensiblen Trigeminus und der Nucleus lateralis in seinen ersten Anfängen. Zu beiden Seiten des Zentralkanals, jedoch nicht über dessen hinteren Pol hinausragend, liegen die Hypoglossuskerne (XII. Nu.), die sich durch große dunkle Zellen auszeichnen. Die Kerne spitzen sich ventralwärts zu, so daß die in der Spitze gelegenen Zellen sich schon im Bereich der Fibrae arcuatae internae befinden. Die Form des Kerns bleibt, solange derselbe besteht, stets dieselbe, nur seine Lage wird später durch die Eröffnung des Zentralkanals etwas modi- fiziert. Direkt dorsal schließt sich an denselben der Vagus-Glosso- pharyngeuskern (X.Nw.) an, der im ganzen sehr hell ist und aus zahlreichen mittelgroßen Zellen besteht; man sieht in demselben noch spärlich die oben erwähnten feinen quergetroffenen Nervenfasern. Der Helligkeitsunterschied zwischen den beiden genannten Kernen wird später immer deutlicher; schon lange vor der Eröffnung des Zentralkanals bildet sich außerdem auf der Grenze zwischen beiden eine besonders dunkle Zone aus, die durch eine Unzahl feinster quer- getroffener, sehr dicht stehender Nervenfasern bedingt ist und die auch nach Eröffnung des Zentralkanals bestehen bleibt. Vom Vorderhorn ist nichts mehr zu sehen; der Rest des Hinter- horns ist zum Kern des sensiblen Trigeminus geworden, in dem jetzt zahlreiche Zellen nachzuweisen sind (X.N«.). Im Seitenstrang beginnt der Nucleus lateralis (N«.l.); in vor- liegendem Präparat noch klein, gelangt derselbe in den höheren Ebenen bald zu voller Entwicklung und stellt dort, wo die Oliven beginnen (Präp. Nr. 89), einen großen kompakten Kern dar, der aus 264 Paul Hübschmann, sroßen Zellen besteht und von Längsbündeln, Schleifenfasern und radiären Fasern durchsetzt wird. Der Kern erreicht sein Ende, wenn die Oliven schon gut entwickelt sind, nachdem er sich zuvor mit einer nur auf einer kurzen Strecke bestehenden grauen Masse ver- F.etN.B. Fig. 2. No. 80. Schnitt oberhalb der Pyramidenkreuzung. Nr. S0 der Serie. Vergrößerung 20/1. Py, Pyramidenbahn; V.Str, Vorderstrang; XIZ, Nervus hypoglossus; Na./, Nucleus lateralis; V.W, spinale Trigeminuswurzel; V.N«, Kern des sensiblen Trigeminus; F.et N.B, Faseieulus et Nucleus BuURDAcCH; F.s, Faseiculus solitarius; N.Nx, Nucleus vagi; F.etNu.@, Fascieulus et Nucleus GoLL; XII.Nu, Nucleus hypoglossi. einigt hat, die sich medial von ihm und dorsolateral von den Oliven aus der Formatio reticularis abzweigt. Zu den proximalen Teilen des Nucleus lateralis ziehen Fasern aus den vom Peduneulus cere- belli ad. med. obl. stammenden Fibrae arcuatae externae, und zwar Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus. 265 ist das Verhalten sehr deutlich ausgesprochen und gewiß ebenso be- stimmt, wie es ZIEHEN für Pseudochirus angibt (2). In den Hintersträngen sind die Kerne ‘gut entwickelt. Der Nucleus Funieuli gracilis nimmt den nunmehr runden Strang fast voll- kommen ein (F\ei.Nu.@.). Der Nucleus Funiculi euneati ist (F\ei.N.B.' in der Weise zu stande gekommen, daß sich die in Fig. 1 sichtbare Ausbuchtung der grauen Substanz immer weiter vorgeschoben hat. Neben demselben besteht jedoch noch ein breiter Streifen des Keil- strangs, der sich außerdem ziemlich tief zwischen Nucleus Fasecieuli cun. und Trigeminuskern hineinschiebt. Die Hinterstrangkerne bleiben in dieser Weise auch in den nächst höheren Schnitten bestehen, dann rücken sie auseinander und der Vaguskern gelangt an die Peripherie. Nach Eröffnung des Zentral- kanals (auf Präp. 116) werden sie dann noch weiter lateralwärts sedrängt und verschmelzen miteinander. Über die weiße Substanz und die verschiedenen Faserzüge dieser Gegend zeigt uns Fig. 2 folgendes: Im ventralsten Teil des Vorder- stranges liesen die ungekreuzten Pyramidenbahnen (P%.), die sich im Präparat durch ihre eigentümliche bräunliche Tingierung leicht ab- grenzen lassen; sie nehmen gerade nur die hervorragende Kuppe der Vorderstränge (V.Str.) ein, ohne selbst einen Vorsprung zu ver- ursachen. Der übrige Teil des letzteren wird von den Fibrae ar- cuatae internae durchsetzt. Diese sind schon aufgetreten, bevor die Pyramidenkreuzung ihr Ende erreicht; sie kommen aus den Hinter- strangkernen, durchsetzen in schönen regelmäßigen Bogenlinien die Formatio retieularis in ihrer ganzen Breite und vereinigen sich nach Überschreitung der Vorderstränge in der Medianlinie, eine Raphe bildend, zur Schleifenkreuzung. Der Nervus hypoglossus (XI/.) geht von seinem Kern (XII.Nu.) in ventraler und etwas lateraler Richtung zur Oberfläche. Aus dem Vaguskern (X.Nw.) treten in dieser Gegend nur wenig Fasern aus. Nur vereinzelt sieht man auf den Präparaten Bruchteile von Nervenbündeln in einer Linie, die von der Mitte des Vaguskerns ventral am Trigeminuskern vorbei aus dem Mark hinausführt. Wenn dann der Nucleus ambiguus dorsomedial vom Nucleus lateralis auf- tritt, was schon auf den nächst höheren Schnitten geschieht, so sieht man aus der Gegend desselben stets, wenn auch selten deutlich, einzelne Fasern sich nach den Vagusbündeln begeben. Ferner ist hier auch schon der Fascieulus solitarius (F's.) vorhanden, der durch ein kleines Längsfaserbündel auf der Grenze zwischen Nucleus 266 Paul Hübschmann, Faseieuli graeilis und Formatio retieularis dargestellt wird, das von einigen Querfasern hakenförmig umkreist wird. Nach oben zu nimmt dieses Bündel bedeutend an Stärke zu. Am Rande des Trigeminuskerns liegt die jetzt schon ziemlich starke spinale Trigeminuswurzel (V.A.), aus vielen größeren und ‚kleineren quergetroffenen Bündeln bestehend. Voir derselben aus strahlen zahlreiche Fasern in den Kern (V.X«r.) hinein. Auf dem nun folgenden Teile der Schnittserie verdient besondere Beachtung das Auftreten der unteren Olivenkerne. Sobald der Nucleus lateralis seine volle Größe erreicht hat, erscheinen dieselben als eine unregelmäßige graue Masse zwischen Hypoglossus und Raphe im Vorderstrang dorsal von den Pyramiden. Außerdem ist daselbst ein dorsaler Nebenkern vorhanden, der von dem Hypoglossus durchbrochen wird (O.Nk.). Andre Gebilde, die in dieser Gegend auftreten, sind zum Teil schon erwähnt, zum Teil werden sie bei der nächsten Figur be- sprochen werden. Über das Verhalten der Olivenkerne hingegen sei hier noch folgendes gesagt: Im Präparate Nr. 90 haben dieselben eine längliche in der Mitte eingeschnürte Form; der mediale Teil vergrößert sich dann, der laterale rückt dem dorsalen Nebenkern näher (110) und vereinigt sich mit demselben (120) zu einer S-förmigen Masse, deren Achse dorsoventral gestellt ist und in die besonders von der lateralen Seite viele Faserbündel eintreten. Nach der Vereinigung rückt der dorsale Abschnitt der Olivenkerne wieder vom Nervus hypoglossus ab, während der ventrale Abschnitt sich lateralwärts ausbreitet und von dem Nerven durchsetzt wird. Im Präparate Nr. 145 finden wir dann Verhältnisse, wie sie die Fig. 3 (Schnitt durch das ventrale Ende der Olivenkerne) wiedergibt. Der Zentralkanal ist weit eröffnet, so daß die hellen Vaguskerne und der Rest der Hinterstrangkerne weit voneinander gerückt sind. Der Hypoglossuskern (XZ1.Nu.) besteht in seiner alten Form, nur ist seine Lage oben auch durch die Eröffnung des Zentralkanals etwas modifiziert. Schön ist hier zu sehen, wie derselbe gegen den Vagus- kern, den Ventrikel und die Raphe durch eine tief dunkle Zone ab- gegrenzt ist, die aus hauptsächlich quergetroffenen feinsten Nerven- fasern besteht. ‘Zwischen den beiden Hypoglossuskernen liegt in der Raphe an der Oberfläche ein kleiner Kern (d.R.K.), der nur auf den Präparaten 140—160 vorhanden ist, der auf einzelnen Schnitten von Fasern Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus. 267 umkreist wird und in welchen Fasern aus der Raphe und aus dem den Hypoglossuskern dorsal begrenzenden dunklen Saum ein- treten. | An Stelle der Hinterstränge und deren Kernen sieht man ein Feld (7.Str.), das einmal aus grauen Massen besteht, die, wie. ein 4 ' ’ Fig. 3. No. 148. Schnitt durch das proximale Ende der unteren Olivenkerne. Schnitt Nr. 145. Vergr. 18/1. R.K, Raphekern; ZL, Lemniscus; O., Nucleus Olivae inferioris; Py, Pyramidenbahn; O.N%k, dorsaler Olivennebenkern; XIZ, Nervus hypoglossus; F.a.e, Fibrae arceuatae externae; V.W, spinale Trigeminuswurzel; V.Nu, Kern des sensiblen Trigeminus; P, Pedunculus Cerebelli; F7.Str, Reste des Hinterstranges und dessen Kernen; X, Nervus vagus; VIILW, aufsteigende Acustieuswurzel; F.s, Faseiculus solitarius; X.Nu, Nucleus Vagi; P..N.t, Pars intercalata Nuclei triangularis; XII.Nw, Nucleus Hypoglossi; d.R.K, dorsaler Raphekern; F.l.d, Fasciculus longitudinalis dorsalis. Vergleich mit den tieferen Ebenen lehrt, zum größten Teil dem Nu- cleus Fasciculi euneati angehören, ferner aus sehr zahlreichen aus- strahlenden Schleifenfasern und vielen längsverlaufenden Bündeln. Trigeminuskern (V.Nw.) und -wurzel (V.W.) sind in alter Weise vorhanden. In den Kern hinein treten von außen zahlreiche Bündel 268 Paul Hübschmann, aus der Wurzel, während nach der andern Seite zahlreiche Fasern austreten, die sich den Fibrae arcuatae internae beigesellen. Die Olivenkerne (O..) haben sich in der beschriebenen Weise zu einer mächtigen grauen Masse entwickelt, deren Querschnittsbild ein ganz andres ist wie beim Menschen. Eine Unterscheidung von dorsalem und ventralem Blatt ist unmöglich, ebenso wie ein eigentlicher Hilus nicht vorhanden ist. Sie stellen vielmehr ein durch den mannigfachen Eintritt von Nervenfaserbündeln kompliziertes länglich rundes Gebilde dar, das medial die Raphe berührt und dessen lateralster Teil, der Olivennebenkern (O.N%.), vom Hypoglossus durchbrochen wird. Der ganze übrige Teil des Schnittes wird außer einer Randzone weißer Substanz und dem zu beiden Seiten der Raphe ventral vom XII. Kern gelegenen Faseieulus longitudinalis dorsalis (Fl.d.) von der mächtig entwickelten Formatio reticularis eingenommen. Der Nucleus ambiguus liegt im lateralen Teil derselben in der Nähe des Trige- minuskerns und besteht aus acht großen Zellen. Ferner ist noch zu erwähnen ein Kern mit mittelgroßen Zellen, der sich etwa in der Mitte der Raphe befindet (R.X.). Von besonderen Faserzügen und deren Verhalten zu den be- schriebenen Kernen ist folgendes zu sagen: Die Pyramiden (Py.) sind jetzt vollkommen eingeschlossen, lateral vom Nucleus Hypoglossi (X77.), dorsal von den Olivenkernen und ventral von einem dünnen Faser- bündel, das sich bis in die Raphe verfolgen läßt, den Fibrae arcnatae externae ventrales. Zwischen den dorsalen Abschnitten der Oliven, zu beiden Seiten der Raphe verlaufen einige ziemlich dicht aneinanderliegende longi- tudinale Faserbündel, die die schwach entwickelte Schleifenbalın darstellen (Z.). Der Fascieulus longitudinalis dorsalis wurde schon erwähnt (F\l.d.). Der Hypoglossus zeigt keine Besonderheiten. Vom Nucleus vagi sieht man ein Bündel, das lateralwärts den Kern verläßt und auf den Trigeminuskern hinzieht; dorsal von diesem Nervenbündel liegt der Faseieulus solitarius (F\S.), der jetzt schon bedeutend stärker ist als auf der vorigen Figur. Die dorsal davon an der Peripherie liegenden Bündel sind die Anfänge der aufsteigen- den Acustieuswurzel VIII.W.), die schon von Präparat Nr. 117 an nachweisbar sind. Die spinale Trigeminuswurzel (Y.W.) nimmt immer mehr an Umfang zu und stellt ein breites Band weißer Substanz zwischen Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus. 269 ihrem Kern (V.Nuw.) und an der Peripherie verlaufenden Fibrae ar- cuatae externae dar, die schon oben bei Besprechung des Nucleus lateralis erwähnt wurden. Letztere stammen aus dem erst weiter oben deutlich sichtbaren Kleinhirnschenkel, der jetzt nur gerade an- gedeutet ist, durch einen Streifen weißer Substanz, der außerhalb eines losen Faserbündels liegt, das aus den Hinterstrangkernen (H.Str..) kommt. Die tangentialen Faserzüge verlaufen somit eine Strecke weit als Fibrae areuatae externae an der Peripherie, senden dann ventral vom Trigeminuskern mehrere Bündel in das Mark hinein, die als Fibrae cerebello-olivares neben den Fibrae arcuatae internae weiter verlaufen; andre sehr spärliche Fasern bleiben an der Peripherie. Die Fibrae arcuatae internae kommen hauptsächlich aus den vereinigten grauen Massen der Hinterstrangkerne und dem Trigeminus- kern. Die äußern Fasern derselben streben vereint mit den Fibrae cerebello-olivares den Olivenkernen zu und treten zum größten Teil in dieselben ein. Desgleichen kommen auch von der medialen Seite her kräftige Bündel, die ebenfalls zum Teil in die Oliven eintreten, nachdem sie den medialen Teil derselben durchsetzt haben. Andre Faserbündel gehen ohne Unterbrechung durch die Olivenkerne hindurch. Das Verhalten der Schleifenkreuzung ist in den ventralen und dorsalen Teilen ein verschiedenes. In den ventralen Partien kreuzen sich die Fasern im stumpfen Winkel und gehen direkt durch die Raphe hindurch. In den dorsalen Partien treten die Fibrae arcuatae internae in Bündeln an die Raphe heran, lösen sich dann auf und verlaufen zuerst ein Stück dorsal oder ventralwärts in der Raphe, ehe sie dieselbe auf der andern Seite verlassen. Außerdem finden sich im ganzen Verlaufe der Raphe sagittal verlaufende Fasern, die sich zum Teil in dem median gelegenen Kerne aufsplittern. Die Fig. 4 (Präparat Nr. 170) gibt einen Schnitt dicht oberhalb der Olivenkerne wieder. Weiße Substanz ist nur in sehr geringem Maße vorhanden, die srößte Masse des Schnittes wird von der Formatio reticularis grisea eingenommen; an alter Stelle liegt in derselben der gut entwickelte Nueleus ambiguus (Nu.amb.), aus 15—20 großen Zellen bestehend. Der Kern in der Raphe (R.K.) ist größer geworden; er beginnt breit am ventralen Ende und spitzt sich, über die Hälfte der Raphe einnehmend, dorsalwärts zu. Der Trigeminuskern (V.N«:.) ist kleiner geworden; medianwärts 270 Paul Hübschmann, hängt er jetzt mit dem Vaguskern zusammen, der sich vom Boden des vierten Ventrikels entfernt hat (X.N.r.). Auch der Hypoglossuskern (XII.Nu.) beginnt an Größe abzu- nehmen. Die Reste der Hinterstrangkerne, die, wie gesagt, zum größten Teil aus dem Nucleus Faseiculi euneati hervorgegangen sind, werden A VE. W. B.K. Na.tr. X.No. ‘se / F.l.d. XII. Nu. me N DEE han er wre Nu. amb. Fig. 4. No. 170. Schnitt dicht oberhalb der unteren Olivenkerne. Schnitt Nr. 170. Vergr. 12/1. R.K, Raphekern; L, Lemniscus; Py, Pyramidenbahn; XZZ, Nervus hypoglossus; Nu.amb, Nucleus ambiguus; F.a.e, Fibrae arcuatae externae; V.W.etNu, spi- nale Trigeminuswurzel und deren Kern; X, Nervus vagus; P, Peduneulus Cerebelli; M.X, Monakowscher Kern; B.K, BurpAcHscher Kern; VII.W, auf- steigende Acusticuswurzel; F.s, Fasciculus solitarius; X.Nu, Nucleus Vagi; Nu.tr, Nucleus triangularis; XII. Nu, Nucleus hypoglossi; F\l.d, Fascieulus longitudinalis ‚dorsalis. von einem nach dem Kleinhirnschenkel ziehenden Faserbündel in eine ventrale und eine dorsale Abteilung geschieden. Die ventrale, dicht am Trigeminuskern gelegene Abteilung entspricht vielleicht dem Monakowschen Kern (M.K.), ein Name, den zuletzt wieder ZIEHEN (2) zur Bezeichnung dieses accessorischen BurDAcHschen Kerns empfohlen hat. Eine deutliche Abgrenzung dieses Kerns ist übrigens auf meinen Präparaten nur auf wenigen Schnitten vorhanden. Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus. 271 Als neues Gebilde grauer Substanz ist aufgetreten der dorsale Aeustieuskern oder Nucleus triangularis (VIII.N.). Derselbe entwickelt sich lateral vom Hypoglossuskern am Boden der Rautengrube und drängt so den Vaguskern in das Mark hinein. Der Kern zeichnet sich durch eine erheblich dunkle Farbe aus; man sieht in demselben eine große Anzahl von kleinen, aber auch einige große Zellen. Das dunkle Aussehen erhält der Kern dadurch, daß von allen Seiten her feine Nervenfasern hineinstrahlen und dort teils längs, teils quer oder schräg getroffen, ein dichtes Flechtwerk bilden. Das erste Auftreten dieses Kerns ließ sich durch das Erscheinen von kleinen Zellen in der lateralen Randzone des Hypoglossuskerns bereits in Fig. 3 er- kennen. Diese Zellansammlung läßt sich als eigner Kern (Nucleus intercalatus Staderini) nicht auffassen, da dieselbe direkt in den dorsalen Acustieuskern übergeht; die Bezeichnung ZIEHENS [l. ce.) als Pars intercalata Nuclei triangularis (Fig. 3 P..N.t.), dürfte daher mehr am Platze sein. Schon hier sei bemerkt, daß auf den nächsten Schnitten (180) auch der Facialiskern auftritt; die ersten Zellen zeigen sich lateral- dorsalwärts vom Nucleus ambiguus (N«.amb.), werden aber bald so zahlreich, daß sie denselben ganz verdrängen. Sobald der Fäcialis- kern voll entwickelt ist, bildet er zwar eine einheitliche große graue Masse, jedoch kann man in derselben, wie es schon KÖLLIKER (1) für Dasypus erwähnt hat, drei Abteilungen, und zwar zwei ventrale und eine dorsale unterscheiden. Der Rest des Kerns ist dann noch in der nächsten Figur zu sehen. Ich nahm davon Abstand, den Kern in seiner vollen Entwicklung abzubilden und auch den Nerv in seinen einzelnen Abschnitten dar- zustellen, da die Verhältnisse ganz dieselben sind wie bei den meisten Säugern und dem Menschen. Von weißer Substanz und einzelnen Faserzügen sind zu erwähnen: 1) Die Pyramiden. 2) Dorsal von denselben die Schleifenbahn. 3) Der Faseiceulus longitudinalis dorsalis. 4) Der Seitenstrang, der einen breiten Streifen bildet. 5) Der Peduneulus Cerebelli ad Medullam oblongatam (P.). Der- selbe ist schon ziemlich groß, liegt an der Peripherie außer- halb der Hinterstrangkerne; von letzteren strahlt das schon erwähnte Bündel in den Peduneulus ein. Ebenso laufen von demselben noch Fibrae arcuatae externae ventralwärts und senden einzelne Bündel ins Mark hinein. 372 Paul Hübschmann., 6) Die Radix spinalis Trigemimi (V..), die wieder stärker ge- worden ist und sehr zahlreiche Bündel in den Kern (V.Xı.) hineinsendet. t) Der Nervus vagus (X... Derselbe kommt in einzelnen Bündeln aus seinem Kern, durchbricht in direkt lateral ge- wandtem Laufe den dorsalen Teil des Trigeminuskerns und seiner Wurzel und verläßt als kräftiges kompaktes Bündel das Mark. Gleich am Anfang gesellen sich Fasern aus dem Fascieulus solitarius (F\s.) zu, dessen Bündel mit Zellen unter- mischt lateral neben dem Vaguskern liegen. 5) Der Nervus hypoglossus (X/7/.), der auf den nächst höheren Schnitten bald verschwindet. 9) Die Fibrae arcuatae internae, die aus den verschiedenen Kernen stammen und sich in der Weise kreuzen, wie es oben beschrieben ist. 10) Die aufsteigende Acusticuswurzel; dieselbe hat hier schon eine ansehnliche Größe, liegt an der Peripherie zwischen Nucleus triangularis und Hinterstrangkernen und berührt ventral den Vaguskern. Sie besteht aus lose zusammenhängenden quer bis schräg getroffenen Bündeln, zwischen denen vereinzelte Zellen liegen. Auf den nun folgenden Präparaten wird das Bild von der Ent- wicklung des Facialis und des Acustieus beherrscht, während die andern Gebilde zum Teil verschwinden. So läßt sich der Nucleus hypoglossus und sein Kern nur noch bis ungefähr Präparat 210 nachweisen. Der Vaguskern erhält sich noch etwas länger; der Nerv ist in den oberen Partien besonders kräftig, da dort die Bündel vom Fasci- culus solitarius und der denselben begleitenden grauen Substanz be- sonders stark sind. Vom Solitärbündel sind die letzten Reste im Präparate Nr. 190 zu sehen; dasselbe gilt vom Nucleus ambiguus. Der Kern des sensiblen Trigeminus bleibt bestehen und ebenso seine spinale Wurzel (Fig. 5 [Präparat Nr. 278)). Die Formatio retieularis nimmt noch immer einen sehr großen Teil des Querschnitts ein. In der Raphe ist der schon mehrmals erwähnte Kern vorhanden (R.K.), er reicht jedoch nicht mehr bis an das ventrale Ende derselben, da dort die dieht gedrängten Trapezfasern hindurchziehen. Von Kernen, die schon in den vorigen Figuren vorhanden waren, sieht man hier Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus. 275 noch den sensiblen Trigeminuskern (Y.N«.) und den Nucleus dorsalis Nervi acustiei (Na.trr.). Letzterer hat jetzt deutlich die Form eines Dreiecks, dessen Basis am Boden des vierten Ventrikels liegt, dessen mediale Seite an die Facialisbündel und dessen laterale Seite an die G IN x V. W,etNu. Fig. 5. No. 278. Schnitt durch den voll entwickelten Nervus acusticus und die dazu gehörigen Gebilde. Schnitt Nr. 278. Vergr. 12/1. R.K, Raphekern; Z, Lemniscus; Py, Pyra- midenbahn; C.ir, Corpus trapezoides; VI, Nervus abducens; Na.tra, Nucleus trape- zoides; VII.Nw, Nucleus facialis; O.s, Nucleus Olivae superioris; VII, Nervus facialis; V. W.eN«, spinale Trigeminuswurzel und deren Kern; N.v, Nervus vesti- bularis; N.co, Nervus cochlearis; v.VIII.Nu, ventraler Acusticuskern; P, Pedun- eulus Cerebelli; 7.a«, Tubereulum acusticum; d.Tr, dorsales Trapezbündel; D.KXK, DEITERSScher Kerm; P..W, Portio intermedia Wrisbergii; VIII.W, aufsteigende Acustieuswurzel; Na.tri, Nucleus triangularis; VI.N«, Nucleus abducentis. aufsteigende Acusticuswurzel und die dieselbe umkreisenden Faserzüge stößt; die Struktur des Kerns ist dieselbe wie oben beschrieben. Die spinale Trigeminuswurzel mit ihrem Kern bildet ein scharf abgegrenztes Feld (V.W.et.Nw.), welches zwischen N. acustieus und Facialis gelegen ist; im übrigen zeigt sie dieselben Verhältnisse wie oben beschrieben. hör nd 274 Paul Hübschmann, Dagegen sind in dieser Gegend eine Anzahl neuer Gebilde auf- getreten, die zum Teil mit der Entwicklung des Acusticus zusammen- hängen und die im folgenden eingehend besprochen werden. Da ist zunächst der Deiterssche Kern (D.K.), der sich allmählich in der Weise entwickelt hat, daß die Zellen im Bereich der aufsteigenden Acustieuswurzel zahlreicher wurden und sich besonders an deren ven- tralen Rand anhäuften (Präparat Nr. 260). Weiter cerebralwärts nimmt die Zahl der Zellen immer mehr zu, bis sie in etwas höheren Ebenen, als unsere Figur entnommen ist, die mächtigste Entwicklung des Derrersschen Kerns darstellt (Präparat 305). Seine Zellen sind viel- gestaltig und unterscheiden sich durch ihre Größe wesentlich von allen andern des Präparats. Außerhalb des eigentlichen Marks liegt der ventrale Acusticus- kern (v. VIII. Nu) neben dem Kleinhirnschenkel, der denselben vom Derrersschen Kern und der aufsteigenden Wurzel trennt. Auf den meisten Schnitten läßt sich der ventrale Acusticuskern in eine kleine dorsale und eine größere ventrale Abteilung teilen, deren erstere weniger konstant als die andre, aus kleinen runden dicht beieinander- liegenden Zellen besteht. In derselben sieht man außer wenigen durchziehenden Faserzügen nur sehr spärliche Nervenfaseraussplitte- rungen zwischen den Zellen. Zuweilen wird dieser dorsale Teil vollständig von den Bündeln des lateralen Teils des Aecusticus ver- deckt. — Der ventral gelegene Teil des ventralen Acusticuskerns hat eine sehr dunkle Farbe. Die meisten Zellen sind klein, doch sind auch einige sehr große Zellen vorhanden. Die Dunkelheit des Kerns wird bedingt durch die massenhaft in demselben enthaltenen Auf- splitterungen von Nervenfasern. Dorsal- und medialwärts von diesem Kern, dem Verlauf der lateralen Partie des Acusticus folgend, gelangt man zu einer An- häufung von grauer Substanz, in der sich zum Teil die Fasern der genannten Acusticuspartie verlieren, und. von der medianwärts wieder Fasern entspringen. Diese graue Masse bildet einen deutlichen Vor- sprung über die Peripherie des Schnittes und wird daher mit Recht als Tuberculum acusticum bezeichnet. In derselben liegen zahlreiche Zellen, die man wie bei andern Säugern (KÖLLIKER, Handbuch [9]) in drei Abteilungen scheiden kann: zu äußerst an der Peripherie liegt eine scharf begrenzte Zone ganz kleiner Zellen, zu innerst den Fasern des Acustieus angelagert eine Zone mittelgroßer Zellen, während zwischen beiden, ebenfalls scharf begrenzt, sich eine Gruppe großer und heller Ganglienzellen abhebt. In der Figur konnten diese Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus. 275 Verhältnisse gemäß der geringen Vergrößerung natürlich nicht zur Darstellung gelangen. | Ventral und medial vom Trigeminuskern, von demselben haupt- sächlich durch den austretenden Faeialis getrennt, liegt der Nucleus Olivae superioris. Derselbe tritt ventral vom Faecialiskern zum erstenmal im Präparate Nr. 241 auf, d. h. in etwas höheren Ebenen als der ventrale Acusticuskern. Die Oliva superior stellt einen dunklen Kern von querovaler Gestalt dar; sie wird, und zwar besonders an der ventralen Seite von feinen Nervenfasern umkreist, die aber auch überall in sie eintreten, ohne daß irgendwo ein hilusartiges Gebilde vorhanden ist. In dem Kern sieht man viele kleine Längsbündel und besonders eine sehr große Anzahl horizontaler Fasern; letztere verlaufen der Mehrzahl nach in kleinen sich auch unter- einander verbindenden Bündeln in sagittaler Richtung, wodurch das ganze Organ in kleine Fächer zerlegt wird, in denen dann die kleinen länglichen Nervenzellen, zuweilen mehrere in einer Linie, liegen. Medianwärts vom Nucleus olivaris superior liegt im Bereich der Trapezfasern der Nucleus trapezoides, der aus zahlreichen kleinen runden ziemlich dunklen Zellen besteht. Auch zwischen den Oliven und dem Trapezkern befinden sich zerstreut eine Anzahl von Nervenzellen. Ebenso sieht man dorsal von dem Olivenkern noch Reste des Facialiskerns. Der Abducenskern (VII.N«.) beginnt in dieser Gegend auf- zutreten; er hat durchaus seine typische Lage im inneren Facialis- kern, durch den er von dem dorsalen Acustieuskern getrennt wird. Auf dem vorliegenden Präparat sieht man allerdings bloß zwei bis drei Zellen und eine ganz geringe Andeutung des Nerven. Der Kern und der Nerv, wie sie auf der Abbildung gezeichnet sind, sind aus Präp. Nr. 291 kombiniert. Die Formatio reticularıs hat eine sehr helle Farbe, weil in der- selben sehr viel graue Substanz mit zahlreichen Zellen enthalten ist. Weiße Substanz ist ziemlich reichlich vorhanden; von schon be- kannten Gebilden sieht man die Pyramiden, die Schleifenbahn und den Seitenstrang, die alle drei von gleich zu erwähnenden mächtigen Faserbündeln zerklüftet werden, ferner den jetzt sehr schwachen Fasc. long. dors., die spinale Trigeminuswurzel, den Pedunculus Cerebelli und die aufsteigende Acustieuswurzel (VIII.W.). Letztere ist sehr stark entwickelt, und zeigt, wie oben schon bemerkt, zwischen den einzelnen Bündeln eine Anzahl großer Nervenzellen. Der Pedunculus Cerebelli (P.) ist zwischen der aufsteigenden Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 19 276 Paul Hübschmann. Acusticuswurzel und dem Derrtersschen Kern einerseits und dem ventralen Acusticuskern anderseits gelegen und hat jetzt einen voll- kommen vertikalen Verlauf. Neu aufgetreten sind eine Anzahl mächtiger Faserbündel: Der starke N. facialis (VII.) tritt zwischen oberem Oliven- und Trigeminus- kern aus dem Mark, läßt sich jedoch rückwärts nur bis an die Formatio reticularis verfolgen. Hingegen sieht man noch ventral vom dorsalen Acustieuskern ein breites loses Bündel von schräg getroffenen Fasern. Die zerstreut aus dem Facialiskern entsprungenen Fasern be- sinnen sich zu vereinigen und in die vertikale Richtung umzubiegen. Der vertikale Schenkel wird dann erst weiter cerebralwärts deutlich. Die aus dem dorsalen Acustieuskern, dem Derırzersschen Kern und dem Trigeminuskern stammenden Fibrae arcuatae internae zeigen stets dasselbe Verhalten. Aus der Gegend zwischen Trigeminuskern und Nucleus trian- sularis treten einige Faserbündel aus, die auf der Abbildung dem Verlauf des Nervus vestibularis zu folgen scheinen, dieselben lassen sich jedoch bei Durchsicht der nächst tiefer gelegenen Schnitte als die proximalsten Fasern der Portio intermedia Wrisbergii nach- weisen (P.i. W.). Nur auf 20 Schnitten sichtbar (264—283) entspringt dieselbe aus der Gegend, in der weiter distalwärts der Glossopharyn- geus-Vagus-Kern beginnt, als loses Büschel, durchsetzt dann, spinal- wärts geneigt, den dorsalsten Teil des Trigeminuskerns als kleines kom- paktes Bündel und tritt selbständig etwas ventral vom Acustieus aus. In das Mark hinein treten von außen her der N. vestibuli (N.r.) und der N. cochleae (N.co.), beide dicht aneinander gedrängt, der erstere ventral vom letzteren. Der N. vestibuli ist hier kleiner, er zieht direkt zum DEITERSschen Kern und zur aufsteigenden Wurzel zwischen Trigeminuskern und Kleinhirnschenkel hindurch. Der größere N. cochleae bleibt an der Außenseite des Pedun- culus, wie es schon KÖLLIKER (1) in Bezug auf diese Schnittserie er- wähnte. Das genauere Verhalten des Nerven ist folgendes: Zum größeren Teil tritt derselbe in den ventralen Acusticuskern, ein anderer Teil seiner Fasern jedoch läuft am lateralen Rand als Kleinhirnsehenkel entlang; diesen schließen sich andere Fasern an, die aus dem ven- tralen Kern stammen, so daß also am lateralen Rand des Kleinhirn- schenkels ein sehr stattliches Bündel liest. Ein Teil dieser Fasern verliert sich im Tubereulum acustieum (7.a.), aus dem wiederum nach der andern Seite auch Fasern entspringen. Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus. 277 Weiter medial sieht man dann, wie von all jenen Fasern der größere Teil, als Striae acusticae zu bezeichnen, in zerstreuten Bündeln den dorsalen Aeustieuskern durchzieht, die sich dann den dorsalen Fibrae arcuatae internae beigesellen; ein Teil dieser Fasern jedoch zieht ventralwärts und läßt sich bis zur oberen Olive verfolgen. An der dorsalen Ecke des Strickkörpers hat sich ein kleines Bündel von dem ganzen abgetrennt, welches wohl als Herpvsches Bündel oder dorsales Trapezbündel (KÖLLIKER 6) angesprochen werden darf. Die Fasern desselben umkreisen den Striekkörper, kreuzen dann die Fasern des N. vestibuli, gehen durch den dorsalen Teil der Wurzel und des Kerns des Trigeminus hindurch, biegen dann median- wärts um und verschwinden in der Gegend der Reste des Facialis- kerns. Ein Eintreten in die obern Oliven (Os.) ist nicht nachzuweisen; auch Dräsecke (10) konnte bei Phoca barbata die Fasern dieses Bündels nur bis in die Gegend des Facialiskerns verfolgen. — Be- merkt sei jedoch, daß in meinen Präparaten das Bündel erst auftritt, wenn der Facialiskern schon anfängt an Größe abzunehmen und die ersten Zellen der oberen Olive schon zu sehen sind und daß es so lange besteht, bis die Oliven ihren größten Umfang erreicht haben, in welchem Stadium allerdings auch noch einige Zellen des Faecialis- kerns vorhanden sind. Die starken queren Faserzüge im ventralen Teil des Schnittes sind das Corpus trapezoides (C.fr.).. Dasselbe entspringt mit breiten Büscheln aus dem ventralen Acusticuskern und kreuzt sofort die beiden Hörnerven; dann liegt es bis zum Faceialisaustritt als kom- paktes Bündel an der Peripherie. Jenseits des Facialis löst es sich in einzelne Bündel auf und rückt im ganzen etwas von der Peripherie ab. Eines dieser Bündel zieht sofort auf die oberen Olivenkerne (O.s.) . zu, die anderen daran vorüber. Auch sagittale Fasern treten vom Trapezkörper zur oberen Olive, ferner zu den grauen Massen zwischen Olive und Trapezkern (Nu.tra.) ab. Die Fasern des Corpus trapezoides bilden mit den sagittalen Fasern ein Flechtwerk und treten dann in den Trapezkern ein oder ziehen ventral oder dorsal an demselben vorüber. — Auf der medialen Seite des Nucleus trapezoides vereinigen sich dann die aus dem Kern austretenden und ununterbrochenen Fasern zu sehr kräftigen Bündeln. Diese durchsetzen die Pyramiden- und Schleifen- bahn, dieselben stark zerklüftend und kreuzen sich mit denen der andern Seite in der Raphe, indem sie kurz davor etwas ventral- oder dorsalwärts umbiegen. Hinsichtlich der beschriebenen Gebilde treten weiter cerebralwärts 1855 278 Paul Hübschmann. noch folgende Veränderungen auf: Während der ventrale und dor- sale Acustieuskern und mit ihnen der Trapezkörper und die andern hierher gehörigen Gebilde schwinden, entwickelt sich der DEITERSs- sche Kern zu sehr bedeutender Größe; demgemäß wird auch der N. vestibularis noch kräftiger und strahlt büschelförmig in den Kern hinein. Noch etwas weiter cerebralwärts gehen dann in großen Zügen Fasern vom Derrersschen Kern in das Kleinhirn, und zwar medial vom Kleinhirnschenkel; dieser letztere geht allmählich eben- falls ins Kleinhirn über, während lateral von demselben der Proc. Cerebelli ad pontem entsteht. Vom Facialis sieht man bald den vertikalen Schenkel dicht am Boden der Rautengrube, ferner die Umbiegung in den Austrittsschenkel ; letzterer ist noch vorhanden, wenn der Proc. Cerebelli ad Pontem schon gut entwickelt ist und der motorische Trigeminuskern beginnt. Der Abducens ist im ganzen schwach, sein Kern ist am deut- lichsten während des Bestehens des vertikalen Facialisschenkels, an dessen ventraler Seite er gelegen ist; der Nery tritt medial neben dem Nucleus trapezoides aus. Die Pyramidenbahn wird mit Beginn der Brücke von reichlicher srauer Masse in einzelne ziemlich kleine runde Bündel zerlegt. Zusammenfassung. 1) Solange eine hintere graue Kommissur besteht, lassen sich in derselben drei quere Kommissurenbündel von einander trennen. 2) Die Pyramidenkreuzung ist schwach entwickelt; die Kreu- zung findet in einzelnen Bündeln zum Teil rapheartig statt, von denen die meisten in den Hinterstrang, einige in den Seitenstrang gehen. Die Pyramidenbahn ist sehr schmal und verursacht nicht die geringste Vorwölbung. 3) Der Hypoglossuskern ist gut entwickelt, er ist caudalwärts schon lange vor Eröffnung des Zentralkanals vorhanden und erstreckt sich bis hoch in die Medulla oblongata hinein. In seinem ganzen Verlauf entspringen gleichmäßig aus demselben die Fasern des Nerven. Letzterer durchsetzt während des Bestehens der untern Olivenkerne deren laterale Partien. Zwischen den Hypoglossuskernen ist eine kurze Strecke im dorsalsten Teil der Raphe ein kleiner Kern vorhanden. 4) Aecessoriuskern und -Nerv sind sehr schwach; der Nerv zieht von dem an typischer Stelle liegenden Kern dorsalwärts in die Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus. 279 sraue Substanz, biegt dann lateralwärts um und verläßt das Mark etwas ventral von der Substantia gelatinosa Rolando. 5) Der Nueleus lateralis ist gut entwickelt; aus demselben treten deutlich Fasern zu den Fibrae arcuatae externae dorsales. 6) Die Hinterstrangkerne zeigen keine Besonderheiten; in den oberen Partien läßt sich ein Monakowscher Kern nachweisen. Ein Teil des BurpacHschen Kerns ist in die graue Substanz hineindisloziert. 7) Die unteren Olivenkerne treten etwas weiter cerebralwärts als der Hypoglossus auf und erreichen ihr Ende früher als der Nerv. Ihre Lage ist zwischen Hypoglossus und Raphe. Man kann einen Hauptkern und einen dorsalen Nebenkern unterscheiden, die sich miteinander vereinigen. Eine Spaltung in zwei Blätter ist nicht vor- handen, desgleichen auch kein Hilus. Fasern treten von allen Seiten reichlich in den Kern ein. 8) Nervus vagus und glossopharyngeus. Der Kern tritt etwas weiter cerebralwärts als der des Hypoglossus auf und zeichnet sich durch seine große Helligkeit aus; bald danach beginnt auch der Fasciceulus solitarius und der Nucleus ambiguus. Die austretenden Nervenfasern, die den sensiblen Trigeminuskern durchsetzen, sind besonders in den oberen Partien sehr kräftig, wo sie von den Bündeln aus dem Fascieulus solitarius und den denselben begleitenden grauen Massen verstärkt werden. 9) Der Nervus acusticus mit den dazu gehörigen Gebilden ist sehr gut entwickelt. Im einzelnen sei folgendes bemerkt: Der N. vesti- bularis liegst ventromedial vom Striekkörper, der N. cochlearis dorsolateral von demselben. Die drei großen Acusticuskerne zeigen im allgemeinen keine Besonderheiten; das zum ventralen Kern ge- hörige Tubereulum acusticum springt deutlich hervor und läßt drei Zellschiehten erkennen. — Der Beginn des Nucleus triangularis zwi- schen X7I- und Xkern kann als Pars interealata Nuclei triangularis bezeichnet werden. — Fermer ist deutlich zu erkennen das dorsale Trapezbündel KÖLLIKERS (Henpsches Bündel), das sich jedoch nur bis in die Gegend der Reste des Facialiskerns verfoigen läßt. — Die oberen Olivenkerne stellen ein querovales Gebilde ohne Hilus dar, das durch seine sagittalen Nervenfasern in Fächer zerlegt wird, in denen die Zellen liegen. 10) Etwas cerebralwärts von den letzten Glossopharyngeus-Vagus- Fasern tritt aus der Gegend der Reste des Kerns dieser Nerven die Portio intermedia Wrisbergii selbständig etwas ventral vom Ner- vus acusticus aus. | 280 Paul Hübschmann, Unters. über d. Medulla oblongata v. Dasypus villosus. 11) Der Nervus facialis und abducens verhalten sich im all- gemeinen genau ebenso wie beim Menschen und den meisten Säugern. Der Facialiskern zeigt drei Zellgruppen, eine dorsale und zwei ventrale. 12) In der ganzen Länge der Medulla oblongata liegt der sen- sible Trigeminuskern und die ihn begleitende spinale Wurzel an typischer Stelle. 13) Ungefähr vom Auftreten der untern Olivenkerne an bis in die Brücke hinein liegen in den ventralen und mittleren Partien der Raphe graue Massen. 14) Ein Nucleus arcuatus ist nicht vorhanden. - Am Schluß meiner Arbeit ist es mir eine angenehme Pflicht, Sr. Exzellenz Herrn Geheimrat v. KÖLLIKER für die Überlassung des Materials und der einschlägigen Literatur seiner Bibliothek ergebenst zu danken. Desgleichen sei auch hier mein bester Dank gesagt Herrn Prosektor Dr. KOTZENBERG für seine freundliche Unterstützung während der ganzen Dauer meiner Arbeit, Herrn HormAnN für seine Hilfe bei Beschaffung der Literatur, und Herrn Universitätszeichner W. FrEYTAG für die Mühe, die er mit den Zeichnungen gehabt hat. Würzburg, im März 1903. Literatur, 1. v. KÖLLIKER, Die Medulla obl. und Vierhügelgegend von Ornitorhynchus und Echidna. Leipzig 1901. 2. ZIEHEN, Das Centralnervensysten der Monotremen u. Marsupialier. Jena 1901. 3. GABEL, Untersuchungen über das verlängerte Mark des Igels und einiger anderer Säugetiere. Inaug.-Dissert. Wien 1902. 4. LugoscH, Vergleichende anatomische Untersuchungen über den Ursprung und die Phylogenese des N. access. Willisii. Arch. f. mikr. Anat. u. Entw. Bd. LIV:.1899. 5. LÖNNBERG. Notes of the anatomy of a specimen of Dasypus minutus without nuchal plates. Ofversigt af kgl. Vetensk.-Akad. Förhandl. 1898. No. 5. Stockholm. 6. ELLIOT SMITH, The brain in the Edentata.: The Transact. of the Linn. Soc. of London. Vol. VII. Part 7. 7. v. LENHOSSER, Der feinere Bau des Nervensystems im Lichte neuester For- schungen. Berlin 1891. 8. KOTZENBERG, Untersuch. über das Rückenmark des Igels. Wiesbaden 1899. 9. KÖLLIKER, Handbuch der Gewebelehre des Menschen. VI. Aufl. Bd. IH. 10. DRAESECKE, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Medulla oblongata der Wirbeltiere, spez. mit Rücksicht auf die Med. obl. der Pinnipe- dier. Dissert. Jena. ‚Über die geschlechtliche heterogame Fortpflanzung einer im Darmkanale von Henlea leptodera Vejd. schmarotzenden Gregarine — Schaudinnella henleae mihi. Von Dr. Jözef Nusbaum, Professor an der Universität Lemberg. Mit Tafel XXII. I. Der Bau, das Wachstum und der Syzygiumprozeß der Gregarine. KÖLLIKER (7), VEIDOVSKY (22) und Rapkewirsch (16) haben bei einigen Enchytraeiden (X. galba Hofim., E. hegemon Vejd. und Enchy- traeus albidus Henle) eine in der Leibeshöhle und in den Geschlechts- organen schmarotzende Gregarine beschrieben, die sie als Monocystis enchyiraei bezeichnet haben. Nach diesen Gelehrten bewohnt diese Gregarine ausschließlich die Leibeshöhle und- die Geschlechtsorgane ihres Wirtes. Ich habe bei dem Enchytraeiden Henlea leptodera Vejd. eine neue Gregarinen- . form gefunden, die ich zu Ehren des so hochverdienten Forschers im Gebiete der Protozoenkunde, des Dr. Fr. SCHAUDINN — Schaudin- nella henleue nenne. Ein ganz andrer Wohnort, einige Eigentümlich- keiten im Baue, und zwar der Besitz eines Epimeriten, welcher dem Genus Monocystis gänzlich abgeht, und endlich eine ganz eigen- tümliche, und zwar eine geschlechtliche heterogame Vermehrung und Bildung von sehr zahlreichen Sporozoiten in den »Sporocysten« beweisen, daß diese Form nicht zu den bekannten Gregarinenformen gehört, weshalb ich eine neue Gattung Schaudinnella bilde, und die Art als Schaudinnella henleae bezeichne. | Ich habe ganz zufällig diese interessante Form entdeckt. In der Arbeit von Max ABEL (1) über die Regeneration bei den limicolen Oligochäten, in welcher meine Beobachtungen (13) über die Regene- rationsvorgänge bei den Enchytraeiden (Fridericia, Enehytraeus) so 282 Jözef Nusbaum. vollkommen bestätigt worden sind, wurde nämlich eine Vermutung ausgesprochen, daß bei den Enchytraeiden, wie bei Nais und Tubrfez, die Neubildung des Vorderendes wahrscheinlich nur dann gelingt, wenn sehr wenige Segmente entfernt werden. Indem ich, um dies zu prüfen, eine Reihe von Experimenten, und zwar an Henlea lepto- dera, vorgenommen habe, habe ich an Längsschnitten durch die ope- rierten Individuen ganze Massen von Gregarinen im Darme gefunden, die mir so sehr interessant erschienen, daß ich ein spezielles Studium über den Entwicklungszyklus derselben vorgenommen habe. Die Schaudinnella henleue hat eine längliche Körpergestalt und ist an beiden Enden zugespitzt. Der Körper verläuft gerade oder ist bogenförmig gekrümmt. Die Länge der ganz ausgewachsenen Individuen beträgt ungefähr 70 u, die Breite (in der Mitte des Körpers) ungefähr 9 u. Die einzelnen Exemplare unterscheiden sich aber sehr beträchtlich in der Länge und Breite des Körpers, wobei auch die verhältnismäßig kleineren Exemplare die Fähigkeit haben, miteinander zu konjugieren und Gameten zu produzieren, so daß dieselben, obgleich nicht stark ausgewachsen, als fortpflanzungsfähig betrachtet werden müssen. Der Leib der Gregarine besteht aus einem sehr fein granulier- ten Protoplasma und enthält in der Mitte einen großen, rundlichen Kern, in welchem ein verhältnismäßig ansehnliches kugeliges Körper- chen liegt, das ich nach dem Beispiele von Wınsox (24) und SıED- LECKI (19) als Karyosom bezeichne; mehr peripherisch liegen im Kerne zahlreiche, kleinere und größere, sich stark färbende Chroma- tinkörnehen. Von außen ist der Leib von einem sehr feinen Häut- chen umgeben, welches ausgiebige Körperformveränderungen nicht verhindert. Bei vielen Individuen, und zwar sowohl bei den jüngeren wie auch bei ganz ausgewachsenen, zeigt das Cytoplasma einen sehr deutlichen wabigen Bau, wobei die sehr feinen Körnehen zwischen den Alveolen liegen. Diese Individuen färben sich viel heller als andere, die körnchenreicher sind, und deren Plasma keinen deutlichen wabigen Bau aufweist. Diese helleren Individuen, welche bei der Häma- toxylin-Eosinfärbung einen etwas rötlichen Ton annehmen, produzie- ren, wie es unten näher besprochen werden wird, Makrogameten, wäh- rend die dunkleren, sich mehr bläulich färbenden, die Mikrogameten erzeugen. Der Körper ist an beiden Enden zugespitzt; dieselben aber unter- scheiden sich voneinander, und zwar bei denjenigen Individuen, die Fortpfl. einer im Darmkanale v. Henlea leptodera Vejd. schmarotz. Gregarine. 283 an die Darmwand des Wurmes angeheftet sind, während bei den sanz frei im Darmlumen liegenden Exemplaren beide Enden fast gleich aussehen; das vordere ist nur etwas stumpfer als das hintere. Bei den angehefteten Individuen ist das Vorderende des Körpers in einen kleinen, walzenförmigen, ganz hellen Epimeriten ausgezogen, der am freien Ende mit einer kleinen, kugelförmigen Verdickung ver- sehen ist (Fig. 1a, b). Der Epimerit besteht aus einem hellen, und sogar bei sehr starken Vergrößerungen ganz strukturlos aussehenden Plasma, das aber stärker lichtbrechend ist, als das des übrigen Kör- pers und viel zäher zu sein scheint. Bei einigen Individuen ist der Epimerit etwas länger, bei an-. dern kürzer, was jedoch nicht mit der Größe des betreffenden Indi- viduums in Beziehung steht. So fand ich z. B. Gregarinen von 30 u Länge, deren Epimerite eirca 6 .« lang waren, und ältere Individuen von ungefähr SO u Länge mit einem Epimeriten von nur 5 u Länge. Diese Differenzen stehen wahrscheinlich mit dem Kontraktionsgrade des ganzen Körpers oder des Epimeriten selbst im Zusammenhange. Bei den an die Darmwand angehefteten Individuen ist die knopf- förmige Verdiekung des freien Epimeritenendes etwas größer, als dies bei den frei im Darmlumen liegenden statt hat; bei den meisten frei liegenden Exemplaren ist übrigens der Epimerit gar nicht vor- handen. Das freie Ende des Epimeriten dringt nicht tief in die betreffende Darmepithelzelle hinein; es reicht niemals bis zum Kerne derselben. Es ist aber sehr interessant, daß sehr oft die betreffende Zelle, wahr- scheinlich infolge eines Reizes, welchen der angeheftete Parasit auf dieselbe ausübt, einen konischen, hügelförmigen Fortsatz bildet, in welchem das knopfförmige Epimeritenende steckt. Der Fortsatz ist frei von Cilien, welche sonst die freie, dem Darmlumen zuge- kehrte Fläche der Epithelzellen dicht besetzen. Über die Differenzen, welche zwischen den Individuen verschie- denen Alters existieren und zwischen denjenigen, welche Makro- sameten und Mikrogameten produzieren sollen, wird noch unten die Rede sein. Hier muß ich nur bemerken, daß unsre Gregarinen, wie viele andre, überhaupt in hohem Grade ihre Körperform verändern, und zwar sich stark zusammenziehen, rundlich-ovale, rundliche und sogar unregelmäßige, amöbenförmige, mit lappenförmigen Fortsätzen versehene Gestalten annehmen (Fig. le, c) können. Der Kern ist gewöhnlich rundlich; bei den kontrahierten Indi- viduen wird er aber oval oder rundlich-viereckig; er besitzt eine 284° Jözef Nusbaum, verhältnismäßig dicke Membran, enthält, wie gesagt, ein Karyosom, welches auf den ersten Blick für ein großes Kernkörperchen (Nucleo- lus) angenommen werden könnte, und eine chromatische Gerüstsub- stanz, welche in Form von größeren und kleineren, sich stark tin- gierenden Körnchen hervortritt. Das Karyosom ist kugelig, glänzend, homogen und färbt sich nicht so intensiv wie die Chromatinsubstanz. Der Durchmesser des Kernes beträgt bei ausgewachsenen Individuen 5—7,5 u, der des Karyosoms 1,25—1,75 u. Bei den frei im Darmlumen liegenden (oder in seltenen Fällen sogar bei den noch lose mit der Darmwand zusammenhängenden) Individuen habe ich sehr oft eine »Konjugation«, oder richtiger einen Syzygiumprozeß beobachtet. Ich habe zuerst ein Zusammenkleben sowohl zwischen ganz groben, wie auch zwischen noch verhältnismäßig kleinen, z. B. 22—25 ıı messenden Exemplaren gesehen (Fig. 1b, f). Dieses Zusammenkleben kann auf verschiedene Weise vor sich gehen; die beiden Individuen legen sich entweder parallel mit der ganzen Länge ihres Leibes nebeneinander und verkleben sich mit ihren Häutchen, wobei die Grenze zwischen ihnen immer sehr deutlich sichtbar bleibt, oder sie legen sich nur mit einem größeren oder kleineren Abschnitte ihres Körpers zusammen, während die übrigen Körperabschnitte beider Individuen ganz frei bleiben (Fig. 15). Sie können sich auch fadenförmig, linear zusammenkleben, so daß sie in einer geraden oder bogenförmigen Linie liegen. Sehr oft habe ich auch ein Zusammenkleben von drei oder sogar von vier und noch mehr Individuen beobachtet, wie es z. B. in Fig. 1g zu sehen ist, wo die drei zusammengeklebten Exemplare auf einem Querschnitte darge- stellt sind. Die Syzygiten ziehen sich mehr oder weniger zusammen, und es ist sehr interessant, daß die Häutchen derselben scharf her- vortreten und eine sehr deutliche Grenze zwischen einzelnen Indi- viduen bilden, wobei diese letzteren infolge einer starken Zusammen- ziehung oft polygonale Gestalten annehmen (Fig. 1g), was besonders an Querschnitten deutlich zu sehen ist. In den meisten Fällen ent- wickelt sich eine gemeinschaftliche Kapsel oder Cyste um zwei oder mehrere Syzygiten, wobei jedoch ein jeder auch sein eignes Häutchen besitzt. Ich habe während des Syzygiumprozesses keine Spur etwaiger Veränderungen im Innern der Syzygiten beobachtet; niemals habe ich etwaige Bewegungen der Kerne oder etwaige Plasmastrahlungen gesehen, wie es z. B. Sıepreekr (20) bei Monocystis ascidiae beob- achtete, und immer war die Grenze zwischen den beiden oder Fortpfl. einer im Darmkanale v. Henlea leptodera Vejd. schmarotz. Gregarine. 285 mehreren Syzygiten äußerst deutlich. Ich muß noch besonders her- vorheben, daß der Syzygiumprozeß sowohl bei den Individuen, welche später Makrogameten und bei denjenigen, welche später Mikrogameten produzieren, sich abspielt, wie auch bei den Exemplaren, welche nur die Gameten einer Art liefern sollen. Es geht daraus hervor, daß die Syzygiten sowohl verschiedenen wie auch desselben Geschleebtessein können, und daß der Syzygiumprozeß in unserm Falle mit keiner echten Konjugation, wie dies WOLTERS (25) seiner- zeit fälschlich für die Gregarinen überhaupt angenommen hat, ver- glichen werden kann. In vielen Fällen (Fig. 23) wird die gemeinschaft- liche Cyste, die eine Anzahl von Syzygiten umgibt, gallertartig und unterliegt auf diese Weise einer allmählichen Rückbildung, wobei die Syzygiten nach der Beendigung des Prozesses ganz frei werden, was für eine wichtige Eigentümlichkeit unsrer Gregarine anzusehen ist. In nicht seltenen Fällen zieht sich eine Gregarine ungewöhnlich stark zusammen, wobei sich die verdickte Cuticula vom Cytoplasma abhebt, welches ein neues, viel feineres Häutchen ausscheidet. Es entsteht somit eine eingekapselte Gregarine (Fig. 22 db), in der aber später eine Fragmentation des Kernes, eine Rückbildung der Chro- matinsubstanz, eine schwache Färbungsfähigkeit und ein Zerfall des Cytoplasmas in große Körnchen zu sehen ist. Ich halte deshalb solche eingekapselte und stark kontrahierte Individuen für anormale, pathologische Bildungen. Auch bei den Individuen, welche zu drei oder zu vier verklebt sind, kann man manchmal eine ähnliche Rückbildung (Fig. 22 a) beobachten. Auch diese mit einer gemeinschaftlichen Cyste versehenen Syzygiten stellen anormale, pathologische Bildungen dar; sie ziehen sich sehr stark zusammen, werden polygonal, färben sich sehr schwach und verlieren größtenteils ihre Kerne, die inzwischen ganz chromatinlos werden. In solchen eingekapselten Syzygiten habe ich niemals eine Bildung von Sporoblasten oder richtiger gesagt, von Gameten beobachtet, was auch für eine pathologische Natur derselben spricht. Um die Bildung der Makro- und Mikrogameten darzustellen, müssen wir zuerst die Lebensgeschichte der Gregarinen von der Zeit an kennen lernen, wo dieselben als Sporozoiten mit der Darmwand in Zusammenhang treten. Der Sporozoit (Fig. 2 a) hat eine rundliche oder etwas rundlich- ovale Gestalt, sein Durchmesser beträgt 2,5—3 u; er besteht aus hel- lem Plasma und enthält in der Mitte einen sich stark färbenden, kugelförmigen Kern. Der Sporozoit, der anfangs frei im Darmlumen 286 Tözet Nusbaum. liegt, nimmt eine längliche Gestalt an, wobei sein Kern in einige, sich stark färbende Chromatinkörnchen (Fig. 25) zerfällt, welche nahe der beiden Pole des länglich ovalen Sporozoiten liegen bleiben: der Rest des Kernes, der nicht aus einer chromatoiden Substanz besteht und oft einige kleine Vacuolen (b’') enthält, bleibt in der Mitte, um zuletzt ganz zugrunde zu gehen. Wenn der Sporozoit eine Länge von ungefähr 10 u erreicht, heftet er sich der Darmwand an; und zwar mit seinem Vorderende, welches inzwischen als heller, mit einer kleinen, rundlichen Verdiekung aus- gestatteter Fortsatz oder Epimerit sich differenziert, dringt er in eine Epithelzelle hinein. In diesem Stadium ist der Sporozoit gerade oder bogenförmig gekrümmt, wobei er schon zwei ganz verschiedene Enden besitzt, ein vorderes, stumpfes, in den Epimeriten übergehendes und ein hinteres, zugespitztes, freies. Somit stellt schon jetzt der Sporozoit eine kleine junge Gregarine dar. Die Gregarinen stecken entweder in einer senkrechten Richtung zu der Darmwand oder mehr oder weniger schief, manchmal fast parallel zu der langen Achse derselben, in welchem Falle ihr vorderes Ende bogenförmig gekrümmt ist (Fig. 2 links). Von nun an kann man schon im Plasma der jungen Gregarine eine deutliche wabenförmige Struktur beobachten. Die Chromatin- körnchen, welche an beiden Polen des Körpers liegen, zerfallen in eine ganze Masse von sehr feinen Körnchen, Elemente, welche all- mählich im Plasma des ganzen Körpers der Gregarine zerstreut wer- den; nur im Epimerit ist kein einziges Chromatinkörnchen zu sehen. Die Mehrzahl dieser Körnchen zerfällt in immer feinere Elemente, welche endlich schon kaum zu unterscheiden sind und zwischen den Alveolen des wabigen Plasmas liegen. An Stelle des zugrunde ge- sangenen Kernes entsteht nun ein größeres Chromatinkorn, welches sehr wahrscheinlich ein von den Zerfallprodukten des Chromatins übrig gebliebenes und vergrößertes Körnchen darstellt. Es entsteht auf die Weise ein neuer, kleiner Kern, der fast ausschließlich aus Chromatin besteht und von einem hellen Plasmahof umgeben ist (Fig. 2 c). Der neue Kern beginnt sich nun zu teilen, wobei sehr schöne Kernspindelchen auftreten. Ich habe oftmals einen äquatorialen, queren, chromatischen Streifen, in welchem aber einzelne Chromosomen nicht zu unterscheiden waren, und eine sehr deutlich entwickelte achromatische Spindel gesehen, an deren beiden Polen oft kleine Ver- dickungen, vermutlich Centrosomen, hervortraten (Figg. 3, 1e). Der + Fortpfl. einer im Darmkanale v. Henlea leptodera Vejd. schmarotz. Gregarine. 287 sich teilende Kern ist gewöhnlich von einem sehr hellen Plasmahofe umgeben. Oft sieht man noch die Reste des alten Kernes, die aber keine Spur von Chromatinsubstanz mehr enthalten. Manchmal treten einige größere Vacuolen im Plasma hervor. Von nun an kann man schon verschiedene Verhältnisse bei einzelnen Individuen unterscheiden und zwar in Abhängigkeit davon, ob dieselben Makrogameten oder Mikrogameten bilden sollen. li. Die Bildung der Makrogameten. Individuen, welche entweder noch in einer gemeinsamen, gallert- artig veränderten Cyste zusammenliegen oder sich nach dem Syzy- siumprozesse voneinander entfernen, frei im Darmkanale des Wirtes liegen und mit hellem Plasma versehen sind, ziehen sich allmählich zusammen und runden sich mehr oder weniger ab. Das Plasma dieser Individuen zeigt einen sehr deutlichen alveolären Bau und färbt sich mit Hämatoxylin-Eosin etwas rötlich. Der kleine chro- matinreiche Kern teilt sich auf mitotischem Wege in zwei (Fig. 1 e), und die beiden Produkte teilen sich sehr bald wieder. Wenn die Zahl der Kerne 8 bis 10 oder etwas mehr beträgt, zerfällt das Plasma in einzelne, rundliche Felder, welche voneinander durch hellere Plasmastreifen abgegrenzt sind (Figg. 4, 5a). Es entsteht also eine Anzahl kugeliger Zellen, die sich bald voneinander trennen und sich frei in der Darmhöhle des Wirtes zerstreuen; ihr Durchmesser be- trägt 6— 7,5 u, seltner nur 5 «u. Die frei gewordenen Zellen nenne ich Makrogameten oder einfach Eier, da sie weibliche Gameten darstellen. Jede dieser Zellen ist gewöhnlich ganz kugelförmig und ist mit einem sehr feinen äußeren Häutchen versehen, das nur eine etwas verdichtete, peripherische Plasmaschicht zu sein scheint. Hier und da liegen anfangs diese Elemente in der Darmhöhle zu kleinen Häufehen gruppiert oder sie bilden manchmal kleine Reihen von Zellen, die sich erst später gänzlich voneinander trennen. Das Cyto- plasma der Makrogameten hat einen sehr deutlichen alveolären Bau, es ist hell und färbt sich mit Hämatoxylin-Eosin etwas rötlich; sehr feine kaum sichtbare Körnchen liegen zwischen den einzelnen Alveolen | und sind gegen die Peripherie der Zelle etwas mehr verdichtet. Im Zentrum der Zelle liegt ein rundlicher Kern, in dessen Mitte ein sich stark färbendes, kugeliges Chromatinkorn zu sehen ist, welches aber keineswegs als Nucleolus bezeichnet werden soll und zwar in Anbetracht der Rolle, welche ihm im Befruchtungsprozesse zukommt. In Fig. 23 sehen wir eine gemeinschaftliche, schon gallertartig 288 Jözef Nusbaum. veränderte Cyste, in welcher viele Makro- und Mikrogameten liegen, die sich hier, also noch vor der Rückbildung der Cyste vollkommen entwickelt haben. Außerdem sehen wir noch zwei wenig veränderte Individuen und Teile eines pathologisch rückgebildeten Individuums, und zwar als eine Anhäufung von größeren und kleineren Körnchen und Fettkügelchen, was öfters vorzukommen scheint (Fig. 23 unten). Ill. Die Bildung der Mikrogameten. Ganz anders verhalten sich die Individuen, welche die Mikro- gameten erzeugen sollen. Der kleine, aus fast reiner Chromatin- substanz bestehende Kern unterliegt vielfachen Teilungen; er liefert also auf mitotischem Wege eine große Anzahl von kleinen und sich sehr stark färbenden Körnern oder Kerne, die zerstreut im Plasma liegen, wobei sie hauptsächlich in der peripherischen Schicht des Cytoplasmas ihre Lage haben. Daß diese kleinen, aus verdichteter Chromatinsubstanz bestehenden Kerne auf mitotischem Wege sich vervielfältigen, beweist uns der Umstand, daß hier kleine, zarte Spindelchen hervortreten, die hier und da als kleine, konische Höckerchen nach außen hervorragen. Die Art und Weise der Teilung dieser Kerne erinnert lebhaft an diejenigen Verhältnisse, welche SIEDLECKI (18) bei der Bildung der Sporoblasten bei Monocystis ascidiae beschrieben hat; hier sind aber diese Elemente viel kleiner, was das Studium der Einzelheiten dieses Prozesses in hohem Grade erschwert. Um diese chromatischen Körner herum, die sich mit Hämatoxy- lin und Safranin sehr stark färben, differenzieren sich kleine, helle Plasmahöfe, die zuerst rundlich sind. Allmählich werden die Körner etwas länglicher, kugelig-oval und die Plasmahöfe nehmen spindel- förmige Gestalten an. Die Differenzierung dieser Elemente habe ich sowohl bei ganz frei und einzeln liegenden Gregarinen, wie auch in einigen Fällen schon bei den Syzygiten beobachtet (Fig. 1f). Es ist auch sehr interessant, daß diese Prozesse sowohl bei größeren, aus- sewachsenen Individuen, wie auch bei verkältnismäßig noch kleinen zu sehen waren. Ich habe auch Gründe zu vermuten, daß größere Individuen, in dem Maße, als in denselben die Bildung der genannten Elemente fortschreitet, in einige Stücke zerfallen können und also kleinere, vielkernige Individuen bilden, in welchen die Differenzierung der Elemente weiter vor sich geht. Ich vermute dies deshalb, weil ich in einigen Fällen beobachtete, daß sich der Rest des alten Kernes samt dem Karyosom auf direktem Wege in zwei oder drei Teile Fortpfl. einer im Darmkanale v. Henlea leptodera Vejd. schmarotz. Gregarine. 289 fragmentiert und das ganze Individuum eine starke Verengung des Leibes an einer oder an zwei Stellen aufweist, welche wahrscheinlich zum gänzlichen Zerfalle des Gregarinenkörpers in zwei oder seltener in drei Stücke führt. In Fig. 6 habe ich zwei solche Individuen abgebildet. Der Kern hat hier eine hantelförmige Gestalt ange- nommen und auch der helle Plasmahof, welcher denselben umgibt, unterlag einer starken Verengung. Das CUytoplasma ist in zwei Ab- schnitte geteilt. Bei einem dieser Individuen scheint ein Fragment des alten Kernes in den einen, das andre in den andern Abschnitt des Cytoplasma überzugehen. In dem Maße wie sich um jedes chro- matische Korn ein spindelförmiger, heller Plasmahof bildet, trennen sich die kleinen spindelförmigen Elemente voneinander ab, wobei der Rest des Uytoplasmas samt den Resten des alten Kernes einer all- mählichen, gänzlichen Rückbildung unterliegt. Sie bilden zuerst eine schleimise Masse, in welcher eine gewisse Zeit die spindelförmigen Elemente in großen Scharen liegen bleiben, bis sie endlich ganz frei werden. In Fig. 55 sehen wir eine ganze Masse dieser spindelförmigen, winzigen Elemente oder Mikrogameten (Spermatozoiden) in einer schleimisen, kleine, sich nicht färbende Körnchen enthaltenden Grund- substanz eingebettet; oben liegt in derselben ein Rest des alten Kernes samt dem Karyosom, die keine Chromatinsubstanz enthalten. In Figg. 7 und 5 sehen wir jüngere Entwicklungsstadien dieser Elemente. In Fig. 7 sieht man im Körper der Gregarine, deren Cytoplasma noch eine typische, alveoläre Struktur aufweist, ver- schiedene Entwicklungsstadien der Mikrogameten; einige sind noch kuselis, andre länglich oval, noch andre endlich haben schon die charakteristische, spindelförmige Form angenommen. Auch in Fig. 8 sieht man einen Teil des Gregarinenkörpers, in welchem verschiedene Bildungsstadien der betreffenden Elemente zu beobachten sind. Die frei gewordenen Mikrogameten liegen in großen Haufen im Darmlumen. Die Makrogameten üben auf dieselben wahrscheinlich vom ersten Moment an eine anziehende Kraft aus, was daraus zu schließen wäre, daß die Mikrogameten immer in der Nähe der Ma- krogameten liegen und dieselben von allen Seiten umgeben. Die Bildung beiderlei Elemente erfolgt gewöhnlich im Darmkanale des Wurmes fast gleichzeitig. | Die Gestalt der reifen Mikrogameten ist, wie gesagt, eine spindel- förmige, man findet aber unter denselben kleine Differenzen. Es existieren z. B. Formen, die gerade langgestreckt und an beiden Enden 290 Jözef Nusbaum, zugespitzt sind, dann bogenförmig gekrümmte Formen mit zugespitzten Enden; noch andre sind in der Mitte stark verdickt und wenig ausge- zogen, mehr der Kugelgestalt sich annähernd. Ich halte diese verschie- denen Formen für Mikrogameten verschiedenen Alters, da zwischen ihnen Übergangsformen existieren. Die ganz reifen sind bogenförmig gekrümmt. Das Plasma der genannten Elemente ist äußerst hell und durch- sichtig, der in der Mitte liegende Kern besteht fast aus reiner Chro- matinsubstanz, färbt sich sehr stark und ist länglich-oval. Die Mikrogameten sind sehr kleine Elemente. Ihre Länge be- trägt 4 bis 5 u; die Breite beträgt gewöhnlich in der Mitte, wo sich der Kern befindet, 1 bis 1,25 « oder etwas mehr. IV. Die Kopulation der Gameten und die Reifungserscheinungen. Ich konnte ganz genau die Kopulation der Makrogameten und Mikrogameten beobachten. In Figg. 10 und 11 (bei etwas stärkerer Vergrößerung) sind die betreffenden Prozesse abgebildet. In Fig. 10 sehen wir rechts oben eine Reihe von Makrogameten, von denen die drei unteren sehr interessante Bilder darstellen. Neben dem untersten Makrogameten dieser Reihe finden wir an einem Pole einen Mikrogameten, mit seinem zugespitzten Ende an das zarte Häutchen desselben angeheftet — ein Beginn des Eindringens. An dem neben ihm liegenden Makrogameten sieht man sehon den Mikro- gameten im Innern des Cytoplasmas. Der Mikrogamet dringt immer in etwas schiefer Richtung in den Makrogameten hinein, nimmt aber bald im Plasma dieses letzteren eine andre Lage ein, indem er sich mit dem konvexen Rande parallel der Oberfläche des Makrogameten (vgl. Fig. 10 links und Fig. 11 links) lagert. | In einigen Fällen habe ich beobachtet, daß der Makrogamet gegen den eindringenden Mikrogameten einen kleinen Fortsatz ent- sendet (Empfängnishügel). In der Mehrzahl der Fälle war aber der- selbe nicht zu sehen und ich zweifle überhaupt, ob ihm hier eine wichtigere Rolle bei der Kopulation zukommt, da ich manchmal einen ähnlichen Fortsatz an ganz andrer Stelle an dem Makro- gameten sich bilden sah. Gleichzeitig mit dem Eindringen des männlichen Elementes be- ginnt in dem Makrogameten ein sehr wichtiger Prozeß, und zwar tritt ein chromatisches Korn aus dem Kerne heraus, indem es sich allmählich der Peripherie dieses letzteren nähert, wobei im Fortpfl. einer im Darmkanale v. Henlea leptodera Vejd. schmarotz. Gregarine. 29] Innern des Kernes eine helle Flüssigkeit hervortritt. Gewöhnlich tritt das Chromatinkorn aus dem Kerne an demjenigen Pole heraus, welcher dem eindringenden Mikrogameten zugekehrt ist. Der Rest des alten Kernes, in welchem keine Spur von Chromatinsubstanz ent- halten ist, liegt im Cytoplasma noch eine lange Zeit hindurch. Gleichzeitig mit diesen Veränderungen im Kerne des Makro- sameten, verschwindet das Cytoplasma des eingedrungenen Mikro- sameten, indem es sich im Cytoplasma des ersteren auflöst. Der Kern des Mikrogameten oder der männliche Vorkern liegt also frei im Cytoplasma des weiblichen Elementes. Die beiden Vorkerne, die _ aus reiner Chromatinsubstanz bestehen, nähern sich jetzt rasch gegen- einander und vereinigen sich, wobei noch ein interessanter Vorgang zu erwähnen ist. Und zwar vergrößert sich der männliche Vorkern etwas und bildet einen kleinen Fortsatz, welcher mit dem weib- lichen Vorkerne sich vereinigt, wodurch die beiden Vorkerne eine Sewisse Zeit vermittelst einer kleinen queren Brücke vereinigt sind und das Ganze wie der Buchstabe H aussieht (Fig. 10 unten rechts, Fig. 11 unten). Endlich verschmelzen die beiden Vorkerne vollkom- men miteinander. In manche Makrogameten dringen zwei oder drei Mikrogameten hinein; z. B. in Fig. 10 oben sieht man drei Mikrogameten in der weiblichen Zelle und in derselben Figur unten eine weibliche Zelle, in der schon zwei Kerne (Vorkerne) vorhanden sind; außerdem aber sieht man im Plasma in der Nähe der Peripherie einen schmalen, kleinen Mikrogameten. Ich habe jedoch konstatiert, daß in allen solchen Fällen immer nur der Kern eines einzigen Mikrogameten mit dem Kerne des Makrogameten verschmilzt, die übrigen eingedrungenen Mikrogameten verschwinden allmählich. Es ist noch die wichtige Frage zu beantworten, ob in unserem Falle die Reduktionsteilungen in den Kernen beider Geschlechtszellen hervortreten, oder ob sich überhaupt hier etwa Prozesse abspielen, welche mit den Reduktionsteilungen verglichen werden können? Meiner Meinung nach sind hier zweierlei Prozesse als solche zu betrachten, welche den Reifungserscheinungen in den Geschlechts- zellen der höheren Tiere teilweise entsprechen. Zuerst haben wir gesehen, daß ein großer Teil der Chromatinsubstanz des primitiven Kernes der jungen Gregarine in Körnchen zerfällt, welche allmählich zugrunde gehen, und daß ein viel kleinerer, aus chromatischer Substanz bestehender, definitiver Kern übrig bleibt und daß daneben auch das Karyosom samt dem Kernsafte zugrunde geht. Wir sehen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 20 292 Jözef Nusbaum. hier also eine in großem Maße vor sich gehende Reduktion der Kernsubstanz und insbesondere der Chromatinsubstanz des Kernes. Der übrig gebliebene kleine Kern produziert nur allein sowohl bei den männlichen, wie auch bei den weiblichen Individuen die Kerne aller Gameten. SIEDLECKI (20) und Cuxnor (3) haben bei den im Syzygium verbundenen Gregarinen eine Neubildung von kleinen Kernen und ein Zugrundegehen der Reste der alten nach- gewiesen. ÜuEnoT bezeichnet dies als »epuration nucleaire« und SIEDLECKI vergleicht esmit einer Reduktionserscheinung des Chromatins. Bei den männlichen Individuen unterliegt also einer Reduktion der Kern der Mutterzelle der Mikrogameten; in den einzelnen jungen Mikrogameten kommt keine weitere Reduktion zum Vorschein, da die Elemente überhaupt schon äußerst klein und winzig sind. In den weiblichen Elementen dagegen besteht die Reduktion nicht nur in einem analogen Prozesse bei einem mütterlichen Orga- nismus, sondern es tritt hier auch in einem jeden einzelnen Makro- gameten, wie wir oben gesehen haben, ein chromatisches Korn aus dem Kerne heraus, wobei. der Rest des Kernes, welcher vielleicht noch Spuren von chemisch umgewandelter Chromatinsubstanz enthält, da sich derselbe intensiver als das Cytoplasma färbt, allmählich voll- kommen verschwindet. Es tritt hier also vielleicht eine zweifache Reduktion der Kernsubstanz auf. Ich muß noch bemerken, daß ich in einigen sehr seltenen Fällen eine Kernspindel im Makrogameten, gegen den Pol der Zelle ge- richtet, beobachtet habe (Fig. 11’ oben). Man könnte dies für eine Bildung eines Richtungskörpers erklären; ich habe jedoch niemals Bildungen am Pole der Makrogameten angetroffen, welche für aus- sestoßene Richtungskörper angenommen werden könnten. Ich halte dies deshalb eher für die erste Spindel des befruchteten Makro- gameten, und zwar für eine etwas früher als gewöhnlich stattfindende Kernteilung desselben, denn gewöhnlich bleibt der Kern eine längere Zeit unverändert, wobei sich der befruchtete Makrogamet beträcht- lich vergrößert und sich mit speziellen Häutchen umgibt; erst dann beginnen in demselben Kernteilungen, die zur Bildung der Sporo- zoiten führen. V: Die Bildung der Sporozoiten. Die befruchteten Makrogameten oder Amphionten ver- srößern sich ansehnlich, indem sie ihre kugelförmige Gestalt behalten. Sehr bald scheidet die peripherische Plasmaschicht eine homogene Fortpfl. einer im Darmkanale v. Henlea leptodera Vejd. schmarotz. Gregarine. 2953 Membran aus, die sich vom Plasma abhebt. Dieses letztere besitzt, wie im unbefruchteten Gameten, eine alveoläre Struktur und enthält in der Mitte oder etwas exzentrisch einen homogenen, jede Spur von Chromatinsubstanz entbehrenden und mit einem glänzenden kugeligen Innenkörper versehenen Kern, der den alten Kern des Makrogameten darstellt, wobei das glänzende Innenkörperchen sehr wahrscheinlich ein neugebildetes Karyosom repräsentiert. Dieser chromatinfreie Kern samt dem Innenkörperchen geht, wie gesagt, vollkommen zugrunde. Der eigentliche, viel kleinere, fast aus reiner Chromatinsubstanz bestehende und sich stark färbende Kern, welcher aus der Vereinigung der beiden Geschlechtskerne hervorgegangen ist, liegt neben dem ersteren und beginnt sich bald auf mitotischem Wege zu teilen. Der wuchernde Amphiont erreicht einen Durchmesser von 12— 15 « und scheidet dann noch ein zweites, inneres, viel zarteres Häut- chen aus, welches unter dem äußeren liegt. Ich kann mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß diese Amphionten, von doppelten Häutehen umgeben, von welchen das äußere, diekere und resisten- tere als eine äußere Kapsel bezeichnet werden kann, mit dem Kote des Wirtes nach außen entleert werden und zur Infektion andrer Individuen dienen. Ich habe nämlich oft in dem ausgeworfenen Kote der Würmer diese eingekapselten Elemente gesehen. Ich bemerkte oben, daß der ehromatinreiche Kern des Amphion- ten sich auf mitotischem Wege teilt. Nun habe ich verschiedene Stadien dieser Teilung beobachtet: schöne Spindelehen, Stadien, welche einer Metakinese entsprechen, und zwar Anhäufungen von Chromatin an den entgegengesetzten Polen eines hellen, verlängerten Plasmahofes; in noch andern Stadien stellte sich die Chromatin- substanz in Gestalt geschlossener Ringe dar (Fig. 12). Ich habe sehr zahlreiche Kerne in solchen eingekapselten Amphionten gesehen, woraus ich schließe, daß der Inhalt derselben in viel mehr als in acht Sporozoiten zerfällt. Die Gestalt der Sporozoiten habe ich schon oben beschrieben. Dieselben sind kugelig, bestehen aus hellem Plasma und enthalten einen rundlichen, chromatinreichen Kern (vgl. Fig. 2). Dieselben bilden junge Gregarinen, die sich bald an die Darmwand "anheften. Da sich jedoch der Amphiont beträchtlich vergrößert, um die sehr zahlreichen Sporozeiten zu produzieren, so muß er sich in be- sonders günstigen Ernährungsverhältnissen befinden, und dies ist wahrscheinlich die Ursache der höchst interessanten Erscheinung, daß 20* 294 Jözef Nusbaum, der Amphiont, bevor er zur Reifung gelangt und die zahlreichen Sporozoiten zu produzieren beginnt, in die Darmwand eindringt. Wir haben oben gesagt, daß zahlreiche Amphionten, die im Darm- lumen liegen und mit einer doppelten Membran versehen sind, sehr wahrscheinlich mit dem Kote des Wirtes nach außen gelangen. Viele Amphionten wachsen aber langsamer, sind längere Zeit nur mit einem einzigen, zarten Häutchen versehen, und diese dringen nun in die Darmwand des Wirtes unter die Schicht der Darmepithelzellen hin- ein, wo sie in nächster Nachbarschaft des die Darmepithelwand um- sebenden und mit einem Endothel ausgekleideten Blutsinus liegen bleiben und allmählich in eine sehr große Anzahl von Sporozoiten zerfallen, die eine sog. Autoinfektion veranlassen. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß auch diejenigen Amphionten, welche im eingekapselten Zustande von außen her in den Darm des Wurmes gelangen, von der äußeren Kapsel befreit, ebenfalls in die Darm- wand eindringen, wo sie bedeutend heranwachsen und zahlreiche Sporozoiten produzieren. Das Studium der obigen Verhältnisse, insbesondere des Ein- dringens der Parasiten in die Darmwand, hat mir sehr viel Mühe gekostet, und wiewohl ich das meiste.aufklären konnte, so blieben mir doch noch einige unwesentliche Punkte unklar. Zuerst muß man die Frage beantworten, ob die Amphionten in die Zellen oder zwischen die Zellen der Darmepithelwand gelangen’? Ich habe sehr große Mengen von kugeligen, den frei im Darme liegenden Amphionten ganz ähnliche Zellen in dem Darmepithel ge- funden; anfangs dachte ich mir, daß es wahrscheinlich Sporozoiten sind, die in die Epithelzellen des Darmes zum Zwecke der Auto- infektion eingedrungen und zu amphiontenähnlichen Sehizonten her- angewachsen sind, ähnlich wie es bei manchen Coecidien stattfindet. Ich habe aber niemals Sporozoiten in die Darmepithelzellen migrieren sesehen. Immer waren die Darmwandparasiten der Größe und dem Habitus nach vollkommen den freien Amphionten ähn- lich. Es zeigte sich auch, daß diejenigen Amphionten, welche mit der Darmwand sehr innig zusammenhängen, alle ohne Ausnahme mit einem äußeren Häutchen versehen sind, und daß die kugeligen Parasiten der Darmwand ebenfalls in keinem einzigen Falle eines sanz ähnlichen Häutchens entbehren. | Wäre nun weiter die Annahme richtig, daß die Amphionten in die Zellen der Darmwand eindringen, so müßte ich irgend welche Stadien dieses Eindringens und Veränderungen in diesen Zellen Fortpfl. einer im Darmkanale v. Henlea leptodera Vejd. schmarotz. Gregarine. 295 finden. Das habe ich aber niemals beobachtet. Das Eindringen der _ Amphionten in die Epithelzellen der Darmwand scheint auch deshalb unwahrscheinlich zu sein, weil der Durchmesser der mit der Darm- wand schon zusammenhängenden Amphionten viel größer als die Breite der Darmepithelzellen ist, und weil die, der Darmhöhle zuge- kehrte Fläche dieser Zellen mit langen Cilien sehr dicht bedeckt ist. Direkte Beobachtungen überzeugten mich nun, daß diese Annahme Sanz unbegründet war, und daß es sich wirklich um junge Amphion- ten handelt, welche aber zwischen die Epithelzellen der Darmwand eindringen. Eine Schwierigkeit sehe ich nur darin, daß dieses Eindringen zur Zeit erfolet, wo die Amphionten mit dem genannten Häutchen schon versehen sind. Ich muß aber annehmen, daß das übrigens äußerst dünne und zarte Häutchen während des Lebens des Amphion- ten ganz innig mit dem Cytoplasma zusammenhängt und den etwaigen amöbenförmigen, das Eindringen zwischen die Darmzellen ermöglichen- den Bewegungen des Parasiten keine Schwierigkeiten darbietet. Das Eindringen der Amphionten wird außerdem noch dadurch erleichtert, daß die Darmzellen selbst eine im gewissen Sinne aktive Rolle bei diesem Eindringen mitspielen, was unten näher besprochen werden wird. Ich bitte nun den Leser zuerst die Fig. 13 betrachten zu wollen. Wir sehen hier auf einem Längsschnitte durch die Darmwand einen Amphionten, der vom zarten Häutchen umgeben, in einer kleinen Aus- höhlung zwischen zwei benachbarten Darmepithelzellen steckt, indem er die langen Cilien derselben seitwärts auseinander schiebt; diese Cilien verlaufen daher in schiefer Richtung und zwar nicht nur die- jenigen, welche den genannten zwei Zellen (auf dem Längsschnitte) angehören, sondern auch diejenigen einiger benachbarten Zellen. Der Amphiont steckt in einer trichterförmigen Aushöhlung zwischen den Zellen mit einem konischen, verengten Ausläufer, wobei nicht nur das Häutchen, sondern auch das Cytoplasma der Zelle in einen Fort- satz sich verlängert. Ich bin der Meinung, wie schon oben erwähnt, daß während des Lebens des Amphionten das Häutchen sehr innig dem Plasma anliegt. Den konischen Plasmafortsatz kann man als eine pseudopodienartige Bildung betrachten. Im Plasma des Amphi- onten liest ein Kern samt Karyosom, wobei diese beiden Bildungen sehr arm an Chromatin sind und sich schwach färben, während der eigentliche chromatinreiche, kleinere Kern neben dem ersteren liegt und schon jetzt sich im Zustande einer mitotischen Teilung befindet. Es ist auch sehr interessant, daß die Zellen, zwischen welchen sich 296 Jözef Nusbaum, die erwähnte trichterförmige Vertiefung befindet, nicht so dicht neben- einander stehen, wie gewöhnlich, sondern es ist zwischen denselben eine Spalte zu sehen, welche sehr wahrscheinlich infolge des Ein- flusses des Parasiten zustande gekommen ist, womit sich gewisser- maßen der Weg für die intercelluläre Migration desselben bereitet. Solche Bilder, wie das oben beschriebene, habe ich vielfach an- getroffen und ich meine, daß dieselben nicht anders gedeutet werden könnten, als frühe Immigrationsphasen der Parasiten (Amphionten) zwischen die Zellen der Darmwand. L Ein sehr interessantes Bild sehen wir weiter in Fig. 14. Hier dringt ein ebenfalls mit einem äußeren Häutchen versehener Amphiont zwischen die Zellen der Darmwand hinein; er liegt aber verhältnis- mäßig schon viel tiefer, wobei sich unter demselben eine epitheliale Zelle befindet, die halb so groß ist als die gewöhnlichen, unver- änderten, benachbarten Zellen und eine keilförmige Form besitzt, mit einer engen Basis nach außen gerichtet. Die benachbarten Zellen haben eine schiefe Lage angenommen, so daß sie einen trichter- förmigen Raum begrenzen, welcher oben von dem Amphionten, unten von der genannten Zelle erfüllt ist. Diese letztere hat ihre Cilien verloren, wobei das äußere Häutchen des Amphionten sich ihrer’ freien Oberfläche sehr innig anlehnt. Ich bin der Ansicht — und anders, meine ich, kann man dieses Bild nicht deuten — daß hier das Eindringen des Parasiten auf eine andre Weise, als im obigen Falle zustande kommt und zwar durch eine aktive Mitwirkung der Epithelzellen selbst. Die Tatsache nämlich, daß der Parasit (Amphiont) sich mit seinem äußeren Häutchen ganz fest der freien Oberfläche einer Darmzelle anschmiegt, daß dieselbe dabei ihre Cilien verliert und (sehr wahrscheinlich infolge des Einflusses des Parasiten) einer De- generation unterliegt und zwar zuerst bedeutend sich verkürzt und somit den Parasiten mit sich in die Tiefe des Darmepithels zieht — alle diese Tatsachen bekräftigen die obige Meinung. Eine solche degenerierende, verkleinerte Zelle stellt namentlich die mittlere unter- halb des Parasiten liegende Zelle in Fig. 14 dar. Ich habe auch Fälle beobachtet, wo der Amphiont mit seinem Häutchen einer Darm- epithelzelle fest angeschmiegt war und wo dieselbe noch eine ganz normale Größe besaß und mit Spuren von Cilien versehen war. Der eindringende Parasit vertieft sich immer weiter, bis er endlich unter ° die Darmepithelschicht zu liegen kommt und an das Endothel des Darmblutsinus stößt. Fortpfl. einer im Darmkanale v. Henlea leptodera Vejd. schmarotz. Gregarine. 297 Ich muß bei dieser Gelegenheit bemerken, daß das Vorhanden- sein einer Endothelschicht, die den Darmblutsinus sowohl von der Seite des Darmepithels, wie auch derjenigen der Muskellage be- srenzt, lange Zeit bei den Enchytraeiden vermißt wurde und erst von Hessz (6), von mir (14), wie auch später von H. Upe (21) bei veı- schiedenen Enchyträiden nachgewiesen worden ist. Dieses Endothel besteht aus einer Lage platter Zellen, die am Darmkanal der Basis der Darmepithelzellen innig anliegen. Nun vertieft sich der Parasit, wie gesagt, so weit, daß er schließ- lich direkt an diese Endothelschicht stößt und da dieselbe sehr dünn ist, so befindet er sich in äußerst guten Ernährungsverhält- nissen, weshalb er sich stark vergrößern kann. Es ist sehr interessant, daß in dem Maße, als der eindringende Parasit wächst, die angrenzenden Darmepithelzellen teils einer De- generation unterliegen, teils dagegen sich besonders vergrößern. Der Parasit übt überhaupt einen sehr stark modifizierenden Einfluß auf die benachbarten Darmepithelzellen aus. Der Einfluß ist um so mehr bedeutend, daß sehr oft der eingedrungene Parasit, nachdem er einen offenen Weg zwischen den Zellen gelassen hat, andre Parasiten an dieselbe Stelle, sozusagen, heranlockt, so daß an derselben Stelle zwei, drei, ja manchmal auch vier Amphionten auf verschiedenen Stadien der Entwicklung in der Darmwand stecken. Ich habe bei einigen Exemplaren von Henlea die Darmwand mit einer so groben Menge von Parasiten infiziert und im Darmlumen so zahlreiche Sporozoiten und Gregarinen auf verschiedenen Entwicklungsstadien angetroffen, daß ich mich wunderte, daß der Darmkanal des Wurmes überhaupt funktionieren konnte; solche Exemplare schienen jedoch ganz kräftig und gesund zu sein. Die obigen Veränderungen im Darm- epithel illustrieren die Figg. 15, 16, 18 und 19, die Teile von Längs- schnitten durch die Darmwand darstellen. In Fig. 15 liegt der Amphiont in engster Nähe des Darmblutsinusendothels und ist von einem Häut- chen umgeben, das weit vom Plasma des Parasiten abgehoben ist. Von den denselben umgebenden drei Zellen des Darmepithels ist die eine, die mittlere, sehr klein; ihre Höhe ist dreimal so klein als diejenige der benachbarten Zellen und ihr Kern liegt nahe der Basis. Die zwei seitlichen Zellen haben dagegen ihre normale Höhe behalten, im Gegensatz aber zu den ganz intakten Darmepithelzellen sind sie in ihrer Form verändert; sie sind nämlich gegen die Basis sehr ver- schmälert (besonders die links abgebildete Zelle) und etwas gebogen, weshalb zwischen dem Parasiten und den basalen Abschnitten dieser 298 J özef Nusbaum, Zellen jederseits ein freier Raum zu sehen ist, mit blassen Körnchen erfüllt. Unten werde ich weitere Veränderungen beschreiben, welchen die Darmwandparasiten unterliegen; hier bemerke ich nur, daß jeder Parasit, nachdem er seine Migration beendigt hat, eine zweite Hülle ausscheidet, so daß er, gleich den frei im Darme liegenden Amphi- onten, mit zwei Hüllen, einer zarten inneren und einer etwas diekeren, aber auch verhältnismäßig feinen, äußeren versehen ist (vgl. Fig. 16). Wenn mehrere Amphionten z. B. zwei oder drei an derselben Stelle in die Darmwand hineinwandern, so bleibt sehr oft einer von denselben tiefer liegen und reicht bis zum Endothel des Blutsinus, während die andern höher liegen und gewöhnlich die Epithelwand hügelartig gegen das Darmlumen ausstülpen; in andern Fällen bleiben zwei Amphionten tiefer unter dem Epithel und nur einer von ihnen liegt mehr oberflächlich, die hügelartige Ausstülpung der Epithelwand bedingend, wie es z. B. in Fig. 16 zu sehen ist, wo ein Parasit tiefer liegt, der Rest eines andern (von welchen die in- zwischen gebildeten Sporozoiten schon ausgekrochen sind) sich tiefer neben dem ersten befindet, während endlich der Rest eines dritten, ebenfalls entleerten, ganz oberflächlich liest und eine lokale buckel- artige Ausstülpung der Darmepithelwand verursacht. Die zuletzt erwähnte Figur ist auch deshalb von großem Interesse, daß auch hier bedeutende Veränderungen in den Darmepithelzellen zu sehen sind, welche die Parasiten verursachen. Man sieht hier rechts von den Parasiten hohe und etwas gebogene Epithelzellen; andre, die oberhalb der Parasiten liegen, sind stark verkürzt; von besonderem Interesse sind aber die zwei mittleren, welche die Aus- stülpung der Epithelwand bilden und fast gänzlich voneinander ent- fernt sind, indem sie nur in einem Punkte zusammenstoßen, was für die Auswanderung der Sporozoiten in der Richtung gegen die Darm- höhle besonders günstig erscheint. Der in die Darmwand eindringende Amphiont besitzt, wie gesagt, außer einem großen, chromatinlosen Kern samt Karyosom (welche Bildungen Reste des Makrogametenkernes sind, aus dem der weib-. liche Geschlechtskern ausgewandert ist) noch einen eigentlichen, fast nur aus Chromatin bestehenden, viel kleineren, exzentrisch liegenden Kern, der aus Vereinigung der beiden Geschlechtskerne hervorge- sangen ist. Dieser Kern beginnt sich nun mitotisch zu teilen und zwar entweder noch vor dem Eindringen des Amphionten in die Darmwand, oder nachdem derselbe schon tief eingedrungen ist. Die verschiedenen mitotischen Teilungen sehen wir in Figg. 15, 17, 19. Fortpfl. einer im Darmkanale v. Henlea leptodera Vejd. schmarotz. Gregarine. 299 Als Resultat entsteht eine sehr große Anzahl von kleinen Kernen, ‚welche nahe der Peripherie der Mutterzelle liegen und in welchen die Chromatinsubstanz einer Verdichtung unterliegt; diese Kerne färben sich sehr intensiv. Die ganze Zelle vergrößert sich dabei allmählich und erreicht einen Durchmesser von 15—17,5 u. Der große, chromatinlose Kern unterliegt unterdessen gewöhnlich einer Fragmentation (vgl. Fig. 15), ehe er gänzlich verschwindet. Ich habe auch öfters beobachtet, daß dieser Kern in einer Plasmavacuole liegt, die sich allmählich vergrößert und sich der Peripherie der Zelle, nähert, wobei der Kern nach außen herausgestoßen wird, wo er zu Grunde geht. Nachdem der eigentliche, ehromatinreiche, kleine Kern und die Produkte seiner Teilung eine große Anzahl von kleinen Kernen gebildet haben, differenziert sich um einen jeden derselben ein heller Plasmahof und so bildet sich eine große Anzahl von kleinen, kugeligen Zellen — Sporozoiten, die sich noch mit je einem feinen Häutehen umgeben und so weit wachsen, bis sie die Größe der frei im Darme liegenden Sporozoiten erreichen. Dann treten sie alle auf einmal aus ihren feinen, platzenden Häutchen heraus und nachdem auch die Hüllen der Mutterzelle zerreißen, wandern sie scharenweise in das Darmlumen hinein, wo sie sich auf oben be- schriebene Weise in junge Gregarinen verwandeln. Die Reste der entleerten Mutterzellen und die Reste der rück- gebildeten Darmepithelzellen bleiben noch eine längere Zeit in der Darmwand liegen. Die ersteren sind sehr leicht zu erkennen an ihrer gelblich-schmutzigen Farbe, welche durch das Vorhandensein von zahlreichen entleerten Hüllresten der Sporozoiten und vielen Körnchen und Fettkügelchen, den Zerfallprodukten eines Teiles des Plasma und des großen Kernes des Amphionten, verursacht ist (Figg. 16, 18, 19 links). Eine eventuelle Auswanderung der Sporo- zoiten aus der Darmwand in den Blutsinus und in die Leibeshöhle habe ich niemals beobachtet. Ebenso habe ich niemals Parasiten in ‚der Leibeshöhle und in den Geschlechtsorganen bei Henlea gesehen, woraus ich schließe, daß die Schaudinnella eine einzig und allein im Darme der Henlea lebende Gregarinenform darstellt, welche im Gegensatze zu den meisten andern Gregarinen nicht nur durch die von außen mit der Nahrung eindringenden Sporozoiten, sondern auch durch eine Autoinfektion in hohem Maße ihren Wirt zu infizieren imstande ist. 300 Jözef Nusbaum, Einige theoretische Betrachtungen. Die Arbeiten von SIEDLEcKI (19, 20), Cuexor (3, 4,5), PRovA- ZER (15), L&EGeER (8, 9, 10) und andern Zoologen haben in den letzten Jahren nachgewiesen, daß bei den Gregarinen eine Kopulation der Sporoblasten stattfindet, die in den, ein Syzygium bildenden Individuen sich entwickeln. Die drei ersteren Autoren betrachten die von ihnen erforschten Gregarinen als isogam sich vermehrende Tiere, da hier die Sporoblasten ganz gleich gebaut sind, im Gegensatze zu den Coceidien und vielen Hämosporidien, für welche eine Heterogamie typisch ist. LEGER war der erste, der in den letzteren Jahren eine heterogamische Vermehrung bei den Gregarinen beschrieben hat. Zuerst hat er (1901) bei Stylorhynchus diese Verhältnisse gesehen, dann hat er gemeinschaftlich mit O0. Dugoscg eine Arbeit über die Geschlechtselemente und Befruchtung bei Pierocephalus nobilis (1902) und endlich ein Studium über die Entwicklung der Sexualelemente und den Befruchtungsprozeß bei Stylorkynchus (1902) veröffentlicht. Bei Pterocephalus nobilis A. Schn., einer in der Scolopendra schmarotzenden Gregarine, beschreiben LEGER und Dugoscg folgende, sehr interessante Verhältnisse. Nach einer sehr aktiven Vermehrung der Geschlechtskerne in jedem der beiden konjugierenden Individuen d. h. Syzygiten, von welchen das eine als männliches, das andre als weibliches angesehen werden muß, bilden sich die Eier an der Ober- fläche des weiblichen Individuums, wie bei Stylorkynchus, ‚als Fort- sätze, die an der Basis granuliert und am freien Ende hell erscheinen und hier den Kern enthalten; diese Fortsätze verlängern sich, werden zuerst oval, dann zylindrisch, abgerundet an beiden Enden. Diese Eier, welche bald frei werden, besitzen nur an einem Pole das Bildungsplasma mit dem Kern, der Rest der Zelle dagegen enthält zahlreiche Dottergranulationen; die Eier sind also nach einem telo- lecithalen Typus gebaut. Bei dem andern Syzygiten, d. h. bei dem männlichen Individuum, bilden sich gleichzeitig an der Oberfläche desselben die Spermatozoiden und zwar auf einer ganz ähnlichen Weise wie bei den monozoischen Coceidien (LÜGER) oder bei Cyclo- spora karyolitica nach den Untersuchungen von SCHAUDINN. Die Spermatozoiden, die in die weibliche Kammer wandern, um hier die Eier zu befruchten, sind äußerst kleine Elemente, von 5—6 u Länge, und bestehen fast aus reiner Chromatinsubstanz mit der Ausnahme eines kleinen, hellen, plasmatischen Fleckes in der Mitte. Ihre Form ist eine geschlängelte. Bei der Befruchtung verschmelzen die beiden Fortpfl. einer im Darmkanale v. Henlea leptodera Vejd. schmarotz. Gregarine. 301 Geschlechtskerne (Vorkerne). Die französischen Gelehrten haben hier auch einige Bilder gesehen, welche für ein Vorhandensein von Pol- körperchen (Richtungskörperchen) sprechen; aber diese Frage lassen sie noch offen. In einer kurzen, aber sehr wichtigen Arbeit über die Entwicklung der Sexualelemente und über die Befruchtung bei Stylorhynchus longeeollis F. St., einer im Darmkanale von Dlaps schmarotzenden Polyeystide, gibt L&ger folgende Beschreibung der betreffenden Verhältnisse. Zwei Gregarinenindividuen, die sich bei der Konjugation mit einer gemeinschaftlichen Cyste umhüllen, sind differenten Ge- schlechtes, das eine ist männlich, das andre weiblich, was L&gER schon in der Arbeit vom Jahre 1901 nachgewiesen hat. Zwischen den beiden Individuen existiert zuerst kein Dimorphismus und die Zellen, welche sich in Geschlechtselemente transformieren sollen, sind zuerst ganz gleich, indifferent. In dieser Hinsicht existiert eine sroße Differenz zwischen den von L&GEr beschriebenen, heterogamisch sich vermehrenden Gregarinenformen und der von mir beschriebenen Schaudinnella, bei welcher: 1) die »Konjugation« beider Individuen oder der Syzygiumprozeß bei denselben eine nur sehr untergeordnete Rolle spielt, indem die beiden Syzygiten nur männlichen, nur weib- lichen, oder beiderlei Geschlechts sein können, 2) die Entwicklung der Geschlechtszellen vom ersten Moment an ganz verschieden bei den beiden Geschlechtern erfolgt. | Die anfangs ganz indifferenten Geschlechtszellen von Stylorhyn- chus, welche an der Peripherie der beiden Individuen sich entwickeln, stellen kugelige, 6 u Durchmesser besitzende und mit einem kuge- ligen Kern und Karyosom versehene Zellen, die vermittelst je eines feinen Stieles mit der Oberfläche des Gregarinenkörpers verbunden sind. Der Körper der Gregarine bleibt aber nicht einheitlich, son- dern in dem Maße, als sich die Kerne vermehren, teilt sich derselbe in einige Stücke von verschiedener Gestalt und es bilden sich nun an der Peripherie dieser Stücke die zahlreichen Sexualelemente. Diese Verhältnisse erinnern uns an diejenigen bei Schaudinnella, da hier der Körper der Gregarine — was wir wenigstens bei den männ- lichen Individuen beobachtet haben — in einige Stücke zerfällt (vgl. Fig. 6). | Es ist sehr interessant, daß nach Legers Beobachtungen die Kerne, welche für die Geschlechtselemente bestimmt sind, auf einem typischen, mitotischen Wege sich vermehren, während im Inneren der Körperstücke der Gregarine typisch-mitotisch sich teilende, viel größere 302 Jözef Nusbaum, Kerne auftreten, die nachher vollkommen degenerieren, nachdem die Geschlechtszellen von dem Mutterorganismus sich ablösen. Auch ich habe eine Vermehrung solcher großer, chromatinarmer Kerne (Fig. 6) beobachtet, die den Zerfall des zuerst einheitlichen Organismus in einige Stücke begleitet; ich beobachtete aber dabei niemals mitotische Teilungen sondern eine Fragmentation des Kernes. Den Ursprung der großen, oder wie sie LEGER nennt, somatischen Kerne konnte der französische Gelehrte nicht ermitteln, die kleinen, oder die sexuellen hält er aber wie UuEnor (34), MRAZER (12) und SıED- LECKI (20) für Produkte des kleinen primitiven Kernes (mieronoyeau primitiv), was mit meinen Untersuchungen übereinstimmt. Die großen Kerne hält er wahrschemlich für Produkte des primitiven großen Kernes der Gregarine, womit auch meine Untersuchungen im Einklang sind. Die Anlagen der weiblichen Geschlechtszellen verändern sich nur wenig. Die indifferenten Zellen runden sich ab und werden als Eier frei. Bei der Bildung der männlichen Geschlechtszellen sind dagegen die Veränderungen der zuerst indifferenten Geschlechtszellen viel be- trächtlicher. Die reifen Spermatozoen sind sehr lang (25 u Länge ohne den Schwanz mitzurechnen), hinten verschmälert, mit einem ganz vorn liegenden Kerne versehen, dessen Chromatin aus drei bis vier kompakten Körnern besteht. LEGER beschreibt nun weiter im einzelnen den Befruchtungsprozeß, die Fusion des Chromatins beider Elemente und nimmt dabei an, daß hier wahrscheinlich zwei Centro- somen (ein männliches und ein weibliches) verschmelzen, um das Centrosom des befruchteten Eies zu bilden. Er schwankt aber in. dieser Hinsicht. Aus den oben angeführten Tatsachen sehen wir also, daß bei der Schaudinnella, sowie bei den von LEGER und DuBoscQ beschriebenen Formen, eine typische Heterogamie hervortritt. Die Bildung von Makro- und Mikrogameten bei der Schaudinnella erinnert uns an den- selben Prozeß bei den Coccidien oder Hämosporidien. Auch die Tatsache, daß bei der Schaudinnella eine Autoinfektion stattfindet, daß die im Darme produzierten Amphionten nicht nur andre Individuen von Henlea infizieren können, sondern in der Darmwand des Wirtes große Massen von neuen Sporozoiten liefern können, die wieder neuen Gregarinen den Anfang geben, hat sehr viel Ähnliches mit der Vermehrung der Coceidien; eine große Differenz besteht aber darin, daß bei den Coceidien, z. B. bei Coccdium Schuberge nach SCHAUDINN die durch Monogonie entstandenen Gymnosporen in das Darmepithel Fortpfl. einer im Darmkanale v. Henlea leptodera Vejd. schmarotz. Gregarine. 303 eindringen, bei der Schaudinnella aber es die Amphionten sind, auf geschlechtlichem Wege entstandene Elemente, die in die Darmwand einzutreten, Sporozoiten zu produzieren und eine Autoinfektion zu verursachen die Fähigkeit besitzen. _ Was diese Autoinfektion anbelangt, so muß ich hier bemerken, daß schon M. CAvrery und F. Mesnır (2) im Jahre 1898 eine sehr interessante Entwieklungsgeschichte bei Gonospora longissima be- schrieben haben, einer in der Leibeshöhle und in dem Darm von Dodecaceria concharum Oest. lebenden Gregarine, bei welcher wahr- scheinlich zwei verschiedene Generationen vorkommen. Die im Darme lebende Generation liefert hier besondere sichelförmige Gymnosporen, die wahrscheinlich zur weiteren direkten Infektion neuer Darm- zellen dienen und somit durch diese Autoimfektionsfähigkeit große Übereinstimmung mit den Mononten der Coceidien aufweisen. Die Tatsache, daß bei der Schaudinnella und bei den von LEGER und DuBoscg beschriebenen Formen zwei Arten von Gameten ent- stehen, macht es sehr wahrscheinlich, daß die Sporoblasten, welche bei andern Gregarinen besonders bei Monocystis in Kopulation ein- treten, von verschiedenen Individuen herstammen, obwohl dies bis jetzt durch keine direkte Beobachtung bestätigt worden ist. SIED- LECKI, der die Kopulation der Sporoblasten bei Monocystis zuerst be- obachtet hat, ist der Meinung, daß die miteinander kopulierenden - Elemente von verschiedenen Syzygiten stammen. Er sagt mit vollem Rechte, daß ein indirekter Beweis für diese Ansicht aus der großen Analogie der betreffenden Prozesse bei Monocystıs und Trichosphaerium Steboldi nach den Beobachtungen von SCHAUDINN (18) hervorgeht. Denn in einem gewissen Entwicklungsstadium entsteht bei Trzcho- sphaerium eine große Menge von kleinen, mit je zwei Flagellen ver- sehenen Körperchen, die nach der Zerreibung der Hülle nach außen in das Meerwasser auswandern und alle zugrunde gehen, falls sie ähnliche Körperehen fremder Individuen nicht antreffen; wenn sie aber dieselben finden, so tritt die Kopulation ein. CuExor (3) ist derselben Ansicht wie SIEDLECKI und er sagt ganz richtig, daß »s’il n’y avait pas amphimixie, on ne comprendrait pas, pourgquoi deux - Gregarines s’associent. pour former leurs spores«. Diese Ansicht halte ich für ganz zutreffend und dieselbe wird noch dadurch bestätigt, daß in manchen Fällen, in welchen verschiedene (männliche und weibliche) Gameten produziert werden, wie bei Schaudinnella, keine innigere Verbindung der Syzygiten vorkommt, und die Bildung der verschiedenen Gameten mit dem Syzygiumprozesse in keinem ur- 304 Jöxef Nusbaum, sächlichen Verhältnis steht, wobei derselbe hier überhaupt nur eine vorübergehende Erscheinung ist. Ich stelle mir nun die Sache so vor, daß bei denjenigen Grega- rinen, bei welchen die Sporoblasten isogam sind, die beiden Syzygiten infolge eines innigeren Zusammenhanges etwa in verschiedener Richtung gereizt oder, sozusagen, verschiedenartig polarisiert werden, weshalb auch die Sporoblasten des einen Individuums, obwohl gleich gebaut, nur mit denjenigen eines andern Individuums zu kopulieren imstande sind, während bei der Heterogamie, wo die Gameten selbst so differente Baueigenschaften besitzen und so bedeutend verschieden sind, daß nur die Makrogameten mit den Mikrogameten, welche von verschiedenen Individuen stammen, miteinander kopulieren können — diese Reizung der beiden Syzygiten und somit die Verleihung einem jeden derselben einer gewissermaßen verschiedenen Polarität ganz zwecklos erscheint. Denn aus den Beobachtungen von SIEDLECKI bei Monocystis geht klar hervor, daß die beiden, anfangs ganz gleichen Syzygiten etwas different sich verhalten, der eine verhält sich während des Syzygiumprozesses mehr aktiv, der andre mehr passiv und der erstere überwältigt den letzteren, indem er in der Richtung gegen den Syzygiten einen pseudopodienartigen Fortsatz entsendet. Somit wäre es auch klar, warum bei den ganz heterogam sich fortpflanzenden Gregarinen, z. B. bei der Schaudinnella, der Syzygiumprozeß so sehr rückgebildet sein kann. Man kann, meine ich, folgende Entwicklungsstufen in dem Ge- schlechtsprozesse der verschiedenen, bis jetzt in dieser Hinsicht näher bekannt gewordenen Gregarinen unterscheiden: 1) Ein Syzygium- prozeß, welcher zur Reizung der beiden Syzygiten dient und bei welchem dieselben physiologisch verschiedenartig sich verhalten und dann eine Bildung von gleichgebauten, aber physiologisch differenten Sporoblasten, also isogamen Sexualelementen (Monocystis ascidiae). 2) Ein Syzygiumprozeß, während welchem die beiden Individuen nicht in einen so innigen Kontakt eintreten — und dann eine Bildung von weiblichen und männlichen Gameten, die innerhalb der Cyste der beiden Syzygiten sich befruchten (Siylorkynchus). 3) Der Syzy- giumprozeß hat nur eine ganz vorübergehende Bedeutung, er stellt nur eine reduzierte Erscheinung dar; die Syzygiten sind nicht un- bedingt geschlechtlich verschiedene Individuen, und gewöhnlich erst, nachdem die Syzygiten ganz frei werden, produzieren sie von An- fang an stark differenzierte männliche und weibliche Gameten, die PAR: ii, Fortpfl. einer im Darmkanale v. Henlea leptodera Vejd. schmarotz. Gregarine. 305 meistens ganz frei im Darmlumen des Wirtes zu liegen kommen und hier sich befruchten (Schaudinnella). Den ganzen Entwicklungsgang von Schaudinnella kann man folgendermaßen in der Kürze darstellen: 1) Sporozoiten, die an die Darmwand sich anheften und zu 2) Gregarinen auswachsen. | 3) Die Gregarinen bilden Syzygien, und zwar Jg’ mit 9, J! mit Q', oder © mit ©, wobei sich entweder keine gemeinschaftliche Cyste bildet, oder es entsteht eine solche, indem sie gewöhnlich einer sallertartigen Veränderung unterliegt. 4) Die Syzygiten werden frei. Man unterscheidet im Darme g' und © Individuen, die ganz frei sind. 5) Die g' Gregarinen produzieren zahlreiche kleine sichelförmige Spermatozoen (Mikrogameten). Die © Gregarinen produzieren eine Anzahl größerer, rundlicher Eier (Makrogameten). 6) Befruchtung. - 7) Das befruchtete Ei oder Amphiont bekommt zwei Hüllen. 8) Ein Teil der Amphionten geht mit dem Kote des Wirtes nach außen. Ein andrer Teil bleibt im Darme desselben Wirtes und dient zur »Autoinfektion«. 9) Der Amphiont dringt zwischen die Epithelzellen der Darm- wand, vergrößert sich hier sehr stark und bildet sehr zahlreiche, kugelförmige, mit einer Hülle versehene Sporozoiten, die in die Darm- höhle übergehen, um wieder in geschlechtsreife Gregarinen auszu- wachsen. Was die Technik anbelangt, so habe ich ganze Würmchen, in deren Darmkanale die Gregarinen lebten, im Sublimat, in heißem Sublimat oder in FLemminescher Flüssigkeit (die mir aber keine guten Resultate lieferte) fixiert, gradatim durch immer steigernden Alkohol und Xylol in Paraffin übergeführt und in Serienschnitte zerlegt. Zur Färbung benutzte ich Hämatoxylin-Eosin, Eisenhämatoxylin und Safranin. | Lemberg, im April 1903. 306 Jözef Nusbaum, Literatur, MAx ABEL, Beiträge zur Kenntnis der Regenerationsvorgänge bei den limi- colen Oligochäten. Diese Zeitschr. Bd. LXXIII. 1902. MAURICE CAULERY et FELIX MEsnIL, Sur une Grögarine coelomique presen- tant dans son cyele €volutif une phase de multiplication asporulee. Compt. Rendus Soc. de Biol. Paris (10). T. V. 1898. Auch Compt. Rend. Acad. Se. Paris. T. CXXVI. Lucien CUENOT, Recherehes sur l’Evolution et la conjugaison des Grega- rines. Archives de Biologie. T. XVII. Derselbe, Sur la pretendue conjugaison des Gregarines. Bibl. anat. T. VII. 1899. Derselbe, L’epuration nucl&aire au debut de l’ontogönese. Compt. Rendus Acad. Se. Paris. T. CXXV. | Hrsse, Beiträge zur Kenntnis des Baues der Enchytraeiden. Diese Zeit- schrift. Bd. LVIH. A. KÖLLIKER, Diese Zeitschr. 1848. L. LEGER, Sur la morphologie des &l&ments sexuels chez les Gregarines Stylorhynchides. Compt. Rendus Acad. Sc. Paris. 1901. Derselbe, Note sur le developpement des &l&ments sexuels et la fecon- dation chez le Stylorhynchus longicollis. F. St. Arch. de Zool. exper. et generale. Notes et Revues. No. 4 et 5. 3. Serie. T. X. 1902. L. LäGER et 0. DuBosca, Les &l&ments sexuels et la fecondation chez les Pterocephalus. Compt. Rendus de l’Acad. des Se. Paris. 1902. LABBE, Sporozoa. Das Tierreich. Lief. 5. Berlin. N MRAZER, Studia o sporozoich. I. Deleni jaderne a sporulace u Grega- rin. Vestnik kräl. ceske spoleenosti näuk. 1899. J. Nuspaun, Vergleichende Regenerationsstudien. I. Teil. Poln. Archiv f. biol. u. med. Wissenschaften. Bd. I. 1901. Derselbe, Zur Anatomie und Syalemasık der Enchytraeiden. Biol. Centralbl. 183. S. PROVAZER, Zur Entwicklung der Gregarinen. Archiv für Protistenkunde. I. Bd. 1902. RADKEWITSCH, Trav. Soc. Univ. Charkow. 1870. (Die Originalarbeit war mir unbekannt, ich zitiere dieselbe nach LABBE, Sporozoa. 1899.) F. SCHAUDINN, Untersuchungen über den Generationswechsel der Coeeidien. Zoolog. Jahrbücher. XIII. 1900. Derselbe, Untersuchungen über den Generationswechsel von Trichosphärium Sieboldi. Sitzungsber. Akad. Wiss. Berlin. Anhang. 1899. M. SIEDLECKI, Über die geschlechtliche Vermehrung der Monocystis asci- diae. Bull. intern. N Se. Cracovie. 189. Derselbe, O rozwoju pleiowym gregaryny Monoeystis ascidiae R. Lank. Abhandı. d. Krakauer Akad. Wiss. 1902. H. Ude, Beiträge zur Kenntnis der Enchytraeiden und Lumbrieiden. Diese Zeitschr. 189. Fr. VEIDOVsSKY, Die Enchytraeiden. Eine Monographie. 1879. WASIELEWSKI, Sporozoenkunde. Jena 1896. E. B. Wırson, The Cell in Developpement and Inheritanee. New York 1900. WOLTERS, Die Konjugation und Sporenbildung bei den Gregarinen. KEch. f. mikr. Anat. XXXVI. cr a A De ED U ae Fortpfl. einer im Darmkanale v. Henlea leptodera Vejd. schmarotz. Gregarine. 307 Erklärung der Abbildungen. Tafel XXII. Alle Abbildungen wurden mit Hilfe des Zeichnungsprisma von ZEISS, und zwar mit Ausnahme der Fig. 11 (bei Syst. homog. Immers. 1/12, Komp.-Oe. 12) bei Syst. homog. Immers. 1/12, Oc. 4, Tubuslänge 160, des Zeıssschen Mikro- skopes angefertigt und betreffen Schaudinnella henleae. Fig. 1. Verschiedene Gregarinenformen im Darmkanale der Henlea, teils frei (a, c, e), teils an das Darmepithel angeheftet (d, d), teils im Syzygiumzu- stande (f, 5, 9). | Fig. 2. Sporozoiten («) und junge Gregarinenformen im Zusammenhange mit dem Darmepithel von Henlea. Fig. 3. Eine Gregarine aus dem Darmkanale von Henlea. Fig. 4 Eine weibliche Gregarine, im Zustande der Eierbildung; rechts und links liegen schon zwei freie Eizellen (Makrogameten). . Fig. 5. Eine weibliche Gregarine (a) und (b), eine Gruppe von Spermato- zoiden (Mikrogameten) mit den Resten des Körpers des männlichen Organismus (oben liegt der große, zu Grunde gehende Kern desselben) frei im Darmlumen der Henlea liegend. Fig. 6. Zwei männliche Gregarinen im Zustande der Fragmentation. Fig. 7—9. Männliche Gregarinen im Zustande der Mikrogametenbildung. Fig. 19 u.11. Makrogameten und Mikrogameten, frei im Darmlumen liegend und die Befruchtungserscheinungen derselben. Fig. 12. Ein befruehtetes Ei (Amphiont), in welchem der chromatinreiche Geschlechtskern in einige Tochterkerne sich geteilt hat; aus der Darmhöhle einer Henlea. Fig. 13. Ein zwischen die Epithelzellen des Darmes eindringender Am- phiont. Fig. 14. Ein etwas tiefer zwischen .die Epithelzellen des Darmes einge- drungener Amphiont. Fig. 15. Ein unter den Epithelzellen des Darmes ruhender Amphiont. Fig. 16. Drei Amphionten in der Darmepithelwand, von welchen zwei (a) - ganz entleert sind; der dritte (a’) enthält fast reife Sporozoiten; e, Endothel des Darmblutsinus. Fig. 17. Drei verschiedene Entwicklungsstadien der Amphionten aus der Darmepithelwand. Fig. 18. Ein entleerter Amphiont (@) unter der Darmepithelwand liegend; e, inneres, e’, äußeres Endothel des Darmblutsinus. Fig. 19. Zwei Amphionten in der Darmepithelwand, von welchen der eine (@) entleert ist, der andre a’) aber viele Kerne der künftigen Sporozoiten enthält. ; Fig. 20. Eine junge Gregarine mit dem Vorderende des Epimeriten in einer Darmepithelzelle steckend. Fig. 21. Ein Amphiont im Zusammenhange mit der Darmepithelwand. Fig. 22. Pathologische, encystierte Gregarinen. _ Fig. 23. Mehrere Individuen, die in einer gemeinschaftlichen, gallertartig veränderten Cyste liegen und die teilweise (oben) schon Makrogameten und Mikro- gameten bildeten, teilweise (in der Mitte) noch wenig verändert sind, teilweise einer Rückbildung unterlagen (unten). Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXY. Ba. 21 Beiträge zur Anatomie der Geckopfote. Von Julius Tandler (Wien). (Aus dem I. anatomischen Institut in Wien.) Mit Tafel XXIII und XXIV. Gelegentlich eines im physiologischen Klub zu Wien im Jahre 1899 gehaltenen Vortrages: »Beiträge zur Mechanik des peripheren Blutgefäßsystems« habe ich auf eine höchst eigenartige Einrichtung an den Zehen von Piyodactylus lobatus aufmerksam gemacht. Da mir damals nur ein einziges Exemplar dieser Spezies zur Verfügung stand, mußte ich die ausführlichere Untersuchung auf spätere Zeit ver- schieben. Vor kurzem kam ich durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Professor Corı in Triest in den Besitz einiger Exemplare von Ptyodactylus lobatus, wofür ich Herın Prof. Corı herzlichst danke. Ich möchte daher im Vorliegenden die in vieler Beziehung eigen- artigen Verhältnisse, wie sie sich an den Zehen dieser Spezies vor- finden, auseinandersetzen und anschließend daran auch die Zehen des Platydactylus lobatus beschreiben. Die Anatomie der Haftlappen bei den verschiedenen Spezies der Geckotiden ist seit CHARTIER, der sich als erster mit dieser Frage be- schäftigte, des öftern so z. B. von BRAUN, TODARO, NICOLAS unter- sucht worden. Doch erstrecken sich die Untersuchungen aller dieser Autoren nur auf den Aufbau der Cutis und der Epidermis, ohne Rücksicht auf die Skeletteile, auf das Gefäßsystem und auf die Muskulatur. Ich habe mich nun von der Idee ausgehend, daß gerade diese Abschnitte für die Haftfähigkeit dieser Tiere funktionell bedeutungs- voll sein müßten, mit dem Studium dieser subkutanen Gebilde der Haftlappen beschäftigt und in meinem Vortrage die bei Piyodactylus - 1 A DEE BC td ya Zul Zn a a dd 9. 5 Beiträge zur Anatomie der Geckopfote. 809 lobatus vorkommenden Blutkammern, sowie auch den bei Platydactylus annularıs vorhandenen quergestreiften zur Cutis der Haftlappen ziehenden Muskel beschrieben. | Die letzte Untersuchung über die Haftlappen der Geckotiden rührt von Haase her. Ich kann auf genauere Literaturangaben um so eher verzichten als Haase die bisher vorliegenden literarischen Angaben in seiner Dissertation zusammengestellt hat. . Auf die Arbeit dieses Autors aber soll gelegentlich der Beschreibung meiner eignen Befunde zurück- sekommen werden. Meine eignen Untersuchungen erstrecken sich, wie erwähnt, auf zwei Spezies von Geckotiden: auf Piyodactylus lobatus und auf Platydaetylus anmularis. I. Ptyodactylus lobatus Cuv. Die Zehen sind bei dieser Spezies frei und tragen Krallen. Sie sind an ihrem distalen Ende entsprechend der Endphalange und dem distalen Teile der vorletzten Phalange zu einer herzförmigen Haftscheibe verbreitert. Diese ist zweiteilig und trägt an ihrer Unterfläche fächer- förmig angeordnete Plättchen. Eine Reihe von Zehen wurde in 5°%,igem Salpetersäure-Alaun (SCHAFFER) entkalkt, teils in Celloidin teils in Paraffin eingebettet und geschnitten. Die Schnitte wurden entweder mit Hämalaun-Eosin, nach van GIEson oder mit Orcein gefärbt. Von einer Serie wurde eine Linear-Rekonstruktion (vgl. Fig. 1) angefertigt, um die topischen Verhältnisse darzulegen. Der Daumen, der vierte und der fünfte Finger besitzen drei Phalangen, der Mittelfinger und der zweite bestehen aus vier Gliedern. Da bei der Rekonstruktion eine dreigliedrige Zehe in Verwendung kan, so wurden diese Glieder wie üblich Grund-, Mittel und End- phalange benannt. Es ist natürlich selbstverständlich, daß die morphologischen Verhältnisse, die hier zur Beschreibung kommen, durch die Einschaltung eines Gliedes keine besondern Veränderungen erleiden. | | Die Grundphalange und die Mittelphalange sind in der Mitte leicht eingeschnürt, an ihren Gelenkenden aufgetrieben. An ihrer volaren Seite haben sie eine längsverlaufende Rinne für die Beuger- sehne. Die Endphalange verschmälert sich unmittelbar distal von ihrem Gelenkende und läuft spitz zu. Der Nagel reicht proximal- - wärts fast bis an das Gelenk heran und deckt beinahe die ganze obere 21* 310 Julius Tandler, Fläche der Phalange. Knapp vor dem Gelenke zwischen Mittel- und Endphalange lagert sich letzterer. eine eigenartige plattenförmige Ge- websmasse innig an, welche nach vorn noch den Nagelfalz umfaßt. Diese Stützplatte, unmittelbar unter der dorsalen Cutis gelegen, ist symmetrisch zur Seite der Endphalange angeordnet und umgreift ziemlich weit proximalwärts reichend noch das distale Ende der Mittelphalange. Ihre Gestalt ist aus der linearen Rekonstruktion zu ersehen (vgl. Fig. 1vG). Das hier seiner Form nach beschriebene Gewebe habe ich seinerzeit nach SCHAFFER als »vesikulöses Stützgewebe« bezeichnet. SCHAFFER hat dieser Gewebsart, die er im Zungenkiel von Myxine fand, diesen Namen gegeben und sich bei dieser Gelegenheit gegen den von StuDNIckKA vorgeschlagenen Namen »Vorknorpel« und ebenso gegen den Ausdruck STADELMANNS »Pseudoknorpel« ausgesprochen. Da Professor SCHAFFER diese Gewebsformation ohnehin des genaueren abhandelt, möchte ich hier nur eine ganz kurze Beschreibung geben. Das Gewebe besteht fast ausschließlich aus großen, glashellen, blasenförmigen Zellen, zwischen welchen nur spärliche Bündel von fibrösem Gewebe hindurchziehen. Am nach vay GiEsoX gefärbten Schnitt gibt das vesikulöse Stützgewebe ein sehr kontrastreiches Bild, da sich das Protoplasma der zelligen Elemente gelb, die Zell- srenzen tief rot färben. Dort wo die Stützplatte an der Endphalange inseriert, werden die Zellen kleiner, die bindegewebigen Septen hingegen breiter. All- mählich geht so dieses Gewebe in das knorpelige proximale Pha- langenende über. Solches vesikulöses Stützgewebe fand ich außer in Form der Stützplatte an den Zehen von Piyodactylus noch in den Sehnen- scheiden und auch in den Sehnen selbst. An ersterer Stelle vor- kommend schließt das Stützgewebe die Rinne an’ der Unterfläche der Phalangen zu einem Kanal ab, in welchem die Beugersehne liegt. An manchen Stellen sah ich auch in den Sehnen selbst ganz zer- streut vorkommende blasenförmige Zellen als Andeutungen des vesikulösen Stützgewebes, manchmal auch in mehr geschlossener Formation als sesamoide Einlagerung in der Sehne des langen Zehenstreckers. En Es sind zwei Zehenstrecker vorhanden, ein Extensor brevis, der mit seinem Muskelfleisch weit distal abwärts reicht und ein Extensor longus der sehnig dem Zehenrücken entlang verlaufend am Nagel- glied endet. Rn Sa Su 0 öl U LE he in 2 Zr ar HE rl bel u al Buena Alb nn 44 RS’ Bi . Beiträge zur Anatomie der Geckopfote. Sl Der M. flexor digitorum sublimis reicht in seinem fleischigen Anteil bis fast an seine Insertionsstelle an der Mittelphalange. Der zu einer Zehe gehörige Abschnitt dieses Muskels liegt im Bereiche des Metakarpalknochens der Sehne des Flexor profundus auf. Am Metakarpophalangealgelenk teilt sich jeder solcher Abschnitt ir zwei Bündel, von denen jedes zur Seite der Sehnenscheide des Flexor profundus gelegen distalwärts zieht, um mit einer ganz kurzen Sehne an der Mittelphalange zu enden. Gerade in dem Winkel, zwischen Sehnenscheidenrand und Knochen liest die Insertionsstelle dieser Sehne. Mit dem oberflächlichen Beuger sind die Mm. interossei volares im freien Anteil der betreffenden Zehe so eng verbunden, daß die beiden Muskelabschnitte vielfach nicht zu trennen sind. Der M. flexor digitorum profundus, welcher schon im Bereiche des Metacarpus in einem Leitkanal liegt, zieht in diesem bis zum letzten Interphalangealgelenke. Diese Sehnenscheide, welche speziell in ihrem distalsten Abschnitte durch die Einlagerung von vesikulösem Stützgewebe bedeutend versteift ist, endet plötzlich vor dem letzten Zehengelenk mit einer scharfen volaren Lippe. Gerade an dieser Stelle teilt sich auch die Sehne in zwei Abschnitte, von denen der eine zum Knochen des Nagelgliedes, der andre zur Haut zieht. Dieser letztere Anteil wird breit und beginnt sich kurz darauf fächerförmig aufzubündeln; die einzelnen Bündel dieses Sehnenfächers ziehen, in den Haftleisten gelegen, ziemlich weit nach vorn. Sie enden insgesamt in der Haut. In Fig. 5 (M.fl.p) sind diese Sehnenab- schnitte an den mittleren Haftblättchen noch sichtbar. Der zur Endphalange ziehende Anteil der Sehne des M. flexor profundus gelangt nun an die untere Fläche des ersten - Inter- phalangealgelenkes und kommt hier unter die eigentümlich modi- fizierte Kapselwand zu liegen, mit welcher er verwachsen ist. Von hier zieht dieses Sehnenbündel über die noch später zu beschreibende mittlere Blutkammer und setzt sich vor derselben am Knochen fest. Die Modifikation der volaren Kapselwand des distalsten Zehen- gelenkes besteht in folgendem: Die Wand ist zu einem mächtigen Gewebspolster von keilföürmiger Gestalt verdickt. Die Schneide des Keiles ist proximalwärts, der Rücken distalwärts gerichtet. Die obere Fläche sieht in das Gelenk, die untere ist mit der Sehne des tief- liegenden Beugers verwachsen. Dem Keilrücken liegt die mittlere Blutkammer auf. Dieser Gewebskeil ist dabei so untergebracht, daß sein Rücken bei normal gestrecktem Gelenk gerade noch in die Ebene der Gelenkspalte fällt, die Kapsel bildet nämlich eine proximalwärts 312 Julius Tandler, gerichtete Aussackung. Durch die Gewebsmasse hindurch ziehen die beiden Arterien, welche die mittlere Blutkammer speisen. Das Gewebe besteht hauptsächlich aus einer faserigen elastischen Grundsubstanz, in welche mittelgroße, blasenförmige Zellen ziemlich spärlich eingetragen sind. Das Zellprotoplasma färbt sich sehr wenig, der meistens längliche Kern ist für Kernfarben empfindlich. Erwähnt sei noch, daß die Sehne des Flexor profundus an manchen Stellen durch elastische Fasern enthaltende Sehnenbündel an die Phalangen fixiert erscheint. | An jeder Zehe sind vier Arterien vorhanden, zwei an den beiden volaren, zwei an den beiden dorsalen Rändern (Arteriae digitales volares et dorsales). Neben jeder Arterie verläuft ein Nervenast und eine bis zwei Venen. Im Bereiche der Grundphalange ist je eine plantare Rand- arterie mit der zugehörigen dorsalen durch eine mächtige Arkade ver- bunden. Distal von dieser Verbindungsstelle wird das dorsale Gefäß schwach und beginnt sich hauptsächlich in der Haut aufzuteilen. Die Arteriae digitales volares (Fig. 1 A.d.v) ziehen als zwei starke Gefäßstämme weiter und kommunizieren untereinander durch einen beiläufig vor der Mitte der Mittelphalange gelegenen mächtigen Gefäßbogen (vgl. Fig. 1). Dieser liegt zwischen dem vordersten accessorischen Sehnenbündel der Beugersehne, welche, wie vorhin beschrieben, hier eben aus dem Sehnenkanal herauskommt, und dem Knochen. Ähnliche bogenförmige im Periost der ventralen konkaven Phalangenfläche verlaufende Anastomosen zwischen den Aa. digitales volares kommen auch anderweitig, z. B. auch beim Menschen, vor, sind aber ganz kleine Seitenäste, denen unter normalen Umständen kaum irgendwelche funktionelle Bedeutung zugestanden werden kann. Bei Ptyodactylus aber handelt es sich um eine breite Kommunikation zwischen den beiden randständigen Arterien, die in Anbetracht der distal von der Kommunikationsstelle vorhandenen Einrichtungen funktionell sicher bedeutungsvoll ist. iss Distal von dieser Arkade entläßt jede Art. digitalis volaris einen Ast, der zuerst ein kurzes Stück peripherwärts zieht, hierauf ober- halb des hier schon fächerförmig verbreiterten Anteiles der Beuger- sehne gelegen sich medialwärts wendet und die Mitte der Zehe über- schreitend auf die kontralaterale Seite gelangt. Diese Arterien liegen, wie erwähnt, im keilförmigen Gewebspolster. Hierbei kreuzen sich selbstverständlich die beiderseitigen Arterienäste (vgl. Fig. 1). Jede der beiden Arterien mündet in die mittlere Blutkammer, deren Be- schreibung später folgt. Beiträge zur Anatomie der Geckopfote. 313 Nach Abgabe des eben beschriebenen Astes zieht der Stamm der Arteria digitalis volaris distalwärts weiter und spaltet sich kurz darauf in einen inneren und in einen äußeren Ast. Der innere verläuft an der Seite der Phalange weiter, gelangt an die dorsale Seite der Ver- bindung zwischen medialer und lateraler Blutkammer und erreicht das Nagelbett, wo er sich auflöst. Der äußere Ast zieht längs des hinteren Randes der Stützplatte nach außen, dann nach vorn und endet in zwei oder mehrere Äste gespalten an der dorsalen Seite der seitlichen Blutkammer. | Die beschriebenen Arterien zeigen bezüglich des Aufbaues ihrer Wände normales Verhalten; irgendwelche mechanische Vorrichtungen konnte ich an ihnen nicht wahrnehmen. Wie schon bei der Be- schreibung der Arterien erwähnt wurde, kommen an den Zehen von Ptyodaetylus lobatus eigentümliche Bluträume vor, welche ich als Blutkammern bezeichnet habe. Ich wählte diesen nichts präjudizieren- den Ausdruck vor allem deshalb, weil die hier zu beschreibenden Abschnitte des Gefäßsystems mit keiner der bisher in der Literatur bekannt gewordenen Einrichtungen vollkommen übereinstimmen. Wie die in Fig. 1 wiedergegebene Rekonstruktion zeigt, sind zwei solche Kammersysteme vorhanden, ein unpaariges in der Mitte gelegenes und ein paariges bilateral symmetrisches. Was nun zunächst die beiden seitlich von der Zehenachse ge- legenen Kammern anbelangt (vgl. Fig. 11.XK), so handelt es sich hier um zwei große, fast die ganze herzförmige Verbreiterung der Zehe einnehmende Räume, die einander an einer ganz schmalen fast am Ende der letzten Phalange gelegenen Stelle eng anliegen. Eine etwa hier vorhandene Kommunikation konnte ich nicht nachweisen. Der periphere Teil jeder Seitenkammer zeigt eine Reihe von Ausbuchtungen, welche im großen ganzen derart angeordnet sind, dab je einem Haftblättehen eine solche Ausbuchtung entspricht. Der proximale Abschnitt jeder Seitenkammer ist durch die Stützplatte gedeckt, aus ihm fließt das Blut vermittels einer Vene ab, deren Beschreibung später folgt. Ein wenig proximal und medial von der erwähnten Abflußstelle befindet sich die Kommunikation mit der Mittelkammer. Die peripheren Partien der Seitenkammern, vor allem die sack- förmig ausgebuchteten Stellen liegen der volaren Cutis fast direkt auf; der Teil, welcher durch das vesikulöse Stützgewebe gedeckt ist, ist von der Cutis durch eine schmale Lage von Fettgewebe und durch die hier in die Haftplättchen einstrahlenden Bündel der Beugersehne 314 Julius Tandler, geschieden (vgl. Fig. 5 M.fl.p). Da aber in den distalen Abschnitten der seitlichen Blutkammern die dorsale Cutis der Decke der Seiten- kammern fast unmittelbar aufliegt, entspricht der Höhendurchmesser der Kammer fast der Dicke der Kammer (vgl. Fig. 2). Im Bereiche ihrer ganzen Ausdehnung sind die Seitenkammern einschichtig, das heißt man findet nirgends zwei Stockwerke von Bluträumen übereinander liegen (vgl. Fig. 2 und 3). Zwischen Boden und Decke jeder Seitenkammer sind Septa folgendermaßen untergebracht. Diejenigen Zwischenwände, welche die schon beschriebenen peripheren Ausbuchtungen voneinander trennen, erstrecken sich ein Stück weit in den gemeinsamen Kammer- raum hinein, stellenweise treten zwischen ihnen neue Scheidewände auf, so daß zu mindest der periphere Kammerabschnitt in eine größere Reihe von kleineren Blutkammern zerfällt. Die immer vom Boden bis zur Decke reichenden Septa (vgl. Fig. 2 S) zeigen Öffnungen, durch welche die einzelnen kleinen Kammern direkt in Verbindung stehen. Diese Öffnungen in den Septen werden, je weiter man proximalwärts kommt um so größer und zahlreicher, so daß schließ- lich die mittlere Partie der Seitenkammer so aussieht, als bestünde sie nur aus einem einzigen großen Blutraum, in welchem sich ganz regellos verteilt vom Boden bis zur Decke reichende säulenartige Stützen befinden. Dem proximalsten Teil der Seitenkammer fehlt jede Spur von Unterteilung (vgl. Fig. 3 I.K). | Die mittlere Blutkammer (vgl. Fig. 1 m.K) ist von der Fläche eesehen beiläufig quadratisch, nur die beiden proximalen Eeken sind ein wenig ausgebuchtet. Der Höhendurchmesser der Kammer nimmt distalwärts ab. Unmittelbar nach innen von den erwähnten Aus- sackungen liegen die Mündungen der beiden zuführenden Arterien. An den zwei distalen Ecken befinden sich die Kommunikationen mit Seitenkammern. ' | Die mittlere Kammer liegt zwischen der Unterfläche des Knochens und der oberen Fläche der Beugersehne, ihre proximale Wand liest dem Rücken der keilförmigen Gewebsmasse auf. Sie zeigt keine An- deutung einer Septenbildung. Die Wände der Seitenkammer und der Mittelkammer bestehen aus fibrillärem Bindegewebe, elastischen Fasern und aus glatter Muskulatur. Die ersten beiden Gewebsformen bilden den Haupt- bestandteil, glatte Muskeln sind nur spärlich vorhanden. Die Septa zeigen denselben Aufbau. Selbstverständlich sind alle den Bluträumen Beiträge zur Anatomie der Geckopfote. 315 zugekehrten Flächen mit Endothel bekleidet. Eine Differenzierung in Intima und Media, wie sonst an Gefäßwänden, läßt sich nirgends nachweisen. Dort wo die Seitenkammern der Phalange, der Nagel- scheide oder dem vesikulösen Stützgewebe anliegen, ist ihre Wand mit der Oberfläche der betreffenden Gebilde innig verwachsen. Be- merkt sei nur noch, daß die Wand der Mittelkammer durchschnittlich bedeutend dünner als die der Seitenkammern ist, daß sie aber mit ihrer Umgebung fest verbunden zu sein scheint. Vor der Beschreibung der Abflußwege der Kammern ist hier noch eines Muskels zu erwähnen, der zu den Kammerwänden in eigenartige Beziehungen tritt. Es handelt sich um einen glatten Muskel, welcher gerade am proximalen Ende des Nagelbettes ent- springt. Er entsteht mit einigen Bündeln noch am Nagelfalz selbst, mit einigen andern an der Stützplatte. Sofort nach seinem Ursprung teilt er sich in mehrere Faszikel und zieht zuerst volarwärts (vgl. Fig. 5 9.M) und dann fächerförmig aufgebündelt zum Boden der Seitenkammer distal- und lateralwärts (vgl. Fig. 1g.M). Er ist hier in Form von kleinen Vorsprüngen ziemlich weit peripherwärts zu verfolgen (vgl. Fig. 2 9.M). Das volarwärts ziehende Stück des Muskels durchbricht den medialsten Abschnitt der Seitenkammer (vgl. Fig. 5). Der Muskel ist selbstverständlich bilateral symmetrisch vorhanden. Nach Ansatz und Verlauf zu schließen würde dieser Muskel im stande sein, den Boden der Seitenkammer zu heben, ihn also der durch die Stützplatte fixierten Decke zu nähern; außerdem aber müßte er in- folge seiner radiären Anordnung die Seitenkammer in ihrem Längen- und Breitendurchmesser verkürzen, so daß die Aktion dieses Muskels das Kammervolumen in allen drei Richtungen gleichzeitig verringern könnte. Die Mittelkammer, welche von den beiden früher beschriebenen Arterien gespeist wird, besitzt keine abführende Vene. Ihr Blut muß daher durch die kurzen aber weiten Kommunikationen in die beiden Seitenkammern abfließen. An den beiden Abflußstellen sind je zwei Taschenklappen unter- gebracht (vgl. Fig. 4 Kl). Diese sind derart aufgestellt, daß eine an der dorsalen, die andre an der volaren Wand der Kommunikations- stelle entspringt. Die Klappen gestatten wohl den Abfluß des Blutes von der Mittelkammer gegen die Seitenkammer aber nicht umgekehrt. In Fig. 4 sind die beiden Klappen in halbgeschlossener Stellung, der Länge nach getrofien, wiedergegeben. Ich möchte bemerken, daß 316 Julius Tandler, es mir nicht immer gelungen ist, diese Klappen nachzuweisen; es wäre daher möglich, daß dieselben nicht konstant vorkommen. Jede Seitenkammer besitzt einen einzigen Abfluß in Form einer Vene, welche am proximalen Ende der Kammer entspringt. Da diese Abflußstelle eine Reihe interessanter Eigentümlichkeiten besitzt, möchte ich sie des ausführlichen beschreiben und erst dann die hierher ge- hörige Literatur anführen. Einige Sehnitte distal von jener Stelle, die in Fig. 4 wiederge- geben ist, zeigt die volare Wand der Seitenkammer insofern eine Veränderung, als sie durch die Aufnahme von glatter Muskulatur dieker wird. Drei Schnitte distal vom abgebildeten zeigt sich an der volaren Kammerwand, an der der Abflußöffnung entsprechenden Stelle, eine kleine Vertiefung, welche von einer unter der Intima gelegenen niederen Lage von Zellen umkleidet ist. Diese Zellen haben dasselbe Aussehen, wie die später zu beschreibenden unter der Venenintima befindlichen. Am nächsten Schnitt wird diese Zellschicht bedeutend dicker, sie bleibt dabei ebenso wie früher von der muskulösen Wand der Kammer außen umgeben. Am folgenden Schnitt zeigt sich in der zelligen Anhäufung ein ganz kurzer Spalt, während unmittelbar darauf die Region das in Fig. 4 wiedergegebene Aussehen hat. Man sieht hier den volarwärts führenden von beiden Seiten durch eine mächtige Zellschicht flankierten Spalt (Fig. 4 V). Die Kammerwand umgreift diese Zelllage volarwärts und beginnt auch schon (in Fig. 4 rechts) an die Dorsalseite zu reichen. An den folgenden Schnitten schließt sich zuerst der Spalt gegen die Kammer ab und ist daher ringsum von der eigentümlichen Zellschieht umgeben; dann vereinigen sich auch die beiden Ränder der Kammerwand, so daß jetzt ein das ganze Abflußrohr umgreifender Muskelring vorhanden ist, dessen obere Hälfte noch gleichzeitig Kammerwand bildet. Unmittelbar darauf sepa- rieren sich Kammerwand und Ringmuskelschicht. Auf einem nächsten Schnitte verschwindet die Kammer vollständig, es bleibt nur noch ein diekwandiges Gefäß übrig, welches aus einer äußeren Ringmuskelschicht und einer inneren sehr dicken Zelllage besteht und ein äußerst feines Lumen zeigt (vgl. Fig. 6). Dieses Bild bleibt durch eine Reihe von Schnitten, bis ganz unvermittelt die innere Zellschicht verschwindet, und das Gefäßlumen weit wird. Von da an zeigt das Gefäß das Gepräge einer dinnwandigen mit einer weiten Lichtung versehenen Vene. Wie aus der Beschreibung der Schnittserie hervorgeht, handelt es sich hier um ein schief in die Kammerwand implantiertes Abfluß- rohr, dessen innerer Zellenbelag noch ein Stück weit in die Kammer Beiträge zur Anatomie der Geckopfote. 317 hineinreicht. Die hier in Betracht kommende Zellschicht besteht aus großen, hellen blasig aussehenden Zellen, welche deutliche Zellgrenzen zeisen. Die Kerne sind groß länglich, aber nicht typisch stäbchen- förmig. Nach der Richtung der Längsachsen der Kerne zu schließen, liesen die Zellen ziemlich unregelmäßig derart angeordnet, daß ein Teil eircular, ein andrer der Länge nach in der Gefäßwand gelagert ist, gegen das Lumen zu überwiegen hierbei die längsgerichteten Zellen. Färbt man nach van GIEsoN, so erscheint die Zellschicht nicht wie glatte Muskulatur einfach gelb, sondern sie nimmt einen Stich ins Rötlichbraune an. Ich bin trotzdem der Ansicht, daß es sich hier um glatte Muskulatur, allerdings eigentümlich modifiziert, handelt. Aussehen und Schichtung der Wand des hier besprochenen venösen Abflußrohres erinnert an die von GROSSER beschriebenen mikroskopischen Verhältnisse an den Wänden der arteriovenösen Anastomosen beim Menschen. GROSSER bezeichnet die daselbst vor- kommende Zellschicht ebenfalls als modifizierte glatte Muskulatur, nur sind die Zellgrenzen bei den von ihm beschriebenen Gebilden nicht deutlich sichtbar. Es ist aber kaum anzunehmen, daß dieses Verhalten einen prinzipiellen Unterschied bedeute. Weitere Angaben über ein Vorkommen einer derartig modifizierten Muskelschicht an Gefäßen sind mir aus der vorliegenden Literatur nieht bekannt. Die innerhalb von der Ringmuskelschicht der Gefäße (Arterien, Anastomosen und Venen) von verschiedenen Autoren auf- gefundenen Längsmuskeln bestehen immer aus typischen glatten Fasern und sind in Form von Längswälsten geordnet. Es ist wohl wahrscheinlich, daß diese modifizierte Muskulatur einen prompten schnell erfolgenden und vollkommenen Verschluß des Gefäßes, hier also der abführenden Vene, ermöglichen soll. Wie aus dem bisher Gesagten hervorgeht, besitzt Piyodactylus lobatus im distalen Abschnitte seiner Zehen einen höchst eigentümlichen, kompliziert gebauten Apparat, dessen morphologischer Aufbau ohne jeden Zweifel der ganz eigenartigen Fähigkeit dieser Tiere, an glatten Wänden zu haften, funktionell angepaßt ist. Es ist ja eine allgemein bekannte Tatsache, daß die verschiedenen Arten der Geckotiden nicht nur an vertikalen, sondern auch an über- hängenden Wänden, an Zimmerdeeken, mit dem Rücken nach ab- wärts gekehrt, sowohl herumkriechen aber auch stundenlang in dieser Position haften können. Da dieses Haftenbleiben, wie bekannt, nicht durch irgend ein klebriges Agens ermöglicht wird, so hat man versucht dieses Phänomen 818 Julius Tandler, auf andre Artzu erklären; so sagt beispielsweise SIMMERMACHER darüber folgendes: »Die Wirkung der Lamellen und Härchen ist nun eine sehr einfache. Durch Niederdrücken des Fußes werden die Lamellen aus- einander geschoben und damit die zwischen ihnen befindliche Luft ausgetrieben. Beim Zurückziehen des Fußes kehren die Lamellen in ihre alte Stellung zurück, d. h. sie werden wieder aufgerichtet, so daß zwischen ihnen eine Reihe luftleerer Räume entsteht und der ganze Fuß durch den Druck der umgebenden Luft festgehalten wird.« Dewırz und HAAsE sind der Ansicht, daß das Haften der Gecko- zehen vor allem auf Adhäsion beruhe. Ich möchte nun im folgenden ganz kurz anführen, in welcher Weise ich mir die physiologische Verwendung des von mir be- schriebenen Apparates vorstelle. Es ist dabei selbstverständlich, daß es sich nur um Schlußfolgerungen handelt, welche aus den morpho- logischen Tatsachen deduziert werden, daß aber nur experimentelle Untersuchungen den Vorgang des Haftens erklären könnten. Der herzförmig verbreiterte Haftlappen wird fast in seinem ganzen Umfang von den Blutkammern eingenommen. Diese geben, mit Blut gefüllt, eine bedeutende Plastieität, d. h., das Tier ist dadurch im stande die Unterfläche des Haftlappens den betreffenden Unterlagen fest und innig anzuschmiegen. Diese genaue Adaption und die Cuti- cularhaare zusammen dürften wohl genügen, um das Gewicht dieses Tieres zu ertragen. Hierbei käme sowohl die Wirkung des luftleeren Raumes als auch die Adhäsion in Betracht. Da diese Tiere, wie die Autoren beschreiben und wie ich es auch selbst gesehen habe, rasch laufen, also schnell die eben auf- gesetzten Haftscheiben von der Unterlage wieder lösen, so dürften bei der kurzen Zeit des Haftens die Blutkammern ununterbrochen gleichmäßig gefüllt sein, da ja kaum anzunehmen ist, daß sich dieses System so rasch entleeren und wieder füllen sollte Für die Fort- bewegung dürften demnach die Kammern nur dadurch dienen, daß sie die genaue Adaptierung der Haftlappen ermöglichen. Ihr Füllungs- zustand würde dabei durch den modifizierten Muskelbelag der ab- führenden Vene reguliert werden. Wenn diese Tiere aber durch längere Zeit an ein und derselben Stelle haften, wie dies ja gewiß vorkommt, da ich selbst diese Tiere stundenlang an der Decke und an den Wänden eines gläsernen Käfigs hängen sah, so könnte dies von ihnen folgendermaßen durch- geführt werden. Das Tier legt alle Haftballen seiner Extremitäten dicht an die Beiträge zur Anatomie der Geckopfote. 319 Unterlage an, und nun erst kontrahiert sich der beschriebene glatte Muskel in der Richtung gegen seinen Ansatz, die Stützplatte. Da- durch werden die Seitenkammern nach allen Dimensionen kleiner und es entsteht zwischen der Unterfläche der Haftlappen und der Unterlage ein luftleerer Raum. Das Tier saugt sich gleichsam auf diese Weise an der Unterlage fest. Hierbei ist die abführende Vene offen. Sowie diese geschlossen wird und der Saugmuskel nachläßt füllt sich die Seitenkammer und die Saugwirkung hört auf. Ich glaubte ursprünglich, daß der beschriebene Vorgang auch während der Fortbewegung eintritt, bin aber an dieser Meinung zweifelnd geworden, da ich eine so schnelle Wechselwirkung zwischen glatten Muskeln, wie sie dazu notwendig wäre, nicht annehmen kann. Das Tier kann aber außerdem, wie ich glaube, sofort durch Innervation: seiner Zehenbeuger die Saugwirkung aufheben und zwar folgendermaßen. Wie erwähnt geht ein Teil der Beugersehne zur Cutis der mittleren Haftleisten. Wenn nun an diesen Sehnenbündeln gezogen wird, so werden die hinteren Enden der fächerförmig aus- gebreiteten Haftleisten gelüftet und so durch das Eindringen der Luft die Saugwirkung aufgehoben. Il. Platydactylus annularis. Die Zehen des Platydactylıs (Ascalabotes, Tarontola) sind frei. Sie sind der ganzen Länge nach verbreitert, wobei die Verbreiterung distalwärts allmählich zunimmt. An der Unterseite befinden sich querverlaufende Haftplättchen, welche mit ihren freien Kanten gegen das Zehenende gerichtet sind. Der Daumen, die zweite und die fünfte Zehe sind krallenlos. Eine Anzahl von Zehen wurde der Quere und der Länge nach in Sehnittserien zerlegt und so behandelt, wie .dies beim Piyodactylus angeführt erscheint. Die Zehen haben durchschnittlich fünf Phalangen. Da es nicht im Rahmen dieser Mitteilung lag, wurde des Genaueren auf die Pha- langenzahl entsprechend den einzelnen Zehen nicht weiter Rücksicht genommen. Da meist nur abgetragene Zehen geschnitten wurden, ließ sich auch nicht feststellen, ob der Daumen oder der fünfte Finger ebenfalls fünf Glieder besitzen. Bemerkt sei noch, daß die Phalangen distalwärts fortlaufend gezählt, respektive benannt wurden, so daß also die Grundphalange die erste ist.” Da die Phalangen bezüglich ihrer Form denen des Piyodactylus sehr ähnlich sind, kann von einer genaueren Beschreibung Umgang genommen werden. An der dritten 320 | Julius Tandler, und vierten Zehe deckt auch hier der lange Nagel die gebogene Endphalange fast vollkommen. Was.das Vorkommen des vesikulösen Stützgewebes betrifft, so ist diese Gewebsform hier wieder teils in der starren Sehnenscheide des tiefliegenden Beugers, teils in der Sehne selbst nachweisbar. Außerdem bildet dieses Gewebe die fast an allen Gelenken vorkommenden Sesamknochen. Solche Sesamknochen fand ich in die Sehne der Strecker auf- genommen am Metakarpophalangealgelenke und an allen Interphalan- gealgelenken mit Ausnahme des distalsten. An der Beugeseite liegen Sesamknochen am Metakarpophalangealgelenke und an allen Inter- phalangealgelenken mit Ausnahme des Gelenkes zwischen dritter und vierter Phalange. Hier fand ich in allen Fällen nur eine diffuse Ein- lagerung von vesikulösem Stützgewebe in die Sehne des Flexor pro- fundus, gerade dort, wo sie dieses Gelenk passiert. Bemerkt seinoch, daß die Sesamknochen der Beuger Übergangs- erscheinungen zwischen vesikulösem Stützgewebe und echtem hyalinen Knorpel zeigen. So besteht beispielsweise die sesamoide Einlagerung am Gelenke zwischen zweiter und dritter Phalange meistens fast nur aus hyalinem Knorpel. Übrigens wird gerade dieser Sesamknochen noch ausführlicher zu besprechen sein. An der Streckseite der Zehen hat Platydactylus annularis eine Streckaponeurose, wahrscheinlich angehörig dem M. extensor digitorum communis longus (FÜRBRINGER) (vgl. Fig. 7 M.e.l) und den Mm. inter- ossei dorsales. In dieser Aponeurose enden auch die Bündel des M. extensor digitorum brevis (FÜRBRINGER), welehe als quergestreifte Muskelbündel bis an die Endphalange reichend nachweisbar sind (vgl. Fig. 7 M.e.b. An der Beugeseite befinden sich zwei Beuge- muskeln, der Flexor digitorum communis sublimis (SANDERS) oder brevis (FÜRBRINGER) und der Flexor digitorum profundus (SANDERS). Der Flexor sublimis (Fig. 7 M.fl.s) gelangt teils schnig, teils noch fleischig an den Sesamknochen (o.s), der an der gelenkigen Verbindung zwischen der zweiten und dritten Phalange liegt. Hier spaltet sich der Muskel in einen rechts und in eimen links von der Mittelebene der Zehe gelegenen Muskelzug. Gleichzeitig setzt sich der größere Teil der Fasern eines jeden Muskelzuges derart an das Sesambein an, daß die beiden seitlichen Abschnitte des querovalen Sesam- knochens als Insertionsflächen benutzt werden, während ein kleinerer Teil des Flexor sublimis nur locker oder auch gar nicht mit der früher beschriebenen Partie in Verbindung tritt. Beide Muskelab- schnitte werden distal von dem Sesambein sehnig und ziehen vereint . Beiträge zur Anatomie der Geckopfote. 321 weiter. Sie liegen dabei mehr in den lateralen Abschnitten der ver- breiterten Zehen, die Mitte fast völlig frei lassend und verhalten sich wie folet: Entsprechend einer jeden zwischen zwei Haftplättchen ge- legenen Vertiefung löst sich ein Sehnenfaszikel von den beiden paarigen Sehnenzügen des Flexor sublimis los und zieht schief nach vorn und unten zur Haut. Hier endet jedes Faszikel derart, daß seine mittlere Partie an der tiefsten Stelle des Einschnittes inseriert, während seine Randpartien in die beiden benachbarten Haftplättchen, also in ein proximales und in ein distales ziehen und hier in der den be- treffenden Einschnitt begrenzenden Cutis enden. Auf diese Weise erschöpfen sich die beiden paarigen Sehnenzüge in ihrem Verlaufe distalwärts durch ununterbrochene Abgabe solcher Faszikel an die Haut (vel. Fig. 7). Der M. flexor digitorum sublimis hat demnach zu mindest in diesem Abschnitte keine Verbindung mit dem Knochen und ist ein Hautmuskel. In seiner Arbeit: »Untersuchungen über den Bau und die Ent- wieklung der Haftlappen bei den Geckotiden« sagt Haase folgendes: »Auf Schnitten, welche durch den mittleren Teil der Haftlappen gelegt sind, sieht man unterhalb der Phalangen in der Längsrichtung der Zehen einen Gewebsstrang verlaufen, welcher nach abwärts mehrere Fortsätze entsendet. Ein jeder derselben tritt an die zwischen je zwei Haftlappen befindliche Übergangsstelle heran. Hier inseriert er an der Unterseite der Epidermis dieses Abschnittes, läßt sich aber noch eine Strecke weit an der Unterseite der palmaren Epidermis verfolgen. Ohne Zweifel steht dieser Gewebsstrang, den ich als einen glatten Muskel anspreche, in Beziehung zur Haftfunktion.« Ich konnte nun nirgends an den von mir untersuchten Objekten einen solchen glatten Muskel wahrnehmen, sondern fand überall das beschriebene Verhalten der Sehne des M. flexor sublimis, wie ich es schon seinerzeit demonstriert habe. Es liegt deshalb die Vermutung nahe, daß der von Haase be- schriebene glatte Muskel mit der Sehne des oberflächlichen Beugers identisch sei. | ENTER Der M. flexor digitorum profundus (Fig. 7 M./l.p) wird schon oberhalb des Karpalkanals sehnig. Seine Sehnen ziehen in Leit- kanälen, welche durch die an der Unterseite der Phalangen befind- liche Knochenrinne und die starke Sehnenscheide gebildet werden, distalwärts. Die Sehnenscheide ist vielfach durch die Aufnahme von vesikulösem Stützgewebe versteift. So gelangt die Sehne des tief liegenden Beugers bis an das Gelenk zwischen zweiter und dritter 2 Julius Tandler, Phalange und an den daselbst gelagerten Sesamknochen. Hier kommt die Sehne an die volare Seite desselben und hierbei gleichzeitig zwischen die beiden Teile des oberflächlichen Beugers zu liegen. An das Sesambein selbst ist sie angewachsen. Bis an diese Stelle ist die Sehne oberflächlich vom Muskelfleisch des Flexor sublimis gedeckt, seitlich und dorsal von Muskelbündeln flankiert, welche wohl den Mm. interossei ventrales (Fig. ” M.i.v) und den Lumbrieales ange- hören. Diese Muskelbündel enden an dem Sesambein. Die Sehne des Flexor profundus zieht nun in der steifen Sehnen- scheide distalwärts, zeigt am Gelenk zwisehen der dritten und vierten Phalange eine diffuse Einlagerung, vesikulösen Stützgewebes, passiert mittels eines Sesamknochens das distale Interphalangealgelenk und endet am Nagelglied. Während ihres Verlaufes erscheint sie stellen- weise durch Sehnenbündel an die plantare Seite der einzelnen Pha- langen befestigt. Diese Bündel, welche vielfach elastisches Gewebe enthalten, lassen sich oft weit hin in der Sehne isolieren. Wie be- schrieben liegt wohl die Sehne des Flexor profundus an einer Stelle zwischen den beiden paarigen Anteilen der Sehne des Flexor sublimis, von einer veritablen Durchkreuzung der beiden Sehnen, wie dies sonst der Fall ist, kann aber hier nicht die Rede sem, da ja distal von dieser Stelle die Sehne des oberflächlichen Beugers keine In- sertionsstelle am Knochen besitzt. Daß die Sehne des Flexor sublimis von der des tiefen Beugers nicht perforiert wird, hat SANDERS am Platiydactylus japonieus kon- statiert. »Bei Platydactıylus. verbindet sich jede der fünf Endsehnen (des Flexor sublimis) mit denen des M. ulno-digitalis (Flexor profundus) und inseriert sich an dem Capitulum des Metacarpus des ersten bis fünften Fingers. Hier findet aber keine Perforation statt« (SANDERS eitiert nach Bronx Klassen und Ordnungen des Tierreichs). Allerdings paßt diese Beschreibung nicht auf die bei Er a annularis erhobenen Befunde. Auch an den Zehen von Platydactyhıs annularis konnte ich Ein- richtungen am Gefäßsystem nachweisen, welche bis zu einem gewissen Grade an die bei Piyodactylus beschriebenen erinnern und ebenfalls ohne Zweifel für die Haftfunktion von Bedeutung sind. An jedem Rande der Zehe befindet sich eine Arteria digitalis volaris und dorsalis. Die erstere zieht anfangs lateral vom M. flexor sublimis distalwärts. Später nähert sie sich immer mehr der Sehnen- scheide des M. flexor profundus an deren Seite sie weiter peripher- wärts verläuft, während ihre ursprüngliche Lage zur Seite der Sehne Beiträge zur Anatomie der Geckopfote. 323 des oberflächlichen Beugers von einem mächtigen Aste der Arterie eingenommen wird. Die Arteria digitalis dorsalis liegt ebenfalls an- fangs mehr lateral, später mehr dorsal. Am Querschnitt dureh die Zehe in der Höhe der zweiten oder dritten Phalange findet man demnach drei Arteriendurchschnitte, einen volaren neben der Sehnenscheide, Art. digitalis volaris, einen lateralen neben dem Flexor sublimis, Ast der Art. digitalis volaris, und einen dorsalen, Art. disitalis dorsalis. Die volare Fingerarterie läßt sich, ihre Lage beibehaltend, bis in die Endphalange verfolgen. Sie entläßt eine Reihe von Ästen, welche dorsalwärts ziehen, zwischen der Sehnen- scheide des tiefen Beugers und einem Sehnenzug des oberflächlichen Flexor hindurchtreten, letzteren umgreifen und sich den Haftlappen zuwenden. Die Arteria digitalis volaris, welche ebenfalls weit distal- wärts verfolgbar ist, gibt ebenfalls Äste ab, welche auch dorsal von den zur Cutis ziehenden Zügen der Beugersehne gelegen in die Haft- lappen gelangen. Der vorhin besprochene laterale Ast der Arteria digi- talis volaris verliert sich ziemlich bald distal von der dritten Phalange. Die einzelnen Haftplättehen sind reichlich vaskularisiert; hierbei liegen gerade die größeren Venen der Cutis dicht an. Ob das in den Venen der Haftblätter enthaltene Blut nur auf dem Wege der Kapillaren dahin gelangt, möchte ich bezweifeln, wenn es mir auch nicht gelungen ist, zweifellos einen direkten, also präkapillaren Übergang von den Arterien zu den Venen festzustellen. Die Venen der einzelnen Haftblätter sammeln sich zu mächtigen Venenstämmen. In jedem Haftblättehen liegt nun solch ein Venenstamm rechts und links von der Mittelebene der Zehe. Er verläuft, transversal auf die Längsachse der Zehe eingestellt, medialwärts und mündet in eine ventral von der Sehnenscheide des M. flexor profundus gelegene Blutkammer (vgl. Fig. 8 V.d.H). Diese entsteht paarig im Bereiche der distalsten Haftblättehen. Noch unter dem Nagel vereinigen sich die beiden seitlichen Abschnitte zu einem großen, anfangs mehr platten, später eylinderförmigen Blutraum, der unpaar bis an das Gelenk zwischen dritter und vierter Phalange reicht. Diese Blut- kammer deckt demnach die Sehnenscheide des tiefliegenden Beugers in ihrem Verlaufe über die beiden distalen Phalangen, sie ist hier- bei zu beiden Seiten von den Sehnenzügen des M. flexor sublimis flankiert (vgl. Figsg. 8 und 9). Entsprechend jedem Haftblättchen erhält die Blutkammer von rechts und links den Zufluß je eines starken Venenstammes, so daß sie wie doppelt gefiedert erscheint. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Ba. 22 324 Julius Tandler, Am Gelenke zwischen dritter und vierter Phalange angelangt, spaltet sich der gemeinsame mittlere Blutraum unvermittelt in zwei abführende Venen, welche noch später beschrieben werden sollen. Die Wand der Blutkammer ist ziemlich gleichmäßig dünn. Nur dort, wo die seitlichen Zuflüsse münden, erscheint sie leieht verdickt. Die obere Wand ist an der Unterfäche der Sehnenscheide fixiert, die untere Wand des Blutraums liegt der Cutis dieht an. Am Auf- bau der Wände überhaupt sind glatte Muskulatur und reichlich elastische Fasern beteiligt. Die beiden abführenden Venen haben anfangs ein weites Lumen und Wände, welche denen des Blutraums völlig gleichen. Im Be- reiche des Gelenkes zwischen der zweiten und dritten Phalange um- sreifen die Venen das hier gelagerte Sesambein lateralwärts. Von hier an geht insofern eine Änderung in diesen Venen vor sich, als ihre Lichtung kleiner, ihre Wanddicke aber bedeutend größer wird. Die Verdiekung der Wand wird durch die Einlagerung von glatter Muskulatur hervorgebracht. Wenn sich hier auch nicht so gebaute Einrichtungen nachweisen lassen wie an den abführenden Venen der Zehen bei Piyodactylus, so scheint die ausnehmende dicke Venen- wand einen vollständigen Verschluß des betreffenden Lumens leicht herbeiführen zu können. Weiter distal bekommt das Gefäß wieder das Gepräge einer normalen Vene und schließt sich der Art. digitalis volaris der betreffenden Seite an, während gerade das wanddicke Stück stark medialwärts verschoben unter die untere Wand der Sehnenscheide zu liegen kommt. Irgendwelche besondere mechanische Vorrichtungen konnte ich nicht auffinden. Was nun die eventuelle Funktionsweise der hier beschriebenen morphologischen Eigentüm- lichkeiten anlangt, möchte ich folgendes bemerken: Der Blutreichtum der Haftblättchen und die längs verlaufende Blut- kammer werden wohl in ähnlichem Sinne wirken, wie dies bei Piyodac- iylus angegeben wurde. Sie werden die Adaptierung der Zehe an die Unterlage ermöglichen helfen und vielleicht auf diese Weise die schon durch Cutieularhärchen angebahnte Adhäsion bedeutend verstärken. Die Sehnenbündel des M. flexor sublimis, welche zu den Haft- leisten ziehen, könnten die zwischen diesen gelegenen Quertäler ver- tiefen und damit eine Saugwirkung ausüben. Gegen diese Funktion spricht nur der Umstand, daß, wie auch HAAsE hervorhebt, diese talartigen Räume wohl distal und proximal, aber nicht lateral abge- schlossen sind. Es würde demnach hier eine Kommunikation mit der Außenluft bestehen bleiben. are Del 2 Fa A An Sb tn a u un 2 70 ne j Beiträge zur Anatomie der Geckopfote. 395 Die Annahme Haases, daß durch den Muskelzug die palmare Haftlappenfläche an der Unterlage vorbeigezogen und hierdurch die Adhäsion erhöht werde, scheint mir ebenso unwahrscheinlich als die Erwägung, daß durch diese Muskelaktion der hintere Abschnitt der palmaren Epidermis von seiner Unterlage abgehoben werde, und durch die eindringende Luft eine Aufhebung erfolgen würde. Dabei wäre ganz davon abzusehen, daß der von HAAse beschriebene Muskel als glatter Muskel solche Funktionen überhaupt kaum zu leisten im stande sein dürfte. Wenn wir aus morphologischen Änderungen irgend eines Organs auf physiologisch veränderte Qualitäten schließen können, so müssen wir aus der Tatsache, daß hier ein Muskel einen neuen als Haut- muskel wirkenden Anteil aquiriert hat, auf eine wichtige funktionelle Anpassung schließen und daraus die physiologische Dignität dieser morphologischen Änderung postulieren. Ich zweifle nicht daran, daß das eigenartige Verhalten des M. flexor sublimis bei dieser Spezies für den Modus der Fortbewegung der dieser Form angehörigen Individuen funktionell bedeutungsvoll ist, möchte aber über die Art und Weise seiner Funktion nichts aus- sagen, da diese doch nur durch das Experiment feststellbar ist !. Wien, März 1903. Literaturverzeichnis, Fer BRoNn, Klassen und Ordnungen des Tierreichs. VI. Bd. II. Abt. 2. 0. CARTIER, Studien über den feineren Bau der Epidermis bei den Gecko- tiden. Inaug.-Diss., Würzburg 1872. 3. 0. GROSSER, Über arterio-venöse Anastomosen an den Extremitätenenden beim Menschen und den krallentragenden Säugetieren. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 60. 4. A. HaaAsE, Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Haft- lappen bei den Geckotiden. Inaug.-Diss., Leipzig 1900. 5. J. SCHAFFER, Bemerkungen über die Histologie und Histogenese des Knorpels der Cyclostomen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. L. 1 Während der Korrektur dieser Arbeit erhielt ich Kenntnis von einer kurzen Mitteilung von FR. WEITLANER. Dieser hat sich mit dem Haftmechanis- mus von Hemidactylus platyurus experimentell beschäftigt, ohne auf die morpho- logischen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen. Er kommt auf Grundlage seiner Beobachtungen zur Ansicht, daß der Luftdruck keinen wesentlichen Faktor für die Adhärenz der Geckopfote bilde. 22* 326 Julius Tandler, Beiträge zur Anatomie der Geckopfote. 6. J. SCHAFFER, Über den feineren Bau und die Entwicklung des Knorpel- gewebes und über verwandte Formen der Stützsubstanz. Diese Zeitschr. Bd. 0. 7. J. TANDLER, Beiträge zur Mechanik des peripheren Blutgefäßsystems. Zen- tralbl. f. Phys. 1899. Verh. d. phys. Klub in Wien. 8. F. WEITLANER, Eine Untersuchung über den Haftfuß des Gecko. Verh. d. zool.-bot. Ges. Wien. Bd. LI. Erklärung der Abbildungen. Zeichenerklärung der Figuren: A.d.v, Arteria digitalis volaris; N, Nagel; !.K, laterale Kammer; 0.5, Os sesamoideum ; .K, mediale Kammer; E.Ph, Endphalange; K, Kammer bei Platydactylus; G.Ph, Grundphalange; K.!, Klappe; M.Ph, Mittelphalange; g9.M, glatter Muskel; S, Septum; M.e.b, Musculus extensor brevis; V, Vene; M.e.!, Musculus extensor longus; V.d.H, Vene des Haftlappens; M.fl.s, Musculus flexor sublimis; v.W, verstärkte Venenwand; M.fl.p, Musculus flexor profundus; v.G, vesiculöses Stützgewebe. M.x.v, Musculus interosseus volaris; Tafel XXIII und XXIV. Fig. 1. Lineare Rekonstruktion einer dreigliedrigen Zehe von Pfyodactylus lobatus, von der volaren Seite gesehen. Fig. 2. Transversalschnitt durch den ganzen Haftlappen in der Höhe des Nagelgliedendes. 30/1 Verer. Fig. 3. Transversalschnitt im "Bereiche des proximalen Endes der ersten Phalange. 50/1 Vergr. Fig. 4 Teil eines Transversalschnittes an der Kon Zwi- schen mittlerer und linker Seitenkammer. Der Schnitt trifft etwas schief ge- führt die Klappen und den Anfang der abführenden Vene. 500/1 Vergr. Fig. 5. Transversalschnitt durch die Ursprungsstelle des glatten Muskels. &0/1 Vergr. Fig. 6. Querschnitt durch die aus der Seitenkammer kommende Vene. 400/1 Vergr. Fig. 7. Längsschnitt durch eine Zehe von Platydactylus halbschematisch. Der Schnitt geht lateral von der Medialebene der Zehe vorüber. 20/1 Vergr. Fig. 8. Transversalschnitt durch eine Zehe im Bereiche der vierten Pha- lange. 50/1 Vergr.. Fig. 9. Längsschnitt halbschematisch gerade in der Medianebene der Zehe. Figg. 1—7. Piyodactylus lobatus. Figg. 7—9. Platydactylus annularis. Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten bei Lumbriculus variegatus Gr. Von P. Iwanow. (Aus dem zootomischen Laboratorium der kaiserl. Universität zu St. Petersburg.) Mit Tafel XXV und XXVI. Mitgeteilt auf dem XI. Kongreß russischer Naturforscher und Ärzte, St. Petersburg, 28. Dezember 1901. Bei seinen Beobachtungen über die Regeneration von Laumbrieulus variegatus hatte BonNEr unter anderm bemerkt, daß 1) das Aus- wachsen der Segmente am vorderen Ende der regenerierenden Wür- mer nach Erreichung einer bestimmten Länge gänzlich aufhört und 2) daß ein Wurmstück, welches aus den vordersten Segmenten be- steht, unfähig ist, neue Segmente an seinem hinteren Ende zu bilden. Diese zwei Eigentümlichkeiten haben durch BürLows Untersuchungen die gehörige Beleuchtung erhalten, indem er auch die faktische Seite dieser Frage weiter ausarbeitete. Er stellte fest, daß das begrenzte Wachstum des vorderen Regenerats von der Beschränktheit der Zahl der sich hier neu ausbildenden Segmente abhängt, welche normaler Weise neun beträgt. Diese neun Segmente sind nämlich dieselben vorderen Segmente, welche sich, wie RATZEL gezeigt hatte, im aus- sewachsenen Zustande durch den Mangel der kontraktilen seitlichen Blutgefäße auszeichnen. Sie bilden die besondere Gruppe der Kopf- segmente und unterscheiden sich auch nach den Eigentümlichkeiten ihrer Regenerationsfähigkeit von den übrigen Segmenten — den Rumpfsesmenten; so können sie, vom Rumpf abgeschnitten, an ihrem Hinterende keine neuen Segmente ausbilden und gehen bald zu Grunde; wenn man aber nur den vorderen Teil dieser Gruppe abschneidet, so reparieren die bleibenden Kopfsegmente diesen fehlenden Teil nur Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bad. 23 £ 328 P. Iwanow, in dem Fall, wenn außer ihnen noch einige Rumpfsegmente vorhanden sind; dabei regenerieren eben so viele Kopfsegmente, wie abge- schnitten wurden. Bei der Bildung der Kopfsegmente werden dieselben als eine gemeinsame Anlage angelegt, die sich sodann der Zahl der entstehenden Segmente entsprechend gliedert. Zu ähnlichen Schlüssen über die Anwesenheit einer gesonderten Gruppe von Kopfsegmenten am vorderen Körperende kam etwas früher auch SEMPER auf Grund seiner Beobachtungen über die Knospungserscheinungen bei Nais; bei diesen Würmern entstehen die vier vordersten Segmente, welche sich durch den Mangel von Nephri- dien und klar ausgeprägten Dissepimenten unterscheiden, aus einem besonderen Kopfteil der Knospungszone, die ihre eignen Keimstreifen bildet; als auf ein besonders beweisendes Merkmal ihrer Abge- sondertheit wies SEMPER darauf hin, daß das jüngste Kopfsegment sich direkt an das älteste Rumpfsegment anlegt, woraus man ersehen kann, daß diese wie jene Segmente zwei abgesonderte Entwicklungs- stufenreihen von Segmenten darstellen. Indem er diese Stellung der Kopfsegmente gegenüber den Rumpfsegmenten sehr verallgemeinert, führt SEMPER von andern Oligochäten, bei welchen er das Vor- handensein der Kopfsegmente konstatieren konnte, noch Dero und Stylaria an. Die anderen Forscher, welche die Regeneration des Vorderendes untersuchten, verwendeten wenig Aufmerksamkeit auf die Eigentüm- lichkeiten des Baues und des Auswachsens der Kopfsegmente; sogar F. v. WAGNER erkennt in seiner letzten Schrift über Reparations- prozesse bei Lumbriculus variegatus die Anwesenheit irgend welcher wesentlichen anatomischen Merkmale, die sie von Rumpfsegmenten unterscheiden würden, nicht an. Seiner Ansicht nach gleichen am vorderen Ende regenerierte Segmente in dem Grade den übrigen Körpersegmenten, daß es unmöglich ist, sie von einander zu unter- scheiden. Aber abgesehen von den Merkmalen, durch welche Bü- Low die Kopfsegmente charakterisiert hat und welche v. WAGNER für unwichtig hält, nämlich dem Mangel an pulsierenden blinden Seitengefäben, ist es möglich, bei aufmerksamer Beobachtung zu be- merken, daß die ersten sieben Segmente sich von den übrigen noch durch andre Merkmale und zwar durch das Fehlen der Chloragogenbe- kleidung auf den Blutgefäßen unterscheiden, welche in den Rumpf- segmenten sehr deutlich bemerkbar ist, indem sie als dunkle Achsen- schnur durch die Körperwand hindurchscheint. Studiert man die Kopfsesmente auf Schnitten, so kann man außerdem folgende ana- Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 329 tomische Eigentümlichkeiten bemerken. Diese sieben Segmente haben, ebenso wie dies nach SEMPER bei Nazs der Fall ist, keine Nephridien; die Dissepimentmuskulatur ist, insbesondere in den vordersten Seg- menten etwas anders verteilt, als im Rumpf; ein perivisceraler Blut- sinus oder, was damit gleichbedeutend ist, ein periviscerales Gefäß- netz fehlt und das Rückengefäß verbindet sich mit dem Bauchgefäß durch paarige, stark verästelte Seitengefäße, welche von RATZEL be- schrieben wurden. Es scheint mir, daß diese anatomischen Eigen- tümlichkeiten in dem Grade wesentlich sind, daß es nicht möglich ist, Kopf- und Rumpfsegmente als identisch anzusehen; die Wichtig- keit dieser Unterschiede tritt noch deutlicher hervor, wenn wir die Entwicklung der Kopf- und Rumpfsegmente bei der Regeneration untersuchen. Indem F. v. WAGNER die Anwesenheit irgend welcher wesent- licher Eigentümlichkeiten des Baues bei den Kopfsegmenten leugnet, erkennt er auch einen andern Unterschied der Rumpf- und Kopf- sesmente nicht an, welchen BüLow nachgewiesen hat, nämlich die für beide Gruppen von Segmenten verschiedene Fähigkeit, abge- schnittene Segmente zu regenerieren. Er wiederholt einfach den Schluß Bonners, daß das vorderste 1,5 Linien lange Wurmstück ebenso wie das hinterste Wurmstück verlorene Segmente nicht repa- riert, und nimmt an, daß das Minimum von vorderen Körpersegmenten, welche der Regeneration fähig sind, zwölf beträgt. Wenn wir voll- kommene Identität aller Körpersegmente annehmen, so ist es unver- ständlich, warum die vorderen Körpersegmente nur in dieser ver- hältnismäßig großen Zahl neue Segmente zu bilden im Stande sind, während dagegen Segmente aus dem mittleren Teile des Körpers, selbst wenn es deren nur fünf oder sechs sind, leicht regenerieren. Wenn wir uns aber der Eigentümlichkeiten im Bau der ersten sie- ben Segmente erinnern, durch welche unter anderem ihre Unfähig- keit selbständig von den Rumpfsegmenten zu existieren erklärt wird (z. B. Mangel der Nephridien), so werden wir verstehen, daß dies seinen Grund darin hat, daß die ersten elf bis zwölf Segmente eine nur ungenügende Zahl zur Regeneration fähiger Rumpfsegmente ent- halten. F. v. WAGNER leugnet die Existenz besonderer Kopfsegmente noch aus dem Grunde, weil die Zahl der Segmente, die sich bei der Regene- ration am vorderen Ende bilden, wie er bemerkt hat, zwischen fünf und neun schwankt, wobei keine dieser Zahlen vorwiegt, und es unmög- lich ist, eine normal auftretende Zahl festzustellen, wie BüLow dies 23* 330 P. Iwanow, behauptete. Auf Grund meiner eignen Erfahrungen schließe ich mich an BüLows Ansicht an, daß eine von diesen Zahlen vorherrschend hervortritt. Bei einer derartigen Verschiedenheit der Meinungen aber kann dies selbstverständlich nicht als genügender Beweis dafür dienen, daß gerade diese Zahl die normale ist; um irgend eine Norm hierin aufzustellen, wird man demnach zu einem andern Mittel greifen müs- sen, und zwar, indem man die Lage der Geschlechtsorgane heranzieht; bei Lumbriceuhıs beginnt nach Hesse das Zwittersystem im achten Segmente und man kann deshalb von den beobachteten Kopfsegment- zahlen als normale Zahl 5, 6 oder 7 annehmen, in der Tat aber nur eine einzige von diesen Zahlen, weil, wie wir dies auch bei andern Oligochäten bemerken können, in der Lagebeziehung der Kopf- segmente zu den Geschlechtssegmenten eine gewisse Regelmäßig- keit existiert; so sind z. B. bei Tubzfex und den Tubrficidae die fünf Kopfsegmente vom ersten Geschlechtssegment immer durch drei sewöhnliche Rumpfsegmente, von welchen das eine sich durch pulsierende Seitengefäße (Herzen) unterscheidet, abgesondert; bei Nais und den Nardae (Dero, Stylaria, Ophidonais) legen sich vier Kopfsegmente dem ersten Geschlechtssegment unmittelbar an. Da sich nun bei Lumbriculus nach meinen Beobachtungen bei der Regeneration in der Mehrzahl der Fälle sieben Segmente am Vorder- ende bilden, und die Geschlechtsorgane von dem achten Körper- segment an beginnen, so ziehe ich daraus die Folgerung, daß diese Anzahl der Kopfsegmente eben normal ist, und folglich ihre Lage- beziehung zu den Geschlechtssegmenten dieselbe wie bei Nass ist, d. h., daß die Kopfsegmente unmittelbar mit dem ersten Geschlechts- segment verbunden sind und das Zwittersystem dieses Wurmes in dem ersten Rumpfsegment beginnt. BürLows Schlußfolgerung, daß die normale Kopfsegmentzahl 9 ist, welche er selbst schwer mit der Lage der vorderen Teile der Geschlechtsorgane im neunten Segment nach BüLows Rechnung) in Übereinstimmung bringen konnte, scheint mir auf einem Irrtum begründet zu sein, der dadurch entstehen konnte, daß dieser Autor bei der Bestimmung der Zahl von Kopf- segmenten solch einseitige Merkmale, wie den Mangel an pulsierenden Blutgefäßanhängen in diesen Segmenten, als grundlegend betrachtete, während diese Anhänge in den vorderen Rumpfsegmenten gewöhn- lich sehr undeutlich ausgesprochen sind (RATZEL, MICHAELSEN); diese Undeutlichkeit rührt wahrscheinlich daher, daß die Verletzung der Anhänge infolge des Blutausflusses während der Amputation bei der Regeneration nicht geheilt wird. Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 331 Bei Lambriceulus, ebenso wie bei fast allen mir bekannten Oligochäten, ist also eine bestimmte Zahl von Kopfsegmenten vor- handen (bei Lumbriculus sieben, bei Rhynchelmis sieben, bei Tubifex und Phreoryctes |Haplotaxis Mehs.] fünf, bei Nais, Stylarıa, Dero, Ophidonais vier, bei Enchytraeus drei Kopfsegmente). Die Beständig- keit dieser Zahlen bestätigt noch einmal die volle Sonderung der Kopfsesmente von den übrigen Körpersegmenten, auf welche auch ihr anatomischer Bau hinweist und welche durch den Unterschied in der Bildungs- und Entwicklungsweise der Anlagen dieser beiden Gruppen von Segmenten bedingt wird; vergleichen wir beide Bildungsweisen, so sehen wir deutlich, daß aus der vorderen Anlage sich nur Kopf- segmente entwickeln können, welche keine Nephridien und keine Chloragogenschichten besitzen. Nach Zerschneiden des Wurmes in einige Stücke ist es möglich, während der Regeneration, wenn diese in den Anlagen an beiden Enden des Wurmstückes gleichzeitig vor sich geht, beide Entwicklungsweisen zu vergleichen. 1. Die Vernarbung der Wunde und die ersten Regenerationsvorgänge. Das Ausströmen des Blutes und der Cölomflüssigkeit beim Durch- schneiden wird sogleich durch lebhafte Kontraktion der Ringmusku- latur, wodurch die Wundränder zusammengezogen werden, aufgehalten; da aber diese Zusammenziehung die Wundränder nicht vollständig zusammenschieben kann, so bleiben an den Enden des Wurmstückes einige innere Organe aufgedeckt; bald aber vernarben diese unbe- deekten Organe, indem sie eine Hülle von spindeltörmigen Bindegewebs- zellen erhalten, die aus der Längsmuskelschicht herauskriechen und die ganze Wunde überkleiden. Darauf beginnen die Epithelialzellen, die den Rand der Wunde bilden, sich abzuflachen und verbrei- ten sich damit auf der Außenfläche der bindegewebigen Narben- hülle, bis sie dieselbe mit einer zusammenhängenden Schicht in die Länge gezogener Epithelialelemente überkleiden; diese neue Schicht scheidet allmählich eine Cuticularmembran ab, so daß die neue Über- kleidung an dem Ende des Wurmstückes ganz undurchdringlich wird. Mit der Bildung der Cuticula über der ganzen neuen vorderen Wand nehmen die Epidermiszellen der letzteren eine freiere Stellung ein und lösen sich demzufolge voneinander. Von diesem Momente an begin- nen Veränderungen in den Epidermiszellen selbst; letztere vergrößern sich nämlich und stoßen infolgedessen wiederum miteinander zusammen; ihre Kerne werden verhältnismäßig großkörniger und heller, sie sind mit einem oder mehreren Kernkörperchen versehen, und ihr Plasma, 332 p. Iwanow, welches auf einer Seite dieht an der Outicula befestigt ist, bekommt unregelmäßige amöboide Konturen (Fig. 1ep). Ebensolche Veränderun- sen treten auch in den der vorderen Wand benachbarten Ektoderm- zellen auf, und infolgedessen beginnen diese letzteren in die neue Wand überzutreten. Das Resultat aller dieser Veränderungen ist eine Zusammenfügung der großen neuen Epidermiselemente zu einer dichten Schicht. Die neue grobzellige Epidermiswand ragt an dem Ende des regenerierenden Stückes als eine kleine Wölbung hervor, die durch Zunahme und Verwachsung der Epithelialzellen bald bis zur Größe einer wohl bemerkbaren Endkappe oder Endknospe . anwächst. Die Epithelialschicht, welche die Narbenhülle überkleidet, enthält aber auch Zellen, die niemals an der Bildung der jungen Epidermis teilnehmen; indem sie inaktiv bleiben, erscheinen sie auf Schnitten als abgesonderte oder gehäufte stark tingierbare und deutlieh degene- rierte Zellen (Fig. 1 *), welche in den Zwischenräumen der aktiven schwach tingierbaren Epithelialzellen (Fig. 1 ep) liegen. In den Kernen der aktiven grobkörnigen Epidermiszellen zeigt sich bald ein Nucleolus, der sich dann in die Länge zieht und etwas später in zwei oder mehrere Nukleolen zerfällt, indem gleichzeitig die Teilung der Zelle vor sich geht; auf solche Art beginnen die jungen Epi- dermiselemente sich zu vermehren. Einige Zellen der Ektodermkappe, hauptsächlich diejenigen von ihnen, welehe in der Bauchwand liegen, nehmen allmählich, ohne sich zu teilen, stark an Größe zu; dann dehnen sie sich in der Richtung nach der inneren Höhle der Kappe aus, bis sie sich von der Outicula losreißen, wobei an derselben nur kleine Reste ihres Plasma hängen bleiben (Fig. 13*), und senken sich unter die Epithelialschicht; hier lagern sich diese Zellen anfangs frei, nach der Zunahme der Jungen Epidermis durch Vermehrung ihrer Elemente aber schmiegen sie sich dieht an dieselbe an, und lagern sich regelmäßig in der Bauch- seite der Knospe (Fig. 2 nmt). Sie besitzen einen großen hellen Kern mit grobkörnigen, gewöhnlich unregelmäßig geformten Nukleolen. Bald nach dem Beginn der Vermehrung der Epithelialzellen durch direkte Kernteilung und nach dem Anfang der Bildung der Subepithelialzellen beginnt auch an verschiedenen Stellen der neuen Epidermis die mitotische Teilung, ihre Entwicklung wird lebhafter und das Wachstum der Endkappe geht merkbar rascher vor sich. Dabei treten die Unterschiede zwischen der jungen Epidermis der Kopfkappe und derjenige der .Schwanzkappe allmählich immer klarer hervor, Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 335 welche sowohl durch die Lage-der Elemente der beiden Endkappen, als auch durch die allgemeine Gestalt dieser letzteren ausgesprochen sind (Figg. 1 und 12). Dies hängt unter anderm davon ab, daß in dem Schwanzende der Darm sich dorsalwärts legt und sehr früh nach außen durchbricht (Fig. 11). Etwas früher als der Unterschied zwischen Schwanz- und Kopfkappe äußerlich bemerkbar wird, zeigt er sich in den Vorgängen, die in den inneren Teilen des Leibes stattfinden. Der neurale Bauchstrang gibt an dem vorderen abge- schnittenen Ende seiner Fasersubstanz zwei gleichlaufende feine Sprossen ab (Fig. 12 »f), die sich vorwärts und etwas nach oben richten und entsprechend dem Auswachsen des ganzen vorderen Regenerats in ihrem Wachstum fortfahren; das hintere Ende des alten Bauchstrangs biegt sich dagegen gewöhnlich etwas hinunter und treibt keine Fasersprossen (Fig. 1a5s). Außerdem erscheinen in der Höhle der Schwanzkappe bald nach der Wundvernarbung sroße amöboide Zellen mit stark tingierbarem Plasma und hellem Kerne mit einem einzigen oder vielen Nukleolen (Figg. 1 und 11 N); anfangs bemerkt man ein bis drei solcher Zellen, dann vergrößert sich aber ihre Zahl allmählich durch Hinzutreten von neuen Zellen. Im Kopfende erscheinen diese großen amöboiden Zellen entweder gar nicht, oder nur in beschränkter Anzahl und geraten, wie es scheint, hierher nur zufällig. Diese sroßkörnigen Zellen kriechen in die Schwanzanlage aus den alten Körpersegmenten und zwar sowohl aus den ihr unmittelbar anliegenden, als auch aus den weiter von ihr entfernten Segmenten: in den erwachsenen, unbeschädigten Körper- teilen liegen sie normaler Weise an den Wänden der Körperhöhle, hauptsächlich in dem Bauchteile der Längsmuskulatur, ja auch auf den Rumpfdissepimenten (Fig. 7 N). Mit RanpoLen, welche auf ihre Anwesenheit in den erwachsenen Segmenten und auf ihre lebhafte Teilnahme an den Regenerationsprozessen hingewiesen hatte, nennen wir diese Zellen »Neoblasten«. So beginnen beide regenerative Endknospen schon ziemlich früh sich durch ihren äußeren und inneren Bau zu unterscheiden und dementsprechend nimmt die Regeneration der Rumpf- und Kopfseg- mente einen verschiedenen Lauf. Was die Phagoeytose an den verletzten Geweben anbetrifft, so kann man dieselbe von den frühsten Regenerationsstadien an (Fig. 11 p) bis zu ziemlich späten Stadien beobachten; die Phagocyten zerfressen vorzugsweise diejenigen Teile der Längsmuskelfasern, die beim Durch- schnitt ihre Kerne verloren haben, sowie die Fasern der verletzten / 334 P. Iwanow, Muskulatur der Borstensäcke. Die Phagocyten unterscheiden sich von den übrigen Wanderzellen der Regenerationshöhle durch ihre ge- ringere Größe und durch ihre Einschlüsse. 2. Regeneration der Gewebe in den Rumpfsegmenten (Schwanzanlage). Bei der fortschreitenden Entwicklung der Schwanzkappe bemerkt man in deren ektodermalen Wand lange Zeit keine wesentlichen Ver- änderungen; die Epithelialzellen fahren fort sich amitotisch und mi- totisch zu vermehren, während einige von ihnen sich in neue große Subepithelialzellen verwandeln, die sich mit den früher gebildeten in regelmäßige Längsreihen anordnen (Fig. 2 amt). Erst dann, wenn die Knospe eine gewisse Größe erreicht, beginnen die großen Sub- epithelialzellen an den vorderen Enden dieser Reihen sich zu teilen (Fig. 2 kzn). Dasselbe findet auch bald in den unmittelbar hinter ihnen liegenden Zellen statt; die Vermehrung verbreitet sich nach hinten, und als Resultat erscheinen einige Längsreihen von Ektoderm- elementen, die alle Übergangsstufen von den einzelnen großen Zellen bis zu dem Zellhaufen darstellen; die großen Zellen ihrerseits gehen unmerklich in die hohen Epithelialzellen über, aus denen der hinterste Teil der Bauchwand der Endkappe besteht (Fig. 2 amt—kzn). Diese Reihen werden bei ihrer ersten Abspaltung durch mehr oder min- der bedeutende Zwischenräume voneinander geschieden, die durch Epithelialzellen ausgefüllt sind; sie sind nur auf der Bauchseite des Körpers angeordnet, und zwar derart, daß eine jede der parallelen Längsreihen der rechten Seite ihre entsprechende Reihe auf der linken Seite hat; im Ganzen treten vier soleher Reihenpaare auf (Fig. S nınt, 1,2,3, 4), aus denen die wesentlichsten Ektodermderivate, wie das Zentralnervensystem und verschiedene innere Quermuskeln entstehen. a. Das Nervensystem. Das innerste Paar der obenerwähnten Längsreihen, d. h. dasjenige Paar, welches der Längslinie zunächst liegt, entsteht etwas näher dem Gipfel der Knospe als die übrigen Paare, dementsprechend sind sie auch während der weitern Entwicklung dieker als die übrigen Reihen (Fig. 3 amt 1). Während ihre hintern Enden ziemlich weit voneinander abstehen, nähern sich die Reihen vorn einander allmählich, indem sie durch die Vermehrung ihrer Elemente nach der Mittellinie zu breiter werden; schließlich stoßen sie median zusammen und bilden einen dich- ten Längsstamm, welcher jedoch deutliche Anzeichen seines paarigen Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 335 Ursprungs aufweist; es ist dies die ursprüngliche Anlage des zukünf- tigen ventralen Nervenstranges (Fig. 4 Ds). Die übrigen drei Paare von Reihen entwickeln sich auf etwas andre Weise als das erste Paar, aber ganz übereinstimmend miteinan- der. Eine jede Zelle, welche zu dem Bestande dieser Reihen gehört, zerfällt vorn in eine pyramiden- oder zwiebelförmige Gruppe der Zellen Fig. 2 kzn, Fig. 4 kg), welche in einer Zone mit den entsprechen- den Gruppen der benachbarten Reihen liest. Derartige Gürtel von Keimzellen und von Gruppen derselben folgen anfangs sehr dicht auf- einander, aber mit fortschreitender Differenzierung der Elemente und der Wucherung des anliegenden Epithels werden die Abstände zwi- schen ihnen immer größer und größer. Das umgekehrte Verhalten kann man in den Zonen selbst beobachten: aus den Gruppen von Zellen, welche sich mehr oder weniger entwickelt haben, beginnen einzelne Zellen unter das Epithel zu treten (Fig. 4 nmx); infolge- dessen nehmen die Gruppen dann an Größe ab. Da nun diese Zellen bei ihrem Austritt aus den Gruppen sich dem medianen Strang zuwenden, und in der Folge alle Zwischenräume ausfüllen, welche die Gruppen, aus denen sie stammen, untereinander und von dem medianen Stamm trennen, so verwandelt sich schließlich die ganze Zone der Zellgruppen in eine kompakte Anhäufung von Elementen, welche unter dem Epithel der ventralen Körperhälfte in Gestalt zweier seitlicher, unmittelbar in den Bauchstrang übergehender Bögen zu liegen kommt (Fig. 4 kg 4— Bs— nm). Mit der fortschreitenden Differenzierung aller dieser Elemente steht auch deren weitere Verschiebung in der angegebenen Richtung im Zusammenhang; mit solcher Verlagerung beginnen die Zellen schließ- ich in die Masse selbst des ventralen Hauptstammes hineinzukrie- chen und dessen Mächtigkeit allmählich zu verstärken; dies macht sich in Bälde auch in seiner äußeren Form bemerkbar: da die neuen Elemente von den Seiten und zum Teil auch von unten hinzutreten, so wölben sie dadurch auf der Dorsalseite des Stammes zwei anfangs kleine, seitliche Anschwellungen vor, welche mit der Menge der hinzu- tretenden Nervenelemente bedeutend an Größe zunehmen (Fig. 5 Bs); in Abhängigkeit von dem Umstande, daß diese Elemente aus den metameren Zonen, und außerdem, wie wir später sehen werden, nur aus einem bestimmten Abschnitt derselben, hierher wandern, ordnen sich auch die seitlichen Anschwellungen in Gestalt von sphärischen metameren Auftreibungen gegenüber den Eintrittsstellen der neu hinzu- - kommenden Nervenzellen an. Diese Bildungen sind daher paariger 336 P. Iwanow, Natur, und da die Zwischenwände der Dissepimente zu dieser Zeit schon deutlich genug ausgesprochen sind, so kann man bemerken, daß die Gebilde den ganzen zwischen den Dissepimenten liegenden Teil des Nervenstammes des betreffenden Segmentes einnehmen, indem sie an demselben gegenüber den Zwischenwänden tiefe Einschnürungen übrig lassen (Fig. 9 Ds); es sind dies die sogenannten Spinalganglien. Entsprechend der Verwendung der zonären Elemente der Seiten- wände werden letztere immer dünner, so daß der ventrale Nerven- stamm immer mehr und mehr aus dem anliegenden Epithel heraus- tritt, und mit der Entwicklung der Ringmuskulatur sich ganz von demselben loslöst. Jedoch bleibt der Zusammenhang des Nerven- stammes mit den Seitenwänden, aus welchen ein Theil des ersteren hervorgegangen ist, in jedem Segment, entsprechend einem jeden der Gürtel, in Gestalt einiger (meist vier) Paar von ringförmigen Nervenstämmehen bestehen, welch letztere in den ventralen Stamm von der Ventralseite her einmünden, was auf schiefen Sagittalschnit- ten durch den Stamm besonders gut zu sehen ist. Die Teilung eines Gürtels in mehrere Stämmchen hängt von der Verlängerung der Spinal- sanglien ab, welche ihrerseits von dem Wuchs des Segmentes be- einflußt wird, ferner von dem Hereinwachsen der Ringmuskelbündel unter den Nervenstamm. Die Nervenstämmehen der ausgewachsenen Segmente unterscheiden sich dadurch von den ihnen dicht anliegen- den Fasern der Ringmuskulatur, daß sie sich wesentlich blasser färben als letztere, und in ihrem Verlauf zerstreut liegende oder an- sehäufte Kerne enthalten, welche in der Ringmuskulatur fehlen; ein besonderes Interesse bieten kleine Anhäufungen von Nervenzellen in der Masse des Stämmchens, welche gegenüber den dorsalen und ventralen Borstensäcken und gegenüber der Seitenlinie angeordnet sind, indem sie auf die Art und Weise der Anlage der Seitennerven in Gestalt von drei Paaren von Zellgruppen hindeuten. Nachdem nämlich ein bedeutender Teil der Elemente des Gürtels sich nach dem ventralen Stamm begeben hat, bleiben an denjenigen Stellen, wo früher drei Gruppen von Keimzellen lagen, mehr oder weniger beträchtliche Häufchen von Elementen bestehen; von diesen Häuf- chen liegt das erste gegenüber der Reihe von Anlagen der ventralen Borstensäcke, das zweite gegenüber der Seitenlinie, und das dritte segenüber der Reihe von Anlagen der dorsalen Borstensäcke. Mit der weiteren Differenzierung der Seitennerven vermindert sich Größe und Zahl dieser Elemente, und ein jedes der Häufchen nimmt sein definitives Aussehen an. Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 337 Nach Maßgabe der Differenzierung der Elemente des jungen ventralen Stammes zu typischen Ganglienzellen beginnen sich in demselben Nervenfasern zu bilden, welche, entsprechend seinem paarigen Ursprung, in Gestalt zweier hinten dünner, aber durch Hinzutreten neuer Fasern allmählich nach vorn zu breiter werdender Längsbündel auftreten (Fig. 5 nf); gleichzeitig treten im Zwischen- raum derselben neue Fasern auf, welche in ihrer Gesamtheit eine dünne Verbindungsbrücke bilden. Diese letztere wird nach vorn zu dieker, indem die Zahl ihrer Fasern sich vermehrt, und kürzer, infolge der Verdiekung der beiden hauptsächlichsten Bündel (Fig. 6 nf). In dem erwachsenen Nervenstamm nimmt der faserige Abschnitt den srößten Teil seiner Masse ein, da die Ganglienzellen, infolge der star- ken Verlängerung des Stammes, nur spärlich über denselben ver- breitet sind und an dessen seitlichen und unteren Oberflächen eine einreihige Schicht bilden. Der ventrale Nervenstrang wird demnach in den Rumpfsegmen- ten in Gestalt eines paarigen Hauptstammes angelegt, welcher sich aus dem mittleren Paare der Ektodermzellen epithelialen Ursprungs entwickelt, und mit welchem sich späterhin von rechts und von links ein großer Teil der Elemente der übrigen drei Paare ektodermaler Anlagen vereinigen; letztere bilden auf dem Stamm metamer ange- ordnete Verdiekungen und hinterlassen auf dem Wege ihrer Wande- rung einige Seitennerven. BüLow und RAnDoLpH, welche sich früher mit der Frage über die Regeneration bei Zumbriculus beschäftigten, haben bereits dar- auf hingewiesen, daß sich im Ektoderm des allerhintersten Körper- endes bei einem wachsenden oder regenerierenden Lumbrreulus einige Paare von Anhäufungen großer Keimzellen vorfinden; an dem Auf bau des ventralen Stammes nimmt, nach Ansicht der genannten Autoren, nur das mittlere Paar teil, während sich aus den übrigen Paaren die dorsalen und ventralen Borstensäcke und die Seitenlinie entwickeln; dabei leitet RANDOLPH, welche fünf Paare von Anhäu- fungen von Keimzellen annimmt, aus einer dieser Anhäufungen auch noch den ektodermalen Teil der Nephridien her. Es ist mir nicht gelungen, die Frage, ob die Borstensäcke aus den erwähnten Anhäu- fungen oder aber für sich allein aus dem Ektoderm entstehen, end- gültig zu lösen; wenn nun auch die Anhäufungen den Borstensäcken ihren Ursprung geben, so geschieht dies doch nur auf Kosten eines unbedeutenden Abschnitts ihrer Gesammtheit, was durch den Um- stand bewiesen wird, daß auf spätern Stadien die Elemente der Anlage 338 - P. Iwanow, zu einem kompakten, und auf seiner ganzen Ausdehnung fast gleich- mäßigen Gürtel zusammentreten und infolgedessen an Stelle der frühern Anhäufangen nur ein Teil ihrer Zellen zurückbleibt; als weiterer Beweis dient die Tatsache, daß nach dem Auftreten der deutlichen Anlagen der Borstentaschen, in den Gürteln noch viele große, nicht differenzierte Elemente zurückbleiben. Während alle Forscher, welche die Regeneration von Lumbriculus variegatus studiert haben, übereinstimmend den Ursprung des ven- tralen Nervenstammes von einem Paar ektodermaler Gruppen von Keimzellen herleiten, geben Autoren, welche die Regeneration einiger andrer Oligochäten untersucht haben, für diese eine abweichende Bildung des betreffenden Stammes an; so haben SEMPER und HEPKE für Nais, MARKAROFF und HaAasE für Tubifex die Entstehung des Bauchstrangs in Gestalt einer unpaaren Verdickung des ventralen ektodermalen Epithels beschrieben, oder aber (Herke) als Resultat der Wanderung einzelner ektodermaler Zellen in die Leibeshöhle, wo sie sich zu einem unpaaren Längsstamm verbinden. Außerdem hat keiner der erwähnten Autoren bei diesen Arten auf jene abgesonderten paarigen Keimzellen oder Zellhaufen hingewiesen, welche bei ZLumbriculus so überaus deutlich hervortreten. Es scheint mir, daß eine derartige Verschieden- heit in der Anlageweise des Nervenstammes mit der Verschiedenheit in der morphologischen Entwicklungsstufe des Nervensystems dieser Würmer im Zusammenhang steht. Bei Zumbriculus ist dieses System ein ziemlich primitives, da der Nervenstamm tief in der Längsmuskelschicht gebettet liegt, und von dem äußeren Epithel nur durch die Ringmuskulatur getrennt ist; dabei besteht der Nerven- stamm selbst in seiner ganzen Ausdehnung aus Fasern und Zellen, während die metamer angeordneten Anhäufungen dieser letzteren zu Ganglienknoten nur wenig deutlich hervortreten. Im Zusammenhang hiermit steht auch die primitivere Regenerationsweise desselben, welche in einer Form auftritt, wie man sie bei der Embryonalent- wicklung der Oligochäten beobachten kann, wenn die Anlage des ven- tralen Stammes sich aus dem mittleren Paare von Teloblasten entwickelt, welches im hinteren Ende zusammen mit den seitlichen Teloblasten angelegt wird; ein Analogon dieser letzteren bilden bei Lumbrzeulus die drei Paare von seitlich gelegenen Keimzellen. Auf dieselbe Weise bildet sich der Nervenstamm bei der nächststehenden Gattung Rhyn- chelmis, wo er auch auf der gleichen phylogenetischen Entwicklungs- stufe steht. Bei Tubifex und Nars erscheint der ventrale Nerven- stamm viel höher differenziert; er liegt in der Leibeshöhle und ist Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 339 von dem äußeren Epithel, abgesehen von der Ringmuskulatur, noch durch eine Längsmuskelschieht getrennt und besitzt außerordentlich deutliche gangliöse Anschwellungen, welche durch Zwischenräume voneinander getrennt sind, in denen sich keinerlei Nervenzellen finden. Dementsprechend wird der Stamm auch bei der Regeneration durch eine unpaare Verdiekung angelegt, d. h. auf eine Art und Weise, welehe von der primären, embryonalen — auf dem Wege der Ver- einigung eines Paares von Teloblasten — weiter entfernt ist. Das Auftreten von Nervenfibrillen in Gestalt eines doppelten Bündels be- weist, daß der Nervenstamm auch bei diesen Würmern paarig an- gelegt wird, doch sind hier die ersten Stadien, welche bei den niedriger organisierten Gattungen Zumbriculus und Frhynchelmis gut zu sehen sind, abgekürzt und zusammengedrängt. In den Angaben über die weitere Entwicklung des ventralen Stammes bei Lumbriculus einerseits und Nais und Tubifex andrer- seits findet sich noch eine Verschiedenheit, und zwar in Betreff der Frage über den Ursprung der Spinalganglien. SEMPER beschreibt für Nais und MAKAROFF für Tubifex eine Vereinigung dieser Ganglien mit dem Hauptstamm in Gestalt einer besondern Anhäufung von Meso- dermelementen; nach BüLow entstehen sie bei Lumbriculus aus den ektodermalen Zellen (»als seitliche Auswucherungen von Ektoderm- zellkernen«). Ich vermute, daß die Angaben SEMPERS und MARA- ROFFS über den mesodermalen Ursprung der Spinalganglien auf - einem Irrtum beruht, welcher dadurch hervorgerufen wurde, daß bei den beiden ersteren Gattungen die Elemente der Leibeshöhle eine verwickeltere Anordnung aufweisen, als dies bei Lumbriculus der Fall ist, bei welchem deren ektodermaler Ursprung viel leichter fest- zustellen ist; auf Grund der bei der Regeneration von Lumbrrceulus auftretenden Bilder kann man verstehen, was die Autoren dazu verleiten konnte, sich die Anlagen der Spinalganglien in Gestalt seitlicher Anwüchse des mesodermalen Stammes vorzustellen; einer- seits findet man auf Querschnitten bisweilen eine Anordnung der Ele- mente, welche vermuten läßt, daß das junge Spinalganglion allmäh- lich in einzelne Mesodermzellen zerfällt, welehe in der Leibeshöhle liegen; auf Schnitten von 5—8 u. und bei 300--500facher Vergröße- rung kann man aber die Grenze zwischen der kompakten Masse des Spinalganglions und den demselben dicht anliegenden einzelnen Mesodermzellen ganz deutlich erkennen, wobei diese Grenze in jedem Ganglienpaar ganz symmetrisch verläuft; andrerseits trifft man auf Fälle, wo das Spinalganglion scharf von dem Hauptstamm abgegrenzt 340 - P. Iwanow. scheint, während es sich bei genauerer Untersuchung dieses Ganglions erweist, daß eine solche Abgrenzung nur am vorderen und hinteren Abschnitte des Spinalganglions besteht, indem auf Querschnitten durch die Mitte des Ganglions diese Abgrenzung verschwindet; dieselbe wird dadurch hervorgerufen, daß ein besonderer Ringmuskel an dieser Stelle vorbeiläuft, welchen man nur auf frühen Stadien der Regenera- tion beobachten kann, und welcher die Ringmuskulatur des hintersten Abschnitts des Tieres repräsentiert; von diesem Muskel wird später die Rede sein. | Diese beiden Fälle sind auch bei Nazis und Tubifex möglich und können, z. B. infolge der verhältnismäßig geringen Größe des ganzen Tieres (Na:is) oder der gedrängten Anordnung der Mesodermelemente zu irrtümlichen Schlußfolgerungen Anlaß geben. HEPkE endlich be- schreibt ebenfalls für Nazs eine Entwicklung der Spinalganglien im engen Zusammenhang mit dem gesamten ventralen Nervenstamm. Der alte Nervenstamm nimmt durchaus keinen Anteil an der Regeneration seines abgeschnittenen hinteren Abschnitts; darin stim- men die Beobachtungen aller Forscher überein. Nur Bock beob- achtete bei der Entwicklung der Nervenkette in der Knospungs- zone von Chaetogaster ein Hereinwachsen der alten Ganglien in diese Zone, doch erklärt sich diese Anomalie wahrscheinlich durch die verschiedenen Bedingungen der Wiederherstellung bei der Teilung und bei der Regeneration nach Durchschneidung. Was die Stützzellen — Neuroglia — des Nervenstammes betrifft, auf deren Restitutionsmodus E. ScHuLtz bei der Regeneration der Polychäten hingewiesen hat, so werden dieselben bei der Regeneration von Lumbriculus ebenso wie bei diesen Würmern angelegt, während ihr weiteres Schicksal sich einigermaßen anders gestaltet; bei den Poly- chäten erscheinen sie als stark in die Länge gezogene und bedeutend angewachsene Epithelzellen, welche sich mit ihren freien Enden in den medianen Teil des Nervenstammes hineinschieben oder denselben von den Seiten her zum Teil umfassen. Sie verbleiben selbst in voll- ständig reifen Segmenten inmitten der Epithelzellen an der Cutieula befestigt. Bei Lumbriculus sind sie anfangs durch ebenfalls in die Länge gezogene Epidermiszellen repräsentiert, welche den Zwischen- raum zwischen den Zellhaufen des ersten (medianen) Paares ein- nehmen (Fig. 3 nglz); bei der Annäherung der letzteren werden sie in den mit ihnen gemeinsamen ventralen Stamm gedrängt; gleich- zeitig sondern sich die Neurogliazellen durch direkte Teilung jener Epithelzellen von dem Epithel ab und entfernen sich von demselben Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 341 zusammen mit dem Nervenstamm (Fig. 4 nglx), indem sie durch wiederholte direkte Teilung in kleine Zellen zerfallen. Die Lage der ausgebildeten Gliazellen im erwachsenen Nervenstamm festzustellen ist ziemlich schwer, obgleich sie sich von den Ganglienzellen durch etwas geringere Größe unterscheiden. Augenscheinlich sind sie längs dem medianen, an der unteren Seite des ventralen Stammes verlaufenden Zellstreifen angeordnet; während der durch die Regene- ration des Nervensystems in den Kopfsegmenten hervorgerufenen Veränderungen im vorderen Ende des Stammes werden die Gliazellen wiederum deutlich bemerkbar (Fig. 4 nglz). b. Mesodermale Gebilde. Unter den Elementen, welche in der Höhlung der jungen hinteren Knospe liegen und deren Bluthöhle von der äußeren epithelialen Wandung trennen, kann man Zellen von zweierlei Art unterscheiden: die einen Zellen sind groß, und liegen der ventralen Wand der Höhle an, es sind dies die Neoblasten (Figg. 1 und 11 N); die andern Zellen sind viel kleiner und nehmen die dorsale Wand ein, indem sie zum Teil den Endabschnitt des Darmes umschließen, von wo aus sie auch auf das Epithel des Darmes selbst übergehen (Figg. 2, 3, 4, 11 va); dies sind frei bewegliche Zellen, Derivate des Peritoneums der alten Segmente, d. h. ihrem Ursprung nach den Neoblasten verwandte Elemente. Bei der Entwicklung der Knospe bildet sich aus diesen letzteren Zellen augenscheinlich nur die innere Bekleidung der Blut- gefäße, während die Neoblasten dem größten Teil aller mesodermalen Gebilde der Rumpfsesmente den Ursprung geben. Nach Maßgabe des Verbrauchs dieser Elemente zum Aufbau neuer mesodermaler Ge- webe treten an ihre Stelle neue aus den alten Segmenten. Es tritt demnach, für die ganze Wachstumsdauer des Regenerats, ein un- unterbrochener Zufluß wandernder Elemente von zweierlei Art aus den erwachsenen Segmenten nach dem allerhintersten Abschnitt des Regenerats ein; dieselben bewegen sich in den ersten Stadien der Restitution zwischen den Fasern der Längsmuskulatur, bei weiterer Entwicklung der Knospe dagegen ausschließlich längs der ventralen Wand der Leibeshöhle, indem sie die Dissepimente durch kleine, in der Nähe des Nervenstammes gelegene Spalten in deren-Muskulatur passieren. In den jungen, erst kürzlich wiederhergestellten Segmenten ist der Durchtritt durch die Dissepimente bedeutend vereinfacht, in- dem deren Muskulatur nur unvollkommen entwickelt ist und in der - Nähe des Nervenstammes große Öffnungen frei bleiben, welche es den 342 °P. Iwanow. Neoblasten und den kleinen Amöbocyten gestatten, sich widerstands- los nach dem Hinterende des Körpers — dem Ausgangspunkt der Bildung neuer Segmente — zu bewegen (Fig. 8 N). Die Neoblasten geben durch ihre Vermehrung den Cölomsäeken ihren Ursprung und repräsentieren daher die Anlagen des sekundären cölomatischen Mesoderms im Sinne E. MEyvErs (Fig. 2 N—ms, Fig. 8). Bedeutend später gesellen sich zu diesen Elementen auch noch Muskelelemente ektodermalen Ursprungs; diese bilden das primäre Mesoderm oder das Rumpfmesenchym. Alle inneren, den verschiedenen mesodermalen Gebilden der Rumpfsegmente den Ursprung gebenden Elemente zerfallen demnach in 1) Anlagen der Mesodermstreifen, d.h. des cölomatischen Mesoderms, 2) Zellen und Fasern des primären Mesoderms und 3) Zellen, welche die innere Auskleidung der Blutgefäße bilden. a. Cölomatisches Mesoderm. In der anfangs regellosen Anhäufung der bisweilen die ganze ventrale Hälfte der Höhle des hinteren Regenerats anfüllenden Neo- blasten beginnt sich nach einer gewissen Zeit eine Anordnung in beständigere und regelmäßigere Gruppen bemerkbar zu machen. Dies hat seinen Grund darin, daß die Neoblasten im rechten und linken Flügel dieser Anhäufung sich zur Teilung anschicken, wobei die Teilungsprodukte untereinander und mit der Leibeswand verbunden bleiben und dabei regelmäßige Gruppen bilden, welche aus in Teilung begriffenen und sich differenzierenden Neoblasten bestehen (Fig. 3 ms, Fig. 8). Zwischen diesen lateralen Gruppen sondert sich eine mediane Gruppe ab, welche ausschließlich aus undifferenzierten Neoblasten besteht. Nach Maßgabe des Wachstums des gesamten Regenerats wachsen auch die lateralen, sich differenzierenden Gruppen oder Anlagen der Mesodermstreifen, und zwar auf Kosten der Neoblasten der mittleren Gruppe, welche sich hinter den bereits gebildeten Teilen der Mesodermstreifen anordnen und sich ihrerseits zur Teilung an- schicken. Der Verbrauch an Elementen der medianen Neoblasten- gruppe wird ununterbrochen, mit zunehmendem Wachstum jedoch immer spärlicher, durch die sich aus den alten Geweben hierher be- wegenden Neoblasten ersetzt; auf diese Weise wird ein eigenartiger Mechanismus für die Herbeischaffung und Differenzierung der Elemente der Mesodermstreifen geschaffen (Fig. 8). Ä Diese Streifen, welche schon bei ihrer Entstehung durch ein Häufchen undifferenzierter Neoblasten getrennt sind, verlaufen auch Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 343 bei ihrer weiteren Entwicklung in einem gewissen Abstand vonein- ander, wobei sie hauptsächlich die Seitenwände des Körpers einnehmen; der Zwischenraum der Mesodermstreifen wird von oben durch die ventrale Wand des perivisceralen Blutsinus, von unten von demjenigen Teil der Leibeswand begrenzt, aus welcher späterhin der ventrale Nervenstamm hervorgeht. Hier kann man auf der gesamten Aus- dehnung der jungen Segmente zerstreute Neoblasten antreffen, welche sich dem hinteren Körperende zu bewegen (Fig. 3 N). Als unmittelbarstes Resultat der Teilung der Neoblasten er- scheinen einige große spindelförmige Zellen, welche sich einzeln, oder zu mehreren vereinigt von der ventro-lateralen Leibeswand zum nächstliegenden Bezirk des Darmblutsinus erstrecken; durch ihre Ver- mehrung bilden diese Zellen eine kompakte vertikale Zwischenwand, welche aus durch Teilung allmählich kleiner werdenden spindelförmigen Zellen besteht; letztere Zellen sind untereinander mit einer feinen durchgehenden Membran verbunden (Fig. 2 und 8). An der Stelle, wo sie mit der äußeren Wand und mit dem Darmblutsinus verbunden sind, sondern sich mehr abgerundete Zellen ab, welche, indem sie sich immer mehr und mehr anhäufen, das Ektoderm von innen, den Darmblutsinus aber von außen mit einer Schicht sich teilender und in die definitiven Elemente differenzierender Zellen bedecken (Fig. 4 ms); zusammen mit den anliegenden vertikalen Zwischenwänden bilden sie einen geschlossenen Sack, dessen Wandungen demnach ausschließlich aus Derivaten der Neoblasten bestehen. Einem jeden von diesen Säcken eines Mesodermstreifens entspricht ein andrer Sack in dem andern Streifen. Diese Mesodermstreifen wuchern allmählich nach der dor- salen Seite des Darmblutsinus hin, wo ihre Elemente miteinander zusammentreffen, worauf ein paarweises Verschmelzen der Säcke er- folgt (Figg. 4 und 5). Die Wandungen der Cölomsäcke differenzieren sich auf folgende Weise: Die Elemente der vertikalen Scheidewände fahren fort, sich auf direktem und karyokinetischem Wege zu teilen und lassen auf diese Weise die peritonealen Blätter der Dissepimente entstehen. Auf der hinteren Oberfläche eines jeden paarigen Dissepiments bleibt eine Mesodermzelle undifferenziert, welche die Größe der gewöhnlichen Neoblasten hat und diesen letzteren auch im Bau des Protoplasmas und des Kernes gleicht; diese Zelle liegt stets an einer bestimmten Stelle des Dissepiments in der Nähe des ventralen Nervenstammes (Figg. 9, 9a und 105 N) und verbleibt hier nicht selten sogar im er- wachsenen Segment (Fig. 7 N); oder aber sie löst sich vom Peri- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bad. 94 344 r “ P. Iwanow, 'toneum ‘ab, nachdem sie zuvor in mehrere Elemente zerfallen ist, welche ihr durchaus gleichen und die neuen Neoblasten des jungen Segments repräsentieren. Unmittelbar neben dieser großen Zelle tritt ein anfangs kurzer Strang kleiner mesodermaler Zellen auf, welcher die Wand des Dissepiments mit einem bestimmten Punkt der ventralen äußeren Leibeswand des dahinterliegenden Segments verbindet (Fig. 10a, r); dieser Strang bildet mit den Wänden des Dissepiments und der Leibeswand ein Dreieck, wobei er diejenige Seite vorstellt, welche dem von den Wänden gebildeten Winkel gegenüberliegt; dabei wird der Strang aus denjenigen Mesodermzellen aufgebaut, welche in jüngeren Segmenten den erwähnten Winkel auskleiden. Dieser Strang zieht sich mit dem Wachstum der Wände in die Länge und bildet den epithelialen Ausführgang des Segmentalorgans. In dieser Gestalt kann dies Gebilde bisweilen recht lange verharren, da in ' einigen Fällen die übrigen Teile der Nephridien sich erst verhältnis- mäßig spät zu entwickeln beginnen; sie werden in der Nähe der Austrittsstelle des zelligen Stranges aus dem Dissepiment, in Gestalt einer großen, an der vorderen Oberfläche des Dissepiments hervor- tretenden Peritonealzelle angelegt (Figg. 9a und 105 x). Es ist mir nicht gelungen, die Entstehung dieser Zelle aus dem Peritoneum zu beobachten, doch kann man fast auf allen späteren Entwieklungs- stadien des Segmentalorgans an dieser Stelle eine oder zwei einander durchaus gleiche Zellen beobachten, welche zum Teil in der Wand des Dissepiments selbst liegen, zum Teil an dessen vordere Ober- fläche gerückt sind; von ihr aus gehen nach hinten, durch das Disse- piment hindurch, kleinere Elemente ab, welche sich in Gestalt eines dieken und kompakten Zellkomplexes mit flachen und stark tingier- baren Kernen in die Höhlung des dahinterliegenden Segments vor- drängen (Figg. 9a nph und 105 dr); dieser Komplex von Zellen schließt sich an das dissepimentale Ende des Zellstranges an und verwandelt sich bei seiner weiteren Entwicklung in den drüsigen Abschnitt des Nephridialganges. Aus diesen großen, an der vorderen Oberfläche des Dissepiments verbleibenden Teilen entsteht der Wimpertrichter (Fig. 9a tx). Die jungen Neoblasten (N) verbleiben ziemlich lange in der Nähe der Nephridien, verteilen sich aber später an der ven- tralen Längsmuskulatur, wo man sie in jedem Rumpfsegment an- treffen kann. 2 Meine Beobachtungen über die Bildung der hauptsächlichsten Abschnitte des Segmentalorgans bestätigen im allgemeinen die dies- bezüglichen Resultate MicHkrs; nach den Beschreibungen dieses Autors Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 345 entsteht das gesamte Nephridium aus einer großen Zelle an der vorderen Oberfläche des Dissepiments; dabei gibt das vordere Ende des aus dieser Zelle entstandenen Zellkomplexes dem Flimmertrichter seinen Ursprung, während sein hinteres, stark nach hinten ange- wachsenes Ende direkt in das Epithel der Leibeswand hereinwächst. Die unabhängig von der Anlage des übrigen Nephridiums vor sich gehende Entstehung seines ausführenden Endabschnitts wird durch den Umstand festgestellt, daß der erwähnte Zellstrang auch in den- jenigen Dissepimenten beobachtet wird, in welchen die übrigen Teile des Nephridiums noch gar nicht zur Entwicklung gelangt sind, und daß dieser Strang in gewissen Fällen eine ziemlich beträchtliche Ent- wicklung erlangt, bevor die Elemente der übrigen hauptsächlichen Anlage sich mit ihm vereinigen. Ein ähnlicher Fall des Entstehungsmodus eines den hinteren Ab- schnitt des jungen Segmentalorgans erzeugenden Zellstrangs aus einer keihe mesodermaler, unmittelbar hinter dem Dissepiment liegender Zellen der Leibeswand, wurde von BERGH bei der embryonalen Ent- wicklung von Crvodrelus beschrieben. Alle übrigen‘ Autoren, welche sich mit der Untersuchung der Regeneration bei verschiedenen Oligochäten beschäftigt haben, halten sich nur kurz bei der Besprechung der Segmentalorgane auf; MARA- ROFF weist unter anderm auf das Vorhandensein von großen, den Charakter eines »sekundären Mesoderms« (Neoblasten) zeigenden Zellen in jedem jungen Segmente hin, welche zwischen den ventralen Reihen von Borstentaschen und der ventralen Nervenkettte, zusammen mit einer besondern Zellgruppe, angeordnet liegen; diese großen Ele- mente entsprachen wahrscheinlich sich neubildenden, der Nephridial- anlage dicht anliegenden Neoblasten. Aus den Elementen der Wandungen der Cölomsäcke, welche der inneren Oberfläche der Leibeswand und dem Darmblutsinus anliegen, entstehen verschiedenartig gestaltete Mesodermalgebilde, unter denen die Längsmuskulatur der Leibeswand und diejenige des Darmblutsinus am charakteristischsten erscheint. Die Elemente, aus welchen sie entsteht, liegen diesen Wandungen immer eng an; indem sie sich allmählich differenzieren, geben sie an diese Wan- dungen längsgerichtete Muskelfibrillen ab, welche daran nach vorn und nach hinten von den Kernen der in Bildung begriffenen Muskelzellen verlaufen. Die Entwicklung der Muskelelemente in den verschiedenen Abschnitten der Längsmuskelschicht der Leibeswand Fig. Sim) geht in ganz bestimmter Ordnung vor sich, indem sich 24* 346 “ P. Iwanow, vor allem diejenigen Fasern bilden, welche dem ventralen Nerven- stamm unmittelbar anliegen; einige Zeit darauf bilden sich die- jenigen Fasern, welche an der dorsalen Fläche, etwas höher als die dorsalen Borstensäcke, angeordnet liegen. An diese beiden Gruppen von Fasern schließen sich neue Fasern an, welche mit ihnen ein- schiehtige Muskelplatten bilden; letztere erweitern sich allmählich, wachsen einander infolge der stetigen Differenzierung der eöloma- tischen Leibeswandelemente entgegen und stoßen endlich, in einer von diesen beiden Ausgangsgruppen etwa gleichen Entfernung, mit- einander zusammen. Bei der gegenseitigen Annäherung dieser beiden Muskelplatten im Zwischenraum zwischen den dorsalen und ventralen Reihen von Borstentaschen, stoßen sie auf die Kernabschnitte der Muskelzellen von der Ringmuskulatur der Leibeswand, deren faseriger Teil bereits mehr oder weniger entwickelt ist und unter der Längs- muskelschieht liegt; indem die Platten fortfahren sieh diesen Zellen zu nähern, verschieben und verlagern sie dieselben mit ihren Seiten- teilen, indem sie sie in einer geraden Linie anordnen, welche unter dem Namen der »Seitenlinie« bekannt ist (Figg. 5 und 6 sl). Die Entwicklung der Längsmuskulatur auf der Rückenfläche des Körpers beginnt viel später als diejenige der gesamten übrigen Muskulatur; sie wird hier nicht aus den ganzen Wänden der Cölom- säcke gebildet, sondern aus deren einzelnen Elementen, welche auf verhältnismäßig späten Entwicklungstadien hierher vorgeschoben werden. Die Orte, wo jene ersten Zellen der Längsmuskulatur gebildet werden, entsprechen den dorsalen und ventralen Wänden der Cölom- säcke, von welchen aus die Entwicklung der Elemente längs der äußeren Leibeswand bis zur Seitenlinie vor sich geht. Der Beginn der Differenzierung der Muskelelemente an zwei entgegengesetzten Enden der Somiten, welcher nicht nur bei Zumbriculus, sondern augenscheinlich auch bei den übrigen Oligochäten dem üblichen Ver- halten entspricht, steht wahrscheinlich mit jenem Faktum im Zu- sammenhang, daß bei einigen, verhältnismäßig niedriger organisierten Chätopoden, wie z. B. Polygordius, ein jeder Somit, nach den Beob- achtungen von E. Meyer, während seiner Entwicklung durch eine in schräger Richtung quer verlaufende Scheidewand, welche sich vom Nervenstamm bis zur Seitenlinie erstreckt, in zwei Kammern abge- teilt wird; in einer jeden von diesen Kammern geht die Entwicklung der endothelialen Muskulatur unabhängig vor sich und beginnt an der am weitesten entfernten Wand derselben. Obgleich diese Scheide- Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsesmenten usw. 347 wand bei Lumbriculus verschwindet, so gruppieren sich die soma- tischen Elemente doch entsprechend der oberen und unteren abge- sonderten Kammer des Cölomsackes. Gegenüber den Borstensäcken beginnen die Elemente des sekun- dären Mesoderms sich ziemlich spät zu differenzieren und sie liegen hier, inmitten der sich bereits entwickelnden Myoblasten, in Gestalt von großen Zellen von embryonalem Bau, zu je einer Zelle gegenüber einer jeden Borstentasche; diese Zellen entwickeln sich zu den Mus- euli protractores der Borstentaschen. Bei der Entwicklung der gesamten Längsmuskelschicht kann man an ihrer inneren Oberfläche zerstreut liegende freie Zellen beobachten, welche sich durch den Bau ihrer Kerne einigermaßen von den Muskel- zellen unterscheiden. Sie stellen die ersten Leukocyten der jungen Segmente dar. Die dem Darmblutsinus anliegenden Wandungen der Cölomsäcke werden aus einer geringeren Anzahl von Elementen zusammengesetzt, als die der Leibeswand anliegenden Wandungen dieser Säcke (Figg. 4 und 5); diese Elemente werden bald in größere, in die Länge ge- zogene Zellen, deren Kerne und Plasma sich fast gleichmäßig hell färben, und in kleinere Zellen mit dunklen Kernen differenziert. Das Protoplasma der ersteren wird immer heller und zuletzt ganz farb- los, später treten darin lichtbrechende Körnchen auf, die Zellen selbst nehmen bedeutend an Umfang zu und bilden eine durchgehende Schicht Chloragogenzellen; letztere verteilen sich gleichmäßig über die Oberfläche des Darmblutsinus und verwandeln sich in die Zellen seiner Längsmuskulatur. Alle Teile des Darmblutsinus, welche an die Cölomsäcke stoßen, bedecken sich demgemäß mit einer äußeren Chloragogen- und einer inneren Längsmuskelschicht. Die Wände der Cölomsäcke, welche über dem ventralen Nerven- stamm nach dem Raume zwischen ihnen gerichtet sind, zerfallen schon ziemlich früh in einzelne in diesen Zwischenraum vortretende Elemente; aus diesen Elementen bilden sich wahrscheinlich die Zellen der Längsmuskulatur des ventralen Nervenstranges und des schmalen Längsstranges an der ventralen Oberfläche des Darmblutsinus, ferner die bindegewebige Hülle des Nervenstammes. Die Umwandlung der Mesodermstreifen in verschiedene Gewebe und Organe der inneren segmentierten Leibeshöhle des Tieres, sowie die Bildung der Streifen selbst aus großen, in der Nähe der Anal- öffnung liegenden Zellen von embryonalem Bau, wird im allgemeinen von allen Autoren, welche die Regeneration bei den Oligochäten 348 P. Iwanow, untersucht haben, übereinstimmend beschrieben. Die größten Ab- weichungen zeigen die Anschauungen der beiden Autoren, welche diese Untersuchungen zuerst angestellt haben — SEMPER und BüLow, welche annahmen, daß das gesamte Mesoderm aus diesen Streifen hervorgeht, während. alle übrigen Autoren noch ein Mesenchym oder primäres Mesoderm beschreiben, welches einen andern Ursprung hat und ganz bestimmten Teilen der Muskulatur ihren Ursprung gibt. Der Punkt, in welchem die Meinungen der Autoren vorzüglich aus- einander gehen, ist die Frage über den Ursprung der Anlagen des sekundären Mesoderms, d. h. der großen, in der Nähe der Analöffnung in der Leibeshöhle liegenden Zellen. | SEMPER fand, dab bei Nais die Ansammlung dieser Zellen, in Gestalt einer kompakten Masse, durch Wucherung des ventralen Ektoderms im Analsegment entsteht; die auf diese Weise entstandene Achsenplatte teilt sich vorn in zwei seitliche embryonale Streifehen und eine mediane Reihe von Zellen, welche sich seiner Ansicht nach in die Zellen der chordalen Hülle des Nervenstammes verwandeln und infolgedessen von ihm Chordazellen genannt werden. Auf einen gleichen Ursprung der Anlagen der Mesodermstreifen weisen auch Herz bei Nazis, MAKAROFF bei Tubifex und Lumbriculıs und MicHer bei allen von ihm untersuchten Oligochäten (Allobophora, Lumbrteulus, Tubifex) hin. HEPKE und MAKAROFF beschreiben einen paarigen Ursprung der Mesodermanlagen. BüLow und RANDOLPH, welche speziell die Regeneration bei Lumbrieulus untersuchten, haben ein Eindringen oder Hereinwachsen der ektodermalen Elemente in die Leibeshöhle zur Bildung des Mesoderms überhaupt nicht beob- achtet, und beschrieben andre Entstehungsweisen für dessen Anlagen. Nach Bürow bilden sie sich im Gebiet der Analöffnung, da wo das ektodermale Epithel in das entodermale übergeht, sinken im die Leibeshöhle hinein und stoßen zu einer unpaaren Anhäufung an der ventralen Leibeswand zusammen, wobei sie zu einer im Vergleich mit den ursprünglichen Dimensionen, ungeheuren Größe anwachsen. Eine derartige Auslegung kann man schon aus dem Grunde nicht acceptie- ren, weil zwischen den, der Analöffnung unmittelbar anliegenden Meso- dermelementen, und den großen in der ventralen Hälfte liegenden Zellen, welche BüLow überhaupt als Chordazellen bezeichnet, gar keine Übergänge in der Größe oder der Struktur ihres Plasmas be- stehen, und letztere sich stets scharf unter allen übrigen Elementen hervorheben; außerdem ist eg weder mir noch RANDOLPH gelungen, das Hervorgehen der Mesodermzellen aus der von BüLow angegebenen Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 349 Stelle zu beobachten, und ich vermute, daß dieser Autor in dem betreffenden Fall durch die verwiekelte und auf Querschnitten (deren er sich ausschließlich bedient hat) schwer zu: enträtselnde Anord- nung der Elemente im Endabschnitt irregeführt worden ist; die Undeutliehkeit dieser Verhältnisse wird hervorgerufen durch die ver- schiedenen Windungen und das Sichaneinanderlegen der hier zu- sammentreffenden Blätter. Nach Ranvorpn bestehen alle diese großen Zellen oder »Neoblasten« bereits in allen erwachsenen Segmenten (mit Ausnahme der vordersten) und beginnen, nach der Durch- schneidung des Tieres, schon bald nach der Amputation, sich in den nächstliegenden Segmenten zu vermehren und sich in dem regenerieren- den Abschnitt anzusammeln; das Auftreten der den »Chordazellen« entsprechenden Neoblasten auf sehr frühen Stadien der Regeneration, wo die Elemente des Ekto- und Entoderms sich noch kaum zu ent- wickeln beginnen, beweist vollauf die irrige Deutung BüLows. MAKAROFF, der das Austreten dieser Zellen aus dem Ekto- derm bei Lumbrieulus beschreibt, gibt an, daß man nur an einigen Stellen sehen kann, wie die Ektodermzellen, welche ihrem Bau nach Keimzellen des Mesoderms gleichen, »zum Teil im Ektoderm, zum Teil im Mesoderm liegen und gleichsam in das letztere herein- kriechen«; meistens ist aber das sekundäre Mesoderm von dem Ekto- derm durch eine scharfe Kontur abgegrenzt. Ähnliche Bilder habe auch ich auf meinen Präparaten getroffen, bei näherer Untersuchung erweist es sich aber stets, daß eine derartige Lage der großen ekto- dermalen Zellen, welche in der Tat außerordentlich an Neoblasten erinnern, nicht auf deren Hindurchkriechen durch die Basalmembran beruht, sondern eine Folge des Druckes ist, welchen die durch Ver- mehrung an dieser Stelle zahlreich gewordenen ektodermalen Keim- zellen auf diese Membran ausüben, wodurch letztere an die meso- dermalen Elemente gepreßt wird; man kann nämlich bei aufmerksamer Betrachtung zwischen den derart vorgestülpten Zellen und dem echten Mesoderm die nach dem Mesoderm zu in die Leibeshöhle vorgewölbte Basalmembran unterscheiden. Außerdem wird man einer derartigen Erklärung des Ursprungs der Mesodermzellen auch aus dem Grunde nicht beistimmen können, weil letztere im hinteren Abschnitt schon lange vor der Bildung der großen ektodermalen Elemente auftreten. Auf das frühzeitige Auftreten der Neoblasten im regenerierenden Schwanze hat auch F. v. WAGNER hingewiesen, welcher jedoch ihre Teilnahme an der Bildung des neuen Mesoderms a priori leugnet, und zwar aus dem Grunde, weil- im Kopfabschnitt zwar keine 350 P. Iwanow, Neoblasten auftreten, das Mesoderm aber trotzdem auch hier wieder her- gestellt wird; ich kann jedoch in diesem Umstand nicht nur keinerlei Widerspruch mit den Ausführungen RAınvorpns erblicken, sondern betrachte denselben als einen neuen Beweis zu Gunsten der Bildung der Mesodermstreifen aus den Neoblasten, indem, wie wir später sehen werden, in den Kopfsegmenten infolge einer andern Entstehungs- weise des Mesoderms überhaupt keine typischen Mesodermstreifen gebildet werden, wodurch die Eigentümlichkeit des Baues dieser Seg- mente im erwachsenen Zustande bedingt wird. Das erste Auftreten von Neoblasten im hinteren regenerierenden Körperende von Lambriculus zeigt demnach, daß jene großen, den Mesodermstreifen den Ursprung gebenden Zellen nicht auf Kosten irgend eines Blattes der jungen Knospe, sondern aus alten Bestand- teilen des Wurmkörpers gebildet werden. Man wird jedoch nieht mit der Ansicht RANDOLPHS überein- stimmen können, daß das bei Beginn der Regeneration entstandene Häufchen von Neoblasten dem Mesoderm aller regenerierenden Rumpf- segmente den Ursprung gibt, da die ersten Teilungssprodukte der Neoblasten, d. h. die Elemente der Anlage der vertikalen Scheide- wand, derart groß sind, und die Differenzierung selbst so sehr ener- gisch vor sich geht, daß dieses Häufchen sehr bald aufgebraucht, und zum weitern Anwachsen des Mesoderms durch eine neue Gruppe von Neoblasten ersetzt werden muß. Für die mittlere Reihe von Neoblasten, welche die Mesodermstreifen trennt und welche den Modus der Herbeischaffung der Neoblasten nach dem Hinterende begreiflich macht, gibt RANDOLPH eine andre Bestimmung an: diese Reihe dient ihrer Ansicht nach zur Bildung zweier. kleiner innerer Cölombezirke, welche späterhin mit dem Hauptbezirk verschmelzen. Gegen diese Annahme, wie auch überhaupt gegen die unmittelbare Teilnahme der Neoblasten der medianen Reihe an der Bildung irgend eines besondern Organs oder Gewebes, spricht der Umstand, daß in dieser Reihe zu selten Fälle einer Teilung der Neoblasten, welche auf eine Differenzierung derselben hindeuten würde, angetroffen wer- den, und daß Neoblasten, welche ihrer Lage nach dieser Reihe ent- sprechen, auch auf spätern Entwieklungsstadien des Mesoderms in indifferenziertem Zustande angetroffen werden, wenn alle von letz- terem stammenden Organe und Gewebe schon fast vollständig aus- gebildet sind. Was die übrigen bis jetzt untersuchten Oligochäten betrifft, so kann man auf Grund einiger in der einschlägigen Literatur Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 351 vorhandenen Angaben mit ziemlicher Sicherheit darauf schließen, dab die Bildung des Mesoderms bei diesen Formen auf dieselbe Weise wie bei ZLumbriculus vor sich geht; bei Nars weist darauf einerseits das Vorhandensein eines medianen »Chordazellstranges« (SEMPER), welcher einer Zufuhr von Neoblasten entspricht, andrerseits das Auf- treten von Neoblasten auf sehr frühen Stadien der Regeneration, wie es RIEVEL beschrieben hat, hin. Ein frühes Auftreten von Neo- blasten im hinteren Ende erwähnt auch HAAsE für Tubifex, bei welchem MAKARoFF das Vorhandensein einer medianen Platte des sekundären Mesoderms beschreibt, welche augenscheinlich die gleiche Bedeutung hat, wie der »Chordazellstrang« SEMPERSs. RANDOLPH - beschrieb eine Anhäufung von Neoblasten im hinteren Ende von Allobo- phora; bei Khymchelmis endlich sind die Prozesse des Ersatzes des Mesoderms, wovon ich mich überzeugen konnte, genau die gleichen wie bei Lumbriculus. Sowohl bezüglich ihrer Lage als auch ihrer Entwicklung nach erweisen sich die hinteren Neoblasten als die Stellvertreter der Pol- zellen oder des fünften Paares Teloblasten der Embryonalentwicklung, wie sie von VEJDOVSKY für Lumbricus und Rhynchelmis beschrieben worden sind. Bei der Regeneration bilden sich aus dem alten Mesoderm auch noch jene kleinen, zum Aufbau der Blutgefäßwandungen dienenden Elemente, welche bei der Embryonalentwieklung aus den Elementen der Mesodermstreifen entstehen, so daß den Polzellen in Bezug auf ihre Derivate die Neoblasten plus jene kleinen Amöbocyten entsprechen. Übereinstimmend mit einer derartigen Einteilung der Anlage des sekun- dären Mesoderms erfolgt die Bildung der Cölomsäcke in etwas andrer Weise, als bei der embryonalen Entwicklung. Die Entstehung des neuen Mesoderms aus den Elementen des alten Mesoderms wurde auch von KenneEL für Ctenodrilus beschrie- ben, doch verlaufen hier die wiederherstellenden Prozesse nicht ganz übereinstimmend mit denjenigen bei Lumbriculus, wohl infolge der niedrigern Organisation des erwähnten Wurmes. ß. Blutgefäßsystem. Sobald die epidermale Wandung infolge ihrer Wucherung von dem Darm wegrückt und die Gestalt einer Endkappe oder -Knospe annimmt, erscheint die Höhlung dieser letzteren mit Blut aus den be- nachbarten verletzten Gefäßen angefüllt (Fig. 11); die epidermale Wand steht selbst auf sehr frühen Stadien der Regeneration nicht 352 pP: Iwanow, unmittelbar mit der Blutflüssigkeit im Berührung, sondern ist von derselben anfangs durch eine bindegewebige Unterlage, und später- hin durch hierher wandernde Amöbocyten und Neoblasten geschieden. Dnreh die Vermehrung der letzteren wird dieser allgemeine Blutsack oder -Sinus immer weiter und weiter von der ektodermalen Wand des Regenerats entfernt und zerfällt gleichzeitig in einzelne Stämme und Äste, wobei die kleinen Leukoeyten die beständige Wand des Sackes bilden, in den aus diesem letzteren entstehenden Gefäßen da- segen deren innere, basale Auskleidung liefern. Bei anhaltendem Wachstum der Knospe erheben sich diese Leukoceyten, welche auf demselben Wege wie die Neoblasten (Fig. 8) das Hinterende der- selben erreicht haben, zur dorsalen Seite der Knospe, indem sie zum Teil auch auf die obere Fläche des Darmes wandern, und bilden den Ersatz der auf die Bildung der Blutgefäßwandungen verbrauchten Elemente der hier bereits vorhandenen Schicht ebensoleher Leuko- cyten, welche den gesamten dorsalen Teil der Leibeswand einnehmen (Figg. 2, 3 u. 11 va). Mit dem Anwachsen dieses gemeinsamen perivisceralen Sackes zerfallen dessen vordere und ältesten Teile allmählich in einzelne Ge- fäße; an den allmählich vorschreitenden Vorgängen dieses Prozesses kann man sich die Bildung der Gefäße klar machen, indem man die stattfindenden Veränderungen im hinreichend herangewachsenen Re- generat vom hinteren Ende nach vorn zu verfolgt. Auf einer gewissen Strecke vom Hinterende an verläuft der Sack ohne seine ursprüngliche Form zu verändern; seine äußere Wand steht auf ihrer ganzen Peripherie fast gleich weit vom Darm und den demselben anliegenden Leukocyten ab, mit welchen die Leuko- cyten jener Wand durch dünne protoplasmatische Fortsätze in Ver- bindung stehen (Fig. 3). Sodann werden die Seitenwände des Blut- sinus durch das cölomatische Mesoderm an die Seitenwände des Darmes gepreßt, während: ihre dorsale und ventrale Wand sich von dem Darm entfernen, indem sie sich mit ihrer Krümmung in die dorsalen und ventralen Zwischenräume der Cölomsäcke hineinschie- ben (Fig. 4); dabei werden die protoplasmatischen Fäden, welche die Elemente des Darmes mit den Wänden der Cölomsäcke verbin- den, stark ausgezogen und reißen ab. Da die Mesodermalstreifen nicht genau lateral, sondern etwas von unten an dem Blutsack an- liegen, so wird die dorsale Ausbiegung (dv) viel breiter als die ven- trale (vv). Letztere wird etwas nach unten gezogen, und die Ränder der auf diese Weise gebildeten Rinne beginnen sich einander zu Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 353 nähern (Fig. 5 vv), so daß die Rinne sich endlich zu einem längs- laufenden Rohre schließt, welches auf dem größten Teil seines Verlaufs von dem intestinalen Sinus getrennt ist (Fig. 6). Der Zusammenhang des Lumens dieses Rohres, oder des ventralen Blutgefäßes, mit der - Höhlung des Sinus bleibt in jedem Segment in Gestalt einer kleinen Öffnung bestehen, welche in den erwachsenen Segmenten in eine kurze vertikale Röhre übergeht, da hier das Bauchgefäß etwas weiter von dem Sinus entfernt liegt. Die dorsale Ausbiegung des gemeinsamen Blutsinus ist lange Zeit eine direkte Fortsetzung seiner Seitenwände, und sein Lumen rundet sich nur in bedeutend weiter entwickelten Segmenten zu einer besonderen Höhlung des dorsalen Blutgefäßstammes ab; die Abgrenzung der Höhlung dieser dorsalen Längsanschwellung erfolgt jedoch ziem- lich früh, und zwar dadurch, daß die Fasern der Ringmuskulatur von der Basis dieser Anschwellung nach der dorsalen Wand des Darmes hin wachsen; die Ringmuskulatur erscheint zu dieser Zeit auch auf den übrigen Wandungen des intestinalen Sinus, wobei sie unter anderm auch zur Abtrennung des ventralen Blutgefäßstammes beiträgt. Bei der weitern Entwicklung des Rückengefäßes verengert sich dessen Lumen sichtbar, indem seine Seitenwände, im vorderen Abschnitt eines jeden Segments, sich in Gestalt von Blindsäcken vor- wölben; diese Säcke liegen zu einem Paar in jedem Segment und bilden ihrerseits eine Menge ebenfalls blinder, frei in die Höhlung des Segments herabhängender Verästelungen. Die Seitenwände des allgemeinen Sinus, welche an den Darm sepreßt sind, treten mit der Differenzierung des dorsalen und ven- tralen Blutgefäßes an seiner dorsalen und ventralen Fläche zusammen, so daß sie ihn mit einem muskulösen Überzug umgeben; der enge, spaltförmige, mit Blutflüssigkeit angefüllte Zwischenraum, welcher zwischen dem Darm und dem Muskelbelag übrig bleibt, wird durch protoplasmatische Fortsätze der seine Wand bildenden entodermalen und mesodermalen Zellen in ein wahres Labyrinth von Kapillaren zerlegt. | | Es ist mir nicht gelungen die Entstehung der Ringmuskulatur dieses Abschnitts des Blutgefäßsystems, d. h. der Ringmuskulatur des Darmes und der Ringmuskeln des Rückengefäßes aufzuklären, doch wird man annehmen dürfen, daß der Ursprung der Muskeln beider Abschnitte ein gemeinsamer ist, da sie bereits zu einer Zeit auftreten, wo das Rückengefäß noch durch eine Ausbiegung der Sinuswand repräsentiert wird. Diese Fasern umwachsen den ventralen 354 P. Iwanow, Vorsprung des Blutsackes nicht, und wachsen erst dann, wenn der- selbe sich als ventraler Stamm abtrennt, zwischen diesen und die Kapillaren des Darmes hinein. Die Gefäße, welche aus denjenigen Teilen des periviseeralen Sackes gebildet werden, an welche sich die Wände der Cölomsäcke anlegen, werden von den Produkten dieser Wände — der Längs- muskulatur und den Chloragogenzellen — ausgekleidet; die Schicht der ersteren reicht nur bis zur Basis der dorsalen Ausbiegung, und es werden daher weder auf dem Rückengefäß noch auf dessen blinden Anhängen Längsmuskelfasern angelegt; die Schicht der Chloragogen- zellen dagegen bildet sich längs der ganzen Ausdehnung der an die Blutgefäße grenzenden Cölomwand, d.h. an der Wandung des visce- ralen Kapillarsystems und an den Seitenwänden des Rückengefäßes und seinen Anhängen nebst allen ihren Verästelungen. Auf der oberen Wand des Rückengefäßes, wohin nur die Elemente der soma- tischen Wand der Somiten gelangen, sowie auf dem Bauchgefäß, welches in die Zwischenräume der Somiten hineinragt, werden keine Chlora- sogenzellen angelegt. Was den Ursprung aller Blutgefäße aus dem gemeinschaftlichen periintestinalen Sinus betrifft, dessen Wände ganz oder teilweise von den die dorsale Hälfte der Höhle des Wurmes einnehmenden Meso- dermelementen gebildet werden, so stimmen die Ansichten der wenigen Forscher, welche sich mit dieser Frage beschäftigt haben — BüLow, RANDOLPH, MıcHEL und MAKAROFF — in diesem Punkte völlig überein. Die Abstammung dieser mesodermalen Elemente hin- gegen wird in abweichender Weise beschrieben: nach BüLow bilden sie sich gemeinschaftlich mit dem übrigen Mesoderm an der Über- sangsstelle der Epidermis in das Darmepithel; nach MicHEL ent- stehen diese Zellen, welche er zu dem Mesenchym rechnet, aus dem ektodermalen Epithel in demselben Gebiet, wie auch die Elemente der Mesodermstreifen (bande germinale), mit welchen sie auch in die Leibeshöhle hineindringen; nach RAnpDoLpH treten diese Elemente schon sehr früh in der Knospe auf, wenn sich daselbst nur sehr wenige Neoblasten vorfinden, und können weder aus dem Ektoderm noch aus dem Entoderm hervorgehen; nach MAKAROFF werden sie aus den seitlichen Vorsprüngen der Darmwand in der Nähe der Analöffnung gebildet, wobei er derartige hohle Vorsprünge nur bei Tubifex, nicht aber bei Lumbriculus beobachtet hat. Gegen die Möglichkeit einer Teilnahme des ektodermalen Mesen- chyms an der Bildung dieser Zellen, wie dies von MicHEL angenommen Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 355 wurde, spricht der Umstand, daß dieselben im Regenerat schon auf dem Stadium auftreten, wo das Ektoderm sich erst zu. differenzieren beginnt. Was ihren Ursprung aus dem Darmepithel betrifft, wie er von MAKkARoFF beschrieben wurde, so halte ich einen solchen für wenig: wahrscheinlich, indem ich, gleich RanporeH, niemals ein Her- vortreten der Elemente des Darmes in die umgebende Höhle zur Bildung eines »primären Mesoderms«, dessen größter Teil zum Auf- bau der Blutgefäßwandungen verwendet wird, beobachtet habe; außerdem halte ich einen solchen Ursprung, wenigstens bei Lumbri- culus, auch aus dem Grunde für wenig wahrscheinlich, weil im Epithel des hinteren Darmabschnitts, wo das primäre Mesoderm nach den Angaben MAKAROFFS seinen Anfang nimmt, höchst selten eine Teilung der Zellen beobachtet wird, und die Schicht des Darmepi- thels selbst hier so schwach ist, daß durch ein einfaches Austreten ihrer Elemente unmöglich eine so große Menge von Mesodermzellen gebildet werden kann, wie sie stets in der dorsalen Hälfte des in Regeneration befindlichen Hinterendes des Wurmes beobachtet wird; dies wird noch durch den Umstand bestärkt, daß die Elemente, nach- dem sie hierher gelangt sind, sich nicht vermehren, sondern samt und son- ders zum Aufbau der Wandungen der neuen Gefäße verwendet werden. MAKAROFF ist der erste Autor, welcher eine konsequente und ausführliche Beschreibung der Differenzierung des gemeinsamen periintestinalen Sinus in die großen Gefäße gibt; im allgemeinen stimmen meine Beobachtungen über diesen Vorgang mit den Aus- führungen des genannten Autors überein und unterscheiden sich von denselben nur durch einige Einzelheiten. So werden nach MARA- ROFFS Beobachtungen die Wände des Rückengefäßes (bei Tubrfex) aus einer dichten, zelligen Masse des primären Mesoderms an der dorsalen Fläche des Darmes gebildet, von welchem sie vollständig abgeschnürt wird; ferner weist MAKAROFF auf das Auftreten proto- plasmatischer Fäden an bestimmten Stellen des gemeinsamen Sinus hin, als Ursache der Teilung dieses Sinus in verschiedene Abschnitte, welche verschiedenen Gefäßen entsprechen; in Anbetracht der außer- ordentlichen Dünnheit dieser Fäden kann deren Verschwinden oder Bestehen eher als eine Folge denn als die Ursache der Bildung der Gefäße betrachtet werden. y. Das primäre Mesoderm. Nicht alle Elemente der von den ektodermalen Teloblasten ge- bildeten Zonen gehen in die Anlage des ventralen Nervenstammes 356 P. Iwanow, über oder verwandeln sich in dessen Seitennerven, wie dies weiter oben beschrieben worden ist; in denjenigen Abschnitten der Zonen, welche den inneren dissepimentalen Scheidewänden gegenüberliegen, werden die Zellen zum Teil ebenfalls nach dem Nervenstamm ver- lagert, dringen jedoch nicht in dessen Masse ein, sondern bleiben an seinen Seitenwänden stehen (Fig. 6 pn); ein andrer Teil dieser Zellen dagegen verbleibt an Stelle der frühern Teloblasten (Fig. 6 pm;), d. h. gegenüber den Borstentaschen und den Seitenlinien in Gestalt mehr oder weniger großer Anhäufungen (Fig. 6 pm,). Da diese Ele- mente bei ihrer Wanderung nach dem ventralen Nervenstamm im Zusammenhang mit ihren resp. Häufchen bleiben, werden alle diese letzteren durch Faserstränge zu paarigen Bögen verbunden, welche sich mit einem Ende auf den ventralen Stamm stützen. Nach weiterer Wucherung umgehen die Fasern dieser Bögen zum Teil den Bauch- stamm von unten her, und bilden auf diese Weise (Fig. 6) einen vollständigen Ring; hauptsächlich aber biegen sie vom Bauchstamm nach oben um und beginnen längs der Oberfläche des Peritoneums der Dissepimente in das Innere der Leibeshöhle hereinzuwachsen, indem sie die ersten Fasern ihrer Muskulatur bilden (Fig. 6 9m); sodann rücken sie auf demselben Wege auf die Dissepimente und auf die Kernelemente der ektodermalen Muskeln (Fig. 6). Etwas später liefern seitliche Zellhaufen, welche im Ektoderm gegenüber der Seitenlinie und der Linie der Borstentaschen liegen, direkt von sich aus Büschel von Muskelfasern, welche sich an dem Dissepiment verteilen und eine sewisse Menge von Kernelementen enthalten. Die aus den Borsten- säckenspalten hervortretenden Büschel bestehen aus einer nur unbe- deutenden Anzahl von Fasern und enthalten gar keine Kernelemente; diese letzteren gehen höchst wahrscheinlich, indem sie durch das Ekto- derm heraustreten, wie ich dies sehr häufig an den betreffenden Stellen beobachten konnte, direkt über das Dissepiment auf die mesodermale Wand des Darmes (d. h. auf den Blutsinus) über, und bilden hier die Ringmuskulatur des Darmes und des Rückengefäßes. Eine derartige Bildungsweise der genannten Muskulatur wurde von MıcHer beschrieben und erscheint mir äußerst wahrscheinlich, obgleich es mir nicht gelun- gen ist, sie durch unmittelbare Beobachtungen zu bestätigen. Aus diesen selben ektodermalen Elementen bildet sich die Dorsoventralmuskulatur der Borstensäcke, indem ein Teil derselben etwas vor dem Dissepiment und neben der Anlage der Borstendrüsen in die Leibeshöhle eintritt. Die Muskulatur der Rumpfdissepimente wird hauptsächlich aus Büscheln zusammengesetzt, welche aus den Spalten der Seitenlinien (Fig. 22 sn) Die Regeneration von Rumpf- und Koptsegmenten usw. 357 und an den Seiten des ventralen Nervenstammes (Dsm) hervortreten. Die ersteren wachsen, indem sie von den Seiten der Leibeswand her- vortreten, einander entgegen; nachdem sie an den Darm herangetreten sind, wachsen sie zum Teil an dessen äußere mesodermale Wand an, zum Teil biegen sie von oben und von unten um ihn herum, in- dem sie sich in eine obere und eine untere Hälfte teilen, welche sich auf der andern Seite des Darmes wiederum begegnen; auf diese Weise beschreiben sie eine Schlinge, welche den Darm fest umfaßt. Dabei bilden die Fasern dieser Büschel, indem sie zwischen den Darm nebst seinem Blutgefäßgeflecht und das Rückengefäß (dv) hereinwachsen, an dieser Stelle eine scharf ausgesprochene Grenze dieser Organe; außerdem ziehen die Schlingen infolge ihrer Kon- traktion den Darm (/») stark zusammen, indem sie an dessen Ober- fläche tiefe Einschnürungen gegenüber einem jeden Dissepiment hervor- rufen; das Rückengefäß hingegen, welches von diesen Schlingen unberührt bleibt, behält auf seinem ganzen Verlauf ein gleichförmiges Lumen. Das ventrale Büschelpaar (bms) zerteilt sich, indem es aus der Leibeswand neben dem Nervenstamm hervortritt, tächerförmig (pm) über das Dissepiment in der Richtung nach dem Darm; ein jedes Büschel wächst mit seinem äußeren Teil fast vertikal nach oben, biegt sodann, sowie es den Darm erreicht hat, längs dessen Seiten- wand nach seiner Dorsalfläche um, wächst zwischen dieser und dem Rückengefäß hindurch nach der gegenüberliegenden Seite, biegt längs der Seitenwand des Gefäßes nach oben um und verläuft nach der dorsalen Leibeswand, an deren Muskulatur es sich befestigt; der innere Teil des Büschels verläuft unmittelbar unter dem Darm längs dem Rande des dissepimentalen Peritoneums, welcher nach dem Zwischenraum zwischen den Cölomsäcken hin verläuft; nachdem er zwischen Darm und Bauchgefäß (vv) hindurchgetreten ist, vereinigt sich dieser Teil mit dem entsprechenden Teil des andern Büschels zu einem breiten Bogen (pm). Aus dem muskulösen Abschnitt der Keimzone bilden sich dem- nach, abgesehen von den Retraktoren der Borsten, auch noch die queren Muskelbalken der Dissepimente, welche in engster Weise mit unter dem Ektoderm liegenden, ein jedes Dissepiment umgebenden besonderen Ringmuskeln verbunden sind; letztere unterscheiden sich durch ihren Tonus von den übrigen Ringmuskeln, welche einen andern Ursprung haben, wodurch am Körper des Wurmes, gegenüber den Dissepimenten kleine Einschnürungen entstehen, welche die äußerliche Ringelung des Wurmes bedingen. Außerdem unterscheidet 358 iD Iwanow, sich der Dissepimentmuskel von den übrigen Ringmuskeln dadurch, daß in seinem ganzen Verlauf längsgestreekte Kerne liegen, welche sich gegenüber der Seitenlinie und der Linie der Borstentaschen zu kleinen Häufchen ansammeln, ebenso wie dies bei den Seitennerven der Fall ist, welche mit ihnen einen gemeinsamen Ursprung aus den sroßen Keimzellen des Ektoderms haben. Diese großen Zellen, welche ihrer Lage nach den embryonalen Teloblasten entsprechen, differenzieren sich demnach in nervöse und muskulöse Elemente, von welchen erstere in den Bauchstamm über- schen, indem sie im Ektoderm einige Seitenäste des Stammes bilden, letztere dagegen besonderen Ringmuskeln und der daraus entspringen- den dorsoventralen Muskulatur der Dissepimente und einigen andern Organen den Ursprung geben. Unter den Autoren, welche sich mit der Untersuchung der Regenerationserscheinungen bei den Oligochäten beschäftigt haben, weisen RANDOLPH, MICHEL und MAKAROFF auf die Existenz eines besonderen primären Mesoderms oder Mesenchyms hin. RANDOLPH und MAKAROFF betrachten als Zellen des primären Mesoderms jene kleinen, unter anderm zum Aufbau der Gefäßwandungen dienenden Elemente der dorsalen Leibeshöhlenhälfte des regenerierenden Körper- endes; aus diesen selben Zellen entsteht nach Ansicht der genannten Autoren auch die Ringmuskulatur der Körperwand. Da jedoch die jungen Elemente dieser letzteren sich nach Größe, Färbbarkeit und Bau scharf von den dorsalen Elementen unterscheiden, worauf auch MAKAROFF selbst hinweist, so erscheint mir eine derartige Voraus- setzung äußerst unwahrscheinlich. Meine eignen Untersuchungen führten nicht zur Lösung der Frage über den Ursprung der Ringmuskulatur der Leibeswand. Die ersten Ringmuskelelemente erscheinen bereits in der noch sehr jungen Re- generationsknospe, und beginnen in dem normalerweise wachsenden Regenerat, wie dies auch RANDOLPH nachwies, sehr weit hinten, an- nähernd an der Stelle, wo die erste differenzierende Teilung der Neoblasten vor sich geht (bei Rrhynchelmis reichen sie bis zur Anal- öffnung selbst). In dem Hinterende sind die Muskelfasern in einer gleichmäßigen, spärlichen, hauptsächlich die Bauchwand einnehmen- den Schicht angeordnet; sobald die unter ihnen liegenden Anlagen des ventralen Nervenstammes sich zu entwickeln beginnen, und letz- terer mit seiner ganzen Masse anfängt sich über das Niveau des Ektoderms zu erheben, dehnt derselbe gleichzeitig auch diese Ring- fasern aus, welche dabei teilweise in die Masse der Spinalganglien Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 359 eindringen, bei der weiteren Entwieklung des Stammes jedoch von dessen Oberfläche verschwinden. Weiter vorn umgehen die Ring- muskeln den Bauchstamm schon von unten her, wobei ihre Kerne nicht mehr wie früher in der Nähe der ventralen Borstentaschen liegen (Fig. 5 rm), sondern kleine laterale Anhäufungen bilden, welche durch die Ausbreitung der Längsmuskulatur in die Seitenlinie ge- drängt werden (Fig. 6 sl); es ist hierbei sehr schwer zu entscheiden, ob diese Anhäufungen aus Kernen der oben beschriebenen Ring- muskeln bestehen, welche sich hierher verlagert haben, und aus deren Vermehrung die zur Bildung der kompakten Muskelschicht des wachsenden Segments notwendige Menge von Ringmuskelfasern resultierte, oder aber ob diese Zellen aus der anliegenden Mesoderm- schicht, d. h. aus der Wand des Cölomsackes, neu entstehen; einire meiner Beobachtungen sprechen zu Gunsten der letzteren Meinung. Von einigen Autoren, welche die Embryonalentwicklung der Polychäten (E. Meyer) und von Lambriculus (BERGH, VEJDOVSKY) untersucht haben, wird die Entstehung der Ringmuskulatur aus dem Ektoderm und unabhängig von den Mesodermstreifen beschrieben; dies tritt in keiner Weise der Möglichkeit einer Auffassung ent- gegen, wonach bei Lumbriceulus und vielen andern Limicolen, welche Seitenlinien besitzen, die Ringmuskulatur der Seitenwand auf Kosten der Elemente des somatischen Blattes der Cölomsäcke entstehen könnte, indem sich die Ringmuskeln dieser Würmer ihrem Bau nach scharf von den gleichen Muskeln der Polychäten und Lumbrieiden (und wahrscheinlich auch aller der Seitenlinien entbehrenden Oligochäten) unterscheiden, und sogar noch mehr an die Muskelzellen der Längs- muskulatur erinnern. Bei Lumbricus z. B. besteht die Ringmusku- latur der Leibeswand aus mehreren Schichten von Muskelzellen mit stark in der Richtung der Fasern ausgezogenen Kernen, welche auf der ganzen Ausdehnung einer jeden Schicht zerstreut liegen. Bei Lumbriculus dagegen finden wir eine Reihe von Ringmuskelbündeln, deren protoplasmatische und Kernbestandteile als Seitenlinie in die Leibeshöhle hereinragen; in dieser Form haben die Muskelzellen in der Tat viele Ähnlichkeit mit den Muskelzellen der längsgerichteten eölothelialen Muskulatur, welche sich im wesentlichen nur dadurch unterscheiden von ersteren, daß die Anhäufung der faserigen Substanz bei der Entwicklung ihren kontraktilen Abschnitt nicht, wie bei den Ringmuskeln, zu einem cylindrischen Bündel verdickt, sondern den- selben in vertikaler Richtung erweitert; infolgedessen erhält die Längs- muskelzelle, in Übereinstimmung mit der Beschreibung ROHDEs, das Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 25 360 ‘P. Iwanow, Aussehen eines vertikal gestellten Bandes, welches an seinem oberen Rande das Protoplasma und den Kern enthält. Auf einen derartigen Bau der Ringmuskeln bei einigen Oligo- chäten, sowie auf die Bedeutung der zelligen Seitenlinie, wurde von HEssE hingewiesen, welcher dadurch die Hinfälligkeit der mehr ver- breiteten Auffassung Seupers, BüLows und VEIDOVSkYs nachwies, welche die Seitenlinie als einen besonderen Nervenstrang auffassen, der nach SEMPER der Seitenlinie bei den Fischen entspricht. Die Zugehörigkeit der Elemente der Seitenlinie zu den kernlosen Ring- muskelfasern tritt auf einigen jungen Stadien in der Entwicklung der Muskulatur besonders deutlich zu Tage, wenn sie von den Längs- muskeln noch nicht allzusehr zusammengedrückt sind; hier kann man den Zusammenhang des Protoplasmas dieser Zellanhäufungen mit den Fasern unmittelbar beobachten (Fig. 6 sl). Dasselbe kann man auch an Objekten sehen, welche intra vitam mit Methylenblau (nach Ear- LICH, stark mit Wasser verdünnt) gefärbt wurden; hier bemerkt man eine Reihe dunkelgefärbter kernloser Ringmuskelfasern, welche in engem Zusammenhang mit den gleichfarbigen, birnförmigen, im Niveau der Seitenlinie in Gestalt einer regelmäßigen Reihe in die Leibeshöhle vorspringenden Kernen stehen. c. Der Darmkanal und die Analöffnung. Sehr häufig werden die durchschnittenen Ränder des Darmkanals durch eine zirkuläre Kontraktion der Körperwand zusammengepreßt und verwachsen bei der Wundheilung unmittelbar mit den Rändern der Epidermis, so daß das Flimmerepithel des Darmes mit seinem hinteren Rand die Analöffnung bildet. In den typischen Fällen wird jedoch gewöhnlich sein Ende von der neuen Epidermis umwachsen, wobei in den späteren Stadien der Regeneration ein Durchbruch nach außen erfolgt. Das durchschnittene Darmende legt sich hierbei mehr oder weniger dicht dem Ende der Knospenwand an, und wächst selber, beim Auswachsen der letzteren infolge einer weiteren Ent- wicklung neuer Epidermis, dank einer lebhafteren Vermehrung seiner Elemente; in einem gewissen Entwicklungsstadium der Epidermis bildet der dorsale Teil derselben gegen das Darmende hin eine kleine Einstülpung, deren Boden nach einiger Zeit in die Darmhöhle durch- bricht, infolgedessen am Hinterende des Darmes ein lippenartiger Saum aus ektodermalen Zellen gebildet wird, welcher als Anus fungiert (Fig. 11 a). Die Verlängerung des neuen Darmteils wird im Verlauf des Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 361 weiteren Auswachsens des Regenerats ausschließlich durch eine Vermeh- rung der Zellen des alten entodermalen Epithels bedingt, wovon die zahlreichen Mitosen Zeugnis ablegen, welche nicht nur in dem, den neuen Segmenten angehörenden Teil des Darmes, sondern auch in dem Darm von zwei bis drei alten, dem Regenerat benachbarten Segmenten angetroffen werden. Im Beginn der Regeneration ist in dem Endteil des wachsenden entodermalen Epithels häufig auch eine direkte Zell- teilung zu erkennen. Je mehr der Darm auswächst, desto seltener werden die Teilungsfiguren, im hinteren Ende desselben hört die Zellvermehrung augenscheinlich vollkommen auf; die Wandungen des Darmes sind hier recht dünn, besonders unmittelbar an der Anal- öffnung, woselbst sie nur aus einer Reihe Epithelzellen bestehen. Wie aus den Literaturangaben über die Regeneration des Darmes geschlossen werden kann, kommt eine derartige typische Bildung des Proktodäums durchaus nicht allen Oligochäten zu; die Bildung der Analöffnung erfolgt bei vielen derselben ausschließlich durch eine direkte Verwachsung der durchschnittenen Darmränder mit der Epi- dermis. Auf diese Weise wird der Anus nach RıvEu bei Naxs, Allobo- phora und Lumbricus, nach Bock bei Chaetogaster gebildet; dasselbe Verhalten beschreibt F. WAGNER auch bei Zumbriculus, doch wiegt, wie bereits erwähnt, bei letzterem das typische Verhalten, d. h. der der embryonalen Bildung entsprechende Darmdurchbruch durch die ekto- dermale Einstülpung nach außen hin, vor, wie ihn auch RAnDoLpH be- schreibt. Haase konstatiert bei Tubifex desgleichen eine direkte Ver- wachsung des Darmes mit den perianalen Epidermisrändern; bei dem weiteren Auswachsen des sich regenerierenden Stückes wird jedoch die perianale Epidermis hinter dem Darm in die Leibeshöhle hinein- gezogen, so daß die Analöffnung vollkommen derjenigen entspricht, welche sich bei einer Einstülpung des Proktodäums bildet. MicHEL hat desgleichen die direkte Verwachsung der Epidermis- ränder mit dem Darm beobachtet, die auf diese Weise gebildete Aus- fuhröffnung hält er jedoch nicht für die endgültige Analöffnung; beim weiteren Auswachsen des Regenerats entsteht der Darm der neuen Segmente aus der hinteren »indifferenten« Wand des ektodermalen Epithels, dessen Elemente teilweise das neue Ektoderm, teilweise das neue Entoderm bilden, eine derartige Differenzierung der Schichten erfolgt im Gebiet der Analöffnung. Die in der Mehrzhl der Fälle auf sämtlichen Stadien deutlich ausgeprägte Scheidung beider Epithelien, anderseits die stark erhöhte Vermehrungsintensität der Elemente des Darmkanals selber, besonders zu Beginn der Regeneration, weisen 25* 862 P. Iwanow, jedoch auf die vollkommen selbständige Regeneration des letzteren hin und widersprechen durchaus den Erklärungen des genannten Autors, sowie den Schlüssen von HErxE, der die Bildung des neuen Darmes aus einer ektodermalen Zellschnur beschreibt; die Zellen sollen dabei in die Leibeshöhle auswandern und sich von der hinteren, dorsalen Epidermiswand zum alten Darm hin begeben. Ein charakteristisches Zeugnis für die selbständige Regeneration des Darmes gibt ein von mir beobachteter Fall der Regeneration eines Stückes bei einem geschlechtsreifen Lembriculus. Am hinteren Ende dieses Stückes erfolgten im Verlauf von zehn Tagen in dem die Wunde bei der Heilung umwachsenden Epithel keine der ge- wöhnlichen Veränderungen, welche sonst zur Bildung eines neuen Epithels führen, ungeachtet dessen, daß am Vorderende sich die Kopf- sesmente im Verlaufe dieser Zeit zweimal regenerierten; das Hinter- ende des Darmes war jedoch in dieser Zeit weiter gewachsen, ob- gleich eine Regeneration des Ektoderms nicht vor sich ging, infolge- dessen das Gewebe des ersteren fast den ganzen Zwischenraum zwischen der Endwand und dem nächstgelegenen Dissepiment aus- füllte; in diesem Gewebe war eine große Zahl von Mitosen, als Beweis für das weitere Wachsen desselben, zu erkennen. 3. Regeneration der Gewebe in den Kopfsegmenten. a. Nervensystem. Die Zellen der Epidermis, welche die Wunde am vorderen Ende des sich regenerierenden Stückes bedeckt, verändern sich während ihrer Entwicklung in genau derselben Weise, wie in der Keim- epidermis des Hinterendes und bilden große Bildungseiemente des Ektoderms, die frei unter dem neuen Epithel sich anordnen. Die Folge der Bildung dieser subepithelialen Elemente in den verschiedenen Abschnitten der Kopfkappe unterscheidet sich jedoch wesentlich von derjenigen in der Schwanzkappe, wodurch sich die andersartige An- ordnung derselben in der Wand der weiter entwickelten Kopfkappe und einige andre Besonderheiten erklären. Die Absonderung der freien Ekto- dermzellen aus dem Epithel erfolgt hier nicht von den alten Segmenten aus gegen das Ende des Regenerats hin, wie beim Auswachsen neuer Segmente am Hinterende des Stückes, sondern vom Gipfel der Kappe nach den alten Segmenten hin, d. h. parallel der Wachstumsrichtung am Hinterende, jedoch entgegengesetzt in Bezug auf die alten Elemente. Die freien Ektodermzellen, welche auf dem Gipfel und auf der vorderen Wand der Kopfkappe abgesondert sind, erreichen nie Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 363 eine derartige Größe, wie diejenigen, welche sich auf der ventralen Seite derselben bilden. Die Absonderung und Bildung dieser kleineren, freien Elemente der vorderen Wand geht in folgender Weise vor sich. Zunächst lösen sich die Epithelzellen auf dem höchsten Punkt der Konvexität der vorderen Wand und die ihnen benachbarten seitlich gelagerten ab, sowie die etwas dorsalwärts von ihnen gelegenen Zellen (Fig. 12). Nachdem sich diese Zellen unter das Epithel gesenkt haben, beginnen sie in den Hohlraum der Kappe einzudringen (Fig. 19 0sg); da dieses Eindringen nicht überall wo sich die freien Elemente bil- den erfolgt, sondern nur in zwei bestimmten Gebieten, seitlich von dem höchsten Punkt der Konvexität (Fig. 13 cg), so bleiben die an der Konvexität selber sich absondernden Elemente einige Zeit un- mittelbar unter dem Epithel und rücken, wie wohl gefolgert werden kann, an diese Gebiete heran. Nach dem Eintritt in den Hohlraum der Kappe begeben sich sämtliche Zellen schräg zu deren Rückenseite und bilden jederseits von dem Darm eine Anhäufung ektodermaler Elemente, welche die paarige Anlage des oberen Schlundganglions darstellen (Fig. 13 osg). Diese Anhäufungen liegen mit ihrem unteren Teil dem dorsalen Bogen des Faserringes an, welcher durch die aus dem Vorderende des durchschnittenen Bauchstranges herauswachsenden Faserbündel gebildet wird. Zwei aus dem Bauchstrang in frühen Regenerationsstadien entstehende Faserbündel wachsen gleichzeitig mit der Entwicklung der Kappe in die Länge, wobei dieselben an der ventralen Seite der letzteren dicht nebeneinander gelagert sind (Figg. 13, 14, 15 und 20 nf); sobald sie jedoch die Vorderseite er- reicht haben, gehen sie auseinander, umgeben seitlich den Darm, steigen zum oberen Teil der Kappe herauf und wenden sich daselbst plötzlich einander entgegen, worauf sich die Enden ihrer Fasern zu einem geschlossenen vertikalen Ring verflechten; der obere Bogen dieses Ringes liegt der Anlage des oberen Schlundganglions an, wo- durch er in beträchtlichem Maße die Gestalt desselben im Verlauf seiner Entwicklung beeinflußt, indem er gleichsam das Skelett für die paarige Anhäufung ektodermaler Zellen darstellt. Der Absonderungsprozeß der Epithelzellen auf der vorderen Wand der Kappe schreitet allmählich in der Richtung zu der Bauchwand fort, wobei auf dieser Strecke die Absonderung der subepithelialen Elemente nicht in der ganzen Breite der Wand, sondern hauptsächlich in den Seitenteilen derselben erfolgt. Infolgedessen entstehen hier zwei mehr oder weniger scharf abgegrenzte, seitliche, vertikale Reihen oder Schnüre von freien Zellen, deren Abspaltung vom Epithel in 364 | -P. Iwanow, der Richtung von oben nach unten vor sich geht, so daß die unteren Enden derselben mit dem Epithel der ventralen Kappenwand ver- schmelzen; die oberen, älteren Elemente dagegen treten sehr nahe an die Eintrittsstellen in die Leibeshöhle derjenigen ektodermalen Elemente heran, welche aus dem Gipfel der Kappe entstehen und die erwähnten Anlagen des oberen Schlundganglions bilden (Fig. 13 ex). Dieses Verhalten ist die Folge einer Berührung der Abspaltungs- gebiete beider Epithelanlagen. Ein derartiger Zusammenhang der An- lage des oberen Schlundganglions mit dem Epithel der ventralen Wand vermittelst der seitlichen Zellstränge, aus denen späterhin der Nervenstamm entsteht, bewog HAAsE und F. WAGNER den Schluß zu ziehen, daß das obere Schlundganglion sich aus dem Bauchepithel bildet, indem aus letzterem seitliche Zellstränge hervorwachsen, welche sich zur dorsalen Seite begeben und die Elemente, welche sich später an den Enden in Gestalt zweier oberer Schlundganglien ansammeln. Die Unrichtigkeit dieser Meinung beweisen Längsschnitte früher Regene- rationsstadien der Kopfkappe, auf denen klar die energische Tätigkeit der Epithelzellen ihrer vorderen Wand und das Verhalten der Gruppen und Reihen von freien Zellen, welche die Anlage des Schlundnerven- ringes darstellen, zu der Wand ersichtlich ist; auf Querschnitten jedoch, auf welche sich die beiden genannten Autoren, wenigstens bei ihrer Beschreibung, berufen, ist die Beziehung dieser Gruppen zum Epithel natürlich nicht zu erkennen, sondern es ist nur der Zusammen- hang der einzelnen Gruppen untereinander wahrnehmbar. Die auf diese Weise aus dem Epithel entstandenen seitlichen subepithelialen Schnüre werden allmählich dichter und nehmen be- stimmte regelmäßige Umrisse an, wobei sie sich auf den Seitenbogen des erwähnten Faserringes anordnen. Die Zellen der oberen, älteren Teile dieser Schnüre vermehren sich hierbei allmählich, beginnen sich zu verschieben und rücken in die Anlage des oberen Schlundganglions herein, wohin auch weiter unten gelesene Elemente eintreten, so dab schließlich der größere Teil dieser Zellen sich der Anlage des oberen Schlundganglions zugesellt; dieses nimmt in seiner endgültigen Form die Gestalt zweier großer birnförmiger Körper an, welche dem dorsa- len Bogen des Faserringes anliegen und denselben teilweise umfassen (Figg. 19 und 20 osg); die unteren Zellen der Zelischnüre gesellen sich in Gestalt zweier seitlicher Zellhaufen dem zu dieser Zeit be- reits angelegten vorderen Ganglion der Bauchkette zu, mit welchem zusammen sie das untere Schlundganglion des Schlundringes bilden (Fig. 14 usg). Die Zellen, welche sich von der vorderen epithelialen Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 365 Wand absondern und sich durch ihre verhältnismäßig geringe Größe aus- zeichnen, werden somit für die Bildung der Ganglien des Schlundringes aufgebraucht. Unter lebhafter Teilung differenzieren sie sich zu gan- sliösen Nervenzellen, welche Faserfortsätze bilden, die ihrerseits sich den Grundfasern der Bogen hinzugesellen, wodurch die letzteren sich allmählich bis zu dem Durchmesser des endgültigen Nervenringes ver- dieken. Mit der Entwicklung des Mundlappens rückt die vordere Wand von dem Schlundring nach vorn ab, bleibt jedoch mit den unteren Enden der oberen, birnförmigen Schlundganglien im Zusammenhang, d. h. mit denjenigen Stellen derselben, durch welche der Eintritt der epithelialen Elemente erfolgte, und zwar in Gestalt zweier sich vorn verästelnder Nervenstämmehen — der Tastnerven des Kopflappens. In der ventralen Wand vermehren sich die losgelösten Epithel- zellen viel später und vergrößern sich bis zum Umfang der sub- epithelialen Elemente in der ventralen Wand der Anlage der Rumpf- sesmente (Figg. 15, 14 und 15 nm). Diese subepithelialen Zellen in der ventralen Wand der Kopfkappe lösen sich jedoch nur in einer bestimmten Regenerationsperiode vom Epithel ab, wonach die Bildung derselben vollkommen aufhört, so daß die Menge dieser Zellen eine beschränkte ist, infolgedessen sie nur einer beschränkten metameren Reihe von Abkömmlingen den Ursprung geben; ferner ordnen sich hier die Keimzellen nicht in paarigen teloblastischen Reihen an, sondern bilden eine fast ununterbrochene subepitheliale Schicht, welche die gesamte ventrale Hälfte der ektodermalen Wand der Kopfkappe ein- nimmt; diese Schicht weist aber doch Spuren einer paarigen Anlage auf, wenngleich dieselben auch nicht immer deutlich erkennbar sind, und zwar ein Auseinanderweichen der Elemente längs der Mittellinie unter dem doppelten, aus dem alten Stamm auswachsenden Faser- bündel (Fig. 15 nmx). Diese ektodermale Platte von Keimzellen trennt sich infolge des Weiterwachsens des Kopfregenerats in einige (ge- wöhnlich sieben) metamere Zonen, welche, ihren Abkömmlingen nach den Neuromuskelzonen der jungen Rumpfsegsmente vollkommen gleich sind, ihrem Aussehen nach sich jedoch, durch Unterschiede in der Bil- dung, einigermaßen von diesen unterscheiden; indem diese Zellen sich vermehren und differenzieren, bilden sie ebenso wie in den Rumpf- sesmenten den Bauchnervenstrang mit sieben Paaren Spinalganglien und deren Seitennerven, sowie die Muskulatur der Dissepimente; in den Seitennerven bleiben gegenüber den Spalten der Borstensäcke und der Seitenlinie kleine Anhäufungen von Nervenzellen nach, genau ebenso wie in den Seitennerven der Rumpfsegmente. 366 _P. Iwanow. Die Nervenelemente der Neuromuskelzonen dringen zur Mittel- linie der Bauchwand vor und ragen mit ihrer Masse in die Leibes- höhle hinein (Fig. 16 Ds), wobei sie zugleich das doppelte Bündel der Faserfortsätze des alten Bauchstranges seitlich umfassen, sowie bei ihrer allmählichen Entwicklung ihre Fasern demselben hinzugesellen, infolgedessen dieses ursprünglich an der Wurzel breite und sich nach vorn verengende Bündel allmählich überall von gleicher Dieke erscheint, wobei sein Durchmesser etwas an Größe zunimmt. Das Grundfaserbündel des Kopfbauchstammes besteht aus zwei symmetrischen Nervenfaserbündeln, welche von beiden Hälften der Fasersubstanz des Rumpfbauchstammes abgehen, sowie aus einer Längsreihe runder Neurogliazellen (Figg. 14 und 15 »glz), welche aus der (direkten) Teilung alter Zellen oder durch eine Vorschiebung dieser hervorgegangen sind; diese Zellreihe ist zwischen den Faserbündeln gelagert, ihre Zellen entsenden vertikale Fortzätze und diese teilen, da die Zellen an der untern Seite der Bündel gelagert sind, dieselben von der untern Seite gegen die Rückenseite hin ab (Fig. 15); die untern un- mittelbar dem alten Bauchstamm anliegenden Neurogliazellen beteiligen sich in Anbetracht der Verlaufsrichtung ihrer Fasern an der Bildung der Wandungen der spinalen Längsgänge (von VEJDovskY beschrie- ben) in dem Faserteil des Bauchstranges: in den Rumpfsegmenten sind deren je drei, in den Kopfsegmenten jedoch nur je einer vorhanden; in den Kopfsegmenten ist es sichtbar, daß diese Neurogliafasern sich sogar durch ihre Färbung von den kompakten Nervenfaserbündeln unterscheiden und von diesen abgesondert sind; letztere gehen un- mittelbar in die Fasersubstanz des alten Bauchstammes über, woraus der Schluß gezogen werden kann, daß die Beteiligung der Nerven- kette der Rumpfsegmente an der Bildung der neuen Nervenkette im Kopfe sich nieht nur auf ein Auswachsen von den Neurogliafasern nach vorn und auf ein Vorrücken ihrer Kerne beschränkt, wie E. SCHULTz es annimmt, sondern daß sie auch von sich aus Nerven- faserbündel in die Kopfsegmente entsendet, wie es HESCHELER be- schrieben hat. Meine Befunde über die Bildung des oberen Schlundganglions stimmen fast vollkommen mit den Beobachtungen HESCHELERs bei der Regeneration dieses Gebildes bei Laumbricus überein; dieser Forscher beobachtete eine Wanderung der Epithelzellen der vorderen Wand des Regenerats gegen die Faserfortsätze des alten Bauchstran- ses hin, wobei sie sich an deren Enden zu der Anlage des oberen Schlundganglions anhäufen; HEsCHELER beschreibt in den Bündeln ; 2 Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 367 dieser Fortsätze Ganglienzellen; daß dieselben jedoch keine wahren Nervenzellen, sondern besondere Neurogliastützzellen sind, ist bereits daraus ersichtlich, daß sie sich intensiver als die ersteren färben, kleiner und in der Mehrzahl der Fälle rund sind, während die Nervenzellen gewöhnlich ausgezogen und an einem Ende verjüngt erscheinen; an diesen Merkmalen lassen sie sich auch in den be- nachbarten Abschnitten des alten Bauchstammes erkennen. Nach den Beobachtungen HESCHELERs und den meinigen ent- stehen somit die oberen Schlundganglien selbständig aus Epithelzellen der vorderen Wand; diese lösen sich auch an der Kuppe der Konvexi- tät von letzterer ab, so daß die Anlage des Ganglions in den frühen Stadien nicht als eine streng paarige bezeichnet werden kann; in den späteren Stadien, wenn die Zellen in die Leibeshöhle eindringen, nimmt die Anlage das Aussehen einer paarigen, durchaus abge- sonderten Verdiekung an; diese Entstehungsweise des oberen Schlund- ganglions ist in einem gewissen Maße der von KLEINENBERG bei der embryonalen Entwicklung von Lopadorhynchus beschriebenen Keim- anlage des oberen Schlundganglions aus einem unpaaren provisorischen Sinnesorgan der Scheitelplatte analog. Andre, die Regeneration des oberen Schlundganglions berück- sichtigende Forscher erkennen alle, obgleich sie seine Bildung anders beschreiben, die selbständige Entstehung desselben an, was nur HAasE und F. WaeneEr bestreiten. HEPKE beschreibt seine Anlage als zwei Anhäufungen ektodermaler Zellen, welche etwas dorsal aus der Leibes- wand in die Leibeshöhle hineinwachsen und nach unten ein paar Zell- stränge abgeben; aus letzteren entstehen späterhin die Mundkommis- suren. Einen besonders charakteristischen und überzeugenden Beweis für die Unabhängigkeit des oberen Schlundganglions von dem Bauch- strang liefert wie seine Regeneration, so auch seine Beschaffenheit bei den niederen Oligochäten, bei Aeolosoma und Ctenodrilus, bei denen der zeilige Bauchstrang sehr schwach ausgeprägt ist, während das obere Schlundganglion gut entwickelt ist und bei der Regene- ration in Gestalt einer konvexen, paarigen Verdickung des Rücken- epithels entsteht, mit welchem es bei Aeolosoma auch im erwachsenen Zustande in Zusammenhang bleibt; dieses Verhalten hat für Cieno- drilus KENNEL, für Aeolosoma VEJDOYSKY festgestellt. Die Neubildung des oberen Schlundganglions ist bei der Knos- pung dadurch komplizierter, daß sich bei der Organanlage die vordere tätige Epithelwand nicht bildet; sämtliche sonst aus dersel- ben hervorgehende Keimzellen dringen statt dessen durch die bereits 368 Ep Iwanow, vorhandenen Spalten in der Muskulatur der Leibeswand in die Leibes- höhle (so durch die Borstensäckespalten, die Seitenlinienspalten und. die Spalten des Bauchstranges). Auf diese Weise geht nach Bock die Reparation des oberen Schlundganglions bei COhaetogaster vor sich, bei dem die Keimelemente durch die Spalten der ventralen Borstensäcke eindringen, sich alsdann mit den sich vermehrenden Zellen des alten Bauchstranges vereinigen und sich darauf nach der dorsalen Seite des Tieres in Gestalt zweier an den Enden kolbenförmig verdickter Stränge erstrecken; hierbei gesellen sich ihnen eine gewisse Menge in Teilung begriffener ektodermaler Zellen aus den Spalten der dor- salen Borstensäcke zu. Bei Nars und Chaetogaster erfolgt nach SEn- PER das Eindringen ektodermaler Zellen für die Bildung der oberen Schlundganglienanlage durch die Spalten der dorsalen Borstensäcke; der größte Teil der Anlage entsteht jedoch aus einer Zellanhäufung der mesodermalen Koptstreifen, deren Zellen, nach der Beschreibung von SEMPER ebenfalls aus den seitlichen Leibesspalten eindringen; der ektodermale Teil der Anlage entspricht nach diesem Autor der Sinnes- platte, welche zum Teil wenigstens aus der Scheitelplatte der Anne- liden entsteht, der mesodermale Teil stellt wahrscheinlich das Analo- son der Spinalganglien dar. Die Anlage des Bauchstammes der Kopfsegmente bei der Re- generation oder Knospung derselben wird von den meisten Autoren als eine Verdiekung des ventralen Ektoderms beschrieben, so von Bock bei CÜhaetogaster, von HAASE bei Tubifex und von F. Wac- NER bei Lumbriculus. Nach Bock beteiligen sich hierbei an der Bildung des neuen Stammes recht energisch auch die Zellen und Fasern des alten Stammes, indem dieselben nach vorn vorrücken; WAGNER und Haase stellen jedoch seine Beteiligung vollkommen in Abrede und halten das Auftreten alter Fasern hierselbst für eine zufällige Erscheinung; gegen diese Ansicht spricht jedoch das be- ständige Vorhandensein dieser Fasern in der vorderen Knospe von den frühesten Regenerationsstadien an, die allmähliche Verdiekung ihres Bündels mit dem Auswachsen des Regenerats, was nicht auf eine Tätigkeit der neuen Nervenzellen bezogen werden kann, da diese sich verhältnismäßig spät differenzieren, und schließlich der Bau selbst dieser Bündel. Anders beschreiben die Bildung des Kopfbauchstammes SEMPER und HEPkE bei Nais. SEMPER sah bei der Knospung dieses Wurmes (wie auch bei Chaetogaster) keine neurale Ektodermverdiekung und war der Meinung, daß die Nervenkette im Kopf durch ein Auswachsen Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 369 des Achsenteils des alten Bauchstranges entstehe, welchem sich später- hin paarige Spinalganglien aus den Mesodermstreifen hinzugesellen; letzteres hält er jedoch nur für sehr wahrscheinlich, denn »die Ähn- lichkeit der verschiedenen Zellen in der jungen Kopfzone ist so groß und sie sind so ganz ohne alle Grenzlinien aneinander gepackt, daß ich es aufgeben muß, hier auch nur eine hypothetische Meinung durch Deutung von Beobachtungen zu gestatten«.. HEPKE kommt bei der Untersuchung der Regeneration von Nais zu einem entgegengesetzten Schluß; nach seiner Meinung entsteht der Nervenstamm des Kopfes ausschließlich aus dem Ektoderm, sogar ohne jegliche Beteiligung des alten Bauchstammes. Die Beteiligung des letzteren stellt er aus dem Grunde in Abrede, weil, worauf bereits SEMPER hingewiesen hat, seine Nervenzellen lange vor der vollständigen Ausbildung des Segments aufhören sich zu vermehren, so daß beim weiteren Auswachsen die stark vorgewölbten, spinalen Anhäufungen sich beträchtlich in die Länge ausziehen und im Querdurchmesser verdünnen, aus welchem Grunde sie sich bei der Regeneration auch nicht vermehren können; diese Ansicht besteht jedoch nur hinsichtlich des zelligen Anteils des Nervenstammes zu Recht und hat keine Gültigkeit für die Nerven- fasern und die Neuroglia, welche in das vordere Regenerat auf dem oben beschriebenen Wege eindringen. Die Bildung des Bauchstammes geht nach HEprke folgendermaßen vor sich: aus der vorderen Wand des Ektodermepithels etwas unterhalb der neuen Schlundanlage be- ginnen einzelne Zellen desselben in die Leibeshöhle einzuwandern, wobei sie »das Bestreben haben, eine ganz bestimmte Richtung ein- zuschlagen«, nämlich zum Vorderende des alten Bauchstranges, und ordnen sich zwischen ihm und der vorderen Wand zu einem kom- pakten Strang an, welcher den jungen Nervenstamm darstellt; wenn die Bildung desselben dermaßen erfolgt, so müssen diejenigen Zellen des Stranges, welche näher zum alten Bauchstamm gelegen sind, sich somit früher vom Epithel abgelöst haben, sich auch früher differenzieren als die übrigen, während in der Tat das umgekehrte Verhalten beobachtet wird — die Differenzierung erfolgt von der Vorderwand aus zum alten Bauchstamm hin. b. Mesodermale Gebilde. Mit Ausnahme der Muskeln, welche zusammen mit dem Bauch- strang aus dem Ektoderm entstehen und somit das primäre, dem- jenigen der Rumpfsegmente analoge, Mesoderm der Kopfsegmente _ darstellen, gehen sämtliche übrige Mesodermgebilde aus Elementen 370 | P. Iwanow, hervor, welehe hierher aus dem Mesoderm der benachbarten Rumpf- segmente eindringen und ihrer Entstehung sowie ihren Abkömmlingen nach den Elementen des sekundären Cölommesoderms entsprechen; zwischen denselben werden ebensolche Amöboeyten angetroffen, wie diejenigen, welche in den Rumpfsegmenten die Auskleidung der Blut- gefäbe bilden; die letzteren bilden sie auch in den Kopfsegmenten. a. Elemente des sekundären Mesoderms. Das Eindringen der mesodermalen Elemente aus der Längs- muskulatur der Körperwand in das Kopfregenerat beginnt in sehr frühen Stadien der Regeneration der vorderen Segmente und erfolgt vollkommen selbständig und ungleichmäßig, so daß auf einem und demselben Stadium der Regeneration die Zahl der Mesodermzellen in der Knospe bald kleiner, bald größer sein kann. Die Anhäufung der Mesodermelemente im Hohlraum der Regenerationsknospe erfolgt folgendermaßen: Vor allem wachsen längs der ganzen Peripherie der durchschnit- tenen Längsmuskelschicht von den Muskelzellen einzelne Muskel- fasern in die vordere Kappe hinein; mit dem Auswachsen dieser letzteren verlängern sie sich und stellen die ersten Fasern der Längs- muskulatur der neuen Kopfsegmente dar (Figg. 16, 18, 19 mf). Bald nach der Amputation machen sich auch in den Zellen der Längs- muskulatur des Wurmstückes, sogar in den von dem Vorderende entfernten Zellen, Veränderungen bemerklich; der Plasmateil und der Kernteil von einigen Muskelzellen beginnen sich von ihrer kontrak- tilen Substanz abzulösen und sich in der Leibeshöhle frei zu bewegen. Diese Fähigkeit der Myoblasten der Längsmuskulatur, sich von ihrer kontraktilen Substanz loszulösen, ist diesen Muskelzellen in sehr hohem Maße eigen und es genügt eine geringe Verletzung der Längs- muskulatur, daß neben dieser Stelle einige Zeit darauf in den Muskel- zellen der Plasmateil, welcher nach dem Faserteil ausgestreckt ist, sich um den Kern zusammenzieht und vom verletzten Faserteile sich loszureißen beginnt; bei vollkommener Zerschneidung des Wurmes je- 3 doch wird eine sehr große Anzahl solcher Muskelzellen frei und wandert in das vordere Regenerat hinüber; dabei nehmen Plasma und Kern etwas an Umfang zu und im Kern wird der Nucleolus abge- stoßen; eine derartige freigewordene Muskelzelle beginnt alsbald sich durch direkte Teilung zu vermehren (Figg. 17 und 19 m2). | Nachdem die Muskelzellen in das Kopfregenerat eingetreten sind, ordnen sie sich längs der Körperwand an und bilden, ebenso wie einige Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. SH von den Zellen, welche den Darm umgeben, späterhin von neuem ihre kontraktile Substanz; sie bilden zusammen mit den Muskel- fasern, welche von der anliegenden Längsmuskulatur unmittelbar in das Kopfregenerat eingewachsen sind, die gesamte Längsmuskulatur des Darmes und der Leibeswand der Kopfsegmente, möglicherweise jedoch auch die Ringmuskulatur der letzteren. Da das Einwachsen und Vorrücken dieser Muskelelemente unmittelbar von der alten Muskulatur ausgeht, so erscheinen die neuen Längsfasern in einer bestimmten Entfernung von dem alten Gewebe fast gleichzeitig an dem gesamten Umfang des Kopfsegments, nicht aber in be- stimmten Gruppen (»Muskelplatte« SEmPErs), wie bei der Bildung der Längsfasern in den Rumpfsegmenten, wenn sich dieselben allmählich in den Wandungen der Cölomsäcke differenzieren; aus demselben Grunde bleiben in der Richtung der Spalten der alten Rumpflängs- muskulatur, welche den Reihen der Borstensäcke und den Seiten- linien entsprechen, auch in den Kopfsegmenten kleine Lücken nach, in denen Haufen junger Elemente der zukünftigen Seitenlinie liegen (Fig. 16 s!) und in welche später die Borstensäcke aus dem Ektoderm sich hineinwölben. Die Zahl der freien Zellen, welche aus der anliegenden Schicht der eölomatischen Längsmuskulatur in das vordere Regenerat hinaus- kriechen, ist ziemlich beirächtlich, doch haben sie alle vollkommen denselben Bau des Plasmas und des Kerns, wie er oben beschrie- ben wurde und sich durch das Vorhandensein mehrerer Kernkörper- chen im Kerne auszeichnete, sowie fast die gleiche Größe; des- wegen ist es sehr schwer festzustellen, ob in den Bestand dieser Zellen ausschließlich freigewordene Muskelzellen treten oder ob sich zu ihnen Leukocyten der Körperhöhle oder abgelöste Zellen des Peritoneums gesellen, die sich bei der Fortbewegung zum Zwecke der Regeneration in ähnlicher Weise verändern und den Muskelzellen sanz ähnlich werden; wenn sie ins Regenerat gelangen, können sie als Material für die Wiederherstellung mesodermaler bindegeweb- licher Elemente der Kopfsegmente dienen; dieses aber macht die Annahme einer Anteilnahme der Leukocyten oder Peritonealzellen um so wahrscheinlicher, als es schwer ist, anzunehmen, daß die Zellen eines so differenzierten Gewebes, wie es das Muskelgewebe ist, alle neuen Mesodermbildungen der Kopfsegmente bilden können. Zu Gunsten der Anteilnahme der Peritonealzellen und der Leukocyten an der Bildung des Mesoderms sprechen auch einige meiner Präparate; leider sind aber diese Bilder nicht überzeugend genug und geben 3172 P. Iwanow, keine deutliche Vorstellung über den Gang der Verwandlung an diesen Zellen. Die frei aus der anliegenden Längsmuskelschicht heraustretenden Zellen vergrößern allmählich die Masse des Mesoderms im wachsen- den Kopfregenerat; gleichzeitig wird das Mesoderm jedoch um einiges ausgedehnt, so daß sich in ihm Hohlräume oder Lakunen bilden, die sich mit Blut füllen (Figg. 14, 15, 19 v2); die unregelmäßig zerstreuten Lakunen teilen die Mesodermmasse in zwei Teile: einen, welcher der Leibeswand, und einen zweiten, welcher dem Darm anliegt; beide sind miteinander durch Balken und Brücken verschiedener Dicke und Breite verbunden (Figg. 14, 15, 18, 19). Indem zu der Mesoderm- masse des Darmes und derjenigen der Leibeswand neue mesodermale Elemente hinzukommen und die bereits vorhandenen sich vermehren, verbreitern sich beide in der Richtung zueinander, die sie verbinden- den Balken verdicken sich und ordnen sich in mehr bestimmter und regelmäßiger Weise an; diese Veränderungen bewirken eine Ein- engung der Blutlakunen zwischen den beiden Mesodermmassen, die- selben werden in geordnete Systeme verwandelt, welche späterhin zu Blutgefäßen werden; auf diese Weise bilden sich in der Anlage der Kopfsegmente zwei Systeme von Längslakunen, ein dorsales und ein ventrales und sechs Paar quere oder Ringlakunen. Die letzteren bilden das erste Anzeichen, möglicherweise auch den Grund der inneren Segmentation in der Anlage der Kopfsegmente (Fig. 20 cvl). Nach Anhäufung einer gewissen Menge von mesodermalen Ele- menten hört die Zufuhr neuer mesodermaler Elemente in das Kopf- regenerat vollkommen auf; die weiteren Veränderungen dieses inneren Aufbaues erfolgen ausschließlich durch eine Vermehrung und Diffe- renzierung der in demselben bereits vorhandenen Mesodermmasse. Teilweise infolge einer Vermehrung der mesodermalen Zellen, wobei dieselben an Umfang abnehmen und sich ausdehnen, teil- weise infolge des Auswachsens der gesamten Kopfanlage, und einer dadurch bestimmten Verengung der Blutlakunen, beginnen die Ele- mente in dem Darm- und dem somatischen Anteil des jungen Meso- derms auseinanderzuweichen, woher zwischen den seitlichen Blut- röhren und dem Mesoderm des Darmes und der Leibeswand Lücken auftreten, die sich zu großen Hohlräumen — den sekundären Leibes- höhlen der Kopfsegmente — ausdehnen, welche voneinander durch feine bindegewebige Dissepimente getrennt werden; letztere entstehen auf die Weise, daß die Mesodermabschnitte, welche die benach- barten queren Systeme der Blutlakunen trennen, nachdem sie sich Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 373 von den Blutröhren abgespaltet haben, immer weiter von demsel- ben weg vorrücken, so daß die dieken Scheidewände sich allmäh- lich zu dünnen vertikalen Membranen abplatten, wobei dieselben das Mesoderm des Darmes mit dem der Leibeswand verbinden. Die Zahl und das Auftreten der Hohlräume der Kopfsegmente ist somit von dem Auftreten und der Anordnung der Ringgefäße bedingt (Fig. 20 Dp). Aus den Mesodermelementen der gemeinsamen Anlage in den Kopfsegsmenten entstehen: die Längsmuskulatur und augenscheinlich auch die Ringmuskulatur der Leibeswand, die Längsmuskulatur des Darmes, verschiedene bindegewebige Auskleidungen der Organe, wie das Neurilemm, die innere Auskleidung des Mundlappens u. a. »ie können weder die Nephridien auf den Dissepimentscheidewänden, noch die Chloragogenbekleidung auf den Blutgefäßen bilden. Wie bereits RANDOLPH angibt, sind in den vorderen Segmenten keine Neoblasten vorhanden; zufällig in die Höhle des Kopfregenerats gelangte Neo- blasten nehmen an der Regeneration des Mesoderms keinen Anteil; sie sind bis in die spätesten Stadien hinein in vollkommen unver- ändertem Zustand auf dem Darm an der Mundöffnung zu erkennen (Fig. 18 N). 8. Das Blutgefäßsystem. Die kleinen Leukocyten — Bindegewebszellen — ordnen sich bei der Anhäufung der Mesodermelemente in der Anlage der Kopfses- mente vorwiegend an den Wänden der Blutlakunen an, woselbst sie bei der noch nicht vollständigen Differenzierung des übrigen Meso- derms leieht durch die dunkle Färbung ihrer Kerne unterschieden werden können; später bilden sie die Wand der aus den Lakunen hervorgehenden Blutgefäße. Die Bildung der verschiedenen Blutgefäßstämme der Kopfsegsmente seht folgendermaßen vor sich: In der oben angegebenen Weise ent- stehen in der allgemeinen Mesodermmasse Lakunen, welche sich von dem perivisceralen Sinus und den Gefäßen des benachbarten Rumpfseg- ments aus mit Blut füllen. Durch Vernichtung einiger Scheidewände und Verschmelzung sowie Verdickung andrer, werden die Lakunen in mehrere bestimmte, miteinander kommunizierende Systeme geordnet, in denen das Blut ununterbrochen zirkuliert; als Folge dieser Zirku- lation, welche durch starke Stöße des kontraktilen Rückengefäßes der alten Segmente hervorgerufen wird, findet wahrscheinlich eine Zerreißung der die einzelnen Lakunen eines Systems voneinander 374 i P. Iwanow, trennenden Balken und Scheidewände statt, wodurch die einzelnen Lakunensysteme die Gestalt eines ununterbrochenen, mit andern kommunizierenden Blutgefäßes erhalten. Auf diese Weise entsteht das Rückengefäß als Fortsetzung des Rückengefäßes der alten Seg- mente; ferner das Bauchgefäß, welches mit seinem Hinterende in das Bauchgefäß der alten Segmente übergeht, mit dem Vorderende jedoch, nach einer Auffaserung in kleinere, das obere Schlundganglion um- fassende Blutröhrchen, sich mit dem Rückengefäß verbindet; endlich meist sechs Paar seitlicher Gefäße, welche in jedem Segment, mit Ausnahme des ersten, wo eine Achsenverbindung der Gefäße erfolgt, das Bauchgefäß mit dem Rückengefäß vereinigen; ein jedes dieser Seitengefäße zerfällt in der ventralen Körperhälfte in mehrere kleinere Gefäße, welche sich bald nicht weit vom Bauchgefäß von neuem zu einem Stamm vereinigen; dieses Verhalten ist augenscheinlich die Folge einer an dieser Stelle unvollständigen Verschmelzung der La- kunen eines jeden Quersystems. Da die Bluthöhle von dem Darm durch mesodermale, dem letzteren dicht anliegende Massen geschieden ist, so bildet sich in den Kopf- segmenten kein perivisceraler Sinus. Die Literaturangaben über die Frage der Blutgefäßbildung in den regenerierten Kopfsegmenten beschränken sich auf die Beob- achtungen von Rırver, daß bei der Regeneration des Vorderendes von Lumbricus das Blutgefäßsystem in Gestalt zahlreicher Blutsinusse von verschiedener Form und Größe entsteht. | y. Primäres Mesoderm. Die Muskelelemente der Neuromuskelzonen des Kopfes kriechen in derselben Weise wie in den Rumpfsegmenten auf die bindegewebigen Dissepimente und bilden deren Muskulatur, sowie die Ringmuskeln auf dem Niveau der Dissepimente, wodurch eine äußere Gliederung der Kopfanlage in eine bestimmte Anzahl von Segmenten hervorgerufen wird; die Lagerung der Dissepimentmuskeln unterscheidet sich jedoch merklich von derjenigen der Muskelscheidewände des Rumpfes. In den hinteren Dissepimenten beschreiben die Muskelbündel, welche seitlich vom Bauchstrang von der Leibeswand abgehen, ähnlich wie in den Rumpfsegmenten (Fig. 22 Bsm), eine Schlinge um den Darm und um- geben denselben mit einem Muskelring, wodurch eine Einschnürung des Darmes entsteht. Die Muskulatur dieser Dissepimente unter- scheidet sich von der des Rumpfes durch die fast vollkommene Abwesen- heit von Bündeln, welche aus den Spalten der Seitenlinie und der Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 375 Borstensäcke austreten, durch die Mächtigkeit der beschriebenen ven- tralen Bündelpaare, sowie durch einige Abweichungen in der Anord- nung desjenigen Anteils dieser Bündel, welcher unterhalb des Darmes gelegen ist. Zu derartigen Dissepimenten, welche sich einigermaßen durch den Bau ihrer Muskulatur unterscheiden und, ähnlich den Muskel- scheidewänden des Rumpfes, Darmsphinkteren bilden, gehören die zwei oder drei hintersten; weiter nach vorn zu verteilen sich die Bündel anders, wobei der Darm sich frei ausdehnt und den »Schlundkopf« (SEMPER) bildet. Die Anordnung dieser Bündel läßt sich infolge ihrer Kompliziertheit und Mannigfaltigkeit schwer in das allgemeine Schema einreihen; charakteristisch ist hierbei die starke Entwicklung der aus den Spalten der Seitenlinien und der Borstensäcke austreten- den Muskeln; außer den dorsoventralen Muskeln dieser letzteren, welche die Borstensäckchen jeder Seite verbinden, bilden sich hier noch Bündel, welche paarweise die ventralen Borstensäckchen, beide Seitenlinien miteinander, die Seitenlinie mit dem Bauchstrang und schließlich sämtliche Spalten mit der Darmwand verbinden. In den mesodermalen Teil dieser letzteren dringen diese Muskeln mit ihren Endfasern ein und liefern hier augenscheinlich die Dilatatorenmuskeln des Schlundes; in den vorderen Segmenten ziehen diese Bündel von den Dissepimenten sogar schräg zum Darm und fungieren als Retrak- torenmuskeln des Schlundes; im ersten Segment bilden sich aus den Bündeln, welche etwas über der Seitenlinienspalte heraustreten, die Muskeln des oberen Schlundganglions. Die Frage nach der Herkunft der mesodermalen Gebilde in den sich regenerierenden vorderen Segmenten lenkte viel weniger die Auf- merksamkeit der Forscher auf sich, als die Frage nach der Regenera- tion des Mesoderms in den hinteren Segmenten, hauptsächlich wohl aus dem Grunde, weil der Regenerationsmodus derselben im vorderen Ende sewöhnlich demjenigen im hinteren Ende für ähnlich oder für vollkom- men gleich gehalten wurde. Dieser Ansicht sind auch im wesentlichen diejenigen Autoren, welche die Bildung des Mesoderms in dem Vorder- ende beobachtet haben. So beschreibt SEMPER bei der Knospung von Nais das Auftreten von Mesodermstreifen in der Kopfzone der Kno- spung, welche den Mesodermstreifen der Kopfzone analog sind und ebenso wie diese aus dem Ektoderm infolge eines Austritts der Zellen desselben in die Zone der Knospung durch die Spalten der Längs- muskulatur entstehen, sich jedoch dadurch unterscheiden, daß sie den Darm rascher umwachsen und bei der Differenzierung weder Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 26 376 P. Iwanow. Nephridien noch gut entwickelte Dissepimente bilden. Herk& gibt bei der Beschreibung der Regeneration am Vorder- und Hinterende von Nars ein ähnliches Schema sowohl für die Regeneration des Darmes, des Nervensystems und des Mesoderms im Hinter- und Vorderende, als auch für die Regeneration des Mesoderms des Kopfendes im Vergleich zu der Regeneration des Mesoderms im Hinterende; nach diesem Schema entstehen sämtliche angeführte Gebilde infolge einer Wande- rung ektodermaler Zellen von der Kuppe des betreffenden Regenerats und durch Anordnung derselben zu bestimmten, sich differenzierenden Strängen. F. v. WAGner läßt schließlich das Mesoderm des vorderen Regenerats von Lumbriculus aus einzelnen ektodermalen Zellen, welche hier und da in dessen Hohlraum einwandern, entstehen, und hält die aus demselben hervorgehenden Segmente für gewöhnliche Rumpf- sesmente. Bei der selbständigen Anlage des Mesoderms im vorderen Regenerat, wie sie die genannten Autoren beschreiben, wird dieses Mesoderm demjenigen äquivalent, welches im hinteren Regenerat ent- steht und das Mesoderm aller derjenigen Segmente darstellt, welche sich aus jenem beim regenerativen oder normalen Wachstum des ganzen Wurmes bilden. Daraus kann ein zweifacher Schluß gezogen werden: entweder ist die Mesodermanlage des vorderen Regenerats von andrer Beschaffenheit als die Mesodermanlage im hinteren Ende, wie dies SEMPER auch annimmt, welcher das in der vorderen Knospungs- zone entstehende Mesoderm für ein besonderes Mesoderm des seg- mentierten Kopfes hält, welches der mesodermalen Anlage im Kopf des Blutegelembryos analog ist; das Irrtümliche einer derartigen Verallgemeinerung der besonderen mesodermalen Kopfanlage von den Blutegeln auf die Chätopoden haben die späteren embryologischen Forschungen (KLEINENBERG, HATSCHER u. a.) dargelegt; oder aber die vordere Mesodermanlage ist der hinteren vollkommen gleich, wo- bei jedoch die anatomischen Besonderheiten nicht in Rücksicht ge- zogen werden; dieser Ansicht sind HEPkE und F. v. WAGNER; die vordere Mesodermanlage stellt hierbei die Fortsetzung der Hauptmeso- dermstreifen dar, deren vorderer Abschnitt bei der Durchschneidung entfernt wurde; eine derartige Deutung der vorderen Segmente scheint mir jedoch wenig begründet zu sein, da bei der embryonalen Ent- wicklung dieser Würmer keinerlei Anzeichen einer Teilung der Meso- dermstreifen in eine vordere und hintere Anlage vorhanden sind, wobei aus der vorderen eine bestimmte Zahl von Segmenten ent- steht, aus dem hinteren dagegen sämtliche übrigen; die Mesoderm- streifen des Embryos wachsen im Gegenteil stets nur vom Hinterende Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. Sul aus, wobei sie eine Reihe von Cölomsäcken bilden, von denen der vorderste gleichzeitig auch der älteste ist, während bei einer selb- ständigen, auf dieselbe Weise wie im Hinterende vor sich gehenden Anlage des Mesoderms im sich regenerierenden Vorderende, einige vordere Rumpfsegmente ein besonderes System junger Somiten vor dem ältesten Somiten der normalen Mesodermstreifen darstellen wür- den; außerdem bliebe es unverständlich, weswegen für eine bestimmte Anzahl vorderer Rumpfsegmente besondere Mesodermanlagen vorhan- den sein müßten, während sämtliche übrigen Segmente sowohl bei der Regeneration als auch beim normalen Wachstum am Hinterende alle in vollkommen gleicher Weise und dabei in derselben Reihenfolge wie beim embryonalen Wachstum entstehen. Auf Grund dieser Über- lesungen und eigner Beobachtungen über Lumbrieulus glaube ich, daß bei den Oligochäten das Cölommesoderm sich im vorderen Re- senerat nicht wie in dem hinteren Regenerat neu anlegen kann, wie eS SEMPER, HEPkE und WAGNER beschreiben, sondern auf anderm Wege entsteht. Was nun den Entstehungsprozeß selber betrifft, der von diesen Autoren verschieden beschrieben wird, so stimmt derselbe, wenigstens was die Regeneration bei Nazs und Lumbriculus nach HEPKE und WAGNER betrifft, womit meine Befunde sehr gut verglichen werden können, mit den Bildern von dem inneren Aufbau des vorderen Regenerats, welche ich beobachten konnte, durchaus nicht überein. Die von HEpkE beschriebenen Zellanhäufungen in der vorderen ektodermalen Wand, etwas oberhalb der Anlage des Bauchnerven- stranges, können nicht die Bildungsanlage des Mesoderms darstellen, da die jüngsten nicht differenzierten Elemente derselben nicht neben diesen Anlagen liegen, sondern an dem entgegengesetzten Ende der Anlage der Kopfsegmente, d. h. neben den alten Geweben, was unter anderm auch den Beweis abgibt, daß aus diesen letzteren die meso- dermalen Elemente der neuen Kopfsegmente hervorgehen; es ist möglich, daß HerkE die Anlage des untern Schlundganglions, dessen Lage genau seiner Beschreibung entspricht, für die ektodermale Anlage des Mesoderms gehalten hat. Einen Eintritt einzelner ektodermaler Zellen in den Hohlraum des Regenerats, wie ihn v. WAGNER beschreibt, habe ich, mit Ausnahme des Eintritts von Elementen aus der vorderen Wand für die Bildung des Schlundrings, nieht beobachten können; es werden bisweilen einzelne mesodermale Zellen so gelagert ange- trofien, als wollten sie durch die Basalmembran durchdringen; ein derartiger Anblick wird jedoch entweder dadurch erhalten, daß eine Zelle die Membran eindrückt, oder aber in frühen Stadien dadurch, 26* 918 P. Iwanow, daß dieselbe an einigen Stellen der Leibeswand nicht entwickelt ist; in der Mehrzahl der Fälle unterscheiden sich diese Zellen durch ihren Bau und sogar ihre Größe deutlich von den anliegenden ektoder- malen Elementen. c. Der Darm und die Mundöffnung. Die Bildung des Darmkanals in den Kopfsegmenten erfolgt ver- möge eines Auswachsens des Epithels des alten Darmes nach vorn, was aus den zahlreichen Teilungsfiguren ersichtlich ist, welche sich weit in die alten Segmente hinein verfolgen lassen, am zahlreichsten jedoch in dem Teil des Darmes angetroffen werden, der in den Hohl- raum der Regenerationskappe hineinragt (Fig. 21 Jn); hier läßt sich auch eine direkte Teilung der Epithelzellen erkennen. Der Darm stößt infolgedessen mit seinem Vorderende stets an die vordere Wand des Regenerats und verlängert sich gleichzeitig mit dem Auswachsen des letzteren. Früher oder später, stets jedoch später als im Hinter- ende, bildet das Ektoderm dort, wo der Darm an dasselbe herantritt, eine Einstülpung, welche nach einiger Zeit in die Darmhöhle durch- bricht, wobei das Ektoderm mit den Darmrändern verwächst und eine Mundöffnung entsteht (Fig. 21 m). Das weitere Wachstum der Darm- wandungen wird allmählich ungleichmäßig; dasselbe geht hauptsächlich in der dorsalen Darmwand vor sich, während die ventrale Wand ver- hältnismäßig früh zu wachsen aufhört, worauf aus dem Schwund der Mitosen in ihr geschlossen werden kann; bei der weiteren Verlängerung des Kopfregenerats wird die ventrale Darmwand stark ausgezogen und bildet die, einer flimmernden Auskleidung entbehrende, untere Wand des endgültigen Schlundkopfes, welche ein derartiges Aussehen fast in der gesamten Ausdehnung der Kopfsegmente aufweist. Die dorsale und zum Teil auch die seitlichen Wandungen beschließen ihr Wachstum viel später als die ventrale Darmwand; infolge einer erhöhten Vermehrung ihrer Elemente bilden dieselben die dorsale diekwandige Grube des Schlundkopfes; da das regenerative Auswachsen dieser Wände etwas früher aufhört als die endgültige Ausbildung der Kopf- segmente, so werden ihre Endzellen bei der vollständigen Entwicklung des Mundlappens in die Länge gezogen und bilden ebenso wie die Zellen der ventralen Wand keine Flimmerhaare; infolgedessen steht der breite Schlundkopf mit der ektodermalen Einstülpung durch ein dünnes, aus flimmerlosen ektodermalen Zellen bestehendes Rohr in Verbindung. Bei Lumbriculus wird in seltenen Fällen, ich habe deren nur Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 379 zwei zu beobachten Gelegenheit gehabt, die Mundöffnung ebenso wie die Afteröffnung nicht durch eine stomodäale Einstülpung des Ekto- derms, sondern durch direkte Verwachsung der Epidermisränder mit den durchschnittenen Darmrändern gebildet. Da offenbar auch bei andern Oligochäten die Mundöffnung sich auf zweierlei Weise bildet, so sind dieselben von den Autoren häufig als getrennte, sich gegen- seitig ausschließende Entstehungsweisen beschrieben worden, wobei die direkte Verwachsung des Darmes mit der Epidermis als beson- derer Fall der Bildung des Vorder- resp. Enddarmes gehalten wurde; letzteres ist von RIEVEL und von F. WAGNER in seiner ersten Arbeit beschrieben worden; auf Grund seiner neuen Untersuchungen ist WAGNER in der letzten Zeit zum entgegengesetzten Schluß gelangt und hält den Durchbruch des Darmes durch die ektodermale Ein- stülpung für einen Ausnahmefall. Die Bildung der Mundöffnung und des kurzen Vorderdarmes aus einer ektodermalen Einstülpung ist von HaasE für Tubifex, von HESCHELER für Lumbrieus und von Bock für Chaetogaster beschrieben worden. Da jedoch bei Zumbrieulus sowohl die Mundöffnung als die Analöffnung auf beiderlei Weise ent- stehen, so können ihre Bildungsweisen nicht so gegenüber gestellt werden, als würden sie sich gegenseitig ausschließen, sondern es kann nur von einem Vorwiegen der einen oder der andern Entstehungs- weise die Rede sein. HEPkE beschreibt für Nars die Bildung des gesamten sich regene- rierenden Darmes im vorderen Abschnitt aus einem ektodermalen Zellstrang, welcher sich in der Richtung zum alten Darm hin erstreckt und in der Folge einen Hohlraum erhält; Herke läßt den Vorderdarm ebenso wie den Enddarm entstehen, so daß dasselbe, was bei der Besprechung des Enddarmes gesagt wurde, hier nur wiederholt wer- den kann. Fasse ich nun das über die Regeneration der Gewebe in den Rumpf- und Kopfsegmenten Mitgeteilte zusammen, so ergibt sich folgendes. ee | Der Darm bildet sich in den neuen Rumpf- und Kopfsegmenten auf gleiche Weise durch das Auswachsen des alten Darmes nach hin- ten resp. vorn. In den gewöhnlichen und typischen Fällen bricht der hintere resp. vordere auswachsende Darmteil durch eine kleine proktodäale resp. stomodäale Einstülpung nach außen durch. Die neue Epidermis differenziert sich bereits recht früh in das neue wachsende Epithel und in große subepitheliale Keimzellen, welch 380 P. Iwanow, letztere sich zunächst in der ventralen Hälfte der Leibeswand an- ordnen, später jedoch, infolge eines gleichmäßigen Wachstums dieser Wandungen, längs der Peripherie derselben auch auf die dorsale Seite übergehen. In den Rumpfsegmenten ordnen sich diese Zellen in vier Paar Teloblastreihen an, deren hintere Enden sich allmählich in den hohen tätigen Zellen der Kuppe des Regenerats verlieren, welche Zellen mit dem Auswachsen neuer Elemente stets neue Keim- zellen bilden; nach vorn zu zerfallen die Zellen dieser Reihen in Zellhaufen, welche in der Längsrichtung auseinander gehen, in der Querrichtung jedoch zusammenstoßen und verschmelzen, wobei sie regelmäßige metamere Zonen bilden. In den Kopfsegmenten hört die Neubildung der Keimzellen bald auf; dieselben bilden keine regel- mäßigen Reihen, sondern gruppieren sich sogleich nach ihrer Ent- stehung in eine kompakte ventrale Zellplatte, welche in metamere Zonen übergeht. Das innere Reihenpaar in den Rumpfsegmenten resp. der Achsenteil der kompakten Zellplatte in den Kopfsegmen- ten läßt den Achsenteil des Bauchnervenstranges hervorgehen, die Seitenbögen der Zonen differenzieren sich zu Nerven- und Muskel- bögen. Die Elemente der ersteren gehen zum größten Teil in den Bauchstamm über und bilden seine spinalen Verdickungen; an Stelle der Bögen aber bleiben Ringbündel von Nervenfasern — die Seiten- nerven des Bauchstranges. Die Elemente der Muskelbogen wandeln sich hauptsächlich in die Dissepimentmuskulatur um, welche in den Kopfsegmenten zu den Schlundkopfmuskeln werden, außerdem in die dorsoventralen Retraktoren der Borstensäcke, sowie in den besonde- ren Ringmuskel, welcher je ein Dissepiment umfaßt und die äußere Einschnürung des Wurmes bewirkt. In den Kopfsegmenten sondern sich außerdem längs der gesamten Oberfläche der Endwand Keimzellen ab, die sich von den übrigen Keimzellen durch ihre geringere Größe auszeichnen; die oberen und früher entstehenden dringen bald nach ihrem Auftreten in die Leibeshöhle ein und lesen sich an den oberen Bogen des Faserringes, welcher aus dem nach vorn wachsenden Nervenfaserbündel des alten Stammes entsteht, in einer paarigen An- häufung an der Stelle des zukünftigen oberen Schlundganglions an; diejenigen Keimzellen, welche etwas unterhalb der Kuppe der Anlage der Kopfsegmente sich abgespalten haben, ordnen sich zunächst an den Seitenbogen des Schlundringes an, vereinigen sich jedoch darauf teilweise mit dem oberen Schlundganglion, teilweise jedoch bilden sie die Verdiekung des unteren Schlundganglions. In den Rumpf- segmenten gehen die Neurogliazellen aus dem Epithel, welches dem Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 381 Nervenstrang anliegt, hervor, in den Kopfsegmenten entstehen dieselben durch Vermehrung alter Zellen. Die Borstensäcke wachsen in Gestalt keulenförmiger Anhäufungen ektodermaler Zellen in die Leibeshöhle hinein. Die Bildung des Darmes und der entsprechenden Epidermisteile, sowie ihrer Abkömmlinge, d. h. des Nervensystems und der ekto- dermalen Muskeln, weist somit in den Rumpf- und Kopfsegmenten keine wesentlichen Unterschiede auf. Weit wichtigere Unterschiede werden in der Bildung der Elemente des sekundären resp. Cölom- mesoderms angetroffen. Sowohl in den Kopf-, als auch den Rumpf- segmenten wird das gesamte sekundäre Mesoderm aus den Elementen der alten Mesodermgebilde, wie Leukocyten verschiedener Art und Muskelzellen mit deren Fasern, regeneriert. Beiden Regeneraten sind jedoch nur die kleinen Leukocyten gemein, welche in den Rumpfseg- menten die Wandungen sämtlicher Blutgefäße, in den Kopfsegmenten nur einen Teil derselben bilden; die übrigen Mesodermelemente in der vorderen und hinteren Anlage der Segmente unterscheiden sich sowohl durch ihr Aussehen als auch durch ihre Leistungen scharf voneinander. Sämtliche sekundäre Mesodermgebilde der Rumpf- sesmente, mit Ausschluß der erwähnten Blutgefäßwandungen, welche aus kleinen Leukocyten entstehen, stellen das Differenzierungsprodukt besonderer großer Amöbocyten-Neoblasten dar, welche sich auf be- stimmten Bahnen aus den alten Segmenten in das Hinterende be- geben; nachdem sie am hinteren Ende der Regenerationskappe angelangt sind, ersetzen sie paarweise das fünfte, innere Paar der embryonalen Teloblasten; beim Auswachsen des Regenerats treten sie an die Stelle der verbrauchten Elemente und geben den allmählich sich nach vorn zu differenzierenden Mesodermstreifen, welche aus typischen Cölom- säckchen bestehen, den Ursprung, wobei augenscheinlich jeder Neo- blast mit seinen Abkömmlingen einen Somiten bildet. Die Längs- wandungen der Somiten differenzieren sich zur Längsmuskulatur des perivisceralen Sinus und der Leibeswand (möglicherweise auch zu den Ringmuskeln der letzteren) zum Peritoneum und zu den ver- schiedenen freien Elementen der Leibeshöhle auf der somatischen Wand, sowie zur Chloragogenauskleidung des perivisceralen Sinus auf der splanchnischen Wand. Die vertikalen Scheidewände der Meso- dermstreifen differenzieren sich zu dem Peritoneum der Dissepimente und den aus diesen hervorwachsenden Nephridien (und zwar dem Wimpertrichter und dessen drüsigem Teil, während der Ausführungs- gang unmittelbar aus Zellen desjenigen Peritoneums entsteht, welches 382 P. Iwanow, den Winkel zwischen dem Dissepimen und der ventralen Leibeswand des hinteren Segments einnimmt). Eine Zelle der ersten Teilungs- produkte des Neoblastes bleibt jedoch undifferenziert und behält das Aussehen und die Struktur des Neoblastes; eine derartige Zelle erhält sich an einer bestimmten Stelle der hinteren Dissepimentoberfläche nicht weit von der Anlage des Nephridiums und stellt einen neuen Neoblasten dar, welcher sich entweder vom Dissepiment ablöst oder an demselben bis zu dessen vollkommener Ausbildung verbleibt, wo- bei er von sich aus neue Neoblasten entstehen läßt. Durch ihre frühe Abscheidung fast unmittelbar von der Cölomsäckchenanlage unter- scheidet sich jede Neoblastengeneration wesentlich von allen andern Leukoeyten, welche sich mit ihnen aus demselben Cölomsäckchen bilden, jedoch ein viel späteres Differenzierungsprodukt desselben darstellen. (Auf Grund der Strukturähnliehkeit, der Größe und der sroßen Produktionsfähigkeit vergleicht RANDoLPH die Neoblasten so- sar mit Eizellen und nimmt an, daß sie sich fast in allen Segmenten der Oligochäten vorfinden, entsprechend den Eizellen derjenigen Poly- chäten, welche solche in allen Segmenten enthalten; eine derartige mutmaßliche Vergleichung hat, meiner Meinung nach, vieles für sich, in Anbetracht der Anlage der Neoblasten in Zusammenhang mit der Nephridienanlage, welche möglicherweise nach demselben Typus ent- steht, wie nach der Beschreibung von VEJpovsky die Geschlechts- organe der Oligochäten im Zusammenhang mit den Geschlechtsaus- führungsgängen, welche statt der in solchen Fällen verschwindenden - Nephridien entstehen). In den Kopfsegmenten werden die sekundären mesodermalen Gebilde ebenfalls von Abkömmlingen des alten Rumpfmesoderms re- generiert; doch ist der Prozeß der Regeneration hier ein andrer: ein großer Teil der Längsmuskulatur wird durch direktes Einwachsen von Muskelfasern der anliegenden alten Rumpfmuskulatur gebildet; die übrigen Längsmuskeln der Kopfsegmente nebst sämtlichen andern mesodermalen Geweben entstehen aus den Zellenelementen des alten sekundären Mesoderms, welche aus den anliegenden Rumpfsegmenten ins vordere Regenerat eintreten; der größte Teil dieser wandernden Mesodermelemente wird durch Zellen der Längsmuskulatur gebildet, welche sich von ihrer kontraktilen Substanz abgelöst haben; dabei erfolgen einige Veränderungen im Bau und der Größe des Kerns. Es ist sehr möglich, daß sich zu ihnen Leukoeyten oder abgelöste Peritonealzellen gesellen, die eine vollkommen ähnliche Veränderung des Kernes erlitten haben. Diese veränderten Mesodermzellen vermehren Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 383 sich unterwegs lebhaft unter direkter Teilung und füllen den Hohlraum des Kopfregenerats fast gänzlich aus. Die der äußeren Wand sowie dem Darm anliegenden Zellen wandeln sich zu neuen Zellen der Längs- muskulatur um. Das den Hohlraum des Kopfregenerats ausfüllende Mesoderm erscheint zunächst als eine regellose Masse miteinander verbundener Zellen, die von Blutlakunen durchzogen wird; mit der Anhäufung und Vermehrung der Elemente lagert sich das Mesoderm regelmäßiger. Die Lakunen ordnen sich in Systeme und zwar in ein ventrales, ein dorsales Längs- und sechs metamere Ringsysteme; an diese sechs Ringsysteme gruppieren sich sämtliche mesodermale Ele- mente, wodurch eine Gliederung der ganzen Mesodermmasse in eine bestimmte Anzahl von Abschnitten erfolgt. Infolge der Wachstums- ausdehnung des Regenerats und der Verengerung des Lumens der in den einzelnen Mesodermabschnitten gelagerten Blutgefäßringe, sowie infolge ihrer Vermehrung und der damit zusammenhängenden Größen- abnahme, weichen die mesodermalen Zellen auseinander, so daß in jedem Abschnitt des gegliederten Mesoderms ein freier Raum entsteht, der die sekundäre Höhle des Kopfsegments darstellt: von den Höhlen der benachbarten Segmente ist dieselbe durch mesodermale Membran- scheidewände, resp. Dissepimente der Kopfsegmente getrennt. Beim Vergleich der Mesodermbildung in den Kopfsegmenten und den Rumpfsesmenten sind folgende Unterschiede zu erkennen. Das Mesoderm der Rumpfsegmente entsteht aus besonderen indifferenten Keimzellen, welche verschiedenartigen Geweben und Organen den Ursprung geben, während in den Kopfsegmenten das Material für die Mesodermregeneration durch Elemente abgegeben wird, welche bereits ein endgültiges Differenzierungsprodukt dieser Keimzellen des Rumpfes, und zwar vorwiegend der somatischen Wand der aus denselben ent- stehenden Cölomsackes, darstellen; infolgedessen ist die Differenzie- rung dieser Elemente nicht so mannigfaltig. Die Muskelelemente entstehen direkt aus Muskelzellen des alten Mesoderms, während die Bindegewebszellen (wenigstens der Hauptsache nach) höchst wahr- scheinlich aus Leukocyten oder Peritonealzellen hervorgehen; demzu- folge kann das sekundäre Mesoderm in den Kopfsegmenten weder chloragogene Zellen auf den Blutgefäßwandungen, noch Nephridien auf den Dissepimentscheidewänden bilden; die anatomischen Unter- schiede der Kopfsegmente sind somit in der Natur der Gewebe selber begründet, so daß SEMPER und BüLow dieselben mit vollem Recht als eine besondere Gruppe abgeschieden haben. Der Vergleich er- gibt ferner, daß während das sekundäre Mesoderm eines jeden 384 P. Iwanow, Rumpfsegments aus einer besonderen paarigen, in zwei paarige Somi- ten auswachsenden Anlage entsteht, in den Kopfsegmenten die ein jedes derselben auskleidenden Elemente des sekundären Mesoderms sich direkt aus einer großen Zahl einzelner muskulöser und binde- gsewebiger Zellen, welche ursprünglich in dem ganzen Hohlraum der allgemeinen Anlage sämtlicher Kopfsegmente sich ausgebreitet hatten, zusammensetzen. Eine derartige Entstehungsweise, welche auch an- dre anatomische Eigentümlichkeiten dieser Segmente, wie das Feh- len des perivisceralen Sinus und der blinden, kontraktilen Anhänge des dorsalen Gefäßes verursacht, weist außerdem darauf hin, daß, entgegen der Meinung von SEMPER, hier keine mesodermalen Streifen angelegt werden, sondern daß das gesamte Cölommesoderm dieser Segmente bloß die ausgewachsenen Enden der aus den Neoblasten entstehenden Mesodermstreifen darstellt, und sich hier in- folge durchaus andrer Ursachen segmentiert, als die Mesoderm- streifen selber. | Durch die Unterschiede in der Mesodermanlage der Kopf- und Rumpfsegmente wird, größtenteils wenigstens, der Unterschied in der Regenerationsfähigkeit der nur aus Geschlechtssegmenten bestehenden Abschnitte in Bezug auf das vordere und das hintere Ende bedingt; das unmittelbar aus den stets in der Leibeswand enthaltenen Meso- dermelementen entstehende Mesoderm der Kopfsegmente regeneriert sich stets in ausreichender Weise, während das Mesoderm der Rumpf- segmente, d. h. die Mesodermstreifen, gar nicht angelegt werden (wenigstens ergibt sich dies aus den Versuchen von Haase bei Tubefex und den Fällen, welche ich an Zumbrieulus zu beobachten Gelegenheit gehabt habe), da in diesen Stücken entweder gar keine, oder nur eine geringe Anzahl von Neoblasten vorhanden ist. Das Vorrücken der Mesodermelemente von der vorderen Grenze der Mesodermstreifen nach vorn behufs Bildung des sekundären Mesoderms einiger vor denselben gelegener Segmente, ist, wenigstens in gewissem Maße, einigen Vorgängen in der Embryonalentwicklung verschiedener Chätopoden analog; so beschreibt HATScHER, daß bei Polygordius vom ersten embryonalen Somiten aus in die Kopfhöhle, d. h. in den vor den Mesodermstreifen gelegenen verbreiterten Ab- schnitt der Trochophorenlarve freie Mesodermzellen eintreten und Muskelfasern einwachsen, welche das sekundäre Mesoderm des Kopfes bilden; auf ein Eindringen freier Zellen von den Mesodermstreifen aus in die Kopfhöhle weist auch KLEINENBERG bei Lopadorhyn- chus hin. E. Meyer und VEsDovsky berichten von einem andern Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 38 Eindringen mesodermaler Elemente in die Kopfhöhle; ersterer hat bei vielen Polychäten, letzterer bei Lumbricus das Einwachsen des ganzen vorderen Abschnittes des ersten Somiten über die Mundöffnung hinaus in die Kopfhöhle beobachtet, so daß das sekundäre Meso- derm der letzteren nur die Fortsetzung der Wand des ersten Somiten darstellte. Mag nun das Vorrücken des Mesoderms nach vorn hin auf diese oder jene, von den Autoren beschriebene Weise stattfinden, wichtig ist in jedem Fall der Umstand, daß die vorderen Somiten oder die vorderen Enden der Mesodermstreifen außer auf die ge- wöhnliche Weise durch Delamination auch noch nach vorn in den Hohlraum des Kopflappens auswachsen können; dieses Auswachsen wird bei der Regeneration desjenigen Mesoderms, welches vor dem Endglied der Mesodermstreifen gelagert ist, in Anpassung an die vollkommen abgeschlossene Gewebsdifferenzierung dieses Endgliedes augenscheinlich dahin abgeändert, daß Muskelelemente aus der Längs- muskelschicht austreten. Der Vergleich der regenerativen Prozesse mit den embryonalen gestattet im gegebenen Fall den Schluß, daß das sekundäre Mesoderm der Kopfsegmente, wenigstens seiner Lage und seiner Abhängigkeit von den Mesodermstreifen nach, dem Meso- derm des embryonalen Kopflappens entspricht; hierbei entsteht jedoch die Frage, ob es sich bloß um analoge Prozesse handelt, oder ob das Mesoderm der Kopfsegmente bei denjenigen erwachsenen Würmern, welche solche besitzen, durch das in späteren Entwicklungsstadien erfolgende Auswachsen des Mesoderms des embryonalen Kopfab- schnittes entsteht. Obgleich in der embryologischen Literatur keine direkten Beobachtungen zu Gunsten der letzten Annahme vorliegen, so halte ich dieselbe dennoch auf Grund einiger Tatsachen für sehr wahrscheinlich. KOWALEwWSKY, WıLson und VEJDOVSKY lassen in ihrer Beschreibung die Mesodermstreifen von Lumbricus und Rhynchel- mis bis an die Mundöffnung heranreichen, wobei sämtliche Segmente Metanephridien enthalten, während einige vordere Segmente der er- wachsenen Würmer sowohl der Nephridien, als auch der Chloragogen- auskleidung entbehren, welches Verhalten nicht das Resultat einer Reduktion sein kann, da die Abwesenheit der genannten Teile, als ein charakteristisches Merkmal für die Kopfsegmente, auch mit vie- len andern oben beschriebenen Besonderheiten der Kopfsegmente zu- sammenhängt. Anderseits führt SEmpER als Beweis für seine Ansicht, daß die Kopfsegmente eine sich selbständig anlegende Reihe seien, die Beobachtungen vieler Forscher (M. EDwArDs, AcAssız, KÖLLIKER, ÜLAPAREDE, R. LANKESTER u. a.) hauptsächlich an Polyebäten an; 386 P. Iwanow, diese Beobachtungen zeigen, daß zu einer Zeit, wenn bereits die Reihe der Rumpfsegmente ausgebildet ist, zwischen dem ältesten derselben und dem Stirnsegment sich einige neue, bisweilen durch ihr Aussehen von den übrigen unterschiedene Segmente bilden (naclı M. EpwaArps entstehen auf diese Weise die kiementragenden Seg- mente von Terebella nebulosa); das Mesoderm dieser Segmente kann augenscheinlich nur durch Auswachsen des embryonalen Kopfmeso- derms entstehen. Weitere Hinweise auf das Auswachsen des em- bryonalen Kopfmesoderms in das Mesoderm einiger Kopfsegmente sind nicht vorhanden; da ein derartiges Auswachsen des Mesoderms notwendigerweise gewisse Veränderungen in der Lagerung und dem Wachstum der Epidermis, des Nervensystems und des Darmes nach sich ziehen muß, so können die dadurch entstehenden Komplikationen bei der Bildung der Kopfsegmente nur durch unmittelbare Beobach- tungen der embryonalen Entwicklung entschieden werden; vorläufig jedoch kann nur auf die Ähnlichkeit der Mesodermbildung in der erweiterten Kopfblase der Polychätenlarve und bei der Regeneration einer Reihe von Kopfsegmenten hingewiesen werden. Bei der Untersuchung der Regenerationserscheinungen bei Lum- briculus varvegatus läßt sich somit feststellen, daß die oben ange- sebenen Unterscheidungsmerkmale im Bau der Kopfsegmente durch die eigenartige Entstehungsweise ihrer Mesodermgebilde veranlaßt sind; dieselben stellen nämlich ebensogut Ausläufer des Rumpfmeso- derms dar, wie nach HATSCHEK das sekundäre Mesoderm der Kopf- blase der Polygordius-Larve ein Ausläufer des demselben anliegenden Teils des Rumpfmesoderms ist. Zum Schlusse möchte ich Herrn Prof. Dr. W. T. SCHEWIAKORFF, in dessen Laboratorium die vorliegende Arbeit ausgeführt worden ist, und welcher dieselbe in entgegenkommendster Weise förderte, sowie Herrn Prof. Dr. W. M. ScHimk&wirscH, dessen Interesse an meiner Arbeit mich stets unterstüzte, meinen aufrichtigen Dank aussprechen; zugleich möchte ich Herrn E. A. Schuunz, Konservator des Zoologi- schen Kabinetts, meine Erkenntlichkeit ausdrücken für seine bestän- dige freundliche Unterstützung mit Wort und Tat. St. Petersburg, im Juli 1902. Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 387 Literaturverzeichnis. v. Bock, Die Knospung von Chaetogaster diaphanus. Jen. Zeitschr. f. Naturw. Bad. XXxI. 189. CH. BonnET, Traite d’insectologie. II. partie. 1745. BüLow, Die Keimschiehten im wachsenden Schwanzende von Lumbriculus varie- gatus. Diese Zeitschr. Bd. XXXIX. 1883. — — Über Theilungs- und Regenerationsvorgänge bei Würmern. Arch. f. Natur- geschichte. Bd. I. 1883. HAASE, Über Regenerationsvorgänge bei Tubifex rivulorum. Diese Zeitschr. Bd. LXV. 1898. HATSCHER, Zur Entwicklung des Kopfes von Polygordius. Arb. Zool. Inst. Univ. Wien. Bd. VI. 1885. HEPKE, Über histo- und organogenetische Vorgänge bei den Regenerations- processen der Naiden. Diese Zeitschr. Bd. LXIII. 1897. HESCHELER, Über Regenerationsvorgänge bei Lumbrieiden. Jen. Zeitschr. für Naturwiss. Bd. XXXI. 1898. HESSE, Geschlechtsorgane von Lumbriculus variegatus. Diese Zeitschr. Bd. LXI. 1859. —— Zur vergleichenden Anatomie der Oligochäten. Ibid. KENNEL, Über Ctenodrilus pardalis. Arb. Zool. Inst. in Würzburg. Bd. V. KLEINENBERG, Die Entstehung des Annelids aus der Larve von Lopadorhyn- chus. Diese Zeitschr. Bd. XLIV. 1886. A. KowALEVSKY, Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. Mem. Acad. St. Petersbourg. 7. serie. T. XVI. Lief. 12. MAKAROFF, Über die Differenzierung der inneren Organe der in Neubildung be- griffenen hinteren Körpersegmente von Oligochäten. Bull. Soc. Anat. Se. Nat. ete. de l’Univers. de Moscou. Section zoologique. T. LXXXV1. II. 9 et 10. 1899. (Russisch.) E. MEYER, Untersuchungen über die Entwicklung der Anneliden. Travaux Soc. Natur. de !’Univ. de Kazan. T. XXXI. Lief. 4. 1898. (Russisch.) —— Studien über den Körperbau der Anneliden. Mittheilungen Zool. Stat. Nea- pel. VIII. Bd. 1888. A. MiıcHEL, Recherches sur la regenöration chez les Anne&lides. Lille 1898. H. RAnpoLpH, The regeneration of the tail in Lumbrieulus. Journ. of Morphol. vu. 1892. RATZEL, Beiträge zur anatomischen und systematischen Kenntniss der Oligochäten. Diese Zeitschrift. Bd. XVII. RıEvEL, Die Regeneration des Vorderdarmes und Enddarmes bei einigen Anne- liden. Diese Zeitschrift. Bd. LXII. E. ROHDE, Die Muskulatur der Chätopoden. Zoologische Beiträge... Bd. I. —— Histologische Untersuchungen über das Nervensystem der Chätopoden. Ihıd. Ba. ER E. ScHULTz, Aus dem Gebiete der Regeneration. Diese Zeitschr. Bd. LXVI. 1899. . €. SEMPER, Die Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere. Arb. Zool. Inst. Würzburg 1876. Bd. II. 388 P. Iwanow, F. VEIDOVSKY, System und Morphologie der Oligochäten. Prag 1884. F. v. WAGNER, Einige Bemerkungen über das Verhältniss von Ontogenie und Regeneration. I. Abt. Kopfende. Biolog. Centralbl. —— KReparationsprozesse bei Lumbrieulus variegatus. Bd. XIII. 182. Zoolog. Jahrb. 1900. Wırson, The Embryology ofthe Earthworm. Journ.of Morphology. Vol.III. 1889. Erklärung der Abbildungen, Durcehgehende Bezeichnungen: a, proktodäale Ektodermeinstülpung; aBs, alter neuraler Bauchstrang; ams, alte Längsmuskelschicht; brsts, Borstensack; cvl, zirkuläres Blutgefäß; dn, Anlage des drüsigen Abschnittes des Nephridialganges; Dp, Dissepiment; dv, Rückengefäß; eg, Ort des Eindringens der Ektoderm- zellen in die Höhle des Regenerats; ep, tätige Zellen des ektodermalen Epi- thels; ex, unlängst losgelöste Zellen des Epi- thels; In, Darm; kn, Keimzellenzone; Im, Längsmuskeln ; Imz, Längsmuskelzellen; m, stomodäale Ektodermeinstülpung; nf, Muskelfasern der Längsmuskulatur, in das Kopfregenerat einwachsend; ms, Mesodermstreifen ; mx, abgelöste Muskelzellen ; N, Neoblasten; nf, aus dem alten Nervenstamm wach- sende Nervenfasern; nglx, Neurogliazellen ; nmt, große subepitheliale Keimzellen; nph, Nephridien; 0sg, Oberschlundganglion; p, Phagocyten; pm, Zellen der ektodermalen Muskulatur; pmı,, Fasern der ektodermalen Musku- latur; r, Zellschnur, welche den ausführenden Abschnitt des Nephridium bildet; sl, Seitenlinie; sv, Seitengefäß; ix, Trichterzelle; tz4, Trichter; usg, Unterschlundganglion ; va, Zellen der Wände des periviscera- len Blutsinus; el, Blutlakune; vv, Bauchgefäß. Tafel XXV. Regeneration der Rumpfsegmente. Fig. 1. Sagittalschnitt durch das hintere Ende zur Zeit der Bildung einer 3 neuen Epidermis. Veränderungen in den Zellen des Ektodermepithels. ep, tätige Zellen des Epithels; *, degenerierte Epithelzellen; N, Neoblasten. Fig. 2. Sagittalschnitt durch die Anlage der Rumpfsegmente auf dem Stadium der Bildung der teloblastischen Längsreihen im Ektoderm und der ersten sub- epithelialen Keimzellenzonen. nmt, abgesonderte subepitheliale Keimzellen; km, eine subepitheliale Zone, quer durchgeschnitten; N, Neoblasten, die nach vorn in die Mesodermstreifen »»s übergehen. Fig. 3. Querschnitt durch einen sehr jungen Teil eines hinteren Regene- rats. nmt, subepitheliale Keimzellen, die vier Paar teloblastischer Längsreihen Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. 389 (1, 2, 3 und 2 bilden; ms, sekundäres.Mesoderm; N, noch nicht differenzierte Neoblasten; va, perivisceraler Blutsinus. Fig. 4. Querschnitt durch ein regenerierendes Rumpfsegment auf dem Stadium der kompakten subepithelialen Neuromuskelzone — nmx; bs, Achsenteil der Anlage des Bauchnervenstranges; ms, sekundäres Mesoderm; %gs, Zellgruppe auf Stelle »nt.. Das Stadium steht dem in Fig. 3 abgebildeten nahe. Fig. 5. Querschnitt eines regenerierenden Rumpfsegments auf einem etwas späteren Stadium, als das auf Fig. 4 abgebildete. Ein Teil der Nervenzelle der Neuromuskelzone »mz ist schon in die Anlage des Bauchstranges bs überge- gangen; s/!, erste Elemente der Seitenlinie; !m, Längsmuskelfasern; dv, Rücken-, vv, Bauchgefäß; rm, Ringmuskelzelle. Fig. 6. Querschnitt durch ein junges Rumpfsegment auf dem Stadium der Immigration von Muskelelementen der ektodermalen Neuromuskelzone pm auf das Dissepiment; pm; ektodermale Muskelfasern und Ringmuskel. Fig. 7. (Sagittalschnitt) Neoblasten (N) in den normalen ausgewachsenen Segmenten; dp, Dissepiment; sv, Seitengefäß mit Chloragogenzellen; »x, Längs- muskulatur der Bauchwand. Fig. 8. Frontalschnitt durch das hintere Regenerat. Zufluß der Neoblasten N) und kleinen Amöbocyten va@ zum hinteren Ende des Regenerats und Bildung der Mesodermstreifen (dp). Fig. 9. Frontalschnitt durch die jungen Rumpfsegmente. N, neugebildete Neoblasten; »p%h, Nephridien. Fig. 9a. Sagittalschnitt durch die jungen Rumpfsegmente; Verhältnis der jungen Neoblasten (N) zu den Nephridien (»pA). (Photogr. Aufn.) Fig. 10a und d. Sagittalschnitt durch die jungen Rumpfsegmente. Fig. 10a. Erste Nephridialaniage, eine Schnur von Mesodermzellen r, die sich nachher in den ausführenden Teil der Exkretionsorgane umwandelt. Fig. 105. Das auf a folgende Stadium, Auftreten der Triehterzelle x, aus der sich auch der gefaltete Strang d»n bildet, welcher sich mit r verbindet und nachher in den drüsigen Teil des Nephridiums umwandelt. Fig. 11. Sagittalschnitt des hinteren Regenerats auf dem Stadium der proktodäalen Einstülpung des Ektoderms a. Tafel XXV1I. Regeneration der Kopfsegmente. Fig. 12. Sagittalschnitt durch ein sehr junges vorderes Regenerat. Ab- sonderung der ersten Zellen des ektodermalen Epithels an der Spitze des Re- generats für die Bildung der Schlundganglien. Fig. 13. Sagittalschnitt durch ein sehr junges vorderes Regenerat. Ein etwas späteres Stadium als auf Fig. 12. Die abgesonderten Epithelzellen haben sich in der Regeneratshöhle in einen Haufen (osg) gelagert, die Anlage der Cere- bralganglien. *, Überreste des Protoplasmas an der Stelle der loßgerissenen Epidermiszellen ex. An der Bauchseite des Regenerats geht eine Umwandlung der Epithelzellen in ektodermale Keimzellen nm vor sich. Fig. 14. Sagittalschnitt des ein wenig stärker entwickelten vorderen Re- generats; osge, Oberschlundkommissur; sg, Anlage des Unterschlundganglions. Fig. 15. Querschnitt eines jungen vorderen Regenerats auf dem Niveau des Cerebralganglion osg; Anlage des Bauchstranges in Gestalt einer kompakten Platte von Keimzellen nmx. 390 P. Iwanow, Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten usw. Fig. 16. Querschnitt durch die regenerierenden Kopfsegmente mit gut ent- wickeltem Bauchstrang Bs. Fig. 17. Teil eines Sagittalschnitts durch das erwachsene Rumpfsegment, beinahe an der Verletzungsstelle. Veränderungen der Zellen der Längsmuskulatur (sehr vergrößerte Längsmuskelschicht. Fig. 18. Sagittalschnitt durch ein junges vorderes Regenerat. Eindringen von abgelösten Muskelzellen 2% und Einwachsen von Muskelfasern mf in die Regeneratshöhle. Fig. 19. Sagittalschnitt der Anlage der Kopfsegmente zur Zeit des ver- stärkten Eindringens von Mesodermelementen mx aus den alten Rumpfsegmen- ten ams. Fig. 20. Sagittalschnitt einer gut entwickelten Anlage der Kopfsegmente. Die allgemeine Mesodermmasse der Anlage zerfällt den metameren Ringlakunen cvl entsprechend in metamere Teile, Somiten des Kopfabschnitts. Fig. 21. Dasselbe. Der Schnitt ist durch die ektodermale Mundeinstülpung m hindurchgegangen, deren Boden sich schon an das Ende des entodermalen Schlundkopfes anlegt. Fig. 22. Kombinierter Querschnitt durch ein erwachsenes Rumpfsegment im Niveau eines Dissepiments, auf welchem die Bündel der ektodermalen Muskeln zu sehen sind. Bsn, ventrale Bündel; ddsm, von den Bauchborstenspalten ab- gehende Bündel; smb, von der Seitenlinie abgehende Bündel; rds, Rückenborsten- spalten; prm, ektodermale Ringmuskel. Die Zeichnungen sind fast ganz mit dem Zeichenapparat kopiert. Aus dem Gebiete der Regeneration. III. Über Regenerationserscheinungen bei Phoronis Mülleri Sel. Long. | Von Eugen Schultz (St. Petersburg). Mit Tafel XXVII und XXVIII. Das Material für die vorliegende Untersuchung verdanke ich einem Aufenthalte im Sommer 1900 auf der Biologischen Anstalt auf Helgoland und dem liebenswürdigen Entgegenkommen ihres Leiters Herrn Prof. HEINcKE und Herrn Prof. HARTLAUB, denen ich hiermit vielen Dank sage. Nachdem meine Arbeit fast beendet war, konnte ich mit dem mir zur Verfügung stehenden Material eine Hauptfrage, die ich mir während der Arbeit gestellt hatte, nicht lösen: ob näm- lieh die Regeneration in allen Operationsfällen typisch gleich ver- läuft. Auf die Fragestellung und das Experiment komme ich weiter unten ausführlich zu sprechen. Das Material für diesen Teil der Arbeit verdanke ich der Liebenswürdigkeit und Gefälligkeit des Barons M. DE SELYS-LOnGcHAuPS, der auf der Biologischen Anstalt zu Helgoland 1902 das Experiment für mich ausführte, welchem ich den nach meiner Ansicht interessantesten Teil meiner Arbeit ver- danke, und fühle ich mich ihm gegenüber deswegen besonders ver- pflichtet. Endlich meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. SCHIMKE- WITSchH, der aufjegliche Weise meine Untersuchungen förderte, meinen innigen Dank. Ursachen des spontanen Abwerfens der Köpfe bei Phoronis und bio- logische Bedeutung der Reduktionserscheinungen überhaupt. Regenerationserscheinungen waren bei Phoronis noch nicht näher untersucht worden. Wir verdanken van BENEDEN die erste Mitteilung darüber, daß seine Crepina (= Phoronis) spontan den Kopf abzuwerfen _ im stande ist. CoRı beobachtete diese Erscheinung näher und sah, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 27 392 Eugen Schultz, daß sich in den abgeworfenen Köpfen nach einiger Zeit Vormagen und Dünndarm verbinden; näher untersuchte er diese Erscheinung aber auch nicht. Corı läßt die Frage offen, ob die Erscheinung des Abwerfens der Köpfe durch kleine Fische, welche nach Angaben der Fischer von Faro »häufig schnappende Bewegungen oberhalb des Sandes ausführen und dabei den “Tubi di Sabbia‘ die Köpfe abbeißen« hervorgerufen worden ist, oder durch andre Ursachen. Wäre die Beobachtung der Fischer richtig, so könnten wir im gegebenen Falle die Regeneration der Köpfe als eine Anpassungserscheinung betrachten, wie es WEıs- MANN für alle Regenerationserscheinungen tut. Mir scheint, daß die Annahme eines solchen Ursprungs der Regenerationsfähigkeit bei Phoronis wenig Wahrscheinlichkeit hat. Vor allem kann man sich gerade, wenn man mit Regenerationsstudien beschäftigt ist, leicht überzeugen, wie ungeheuer schwer es ist, dem Tiere den aus der Röhre hervorstehenden Kopf abzuschneiden. Sobald ich mit der Schere nur die Oberfläche des Wassers berührte, zog sich das Tier schon blitzschnell zurück. Für meine Operationszwecke mußte ich, sollte der Schnitt nahe am Vorderende ausgeführt werden, die Tiere mit Kokain anästhesieren. Es scheint mir sehr wenig wahrscheinlich, daß je eih Feind im stande wäre, einer normalen Phoronis den aus der Röhre hervorstehenden Kopf abzutrennen, den Experimentator mit eingerechnet. Diese Fähigkeit, den Kopf bei drohender Gefahr schnell zurückzuziehen, ist es, welche Phoronis als Anpassung gegen Feinde erworben hat und diese Fähigkeit macht die Regenerations- fähigkeit als Anpassungserscheinung gegen Feinde nutzlos. Das spontane Abwerfen der Köpfe tritt immer ein, sobald das Tier in ungünstige Bedingungen kommt. Sobald die Bedingungen sich bessern, beginnt die Regeneration der verlorenen Teile. Diese Erscheinung ist fast eine allgemeine. Wir finden sie bei Pedicellina, Urnatella, welche gleichfalls ihre Kelehe abwerfen, Diplosomiden und andern zusammengesetzten Aseidien (CAULLERY), mit dem Eintreten des Winters bei Tubularia und vielleicht vielen andern Hydroiden. Bei Dendrocoelum lacteum habe ich die Beobachtung gemacht, daß sie in ungünstigen Bedingungen (Hunger) gelegentlich ihre Schwänze abwerfen, um sie in günstigeren Bedingungen zu regenerieren. Nach HESCHELER wirft Lumbricus in Fällen von Infektion sein Schwanz- ende ab. Diese Reduktionen, welehe bald durch Kälte, bald durch Hunger oder schädliche Veränderungen des Wassers hervorgerufen werden können, sind demnach eine sehr verbreitete Erscheinung. Aus dem Gebiete der Regeneration. II. 393 Man kann auf diese Reduktionen als auf eine physiologische Folgeerscheinung ohne Wert für die Erhaltung des Individuums sehen, als auf eine physiologische Notwendigkeit, die als Folge von Hunger usw. eintritt, oder als auf eine Anpassung gegen eben diese ver- schlechterten Lebensbedingungen. Da aber solche Reduktionen bei verschiedenen Tieren auf ganz verschiedenen Wegen eintreten, ja oft an ganz bestimmten Stellen, die determiniert sind, so liegt wohl da eine Anpassungserscheinung vor. Haben wir doch bei Pflanzen ganz dasselbe jeden Herbst vor Augen, wenn die Laubbäume als An- passung an die kalte Jahreszeit ihre Blätter abwerfen. Dieser - Blätterfall tritt bei der Roßkastanie z. B. ein, wenn die Blätter noch frisch und lebensfähig sind. Wir haben es hier mit einer Reduktion zu tun zum Zwecke, daß, da der ganze Baum nicht mehr ernährt werden kann, er wenigstens im reduzierten Zustande bessere Verhält- nisse abzuwarten im stande ist. Oft werden ganze Zweige oder Blütenteile abgeworfen. Verschiedene schädliche Einwirkungen, als Verletzungen, Trockenheit, Kälte, Liehtmangel, bewirken bei Pflanzen immer dieselben Reduktionserscheinungen. Für diese Reduktions- erscheinungen existiert bei Pflanzen ein besonderer Apparat: es bildet sich ein Meristem, zwischen Blatt und Zweig, welches zur Trennungs- schicht wird und den Blätterfall verursacht. | Ebenso wie bei Pflanzen, haben wir wohl auch bei Tieren die spontane Teilung als Anpassungserscheinung anzusehen, angefangen von dem hier vorliegenden Falle des Abwerfens des Köpfchens von Phoronis und endigend mit der geringen Reduktion, die der mensch- liche Körper in Form von Haarverlust usw. in ungünstigen Nähr- bedingungen erleidet. Alle diese Reduktionen scheinen mir auf Grund einer Reihe von Erwägungen, die ich an andrer Stelle ausführlich darlegen will, primär den Zweck gehabt zu haben, das Individuum über ungünstige Perioden hinweg zu erhalten. Ihre Begründung haben natürlich alle diese Reduktionen in der ursprünglichen Regenerationsfähigkeit, die aller lebenden Substanz eigen ist. Erst sekundär wurden wohl diese Reduktionserscheinungen hier und da zu Mitteln ungeschlechtlicher Vermehrung in Form von Teilung und so indirekt von Knospung. Stellen, an welchen die Teilung vorgenommen wurde. — Regeneration eine Primäreigenschaft. Die Operation, welche ich an Phoronis zum Zwecke der Re- generation vornahm, bestand darin, daß ich das Tier mit der Schere 27* 394 Eugen Schultz, quer durchschnitt. In den Fällen, wo ich den Kopf allein abtrennen wollte, anästhesierte ich das Tier vorerst, in den andern Fällen schnitt ich das Tier mit der Röhre zusammen durch. Alle Quer- schnitte regenerieren. Ob wir nur die Tentakelkrone und den Anfangsteil des Ösophagus und das äußerste Ende des Enddarmes abtrennen, ob wir den Schnitt niedriger führen, an der Stelle, wo die spontane Abtrennung des Kopfes vor sich geht oder noch niedriger hinunter — immer wird ein normal gebildetes Tier erzeugt. Umge- kehrt regeneriert das Vorderende, wo auch der Schnitt geführt war, ein normales Hinterende. Leider habe ich die minimale Größe des Stückes nicht bestimmen können, das noch ein ganzes Tier bilden kann. Was die spontan abgeworfenen Köpfe betrifft, die gleichfalls regenerieren, so wurden sie von mir näher untersucht. Oft wirft die Phoronis, wie mir SELYS-LONGCHAMPS schreibt, noch einen Teil des Körpers ab, nachdem sie schon ihren Kopf verloren hat. Der Umstand, daß jeder Teil regeneriert, beweist im Zusammen- hang mit den von MoRGAN und mir an andrer Stelle dargelegten Gründen, daß die Regeneration nicht durch natürliche Zuchtwahl entstanden ist, sondern eine primäre Eigentümlichkeit des Lebens ist; wohl schwerlich erlitten die Würmer in ihrer Röhre je an jenen geschütztesten Körperstellen Verletzungen, die zur Regeneration führen mußten. Zu den in meinem II. Teile gegen die WEısmannsche An- schauung von der sekundären Anpassungsnatur der Regeneration gemachten Einwendungen, kann ich noch hinzufügen, daß meine Annahme, es würde gelingen, auch bei Tieren, die als nicht regene- rationsfähig gelten, wie bei Hirudineen, in günstigen Bedingungen Regeneration hervorzurufen, und daß demnach ihre Regenerations- unfähigkeit nicht potentiell, sondern nur durch zufällige Hindernisse hervorgerufen wird, sich vollständig bestätigt hat, da es Herrn Suss- LOFF am hiesigen Laboratorium gelungen ist, bei Nephelis Regene- ration des Hinterendes hervorzurufen. An allen Stellen, wo wir das Tier durchschneiden (Taf. XXVI, Fig. 1), bleiben die Regenerationsbedingungen prinzipiell dieselben. Nur, wenn der Durchschnitt durch den ektodermalen Ösophagus selbst geführt wird (Fig. 1, 1,2), so daß ein Teil desselben zurückbleibt und das Septum auch nicht entfernt ist, ändern sich die Bedingungen bedeutend. Wir werden gleich weiter unten sehen, daß die Regene- ration in diesem Falle einen andern Weg einschlägt. Aus dem Gebiete der Regeneration. III. 395 Regeneration des Hinterendes. Bald nach der Durchschneidung ziehen sich die Wundränder zu- sammen und verschmelzen miteinander. Dieses scheint der gewöhnliche Hergang der Wundheilung zu sein. Bei spontan abgeworfenen Köpfen dagegen sieht man um das hintere, durchrissene Ende des Vorder- darmes herum eine ganz dünne Lage von Ektodermzellen (Taf. XXVI, Fig. 2 r.ep). Das dargestellte Tier ist schon einen Tag alt und ich habe leider keine jüngeren Köpfe zur Verfügung. Deswegen ist es möglich, daß auch hier der Verschluß der Wunde durch Zusammen- ziehung der Wundränder entstand und jene dünne Haut eine Neu- bildung ist, um eine Stelle herum, wo der Darm das Entoderm zu durchbrechen drohte. Später erst schließt sich der Darm gleichfalls durch Verwachsen seiner Ränder (Fig. 2). Ins Darmlumen kommen eine Gruppe degenerierter Darmepithelzellen zu liegen (deg.d:). Fast zu gleicher Zeit mit den geschilderten Hergängen verbin- den sich auch die Blutgefäße miteinander und zwar das Mediangefäß mit dem Lateralgefäß am hinteren Körperende, so daß der Blutkreis- lauf bald wieder beginnen kann. Wir haben uns oft mit Baron SELYS-LONGCHAMPsS gewundert, wie schnell nach Durchschneidung oder spontaner Teilung das Blutgefäßsystem wieder zu funktionieren beginnt. Auch schreibt er mir mit der Sendung von regenerierenden spontan abgeworfenen Köpfen, die er mir zugehen ließ, daß er bei ihnen den Kreislauf schon in voller Funktion antraf. Der Prozeß der Verschmelzung ist leider an Schnitten nicht so leicht zu ver- folgen und ob die Verschmelzungsstelle die bleibende Verbindung zwischen den Gefäßen ist, oder nur eine vorläufige Anastomose, ist schwer zu sagen. Wir haben es hier mit einer Regulation zu tun, ähnlich derjenigen bei Wirbeltieren, wo verstopfte oder durchschnit- tene Gefäße sich durch Anastomosen Durchgänge bahnen und so ver- binden. Der Ort des spontanen Abwerfens des Kelches liegt unter der Teilung des Lateralgefäßes in seinen rechten und linken Ast (vgl. Taf. XXVII, Fig. 10). Somit liest in dem abgeworfenen Kopf, außer dem Ganglion und dem Tentakelkranze, das Diaphragma, die Nephri- dien, die beiden Äste des Lateralgefäßes und ein Stück des ungeteilten Lateralgefäßes selbst. Der Darm wird so geteilt, daß der Ösophagus und ein Teil des Vormagens in dem Kopfstück verbleiben, sowie der Enddarm (oder richtiger Dünndarm), der entodermal ist. Der Ösopha- gus ist ektodermaler Herkunft, der Vormagen entodermaler. 396 Eugen Schultz, CorI war der Meinung, daß der Ösophagus ektodermal sei. Von diesem Gedanken ging auch ich bei meinen Experimenten aus und fand auch, wie wir unten sehen werden, wirklich, daß der Ösophagus bei Regeneration aus dem Ektoderm neu entsteht. Nun aber schrieb mir Herr Baron SELYS-LONGCHAMPS, daß er zu der Überzeugung gelangt sei, der Vormagen sei gleichfalls ektoder- maler Herkunft. Er beruft sich auf die Zeichnung SCHNEIDERS, wo wir nach der Metamorphose die beiden Darmblindsäcke weit hinunter an die Grenze zwi- schen Vormagen und Magen gerückt sehen. Nun aber scheint es mir, da die Blindsäcke der Larve nicht hart an der Grenze zwischen Ösophagus und Mittel- darm zu liegen scheinen, sondern direkt Hautstülpungen des letzteren sind, nicht unmöglich, daß bei der Metamorphose der entodermale Teil zwischen der Mün- dung der Blindsäcke und dem zweifellos ektodermalen Ösophagus sich ausdehnt und so zum Vormagen wird. Daß der Vormagen entodermal ist, dafür scheint mir zu sprechen: 1) der Unterschied in der Struktur zwischen Ösophagus und Vormagen, 2) die Regeneration eines neuen ektodermalen Stomodäums da, wo nur der Vormagen zurückgeblieben, 3) das Unterbleiben der Regeneration des Stomodäums, sobald ein Stück des ektodermalen Ösophagus zurückgelassen worden ist, 4) die Regeneration des Magens aus dem Vormagen, was, wenn letzterer ektodermal wäre, höchst abnorm wäre. Die ausführliche Beschreibung dieser Regenerationserscheinungen folgt weiter unten, an gehöriger Stelle. Nachdem der Blutkreislauf wieder hergestellt ist, kommt es auch zur Verschmelzung der beiden Darmäste, die schon CortI seiner Zeit konstatierte (Taf. XXVII, Fig. 5). Wir haben in dem abgetrennten Kelche, wie erwähnt, ein Stück des entodermalen Dünndarmes, den ektodermalen Ösophagus und ein Stück des entodermalen Vormagens. Der entodermale Vormagen muß mit dem Dünndarm verschmelzen, um die Verbindung des Darmtraktus wiederherzustellen. Dieses ge- schieht in der Weise, daß das im abgetrennten Kelche befindliche Stück des Vormagens zu wachsen beginnt (Fig. 3), so energisch, daß es Falten bildet, bis seine Verbindung mit dem Dünndarm vor sich geht. Aus diesem Teil des Vormagens scheint der Magen zu ent- stehen, da der Dünndarm keine bedeutenderen Wachstumsprozesse aufweist. Der Vormagen allein ist der regenerierende Teil, der Dünn- darm wächst nur weiter aus. Nachher wächst der etwas höher ge- legene Teil des ganzen Tieres aus, um die normale Gestalt der Pho- ronis wieder herzustellen, nach dem DAvEnporTschen Gesetze des Wachstums, auf welches wir unten zurückkommen werden. Die Vereinigung der Blutgefäße und der Darmstücke hat viel Analoges mit der von RABeEs näher untersuchten Transplantation an Lumbrieiden. Auch dort verwachsen die Darmenden transplantierter Wurmstücke und die Blutgefäße ungemein leicht, auch wenn sie an- fänglich weiter voneinander entfernt sind. Dieses Entgegenwachsen und Verschmelzen wird durch Richtungsreize erklärt, wir müssen Aus dem Gebiete der Regeneration. III. 397 aber nieht vergessen, daß dies nur eine Übersetzung des Faktums in eine mehr wissenschaftlich scheinende Sprache ist, solange wir weder wissen, noch uns im entferntesten vorstellen können, welcher Art dieser auf Entfernungen wirkende Reiz sein kann, ob chemischer, mechanischer oder vielleicht gar uns noch ganz unbekannter nervöser d. h. primär psychologischer Natur. Allgemeiner Gang der Regeneration des vorderen Körperendes. Bevor wir ausführlicher die organogenetischen Ergebnisse be- handeln, soll hier eine: Übersicht der zeitlich geordneten Regene- rationsprozesse vorausgehen. Natürlich ist die Teilung in Stadien hier sehr willkürlich und nur aus praktischen Gründen anzuwenden, da keine scharfe Grenze, kein Stehenbleiben zwischen den Stadien zu beobachten ist. Stadium A. Bald nach Durchschneidung des Vorderendes schnürt sich das Ektoderm über der Wunde zusammen. Der Vor- magen, falls dieser allein, ohne Ösophagusteil zurückbleibt, verwächst und bildet ein blindes Ende. Darauf verwächst auch der Enddarm. Das Körperepithel wächst weiter aus und verdickt sich am Ende bedeutend (Taf. XXVII, Fig. 10 r.ep). Vormagen sowohl, als auch Dünndarm ziehen sich vom durchschnittenen Körperende ein wenig zurück. Der Dünndarm liegt noch weiter vom Ende entfernt, als der Vormagen. Das Peritoneum schließt sich gleichfalls oben, sich eng ans Ektoderm anlegend. Einige Epithelzellen des Vormagens fallen der Degeneration anheim. Der Dünndarm schließt sich, ohne daß seine Zellen am Ende degenerieren. Einige Blutkörper liegen als Folgen der Verwundung frei in den Körperhöhlen (Fig. 10 bl.x). Irgend eine Phagocytose kann man nirgends bemerken, die Zellen des degenerierenden Darmepithels scheinen sich chemisch aufzulösen. Die Mesodermzellen am sich schließenden Peritoneum werden teil- weise frei, vermehren sich und erfüllen den ganzen oberen Teil der Körperhöhle (Taf. XXVIIL, Figg. 8, 9 per.x). Man sieht hier viele Zellen in karyokinetischer Teilung begriffen. In einigen Fällen (siehe unten) liegen zwischen ihnen Zellen des zerfallenden vorderen Teils des Vormagens, aber auch hier sieht man kein Verschlingen der Darmzellen durch die frei gewordenen Peritonealzellen. Äußerlich weist das Stadium A keine Neubildungen auf und auch innerlich beschränken sich die Prozesse auf diesem Stadium auf Heilung, Ver- wachsung und Anastomosierung der Blutgefäße und Verwischung der schädlichen Einflüsse der Operation. Eine solche primäre Regulation 398 Eugen Schultz, nach Operationen sehen wir bei allen Tieren eintreten, bevor zu einer Regeneration, die wir sekundäre Regulation nennen könnten, ge- schritten wird. Stadium B (Taf. XXVIIL, Fige. 4, 5). Hier beginnt die eigent- liche Regeneration. Wir sehen am Vorderende ventral eine Einstül- pung des Körperepithels, welche auf den Vormagen zuwächst und den- selben durchbricht: es ist ein Stomodäum (Taf. XXVII, Fig. 14 stom). Gleich über diesem Stomodäum bildet sich, in den meisten Fällen fast gleichzeitig mit dem Stomodäum, eine ventrale seichtere Ein- buchtung (Fig. 11 v.f) und eine dorsale (Fig. 11 h.f), welehe seitwärts einander entgegenwachsen, bis sie an den Seiten verschmelzen. Die beiden Falten teilen den sich zum Kelche ausbildenden Teil vom übrigen Körper ab. Auf diesem Stadium beginnen durch zweiseitiges Wachstum des Kelches sich die beiden Kopflappen anzulegen. Innen ist dieser ganze Kopfteil vom Peritoneum ausgekleidet. Etwas später gruppieren sich die frei im Kelchraum liegenden Mesodermzellen so, daß sie sich an die Wände des Körperepithels anlegen, das Perito- neum bildend. Das Septum bildet sich gleichfalls aus diesen sich frei gruppierenden Mesodermzellen. Auf unserm Stadium B durchbricht das mediane, zwischen den beiden Darmästen liegende, Blutgefäß das Septum und wuchert in den Kopf hinein, dorsal über dem Ösophagus eine Erweiterung bildend. Der Enddarm zeigt noch keine RegEnErationsernon Hin En und endet noch blind in der Leibeshöhle. Stadium C (Taf. XXVII, Figg. 6, 7, 8). Dieses Stadium umfaßt die Prozesse des Auswachsens der beiden Kopflappen bis zur Bildung der Fühler. Das Cölom wächst in die beiden Kopflappen beiderseits hinein. Danach wachsen die beiden Äste des Lateralgefäßes rechts und links vom Ösophagus in die Kopflappen hinein (Taf. XXVIII, Fig. 10) und wachsen horizontal nach vorn und hinten einander ent- segen, das Lophophorgefäß bildend. Dieses verbindet sich erst später zu einem Ring. Diese Blutgefäße liegen in der primären Leibeshöhle und drängen bei ihrem Wachstume das Peritoneum vom Körper- epithel hinweg, sich zwischen beide lagernd. Die Tentakeln legen sich, äußerlich noch unbemerkbar, an, von innen in das Körperepithel hineinwachsend, und dort zuerst Einbuchtungen bildend (Taf. XXVII, Fig. 15). Zu dieser Zeit wächst der Teil zwischen Kelch und Körper stärker aus, dem von DAvENPoRT von den Pflanzen auch auf die Tiere ausgedehnten Gesetz folgend, nach dem an der Spitze raschere Zellteilung und langsameres Wachstum, weiter hinten aber die Zone Aus dem Gebiete der Regeneration. III. 399 stärksten Wachstums liegt. Auf diesem Stadium beginnen auch die Nephridien sich anzulegen als Haufen von Peritonealzellen. Die Nephridialröhre, die auch rein mesodermal ist, wächst in das Körperepithel hinein, ist aber noch nicht nach außen durchgebrochen (Taf. XXVII, Figg. 12—14). Stadium D (Taf. XXVIL Fig. 9. Auf den beiden Kopflappen erscheinen jederseits hufeisenförmig die Fühler. Zuerst entstehen sie dorsal, ventral entstehen sie am spätesten. Die Fühler sind gleich in normaler Zahl angelegt, nur vorn sind dieselben noch nicht ver- einigt. Das Lophophorgefäß hat sich zum Ring geschlossen. In diesem Stadium bricht auch der Dünndarm durch, ohne ein ekto- dermales Proktodäum gebildet zu haben. Darauf erst brechen auch die Nephridien nach außen durch. Zuletzt, nach dem Durchbruch des Dünndarmes, bildet sich das Kopfganglion als ektodermale Ein- stülpung. Abweichungen in der zeitlichen Aufeinanderfolge der Bildungen. Den eben geschilderten Gang der Regeneration und die geschil- derte zeitliche Aufeinanderfolge der Bildungen halte ich für die ge- wöhnliche. Doch nicht immer ist die Reihenfolge der Erscheinungen dieselbe. Hier an der Regeneration des Phoronis-Kelches sehen wir so recht, wie sehr die zeitliche Aufeinanderfolge der ersten Regene- rationsvorgänge von der Art der Verletzung abhängt, und zwar nicht direkt, sondern indirekt, indem nämlich der Organismus auf die durch Verwundung hervorgebrachte Störung durch eine Regulation antwortet. Der oben geschilderte Regenerationshergang ist der gewöhnliche bei der von mir angewandten Art der Verletzung; bei einer andern Art von Verletzung und andrer Operationsweise! wird vielleicht ein von uns als abweichend bezeichneter Hergang gewöhnlich 2. Oft bildet sich ein Organ früher heraus, als oben geschildert, ein andres, welches früher entstehen sollte, bleibt in der Entwicklung zurück. So sehen wir oft das Stomodäum sich mächtig entwickeln und sich mit dem Vormagen. verbinden, während der Kelch selbst noch gar nicht angelegt ist (Taf. XXVII, Fig. 14), d. h. von den bei- den Falten — der dorsalen und ventralen, die den Kelchteil abheben sollten, noch nichts zu sehen ist. In diesem Fall liegt sogar das 1 Größere oder geringere Quetschung bei Durchschnitt. Größere oder geringere Verunreinigung der Wunde, Richtung des Schnittes usw. 2 Siehe den nächsten Abschnitt. A400 Eugen Schultz, durchschnittene Ende des dorsalen Längsnerven noch über dem Stomodäum. Das Stomodäum selbst, da es durch das Auswachsen der gleich unter dem Kelch gelegenen Zone nicht ausgedehnt wird, bildet oft mächtige Falten, die wahrscheinlich nachher ausgeglichen werden, wenn der Kopf sich angelegt hat. Für den gegebenen Fall hat diese kleine Beobachtung vielleicht wenig Interesse; doch illustriert sie mir eine Methode, durch welche man einigen Einblick in die Abhängigkeit und Korrelation der Organ- bildungen bekommen kann. Überall wo wir eine Aufeinanderfolge von Erscheinungen haben, sei es bei Regeneration, sei es bei embryo- naler Entwicklung, nennen wir sie q, b, 2) d, 6, f und zwei Prozesse, z. B. e und d zeitlich verschoben werden können, so daß wir die Reihe Q, b, c, e, d, 1E } bekommen, beweist dieses, dass die Prozesse e und d nicht in Korre- lation miteinander stehen, daß e nicht durch d hervorgerufen, be- dingt oder ausgelöst wird. Für unsern Fall angewandt, beweist ‚ daß die Bildung des Stomodäums und des Kelehes unabhängig voneinander geschieht, was ja auch zu erwarten war. Ähnliches können wir von der Zeit des Durchbruchs der Nephridien und des Dünndarmes und von der Zeit der Anlage des Kopfganglions sagen, deren oben geschilderte Aufeinanderfolge nicht str eng geregelt ist und untereinander verschoben werden kann. Die hier beobachtete zeitliche Aufeinanderfolge der regenerieren- den Organe läßt sich auch nicht dem von BARFURTH für die Wirbel- tiere festgestellten Gesetz für die zeitliche Aufeinanderfolge der Ge- websregeneration unterordnen. So regeneriert z. B. bei Anneliden das Zentralnervensystem sehr früh, bei Phoronis wird es ganz zuletzt an- gelegt. Verschiedene Art der Regeneration des Ösophagus. Wie wir oben sahen, bildet sich der Ösophagus gewöhnlich neu als ektodermale Einstülpung — als Stomodäum (Taf. XXVIH, Fig. 14). . Dieses geschieht in jenen Fällen, wenn das Tier so durchschnitten wurde, daß der Ösophagus und ein Teil des Vormagens entfernt war, so daß der neue Ösophagus, wie zu erwarten, sich neu anlegen mußte. Hier haben wir es also, unsrer Terminologie folgend, mit einer Neogenie zu tun. Eine andre Art der Regeneration beobachten wir in jenen Fällen, Aus dem Gebiete der Regeneration. III. 401 wenn wir die Phoronis so durchschneiden, daß ein Teil des Ösopha- gus zurückbleibt. In diesen Fällen ist ein ektodermaler Teil des Darmes im Körper der Phoronis vorhanden. Danach zu urteilen, wäre eine Neogenie des Ösophagus in diesem Falle unnütz, da er einfach durch Auswachsen — nach unsrer Terminologie durch Ana- stase seine normale Größe und Gestalt wieder erreichen könnte. Und wirklich sehen wir in diesen Fällen die sehr interessante Er- scheinung, daß die Ränder des durchschnittenen Ösophagus entweder direkt mit dem Körperepithel verschmelzen (Fig. 12), oder aber, daß bald nach Schluß des Körperepithels und des Ösophagus, dieser in jenes durehbricht. Es genügt also ein Stück des Ösophagus zurückzulassen, um eine ganz andre Weise der Regeneration hervorzurufen. Dieses Resultat erinnert lebhaft an eine in der Literatur über Regeneration leider fast ganz unbeachtet gebliebene Beobachtung in der an interes- santen Resultaten so überaus reichen Arbeit ÜAULLERYS, wonach bei Oircinmalium concrescens je nach der Stelle des Durchschnittes die Regeneration verschieden verläuft, und während in dem einen Fall, wo nur Postabdomen oder Postabdomen und ein Teil des Abdomens verbleibt, die Regeneration in einer Neubildung — Neogenie besteht, in dem andern Falle, wo der Schnitt in der Höhe des Kiemenkorbes geführt ist, die Organe sich aus den Resten desselben Gewebes re- generieren. Endlich kommt bei Phoronis manches Mal noch eine dritte Art der Regeneration des Ösophagus vor. Es geschieht nämlich öfters, daß das Körperepithel, sich apical nach der Verwundung schließend, in das Ende des durchschnittenen Vormagens einklemmt (Fig. 13), so daß es sich nicht zurückziehen und normal verwachsen kann. In diesem Falle bildet sich weiter als gewöhnlich vom apicalen Ende entfernt eine ektodermale Einstülpung — ein Stomodäum. Dieses wächst dann nicht, wie bei der gewöhnlichen Regeneration, auf das Ende des Vormagens zu, sondern stößt weiter unten auf den- selben und bricht von der Seite in denselben durch. In diesem Falle degenerieren alle Darmzellen, die über der Durchbruchsstelle des Stomodäums liegen und zwar beginnt dieser Prozeß — und dieses ist höchst bemerkenswert — bevor das Stomodäum noch das Epithel des Vormagens erreicht hat (Fig. 13). Die Zellen zerfallen ohne Pha- gocytose. Dieser Regenerationsgang weicht gleichfalls bedeutend vom gewöhnlichen ab, wo keine Degenerationserscheinungen vor sich gehen und das Stomodäum fast apical entsteht. Interessant ist es, daß im eben geschilderten Falle das Stomodäum nicht aus einer neuen apicalen 402 Eugen Schultz, Anlage, wie sonst das ganze Regenerat, entsteht, sondern inmitten des alten Epithels, weit vom Durchschnitt entfernt. Hier ist es augenscheinlich, daß der auslösende Reiz für die Regeneration des Ösophagus nicht die Bloßlegung der Ektodermzellen noch ihre Ver- wundung oder die Aufhebung eines Widerstandes ist, sondern daß diese Ursache anderswo gesucht werden muß. Mehr läßt sich aus diesem Falle und wohl auch aus ähnlichen von MoRGAN unter dem Namen Morphallaxis vereinigten — nicht ziehen. In allen Fällen werden Zellen neu gebildet, nur daß in einem Fall diese neu gebilde- ten Zellen weit vom Verwundungsorte entfernt sind, im andern der Verwundungsstelle hart anliegen. Die weitere Regeneration scheint normaler zu verlaufen, soweit man natürlich darauf nach dem Fehlen von Abnormitäten auf späteren Stadien bei großer Lebensfähigkeit schließen kann. Die Hauptregu- lationserscheinungen treten, wie überall, auch hier bald nach der Störung ein; diese Regulationen bringen den Regenerationsgang in sewohnte Gleise, wo ererbte organogenetische Prozesse anknüpfen können. Der dreifache Regenerationsgang des Phoronis-Kelches trägt ein Gepräge großer Zweckmäßigkeit. In jedem Falle ist die ein- tretende Regenerationsweise die zweckmäßigste. Wollten wir den Hergang der Regeneration des Ösophagus in der Weise analysieren, wie wir es im ersten Teil unsrer Arbeit vom Standpunkte WEISMANNS für Polychäten machten, so müßten wir, wenn wir die Regeneration andrer Organe unberücksichtigt ließen und so unsre Aufgabe bis aufs äußerste vereinfachten, annehmen, daß überall an der Ventral- seite bei Phorones Zellen existieren, die unter gewissem Reize ein Stomo- däum zu bilden im stande seien. Diese Zellenreihe muß kurz vor dem Hinterende anfangen und sich bis zur Einmündungsstelle des Öso- phagus in den Vormagen hinziehen. Hier würde sie plötzlich auf- hören, da ja, wenn ein Teil des Ösophagus zurückbleibt, keine ekto- dermale Einstülpung sich bildet. So wäre diese Erscheinung schein- bar einfach erklärt. Warum aber bildet sich in diesem Falle nicht auch eine ventral niedriger gelegene Einstülpung, wie in jenem, wo der Vormagen im Körperepithel stecken blieb. Hier ist es nach unsrer gewohnten Denkungsart schwer zu verstehen, was in einem Falle die Stomodäumbildung in denselben Zellen auslöst, in dem andern nicht. Da ja eine Zelle von der andern abstammt, so muß ja natürlich an der Stelle, von wo die Regeneration eines Teils vor sich geht, eine Zelle liegen, die fähig ist, diesen Teil zu bilden. Andrerseits Aus dem Gebiete der Regeneration. Il. 403 wissen wir, daß nicht jede Zelle alles Beliebige bilden kann!. Von diesem Standpunkt können wir die Stelle definieren, wo das Material für das Regenerat schlummert. Auf solche Weise erzielen wir aber nur eine Lokalisation, die natürlich bedeutende Wichtigkeit hat, diese erklärt aber den Prozeß nicht, ebensowenig als psychische Lokali- sationen die Psychologie ausmachen, oder psychische Prozesse er- klären können. Was Erklärung erfordert, ist, warum sich die Re- senerationszellen gerade so und nicht anders gruppieren, warum die Erscheinungen gewöhnlich zweckmäßig verlaufen, warum die Prozesse oft auf verschiedenen Wegen dasselbe Ziel erreichen und endlich, was die Bildung auslöst. Der dreifache Regenerationshergang des Kelches gibt ein Beispiel eines Prozesses, wo der Ausgangspunkt des Regenerats unkonstant ist, der Gang der Regeneration auch, das Endresultat aber konstant (natürlich in biologischem Sinn). Diese Erscheinung steht natürlich nicht allein da, die oben erwähnte Beobachtung CAULLERYs beweist ähnliches, ebenso wie viele Fälle der Experimentalembryologie. Diese Erreichung des Zieles auf verschiedenen Wegen hat dadurch eben fast den Charakter eines Prinzips. Dieses Festhalten des Zieles und Wechseln der Mittel läßt die Weısmannsche Theorie und jede Lokalisationstheorie beiseite, muß sie beiseite lassen, da sie un- möglich auf diese Erscheinungen eingehen kann, ohne ihren schon ohnehin so grotesken Bau bis zur völligen räumlichen Unmöglichkeit zu überladen. Darm. Wie wir oben beschrieben haben, regeneriert der Ösophagus, wenn kein Stück desselben zurückgelassen worden war, indem sich aus dem Körperepithel ein Stomodäum bildet. Dieses Stomodäum wächst direkt auf das apicale Ende des nun geschlossenen Vormagens zu. Sobald sich diese beiden Blindsäcke berühren, treibt das Stomo- däum, noch als geschlossene Blase vorwachsend, das Epithel des Vormagens vor sich her (Taf. XXVIL, Fig. 14). Dieses degeneriert in der Mitte der Berührungsstelle (d.ep.vm). Das Epithel des Stomo- däums erweist sich resistenter, es ist noch häufig intakt, wenn das 1 Vox Bock drückte sich über Regenerationserscheinungen einst folgender- maßen aus: »Es erweckt den Eindruck, als ob der Organismus bei der regene- rativen Neubildung in der Wahl des hierzu erforderlichen Materials die größte Freiheit genießt und es eben daher bezieht, wo das aus physiologischen oder rein mechanischen Gründen am geeignetsten erscheint.« 404 Eugen Schultz, Epithel des Vormagens schon an der Berührungsstelle zerfallen ist. Darauf fängt auch das Epithel des Stomodäums an der Berührungs- stelle zu degenerieren an, wobei die Degeneration jeder Zelle einzeln sehr allmählich von der Berührungsstelle angefangen vor sich geht. Die Zellen schmelzen gleichsam an der Berührungsstelle ab. Wir sehen auf einigen Präparaten nur halbe Zellen, mit halbem Kerne. Zuletzt liegt an der Verwachsungsstelle nur ein Trümmer- haufen. | Ähnliche Prozesse kommen oft in der Embryonalentwicklung vor, bei Bildung von Stomodäum, Proktodäum und überhaupt Vereinigung getrennter Hohlanlagen. Es wäre interessant, diese Prozesse histo- logisch und experimentell näher zu untersuchen, sowohl, wie der Zerfall der Zellen vor sich geht, als auch die Ursachen, weswegen gerade in der Mitte der sich berührenden zwei Höhlungen eine Auf- lösung der Zellen vor sich geht, während die an den Seitenwänden liegenden Zellen miteinander verwachsen. Die Zellen des Stomodäums sind viel höher als diejenigen des Vormagens. Die Stelle ihrer Vereinigung mit dem Vormagen hebt sich deutlich hervor. Oft ist aus mir unbekannten Gründen die Ver- einigung von Stomodäum und Vormagen erschwert, und geschieht später als gewöhnlich, obgleich sich beide Teile berühren. Der Dünndarm, der entodermal ist, bricht verhältnismäßig spät durch. Ein Proktodäum wird nicht gebildet. Ein eigentlicher End- darm, wie ihn Corı beschreibt, existiert nicht und wird nicht aus dem Ektoderm durch Einstülpung gebildet. Bei der Actinotrocha schließt sich der Blastoporus nicht voll- ständig vom Archenteron ab. Ein sichtbares Stomodäum in oben be- schriebenem Sinne wird folglich nicht gebildet; wohl aber stülpt sich nach den Untersuchungen vieler Forscher (IKEDA, SELYS-LONGCHAMPS) nach der primären Invagination des Archenteron, noch nachträglich ein Stück des ektodermalen Blastoporusrandes ein, das zum Ösophagus der Larve und des erwachsenen Tieres wird. Ein Proktodäum wird bei der Embryonalentwicklung ebensowenig gebildet, wie bei der Regeneration; so lauten wenigstens die An- gaben MASTERMANS und SELYs-LonGcHAmPps, nur ROULE beschreibt ein solches, hat aber wahrscheinlich die Nephridien dafür angesehen, wie SELYS-LONGCHAMPS wohl richtig meint. So sehen wir, was die Bildung des Ösophagus und die Proktodäum- frage betrifft, eine vollständige Harmonie zwischen regenerativem und embryonalem Geschehen. Aus dem Gebiete der Regeneration. II. 405 Fühler. Die Fühler entstehen zu Ende des Stadiums ©. Sie erscheinen zuerst auf der äußeren Peripherie (Taf. XXVII, Fig. 1 A), darauf biegt die Anlage dorsal um und läuft der ersten Anlage parallel zum Munde zurück (C). Die beiden Kopflappen verstreichen nachher ein wenig und sind beim erwachsenen Tiere weniger bemerkbar. Die innere Fühlerreihe legt sich später enger an die äußere an und ihr Umschlagsrand am Anus zeigt einen kleinen Ansatz zu einer Einrol- lung (D). Zuletzt erscheinen die Fühler vor und hinter dem Munde, die beiden Fühleranlagen verbindend. Der Umschlagsrand rollt sich bei Phoronis Mülleri Sel.-Longceh. nicht ein, bei andern Arten, wie z. B. bei Phoronis Kowalewskü rollt er sich einmal ein, bei Phoronis australiss mehrere Mal, jederseits - eine Spirale bildend. Die getrennte Entstehung der Fühlerkränze und die anfängliche Selbständigkeit der beiden Kopflappen (Taf. XXVII, Figg. 6—8), sowie ihre nachherige mehr oder minder starke Verschmelzung wiederholt, glaube ich, den phylogenetischen Vorgang. Die große Selbständigkeit der beiden Koptlappen und ihrer Fühlerreihen erinnert an Rhabdo- pleura, ihre nachherige Verwachsung an Phylaktolämen. Vielleicht durchläuft auch hier die Regeneration phylogenetische Stadien, ohne daß ich dabei natürlich direkt an die ausgesprochenen Formen der Rhabdopleura und der Phylaktolämen anknüpfen will, da ich letztere im Gegenteil von Phoronis-artigen Formen, die vielleicht noch ihren ursprünglicheren Tentakelapparat bewahrt haben, ableite, während die Rhabdopleura einen Seitenzweig bildet. Das Faktum einer getrennten Entstehung des nachher verbundenen Tentakelkranzes ist hier deswegen von besonderem Interesse, weil eine solche getrennte, zweiseitige Entstehung in der embryonalen Entwicklung nicht zum Vorschein zu kommen scheint, wenigstens ist sie nicht beobachtet worden. So ‘könnte vielleicht dieser Vorgang in eine Reihe mit vielen andern von mir früher zusammengestellten Fällen atavistischer Regenerations- weise gestellt werden. Gehirn und Nervensystem. Das »Gehirn« von Phoronis regeneriert erst schr spät, nachdem der Tentakelkranz eben etwas ausgewachsen ist, also auf dem Sta- dium D, und zur Zeit des Durchbruchs des Dünndarmes nach außen. Es liegt gleich dorsal vom Anus. Hier finden wir zuerst eine ganz 406 Eugen Schultz, schmale Einstülpung, die ziemlich tief geht und vom Epithel ausge- kleidet ist (Taf. XXVIIL, Figg. 5—7). Dieser Spalt ist quer zu der Mund und Anus verbindenden Dorsallinie gestellt, aber da er nicht sehr lang ist so gleicht die ganze Einstülpung mehr einer im Durch- schnitt ovalen Röhre. Die Zellen liegen dem Lumen der Einstülpung überall hart an. Das ganze Gebilde ist durch eine Basalmembran scharf vom umgebenden Gewebe abgesetzt und liegt noch ganz im Epithel. Das Ganglion bildet sich hauptsächlich aus der dem Munde zugewandten Seite, zum Anus geht das Epithel der Einstülpung all- mählich in die gewöhnlichen ektodermalen Körperepithelzellen über. In dieser Einstülpung, die ich allen Grund sehe mit der Medullar- platte der Wirbeltiere und dem dorsalen Kragennerven des Balano- glossus zu vergleichen (sowie mit dem »Ganglion« der Bryozoen), finden wir, wie in der Medullarplatte der Wirbeltiere, zweierlei Zellen- arten. Die einen bleiben an ihrer ursprünglichen Stelle liegen, sind lang gestreckt und bilden das Epithel der Einstülpung, die Neuroglia (gl.x). Weiter vom Lumen der Einstülpung entfernt liegen runde Zellen, die augenscheinlich von den der Medullarhöhle anliegenden Zellen stammen und sich in Ganglienzellen umwandeln (9.2), die Neurobla- sten Hıs. Hier haben wir denselben Prozeß, wie ihn RAMON Y CAJAL für die Entwicklung des Rückenmarks beschrieb, wo auch die Zellen zuerst epithelartig liegen, darauf, nach innen dringend, sich abrunden, zu Neuroblasten Hıs werden und darauf erst ihre Ve ab- geben. Mir scheint das Faktum, daß das dorsale Ganglion sich durch Invagination bildet, ja bei Phoronis Mülleri das ganze Leben hindurch invaginiert bleibt und daß auf solche Weise im Gegensatz zu andern Wirbellosen, mit Ausschluß von Dalanoglossus, die Ganglienzellen zentral liegen und die Punkt- oder Fasersubstanz rings herum, von sroßer Bedeutung für die Auffassung der Stellung von Phoronis im Systeme. Auch darin erinnert Phoronis an die Enteropneusten, wo auch das dorsale Kragenmark invaginiert ist. MASTERMAN (1) ver- gleicht den Rückennerv (Lateralnerv) der Phoronis mit demjenigen von Balanoglossus;, dieses ist nicht ganz richtig, denn der Lateralnerv von Phoronis ist nur ein Bündel Nervenfasern, das gar keine Ganglien- zellen enthält. Das Kragenmark des Dalanoglossus ist nur dem »Ge- hirn« der Phoronis homolog. Das Ganglion der phylaktolämen Bryozoen bildet sich eleichfalls nach NirscHE und SÄFFTIGEN als ektodermale Einstülpung. Auch darin haben wir eine Anknüpfung sowohl an die Enteropneusten ae Pr In 102 78 Aus dem Gebiete der Regeneration. III. 407 einerseits, als andrerseits an die Bryozoen. NırscHE hielt diesen _ Prozeß bei den Bryozoen für äußerlich ähnlich der Einstülpung der Medullarrinne bei den Wirbeltieren. Eine Homologie sensu strieto ist aber nach der Meinung SÄFFTIGENS »natürlich nicht durchführbar«. Jetzt, da wir einen ähnlichen Prozeß auch bei Phoronis entdecken, wo er viel klarer ausgedrückt ist und die Ähnlichkeit sich auch auf die innere Struktur erstreckt, indem auch hier die Gliazellen und die Ganglienzellen nicht an der Peripherie des Zentralnervensystems, sondern wie bei Balanoglossus, Amphioxus und den Wirbeltieren am Lumen der Einstülpung liegen, läßt sich eine Homologie gut durch- führen und leitet uns auch hier von Balanoglossus über Phoronis zu den Phylaktolämen hinüber. Dem Faktum, daß die Einstülpung quer zur Dorsallinie orientiert ist, lege ich keine große morphologische Wichtigkeit bei. Diese Er- scheinung ist wohl dadurch hervorgerufen, daß der Anus sich als Anpassung an die festsitzende Lebensweise allmählich dem Munde nähert und so die ganze Dorsalseite zwischen Mund und Anus so einenst, daß sich die Einstülpung nur noch in der Querrichtung bilden konnte. Von dem »Gehirn« wächst nachher der Ringnerv aus von beiden Seiten zum Ösophagus vorrückend und endlich sich vor dem Mund schließend.. Wir haben es hier mit einem Auswachsen der Nerven aus dem Zentralganglion und mit keiner Differenzierung desselben aus dem Ektoderm in loco zu tun. Wie IkEvA neuerdings beschreibt, entsteht sowohl das dorsale Ganglion, als auch der Ringnerv nach der Metamorphose neu und hat keine Anlage in der Larve. Ein Einstülpungsprozeß ist aber nicht beobachtet worden; ob er übersehen worden ist, ob Phoronis Miller ihn allein noch aufweist, oder ob wir es auch hier mit einem in der Regeneration hervortretenden Atavismus zu tun haben, der in der Embryonalentwicklung verloren gegangen ist, können nur nähere - Untersuchungen über die Embryonalentwicklung lösen. Der laterale Achsenzylinder degeneriert, von seinem Zentrum getrennt, bald nach der Operation, und wir sehen ihn schon im Sta- dium A in voller Degeneration begriffen. Auf Querschnitten durch den degenerierenden Achsenceylinder sieht man, wie die Nervenfasern zerfallen und an ihrer Stelle ein syneytiumförmiges Gebilde auftritt (Taf. XXVII, Fig. 2), welches Kerne enthält und augenscheinlich aus den Zellen des Neurilemmas gebildet ist. Nach einiger Zeit ist an ihrer Stelle nur noch ein Hohlraum übrig geblieben (Fig. 3) und Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. ü 28 408 Eugen Schultz, der ganze Achseneylinder zu einer Röhre geworden, deren Wände aus den Zellen des Neurilemmas gebildet werden (Fig. 4). Die Zellen des Neurilemmas sind noch stark angeschwollen. Die Grenzen zwi- schen den Zellen sind nur undeutlich zu erkennen und man möchte fast sagen, sie schwänden vollständig. Die Zellen sind von einem ganz klaren Inhalt erfüllt, welcher die Lichtstrahlen vollständig durchläßt und deswegen aa von dem Hohlraum in der Mitte des Zylinders zu unterscheiden ist. Wir scheinen es hier mit einer che- mischen Auflösung der Nervenfasern und nachheriger Aufsaugung durch die Zellen des Neurilemmas zu tun zu haben. Auf dem Sta- dium D wächst von dem regenerierten Ganglion aus ein neuer Achsen- zylinder in den hohlen Zylinder hinein. Ob die die Nervenfasern resorbierenden Neurilemmazellen nachher zerfallen und durch neue ersetzt werden, konnte ich nicht bestimmen. Der Zerfall der Nerven geht hier in ähnlicher Weise vor sich, wie ihn z. B. MÖNCKEBERG und BErHE für die Wirbeltiernerven beschrie- ben, wo auch die Primitivfibrillen in Körner zerfallen und nachher resor- biert werden. KoLster wies nach, daß die Zellen der Schwannschen Scheide, die man mit unsern Neurilemmazellen vergleichen könnte, als Phagocyten die zerfallenden alten Nervenfasern resorbieren, das Gleiche sahen pe Buck und DE Moor. In dem Prozess des Zer- falls der Nerven sehen wir hier eine vollständige Übereinstimmung zwischen Phoronis und Wirbeltieren. Leider ist die Frage über die Regeneration der Nervenfasern nicht so klargelegt, denn WIETING und NEUMANN z. B. behaupten eine Regeneration der Nervenfasern von den Schwannschen Zellen aus, die sie als Neuroblasten ansehen. Meine Resultate an Phoronis müßten sich, wenn wir einen Anschluß an die Regenerationsweise der Gewebe bei Wirbeltieren suchen wollten, an die gewöhnlich angenommene Regenerationsweise der Nerven von Ganglien aus halten. Einigermaßen beweisend für letztere Ansicht und für unsre Beobachtung ist auch der Umstand, daß wir vor dem Ende des Stadiums D, also vor der Regeneration des Ge- hirns, noch keine Spur eines Achsenzylinders in der Neurilemma- röhre finden. Obgleich ich’ vielleicht noch lange nicht das Recht habe, aus meinen geringen Beobachtungen über Geweberegeneration bei Wirbel- losen, die sich genauer nur mit der Regeneration der Muskeln bei Spinnen und der Nervenfasern bei Phoronis befaßten, allgemeine Schlüsse zu ziehen, so will ich doch die Meinung aussprechen, beson- ders da andre Experimente über Geweberegeneration bei Wirbellosen Aus dem Gebiete der Regeneration. III. 409 fast gänzlich fehlen, daß sich bei Wirbellosen, wenn die Gewebe nieht neu angelegt werden, sondern aus dem alten Gewebe entstehen, dieselben Prozesse wiederholen, wie wir sie durch große Reihen von Untersuchungen bei Wirbeltieren kennen gelernt haben. Körperhöhlen. Die Cölomhöhle des Kelches regeneriert aus dem Cölothel der Körperhöhle. Schon mit Beginn des Stadiums C sehen wir am apicalen Ende eine Anhäufung von losen Peritonealzellen, die durch Teilung der alten durch die Operation beeinflußten Peritonealzellen hervor- gegangen sind. Mit dem späteren Auswachsen der beiden Kopflappen kleidet das neu gebildete Cölothel die inneren Flächen der Körper- wand aus. Es entstehen somit nicht zwei oder sogar vier nachher ver- schmelzende Höhlen, den zwei oder vier Längshöhlen des Körpers entsprechend, was geschehen würde, wenn wir es mit einem direkten Auswachsen der Körperhöhlen in den Kelch zu tun hätten. Eine Zeit lang steht die Kelchhöhle mit den Körperhöhlen noch in offener Verbindung. Das Septum tritt erst etwas später auf und entsteht gleichfalls durch frei sich anordnende Zellen und nicht durch Falten- bildung. Das Verhältnis des Cölothels zu den Blutgefäßen soll im nächsten Abschnitt behandelt werden. Die Bildung des Kelcheöloms ent- spricht bei Regeneration dem embryonalen Hergang, wie ihn METscH- NIKOFF, ROULE, ich selbst und SeLys-LonGcHAnmps für die Embryonal-. entwicklung von Phoronis beschrieben haben, d. h. die Mesodermzellen gruppieren sich frei, die Cölomhöhlen bildend.. Nach MEnon werden bei der Metamorphose von Phoronis die Kragenhöhlen der Actino- trocha (MASTERMAN) zu der Kelchhöhle, während die Epistomhöhle neu entsteht, da der Kopflappen der Actinotrocha bei der Metamorphose verloren geht. Gegen eine Homologisierung des Kopflappens der Actino- trocha mit der Epistomhöhle der Phoronis spricht sich auch SELYS- LONGCHAMPS aus; sowohl nach ihm, als nach IKepA wird Kelehhöhle und Epistomhöhle bei Phoronis während der Metamorphose neu ge- bildet. Wie wir sahen, bildet sich bei Regeneration die Kelehhöhle neu aus dem Cölothel der Körperhöhlen, dasselbe können wir von der Epistomhöhle behaupten; beide Höhlen sind vom Cölothel ausgekleidet, wie die Körperhöhle selbst und dieses Cölothel stammt von der Körperhöhle ab. | | Schon hier will ich vorläufig darauf hinweisen, daß also die vollkommen regenerierte Phoronis mit Epistomhöhle, Kelchhöhle 410 Eugen Schultz. (Kragenhöhle) und Körperhöhlen dem von MASTERMAN für Achnotrocha festgestellten Schema entspricht. Phoronis also und nicht Actinotrocha weist jene deutliche Trimetamerie auf. Blutgefäßsystem. Wir sprachen schon oben von der Verwachsung der Blutgefäße und der Restitution des Blutkreislaufes. Diesen ProzeB haben wir scharf von der Regeneration der Blutgefäße zu trennen. Während die Restitution des Blutkreislaufes schon ungemein früh auftritt, ja eine der ersten Regulationserscheinungen ist, die wir beobachten, tritt die eigentliche Regeneration der Blutgefäße erst viel später auf. Auch hier haben wir also die erste Phase der Regeneration — die Reparation von der Regeneration selbst scharf zu trennen. Nach der Durchschneidung tritt immer Blut aus dem verwundeten Blutgefäß aus und wir finden sowohl gelbes Blutgerinnsel, als auch einzelne Blutkörperchen in der Leibeshöhle (Taf. XXVIH, Fig. 8 bl.k). Diese Blutzellen bekommen allmählich ein getrübtes Äußeres, werden undurchsichtig, so daß man weder Kern noch irgend eine Struktur an ihnen unterscheiden kann und zerfallen zuletzt. Auf späteren Stadien sind sie aus der Körperhöhle verschwunden. Sie werden jedenfalls chemisch aufgelöst und es ist keine Anteilnahme von Phagoeyten zu bemerken. Was das weitere Hinaustreten von Blut aus den durch- schnittenen Blutgefäßen hindert, ist schwer zusagen. Obeine Art Fibrin- bildung vor sich geht, oder ein sehr schneller Schluß der Gefäßwände, kann ich nicht sagen, zwar sieht man die Blutgefäße nach einiger Zeit mit verwachsenen blinden Enden, aber wie schnell diese Ver- wachsung vor sich geht und ob sie die Ursache des Stillstandes der Blutung ist, scheint fraglich. Wenn die beiden Kopflappen schon angelegt sind, also beim Beginn des Stadiums C, wächst das Mediangefäß in dieselben dorsal hinein und endet hier fürs erste noch blind mit einer Erweiterung (Taf. XXVIH, Fig. 10 med.g). Die beiden Lateralgefäße wachsen ihrerseits eleichfalls rechts und links vom Ösophagus apicalwärts, er- weitern sich hier bedeutend und geben jedes je einen horizontalen Ast nach vorn und hinten ab (r.I.R, I.R.l). Später verbindet sich die Erweilsafiihteie des Lateralgefäßes mit dem Mediangefäß. Die hinteren Äste bleiben kurz und be- kommen die Aufgabe, die anal gelegenen Tentakel zu versorgen. Die vorderen Äste vereinigen sich vor dem Ösophagus, und damit ist das Lophophorgefäß geschlossen. Senkrecht vom Lophophorgefäß sprossen Aus dem Gebiete der Regeneration. II. 411 Tentakelgefäße, sich zwischen Peritoneum und äußeres Körperepithel lesend, auf die Körperwand los (Taf. XXVIL, Fig. 15). Diese weist zuerst von innen Einbuchtungen auf, darauf beginnen auch äußerlich bemerkbar die Tentakel zu sprossen. Hier scheinen die Gefäße die Anregung zur Tentakelbildung zu geben. Die Gefäße werden rings vom Peritoneum umschlossen. Die paarige Anlage des Lophophorgefäßes steht augenscheinlich in engem Zusammenhang mit dem ursprünglich paarigen Charakter der Kopflappen und des Tentakelkranzes. Die Literatur über die Entwicklung der Blutgefäße bei der Actinotrocha während der Metamorphose ist noch ganz unklar und gibt uns leider gar keinen Anhaltspunkt für einen Vergleich mit dem regenerativen Geschehen. Nephridien, Sowohl der Trichter, als auch der Ausführungsgang der Nephri- dien entsteht aus dem Cölothel. Zuerst sehen wir eine Wucherung des Cölothels, des Septums und der Somatopleura, welche den Trichter bildet. Das blinde distale Ende dieser Bildung wuchert direkt in das Körperepithel hinein (Taf. XXVIIL, Figg. 12 —14) und durchbricht dasselbe erst viel später. Die Bildungsweise der regenerierenden Nephridien entspricht in allgemeinen Zügen derjenigen der Annelidennephridien. Was die Embryonalentwicklung der Nephridien von Phoronis betrifft, so ent- spricht der Trichter nach Ikepa nicht den Nephridien der Larve, welche als ektodermale Einstülpungen entstehen. Nach CALDWELL und SELYS-LONGCHAMPS persistieren die Larvennephridien. Solange dieser Punkt gleichfalls nicht vollkommen klar gelegt ist, lassen sich keine festen Schlüsse ziehen. Sollten die Larvennephridien per- sistieren, so hätten wir die Erscheinung, daß sie bei der Embryonal- entwicklung aus dem Ektoderm (wenigstens teilweise), bei der Re- generation ganz aus dem Mesoderm entstehen. Hat IKEDA recht, so entspricht vielleicht die regenerative Organogenese vollkommen der embryonalen. / Phylogenetische Betrachtungen. In dem vorliegenden Teil meiner Untersuchungen, sowie auch im zweiten, den Planarien gewidmeten Teil, habe ich zu beweisen gesucht, daß den Regenerationsprozessen nicht aller phyletischer Wert abgesprochen werden kann und in einem speziell dieser Frage 412 Eugen Schultz, sewidmeten Artikel habe ich nachgewiesen, daß sie oft sogar solche morphologische Merkmale ferner Vorfahren aufzudecken im stande sind, die in der embryonalen Entwicklung nicht mehr zum Vorschein kommen. In den meisten Punkten sehen wir eine vollkommene typische Übereinstimmung zwischen Embryonalentwicklung und Re- generation, so besonders bei den Turbellarien. Wenn wir diesen Übereinstimmungen mit den Embryonalprozessen nicht den phylo- genetischen Wert nehmen können, es sei denn, wir nehmen ihn auch dem embryonalen Geschehen, so haben wir wohl schwerlich das Recht, den Abweichungen in der regenerativen Organogenese, besonders wenn sie augenfällige Anknüpfungen an Eigentümlich- keiten der Vorfahren bieten, alle morphologische Bedeutung abzu- sprechen. Hier bei Phoronis scheinen sich Regenerationsstudien als Metho- den phyletischer Forschung besonders gut zu bewähren, denn durch das Experiment sind wir hier im stande gewesen, morphologische Pro- zesse klar zu legen, welche in der Embryonalentwieklung durch die Metamorphose der Actinotrocha so dunkel und verwischt sind, dab sie hier trotz zahlreicher, gewissenhafter moderner Untersuchungen, wie derjenigen von IKEDA, SELYS-LONGcHAMmPS und MENoNn, doch nicht klar gelegt werden konnten, und noch gar keine Einigung er- zielt worden ist. So ist die Frage, wie weit sich der ektodermale Teil des Vorderdarmes erstreckt, da der Blastoporus bei der Larve direkt in den Mund übergeht, schwer zu lösen, und es existieren darüber verschiedene Ansichten (CoRI, SELYS-LONGcHAMmpS). Nach meinem Experiment scheint es mir nicht zweifelhaft, daß hier CorI im Rechte ist, wie ich oben ausgeführt habe. Ebenso unsicher schien die Frage, ob ein Proktodäum sich bildet: SELYs-Lon@GcHAmPps fand keines am Embryo, IKEpA drückt sich, trotz eingehender Unter- suchungen, zweifelnd aus, RouLE beschreibt ein solches. Die Re- generation gibt hier so klare Bilder, daß kein Zweifel möglich ist. Die definitiven Nephridien treten bei Phoronis so nah, oder direkt an der Stelle der larvalen Nephridien auf, daß die Ansichten über ihre Entstehung ganz auseinander gehen (SELYS-LONGCHAMPS, IREDA), hier bei der Regeneration wird die Bildung der Nephridien durch keine larvalen Organe verdeckt und tritt klar zu Tage. Dasselbe kann man von den Tentakeln sagen, die bei der Metamorphose direkt unter den Larvententakeln sprossen; das von mir oben beob- achtete Sprossungsgesetz ist bei der Embryonalentwicklung deswegen nie beobachtet. Dasselbe läßt sich von den Cölomverhältnissen sagen. Aus dem Gebiete der Regeneration. III. 413 Was die Bildung des Cerebralganglions betrifft, so ist dieselbe in der Embryonalentwicklung noch nie geschildert worden. Aus alle dem ziehe ich den Schluß, daß man mit einiger Wahr- scheinlichkeit dort, wo die Embryonalprozesse infolge verschiedener Ursachen unklar und sehr verwischt sind, aus dem regenerativen Geschehen auf das embryonale oder phylogenetische schließen kann. Daß dabei viel Vorsicht und Takt nötig ist, ist selbstverständlich; aber das ist bei allen Schlüssen notwendig und nicht minder vielleicht bei embryonalem Geschehen, wie es uns gerade die über unsre Gattung vorliegende Arbeit von MASTERMAN lehren kann. Regene- rativer Organbildungsmodus muß neben der Embryonalentwicklung und dem Bau der fertigen Form in Betracht gezogen werden, wo wir phyletischen Betrachtungen uns hingeben. Auf diese Meinung mich stützend, erlaube auch ich mir einige Schlüsse über die Stellung der Phoronis im System. Während früher Phoronis bald näher zu den Bryozoen (ÜoRrI), bald — hauptsächlich anfänglich — zu den Gephyreen gestellt wurde, hat in neuerer Zeit MAsTERMAN ziemlich viel Aufsehen erregt, in- dem er die Achmotrocha den Chordaten nähert und vor allem viel Ähnlichkeit mit Enteropneusten findet. Nach seiner Beschreibung ist die Ähnlichkeit auffallend — fast alle Organe stimmen überein. Nun aber haben die darauffolgenden embryologischen Untersuchungen von ROULE, IKkEDa und SerLys-LonscHAamps die Beobachtungen, auf welchen jene Verwandtschaft aufgebaut war, durchaus nicht bestätigt, trotzdem MASTERMAN von IKEDA sonderbarerweise das Gegenteil be- hauptet. Solange MASTERMAN nicht durch Angabe der Methode, durch welche er so überraschende Resultate erzielte, die Zweifel zerstreut (denn Methylenblaufärbung ergab für IKepA nichts Älmliches), haben | seine Schemata alle Bedeutung verloren. Ein Kragennervenring, ein dorsaler und ventraler Nerv und ein perianaler Nervenring fehlen, so- wohl nach IrepA als auch nach Serys-LonscHAamps; der Neuroporus ist ein Kunstprodukt (IREDA, SELYS-LONGCHAMPS) — so fallen alle Ver- gleichungspunkte zwischen Balanoglossus und Actinotrocha, was das Nervensystem betrifft. . Von den von MASTERMAN geschilderten Ver- hältnissen des Blutgefäßsystems erweist sich nur das Rückengefäß am Ösophagus (IkepA): — somit fällt auch hier alle Homologie mit den Enteropneusten. Die Cölombildung geschieht auch nicht nach der von MASTERMAN geschilderten Weise, welche mit der von Balanoglossus übereinstimmen sollte, sondern entweder nur durch Zellenimmigration wie METSCHNIKOFF, ich und SeLYs-Lon6scHAurs es schilderten, oder 414 | Eugen Schultz, vielleicht auch bei andern Arten so, daß noch die vorderen Diver- tikel CALDWELLS auftreten, sich aber gleich darauf in freie Zellen auflösen (IREDA), so daß SeLys-LoxGcHAamPps zu dem Schluß kommt, daß die Trimetamerie der Actinotrocha mehr eine theoretische, als reale Konzeption ist. Das erste und zweite Nephridienpaar MASTER- MANS existiert nach IKEDA gleichfalls nicht. Die Notochorda sind keine Chorden (WILLEY, HARMER, IREDA, SELYS-LONGCHAMPS); die Chorda des Dalanoglossus ist freilich auch keine (SCHIMKEWITSCH), deswegen brauchen sie immerhin noch nicht homolog zu sein, um so mehr als die Notochorda gelegentlich auch ventral liegen und RoULE sogar ein unpaares medianes, ventrales entdeckt hat bei Phoronis sabatieri. Die »Subneuralglandula« MASTERMANs, die dieser mit der Hypophyse der Vertebraten vergleicht, ist nur eine einfache dorsale Falte des Darmes, die sich histologisch in nichts vom übrigen Darmepithel unterscheidet (SELYS-LONGCHAMmPs). Somit fallen wohl alle Verglei- chungspunkte der Acknotrocha mit den Enteropneusten. Und doch glaube ich, daß die Ansicht MAsSTERMAnNs im. Grunde richtig ist. Das Unglück war, daß der Äutor seine zweifellos geist- reichen Kombinationen zu despotisch der Natur aufdrängen wollte und von ihr einen klaren Schematismus verlangte, wo nur leise, feine Andeutungen vorhanden sein konnten, die erst in ihrer Summe einen Anhaltspunkt für phylogenetische Hypothesen zu bieten vermochten. MASTERMAN bleibt das Verdienst, als erster die Idee einer Verwandt- schaft der Phoronis mit Balanoglossus und den Chordaten ausge- sprochen und diesen Vergleich durchgeführt zu haben, und es ist sehr ° zu befürchten, daß, nachdem seine Beobachtungen sich als falsch erwiesen haben, auch seine Grundidee mit verworfen wird, wie es schon von seiten ROULEs und SELYS-LONGCHAMPS geschehen ist. Nach meiner Meinung liegt der Fehler MASTERMANS, neben seinen falschen Beobachtungen, vor allem darin, daß er hauptsächlich die Actinotrocha zu Vergleichen heranzog, während man bei der Phoro- nis selbst viel mehr Anklänge an die Enteropneusten finden könnte, die Actinotrocha aber, wie jede Larve, so viele rein cenogene- tische Merkmale hat, daß es bei ihr schwer fällt, morphologisch wichtige Charakterzüge herauszufinden. Überhaupt wurde ja die morphologische Bedeutung der Larvenformen, vor allem aber der Trochophora lange Zeit sehr auf Kosten der fertigen Form über- schätzt. Man ging dabei wohl von der falschen Voraussetzung aus, daß die konstantesten Erscheinungen in der Embryologie auch die palingenetischsten seien, während sehr konstante Larvencharaktere Aus dem Gebiete der Regeneration. Ill. 415 als solche erworben sein könnten und nie einer geschlechtsreifen Form angehört zu haben brauchten; solche cenogenetisch erworbene Eigenschaften konnten nachher auf viele Gruppen hindurch weiter- verpflanzt worden sein; so geschah es ja wohl mit der Segmentation des Eies, so auch mit den Charakterzügen der Trochophora und ihr ähnlicher Larven. Wenn wir über verwandtschaftliche Beziehungen der Phoronıs zu einem richtigen Schlusse kommen wollen, so müssen wir auch hier vor allem sekundär Erworbenes von längst Ererbten scheiden. Die Organisation der Phoronis scheint stark durch sedentäre Lebensweise beeinflußt worden zu sein, wenngleich diese Lebensweise noch nicht die meisten Charakterzüge verwischt hat, welche den frei lebenden Vorfahren eigentümlich waren und welche bei den Dryoxoa ectoprocta fast alle endgültig verschwunden sind. Als unter dem Einflusse festsitzender Lebensweise erworben, haben wir den Tentakelkranz anzusehen, den wir uns also bei der Stammform der Phoromis fortzu- denken haben. Mit der Erwerbung des Tentakelkranzes ging wahr- sceheinlich der allmähliche Schwund des Kopflappens (-Eichel) Hand in Hand, der hier seine Bedeutung einbüßte, oder höchstens noch als Epistom erhalten blieb. So kam es zur Bildung einer Form mit zwei Paaren Cölomsäcke statt dreier. Das Blutgefäßsystem scheint bei der Stammform gut entwickelt gewesen zu sein, noch bei Phoronis zeist es dieselbe Lage, wie bei Balanoglossus (Taf. XXVILL, Fig. 11), nur müssen wir uns an der Stelle des Blutraumes in der Eichel von Balanoglossus ein Ringgefäß für den neugebildeten Tentakel- kranz denken. Die abweichende Lage der andern Organe wird aus dem Umstand erklärt, daß als Folge der sedentären Lebensweise der Anus sich dem vorderen Ende nähert. Bei den in Steinhöhlen sitzenden Phoronis-Arten (wie die vom Schwarzen Meer), sowie auch bei den in Sandröhren lebenden war eine solche Verlagerung des Afters natürlich von Nutzen. Schon Wırson erklärt die Näherung des Afters zum Munde bei Phoromis als Folge festsitzender Lebens- weise, doch erklärte er sich diese Näherung so, als ob eine ursprüng- liche Krümmung der ganzen hinteren Körperhälfte stattgefunden hätte mit nachträglicher Verwachsung der Körperwände. Ich halte es für wahrscheinlicher, daß der After allein allmählich längs der Rücken- linie hinaufzog. Wenn wir uns diese Wanderung des Afters längs der Rückenlinie vorstellen, so begreift es sich vielleicht, daß derselbe auch das Mesenterium mit sich zog. Dadurch kam jene sonderbare Beziehung der Mesenterien zu stande, die so schwer erklärlich scheint. 416 Eugen Schultz, Zu gleicher Zeit mußte der Darm den früher wahrscheinlich median dorsal gelegenen Nerv zur Seite schieben, ihn zum »Seitennerv«< machen. Ich erwähnte schon oben, daß durch die Näherung von Mund und After zueinander auch die Medullareinstülpung nun nicht mehr in der Längsrichtung sich bilden konnte, sondern quer zusam- mengedrückt wurde. Mich im allgemeinen der Denkungsart MASTERMANs über die verwandtschaftliche Einheit der ganzen Gruppe der Triartieulata — wie ich sie, die Priorität SCHIMKEWITSCH anerkennend, nennen will — anschließend, bringe ich die Brachiopoden, Phoronis, Balanoglos- sus, Bryoxoa ectoprocta, Cephalodiscus, Rhabdopleura, Echinodermata, Chaetognatha, wit einigem Zögern auch Amphioxus in nähere Ver- wandtschaft. Bei ihnen allen tritt mehr oder weniger ein Entero- cöl und ein invaginiertes dorsales Zentralnervensystem deutlich zu Tage. Die andern Eigentümlichkeiten im anatomischen Bau nähern die einen Gruppen einander und entfernen die andern. Am aber- rantesten infolge besonderer Lebensbedingungen sind Bryozoen (fest- sitzende Lebensweise), Echinodermaten [(festsitzende Lebensweise und Verlust der ursprünglichen Bisymmetrie), Chaetognaiha (pelagische Lebensweise). In der von mir untersuchten Gruppe der Phoronidea sehe ich ein Bindeglied zwischen einer frei lebenden Balanoglossus- ähnlichen Art und den Bryozoen!, wobei natürlich die Phylactolae- mata obenan stehen 2. Die nebenstehende Tabelle zeigt, wie unter dem Einfluß festsitzender Lebensweise die einen Organe bei Phoronis und weiter bei Phylacto- laemata rückgebildet werden, die andern neu entstehen (wie der Tentakelkranz). Auf weitere Einzelheiten, die das Bild vollständiger gestalten könnten, aber viel Detailerörterungen erforderten, will ich mich hier nicht einlassen, ich bin schon zu weit von meiner ursprüng- lichen Aufgabe abseits geleitet worden; deswegen gebe ich in der Tabelle nur alles in gröbsten Strichen, als Skizze wieder, die ein morphologisch geschulter Leser leicht vervollständigen und mit Wissen und Zitaten ausschmücken kann. Auf Vergleiche mit andern Gruppen ! In den Endoprokten sehe ich geschlechtsreife Molluskenlarven. 2 Daß diese Süßwasserformen sind, sollte uns nicht wundern. Phoromis selbst erträgt gut Brackwasser, wie ich mich in Sewastopol überzeugen konnte, wo sie gleich am Eingang des Hafens vorkommt, wobei das Schwarze Meer ja an und für sich einen überaus geringen Salzgehalt hat. Ich erinnere mich dabei an die Ausführungen SIMROTHs, der darauf hinweist, daß rotes, hämoglo- binhaltiges Blut nur in süßem Wasser erworben werden konnte, und Phoronis hat bekanntlich ein solches Blut. Aus dem Gebiete der Regeneration. Ill. 417 Enteropneusten | Phoronis Phylactolaemata i Ektodermaler Vorderdarm ebenfalls | fehlt Proktodäum fehlt | ebenfalls fehlt Kiemenspalten vorhanden, die Diplochorda der Actino- fehlen trocha ist nach WILLEY | Kiemenrest | Blutgeräßsystem mit dor- ebenso, nur ein Gefäßring fehlt salem und ventralem Ge- | für den Tentakelkranz hin- fäß u. vorderer Kommissur zugefügt Invaginiertes Kragenmark, | invaginiertes dorsales Gan-. ebenfalls | glion | Ein vorderes unpaares En- ebenfalls. Invagination der vorderes Cölom endgültig terocöl und zwei Paare im Cölomhöhle geht in Immi- | verschwunden. Cölothel Körper | gration zurück , nur durch migrierende | | Zellen eebildet Zwei Nephridienpaare | ebenfalls zwei Trichterpaare, ein Nephridienpaar | bei Ph. ausiralis, aber mit | gemeinsamem Ausgang Fehlt Tentakelkranz ‘ebenfalls, ähnlich Phoro- | nis gebaut | Mund und Anus entgegen- | genähert | ebenfalls gesetzt | | kann ich mich mit Recht nicht näher einlassen, dieses könnte nur ein Lehrbuch vergleichender Morphologie. Im allgemeinen schließe ich mich den Anschauungen SCHIMKEWITSCHs und denjenigen MASTER- MANS an, die er in seinen älteren Aufsätzen klargelegt hat, nur kann ich mich nicht, wie MASTERMAN, mit der Sep@gwickschen Auffassung über die Entstehung der Metamerie einverstanden erklären. Auch stimmen meine Ansichten gut zu dem von SCHIMKEWITSCH gezeich- neten Stammbaum, nur daß ich die hypothetische Gruppe der Tenta- culigera nicht acceptieren möchte, da der Tentakelkranz ein retro- srades Merkmal festsitzender Lebensweise ist und solche Formen daher von frei lebenden, nicht umgekehrt herzuleiten sind. St. Petersburg, 28. Dezember 1902. Literatur, D. BARFURTH, Zur Regeneration der Gewebe. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXXV1. 1891. P. J. van BENEDEN, Note sur un Annelide cephalobranche sans soies designe sous le nom de Crepina. Annales des Sc. natur. Zool. (IV. serie.) Vol. X. 1858. 418 Eugen Schultz, M. v. Bock, Über die Knospung von Chätogaster diaphanus. Jenaische Zeitschr. .-Nalırw.. BO ARRXT 189% DE BUCK et DE Moor, La neuronophagie. Journ. de Neurologie. Bruxelles et Paris 1900. W. H. CALDWELL, Blastopore, mesoderm, and metamerie segmentation. Quart. Journ. of Mier. Se. Vol. XXV. N. S. 1885. M. CAULLERY, Contributions ä& l’eEtude des Ascidies composees. Bull. Seient. 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Allgemeine Bezeichnungen: an, Anus; K.ep, Körperepithel; ant, Stelle, an welcher das Köpfchen spontan abgeworfen wird; bi.g, Blutgefäß; bl.;, Blutkörperchen; coel, Cölom ; d.d, Dünndarm; dg.d.ep, degenerierendes Darmepithel; dg.ep.um, degeneriertes Epithel des Vor- magens; Fr dg.d:, degenerierende Darmzellen; d.gef, Dorsalgefäß ; diaph, Diaphragma; 9, Ganglion; gl.z, Gliazellen; 9.2, Ganglienzellen; I h.f, hintere Falte; K.l, Kopflappen; K,n, Neurilemmakerne; I.R.l, linkes Lateralgefäß: med.g, Mediangefäß; mes, Mesoderm; neph, Nephridium; rk, Nervenhöhle; n.k, Nephridialkanal; np, Neuroporus; n.tr, Nephridialtrichter; nel, Neurilemma; oes, Ösophagus; os, Mund; per, Peritoneum; pr.o.f, Präoralfalte; p.%, Peritonealzellen; 420 Eugen Schultz, Aus dem Gebiete der Regeneration. III. reg, Regenerat; vac, Vakuolen; r.ep, regeneriertes Epithel ; v.f, vordere Falte; r.Zel, rechtes Lateralgefäß; v.gef, Ventralgeräß; stom, Stomodäum; v.m, Vormagen; t, Tentakel; 1, 2, 3—7, Niveau der Durchschnitte. 2.gef, Tentakelgefäß; Tafel XXVII. Fig. 1. Schema von Phoronis mit Bezeichnung der vorgenommenen Durch- schnitte. Fig. 2. Verheilung der Wunde, Verwachsung des Darmes und Umwachsung durch neues Epithel. Zeıss 3 D. Fig. 3. Verwachsung des Vormagens mit dem Dünndarm. Zeıss 2 B. Fig. 4. Regenerationsstadium mit sich anlegenden Kopflappen von der Seite. Fig. 5. Weitere Entwicklung der Kopflappen von der Seite. Fig. 6. Ähnliches Stadium von vorn. Fig. 7. Dasselbe von hinten. Fig. 5. Dasselbe von der Seite. Fig. 9. Spätes Stadium mit Tentakeln von hinten. Fig. 10. Wundschluß und erstes Stadium der Epithelregeneration. Fig. 11. Bildung des Stomodäums und der drei Kopffalten. Zeıss 4 B. Fig. 12. Regeneration des Vorderendes, im Falle wo der Osophagus durch- el sen war. Zeiss 4 B. Fig. 13. Regeneration des Vorderendes im Falle, daß der Vormagen in das sich schließende Körperepithel eingezwängt war. Zeiss 4D. Fig. 14. Regeneration des Stomodäums. Fig. 15. Auswachsen der Blutgefäße und der Tentakel. Tafel XXVIII. Fig. 1. Schema der NEN der Tentakel. A, erstes Stadium; B, Be- ginn der innern Tentakelanlage; C, Auswachsen der innern Tentakelanlage; D, Schluß der äußern und innern ee Fig. 2. Degeneration des Seitennerven. Querschnitt. Zeiss 3 D. Fig. 3. Späteres Stadium. ZeEISSs SD. Fig. 4 Dasselbe im Längsschnitt. Zeiss 2 D. Fig. 5. Regeneration des »Ganglions«e. Längsschnitt. Zeiss 3 D. Fig. 6. Dasselbe, späteres Stadium. Längsschnitt. Zeiss 3D. Fig. 7. Dasselbe. Fig. 8. Schluß der Wunde und Anhäufung der Peritonealzellen am vor- dern Körperende. Zeiss 4 B. | Fig. 9. Dasselbe. Querschnitt. Zeiss 2 D. Fig. 10. Schema der Regeneration der Blutgefäße. Fig. 11. Schema des Blutgefäßsystems. A, bei Phoronis; B, bei Balano- glossus. Fig. 12. Regeneration der Nephridien. Trichter. Zeıss 3 D. Fig. 13. Dasselbe. S Fig. 14. Dasselbe auf einem höher gelegenen Querschnitt. Man sieht den Ausführungsgang durchschnitten. Alcune particolaritä di struttura e di innervazione della cute dell’ ammocoetes branchialis. Pel Dott. Giovanni Marenghi, Aiuto e Libero docente di Patologia generale. Laboratorio di Patologia generale e di Istologia. R. Univ. diPavia. Prof. C. GoLG1. Con Tavola XXIX. La struttura molto complessa, legata alla complessa funzione (di rivestimento, di secrezione, di sensibilita) dell’ Ammocoetes branchialis ha richiamato lo studio dei piü eminenti anatomiei. Pero non possi- amo dire che le conoscenze nostre siano molto complete. Ancora molte questioni rimangono insolute: di molti elementi infatti constitu- tivi della cute non si conosce la struttura; di molti altri € ignota la funzione. Ad esempio a che corrispondano quelle strane formazioni dette Kolbenzellen, cellules en massue, ritenute da aleuni (KÖLLIKER, 1) quali cellule mucose, da altri (M. ScHULTZE, 2) elementi muscolari, da altri quali elementi di sostegno, da altri ancora quali elementi nervosi? quale la funzione e la struttura delle cellule granulose (Körnchenzellen) ? Anche riguardo all’ innervazione si puo dire che fino ad ora non esistono molti dati precisi: se si volesse riassumere quanto oggi e noto sull’ innervazione della cute dell! Ammocoetes e del Petromy- zon si dovrebbe dire molto semplicemente che fu affermata e dimo- strata l’esistenza nella cute di fibre nervose e che fu supposta la na- tura nervosa di talune cellule (Sinneszellen). POGOJEFF (3) non pote seguire i nervi per la somiglianza di essi colle fibre connettive, e perche nella eute essi si sottraggono al- l’osservazione. Per PoGoJEFF sarebbero apparati terminali di nervi sensitivi quelle speciali cellule a striatura concentriea, sul eui signi- ficato non. vi € accordo fra gli autor. Ma questa & pura supposi- zione, alla quale pero manca ogni base di fatto. Nessun rapporto & 422 Giovanni Marenghi, stato verifieato fra tali formazioni e fibre nervose. Anche Vocr e Young (4) ammettono l’esistenza di cellule sensitive senza pero darne la dimostrazione. G. Rerzıus (5) nel suo lavoro sulla cute del Peiro- myzon descrive il modo di penetrare dei nervi nell’ epitelio: figura le terminazioni delle fibre nervose nella meta interna dell’epidermide con ciuffi terminali e nella meta esterna con rami liberi terminali fra le cellule. Afferma di non aver visto mai fibre nervose arrivare alla superficie libera e neanche di avere constatati rapporti di fibre nervose eon cellule; non penetrazione di fibre in cellule ne nelle Kolbenzellen, ne nelle Sinneszellen: neanche nelle labbra ha visto mai arrivare fibre alla superficie libera. Fusarı (6), con fini prepa- rati alla reazione nera, ha dimostrato una riechezza senza confronto maggiore di fibre nervose nell’ epidermide: tali fire terminerebbero con eiuffi di molto corti filamenti; le fibre nervose sarebbero cosı serrate ed abbondanti intorno alle cellule da costituire quasi una membrana avvolgente le cellule. Il FusArt non accenna a rapporti di fibre con cellule. Cosi anche dopo tali minute ricerche non ei e noto il modo di terminazione delle fibre nervose e neppure se le cosi dette Sinnes- zellen siano veramente cellule nervose, poiche manca l’argomento deeisivo del constatato rapporto con fibre nervose. Non ultima certo fra le ragioni delle scarse ed incomplete notizie sulla innervazione della cute dell’ Ammocoetes & la faeilita grande, colla quale in questo genere di ricerche si formano precipitati col metodo della reazione nera, che da i migliori risultati: Tali preei- pitati non si limitano alla superficie, ma penefrano in corrispondenza del primo e del secondo strato cellulare ed anche piu profondamente. Ad evitare tale inconveniente, che impedisce di seguire elementi nervosi fino alla superficie libera, ho trovato sommamente utile Y’uso delle miscele acide che con fortuna ho applieato allo studio della retina (7). Alle solite miscele osmio-bicromiche aggiungo qualche goceia di soluzione satura acquosa di solfocianuro potassico o di sglfoeianuro di mercurio e qualche goccia di acido acetico 0 solforico o"nitrico (meglio quest’ ultimo). Con tali spedienti mentre la reazione & di molto accelerata, & ridotto cio® il tempo di immersione nella miscela, si ottengono preparazioni, nelle quali i preecipitafi sono molto limitati. Su preparati ottenuti con tale metodo ho potuto seguire le fibre nervose e sorprendere rapporti non visti dai precedenti osser- vatori. | I fasci nervosi, che arrivano alla cute dell’ Ammocoetes sono Aleune particol. di strutt. e di innervaz. della cute dell’ ammocoetes branch. 423 molto numerosi: sono grossi fasci, che decorrono obliquamente sotto il derma che attraversano perpendicolarmente. Queste fibre nel- Pepitelio ramificandosi assumono decorso longitudinale ed emanano verticalmente numerose fibre, che si spingono in alto, emanando a loro volta altre diramazioni decorrenti tra cellule. E molto facile osservare, come hanno descritto RETzıus e Fusarı, fibre nervose dal- V’estremo dalle quali partono 3—4 o piu filuzzi terminali a ventaglio a costituire un ciuffetto. Altre volte invece la fibra verso l’estremo si rigonfia alquanto ed al rigonfiamento segue poi un piccolo filuzzo, che non puo essere ulteriormente seguito.. FusAarı dice che sono cosı serrati i fili nervosi fra le cellule da sembrare costituire quasi una membrana. Fra queste fibre, fin qui deseritte, specialmente nel- Vestremita cefalica si vedono altre numerose fibre le quali si spingono piu in alto, che non si arrestano fra le cellule e meritano speciale menzione. Tali fibre attraversano a tutto spessore l’epidermide, giungono allo stato superfieiale delle cellule epiteliali e si spingono nell’ orletto o euticola, della quale le cellule stesse sono proviste. Penetrate in questa zona le delicatissime fibre nervose si comportano in modo alqguanto complicato. Alcune volte i filuzzi ritornano verso l’interno, penetrano di nuovo tra i corpi cellulari ivi terminando; altre volte si ‚dirigono verso la superficie libera e raggiungono l’estremo limite del- Yorlo striato, terminando ove termina questo. L’andamento delle fibre nell’ orlo striato non e rettilineo ma molto tortuoso e le terminazioni alla periferia avvengono con lieve assotigliamento. Le fibre, che penetrano nell’ orlo, e che si spingono fino alla superficie libera, raggiungendo il limite dell’orlo stesso non costituiscono la rara eccezione: esse sono invece molto abbondanti come lo dimostra la figura 1, che & la fedele riproduzione di un frammento di cute dell’ Ammocoetes trattato colla reazione nera. Un altro dettaglio degno di nota si riferisce al complicato modo di comportarsi delle fibre al di sotto dell’ orletto striato fra i corpi cellulari: qui le fibre nervose si intrecciano si anastomizzano a formare una rete, dal quale partono diramazioni che si spingono alla periferia. Tale repert non € molto frequente: piu spesso le fibre vengono direttamente dai tronchi nervosi, decorrenti negli strati profondi dell’ epitelio. Forse ciö e in rapporto piü con reazioni non complete che eol modo eol quale in realta si comportano i nervi: fa eid supporre il diverso re- perto che si ottiene nelle diverse reazioni; aleune volte, come ha descritto FUSARI, le fibre nervose sono cosi fitte da sembrare costituenti Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 29 a24 Giovanni Marenghi, una membrana attorno alle cellule, altre volte, quando le fibre possono essere seguite fino alla superficie, esse non sono cosı abbondanti per numero. Il numero cospicuo di filamenti nervosi che si spingono e si distribuiscono nell’ orletto arrivando fino alla superfieie libera dell’ epi- dermide, non rappresenta l’eccezione ma € espressione di una legge. E ovvia l’osservazione che, lasciando per ora a parte l’interpretazione che puo essere data sulla natura e sul signifiecato dell’ orlo striato, noi ei troviamo davanti alla dimostrata esistenza di vere terminazioni libere: non puo qui essere supposto aleun apparato speeiale termi- nale: qui le fibre terminano liberamente.e A me pare oziosa la questione di eventuali rapporti col corpo cellulare. Se tale questione puo essere sempre ed &e (bench& in aleuni cosi possa dirsi risolta nel senso di penetrazione nel corpo delle cellule) sollevata quando l’estrema terminazione della fibra nervosa si verifica fra due o piu coıpi cellulari, qui non ha piu ragione di essere. Le fibre nervose colle loro ultime terminazioni non solo si spingono nell’ orletto striato, ma raggiungono la superficie libera dove non & possibile supporre aleun complieato rapporto: si tratta in realta di terminazioni libere. Quale possa essere la speciale funzione di queste fibre io non saprei dire. Certo fino ad ora non si erano inseguite fibre nervose nell’ or- letto striato. Col bleu di metilene BETHE (8) nella lingua di rana ho visto fibre nervose spingersi e terminare con un rigonfiamento fino alla base delle cellule, ove cominciano le eiglie; ma qui siamo ancora fra i corpi cellulari nettamente delimitati e puo sorgere ancora il dubbio, se tali rigonfiamenti rappresentino in realtä la terminazione delle fibre. L’osservazione che l’Ammocoetes, rappresentando uno stato lar- vale, puö nella sua struttura offrire particolarita di struttura non definitive ma in via di modificarsi, non toglie valore al fatto: I’ Ammo- coetes vive di vita autonoma e la dimostrata esistenza di quelle speeciali fibre anche se corrispondesse a funzioni transitorie non cambierebbe di signifieato, Accanto alle diverse modalita di terminazioni sensitive sara er aggiungere ora anche questa modalita, che io ho illustrata, e che chiaramente risulta dalla figura 1. ” * ” Oltre questa particolaritä sul modo terminale di ecomportarsi delle fibre nervose, altra particolarita degna di nota puo essere messa in . . » . . .,. » .;\ evidenza in preparati alla reazione nera bene riuseiti: tale particolarita ‚Aleune particol. di strutt. e di innervaz. della cute dell’ ammocoetes branch. 425 si riferisce alle cellule nervose terminali (Sinneszellen, Geschmaäcks- zellen). Che tra gli elementi costitutivi della epidermide dell’ Ammocoetes vi fossero speciali cellule allungate nucleate di natura probabilmente nervosa fu affermato da diversi osservatori. FÖTTINGER (9) nel suo dettagliato lavoro sulla struttura della epidermide dei eiclostomi deserive cellule allungate, nueleate con due prolungamenti, uno peri- ferieo, centrale l’altro che egli con lungo ragionamento induttivo chiama cellule gustative e che cerede diffuse su tutta la superficie del corpo. Che tali cellule siano di natura nervosa lo stesso FÖTTINGER afferma essere pura ipotesi, in quanto che non ha mai potuto osser- vare direttamente la continuita di una fibrilla nervosa col prolunga- mento profondo di tali cellule gustative, non raccolte in ammassi e eireoscritte in determinate regioni come negli animali superiori ma isolate e sparse sulla superficie del corpo. Anche pel PoGOJEFF (3) esistono cellule piccole, allungate con due prolungamenti, a grosso nucleo di natura probabilmente nervosa; neppure POGOJEFF ha potuto vedere la connessione di tali cellule con fibre nervose. Non eredo possano in questo ordine di idee essere considerate le cellule ton- deggianti a grossi granuli rifrangenti, provviste di numerosi prolunga- menti spingentisi profondamente, cellule che il solo SCHULTZE consi- dero di natura nervosa, ma che concordemente tutti gli altri osser- vatori ritennero di natura ghiandolare. Fusarı nelle sue ricerche non accenna ad eventuali rapporti tra fibre nervose e speciali cellule. Nelle figure delle tavole, che corre- dano il lavoro di G. RErzıus, sono colorate in nero cellule, delle quali talune occupano tutto lo spessore dell’ epidermide, aleune altre invece dalla superficie libera si spingono piü 0 meno profondamente. Sono cellule allungate, nucleate. Rerzıus ritiene tali cellule quali Sinnes- zellen o Geschmackszellen: dichiara perö di non avere mai vista la eonnessione con fibre nervose. Quindi, ancora dopo le ricerche di Rerzıus, la natura nervosa di tale categoria di cellule rimane una ipotesi. ; Neanche F. E. Scnurze (11) che aceenna a terminazioni libere nell’ epidermide dei pesci ossei ha visto connessioni di cellule con fibre. Nei miei preparati meglio riuseiti facile € constatare la presenza delle cellule deseritte dal FÖTTINGER e dal Rerzıus. Esse si presentano, colorate in nero, quali elementi allungati, che occupano verticalmente buona parte dello spessore dell’ epidermide Hanno 238 426 Giovanni Marengh un rigonfiamento mediano colorato talvolta meno intensamente e che appare prodotto dalla presenza del nucleo. Questi elementi verso l’esterno raggiungono l’estremita libera spingendosi nell’ orlo striato ed attraversandolo: non ho mai veduto l’estremo di tali cellule provvisto di appendiei eigliari. Profondamente tali elementi terminano a diversa altezza ora con un rigonfiamento tondeggiante ora leggermente e gradatamente appuntiti. Le dimensioni di tali elementi oseillano nelle diverse regioni: vicino all’ apertura delle cavita nasali sono piu tozzi, piüu corti, piu grossi; sono piu sottili piü lunghi nel resto della superficie dell’ estremo cefalico. Verso l’esterno non offrono aleuna partieolaritä, solo che raggiungono il limite periferico dell’ orlo striato; profondamente invece l’estremo di questi elementi si vede continuarsi in una fibra nervosa. Tale continuita con una fibra ner- vosa € fuori discussione quando si osservano quelli tra gli elementi, il cui estremo profondo si assottiglia a poco a poco di modo che il passaggio della cellula nella fibra e di questa in quella e affatto graduale. Tale connessione puo laseiare invece qualche dubbio, e puo essere affermata per analogia soltanto quando l’estremo profondo e ingrossato: in questo caso non si ha Timpressione di una graduale continuazione dell’ estremo della cellula con la fibra, ma piuttosto che la fibra sia come innestata. Le fibre nervose, che si mettono in diretto rapporto con queste cellule, sulla cui natura nervosa, dato il reperto, non vi puo essere dubbio, derivano dai fasei nervosi che decorrono nel derma. Diffieilmente accade di vedere una fibra venire direttamente a mettersi in rapporto con una cellula: piüu generalmente la fibra destinata alla Sinneszelle da delle diramazioni che termi- nano fra le cellule dell’ epitelio. Ma accade non infrequentemente che talune di queste diramazioni assumano l’andamento e terminino colle modalita di quelle, che io ho sopra descritte nello spessore dell’ orletto striato. Le diramazioni cioe raggiungono gli strati piu superficiali dell’ epidermide, penetrano nello spessore dell’ orlo striato per poi terminare nel modo deserittoe. Una stessa fibra nervosa dungue colle sue diramazioni assume rapporti molto diversi legati al suo modo diverso di terminare. Mentre con diramazioni si mette in rapporto con una cellula di significato speciale, con altre termina liberamente alla superficie. La fibra che arriva o parte dalla cellula non e iso- lata, ma assume rapporti molto eomplessi. Una obiezione pero si presenta qui. A sostenere che il neurone ha il proprio prolungamento isolato potrebbe supporsi che le fibrille in connesione colle cellule e quelle terminanti liberamente non fossero Aleune particol. di strutt. e di innervaz. della eute dell’ ammocoetes branch. 427 diramazioni di un unica fibra: che fossero invece fibrille indipendenti, che solo si avvicinassero e procedessero poi verso il centro, insieme ma distinte. Se pero noi consideriamo, che la complessita di rapporti, la quale ne fa escludere la esistenza di vie isolate di trasmissione al cen- tro, si ripete anche alla periferia, e se consideriamo, che le singole fibre in ogni zona del sistema nervoso centrale e qui anche alla peri- feria lungi dal presentarsi quali sempliei ei si manifestano di estrema complieazione rispetto ai loro rapporti, in realta quella obiezione perde assai del suo valore. La affermata e difesa semplicita di raporti nella concezione del neurone appare in rapporto diretto col difetto di me- todo e colla mancata riuseita delle reazioni: piu perfetti sono i metodi, piu riuscite sono le reazioni e piu complessi appaiono i rapporti fra gli elementi centrali e periferici del sistema nervoso. * * Oramai, puo dirsi, esiste una intera letteratura su una parti- eolarita morfologiea messa in evidenza prima dal Gorscı nel 1898 nelle cellule nervose, poi dai suoi allievi VERATTI, PENSA, NEGRI, GE- MELLI ed altri pure nelle cellule nervose ed in altri elementi di diversa derivazione embrionale. La particolarita stessa consiste nella veri- ficata presenza nell’ interno del corpo cellulare di un apparato reti- colare molto complesso, che oceupa gran parte del corpo cellulare, laseiando libera una zona periferica. Questo apparato, che non puo essere interpretato ne di natura nervosa e neppure di natura canali- colare, ma che pare corrisponda ad una speciale struttura della cellu- la, fu messo in evidenza recentemente dal KorscH (12) col mezzo dell’ azione semplice dell’ acido osmico. Che l’apparato endocellulare descritto nelle cellule nervose corrisponda a quello deseritto in altri elementi non vi ha dubbio, solo che l’apparato delle cellule ghiando- lari o delle cellule cartilaginee o delle cellule della porzione ghiando- lare dell’ ipofisi e, in confronto a quello che si puo mettere in evidenza nelle cellule nervose, molto piü semplice. Colla applicazione della reazione nera con quelle lievi modifieazioni, alle quali ho pur accennato da principio, io ho potuto mettere in evidenza l’apparato endocellulare nelle cellule degli strati piü superfieiali della epidermide dell’ Ammocoetes. Sono le cellule piu superfieiali, quelle provviste Gell’ orletto striato, che offrono i migliori reticoli. L’apparato reti- colare molto eomplicato, e piü che una deserizione possono darne una idea le figure contenute nelle figure 2, 3, oceupa il corpo della cellula, lasciando solo libera la zona del nucleo ed una porzione 498 | Giavanni Marenghi, periferica, la quale ha il maggiore spessore verso l’orlo striato. Che Vapparato stesso abbia un rapporto coll’ orlo striato e da eseludere in modo assoluto; anche nei preparati meglio riuseiti l’apparato endo- cellulare termina aleune volte quasi con una linea retta, altre volte meno nettamente, lasciando pero sempre una spazio libero fra il suo limite e la base dell’ orlo striato: in questa zona chiara non si spingono mai i filamenti del reticolo. Anche su sezioni la posizione endocellulare appare .chiara. Tra di esso ed il limite della cellule esiste sempre uno spazio chiaro nel quale non si spingono i fili del reticolo. I fili dell’ apparato cellulare sono talvolta un po’ grosso- lani talvolta finissimi; hanno un andamento molto irregolare, tortuoso e giunti sui confini dell’ apparato si ripiegano tornando nell’ interno, costituendo un intreceio assai complicato.. Non si vedono poi quelle zone di maggior complicazione, quasi ad assumere forma lobulare, che si osservano in talune categorie di cellule nervose di aleuni ani- mali. L’apparato reticolare appare uniformemente distribuito. Non in tutte le cellule l’apparato si presenta cosi complicato ed esteso da oceupare tutto quasi il corpo cellulare, spesse volte ’apparato stesso e ridotto a pochi filamenti semplici e semplicemente intreceiati i quali occupano la porzione profonda della cellula. Questa maggiore sempli- cita dell’ apparato e questa ubicazione non sono dovute a mancata od incompleta reazione: e un fatto legato alla funzione. Il contenuto degli elementi cellulari € talora di protoplasma granuloso uniforme- mente distribuito, tal’ altra il protoplasma & ridotto nella porzione profonda della cellula: il resto del corpo cellulare € occupate da una sostanza mucosa trasparente. E appunto in queste cellule con scarso protoplasma che l’apparato endocellulare appare ridotto e eircoscritto in una limitata zona. In tali easi l’apparato non appare gia stipato quasi si avesse l’impressione che fosse stato schiaeeiato dal prodotto di secrezione; esso € invece molto semplice e sono pochi fili sempli- cemente intreeciati. Si puo eseludere che la sostanza la quale ei appare con questo peculiare aspetto morfologico (retieolo) rappresenti il materiale di secrezione: quando questo materiale & abbondante V’apparato endocellulare & ridotto. Piuttosto ne si presenta quale piu probabile l’idea che l’apparato stesso esprima una modalita di or- ganizzazione cellulare. L’aver trovato l’apparato endocellulare in diverse categorie di elementi, l’averlo trovato in organismi diversi — mammiferi, pesei — e l’aver verificato che nei ciclostomi si presenta con diverse modalita in rapporto al diverso stadio funzionale appog- giano questo modo di vedere. Aleune particol. di strutt. e di innervaz. della cute dell’ ammocoetes branch. 429 Bibliografia. 1. KÖLLIKER, Würzburger naturwissenschaftliche Zeitschrift. 1860. 2. M. ScHULTZE, Die kolbenförmigen Gebilde in der Haut von Petromyzon und ihr Verhalten im polarisierten Licht. Archiv für Anat. u. Phys. 1861. 3. L. PoGoJEFF, Über die feinere Struktur des Geruchsorgans des Neunauges. Arch. f. mikr. Anat. 1883. Bd. XXX1I. 4. C. Vocr et E. Young, Trait& d’anatomie comparee pratique. Paris 189. 5. G. Rerzıus, Die sensibilen Nervenendigungen in der Haut des Petromyzon. Biol. Unters. Neue Folge. IH. 1892. 6. R. FusARI, Presentation de preparations mireroscopiques demonstrant les terminaisons nerveuses dans les musecles stries, dans l’epidermide et dans Vepithelium de la cavit& buccale de l’ammocoetes branchialis. Comptes rendus de l’Association des Anatomistes a Lyon 1%01. 7. GIOVANNI MARENGHI, Contributo alla fina organizzazione della retina. Bol- letino della Societä medica di Pavia 1901. 8. A. BETHE, Die Nervenendigungen im Gaumen und in der Zunge des Fro- sches. Archiv f. mikr. Anat. 18%. 9. A. FÖTTINGER, Recherches sur la structure de l!’epidermide des Cyclostomes. Bulletin de l’Acad&mie Royale des Sciences des lettres ed des beaux- arts de Belgique 1876. 10. CAMIELO GOLGI, Opera omnia. Vol. I. 1905. Milano Hoepli. 11. F. E. SCHULZE, Freie Nervenenden in der Epidermis der Knochenfische. Sitzber. d. k. preuß. Akad. d. Wissensch. zu Berlin 1892. 12. F. Korsch, Die Darstellung des Binnennetzes in spinalen Ganglienzellen und andern Körperzellen mittels Osmiumsäure. Ebenda. 1902. Bd. XL. (Vi sitrova la bibliografia 1898 —19%02 che si riferisce all’ apparato endo- cellulare.) Spiegazione delle figure contenute nella tavola XXIX. Fig. 1. Sezione longitudinale di cute di Armmocoetes branchialıs. Termina- zioni libere nell’ orlo striato e cellula epiteliale coll’ apparato endocellulare completo. E bene evidente la zona chiara fra V’apparato e l’orlo striato. Oe. 4, abb. 1/15 semiap. Koristka. Fig. 2. Sezioni di cute di Ammocoetes - Sinneszellen in connessione con fibre nervose diramazioni e terminazioni nervose libere nell’ orlo striato. a, Se- zione di cute della testa. 5, Sezione di eute in vieinanza dell’ orifizio nasale. De. 4, abb. 1/15 semiap. Koristka. Fig. 3. a, Sezione di cute di Ammocoetes branchialis. Varie forme del- l’apparato endocellulare. db, Sezione trasversa di cute di Ammocoetes. Forme di- verse di apparato endocellulare. Le altre figure (dc) si riferiscono a cellule isolate con apparato endocellulare diversamente sviluppato. Oc. 4, abb. 1/15 semiap. Koristka. Einige histologische Details über Trichoplax adhaerens, Von Gustav Stiasny. (Aus dem zweiten Zoologischen Institut der Universität Wien.) Mit zwei Figuren im Text. Der andauernde Mangel an lebendem Material, sowie der Um- stand, daß ich in der nächsten Zeit durch anderweitige Arbeiten verhindert sein werde, meine Untersuchungen über Trzchoplax adhae- rens fortzusetzen, veranlassen mich zu einem vorläufigen Abschluß derselben und zu einer kurzen Zusammenfassung der bisher gewon- nenen, leider nur geringfügigen Resultate. Ich muß hervorheben, daß meine Beobachtungen nur auf konser- viertem Material beruhen, da trotz eifrigsten Suchens in den See- wasseraquarien des zweiten Zoologischen Instituts in Wien und in der K.K. Zoologischen Station in Triest während eines halben Jahres kein einziges lebendes Tier zu finden war, wodurch meinen Unter- suchungen von vornherein enge Grenzen gezogen wurden!. Literatur: FRANZ EILHARD SCHULZE, Über Trichoplax adhaerens. Abhandlungen der kgl. preuß. Akad. d. Wiss. Berlin. 1831. TAD. GARBOWSKI, Morphogenetische Studien. Jena 1903. Als Grundlage meiner Untersuchungen dienten hauptsächlich Präparate von mit PERENYIscher Flüssigkeit und Osmiumsäure konser- viertem Material, welches nach der HaıpexuArsschen Eisenhäma- toxylinmethode geschwärzt wurde. Anders konserviertes Material 1 Herr Prof. Dr. Pıntxer teilte mir mit, daß auch in den Aquarien des ersten Zoolog. Instituts nur wenige Exemplare zu finden seien. Herr Dr. v. PROVAZER war so freundlich, in Rovigno nach Trickoplax zu suchen, jedoch ohne Erfolg. Einige histologische Details über Trichoplax adhaerens. 431 - erwies sich für histologische Zwecke nicht brauchbar. Schnitte 1—2 u dick. Das Querschnittsbild SCHULZEs und auch die mit ge- ringen Abänderungen nach demselben reproduzierte Ab- bildung GarBowskıs geben den histologischen Bau des Tieres nicht genau wieder. Das SctkuLzesche Bild zeigt zwischen dem ventralen Zylinder- epithel und dem dorsalen Plattenepithel ein ungemein lockeres Parenehymgewebe, in dem die großen Glanzkugeln und die Knollen gleichsam zu schweben scheinen. — GARBOWSKI schreibt auf p. 14: »Das Parenchym ist im ganzen sehr locker gebaut und wird von zahlreichen Spalträumen durchsetzt. Diese interzellularen Spalträume enthalten eine klare, zellenlose und farblose Flüssigkeit, die Leibes- höhlenflüssigkeit.c — Nach meinen Beobachtungen hat die mittlere Schicht gar nicht den Charakter eines Parenchyms und ist auch nieht locker gebaut. Vielmehr stellt dieselbe ein diehtes Zellenlager ohne Spalträume dar; die einzelnen Zellen schließen eng aneinander, ohne Zwischenräume frei zu lassen. Die geschilderten Spalträume halte ich für Kunstprodukte und sind dieselben nur an geschrumpf- tem Material, wie es bei FLEmummG- oder Sublimatkonservierung er- halten wird, zu sehen. Nach meinem Dafürhalten gibt es auch keine hyaline >Leibeshöhlenflüssiskeit< oder »>Grundsubstanz<, denn, da keine Lücken zwischen den Zellen vorhanden sind, ist gar kein Platz für eine soiche. — Das Fehlen derselben ist der eigentliche Grund, warum GARBOWSKI dieselbe histotechnisch nicht für darstellbar er- klärt. — Ich glaube, die Vermutung aussprechen zu dürfen, daß SCHULZE seine Abbildung auf Grund mangelhaft konservierten Mate- rials angefertigt hat. Leider hat SCHULZE nicht angegeben, nach welcher Fixierungsmethode speziell das seiner Zeichnung zu Grunde liegende Präparat behandelt wurde!. Auf Grund von Präparaten, die mit den auf p. 10 angeführten Flüssigkeiten, wie FLEmMMING und Subli- mat konserviert wurden, konnte er kein anderes Bild entwerfen, als er tat. METSCHNIKOFF bestätigt zwar die histologischen Befunde SCHULZEs, doch ist seine diesbezügliche Bemerkung? so allgemein gehalten, daß aus derselben nicht zu entnehmen ist, ob METSCHNIKOFF i SCHULZE schreibt in der Figurenerklärung auf p. 22: Der Zeichnung liegt oO ein feiner Mikrotomschnitt zu Grund. doch sind manche Einzelheiten nach Beob- achtungen an lebenden Tieren ansgeführt. 2 Embryologische Studien an Medusen. Ein Beitrag zur Genealogie der Primitivorgane. Wien 1886. p. 144. 432 Gustav Stiasny, überhaupt Schnittpräparate von Trichoplax angefertigt hat. — Auch auf meinen Sublimat- und Fremmıne-Präparaten habe ich ganz ähn- liche Bilder gesehen, doch geht aus dem Vergleich derselben mit Osmiumsäure- und Perenyı-Präparaten hervor, daß die ersteren Fixierungsmethoden nicht geeignet für Trichoplax sind, indem bei diesen fast ausnahmslos die Epithelien abgehoben und Zellstrukturen überhaupt nicht erkennbar waren. Um so mehr ist es zu verwundern, daß GARBOoWwsKI, der mit allen möglichen Fixierungsmethoden arbeitete (darunter auch Osmium- säure und Prrenyische Flüssigkeit), das Schuuzesche Bild mit nur ganz unwesentlichen Abänderungen reproduzierte. Fig. 1. Querschnitt durch ein Osmiumsäurepräparat.. Mit Benutzung einer Zeichnung von Av. Kasper. In der rechten Hälfte sind die Knollen eingezeichnet, wie sie auf Perenyı-Material aussehen, die linke Hälfte zeigt deren Verhalten auf Osmiumsäurepräparaten. Die Basalkörperchen wurden nach PERENYI-Präpa- raten eingetragen. Öl-Immersion 12. Tubuslänge 170 mm Kompensations-Ocular Nr. 8 von RE. Leitz. Asgescher Zeichenapparat. Wie aus der Abbildung (Fig. 1) zu ersehen, sind die Zellen der mittle- ren Schicht, besonders jene mit den knolligen Einlagerungen, nicht spindelig, wie SCHULZE sagt, sondern haben mehr die Form eines unregelmäßigen Polygons. — Wenn auch die Zellgrenzen nicht über- all genau zu verfolgen sind, so legt doch schon die große Zahl der Kerne den Schluß nahe, daß die mittlere Schicht aus viel mehr Zellen besteht, als man nach der ScHhuLzeschen Abbildung anzunehmen berechtigt wäre. Große Glanzkugeln. Die großen Glanzkugeln sind el Bestandteil des »Parenchyms«, sondern sind stets nur im dorsalen Epithel zu finden. Die sonst ganz flachen Epithelzellen Einige histologische Details über Trichoplax adhaerens. 433 sind, wenn sie eine Glanzkugel eingelagert enthalten, kollossal auf- getrieben und ragen in die mittlere Zellschicht tief hinein. Auch im ventralen Epithel finden wir die Glanzkugeln, jedoch sind die- selben dort viel kleiner. Ich stimme SCHULZE bei, wenn er sagt, daß die Glanzkugeln gegen den Rand zu häufiger sind, konnte aber nicht finden, daß sie dort kleiner werden. — In manchen der Kugeln sah ich körnige Einlagerungen; ich glaube, daß dies die Tropfen sind, die GARBOWSKI gesehen haben will. Sollten die Glanz- kuseln richt eher aufgenommene Nahrung als Exkretionsprodukte sein? Knollen. Der vollständige Mangel lebenden Materials machte mir eine nähere Untersuchung dieser rätselhaften Gebilde unmöglich. Ich möchte nur erwähnen, daß dieselben bei Fixie- rung mit Osmiumsäure jene eigentümliche Segmen- tierung aufwiesen, welche in der linken Hälfte | der Zeichnung (Fig. 1) an mehreren Stellen wieder- segeben wurde. Die Knollen haben dann Spindel- oder Wetzsteinform und zeigen eine Gliederung in ‘© fünf bis sechs Segmente. Von einem Hautmuskelschlauch habe ich auch auf den dünnsten Flachschnitten niemals eine ne Geißelzelle des ventralen Andeutung gesehen. Epithels. Zur Veranschau- Die Zellgrenzen des dorsalen Platten- ar epithels sind auf Schnitten nur an wenigen gün- perwurzel und der Ver- stigen Stellen zu sehen und dürfte die Darstellung Be Öl-Immers.1?. Tubuslänge derselben von GARBOWwsKI in Fig. 10 auf Taf. II 170 mm Kompens.-Ocular eine schematische Ergänzung sein. Besser ist die Ve Abbildung Schurzes (Fig. 11). Das Vorhandensein einer dreischichtigen Cuticula, die GAR- BOWSKI schildert, scheint mir sehr fraglich. Bei PERENYI-Schnitten, welche die Outicula noch am besten zeigen sollen, sah ich über den Basalkörperchen eine Schicht, die ich jedoch für Schleim halte. Jeder Geibel entspricht ein typisches Diplosom. Die Basalkörperchen sind dorsal etwas weiter voneinander entfernt als ventral. Auch dorsal ist das Epithel ein Geißelepithel. SCHULZE schreibt über die Bewimperung nichts genaueres. GAR- BOWSKI erklärt auf p. 6, daß sich besondere den Wimpereinheiten entsprechende Elemente in den Zellen nicht nachweisen lassen und weiter unten: »Hier erkennt man am deutlichsten die Cilien als rein m 434 Gustav Stiasny, cuticulare Fortsätze.< Dr. K. C. SCHNEIDER schildert die Cilien folgendermaßen!: »Die Wimper durchsetzt die äußere Zellmembran und verlängert sich in eine meist rechtwinkelig zu dieser ziehenden Faser.« — Auf geschwärzten PERENYI-Präparaten sind die Basal- körperchen auf der Ventralseite stets sehr deutlich, auf der Dorsal- salseite nur an günstigen Stellen zu sehen. — Wir haben es hier mit typischen Diplosomen zu tun. Dieselben sind von rundlicher Form und liegen dicht an der Oberfläche. Das dem freien Zellrand nähere Körnchen ist etwas größer, das zweite mehr im Innern der Zelle ge- legene etwas kleiner. Beide Körperchen stoßen direkt aneinander. — Deutlich ist die Wimperwurzel zu sehen, die über die Basalkörper- chen hinaus fast bis in die Mitte der Zelle hineinragt und sich dort im Plasma verliert. Dorsal sind die Basalkörperchen etwa um die Hälfte weiter voneinander entfernt als ventral. Dieser Befund steht im Widerspruch zu den bisherigen Schilderungen, nach denen das dorsale Epithel ein Wimperepithel, das ventrale ein Geißelepithel ist. Aus der Lagerung der Basalkörperchen geht jedoch hervor, daß auch das dorsale Epithel ein Geißelepithel ist. — Ob die von SCHULZE bei Versilberung dorsal erhaltene Punktierung (Fig. 12) mit dem Cilienbesatz zusammenhängt, wie dieser Forscher annimmt, also auf die Basalkörperchen zurückzuführen wäre, ist sehr ungewiß, da diese Struktur bei Versilberung auf der Ventralseite nicht sichtbar wurde (Fig. 15). Dagegen weist das in beiden Fällen erhaltene Liniennetz auf Verschlußleisten hin, die ich an den ventralen Zylinderepithel- zellen tatsächlich beobachtet habe. Zum Schluß erlaube ich mir, Herrn Prof. Dr. HATScHEkK für die Überlassung eines Arbeitsplatzes in seinem Institut meinen Dank auszusprechen. Das konservierte Material wurde mir in liberalster Weise von Herrn Priv.-Doz. Dr. K. C. ScHNEIDER zur Verfügung ge- stellt, der mir auch die Benutzung seiner eigenen Schnittpräparate gestattete und mich bei meiner Arbeit durch seinen Rat unterstützte. Ihm, sowie Herrn Priv.-Doz. Dr. H. JosEerH, von dem ich manchen wertvollen technischen Wink erhielt, sage ich an dieser Stelle meinen besten Dank. Wien, im. Juni 1903. i Arb. des Zool. Inst. Wien. Tom IX. 1891. Untersuchungen über die Zelle. Einige histologische Details über Trichoplax adhaerens. 435 Nachtrag. Während eines Aufenthaltes an der K. K. Zoologischen Station in Triest im August bot sich mir durch das plötzliche massenhafte Auftreten von Trichoplax erwünschte Gelegenheit zur Untersuchung des lebenden Tieres. * Indem ich mir eine spätere ausführlichere Besprechung meiner Befunde vorbehalte, möchte ich hier nur einen kurzen Überblick über dieselben geben. Knollen. Die von GARBOWSKI ausgesprochene Vermutung, daß die Knollen Algen seien, ist richtig. Bei Anwendung stärkster Ver- srößerung sind zwei (manchmal auch mehr) zackige, gelbbraune Chromatophoren erkennbar, zwischen denen der Zellkern liegt. Meist sind die Chromatophoren jedoch so stark geschrumpft, daß ihre Kon- turen nicht mehr deutlich zu sehen sind, und erscheinen sie dann knollie. Es sind einzellige Algen; eine sichere Diagnose auf ihre systematische Zugehörigkeit wage ich nicht zu stellen, doch dürften es Diatomaceen, vielleicht auch Phaeophyceen sein. Vereinzelt fand ich neben den Algenknollen im Gewebe des Tieres ganz unversehrte Diatomaceen, wie Synedra, Navicula u. a. Dieser Umstand, sowie das massenhafte Vorkommen der genannten Algen in unmittelbarer - Nähe des Tieres, läßt es ziemlich wahrscheinlich erscheinen, daß die Knollen Diatomaceen sind. Die von SCHULZE beschriebenen lichtbrechenden Körper- chen im ventralen Epithel, deren Vorkommen GARBOWSsKI bestreitet, habe auch ich beobachtet. An denselben ist ein vorderer dunklerer und ein rückwärtiger, stärker lichtbrechender Teil unterscheidbar. Der vordere Teil ist verschieden geformt, manchmal ist er rundlich, manchmal fadenartig ausgezogen, so daß der Vergleich mit Nessel- kapseln naheliegt. Da jedoch der primitive Aufbau des Tieres das Vorhandensein solcher ziemlich unwahrscheinlich macht, dürfte die Annahme richtiger sein, daß diese Körperehen vielleicht ähnliche Gebilde sind, wie sie von MATER bei Bursaria beschrieben wurden. Auf der Ventral- und Dorsalseite beobachtete ich auch die be- reits von SCHULZE in Fig. 12 und 15 abgebildete Punktierung, doch hat dieselbe, glaube ich, nichts mit dem Cilienbesatz zu tun, vielmehr dürfte hier eine Art von Hautporen oder Drüsen vorliegen. Für Vitalfärbungen scheint sich neben Methylenblau am besten 436 Gustav Stiasny, Einige histologische Details über Trichoplax adhaerens. Neutralrot zu eignen. An den intensiv roten Glanzkugeln trat die Färbung besonders an den Polen hervor. Die Alsenknollen bleiben stets ungefärbt. Die Epithelien traten als weiß konturierte Polygone deutlich auf dem Untergrunde des rötlich gefärbten hyalinen Plasma der mittleren Zellenlage hervor. Zur Lösung der noch immer offenen Frage nach der Ent- wicklung dieses Tieres beizutragen, ist mir trotz eifrigsten Be- mühens nicht gelungen. Vielleicht ist jedoch die Mitteilung nicht ohne Interesse, daß ich Exemplare gefunden habe, die möglicher- weise als Entwicklungsstadien anzusprechen wären. Dieselben waren dem histologischen Aufbau nach ganz gleich den normalen Tieren, nur viel kleiner. Ihre Form war in der Daraufsicht brotlaibartig, rundlich; von der Seite betrachtet etwas eingedellt. — Das Auf- fallendste war aber deren Fortbewegung: die Tiere bewegten sich nämlich nicht gleitend oder fließend, sondern planulaartig frei- schwimmend. en Leitern der K. K. Zoologischen Station in Triest spreche ich meinen Dank aus für die Bewilligung eines Arbeitsplatzes, Herrn Dr. v. PROWAZER erlaube ich mir ganz besonders zu danken für die Liebenswürdigkeit, mit der er mir sein vorzügliches Mikroskop zur Benutzung überließ, für das lebhafte Interesse, das er meinen Unter- suchungen entgegenbrachte, sowie für die Überprüfung und Begut- achtung der Befunde. Wien, im September 1903. Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. Von Otto Römer. Mit Tafel XXX—XXXII und 4 Figuren im Text. Die vorliegenden Untersuchungen wurden im zoologischen Labo- ratorium der Heidelberger Universität auf Anregung sowie unter Lei- tung und steter Kontrolle von Herrn Prof. Dr. BÜTscHLi angestellt. Sie bezweckten hauptsächlich, den feineren und feinsten Bau der Elemente einiger Muschelschalen, mit dem sich die Forschung bisher noch wenig befaßte, aufzuklären, so weit es in meinen Kräften stand. Die sröberen Verhältnisse kamen nur beiläufig in Frage. Ehe ich mich zur Darstellung der gewonnenen Resultate wende, bleibt mir die angenehme Pflicht zu erfüllen, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. BürscHLı, für seine Bemühungen, mich bei der Arbeit auf jede Weise zu fördern, meinen herzliehsten Dank aus- zudrücken. Auch Herrn Prof. Dr. SCHUBERG bin ich für mancherlei technische Ratschläge zu Dank verpflichtet; ebenso den Herren Pro- fessoren Dr. CoHEN und Dr. DEECKE in Greifswald. Auf das Geschichtliche der Fragen, die uns beschäftigen sollen, gehe ich hier nicht ein; um so mehr, als vor kurzem STEmPELL (1900) eine sehr umfassende und gründliche kritische Literaturstudie hierüber gegeben hat, die mir auch wegen der in ihr enthaltenen vollständigen Literaturangaben von großem Wert gewesen ist. Ebenso gibt BIEDER- MANN (1901) einen geschichtlichen Abriß der Forschungen über die Molluskenschalen. Einiges über die Methoden der Untersuchung. Um über die Schalenstrukturen ins klare zu kommen, wurden zunächst möglichst dünne Schliffe hergestellt. Aus der Schale wurden mit einer Laubsäge kleine Stückchen herausgesägt und dann deren 438 Otto Römer, eine Seite zunächst auf einem gewöhnlichen Sandsteine eben ge- schliffen. Zum weiteren Schleifen wurde ein feiner Abziehstein ver- wendet und zuletzt eine mattgeschliffene Glasplatte. In den ersten Zeiten machten die Risse und Kritzer, die sich zum Teil durchaus nicht vollständig auf Leder oder Papier wegpolieren lassen wollten, viel Kopfzerbrechen. Es ergab sich jedoch bald, daß sie relativ wenig stören; denn da diese Untersuchungen meist mit sehr starken Vergrößerungen ausgeführt werden müssen, so lassen sich einerseits genügend Stellen finden, an denen solche Kritzer nicht auftreten, andrerseits fallen ihre Einflüsse weg, wenn man die mittleren Partien des Schliffes untersucht. Später wurde die Methode der Dünnschliffe durch ein weiteres Verfahren ergänzt, welches der Zufall kennen lehrte, dessen sich übrigens nach einer Mitteilung von Herrn Dr. STEMPELL schon TH. v. SIEBOLD bedient hat. Dies Verfahren ist viel einfacher im Gebrauch und führt dennoch weiter. Herr stud. RUDOLF LOoESER in Heidelberg hatte nämlich versucht, die Schale einer großen Anodonta durch Einlegen in schwache Kalilauge zu reinigen. Nach einiger Zeit war sie völlig mürbe geworden und ließ sich in kleinste Partikelehen — einzelne Prismen und Perlmutter- blättehen — zerlegen, die der feinsten mikroskopischen Untersuchung zugänglich waren. Allerdings ist diese Methode nicht bei allen Muschel- arten von gleicher Wirksamkeit; Margaritana margaritifera z. B. setzt der Kalilauge einen viel größeren Widerstand entgegen als Anodonta. Es braucht kaum bemerkt zu werden, daß die an solchen Präparaten erhaltenen Resultate an Schliffen und. Fragmenten sorgfältig nach- geprüft und denen gleich gefunden wurden, die ohne Einwirkung von Kalilauge gewonnen waren; womit ein für allemal dem Einwande begegnet werden soll, es könnten an dem untersuchten Material die Mikrostrukturen künstlich durch die Kalilauge hervorgerufen sein. Die organische Substanz der Schale (Conchiolin) wurde sowohl auf Schliffen als an Schnitten durch die entkalkte Schale, zum Teil auch an entkalkten Dünnschliffen, studiert. Zur Entkalkung diente 70P/,iger Alkohol mit einigen Tropfen Salzsäure. Wässerige Salz- säure zu verwenden, ist unzweckmäßig, weil sie einerseits Schimmel- bildung nicht genügend verhütet und andrerseits die Kohlensäure in sehr großen Blasen entweicht, welche die feinen Lamellen des Con- chiolins oft verzerren und zerreißen. Zur Färbung des Conchiolins erwies sich eine alkoholische Dahlialösung recht brauchbar. Die Färbung der sehr dünnen Sehnitte — ihre Dicke betrug 2 u bis höchstens 5 u — muß so stark wie irgend möglich sein, da die Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 439 Strukturen, die hervortreten sollen, außerordentlich fein sind. Zum Einschließen der Schliffe und der kalkigen Schalenelemente diente seschmolzener Kanadabalsam, soweit ich es nicht vorzog, in Wasser oder Luft zu untersuchen. Letzteres Verfahren wurde, wenn es sich um die organische Substanz handelte, fast durchgängig angewandt. Bemerkungen über den gröberen Bau der Muschelschalen. Was wir im folgenden auseinandersetzen, bezieht sich nur auf die wenigen Gattungen, mit denen wir uns beschäftigten; so namentlich auf Anodonta, Margaritana und Meleagrina. Bei andern Muscheln können sich die Verhältnisse in mannigfacher Weise komplizieren. Bei Beschreibung des Baues einer Muschelschale ist es üblich, von drei Lagen zu sprechen, die zusammen die Dicke der Schale aufbauen: einer äußeren Conchiolinlage, einer mittleren Prismenlage und einer inneren Perlmutterlage. Letztere ist selbst wieder aus vielen sehr feinen Schichten zusammengesetzt (vgl. Figg. 13 u. 14). Man kann diese Darstellung zwar nicht gerade als unrichtig be- zeichnen; indessen scheint sie das Wesentliche an der Sache einiger- maßen in den Hintergrund zu drängen. Es läuft nämlich die Schich- tung der Perlmutterlage (Pr) der Grenzfläche zwischen Perlmutter- und Prismenlage nicht etwa parallel, sondern sie durchdringt die letztere (CO); und die Grenzflächen dieser Schichtung durchsetzen weiter- hin auch noch die Prismen- (Pr) und die Conchiolinschicht (s. p. 438 Textfig. 1) und treten auf der Schalenoberfläche als sogenannte An- wachsstreifen zu Tage. Wir können also sagen: Die Muschelschale erscheint zunächst von einem fein lamellären Bau; die Lamellen laufen der Schalenoberfläche nicht parallel, sondern durchsetzen die Dicke der Schale in schiefer Richtung, indem gleichzeitig jede Lamelle paral- lel dem Schalenrand sich erstreckt. Jede derartige Lamelle besteht oberflächlich aus Conchiolin, darunter aus Prismensubstanz, und zu- nächst an der Innenfläche der Schale aus Perlmutter. Die Summen der gleichartigen Teile aller Lamellen bilden die drei zuerst erwähn- ten Lagen: Conchiolinlage (C), Prismenlage (Pr), Perlmutterlage (Pr) (Textfig. 1, p. 438). Die Prismen der Prismenlage stehen meist nicht völlig senkrecht zur Schalenoberfläche, sondern etwas nach dem Schloßrand hin ge- neigt. Die Gestalt der Prismen wechselt bei den einzelnen Arten. Im Querschnitt erscheinen sie polygonal in der mittleren Diekenregion - der Prismenlage; in der äußeren und inneren Region der Prismenlage Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 30 440 | Otto Römer, Jedoch, wo, wie wir noch sehen werden, das Conchiolin gegenüber dem kohlensauren Kalk verhältnismäßig mächtig ist, kann man auch rundliche Prismenquerschnitte beobachten. Dort endlich, wo die äußersten Enden der Prismen in die äußere Conchiolinmembran übergehen, kann man auf Querschliffen den kohlensauren Kalk stern- förmig zerklüftete Figuren in dem Conchiolin bilden sehen. Nicht alle Prismen reichen durch die ganze Dicke der Prismenlage; vielmehr beob- achtet man häufig, namentlich auch an iso- lierten Prismen, daß sie sich an der einen Seite zuspitzen und zwischen andern auskei- len. In der Conchiolinmembran stecken sie teils mit abgerundeten und etwas verschmäler- ten, teils aber auch mit stark verjüngten Enden, die wie aus aufeinander gelegten, immer kleiner werdenden linsenartigen Scheib- chen gebildet erscheinen (Fig. 7). Wir werden auf diesen Befund später zurückkommen. Die Conchiolinlamellen, welche die Muscheischale und speziell die Perimutter durchziehen, sind von zweierlei Art. Es las- sen sich nämlich feinere, weiße und derbere, braune unterscheiden (Figg. 15 u. 14). Letz- tere sind wenig zahlreich und fassen zwischen sich Lagen von dünnen Schichten kohlensau- ren Kalks ein, welch’ letztere ihrerseits wie- der von den feinen, weißen »Häuten«, wie sich v. Vor ausdrückt, geschieden werden. Endlich kann man auf Querschliffen — d.h. solehen, die senkrecht zur Schalenober- fläche vom Schalenrand nach dem Nabel hin geführt sind — in der Perlmutterlage schon bei ziemlich schwacher Vergrößerung zwei Systeme einer eigentümlichen Schraffierung er- kennen, die einander durchkreuzen. Textfig. 1. Die Prismenlage. Wir betrachten zunächst einen möglichst dünnen Querschliff durch die Schale von Margaritana margaritifera L. sp. bei etwa 300facher Vergrößerung. Dabei fallen uns in der Substanz der Prismen, die hier alle der Länge nach getroffen sind, sogleich feine Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 441 Längs- und Querlinien auf, die allenthalben, wenn die Präparate nur dünn genug sind, wiederkehren. Die Längslinien sind meist weniger deutlich als die Querlinien und laufen nicht der Prismenachse paral- lel, sondern konvergieren gegen das äußere Prismenende zu. Dies stimmt völlig mit der von BIEDERMANN (1901, p. 14) mitgeteilten Beobachtung überein. Die Querlinien verlaufen bisweilen ‚nahezu geradlinig, die Prismenachse unter rechten Winkeln schneidend; ge- wöhnlich aber sind sie schwach gekrümmt, so daß sie wie flache Bogen konzentrischer Kreise aufeinander folgen, deren Konkavität stets nach der Außenfläche der Schale gerichtet ist (Fig. 1); endlich verlaufen sie manchmal auch etwas wellig. Die Mehrzahl der unter- suchten Präparate machte den Eindruck, als seien diese Querlinien Bildungen, die nur den peripheren Partien des Prismas, nicht seinem Inneren angehören; denn sie werden undeutlich oder schwinden ganz, wenn man den Tubus auf die axiale Partie der Prismen einstellt. Wir können, wenn wir ein stärkeres Okular aufsetzen, feststellen, daß diese Querlinien durch Aufeinanderfolge von Zonen der Prismen- substanz entstehen, die sich durch verschieden helles Aussehen, d. h. durch etwas verschiedene Lichtbrechung voneinander unterscheiden. Dies tritt bei hoher oder tiefer Einstellung des Tubus gleich deutlich hervor; doch verhalten sich die Helligkeiten der Zonen naturgemäß bei beiden Einstellungen umgekehrt. Zuweilen liegt zwischen zwei solehen Zonen noch eine feine, gleichsam aus dunklen Körnchen zu- _ sammengesetzte Grenzlinie. Daß diese nicht, wie es von MOYNIER DE VILLEPOIXx angenommen wurde, von eingelagerten Pigmentkörn- chen herrührt, wird sich nachher ergeben. Bei Anwendung eines starken Objektivs und eines starken Okulars (12 oder 18), unter gehöriger Regulierung der Beleuchtung, vermag man tiefer in die feine Struktur der Prismen einzudringen. An den Prismen erscheint nun eine feinmaschige Zeichnung, deren Feinheit in den einzelnen Zonen ziemlich stark differiert. Einzelne Zonen erscheinen auch jetzt noch homogen; weil wir aber verschiedene Grade der Feinheit der Maschenstruktur feststellen können, ist die Annahme berechtigt, daß diese scheinbare Homogenität nur die Folge allersrößter Feinheit derselben Struktur ist. Dies netzartige Bild (Fig. 1) kommt so zu stande, daß zwischen den erwähnten, schon bei schwacher Vergrößerung sichtbaren Längs- und Querlinien noch andre, blässere und feinere erscheinen. Da, wo die feinen Längs- und Querlinien sich schneiden, resp. verbunden sind, - treten sehr oft dunkle Punkte hervor, die also als Knotenpunkte der au 442 Otto Römer, Maschen erscheinen, und diese sind offenbar das, was MOYNIER DE VILLEPOIX für Pigmentkörnchenreihen gehalten hat. Die Regelmäßigkeit dieser »netzartigen« Struktur, wie wir sie vorläufig noch nennen wollen, weist verschiedene Grade auf. Manch- mal treten die Strukturen mit der schönsten Deutlichkeit hervor, Zeile über Zeile geordnet; dann folgen wieder Partien, wo sie mehr unregelmäßig angeordnet sind. Kurz, es finden sich mannigfaltige Variationen eines und desselben Grundthemas, die wir hier nicht alle aufzählen können. Von Anodonta wurden nur durch Kalilauge isolierte Prismen untersucht, da hier die Schale wegen ihrer Dünne für Schliffe weniger geeignet ist. Die Prismen von Anodonta sind verhältnismäßig kurz und gedrungen, gegenüber den mehr schlanken und nadelartigen andrer Gattungen (Margaritana, Meleagrina, Pinna). Das äußere Ende pflegt sanft abgerundet zu sein; das andre dagegen spitzt sich oftmals scharf zu. Das abgerundete äußere Ende ist bisweilen braun gefärbt, was von anhaftendem Conchiolin herrühren dürfte. Dieser gefärbte Teil geht manchmal ganz allmählich in den ungefärbten über; manchmal aber ist er scharf gegen letzteren abgesetzt, zuweilen derart, daß eine kleine braune Scheibe sich durch eine scharfe Einschnürung von der ungefärbten Substanz abhebt. Die Umrisse der Prismen sind nicht immer ganz glatt, sondern sie erscheinen wellig, bisweilen auch zackig. Wenn dies nicht eine Wirkung der Kalilauge sein sollte — und ich habe allen Grund, künstliche Veränderungen an diesen Objekten zu bestreiten — so darf man hier wohl an die auf- einandergesetzten Scheiben der Prismen von Margarriana denken und annehmen, daß die welligen Konturen der Anodonia-Prismen auf den gleichen Bauverhältnissen beruhen. | Der feinere Bau dieser Prismen stimmt durchaus mit dem bei Margaritana gefundenen überein. Wir werden bei der Besprechung der Entkalkungs- und Erhitzungsversuche nochmals auf denselben zurückkommen. | Querschliffe durch die Prismenlage von Margarıtana margaritifera liefern verschiedene Bilder, je nach der Höhe, in der sie durch die Prismenlage geführt werden. Trifft der Schliff etwa die Mitte der Prismen, so sehen wir deren Querschnitte als unregelmäßige Polygone von wechselnder Seitenzahl. Die Conchiolinscheide, welche die Pris- men umgibt und voneinander trennt, ist hier recht dünn und kann, obzwar immer vorhanden, an solchen Schliffen manchmal überhaupt nicht erkannt werden. Die Größe der Polygone wechselt sehr stark, Untersuchungen über den feineren. Bau einiger Muschelschalen. A43 was zumeist daher rührt, daß viele Prismen sich zwischen den andern auskeilen. Die kleineren Polygone erscheinen in vielen Fäl- len dunkel, die größeren dagegen meistens hell. Gustav RosE slaubte, daß diese Dunkelheit der kleineren Prismenquerschnitte von Lufterfüllung herrühre, während BIEDERMANN (1901) sie auf eine wirkliche, dunkle Pigmentierung zurückführen möchte. Indessen zei- gen die zugespitzten Enden isolierter Prismen von Margaritana nichts, was auf Pigmentierung schließen ließe; die isolierten Prismen erschei- nen alle gleichartig hell und unpigmentiert. Ferner bleiben, was mit beiden Ansichten unvereinbar ist, die kleineren Querschnitte auch an völlig entkalkten Schliffen dunkel. Offenbar rührt diese Erscheinung von totaler Reflexion des Lichtes an den stark zugespitzten Prismen- enden her, was schon Bürschuı (1901) gegen BIEDERMANNS Ansicht hervorhob. Die Regelmäßigkeit der polygonalen Querschnitte kann zuweilen etwas gestört werden durch Septen und Längswülste, die von der Wand der Conchiolinscheiden radiär in die Prismen hinein vorsprin- gen, was schon BIEDERMANN (1901) beschrieb. Auf die Strukturen, die sich im Inneren der Conchiolinmasse selbst vorfinden, soll hier noch nicht eingegangen werden. Betrachten wir zweitens einen Flächenschliff, der nahe der Grenze zwischen Periostracum und Prismenschicht geführt wurde (Figg. 2, 3, 6), so fällt zunächst die viel größere Mächtigkeit des Conchiolins auf, welches hier immer, als eine von den Kalkteilen sich scharf abhebende Bildung, letztere in dieken Massen von bräunlich gelber Farbe umgibt. Die Prismenquerschnitte sind in dieser Region teils zundlich, teils sternförmig zerklüftet. Die sternförmigen Querschnitte kommen so zu stande, daß vom Conchiolin aus mächtige Längsleisten mit einer gewissen Regelmäßigkeit in den Kalk eindringen (Fig. 6), denselben bis auf eine zentrale, intakt verbleibende Partie vom Rand nach der Achse hin durchsetzend. Flächenschliffe in der Grenzfläche zwischen Perlmutter und Pris- menschieht sind schwierig herzustellen, weil diese Fläche nicht gleich- mäßig gekrümmt, sondern stufig ist. Für die Beurteilung dieser Region der Schale werden wir später den Schnitten durch die ent- kalkte Schale manches entnehmen können. Wenden wir uns nun zu den feineren Strukturverhältnissen, die bei starken Vergrößerungen (Komp.-Ok. 12—18, hom. Imm. 1/12 und 2 mm) auf Querschliffen durch die Prismen sichtbar werden. Es fallen - auch hier zunächst zwei Strukturbesonderheiten auf, die manchmal 444 Otto Römer, beide gleich stark ausgeprägt sind (Fig. 2), von denen aber bis- weilen auch nur die eine vorhanden ist, je nachdem der Schliff die Prismen in der Nähe ihrer äußeren Enden trifft oder nicht; außer- dem aber gibt es noch Querschnitte mit undeutlicher Strukturierung, wie wir ja auch an den Längsschliffen Zonen ohne deutliche Struktur beobachten konnten. Einmal nämlich läßt sich an vielen Polygonen in der Mitte oder nahe derselben in etwas exzentrischer Lage ein Punkt konstatieren, der meistens auch durch sein Lichtbrechungsver- mögen von der Umgebung abweicht. Um diesen Punkt herum ist ein konzentrisches Maschenwerk angeordnet, das zuweilen den ganzen Querschnitt des Prismas durchzieht, manchmal auch nur in der Nähe des Zentrums hervortritt und sich nach der Peripherie in ein unregel- mäßiges Maschenwerk verliert. Vom Zentrum geht auch die zweite Art von Struktur aus, die wir an Querschliffen beobachten können. Sie besteht darin, daß die Maschen in radiären Linien angeordnet sind, und diese schneiden die konzentrischen unter rechten Winkeln. So kommt auch hier wieder eine netzartige Zeichnung zu stande, an deren Deutung wir erst gehen werden, wenn wir genügendes Material zusammengetragen haben werden. Die strahlige Struktur tritt selten so stark hervor, wie die konzentrische. Die konzentrische Struktur ist wohl sicher als das Querschnittsbild der längsfaserigen Struktur der Prismen zu deuten, die in sehr verschiedenem Grad kenntlich sein kann. Die kon- zentrisch-strahlige Struktur dagegen, welche einigermaßen den feinen Strukturen echter Sphärokristalle entspricht, ist nur auf Flächen- schliffen durch die äußeren Prismenenden bemerkbar. Wir werden weiter unten bei Beurteilung der Prismen genauer auf diese Verhält- nisse eingehen. | Auch an den Querschliffen sind verschiedene Grade von Struktur- feinheit festzustellen. Bald erscheint die Struktur relativ grob, bald ist sie mit den stärksten Systemen eben gerade noch wahrnehmbar- Wenn sie manchmal auch an ganz dünnen Stückchen nicht sicht- bar ist, so muß man dies wohl lediglich ihrer allzu großen Feinheit zuschreiben. | Einer besonderen Betrachtung wert sind die feineren Verhält- nisse an den oben erwähnten sternförmig zerklüfteten Prismenguer- schnitten, wie wir sie nahe dem Periostracum erhalten. Es sei noch erwähnt, daß solche in allen möglichen Stadien der Ausbildung auf- treten; geht die Zerklüftung des Kalkkerns durch das Conchiolin ‚ nicht sehr weit, so ergeben sich Querschnitte mit unregelmäßigen Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 445 Konturen und gar nicht oder nur einseitig und unvollkommen aus- seprägter Sternform. An solchen Querschnitten können wir nicht selten wieder ein Zentrum von besonderem Lichtbrechungsvermögen beobachten; um das Zentrum herum sind, meist in unregelmäßiger Weise, wieder die schon oft erwähnten Maschen angeordnet. Dann kommt ein äußerer, wieder aus Maschen gebildeter Rand, der eben- falls in Ansehung: seiner Lichtbrechungsverhältnisse von den inneren Partien des Querschnitts abweicht. Es sei ausdrücklich hervorge- hoben, daß dieser Rand schwerlich etwa von eingedrungenem Kanada- balsam herrühren dürfte; denn es wurde, wie erwähnt, stets nur unverdünnter und überdies noch gesehmolzener, rasch erstarrender Kanadabalsam verwendet. Daß der Rand eine Struktureigentümlich- keit ist, dafür spricht ferner noch die Tatsache, daß er stets aus einer einzigen Maschenreihe besteht. Die Zahl der Maschen auf einem solchen unregelmäßig kontu- rierten Prismenquerschnitt ist naturgemäß kleiner als die auf einem Querschnitt durch die mittlere Region eines Prismas, da ja die un- regelmäßig konturierten Querschnitte den verjüngten äußeren Pris- menenden angehören. An manchen Stellen zählt man nur sieben oder acht, an andern gar nur zwei oder drei Maschen; in letzterem Falle ist offenbar die äußerste Spitze eines Prismas getroffen. Die eben geschilderten Querschnitte sind durch mancherlei Über- gänge mit den sternförmig zerklüfteten verbunden, die wir nunmehr zu betrachten haben. An einem solehen Querschnitt können wir, wie schon erwähnt, eine zentrale Partie unterscheiden, von deren Peripherie die Strahlenteile ausgehen. Es kann vorkommen, daß das Zentrum von dem peripheren Teil völlig abgelöst ist und selbst wieder strahlige Zerklüftungen an seinem Rand zeigt. Die Struktur im Inneren der Zentralteile besteht meist aus einem unregelmäßigen Maschenwerke. Dagegen zeigen die Strahlenteile, wenn nicht immer, so doch in vielen Fällen, die konzentrisch-strahlige Anordnung der Maschen, die wir auch an polygonalen Prismenquerschnitten schon feststellen konnten: ein vom Zentrum, d. h. etwa vom Mittelpunkt des ganzen Querschnitts, ausstrahlendes Radiensystem und eine Schar konzentrischer Kreise mit eben diesem Zentrum als Mittel- punkt. Bisweilen liegen zwei sternförmige Querschnitte so dicht an- einander, daß sie sich gegenseitig abflachen. An den abgeflachten Seiten ist dann die strahlige Randpartie nicht ausgebildet. Auch unregelmäßig konturierte und rundliche Querschnitte können sich so A446 Otto Römer, in ihrer Gestalt beeinflussen. Bei letzteren liegen, falls die konzen- trisch-strahlige Bildung ausgeprägt ist, die Punkte, um welche die Kreise angeordnet sind, an den abgeflachten Rändern beider Quer- schnitte einander gegenüber. Die Kreise sind dann natürlich nicht mehr konzentrisch, sondern sie stehen nach den freien Rändern der Querschnitte hin weiter voneinander ab als nach den sich berühren- den Rändern. Ein solcher einseitig abgeplatteter Prismenquerschnitt ähnelt etwa dem optischen Schnitt durch ein Stärkekorn. Organische Substanz der Schale. Ehe wir zur Betrachtung entkalkter Schliffe übergehen, sollen in Kürze zwei Bestimmungen mitgeteilt werden, die über die Menge der in den Schalen von Margaritana margaritifera enthaltenen or- ganischen Substanz angestellt worden sind. Da die letztere in der Perlmutter in sehr viel feinerer Verteilung auftritt als in der Prismenschicht, so erschien es geboten, bei der Bestimmung beide Schichten nach Möglichkeit voneinander zu trennen. Vom freien Schalenrand wurden also zwei Stücke abgesägt. Das eine wurde mit einer Feile und auf dem Schleifstein einerseits vom Periostracum, andrerseits von der Perlmutter befreit, und aus dem andern wurde auf ähnliche Weise ein Stück reine Perlmutter ge- wonnen. Es ergab sich folgendes: Gewicht von Stück I (= Prismen) + Porzellantiegel 11,8497 g Porzellantiegel - .:». .:..:.. «>... 2.2 220 Same: Gewicht. von Stück I. » #. ...... .. 2 2 22202 Nach der Wägung wurde Stück I mit verdünnter Salzsäure völlig entkalkt, darauf sorgfältig ausgewaschen und etwa sechs Stunden lang bei 100° getrocknet. Jetzt ergab die Wägung 0,0030 & organische Substanz; das sind 1,47 Gewichtsprozent, also außerordentlich wenig. Auf dieselbe Weise wurde Stück II (Perlmutter) behandelt. Hier wurde noch weniger, nämlich 0,64%, organische Substanz gefunden. Es ist natürlich mit solehen Zahlen nicht allzuviel gesagt. Denn hätten wir die Stücke aus der Schalenmitte oder vom Schloßrand genommen, so würden wir wesentlich andre Zahlen erhalten haben. Nur das Eine tun sie dar, daß nämlich sowohl in der Perlmutter wie auch in der Prismenschicht die organische Substanz einen geringen Sruchteil des Gewichts ausmacht. | Entkalkte Flächenschliffe durch die Prismenschicht von Marga- ritana bieten mancherlei Interessantes. Betrachtet man einen solchen Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 447 Sehliff bei schwacher Vergrößerung, so sieht man ein Netzwerk mit meist polygonalen Maschen, deren jede einem Prismenquerschnitt ent- spricht. Daß auch hier die kleineren Polygone vielfach dunkel, die größeren dagegen hell sind, wurde schon oben erwähnt und erklärt. Am interessantesten sind auch hier wieder diejenigen Partien, die in der Nähe des Periostracums gelegen sind. Ist der Schliff nicht zu dünn, so sieht man zunächst sehr gut das Verhalten der im Querschnitt etwa fingerförmig erscheinenden Vorsprünge des Conchio- lins, die vom Rand her radiär ins Innere der Polygone hineinragen. Namentlich erkennt man deutlich, daß diese Vorsprünge die Quer- schnitte von Längsleisten sind, die am äußeren Endteil des Prismas bis zu seiner Spitze hinziehen. Man kann die Kanten dieser Leisten als dunkle Strahlen nach dem Zentrum des Querschnitts, welches natürlich der Prismenspitze entspricht, verfolgen, wenn die ganze Conchiolinkappe, die die Spitze überzieht, erhalten ist (Fig. 6). Man beobachtet an solchen Stellen außerdem noch eine Anzahl von Höfen, die den Mittelpunkt konzentrisch umziehen. Diese Höfe sind bald kreisförmig, bald auch polygonal. Das ganze Bild erinnert stark an die nicht entkalkten Querschliffe aus dieser Gegend, da wir ja in beiden Fällen konzentrische mit radiären Strukturen sich rechtwinkelig schneiden sehen. Die Ähnlichkeit ist mitunter so groß, daß ich am Anfang oftmals glaubte, die Schliffe seien unvollständig entkalkt. Indessen ergab die Untersuchung zwischen gekreuzten Nikols jedes- mal das voliständige Fehlen von Kalk. Auch die Vermutung, es handle sich hier um Abdrücke jener Strukturen der Kalkkerne im Conchiolin, scheint mir nicht wahrscheinlich zu sein. Ich bin viel- mehr zu der Meinung gelangt, daß es sich hier nur um Abgüsse der sanzen Prismenenden handelt, die, wie wir ja oben gesehen haben, sich gegen das Conchiolin hin zuspitzen und häufig aus aufeinander gesetzten, immer kleiner werdenden Scheiben bestehen. Wir fassen demnach die konzentrischen, bald runden, bald polygonalen Höfe als die Abgüsse dieser Scheiben in der Conchiolinsubstanz auf. Die Betrachtung solcher Präparate lehrt auch verstehen, wie BOWERBANK (1844) dazu kommen konnte, die Prismen für Zellen zu halten. Er bildet nämlich solehe Querschliffe ab und deutet an ihnen den innersten Hof — der meistens am schärfsten ausgeprägt ist, weil in der Regel gegen die Spitze hin die Größendifferenzen zwischen den Scheiben bedeutender werden — als Zellkern; ein Irrtum, der bei den damaligen unvollkommenen Hilfsmitteln diesem ausgezeichneten - Beobachter leicht verziehen werden kann. 448 Otto Römer, Manchmal stören sich die Prismenenden gegenseitig in ihren Lagerungsverhältnissen. Dies liegt daran, daß sie sich bisweilen nicht gleichmäßig verjüngen, sondern daß zwischen einer Anzahl von kleineren Scheiben unvermittelt eine viel größere auftritt, die dann seitlich bis in die Kalkmasse des benachbarten Prismas über- greift. Ich habe dies zwar auf Querschliffen nicht sehen können — Stellen, die diesen Bau der Prismenenden zeigten, waren überhaupt nicht häufig, da zu ihrer Deutlichmachung eine außerordentliche, von mir nur sehr selten erreichte Dünne des Schliffs gehört; indessen scheinen gewisse Querschnittsbilder eine andre Deutung als die vor- hin gegebene nicht zuzulassen. Man kann nämlich an solchen Bildern bestimmt sehen, wie ein Querschnitt, d. h. eine Scheibe mit ihrem Rand in den benachbarten Querschnitt eindringt und ihn von der Seite her unterhöhlt, gewissermaßen ausfrißt. Bisweilen kommt es auch vor, daß eine solche Scheibe von zwei Seiten her angefressen wird; sie erscheint dann beim ersten Blick wie von den Rändern her eingerollt. Die Perimuttersubstanz. Betrachtet man die Perlmutterlage auf einem Querschliff durch die Schale von Margaritana margarvtifera, so sieht man bei mäßiger Vergrößerung zunächst etwas, was man geneigt sein könnte für Fasergebilde zu halten (Figg. 8, 10). Die scheinbaren Fasern ver- laufen nicht völlig geradlinig, sondern leicht gewellt, d.h. etwa S- förmig gebogen. Ihre Länge reicht nicht durch die ganze Dicke der Perlmutterlage, sondern es scheinen mehrere übereinander geschichtete Lagen von solchen Fasern von hellerem und dunklerem Aussehen vorhanden zu sein. Diese Lagen sind allerdings nicht scharf von einander abgesetzt; vielmehr erscheinen sie als verwaschene Streifen, ° die von den Fasern schiefwinkelig gekreuzt werden. Die Fasern selbst verlaufen nicht etwa parallel der Achsenrichtung der Prismen- lage, sondern bilden mit ihr spitze Winkel bald im einen, bald im entgegengesetzten Sinne. Indessen pflegen, wenn man nur mäßig große Bezirke ins Auge faßt, die Fasern eines solchen Bezirks allenthalben gleiehgerichtet zu sein. Stellen, wo zwei Scharen sich kreuzender solcher Pseudofasern vorhanden sind, finden sich relativ selten; auch ist an solehen Stellen die eine Faserschar meist schärfer ausgeprägt als die andre. Wesentlich anders wird dieses Bild, wenn wir uns der homo- genen Immersion 2 mm bedienen (Fig. 9 bei *). Dann sieht man, Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 449 daß je zwei solche »Fasern« eine Strecke weit etwa parallel ver- laufen, dann aber (und zwar beiderseits) konvergieren und schließ- lieh zusammentreffen, so daß sie einen an beiden Enden in Spitzen ausgezogenen Streifen zwischen sich einfassen. Die Fasern selbst erscheinen nicht mehr glatt, sondern fein gezackt; und außerdem ist in jedem der erwähnten spindelförmigen Streifen noch eine feine, aber sehr deutliche Querstreifung zu erkennen, die von ziemlich großer Regelmäßigkeit ist (Fig. 9). Offenbar haben wir hier dasselbe Bild, welches EHRENBAUM von Mytlus beschrieb, aber, wie es uns scheint, nicht richtig deutete. In der Tat ist dieser Befund dazu geeignet, zunächst Schwierig- keiten zu machen. Verleitet durch den geschichteten Bau, wie wir ihn an den Prismen gefunden haben, glaubte auch ich anfangs, wie es schon EHRENBAUM erging, die Perlmutterlage sei ebenfalls aus lauter Prismen zusammengesetzt, die nur von denen der eigentlichen Prismenlage unterschieden seien durch geringere Größe und unregel- mäßigere Gestalt. Auch würden in einem solchen spindelförmigen Prisma die Scheibehen, welche dasselbe konstituieren, nicht senkrecht, sondern schiefwinkelig zur Prismenachse stehen. Um Klarheit über diese Verhältnisse zu schaffen, wurden Flächen- schliffe durch die Perlmutterschicht angefertigt. An diesen ist nun nichts wahrzunehmen, was auf eine prismatische Struktur der Perl- mutter schließen ließe; vielmehr findet man lediglich das bestätigt, was schon die älteren Autoren mitteilten. Das ganze Gesichtsfeld wird von scharfzackigen Linien durchzogen, die an einzelnen Stellen auseinanderweichen, an andern zusammenrücken, ohne indessen einander zu schneiden (Fig. 15). Jede solche Linie ist von einem hellen Saum begleitet. Die Flächen der von den Linien eingefaßten Streifen lassen bei sehr starker Vergrößerung (hom. Imm. 2 mm, Komp.-Ok. 18) undeutliche netzige Strukturen erkennen. Die Un- deutlichkeit dürfte indessen von der zu großen Dicke des Schliffs her- rühren. Die Breite der erwähnten Streifen beträgt im Mittel 1,2 u bis 1,6 u. | | Offenbar sind die zackigen Linien nichts andres als die Durch- schnitte der einzelnen Perlmutterschichten mit der Ebene des Schliffs. Kehren wir nunmehr zu den Querschliffen zurück und unter- suchen dieselben bei sehr starker Vergrößerung (hom. Imm. 2 mm, Komp.-Ok. 18), so finden wir in der Tat nichts mehr von einer Zu- sammensetzung aus spindelförmigen Prismenelementen. Vielmehr weist die Perlmutter einen geschichteten Bau auf, der außerdem noch von 450 Otto Römer, schräg verlaufenden Strukturen durchzogen wird (Figg. 11, 12). Die feinen Schichten nämlich liegen nicht glatt aneinander an, sondern sie weichen in regelmäßigen Intervallen auseinander und schließen so kleine, etwa linsenförmige Hohlräume zwischen sich ein (Fig. 11 ). Diese Hohlräume zwischen den übereinander gelagerten Schichten sind auf dem Querschliff in schrägen Reihen untereinander angeordnet. Von den Lückenräumchen scheinen, wenn nicht allenthalben, so doch in sehr vielen Fällen feine, dunkle, spaltartige Linien auszugehen, die die benachbarten Kalklamellen in schiefer Richtung durchsetzen. Auch diese Linien der aufeinander folgenden Schichten sind in schrägen Reihen übereinander angeordnet, so daß ein solches Kon- tinuum von Spalten die Dieke der Perlmutter treppenartig durchsetzt (Figg. 11 u. 12). Die Treppen bilden oft die Grundlagen zu Sprüngen und Rissen, weshalb man wohl zunächst geneigt sein könnte, sie für Kunstprodukte zu halten. Daß sie das aber nicht sind, wird das Verhalten der organischen Substanz lehren, auf das wir weiter unten zu sprechen kommen. Sehr geeignet zum Studium dieser äußerst feinen und einiger- maßen verwickelten Verhältnisse sind Präparate, die man erhält, wenn man einen dünnen Querschliff zwischen zwei Objektträgern zerquetscht (Fig. 12). Der ganze Schliff ist alsdann von zwei solchen Systemen, mitunter nach zwei gleichweit von der Schichtennormalen abweichen- den Richtungen verlaufender, treppenartiger Sprünge durchzogen. Jede Treppenstufe hat meistens die Dicke einer Elementarschicht der Perlmutter, und die Elementarschichten werden durch die Sprünge in viele rechteckige Stücke von etwa gleicher Größe zerlegt. Der sanze zerquetschte Schliff hat, um einen treffenden Vergleich EHREN- BAUMS zu gebrauchen, etwa das Aussehen eines aus Backsteinen auf- geführten Mauerwerks. Es gibt auch Partien in der Perlmutter, deren Bau von dem eben beschriebenen Typus einigermaßen abweicht. Hier finden wir einer- seits auch wieder eine deutlich geschichtete Struktur; doch fehlen die linsenförmigen Räumehen zwischen den Schichten, und auch die Spalten sind nicht wahrzunehmen. Dagegen sind hier die einzelnen Elementarschiehten noch strukturiert; es erscheinen nämlich noch außerordentlich blasse Verbindungsfäden zwischen den Grenzllächen der Schichten. Das Ganze macht dann wieder den Eindruck eines Maschenwerks. Zerquetscht man ein Stückchen Perlmutter von der Fläche her — man arbeitet, wie oben erwähnt, am besten mit Material, das Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 451 einige Zeit in verdünnter Kalilauge gelegen hat — so erhält man lauter kleine, unregelmäßige Polygone (Fig. 16). Diese zeigen bei den stärksten Vergrößerungen einen hellen Saum, der, wie man bei richtiger Beleuchtung feststellen kann, auch hier wieder von einer einzigen Maschenreihe gebildet wird. Im Inneren der Polygone ist öfters ein Zentrum wahrzunehmen, um welches sich ein Maschenwerk in regelmäßiger oder unregelmäßiger Weise gruppiert. Die Polygone der Perlmutter verhalten sich also ähnlich wie die Prismenquer- sehnitte; nur ist alles an ihnen kleiner, feiner und verschwommener als an jenen. Auch sind regelmäßige Strukturen, wenigstens bei der Perlmutter von Margaritana und Anodonta, von dem wir hier zu- nächst reden, weniger häufig als an den Prismenquerschnitten. Über einige physikalische Eigenschaften der Prismen und der Perlmutter. Unsere Untersuchungen haben ergeben, daß die Prismen der seither betrachteten Muschelarten eine sehr schöne und feine Mikro- struktur besitzen, welche, wie wir weiter unten sehen werden, beim Erhitzen der Prismen auf eine gewisse Temperatur noch viel deut- licher hervortritt. Diese Mikrostruktur gehört zur Kategorie der- jenigen, welche BürscaLı (1898) bei vielen organischen und anor- ganischen Substanzen gefunden und als globulitisch-wabige Struktur bezeichnet hat. Ohne hier genauer darauf einzugehen, wie wir uns das Entstehen und Hervorgehen einer solchen Struktur denken können, worüber bei Bürschuı (1898, p. 141 u. p. 382, aber auch 1900) ver- glichen werden möge, bemerken wir nur, daß es sich um eine Struktur handelt, die einer feinen Schaumstruktur sehr ähnlich ist. Sie unter- scheidet sich jedoch von dieser hauptsächlich dadurch, daß die feinen Hohlräumehen oder Alveolen nicht immer ganz voneinander getrennt sind, sondern wenigstens zum Teil Zusammenhänge besitzen, so daß der Charakter der Struktur auch mehr schwammartig werden kann. Die Hohlräumehen können nun entweder ganz regellos angeordnet sein, oder sich, ähnlich wie bei Schaumstrukturen, nach gewissen Rich- tungen hin regelmäßiger ordnen, wodurch die gesamte Struktur einiger- maßen modifizierten Charakter erhält. So finden wir bei den ge- schilderten Prismen, daß die Hohlräumcehen sich einmal in der Längsrichtung der Prismen hintereinander reihen, was die strahlig- faserige Struktur bedingt, sich anderseits aber gleichzeitig in queren, Reihen anordnen, was die feine querstreifige Struktur der Prismen bewirkt. — Diese Querstreifung ist jedoch in der Regel keine gerade, 452 Otto Römer, sondern die zarten Querstreifen sind etwas bogig gekrümmt, wobei die Konkavität der Krümmung stets nach dem äußeren Ende der Prismen schaut. Ebenso ist auch die Längsfaserung oder Strahlung der Prismen der Prismenachse nicht genau parallel, sondern diver- siert schwach von dem äußeren Ende der Prismen gegen das Innere. Diese Mikrostruktur der Prismen ist also, wie es BÜTSCHLI für die Sphäriten nachwies, eine konzentrisch-strahlige Alveolarstruktur, und ein jedes solches Prisma erscheint in seiner Totalität wie ein langes prismatisches Stück, das aus einem großen Sphärokristall längs eines Radius herausgeschnit- ten wurde, in der Weise, wie es die beistehende Textfigur versinn- lieht. — Nach dieser Auffassung, welche Herr Prof. BüTscHLı mir mitteilte, repräsentiert demnach jedes Prisma einen unvollständigen Sphärokristall. Daß diese Sphäro- kristalle der einzelnen Prismen so unvollständig ausgebildet sind, rührt daher, daß gleichzeitig und dicht nebeneinander die Anfänge der einzelnen Prismen oder Sphäro- kristalle gebildet wurden, die bald seitlich aufeinander stießen und sich so gegenseitig in der weite- ren Ausbildung hemmten; nur an ihren inneren Enden vermochten sie einseitig weiter zu wachsen. Diese Auffassung der Prismen steht im Gegensatz zu der BIEDERMANNs, welcher sie als eine Über- einanderschichtung äußerst dünner, scheibenförmiger Sphärokristalle! betrachtet. Gegen letztere Ansicht, welche ja durch das Verhalten der äußeren Prismenenden sehr nahe gelegt wird, spricht einmal der Um- stand, daß auf den Querschliffen der Prismen, die nicht gerade die äußeren Prismenenden treffen, in der Regel nichts oder sehr wenig von konzentrisch-strahliger Struktur zu erkennen ist, während dies i Unter einem scheibenförmigen Sphärokristall oder einer Sphärenscheibe verstehen wir ein Gebilde, das sich verhält wie ein feiner Schnitt durch das Zentrum eines Sphärokristalls. Jede solche Sphärenscheibe muß daher das Zentrum eines Sphärokristalls enthalten. Daß echte Sphärokristalle durch ein- seitiges Auswachsen in langsäulenförmige Gebilde übergehen, die in jeder Be- ziehung den Prismen der Anodonta usw. gleichen, kommt bei Stärkekörnern häufig vor. Auf den Tafeln NÄceLıs (Die Stärkekörner, 1858) sind viele Bei- spiele hierfür zu finden. Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 453 der Fall sein müßte, wenn es sich um eine solche Zusammensetzung aus Sphärenscheiben handelte. Ferner steht mit dieser Ansicht in Wider- spruch das Verhalten der Querschliffe der Prismen zwischen gekreuz- ten Nikols, indem sie hier ein sogenanntes BERTRANDsches dunkles Kreuz zeigen, jedoch nicht das gewöhnliche Kreuz echter Sphäro- kristalle oder Sphärenscheiben. Ein solches BERTRANDsches Kreuz aber müssen sie zeigen, wenn sie den von uns vorausgesetzten Bau besitzen. Wie früher dargelegt wurde, verhalten sich dagegen die äußeren Prismenenden etwas verschieden; sie springen abgerundet in das Periostracum vor und sind häufig aus über- einander getürmten scheibenartigen Körpern auf- gebaut. Diese scheibenartigen Körper zeigen in der Flächenansicht den strahlig-konzentrischen Bau echter Sphärokristalle, und auch dies er- klärt sich nach der vorgetragenen Ansicht sehr einfach. Es handelt sich hier um die ersten Anfänge der Prismen, welche zu einer Zeit auf- traten, als die Kalkabscheidung gegenüber der Conehiolinbildung zurücktrat. Diese ersten An- fänge konnten sich ungehindert zu Sphärokristal- len, resp. Sphärenscheiben ausbilden, indem sie seitlich noch nicht zusammenstießen; sobald sie jedoch bei stärkerer Kalkabscheidung seitlich zu- sammenstießen, konnten sie nur noch in der _ Diekenrichtung der Schale einseitig weiterwach- sen und mußten sich zu Prismen umgestalten, \ wie dies aus dem nebenstehenden Schema deut- Textäg. 3. lich hervorgeht. Insofern jedoch ihr Wachs- tum, auch schon vor dem Zusammenstoßen, wegen der einseitigen Zu- führung des Materials von Innen, einseitig ist, so wird auch dies von Anfang an die Entwicklung säuliger, ganz einseitig ausgewachsener Sphärokristalle, d. h. solcher Prismen, wie sie die Schale aufbauen, befördern. Die hier vorgetragene Auffassung hat weiterhin den Vorzug, daß sie verstehen läßt, wie durch eine geringe Veränderung der Struktur der Prismen von Anodonta und Margaritana solche Prismen entstehen, wie die von Pinna, von denen wir weiter unten noch sprechen werden. Diese Pinna-Prismen zeigen kein Kreuz zwischen gekreuzten Nikols, verhalten sich daher wie einfache, einachsige Kristallprismen. Dies muß aber eintreten, wenn die längsfaserige und querstreifige Struktur 454 Otto Römer, der Anodonta-Prismen genau parallel der Längsachse und senkrecht zu ihr wird, d.h. wenn das Divergieren der Längsfaserung und die konzentrische, bogige Krümmung der Querstreifung verschwindet, was an den Prismen von Pirna: tatsächlich der Fall ist. Diese sind also gewissermaßen übergegangen in Sphärokristallteile mit unend- lich großem Radius. Es scheint daher auch nicht unmöglich, daß die Differenz zwi- schen den Prismen von Pöürna und der der erstgeschilderten Muscheln vielleicht gar keine prinzipielle ist, sondern nur darauf beruht, daß erstere viel länger werden. Denn je länger ein solches Prisma aus- wächst, desto geringer muß auch die Divergenz der Längsfaserung und die Krümmung der Querstreifung werden. Wird aber die Diver- senz der Längsfaserung sehr gering, letztere also der Achse nahezu parallel, so kann ein BERTRANDsches Kreuz nieht mehr auftreten und das Prisma muß sich verhalten wie ein gewöhnlicher Kristall. Natürlich geht aus dieser Auffassung auch hervor, daß die äußere Form der Prismen gar nichts mit eigentlicher Kristallform zu tun hat, sondern, wie schon Bürscauı (1901) bemerkte, das Ergebnis des Zu- sammenstoßens der Sphärokristalle ist, eine Erscheinung, die ja bei Sphärokristallen so häufig beobachtet wird. Für die so dünnen Perlmutterblättchen dagegen scheint es rich- tiger, sie als ganz dünne Sphärenscheibehen aufzufassen, um so mehr, als konzentrische Strukturen an ihnen häufiger beobachtet werden. Auch das optische Verhalten der Prismen und der Perlmutter, das zuletzt von KELLY und BIEDERMANN studiert wurde, und letz- teren Forscher zu ähnlichen Anschauungen über die Prismen führte, wie sie von uns namentlich durch Untersuchung der Strukturen ge- wonnen wurde, spricht durchaus für die sphärokristallinische Natur der Prismen und der Perlmutterblättchen. Meine eigenen Unter- suchungen beschränken sich auf die Betrachtung der Prismen und der Perlmutter zwischen gekreuzten Nikols, mit oder ohne Gips- blättchen erster Ordnung (vgl. Figg. 4, 4a, 5). Auf den Prismen- querschnitten, wenn dieselben nur dünn genug sind, erscheinen zwi- schen gekreuzten Nikols, ohne Anwendung des Gipsblättchens, mehr oder weniger regelmäßige, dunkle Kreuze in der Richtung der Haupt- schnitte der beiden Nikols; jedoch geschieht dies nicht bei genauer Einstellung auf den Querschnitt der Prismen, sondern der Tubus muB bei richtiger Lage des Schliffs, d.h. wenn dessen Außenfläche nach oben gerichtet ist, etwas gehoben werden. Ist ein solcher Prismen- querschnitt bedeutend länger als breit, so treten auch Figuren auf, Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 455 die durch Verschmelzung zweier Kreuze entstanden zu sein scheinen. Vielleicht läßt dies auf die Verwachsung zweier Prismen schließen. Schon ohne Gipsplättchen weisen die Prismenquerschnitte zwi- schen gekreuzten Nikols Farbenerscheinungen auf (Fig. 4). Nahe dem Rand jedes Querschnitts zieht meist ein dunkler Ringsaum hin, dieser ist außen von einem blauen, innen von einem roten und.weiter nach dem Zentrum hin von einem gelben Saum begleitet. Die Farben und ihre Aufeinanderfolge vom Zentrum nach der Peripherie: Gelb, Rot, Dunkel, Blau, sind in allen vier durch das Kreuz erzeug- ten Quadranten dieselben. Die Herren Prof. Dr. CoHEn und Prof. Dr. DEECKE in Greifs- wald, welche so liebenswürdig waren, meine Flächenschliffe durch die Prismenschicht von AMargaritana margarvtifera durchzusehen, machten mich darauf aufmerksam, daß es sich hier nicht um die gewöhnlichen Interferenzkreuze ganzer Sphärokristalle oder Sphären- scheiben, sondern um die sogenannten BERTRANDschen Kreuze han- delt. Diese BERTRAnDschen Kreuze entstehen, wenn man einen tan- sentialen Querschnitt durch einen Sphärokristall einachsiger Natur, der nicht durch das Zentrum geht, zwischen gekreuzten Nikols be- trachtet. Die Erscheinung tritt nur dann deutlich hervor, wenn man den Tubus annähernd auf das Zentrum des Sphäriten einstellt, also in dem gegebenen Fall bedeutend höher oder, wenn der Schliff um- gekehrt liegt, tiefer als die Ebene des Prismenschliffs. Ferner sind die Berrrannschen Kreuze im Gegensatz zu denen zentraler Durch- schnitte von Sphäriten durch das Vorhandensein dunkler Interferenz- ringe gekennzeichnet. (Näheres siehe hierüber z. B. bei RosENnBUscH, Mikroskopische Physiographie der Mineralien und Gesteine. 2. Aufl. 15 eBd- 1, p. 72 ff.) Das Auftreten der BERTRAnDschen Kreuze und nicht der Kreuze zentrischer Sphärokristalle liefert daher eine willkommene Bestätigung unserer oben vorgetragenen Ansicht über den Bau und die Auffassung der Prismen; denn wenn diese richtig ist, so können eben nur BER- TRANDSche Kreuze zu sehen sein. — BIEDERMANN hat ferner schon nachgewiesen, daß im konvergierenden Lichte auch deutlich das Achsenkreuz einachsiger Kristalle an den Prismenquerschnitten zu erhalten ist. Wir können dies gemeinschaftlich mit Herrn Prof. W. SALOMON bestätigen und bemerken hier gleich, daß die parallelfaserigen Prismen von Pinna, von denen später die Rede sein wird, dieses Achsenkreuz besonders schön zeigen. Es ist dies ja zu erwarten, - da von den divergentfaserigen Prismen von Margaritana nur m Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 31 456 Otto Römer, inneren, der Prismenachse nahezu parallelen Fasern die Entstehung des Achsenkreuzes bedingen. Da die äußersten Prismenenden sich nach obiger Darlegung als vollständige kleine Sphärokristalle und Sphärenscheiben erweisen, so ist klar, daß Schliffe durch diese Region auch richtige Kreuze von Sphärokristallen zeigen werden, wie dies auch tatsächlich der Fall ist. ‘Die Untersuchung mit dem Gipsblättchen 1. O. ergibt das nega- tive Verhalten der Kreuze. | Von Anodonta wurden nur Bruchstücke zur Untersuchung ver- wendet. Man findet nicht allzu selten solche, die mehrere Prismen- querschnitte von hinreichender Dünne darbieten. Hier ergab sich im wesentlichen ganz dasselbe Resultat. Die Kreuze sind meist etwas regelmäßiger, die Farbenerscheinungen, wenn sie nicht gänz- lich fehlen, meist lebhafter als bei Margaritana. Was die Perlmutter anlangt, so erscheint es zweifelhaft, ob das von uns Beobachtete allgemeine Gültigkeit hat. So viel ist jedenfalls sicher, daß man an vereinzelten Blättchen und kleinen Komplexen solcher ebenfalls Kreuze erhält (Fig. 19a und 5). Ob es sich nun hier um gewöhnliche oder um BeErRTRANDsche Kreuze handelt, muß leider unentschieden bleiben, da mir das betreffende Präparat, an dem ich allein deutliche Kreuze wahrnehmen konnte, abhanden kam. Das Fehlen der Ringe dürfte für gewöhnliche Kreuze sprechen. Die Untersuchung mit dem Gipsblättchen 1. O. erwies auch hier den nega- tiven Charakter der Kreuze. | Prof. BürscHLıi hat (1901) gefunden, daß die Kalknadeln von Leucandra bei mäßigem Erhitzen weiß und trübe werden, indem durch ihre ganze Masse eine sehr feine alveoläre Struktur auftritt, die sich auf das genaueste an die schon in den nicht erhitzten Nadeln sichtbare Schichtung anschließt. Er urteilt daher, mit Be- rücksichtigung seiner Erfahrungen über das ähnliche Verhalten der Kieselnadeln, daß auch schon in der nicht erhitzten Nadel eine feine Alveolarstruktur vorhanden sei, welche beim Erhitzen sieh vergröbere und so sichtbar werde. Diese Erfahrungen wiesen darauf hin, auch bei den Kalkgebilden der Muschelschalen Erhitzungsversuche anzu- stellen, welehe denn auch sofort ergaben, daß der kohlensaure Kalk der Muschelschalen, und zwar sowohl der der Prismen wie der der Perlmutter, ganz dasselbe Verhalten zeigt. Da nun ferner gelegent- liche Versuche an den Kalkgebilden der Aleyonarien und den Stacheln der Seeigel das gleiche Verhalten des CaCO, dieser Skeletteile kennen lehrten, so scheint es sehr wahrscheinlich, daß den Kalkgebilden Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 457 des tierischen Organismus ganz allgemein diese Eigenschaft zu- kommt!, Man stellt Versuche in dieser Richtung am besten derart an, daß man in einem Platinlöffelehen etwas Jodkalium schmilzt, dann die Prismen oder Perlmutterstückchen in die geschmolzene Masse wirft und, wenn letztere erkaltet ist, das Jodkalium durch Auswaschen mit Wasser entfernt. Hierbei werden die Kalkteilchen auf etwa 634° erhitzt; dies ist der Schmelzpunkt des Jodkalium. Erhitzt man die Schalenteilchen direkt im Platinlöffelehen, so werden sie größten- teils ganz schwarz, undurchsichtig und infolgedessen unbrauchbar für die mikroskopische Untersuchung. Siedet man sie in Paraffin von möglichst hohem Schmelzpunkt, so ist die erreichte Temperatur nur selten genügend, um die gewünschten, gleich zu beschreibenden Veränderungen hervorzubringen. Immerhin liefert die Behandlung mit siedendem Paraffin gelegentlich brauchbare Präparate. Nur darf man es hier nicht unterlassen, das Paraffin mit Xylol recht gründ- lich wieder zu entfernen. Betrachtet man nun ein solchermaßen erhitztes Prisma bei starker Vergrößerung (Komp.-Ok. 18, Imm. 2 mm), so zeigt der erste Blick, daß es viel dunkler ist als früher, und daß seine Strukturver- hältnisse nun ungemein viel deutlicher hervortreten als an nicht er- hitzten Prismen. Das ganze Objekt erscheint nämlich von feinen Hohlräumehen (Alveolen) durchsetzt, die sich hinsichtlich ihrer An- ordnung den oben besprochenen Bauverhältnissen der Prismen an- schließen, indem sie sich gleichzeitig in Quer- und in Längsreihen anordnen, wobei bald die eine, bald die andre Richtung schärfer her- vortritt. Die Hohlräumcehen sind vollkommen scharf konturiert und. erscheinen zunächst wie dunkle Punkte oder Granula (Fig. 19c). Daß sie das aber nicht sind, lehrt ihr leicht nachweisbares optisches Ver- halten; sie sind bei hoher Einstellung sehr dunkel, bei tiefer dage- gen sehr hell, also viel schwächer brechend als die Gerüstsubstanz. Es ist daher nichts andres möglich, als daß diese Hohlräumehen mit Gas erfüllt sind. Auch an Zonen, die vor dem Erhitzen vollkommen strukturlos erschienen, kann man jetzt meist Strukturen wahrnehmen; und es macht den Eindruck, als ob hier die Wände des Gerüstwerks im Verhältnis zu den Hohlräumen stärker seien als in den deutlich i Versuche, welche Herr AWERINZEFF unter Leitung von Prof. BÜTSCHLı mit den Kalkschalen der Rhizopoden anstellte, ergaben ebenfalls, daß beim Er- hitzen dieselbe feine Struktur in den Schalen auftritt (s. Zeitschr. f. wiss. Zool. LXXIV. 1903. p. 478—490). Bi 458 Otto Römer, strukturierten Gebieten. Vielleicht beruht darauf die scheinbare Homogenität dieser Zonen im nicht erhitzten Zustande. Auch an den erhitzten Prismen mit deutlichen Strukturen lassen sich die dunklen und hellen Querbänder noch klar erkennen. Es ergibt sich nach der Verdeutlichung der Struktur noch klarer als an nicht erhitztem Material, daß die Dunkelheit der Querbänder bei tiefer Einstellung auf ihrer feineren Struktur beruht, also auf einem größeren Gehalt an fester, stark lichtbrechender Substanz und einem geringeren Betrag der Hohlräumchen. — Da die Strukturen der erhitzten Prismen beim Einbetten in Kanadabalsam vollständig erhalten bleiben, so folgt hieraus, daß der Balsam nicht ins Innere der Prismen eindringt, also die Hohlräumchen vollkommen gegen außen abgeschlossen sein müssen. Beinahe noch auffallender sind die Veränderungen, die die Perl- mutterblättichen beim Erhitzen erfahren. Hier tritt an Stelle der blassen, verschwommenen Struktur der nicht erhitzten Blättehen eine ganz klare, deutliche Alveolarstruktur hervor. Besonders schön ist an solchen Erhitzungspräparaten die Struktur der Grenzlinien zwischen den Perlmutterpolygonen zu sehen. Diese Grenzlinien sind nicht ein- fach, sondern doppelt; sie heben sich bei tiefer Einstellung als helle Sraifen von den Polygonen ab und werden von einer einzigen Reihe regelmäßiger Räumchen gebildet (Fig. 23). Worauf die geschilderten merkwürdigen Erscheinungen beim Er- hitzen solcher sphärokristallinischen Körper eigentlich beruhen, ver- mögen wir vorerst kaum sicher zu erklären. Jedenfalls lassen die beim Erhitzen aufs deutlichste hervortretenden _Alveolen unsre Ansicht, daß der Bau der Kalkelemente der Muschelschalen ein wabig-globu- litischer ist, als richtig erscheinen. Dies um so mehr, als sich die geschilderte Erscheinung auch an künstlich hergestellten Sphäro- kristallen aufs schönste verfolgen läßt. Meine Versuche hierüber wurden auf Veranlassung von Prof. BürscuLı in folgender Weise angestellt. In ein Reagensröhrchen wurde ein Quantum einer 16°/,igen Lösung von kohlensaurem Kali gegeben; darüber wurde mit einer Kapillar- pipette vorsichtig das gleiche Volumen einer äquivalenten, das heißt 12%/,igen Chlorcaleiumiösung geschichte. Dann wurde das Röhr- chen gut verkorkt und an einem geschützten Orte sich selbst über- lassen. An der Grenze zwischen zwei solchen Lösungen bildet sich natürlich eine Niederschlagsmembran; diese wurde von Zeit zu Zeit mit einem Glasstäbehen vorsichtig durchgestoßen, um die Einwirkung beider Flüssigkeiten aufeinander auch fernerhin zu ermöglichen. Nach etwa acht Tagen wurde die gesamte Flüssigkeit abgesaugt, der Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 459 Niederschlag sorgfältig in Wasser ausgewaschen und getrocknet. Man findet in demselben bei mikroskopischer Untersuchung Sphärokristalle in den verschiedensten Formen und Größen, worauf wir hier nicht näher eingehen wollen. Wir verweisen hinsichtlich des Nähern auf das bereits ceitierte Werk von BürschLı: »Untersuchungen über Strukturen usw.« Erhitzt man nun solch’ künstliche Sphärokristalle in schmelzen- dem Jodkalium, so tritt genau dasselbe ein, wie bei den Prismen und den Perlmutterstückchen. Die ganze Sphäre erscheint, entsprechend dem schon von BürscHLı nachgewiesenen globulitisch-wabigen Bau, durchsetzt von kleinen Vacuolen, die, dem Bau der Sphärokristalle entsprechend, konzentrisch-radiär angeordnet sind und bei hoher Ein- stellung dunkel, bei tiefer dagegen hell erscheinen, also Gas ent- halten. Zerstampft man dagegen einen Kalkspat- oder Aragonitkristall und untersucht dessen in Jodkalium erhitzte Partikelchen unter dem Mikroskop, so ist von einer solchen Vacuolisierung meist nicht das geringste, selten hier und da eine Spur zu sehen. Die nächstliegende Vermutung über die Verdeutlichung der Struktur beim Erhitzen wäre ja wohl die, daß der kohlensaure Kalk der im Organismus vorkommenden Kalkgebilde und der Calcosphä- riten eine besondere Modifikation sei, die schon bei verhältnismäßig schwachem Erhitzen in eine andre überginge, und daß dies der Grund der Veränderung sei. Der Vorgang würde sich dann etwa so auffassen lassen, wie das Auftreten fein alveolärer Strukturen bei der Verwitterung des gewöhnlichen phosphorsauren Natrons usw. nach den Beobachtungen BürscaLıs (1898). Mit dieser Auffassung stimmt jedoch nicht überein, daß an den erhitzten Kalkgebilden nie beson- dere kristallinische Strukturen zu beobachten sind, welche auf eine Umkristallisation hinwiesen. Vielmehr erscheint die Struktur stets genau in dem Rahmen der schon an den unerhitzten sichtbaren Struktur, daher ganz wie eine Verdeutlichung der letzteren. Ferner harmoniert damit vor allem nicht, daß die optischen und sonstigen Eigenschaften der Kalknadeln der Schwämme und des Kalkskeletts der Echino- dermen nach v. EBNERs Untersuchungen (1887) kaum einen Zweifel lassen, dab sie aus Caleit (Kalkspat) bestehen. Nun hat zwar KELLY (1900) zu zeigen versucht, daß sowohl die Prismen gewisser Muschel- schalen als auch ganz allgemein die Perlmutter aus einer besonderen Modifikation des CaCO,, dem Conchit, bestehen, das schon bei 305° in Caleit umgewandelt werde. Da nun aber auch die Kalkgebilde, A6O Otto Römer, welche nach Kerry aus Caleit bestehen sollen (Rhizopodensehalen, Nadeln der Caleispongien, Skelettgebilde der Aleyonarien und Echino- dermen, Prismen von Pirna) nach unsern Erfahrungen beim Erhitzen die gleichen Strukturänderungen zeigen, so scheint uns die Annahme ausgeschlossen, daß die Ursache der Strukturänderung die Umwand- lung von Conchit in Caleit sein könne. Es wird weiterer Unter- suchungen bedürfen, um den Vorgang hinsichtlich seiner en genauer aufzuklären. Der feinere Bau der organischen Schalensubstanz (Conchiolin). Wir betrachten zunächst einen dünnen Schnitt durch ein ent- kalktes Stückchen Schale von Margaritana margaritifera, der senk- recht zur Schalenoberfläche und tangential zu den Anwachsstreifen geführt ist. Ein solcher zeigt bei schwacher Vergrößerung das Periostracum als relativ dicke, bräunlich gefärbte Lage (Fig. 25 90). Unter derselben folgen die der Länge nach getroffenen Wände der Prismenscheiden, die etwa senkrecht zum Periostracum stehen (Fig. 23pm). Zum Teil sind auch Wände der Scheiden von der Fläche zu sehen; namentlich dann, wenn der Schnitt etwas schief ausgefallen ist. Da, wo die Scheiden vom Schnitt getroffen sind, sieht man, daß im Conchiolin Verdiekungen vorhanden sind, diese laufen ringförmig um das ganze Prisma herum nnd erscheinen natür- lich auf dem Schnitt als Knoten. Solche Knoten ziehen bisweilen reihenweise quer durch die ganze Prismenschicht. Die Prfismenlage ist nicht geradlinig, sondern treppenförmig gegen die unter ihr liegende Perlmutterlage abgegrenzt (Fig. 26), d. h. die obersten organischen Lamellen, die die Kalklager der Perlmutter trennen, sieht man nicht die ganze Breite des Schnitts durchziehen, sondern sie überlagern sich etwa wie die Stufen einer Treppe, und entsprechend ist immer das folgende Prisma um eine Stufe länger als das vorhergehende. Die Lamellen der Perlmutterlage sind leicht gewellt und nicht über- all gleichweit voneinander entfernt; letzteres kann indessen wohl durch die Präparation künstlich herbeigeführt worden sein. Ab und zu tritt unter den Durchschnitten dieser zarten Lamellen, die die Hauptmasse der organischen Substanz in der Perlmutter ausmachen, der Durchschnitt einer derben, braunen Conchiolinmembran auf. Untersuchen wir nun zunächst den Querschnitt durchs Peri- ostracum bei starker Vergrößerung (hom. Imm. 2 mm, Komp.-Ok. 18), (Fig. 25). Wir sehen alsdann, daß derselbe eine feine Schichtung parallel dem äußeren Rand zeigt, die an manchen Stellen sehr Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 461 deutlich, an andern weniger deutlich ist. Bei günstiger, d. h. nicht zu starker Beleuchtung kann man mit Sicherheit feststellen, daß diese Streifung daher kommt, daß rundliche, feine Alveolen aneinander und reihenweise übereinander gereiht sind, so daß also auch hier wiederum ein feines Wabenwerk sich findet. Die Anordnung und Größe der Waben ist sehr regelmäßig. Die parallel dem äußeren Rand ziehende Streifung ist dasjenige, was zuerst in die Augen fällt und auch dem im Mikroskopieren weniger Geübten leicht sichtbar wird. Dagegen bedarf es, wenn man nicht zufällig sogleich eine besonders charakteristische Stelle des Präparats ins Gesichtsfeld be- kommt, eines sehr scharfen Zusehens, um auch die senkrecht auf dieser Streifung stehenden, sehr feinen und blassen Verbindungs- linien zu erkennen, die natürlich im optischen Schnitt gesehene Wabenwände sind. Man kommt am leichtesten zum Ziel, wenn man von den dunkleren Stellen der oben erwähnten Streifung ausgeht. Eine solche Stelle scheint durch eine Anzahl besonders deutlicher aufeinanderfolgender Knotenpunkte gebildet zu werden. Geht man von diesen Knotenpunkten aus, so ist es nicht schwer, die auf die Streifung senkrechten feinen Verbindungslinien zu verfolgen. Auf das Periostracum folgen die Conchiolinsepten, welche die Kalkprismen der Prismenschicht voneinander scheiden. Wir wollen zunächst ein Stückchen eines solchen Septums von der Fläche mit sehr starker Vergrößerung betrachten (Fig. 28). Dabei ergibt sich die merkwürdige Tatsache, daß die Septenwände ziemlich genau dieselben feinen Strukturen zeigen, wie die von ihnen umhüllten Kalkprismen. Man sieht aufs allerdeutlichste — namentlich wenn man in dem schwächer brechenden Wasser untersucht, oder unter der Luftpumpe aus Xylol ausgetrocknete Schnitte in Luft, resp. nach Einschluß in geschmolzenen, rasch erhärtenden Kanadabalsam be- trachtet — sehr schön in Quer- und zum Teil auch in Längsreihen angeordnete Alveolenzüge. Daß dieses Bild etwa nur ein Abdruck der Prismenoberfläche in die Masse des umscheidenden Conchiolins sei, ist deshalb nicht wahrscheinlich, weil auf Schliffen durch die Schale von Meleagrina margarvtifera, die zum Vergleich untersucht wurden, ein alveolärer Bau des Conchiolins der Prismenschicht be- stimmt zu erkennen ist. Namentlich sind es hier die ringwulst- artigen Verdickungen der Septen, die von Reihen kleiner Hohlräume durchsetzt erscheinen. Die Hohlräumcehen liegen allerdings nicht ‘immer so dicht beieinander, daß sie sich berühren, so daß also von einem regelrechten Wabenwerk hier nicht gesprochen werden kann. A462 Otto Römer, Jedenfalls aber sind die Prismensepten von Meleagrina nicht homogen; in diesem Punkt stimmen meine Beobachtungen mit denen BIEDER- MANNs und älterer Autoren überein. v. NATHUSIUS-KÖNIGSBORN vertrat die Ansicht — und BIEDER- MANN widerspricht ihm hierin nicht — daß die Kalkprismen von organischer Substanz reichlich durchsetzt seien; die Querscheibehen der Prismen seien durch quergespannte Conchiolinmembranen voneinander getrennt. Schon unsere Entkalkungsversuche an isolierten Prismen, die wir weiter unten mitteilen werden, sprechen gegen diese Ansicht. Auf Schnitten durch die entkalkte Prismenlage ist gleichfalls nicht das geringste von solchen quergespannten Membranen wahrzunehmen, auch wenn die Entkalkung in der vorsichtigsten Weise ausgeführt war. Wohl aber wird hier und da die Prismenlage durch feine, alveolär gebaute Conchiolinmembranen in mehrere Etagen geteilt. Die Grenze zwischen Prismenschicht und Perlmutter wollen wir erst ins Auge fassen, nachdem wir uns über den feineren Bau der organischen Substanz der Perlmutter unterrichtet haben. Bei starker Vergrößerung findet man, daß letztere keineswegs lediglich geschich- tet ist. Vielmehr müssen wir, entgegen der Meinung BIEDERMANNS, EHRENBAUM zustimmen, der bereits angibt, daß die zarten paral- lelen Lamellen vielfach durch aufsteigende Querwände miteinander verbunden sind (Fig. 27). Wir haben oben die treppenartig angeord- neten Spalten erwähnt, die die Kalklamellen der Perlmutter durch- setzen, mit denen die oft auftretenden treppenartigen Sprünge zu- sammenhängen. Auf Querschnitten durch die entkalkte Schale finden wir, genau mit jenem Ergebnis übereinstimmend, feine Verbindungs- lamellen zwischen den geschichteten Conchiolinlamellen der Perl- mutter, und diese Verbindungslamellen (s) sind ebenfalls so ange- ordnet, daß die benachbarten der aufeinander folgenden Schichten eine Treppenlinie bilden. Da, wo die Verbindungslamellen mit den Schichtlamellen sich verbinden, finden sich meist sehr deutliche, dunkle Knotenpunkte. Außer den treppenartig angeordneten und wegen der starken Färbung auch ziemlich deutlichen Verbindungslamellen gibt es noch weitere, sehr blasse, die den von zwei Conchiolinlamellen- querschnitten eingefaßten Streifen in regelmäßige Fächer teilen. Daß diese blassen Lamellen hier und da in größeren Bezirken zu fehlen scheinen, kann sehr wohl daher rühren, daß sie beim Entkalken von den entweichenden Kohlensäureblasen zerrissen und unkenntlich ge- macht worden sind. Hiernach scheint es, als ob die organische Grundsubstanz der Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 463 Perlmutter einen nicht rein lamellären, sondern gleichzeitig auch ge- kammerten Bau zeige. In den einzelnen Kammern ist dann der kohlensaure Kalk in Form der Perlmutterblättchen eingeschlossen. Über die Verhältnisse auf der Grenze zwischen Prismenlage und Perlmutter gelang es mir nicht, völlige Klarheit zu erhalten. Nach dem, was ich gesehen, scheinen die Prismen allmählich in.die La- mellen der Perlmutter überzugehen, d. h. nicht mit scharf umschrie- benen Enden in die Perlmutter eingepflanzt zu sein. In den ge- schiehteten Conchiolinlamellen der Perlmutter sieht man in einer gewissen Tiefe unter der eigentlichen Prismenlage knötchenartige Verdiekungen auftreten. Diese Verdiekungen vereinigen sich weiter nach der Prismenlage hin zu Zeilen von verschiedener Richtung und . schließlich zu einem unregelmäßigen Gitterwerk. Je mehr man sich der Prismenlage nähert, desto mehr nimmt dieses Gitterwerk an Regelmäßigkeit zu; und schließlich geht es, indem seine Maschen sich dichter und dichter zusammendrängen, in die Wände der Pris- menscheiden über. An solchen Stellen mag wohl eine innigere Durch- setzung des Kalks und der organischen Materie stattfinden als anders wo in der Muschelschale. Die Frage, ob die Kalkprismen reichlich von organischer Sub- stanz durchsetzt seien, oder ob sie im wesentlichen nur aus kohlen- saurem Kalk bestehen, versuchten wir auch noch durch vorsichtige Entkalkung isolierter Prismen zu beantworten. Dabei wurden Pris- men unter dem Deckglas mit 2°/,, Salzsäure, der zuweilen auch noch eine Spur Methylenblau zugesetzt war, behandelt und der Vor- gang unter dem Mikroskop verfolgt. Wenn die verdünnte Salzsäure einige Zeit eingewirkt hat, so beginnt sich die Conchiolinscheide von dem Kalkprisma abzuheben. Die Konturen des Prismas erscheinen nun nicht mehr glatt, sondern wellig; dies rührt offenbar daher, daß, wie wir fanden, im Prisma dichtere mit weniger dichten Querzonen alternieren. Die dichteren aber werden von der Salzsäure langsamer angegriffen als die weniger dichten. Schließlich verbleibt an Stelle des Kalkprismas ein ganz geringer, schattenhafter Rückstand. Ich neige indessen nicht dazu, diesen für organische Substanz zu halten. Denn Partikelehen von Kalkspat oder Aragonit lösen sich, wie auch schon BürscHhLı bei Gelegenheit seiner Studien über die Kalknadeln von Leucandra für Caleit mit- teilte, ebenfalls nicht spurlos in Salzsäure auf, sondern hinterlassen eben solche geringfügige Reste. Es darf daher als sicher betrachtet werden, daß im großen und A464 Otto Römer, ganzen in der Muschelschale der kohlensaure Kalk und die organische Substanz hinsichtlich ihrer räumlichen Anordnung scharf voneinander getrennt sind. Bemerkungen über uie chemische Natur der organischen Schalensubstanz. Im folgenden soll über einige Versuche berichtet werden, die zur Nachprüfung der von älteren Autoren vorgetragenen Ansichten über die Natur der organischen Schalensubstanz angestellt wurden. Von Kosr war behauptet worden, die Substanz stimme mit dem Chitin überein; dagegen gelangte Fr&my zu dem Resultat, es handle sich hier um ein Albuminoid, das außer in den Muschelschalen noch in den Hornachsen mancher Cölenteraten und in den Eischalen gewisser Mollusken sich finde. Für letztere wollte später KRUREN- BERG gefunden haben, daß nur gewisse Stellen der Schale eine deut- liche Reaktion mit MiLLons Reagens gäben. Zunächst möge die Darstellung unsrer Versuche an der Muschel- schalensubstanz folgen. Einige Schalen von Anodonia wurden in einem Mörser zerstampft und dann mit verdünnter Salzsäure so lange behandelt, bis die Gasentwicklung aufhörte. Dann wurde der Rück- ‘stand bis zum Schwinden der sauren Reaktion ausgewaschen, weiter mit 2%/,iger Natronlauge längere Zeit bis zum Sieden erhitzt. Dabei löste sich sehr viel von der Masse mit dunkelbrauner Farbe auf. Die mikroskopische Untersuchung der Überbleibsel ergab, daß nur noch ganz vereinzelte geformte Stückehen vorhanden waren, und es liest die Annahme nahe, daß auch diese bei längerer Ewa der Natronlauge sich noch gelöst haben würden. Ebenso verhält sich auch das Conchiolin von Margaritana gegen Natronlauge. Diese geringe Widerstandsfähigkeit der organischen Sehalensub- stanz gegen schwache Natronlauge spricht zunächst entschieden gegen die Behauptung, daß hier Chitin vorliege. Denn dieses — bekannt- lich kein Eiweißkörper, sondern ein stickstoffhaltiges Derivat eines Kohlehydrats — ist gerade durch seine Unlöslichkeit in Kali- und Natronlauge ausgezeichnet. Die organische Substanz der Schale ist nicht einheitlich. Viel- mehr wechseln derbere, braune Lamellen mit zarten weißen ab; die chemische Differenz dieser Lamellen ist schon früher — namentlich von v. Vorr — konstatiert worden. Uns kam es hier weniger auf diesen Punkt an, sondern im Wesentlichen auf die Beantwortung der Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. A465 Frage, ob sich beide Bestandteile der organischen Schalensubstanz wie Eiweißkörper verhalten oder nicht. Es wurden nun Schalen von Margaritana margaritifera unzer- kleinert längere Zeit mit Salzsäure behandelt, bis sie völlig entkalkt waren. Man kann sie alsdann auseinanderblättern und weiße und braune Häute für sich gewinnen. Die weißen Häute, die lediglich der Perlmutter angehören, geben erstens sehr deutlich die Xanthoproteinreaktion; d. h. sie färben sich, mit Salpetersäure erhitzt, gelb. Setzt man jetzt Ammoniak zu, so schlägt die Gelbfärbung in ein dunkles Orange um. — Zweitens läßt sich leicht die Mırzoxsche Reaktion erzielen. Man erhitzt ein Stück- chen der Substanz mit einer Lösung von Merkurinitrat ((NO;),»Hg|, welche Spuren von Nitrit enthalten muß, und die man mit verdünnter Essigsäure ansäuert. Das Reagens darf nicht im Überschusse zugesetzt werden, da sonst das Nitrit die auftretende charakteristische Farbe wieder zerstört. Diese sehr wertvolle Eiweißprobe lieferte, wie ge- sagt, hier ein durchaus unzweideutiges, positives Resultat, indem die Substanz die charakteristische Rotfärbung annahm. Wenn man sehr umsichtig verfährt, so erhält man mit den weißen Häuten auch die Biuret-Reaktion. Im Reagenzröhrchen wollte uns dieselbe nie gelingen. Schließlich tränkte ich auf Anraten von Herrn Prof. BürscaLı ein Stückchen Substanz mit Kupfersulfat, brachte es auf den Deckel eines Porzellantiegels und setzte dann mit einem Glasstäbehen vorsichtig Natronlauge zu. Dabei trat deutliche Violett- _färbung auf. Ferner wurde ein Stückchen der weißen Lamellensubstanz mit einem Tropfen roher Salzsäure auf dem Porzellandeckel erwärmt. Es trat eine schmutzig violette Färbung auf, und diese spricht eben- falls für die albuminoide Natur des Conchiolins. Allerdings ist diese Reaktion die am wenigsten zuverlässige von allen, die von uns an- gestellt worden sind. Mit den braunen Häuten, welche nach einer Angabe v. Vorts eisenhaltig sind, konnte eine Berlinerblaureaktion nicht erzielt werden. Diese braunen Häute geben sehr stark die Xanthoprotein- und die Miwvoxsche Reaktion, dagegen nicht die Biuret-Reaktion. Letzteres mag indessen wohl von der starken Eigenfärbung der Häute herrühren. Diese Versuche bestätigen also durchaus die Ansicht, daß es sich hier um Stoffe handelt, die zu den Albuminoiden gehören. Was die Kokonhüllen der Mollusken anlangt, so haben mir die einer Buceinum-Art und einer Nassa (oder Purpura?) zur Verfügung 465 Otto Römer, gestanden. Auch ‘diese zeigten sich gegen Kalilauge sehr wenig widerstandsfähig. Eihüllen von Nassa, mit 10°/,iger Kalilauge bei ca. 40° behandelt, lösten sich fast völlig auf. Daher habe ich die Hüllen späterhin, um sie von etwa anhaftenden fremden Eiweiß- körpern zu befreien, für mehrere Stunden mit nur etwa 5%/,iger Kalilauge in der Kälte behandelt. Sie wurden alsdann sorgfältig ausgewaschen. Erwärmt man eine auf diese Weise gereinigte un- verletzte Hülle von Nassa mit Mıtnonschem Reagens, so tritt in der Tat, wie es KRUKENBERG beschreibt, an den Polen der Schale, d. h. einerseits da, wo sie an der Unterlage festgeheftet war, starke Rotfärbung auf, während das übrige bei nicht genauer Untersuchung ungefärbt erscheint. Allein unter der Lupe sieht man, daß auch dieses die charakteristische Farbe zeigt; sie ist nur weniger intensiv, weil die Hülle in diesen Partien sehr dünnwandig und durchschei- nend ist. KRUKENBERGS Ansicht also, daß die Pole von andrer che- mischer Beschaffenheit seien als die übrige Hülle, erfährt durch unsre Beobachtungen keine Stütze. Die Hüllen von Nassa geben ferner auch starke Xanthoprotein- und Biuret-Reaktion. Die Hüllen von buceinum gaben merkwürdigerweise nicht die Mırronsche und Xanthoproteinreaktion, dagegen sehr deutlich die Biuret-Reaktion. Indessen ist es wohl möglich, daß andre, die im Anstellen von Eiweißreaktionen geschickter sind als ich, in diesem Punkt zu andern Resultaten gelangen 1. Endlich noch ein paar Worte über das Verhalten der Horn- achsen von Octokorallen, die ich zum Vergleich heranzog. Für die Untersuchung standen zwei Arten zu Gebote, nämlich Gorgonella sarmentosa und Rhipidiglossa flabellum. Die Hornachsen wurden mit 100/,iger Kalilauge bei 40° behandelt; sie zerfielen dabei in einzelne Lamellen. Solche Lamellen geben starke MıLronsche und Xantho- proteinreaktion. Daß die übrigen Reaktionen ausblieben, dürfte wieder- um mit der starken Eigenfärbung der Substanz zusammenhängen. Auch hier können wir also mit Sicherheit auf ein Albuminoid schließen. Ob dasselbe mit dem Conchiolin wirklich identisch ist, mag dahingestellt bleiben. Die Nachprüfung zur Entscheidung dieser Frage würde eingehendere chemische Untersuchungen erfordern, als sie der Rahmen dieser Abhandlung zuläßt. ı Vgl. die nach Abfassung meiner Arbeit erschienene Dissertation von A. REICHARD: »Über Cutieular- und Gerüstsubstanzen bei wirbellosen Tieren. Frankfurt a/M. 1902. Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 467 Das äußere Mantelepithel von Margaritana margaritifera. Über den Mantel von Margaritana margaritifera habe ich nur einige wenige Beobachtungen mitzuteilen. Es wurde nach verschie- denen Methoden konserviertes Material untersucht. Als Konservie- rungsflüssigkeiten dienten 1) Sublimat, 2) Pikrinsäure mit Zusatz von etwas Osmiumsäure; 3) Alkohol. Nr. 1 erwies sich als am geeignet- sten. Gefärbt wurde mit Hämatoxylin. Sehr brauchbare Präparate, namentlich für Flächenbilder, erhält man durch Versilberung. Der Mantel einer Muschel besteht bekanntlich aus zwei Epithel- lagen, einer nach der Schale und einer nach dem Körper hin ge- wendeten; beide Lagen werden durch eine Zwischenmasse von Binde- gewebe getrennt. Es gelingt an fixiertem Material meist sehr leicht, beide Lagen voneinander zu trennen und von dem anhaftenden Bindegewebe wesentlich zu befreien. Man kann dann die der Schale zugewendete Epithelschicht — denn nur auf diese kommt es uns hier an — bequem im Flächenbild untersuchen. Auch Schnitte wurden zur Vergleichung mit den Flächenbildern herangezogen. Die der Schale zugekehrte Mantelfläche zeigt nun folgendes mikroskopische Bild (Fig. 17). Mäandrisch ineinandergebogene unregel- . mäßig gestaltete Epithelzellen setzen sich zu einer Mosaik zusammen, in der hier und da größere, runde, dunkle Körper (D) zerstreut liegen. Letztere zeigen in der Mitte je einen scharf umrandeten, hellen Fleck; um denselben herum werden die Körper D von den mäandrischen Zellen zum Teil überlagert. Diese rundlichen Körper sind offenbar Drüsenzellen, und die hellen Flecke ihre Ausführungsporen. Das Innere der mäandrischen Zellen besteht aus einer bei mäßiger Vergrößerung granulös erscheinenden Protoplasmamasse. Der Zellkern liegt selten in der Mitte, vielmehr meist in einer peri- pheren Ausbuchtung der Zelle. Stellt man nicht genau auf die Ober- fläche des Epithels ein, sondern etwas tiefer, so sieht man zwischen den mäandrischen Zellen ziemlich breite Zwischenräume, so daß die Zellgrenzen als weit auseinanderliegende Doppellinien erscheinen. (Siehe Fig. 17.) Stellt man den Tubus aber genau auf die Ober- fläche ein, so werden die Zellgrenzen zu einfachen, feinen, scharfen Linien, wie man namentlich an den versilberten Präparaten sehr schön sehen kann. Die Schnitte durch das Mantelepithel bestätigen und erklären das Flächenbild. Hier sieht man (vgl. Textfig. 4), daß die Epithelzellen einander an den äußeren und inneren Enden berühren, ‚während ihre mittleren Teile auseinanderweichen und ziemlich weite 468 Otto Römer, täume zwischen sich lassen. An der der Schale zugewendeten Seite weist das Epithel einen sehr deutlichen Alveolarsaum auf. Die Kerne liegen ungefähr in der Mitte der Höhe der Epithelzellen; das Proto- plasma ist fein längsfaserig. Die einzelligen Drüsen sind große, becherförmige Gebilde mit körnigem Inhalt; nieht selten bemerkt man Schleimpfröpfe aus den Zellen austreten. Da, wo eine Drüsen- zelle liegt, findet sich ge- wöhnlich eine Einsenkung der äußeren Epithelgrenze. Für uns sind die eben beschriebenen Verhältnisse insofern wichtig, als aus ihnen hervorgeht, daß we- Sf der die polygonale Felde- A rung der Perlmutter noch Meines, auch die polygonalen Quer- schnitte der Prismen etwa den Umrissen der sie erzeugenden Epithelzellen entsprechen können. Immerhin aber ist es sehr wohl denkbar und soll durchaus nicht be- stritten werden, daß gewisse Reliefzeichnungen, wie sie auf der inneren Schalenfläche an der Perlmutter beobachtet worden sind, als Abdrücke der Enden der Epithelzellen aufgefaßt werden können. Über den feineren Bau einiger andrer Muschelschalen. Es soll im folgenden noch kurz über einige Beobachtungen an den Schalen von Meleagrina (Avicula) margaritifera L., der Seeperl- muschel, und an denen von Pinna pechmata L. berichtet werden. Im Prinzip stimmt der Bau dieser Schalen mit dem der oben betrachteten völlig überein. Bei Meleagrina, deren Schalen sehr dick sind, ist die Perlmutterschicht ganz besonders mächtig; bei Pinna besteht im Gegenteil fast die ganze Schale aus Prismen, es findet sich nur eine sehr dünne Lage von Perlmutter. Die Prismen von Meleagrina sind in ihren Umrissen etwas eckiger und scharf- kantiger als die von Anodonta und Margaritana. Vielfach sind sie von eigentümlich geschlängelten Kanälen durchsetzt, etwa wie Stücke Holz, in denen Insektenlarven gebohrt haben. Die Kanäle rühren nach manchen Autoren von in der Schale parasitierenden Pilzen her. Die feinere Struktur der Prismen verhält sich ganz genau so, wie bei den andern von mir untersuchten Formen. Nach dem Erhitzen in Jodkalium tritt sie mit einer ganz außerordentlichen Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 469 Deutlichkeit hervor. Manchmal erscheint dann auch das ganze Prisma opak dunkel, d.h. wenn es relativ dick und durch und durch von den gaserfüllten Alveolen durchsetzt ist. Bisweilen sind an den er- hitzten Prismen eine Anzahl von Alveolen zu einem größeren, un- regelmäßig gestalteten Hohlräumchen vereinigt. Auf Querbrüchen der Prismen sind Zentren von abweichender Lichtbrechung, ferner auch konzentrische Höfe und strahlige Bildungen bisweilen zu erkennen. Auch die Perlmutter stimmt mit der der übrigen Arten völlig überein, so daß ich den Leser nur mit Wiederholungen ermüden würde, wollte ich dieselbe hier nochmals im einzelnen beschreiben. Zwischen gekreuzten Nikols erscheinen an Querschliffen durch die Schale einige der längsgetroffenen Prismen hell, andre zwischen diesen befindliche dagegen mehr oder weniger dunkel. An Flächen- schliffen ergibt sich das Entsprechende: einige polygonale Felder sind hell, andre dunkel. Dunkle Kreuze der Prismenquerschnitte waren indessen hier nicht nachzuweisen. Die Prismen verhalten sich nach dem Gesagten etwa wie verschieden orientierte Kristalle. Erwähnenswert sind noch die eigentümlichen geradlinigen Streifun- sen vieler Prismen, die sowohl an Querschliffen als auch an Flächen- schliffen der Schale auftreten, und die wohl als mehr oder weniger stark ausgebildete feine Sprünge aufzufassen sind. Ich habe dieselben in der Art untersucht, daß ich sie zunächst mit dem Zeichenapparate sorgfältig aufnahm und dann mit einem Transporteur die Winkel, die sie miteinander bildeten, einer möglichst genauen Messung unterzog. An den Längsschliffen durch die Prismen lassen sich dreierlei Rich- tungen dieser Sprünge unterscheiden. Die eine von ihnen läuft un- sefähr — manchmal genau — parallel der Prismenachse, d. h. sie schneidet dieselbe höchstens unter einem sehr spitzen Winkel; die beiden andern sind stärker gegen die Prismenachse geneigt. Irgend eine Konstanz der von den Sprungrichtungen gebildeten Winkel ließ sich jedoch nicht nachweisen. Die Prismen von Pinna pecthmata verhalten sich im ganzen eben so, wie die der übrigen von mir untersuchten Arten. Nur in dem Punkt, dessen wir auch bei der Besprechung der Prismen von Meleagrina gedacht, weichen sie ab. Untersucht man nämlich Quer- brüche oder Querschliffe von Pinna-Prismen zwischen gekreuzten Nikols, so bekommt man nie ein dunkles Kreuz zu sehen. Dieselbe Beobachtung hat schon BIEDERMANN in seiner zitierten Arbeit ge- macht. Daß dies abweichende optische Verhalten der Pinna-Prismen unsrer Ansicht nach auf einer Strukturbesonderheit beruht, wurde ATO Otto Römer, schon oben (p. 451) angedeutet. Diese Strukturbesonderheit besteht darin, daß die Längsfaserung nicht, wie bei Anodonta und Margaritana, gegen die Prismenachse konvergiert, sondern derselben parallel ver- läuft, und daß die Querstruktur nicht bogig gekrümmt ist, sondern die Längsstruktur geradlinig unter 90° schneidet. — Erhitzungsversuche geben hier dieselben Resultate wie bei den übrigen Arten. Einiges Interessante läßt sich an der Perlmutter von Pinna fest- stellen. Während dieselbe nämlich sich an vielen Stellen durchaus so verhält, wie wir sie für Margaritana und Anodonta beschrieben haben, bietet sie hin und wieder ein davon ganz abweichendes Bild dar, indem regelmäßig sechsseitige Kristalltafeln ausgebildet sind (Fig. 18). Das Zentrum einer solchen Tafel ist auch hier sehr oft durch abweichende Lichtbreehung ausgezeichnet. Beobachtungen an den Kalkkörperehen von Alcyonium palmatum. An den Kalkkörperchen von Alcyonium palmatum habe ich einige Untersuchungen angestellt, um zu prüfen, ob sie sich beim Erhitzen wie der kohlensaure Kalk der Muschelschalen verhalten. Ein solches Kalkkörperehen hat, wenn es wohl ausgebildet ist, die Grundform einer Spindel, die mit einer Anzahl wirtelig um die Längs- achse angeordneter Höcker besetzt ist. Die Anzahl dieser Höcker ist verschieden groß. Betrachtet man ein Kalkkörperchen bei schwa- cher Vergrößerung, so erscheint seine Struktur faserig.. Die Fasern ziehen zum Teil parallel der Spindelachse, zum Teil biegen sie von derselben ab und setzen sich in die Höcker hinein fort, wo sie wieder der Längsachse der Höcker parallel gerichtet sind. Die Erhitzungs- versuche an solchen Sklerodermiten ergaben nun ganz klar, daß auch hier ein globulitisch-wabiger Bau vorliegt. Die Körperchen wurden, wie Prismen und Perlmutter, im Platinlöffelehen mit schmelzendem Jodkalium erhitzt. Nun zeigten sie sich ganz und gar von feinen Alveolen durchsetzt, die vorwiegend in Längsreihen angeordnet sind und die schon oben beschriebene Faserstruktur aufs deutlichste her- vortreten lassen. Hieraus dürfte also wieder geschlossen werden, daß die faserige Struktur der nicht erhitzten Gebilde gleichfalls eine alveo- läre ist. Endlich sei hier noch kurz erwähnt, daß auch Stückchen von Seeigelstacheln nach dem Erhitzen in Jodkalium die fein alveoläre Struktur sehr schön zeigen. Greifswald, im Juni 1903. Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschalen. 471 Literatur, 1901. BIEDERMANN, W., Untersuchungen über Bau und Entstehung der Mollusken- schalen. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Bd. XXXVI. 1902. —— Über die Bedeutung von Kristallisationsprozessen bei der Bildung der Skelette wirbelloser Tiere, namentlich der Molluskenschalen. Zeit- schrift f. allgem. Physiol. I. 2. 1844. BOWERBANK, J. S., On the structure of the Shells of molluscous and conchiferous Animals. Transact. of the mierose. Soc. I. p. 123—154. 1898. BüÜTtscaLı, O., Untersuchungen über Strukturen. Leipzig. 1900. —— Untersuch. über Mikrostrukturen des erstarrten Schwefels. Leipzig. 1901. —— Einige Beobachtungen über Kiesel- und Kalknadeln von Spongien. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXIX. p. 235—286. Taf. XIX—XXl —— Referate Nr. 677 und 694 über die Arbeiten von BIEDERMANN (1901) und Kerry (1901). In: Zool. Centralbl. 1901. 1885. EHRENBAUM, Untersuchungen über die Struktur und Bildung der Schale der in der Kieler Bucht häufig vorkommenden Muscheln. Zeitschr. t. wiss. Zool. Bd. XLI. 1855. Fremv, Recherches chimiques sur les os. Ann. de Chim. et Phys. ser. 3. V. 43. 1872. HARrTING, P., Recherches de morphologie synthötique sur la production arti- fieielle de quelques formations caleaires organiques. Natuurk. Verhandel. Ak. Amsterd. 14. 1900. Kerry, A., Uber Conchit. Sitzungsber. d. bayer. Akad. Bd. XXX. 1901. —— Beiträge zur mineral. Kenntnis der Kalkausscheidungen im Tierreich. München. Phil. Diss. 1900/1901. 1853. Kost, H., Uber die Struktur und chemische Zusammensetzung einiger Muschelschalen. Med. Diss. Würzburg. 1886. KRUKENBERG, C. Fr. W., Fortgesetzte Untersuchungen über die Skeletine. Zeitschr. f. Biologie. 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Vergr. 1500. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXY. Bd. 32 472 Otto Römer, Unters. über den feineren Bau einiger Muschelschalen. Fig. 2 und 3. Querschliffe durch Prismen von Margaritana margaritifera, nahe den in das Periostracum eingepflanzten Prismenenden. Vergr. 1500. Fig. 4 und 5. Querschliffe von Prismen von Margardiana margaritifera zwi- schen gekreuzten Nikols (5) mit Gipsblättchen erster Ordnung. Vergr. etwa 400. Fig. 6. Querschliff durch das Periostracum von Margaritana margaritifera, äußeres Ende eines Prismas im Conchiolin. Entkalkt. Vergr. 1500. Fig. 7. Längsschliff durch das Periostracum, entkalkt. Zeigt die äußeren Enden dreier Prismenräume. Vergr. 1500. Fig. 8. Querschliff durch die Perlmutterlage von Margaritana. Vergr. 240. Fig. 9. Kleiner Teil von Fig. 8, bei Vergr. 530. Fig. 10. Querschliff durch die Grenze zwischen Prismen- und Perlmutterlage von Margaritana. Vergr. 530. Fig. 11. Querschliff durch die Perlmutter von Margariana. h, Hohlräum- chen zwischen den Perlmutterlamellen. s, die treppenartig angeordneten dunk- leren Linien (vgl. Text p. 448). Vergr. 2250. Fig. 12. Dasselbe wie Fig. 11, zerquetscht. Vergr. 1500. Fig. 13. Querschliff durch den Schloßrand von Margaritana. Lupenvergr. Fig. 14. Radiärschliff durch den freien Schalenrand von Margaritana. Lupenvergrößerung. Fig. 15. Flächenschliff durch die Perlmutter von Margaritana. Vergr. 2250. Fig. 16. Perlmutterblättehen von Margaritana, von der Fläche gesehen. Tiefe Einstellung. Vergr. 2250. Fig. 17. Flächenbild des äußeren Mantelepithels von Margaritana marga- ritifera. D, Drüsenzellen mit Porus (=); %k, Zellkerne. Fig. 18. Perlmutterblättchen von Pinna pectinata L. Vergr. 1500. Fig. 19. Perlmutterblättchen von Anodonta cygnea zwischen gekreuzten Nikols; «a ohne, 5b mit Gipsblättchen erster Ordnung. Vergr. 125, Fig. 19c. Isoliertes Prisma von Margaritana, in Jodkalium erhitzt. Unge- mein deutliche Alveolarstruktur. Tiefe Einstellung. Vergr. 1500. Fig. 21. Prismenquerschnitt von Anodonia, Hohe Einstellung, daher die Alveolen dunkel. Vergr. 2250. Fig. 22. Querschnitt eines Prismas von Anodonta eygnea nach Erhitzen in Jodkalium. Tiefe Einstellung. Vergr. 2250. Fig. 23. Perlmutterblättehen von Anodonta eygnea, in Jodkalium erhitzt. Tiefe Einstellung. Vergr. 2250. Fig. 24. Perlmutterblättehen von AMargaritane, in Jodkalium erhitzt. Vergr. 2250. Fig. 25. Schnitt durch die äußere Partie (Periostracum) einer entkalkten Schale von Margaritana, parallel zu den Anwachsstreifen und senkrecht zur Schalenoberfläche geführt. Vergr. 2250. Fig. 26. Schnitt durch die entkalkte Schale von Margariana. Prismen- und Perlmutterlage. Vergr. 50. Po, Periostracum. Fig. 27. Kleine Partie der Perlmutterlage aus dem Schnitt Fig. 25 bei Ver- größerung 2250. Fig. 25. Aus dem Schnitt Fig. 25. Eine Prismenscheide mit Teil der Wand in Flächenansicht bei Vergr. 2250. Anmerkung: Durch ein Versehen ist bei der Numerierung der Figuren die Nr. 20 übersprungen worden. Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. Über Regenerationserscheinungen bei Actinotrocha branchiata Müller. Von Eugen Schultz (St. Petersburg). Mit Tafel XXXII. Auch dieses Material stammt, wie dasjenige meiner II. und III. Untersuchung, von einem Aufenthalt auf der k. biologischen An- stalt auf Helgoland, und ich verdanke dasselbe dem überaus liebens- würdigen Entgegenkommen des Leiters dieser Anstalt, Herrn Prof. Heınckes, Herrn Prof. HArtLAugBs und aller anderen Angestellten der Anstalt. Das Material wurde im Juli gesammelt. Die Larven wurden mit einem feinen Skalpell quer durchschnit- ten, wobei der Durchschnitt bald niedriger, bald höher traf, so daß in einigen Fällen nur der orale Wimperkranz und ein sehr kleiner Teil des Körpers abgetrennt wurde, in andern Fällen ging der Sehnitt viel höher. Je nachdem waren die Aufgaben, welche die Regeneration zu erfüllen hatte, verschieden. Der Zweck der Untersuchung war ein zweifacher. Erstens soll- ten auch hier, wie in meinen früheren Arbeiten, die Organogenesen untersucht werden, und ich hoffte hier dieseiben nicht nur mit em- bryonalem Geschehen, sondern auch mit regenerativem an der fertigen Form vergleichen zu können. Da mein Aufenthalt aber stark ver- kürzt war, so gelang es mir leider nicht, alle organogenetischen Ge- schehnisse abzuwarten, denn — und dieses ist sehr bemerkenswert — die Regeneration der Larve erfordert unvergleichlich viel mehr Zeit, als die Regeneration der erwachsenen Phoronss. Mein anderer Zweck war, zu untersuchen, in welchem Verhältnis die Regeneration zur fortschreitenden Entwicklung steht. Ob letztere 474 Eugen Schultz, durch erstere aufgehalten werden kann, oder ob die Regeneration schneller, als die normale Entwicklung verlaufend, dieselbe einholt, oder ob gar Larvencharaktere überhaupt nicht regeneriert werden. Auf die hier ziemlich verwickelt liegenden Fragen kommen wir noch weiter unten etwas ausführlicher zu sprechen. Endlich, da mir eine Reihe metamorphosierender Larven zur Verfügung standen, die zwar einige Teile durch Amputation einge- büßt hatten, deren unverletzte Teile aber normale Metamorphose- stadien zeigten, so konnte ich mich nicht enthalten, in einigen Fragen der normalen Anatomie und Entwicklung Stellung zu nehmen, die ich nun selbst kontrollieren konnte. Dies war eigentlich nieht meine Absicht, als ich an die Bearbeitung meines Materials trat, da ich hoffte, zu dieser Zeit volle Klarheit in Fragen der Entwicklung der Actinotrocha herrschen zu sehen, mich auf die Arbeit meines Freun- des, Herrn Baron SELYS-LOnGCcHAMmPS verlassend, der mit mir gleich- zeitig auf Helgoland Material von Actnotrocha sammelte. Da seine Untersuchungen aber noch nicht beendet sind, und ich ohne eine Klarheit in Fragen der normalen Entwicklung erlangt zu haben, auch keine in Fragen der Regeneration erhalten konnte, so mußte ich auf eigne Hand auch manche Fragen der normalen Entwicklung mir klar zu legen suchen. Ich hoffe nicht, daß ich Herrn SELYS-LonG- CHAMPsS damit ins Handwerk pfusche, doch sind in dieser Sache unsre Wege schwer auseinander zu halten. Wenn ich vorliegende Arbeit der Öffentlichkeit übergebe, obgleich einige organogenetische Fragen, wie die Frage über Regeneration des Kopflappens und der Scheitelplatte ungelöst blieben, so geschieht es, weil einige andre, durch die Untersuchung heraufbeschworene Fragen nach meiner Meinung Interesse erwecken können, und weil ich in nächster Zeit kein weiteres Eingehen auf das vorliegende Thema vorhabe, und mich längere Zeit wohl von der Frage der Regeneration einem andern Gebiet der experimentalen Zoologie zuzuwenden gedenke. | Das Faktum selbst, der Regenerationsfähigkeit von Larven, scheint mir nicht geringes Interesse zu haben. So viel ich weiß, sind außer den Versuchen von DrıEscHh an Echinidenlarven keine andern Ex- perimente über Regeneration freischwimmender Larven bei Wirbel- losen angestellt worden. Mit DrRIESCH stimmen meine Beobachtungen in der Richtung überein, daß auch bei der ausgebildeten Actinotrocha kein Entoderm aus Ektoderm mehr gebildet wird, auch kein Meso- derm mehr neu angelegt wird; freilich hat in unsern Fällen die Larve Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. 475 dieses auch nicht nötig, da in jedem Teilstück alle drei Keimblätter vorhanden sind. Wie erwähnt, hatte ich nicht die Möglichkeit, die volle Regene- ration der vorderen Hälfte abzuwarten, aber da sie doch in vollem Gange war, und da endlich die Regeneration des Stomodäums und andrer Organe bei der fertigen Form aus demselben Material, wie sie bei der Larve gebildet werden sollte, wirklich gebildet wird, so sehe ich keinen Grund anzunehmen, daß irgend ein Organ nicht regeneriert werden sollte. Die hintere Hälfte habe ich oft vollkom- men regeneriert gesehen, mit analem Wimperkranz und allen unter dem Tentakelkranz gelegenen Organen. Was mir sogleich besonders bei der Regeneration der Actino- trocha auffiel, war die große Langsamkeit, mit welcher die Regenera- tion fortschritt, wenn man sie mit der Schnelligkeit vergleicht, mit welcher die Regeneration bei der erwachsenen Phoronis vor sich geht. Bei letzterer war schon am zweiten Tage das Stomodäum angelegt, während ich ein entsprechendes Stadium bei der Actinotrocha selbst nach einigen Wochen nicht erlangen konnte. Entsprechend langsam ging es mit allen andern Prozessen der Regeneration. Die Ursache dieser langsamen Entwicklung kann ich mir nicht erklären und sie steht im Widerspruch mit der allgemein verbreiteten Ansicht, daß mit der weiteren Differenzierung die Regenerationsfähigkeit abnimmt. Einen andern charakteristischen Unterschied zwischen der Regene- ration der erwachsenen Phoron?s und derjenigen der Achnotrocha will ich noch erwähnen. Die Regeneration der Phoronis geht in der Weise vor sich, wie es gewöhnlich bei allen andern Tieren auch ‚beobachtet wurde, so daß sie DRIESCH sogar zu einem Gesetz der Regeneration erhoben wissen wollte; nämlich es legt sich zuerst die Anlage als ein undifferenziertes Zellenmaterial an, welches darauf aus- ‚wächst, so daß sich gewöhnlich die apikalen Teile früher anlegen als die proximalen. Bei Actinotrocka haben wir es aber bei Regene- ration mit einem gewöhnlichen Wachstum der Organe zu tun. So wächst zuerst das Hinterende aus, der Darm bricht durch, und erst nachdem die normale Gestalt der Actinotrocha erzielt ist, bildet sich ‚der anale Wimperring. Der Vorderteil wächst ebenso: zuerst das Epithel des Körpers, darauf, wenn die normale Gestalt, den Kopf- lappen abgerechnet, erlangt ist, bildet sich erst die Teentakelreihe. Die apikalsten Organe, das Stomodäum und der Kopflappen, ent- stehen wohl noch später. Es genügt, an die frühe Bildung der Anal- _ eirren bei Regeneration der Polychäten usw. zu erinnern, damit der A476 | Eugen Schultz, Unterschied augenfällig wird. Auch diesen rein prinzipiellen Unter- schied in dem Regenerationsmodus des erwachsenen Tieres und der Larven verstehe ich mir nicht zu deuten. Scheitelplatte und invaginiertes Ganglion. Trotzdem, wie erwähnt, die Regeneration von Kopflappen und Scheitelplatte von mir nicht untersucht werden konnte, so hat die Untersuchung des normalen Ganglions mich zu einer Anschauung ge- führt, die dem Bisherigen über diesen Punkt widerspricht, sich aber gut mit meiner Erfahrung über Regeneration des Ganglions bei Pho- ronis verträgt. Das Nervensystem der Actinotrocha ist schon mehrfach beschrie- ben worden, am ausführlichsten von MASTERMAN. Seine Beschreibung, was die Längsnerven, das Kragenmark usw. betrifft, haben sich nicht bewahrheitet. Auf alles das will ich nicht weiter eingehen, da meine Untersuchungen der normalen Actinotrocha nur nebenbei gemacht sind. Doch kann ich nicht umhin, mich länger bei einer Beobachtung aufzuhalten, die mir die Kontroversen über die Natur des dorsalen Nervenzentrums zu lösen scheint. Wie bekannt, beschrieb MASTERMAN bei Acthnotrocka dorsal, an der Basis des Kopflappens, ein Nervenzentrum, welches eine deutliche Einstülpung aufwies, die dieser Verfasser als Neuroporus deutete. Später trat A. WILLEY gegen diese Deutung auf und MASTERMAN selbst sagte sich von ihr los. SELYS-LONGCHAMPS und IREDA sehen die Einstülpung als ein Kunst- produkt an. Im dritten, der Regeneration von Phoronis gewidmeten Teil meiner Arbeit, habe ich beschrieben, daß bei Regeneration das Zentralganglion als Einstülpung entsteht und schrieb diesem Um- stand ein gewisses phylogenetisches Interesse bei. Als ich nun Gelegenheit hatte, Schnitte durch sich zur Metamorphose anschickende Larven zu sehen, stellte sich mir die Frage der normalen Entwick- lung des Ganglions in ein neues Licht. Auf sagittalen Schnitten durch sich zur Metamorphose an- schickende Larven sieht man im Bereich des Kopflappens folgende Nervenzentren. Apikal am Kopflappen sehen wir verlängerte Epi- thelzellen (Fig. 6 8.Z), die kurz vor der Metamorphose zusammen einen Konus bilden; unter ihnen sieht man eine Verdickung von Nerven- substanz (Fig. 6 $.N), Ganglienzellen sind nicht zu entdecken. Dieses Organ wurde schon von SELYS-LonGcHAMPS und von IKEDA beschrie- ben und beide deuteten es unabhängig voneinander als Sinnesorgan (Fig. 5 80). Dieser Deutung schließe ich mich vollkommen an, Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. 477 besonders da keine Ganglienzellen unter dem Epithel zu entdecken sind. Das Epithel selbst bildet wohl die Sinneszellen, und die Ver- diekung ist wohl aus den von den Sinneszellen ausgehenden Fasern gebildet. Zu diesem Sinnesorgan gehen Nervenfasern von einem Ganglion aus (Fig. 6 S.N), das auch schon von MASTERMAN, SELYS- LonscHaumes und IkEDA beschrieben wurde. Dieses Ganglion ist dasjenige, was gewöhnlich unter dem Namen »dorsales Ganglion« in allen Beschreibungen fungiert. Es ist nach dem Typus ähnlicher Ganglien der Wirbellosen gebaut: unter dem Epithel des Kopflappens sehen wir Fasersubstanz, und ventral in derselben Ganglienzellen (Fig. 6 gx) liegen. Dieses Zentrum versorgt augenscheinlich das vor ihm liegende, eben beschriebene Sinnesorgan mit Nerven und ist wohl das perzipierende Sinneszentrum für dasselbe. Dieses Nerven- zentrum glaube ich gut mit der Scheitelplatte der Trochophora ver- gleichen zu können, sowohl was seine Lage betrifft, als auch seine Rolle als Sinneszentrum. So ist der Bau des dorsalen Nervensystems bis zur Zeit der Metamorphose. Zu dieser Zeit beginnt sich hart hinter dem Ganglion eine Einstülpung zu bilden (Figg. 5, 6, 7 gl), die das Ganglion sogar mit sich zieht. Diese Einstülpung wurde entweder als zu dem eben erwähnten Ganglion gehörig beschrie- ben (MAsTERMAN), oder als zufällig aufgefaßt, hervorgerufen durch das Zurückklappen des Kopflappens (IKEDA, SELYS-LONGCcHAMPS). In Wirklichkeit entsteht die Einstülpung gleich hinter dem Ganglion. Im ersten Moment weist sie noch keinerlei Nervensubstanz auf. Nach einiger Zeit sehen wir die einen Epithelzellen der Einstülpung sich tiefer nach innen begeben und sich abrunden, dieses werden Ganglienzellen, die epidermal bleibenden Zellen werden zu Gliazellen. Um die ganze Einstülpung herum sieht man Nervensubstanz sich bilden. Der Bau dieses eingestülpten Ganglions ist der typische Bau des Medullarrohres, die Ganglienzellen liegen in der Mitte und herum ist Punktsubstanz. Die Anlage ist nicht ganz gleichmäßig, die vor- dere Wand der Einstülpung bildet mehr Nervensubstanz als die hintere. Kurze Zeit vor der Metamorphose liest das erste Ganglion — also das Ganglion der Scheitelplatte — der vorderen Wand der Ein- stülpung dicht an, aber schon auf den ersten Blick können wir uns überzeugen, daß dieses Ganglion nichts mit dem invaginierten zu tun hat, und nur zufällig neben demselben liest. Diese nahe Lage beider Ganglien nebeneinander ließ alle früheren Forscher die eigent- liche Natur des ganzen Gebildes übersehen und beide Ganglien in eins vereinigen. Endlich war auch der Umstand der wahren AT8 Eugen Schultz, Erkenntnis hinderlich, daß das invaginierte Ganglion zuerst eben nur eine epitheliale Einstülpung ist, deren Natur sich erst etwas später kund tut. Ich muß gestehen, daß ich die wahre Natur jener Ein- stülpung nur deswegen erkannte, da ich genau, bis auf die kleinsten Details denselben Prozeß bei der Regeneration von Phoronis sah. Nur fehlte bei dem regenerierenden Ganglion jede Spur jenes ersten Ganglions (der Scheitelplatte); auch glaube ich, daß jenes erste Gan- glion bei der Metamorphose verloren geht. Das zweite invaginierte Ganglion, über dessen Natur ich mich schon im dritten Teil meiner Untersuchung ausgelassen habe, gehört somit vollkommen der fertigen Phoronis und nicht der Actinotrocha an; meine Meinung, daß wir wohl die fertige Phoromis, nicht aber die Achnotrocha mit Balano- glossus vergleichen können, findet hierin eine neue Bestätigung. Am gegebenen Beispiel sehen wir recht klar, wie sehr Untersuchungen über regenerative Organogenesen im Stande sind, Klarheit in embryo- logische Streitfragen zu bringen. Wäre die Invagination eine zufäl- lige, so ist es schwer zu verstehen, warum diese Zufälligkeit sich bei der Regeneration wiederholt, wo die Bedingungen ganz andre sind, und sie nicht auf ein Umklappen des Kopflappens zurückgeführt wer- den kann. Die Gleichheit beider Gebilde läßt mich nicht zweifeln, daß das invaginierte Ganglion nicht bei der Metamorphose abgestoßen wird, wie es IKEDA behauptet. Darm. Wie oben erwähnt, konnte ich die Regeneration des Ösophagus, also die Bildung des Stomodäums, nicht abwarten. Hier bei den die vordere Hälfte regenerierenden Larven tritt hierin ein großer Unter- schied mit der Regeneration der erwachsenen Phoronis zu Tage. Während bei letzterer oft die Bildung eines Stomodäums die Regene- ration fast einleitet, also sich gleich das apikale Organ bildet, ist die Regeneration der vorderen Körperhälfte der Larve ein Aufbauen und Reparieren von unten hinauf, wobei die apikalen Organe die Schluß- steine bilden. | Bald nach der Durchschneidung tritt Verwachsung der Wund- ränder des Darmes ein. Das weitere Wachstum des Darmes nach vorn geschieht sehr langsam, und während das Körperepithel mächtig weiterwächst, markiert das nunmehr blind geschlossene vordere Darm- ende noch lange das Niveau, wo der Durchschnitt vorgenommen worden war (Fig. 8 d). In einigen Fällen fängt das Metasoma an, sich umzu- stülpen, ehe noch die Bildung des Stomodäums begonnen hat, ja ehe Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. 479 die Regeneration so weit fortgeschritten war, um die Stelle zu bilden, von wo aus diese Regeneration des Ösophagus vor sich gehen sollte. Ein Proktodäum legt sich nicht an und auch bei den das Hinter- ende regenerierenden Larven sehen wir denselben Prozeß, wie bei Regeneration der Phoronis. Der durchschnittene Mitteldarm schließt sich und wächst darauf weiter, bis er das inzwischen gleichfalls weiter gewachsene hintere Ende erreicht und durchbricht (Fig. 9 d), ehe aber dieses noch seine normale Länge und Gestalt bekommen hat. Somit beweist auch die Regeneration der Larve, daß der End- darm eigentlich ein Dünndarm ist und rein entodermaler Herkunft. Wir sehen nicht die geringste Spur einer ektodermalen Einsenkung. Vergleichen wir den Regenerationsgang hier bei der Larve mit dem- jenigen bei der fertigen Form, so sehen wir nur einen Unterschied in der Zeit. Während bei Phoronis der Dünndarm erst sehr spät durehbricht, nachdem alle andern Organe sich angelegt haben, und das Stomodäum dagegen sich sehr früh anlegt und mit dem Vor- magen verschmilzt, konnte ich bei zu gleicher Zeit operierten Acti-_ notrochen die Regeneration des Stomodäums nicht abwarten, während. die Wiederbildung der Analöffnung sehr früh vor sich ging. Viel- leicht liegt der Unterschied auch darin, daß der Dünndarm überhaupt starke Wachstumsprozesse während und nach der Metamorphose auf- weist, während Ösophagus, Vormagen und Magen sich relativ wenig vergrößern; nachdem der Dünndarm aber einmal seine endgültige Länge erhalten, geht sein weiteres Wachstum wohl sehr langsam vor sich. — Andrerseits ist noch ein andrer Punkt bemerkenswert: Es ist ein allgemeines Gesetz, daß das Vorderende jedes Tieres langsamer regeneriert, als sein Hinterende. Bei Phoronmis gehören Mund und Anus beide dem Vorderende an, bei Actinotrocha nur der Mund; im letzteren Falle ist der Anus, als der am hinteren Ende gelegene Teil der schneller wachsende. Ist der Schnitt so geführt, daß der Magen durchschnitten wird, so bricht oft dieser Magen, nachdem er sich geschlossen hat, wieder nach außen durch, und der Anus ist dann eine Zeit lang vom Magen gebildet. Erst später differenziert dann dieser Teil sich wohl zum Dünndarm. Nachdem der Darm schon nach außen durchgebrochen ist, legt sich der anale Wimperkranz um denselben an (Fig. 10 Worg). Immer seht der Durchbruch des Darmes der Regeneration des analen Wim- perkranzes voraus und löst ihn vielleicht aus. In einigen ‚Fällen tritt die Metamorphose ein, ehe der anale 480 Eugen Schultz, Wimperkranz Zeit gehabt hat sich anzulegen, der Anus aber schon -sebildet war. Oft tritt auch eine Metamorphose ein, ehe der Dünn- darm noch nach außen durchgebrochen ist. In diesem Fall geschieht dieser Durchbruch wohl später. Eine Betrachtung von tiefer theoretischer Wichtigkeit drängt sich uns noch auf, in all diesen Fragen vom Durchbruch nach außen blind abgeschlossener Sackorgane, wie es der Darm ist und das Metasoma. Warum bricht gerade ein bestimmter Fleck und kein andrer durch, warum wird er und kein andrer zum Mund oder Anus? Bei Anneliden sowohl, als auch bei der fertigen Phoromıs, kamen wir nicht in Versuchung so zu fragen, denn dort war es eben der wachsende Teil des Mitteldarmes, der chemotaktisch — wie das erklärt wird — zum Ektoderm strebt und durchbricht dort, wo er dasselbe erreicht. Hier bei Actönotrocha bietet die Regeneration ein interessantes Experiment. Der Darm ist nämlich im Inneren des Actinotrocha-Körpers ziemlich beweglich und bei der Operation kam es oft vor, daß ich den Darm bald fast ganz in das Vorderende, bald in das Hinterende trieb, wo er dann auch nach dem Durch- schnitt natürlich verblieb. In diesen Fällen bildete der Darm, be- sonders der Magen, Ausbuchtungen am hinteren Ende, und bei den das Hinterende regenerierenden Larven sieht man dann oft, daß sich solch ein Darmdivertikel direkt und hart an das Ektoderm anlegt, so daß es auf den ersten Blick scheint — hier — an dieser Stelle wird der Durchbruch vor sich gehen, aber es geschieht hier nicht. Nicht die Berührung des entodermalen Darmepithels an das Ekto- derm ist also die auslösende Ursache, die beide sich vereinigen lassen. Es ist etwas, was das aus dem durchschnittenen Darmteil weiter wachsende Epithel von dem übrigen unterscheidet und man könnte hier an allerlei, vor allem aber an eine Stimulierung zum Wachstum durch die Wunde glauben. Das äußere Körperepithel scheint keinen besonderen richtenden Einfluß zu üben, wenigstens werden wir das regenerierende Metasoma dort durchbrechen sehen, wo es an das Körperepithel stößt. In einigen Fällen verwächst der Darm sehr schnell mit dem äußeren Epithel, bricht so zu sagen sogleich durch. Wenn der Schnitt durch den Magen geführt wurde, so verschmilzt derselbe manchmal sogleich mit dem äußeren Körperepithel; doch scheint diese Ver- schmelzung nicht ohne Störungen und Degenerationsprozesse vor sich zu gehen. Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. 481 Analer Wimperring. Das Faktum der Regeneration des analen Wimperkranzes (Fig. 10 Worg), eines Organs, welches gleich nach der Metamorphose abgeworfen wird, weist darauf hin, daß also auch provisorische Larvenorgane wiederhergestellt werden, selbst zu einer Zeit, wo schon die Metamorphose erwartet wird, wo sie also gleich darauf wieder abgeworfen werden müssen. Die Regeneration bemüht sich also um die Wiederherstellung der Form jenes Stadiums, auf welchem die Operation vorgenommen war. Doch ist die Metamorphose inzwischen eingetreten, so lest sich kein analer Wimperkranz mehr an. Daß eine Larve selbst provisorische Organe regeneriert, beweist, daß die Regeneration eine primäre Eigentümlichkeit des Lebens ist. Wie erwähnt bricht zuerst bei Regeneration des hinteren Körper- endes der Anus durch, und darauf erst legt sich auch das anale Wimperorgan an; nie entsteht es vor dem Durchbruch des Darmes; man könnte deswegen glauben, daß die Bildung der Wimperorgane mit dem Prozesse des analen Durchbruchs kausal zusammenhängt. Metasoma. Als Metasoma bezeichne ich, nach Beispiel einiger früheren Autoren, die ventrale Einstülpung, welche sich später wieder aus- stülpend den Hauptteil der definitiven Körperwand ausmacht. Die Lage des Metascma im Inneren des Actnotrocha-Körpers ist nicht leicht genau zu bestimmen, da es Biegungen macht und auch bei verschiedenen Kontraktionen des Körpers verschieden zu liegen kommt. Im allgemeinen können wir folgendes Schema aufstellen, daß das Metasoma als ektodermale Einstülpung ventral und nach unten wächst, darauf, ohne das Ende des Körpers erreicht zu haben, umbiegt und dorsal wieder nach oben wächst. Wenn wir die Larven zwecks Regeneration durchschnitten, so kam fast immer die äußere Mündung des Metasoma und ihr blindes Ende im vorderen Teil zu liegen (Fig. 11), die untere Öse im hin- teren Teil (Fig. 12). Betrachten wir zuerst den letzten Fall, wenn vom Hinterende aus das Vorderende der Larve regeneriert werden soll. In einigen Fällen, wo im Hinterende auch die Einstülpungsstelle des Metasoma verblieb, war das ganze Metasoma im übriggebliebenen Hinterende eingeschlossen und eine Regeneration unnötig. Wenn der Schnitt niedriger geführt war (Fig. 12), so schlossen sich ähnlich, wie beim 482 Eugen Schultz, Darm, die durchschnittenen Enden (A und 5) und A brach darauf beim weiteren Auswachsen des Vorderendes nach außen durch. Die Ränder des Metasoma verwuchsen mit dem Körperepithel (Fig. 14). Irgend eine Einstülpung des Körperepithels war nicht zu bemerken. Das Ende 5 wuchs, nachdem es sich geschlossen hatte, normal weiter. Nachdem der Durchbruch des Metasoma nach außen geschehen war, fing dasselbe manchmal an sich auszustülpen, es trat somit die Metamorphose ein, bevor der Kopflappen, der Ösophagus und das Kopfganglion regeneriert waren. Ob diese Metamorphose darauf zu einem glücklichen Ende führt, d. h., ob Regulationen nachher auf- treten, diese theoretisch höchst wichtige Frage konnte ich nicht ent- scheiden. In jenen Fällen, wo das Vorderende der Larve das Hinterende zu regenerieren hatte, verblieben im Vorderende die Einstülpungs- stelle des Metasoma (Fig. 1la) und ein Stück des absteigenden Meta- soma, sowie oft ein Stück des aufsteigenden Endes. In diesem Fall schloß sich das Ende 5 und das Ende ce, worauf 5b und e sekundär miteinander verwuchsen. Metamorphose trat hier sehr oft ein, ehe noch der Anus durch- sebrochen war und der anale Wimperkranz regenerierte. Da aber der Anus auch später durchbrechen konnte und die so metamorpho- sierten Larven ein ganz normales Gepräge hatten, so zweifle ich nicht, daß der Anus später wirklich durchbricht und so diese Früh- geburt wieder gut gemacht wird. In den Fällen der Regeneration des Hinterendes verläuft die Restitution des Metasoma sehr oft unnormal, indem nämlich das Ende b selbständig nach außen durchbricht (Fig. 13) oder sogleich nach dem Durchschneiden mit dem äußeren Epithel verschmilzt. In diesem Fall wächst das Ende 5 dann sehr stark weiter und das äußere Körperepithel folgt ihm. Das Ende c—d schließt sich zu einem Sack und kann nun nicht mehr das Ende d erreichen und bleibt als rings geschlossene Blase im Körper der Larve. Zuletzt wächst ein großer langer Zipfel aus der Larve hinaus, der von außen gesehen, den Eindruck erwecken kann, als habe die Larve ihr ganzes Hinter- ende regeneriert. Wenn solche Larven auch lange am Leben zu bleiben scheinen, so sind sie doch nicht restitutionsfähig, wenigstens konnte ich kein Merkmal einer angebahnten Restitution erkennen. Das Ende 5 müßte sich anders sekundär vom Körperepithel trennen und mit e verwachsen, doch ist im Gegenteil die Verbindung des Endes b mit dem Körperepithel immer eine sehr innige und hat, Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. | 483 man möchte fast sagen, einen »normalen« Charakter. Hier sehen wir, wie sehr das Wachstum des Körperepithels vom Wachstum des Metasoma stimuliert werden kann, obgleich wohl gewöhnlich das hintere Körperende durch ganz andre Bedingungen zum Wachstum angeregt wird. Im ganzen bietet der Bau des Metasoma, seine Ent- stehung als ektodermale Einstülpung, seine Verwachsungserscheinun- gen und Verschmelzung mit dem äußeren Körperepithel und überhaupt alle seine Regenerationserscheinungen, endlich sein weiteres Auswach- sen in Verbindung mit dem Körperepithel eine volle Analogie mit den Erscheinungen der Regeneration und Verwachsung, die wir beim Darm der Würmer kennen gelernt haben und könnte ein solcher durchgeführter Vergleich, wenn unsre experimentale Biologie weiter fortgeschritten wäre, vielleicht fruchtbar sein. Nephridien. Was den Bau der Nephridien bei Actinotrocha betrifft, so habe ich ihn nur auf Schnitten studiert. Wir haben es mit einem typischen interzellulären Kanal zu tun (Fig. 15). An diesem Faktum kann ich auf Grund von Querschnitten durch den Nephridialkanal nicht zweifeln. Nachdem der Entdecker der Actinotrocha-Nephridien — CALDWELL, dieselben als Kanäle beschrieben hatte, die sich in die Körperhöhle blind mit einer die Öffnung verschließenden Gruppe von Exkretionszellen schließen, haben IKEDA und SELYS-LONGCHAMPS die Beschreibung CALDWELLS bestätigt. MASTERMAN läßt die Kanäle da- segen sich triehterförmig in die Leibeshöhle öffnen. Die Nephridien münden bei unsrer Art in jene paarige Blutzellengruppe über dem Septum, deswegen werden sie von derselben halbwegs verdeckt, besonders aber ihre Mündungen. Dennoch läßt sich auf einigen Präparaten ziemlich gut feststellen, daß die Ansicht MASTERMANS durchaus irrig ist, und daß die Nephridien wirklich mit einem Strauß von länglichen Zellen enden. Die Entwicklung der Nephridien ist von IKEpaA am vollsten untersucht worden. Nach ihm entstehen sie als unpaare ektodermale Einstülpungen ventral, schon sehr frühe. Diese Einstülpung teilt sich in einen rechten und linken Ast und endlich teilt sich auch die un- paare Mündung, so daß beide Kanäle getrennt nach außen münden. An den das Vorderende regenerierenden Larven konnte ich die Regeneration der Nephridien gut verfolgen. Auch hier entsteht eine ektodermale Einstülpung (Figge. 21, 16), aber sie ist gleich anfangs ' paarig, durch die Metasomaeinstülpung getrennt. Letztere tritt in 484 Eugen Schultz, der embryonalen Entwicklung ja erst viel später auf; hier bei der Regeneration, wo sie nur nach außen durchzubrechen hat und also schon früher vorhanden ist, teilt sie gleich anfangs die Nephridien- anlage in eine rechte und linke getrennte Hälfte. So regenerieren die Nephridien also gleich anfangs als paarige Gebilde — und zwar als ektodermale Einstülpungen, die apikal auf das Septum loswach- sen, es durchbrechen und so in die primäre Kragenhöhle der Achno- trocha, mitten in die Blutzellenmasse, die früher regeneriert, gelangen. Bis zu diesem Stadium sind die Nephridialröhren noch blind ge- schlossen und überall vom selben Epithel ausgekleidet (Fig. 16). Erst darauf scheinen am Ende einige Zellen ihre Gestalt zu verändern und zu Exkretionszellen zu werden. Diese letztere Beobachtung, die ich durch einige Präparate illustrieren zu können glaube, wage ich der Abnormität des geschilderten Vorgangs wegen nicht energisch zu verteidigen. Es wäre auch die Erklärung möglich, daß die proxi- malen Zellen der Nephridialröhren zerfallen und von mesodermalen Zellen ersetzt werden. Wie dem auch sei, jedenfalls sind die Ne- phridien von der Ausmündungsstelle bis zu den Exkretionszellen ektodermaler Herkunft, wie es auch IKEDA bei der Embryonalentwick- lung beschrieb. Der Hergang stimmt also mit Ausnahme der gleich anfangs paarigen Entstehung der Nephridien bei Regeneration vollkom- men mit dem embryonalen Geschehen überein. Der anfangs ganz kurze Nephridialkanal wächst nachher weiter aus, indem die Mündung nach außen, die anfangs gleich unterm Septum lag, durchs Wachstum des höher gelegenen Körperepithels weiter nach unten rückt (Fig. 17). Leider ist uns gar nicht bekannt, was während der Metamor- phose mit den Nephridien geschieht. Nach CALDWELL gehen sie in die definitiven Nieren über, und dieser Ansicht scheinen sich auch SELYS-LONGCHAMPS und IREDA anzuschließen. Nach SELYS-LonG- cHaumps bekommt jeder Kanal eine trichterförmige Öffnung, die sich nun in die hintere Leibeshöhle öffnet. Aber detailliert hat weder er, noch irgend ein andrer die Frage untersucht. Als wir den Re- generationsmodus der Nephridien bei der erwachsenen Phoronis be- schrieben, sahen wir, daß sie gänzlich aus dem Mesoderm entstehen — im Peritoneum selbst und zuletzt erst nach außen durchbrechen. Der Regenerationsmodus bei der Larve ist, man möchte sagen, ein entgegengesetzter: die Nephridien entstehen aus dem Ektoderm und wuchern parietal. Nach der Art der Regeneration zu schließen, haben beide Gebilde nichts miteinander zu tun, auch ihr Bau ist ja ein ganz verschiedener. Bei der Larve haben wir es immerhin mit Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. 485 echten Protonephridien zu tun, bei den erwachsenen Formen mit triehterförmigen Metanephridien. Ob sie genau auf der Stelle der alten Nephridien entstehen und überhaupt ihr Verhältnis bei normaler Entwieklung aufdecken, hat gewiß nach den eben geschilderten Verhältnissen viel Anziehendes.. Ob wir es bei der Metamorphose bloß mit einem Abwerfen der Exkretionszellen und Obliterätion der in der Kragenhöhle gelegenen Teile zu tun haben, wie es CALDWELL annimmt, ist, nach dem verschiedenen Regenerationsmodus zu schließen, sehr fraglich. IKEDA nimmt ein weiteres Umwachsen der Nephridien an — und das scheint sehr wahrscheinlich. Der durchaus verschie- dene Regenerationsmodus weist darauf hin, daß die Nieren der Act- notrocha mit den Nieren des erwachsenen Tieres nur den Platz ge- meinsam haben, sonst nichts. Blutzellen. Normal hat die Actinotrocha branchiata ein Paar Blutzellen- haufen, welche um die parietale Mündung der Nephridien in der primären Kragenhöhle sich gruppieren und also rechts und links am Grund der Kragenhöhle liegen (Figg. 15, 16, 17, 21). Bei allen Larven, welche jene Teile, in welchen die paarigen Blutzellenhaufen liegen, regeneriert haben, finden wir jene Blutzellen wieder auf, wenn auch noch anfänglich in sehr geringer Zahl. Sie liegen zwischen der parietalen Wand der definitiven Kragenhöhle und den Nephridien {Fig. 21) und haben das Aussehen, welches den noch jungen Blutzellen eigen, d. h. sie sind kleiner und haben noch nicht jenen charakteristischen Habitus von »pinkish spheres«. Wenn ich auch, trotz großer Aufmerksamkeit, die ich der Frage zuwandte, nicht entscheiden kann, ob die Blutzellen von den Zellen des Endo- thels der sekundären Kragenhöhle oder aus Mesenchymzellen, wie man die Zellen der primären Kragenhöhle nennen könnte, stammen (letzteres ist natürlich das Wahrscheinliche), so muß ich doch behaup- ten, daß bei Regeneration die Blutkörper eben an der Stelle ent- stehen, wo sich jene charakteristischen Haufen bilden. Sie werden hier aus irgend welchen Zellen gebildet und nicht — wenigstens nicht die Blutzellen der beiden Zellenhaufen — von früher gebildeten freien primären Blutzellen, die schon nach IkevA bei den Larven mit vier Tentakeln auftreten und nach der Meinung dieses Forschers die Mutterzellen aller Blutkörper sind. Corı beschrieb die Bildung von Blutkörpern bei der erwachsenen Phoronis in den Gefäßen selbst aus Zellen der Gefäßwand. Es ist möglich, daß die beiden AS6 Eugen Schultz, letzten Bildungsmodi wirklich vorkommen, auch bei den Wirbeltieren entstehen ja die roten Blutkörperchen an verschiedensten Stellen; dennoch muß ich behaupten, daß die erwähnten Blutzellenhaufen nicht auf diesem Weg entstehen, sondern in loco aus andern Zellen, als die erwähnten. Tentakel. Die larvalen Tentakel bilden sich nach RouLE bei der Embryo- nalentwicklung in der Weise, daß die ventralen, medianen sich zuerst anlegen, darauf die neben ihnen weiter nach hinten liegenden usw. Ganz in derselben Reihenfolge treten die Tentakel bei Regeneration der vorderen Körperhälfte der Actinotrocha auf, wie es Fig. 3 u. 4 beweist, wo die vorderen Tentakel schon ziemlich ausgewachsen sind, während die weiter nach hinten liegenden noch kaum angelest erscheinen. Im regenerierten vorderen Körperabschnitt regenerieren auch die definitiven Tentakel und zwar gewöhnlich, da die Larven, bei denen ich die Operation vornahm, fast immer in der Entwicklung ziemlich vorgeschritten, bevor noch die larvalen Tentakel ihre normale Länge erreicht hatten. Sie erschienen unter den larvalen Tentakeln (Fig. 17), eben so, wie es für die Embryonalentwicklung von IKEDA, SELYS- LONGCHAMPS u. a. nachgewiesen worden ist. Die endgültigen Ten- takel entstehen bei Regeneration unter dem Diaphragma, und in die Höhlung der endgültigen Tentakel erstreckt sich je eine Aus- sackung der definitiven Kragenhöhle (Fig. 17 krGII). Auch hier geht die Regeneration der embryonalen Entwicklung parallel. Körperhöhlen. Bei Larven, die ihren vorderen Teil weiter regeneriert haben, sehen wir im Vorderteil auch schon die primäre Kragenhöhle ge- bildet, ja stellenweise ist diese oben abgeschlossen und bildet über sich schon den Beginn der Kopflappenhöhle. Die Untersuchungen über die Entwicklung der Actinotrocha haben unabhängig voneinander SELYS-LONGCHAMPsS und IREDA zu der An- sicht geführt, daß die Körperhöhlen über dem Septum nicht Cölom- höhlen genannt werden können und daß bei Actnotrocha nur die Höhle unter dem Septum eine Cölomhöhle ist. Die Schwierigkeit besteht darin, daß wir der Entstehung nach bisher nicht zwischen Mesenchymzellen und Cölothel unterscheiden können, und daß auch Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. 487 jene Höhlen, die wir Cölomhöhlen nennen und die unter dem Septum die ganze hintere Hälfte der Larven bildeten, aus frei sich gruppieren- den Zellen gebildet werden. Jedenfalls aber sehe ich die Ansichten SeLYs-LonscHamrps und IkEpAs vollständig bestätigt und schließe mich diesen Anschauungen an. Die Höhle über dem Septum nenne ich deswegen primäre Kragenhöhle (KrHI), gegenüber der Ansicht MASTERMANSs, der sie bei Actinotrocha als Cölomhöhle ansah, ebenso, wie die Kopflappenhöhle. IkepA beobachtete nun bei sich der Meta- morphose nähernden Larven, daß vorn und median über dem Sep- tum sich zwei Höhlungen bilden, die sich allmählich erweiternd und die primäre Kragenhöhle umwachsend, diese verdrängen und sie zu dem Ringgefäß der Kragen- oder Tentakelhöhle des erwachsenen Tieres umwandeln. Mir gelang es nun bei den das Vorderende regenerierenden Larven die Regeneration in der definitiven Kragenhöhle zu verfolgen. Ebenso konnte ich bei normal sich entwickelnden Larven die normale Bil- dung desselben Organs verfolgen. Die Regeneration folgt hier genau der normalen Entwicklung. In allem konnte ich die Beobachtung IKEpAs bestätigen. Nur sagt genannter Verfasser nichts von der Herkunft dieser zwei kleinen Höhlen, die das definitive Kragencölom bilden. Ich konnte an einigen Präparaten gut sehen, daß sich rechts und links von der ventralen Medianebene ein ganz flaches Cölom- divertikel des Körpereöloms in die primäre Kragenhöhle erstreckt (Figg. 18, 19). Die Divertikel weiten sich darauf parietal aus (Fig. 17) und wachsen dann an der Peripherie weiter, die primäre Kragenhöhle, wie ein Muff umgebend und sie verdrängend. Somit regeneriert das Kragencölom vom Körpercölom, ebenso, wie es auch in der Embryonalentwieklung von ihm gebildet wird. Die Regeneration der Cölomhöhle aus dem Vorderende, wenn nichts vom Cölom zurückgelassen war, konnte ich nicht beobachten, da so hoch durchschnittene Vorderenden stets absterben. In andern Fällen, wo die Hinterenden regenerierten und der vordere Teil der Cölomhöhlen erhalten blieb, wuchsen dieselben nur normal mit dem Körperepithel, Darm usw. weiter. Auch der Regenerationsmodus der Körperhöhle unterstützt hier- mit die Ansicht, daß von den drei Cölomsegmenten, der von MASTER- MAN konstruierten Actinotrocha, nur der hinterste Abschnitt wirklich sekundäre Leibeshöhle ist. Das weiter vorn liegende Kragencölom entsteht erst als Ausstülpung des Körpercöloms und die Höhle des . Epistoms wiederum als Ausstülpung des Kragencöloms. Also erst Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 33 i 488 Eugen Schultz, bei der fertigen Phoronis ist jener triartikulate Typus erreicht, den MASTERMAN in der Actinotrocha zu finden glaubte. Blutgefäßsystem. Was die Regeneration der Blutgefäße betrifft, so konnte ich die Regeneration des Ringgefäßes beobachten und konstatieren, daß sie ebenso vor sich geht, wie es IKEDA für die Embryonalentwicklung beschrieb. Das Ringgefäß entsteht als Rest der primären Kragen- höhle. Noch einmal haben wir hier einen Hinweis darauf, daß diese bei der Actinotrocha kein Cölom, sondern Blastocöl ist. Sie wird immer mehr von der definitiven Kragenhöhle ringsum eingeengt. Ein detailliertes Bild ist hier nicht ganz leicht zu erhalten, es lag aber auch nicht in meinem Interesse, da hier die regenerativen Pro- zesse genau mit den embryonalen identisch verlaufen und letztere wohl durch SELYs-Lon@scHAMmPs bald genau erschlossen sein werden. Auch ein Dorsalgefäß war bei den das Vorderende regenerierenden Larven zu finden, doch konnte ich mir kein rechtes Bild machen, wie dieses Gefäß zu stande kommt, hauptsächlich auch deswegen, weil mir nur wenige Querschnitte zur Verfügung standen. Was also IREDA von Blutgefäßen sah, konnte auch ich noch bei regenerierenden Larven entdecken. Bei der Metamorphose scheinen die Verhältnisse ver- wickelter zu werden, doch ließ ich sie ununtersucht. Was aber mein besonderes Interesse erweckte, war der Umstand, daß die Regeneration der Blutgefäße am vorderen Ende der Phoronis durchaus anders verläuft, als bei der Regeneration der Larve. Dort sahen wir (vgl. meine III. Abhandlung), daß das Ringgefäß durch aktives Wachstum der übrig gebliebenen Gefäßstämme regeneriert; hier, bei Actinotrocha, entsteht es passiv durch Auswachsen der Cölomhöhle. Die Lateralgefäße haben wir dort als die Gefäße ge- funden, von denen das Ringgefäß auswächst, hier bei Achnotrocha entstehen die Lateralgefäße erst viel später. Hieraus sehen wir, daß die Regeneration ein und desselben Organs ganz verschieden ver- laufen kann, je nachdem, ob wir dasselbe auf einem noch sehr jungen Stadium entfernen, oder im erwachsenen Zustand. Also nicht nur typische morphogenetische Unterschiede können wir oft zwischen tegeneration und Embryonalentwicklung aufdecken, sondern auch zwischen Regeneration desselben Organs bei demselben Tiere, wenn die Entwicklungsstadien selbst, in welchen operiert wurde, verschie- den waren. Also dasselbe Organ kann auf verschiedenen Stadien verschieden regenerieren. Wir sehen die Entwieklungsmöglichkeiten Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. | 489 noch mehr vergrößert. Da das erwachsene Tier auch spontan oft das Köpfehen abwirft, so können wir den Regenerationsmodus des Blutgefäßsystems bei der erwachsenen Phoron?s als sekundär erwor- ben ansehen, während der Regenerationsmodus des Blutgefäßsystems bei Actinotrocha, der mit der Embryonalentwicklung übereinstimmt, primär ist, um so mehr, da wohl kaum im freien Leben je Actno- trocha-Larven in die Lage kommen zu regenerieren. Die morphologische Bedeutung der Actinotrocha. Schon im dritten, der Regeneration der Phoronis gewidmeten Teil habe ich nachzuweisen gesucht, daß die Enteropneusten- Charaktere, die MAstERMAN bei Actinotrocha fand, nicht dieser eigen- tümlich sind, sondern der fertigen Form — der Phoronis. In der Entwicklung der Phoronis sehen wir die meisten Organe zweifach auftreten, zuerst als Larvenorgane, darauf als Organe des fertigen Tieres. So treten zuerst provisorisch auf: Ganglion, Kragen- und Kopflappenhöhle, Tentakel und Protonephridien, und werden darauf bei der Metamorphose, oder kurz vor oder nach derselben, durch definitive entsprechende Organe ersetzt. Ich habe schon oben nach- gewiesen, daß die definitive Leibeshöhle, Nephridien und Ganglion — Enteropneusten-Charaktere tragen. Als was haben wir nun jene provisorischen Organe anzusehen; als was die Achnotrocha? Nach- dem wir sie aller definitiven Gebilde entkleiden, bleibt eine Larve mit primärer Leibeshöhle, einem Paare terminaler Cölomhöhlen, Protonephridien und Scheitelplatte mit Sinnesorgan — d.h. eine typische Trochophora. Daß die Leibeshöhlen primär sind, ist durch IKEDA, SELYS-LONGcHAMmPS und nun durch die vorliegende Unter- suchung genugsam dargelegt. Dem Ganglion mit Sinnesorgan wird wohl niemand die Homologie mit der Scheitelplatte der Trockophora versagen können. Was die Protonephridien betrifft, so werden sie für die Anneliden-Trochophora zwar als aus dem Mesoderm stammend beschrieben, aber bei den Protonephridien der Gastropoden ist der ektodermale Teil schon von verschiedener Länge und bei den Pul- monaten erst ist er ganz ektodermal (vielleicht mit Ausschluß des parietalen Endes). Sehen wir die Pulmonaten als ursprünglicher, wie die übrigen Gastropoden an, wie es SIMROTH jüngst tut, so ist es auch jene ektodermale Entstehung. Ein Hindernis aber stellt sich beim Vergleich mit den Trochophora-Nephridien entgegen: diese nämlich sind intrazellular, während die Protonephridien der Actino- trocha zweifellos interzellulär sind. Lehnen wir uns aber an jene 33* 490 Eugen Schultz, Ansicht an, die wir im zweiten Teil entwickelt haben, wonach die Trochophora selbst eine Wiederholung des Plathelmintenstadiums ist, und suchen wir folglich bei letzteren nach Bau und Entwieklung der Protonephridien, so finden wir, daß bei Nemertinen z. B. die Nephri- dien interzellulär (BÜRGER) sind, bei Planarien wahrscheinlich auch, und sie entstehen wahrscheinlich aus dem Ektoderm, so beschreibt es LAnG wenigstens für Polykladen. — So kehren wir also nach der Abirrung, die wir MASTERMAN verdanken, wieder zu der HATSCHER- schen Auffassung der Achnotrocha zurück. Auf der Achnotrocha nun erscheinen sekundär Charaktere, die der fertigen Phoronis eigentümlich sind: so das definitive Ganglion, die definitive Kragenhöhle und das Blutgefäßsystem. Um ein richtiges morphologisches Verständnis der Actinotrocha-Natur zu erzielen, haben wir nur diese Sekundärgebilde, die ja auch erst später auftreten, von der Actinotrocha abzuziehen, und nicht dieselben der Larvenform noch enger aufzuzwängen, wie es MASTERMAN tut. Zeitliches Verhältnis zwischen Regeneration der Larve und weiterer Entwicklung der ganzen Larve. Wenn die Entwicklung einer Larve nie stehen bleiben würde und mit derselben Schnelligkeit weiter fortschritte, so könnte durch die Regeneration verlorener Teile der Larve, falls diese nicht schneller, als die Normalentwicklung vor sich ginge, nie mehr der normale Typus erreicht werden, das Regenerat bliebe immer zurück und die versuchte Regulation müßte in allen Fällen mißglücken. In Wirk- lichkeit aber gehört es zur Charakteristik der Larvenformen und somit auch der Actinotrocha, daß sie auf einem Stadium stille stehen und in demselben längere oder kürzere Zeit verbleiben. Infolge- dessen kann, wenn die Operation nicht auf alten Larven vollführt wird, eine Durchschneidung derselben zu vollkommener Regeneration aller Teile und somit zu einer normalen Larvenform und auch nor- maler Endform führen. Dieses ist mir mit Larven, die die Hinter- hälfte regenerierten, auch gelungen, nur die vordere Hälfte scheint so langsam zu regenerieren, vor allem der Kopflappen, daß ich hier nie vollständig regenerierte Larven erzielte, wohl aber, wie es scheint, normale Endformen, da ja der Kopflappen jedenfalls wieder abge- worfen wird. Es ist ja auch möglich, daß die Regeneration so viel Zeit erfordert, daß eine Larve nie dazu kommen kann, den Kopf- lappen zu regenerieren, weil immer die Metamorphose früher eintritt. Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. N 491 Auch hier haben wir dann ein Beispiel einer potentiellen Regenera- tion, die normal nie vor sich geht. Sehr häufig ist es, daß das regenerierende Organ in seiner Ent- wicklung hinter dem Stadium zurückbleibt, welches die Larve unter- dessen erreicht hat. Auch tritt die Metamorphose oft ein, ehe noch das regenerierende Organ seine normale Form erreicht hat. Ist die Entwicklung der ganzen fehlenden Hälfte sehr wenig fortgeschritten, so erzielen wir teratologische Formen, die wohl kaum wieder normal werden können und nicht lebensfähig sind. So besonders Formen, die nach der Metamorphose entweder nur den absteigenden oder den auf- steigenden Darm aufweisen. Ändern Formen fehlt noch der Anus; das Stomodäum fehlte in meinen Fällen immer, das provisorische Ganglion ebenfalls. Inwieweit solche Larven regenerationsfähig sind, kann nur ein detailliertes Studium an größerem Material nachweisen. Alle diese teratologischen Formen beweisen, daß hier die Regeneration nur auf die Wiederherstellung des fehlenden Organs ausgeht, ohne Rücksicht darauf, ob dieses Organ noch bis zur Zeit der Metamorphose regene- riert werden kann, oder ob dieses Organ überhaupt noch notwendig ist. So beginnen alle provisorischen Organe zu regenerieren: Proto- nephridien, analer Wimperring u. a. ohne Rücksicht darauf, daß die Larve schon sich zur Metamorphose vorbereitet, d. h., daß das apikale Sinnesorgan sich schon entwickelt hat, das Metasoma sich bald aus- stülpen soll, die Blutgefäße sich angelegt haben, die definitive Kragen- höhle sieh erweitert und die definitiven Tentakel sich entwickeln. Somit können wir, auf dieser Beobachtung fußend, sagen, daß im gegebenen Fall bei der Regeneration von Acthnotrocha die regene- rierenden Organe sich durchaus selbständig zum Ganzen verhalten und von der allgemeinen Entwicklung des Ganzen nicht beeinflußt werden. In einigen Fällen konnte ich folgende Eigentümlichkeit beobach- ten: der anale Wimperring war eben erst regeneriert, bestand also aus »neuen«, frischen Zellen; die Metamorphose trat ein und der Wimperkranz kam an die definitive Stelle des Afters zu liegen, machte aber keine Anstalten zu zerfallen, sondern wimperte weiter. Ob auch andre eben regenerierte Organe sich eben so verhalten, konnte ich leider nicht genau untersuchen. Es tritt bei Regeneration der Actinotrocha deutlich jenes Gesetz zu Tage, daß die Regeneration jenes Stadium zu erreichen sucht, welches verletzt war. Sie geht in ihren organogenetischen Prozessen weder über dieses Stadium hinaus, noch bleibt sie hinter demselben zurück. Atavistische Regeneration und Abweichungen im Modus der 492 Eugen Schultz, Regeneration kommen hier, wo es sich um Fragen der Zeit handelt, nicht in Betracht. Deutlich tritt das Gesetz bei der Regeneration der sich eben zur Metamorphose anschickenden Larve zu Tage, die noch alle ihre Primärorgane zu regenerieren sich anschickt, während einen Moment später, gleich nach der Metamorphose, dieselben Stellen nur noch die sekundären oder definitiven Organe liefern. Dieses Faktum beweist auch, daß nicht die Primärorgane (Protonephridien, Scheitelplatte usw.) die Bildung der definitiven Organe auslösen, was man glauben könnte, da letztere örtlich an Stelle der ersteren treten, weil sich diese definitiven Organe bei Regeneration direkt bilden können, ohne daß die Primärorgane vorerst auftreten. Unterschiede zwischen Regeneration der Larve und der reifen Form. Vergleichen wir die regenerativen organogenetischen Prozesse bei Regeneration der fertigen Phoronis und bei Regeneration der Actinotrocha, so sehen wir eine Reihe von Unterschieden. Erstens ist der Gang der Regeneration jedenfalls wenigstens für ein Organ — das Blutgefäßsystem — in beiden Fällen verschieden, wie ich es oben schon schilderte. Ein zweiter Unterschied betrifft die Schnellig- keit der Regeneration, und zwar erforderte die Actinotrocha zu ihrer Regeneration wenigstens fünfmal mehr Zeit, als die Phoronis, ein Faktum, das sich schwer mit der Regel vereinigen läßt, wonach die Regenerationsfähigkeit in jungen Stadien am stärksten ist und mit zunehmendem Alter abnimmt. Der dritte Unterschied betrifft die Reihenfolge der Prozesse. So sehen wir z. B., daß bei Phoronis die Nephridien fast am spätesten gebildet wurden, bei Actinotrocha re- generieren sie sehr früh. Doch sind dieses ja verschiedene Organe. Deswegen tritt der Unterschied viel klarer, z. B. beim Durchbruch des Anus zu Tage, der bei der Larve verhältnismäßig früh erfolgt, während beim erwachsenen Tier mit diesem Prozeß überhaupt eigentlich die Regeneration abschließt. Die Regeneration der Actıno- trocha und Phoronis geht folglich so vor sich, als wären Larve und fertige Form zwei ganz verschiedene Tierspezies, die nichts miteinander zu tun haben. Viertens endlich ist die Regeneration der Larve ein allmähliches Aufbauen von der verletzten Stelle aus; bei der Phoronis eine Differenzierung, die distal beginnt und parietal fortschreitet. Eine Betrachtung darf aber vor allem nicht vergessen werden, daß es nämlich nicht unwichtig ist zu konstatieren, daß provisorische Organe überhaupt regenerieren. Die freischwimmende Larve selbst Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. 493 als Wesen, das wohl nie Verletzungen erleidet, es sei denn eine töd- liehe, also ihre Regenerationsfähigkeit schwerlich gezüchtet haben könnte, regeneriert gesetzlich und gut. Die Larvenregeneration scheint sehr gegen WEISMANN zu sprechen, denn es ist nicht ein- zusehen, wie sie gezüchtet werden konnte. Sie scheint hier, wie überall, primär vorhanden zu sein, und nur sekundär Anpassungen zu erleiden. St. Petersburg, 11. Mai 1903. Literatur, M. ABEL, Beiträge zur Kenntnis der Regenerationsvorgänge bei den limicolen Oligochäten. Diese Zeitschr. Bd. LXXIII. 1902. BÜRGER, Fauna und Flora des Golfes von Neapel. Nemertinen. W. CALDWELL, Preliminary Note on the structure, development and Affinities of Phoronis. Proc. of the Roy. Soc. 1882. E. Corı, Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Pho- ronis. Diese Zeitschr. Bd. LI. 1890. H. DrısscH, Die organischen Regulationen. 1901. HATSCHER, Lehrbuch der Zoologie. I. IKEDA, Observations on the Development, Structure and Metamorphosis of Actinotrocha. Journ. of the College of Science, Imper. Univ. Tokyo Japan. Vol. XIH. Pt. 4. 1901. A. MASTERMAN, On the Diplochorda. 1. The Structure of Actinotrocha. Quart. Journ. of Mier. Sc. Vol. XL. N. S. 189. —— Professor ROoULE upon the Phoronidea. Zool. Anz. 1901. L. RoULE, Etude sur le d&veloppement embryonnaire des Phoronidiens. Annales des Sciences Nat. (Zool.) VIlIe serie. T. XI. 1900. E. ScHULTZ, Aus dem Gebiete der Regeneration. II. III. Diese Zeitschr. Bd. LXXII u. LXXV. M. SELYS-LONGCHAMPS, Recherches sur le developpement des Phoronis. Archives de Biologie. T. XVII. 1902. SIMRoTH, Über das natürliche System der Erde. Verhandl. der Deutsch. Zool. Gesellsch. XII. 1902. A. WıLLEy, Enteropneusta from the South Pacific, with Notes on the West-Indian species. A. Wırreys Zoological Results. Part II. Cambridge 189. 494 Eugen Schultz, Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. Erklärung der Abbildungen. Buchstabenerklärung: A,B, a, b, ec, verschiedene Durchschnitts- mes, Mesenterium; stellen des Metasoma; mis, Metasoma; an, Anus; nph, Nephridium; bl, Blutzellen; Reg.v.t, regenerierender Vorderteil; d, Darm; SeptI, Septum des Kopflappens; GI, primäres Ganglion; SeptII, Septum der Kragenhöhle; GII, sekundäres Ganglion; S.N, Sinnesnerven; gl, Gliazellen ; S.0, Sinnesorgan; 9.z, Ganglienzellen; S.Z, Sinneszellen ; K.c, Körpereölom; {I, primärer Tentakel; Kr.HI, primäre Kragenhöhle; {II, sekundärer Tentakel; Kr.H.II, sekundäre Kragenhöhle; W.org, Wimperorgan. Tafel XXXIII Fig. 1. Aectöinotrocha, ihr Hinterende regenerierend. Fig. 2. Dasselbe; späteres Stadium. Fig. 3. Actinotrocha, Vorderende mit Tentakeln regenerierend. Fig. 4. Dasselbe; späteres Stadium. Fig. 5. Teil des normalen Kopflappens im Sagittalschnitt, mit Scheitel- platte und beginnender Bildung des sekundären Ganglions. Fig. 6. Dasselbe; späteres Stadium. Fig. 7. Sekundäres Ganglion mit primärem Sagittalschnitt, noch vor der Metamorphose. Fig. 8. Durchschnitt durch ein regenerierendes Vorderende. Sagittalschnitt. Fig. 9. Durchbruch des Anus. Fig. 10. Bildung des Wimperorgans. Fig. 11. Schema. Die Verhältnisse des Metasoma nach dem Durchschnitt im Vorderende zeigend. Fig. 12. Schema. Die Verhältnisse des Metasoma nach dem Durchschnitt in die hintere Hälfte zeigend. Fig. 13. Unnormal wieder terminal durchgebrochenes Metasoma. Fig. 14. Regeneration der Metasomamündung. Fig. 15. Nephridium im Durchschnitt. Fig. 16. Regeneration des Nephridiums. Fig. 17. Regeneration der sekundären Tentakel. Fig. 18. Bildung der sekundären Kragenhöhle. Fig. 19. Schematische Projektion zur Erklärung der Bildung der sekun- dären Kragenhöhle vom Körpercölom aus. Fig. 20. Gebiet der Kragenhöhle im Sagittalschnitt. Fig. 21. Regeneration des Nephridiums. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. Myzostoma asteriae Marenz. Von Dr. Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels. Mit Tafel XXXIV—XXXVII und 2 Figuren im Text. Einleitung. Im Laufe der letzten Jahre hat sich die schon zuzeiten der letzten diesbezüglichen Publikationen v. GRAFFs! recht bedeutende An- zahl der Myxostoma-Arten nicht unerheblich vermehrt, so daß man heute innerhalb dieses Genus bereits 85 Spezies zählt. Obwohl sich schon infolge ihrer äußerlichen Verschiedenheiten eine engere Grup- pierung immer mehr als Notwendigkeit herausgestellt hat, so mußten sie dennoch in einer einzigen Gattung vereinigt bleiben, weil zu einer eventuellen Teilung der letzteren die Handhaben fehlten, die nur durch eine allgemein durchgeführte und eingehende anatomische Unter- suchung geliefert werden konnten. v. GRAFF hatte in seiner grund- legenden Monographie? nur zwei Myzostoma-Arten in dieser Hinsicht behandelt. Später kamen durch die Arbeiten. von Nansen?, PROUHO! und WHEELER? noch weitere elf dazu. Es wurden daher im ganzen 13 Spezies in anatomischer Beziehung genauer untersucht und zwar: M. glabrum F. S. Leuck., M. eirriferum F. S. Leuck., M. gigas Ltk., M. giganteum Nansen, M. graffi Nansen, M. carpenteri Graff, M. cir- cinatum Wheeler, M. alatum Graft, M. platypus Graft, M. belli Wheeler, M. eryptopodium Wheeler, M. eremita Wheeler und M. pulvinar Gratft®. [Die in den Anmerkungen fett gedruckten Zahlen beziehen sich auf die korrespondierenden Kopfzahlen im Literaturverzeichnis (p. 590). 1 13 und 14. 2 10. 3 21. 4 23 und 24. 5 29, 30, 31. 6 Es sei hier der Vollständigkeit halber noch die neueste Mitteilung H. J. CLARKS (5) erwähnt, welcher auch auf Ophiuren (Ophioceras [?] und Astroceras) schmarotzende Myzostomen vorgefunden hat. Die genaue Beschreibung der Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 34 496 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Obwohl die Erfahrungen, welche dadurch gewonnen wurden, ausge- reicht haben, die so lange umstrittene Stellung dieser Formengruppe innerhalb des Systems mit einiger Sicherheit bestimmen zu können, so genügten sie aber keineswegs, um in die engere Systematik derselben Klarheit zu bringen. Insofern war aber diesbezüglich ein gewisser Erfolg zu verzeichnen, als der Nachweis erbracht wurde, daß unter den Arten öfters nicht unerhebliche Verschiedenheiten auch in Bezug auf die Anordnung und Ausbildung mancher Organe bestehen, Ver- schiedenheiten, die sogar spezifischen Charakter haben können. Auf eine weitere, für die Systematik wichtige Tatsache wurde durch die obigen Untersuchungen ebenfalls Licht geworfen, nämlich auf die merkwürdigen Sexualverhältnisse, die bei manchen Myzostoma-Arten sogar zu einer anscheinenden Geschlechtstrennung führen können; (protandrischer Hermaphroditismus verbunden mit Dimorphismus ge- wisser Alterstufen). Infolge dieser beiden Erfahrungen erscheint es daher als ein Ge- bot der Notwendigkeit, auch die innere Anatomie bei der Aufstellung eines auf begründeter Basis fußenden Systems der Myzostomen heran- zuziehen. Dieser Auffassung hat sich schon v. GRAFF nicht ver- schlossen und auch neuerdings gibt WHEELER! derselben folgender- maben Ausdruck: »v. GRAFF in his taxonomie papers wisely refrained from subdividing the genus Myzostoma, althoug he appears to have recognized the lack of uniformity in the species. He was doubt- less well aware of the necessity of utilizing internal as well as ex- ternal anatomical characters in delimiting groups of species, but the state of preservation of the Challenger specimens and their value as types made a thoroug examination impossible. It is, perhaps, as well that the genus was not subdivided into several genera, for it now appears from facts to be recorded in the present paper, that the adolescent stages of several, and probably of all species of Myzostoma are remarkably similar in their organization, althoug the adults may present differences to which a systematist might attach generic values. The final estimate of these characters must depend on a thorough morphological analysis of all the species of the group and this may be left to future investigators.« Den Weg, welcher durch die eben dargelegten Gesichtspunkte für die künftigen Myxostoma-Bearbeiter vorgezeichnet ist, verfolgt letzteren, welche vermutlich einer oder zwei neuen Arten angehören, ist mir bis jetzt jedoch noch nicht zu Gesicht gekommen. 1 30, p. 228, Abs. 3. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. 497 auch die vorliegende Abhandlung über M. asteriae Marenz., eine Art, welche durch ihre streng endoparasitäre Lebensweise innerhalb der Arme einiger Seesterne besonderes Interesse bietet. Während der österreichischen Tiefsee-Expedition (S. M. S. »Pola«) wurde in den Monaten Juli und August des Jahres 1895 von v. MA- RENZELLER ein in den Armen von Asterias richardi E. Perr. und Stolasterias neglecta E. Perr. (= Asterias edmundi Ludw.)! endopara- sitisch lebendes und bis dahin unbekanntes Myxostoma aufgefunden. V. MARENZELLER beschrieb dasselbe? und nannte es: Myxzostoma aste- riae. Nähere Angaben über die Lebensweise desselben machte dann der ebengenannte Forscher in seiner etwas später erschienenen Ab- handlung über die Echinodermen der österr. Tiefsee-Expedition®. In derselben Arbeit suchte er auch die freiwillige Autotomie der beiden von dem Myxzostoma befallenen Seesternarten auf die Beeinflussung der letzteren durch jenes zurückzuführen. Die Angaben v. MAREN- ZELLERS Sollen in Nachfolgendem, sowohl was die Speziesdiagnose, als auch was die biologischen Beziehungen des Myzostoma asteriae anbelangt, vollinhaltliche Wiedergabe finden: 4»»Das e. M. Herr Kustos Dr. EmIL v. MARENZELLER ........ berichtet ferner über die Auffindyng einer Myzostoma-Art in Seesternen unter dem Titel: » Myzostoma asteriae n. sp., ein Endoparasit von Asterias-Arten«. Es war bisher nicht bekannt, daß Myxzostoma außer Crinoiden auch andre Echinodermen heimsuche. Allein die Zugehörigkeit des von mir entdeckten Parasiten zu dieser Gattung ist ganz zweifellos. My:zostoma asteriae, so nenne ich die neue Art, sitzt in den Armen der von der österreichischen Tiefseeexpedition aufgefundenen Asterzas- Arten, Asterias richardi Perrier und Stolasterias neglecta Perrier, und zwar in einem großen, aus der Erweiterung eines der beiden Blind- därme entstandenen Divertikel. Zwei und selbst drei Arme eines und desselben Tieres können gleichzeitig infiziert sein. Er veranlasst durch seine bedeutende Größe eine Hypertrophie des Armes in Breite und Höhe. Dadurch wird es auch möglich, die Anwesenheit des Parasiten in intakten Individuen zu erkennen. Das erste Exemplar wurde in einem losen Arme entdeckt. Auffallend ist die ungewöhn- liche Körperform (breiter als lang) und die Größe an sich, sowie be- sonders im Verhältnis zum Wirt. Die vorläufige Diagnose mag lauten: 1 16, p. 395 —3%. 217, p. 2—3. 318, p. 13 und 15. 4 17, p. 2—3. 34* 498 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Myxostoma asteriae n. sp. Körper breiter als lang (7 mm breit, 4 mm lang aus einem 15 mm langen Arme von Asterias richardi, 8,5 mm breit, 9 mm lang aus einem 40 mm langen Arme von sStolasterias neglecta), derb, ohne Anhänge. Rand nicht verdünnt, glatt, etwas wellig. Rücken glatt. Parapodien und Klebdrüsen (Saugnäpfe) in gewöhnlicher Anzahl, doch namentlich die letzteren rudimentär, unweit vom Rande in gleicher Höhe stehend. Die Klebdrüsen nicht ganz in der Mitte zwischen zwei Parapodien. Mund ventral zwischen zwei Parapodien. After ventral, etwas vor Beginn des hinteren Drittels der Körperlänge. Zwei Geschlechtsöffnungen an gewöhnlicher Stelle. Welche Rolle Myzostoma asteriae in dem Leben seines Wirtes, namentlich von Asterias richardı spielt, habe ich in meiner gleich- zeitig der kaiserl. Akademie übergebenen Abhandlung über die in den Jahren 1895 und 1894 von den österreichischen Tiefsseexpe- ditionen gesammelten Echinodermen näher auseinandergesetzt. Ich suche in seiner Anwesenheit eine bestimmte Erklärung für die bei diesem Seesterne von frühester Jugend an auftretende wiederholte Autotomie.«« Weiter!: »Asterias richardı bekundet seine außerordentliche Neigung, sich seiner Arme zu entledigen, zeitlebens. Die Scheibe ist deutlich von den Armen abgesetzt und neben ganzen oder verkrüp- pelten Exemplaren wurden auch zahlreiche einzelne Arme mitge- bracht, die entweder während des Fangens abfielen, oder schon am Meeresgrunde aufgelesen wurden. Bestreitet man die Ansicht, daß die Teilung des Seesternes durch die Scheibe gehe und jede Hälfte wieder zu einem neuen Individuum ergänzt werde, oder daß an den abgelösten Armen neue Individuen heranwachsen, bringt man also das fortgesetzte Zerstören und Wiederersetzen in keinen Zusammen- hang mit der Vermehrung der Art; so muß man sich fragen, welchen Vorteil hat das Tier von der wiederholten Autotomie, die, wie die Reduktion der Zahl der Arme im Alter zeigt, zu einer Erschöpfung führt? Ich glaube die Erklärung in einem Vorkommen gefunden zu haben, das an und für sich von großem Interesse und vollkommen geeignet ist, das Leben des merkwürdigen Seesternes zu beeinflussen. Astervas richardi beherbergt in seinen Armen einen Para- siten, welcher der bisher nur als Ecto- und Endoparasiten der Crinoiden bekannten Gattung Myzosioma angehört. Die Dimensionen desselben sind an sich und besonders im Ver- "18, p, 19, Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 499 hältnisse zu seinem Wirte kolossalee Das Mwyxostoma, ich nenne es M. asteriae, hat eine Länge von 4 mm und eine Breite von 7 mm, ist also, und das ist ganz ungewöhnlich, breiter als lang. Es liegt, die Bauchfläche nach oben, in einem großen Divertikel, das aus dem hy- pertrophierten Anfangsstücke eines der beiden Blinddärme entstanden ist und deckt diese zum Teil. Ich entdeekte dasselbe zuerst in einem losen Arme. Ein solcher, von dem Myzostoma heimgesuchter Arm wird etwas verbreitert und merklich höher. Geleitet durch diesen Um- stand förderte ich bisher aus ganz intakten Tieren weitere drei zu Tage. Ich fand sogar in zwei Armen eines und desselben Seesternes je ein Exemplar. Solange der durch den Mund als Larve einwan- dernde Parasit klein ist, wird er seinen Wirt wenig behelligen. Mit zunehmender Größe wird er aber durch den beständigen Reiz und die Veränderungen, welche er im Darm und Skelett hervorruft, so lästig werden, daß sich das Tier endlich in radikalster Weise von seinem Peiniger durch freiwillige Amputation des Armes befreit, oder dieser geht infolge Lockerung des Zusammenhangs spontan verloren. Für die erwachsenen Tiere ist dieser Vorgang kaum anzuzweifeln. Werden die jungen sechsarmigen Seesterne ebenso infiziert wie die alten und wachsen die Parasiten rascher als ihr Wirt, so kann sich der Prozeß öfter wiederholen, bald dieser, bald jener Arm, auch ein neugebildeter zum Opfer fallen. Ich erwähnte bereits, daß ich in einem Asterias richardi zwei Arme bewohnt fand. Bei dem einzigen größeren Exem- plar des Stolasterias neglecia saßen in drei Armen dieselben Myzo- stomen. Es ist somit gar nichts Auffälliges, wenn mehrere Arme zu- gleich abgestoßen werden, und möglicherweise geht auch manchmal ein gesunder Arm mit kranken zugleich verloren. Die beständi- sen Körperverluste erschöpfen den Seestern frühzeitig und er bringt es im Alter nicht mehr zur Ausbildung eines sechsten Armes. Bei Asterivas richardı und neglecta liegt der Autotomie eine bestimmte Veranlassung zu Grunde. Es ist der Kampf um das Dasein. — Viel- leicht bleiben diese beiden Fälle nicht vereinzelt. « Durch die gütige Vermittlung des Herrn Hofrats v. GRAFF stellte mir Herr Kustos Dr. v. MARENZELLER in liberalster Weise eine ganze Anzahl, im Durchschnitt gut konservierter Exemplare von M. asteriae zum Zwecke der genaueren Untersuchung zur Verfügung. Beiden Herren sei hiermit für ihr Entgegenkommen der wärmste Dank aus- gesprochen. 500 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Speziesdiagnose. Schon zu Beginn der Untersuchung zeigte es sich, wie notwendig es ist, bei der Beschreibung von Myzostoma-Arten nicht nur nach äußeren Merkmalen, sondern auch mit Rücksichtnahme auf die innere Organisation vorzugehen. Im gegenteiligen Falle ist bei der Klein- heit und äußerlichen Ähnlichkeit der Mund- und Kloakalöffnung eine Verwechslung derselben und damit eine vollständig verkehrte Orien- tierung des Myxostoma-Körpers sehr leicht möglich; außerdem können aber dem Autor wichtige systematische Merkmale entgehen, die auf Abweichungen im Bau und in der Verteilung der inneren Organe be- ruhen. Infolge der eben erwähnten Unterlassung enthält auch die bis jetzt geltende Speziesbeschreibung des M. asteriae eine Reihe von Irrtümern, welche durch nachstehende revidierte Speziesdiagnose richtig gestellt seien!. Myzostoma asteriae Marenz. Körper queroval, breiter als lang, ziemlich flach, derb, ohne Randsaum und -Anhänge. Rand glatt, etwas wellig. Rücken glatt, etwas gewölbt. Bauchseite etwas konvex. Parapodien ohne Cirren schwach ausgebildet, doch nicht rudimentär. Ihre Entfernung vom Körperrande beträgt etwa den zehnten Teil der Körperbreite. Neun Seitenorgane (»Saugnäpfe«) vorhanden. Dieselben liegen in der Linie der Parapodien und zwar je vier auf jeder Körperseite zwischen den letzteren, und ein unpaares? in der Medianebene zwischen dem hin- tersten Parapodiumpaare. Leibesmuskulatur reduziert. Darm kurz, in dem hintersten Abschnitte nach oben gebogen. Mund? ventral etwas hinter dem Beginne des zweiten Dritteils der Körperlänge. Pharynx, Magen und Enddarm (Rectum und Kloake) fast gleich lang. Jederseits zwei vom Magen abgehende Hauptstämme der Darmver- zweigung. Die Kloakenöffnung liegt dorsal, an der Grenze des zweiten und letzten Dritteils der Körperlänge und unmittelbar vor ihr die weibliche Geschlechtsöffnung (Uterusöffnung). Beide münden am Grunde einer grübchenförmigen Einstülpung des dorsalen Körper- epithels. Je ein Ovarium (»problematisches Organ« NANSEN) an der ! Es sei hier jedoch hervorgehoben, daß v. MARENZELLER die von ihm auf-- Besiele Diagnose selbst als eine »vorläufige« bezeichnete. 2 Dieses unpaare Seitenorgan erscheint in der ursprünglichen Diagnose als »Munde«. 3 Der »After« in der ursprünglichen Diagnose. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 501 Ursprungsstelle der rechten und linken Hauptabzweigung des »Uterus«, seitlich vom Magen gelegen. Männliche Geschlechtsöffnungen an gewöhnlicher Stelle. »Penes« schwach entwickelt. Samenblasen fehlen. In jeder Körperhälfte nur ein Vas deferens vorhanden. Ein Paar von Nephridien (»latero-ventrale Oviductes NAnsEn) mit ge- trennten Nephrostomen und ebensolehen Nephroporen. “Die letzteren liegen fast unmittelbar hinter dem Magen, in dem proximalsten Ab- schnitte der Kloake. Geschleehtsverhältnisse: M. astervae ist bis jetzt nur als funk- tionierender Hermaphrodit aufgefunden worden. Größe: Sie schwankt bei den bisher gesehenen Exemplaren in den Ausmaßen von 39,5—5 mm Länge und 5—-8,5 mm Breite!. Fundort: Lebt endoparasitisch in den Armen von Stolasterias neglecta E. Perr. und Asterias richardi E. Perr. innerhalb der Darmdivertikel. Anatomisch-histologischer Teil. Material und Untersuchungsmethode. Das mir zur Verfügung gestellte Material bestand aus sechs Exem- plaren von M. asteriae, wovon drei Exemplare aus Siolasterias neglecta und drei aus Astervas richardi stammten. Zur Aufarbeitung gelangten davon fünf Exemplare, weil es sich herausgestellt hatte, daß das Ma- terial sehr ungleichmäßig konserviert war und daher mehr Exemplare zur Untersuchung herangezogen werden mußten, als bei gleichmäßig guter Konservierung notwendig gewesen wäre. Über die Methodik der Untersuchung ist im allgemeinen wenig Bemerkenswertes zu berichten. Nachdem die Objekte in ihrer natür- lichen Lage innerhalb des Seesternarmes abgebildet worden waren, wurden sie in Paraffin eingebettet und in nicht allzudünne Schnitt- serien zerlegt. Zur Beobachtung gelangten Querschnitte, sowie auch vertikale und horizontale Längsschnitte. Gefärbt wurde mit Häma- toxylin-Fuchsin-Pikrinsäure (nach v. GEson). Diese Methode leistete besonders bei der Untersuchung der Parapodien, speziell der Borsten- drüse und der Parapodialmuskulatur durch die scharfe Differenzierung des Muskel- und Bindegewebes ausgezeichnete Dienste. Immerhin blieben jedoch einerseits die Kleinheit der Gewebselemente, andrer- seits die nicht ganz tadellose Erhaltung des Materials ein Hindernis für feinere histologische Untersuchungen. 1 Die Exemplare aus Stolasterias neglecta waren im allgemeinen größer als die aus Asterias richardt. 502 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Integument. Dieses besteht bei M. asteriae ebenso wie bei den übrigen My- zostomen aus vier Schichten: der Cuticula, der Hypodermis, einer Grenzschicht und dem Hautmuskelschlauch. In folgendem wird die natürliche Reihenfolge der einzelnen La- sen, wie sie hier angeführt ist und sich aus der Richtung von außen nach innen hin ergibt, aus Zweckmäßigkeitsgründen nicht eingehalten sondern gleich mit dem wichtigsten Teile des Integumentes, mit der Hypodermis begonnen. Bisher herrschte allgemein die Auffassung, daß dieselbe aus einer einschichtigen Lage eylindrischer oder mehr kubisch geformter Zellen bestehe, welche spindelförmige, beziehentlich runde Kerne besäßen und mit ihren Basalenden in einer bindegewebigen Cutis stäken‘. Erst Nasen? hatte zweierlei Formen von Hypodermiszellen be- schrieben. Er unterscheidet nämlich die gewöhnlichen »Epidermis- zellen« und weiter große Zellen, welche »inside of the epidermie cells« gelegen seien und Fortsätze gegen die letzteren aussendeten. Über die Endigungen dieser Fortsätze äußert sich NAnsEn unentschieden: bei einigen von den großen Zellen konnte er jedoch drüsigen Charak- ter nachweisen. Daran anschließend sagt er: »Several such large cells are found situated among the epidermic cells.« Diese Angaben NANSENSs, welche trotz ihrer Dürftigkeit darauf schließen ließen, daß sich bei den Myzostomen ein weitaus kompli- zierterer Aufbau der Hypodermis würde nachweisen lassen, als bis- her angenommen wurde, erfahren durch entsprechende Befunde bei M. asteriae eine Bestätigung: Die Hypodermis ist auch hier aus zwei verschiedenen Zellformen zusammengesetzt, nämlich aus den schon von den früheren Autoren beschriebenen ceylindrischen Zellen und andererseits aus echten Drüsenzellen, welche zwischen die ersteren eingekeilt sind. Die eylindrischen Zellen (hier kurzweg Cylinderzellen genannt) treten ihrerseits in zwei, morphologisch gleichwertigen aber gestaltlich verschiedenen Modifikationen auf. Die erstere von diesen (Taf. XXXV, Fig. 1 (x), welche jedenfalls auch die ursprünglichste ist, findet sich hauptsächlich auf der Dorsalseite des Tieres. Die Cylinderzellen bilden hier große Bezirke der Hypodermis, ohne daß sich zwischen sie eine einigermaßen größere Anzahl der später zu beschreibenden 1 v. GRAFF, 10, p. 26, Abs. 3 und 4; BEARD, 1, p. 548, Abs. 2. 2 21, p. 70 und 71. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 503 Hypodermdrüsenzellen einschiebt. Ihre Gestalt ist fast cylindrisch mit gegenüber dem Kopfteile nur wenig verschmälerter Basis. Ihre Höhe beträgt 16, ihre Durchsehnittsbreite 3—4 u, wobei die erstere segen den Körperrand hin gegenüber der letzteren allmählich abnimmt. Ihr Cytoplasma ist granuliert, besonders am distalen Zellende, wo- selbst es sich kuppenförmig gegen die Cuticula vorwölbt, und durch die zahlreichen, sich mit Hämatoxylin stark färbenden Körnchen dunkel und undurchsichtig wird. Eine Streifung desselben, wie eine solehe BEARD! und NAnsEN? gesehen haben, konnte ich daher bei M. asterige nicht beobachten. Die etwas oberhalb der Zellbasis ge- legenen kugeligen oder ovalen Kerne, welche entsprechende Farb- stoffe begierig aufnehmen, entbehren der Fortsatzbildungen. Die Fuß- enden der ÜÖylinderzellen sind sehr schwer zu erkennen. Sie bilden ein unterhalb der Hypodermis gelegenes Geflecht, welches, da in dasselbe Muskel-, vielleicht auch Nervenfibrillen eintreten, der Grenz- schicht (Cutis der Autoren) beigezählt werden muß (p. 508). Die zweite Modifikation der Cylinderzellen (Taf. XXXV, Fig. 3 ©) findet sich in der Hypodermis dort, wo neben ihnen auch eine größere Anzahl von Hypodermdrüsenzellen auftritt, also auf der Ventralseite des Tieres. Hier werden die Cylinderzellen, dadurch daß sich ihre Basalenden bedeutend verschmälern, um für die breiten Drüsenzellen Platz zu machen, trompetenförmig. Ihre Längendimensionen bleiben im allgemeinen die gleichen, wie die der erstbeschriebenen Modifi- kation, auch die Breitenausmaße am distalen Zellende. Gegen die Zellbasis hingesen sinkt die Zellbreite um ein bedeutendes, so daß die Zelle hier schließlich fadenförmig wird. Während bezüglich der Struktur des Cytoplasma zwischen den beiden Formen der Cylinder- zellen kein Unterschied besteht, macht der Besitz von »geschwänzten Kernen«? die der zweiten Art sehr auffällig. Mit der Verschmälerung des Zellleibs geht nämlich bei ihnen auch eine allmähliche Breiten- reduktion des Zellkerns Hand in Hand, und zwar in solchem Maße, daß das Basalende des letzteren gegen die Zellbasis hin in einen fadenförmigen Ausläufer ausgezogen wird. Derselbe ist bezüglich seiner Richtung augenscheinlich durch die an der Innenseite der Grenz- schicht (Basalmenbran; vgl. p. 506, 508) auftretenden wurzelförmigen Fortsätze beeinflußt, denn er strebt stets demjenigen von diesen zu, welcher ihm zunächst liegt (Taf. XXXV, Fig. 2, 3). Ob er mit Muskel- fibrillen, welche durch eben diese Fortsätze der Basalmembran zur 11, p. 548, Abs. 5. 2 21, p. 71, Abs.1. 3 Vgl. Eısıg, 8, p. 300, Abs. 2. 504 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Hypodermis herantreten, in Verbindung steht, konnte ieh nicht mit Bestimmtheit nachweisen, halte es aber für gar nicht unwahr- scheinlich. Außer den Cylinderzellen finden sich in der Hypodermis noch Zellen, welche von jenen völlig abweichend gebaut sind und ihrer Funktion nach als einzellige Hautdrüsen angesprochen werden müssen. Es sind flaschen- oder kugelförmige Gebilde, die bedeutend breiter sind als die Cylinderzellen und zwischen diesen eingekeilt liegen. Während sie in der dorsalen Hypodermis recht vereinzelt vorkommen, treten sie in der ventralen in viel größerer Anzahl auf, so daß auf Schnitten durch die letztere auf durchschnittlich fünf Cylinderzellen, eine, manchmal aber auch zwei oder drei, knapp neben- oder über- einander liegende Drüsenzellen kommen (Taf. XXXV, Fig. 2, 3 Hdrx.). Das Cytoplasma derselben ist hyalin und sehr schwach färbbar, der verhältnismäßig große, rundliche Kern in der Zellmitte oder etwas exzentrisch davon gelegen. Da eine äußere Zellmembran zu fehlen scheint, so müssen die Drüsenzellen ihre Abgrenzung lediglich durch die sie unmittelbar umgebenden Cylinderzellen erhalten. Dadurch, daß die letzteren an ihrer Verbindungskante etwas auseinanderweichen, wird ein kapillarer Spalt oder Gang gebildet, der bis zur Drüsenzelle reicht, und durch welchen das der letzteren entstammende Sekret seinen Weg nach außen findet. Da die Cuticula, wie später (p. 506, 507) zu er- sehen ist, aus zahlreichen, den einzelnen Cylinderzellen entsprechenden Säulchen besteht, die, untereinander nur in loekerem Verbande stehend, diesen Spaltungsvorgang dadurch mitzumachen gezwungen sind, daß sie an ihren Matrixzellen fest haften bleiben, kann das Drüsensekret auch weiterhin ins Freie austreten. Zuweilen ist jedoch ein solcher Ausführungsspalt nicht vorhanden. In diesem Falle liegen die Drüsenzellen als kugelige Gebilde basal zwischen den Cylinderzellen, die hier etwas auseinanderweichen, jedoch oberhalb von ihnen sich wieder zusammenschließen, so daß man weder an der oberen Grenze der Hypodermis noch in der Cuticula bei der Betrachtung von der Fläche aus irgend welche Lücken oder Poren wahrnehmen kann. Daher ist anzunehmen, daß sich der Ausführungsgang dem Füllungs- zustande der Drüsenzellen entsprechend stets neu bildet, indem durch die allmähliche Dehnung des Drüsenkörpers und durch das Hervor- pressen des Sekretpfropfes der ohnehin lockere Zusammenhang der Cylinderzellen gelöst wird. Besonders günstige Bedingungen müssen hierfür dann vorhanden sein, wenn durch wellige Faltung der Haut Spannungsdifferenzen zwischen Basis und Kopfteil der Cylinderzellen Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. 505 an deren Verbindungsflächen entstehen. Durch die ventrale Lage und das wechselnde Spiel der ventralen Muskelmasse, der Parapodien und der Seitenorgane (Saugnäpfe) werden zahlreiche, entweder der Körper- peripherie parallele oder zum Zentrum der Ventralseite strebende Ring- beziehungsweise Radialfalten bedingt, die sich in Lage und Stärke oft wellenförmig verändern. Auf den erhobenen Faltenbergen, — wenn der Vergleich einer Falte mit einer Welle gestattet ist —, werden die Cylinderzellen an ihrer Basis zusammen und aneinander sepreßt, während auf ihre Kopfteile ein Zug wirkt, der sie von- einander zu trennen strebt. In den Faltentälern treten gleichzeitig die entgegengesetzten Verhältnisse ein, Dehnung der Basen und Zu- sammenpressung der Kopfteile usw. Durch dieses wechselnde Spiel ergeben sich bei der verhältnismäßig nicht unbedeutenden Höhe der Cylinderzellen in der Hypodermis Spannungsdifferenzen, welche trotz der ausgleichenden Elastizität der Zellen groß genug sind, um eine Entleerung der Drüsenzellen zu bewirken. Falls sich nämlich die letzteren eben auf den Faltenbergen befinden, so wird auf sie ein Druck ausgeübt, welcher ihr Sekret in der Richtung des geringsten Wider- standes, das ist zwischen den an ihren Kopfteilen gedehnten Cylinder- zellen, auszutreten zwingt. Rückt nun die betreffende Stelle der Hypodermis ins Faltental hinab, so vermindert sich allmählich der Druck auf die Drüsenzellen, während der durch das ausgetretene Sekret gebildete Spalt oder Gang wieder zusammengepreßt und so der Zusammenschluß der Cylinderzellen wieder hergestellt wird. Die Drüsenzellen dürften nur eine beschränkte Existenzdauer be- sitzen. Ihr gesamter Zellleib scheint sich sukzessive in Sekret zu verwandeln und absatzweise, schließlich auch mit dem Kerne, nach außen entleert zu werden. Wenigstens sind in den von ihnen stammenden Sekreten, welche in Form von hyalinen, stark tingier- baren Tröpfehen oder aus letzteren zusammengeflossenen Membranen auftreten, nicht selten stark degenerierte Kerne anzutreffen!. Da nun die Drüsenzellen bei der Sekretion vollständig aus dem Verbande der Hypodermis ausscheiden, so entsteht die Frage, wie man sich 1 Es ist mehr als wahrscheinlich, daß sich die von BrEArD (1, p. 548 u. 549) als vermutliche Tastorgane beschriebenen Körper an der Cuticula eines in Os- miumsäure getöteten M. glabrum, auf derartige, durch die Leibeskontraktionen weit hervorgepreßte Sekretpfropfen einzelliger Hypodermdrüsen zurückführen lassen. Die relative Größe dieser Gebilde dürfte für diese Annahme kein Hinder- nis abgeben, da ja das Sekret durch das Seewasser oder durch den Einfluß der Reagentien aufgequollen sein kann. Man vergleiche übrigens ganz analoge Bilder, die EısıG (8, p. 23, 24, 232; tab. III, fig. 9) bei Capitelliden erhalten hat. 506 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, ihren Ersatz vorzustellen habe. Darauf geben Bilder, welche man auf Präparaten häufig vorfindet, einigermaßen Antwort. Man sieht nämlich nicht selten, daß in der Hypodermis zwei auch drei Drüsenzellen übereinander gelagert sind. Von diesen ist die zu unterst (basal) ge- legene stets die kleinste und zeichnet sich durch ihren großen, rundlichen Kern aus, während die Kerne der ober ihr befindlichen Drüsenzellen stets schon deutliche Degenerations- (Schrumpfungs-) Erscheinungen wahrnehmen lassen (Taf. XXXV, Fig. 3 Hdrz). Man könnte daher die Ansicht aussprechen, daß die zu unterst liegenden Drüsenzellen zu Ersatzzwecken für die oberen dienen. Allerdings steht man dann wieder vor der Frage, ob man die ersteren als die ursprünglichen Drüsenmutterzellen zu betrachten habe, die durch periodische Teilung die oberen, funktionierenden Drüsenzellen liefern, oder ob die unteren nur als Teilungsprodukte der oberen aufzufassen seien, insofern als die jeweilige Drüsenzelle vor Beginn ihrer Sekretionstätigkeit einem Teilungsvorgange unterliegt und damit selbst ihren zukünftigen Ersatz vorbereitet. Eine Entscheidung zwischen diesen beiden Standpunkten zu treffen, war ich nicht im stande. Ich muß jedoch hervorheben, daß ich einen Teilungsvorgang bei den Drüsenzellen nie gesehen habe. | Diejenigen Modifikationen der Hypodermis, welche an solchen Körperstellen auftreten, wo sich das Integument gegen das Leibesinnere hineinbuchtet, werden bei der Beschreibung der betreffenden Organe berücksichtigt werden. Cutieula. v. GrAFF! bezeichnete dieselbe als eine »feine glas- helle Membran«, welche den Körper des Tieres kontinuierlich über- zieht. NANSEN? schloß sich v. GRAFF insoweit an, als er die Cuticula »thin and apparently structureless« nannte. Er unterschied jedoch an ihr zwei Lagen: eine äußere, dünne und schwach färbbare und eine innere, dieke und stark tingierbare. Die Cutieula ist nach ihm das Abscheidungsprodukt der unterhalb von ihr liegenden Epithelzellen. Poren oder sonstige Öffnungen hat er in ihr nicht be- obachtet. Gegenüber diesen Angaben vermochte ich an der Cuticula von M. asterige nicht unerhebliche Abweichungen zu konstatieren. Jede Cylinderzelle (nur diese allein!) scheidet hier nach außen hin eine ihrer eignen Breite entsprechende ungefähr 2—3 u dicke Lage einer hyalinen, mit Hämatoxylin sehr schwach färbbaren Substanz ab, 1 10, p. 26, Abs. 3. 2 21, p. 70, letzter Abs. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 507 die, soweit ich zu beobachten in der Lage war, strukturlos, homogen ist. Diese einzelnen distinkten, pflastersteinartig nebeneinander ge- legenen und an ihren Berührungsflächen miteinander nur schwach kohärierenden Säulchen bilden zusammen ein den ganzen Körper des Tieres überziehendes Häutchen, die sogenannte Cuticula. Während also nach den bisherigen Beobachtern die Outicula der Myzostomen ein gewissermaßen einheitliches Gebilde darstellt, ist bei M. asteriae die Individualität der Cuticulaelemente erhalten geblieben. Der wechselseitige Zusammenhang derselben ist nämlich ein so lockerer, daß sich dieselben bei Zerreißungen der Haut eher voneinander trennen, als daß sie sich von den unter ihnen befindlichen Cylinder- zellen ablösen (Taf. XXXV, Fig. 1, 2, 3 Ct. Über die feinere Struktur der Cuticulaelemente kann ich nur wenig berichten, da ich bei deren Untersuchung durch das nicht sanz tadellos erhaltene Material gehindert wurde. Als einziges Re- sultat wäre anzuführen, daß die Cuticula bei M. asteriae nicht, wie NANSEN bei andern Myzostomen beobachtet hat, aus zwei ver- schieden stark färbbaren Lagen, sondern nur aus einer einzigen Schicht von anscheinend ganz homogener Struktur besteht. Die Grenzschicht. Alle früheren Bearbeiter von Myzostomen stimmen in der Angabe überein, daß die Hypodermiszellen mit ihren Fußenden in einer bindegewebigen Schicht, der sogenannten »Qutis« stäken, die ihrerseits die Verbindung der Hypodermiselemente mit dem Hautmuskelschlauche vermittele.. Die »Cutis« erhalte ihr charakte- ristisches Gepräge dadurch, daß sie aus einem feinmaschigen Netz- werke aus feinsten Fasern mit eingestreuten spindelförmigen Kernen bestehe, zwischen welchen sich neben den Ausläufern der dorso- ventralen Muskelzüge! noch Nervenfibrillen, sowie gangliöse Elemente vorfänden 2. Bei M. asteriae tritt an Stelle einer derartigen »Cutis« eine zu- sammenhängende bindegewebige Membran, welche wegen des Mangels von Kernen als »Basalmembran« zu bezeichnen ist (Taf. XXXV, Fig. 1, 2, 3 Bm). Dieselbe ist auf der Ventralseite des Tieres etwas stärker ausgebildet als auf dessen Dorsalseite und demgemäß variiert ihre Dicke daselbst zwischen !/,—!/; u. Am eigentlichen Körperrand wird sie jedoch so dünn, daß sie selbst mit starken Vergrößerungen nur mehr schwierig wahrzunehmen ist. In ihrem ursprünglich gerad- linigem Verlaufe wird sie durch Ausbuchtungen unterbrochen, die, 1 v. GRAFF, 10, p. 26, letzter Abs. 2 NAnsSEn, 21, p. 71, Abs. 1. 508 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, dem jeweiligen Kontraktionszustande des Körpers entsprechend, vom Hautmuskelschlauche zur Hypodermis hin verlaufen. Ihre innere Fläche zeigt ziemlich zahlreiche, wurzel- und trichterförmige Fort- sätze, durch deren terminale gegen den Hautmuskelschlauch gerichtete Öffnung die in Fibrillen zerklüfteten Endabschnitte der dorso-ventralen Muskelzüge an die Hypodermis herantreten. Die unter sich ver- filzten Fußenden der Oylinderzellen stehen höchstwahrscheinlich mit diesen Fibrillen in Verbindung. Es war mir jedoch unmöglich, einen derartigen Zusammenhang direkt zu beobachten. Ebensowenig ver- mochte ich zu entscheiden, ob durch die erwähnten Durchbrechungen der Basalmembran auch Nervenfasern an die Fußenden der Cylinder- zellen herantreten. Wie schon einmal hervorgehoben wurde, setzte die Kleinheit der Zellelemente und der Mangel an frischem Materiale derartigen diffizilen Untersuchungen unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen. Immerhin konnte ich das Fehlen eines subepithelialen Ganglienzellenplexus konstatieren. Die Basalmembran erscheint auf Längs- oder Querschnitten im allgemeinen als ein strukturloses Häut- chen; auf Schnittstellen jedoch, welche sie in der Fläche treffen, sieht man, daß sie aus einer homogenen, schwächer färbbaren Grund- substanz besteht, in welcher stärker gefärbte Fasern verlaufen. Wenn man die an der Grenzschicht von M. asteriae gewonnenen Befunde mit den entsprechenden Befunden bei andern Myzostomen vergleicht, so erkennt man, daß bei M. asteriae die subepitheliale Schicht, welche aus den verfilzten Fußenden der Cylinderzellen und aus den an die Hypodermis herantretenden Muskel-, vielleicht auch Nervenfibrillen besteht, plus der Basalmembran der sogenannten »Cutis«, wie sie bei andern Myzostomen beschrieben wurde, ent- spricht. Bei der letzteren sind die Bindegewebselemente (retiku- läres Gewebe) das eigentliche Substrat, in welches die Fußenden der Hypodermiszellen, die Muskelfasern und Nervenfibrillen eintreten. In der Grenzschicht von M. asteriae hingegen sind die Bindegewebs- elemente von dem aus den Fußenden der Cylinderzellen, den Muskel- und Nervenfibrillen (?) gebildeten Filze abgesondert und gleichsam zu der Basalmembran verdichtet. Der Hautmuskelschlauch. v. GRAFF ist der einzige unter den Myxostoma-Bearbeitern geblieben, welcher dem Hautmuskel- schlauche eine eingehendere Aufmerksamkeit zugewendet hat. Er sagt über denselben folgendes!: »Der gelungene Nachweis eines der 1:10.’9. 2% Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. 509 Epidermis dieht anliegenden Hautmuskelschlauches scheint mir von Wichtigkeit für die systematische Beurteilung der Myzostomen zu sein. Es wird derselbe bei M. cörriferum aus zwei Lagen von Muskel- fasern gebildet. Die äußere besteht aus radial vom Zentrum der Scheibe zum Rande verlaufenden und hier auf die andre Seite über- tretenden Fasern, während die innere Lage aus parallel zum Körper- rande in Form konzentrischer Ringe gelegten Fasern zusammengesetzt ist. Weniger klar liegen die Verhältnisse bei M. glabrum. Hier ist der Hautmuskelschlauch doppelt so diek als bei M. cirriferum, näm- lieh 0,008 mm und wird offenbar aus mehreren Lagen konzentrischer ‚und radialer Fasern gebildet, welche vielfach ineinander übergreifen und sich verfilzen.<« NANsEn! bespricht ebenfalls den Hautmuskel- schlauch und bemerkt dazu, daß er eine derart regelmäßige Anordnung der Schichten, wie sie v. GRAFF beschreibt, nicht wahrgenommen habe. Der Hautmuskelschlauch von M. asteriae ist auf der Dorsalseite stärker entwickelt als auf der Ventralseite und scheint, soweit ich beurteilen konnte, nach dem Typus des von v. GRAFF bei M. cirriferum beschriebenen sebaut zu sein. Betrachtet man nämlich einen genau median geführten Längsschnitt (Sche- ma a der Textfigur 1)2, so sieht man im Hautmuskelschlauche zwei Schichten: Eine äußere, deren Fasern durchaus längs- geschnitten und eine innere, deren Fasern quergetroffen sind. Die letztere wird von den dorso- ventralen Muskelzügen, welche, Textäig. 1. nachdem sie sich in Fibrillen zerfasert haben, durch die Basalmembran bis zum Körperepithel vor- dringen, in eine Reihe von getrennten Bündeln zerlegt. Auf Längs- schnitten, welche etwas seitwärts geführt worden sind (Schema b), besteht a a LER ® In der betreffenden Textfigur ist die äußere Schicht des Hautmuskel- schlauches rot, die innere schwarz eingezeichnet. Die Faserschichten sind der Einfachheit wegen nur durch Linien und Punkte dargestellt, ohne auf ihre je- weilig größere oder geringere Entwicklung Rücksicht zu nehmen. 510 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, die äußere Schicht zumeist aus diagonal geschnittenen Fasern, die sich nur am vordersten und hintersten Körperrande in längsgeschnittene ver- wandeln. Die innere Hautmuskelschicht ist wie in Schema a. Auf Querschnitten hingegen, die durch den größten Durchmesser des Myzostoma-Körpers geführt wurden (Schema c), ist die äußere Schicht in der Mitte der Rücken- und Bauchseite aus quergeschnittenen Fasern zusammengesetzt, die gegen den Seitenrand des Körpers hin all- mählich in diagonal- und schließlich in längsgeschnittene übergehen. Die innere Hautmuskelschicht zeigt am Seitenrande quer- gegen die Mitte hin etwas diagonal geschnittene Fasern. Es würden demnach die in der obigen Figur rot bezeichneten Fasern den Radialfasern, die schwarz markierten den Zirkulär- oder Ringfasern entsprechen, die v. GRAFF bei M. cirriferum beschrieben hat. Die in den Textfiguren klare Anordnung der Schichten ist in Wirklichkeit jedoch durch Einschiebung andrer Muskelfasern eine minder deutliche. Die Hautmuskelschichten werden nicht nur allein von den dorso-ventralen Muskelzügen durchbrochen, sondern auch die Ausläufer der großen Parapodialmuskeln durchsetzen sie zum Teil und stören dadurch die Übersichtlichkeit des Bildes. Parapodien. Die Ähnlichkeit zwischen den Parapodien der Myzostomen und den gleichnamigen Organen der Chätopoden beziehungsweise der Polychäten ist von den früheren Autoren so oft hervorgehoben worden, daß ich mich hier bloß auf die Registrierung dieser Tatsache beschränken zu dürfen glaube. Da anfänglich von der Morphologie des Myxostoma-Parapodiums wenig mehr als die Zahl und Form der Borsten, sowie die Anordnung der Muskulatur bekannt war, so spielten bei den erwähnten Vergleichen weniger anatomisch festgestellte Tatsachen als vielmehr die äußere Ähnlichkeit die Hauptrolle; verglich man doch zu der gleichen Zeit das Myzostoma-Parapodium mit dem Fußstummel der Tardigraden!! Erst durch die Untersuchungen NAnsEns?, welche die Kenntnis über den Bau des ersteren einigermaßen erweiterten, wurde eine geeignetere Basis für derartige Vergleiche geschaffen. So hat sich neuerdings WHEELER? bemüht, die systematische Stellung der Myzostomen zu präzisieren und deren Beziehungen zu den Chätopoden vergleichend- ! v. GRAFF, 10, p. 69— 0. 2 21, p. 77, Abs. 2, 3. 3 30, p. 285—287. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 511 anatomisch festzustellen, wobei er auf Grund der Nansenschen Be- funde, die er durch eigne Beobachtungen ergänzte, die beiderseitigen Parapodien zu homologisieren versuchte. Die Übereinstimmung, welche sich dabei in den von ihm angezogenen Punkten, das sind: das Vor- handensein von Parapodialeirren, die feinere Struktur der Borsten und endlich die Bildung der letzteren durch eine einzige Zelle er- geben hat, genügte wohl, um die Vermutung einer Homologie aus- zusprechen, jedoch nicht, um eine solche zu begründen. Dazu war die Anzahl der Vergleichspunkte noch immer zu gering. Denn während unsre Kenntnis über die Morphologie und die Entwicklung des Chätopoden-Parapodiums durch die Arbeiten von SPENGEL! und von EısiG? zu einem gewissen Abschlusse gebracht worden war, herrschte trotz der Nansenschen Untersuchungen über die Bau- verhältnisse des Myxostoma-Parapodiums vielfach noch Dunkel oder Unklarheit. Diese Lücke soll nun durch die nachfolgende Beschreibung des Parapodiums von M. asteriae ausgefüllt werden. Da dasselbe ein- facher gebaut zu sein scheint als die Parapodien jener Myzostoma- Arten, welehe NAnsEen als Objekte vorgelegen haben, so dürfte es sich auch besser als Paradigma für künftige einschlägige Unter- suchungen eignen als diese. Bevor ich auf die Beschreibung selbst übergehe, seien mir noch einige Worte über das durch die Untersuchung erzielte Resultat ge- stattet, insofern als dasselbe auf die Form der Darstellung Einfluß genommen hat. Es konnte nämlich ein solch weitgehender Parallelis- mus im Baue des Myzostioma- und des Chätopoden-Parapodiums nachgewiesen werden, daß dadurch eine Homologie der beiden fast zweifellos sichergestellt erscheint. Selbst der Umstand, daß über die erste Anlage und die Entwicklung des ersteren leider so gut wie nichts bekannt ist, — die diesbezüglichen Angaben BEARDS? können kaum für mehr als für Vermutungen in Anspruch genommen wer- den —, kann dieser Sicherheit nieht viel Abbruch tun. Statt mich daher in langatmige Vergleiche einzulassen, habe ich es vorgezogen, die Homologie der betreffenden Parapodien schon in der Form der Dar- stellung zum Ausdrucke zu bringen, und zwar in der Weise, daß zur Bezeichnung von entsprechenden Organteilen die aus der Morphologie des Chätopoden-Parapodiums bereits bekannten Ausdrücke auch auf das Myzostoma-Parapodium angewendet wurden. In dieser Hinsicht 126, p. 472-484. 28, p. 564-577. 31, p. 561, Abe. 3 u. 4. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV, Bd. 35 512 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, habe ieh mich eng an die Arbeiten von Eısıc! und E. MEyER? ge- halten, auf welche bei den bezüglichen Textstellen auch stets ver- wiesen worden ist. Die Orientierung der Parapodien zur Medianebene des Myzostoma und die Bestimmung von Lage und Richtung in ihnen selbst. Bekanntlich besitzen alle Myzostomen fünf Paare von Parapodien, welche auf der Bauchseite des Tieres in gleichbleibenden Abständen voneinander und in einer dem kreisförmigen, lang- oder querelliptischen Körperrande parallelen Linie verteilt sind, so zwar, daß das dritte (mittlere) Paar regelmäßig in die »Transversanebene« des Tieres zu liegen kommt. Diese gewissermaßen radiäre Verteilung der Para- podien ist, wie schon v. GRAFF? hervorgehoben hat, eine Anpassung an die Bedingungen der Festheftung, und damit zu erklären, daß sich im Lauf der Stammesentwicklung bei den langgestreckten Stammformen der Myzostomen die »Prinzipalachse« der »Transversanachse« gegen- über stark verkürzt hat und dadurch bei dorso-ventraler Abplattung die scheibenförmige Gestalt des Myzostoma herausgebildet wurde. Mit der radiären Verlagerung der Parapodien mußte auch eine entsprechende Anordnung des Nervensystems (radialer Verlauf der zehn Hauptnervenstämme) Hand in Hand gehen, eine Tatsache, welche hier deshalb erwähnt sei, weil sie für die Bestimmung der Lage und Richtung in den Parapodien von Wichtigkeit ist. Die letzteren sind nämlich äußerlich zwar ziemlich regelmäßig (konisch) geformte, innerlich jedoch ganz unsymmetrisch gebaute Körperteile, bei welchen es nur in beschränktem Maße möglich ist, die Lage und Richtung der sie zusammensetzenden Organe oder Organ- teile von Symmetrieachsen oder -Ebenen abzuleiten, welche in ihnen selbst gelegen sind. Ebensowenig kann aber auch infolge ihrer radiären Verteilung, welche es bedingt, daß jedes einzelne von ihnen in verschiedener Weise zur Medianebene des Tieres orientiert ist, die Lage und Richtung in ihnen ohne weiteres auf die allgemeine Orien- tierung im Myzostoma-Körper bezogen werden. 18, 2 19. 3 Vgl. F. E. Scuurze, Über die Bezeichnung der Lage und Richtung im Thierkörper. Biolog. Centralbl. Bd. XII. p. 1—7. Erlangen 1895. — Jene in dem vorliegenden Abschnitte zur Bezeichnung der Orientierung verwendeten Ausdrücke, welche der eben genannten Abhandlung entstammen, sind durch Anführungszeichen gekennzeichnet. 4 18, p 5, Abs. 172, Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. |]. 513 Diese Frage läßt sich jedoch sofort in befriedigender Weise be- antworten, wenn man von der Voraussetzung ausgeht, daß die scheiben- förmigen Myzostomen von Sielechopus-ähnlichen Formen abzuleiten sind, bei welchen die Fußstummel senkrecht zur Medianebene orientiert waren. Als Wegweiser dient hierbei die bei den ersteren verkürzte Form des in das Körperzentrum verlegten Bauchstranges mit seinen radial und in gerader Richtung auf die Parapodien ausstrahlenden Haupt- nervenstämmen. Denkt man sich das Myxostoma in absoluter Ruhe, so daß seine sämtlichen Fußstummel eine durch die Erschlaffung ihrer Muskulatur bedingte Gleichgewichtslage einnehmen und legt man dann durch die Achse eines jeden der ungeteilten Hauptnervenstämme eine auf der »Frontanebene« des Tieres senkrecht stehende Ebene, so wird diese letztere das von dem betreffenden Nervenstamme innervierte Parapodium in zwei, dem Volumen nach gleiche Längshälften teilen. In diese Richtungsebene, wie sie genannt sei, wird dann auch in der Regel die Längsachse des dem betreffenden Parapodium zu- gehörenden Stützstabes zu liegen kommen. In jeder Körperhälfte werden nun die einzelnen Richtungsebenen mit der Medianebene des Tieres je einen bestimmten Winkel be- schreiben, der um so größer werden muß, je näher der betreffende Fußstummel dem »Caudalende« des Myzostoma gelegen ist. Dieser Winkel ist bei dem ersten (»rostralen«) Parapodium ein spitzer, wird bei dem dritten (mittleren) ein rechter, und ist bei dem fünften »eaudalen«) am stumpfesten !. Für die Bestimmung der Lage und Richtung in den Parapodien st nun die Richtungsebene des dritten am wichtigsten. Sie fällt nämlich mit der »Transversanebene« des Tieres zusammen und infolgedessen sind auch die durch sie getrennten Parapodhälften genau »rostrad« beziehungsweise »caudad« orientiert. Im Hinblicke auf die voraus- sesetzte Abstammung der Myzostomen muß man diese Orientierung im Parapodium als die ursprüngliche betrachten, und sie auch auf die übrigen Fußstummel übertragen. Man hat dann in den Richtungs- ebenen der letzteren das Mittel in der Hand Lage und Richtung in ihnen in morphologisch korrekter Weise zu bezeichnen. 1 Jede Richtungsebene bildet mit der Medianebene des Tieres zwei Winkel, die einander komplementär sind. Hier sind nur die dem »Rostralende« der Medianebene zugewendeten gemeint. 30” 514 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Am Parapodium von M. asteriae sind drei Abschnitte zu unter- scheiden: A. Der häutige Teil des Stummels als äußere Umhüllung des Hakenapparates; B. die Borstendrüse; C. die Borstenmuskulatur. A. Der häutige Teil des Stummels!. Die Fubstummel von M. asteriae sind nur schwach entwickelt. Sie stellen kleine, über die Bauchfläche wenig erhobene Wärzchen dar, welche infolge der an ihrer Oberfläche auftretenden konzentrischen Ringfalten teleskopartig zusammengeschoben zu sein scheinen. An ihrer abgeplatteten Spitze befindet sich die Austrittsöffnung des funktionierenden Hakens in Form eines länglichen, in der Richtungsebene gelegenen Spaltes. Dieser führt nach innen in einen engen Gang, die Hakenscheide (Taf. XXXV, Fig. 6, 11 Asch), die sich nach kurzem, geradlinigem Verlaufe an der gegen die Körperperipherie gewendeten Seite sack- förmig erweitert. Diese im Querschnitte sichelförmige Erweiterung, die ich Scheidensäckchen nenne, biegt nach oben allmählich ab und endet unter sukzessiver Verschmälerung ungefähr in der Gegend, wo sich der Handteil (vgl. p. 522) an den Stiel des Stützstabes ansetzt; (Taf. XXXV, Fig. 6, 11 Ss; Taf. XXXVIL Fig. 7 Ss). Proximal grenzt die Hakenscheide an die später (p. 517—525) zu beschreibende Borsten- drüse und zwar setzt sich der die erstere auskleidende Teil des ven- tralen Körperepithels direkt in das Drüsenepithel der letzteren hin fort (vgl. p. 517, letzter Abs., p. 518, Abs. 1). Der die Parapodien von außen überziehende Teil des ventralen Körperepithels ist einerseits durch die Höhe der Zylinderzellen, andrer- seits durch die sehr zahlreich vorhandenen Hautdrüsenzellen charak- terisiert. Diese verteilen sich auf die ersteren im Verhältnisse von 1:3. Infolge der Ringfalten an der Außenseite des Parapodiums scheinen die Zylinderzellen auf Schnitten oft fächerförmig angeordnet. Die Cutieula ist gut entwickelt und die einzelnen Säulchen derselben zeigen besonders hier die Tendenz sich aus ihrem allgemeinen Ver- bande zu isolieren (vgl. p. 507). Auch die Hakenscheide und das Scheidensäckehen werden von einer Fortsetzung beziehungsweise Ein- stülpung des ventralen Körperepithels ausgekleidet, es sind jedoch die Hypodermzellen hier bedeutend niedriger geworden. Auch die 1 Vgl. v. GRAFE, 10, p. 30, 31. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. T: 515 Dieke der Cutieula hat abgenommen, eine Gliederung der letzteren in einzelne, den Zylinderzellen entsprechende Säulchen ist nicht mehr wahrzunehmen. Die Basalmembran (Taf. XXXVI, Fig. 7 Bm), die an der Außenseite der Parapodien ihre normale Entfaltung bewahrt, verdickt sich bei ihrer Umbiegung in die Hakenscheide und behält auch weiterhin sowohl am Grunde derselben als auch im Scheidensäckchen diese Dieke bei. Der Hautmuskelschlauch der Ventralseite schlägt auf die Para- podien nieht über, sondern dessen Muskelzüge umkreisen nur die- selben, indem sie eine Lücke für deren Hervorstreckung und Ein- ziehung freilassen!. An Stelle des Hautmuskelschlauches bemerkt man eine ganz schwache Schicht zarter Längsfasern, die unterhalb der Basal- membran konzentrisch von der Basis zur Spitze des Parapodiums hin- ziehen (Taf. XXXV, Fig. 11 PLm). Eine Ringfaserschicht ist nicht vorhanden. Als Reste einer solehen können Zirkulärmuskeln gedeutet werden, welche die Austrittsöffnung des Hakens und weiterhin auch die Hakenscheide umspannen (Taf. XXXV, Fig. 11 Sph.Hsch). Die Wirkung derselben kommt der eines Sphinkters gleich. Der Raum zwischen dem Parapodialintegumente und der Haken- scheide nebst Scheidensäckehen wird vom Parenchym erfüllt, in welchem die Ausläufer der Parapodretraktoren und die Para- podialdrüsen eingebettet sind. Was die ersteren anbelangt, so stimmt darin M. asteriae voll- ständig mit der seinerzeit von V. GRAFF? bezüglich des M. glabrum gegebenen Beschreibung überein. Es finden sich ebensowohl die »Retraetores parapodii centrales« als auch die »Retractores parapodiü peripheriei<, allerdings in bedeutend schwächerer Ausbildung als bei dem letztgenannten Myxostoma. Die Parapodialdrüsen (Taf. XXXV, Fig. 6 Pdr; Taf.XXX VI, Fig. 6, 7 Pdr), welche bei allen daraufhin untersuchten Myzostomen einzellige Drüsen sind, liegen bei M. asteriae ausschließlich in dem bei hervor- sestülptem Parapodium über die Bauchfläche prominenten Teil des- selben und zwar stets unterhalb (distal) von den großen, sich an das Distalende sowie an den Handteil des Stützstabes ansetzenden Muskel- ! Vgl. EısıG, 8, p. 567, Abs. 1. Im Widerspruch mit dem vorliegenden Befunde steht jedoch die Angabe v. GRAFFs: 10, p. 31, Abs. 2, nach welcher der Hautmuskelschlauch auch auf die Parapodien »in Form einer besonders bei M. eirrıferum deutlichen Ring- und einer Längsfaserschicht« überschlägt. 2 10, p: 31, Abs. 1,2, 3. 516 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, gruppen. Sie umkreisen hier zu 9—7 Paketen vereinigt die Haken- scheide und das Scheidensäckchen. In diese beiden Räume er- gießen sie ihr zähflüssiges Sekret, das aus einer homogenen Flüssig- keit besteht, in der zahlreiche, sich mit Hämatoxylin stark färbende Körnchen suspendiert sind. Dasselbe scheint zur Schlüpfrigmachung des Hakens bei dessen Durchtritt durch die Hakenscheide zu dienen. Die Drüsen selbst sind ziemlich umfangreiche, birnförmige und mit großem, rundlichem Kern versehene Zellen, deren tief in das Paren- chym eingebetteter Zellleib in einen dünnen, langen Ausführungs- gang ausgezogen ist. Alle die zu einem Drüsenpakete gehörenden Zellen durchbrechen mit ihren Ausführungsgängen die Basalmembran des Scheidensäckchens beziehungsweise der Hakenscheide vereint, und zwar an einer ziemlich kleinen eircumseripten Stelle, um dann weiterhin zwischen den Zylinderzellen der Hypodermis ins Freie aus- zumünden (Taf. XXXVI, Fig. 7). Über die morphologische Herleitung der Parapodialdrüsen vermag ich nur Vermutungen zu äußern. Die Annahme, daß sie epithelialen Drüsenzellen des Körperinteguments homolog seien, welche sich, zu Paketen vereinigt, unter die Basalmembran in das Parenchym ein- gesenkt hätten, dürfte die meiste Wahrscheinlichkeit für sich haben. Von den früheren Autoren hat SEMPER! die ersten Angaben semacht, welche auf Parapodialdrüsen zu beziehen sind: »Dieses Organ findet sich nur bei M. tuberculosum. Es scheint aus zelligen Elementen zu bestehen und wird von einer feinen Membran eingehüllt, welche sich gegen die Rinne des Haken hin etwas verengert und so einen sehr kurzen Kanal bildet, der, wie es scheint, mit der Rinne, in welcher sich der Haken auf- und abbewegt, in Verbindung steht. Dies scheint auf eine drüsige Natur des Gebildes hinzudeuten; sollte es vielleicht eine Art Schleimdrüse sein, deren sezernierter und in die Rinne ergossener Schleim die Beweglichkeit des Hakens er- höhte?« | | SEMPERS bezügliche Abbildung zeigt deutlich Hakenscheide und Scheidensäckchen, welches von einem granulierten Inhalte erfüllt ist. Wenngleich er daher die eigentlichen Drüsenzellen nicht gesehen hat, sondern nur die Räume, in welche dieselben ihr Sekret entleeren, wenngleich er ferner diesen Räumen eine falsche Deutung gibt, indem er ihnen die eigentliche Sekretionstätigkeit zuschreibt, so war er dennoch auf der richtigen Spur. v. GRAFF hat später? die Existenz 125, p. 51, Abs. 4; tab. IV, fig. 21. tab. III, fie. 8. 2 10, p. 39, Abs. 4. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 517 einer derartigen Drüse geleugnet und dieselbe für einen »Haufen von Samenzellen« in Anspruch genommen. Nach den Angaben von NANSEN scheinen jedoch Parapodialdrüsen bei Myzostomen weit ver- breitet zu sein und zum Teile ganz gewaltige Dimensionen (»giant cells«)! annehmen zu können. Der genannte Forscher hielt die be- treffenden Organe in seiner ersten Arbeit? für Parapodialganglien, welche Ansicht er jedoch später? widerrief und dieselben richtigerweise als Parapodialdrüsen deutete. Derartige eigentümliche Bildungen, wie solche NAnsSEN inmitten der Parapodialdrüsen bei M. graffi gesehen hat, und welche er als: »a peculiar organ«, »having the form of a glass bulb-receiver bezeichnet, habe ich bei M. asteriae trotz aller aufgewendeten Mühe nicht be- obachten können. B. Die Borstendrüse. Jene Organe, welchen bei den Chäto- poden die Bildung und Umhüllung der Borsten zufällt, sind als »Borstensäckchen« oder »Borstendrüsen«® bezeichnet worden. Sie entstehen aus cölomwärts gerichteten Einstülpungen oder Wucherungen des Ektoderms, welchen sich dann mesodermale Bildungen teils in Form von peritonealen (zelligen oder membranösen) Umhüllungen, teils in Form von Muskelgewebe angelagert haben”. Auch bei den Myzostomen sind von den Autoren drüsige, im Innern der Parapodien gelegene Säckchen beschrieben worden, in welchen die funktionierenden Borsten liegen® und die Ersatzborsten sebildet werden, und welche, wie es die nachstehenden Beobachtungen bei M. asteriae beweisen dürften, den Borstendrüsen der Chätopoden homologe Organe sind. Bei dem genannten Myzostoma bestehen dieselben aus einem inneren die Borsten teils bildenden, teils umhüllenden Drüsenepithel und aus einem äußeren bindegewebigen Überzuge, der hier in Form einer Grenzlamelle, der Sackmembran, wie ich sie nenne, auftritt und dem ersteren gegenüber als Membrana propria fungiert. Obwohl 21, p. 73, Abs. 1. 21, p. 72, 73; tab. I, fig. 8; tab. VI, fig. 1-5, 10, 11; tab. VII, fig. 10, 11. 22, p. 285, Anm. 1; tab. XIX, fig. 9. 21, p. 73, Zeilen 12 u. 13. 5 21, Tafelerklärungen zu tab. VI, fig. 2—8, 11, 12 und tab. VII fig. 1—10. 6 EısıG, 8, p. 108, Abs. 2. 7 Eısıg, 1. ce. p. 100, Abs. 2, 3; p. 354-358; p. 567, Abs. 2; p. 571, Abs. 3. E. MEYER, 19, p. 500, Abs. 2. 8 SEMPER, 25, p. 51, letzter Abs., p. 52, Abs. 1; Nansen, 21, p. 77, Abs. 3. 9 v. GRAFF, 10, p. 34, Abs. 1. mM @ ww m 518 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, wir über die Entstehung der Borstendrüse in dem Myzostoma-Körper soviel wie nichts wissen, so dürfte doch das Drüsenepithel als reines Ectodermderivat aufzufassen sein, da es auch bei dem ausgebildeten Organ mit dem ventralen Körperepithel in direkter Verbindung steht und sich keine Grenzen zwischen den beiden Zelllagen feststellen lassen. Ebenso dürfte auch die Sackmembran als eine direkte Fort- setzung der integumentalen Basalmembran angesehen werden können. Die Borstendrüse setzt sich aus einer Anzahl von (vier bis sechs) Follikeln zusammen, welche durch das Drüsenepithel gebildet werden und je eine Borste (den Stützstab, den funktionierenden Haken, je einen Ersatzhaken), oder zum mindesten den Basalabschnitt einer solehen umschließen. Diese Follikel, welche außenseitig von der Sackmembran überzogen jedoch nur zum Teile durch Zwischen- lamellen der letzteren voneinander geschieden sind, folgen von der Hauptachse des Parapodiumkegels aus in caudader (vgl. p. 515) Richtung fächerförmig aufeinander, so zwar, daß ein jeder von ihnen mit seiner Borste einem Blatte dieses Fächers entspricht, wobei der Drehpunkt für die einzelnen Blätter ungefähr am Distalende der Borstendrüse gelegen ist. Die Öffnungen der Follikel, somit auch die Spitzen der in ihnen enthaltenen Borsten, sind dabei der Parapodium- spitze zugewendet. Ja nach der Art der im Follikel eingeschlossenen Borste kann man einen Stützstabfollikel, einen Hakenfollikel und eine Reihe von (zwei bis vier) Ersatzborstenfollikeln unter- scheiden. Es muß aber hervorgehoben werden, daß die Borstendrüse als ein einheitliches Organ aufzufassen ist, trotzdem sie sich aus ein- zelnen, jedoch nur durch die Art der in ihnen eingeschlossenen Borsten voneinander verschiedenen Follikeln zusammensetzt. Das die letzteren auskleidende Drüsenepithel steht nämlich innerhalb der ganzen Drüse in kontinuierlichem Zusammenhange und seine Elemente haben in jedem Follikel den gleichen Charakter. Von den die Borstendrüse zusammensetzenden Follikeln ist der des Stützstabes der größte und wichtigste. Er liegt im Parapodium- kegel axial, da die Hauptachse des letzteren mit der Stützstabachse zusammenfällt und ist in zwei, entfernt voneinander gelegene Abschnitte, einen proximalen und einen distalen, geschieden. Der erstere (Taf. XXXV, Fig. 6 1a) bildet das Proximalende der Borstendrüse und hat ungefähr die Gestalt eines mit der Mündung nach abwärts gerichteten Topfes, in welchem das Basalende des Stützstabes steckt. Der distale Ab- schnitt (Taf. XXXV, Fig. 6 Ib), grenzt unmittelbar an die Hakenscheide an und besitzt mehr die Form eines mit seiner Mündung nach oben Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 519 gewendeten und an seinem Boden durchlochten Napfes, an dessen Innenwand sich der Handteil des Stützstabes mit seiner konvexen Außenseite anschmiegt, wobei er jedoch nur die eine Häfte des Napfes ausfüllt (Taf. XXXVI, Fig. 6 Sist).. Durch die andre Hälfte des letzteren wird im Vereine mit der konkaven Innenseite des Handteils eine distan offene Röhre gebildet, welche unmittelbar in die Hakenscheide mündet und als Hakenführungsrohr bezeichnet sei, weil in ihm der Spitzenteil des funktionierenden Hakens auf und ab gleitet (Taf. XXXVI], Fig. 6 Hkf). Vermittels des Distalabschnittes des Stütz- stabfollikels steht die Borstendrüse mit der ventralen Hypodermis in Ver- bindung, da sich diese im Wege der Hakenscheide direkt in das Drüsen- epithel des ersteren fortsetzt (Taf. XXXV, Fig. 11; Taf. XXX VI], Fig. 6, 7). Für die Kontinuität des Epithels der Hakenscheide und des Drüsen- epithels spricht auch der Umstand, daß das Hakenführungsrohr von einem euticularen Häutchen (Taf. XXXVI, Fig. 6 Ch) ausgekleidet ist, welches im Bereiche der durch das Drüsenepithel gebildeten Wand eine direkte Fortsetzung der Cuticula des Hakenscheidenepithels dar- stellt. Dieses Häutchen umspannt vom Hakenführungsrohre aus außerdem noch den ganzen Handteil, wobei es längs dessen einge- krümmter Schmalkante zu einem breiten Bande anschwillt (Taf. XXXV, Fig. 11 5d,; Taf. XXXVI, Fig. 6 Dd,). Eine ebensolche Verdickung findet sich auch an einer knorrigen, der freien eingekrümmten Schmal- kante des Handteils gegenüberliegenden Leiste am Distalende des Stützstabes (Taf. XXXV, Fig. 11 Bd); Taf. XXXVI Fig. 6 Bd,). Es ist einleuchtend, daß durch den eben geschilderten Verlauf des euticu- laren Häutchens die Festigkeit des Hakenführungsrohres, welches den Haken bei seinen Bewegungen nicht nur zu leiten, sondern denselben auch stets in fester Verbindung mit dem Handteile als dem Angriffs- punkte der beim Einhaken wirkenden Kraft! zu erhalten hat, nicht unerheblich erhöht wird. Durch den eutieularen Überzug werden außerdem im Innern des Hakenführungsrohres glatte Flächen ge- schaffen, welche das Auf- und Abgleiten des Hakens jedenfalls er- leichtern. Die erwähnten cuticularen Verdickungen dringen überall zwischen die am Handteil befindlichen Höckerchen und Vorsprünge ein und stehen mit der Substanz desselben in äußerst fester, beinahe untrennbarer Verbindung. Über die Bedeutung, welche sie für den Ansatz der mächtigen Stützstabretraktoren besitzen, wird später ge- sprochen werden. ! v. GRAFF, 10, p. 39, Abs. 1. 520 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Die beiden Abschnitte des Stützstabfollikels sind zwar vonein- ander räumlich getrennt, stehen jedoch durch die übrigen Follikel der Borstendrüse mittelbar in Verbindung. Das Drüsenepithel, wel- ches im Distalabschnitte des Stützstabfollikels die eine (caudale) Wand des Hakenführungsrohres bildet, geht nämlich proximad in die Ersatzborstenfollikel'! über. Diese (Taf. XXXV, Fig. 6 IIZ, IV) liegen knapp hinter und übereinander und nehmen vom Distalende der Borstendrüse gegen ihr Proximalende hin stufenweise an Größe und Alter zu. Sie bilden sich dem Verbrauch des funktionierenden Hakens entsprechend aus dem erwähnten Drüsenepithel des Haken- führungsrohres stets neu; es sind daher die kleinsten von ihnen auch die jüngsten, die größten dagegen die ältesten. Die Anzahl der je- weils in einer Borstendrüse vorhandenen Ersatzborstenfollikel schwankt in ziemlich engen Grenzen; ich habe nie mehr wie vier und nicht we- niger wie zwei konstatieren können. Der älteste Ersatzborstenfollikel liest knapp neben dem, die Basis des funktionierenden Hakens ein- schließenden Hakenfollikel (Taf. XXXV, Fig. 6 IT), und dieser wieder unmittelbar neben dem Proximalabschnitte des Stützstabfollikels.. Auf diese Weise ist also die Verbindung zwischen den beiden Abschnitten des letzteren hergestellt. ! Der Hakenfollikel und die Ersatzborstenfollikel liegen im Para- podiumkegel nicht axial, sondern in caudader Richtung von der Haupt- achse des letzteren. Sie münden in einen großen, dreieckigen, in rostro- caudader Richtung kompressen Hohlraum, dessen Form und Lage am besten nach den Abbildungen (Taf. XXXV, Fig. 6aD!; Taf. XXXVI, Fig. 4,5 aD!) zu sehen sein wird. Proximal am breitesten, verschmälert sich derselbe distalwärts ganz bedeutend, um schließlich ohne Absatz direkt in das oben erwähnte Hakenführungsrohr überzugehen, durch welches er dann mit dem Lumen der Hakenscheide und vermittels des letzteren mit der Außenwelt in Kommunikation steht. Dieser Hohlraum zeigt zum Teile so unzweideutige Beziehungen zu dem die Borstendrüse umgebenden Parenchym, daß er mehr als ein Derivat des letzteren und nicht als dem Lumen der Borstendrüse zugehörig anzusehen ist. Er wird zum weitaus größten Teile vom Bindegewebe begrenzt, ohne gegen dieses hin scharfe Konturen zu besitzen und steht außerdem mit dem System der feinen im Parenchym vorhan- denen Lückenräume durch ein Netz von unregelmäßig gewundenen Kanälen (Taf. XXXVI, Fig. 2, 3 C), welche wahrscheinlich bloß lokale ! Bezüglich der einschlägigen Verhältnisse bei den Chätopoden vgl. SPENGEL, 26, p. 478—484; EısıG, 8, p. 567, Abs. 3. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. 521 Erweiterungen dieser Lückenräume darstellen, in offener Verbindung. Zum Unterschiede von dem eigentlichen Lumen der Borstendrüse, welches durch die Gesamtheit der Lumina ihrer Follikel repräsentiert wird, sei derselbe akzessorisches Drüsenlumen genannt. Die Borstendrüse ist also, wie auch aus den Abbildungen (Taf. XXXV, Fig. 6; Taf. XXXVI, Fig. 1—6) ersehen werden kann, kein geschlossenes sackförmiges Gebilde. Man könnte ihre Form am besten mit der eines Pantoffels vergleichen. Wie dieser einen oberen freien, die Öft- nung für den Fuß umgebenden Rand besitzt, so öffnet sich auch die Borstendrüse im mittleren Teile ihrer rostralen Seite gegen das sie umgebende Parenchym mit einem im letzteren allmählich verlau- fenden Rande. Die äußerste Grenze dieses Randes wird durch die Sackmembran gebildet, welche sich innerhalb des Parenchyms viel weiter verfolgen läßt als das Drüsenepithel. Man erhält demnach den Eindruck als ob die Borstendrüse infolge des Längenwächstums des Stützstabes auseinander gedehnt worden sei und an jener Stelle schließlich einen mächtigen Riß erhalten habe. Die Folge davon ist, daß der Hakenfollikel sowie auch Ersatzborstenfollikel in die große akzessorische, im Parenchym befindliche Höhlung münden und daß das Mittelstück des Stützstabes vollständig vom Parenchym einge- schlossen wird (Taf. XXXVI, Fig. 3, 4 Stst). Das Sekretionsprodukt der Borstendrüse sind die Borsten, wel- che, wie bei allen übrigen Myzostomen, in zwei verschieden gestalteten und funktionierenden Formen, dem »Haken« und dem »Stützstabe« auftreten, die erst in ihrer Verbindung den eigentlichen Hakenapparat darstellen!. Außer diesen beiden Hauptborsten finden sich noch in jeder Borstendrüse einige Ersatzhaken, die in je einem Ersatzborsten- follikel gebildet werden, um für den Fall einer Abnutzung des funk- tionierenden Hakens sukzessive an dessen Stelle zn treten. Der Haken (Taf. XXXV, Fig. 4 7%) wird ungefähr 0,48 mm lang. Er besitzt einen kräftigen, schwach $-förmig geschwungenen Stiel, dessen größte Breite ungefähr 0,045 mm beträgt. Die Hakenspitze ist bei jüngeren Tieren verhältnismäßig wenig, bei älteren Individuen, die ihre funktionierenden Haken bereits mehrmals ersetzt haben, jedoch weit ausgiebiger gekrümmt?. Unmittelbar vor der haarscharfen Spitze habe ich bei allen untersuchten Haken eine eigentümliche Skulptur, welche die Form eines pfriemenförmigen Eindruckes hat, beobachtet (Taf. XXXV, Fig. 5). My. GRAFF, 10, p. 31 ff. 2 v. GRAFF, 1. c. p. 33, Abs. 2. 522 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Der Stützstab (Taf. XXXV, Fig. 4 Sist) wird nur um weniges länger als der Haken. Er fällt durch die Plumpheit seines am proximalen sowie am distalen Ende gleich (ungefähr 0,054 mm) breiten Stieles auf. Dieser letztere besitzt außerdem etwas unterhalb seiner halben Länge eine längliche in proximader wie in distader Richtung flach verlaufende Anschwellung, durch welche sein Breitendurchmesser an dieser Stelle auf etwa 0,066 mm erhöht wird. Niemals konnte ich eine allmähliche Verjüngung des Stieles gegen den Handteil hin wahrnehmen. Dieser letztere (Taf. XXXV, Fig. 4 Adth) ist ziemlich flach und nur an seiner Schmalkante stark nach einwärts gebogen, dortselbst auch verdickt. Er trägt an seiner Außenseite, insbesondere aber an der zuletzt erwähnten Stelle zahlreiche Höckerchen, die zum indirekten Ansatze (vgl. p. 542, Abs. 2), der den Stützstab teils in seiner Lage fixierenden, teils gegen das Körperzentrum ziehenden Muskulatur bestimmt sind. Solche Erhabenheiten finden sich auch in bedeutender Menge an einer Leiste, welche sich auf der dem Handteil entgegengesetzten Seite an das Stielende ansetzt (Taf. XXXV, Fig. 4 Z)1. Hinsichtlich der Lage, welche die beiden funktionierenden Borsten in der Borstendrüse und ihren Adnexen (akzessorisches Drüsenlumen, Hakenscheide) einnehmen, wäre noch folgendes zu bemerken: Der Stützstab bildet eine feste Strebe, welche die Borstendrüse in ihrer sestreckten Lage erhält, da seine Basis in ihrem proximalen, seine Spitze (+ Handteil) in ihrem distalen Endabschnitte steckt, während das Mittelstück seines Stieles in dem umgebenden Parenchym gelegen ist (Taf. XXXV, Fig. 6 Sist; Taf. XXXVL Fig. 1—6 Sist). Der Haken nimmt in der Borstendrüse keine so feste Lage ein, da er zwecks srößerer Beweglichkeit nur an seiner Basis von seinem Follikel um- schlossen wird, während das Mittelstück seines Stieles und die Spitze frei in das akzessorische Drüsenlumen und weiterhin durch das Haken- führungsrohr in die Hakenscheide hineinragt (Taf. XXXV, Fig. 6 Hk; Taf. XXXVI, Fig. 2—6 Hk). Die Ersatzhaken, welche ausschließlich im Mittelteile der Borstendrüse gelegen sind, werden in der ersten Zeit ihrer Bildung vollständig von den Ersatzborstenfollikeln umhüllt, ragen jedoch späterhin mit einem je nach ihrem Alter kürzeren oder längeren Distal- abschnitte in das akzessorische Drüsenlumen hinein (Taf. XXXV, Fig. 6, 8 Ehk;, Taf. XXXVI, Fig. 3, 4 Ehk). Da die Ersatzborstenfollikel, wie bereits oben erwähnt, sich vom Distalabschnitte des Stützstabfollikels aus stets neu bilden und im Verhältnis zum periodischen Ausfall des iv. GRAFF 10, p. 33, Abs. 1. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 523 funktionierenden Hakens allmählich gegen das Proximalende der Borstendrüse hinaufrücken, so werden die ältesten und schon fast aus- gebildeten Ersatzhaken schließlich mit ihrer Basis knapp neben der des funktionierenden Hakens zu liegen kommen. Es kann dann un- mittelbar vor Ausfall des letzteren der Fall eintreten, daß in der Borstendrüse zwei Haken, der alte, abzustoßende und der neue neben- einander funktionieren (Taf. XXXVI, Fig. 3—6 Hk, Ehk). Nach dieser allgemein gehaltenen Schilderung des Baues der Borstendrüse gehe ich nun zur Beschreibung der feineren Struktur der sie zusammensetzenden Teile, ihrer Adnexe und ihrer Sekretions- produkte über und beginne aus Zweckmäßigkeitsgründen gleich mit den letzteren: Struktur der Borsten. Wie schon Eısıe ausdrücklich hervor- gehoben hat!, besitzen die Borsten der meisten, wenn nicht aller Chätopoden eine im allgemeinen übereinstimmende Struktur. Sie bestehen nämlich aus einer massiven, homogenen Scheide, welche einen faserigen, aus parallelen Längsfbrillen aufgebauten Kern um- gibt. Eine derartige Struktur läßt sich auch an den Borsten der My- zostomen beobachten, wie aus der nachstehenden Zusammenstellung der diesbezüglich seit v. GRAFF gewonnenen Kenntnisse hervorgeht. Der ebengenannte Autor sagt darüber folgendes?: »Beide besitzen lange, fast die ganze Dicke des Körpers durchsetzende (tab. IV, fig. 1, tab. VII, fig. 1, 2), drehrunde, hohle (s. tab. IX, fig. % u. s) Stiele, sind jedoch hinsichtlich ihrer freien soliden (vgl. tab. VIII, fig. 5) En- den sehr verschieden gestaltet. Die Substanz, aus welcher sie bestehen, ist Chitin und zeigt eine geschichtete Struktur, die bei der Betrach- tung im optischen Längsschnitt als Längsstreifung zum Ausdruck kommt.< Derselbe Autor hat später? die obigen Beobachtungen er- gänzt und rektifiziert: »It appears also, that the column of the hook and manubrium are not, as I formerly thougt, hollow, but in many species at least solid. When the hooks of Myzostoma horologium are treated with strong potash, the manubrial plate loses its refractive power, and nothing remains but a finely granular organic basis (tab. I, fig. 17); then the column begins to flake, peels off in concentrie layers, and there remains at length a central rod of a firmer consis- tency, wich is only destroyed after being subjected for a longer time to the influence of the reagent. The same phenomena were observed in the large hooks of Myzostoma gigas (tab. IL, fig. 4).« 1 8, p. 330, Abs. 2; p. 576, Abs. 2. ?210,p.31, Abs.3. 318, p.9, Abs. 4. 594 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, NansEn bezieht sich, obwohl er die eben zitierten Angaben v. GrAFFs kannte! im Haupttexte seiner Myzostoma-Arbeit? nur auf die entsprechende Stelle in der ersten Publikation des letztgenannten Autors. Er sagt nämlich (nach meiner Übersetzung) folgendes: »Die Beschreibung GRAFFS ist nicht richtig. Erstens sind die Haken nicht hohl, und zweitens erscheinen sie nicht, wie er sagt, durch den ge- schichteten Bau des Chitins längsgestreift, sondern infolge einer wirklichen Längsstreifung in der Hakenstruktur.«< Derselbe Autor: unterscheidet weiter an den Borsten der Myzostomen zwei Lagen: eine mittlere fibrilläre und eine äußere mehr homogene Schicht‘. Die erstere bildet den konisch geformten und axial gelegenen Kern der Borste. Sie ist an der Basis der letzteren am breitesten, ver- schmälert sich jedoch gegen das distale Ende derselben immer mehr und mehr, bis daß sie unweit vor diesem in Form einer scharf aus- laufenden Spitze endigt°. Sie ist aus sechskantigen, dicht aneinander liegenden Längsfibrillen zusammengesetzt. Dieselben nehmen vom Rande der Borste aus gegen die Achse derselben stetig an Durch- messer zu. Aus diesem Grunde ist an Querschnitten durch die Borste der hexagonale Querschnitt der in oder nahe der Borstenachse liegen- den Fibrillen noch sehr deutlich zu erkennen, während derselbe bei den am äußersten Rande der Schicht verlaufenden Fibrillen nicht mehr wahrnehmbar ist. Die Fibrillen haben einen etwas schiefen, spiralig um die Achse der Borste gewundenen Verlauf”. An der 1 21, p. 77, Anm. 2. 21. e. p. 44, letzter Abs. — Daß ich hier und auch in den folgenden Ab- schnitten, welche die Befunde NAnsens über die Borstenstruktur wiedergeben sollen, statt auf das englische Resümee, ausnahmsweise auf den norwegisch ge- schriebenen Haupttext seiner Arbeit zurückgegriffen habe, findet seine Begrün- dung darin, daß sich das betreffende Kapitel des ersteren infolge der Knappheit der darin enthaltenen Angaben zu Vergleichszwecken nicht eignet. 3 Von hier ab bin ich in dem vorliegenden Abschnitte von einer wortge- treuen Übersetzung der Nansenschen Angaben deshalb abgegangen, weil ich zum Zwecke einer leichteren Übersicht eine Umstellung derselben aus ihrer im Urtexte enthaltenen Reihenfolge vornehmen zu müssen glaubte, so zwar: daß zuerst die Schilderung des gröberen Baues, dann die Beschreibung der feineren Struktur der Borsten und endlich die auf die Chemie der Borstensubstanz bezüglichen Befunde Platz zu finden hätten. Aus diesem Grunde ist die folgende Darstellung lediglich als sinngemäße Wiedergabe des NAansenschen Textes in Anspruch zu nehmen. 4 21, p. 44, letzter Abs.; p. 45, Abs. 1; tab. VII, fig. 18, 19. 5]. c. p. 45, Abs. 5; tab. VII, fig. 18. 61. ce. p. 45, Abs. 2; tab. VII, fig. 19. ”]l. ec. p. 45, Abs. 4; tab. VII, fig. 21. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. ]. 525 Basis der Borsten (sowohl der jungen als auch der älteren) sind die Trennungslinien der Fibrillen ein kurzes Stück hindurch bedeutend mehr ausgeprägt. Der Autor bringt diese Erscheinung mit der Bildung und dem Wachstum der Borsten in Zusammenhang und gibt der Mei- nung Ausdruck, daß sie durch die eben gebildeten oder abgesonderten Fibrillen bewirkt würde!. Einzelne stärker markierte Längsstreifen sind auch, besonders bei älteren Borsten, inmitten der feineren in den nicht basal gelegenen Teilen der Schicht wahrzunehmen?. Die äußere homogene Schicht, welche die innere fibrilläre allseitig umhüllt, ist an der Basis der Borste am dünnsten, verdickt sich jedoch allmählich gegen das distale Ende der letzteren, so daß dieses dann nur von ihr allein gebildet wird. Auch der Handteil des Stützstabes besteht aus der Substanz der äußeren Schicht. Sie ist an ihrer Innenseite ziemlich scharf, doch etwas uneben konturiert, während sie an der Außenseite eine ebene und glatte Oberfläche besitzt. Sie zeigt keinen deutlich fibrillären Bau, sondern ist ziemlich homogen, scheint jedoch etwas geschichtet zu sein. An etwas schräg geführten Längsschnitten ist an ihr eine schwache Längsstreifung nachweisbar“ Die innere fibrilläre Schicht ist von Natur aus farblos, doch ziemlich empfäng- lieh für Tinktionsflüssigkeiten. So wird sie durch Eosin und Safranin lebhaft rot gefärbt, durch Karmin desgleichen, doch in bedeutend geringerem Maße5. Die äußere homogene Schicht ist dagegen von Natur aus goldfarbig und zwar um so intensiver, je älter die Borste ist. An der Basis, besonders jüngerer Borsten, ist sie zwar noch 1 21, p. 45, Abs. 5; tab. VII, fig. 17, 20. 2]. e. p. 45, Abs. 4; tab. VII, fig. 20 und insbesondere 21. — Obwohl sich NANSEN darüber nicht klar ausspricht, so geht dennoch aus seiner ganzen Dar- stellung des Fibrillenbaues, noch mehr aber aus seinen Zeichnungen hervor, daß er einen jeden Längsstreif in der fibrillären Schicht auf den Zusammen- stoß der Kanten von je drei benachbarten Fibrillen zurückführt. Dieser Zu- sammenstoß kommt bei der Betrachtung der Borste im wirklichen oder im optischen Längsschnitt als Streif zum Ausdruck. Es sei hierbei auch hervor- sehoben, daß NANnsSEN nirgends von einer die Fibrillen verkittenden Zwischen- substanz Erwähnung macht. 3]. e. p. 45, Abs. 5; tab. VII, fig. 17, 18. 4]. c. p. 45, Abs. 3; tab. VII, fig. 19. Nansen drückt sich auch im Origi- naltexte bezüglich der Schichtung der äußeren Lage sehr unsicher aus, was um so unbegreiflicher ist, weil er in der eben angeführten Fig. 19 konzentrische Schiehtungslinien in der äußeren Schicht ganz unzweifelhaft abgebildet hat. Auffallend ist auch, daß von NAnsEen die oben (p. 523) eitierten Experimente v. GRAFFs, welche für eine geschichtete Struktur der äußeren Lage sprechen, nieht berücksichtigt wurden. 5]. ec. p. 45, Abs. 4. 526 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, farblos. Die ihr eigentümliche Goldfarbe erscheint jedoch bald in einiger Entfernung von der Borstenwurzel und nimmt dann schnell an Intensität zu. Diese letztere ist an der Borstenspitze am größten. Von Tinktionsflüssigkeiten wird die äußere Schicht nur wenig ange- sriffen!. Der Autor glaubt, daß beide Schichten aus Chitin bestünden ; nur sei die äußere, homogene, bedeutend fester und differenzierter als die innere, fibrilläre2. Die in vorstehendem wiedergegebenen Beobachtungen NANSENSs wurden später von WHEELER? bestätigt, der zugleich Anlaß nahm, die schon von EısıG® angedeutete Strukturähnlichkeit zwischen den Borsten der Myzostomen und denen andrer Chätopoden nochmals hervor- zuheben. Nach genauer Untersuchung der Borsten von M. asieriae vermag ich die in vorstehendem verzeichneten Angaben NANSENSs, soweit sie den gröberen Aufbau der aus zwei differenten Schichten bestehen- den Myzostoma-Borsten betreffen und soweit sie eine fibrilläre Struk- tur der inneren Schicht anerkennen, vollinhaltilich zu bestätigen. Hinsichtlich der richtigen Deutung dieser Struktur bin ich jedoch zu einer Auffassung gelangt, welche von der des genannten Autors in vielfacher Beziehung abweicht. Bevor ich auf die Beobachtungen eingehe, wie mich zu der- selben veranlaßt haben, möchte ich, um Mißverständnissen vorzubeugen, bemerken, daß in nachfolgendem zur Bezeichnung der beiden die Borste zusammensetzenden Schichten statt der langatmigen Ausdrücke NANSENS: »Innere fibrilläre« und »äußere mehr homogene Schicht« der Kürze halber die entsprechenderen Bezeichnungen: »Mark- schieht« und »Mantelschicht« gebraucht sind. Die fibrilläre Struktur der Markschicht ist bei der Längsansicht der Borsten, noch mehr aber an entprechend tingierten Längsschnitten als eine feine Längsstreifung wahrzunehmen, welche durch knapp nebeneinander liegende und alternierend verlaufende dunkle und helle Längslinien hervorgebracht wird. Die ersteren sind ungemein zart und sämtlich von gleicher Dicke. Ihre Anzahl ist in dem peripheri- schen Teile der Markschicht weit größer als in dem axialen. Die hellen Streifen sind hingegen im allgemeinen breiter als die dunklen und im besondern im axialen Teile der Markschicht dieker als in dem peripheren. Naxsen hat nun die hellen Streifen für die 1 u. 221, p. 45, Abs. 4. 3 30, p. 286—287. 4 8, p. 576, Abs. 2. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. Da Fibrillen, die dunklen aber für den optischen Ausdruck des Zusammen- stoßes ihrer Kanten und Seitenflächen gehalten (vgl. Anm. 2, p. 525). Er hat diese Ansicht besonders auf Querschnittsbilder gestützt, welche ein zusammenhängendes Netz von dunkel konturierten, selbst jedoch hellen Sechsecken zeigen, und hat auf Grund dieser Beob- achtung auf eine sechskantige Form seiner Fibrillen geschlossen. Nach meinen Präparaten, unter welchen sich auch einige befin- den, die der Kontrolle halber von den großen Borsten des M. gigas Ltk. angefertigt wurden, geht aber mit unzweifelhafter Sicherheit hervor, daß die dunklen Streifen die eigentlichen Fibrillen sind, die hellen jedoch von einer homogenen Grundsubstanz herrühren, vermittelst welcher die ersteren untereinander verkittet sind: Wenn in einem durch die Borste geführten Längsschnitte ein Teil der Markschicht infolge der Zugwirkung des Messers abgerissen worden ist, so läßt sich bei geeigneter Färbung (Hämatoxylin differenziert durch VAN GıEsons Gemisch) diese Struktur leicht nachweisen. Denn nur die zu Farbstoffen eine große Affinität besitzenden Fibrillen erscheinen dann gefärbt und ragen an den Bruchstellen zwischen der unfärb- baren Grundsubstanz als rotbläulich tingierte Fäden heraus, die sich infolge einer gewissen Elastizität auch aufknäueln können. Es kommt hierbei auch öfters vor, daß einzelne Fibrillen aus dem Verbande der Markschicht herausgerissen werden, und sich als zarte und isolierte Fa- sern über einen Teil des Gesichtsfeldes hinziehen (Taf. XXX VII, Fig. 1). Die Fibrillen verlaufen im allgemeinen, wie schon NANnsSEN beob- achtet hat, in sehr langgezogenen Spirallinien, wobei sie sich in ziemlich regelmäßiger Weise untereinander verflechten. Diese an Längsschnitten gemachten Beobachtungen lassen sich mit den Befunden an Querschnitten leicht in Übereinstimmung bringen. Stellt man bei der Betrachtung eines durch die Markschicht geführten Querschnittes genau auf die obere (dem Beschauer zugewandte) Schnittfläche ein, so heben sich die Durschschnitte der Fibrillen als kleine dunkle, am Rande der Markschicht dichter als in deren Mitte gesäte Pünktchen von der hellen Grundsubstanz deutlich ab. Stellt man nun tiefer ein, so verändert sich das Bild in auffallender Weise. Die Pünktchen treten fast plötzlich zurück und gehen in ein zu- sammenhängendes, nicht sehr scharf konturiertes Netzwerk dunkler, meist polygonaler Maschen über, die je ein entsprechendes Stück der hellen Grundsubstanz einschließen. Der Durchmesser der Maschen ist am Rande der Markschicht kleiner als in deren Mitte. Bei Ein- stellung auf die untere (vom Beschauer abgewendete) Seite des Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 36 528 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Sehnittes erhält man den Eindruck als ob sich die Maschen, ohne eine Veränderung ihrer Größe und ihrer gegenseitigen Lage zu er- leiden, bei dem allmählichen Tieferrücken der Einstellungsebene in schiefer Richtung nach abwärts verschieben würden. Auf der unteren Sehnittfläche selbst sind die reellen Durchschnitte der Fibrillen nur sehr undeutlich als Pünktchen zu erkennen. Ich glaube die vorerwähnten eigentümlichen Erscheinungen für einen Effekt der »FokustiefeWimperwurzelne nachweisen lassen könnten, daher die Aufmerksamkeit der Cytologen auf dieselben lenken. Mit diesem Nachweise würde die Homologie der Fibrillen und der Cilien bewiesen und somit auch die Frage nach dem Wege, auf welchem die Basalzelle die Erhärtung der Grundsubstanz beeinflußt, zu Gunsten meiner Hypothese entschieden werden. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I 537 erreicht hat, beginnt an den Distalenden der Fibrillen, die an ihrer Basis jedoch kontinuierlich weiterwachsen, ein successiver Ein- schmelzungsprozeß, durch welchen die peripheren Teile -der Grund- substanz des weich erhaltenden Faktors beraubt werden und infolge- dessen zu der Mantelschicht erhärten. In dieser Weise setzt sich die Bildung der letzteren allmählich bis zum Aufhören des Borstenwachs- tums fort. Von da ab hört die distale Einschmelzung der Fibrillen auf und es läßt sich daher auch kein Übergang zwischen der noch weichen Grundsubstanz und der bereits zur Mantelschicht erhärteten mehr konstatieren; es erfolgt eine ziemlich deutliche Scheidung der beiden (vgl. p. 534). Daß man bei dem Einschmelzungsprozesse eine regulatorische Tätigkeit der Basalzelle voraussetzen muß, ist klar, denn die Erhärtung der Grundsubstanz geht nicht in der regelmäßigen Weise vor sich, wie hier geschildert. Es scheinen Perioden, in welchen ganze Stücke der Fibrillen auf einmal eingeschmolzen werden, mit Perioden langsamerer Erhärtung abzuwechseln. Dieser Wechsel in der Erhärtungsgeschwindigkeit der Grundsubstanz kommt in der sroben konzentrischen Schichtung der Mantelschicht (vgl. p. 529—530) zum Ausdruck. Auch die Geschwindigkeit, mit welcher die Fibrillen wachsen und mit welcher die Grundsubstanz abgesondert wird, dürfte nicht zu allen Zeiten der Borstenbildung, sowie auch nicht an allen Stellen der freien Oberfläche der Basalzelle die gleiche sein. So wird man die Krümmung der Hakenspitze auf ein im Verhältnis zu den übrigen schnelleres Wachstum der krümmungsseitig gelegenen Fibrillen und auf eine raschere Sekretion der die letzteren umgebenden Grundsubstanz zurückführen können. Ich bin weit davon entfernt zu glauben, daß ich mit dieser Schilderung der Borstenbildung auch das Richtige getroffen habe. Ich wollte damit nur den Beweis erbringen, daß sich für dieselbe, unter der Voraussetzung, daß die Fibrillen Differenzierungen des Cytoplasma der Basalzelle darstellen, eine einigermaßen plausible Erklärung finden läßt. Nur über die Art und Weise, wie der Hand- teil des Stützstabes entsteht, habe ich mir noch keine rechte Vor- stellung machen können. Die Bildung dieses durchaus massiven Stützstabteiles scheint schon in den ersten postlarvalen Entwicklungs- stadien des Myzostoma vor sich zu gehen. Daß auch er der Basal- zelle des Stützstabes seinen Ursprung verdankt, ist wegen der festen in der Kontinuität der Substanz gelegenen Verbindung anzunehmen, die zwischen ihm und der Stützstabspitze besteht. Da also die Basalzelle die Absonderung der Borste allein besorgt, 538 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, so entsteht die Frage nach der Funktion der übrigen Follikelzellen. Zwischen ihnen und der Borste besteht in der ersten Periode des Borstenwachstums keinerlei Verbindung. Sie scheinen daher zu dieser Zeit nur eine schützende Hülle, vielleicht auch Stütze für die noch weiche, mit dünner Mantelschicht versehene Borste abzugeben. Später jedoch, wenn die letztere schon so groß geworden ist, daß ein Breitenwachstum derselben nicht mehr stattfindet, beginnt eine Umwandlung der Follikelzellen, durch welche diese zu einer ganz andern Funktion befähigt werden. Da. bei dem Borstenersatze weder die Borstenmuskulatur noch die Sackmembran, welche der letzteren als Ansatzfläche dient, erneuert wird, so müssen Zwischenglieder vorhanden sein, welche den Zug der Muskeln auf die Borste zu übertragen haben und zugleich mit der letzteren ersetzt werden. Diese Verbindungsstücke, wie ich sie nenne, sind ebenso wie die Borste ektodermalen Ursprungs, da sie, gleich dieser, durch je eine Follikelzelle, — die Basalzelle ist ja eben eine solche —, gebildet werden. Sie sind im ausgebildeten Zustande (Taf. XXX V, Fig. 10 Vbst) sehnenartige Gebilde von faseriger Struktur und zylinder- oder trompetenförmiger Gestalt, die mit ihrem einen (im letzteren Falle dem verbreiterten) Ende an der Borste, mit dem entgegengesetzten an der den Muskelansätzen gegenüberliegenden Seite der Sackmembran befestigt sind. Sie besitzen ein etwas stärkeres Lichtbrechungsvermögen als die Muskelfasern, aber ein ge- ringeres als die Substanz der Mantelschicht. Auch hinsichtlich ihrer Färbbarkeit nehmen sie eine Mittelstellung zwischen Muskelfaser und Mantelschieht ein. Ihre Bildung geht innerhalb der Ersatzborsten- follikel, soweit ich zu beobachten vermochte, auf folgende Weise vor sich: Solange die Ersatzborste noch jung und klein ist, besitzen die ihren Follikel auskleidenden Epithelzellen eine langzylindrische Gestalt. Ihr freies gegen die Borste gewendetes Ende ist als erstes Anzeichen ihrer späteren Umwandlung vollständig erfüllt von zahl- reichen, kleinen, unbestimmt begrenzten Körnchen, welche die Ten- denz entwickeln, sich reihenweise anzuordnen. Über die Funktion der Follikelzellen in dieser Periode der Borstenbildung habe ich mich schon oben geäußert. Mit dem zunehmenden Wachstum der ! An Präparaten von Follikeln aus dieser Periode zeigt sich häufig ein kleiner Zwischenraum zwischen Borste und Follikelzellen (Taf. XXXV, Fig. 7, 8 *). Derselbe dürfte jedoch kaum ein natürlicher sein, sondern seine Entstehung einer durch die Konservierung verursachten Schrumpfung der Follikelzellen ver- danken. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. 539 Ersatzborste beginnen in jeder Follikelzelle die reihenweise geordneten Körnchen von dem freien Zellende aus miteinander zu verschmelzen und so zahlreiche parallele Fasern zu bilden, die sich weiterhin zu einem kompakten Faserbüschel vereinigen, welcher seinerseits durch eine an die Basalenden der Fasern erfolgende Apposition neuer Körnehen zu wachsen scheint. In dieser Weise wandelt sich die Follikelzelle von ihrem freien Ende aus allmählich in ein solches Faserbüschel, das künftige Verbindungsstück, um. Sie nimmt dabei sowohl an Länge als auch an Breite stetig ab. Ebenso geht auch der epitheliale Zusammenhang zwischen den einzelnen Follikelzellen langsam verloren (Taf. XXXV, Fig. 9). Das Faserbüschel wird schließ- lich so lang, daß es infolge von Platzmangel gezwungen ist, sich in eine Schleife zu legen. Die letztere ist derartig angeordnet, dab auf das zuerst gebildete und längs des Ersatzhakens nach dem Proximal- ende des Follikels gerichtete Endstück des Faserbüschels die nur einmal gewundene Schleife und sodann das andre Büschelende folgt, welches noch mit der schon sehr geschwundenen Follikelzelle in Verbindung steht. In der eben angeführten Abbildung sind die Faserbüschel in allen Stadien der Bildung dieser Schleifen und die letzteren an der (vom Beschauer aus) linken Seite des Ersatzhakens (Ehk) auch in der Seitenansicht dargestellt. Die Umwandlung in Verbindungsstücke erfolgt nicht bei allen Follikelzellen gleichzeitig, sondern schreitet vom Proximalende des Follikels gegen sein Distal- ende vor, so daß sich unmittelbar vor dem Borstenersatze die dem ersteren zunächst gelegenen Follikelzellen fast schon vollständig in Verbindungsstücke metamorphosiert haben, die mehr distal befindlichen jedoch in dieser Entwicklung noch nicht so weit vorgeschritten sind. Zu dieser Zeit kommt nun der Ersatzhaken, dadurch daß sein Follikel durch die nachdrängenden jüngeren unmittelbar an den Hakenfollikel gerückt worden ist und dadurch, daß sich die trennende Zwischenlamelle der Sackmembran (vgl. p. 518) verflacht hat, mit seiner Basis in die Nähe des funktionierenden Hakens zu liegen. Die bereits gebildeten Faserbüschel seines Follikels befestigen sich nun mit ihrem freien (proximalwärts gerichteten) Ende zwischen und neben den Ansatzstellen der Verbindungsstücke des funktionierenden Hakens an die Sackmembran. Fast gleichzeitig erfolgt aber auch die Anheftung ihres entgegengesetzten Endes an den Ersatzhaken. Der dem Faserbüschel noch anhängende und den Kern bergende Cytoplasmarest der ursprünglichen Follikelzelle scheint bei diesem doppelseitigen Befestigungsvorgange eine aktive und leitende Rolle 540 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, zu spielen. Er bleibt vorderhand noch einige Zeit mit der Sack- membran in Verbindung, löst sich aber bei der später erfolgenden Streekung des Faserbüschels von dieser ab. Spuren der ursprüng- lichen Follikelzellen, so insbesondere die Kerne, bleiben auch nach erfolgtem Borstenersatze noch einige Zeit zwischen den Verbindungs- stücken erhalten. Mit der beendeten Bildung der letzteren ist nun der eigentliche Borstenersatz vorbereitet. Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, ist derselbe kein plötz- licher; es handelt sich dabei also nicht um ein Moment, sondern um eine, allerdings nicht sehr lange dauernde Zeitperiode, in welcher sowohl der alte als auch der neue Haken vorerst noch eine Weile nebeneinander funktionieren, bevor der erstere entfernt wird. In dem Maße, in welchem sich die neuen Verbindungsstücke zwischen und neben den alten befestigen, erfolgt eine sukzessive Ablösung der letzteren, so daß der Unterschied in der Kraftäußerung der beiden Haken zu Gunsten des neuen immer größer wird. Es bedarf schließ- lich nur noch eines geringen Zuges von außen (etwa bei einem An- klammerungsversuche des Myzostoma), damit der alte Haken aus der Borstendrüse herausgerissen wird, und der neue als allein funk- tionierender an dessen Stelle tritt (Taf. XXXVI, Fig. 3—6 Hk, Ehk). Während der alte Haken vollständig aus dem Parapodium ent- fernt wird, scheint dies bei den abgelösten Verbindungsstücken nicht der Fall zu sein. Dieselben gelangen nämlich nach ihrer Ab- lösung in das an das akzessorische Drüsenlumen anschließende Kanalsystem (vgl. p. 520), welches sich in dem die Borstendrüse um- gebenden Parenchym vorfindet. Dortselbst bemerkte ich dann auch stets eine Anzahl von freien kreisrunden und scheibenförmigen Zellen, (Taf. XXX VI Fig.3 Lx) welche einen zentral gelegenen dunkel tingierten Kern und ein hyalines Oytoplasma besaßen, und welche ihrem Habitus nach sehr an die bei Anneliden vorkommenden »Iymphoiden« Zellen! erinnerten. Dieselben waren immer in der Nähe und teilweise auch in Kontakt mit den einzelnen Verbindungsstücken anzutreffen. Ihre Funktion ist mir unklar geblieben. Spielen sie sielleicht bei der Ablösung der Verbindungsstücke eine Rolle, dienen sie möglicherweise dazu, dieselben zu resorbieren? Auch über ihre Herkunft vermag ich nichts Bestimmtes mitzuteilen. Die einzige Annahme hätte größere Wahrscheinlichkeit für sich, daß sie mit den schon von v. GRAFF? ! EısıG, 8, p. 685—691. 2 10, p. 54, 55 und 64. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. 541 und auch von mir beobachteten »freien Bindegewebszellen< in den Lückenräumen des Parenchyms in Beziehung zu bringen wären. Das fernere Schicksal der Verbindungsstücke ist mir gleichfalls un- bekannt. Sie sind jedenfalls in den engeren Lückenräumen des ge- nannten Kanalsystems nicht mehr anzutreffen. Aus der vorangehenden Schilderung geht hervor, daß das Drüsen- epithel in dem Hakenfollikel mit jenem identisch ist, welches die Ersatzborstenfollikel auskleidet, da es ja in dem ersteren bei jedes- maliser Auswechslung des funktionierenden Hakens durch das Drüsenepithel des ältesten Ersatzborstenfollikels, und zwar in Form von Verbindungsstücken, ersetzt wird. Es besteht daher zwischen Haken- und Ersatzborstenfollikel kein prinzipieller Unterschied und stellt der erstere also nur eine höhere Altersstufe des letzteren dar. Was nun das Drüsenepithel im Stützstabfollikel anbelangt, so kann man daselbst ebenfalls, wie in den andern Follikeln der Borsten- drüse, zweierlei Formen von Elementen desselben unterscheiden: Eine Basalzelle und zahlreiche gewöhnliche Follikelzellen. Die erstere zeichnet sich vor den Basalzellen der Ersatzborstenfollikel sowohl durch ihre weitaus bedeutendere Größe als auch durch ihre lang- gestreckt birnförmige Gestalt aus, die dadurch zu stande kommt, daß die, auch den großen Kern bergende Hauptmasse ihres Cytoplasma, welche nur durch einen dünnen Stiel mit der an der Borstenbasis anschließenden Endplatte verbunden ist, längs des Stützstabes als ova- les Gebilde herabhängt (Taf. XXXVI, Fig. 1 Bz; Taf. XXXVIL Fig. 2 B:). Infolge ihrer Größe und auffälligen Form konnte die Basal- zelle des Stützstabes der Aufmerksamkeit jener Myzostoma-Forscher nicht entgehen, welche bereits mit moderner Technik gearbeitet haben. So hat sie schon NAnsEn gesehen, der jedoch über ihre Funktion nichts Näheres mitzuteilen vermochte (s. p. 931, Anm. 4). Höchst auf- fällig ist es aber, daß der genannte Autor an der betreffenden Stelle von mehreren an der Basis des Stützstabes gelegenen Zellen spricht und auch in der beigefügten Figur zwei, ihrer Form nach dem Stütz- stabe angehörende Basalzellen abbildet. Dieser Umstand ist deshalb befremdend, weil ich bei M. asteriae sowohl als auch bei M. gigas stets nur eine einzige Basalzelle in Verbindung mit der Borste ge- sehen habe, und weil es nach der Gestalt und Größe der von NANSEN abgebildeten Basalzellen ausgeschlossen scheint, daß eine von diesen dem funktionierenden Haken zuzurechnen ist. Auch WHEELER hat die Basalzelle des Stützstabes gesehen (s. p: 531, Anm. 5). Aus seinen Angaben geht jedoch hervor, daß ihm die plankonvexen Basalzellen der 542 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Ersatzhaken unbekannt geblieben sind, da er annimmt, daß auch diese eine birnförmige Gestalt gleich der Basalzelle des Stützstabes besäßen. Die übrigen Follikelzellen sind in dem ausgebildeten Stützstab- tollikel nur zum geringsten Teile in ihrer unveränderten Gestalt er- halten, sondern haben sich zumeist in Verbindungsstücke metamor- phosiert. Diese letzteren sind von jenen des Hakenfollikels absolut nicht zu unterscheiden und finden sich hauptsächlich dort, wo sich die mächtige Stützstabmuskulatur an die Sackmembran des Fol- likels ansetzt, also im ganzen Proximalabschnitte des letzteren so- wie im Distalabschnitte längs und im Umkreise der bereits früher (p. 522) besprochenen cutieulären Verdickungen am Handteile (Taf. XXXVI, Fig. 6 Bd,, Bd). In den übrigen Teilen des Distal- abschnittes, so insbesondere innerhalb der zelligen Wand des Haken- führungsrohres, haben die Follikelzellen dagegen ihre ursprüngliche Form bewahrt und gleicht das Drüsenepithel daselbst vollkommen dem Epithel der Hakenscheide, dessen proximale Fortsetzung es ja darstellt. Das Drüsenepithel des Stützstabfollikels stimmt also im Charak- ter vollkommen mit jenem des Hakenfollikels (der Ersatzborsten- follikel) überein, unterscheidet sich von letzterem aber dadurch, daß es keinem periodischen Ersatze unterworfen ist. Gleichwohl muß trotz dieser kleinen Differenz das gesamte Drüsenepithel der Borsten- drüse als ein einheitliches aufgefaßt werden. Dafür spricht einer- seits der Umstand, daß das Drüsenepithel des Hakenfollikels (der Ersatzborstenfollikel) direkt aus einem Teile des Drüsenepithels des Stützstabfollikels und zwar aus der zelligen Wand des Hakenfüh- rungsrohres hervorgeht und andrerseits die für die einheitliche Auf- fassung der Borstendrüse höchst wichtige Tatsache, daß die Borsten- muskulatur bei dem Ersatze des Hakens nicht mit ersetzt wird. Dieses Verhalten der Muskulatur läßt eben darauf schließen, daß der Haken ursprünglich ebenso wie der Stützstab nur einmal gebildet wurde, und daß dessen Auswechslung, also auch der Ersatz der zu Verbindungsstücken umgewandelten Epithelzellen seines Follikels, nur eine in der Folge sekundär erworbene Eigenschaft darstellt. Die Sackmembran ist hinsichtlich ihrer Struktur genau so gebaut, wie die integumentale Basalmembran, als deren Fortsetzung sie ja angesehen werden kann. Sie stellt sich als eine stellenweise dünne, stellenweise wieder diekere bindegewebige Membran dar, in welcher keine Kerne gelegen sind. Am stärksten entwickelt ist sie an den- jenigen Stellen der Borstendrüse, wo die großen Züge der Borsten- Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 543 muskulatur an sie herantreten; so insbesondere am Handteile des Stützstabes, in geringerem Maße auch in der Gegend der proximalen Stielenden der funktionierenden Borsten. An diesen Stellen ist sie dadurch, daß sie eine innige Verbindung mit der Borstenmuskulatur eingeht, etwas verdickt. Diese letztere inseriert sich nämlich, wie schon früher erwähnt wurde, nicht unmittelbar an der Borste, sondern an der Sackmembran!, die ihrerseits überall dort, wo eine Muskelfaser an sie herantritt, dieser einen zarten, wurzelartigen Ausläufer ent- sesensendet, der die Faser scheidenförmig umfaßt und dadurch ihre Ansatzfläche bedeutend vergrößert Diese Muskelscheiden stehen an den obgenannten Stellen der Borstendrüse dicht gedränst nebeneinander und ihre Konturen verschmelzen dann zu verhältnismäßig breiten, sehnenartigen Bändern (Taf. XXXV, Fig. 10, 11 8b). Die Vermittelung des Muskelzuges zwischen diesen und den Borsten be- sorgen dann die zahlreichen Verbindungsstücke. An jenen Stellen der Borstendrüse, woselbst die Sackmembran keine Sehnenbänder bildet, besitzt dieselbe im allgemeinen eine dem Normalen der inte- sumentalen Basalmembran entsprechende Dicke, kann jedoch stellen- weise auch so dinn werden, daß es schwer fällt, sie zwischen den Fasern der die Borstendrüse umgebenden Bindegewebszellen zu er- kennen. Das die Borstendrüse umhüllende Parenchym ist zum Teil in eigentümlicher Weise modifiziert. Diese Modifikation, welche an gefärbten Präparaten (besonders an Querschnitten) schon bei schwacher Vergrößerung durch ihren dunkleren Farbton auffällt, legt sich gleichsam als ein breiter Ring um den Proximalabschnitt des Stützstabfollikels, sowie um den Hakenfollikel, wobei jedoch das proximalste Ende des ersteren frei bleibt, das heißt, nur vom ge- wöhnlichen Parenchym umhüllt wird (Taf. XXXVI, Fig. 1, 2). Dieser Parenchymring zerfällt in einen knapp neben der Borstendrüse ge- legenen inneren und in einen peripherisch von diesem befindlichen äußeren Bezirk (Taf. XXXVL Fig. 2). Der erstere fällt dadurch auf, daß in ihm ein ausgebreitetes System von großen Lakunen und un- regelmäßig gewundenen Kanälen auftritt, welche in das »akzessori- sche Drüsenlumen« einmünden. Diese zumeist eng nebeneinander 1 Ebenso wie bei Echiurus; vgl. SPENGEL, 26, p. 474, Abs. 2. 2 Es sei hier auch an die wurzelartigen Fortsätze der integumentalen Basal- membran erinnert, welche den dorsoventralen Muskelzügen der Körpermuskulatur, sowie den peripherischen Ausläufern der Parapodial- und Borstenmuskulatur zum Ansatze dienen (vgl. p. 507, 508). Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd, 37 544 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, gelegenen und scharf umschriebenen Hohlräume sind groß und von- einander nur durch verhältnismäßig dünne Balken eines faserigen Bindegewebes getrennt. Sie sind wahrscheinlich durch Einschmelzung von nebeneinander gelegenen Bindegewebsmaschen entstanden, so zwar, daß sich die feinen, innerhalb des retikulären Bindegewebes befind- lichen Lückenräume zu dem Lakunen- und Kanalsystem vereinigen konnten. Über die in dem letzteren bei dem Borstenersatze auftreten- den »lymphoiden« Zellen wurde schon früher (p. 540) gesprochen. Bemerkenswert ist ferner der Umstand, daß alle jene Muskeln, welche den beiden Borsten gemeinsam sind, in derartigen Hohlräumen des modifizierten Parenchyms verlaufen (Taf. XXXVI, Fig. 2 Cb,, Cb,, Ol, CL; Fig. 3, 4, 5 CL, CL). Im äußeren (peripherischen) Be- zirke des Parenchymringes ist das Lakunen- und Kanalsystem nicht vorhanden. Hier sind selbst die feinen Maschenräume, welche sich sonst zwischen den Zellen des retikulären Bindegewebes vorfinden, nicht mehr wahrnehmbar, da die Elemente des letzteren ausgesprochen faserig differenziert sind und diese Fasern eng nebeneinander ver- laufen. Der Parenchymring stellt demnach gleichsam ein federndes Polster dar, welches die bei der Bewegung der Parapodien auf die Borsten, hauptsächlich aber auf den Haken wirkenden Druck- und Zugäußerungen für die Weichteile des Parapodiums unschädlich macht. Von diesem Ringe aus setzt sich das modifizierte Parenchym auch in distader Richtung, hier jedoch nur längs der rostralen Seite der Borstendrüse hin fort, indem es einerseits den freien, nicht in der letzteren gelegenen Mittelteil des Stützstabstieles umgiebt und andrerseits die größere Hälfte des akzessorischen Drüsenlumens ein- schließt (Taf. XXXVI, Fig. 5—5). Es endet dann etwas oberhalb vom Distalabschnitte des Stützstabfollikels. Insoweit das modifizierte Parenchym an das akzessorische Drüsenlumen angrenzt, sind in das- selbe zahlreiche große, mit ansehnlichem Kerne versehene Drüsen- zellen (Z) eingelagert, deren birnförmiger Zellleib größtenteils peri- pher gelegen und deren langer, fadenförmiger Ausführungsgang gegen das akzessorische Drüsenlumen gerichtet ist. Obwohl sie bei mei- nen sämtlichen Präparaten recht schlecht erhalten waren, so vermute ich, daß sie mit jenen Drüsenzellen identifiziert werden müssen, welche nach NANseE den sich gegen das Körperzentrum erstreckenden Teil der Hakendrüse bilden: »The glandular mass surrounding the hooks KR, is divided into two parts, one surrounding the hooks, and ! Diese Zellen sind in den betreffenden Abbildungen viel zu markiert ge- zeichnet. - Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. 545 the other extending towards the centre of the body, and in this there are vacuoli communicating with the canal in which the chief hook is situatedi«. Ich habe an mehreren Präparaten den Eindruck gewonnen, als ob innerhalb des modifizierten Parenchyms, insbesondere in dem: aus diesem bestehenden Ringe neben den Bindegewebsfasern auch noch Nervenfibrillen verliefen, welche ich allerdings nicht auf einen be- stimmten Nerven zurückzuführen vermochte. Ich habe zwar einen solehen, er gehört vermutlich einem der beiden von NAnSEN beschrie- benen »Parapodienzweige«? an, dicht an das modifizierte Parenchym herantreten sehen, woselbst er sich jedoch, möglicherweise infolge seiner Auflösung in die genannten Fibrillen, der weiteren Wahrneh- muns entzog. Die betreffende Eintrittsstelle (wenn man hierfür diesen Ausdruck verwenden darf), befindet sich an der rostralen Seite der Borstendrüse, etwas oberhalb vom »akzessorischen Drüsenlumen«. C. Die Borstenmuskulatur. Obwohl schon v. GRAFF in seiner grundlegenden Arbeit? auf nicht unbedeutende Verschieden- heiten hingewiesen hat, die sich zwischen M. glabrum und M. eirri- ferum bezüglich der Anordnung und Ausbildung der Borstenmusku- latur vorfinden, und obwohl dadurch der Beweis erbracht wurde, daß auch in dieser Beziehung die Myzostomen nicht einheitlich ge- baut sind, haben alle auf den genannten Forscher folgende Autoren bei der Beschreibung von neuen Myzostoma-Arten der Borstenmus- kulatur gleichwohl keine weitere Aufmerksamkeit zugewendet. Aus diesem Grunde kann ich die Anordnung der letzteren bei M. asteriae nur mit jener bei den beiden obgenannten Myxostoma- Arten vergleichen. Um einen derartigen Vergleich zu erleichtern, habe ich mich in der nachfolgenden Schilderung der Borstenmusku- latur von M. asteriae hinsichtlich der Benennung der einzelnen Muskeln oder Muskelgruppen, so weit als möglich eng an die von v. GRAFF bei der Beschreibung der Borstenmuskulatur von M. glabrum ange- wendete Nomenklatur gehalten, so daß durch die Identität der Be- zeichnung auch die Homologie der betreffenden Muskeln ausgesprochen ist. Ebenso habe ich es auch für überflüssig erachtet, die Insertions- stellen und den Verlauf aller Borstenmuskeln von M. asteriae anzu- führen. Bei jenen Muskeln, wo daher derartige Angaben fehlen, stimmen meine Befunde mit jenen v. GrArrs vollkommen überein. 1 21, p. 77, Abs. 3, tab. I, fig. 8 Ak; tab. II, fie. 1, 10, 11 hr. 2 22, p. 284, Abs. 2. 3208 9.30, 38: 37% 546 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Auch möchte ich hier nochmals daran erinnern, daß sich die ge- samte Borstenmuskulatur nicht direkt an die Borsten, sondern an die Sackmembran ansetzt. Wenn daher in nachfolgendem davon ge- sprochen wird, daß irgend ein Muskel an einer gewissen Stelle dieser oder jener Borste inseriert, so ist diese Ausdrucksform lediglich als topographisches Hilfsmittel zu betrachten, welches die gemeinte Stelle besser präzisieren soll und ist unter der letzteren stets nur jener Abschnitt der Sackmembran zu verstehen, welcher dem betreffenden Borstenteile unmittelbar gegenüberliegt. a) Retraktoren und Regulatoren des Hakenapparates. 1) Musculus centralis (Taf. XXXV, Fig. 11; Taf. XXXVIJ, Fig. 5, 6 Ctr). Eine Vereinigung sämtlicher Musculi centrales zu einer gemeinsamen »bauchständigen Muskelmasse« 1 findet bei M. asteriae nicht statt. . 2) Museculi retractores interni (Taf. XXXV, Fig. 11 R%; Taf. XXX VI, Fig. 4, 5, 6 Ru, Ro). 3) Museculi retractores externi (Taf. XXXV, Fig. 11 Re; Taf. XXXVIJ, Fig. 3, 4, 5, 6 Re, Re,). 4) Musculi retractores anteriores (Taf. XXXVL Fig. 4, 5, 6 Ra). 5) Museuli retractores posteriores (Taf. XXXVI, Fig. 4,5, 6 Rp). Für die beiden letztgenannten Muskelgruppen gibt v. GRAFF an?, daß jede aus drei einzelnen Muskeln bestände. Ich habe zwar den Eindruck gewonnen, daß sich auch bei M. asieriae eine jede von ihnen aus mehreren schwachen Muskeln zu- sammensetzt, kann jedoch über die Anzahl der letzteren keine bestimmte Angabe machen. b) Protraktoren des Hakenapparates. 6) Musculus protractor longus internus (Taf. XXXV, Fig. 11; Taf. XXXVI, Fig. 1 Pige). Derselbe entspricht dem von v. GRAFF? »Protraetor longus« genannten Muskel. 7) Musculus protractor longus externus (Taf. XXXV, Fig. 11; Taf. XXXVI] Fig. 1 Plge). Der Antagonist des vorigen (auch dem M. cirriferum eigentümlich). Er inseriert sich an der Stützstabbasis gegenüber der Ansatzstelle des Muse. protr. lon- gus internus und strebt in seinem weiteren Verlaufe nach außen und unten, woselbst er sich mit seinen einzelnen Fasern in dem zwischen dem Parapodium und dem Körperrande gele- genen Teil der Bauchwand verliert. 1 10, p. 35, Abs. 3. 2], 0% DISDHENDE 3]. ec. p. 36, Abs. 1. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. 547 8) Musculus protractor lateralis anterior (Taf. XXXV, Fig. 11; Taf. XXXVI, Fig. 1 Plia); entspricht dem von v. GRAFF! »Protraetor lateralis suffuleri internus« genannten Muskel. 9) Musculus protractor lateralis posterior (Taf. XXXV, Fig. 11; Taf. XXXVI, Fig. 1 Pltp). Derselbe entspricht dem von v. GRAFF?! »Protraetor lateralis suffuleri externus« genannten Muskel. Sämtliche Retraktoren und Protraktoren des Hakenapparates inserieren sich bei M. asteriae nur an dem Stützstabe, keiner an dem Haken. Diesem letzteren sind lediglich Muskeln eigentümlich, durch welche er mit dem ersteren verbunden ist. ec) Verbindungsmuskeln zwischen Haken und Stützstab. 10) Museuli conjunctores breves (Taf. XXXV, Fig. 11; Taf. XXXVI, Fig. 2 Ob,, ©bs). Zwei kurze, kräftige Muskeln, welche die Basen der beiden funktionierenden Borsten fest verbinden. v. GRAFF beschreibt bei M. glabrum nur einen solchen Muskel, welcher sich kugelförmig um die Basis des Stützstabes sowie um jene des Hakens herumlegt, »indem von der sanzen Peripherie der ersteren Fasern zur Peripherie der letzteren hinziehen«?. Dieses letztere ist bei M. asteriae, wie auch aus Taf. XXXVI, Fig. 2 ersehen werden kann, nicht der Fall. Ebensowenig werden hier die Museuli conjunetores breves von allen »zur Basis der beiden Stiele hinziehenden Muskeln« durchbohrt, wie dies v. GrRAFF bei M. glabrum angibt, sondern sie verlaufen innerhalb des Lakunensystems im modifizierten Parenchymringe (vgl. p. 544), während alle andern Protraktoren des Hakenapparates außerhalb des letzteren im gewöhnlichen Parenchym dahinziehen. Museuli conjunctores longi (Taf. XXXV, Fig. 11; Taf. XXXVI, Fig. 2—6 Cl, Ch). Dieselben sind zwei langgestreckte, verhältnismäßig schwache Muskeln, welche sich einerseits neben und etwas unterhalb von der Ansatzstelle des rostral gelegenen Musculus conjunetor brevis (Taf. XXXVI, Fig. 2), andrerseits an der rostralen (konvexen) Außenfläche des 110, p. 36, Abe. 2. 21. ce. p. 36, letzter Absatz. Ich vermute, daß diese Angaben vV. GRAFFS auf einem Irrtum beruhen, und daß bei M. glabrum und M. cirriferum in der gleichen Weise wie bei M. asieriae zwei getrennte Conjunctores breves vor- handen sind, die knapp nebeneinander verlaufen und so, vielleicht auch bei fälschlicher Auffassung der Verbindungsstücke, den Eindruck erwecken konnten, als ob nur ein derartiger (kugelförmiger) Muskel vorhanden sei. 11 I 548 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Handteils knapp nebeneinander inserieren. Auch sie verlaufen innerhalb des modifizierten Parenchyns. d) Fixatoren des Hakenapparates. | 12) Museuli fixatores manubrii (anterior und posterior) (Taf. XXXVI, Fig. 7 Fma, Fmp). Zwei kräftige Muskeln, welche von ihrer gemeinsamen Insertionsstelle, die unterhalb der Ansatz- stelle des Musculus centralis an der freien, eingekrümmten Schmalkante des Handteils gelegen ist, der eine in rostrader der andre in caudader Richtung, schief nach auswärts an die Falte verlaufen, welche durch das Parapodium und die Bauch- wand gebildet wird. Sie sind für die Fixierung des Hand- teils von Wichtigkeit und zugleich Antagonisten des Musculus centralis. | Der Unterschied, welcher sich in der Anordnung der Borsten- muskulatur zwischen M. asteriae und M. glabrum ergibt, ist demnach ' folgender: M. asteriae fehlen vor allem sämtliche Protraktoren des Hakens (Protraetor uneini internus und externus), sowie die beiden Protraetores uncini laterales (internus und externus), welche dem M. glabrum eigen- tümlich sind!. Dieser Umstand ist vielleicht durch die streng endo- parasitische Lebensweise des M. asteriae zu erklären, bei welcher ein so energisches Vorstrecken des Hakens, wie ein solches das M. gla- brum als Ektoparasit bedarf, nicht notwendig, sondern eher schädlich ist. Dafür besitzt M. asteriae in seinem Musculus protraetor longus externus einen dem M. glabrum fehlenden Antagonisten des Musculus protraetor longus internus. Ebenso fehlen dem letztgenannten Myxo- sioma die Musculi fixatores manubrü, mit welchen M. asieriae aus- gestattet ist. Größer sind die Unterschiede in der Anordnung der Borsten- muskulatur zwischen M. asteriae und M. cirriferum2. Abgesehen von sämtlichen sich an den Haken des letztgenann- ten Myzostoma inserierenden Protraktoren fehlen dem M. asteriae auch die nur dem M. cirriferum eigenen Fixatoren des Hakenappa- rates. Dem M. cörriferum mangeln dagegen die beiden Musculi pro- tractores laterales (anterior und posterior), ebenso auch die Musculi ixatores manubrii des M. asteriae. Interessant ist es, daß sich auch bei M. cirriferum wie bei M. asteride der dem M. glabrum fehlende Musculus protractor longus externus vorfindet. 1 v. GRAFF, 10, p. 36, Abs. 3, 4,5. ° 1. ©: D. 39,3 Abs:u6,07549,°88, JAbarıla Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 549 Auf die Aktion der gesamten Borstenmuskulatur von M. asteriae brauche ich hier nicht näher einzugehen, da ja die auch hier dafür geltenden Grundsätze schon von v. GRAFF an der Borstenmusku- latur des M. glabrum und des M. cirriferum dargelegt worden sind!. Lediglich die Bewegungen des funktionierenden Hakens bedürfen noch einer Erklärung. Man kann bei der Aktion des letzteren vier aufeinanderfolgende Phasen unterscheiden: Vorstreckung, Einhakung, Lösung der Ein- hakung, Zurückziehung. Wie aus dem Vorangegangenen zu entneh- men ist, fehlen dem Haken Protraktoren, welche sich nur an ihm selbst inserieren. Seine Vorstreckung kann daher nur durch folgende Vorgänge bewirkt werden: Erstens durch die Kontraktion der Pro- traktoren des Stützstabes, mit welchem seine Basis durch die beiden Conjunetorpaare (breves und longi) innig verbunden ist, und zweitens durch die Kontraktion der Conjunctores longi bei gleichzeitiger Er- schlaffung der Conjunctores breves. Es ist anzunehmen, daß der erstere Vorgang dem zweiten stets vorangeht. Die Einhakung des Hakens erfolgt durch die Kontraktion des Musculus centralis bei gleichzeitiger Erschlaffung der Musculi fixatores manubrii. Alle diese Muskeln setzen sich zwar nicht an den Haken, sondern an den Handteil an, welcher jedoch den Distalabschnitt des ersteren schei- denartis umfaßt (Hakenführungsrohr) und so mitbewegt. Die Lösung der Einhakung wird dagegen umgekehrt durch die Kontraktion der Museuli fixatores manubrii bei gleichzeitiger Erschlaffung des Muscu- lus centralis bewirkt. Da dem Haken auch Retraktoren fehlen, welche sich nur an ihm selbst inserieren, so muß die Zurückziehung desselben wieder durch die Kontraktion der Stützstabretraktoren bei gleichzeitiger Erschlafiung der Stützstabprotraktoren erfolgen. Ergänzt und gesteigert wird die Wirkung dieses Vorganges durch die Kon- traktion der Conjunctores breves bei gleichzeitiger Erschlaffung der Conjunctores longi. Anhang zum Kapitel Parapodien. Nach Abschluß der Untersuchungen, deren Resultate in diesem Kapitel niedergelest sind, wurde ich bei gelegentlicher Durchsicht des im Sommer 1902 erschienenen Lehrbuchs der vergleichenden Histologie der Tiere von K. C. SCHNEIDER auf die Befunde aufmerk- sam, welche in demselben hinsichtlich der Borstenstruktur und der 1 v. GRAFF, 10, p. 38, 39. ._ 550 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Borstenbildung der Polychäten (Sigakon)! und auch bei Oligochäten (Eisenia)? niedergelegt sind. Diese Befunde, welche mit den ent- sprechenden von mir bei M. asieriae gewonnenen Resultaten zum Teil vollständig übereinstimmen, bilden eine neue und nicht genug zu würdigende Unterstützung für die sich immer mehr geltend machende Ansicht, daß die Myzostomen einen den Polychäten äußerst nahe stehenden Zweig der Chätopoden repräsentieren. Ich glaube davon enthoben zu sein, auf die bezüglichen Übereinstimmungen, welche sich in dem genannten Lehrbuche und der vorliegenden Abhandlung vorfinden, näher eingehen zu müssen, da ja dieselben bei dem Ver- gleiche der betreffenden, unten zitierten Stellen von selbst in die Augen springen. Ich möchte hier nur angesichts dieser so auffällig übereinstimmenden Punkte hervorheben, daß ich zu meinen Unter- suchungsresultaten ganz unabhängig und unbeeinflußt von den Be- funden SCHNEIDERS gelangt bin. Das Nervensystem. Das Nervensystem ist eines der bis jetzt am genauesten ge- kannten Organe der Myzostomen. Seit den Arbeiten v. GRAFFS®? und BEARDS! haben besonders die Untersuchungen v. WAGNERS> und vor allem jene NAnsExs® unsre diesbezüglichen Kenntnisse auf eine sehr hohe Stufe gebracht. Um Wiederholungen zu vermeiden, habe ich mich daher in nachstehendem darauf beschränkt, nur die wenigen von den Nansenschen Angaben differierenden Beobachtungen, welche ich an dem Nervensystem des M. asteriae gemacht habe, zu regi- strieren. Bi In erster Linie kommt diesbezüglich der »Schlundring« und das » Rüsselnervensystem« in Betracht. Der erstere ist sehr gut entwickelt, scheint jedoch ziemlich weit nach vorn gerückt zu sein. Ich wage es nicht zu entscheiden, ob dies ein konstantes Verhalten ist; denn alle von mir untersuchten Exemplare hatten ihre Rüssel vollständig eingezogen. Der dorsale Teil des Schlundringes lag bei sämtlichen nur eine ganz kurze Strecke hinter dem vorderen Ende des Bulbus musculosus. Die Schlundkommissuren waren jedoch dabei ziemlich gestreckt, wenn sie auch nicht zu voller Länge ausgezogen schienen (Taf. XXXIV, Fig. 4 Sr, Com). ı K. ©. SCHNEIDER, Lehrbuch der vergleichenden Histologie der Tiere. Jena 1902. p. 380—381. 2 Ebendaselbst p. 393—394. 3 10, p. 55, 56. 4 1, p. 549, 550. 5 27. 6 21, p. 1-75, 22. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. 551 Wenn ich nun auch die Angaben NAnsens über den Bau des Schlundringes — insoweit der innerhalb der äußeren Neurilemm- scheide gelesene Teil desselben in Betracht kommt! — vollinhaltlich bestätigen kann, so vermag ich doch nicht die Ansicht des genann- ten Autors zu teilen, daß jene großen, außerhalb des Neurilemms der Schlundkommissuren frei im Bindegewebe gelegenen, uni- auch multi- polaren Zellen, welche er in der Nähe des Schlundringes beobachtet hat, Ganglienzellen wären. Dieselben sollen vermittels ihrer Fort- sätze mit dem »fibrillären Schlundringe« in Verbindung stehen und in ihrer Gesamtheit einen den letzteren umgebenden »zellulären Ring« bilden 2. Diese Zellen habe auch ich in meinen Präparaten vorfinden können. Sie sind bei M. asteriae an Zahl weit geringer und liegen nicht so regelmäßig angeordnet, wie NANSEN bei seinen Objekten beobachtet hat. Die Hauptmasse derselben ist oberhalb und seitlich von der Rüsseltasche sowie vor dem Schlundringe und dem Bulbus musculosus gelegen (Taf. XXXIV, Fig. 4 X). Die Gestalt dieser Zellen ist eine äußerst mannigfaltige: Es finden sich ganz einfache, lang- gestreckte und schlauchartige Formen darunter, vielfach auch mehr sedrungene mit vielen Fortsätzen versehene Unabhängig von der Gestalt setzt sich jede dieser Zellen in einen langen kapillaren Gang fort, der je nach ihrer Lage bei manchen in dorsaler, bei andern in ventraler Richtung gegen das Körperintegument, nie jedoch gegen den Schlundring hinzieht. Leider ist es mir nicht gelungen die peripheren Mündungen dieser Ausführungsgänge ausfindig zu machen, obwohl ich die letzteren oft bis in den Hautmuskelschlauch hinein verfolgen konnte. Die Struktur dieser Zellen ist aus den auf Taf. XXXVIL Fig. 5, 6 dargestellten Abbildungen leicht zu erkennen: Eine sehr dünne Zellmembran umschließt ein hyalines, schwach tingierbares Cytoplasma, in welchem zahlreiche, sich mit Eisenhäma- toxylin intensiv blauschwarz färbende Kügelchen suspendiert sind, die sich stellenweise zu kleineren oder größeren unregelmäßig ge- formten Schollen zusammenballen können. Diese letzteren lassen sich auch durch den ganzen Ausführungsgang hin verfolgen, lösen sich aber zumeist gegen das periphere Ende desselben allmählich wieder in die kleineren Kügelchen auf. Der runde, nicht allzugroße Kern, welcher ein stark glänzendes Kernkörperchen birgt, liegt stets in der Mitte des Zellleibes. Diesen Beobachtungen zufolge kann man mit 1 22, p. 272, Abs. 1. >]. e. p. 272, Abs.2,2, 274, Abs 1. 992 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Sicherheit behaupten, daß diese Zellen keine Ganglienzellen, sondern Drüsenzellen sind, .welche ein geformtes Sekret ausscheiden. Eine Verwechslung derselben mit Ganglienzellen ist allerdings bei nicht entsprechender Färbung leicht möglich. Die Sekretpfropfen bleiben dann hell und für das Auge unsichtbar, während die Zellen selbst — insbesondere jene, welche mit zahlreichen Fortsätzen versehen sind — ungemein an uni- beziehungsweise multipolare Ganglienzellen erinnern. Auch die kapillaren Ausführungsgänge, welche lange Strecken hindurch eine gleichbleibende Dicke besitzen, mögen bei mangelhafter Färbung zu Verwechselungen mit Neuriten Anlaß ge- geben haben. Auffallend ist immerhin die Lage und die Anordnung dieser Zellen sowie das Mißlingen des Auffindens jedweder äußeren Mündung ihrer Ausführungsgeänge, wodurch auch vorderhand die Möglichkeit benommen ist über die Bedeutung dieser Drüsenzellen irgend welche Ansicht zu äußern. Was nun das »Rüsselnervensystem« anbelangt, so habe ich bei M. asteriae ein solches trotz Aufwendung vieler Zeit und Mühe nicht auffinden können. Vom Schlundringe zweigen nur einige wenige ganz kurze und zarte Nerven nach vorn gegen die Rüsseltasche hin ab, und enden, ohne in einen »Tentakelnervenring« überzugehen, in der Nähe der »Speicheldrüsen« (siehe p. 567). Gegenüber den präzisen und mit zahlreichen Abbildungen beiegten Angaben NAnsens, welcher ein Rüsselnervensystem bei allen von ihm untersuchten Myzosioma- Arten angetroffen hat, erscheint dieser negative Befund bei _M. asteriae gewiß auffallend. Man könnte sich das abweichende Verhalten dieser Art nur damit erklären, daß bei ihr im Anschlusse an die streng endoparasitische Lebensweise eine Reduktion des Rüsselnervensystems unter gleichzeitiger Lagerung des Schlundringes nach vorwärts statt- sefunden hat. Die den Bauchstrang betreffenden Beobachtungen NAnsens? habe ich bei M. asteriae vollkommen bestätigt gefunden. Vom peripherischen Nervensystem hat jedoch der genannte Forscher bei den von ihm untersuchten Myzostomen weit mehr ge- sehen? als ich bei meinen Objekten wahrzunehmen vermochte. Ich schreibe letzteren Umstand hauptsächlich der für diese Zwecke un- günstigen Erhaltung sowie der geringen Anzahl der mir zur Ver- tügung stehenden Individuen* zu. 121, p. 1—72; 22, p. 274—276. 2 21,.p. 72, Abs. 3; 22, p. 276 282. 3 21, p. 72, Abs. 4; 22, p. 283—285. | * Dieselben waren zumeist in ganz unregelmäßiger Weise verkrümmt, so -- Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. 553 Die Seitenorgane. Über kein Organ des Myzostoma-Körpers sind so verschiedene Auffassungen vorgebracht worden, als über diese ventral gelege- nen und saugnapfähnlichen Gebilde, welche je nach der betrefien- den Myxostoma-Spezies teils in Form von größeren oder kleineren eingestülpten Säckehen, teils in Form von ringförmig umwallten Vorsprüngen oder gar in Gestalt gestielter Becherchen auftreten, und welche in der bisher! regelmäßig vorgefundenen Anzahl von je vier auf jeder Körperseite so verteilt sind, daß zumeist je eines in die Mitte zwischen zwei Parapodien, ausnahmsweise auch je eines an die Basis eines Fußstummels? zu liegen kommt. Abgesehen von ihrer Vielgestaltiskeit sind die in Rede stehenden Organe auch noch dadurch merkwürdig, daß sie bei den verschiedenen Myzosioma- Arten in verschieden starker Ausbildung vorhanden sind, ja bei manchen, zumeist den encystiert lebenden Formen, gänzlich zu fehlen scheinen. Dieser Modulationsfähigkeit der äußeren Form und. des Ausbildungsgrades entspricht ein bei den verschiedenen Myzostoma- Spezies im allgemeinen zwar gleichartiger, im speziellen jedoch ziemlich differenter, feinerer Aufbau der betreffenden Organe. Die Beobachtungsdifferenzen, welche sich infolgedessen bei den unter- suchten Myzostoma-Arten ergaben, sind ohne Zweifel die Ursache sewesen, welche die einzelnen Autoren zu den so verschiedenen Auf- fassungen über die Bedeutung dieser Organe veranlaßt hat. Alle die älteren Autoren von F. S. LEucKArT an bis einschlieb- lich vi GrAFF haben sie als »Saugnäpfe« in Anspruch genommen’. NANSEN erklärte sie für segmental angeordnete drüsige Säckchen »Segmental glandulous sacks«), welche möglicherweise modifizierte Nephridien darstellten“. WMHEELER endlich, welcher sich am ein- gehendsten von allen Autoren mit dem Studium der genannten Organe beschäftigt hat, meint hingegen, gestützt auf seine Befunde bei M. platypus v. Graff, daß sie aller Wahrscheinlichkeit nach den bei manchen Chätopoden beschriebenen »Seitenorganen« homolog seien°. Bevor ich auf die verschiedenen Beobachtungen eingehe, welche daß es unmöglich war, korrekte Konstruktionsbilder des peripherischen Nerven- systems zu entwerfen. 1 Nur M. asteriae macht hierin eine Ausnahme, da es neun Seitenorgane besitzt. 2 M. calycocotyle v. Graff (vgl. v. GRAFF, 13, p. 42; WHEELER, 30, p. 285, Abs. 3). 3 _v. GRAFF, 10, p. 40—41; 13, p. 9—10. * 21, p. 7677. 5 30, p. 278—283. 554 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, von den genannten Autoren betreffs des feineren Aufbaues der Seiten- organe gemacht wurden, möchte ich meine bezüglichen bei M. asteriae erhaltenen Befunde schildern, um dadurch eine Grundlage für den Vergleich mit den ersteren zu gewinnen. _M. asteriae besitzt, wie bereits früher erwähnt, im Gegensatze zu allen übrigen Myzostoma-Arten eine unpaare Anzahl von Seiten- organen, nämlich neun. Acht von diesen sind in gewöhnlicher Weise bilateral symmetrisch zwischen die Parapodien jeder Körperhälfte verteilt; das neunte jedoch ist unpaar und liegt zwischen dem hinter- sten Parapodiumpaare in der Medianebene des Tieres (Taf. XXXIV, Fig. 2; Fig. 4 SO, 1). Jedes Seitenorgan stellt einen kleinen, etwa kreisförmig begrenzten Bezirk des Körperinteguments dar, welcher zu einem Sinnesorgane umgebildet ist. Derselbe bildet die Wan- dung eines für gewöhnlich ins Körperinnere eingestülpten Säckchens, welches eine geräumige, der Länge nach kompresse Höhlung ein- schließt, die ihrerseits durch einen ziemlich engen Gang (Taf. XXXVII, Fig. 3 Akso) mit der Außenwelt in Verbindung steht. Die äußere Gangöffnung wird von einer schwachen Hautfalte ringsförmig umgeben und springt deshalb als undeutliche Papille etwas über die ventrale Körperoberfläche vor. Die Hypodermis stülpt sich im Vereine mit der Cuticula und der Basalmembran in diesen Gang ein und bildet so dessen Wandung. Sie besteht daselbst aus einem kubischen gegen die innere Gangöffnung niedriger werdenden Pflasterepithel. Die Cuticula ist im Bereiche des Ganges dünner wie gewöhnlich, ebenso auch die Basalmembran. Der Hautmuskelschlauch ist zu einem den Gang seiner ganzen Länge nach umgebenden Sphincter (Sph.so) um- gebildet, welcher an der äußeren Gangöffnung besonders stark ent- wickelt ist. Radial um die letztere inserieren sich ferner sowohl dorsoventrale Muskelzüge als auch Fasern des Hautmuskelschlauchs, welche schief von oben seitwärts an sie herantreten und sie ge- sebenenfalls zu erweitern vermögen. Dieser Fall tritt stets dann ein, wenn das Seitenorgan — und dies scheint für die richtige Funktion desselben Bedingung zu sein — ausgestülpt wird. Dasselbe stellt dann einen über die Ventralfläche des Tieres hervorragenden pilz- förmigen Körper dar, dessen Stiel von dem handschuhfingerähnlich umgestülpten Gange und dessen Hut von dem modifizierten Inte- sumentbezirk gebildet wird. In dem Bereiche des letzteren sind Cutieula, Hypodermis, Grenzschieht und Hautmuskelschlauch noch deut- lich zu unterscheiden. Die Cutieulaelemente (-Säulehen) (Taf. XXXVI, Fig. 3, 4 C?), welehe auch hier das Abscheidungsprodukt der unter Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 555 ihnen gelegenen Hypodermiszellen sind, zeichnen sich durch ihre außergewöhnliche Länge (12—14 u), sowie durch ihre stäbehen- oder zapfenähnliche Form aus und werden voneinander durch Zwischen- räume vollkommen geschieden. Ihr Distalende zeigt bei den meisten meiner Präparate eine schwache Zerfaserung, zum Teil auch körnigen Zerfall. Es ist möglich, daß diese Erscheinung auf eine ursprünglich vorhandene, durch die Konservierung aber zerstörte Bewimperung des umgebildeten Integumentbezirkes hinweist. Auf die Cuticula folgt die Schicht der umgebildeten Hypodermzellen. Diese sind durchaus gleich- artige, sehr (circa 80 u) lange Zellen von saftigem drüsenähnlichem Aussehen und flaschenförmiger Gestalt (Taf. XXXVIL, Fig. 3, 4 Sz). Ihr Distalende, welches seiner Breite nach jener der Cuticulazäpfchen genau entspricht, wird durch einen verschmälerten Halsteil mit der sich flaschenartig ausbauchenden Hauptmasse des Zellleibs verbunden. Dieser verschmälert sich proximal allmählich und endet schließ- lich mit einem oder mehreren fadenförmigen Fußenden, welche sich in den Maschen der Grenzschicht verlieren. In dem breitesten Teile der Zelle liest der große, nicht sehr stark färbbare Kern, welcher ein dunkles, von einem helleren Hofe umgebenes Kernkörperchen birst. Das Cytoplasma ist schaumig vakuolisiert, wobei die Vakuolen in dem proximalen Zellabschnitte kleiner sind und dichter nebenein- ander liegen als in dem distalen. Ob dieselben im Leben Konkre- tionen enthalten, welche durch die Konservierung später aufgelöst wurden, kann ich nicht entscheiden, glaube es aber fast, da sich in manchen von ihnen ein äußerst feinkörniger Niederschlag vorfand, wie ein solcher bei künstlicher Auflösung von Zellkonkretionen öfter als Residuum auftritt. In dem halsförmig eingeschnürten Zellab- schnitte enthält das Cytoplasma keine Vacuolen mehr, sondern zeigt eine äußerst feine, kaum wahrnehmbare Streifung, welche sich in dem an die Cutieulazäpfehen anstoßendem distalsten Teile der Zelle zu einem dunklen fast undurchsichtigen Bande zu verdichten scheinen. Die in der eben beschriebenen Weise modifizierten Hypodermzellen scheinen bis auf ihr Distalende gänzlich in das Gewebe der Grenz- schicht eingesenkt zu sein. Das Substrat der letzteren ist ein äußerst lockeres retikuläres von großen blasenförmigen Vakuolen durchsetztes Bindegewebe, welches sich auffallend vom gewöhnlichen Parenchym unterscheidet und (bei eingestülptem Seitenorgane) die Hypoderm- schicht haubenartig umgibt (Taf. XXXVIL, Fig. 3, 4 Rbso). In dieses ungemein (bis zu 240 u) hohe Bindegewebspolster treten einzelne Bündel dorsoventraler Muskelzüge von oben und seitwärts in auf die 556 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Höhlung des Seitenorgans radialer Richtung ein, lösen sich im Be- reiche der Hypodermzellen in einzelne Fasern auf und dringen als solche zwischen den ersteren bis zur Cuticula vor, wo sie sich in- serieren dürften (Taf. XXXVI, Fig. 3 Mrso, Fig. 4 Fmrso)i. Diese dorsoventralen Muskelzüge dienen als Retraktoren des ausgestülpten Seitenorgans. Außer ihnen finden sich innerhalb der Hypoderm- schicht noch Muskelfasern, welche in zur Cuticula paralleler Richtung verlaufen und den Halsabschnitt der Hypodermzellen umspinnen (Taf. XXXVIL Fig. 3, 4 m). Diese Fasern sind wahrscheinlich abge- trennte Fasern des Hautmuskelschlauches und unterstützen durch ihre Kontraktion offenbar die Wirksamkeit der obgenannten Retrak- toren, da durch dieselbe die pilzhutförmig aufgeschwollene Oberfläche des Seitenorgans in Falten gelegt und so das Einziehen des letzteren bedeutend erleichtert wird. Außerdem verlaufen in der Grenzschicht noch nervöse Elemente. Es sind dies vor allem Verzweigungen des das Seitenorgan versorgenden Nerven (Taf. XXXVI, Fig. 3 Nso). Die- selben treten mit den dorsoventralen Retraktoren in die Grenzschicht ein und scheinen sich im Bereiche der Hypodermzellen in Fibrillen aufzulösen. Diese letzteren glaube ich in Form feinster mit der Cuticula parallel verlaufender Fäserchen, welche hauptsächlich den Halsabschnitt der Hypodermzellen umspinnen, gesehen zu haben (Taf. XXXVIL Fig. 4»). Die Proximalseite der Grenzschicht wird von einer zusammenhängenden kapselartigen Einstülpung des allgemeinen Hautmuskelschlauches umgeben, welche nur von den dorsoventralen Retraktoren und von den Zweigen des das Seitenorgan versorgenden Nerven durchbrochen wird (Taf. XXXVIL, Fig. 3 Mkps). Durch die Kontraktion der diese Muskelkapsel bildenden Fasern wird haupt- sächlich die Ausstülpung des Seitenorgans bewirkt. Die Feststellung, von welchen Nervenstämmen aus die Innervie- ! Wie die genannte Abbildung zeigt, fanden sich in manchen von diesen Fasern auch langgestreckte dunkel gefärbte Kerne. Ich möchte hierzu bemer- ken, daß ich die betreffende Zeichnung sowie die obige Beschreibung nach Schnittpräparaten von seit längerer Zeit konservierten und in Alkohol gelegenen Exemplaren, also unter Verhältnissen machen mußte, welche für die Erkenntnis von kompliziert gebauten Epithelien recht ungünstig waren. Es Scheint mir nun, wie ich es hier ausdrücklich hervorheben will, gar nicht unmöglich zu sein, daß sich die, zwischen den einzelnen Hypodermzellen liegenden vermeintlichen Muskelfaserabschnitte an Macerationspräparaten als besondere, zwischen den Hypodermzellen (Sinneszellen) gelegene Stützzellen herausstellen, an deren Basis sich erst die dorsoventralen Muskelfasern inserierten. Leider war es mir mangels an frischem Materiale nicht möglich diese Frage vermittels der Macerationsmethode zu entscheiden. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. 557 rung der Seitenorgane besorgt wird, war bei der geringen Anzahl der mir zu Gebote stehenden Individuen eine sehr schwierige. Nach einer zeitraubenden und mühevollen Untersuchung glaube ich indes mit einer gewissen Sicherheit behaupten zu können, daß von den neun Seiten- organen die ersten acht bilateral symmetrisch gelegenen durch je einen Zweig der zwischen den Hauptnervenstämmen entspringenden kleinen Nerven! innerviert werden, während das neunte unpaare Seitenorgan von jeder Körperseite her durch je eine Abzweigung der beiden hin- tersten, auch die Kloake und die Nephridien versorgenden kleimen Nerven? innerviert wird. Ich habe nun noch auf die Befunde einzugehen, welche von den früheren Autoren an den Seitenorganen anderer Myzostoma-Arten ge- macht worden sind. v. GRAFF hat diese Organe bei M. cirriferum, M. elegans, M. elongatum, M. cornutum und M. glabrum beschrieben?, seine Befunde sind jedoch, da sie auf der zur damaligen Zeit (1877) noch ziemlich unentwickelten Technik fußten, bereits von jenen NAn- SENS, welcher mit vollkommeneren Hilfsmitteln zu arbeiten vermochte, überholt worden. Der letztgenannte Autor, welcher die Seitenorgane von M. glabrum, M. graffi, M. eirriferum, M. giganteum, M. gigas, und M. carpenteri untersucht hat, hält es nicht für unwahrscheinlich, daß die »Segmental glandulous sacks«, wie er die Seitenorgane be- nennt, Einstülpungen des Körperepithels darstellen‘ Sie sind mehr (M. glabrum, M. graffi) oder minder (M. cirrıferum, M. gigas, M. gi- ganteum und M. carpenteri) tiefe Säckchen mit einer geräumigen (M. eirriferum, M. graffi) oder tlachgedrückten (M. gigas, M. gigan- teum und M. carpenter:), zum Teil auch durch nach innen vorsprin- sende Falten eingeengten (M. glabrum) Höhlung. Diese steht mit der Außenwelt durch einen verhältnismäßig engen Gang in Verbin- dung, welcher entweder eine runde (M. eörriferum) oder ovale (M. gigan- teum) äußere Öffnung besitzt. Dieser Gang wird von einem Epithel ausgekleidet, welches sich nicht unerheblich von der Hypodermis unterscheidet. Die dasselbe zusammensetzenden Zellen sind hoch und besitzen eine übrilläre Struktur. Zellgrenzen sind nur sehr schwierig, Epithelzellkerne nur in geringer Anzahl zu erkennen. Unter dem 1 NANSEN, 22, p. 284, Abs. 2, p. 285, Abs. 3; tab. XIX, fig. 1 nI—n. 2]. c. p. 285, Abs. 3; tab. XIX, fig. 1 n6. 3 10, p. 40—11. * 21, p. 42—44; engl. Resume p. 76, 77. Ich war auch hier infolge von Undeutlichkeit des englischen Resum& genötigt, den norwegischen Haupttext dieser Arbeit in Berücksichtigung zu ziehen. n2 558 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Epithel findet sich eine Ringmuskelschicht. NANSEN hat das erstere sich an einigen Stellen gegen die letztere hin einbuchten gesehen und hält die fibrillär aussehende Fortsetzung dieser Einbuchtung für Ner- venstränge, welche an das Epithel herantreten. Die äußere Gang- öffnung kann durch einen je nach der Art mehr oder minder ent- wickelten Sphineter verschlossen werden. Zu ihrer Erweiterung die- nen dorsoventrale und auch mehr horizontal verlaufende Muskelfasern, welche an sie in radialer Richtung herantreten. In dem Bindegewebe, welches die äußere Gangöffnung umgibt, sah NANsen Zellen, welche gegen dieselbe Fortsätze entsandten, sich jedoch ihren Kernen nach von gewöhnlichen Bindegewebszellen kaum unterschieden. Die Wand des Säckchens wird von einem »großzelligen Drüsengewebe mit Flimmer- epithel und kurzen, jedoch dichtsitzenden Flimmerhaaren!« gebildet. Die Form der dasselbe zusammensetzenden »Drüsenzellen« ist schwer zu bestimmen, da dieselben ein schwammiges »Protoplasma« besitzen. Die Kerne dieser Zellen liegen gewöhnlich basal. Nach außen grenzt das »Drüsengewebe« an eine scharf konturierte Cuticula, welche da- durch, daß sie von den Wimpern des ersteren durchbrochen wird, ein gestreiftes Aussehen erhält. Zwischen den das »Drüsengewebe« bil- denden Zellen liegen zahlreiche kleine Bindegewebskerne. Bei M. glabrum besitzt das »Drüsengewebe« eine bedeutende Dicke und ist von dem umgebenden Körperparenchym durch eine scharf differen- zierte Bindegewebsmembran geschieden. Proximalseitig von der letz- teren verlaufen zahlreiche Muskelfasern, die wahrscheinlich von dor- soventralen Muskelzügen abstammen. Innerhalb des » Drüsengewebes« finden sich nur äußerst wenige Muskelfibrillen. Das »Drüsengewebe« ist sehr spongiös und enthält zahlreiche Kerne. Die Outicula, welche dasselbe überzieht, ist deutlich gestreift, doch wechseln regelmäßig breitere gestreifte Felder mit schmalen ungestreiften ab. Diese letz- teren hält Nasen für Ausführungswege der »Drüsenzellen«. Bei M. graffi ist das » Drüsengewebe« nicht so mächtig und auch nicht durch eine Bindegewebsmembran vom Parenechym geschieden, wie bei der vorgenannten Art. Die »Drüsenzellen« sind zwischen Bindegewebs- zellen gelegen, deren kleine oblonge und granulierte Kerne sich von den runden, hyalinen und mit deutlichen Kernkörperchen versehenen Kernen der ersteren auffällig unterscheiden. In das » Drüsengewebe« treten nur sehr spärliche dorsoventrale Muskelfasern ein. Die Cuti- cula ist deutlich gestreift, die sie durchbohrenden Cilien jedoch äußerst ı 21, p. 42, Abs. 4, Zeile 10-11 (meiner Übersetzung nach). Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 559 kurz. Bei M. cirriferum ist das »Drüsengewebe« wenig mächtig und ziemlich ähnlich gebaut, wie bei den vorgenannten Arten. Bindege- webskerne scheinen in demselben jedoch nur in geringer Anzahl vor- zukommen. Einzelne Muskelfibrillen dringen bis zu der die Höhlung des Säckchens begrenzenden Cuticula. Diese ist ziemlich dick und wird von verhältnismäßig sehr langen und deutlichen Cilien durch- brochen, deren basale Fortsetzungen sich noch ein kurzes Stück inner- halb des »Drüsengewebes« nachweisen lassen. Eine das letztere um- sebende differenzierte Bindegewebsschiecht ist nicht vorhanden. Bei M. geganteum und M. gigas ist das »Drüsengewebe« nicht besonders mächtig. Die dasselbe zusammensetzenden »Drüsenzellen< scheinen in mehreren Lagen angeordnet zu sein. Zahlreiche Bindegewebskerne sind zwischen denselben eingestreut, doch nicht in so großer Menge wie bei M. graffi. Eine das »Drüsengewebe« umgebende differen- zierte Bindegewebsschicht fehlt hier ebenfalls. Die Cutieula ist nicht besonders dick, die Cilien nicht sehr lang. Bei M. carpenteri besitzt das »Drüsengewebe« eine größere Mächtigkeit und ist von einer deutlicheren und differenzierteren Schicht von Bindegewebe umgeben. Innerhalb des Lumens der Seitenorgane vermochte NAnsEN bei einigen Arten mehr oder minder große, schleimähnliche Kügelehen zu beob- achten, welche er für die Absonderungsprodukte des »Drüsenge- webes« hält. WHEELER hat später (1896)! die Seitenorgane von M. glabrum, M. eirriferum, M. platypus und M. pulvimar untersucht und zuerst in Erfahrung gebracht, daß dieselben ausstülpbar sind. Bezüglich ihres feineren Baues hat er, soweit M. glabrum und M. cirriferum in Betracht kommen, den Angaben NANSENs nur wenig neue und nur verhältnismäßig unbedeutende Beobachtungen hinzugefügt. Um so wichtiger sind hingegen seine Befunde, welche die Seitenorgane von M. platypus betreffen. Bei dieser Art sind die genannten Organe in eingestülptem Zustande nicht sehr tiefe Säckchen, deren Lumen durch die innere, buckelförmig gegen die äußere Öffnung vorspringende Wand bedeutend eingeengt ist. Die Mündung eines jeden Säckchens wird von einem dicken, sphineterähnlichen Hautwulste umschlossen, der durch zwei, konzentrisch um die erstere verlaufende Furchen in drei schmälere Ringe geteilt scheint, von welchen der mittelste am meisten nach außen vorspringt. In diesem letzteren finden sich zahl- reiche, glänzend gelbe Granula, ebenso auch in der buckelartig 1 30, p. 278—285. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 38 560 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, vorspriingenden Wand des Säckchens. Diese letztere ist nun in sehr komplizierter Weise aus mehreren, parallel zur Oberfläche des Buckels verlaufenden Schichten aufgebaut. Zu äußerst findet sich eine deut- liche, im Leben wahrscheinlich Cilien tragende Cutieula. Unter dieser liest eine viel diekere Zone von abwechselnd helleren und dunkleren Streifen, welche aus entsprechend schwächer oder stärker gefärbten Fibrillen bestehen, die in zur Cutiecula senkrechter Richtung verlaufen. Diese Schicht wird nach innen von einer dünnen Lage sehr zarter und zur Outicula paralleler Fibrillen begrenzt. Hierauf folgt — so- weit ich die Darstellung WHEELERS! zu verstehen glaube — eine Schicht von großen, drüsenartigen Zellen (»large gland-like cells«), welche die Hauptmasse der Wand bilden und deren Konturen sich bis an die eben erwähnte Fibrillenschicht verfolgen lassen. Die Kerne dieser Zellen liegen in einer mehr oder minder regelmäßigen Zone. Das Cytoplasma ist von tief gelblich gefärbten, unregelmäßig abge- rundeten und von einem helleren Hofe umgebenen Granulis (Konkre- tionen) erfüllt. Diese großen, drüsenartigen Zellen werden ungefähr in der Mitte des Raumes zwischen Cuticula und der Zone, in welcher ihre Kerne liegen, von einer Schicht kräftiger und mit der Outicula parallel verlaufender Fasern mit kleinen intensiv gefärbten Kernen durchflochten. Zwischen den einzelnen drüsenähnlichen Zellen finden sich noch lange, sehr schlanke und tiefer gefärbte Zellen, welche senk- recht auf die Outieula gerichtet sind und kleine stark tingirbare Kerne be- sitzen. Diese Zellen werden von WHEELER als schmale Muskelfasern (Retraktoren der Wand) angesprochen. Die Basalenden der großen, drüsenähnlichen Zellen hat WHEELER nicht ausfindig machen können, da sie in dem die Basis des Seitenorgans bildenden Parenehym ver- schwinden. Auch in diesem letzteren sind kleine gelbe Granulationen verstreut. Bei M. pulvinar sind die Seitenorgane rudimentär. Sie stellen kleine Grübchen dar, welche mit einem Besatz von starren Cilien versehen sind. Unter den Grübchen zeigt sich das Parenchym oder wahrscheinlicher die Rudimente der großen drüsenartigen Zellen, welche bei den andern Spezies die Hauptmasse der Seitenorganwand bilden, zu einer Anzahl von Vakuolen reduziert, zwischen welchen sich ein grobes Netzwerk hinzieht. WHEELER vermochte bei keiner der von ihm untersuchten Arten die Innervation der Seitenorgane aus- findig zu machen, erhofft sich aber von der Anwendung der Methylen- blau- sowie der GoLsIschen Methode ein günstiges Resultat. 130, p. 280, Abs. 2; Taf. XI, Fig. 30 n.gl. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. 561 Zwischen den Beobachtungen NAnsENs, WHEELERS und meinen Befunden ergeben sich, wie aus dem Vorstehenden zu entnehmen ist, nicht unbedeutende Verschiedenheiten, welche hauptsächlich den Bau der das Lumen des eingestülpten Seitenorgans auskleidenden Wand betreffen. Wenn man jedoch von dem Standpunkte ausgeht, daß die Seitenorgane umgebildete Bezirke des Körperinteguments darstellen, daß sich also in dieser Wand, — falls die Organe nicht rudimentär sind — sämtliche Schichten des Integuments, wenn auch in verschiedenem Ausbildungsgrade vorfinden müssen, so werden sich auch die Befunde der genannten Autoren unschwer in engere Übereinstimmung bringen lassen!, wie aus nachfolgender Zusammenstellung hervorgeht. Eine Cuticula ist überall vorhanden und zwar scheint dieselbe bewimpert zu sein. Ein definitives Urteil über das tatsächliche Vor- kommen von Cilien auf derselben ist nach meiner Meinung jedoch nur auf Grund von Beobachtungen des lebenden Tieres möglich, da die Wimpern, wie bekannt, durch Reagentien insbesondere aber durch das lange Liegen der Objekte in Alkohol (und das ist ja bei den meisten der untersuchten Arten der Fall gewesen) gewöhnlich zer- stört werden. Eine Streifung der Cuticula wird zwar zumeist, jedoch nach den Erfahrungen bei M. asteriae (Zusammensetzung der Cuticula aus Säulchenelementen) auch nicht unbedingt, als Kriterium einer im Leben vorhandenen Bewimperung aufgefaßt werden dürfen. Auf die Cutieula folgt eine epithelial angeordnete Zellschicht (»Drüsengewebe« NANSENS, die Schicht der »großen drüsenähnlichen Zellen« WHEE- LERS), welche der Hypodermschicht des Körperinteguments ent- spricht. Die Zellen, aus welchen sich dieselbe zusammensetzt, haben bei den einzelnen Arten eine verschiedene Form. Sie können bald kurz-, bald langzylindrisch oder auch flaschenartig geformt sein, bald aber auch eine so unregelmäßige Gestalt besitzen, daß Zellgrenzen bei ihnen kaum zu unterscheiden sind. Das Cytoplasma. dieser (Sinnes-) Zellen ist vakuolisiert und enthält bei M. platypus Konkretionen. Es ist möglich, daß sich auch bei andern Arten in den Vakuolen dieser Zellen Konkretionen vorfinden, daß diese jedoch bei der Konservierung durch die angewendeten Reagentien aufgelöst wurden, und so den 1 Da WHEELER in seiner Schilderung des Seitenorgans von M. platypus jedwede Deutung der von ihm in der betreffenden Wand wahrgenommenen Schiehten unterlassen hat, so sei es mir unter dem Vorbehalte der späteren Rektifikation durch den genannten Autor gestattet, diese Schichten, insoweit es die beigegebenen Abbildungen (30, tab. XI, fig. 29, 30) erlauben, in subjektiver Weise nach dem Vorbilde der bei M. asterige gemachten Befunde zu deuten. 38* 562 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Beobachtern entgangen sind. Entsprechende Befunde bei M. asteriae (p. 555) und M. glabrum! lassen dies vermuten. Bei mehreren Arten wurde eine fibrilläre Differenzierung des Cytoplasma im Distal- abschnitt dieser Zellen beobachtet (Cilienfußstücke?). Für eine solehe halte ich auch die von WHEELER bei M. platypus beschriebenen aus Fibrillen bestehenden helleren und dunkleren Streifen, aus weicher sich die unmittelbar auf die Cuticula folgende »StreifenzoneIn these membranes« {mit diesen ist offenbar die Tunica propria der Darmastwandung gemeint), »transsected canals are also observed«, während in der zitierten Abbildung tab. VII, fig. 12, ebenso auch in der nicht zitierten fig. 13 die Kanäle außerhalb dieser Membran im umgebenden Bindegewebe), eingezeichnet sind. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 573 Nährsubstanzen diffundieren können. Von jenen Punkten an, wo das Kaliber des Darmastes und jenes der Uterusverzweigung an- nähernd gleich werden, ist eine Bindegewebsleiste nicht mehr zu be- obachten. Eine Muscularis ist an den Darmästen stets vorhanden. Sie ist nur schwierig zu untersuchen, da sich die Fasern der dorsoventralen Muskelzüge, welche zumeist knapp neben den Darmästen verlaufen, kaum von jenen unterscheiden lassen, welche lediglich den letzteren zugehören. v. GRAFF hatte schon das Vorhandensein einer eignen Darmastmuskulatur vermutet, eine solche jedoch nicht bestätigen können!. NAnsEN beschrieb später Muskelfasern, welche außenseitig von der Tunica propria der Darmäste verliefen und mit ihrem Ende an derselben befestigt wären? Meine Beobachtungen bei M. asteriae stimmen mit jenen NANSENs im allgemeinen überein. Man bemerkt hier knapp an der Tunica propria gelegene Längsmuskelfasern, welche in langgezogenen Spiralen um die Längsachse des Darmastes verlaufen (Taf. XXX VII, Fig. 2, 3, 4, 6 Dm). Eine Ringmuskelschicht habe ich nirgends beobachtet. Als eine solche wirken zum Teil die neben den Darmästen verlaufenden dorsoventralen Muskelzüge, deren Fasern sich häufig unterhalb der Darmäste kreuzen. Eine Kontraktion derselben wird daher auch eine Kompression der letzteren zur Folge haben. Reetum und Kloake?°. Der hinterste auf den Magen folgende Darmabschnitt zerfälltin Reetum und Kloake. Das erstere (Taf. XXXIV, Fig. 4, 6 Ret) ist ein sehr kurzes und enges Rohr, welches von einem kurz zylindrischen und unbewimperten Epithel ausgekleidet wird, das einer membranösen Tunica propria aufsitzt. Das Rectum kann durch seine aus kräftigen Ring- und Radialfasern bestehende Museularis je nach Bedarf verschlossen oder erweitert werden. Es wird nach ganz kurzem Verlaufe in eine Kloake umgestaltet, dadurch daß in dasselbe von rechts und links her die beiderseitigen Nephridien vermittels spaltförmiger Nephroporen einmünden (Taf. XXXIV, Fig. 4, 6, 7 Nephp). Die Kloake (Taf. XXXIV, Fig. 4, 5, 6, 7 Kl) hat die Gestalt eines langgestreckten Kolbens, welcher mit seinem diekeren Ende (in welchem die Nephroporen gelegen sind) mit dem Rectum in Verbindung steht. Ihre Gesamtlänge dürfte ungefähr jener des Bulbus museulosus gleichkommen. Sie verläuft vom Rectum an in sanfter Biegung nach aufwärts und mündet auf der Dorsalseite des 1 10; p. 52, Abe. 2. 2 21, p. 78, Abs. 1. 3 Vgl. v. GRAFF, 10, p. 52—54; NANnsEnN, 21, p. 78, Abs. 2. 574 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, Tieres in einer grübehenförmigen, von der Hypodermis ausgekleideten Einsenkung aus. In dieser ist auch die Ausmündung des »Uterus« und zwar unmittelbar vor jener der Kloake gelegen (Taf. XXXIV, Fig. 4 Klö, Utö). Die epitheliale Auskleidung der Kloake besteht aus einem ziemlich hohen, einer membranösen Tunica aufsitzenden Zylinder- epithel, welches mit langen und starken Wimpern versehen ist. Die Epithelzellen werden gegen die Kloakenöffnung hin allmählich niedriger und ihre Wimpern dementsprechend kürzer. Das Kloakenepithel gleicht seinem Habitus nach insbesondere in dem proximalen Teile der Kloake auffallend dem Epithel in den Nephridien (s. p. 586). Ich habe die Beobachtungen, welche v. GRAFF betreffs der Muskulatur der Kloake gemacht hat!, auch bei M. asteriae vollkommen bestätigt gefunden und möchte nur noch hinzufügen, daß die der Tunica propria unmittelbar anliegende Muscularis lediglich aus Ring- fasern besteht. Leibeshöhle und Geschlechtsorgane. Die Leibeshöhle der Myzostomen ist, wie die bisherigen Be- obachtungen der Autoren ergeben haben, kein definitiv begrenztes Organ. Sie wird dadurch, daß sie frühzeitig in den ausschließlichen Dienst der Geschlechtsfunktionen tritt, welche ihrerseits je nach der Altersstufe des Individuums in ansteigender oder in abfallender In- tensität wirksam sind, in ihrem ursprünglichen Charakter und in ihren Dimensionen jeweilig verändert. Aus diesem Grunde läßt sich auch eine getrennte Besprechung der Leibeshöhle und der Geschlechts- organe nicht durchführen. Seit SEMPER2, welcher eine Leibeshöhle bei den beiden von ihm bearbeiteten Myzostoma-Arten direkt leugnete, und v. GRAFF®, der eine solche in dem Körperparenchym und in dem »Netze« der das- selbe durchziehenden feinen Lückenräume erblickte, haben sich alle nachfolgenden Beobachter mit der Frage nach der Leibeshöhle be- schäftigt, allerdings nur im Hinblicke auf die Beziehungen derselben zum Geschlechtsapparate.. So BEARD* und auch NAnsen®, welcher die Meinung ausspricht, daß eine Leibeshöhle bei den Myzostomen nur in Form von Rudimenten vorhanden sei. Derartige Überbleibsel erblickt er in den Hohlräumen des Körpers, welche mit Eiern aus- 1 10, p. 54, Abs. 2. 2 25, p. 50, Abs. 2. 3 10, p. 63, Abs. 2. Derselbe Autor bemerkt übrigens später (11, p. 153, Abs. 1) bei der Beschreibung des »Weibehens« von M. eysticolum: »Seine Leibes- höhle ist erfüllt mit Eiern«. 41, p. 551, Abs. 1. 5 21, p. 76, Abs. 1. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 575 gefüllt sind. Ein Peritonealepithel sei in denselben nur mehr an be- stimmten Stellen, so auf der Dorsalseite des »Uterus« und der ihm anliegenden Teile seiner Abzweigungen als niedriges, gewimpertes Epithel zu erkennen. Von diesem letzteren entsprängen auch die Eier, so daß es zugleich ein Keimepithel darstelle. Bei den auf NAnsen folgenden Beobachtern haben sich schließlich zwei Auf- fassungen über die Leibeshöhle herausgebildet, deren eine von BEARD, die andere von WHEELER verfochten wird. Soweit aus der etwas verworrenen Darstellung ersichtlich ist, nimmt BEARD! an, daß alle Körperräume, in welchen die Ge- schlechtsprodukte (männliche wie weibliche) reifen, die Überbleibsel (»remains«) eines Cöloms darstellen. Diese Überbleibsel seien in einem dorsal (hämal) und einem ventral (neural) gelegenen Teile er- halten geblieben. Der erstere wird bei den jüngsten Individuen von M. glabrum durch einen oberhalb und zu beiden Seiten des Magen- darms gelegenen Hohlraum repräsentiert, welcher von einem distinkten Peritonealepithel ausgekleidet werde. Nach BEARD, welcher bei M. glabrum sowohl hermaphroditische als auch rein männliche Indi- viduen (»complemental males«) unterscheidet, entwickelt sich dieser dorsale Teil der Leibeshöhle bei der ersteren Geschlechtsform zum »Uterus« und dessen seitlichen Verzweigungen, wobei das die letzteren auskleidende Peritonealepithel teilweise zu Eizellen umgewandelt werde. Bei den männlichen Individuen sei der dorsale Teil (Rest) der Leiveshöhle zwar auch, jedoch nur schwierig zu erkennen, da sich schon frühzeitig eine große Anzahl von männlichen Geschlechts- zellen aus dessen Peritonealepithel entwickelt habe, welches dann nur mehr in Form von wenigen Rudimenten erhalten bliebe Den ventral gelegenen Rest der Leibeshöhle bilden die beiden Geschlechts- formen, jene, hauptsächlich ventral vom Darmtractus gelegenen Hohl- räume, in welehen die männlichen Geschlechtsprodukte reifen. Es sind damit die »Hodenfollikel« v. GRAFFs gemeint. Ein distinktes Peritonealepithel fände sich daselbst auch bei den jüngsten vom Autor beobachteten Individuen nicht mehr vor, weil es schon auf einem sehr frühen Zeitpunkte der individuellen Entwicklung in Spermato- sonien und Spermatocyten umgebildet worden sei. WHEELER? hingegen, der im Gegensatze zu BEARD die Anschan- ung vertritt, daß bei Myzostomen stets und allein Hermaphroditismus herrsche, wobei die Individuen mehrerer Arten der Reihe nach eine 1 1, p. 551, Abs. 1; 3, p. 298, Abs. 3 bis p. 300, Abs. 1. 2 30, p. 270, Abs. 3. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 39 576 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, protandrische, funktionell hermaphroditische und hysterogyne Phase der Geschlechtsentwicklung durchzumachen hätten, hält bloß den »Uterus« mit seinen Abzweigungen für die echte Leibeshöhle. Die Eier nehmen nach ihm ihren Ursprung nicht vom gesamten Peritoneal- epithel derselben, sondern lediglich aus den seinerzeit von NAnsEN! entdeckten und »problematie organs« genannten Organen. WHEELER selang es auch den Nachweis beizubringen, daß diese Organe tat- sächlich als Ovarien fungieren. Nach den Angaben, welche WHEE- LER über die Entstehung der Hodenfollikel macht?, scheint er die von diesen eingenommenen Körperräume nicht der Leibeshöhle zuzurech- nen: »In the youngest stages of M. glabrum examined, the sperma- tosonia do not project into the body-cavity like the oogonia of many species, but into the parenchyma, which soon encloses them in masses, very much as the ovarian stroma enceloses the PFLÜGERS columns of the Vertebrate, thus eutting them off from the peritoneum.« Die Auffassungen BEARDS und WHEELERS stimmen also darin überein, daß der sogenannte » Üterus« sowie dessen Hauptabzweigungen einen Rest der Leibeshöhle darstelle. In Bezug auf die wichtige Frage, ob nicht auch jene zumeist ventral gelegenen Körperräume, in welchen die männlichen Sexualprodukte gebildet werden und reifen, Teile des Cöloms repräsentieren, äußern die beiden Autoren jedoch diver- sente Ansichten. Die Beobachtungen, welche ich bei M. asteriae gemacht habe, veranlassen mich, meinen Standpunkt in dieser Frage auf der Seite BEARDS anzunehmen. Ich glaube nämlich Anhaltspunkte dafür ge- wonnen zu haben, daß sich in bestimmten Abschnitten jener ventral selegenen Körperräume, welche männliche Geschlechtsprodukte enthal- ten, ebenfalls ein Peritonealepithel, vielmehr der Rest eines solchen vor- findet, welcher teilweise zugleich als männliches Keimepithel fungiert. Da bei den Myzostomen die Leibeshöhlenfrage in eine gewisse Beziehung zu der Frage nach den Geschlechtsverhältnissen gebracht wurde, so möchte ich, bevor ich auf die erstere eingehe, auch noch meine Ansicht hinsichtlich der letzteren präzisieren: Ich schließe mich vollkommen der WHEELERschen Auffassung an, daß bei den Myzosto- men nur Hermaphroditismus herrscht, der jedoch durch eine bei jedem Individuum regelmäßig verlaufende Aufeinanderfolge einer sexuell indifferenten, einer protandrischen und endlich einer hysterogynen 1 21, p. 78, Abs. 4. Es sei hier bemerkt, daß schon NAnsEN diese Organe für. rudimentäre (»primordiale«) Ovarien hielt. 2 30, p. 271, Abs. 2. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. ayui Phase modifiziert wird. Wenn nun im Leben des Individuums die protandrische und die hysterogyne Phase zeitlich teilweise zusammen- fallen, so wird sich bei solchen Arten zwischen eine rein protandrische und eine rein hysterogyne Phase noch eine androgsyne (funktionell hermaphroditische) Phase einschieben. Hinsichtlich des Vorkommens sowie der Dauer einer solchen bestehen zwischen den einzelnen Myzostoma-Arten Verschiedenheiten!. Die sämtlichen, von mir geschnittenen Exemplare von M. asteriae befanden sich in der Phase des funktionellen Hermaphroditismus. Zwerg- hafte Jugendformen, die protandrisch funktionierten, vermochte ich trotz eifriger Nachsuche weder auf der Rückenfläche der Hermaphroditen noch auch lose innerhalb der Darmdivertikel der Seesterne vorzufinden. Die Leibeshöhle von M. asteriae zerfällt in zwei, räumlich von- einander getrennte Abschnitte, von welchen der eine, dorsal vom Verdauungskanale gelegene, die weiblichen, der andere mehr ventral befindliche, die männlichen Geschlechtsfunktionen übernommen hat. An dem ersteren können ein medianer, über dem Magen und der Kloake gelegener Teil, der sogenannte » Üterus« (Taf. XXXIV, Fig. 4, 5, 7,8, 9 U£) und dann dessen stets knapp oberhalb der Darmäste verlau- fende Verzweigungen (Taf. XXXIV, Fig. 5, 7, 8, 9 Utv) unterschieden werden. Der »Uterus« reicht mit seiner Peripherie nicht über die des Magens und der Kloake hinaus und ist oberhalb des ersteren in dor- soventraler Richtung komprimiert. Er gibt nach jeder Körperseite hin zwei Hauptabzweigungen ab, von welchen sich die vordere (Taf. XXXIV, Fig. 5 a) nach ganz kurzem Verlaufe abermals teilt und weiterhin in zahlreiche kleinere Nebenabzweigungen auflöst, welche bis an den Körperrand reichen können. Die hintere Abzweigung des » Uterus« ist relativ eng und kurz. An ihrem Ende ist das Nephrostom des Nephridiums der betreffenden Körperseite gelegen (Taf. XXXIV, Fig. 5, 85). Gegen das hintere Körperende verschmälert sich der »Uterus« und mündet dann unmittelbar vor und zugleich mit der Cloacalöffnung am Grunde einer grübchenförmigen Einsenkung der dorsalen Hypodermis (Taf. XXXIV, Fig. 4 Ui). Der »Uterus< sowie dessen Hauptabzweigungen sind von einem deutlichen Peritonealepithel ausgekleidet, welches aus relativ niedrigen, mit flachen Kernen versehenen und bewimperten?2 Zellen besteht (Taf. XXXVIIL, Fig. 8 Pte). In den kleineren Ästen der Uterusverzwei- sungen ist ein echtes Peritonealepithel nicht mehr vorhanden. Hier 1 30; p. 288—289. 2 Vgl. Nansen: 21, p. 76, Abs. 1, tab. VII, fie. 27. age 578 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, bilden Zellen des reticulären Bindegewebes ein Pseudoepithel, welches die Hohlräume, in welchen die Eier gelegen sind, begrenzt (Taf. XXXV, Fig. 1, Taf. XXXVLUI, Fig. 2, 4 Pse). Sehr häufig finden sich auch im Innern der Verzweigungen retikuläre Bindegewebszellen, welehe mit den Zellen des Pseudoepithels durch ihre Fortsätze in Verbindung stehen, so daß dadurch mehr oder minder in sich abgeschlossene Fol- likel entstehen, welche ein oder mehrere Eier enthalten (Taf. XXXV, Fig. 1 Rb,). Schon v. GRAFF!, später auch WEEELER? haben diese Erscheinung beobachtet. Die Erklärung jedoch, welche der erstge- nannte Autor hierfür gibt, vermag ich nicht zu teilen, da heute mit Bestimmtheit behauptet werden kann, daß die Eier nicht aus den so- genannten »Rundzellen der Bindesubstanz«® hervorgehen. Ich glaube vielmehr, daß der enge Raum der ursprünglichen, vom echten Peri- tonealepithel ausgekleideten Leibeshöhle an bereits vorgebildeten schwa- chen Stellen durch den Druck der sich in Massen aus den »Ovarien« (siehe weiter unten) entwickelnden Eier gesprengt wird, worauf diese in die Lücken des umgebenden Parenchyms eindringen und dieselben infolge ihres Wachstums so ausdehnen, daß die unmittelbar an sie angrenzenden Zellen des reticulären Bindegewebes zu einer Grenz- membran mit eingestreuten, flachen Kernen verdichtet werden. Wie schon bei andern Myzostomen beobachtet wurde, finden sich auch bei M. asteriae innerhalb des »Uterus« und dessen Verzweigungen neben den Eiern häufig noch Spermatozoen einzeln oder noch in sanzen Bündeln sowie auch die verschiedensten Entwicklungsstadien derselben vor. Es scheint sehr plausibel, daß bei den oben erwähnten Zerreißungen des Peritonealepithels auch einzelne Spermatogonien aus den oftmals in unmittelbarer Nähe gelegenen Hodenfollikeln in die Verzweigungen des »Uterus« gelangen, woselbst sie sich weiter ent- wickeln, um schließlich als reife Spermatozoen durch die Uterusöff- nung ins Freie befördert zu werden. Eine Entwicklung der Eier aus dem eigentlichen Peritonealepithel 1 10, p. 58, Abs. 1. 2 30, p. 241 letzter Abs. bis p. 242, Abs. 1. 3 10, p. 64, Abs. 1, 2. 4 Die Anwesenheit sowohl eines echten Peritonealepithels als auch eines Pseudoepithels dürfte zu den gegensätzlichen Anschauungen Anlaß gegeben haben, welche einerseits BEARD, andrerseits WHEELER betreffs der epithelialen Auskleidung des »Uterus«. und seiner Verzweigungen äußerten. (Vgl. WHEELER: 30, tab. 11, fig. 24 und 34; tab. 12, fig. 45 und 49. Ferner 31, p. 284, Abs. 3. — BEARD: 3, tab. 10, fig. 1—11, 13, 14). 5 WHEELER: 10, p. 271, Abs. 2, 3. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 579 habe ich nicht beobachtet. Dagegen vermag ich die Angabe WHEE- LERS, daß bei den Myzostomen die »problematischen Organe« NAN- SENS als Ovarien fungierten!, nun auch für M. asteriae zu bestätigen. Hier ist in jeder Körperhälfte ein derartiges »Ovarium« vorhanden. Dasselbe liegt in einer ventralwärts gerichteten Ausbuchtung der vorde- ren Hauptabzweigung des »Uterus« unmittelbar bevor sich diese in die zwei kleineren Äste gabelt und zwar an der dem Magendarme zuge- kehrten Wandseite (Taf. XXXIV, Fig. 9 Ov). Bei voller Geschlechts- tätigkeit schwellen diese »Ovarien« so stark an, daß sie mit geteilten Spitzen bis in die beiden kleineren Uterusabzweigungen hineinragen. Es kann dadurch bei Betrachtungen von Längsschnitten, welche diese Stellen treffen, der Eindruck erweckt werden, als ob jederseits zwei »Oyariens bestünden. Die feinere Struktur der »Ovarien«, welche als lokale Wucherungen des Peritonealepithels aufzufassen sind, stimmt vollkommen mit der von NANsSEN? und von WHEELER? gegebenen Beschreibung der »Ovarien« andrer Myzostomen überein. Auch er- folgt die Bildung der »Zelltriaden«, deren Ablösung vom »Ovarium«, dann ihre Anheftung an irgend eine Stelle des Peritoneal- beziehungs- weise Pseudoepithels bei M. asieriae genau in derselben Weise, wie sie der letztgenannte Forscher bei M. cirriferum und M. glabrum beschrieben hatt. Es scheint, daher eine erneute Darstellung dieser Verhältnisse überflüssig. Während v. GRAFF> bei M. corriferum und M. glabrum nur in dem hinteren Dritteil des »Uterus<« eine diesem zugehörige Ring- muscularis beobachtet hatte, umspinnt den »Uterus« von M. asteriae eine solche in seiner ganzen Ausdehnung. Die Verzweigungen des- selben besitzen in ihren proximalsten Abschnitten ebenfalls eine eigene, hier jedoch Längsmuskulatur (Taf. XXXV, Fig. 1 Um). Die ventral gelegenen Abschnitte der Leibeshöhle werden nach meiner Auffassung durch die nicht eetodermalen Abschnitte der männ- liehen Ausführungswege repräsentiert. M. asieriae besitzt, wie fast alle Myzostomen, zwei, voneinander räumlich getrennte, aus einer großen Anzahl von Follikeln zusammen- gesetzte »Hoden«, welche symmetrisch auf beide Körperhälften rechts und links vom Magendarm verteilt sind, und deren Ausführungsgänge vermittels je eines vorstülpbaren »Penis«, welcher außen und basal 30, p- 238—239. 21, p. 78, Abs. 4. 30, p. 230, Abs. 2; p. 238, Abs. 2 bis p. 239 Abs. 2. l. e., p. 234, letzter Abs. bis p. 236, Abs. 2. 20, 9.598, Abs... vr $p om m 580 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, vom mittleren Parapodium der entsprechenden Körperseite gelesen ist, ins Freie ausmünden |Taf. XXXIV, Fig. 2 P). Die Hodenfollikel sind jederseits in mehrere Gruppen geschieden, von welchen eine jede vermittels eines größeren Vas efferens (Taf. XXXIV, Fig. 10 Ve) mit dem großen gemeinsamen Vas deferens (Taf. XXXIV, Fig. 10 Va) in Verbindung steht. Das letztere beginnt ungefähr in der Mitte der Körperhälfte und zieht genau in der Richtung des größten Breiten- durchmessers des Tieres gegen die männliche Geschlechtsöffnung hin. Nachdem es den innerhalb des Körpers gelegenen Teil des mittleren Parapodiums an dessen rostraler Seite umgangen hat, geht es nach S-förmiger Biegung in den Ductus ejaculatorius des Penis über. Die Vasa efferentia der verschiedenen Follikelgruppen vereinigen sich an getrennten Stellen mit dem Vas deferens. So mündet in das letz- tere unmittelbar vor dem mittleren Parapodium von vorn und hinten je ein solches größeres Vas efferens ein, während drei andere durch ihre Vereinigung eben den Anfangsteil des Vas deferens bilden (Taf. XXXIV, Fig. 10). Eine Samenblase fehlt. Bei M. asteriae ist also, da jederseits ein Vas deferens verläuft, die deutliche Zweiteilung‘ des Hodens, so wie sie bei M. cirriferum und M. glabrum beschrieben wurde!, nicht vorhanden. | Das Vas deferens sowie die Vasa efferentia werden von einer bindegewebigen Membran (»Tunica propria« v. GrAFF?) umschlossen (Taf. XXXVLH, Fig. 8, 9 7»). Im Bereiche der Hodenfollikel ist eine solehe nicht mehr vorhanden. Hier wird die Abgrenzung der Follikel gegen das Parenchym hin von den Zellen des retieulären Bindegewebes bewirkt, welche auch innerhalb der Follikel eine Art Fachwerk bilden, dessen Räume vollständig mit Spermatogonien be- ziehungsweise Spermatoeyten ausgefüllt werden. Dieser Umstand läßt vermuten, dab die Spermatogonien erst sekundär von ihrer ursprüng- lichen Keimstätte aus in die Lückenräume des Parenchyms einge- drungen sind. Der Duetus ejaculatorius (Taf. XXXVIL, Fig. 7 Dej) ist von einem ziemlich hohen Zylinderepithel ausgekleidet, welches gegen die Übergangsstelle in das Vas deferens jedoch niedriger wird und hier ganz unvermittelt an das Epithel des letzteren anstößt3. v. GRAFF? sowohl als auch Naxsen5 haben das Epithel des Ductus ejaculatorius direkt in das des ventralen Körperinteguments übergehen sehen. Ich 1 v.. GRAFF: 10, 9.060, Abs 1 u. 25 p. 61 tab. N nee 2 1, e. p. 60, Aps. 3 NANSEN 21, tab. VII, fig. 5. 1.10, pP. ol; tape X, erd. 5.21, p. 57; tab. VII, fie.rD. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 581 vermochte ein solches Verhalten bei M. asteriae deshalb nicht wahr- zunehmen, weil in meinen Präparaten die männlichen Geschlechts- öffnungen durch austretende Samenmassen stark ausgedehnt, und die Epithelien gerade an den Übergangsstellen zu undifferenzierbaren Platten zusammengepreßt waren. Im Vas deferens findet sich ebenfalls ein deutliches Epithel, doch von ganz anderm Charakter als das des Ductus ejaculatorius. Es besteht aus großen, etwas flachen oder auch mehr kubisch geformten Zellen mit sehr großen, rundlichen Kernen und deutlichen Kern- körperchen (Taf. XXXVIH, Fig. 7, 8 Vd). Das Cytoplasma dieser Zellen ist fast hyalin, schwach färbbar und scheint von einer Zell- membran nicht umschlossen zu sein. Es sind daher auch die Zell- srenzen in dem Epithel nicht genau wahrzunehmen, wodurch das letztere stellenweise das Aussehen eines Syneytiums annimmt. Dieses Epithel ist in dem proximalen Abschnitte des Vas deferens stellen- weise unterbrochen, doch folgen auf derartige Unterbrechungen dann stets wieder größere Strecken mit kontinuierlichem Zellbelage. Die Vasa efferentia der Hodenfoliikel unterscheiden sich in ihrer epithelialen Auskleidung fast gar nicht von derjenigen des Vas deferens, in welches sie münden. Es finden sich dortselbst die gleichen charakteristischen Epithelzellen, die jedoch nur mehr stellen- weise zu einem geschlossenen Epithel vereinigt sind. Je weiter man die Vasa eiferentia gegen die Hodentollikel hin verfolgt, desto häufiger und ausgedehnter werden diese Unterbrechungen des epithelialen Zellbelags. Schließlich liegen die Epithelzellen nur mehr einzeln, zu zweien oder dreien an der membranösen Wand des Vas efferens (Taf. XXXVIH, Fig. 9. Man kann dann auch zuweilen direkt beob- achten, wie sich derartige Epithelzellen von ihrem ursprünglichen Platze teilweise abgelöst haben und nur noch vermittels eines schmalen Fortsatzes mit der Tunica propria in Verbindung stehen, während der größere Teil ihres Zellleibes bereits frei in das Lumen des Vas efferens zu liegen kommt. In dem letzteren sind häufig auch bereits sanz losgelöste Epithelzellen anzutreffen. Sie besitzen dann eine höchst unregelmäßige Form, da ihr Cytoplasma nach allen Seiten hin, wenn auch nur kurze Fortsätze aussendet (Taf. XXXVII, Fig. 9 Spg). In den Hodenfollikeln selbst ist keine Spur eines zusammen- hängenden Epithels wahrzunehmen. Hier wird das ganze Fachwerk bei jüngeren Follikeln von Spermatogonien, bei älteren von Spermato- cyten ausgefüllt. Die in den Hodenfollikeln gelegenen Spermatogonien unterscheiden sich nur durch ihre geringere Größe von jenen, frei 582 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, im Lumen der Vasa efferentia befindlichen aus dem Epithelverbande seschiedenen Zellen. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sowie des oben be- schriebenen Verhaltens des die Vasa efferentia und das Vas deferens auskleidenden Epithels, ferner der Unterbrechungen desselben, welche gegen die Hodenfollikel hin an Häufigkeit und Ausdehnung zunehmen, endlich des vollständigen Mangels des Epithels in den Hodenfollikeln glaube ich nicht fehl zu gehen, wenn ich einen genetischen Zusammen- hang zwischen jenen abgelösten Epithelzellen und den in den Hoden- follikeln befindlichen Spermatogonien annehme. Ich vermute näm- lich, daß diese losgelösten Epithelzellen bereits Spermatogonien sind, welche infolge der totalen Auflösung des Epithels in den proximalen Abschnitten der Vasa efferentia aus diesen in die Lückenräume des umgebenden Parenchyms gelangen und sich dortselbst mehrfach teilen. Aus diesen Teilungen resultiert eine Menge kleinerer Spermatogonien, welche durch ihr Volumen die Lückenräume des reticulären Binde- sewebes zu dem in den Hodenfollikeln befindlichen Fachwerke aus- dehnen. Unter dieser Voraussetzung wird man das Epithel des Vas deferens und der Vasa efferentia als ein Peritonealepithel zu betrachten haben, welches in den proximalen Abschnitten derselben als Keimepithel fungiert. In weiterer Konsequenz dieser Annahme wären die ge- nannten männlichen Geschlechtswege als ein ventral gelegener Rest der Leibeshöhle aufzufassen, welcher genau so in die Dienste der männlichen Geschlechitankrenn getreten ist, wie der dorsal ge- legene Rest in die der weiblichen. Der Ductus ejaculatorius, dessen Epithel allem Anscheine Er eine Einstülpung der ventralen Hypodermis ist, wird bei M. cürri- ferum und M. glabrum! von einer Ringmuskelschicht, offenbar ab- sezweigten Bündeln des Hautmuskelschlauches, umgeben (Taf. XXXVLH, Fig. 7). Dieselbe verdickt sich an der Übergangsstelle des Ductus in das Vas deferens zu einem Sphincter (Sph. dej.). v. GRAFF hatte bei M. eirriferum und M. glabrum einen zweiten, zu Beginn des Duetus - gelegenen, beschrieben?, welcher jedoch bei M. asteriae fehlt. Ab- zweigungen dorsoventraler Muskelzüge dienen dem Penis als Retrak- toren (Rp), während dessen Vorstülpung wahrscheinlich nur durch den Druck der hervorgepreßten Samenmassen bewerkstelligt wird. Das Vas deferens sowie die Vasa efferentia und die Hodenfollikel besitzen keine eigne Muskulatur. I v. GRAFF 10, p. 61; tab. X, fig. 6. > 1 PR Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. 583 Wenn ich noch anführe, daß sich bei M. asteriae »subdermale Hoden«!, jedoch nur in geringer Anzahl, vorfinden, daß ferner die Spermamasse, welche die Vasa efferentia sowie das Vas deferens er- füllt, zahlreiche unentwickelte beziehungsweise degenerierte Sperma- toeyten ? enthält (Taf. XXXVII, Fig. 8, 9 Spc), habe ich alles erwähnt, was ich an dem männlichen Geschlechtsapparate zu beobachten im stande war. | Nephridien. Bis auf die neueste Zeit war von einem Exkretionsapparat bei den Myzostomen so viel wie nichts bekannt. Die Frage nach einem solchen: wurde von den früheren Autoren entweder im verneinenden Sinne beantwortet oder einfach mit Stillschweigen übergangen. Im Laufe der seit den Arbeiten v. GrAFFs und Nansens zunehmenden Erkenntnis über den gröberen sowie den feineren Bau des Myzosioma- körpers hat sich jedoch bei den Autoren allmählich das Bedürfnis seltend gemacht, diese Lücke, welche der definitiven systematischen Einreihung der Myzostomen im Wege stand, auszufüllen. Als erste und wenig glückliche Versuche in dieser Richtung sind die Inter- pretationen MEcznıkows°’, BEARDS* und NANSENS> zu registrieren, von welchen die beiden ersteren die Ausführungswege des männlichen Geschlechtsapparates als modifizierte Nephridien in Anspruch nahmen, während der letztgenannte die Möglichkeit in Erwägung zog, daß die Seitendrüsen als Exkretionsapparate fungierten. Erst nachdem die Auffassung allgemeiner durchgegriffen hatte, daß jener, dorsal vom Darme gelegene und von den früheren Autoren als »Uterus« bezeichnete Hohlraum im Myzostoma-Körper einen Teil der Leibeshöhle repräsentiere, war der Ort enger umgrenzt, wo man die wahren Nephridien zu suchen habe. So konnten denn wieder BEARD® und fast gleichzeitig auch WHEELER”? die beiden schon früher von NANSEN® anatomisch und histologisch zwar sehr genau beschriebenen, jedoch für »latero-ventrale Oviductes gehaltenen Schläuche, die sich beiderseitig von der Leibes- 1 NAnSEN 21, p. 78 letzter Abs.; p. 79, Abs. 1. 2221, p: 79, Abs.T, tab VEN 22 57 BEARD:-L, p. 552, Abs! 2. 3 20, p. 242, Abs. 4. 37]. p. 566, Abs» 3. >21, p. 6 letzter Abs..u. p. 77, Abs. 1. 6 2, p. 403, Anmerkung 6; ferner 3, p. 297 letzter Abs., p. 298, Abs. 2. 7 30,.p. 275—278. 8 21, p. 78, Abs. 4; tab. I, fig. 8, 11; tab. VII, fig. 25, 26; tab. IX. fig.20,:21, 23. 584 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, höhle zur Kloake herabwinden und eine direkte Kommunikation zwischen dieser und der ersteren darstellen, mit um so größerer Be- rechtigung für die wahren Nephridien bezeichnen, als der anatomische sowie der histologische Bau derselben einer solchen Interpretation nieht nur nicht im Wege steht, sondern diese sogar vielfach her- ausfordert. Es ist bei dem leider .noch bestehenden Mangel jeglicher Kennt- nisse über die Entwicklungsgeschichte der betreffenden Organe das besondere Verdienst WHEELERs, die Deutung der letzteren als Ne- phridien durch den Hinweis auf ihren sowohl im anatomischen als auch im histologischen Bau begründeten sekretorischen Charakter gestützt zu haben!. Der genannte Autor führte außerdem aber noch vergleichend-anatomische Tatsachen zugunsten seiner Ansicht ins Feld. Er beobachtete bei den von ihm untersuchten Myzostoma- Arten eine bedeutende Verschiedenheit hinsichtlich der Art und Weise, wie sich die von ihm als Nephridien gedeuteten Organe in die Leibes- höhle öffnen (Nephrostomen), und wie dieselben in die Kloake ein- münden (Nephroporen.. Je nachdem die proximalen sowie auch die distalen Terminalabschnitte der genannten Organe getrennt bleiben, oder sich zu einem gemeinsamen Anfangs- beziehungsweise Endstück vereinigen, unterscheidet WHEELER paarige oder einfache Nephrostomen respektive Nephroporen?. Bei zwei Arten (M. beili und M. erypto- podium) konstatierte er — und dies ist ein besonders wichtiger Be- fund — daß sich die »Nephridien« vermittels eines unpaaren End- abschnittes durch eine gerade ventral von der Cloacalöffnung gelegene Papille direkt ins Freie Öffnen. Aus dieser Tatsache folgert WHEELER, daß die Nephridien der Myzostomen ursprünglich ebenso, wie bei den übrigen Ohätopoden, an der Körperoberfläche semündet haben und sich bei vielen Arten erst später infolge eines sekundären Prozesses in die Kloake öffneten. Der Umstand, daß bei den Myzostomen nur ein einziges Paar dieser Organe vorhanden ist, dürfte kein Hindernis dafür abgeben, diese letzteren als Nephridien zu deuten, da einerseits einige andre Anneliden auch nur ein Paar von Nephridien besitzen, und andrerseits die Myzostomen jedenfalls eine bedeutende Reduktion ihrer Segmente erfahren haben, so daß eine damit verbundene Reduktion ihrer ursprünglichen Nephridien- paare nichts Auffälliges an sich hat. Die eben angeführten Beobachtungen und Erwägungen scheinen mir 1 30, p. 275, Abs. 3. 2]. e. p. 276—277. 3]. c. p. 277, Abs. 5. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 585 mehr als hinreichend zu sein, um WHEELER in seiner Auffassung der »lateroventralen Oviducte« NAansExs als Nephridien vollkommen bei- pflichten zu können; allerdings nur unter dem Vorbehalte, daß diese Ansicht späterhin durch die leider noch immer nicht gekannte Ent- wieklungsgeschichte der betreffenden Organe ihre Bestätigung findet. M. asteriae besitzt zwei ihrer ganzen Länge nach getrennte Ne- phridien, welche in Form zweier nur schwach gewundener Schläuche von den beiden hinteren Hauptabzweigungen der Leibeshöhle (» Uterus«) aus längs der Seitenwände des Magens in schiefer Richtung nach abwärts und hinten ziehen und hierauf unter gleichzeitiger blasen- förmiger Erweiterung nach oben umbiegen, um sodann gegen die Medianlinie konvergierend nach kurzem Verlaufe von beiden Seiten her in den Anfangsteil der Kloake einzumünden (Taf.XXXIV, Fig. 4 Neph)i. Man kann daher an jedem Nephridium einen röhrenförmigen und kleinkalibrigen nach abwärts steigenden Schenkel, einen blasen- förmigen doch stark gefalteten Mittelteil (an der Umbiegungsstelle) und einen kurzen großkalibrigen ebenfalls gefalteten aufsteigenden Schenkel unterscheiden (Taf. XXXVII, Fig. 7 aS, Mth;, Taf. XXXIV, Fig. 7 Neph). Der abwärts steigende Schenkel beginnt mit einem deutlichen, sich in die Leibeshöhle öffnenden Nephrostom (Trichter) Taf. XXXIV, Fig. 5, 8 Nephs) ; der aufwärts steigende endet mit einem in die Kloake mündenden spaltförmigen Nephroporus (Taf. XXXIV, Fig. 7 Nephp). Sämtliche Abschnitte des Nephridialschlauches gehen kontinuierlich ohne Absatz ineinander über. Das ganze Nephridium wird von einem großzelligen und ein- heitlichen Zylinderepithel ausgekleidet, welches einer membranösen Tunica propria aufsitzt (Taf. XXXVIU, Fig. 9 Nephe). Die dieses Epithel zusammensetzenden Zellen besitzen ein stark granuliertes Cytoplasma sowie ziemlich kleine, ovale Kerne, welche basal ge- legen sind. Die freie Oberfläche der Epithelzellen ist mit unge- mein langen und starken Wimpern besetzt, welche im Mittelteile und in dem aufsteigenden Schenkel des Nephridiums gern partienweise zu Wimperflammen-ähnlichen Bündeln verkleben. Dieselben schlagen dann in den rinnenförmigen Raumabschnitten, welche durch die ein- springenden Falten der Nephridienwand gebildet werden (Taf. XXXVIL, Fig. 9. Die Wimperbewegung erfolgt innerhalb des ganzen Nephri- diums stets in der Richtung von der Leibeshöhle gegen die Kloake hin. 1 In der betreffenden Figur wurde die Erweiterung des Nephridiums an dessen Umbiegungsstelle der Deutlichkeit und Übersichtlichkeit halber nur ganz schwach angedeutet. Vergleiche diesbezüglich: Taf. XXXVIII, Fig. 7 Minh. 586 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, An dem peripheren Ende der hinteren Hauptabzweigung des »Uterus« liegt das nur schwach trichterförmig erweiterte Nephrostom, welches in den unmittelbar anschließenden und alsbald nach abwärts umbiegenden Nephridialschlauch führt (Taf. XXXIV, Fig. 5, 8 Nephs ; Taf. XXXVII, Fig. 8). Das Epithel des Nephrostoms unterscheidet sich nicht von jenem, welches die beiden Schenkel sowie den Mittelteil des Nephridiums auskleidet, setzt sich hingegen mit seinen hohen, langbewimperten Zylinderzellen von dem niedrigen und nur kurz- bewimperten Peritonealepithel scharf ab. Bemerkenswert ist, daß sich die Muskelschicht, welche den »Uterus« umgibt, als eine Ring- muskelschicht auch auf den angrenzenden Abschnitt des Nephrostoms fortsetzt (Taf. XXXVIIL, Fig. 8 Uim). Durch die Kontraktion ihrer Fasern kann daher die Kommunikation zwischen Leibeshöhle und Ne- phridium abgeschlossen werden. Der Nephroporus (Taf. XXXIV, Fig. 6, 7 Nephp) ist als eine seit- liche Spalte im proximalsten Abschnitt der Kloake gelegen. Das Epithel des Nephridiums geht in ihm ohne Absatz in jenes der Kloake über. Es wurde schon früher (p. 974) erwähnt, daß das letztere, wenigstens in dem Anfangsabschnitte der Kloake, dem Nephridial- epithel ungemein ähnlich und von diesem kaum zu unterscheiden ist. Eine Muskelschicht, welche das Nephridium am Nephroporus von der Kloake abzusperren vermöchte, habe ich nicht beobachtet. Innerhalb des Lumens des Nephridialschlauches finden sich zahl- reiche, kugelförmige Exkretstoffeil, sowie Bruchstücke von Eiern und Spermatozoen. Sämtliche durch den Nephroporus austretende Ge- schlechtsprodukte machen den Eindruck der Unreife und Degeneration. Bindegewebe. v. GRAFF unterschied bei unsern europäischen Myzostomen zweierlei Formen der Bindesubstanz und zwar eine membranartige und eine reticuläre2 Die bindegewebigen Membranen bestehen nach ihm aus einer hellglänzenden Grundsubstanz, in welche zahlreiche längliche Kerne eingebettet sind. Derartige Membranen umhüllen die »Ovarialfollikel, Hodenverzweigungen, Nervensystem, den größten Teil des Magens und die Darmverzweigungen«. Ebenso werden sie auch zur Umkleidung der Muskelzüge verwendet. Das retieuläre Bindegewebe steht mit diesen Membranen in Zusammenhang und bietet das Bild »eines äußerst feinen Maschenwerkes mit ziemlich gleich- mäßigen Lückenräumen, durchsät von weit weniger intensiv gefärbten 1. Vgl. NAxsEn 21, p. 78, Abs. 4; tab. VII, fie. 230. 210, p. 63, 64. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 587 runden Kernen«. Diese letzteren gehören stets den »in den Lücken der hellen Grundsubstanz« massenhaft liegenden »Rundzellen« an. Das retieuläre Bindegewebe füllt die zwischen den einzelnen Organen im Körper vorhandenen Räume vollständig aus. NAnsEN?! beschreibt das Körperparenchym der Myzostomen als ein retieuläres Bindegewebe, dessen Maschen in den einzelnen Ab- schnitten des Körpers eine verschiedene Größe besitzen. Die Kerne der dieses Maschenwerk konstituierenden Zellen liegen in den Binde- sewebsfasern selbst, nicht aber, wie v. GRAFF behauptete, im Innern der zwischen den letzteren gelegenen Lückenräume. Die letztere Art der Kernlagerung hat Nansen nur in dem vordersten Abschnitte des Bulbus museulosus wahrgenommen. Der Autor vermochte auch weder die »Rundzellen« v. GRAFFsS noch die von diesem beschriebenen rund- liehen Bindegewebskerne zu beobachten. Das Bindegewebe von M. asteriae tritt im allgemeinen in le Formen auf und zwar: a) als membranöse Bildungen, b) als reticuläres Bindegewebe und endlich c) in Form von freien Bindegewebszellen (»Rundzellen« v. GRAFFS). a) Die bindegewebigen Membranen finden sich zumeist als Stützlamellen der Epi- und Endothelien. So als Basal- und Sack- membran, als Tunicae propriae der Endothelien des Darmes und der Nephridien, sowie des Peritonealepithels. Sie kommen aber auch als bindegewebige Überzüge von Organteilen vor, so als die äußere kapselartige Membran des Bulbus museulosus?, als das Perineurium des Bauchstranges?, sowie als äußeres Neurilemm der peripheren Nerven Diese Membranen kann man sämtlich insofern als kernlos bezeichnen, als keine Zellkerne in ihnen gelegen sind. Wohl kann man jedoch bei einigen von denselben Kerne antreffen, welche ihnen an ihrer äußeren, dem reticulären Bindegewebe des Parenchyms zugewendeten Seite knapp anliegen. Da diese Kerne sich von jenen des reticulären Bindegewebes nicht unterscheiden lassen, so liegt die Folgerung nahe, daß derartige Membranen ihre Entstehung den Zellen des reticulären Bindegewebes verdanken®. Ein derartiger Schluß 21, p. 76, Abs. 2. | V. GRAFF 10, p. 48, Abs. 3; NANSEN 21, p. 46, Abs. 4, Zeile 8. 3 NAnSEN 22, p. 287. 4]. c. p. 291, Abs. 2. 5 Schon NANsEN hat diesen Gedanken bei der Schilderung der äußeren Hüllen des Nervensystems (Perineurium und äußeres Neurilemm) geäußert (22, p- 287, Abs. 1; p. 291, Abs. 2). Er sagt diesbezüglich folgendes: »Diese Mem- DD Mi 588 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, bleibt jedoch immerhin gewagt; denn die Bindegewebskerne können ja auch rein zufällig den Membranen anliegen, was insbesondere bei denjenigen der letzteren zutrifft, welche direkt an das Parenchym angrenzen, ohne von diesem durch eine stärkere Muskelschicht ge- trennt zu sein. Aus diesem Grunde habe ich davon Abstand ge- nommen, diejenigen Membranen hier im speziellen anzuführen, bei welchen ich derartige Befunde gemacht habe. Bei manchen Mem- branen, so der Basal- und der Sackmembran, läßt sich jedoch aus ihrer Struktur einigermaßen auf ihre Entstehung schließen. Dieselben bestehen nämlich aus einer schwächer färbbaren Grundsubstanz, in welcher feinste und sich stärker färbende Fäserchen parallel zur Fläche der Membran verlaufen. Diese Fäserchen dürften als Reste der plasmatischen Fortsätze jener Zellen aufzufassen sein, welche vor ihrem Zugrundegehen auf interzellulärem Wege die Grundsubstanz abgesondert haben. b) Das reticuläre Bindegewebe tritt seinerseits in zwei ver- schiedenen Arten auf: a) als das reticuläre Gewebe des Parenchyms, ß) als das sogenannte »innere Neurilemm«?. Das retieuläre Gewebe des Parenchyms bildet den Hauptbestand- teil des letzteren und füllt sämtliche Körperräume aus, welche sich zwischen den einzelnen Organen und der integumentalen Basal- membran ausdehnen (Taf. XXXV, Fig. 1 Rb). Es besteht aus einem mehr oder weniger spongiösen Maschenwerk®, in dessen Knoten- bran besteht aus einer gewöhnlich homogenen Substanz, in welcher selbst keine Kerne zu finden sind, während dicht an ihrer äußeren Seite Bindegewebskerne angetroffen werden (fig. 8X), so daß es oft scheint, als bestehe ein allmählicher Ubergang von der Membran in das Bindegewebe. Dieser Befund wie die immer scharf sich abhebende Grenze der Innenseite der Membran lassen darauf schließen, daß diese Membran als eine Absonderung oder Bildung vonZellen des außen belegenen Bindegewebes und nicht von der inneren Stütz- substanz her entsteht«. Diesem Befunde gegenüber sei hervorgehoben, daß ich an dem Perineurium und dem äußeren Neurilemm des Nervensystems von M. asterige eine derartige Anhäufung von Bindegewebskernen, welche diesen Mem- branen von außen anliegen, nicht beobachten konnte. Bindegewebskerne finden sich daselbst — wie überall wo Bindegewebsmembranen an das Parenchym an- grenzen — wohl vor, doch in so geringer Anzahl und in so weiten Zwischen- räumen voneinander, daß an einen genetischen Zusammenhang zwischen den Zellen, welchen sie zugehören und den besprochenen Membranen kaum gedacht werden kann. ! Vgl. Bönmig 4, p. 496—497. 2 NANSEN 22, p. 287—289. 3 Unter »Masche« verstehe ich die Gesamtheit jener Bindegewebsfasern (-balken), welche einen intercellulär gelegenen Hohlraum (Lückenraum) umgeben, nicht, wie es zuweilen geschieht, diesen letzteren selbst. Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 589 punkten die Kerne der dasselbe konstituierenden Zellen gelegen sind Die Maschen schließen ein System von interzellulären Lückenräumen ein, welche anscheinend untereinander in fortlaufender Kommunikation stehen und von der Perivisceralflüssigkeit erfüllt sind. Die Binde- gewebsbalken, welche die Maschen bilden, haben eine je nach ihrer Lage im Körper veränderliche Stärke. Sie treten bald als feinste Lamellen, bald als stärkere Balken auf. Ebenso können auch die Lückenräume, welche durch sie begrenzt werden, bald eine größere, bald wieder eine geringere Ausdehnung besitzen, die höchst wahr- scheinlich außerdem noch von dem wechselnden Kontraktionszustande des Tieres abhängig ist. Das ganze Reticulum hat an manchen Körperstellen einen faserigen, an andern wieder einen großblasigen Charakter. Diese verschiedenen Modifikationen des reticulären Paren- chymgewebes sind schon früher anläßlich der Beschreibung der einzelnen Organe (p. 543—545, 555, 571, 572) besprochen worden. Das sogenannte »innere Neurilemm« dürfte genetisch von dem reti- eulären Gewebe des Parenchyms verschieden sein. Es füllt die Räume zwischen dem » Perineurium« beziehungsweise dem »äußeren Neurilemm« und den Elementen des Nervensystems aus. Seinem ursprünglichen Baue nach ist es ein reticuläres Bindegewebe, welches aber auch mem- branartige Formen annehmen kann. Dasselbe wurde bereits von NANSEN eingehend beschrieben!, auf welche Darstellung hiermit verwiesen sei. c) Die freien Bindegewebszellen bilden den zweiten Haupt- bestandteil des Parenchyms. Dieselben sind zumeist unregelmäßig gestaltete, membranlose und mit kurzen Fortsätzen versehene Zellen, welche entweder frei in den Lückenräumen des retieulären Parenchym- sewebes und zwar in der dortselbst befindlichen Perivisceralllüssig- keit suspendiert sind, oder auch den Balken des reticulären Gewebes von außen anliegen und nur mit einem Teile ihres Leibes in die Lückenräume vorspringen (Taf.XXXV, Fig. 1 Fb). Sie besitzen einen sroßen, rundlichen, nicht sehr intensiv färbbaren Kern, welcher sich auffällig von den Kernen der retieulären Bindegewebszellen unter- scheidet. Diese Zellen wurden bereits von v. GRAFF als »Rundzellen« ‚beschrieben, ihre Existenz jedoch später von Nansen geleugnet. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die freien Bindegewebszellen den »lym- phoiden Zellen« im Blute beziehungsweise der Perivisceralflüssigkeit (Hämolymphe) der Anneliden entsprechen. Als solche wurden sie auch bereits von v. GRAFF (»Blutzellen«) angesprochen. 1 22, p. 287—291. 990 177 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, - Literaturverzeichnis, JOHN BEARD, On the Life-History and Development of the Genus Myzo- stoma (F. S. Leuckart). Mitth. Z. Stat. Neapel. V. Bd. 1884. p. 544— 580, tab. XXXIL, XXX. —— The Nature of the Hermaphroditism of Myzostoma. Zool. Anzeiger, 17. Jahrg. 1894. p. 399—404. —— The Sexual Conditions of Myzostoma glabrum (F. S. Leuckart). Mitth. Z. Stat. Neapel. XIII. Bd. 1898. p. 293324, tab. X. L. BöHmiG, Beiträge zur Anatomie und Histologie der Nemertinen. Diese Zeitschr. LXIV. Bd. 1898. p. 479—564, tab. XIII-XVL. H.L. Crark, A New Host for Myzostomes. Zool. Anzeiger. XXV. Bd. 1902. p. 670—671. L. DIPPEL, Grundzüge der allgemeinen Mikroskopie. Braunschweig. 1885. E. EHLERS, Die Gehörorgane der Arenicolen. Diese Zeitschr. LIII. Bd. (Supplement). 1892. p. 217—285, tab. XI—-XIV. H. Eısı6, Monographie der Capitelliden des Golfes von Neapel. Fauna u. Flora d. Golfes v. Neapel. XVI. Monographie. 1887. tab. I-XXXVIL F. W. GAMmBLE and J. H. AsuworrtH, The Anatomy and Classification of the Arenicolidae. Quart. Journ. Mier. Sc. Vol. XLIH, N.S. p. 419 —569. tab. XXI—XXIX. | L. v. GRAFF, Das Genus Myzostoma (F. S. Leuckart). Leipzig. 1877. —— Verzeichnis der von den United States Coast-Survey Steamers »Hass- ler« und »Blake« von 1867 zu 1879 gesammelten Myzostomiden. Bull. Mus. Comp. Z. Cambridge. Vol. XI. 1883. p. 125—133. —— in P. H. CARPENTER, On the Orinordea of the N. Atlantie between Gibral- tar and the Faeroe Islands. With some Notes on the Myazostomida by Prof. L. v. GRAFF. Proc. R. Soc. Edinburgh. 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XXIII—-XXV. ir Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 591 20. BR. MECZNIKOW, Zur Entwicklungsgeschichte von Myzostomum. Diese Zeit- schrift. XVI. Bd. 1866. p. 236—244. tab. XIIIA. 21. F. NanseEn, Bidrag til Myzostomernes Anatomi og Histologi. Bergen 1885 (mit englischem Resume). tab. I—-IX. 22. —— Anatomie und Histologie des Nervensystems der Myzostomen. Jen. Zeitschr. f. Naturw. XXI. Bd., N. F. XIV. p. 267—321. tab. XIX. 23. H. PRoUH0; (Müller). Compt. Rend. 24. —— Dioieite et Hermaphroditisme chez les Myzostomes. Sur deux Myzostomes parasites de l’Antedon phalangium Tome CXV. 1892. p. 846—849.- Zoolog. Anz. Nr. 486, XVII. Jahrg. 1895. p. 392 —39. 25. C. SEMPER, Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Gattung Myzo- stoma (Leuckart). Diese Zeitschr. IX. Bd. 1858. p. 48—64. —IV. tab. III 26. J. W. SPENGEL, Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. II. Die Organisa- tion des Eechiurus- Pallasii. — 538. tab. XXIHI—XXV]l. Diese Zeitschr. XXXIV. Bd. 1880. p. 460 27. F. v. WAGNER, Das Nervensystem von Myzostoma {F. S. Leuckart). Graz. 1886. Mit 1 Tafel. 283. —— Myzostoma Bucchichii (nova species). X. Jahrg. 1887. p. 363— 364. Zoolog. Anzeiger Nr. 255. 29. W. M. WHEELER, Protandrie Hermaphroditism in Myzostoma. Zoolog. An- zeiger Nr. 447. XVII. Jahrg. 1894. p. 177—182. 30. —— The Sexual Phases of Myzostoma. Mitth. Zoolog. St. Neapel. XII. Bd. 2. Heft. 1896. p. 227—302. tab. X—XIL 31. —— J. BEARD on the Sexual Phases of Myzostoma. Zoolog. Anz. Nr. 591. XXII. Bd. 1899. p. 281-288. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXIV. Für alle Figuren gültige Buchstabenerklärung. a, vordere Seitenabzweigung des »Ute- ruse«; b, hintere Seitenabzweigung des »Ute- rUuSs<; Blb, Bulbus museculosus; CN, Bauchstrang; Com, Schlundkommissur; Da, Darmast; Hda, Hauptdarmast; Kl, Kloake; Klö, Kloakenöffnung; M, Mund; Mgd, Magendarm; Neph, Nephridium; Nephp, Nephroporus; Nephs, Nephrostom ; Ov, Ovarium; Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. P, Penis; hR, hintere Rüsseltasche; vR, vordere Rüsseltasche; Rect. Rectum; So, Seitenorgan; Spdr, Speicheldrüsen; Sr, Schlundring; Ut, Uterus; Utö, Uterusöffnung; Vd, Vas deferens; Ve, Vas efferens; x, Drüsenzellen in der Umgebung des Schlundringes; I—X, die zehn Parapodien; 1—8, die acht paarigen Seitenorgane; 9, 10, das aus zwei paarigen hervor- gegangene unpaare Seitenorgan. 40 592 Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels, In den Figuren 4, 5, 6, 7, 8, 9 sind einfach grau angelegt: der Ver- dauungsapparat; punktiert grau angelegt: das Nervensystem; rot angelegt: der »Uterus« und seine Verzweigungen; gelb angelegt: die Nephridien. Fig. 1. Basales Stück eines nach der Fläche aufgeschnittenen Armes von Stolasterias neglecta E. Perr. Die Ventralhälfte ist abgehoben. Man sieht ein M. asteriae im Inneren des hypertrophierten Anfangsteiles des (in der Zeichnung) oberen Blinddarms. Die Darmwand ist oberhalb des Myzostoma, wahrscheinlich anläßlich des Aufschneidens, gerissen. Vergr. 8x. Fig. 2. Habitusbild des M. asteriae von der Bauchseite aus betrachtet. Die Färbung entspricht der eines Alkoholexemplares. Vergr. 6x. Fig. 3. Asterias richardı E. Perr. von der Ventralseite aus gesehen, mit zwei der Fläche nach aufgeschnittenen Armen. Der mit * bezeichnete enthielt ein M. asteriae. Man sieht die Auftreibung, welche dasselbe am Arme verur- sacht hat. Natürliche Größe. Fig. 4. Halbschematischer Medianschnitt durch M. asteriae, um die Lage und Form des Verdauungsapparates, des »Uterus« sowie der Nephridien zu de- monstrieren. Das (linke) Nephridium ist in die Zeichnungsebene projiziert und plastisch dargestellt worden. In Wirklichkeit fällt sein Verlauf außerhalb von der Zeichnungsebene und zwar in die dem Beschauer zugewendet gedachte Hälfte des Myzostoma. Vergr. 37x. Fig. 5 und 6. Teile zweier Frontalschnitte, von weichen der erstere ober- halb des zweiten liegend zu denken ist. Zwischen den beiden Schnitten liegen 32 gleich dieke Schnitte. Halbschematische Darstellung. Fig.5 zeigt den »Uterus« mit seinen Hauptabzweigungen, Fig. 6 den Magendarm mit den Hauptstämmen der Darmverzweigung. Vergr. 37. Fig. 7, 8, 9. Mittlere Abschnitte dreier aufeinanderfolgender Querschnitte, von welchen Fig. 9 dem vordersten, Fig. ? dem hintersten entnommen ist. Zwischen den Fig. ? und 8 liegen 30, zwischen den Fig. 8 und 9 17 gleich dieke Schnitte. Halbschematische Darstellung. Fig. 7 zeigt die Kloake mit den Nephroporen, Fig. 8 den Uterus mit den Nephrostomen, Fig. 9 den Uterus mit seinen vorderen Hauptabzweigungen und den Ovarien. Vergr. 37. Fig. 10. Halbschematische Darstellung des in die Zeichnungsebene proji- zierten männlichen Geschlechtsapparates. Vergr. 24x. Tafel XXXV. Für alle Figuren gültige Buchstabenerklärung. Bd,, Bds, euticuläre Verdickungen am Harz, Hautdrüsenzelle; Handteil; Hath, Handteil des Stützstabes; Bm, Basalmembran; Bx, Basalzelle; Ob}, Cb3, Conjunctores breves; Ch, Ol, Conjunctores longi; Ct, Cutieula; Ctr, Musculus centralis; 0%, Zylinderzellen; aDl, akzessorisches Drüsenlumen ; Ehk, Ehkı, Ehkoe, Ersatzhaken; Ep, Endplatte der Basalzelle; Fb, freie Bindegewebszelle; Hk, Haken (funktionierender) ; Hrf, Hakenführungsrohr; Hmns, Hautmuskelschlauch; Hsch, Hakenscheide; Hy, Hypodermis; L, knorrige Leiste am Handteile; Mks, Markschicht; Mts, Mantelschicht; Ova, Eier; Pdr, Parapodialdrüsen; Plge, Protracetor longus externus; Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. 1. 593 Plgi, Protactor longus internus; Sph.Hsch, Sphineter der Hakenscheide; PLm, Längsmuskulatur des Parapo- Ss, Scheidensäckchen; diums; Stst, Stützstab; Plia, Protractor lateralis anterior; Um, Muskulatur der Uterusverzweigung; Pltp, Protraetor lateralis posterior; Utv, Üterusverzweigung; Pse, Pseudoepithel; Vbst, Verbindungsstücke; Rb, retieuläres Bindegewebe des Paren- a, Stützstabfollikel(Proximalabschnitt); chyms; Ib, Stützstabfollikel (Distalabschnitt); Rb,, retieuläre Bindegewebszellen inner- ZI/, Hakenfollikel; halb der Uterusverzweigungen; III, Ersatzhakentollikel; Re, Retractores externi; IV, Ersatzhakenfollikel; Ri, Retractores interni; *, Zwischenraum zwischen Ersatzhaken Sb, Sehnenband der Sackmembran; und Follikelzellen. Skm, Sackmembran; Fig. 1. Dorsales Teilstück eines ungefähr transversan gelegenen Quer- schnittes, welches das Integument, das Parenchym und einen Abschnitt einer Uterusverzweigung zur Ansicht bringt. Vergr. 550 x. Fig. 2, 3. Körperepithel der Ventralseite. Vergr. Fig. 2 770><, Fig. 3 550 x. Fig. 4. Stützstab und funktionierender Haken durch Kochen in Kalilauge isoliert. Vergr. 120 x. Fig. 5. Spitze des funktionierenden Hakens, um den pfriemenförmigen Eindruck an demselben zur Ansicht zu bringen. Vergr. TOO. Fig. 6. Schematische Darstellung der Borstendrüse hinsichtlich ihrer all- semeinen Form und ihrer Lage innerhalb des Parapodiums. Der rot angelegte und plastisch eingezeichnete Teil stellt die Borstendrüse (Drüsenepithel und Saekmembran) dar. Die Spitze des Parapodiums mit Hakenscheide und Scheiden- säckehen ist im Durchschnitte abgebildet. Die dick schwarz konturierte Fläche soll das in die Zeichenfläche projizierte akzessorische Drüsenlumen darstellen. Vergr. 120 x. Fig. ?. Basalabschnitt eines jüngeren Ersatzhaken. Vergr. SO0 <. Fig. 8. Etwas schief ausgefallener Längsschnitt durch zwei jüngere Er- satzborstenfollikel. Vergr. 800. x. Fig. 9. Längsschnitt durch das Basalende eines älteren Ersatzborsten- follikels, um die Bildung der Verbindungsstücke aus den Follikelzellen zu illu- strieren. Vergr. 800. Fig. 10. Etwas schief gehaltener Querschnitt durch das Basalende des funktionierenden Hakens, um die Verbindungsstücke und ihre Beziehungen zur Borstenmuskulatur zu zeigen. Vergr. 500 x. Fig. 11. Schematische Darstellung der Borstenmuskulatur und ihrer Ver- bindungen mit der Sackmembran (Sehnenbänder). Die M. retractores anteriores und posteriores sowie die M. fixatores manubrü sind nicht eingezeichnet. Vergr. 120. ; Tafel XXXVI. Für alle Figuren gültige Buchstabenerklärung. Bd,, Bas, euticuläre Verdiekungen am C, Kanäle im modifizierten Parenchym; Handteil; Ob}, Obg, Conjunctores breves; Bm, Basalmembran; Ch. euticuläres Häutchen. im Haken- Bx, Basalzelle; führungsrohr; 40* 594 Ch, Cls, Conjunetores longi; Ctr, Musculus centralis; De, Drüsenkonkretionen; aDl, akzessorisches Drüsenlumen ; Ehk, Ersatzhaken; F ma, Fixator manubrii anterior; F'mnp, Fixator manubrii posterior; Hl; funktionierender Haken: Hkf, Hakenführungsrohr; Lx, »lymphoide ZellenSegmentfurchen« (resp. »Segmentgrenzen«), die Furche zwischen dem großen und dem kleinen Ringel eines gegebenen Segments bezeichne ich als »Ringelfurche« (resp. »Ringelgrenze«). Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 603 Der Hautmuskelschlauch setzt sich aus drei durch die Richtung der Elemente gekennzeichneten Systemen zusammen, nämlich von außen nach innen aus dem (I.) Ring-, (I.) Diagonal- und (III.) Längsmuskelsystem. I. Ringmuskelsystem. Bevor ich mich zu einer Darlegung meiner eignen Ergebnisse wende, habe ich das über dies System bislang bekannt Gewordene wiederzugeben. Nach WEISMANN (34, p. 89) besteht das Ringmuskelsystem »aus sehr langen, reiserartig gestalteten Zellen (Fig. XIX A und F), an denen der eigentliche Zellkörper meist sehr zurücktritt gegen die enorm langen, mehrfachen, schmalen Fortsätze«. Als besonders häufig vor- kommend bezeichnet er eine Form »mit vier langen Fortsätzen, deren je zwei einander parallel laufen (Fig. XIX A)<. »Die Ausläufer be- sitzen nicht immer glatte Ränder, sondern sind buchtig, senden kleine Äste aus oder sind mit einzelnen fransenartigen Anhängen besetzt.« KEFERSTEIN (17, p. 515—514) gibt die Breite der Ringmuskeln auf 0,008—0,012 mm an. Sie erscheinen »als einzelne schmale Ringe, zwischen denen an manchen Körperstellen 0,02—0,04 mm breite Zwischenräume bleiben. Im Kopf sind die Zellen »schmal und liegen weit auseinander, nur an den Lippen erreichen sie eine be- trächtliche Ausbildung«. DoRrNER (9, p. 469) konstatiert in einem großen Körperringel 20, in einem kleinen sieben Ringmuskeln (je 0,01 mm breit). Diese »lassen an vielen Stellen kleine Verzweigungen erkennen, welche den Zwischenraum, der sie von den benachbarten Ringmuskeln trennt, durchsetzen«. Im vorderen Drittel des Kopfes sind die Ringmuskeln »sehr breit, während sie im hinteren Teile mehr zurücktreten«. Voigt (32, p. 115 und 119) berichtet über die Ringmuskelzellen, daß sie, mit der Hypodermis fest verwachsen, von der Längsmuskulatur durch einen Zwischenraum getrennt sind. Nach innen und außen werden sie von je einem Häutchen umschlossen, das vereinzelte stark abgeplattete und dunkel gefärbte Kerne erkennen läßt; in den Zwischenräumen zwischen den einzelnen Rinsmuskelzellen, so schreibt Voıgr weiter, sind die beiden Häutchen so miteinander verschmolzen, daß man auch bei starker Vergrößerung nur ein einfaches Häut- chen sieht; nur an einzelnen Stellen heben sie sich gelegentlich 604 Friedo Schmidt, voneinander ab. »Die besonders im siebenten und achten ! Segment sich zwischen den Ringmuskeln weit hindurchdrängenden Drüsengruppen (Fig. 19 dr) durchbrechen nun die Häutchen nicht, sondern dehnen sie nur aus und bleiben von ihnen umhüllt (Fig. 19 und 23)....« Be- treffs der Zahl der Ringmuskelzellen hält Voıgr (32) eine genaue Zählung für nicht möglich, da sich die Zellen hin und wieder teilten. Er gibt die Zahl derselben bei allen Varietäten im großen Ringel auf durchschnittlich 15, im kleinen auf 8 an. Hesse (15, p. 397) erwähnt gelegentlich der Besprechung der Oligochätenmuskulatur, daß er an der Ringmuskulatur von Bran- chiobdella eine Lagerung der Kerne in einer lateralen Längslinie (in der SEMPERSchen Seitenlinie) nicht habe finden können. Nachdem im Vorstehenden, meist mit den eignen Worten der Autoren alles mitgeteilt ist, was bis heute über das Ringmuskelsystem von Branchrobdella bekannt geworden ist, gehe ich zu meinen eignen Ergebnissen über. Ich werde dieselben nach folgender Disposition vorbringen: 1. Anlage des Systems. a. im Rumpf. b. im Kopf. 2. Bau der Ringmuskelzellen. 3. Maßangaben über dieselben. 4. Lageverhältnis des Ringmuskelsystems zum benachbarten Körpergewebe. 1. Anlage des Ringmuskelsystems ?. Das Ringmuskelsystem, bilateralsymmetrisch ausgestaltet, er- streckt sich kontinuierlich über die ganze Länge des Tieres hinweg. ! Da Voısr (32) den Kopf als erstes Segment zählt, wie er p. 105. Fuß- note 6, angibt, so ist sein siebentes und achtes Segment, das sechste und siebente somatische Segment nach meiner Rechnung. 2 Einen Überblick über die Anlage des Ringmuskelsystems gewann ich an Flächenpräparaten von der Körperwand. .Ich fertigte diese in der Weise an, daß ich unter der Standlupe vermittels einer feinen Schere eine Strecke aus dem Tierkörper herausschnitt, die Körperwand durch einen Längsschnitt aufspaltete und dann ausbreitete. Da nun aber bei solchen Flächenpräparaten die über bezw. unter der Ringmuskelschicht liegenden Gewebe sich schwer fortpräparieren ließen, war ein Erkennen von Einzelheiten und Feinheiten nur an besonders sünstigen Stellen der Präparate möglich. Ich war also zum größten Teil auf die Untersuchung von Schnitten angewiesen. Meine Ausführungen beruhen so- mit auf Kombinationer von Flächenpräparaten und Schnitten. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 605 Es stellt überall eine einfache Muskelschicht dar, welche der inneren Oberfläche des Körperepithels unmittelbar anliegt. Die Elemente dieser Schicht, die langgestreckten Ringmuskel- zellen, sind in ziemlich großen aber regelmäßigen Abständen parallel serichtet hintereinander angeordnet und dabei so gestellt, daß sie um den Körper herum Muskelringe bilden, deren Ebenen auf der Längsachse des Tieres senkrecht stehen. Auf diese Weise wechseln in der Ringmuskelschicht muskulöse und nichtmuskulöse Ringe mit- einander ab. In einem jeden Segmente des Tieres lassen die Ringmuskelzellen ein scharf abgegrenztes, in sich abgeschlossenes System entstehen: das Ringmuskelsystem zerfällt in einzelne segmentale Systeme. a. Die Anlage im Rumpf. Der Grundplan der Anlage ist in allen Rumpfsegmen- ten derselbe. Vollkommen gleich sind die Systeme von Segment], 2, 3, 4, 5, 6 und 7. Ein wenig anders gestaltet sich das . System des achten, wieder anders das des neunten Seg- ments. «&. Das System von Segment 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7. Zur Demonstration eines solchen Einzelsystems führe ich die Bilateralhälfte eines dieser sieben Segmente in Flächenansicht vor. Ich denke mir also die muskulöse Körperwand eines einzelnen Segments durch zwei Längsschnitte aufgespalten, deren einer durch die dorsale, deren andrer durch die ventrale Mittellinie gelegt wird. Wird nun eine dieser beiden so getrennten Segmenthalbseiten flächenhaft aus- sebreitet, so erhält man, wenn man den Körper der Dranchrobdella der Einfachheit halber als walzenförmig annimmt, ein dem Umriß nach rechteckiges Stück, an welchem zwei Parallelseiten durch die soeben gekennzeichneten Schnittlinien gegeben sind, während zu diesen die Segment- und Ringelgrenzen senkrecht verlaufen. Die Anordnung der Ringmuskelzellen auf einer solchen Sesmenthälfte stellt Fig. 1 dar. Dort liegt der große Ringel nach links, von dem kleinen durch eine Striehpunktlinie abgegrenzt; auf halber Höhe zwischen der dorsalen und der ventralen Mittellinie ist der Verlauf der Laterallinie angedeutet. (Die einzelnen Ring- muskelzellen sind schwarz gezeichnet; der Kern jeder Zelle mit Kernkörperchen liegt in gekörntem Plasma.) 606 Friedo Schmidt, In jedem Segmente besteht das Ringmuskelsystem jederseits aus 25 Zellen. Diese sind auf der Segmenthälfte so verteilt, daß, wenn man ge- ringfügige Differenzen auf Bauch und Rücken außer acht läßt, man sogar von einer ventralen und dorsalen Symmetrie der Anlage sprechen kann. Die langgestreckten Fortsätze der Zellen, alle gleich gerichtet, stehen in ganz gleichen Abständen voneinander. Grosser .\ Airgel Kleiner N Ri ngel are Bun DE a ee . Darsale l be Medienline, I ı J i l ’ ) ' j ı l ' N ' ] 1 j 1 l ' I ı 1 ' J ' J ı 1 ! l ı } ‘ j 1 I N 4 haterallinie | 1 N 1) | ! N 1 ' 1 I H } ' | ) 1 1 I ! J I ! 1 L N iR Tenkrale Hedienlinie, Textfig. 1. Das Ringmuskelsystem der einen lateralen Körperseite von einem der Rumpfsegmente 7—7 einschl. a,b, c....z, Ringmuskelzellen. Die Zellen verhalten sich in mehrfacher Beziehung different. Zunächst bestehen zwei an Länge verschiedene Zell- arten. Die eine, außerordentlich lang, erstreckt sich von der ventralen Mittellinie ab über die ganze Körperseite hinweg, um in der dorsalen Mittellinie zu enden. An diesen beiden Punkten der Endigung heftet sich, wie ich hinzufügen muß, an die Enden einer jeden solchen Zelle die dieser auf der (symmetrischen) Gegenseite entsprechende an, so daß auf diese Weise ein Ringschluß erfolgt, an welchem zwei Zellen, je eine auf jeder Körperseite, beteiligt sind. Diese Zellen will ich als »lange« Zellen bezeichnen. | Die Zellen der andern Art sind genau halb so lang wie die eben beschriebenen. Sie erstrecken sich, von der Laterallinie aus- gehend, einmal dorsalwärts hinauf, ein andermal ventralwärts Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 607 hinab, bis zur dorsalen bezw. ventralen Mittellinie. Demzufolge sind die Zellen dieser Art, die, beiläufig bemerkt, nur im großen Ringel vertreten ist, zu zwei Regionen gesondert, einer dorsalen und einer ven- tralen, während die vorbesprochenen »langen« Zellen die ganze Höhe der Körperflanke einnehmen. Wie diese »langen« Zellen, sind auch die kurzen mit den entsprechenden derselben Seite wie der Gegenseite terminal verknüpft, so daß wiederum Ringschlüsse zu stande kommen, jedoch in diesem Falle durch Aneinanderreihung von vier Zellen, je zweien auf jeder Seite. Diese Zellen mögen »kurze« heißen. Es ergibt sich somit für das Ringmuskelsystem dieser Segmente der bedeutsame Satz, daß es keine Zelle gibt, die als einzelne den ganzen Umfang des Körpers umgriffe Alle Zellen bilden nur Spangen an ihm, so zwar, daß sie während ihrer Erstreckung nur einer bilateralen Körperseite angehören. Terminal sind sie stets mit den auf ihrem Wege liegenden ihresgleichen zu Muskelringen verbunden; es fehlen ter- minal frei endigende Zellen. Unter den »langen« und »kurzen« Zellen lassen sich zwei weitere Zellarten unterscheiden, auf Grund einer Formdifferenz. Die einen Zellen sind ihrer Form nach als einfach zu be- zeichnen. Sie sind auf halber Länge am dicksten und schwellen nach beiden Enden zu gleichmäßig ab; beide Fortsätze sind mithin gleich stark. Wegen dieser ihrer charakteristischen Gestalt will ich diese Zellen — es sind die auf Fig. 1 mit den Buchstaben a, e, f, 9, |, m, n, 9, v und w bezeichneten — »Spindelzellen« nennen und zwar, je nachdem sie der vorerwähnten »langen« oder »kurzen« Zellart angehören, »lange« bezw. »kurze Spindelzellen«. Die zweite Form repräsentieren die übrigen Zellen, nämlich Dre dann 5,097, 5uu,%, y und. Sie bestehen aus zwei sleichlangen und gleichstarken Spindeln!, die, parallel gerichtet, auf halber Länge durch ein gekerntes Stück verbunden sind. Ich nenne diese Zellen den ersteren gegenüber »Doppelspindelzellen«. Von diesen sind wieder die einen »lang«, die andern »kurz« 2. 1 Ein wenig an Stärke verschieden sind die beiden Spindeln der Doppel- spindelzelle db, desgleichen die von s. Es ist in beiden Fällen die der vorderen Grenze des Segments (oder der Zelle a) zuliegende Spindel etwas schwächer. Diese Erscheinung steht im Einklange mit dem, was ich später (p. 609) über die u npıschiede der Zellen des Systems aussagen werde. 2 Eine Doppelspindelzelle bildet WEISMANN (34) in Fig. XIX A ab. Er hat in ihr richtig eine Ringmuskelzelle erkannt. Es ist dieselbe Zelle, die Muss auf p. 89 beschreibt (das Zitat siehe oben p. 603). Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 41 608 Friedo Schmidt, Das Ringmuskelsystem einer Segmenthälfte führt mithin unter seinen 25 Zellen vier verschiedene Zelltypen, und zwar in folgendem Zahlenverhältnis: I. 5 lange Spindelzellen. II. 5 kurze Spindelzellen (dorsal 3, ventral 2). II. 3 lange Doppelspindelzellen. IV. 12 kurze Doppelspindelzellen (dorsal 6, ventral 6). Dadurch, daß von den fünf kurzen Spindelzellen in der dorsalen Region drei, in der ventralen nur zwei stehen, wird eine dorsale und ventrale Asymmetrie innerhalb der Anlage erzeugt!. Was sich dann aber in ganz auffälliger Weise bemerkbar macht, das ist die eigenartige Verteilung und Zusammenordnung der einzelnen soeben charakterisierten Typen auf die beiden Segment- ringel. Während der große Ringel sowohl mit langen als auch mit kurzen Zellen ausgestattet ist, führt der kleine nur lange. Im großen Ringel aber nehmen die langen Zellen eine beachtenswerte Stellung ein, sie stehen nämlich nur im vorderen und im hinteren Teile desselben, d. i. an der Segment- und der Ringelgrenze. An der Grenze des großen Ringels nach vorn liegt eine lange Zelle, nämlich «; an der hinteren Grenze desselben stehen zwei lange Zellen, Z und m. Der übrige Teil des großen Ringels enthält nur kurze Zellen. Auch über die Anordnung dieser läßt sich noch etwas hervorheben: in der Mitte des Ringels finden sich dorsal wie ventral nur Spindelzellen; an diese schließen sich nach der Segment- und der Ringelgrenze zu die übrigen kurzen Zellen in Gestalt von Doppelspindelzellen an. Bei dieser Gelegenheit, wo gerade von der Lagerung der Zellen an den Grenzen die Rede ist, möchte ich noch auf eine gewiß nicht außer acht zu lassende Tatsache aufmerksam gemacht haben, die man sonst auf der Zeichnung Fig. 1 leicht übersehen könnte. 1 Durch das Auftreten der überzähligen Muskelzelle in der dorsalen Region wird die mehr oder minder auffallende ventralkonkave Einkrümmung hervor- gerufen, die man bei allen noch so schön gestreckt konservierten Tieren findet. Wäre die Ringmuskulatur auf Rücken und Bauch gleich entwickelt, so würde bei einer Kontraktion dieser Muskulatur, vorausgesetzt, daß sich ein jeder Muskel- ring in seinem Umfange gleichmäßig zusammenzieht, das Segment sich genau in der Richtung seiner Längsachse verlängern. Das Hinzutreten einer überzähligen dorsalen Zelle bewirkt nun aber ein Mehr an Kontraktion auf der Rückenseite; also flacht sich die dorsale Oberfläche des Segments mehr ab, vergrößert sich mithin mehr als die ventrale: das Segment krümmt sich ein klein wenig ventral- konkav ein. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 609 Es ist nämlich nicht etwa zufällig, daß die an den Grenzen stehenden Zellen a, m, » und 7 in einem bestimmten Abstande von den betreffenden Grenzlinien gezeichnet sind. Im Gegenteil, es soll dadurch ausgedrückt werden, daß niemals eine Zelle in jene hineinrückt. Der tiefste Punkt der Grenzfurchen ist stets muskelfrei. Dann aber besteht zwischen den einzelnen Zellen des Systems neben der Längen- und der Formdifferenz noch ein dritter Unterschied, ein Unterschied in der Stärke. Die auf der Mitte des großen Ringels gelegenen Zellen e, f, 9, © und sind die kräftigsten, nicht allein des Ringels, sondern auch des ganzen Systems. Die übrigen Zellen dieses Ringels, die sich an diese kräftigsten nach beiden Seiten hin anschließen, nehmen von der Mitte des Ringels zu den Grenzen hin sukzessive an Stärke ab. Ganz die gleiche Erscheinung herrscht im kleinen Ringel; o und p sind hier die stärksten Zellen, 2 ist schwächer als o; auf der andern Seite g schwächer als p, r wieder schwächer als q. Kurz gesagt, die Stärke der Zellen nimmt in beiden Ringeln von der Mitte zu den Grenzen hin sukzessive ab!. Es ergibt sich also für jeden Ringel ein Maximum der Zellstärke auf der Mitte, ein Minimum an den Grenzen?. Die Minima beider Ringel sind gleich, denn die Zellen a, m, n und r sind gleich kräftig; die Maxima aber differieren bedeutend: das des großen Ringels ist stärker entwickelt. Alle diese Zellen des Systems, deren differentes Verhalten ich auf den vorigen Seiten schilderte, sind doch wieder durch ein Ge- meinsames ausgezeichnet, ein Gemeinsames, das in dem Lagever- hältnis des Kerns zur Längenausdehnung der Zelle gegeben ist: es ist die Lage des Kerns auf der Mitte der Zelllänge. Diese allgemein gültige Tatsache hat nun unmittelbar ein andres im Gefolge. Es liegen nämlich die Kerne gleichhoher und gleich- langer Zellen zu einer Längsreihe an der Flanke des Tieres zu- sammengeordnet. Äuf diese Weise entstehen drei Reihen von Kernen; die eine nimmt die Kerne der kurzen Zellen aus der dorsalen Region, 1 Das Ringmuskelsystem ist aus funktionellen Gründen auf der Mitte der Ringel stärker ausgebildet. Den Beweis für diese meine Behauptung kann ich erst später vorbringen (s. p. 640 Fußnote 1). 2 Eine ganz ähnliche Erscheinung hat CERFONTAINE (8) am Ringmuskel- system von Lumbriculus agricola nachgewiesen. Er sagt auf p. 62: »Dans un segment donn£, la couche (cireulaire) a son maximum d’&paisseur au milieu du segment, son minimum au niveau des sillons intersegmentaires.« 41* 610 Friedo Schmidt, die andre die der kurzen Zellen aus der ventralen Region, endlich die dritte, in die Laterallinie fallende, die Kerne aller langen Zellen auf. Ich nenne diese Reihen »Ringmuskelkernreihen«. Ich unterscheide die drei als: dorsale, ventrale und laterale Kern- reihe. Die dorsale birgt neun, die ventrale acht, die laterale acht Kerne. Nachdem ich so die zunächst ins Auge fallenden Dinge gekenn- zeichnet habe, greife ich noch auf einige oben erörterte Einzelheiten zurück, die noch einer mehr oder weniger eingehenden Erläuterung bedürfen. Zunächst muß ich meine auf p. 606 gemachte Bemerkung, der Abstand der Fortsätze der Zellen voneinander sei überall gleich, zur Besprechung stellen. Es versteht sich von selbst, daß der Zwischenraum zwischen zwei benachbarten Zellen oder Zellfortsätzen ein ganz verschiedener ist, je nach der Höhe, die man dabei im Auge hat. Der Abstand der Zellen aber, oder besser gesagt, der Achsen der einzelnen Spindeln voneinander ist der gleiche (eine geringe Abweichung findet sich nur auf der Mitte des großen Ringels. Dieser allgemein herrschende Abstand besteht auch zwischen den Zellen »» und », also beim Übergang von einem Ringel in den andern, desgleichen zwischen der Zelle « und der benachbarten r des nächsten Segments. Das Ringmuskelsystem erstreckt sich also über die sieben in Rede stehenden Segmente gleichmäßig kontinuierlich hinweg. Wie gesagt, ist der Abstand der Spindeln auf der Mitte des sroßen Ringels ein von dem gewöhnlichen Maß abweichender. Es handelt sich dort um den Abstand einmal der kurzen Spindelzellen e, f und 9 voneinander, das andre Mal um den der Zelle vo von w. Die Achsen von e und f sind, wie Fig. 1 zeigt, in ihrer ganzen Länge einander genähert, während der Abstand zwischen f und g, in gleicher Weise der zwischen v und w das allgemein herrschende Maß überschreitet. Es liegt auf der Hand, daß diese Differenzen in engstem Zu- sammenhange mit der schon auf p. 608 berührten dorsalen und ven- tralen Asymmetrie stehen, die sich ja in der ungleichen Verteilung der kurzen Spindelzellen auf den dorsalen und ventralen Bereich des sroßen Ringels kundgibt. Dort finden sich dorsal drei, ventral aber nur zwei solcher Zellen. Die terminale Verknüpfung der drei Zellen einerseits mit den zwei Zellen andererseits erfolgt nun so, daß die ventrale Zelle v an die dorsale g anschließt, während sich die beiden Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 611 dorsalen e und f zugleich mit der ventralen v verbinden. Letzteres geschieht in der Weise, daß sich das dorsalwärts gerichtete Ende von v zwischen die beiden ihm entgegenstrebenden, einander ge- näherten Enden der beiden dorsalen Zellen legt, wie es in Fig. 1 zum Ausdruck gebracht ist. Zu dieser typischen, in jedem Segmente auftretenden Unregel- mäßigkeit im Abstande der Zellen gesellt sich nun, aber nur in einzelnen Segmenten sich einstellend, noch eine andre, die man als eine sekundäre, durch innere anatomische Verhältnisse des Segments bedingte Abweichung aufzufassen hat. Sie tritt da zu Tage, wo die Zellen bei ihrem Ringverlauf auf Öffnungen stoßen, durch welche innere Organe mit der Außenwelt kommunizieren. In allen solchen Fällen kann eine Ringmuskelzelle ihren geraden Weg: nicht innehalten; sie ist genötigt, die Öffnung in einem mehr oder minder großen Bogen zu um- sehen, wie es Fig. 2 veranschaulichen mag. Ein solehes »Ausweichen« der Ringmuskelzellen ist Textfig. 2. natürlich um so stärker hervortretend, je größer die betreffende Öffnung ist, zeigt sich also recht deutlich im fünften Seg- ment an der Öffnung des Receptaculum seminis nach außen, des- gleichen im sechsten Segment an der Austrittsstelle des Penis. Was nun die Verknüpfung der Zellen zu Muskelringen des ge- naueren betrifft, so habe ich darüber noch einiges mitzuteilen. Da, wie erwähnt, die Zellen alle spitz auslaufen, stellt sich die Verknüpfung, wie es nicht anders möglich ist, in der Weise her, daß sich die Enden der zu verbindenden Zellen für eine gewisse Strecke aneinanderlegen. Dies geschieht auf zweierlei Weise: ent- weder ist das Lageverhältnis zweier verknüpfter Zellenden ein solches, daß diese in der durch die Ringmuskelschicht dargestellten Ebene nebeneinander liegen (siehe die. oben erörterte Verbindung von e und f mit ©); oder es umfaßt das Ende der einen Zelle den halben Umfang des Endes der andern Zelle in einer ganz kurzen steilen Spiraltour: die Zellenden schlingen sich umeinander (dies zeigt sich bei all den übrigen Ringschlüssen). Auf der schematischen Zeichnung Fig. 1 habe ich nun aber, um dieselbe übersichtlicher zu gestalten, ein sehr wesentliches Verhalten der einzelnen Zellen nicht eingetragen. Es ist die Bildung von feinen Brücken, Anastomosen, die, mit breiter Verbindung von den Zellen abgehend, den Zwischenraum zwischen diesen senkrecht zur Achse 612 Friedo Schmidt, derselben durchsetzen. Solche Anastomosen stellen sich nicht allein zwischen benachbarten Zellen, sondern auch zwischen den beiden Spindeln einer einzelnen Doppelspindelzelle ein. Auf diese Weise bietet dann die Körperwand von der Epithelseite aus gesehen das Bild einer zierlichen Felderung, in deren einzelnen rechteckigen Räumen die Epithelzellen gruppenweise eingebettet liegen. Nachdem ich so begonnen habe, die im Schema aufgezeichneten Dinge den natürlichen Verhältnissen entsprechend zu vervollständigen oder zu modifizieren, habe ich nun das auf p. 606 über die Längen- differenz der Zellen Ausgeführte noch einer kleinen Revision zu unterziehen. Dazu muß ich allerdings etwas weiter ausholen. Am Anfange meiner Darstellungen über das System nahm ich die Körperform des Wurmes als walzenförmig an (p. 605) und bekam demzufolge durch die Aufspaltung der Körperwand in den beiden Mittellinien ein rechteckiges Stück, wie ich es in Fig. 1 vorgeführt habe. Schaut man nun einer lebenden Dranchiobdella zu, so bemerkt man, daß, wenn sie sich in Ruhe befindet, die Ringel stets ein wenig sewölbt sind. Es ist demnach die Annahme berechtigt: In einem Segment mit mäßig gewölbten Ringeln befindet sich der Hautmuskel- schlauch in Muskelruhe, im Indifferenzzustande. Mein Schema würde mithin die Ringmuskulatur eines extrem in die Länge gezogenen Tieres darstellen, bei welehem sich durch die Streekung der Längs- muskulatur unter gleichzeitiger Kontraktion der Ringmuskulatur die Ringel schließlich derart abgeflacht hätten, bis das Segment voll- kommen walzenförmig wäre!. Da ich also bislang gleichsam ein abgeflachtes Segment unter- sucht habe, muß ich, um auf den Indifferenzzustand des Ringmuskel- systems passende Resultate zu erhalten, die auf den voraufgegangenen Seiten dargelegten Ergebnisse nach der gewiesenen Richtung hin abändern. (Es hegt doch auf der Hand, daß man zu etwas andern Schlüssen gelangt, wenn man als Objekt ein gewölbtes Segment wählt.) In welchem Bereiche aber die Abänderung vorzunehmen ist, werde ich durch eine kurze Betrachtung feststellen. Wie eine kurze Überlegung lehrt, sind in einem Segmente mit sewölbten Ringeln die Muskelringe an der Segment- und Ringel- srenze am engsten (denn der Durchmesser des Segments ist hier am kleinsten), auf der Mitte der Ringel am weitesten. Mithin sind ! Die Frage, ob ein solcher Zustand überhaupt möglich ist, kann an dieser Stelle nicht erörtert werden; sie findet erst auf p: 640 Fußnote 1 (im Abschnitt Längsmuskulatur) ihre Erledigung. | Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 613 die die Muskelringe zusammensetzenden Zellen an den erstbezeichneten Orten relativ am kürzesten, an den letztern am längsten. Man hätte also, um das Schema Fig. 1 den. Verhältnissen eines gewölbten Seg- ments anzugleichen, in dieser Figur die Länge der Zellen von der Mitte eines jeden Ringels zu den Grenzen hin sukzessive ein wenig abnehmend zu zeichnen, so daß je ein relatives Maximum der Zelllänge sich auf der Mitte der Ringel einstellte. (Unter gleichzeitiger Berück- sichtigung der auf p. 609 gegebenen Darstellung über die Stärkever- hältnisse der Zellen komme ich hier also zu dem Schluß, daß die dieksten Zellen zugleich die relativ längsten sind.) Welchen Einfluß aber hat diese Abänderung des Schemas aut meine bisherigen Ergebnisse ? Umgestoßen werden nur die die Längenverhältnisse der Zellen betreffenden Angaben, aber, wohlgemerkt, nur.insofern, als man hinfort die Zellen des langen bezw. des kurzen Typus nicht als vollkommen an Länge gleich ansehen darf. Es bleiben also die beiden auf p. 606/607 aufgestellten Längentypen zu Recht bestehen. Man mag alle übrigen Resultate der Reihe nach prüfend durchgehen, man wird zu der Ein- sicht kommen, daß sie in völlig uneingeschränkter Weise mit der modifizierten Form meines Schemas im Einklange stehen. Wenn man will, kann man angesichts der oben bewiesenen Tat- sache, nämlich, daß die Muskelringe an den Grenzen am engsten und auf der Mitte der Ringel am weitesten sind, an den Zellen des Systems noch einen vierten Unterschied feststellen: er liegt in dem Grade ihrer Einkrümmung, ihres Gebogenseins zum Körperinneren hin. Da bei zwei ungleich großen Kreisen jedes Bogenstück des kleineren (engeren) Kreises eine größere Krümmung besitzt als irgend ein Stück des größeren Kreises, so sind die an den Grenzen gelegenen Zellen stärker zum Körperinneren hin eingekrümmt, als die auf der Mitte der Ringel befindlichen. Es ergibt sich also der Schluß: Die Krümmung der Zellen nimmt von der Mitte der Ringel zu den Grenzen hin sukzessive zu. Ich kann nach alledem, zusammenfassend, für das Ringmuskel- system den Satz aufstellen: Die Länge und die Stärke der Zellen nimmt von der Mitte der Ringel nach den Grenzen hin (relativ resp. absolut) ab, die Krümmung der Zellen nimmt in derselben Richtung zu. Durch diese Betrachtung ist nun aber zugleich klar geworden, welche Veränderungen innerhalb des Systems Platz greifen, wenn dasselbe in einen andern (Kontraktions-) Zustand übergeht. - 614 Friedo Schmidt, Nach diesem auf den voraufgegangenen Seiten entwickelten Schema baut sich also das Ringmuskelsystem jedes der sieben Rumpfsegmente (1—7) in völlig gleicher Weise auf. Nur wenige ganz geringfügige Differenzen kommen vor. Sie mögen hier der Vollständigkeit halber Erwähnung finden. In den Segmenten 5 und 7 wird jede der beiden kurzen Doppel- spindelzellen d und « durch eine kurze Spindelzelle ersetzt. Diese Spindelzellen lassen aber einen gewissermaßen ursprünglichen Doppel- spindelzellen-Charakter darin erkennen, daß ihre beiden Enden mit zwei, wenn auch ganz kurzen, Fortsätzen ausgestattet sind. Mit diesen sind die beiden Zellen miteinander resp. mit den entsprechenden der Gegenseite in der bekannten Weise terminal verknüpft. Bei manchen Exemplaren ist aber auch schon in andern Seg- menten der Übergang der Doppelspindelzellen d und x in die Spindel- form wenigstens angedeutet. In solchen Fällen sind die beiden Spindeln einer solchen Zelle nicht wie gewöhnlich durch ein schmales (gekerntes) Plasmastück verbunden, sondern es kommt zwischen den Spindeln selbst auf eine mehr oder weniger lange Strecke hin zu einer Konkreszenz. In den Segmenten 1, 2 und 3 sind bei manchen Tieren die beiden der Laterallinie zugewandten Fortsätze der Doppelspindelzelle 5 zu einem verschmolzen: es ist eine »Gabelzelle« entstanden. Der Kern von d liegt dann aus der dorsalen Kernreihe mehr oder weniger weit zur lateralen hin verschoben. Es wären nun noch in den sieben Segmenten die einander ent- sprechenden Zellen in bezug auf ihre Stärke und Länge zu vergleichen. Die Stärke der Zellen ist so gut wie gleich. Anders steht es mit der Länge. Da diese sich ja nach dem Umfange des betreffenden Segments richtet, so ist sie am größten im fünften Segmente, das be- kanntlich den größten Querdurchmesser aufweist; die nächstgrößten Zellen finden sich im vierten Segment; etwas kleiner sind sie im sechsten; dann folgt Segment 7, 3, 2 und 1. Ich kann also sagen: das absolute Maximum der Zellenlänge liegt in Segment 5, von wo sie in den folgenden Segmenten kopf- und analwärts abnimmt. Um einen ungefähren Begriff zu geben, in welchem Maße diese Längenabstufung erfolgt, will ich das Längenverhältnis zweier korre- 1 Es soll schon an dieser Stelle darauf aufmerksam gemacht werden, daß bei allen derartigen Maßangaben der Kontraktionszustand der Zellen, weil un- bestimmbar, außer acht gelassen ist. Doch habe ich bei den Messungen stets gleiche Bedingungen aufgesucht. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 615 spondierender Zellen aus dem fünften und dem ersten Segment ziffermäßig belegen. Es ergibt sich das Verhältnis 2,8:1, bei manchen Tieren sogar 3:1. Der Längenunterschied der Zellen ist also ein ganz erheblicher. P. Das System von Segment 8. Fig. 3 stellt das System der Segmenthälfte in Flächenansicht dar. Es liegt wieder der große Ringel nach links. Das System gleicht, wie man aus der Figur ersieht, in den Haupt- zügen ganz und gar dem der vorbesprochenen Segmente. Betreffs der Erstreckung und der terminalen Verknüpfung der Zellen gilt hier dasselbe. Die Zahl der zur Bildung des Systems zusammentretenden Zellen ist hier aber 2 Fe Boweik serimeere. 2, mn Es liegen 19 Zel- ıYtrtr4 ale len vor. Von die- sen sind I. 3 lange Spindel- zellen. I. 7 kurze Spindel- zellen (dorsal 4, ventral 5). III. 1lange Doppel- spindelzelle. IV. 8 kurze Doppel- spindelzellen (dorsal 4, ven- tral 4). Sale | Durch das Auf- _ Mextiio 3. el ae ligen kurzen Spin- delzelle am dorsalen Umfange des großen Ringels wird auch hier wieder eine dorsale und ventrale Asymmetrie der Anlage erzeugt. Die kurzen Spindelzellen d und «’ zeigen die Eigenart der Zellen d und « in den Segmenten 5 und 7 (vgl. p. 614): sie sind an den Enden aufgespalten. In bezug auf ihre Lagerung verhält sich die lange Doppelspindel- zelle m’ ganz einzig; es liegt nämlich ihre eine Spindel im großen, ihre andre im kleinen Ringel. Te... mn. ulm - . -- ..-.-. .—_ zen - on - — .--oo.77772 en 4 Vntralttsdionkinin, 616 Friedo Schmidt, Der Abstand der einzelnen Spindeln voneinander ist gleich, nur auf der Mitte des großen Ringels stellt sich auch in diesem System wieder eine Abweichung ein im Zusammenhange mit der Tatsache, daß den beiden dorsalen Spindelzellen e' und f’ ventral nur die eine Zelle v' gleicher Art gegenübersteht. e’ ist f’ deutlich genähert; f’ von g', desgleichen v’ von zw’ weiter entfernt als die übrigen benach- barten Spindeln voneinander. Die Verknüpfung von e und f’ mit seschieht in der auf p. 611 für e, f und » geschilderten Weise. In der Verteilung und in der Zusammenordnung der vier Zell- typen auf die beiden Segmentringel treten die bekannten Erschei- nungen hervor. An den Ringel- und an den Segmentgrenzen liegen wieder lange Zellen, @, m’ und vr’. Doch während in den Seg- menten 1—”7 die kurzen Zellen ausschließlich auf den großen Ringel beschränkt sind, finden sich im vorliegenden System zwei kurze Doppelspindelzellen auch im kleinen Ringel; es sind die beiden Zellen o' und p'. Im großen Ringel nehmen wieder die kurzen Spindelzellen nur auf der Mitte Platz, während die kurzen Doppelspindelzellen sich an diese nach der Ringel- und Segmentgrenze hin anreihen. Die Segment- und Ringelgrenzen sind auch hier stets muskelfrei. Die Zellen nehmen in jedem der beiden Ringel von der Mitte zu den Grenzen hin sukzessive an Stärke ab. Es muß jedoch hinzugefügt werden, daß im großen Ringel das Maximum der Zellstärke nicht genau mit der Mitte des Ringels zusammenfällt; es sind nämlich die Zellen g’ und w’ die stärksten. Im kleinen Ringel repräsentieren 0° resp. p das Maximum. Der Kern liegt bei allen Zellen auf der Mitte der Länge, wodurch wieder drei Kernreihen entstehen. Die dorsale Kernreihe enthält acht, die ventrale sieben, die laterale vier Kerne. Die terminale Verbindung der Zellen geht in der bekannten Weise vor sich. Betreffs der Anastomosenbildung zeigt das System keine Besonderheiten. Die Dicke der Zellen ist im allgemeinen die nämliche wie im siebenten Segment, die Länge der Zellen ein wenig geringer als in diesem. y. Das System von Segment 9 (Analsegment). Das Analsegment, das durch die Saugnapfbildung umgewandelte letzte Segment des Körpers, setzt sich aus sechs ungleieh großen ° Ringeln zusammen (Fig. 4). Es beginnt dem Verhalten eines gewöhn- lichen Rumpfsegments entgegen mit einem kleinen Ringel; auf diesen Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 617 folgt ein großer Ringel, an den sich drei winzige, sukzessive kleiner werdende anreihen; den Beschluß bildet ein großer, den Saugnapf tragender Ringel, der wieder an einen Großringel der typischen Rumpf- segmente erinnert. Das Ringmuskelsystem dieses so eigenartig ausgestalteten Anal- segments geht, wie schon Voıgr (29, p. 120) mitteilt, bis an den 9= Segment: Textfig. 4. Das achte und neunte Rumpfsegment von der Seite, im Umriß. distalen Rand des Saugnapfes. Es stellt ganz wie in den übrigen Rumpfsegmenten parallele Ringe dar, die in regelmäßigen Abständen voneinander den Umfang des Segments umfassen. Wenngleich es mir wegen der vielen mit dem Epithel in Zu- sammenhang tretenden Längs-, Diagonal- und Dorsoventralmuskelzellen nicht gelungen ist, die Einzelheiten der Anlage des Ringmuskelsystems im Analsegment in dem Maße klar zu legen, wie ich es in den vorigen Segmenten vermochte, so habe ich doch das eine Wichtige feststellen können, daß im Analsegment die grundlegenden Verhält- - nisse durchaus dieselben wie in jenen sind. Es treten wieder lange und kurze Spindel- und Doppelspindelzellen auf, welehe durch die für sie typische Erstreckung auf einer lateralen Seite des Segments ausgezeichnet sind. An den Grenzen der Ringel stehen lange Zellen, deren Kerne eine laterale Kernreihe bilden; der übrige Teil der Ringel wird zum größten Teile von kurzen Zellen eingenommen, deren Kerne eine dorsale resp. ventrale Kernreihe entstehen lassen. Der Abstand zwischen den einzelnen Zellen entspricht dem in den übrigen Segmenten beob- achteten. Die Ringelgrenzen sind stets muskelfrei. Die Stärke der Zellen ist in dem ersten und zweiten Ringel des Segments etwas größer als in den folgenden, nur an der Grenze des Saugnapf- 618 Friedo Schmidt, ringels nach vorn sind die Zellen kräftiger als sonst. Im übrigen nimmt in den einzelnen Ringeln die Stärke der Zellen von der Mitte zu den Grenzen hin sukzessive ab. Bezüglich der Einzelheiten habe ich dann folgendes mit- zuteilen: Der erste Ringel des Segments enthält jederseits ein aus fünf langen Zellen zusammengesetztes System, die in ganz der nämlichen Weise angeordnet sind, wie die langen Zellen im kleinen Ringel der Rumpfsegmente 1—7. Ich verweise also in dieser Hinsicht auf meine Ausführungen auf p. 605—609 und die Fig. 1. Es sind von den fünf Zellen zwei Spindel- und drei Doppelspindelzellen. Der zweite, größere Ringel besitzt eine dem Großringelsystem des achten Segments sehr ähnliche Zellanordnung, doch ist die Zahl der Zellen noch geringer; ich zähle nämlich auf Längsschnitten durch das Segment nur zehn resp. elf Spindeln. Auf der Mitte des Ringels stehen drei dorsalen Spindelzellen zwei ventrale gegenüber, die wie die Zellen €’, f, 9 und v’, w' in Segment 8 (Fig. 3) gegeneinander ge- richtet sind. Im dritten Ringel zähle ich sechs Spindeln, im vierten und fünften je vier bis fünf. In jedem dieser Ringel zeigt die Stellung der Zellen wieder Ähnlichkeit mit der eines Kleinringelsystems der mittleren Rumpfsegmente. Der Saugnapfringel endlich, mit etwa zehn Spindeln, ähnelt in dieser Hinsicht wieder einem Großringel. b. Anlage des Ringmuskelsystems im Kopf. An dem vom Rumpf scharf abgesetzten Kopf lassen sich bekannt- lich! zwei ungleich lange, durch eine tiefe Querfurche getrennte Teile unterscheiden, wie ein Längsschnitt (Fig. 5) durch den Kopf zugleich dartun möge. Der vordere kleinere Teil enthält die nicht sehr tief gespaltene Mundöffnung, mit einer Ober- und Unterlippenbildung (erstere ein wenig länger und kräftiger). Diesen Abschnitt nenne ich das »Buccal- segment«. Der hintere Teil wird durch ein tonnenförmig gestaltetes Stück dargestellt, das an Länge das »Buccalsegment« etwa um das drei- bis vierfache übertrifft. Ich nenne ihn den »Postbuccalabschnitt« des Kopfes. 1 Dies ist vonVoIGT (30 u. 32), DORNER (9), KEFERSTEIN (17) und LEMOINE (19) des öftern hervorgehoben worden. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 619 Auf halber Länge läßt nun der Postbuccalabschnitt, bald mehr bald weniger deutlich, eine ganz schwache, querverlaufende, rings- herumgehende Einziehung erkennen. Durch diese wird der Abschnitt somit in zwei gleich lange Teile zerlegt. Mit der Erwähnung dieser äußeren Einziehung bringe ich nichts Neues, denn sie wurde schon von Voigt (30, p. 70 und 32, p. 115) bemerkt. Voısr hält sie aber für eine vorübergehende, äußere Ringelung, eine Ansicht, welcher ich je- doch nicht beipflichten kann. Denn, da in den beiden gleich- langen Teilen des Postbuccalabschnitts das Längsmuskelsystem, wie ich vor- sreifend bemerken will, gesondert ange- lest ist und zwar nach ganz ähnlichen Grundsätzen, wie sie sich für zwei S0- 95 3Samıml dıs matische Segmente herausstellen, so fasse Buccalsegment. „un .n ans m No Sco Vorderes Posthuccalse gment- =-— a: m m u mo. ou =. Hinteres oe alsegment. ST I ve caoo%.a fi) ich die beiden Teile als Segmente auf Textfig. 5. x x Die drei Segmente des Kopfes von der und bezeichne sie als »Postbuccal- Seite, in Umeb, segmente«. Der Kopf besteht demnach aus drei Segmenten‘. In den beiden Postbuccalsesmenten ist das Ringmuskelsystem im wesentlichen gleich. I Eine ganz andre Ausbildung hat dasselbe im Buccalsegment erhalten. oc. Das System in den beiden Postbuccalsegmenten. Bei der Untersuchung des Ringmuskelsystems dieser beiden Seg- mente lag mir im Hinblick auf die Segmentierung innerhalb des Längs- muskelsystems die Vermutung nahe, daß auch die Anlage des ersteren dieser Teilung Rechnung trüge. Leider habe ich mich aber von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit meiner Vermutung nicht überzeugen können, denn es wollte mir trotz vieler Versuche nicht gelingen, das in den beiden Segmenten bestehende System zu durchschauen. Es sind nämlich hier die Ringmuskelzellen denen des Rumpfes gegenüber so außerordentlich schwach, daß sich ein Bestimmen der Endpunkte 1 Dieser meiner Ansicht steht die von VEJDOVSKY (29, p. 39) gegenüber, der auf Grund der Ausgestaltung des Gehirns im Kopfe sechs bis sieben Segmente verschmolzen sieht. 620 Friedo Schmidt, derselben als unmöglich erwies. Ferner wurde die Untersuchung er- schwert durch die vom Ösophagus nach allen Seiten ausstrahlenden Radiärmuskeln, welche durch ihre Anheftung am Integument einer- seits die zwischen den Ringmuskelzellen bestehenden Zwischenräume andererseits den Ring- und Längsmuskulatur trennenden Raum (vgl. weiter unten p. 628 »Intermuskularraum«), der im Rumpf so deutlich hervortritt, vollständig zum Verschwinden bringen. Immerhin kann ich folgende Angaben machen: Das Ringmuskelsystem des Rumpfes geht ohne Unterbrechung in den Kopf über. Es bildet in den beiden Postbuccalsegmenten ein (im Vergleich zu den somatischen Zellen) aus ganz schwachen Zellen zusammengesetztes System. Der Abstand der Zellen voneinander ist meist ziemlich der gleiche; nur im vorderen Segmente nimmt er unweit der Grenze zum Buccalsegment ein wenig ab. Doch beträgt der Abstand überall etwa das doppelte des im Rumpf beobachteten. Jedes der beiden Segmente besitzt etwa zwanzig Zellen jedersete: Was die Längenausdehnung der Zellen anlangt, so kann ich darüber aus den oben angeführten Gründen keine Angaben machen. Die beiden im Rumpf erkannten Formtypen von Zellen, die Spindel- und Doppelspindelzellen, kommen auch hier vor. Leider vermag ich wieder über die Lage des Kerns zur Längen- ausdehnung der Zellen nichts zu sagen. Ich stellte aber im hinteren Segmente folgende Tatsache fest: Die Kerne sind jederseits zu zwei Längsreihen (»Kernreihen«) zusammengelagert, einer dorsalen und einer ventralen. In jeder sind etwa zehn Kerne vereint. Im vorderen Segmente konnte ich Kernreihen nicht auffinden; die Kerne liegen hier aber auf beiden Seiten des Tieres in einer charakteristischen Zone, nämlich einer solchen, die sich jederseits zwischen einer dor- salen und einer ventralen Kernreihe ausbreitet. Ob man hier nun auch zwei Kernreihen als gegeben annehmen darf, Kernreihen, die, etwas unregelmäßig gestellt, sozusagen ineinander geschoben sind, oder ob nicht vielleicht noch eine dritte Kernreihe, eine laterale, in der Kernzone verborgen liegt, kann ich zur Zeit nicht entscheiden. Man möchte auf Grund der sonst so weitgehenden Übereinstimmung des vorderen Segments mit dem hinteren das erstere für wahrschein- licher halten. | Eine Differenz der Zellen bezüglich der Stärke, wie jene in so hohem Maße im Rumpf zu Tage tritt, besteht in den Postbuccalsegmenten Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 621 nicht. Die Zellen bleiben sich in allen Regionen des Segment- umfangs ziemlich gleich; nur im vorderen Teile des vorderen Segments nehmen die Zellen zum Buccalsegmente hin nicht unbedeutend an Stärke zu. Die Zwischenräume zwischen den Zellen werden wieder von Anastomosen durchsetzt. ß. Das System im Buccalsegment. Fig. 6 zeigt das System der einen Segmenthälfte in Flächen- ansicht. Die innere Oberfläche des Systems ist dem Beschauer zuge- wandt. Die Ränder der Lippen liegen auf der linken Kante der Medianlinie 4 — Saberellinus — Vmtrab Nedianlınie. Textfig. 6. Das Ringmuskelsystem der einen lateralen Seite des Buccalsegments. A, 3, C.... 7, Ringmuskelzellen. Figur; die beiden Medianebenen und die Laterallinie sind durch Pfeile bezeichnet. Die Grenze des Segments gegen das vordere Postbuccalsegment ist durch eine gestrichelte Linie angegeben. Die sehr kräftigen Zellen des Systems laufen wieder zur Längs- achse des Tieres quer; nur unweit der Lippenränder, besonders in der Oberlippe, wenden sich die Zellen von der Laterallinie aus ein wenig schräg nach vorn. Im hinteren Teile des Segments liegen die Zellen eng nebeneinander, im vorderen Teile dagegen, besonders dorsal, ist der Zwischenraum zwischen den Zellen ganz beträchtlich. 622 Friedo Schmidt, Das System setzt sich auf einer Segmenthälfte aus zwanzig Zellen zusammen; von diesen sind 19 kurze Spindelzellen (dorsal 8, ventral 11) 1 lange Doppelspindelzelle !. Die kurzen Spindelzellen reichen wieder von der Laterallinie bis zu einer der beiden Mittellinien, liegen also in einer dorsalen und einer ventralen Region gesondert. Die lange Doppelspindelzelle U ist von Mittellinie zu Mittellinie ausgespannt. Die Anlage des Systems ist eine dorsoventral asymmetrische: die dorsale Region führt acht, die ventrale elf Zellen. Alle Zellen sind, soweit ich sie verfolgen konnte, nach beiden Seiten in eine Spitze ausgezogen. Da nun bei jeder Zelle des Systems der Kern auf halber Länge gelagert ist, so werden an der Flanke des Segments zwei Kern- reihen gebildet, eine dorsale mit acht, eine ventrale mit elf Kernen. Eine dritte, laterale Kernreihe wird durch den Kern der langen Zelle U angedeutet. Die stärkste Zelle des Systems ist die Doppelspindelzelle U. An zweiter Stelle aufzuführen sind die Spindelzellen &, F, G, H und Q, R, 8, T, die an Stärke sich einander gleichstehen. Die dorsalen Zellen A, B, C und D, bedeutend schwächer als die vorigen, sind den ventralen Zellen ZI, K, L, M, N, O und P überlegen. In der Laterallinie und in den beiden Mittellinien schließen sich die Zellen natürlich an die ‚entsprechenden derselben Seite wie der Gegenseite zwecks Bildung von Muskelringen an. Diese Verknüpfung stellt sich zwischen den Zellen £, F, G, H einerseits und den Zellen Q, R, S, T andrerseits in der gewöhnlichen, regelmäßigen Weise her. Wie die Verbindung der übrigen dorsalen Zellen einerseits mit den übrigen ventralen Zellen andrerseits erfolgt, ist mir im einzelnen nicht klar geworden; ich gebe daher im Schema auf der Laterallinie die Lage der Zellenden zueinander unter Vorbehalt an. Die kurzen Zellen liegen in ihrer ganzen Ausdehnung dem Epithel fest an, mit Ausnahme der beiden ventralen Zellen M und N. Ihre Enden ruhen auf dem Epithel, aber ihr mittlerer Teil ist von demselben abgehoben. Man hat sich diese beiden Zellen ein wenig aus der 1 Man kann die Frage erheben, ob die Zelle U, die sich so ganz singulär verhält, überhaupt dem Ringmuskelsystem zuzurechnen sei. Da sie zum System in so enge Lagebeziehung tritt, führe ich sie hier als zu demselben gehörig auf. Auf Fig. 6 habe ich die Zelle, da sie vor den übrigen Zellen liegt, schraffiert gezeichnet. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 623 Ebene der Figur herausgerückt zu denken, so daß beide vor L zu liegen kommen. Ein ähnliches Verhalten zeigt die lange Doppelspindelzelle U. Ihre dorsalen und ventralen Fortsätze schmiegen sich dem Epithel an und zwar in den zwischen D, E, F'und P, ©, R bestehenden Räumen, wie man aus der Figur ersieht. Der auf der Laterallinie liegende eigentliche Körper der Zelle rückt aus der von den kurzen Zellen gebildeten Schicht heraus, dem Zentrum des Tieres zu. Der Körper von U verdeckt so auf der Höhe der Laterallinie die dort sich be- sesnenden Enden, die kurzen Zellen X und ©. 2. Bau der Ringmuskelzellen. Die Ringmuskelzellen von Dranchiobdella parasıta sind aus einem kontraktilen und einem plasmatischen Teil zusammengesetzt. Die äußere Zellform wird eigentlich nur durch den kontraktilen Teil bedingt. Dieser stellt sich mithin bei einer Spindelzelle — lange und kurze Spindelzellen gleichen sich im Bau — als ein Gebilde dar, das auf halber Länge am dieksten ist, indem es sich nach den beiden Enden zu gleichmäßig verjüngt. In der Achse der Spindel ist das Plasma gelagert; es nimmt dort einen Raum ein, der in der Mitte seiner Längserstreckung am weitesten, nach den Enden der Spindel zu enger und enger wird, bis er schließlich ganz aufhört. Bei den Spindelzellen des Rumpfes ist die Menge des axialen Plasmas gering, in ansehnlicherer Menge vorhanden ist es bei den Zellen des Buccalsegments. Etwas anders verhalten sich die Zellen der Post- bueealsegmente (s. u.). Das Plasma wird also peripher mantelförmig von der kontraktilen Substanz umgeben. Indes, diese Hülle kontraktiler Substanz ist keine allseitig ge- schlossene. Nämlich auf der Mitte der Zelllänge besitzt sie einen ihre ganze Dicke durchsetzenden Längsspalt. Dieser Spalt, dessen Ränder immer bedeutend verdünnt sind, klafft stets auf halber Länge am weitesten, während er sich nach den Enden zu mehr oder minder früh schließt. Bei den Spindelzellen des Rumpfes ist er ganz kurz (er nimmt höchstens !/,,; der Zelllänge ein); bei den Spindelzellen des Buccalsegments aber ist er derart in die Länge gezogen, daß er fast von Pol zu Pol der Zelle reicht. Durch diesen Spalt in der Rindensubstanz tritt das Plasma also frei zu Tage; es füllt nach außen hin gerade den Spaltraum aus. Etwas. anders verhalten sich die meisten Spindelzellen der Post- bucecalsegmente. Die kontraktile Rinde umgibt bei diesen das Plasma Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 42 624 Friedo Schmidt, nicht im ganzen Umfange, sondern jene ist der letzteren peripher nur als eine schmale Leiste angelagert. Auf der Höhe des Kerns tritt das Plasma in so reichlicher Menge auf, daß es in Form eines Bläschens absteht. Die Zellen entsprechen auf diese Weise einem platymyaren Typus. Diejenigen Zellen des vorderen Postbuccalsegments aber, welche der Grenze desselben zum Buccalsegmente anliegen, sind wie die Zellen in letzterem gebaut. Demnach unterscheidet sich eine Spindelzelle aus dem Buccal- segmente von einer des Rumpfes durch den Besitz einerseits eines längeren Längsspaltes, andrerseits einer größeren Menge axialen Plasmas. Vor diesen beiden ist eine Spindelzelle der Postbuccal- segmente ausgezeichnet auf der einen Seite durch den Besitz einer der Leiste in ansehnlicher Menge angelagerten Plasmasubstanz. Letz- tere fällt bei dieser Zelle deshalb als beträchtlich auf, weil die Stärke der kontraktilen Substanz so gering ist. Der Querschnitt einer Rumpf- oder einer buccalen Spindel- zelle ist allerorten rund (manchmal elliptisch, dann liegt die kürzere Achse in der Richtung des Körperradius); der der kontraktilen Rinde aber geht auf der Höhe des Spaltes von einem ringförmigen in einen sichel- oder nierenförmigen über. Man sieht dies auf Fig. 7, wo eine solche Spindelzelle in Totalansicht, mit Querschnittbildern von ver- schiedenen Höhen abgebildet ist. Schematischer sind diese Dinge auf Fig. 9 wiedergegeben, die einen Querschnitt durch die Ring- muskellage auf der Höhe der dorsalen Kernreihe darstellt (zur Orien- tierung auf dieser Figur wolle man einen Blick auf Fig. 1 zurück- werfen; die Buchstabenbezeichnung ist auf beiden Figuren die gleiche). Spindelzelle, mit Querschnittbildern von verschiedenen Höhen. Bei allen Spindelzellen ist nun der die kontraktile Rinde durch- setzende Spalt im Umfange der Spindel stets nach derselben Seite hin angebracht, nämlich nach der Leibeshöhle hin. Nach derselben Richtung liegt bei den postbuccalen Zellen das Plasma. Der Kern endlich stellt sich stets da ein, wo die Hauptmenge des Plasmas gelegen ist, also bei den Rumpf- und den buccalen Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 625 Zellen in der Achse derselben, an der Stelle, wo der Spalt am weite- sten geöffnet ist; bei den postbuccalen Zellen nimmt der Kern in dem abstehenden Plasmabläschen Platz. Nach demselben Prinzip wie die Spindelzelle ist die Doppelspindel- zelle gebaut (lange und kurze Zellen verhalten sich histologisch gleich). Sie besteht aus zwei gleichlangen und gleichstarken, parallel gerichteten Spindeln kontraktiler Substanz, in deren Achsen wieder das Plasma gelagert ist. Auf der Mitte ihrer Länge führen beide in der kontraktilen Rinde wieder je einen kurzen Längsspalt, der an ihrem Umfange so gestellt ist, daß der Spalt der einen Spindel dem der anderen zugewandt ist (siehe einen Querschnitt durch eine Doppel- spindelzelle in Fig. 8 %’).. Die Spalten stehen sich nun aber nicht ganz genau gegenüber, wie esin Fig. 8 h gezeichnet ist, sondern die Spindeln sind aus einer solchen Stellung etwa um 45° um ihre Längsachse rotiert, und zwar in entgesengesetztem Sinne (siehe die Pfeile Te» auf Fig. 8 h) derart, daß die vorher einander entgegengerichtet@en Spalten nun auch halb dem Zentrum des Tier- körpers zugewandt sind (Fig. 8%). Durch diese beiden Spalten steht das axiale Plasma beider Spindeln in Verbindung vermittels eines mächtigen Zwischenstücks gleicher Sub- stanz, das den Raum zwischen den beiden Spalten überbrückt. In diesem außerhalb der Spindeln liegenden Plasmaleibe ist der Kern eingebettet. Querschnitte durch Doppelspindelzellen des Rumpfes sind auf Fig. 9 abgebildet. Auf der Höhe des Kerns getroffen sind die Doppel- spindelzellen 5, c, d, h, € und k. SLrängsmushelzelle- Textfig. 9: Körperlängsschnitt durch die dorsale Kernreihe des Ringmuskelsystems von einem der Rumpfsegmente 1—7 einschl. (vgl. Fig. 1). Eine Doppelspindelzelle aus den Postbuccalsegmenten stellt sich - insofern anders dar, als an die Stelle einer kontraktilen Spindel eine Leiste tritt, an der sich das Plasma hinzieht. 42* 626 Friedo Schmidt, Bei der buccalen Doppelspindelzelle U (Fig. 6) hat auf der Höhe des Kerns gleichsam eine Konkreszenz der kontraktilen Substanz der beiden Spindeln Platz gegriffen. Die Zweiteiligkeit des Gebildes er- kennt man aber noch an zwei Längsspalten, die, am Zellkörper ein- ander diametral gegenüberliegend, die Rindenschicht in der Richtung des Körperradius durchbrechen. Der Kern liegt innerhalb der Zelle, von Plasma umhüllt. Über die Lage des die kontraktile Rinde durchdringenden Längs- spalts — oder (in bezug auf die Zellen der Postbuccalsegmente) über die Lage des Plasmas zur kontraktilen Substanz — läßt sich noch für alle Ringmuskelzellen ein Gemeinsames aussagen: Der Spalt — oder das Plasma — findet sich an der der Leibeshöhle zu- sewandten Seite der Zelle, oder, anders ausgedrückt, an der Seite, welche der Berührungsfläche der Zelle mit dem Epithel gegenüberliegt und nach welcher das Plasma un- sehindert aus der Zelle hervortreten kann. Der Kern ist bei allen Zellformen gleich gebaut. Ein kugeliges oder ovales Gebilde, ist er mit einer ziemlich derben Kernhaut aus- gestattet und führt, meist im Zentrum, ein einziges gl®ichfalls kugeliges Kernkörperchen, das sich einerseits durch ein starkes Liehtbrechungs- vermögen, andrerseits dureh leichte Tingierbarkeit auszeichnet. Der Durchmesser des Kernkörperchens steht zu dem des Kerns etwa im Verhältnis von 1:4 oder’ 1:9. In isoliertem Zustande zeigen die Spindeln der Zellen in ihrer ganzen Länge eine Menge äußerst feiner, zipfelförmiger Anhänge, Zacken oder Fransen (Fig. 7), von denen schon WEISMANN (31, p. 89) spricht. Diese zarten Erweiterungen sind nichts andres als die Stiimpfe der infolge der Isolierung zerrissenen Anastomosen. Diese sind Fortsatzbildungen der kontraktilen Substanz. Jede Zelle wird von einem eng anschließenden, zarten Sarko- lemmahäutchen umhüllt, das sich auch auf die erwähnten Verzwei- gungen der Zellen fortsetzt. Bei Anwendung von heißer Sublimatlösung, Salpetersäure, Pikrin- salpetersäure, HermAnxscher Flüssigkeit u. a. als Fixationsmittel er- hält die kontraktile Substanz ein fast homogenes Aussehen; bei An- wendung von Alkohol, Chromessigsäure oder Formol zerfällt diese in Fibrillenplatten. Diese erscheinen auf Querschnitten durch die Zelle als quer, radiär gestellte Streifen. bei isolierten Zellen erzeugen ! Diesen Satz kann ich nach meinen Beobachtungen an Längsmuskelzellen noch erweitern (s. p. 663). Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 627 sie eine feine Längsstreifung. Hin und wieder sieht man solche Längsstreifen in die Anastomosen abbiegen. | Bezüglich der in der kontraktilen Substanz befindlichen Spalten seben alle Fixationsmethoden die gleichen Resultate. Da sich bezüglich der feinen Histologie die Zellen aller Muskel- systeme vollkommen gleich verhalten, so beschränke ich .mich hier auf eine Andeutung der Dinge, indem ich eine eingehende Darstellung derselben im Anschluß an die Histologie der Längsmuskelzellen geben werde (s. p. 669). 3. Maßangaben für Ringmuskelzellen. An einem mäßig kontrahierten Tiere von etwa 7,5 mm Länge stellte ich folgende Maße in Millimetern fest: Diameter der, Dicke der | | Diameter | Länge der Zelle an der| kontraktilen| ana? des | Zelle Höhe des Substanz | ee Kernkörper- Kerns | daselbst chens SE WERT FFEEEE PETE | er 7 0er 1.0019 -) 0,008. | 0,008 0.0018 Iauge Spindel 1,58 0,011 | 0,005 | 0,005 0,0011 Rumpf (Segment?) | (vgl. Fig. 1) | kurze Doppel- | es nen: SE sDindelzeite n | 0:86 | 0,0151 | 0,0075: | 0,0076 | 0,0016 le 0,0131 | 0,00571 | 0,0068 | 0,0016 : | Spindelzelle Nag/a 0,0164 | 0,0045 | 0,0068 | 0,0016 | Braatses- a 0,45 0.022 | 0,0068 ' 0,009 | 0,002 4. Lageverhältnis des Ringmuskelsystems zum benachbarten Gewebe. Voıgr (32, p. 115)2 hat über diese Dinge sehr eingehend berichtet. Seine Angaben kann ich bestätigen, in manchen Punkten aber noch erweitern und vervollständigen: Die Ringmuskelzellen liegen unter dem Körperepithel und sind in dieses ein wenig eingesenkt. Sie sind von ihm durch ein Häut- chen Ekm (Fig. 9) getrennt, dessen Dicke 0,0002 mm beträgt. Die ganz vereinzelten, platten, leicht färbbaren Kerne (Diameter — 0,0018 : 0,0034 mm) liegen einmal in der Membran, ein andermal auf derselben. Ein Kernkörperchen fehlt, statt dessen treten in ! Diese Maße betreffen natürlich nur die einzelne Spindel der Doppel- spindelzelle: 2 Zitat s. oben p. 608. 628 Friedo Schmidt, manchen Kernen dunkle Brocken auf. Mit diesem Häutchen erweisen sich die Ringmuskelzellen in ihrer ganzen Erstreckung aufs innigste verkittet. Es vermittelt also zwischen der Ringmuskellage und dem Epithel eine lückenlose Zusammenfügung. Nach innen zu erhält das System eine Überkleidung durch ein zweites Häutchen Msm (Fig. 9), das in seiner Zellnatur dem äußeren Deckhäutchen Ekm vollständig gleicht. Dieses zweite Häutchen — das innere Deckhäutchen — legt sich nun der inneren Oberfläche des Ringmuskelsystems fest an, so fest, daß es in den rechteckigen Räumen, welche die Ringmuskelzellen im Verein mit ihren Anasto- mosen bilden, mit dem äußeren Deckhäutchen verklebt. Auf diese Weise wird das System mit dem Epithel zu einer in sich unverschieb- lichen Masse verbunden !. Die an der Basis von einer Ringmuskelzelle (mittelbar) berührten Epithelzellen erscheinen nun den übrigen in den Zwischenräumen zwischen den Ringmuskelringen gelegenen gegenüber manchmal außer- ordentlich stark verkürzt. Auf diese Weise entspricht jedem Muskel- ringe eine feine Ringfurche im Epithel: dieses weist feinste Ringel- chen auf. Diese Erscheinung beobachtete ich stets an Tieren, die mit heißer Sublimatlösung fixiert waren, aber auch nicht selten schon am lebenden Tiere. | Das oben gekennzeichnete Verhalten der beiden Häutchen tritt am klarsten im Rumpf hervor, während dasselbe im Kopf, vornehm- lich im Postbuccalabschnitt, schwieriger wahrzunehmen ist, da sich hier überall zwischen den Ringmuskeln die Radiärmuskeln des Darms am Integument ansetzen (Genaueres s. p. 679: Lageverhältnis des Längsmuskelsystems). Von der Längsmuskulatur — das Diagonalmuskelsystem kommt hier wegen seiner schwachen Entwicklung nicht in Betracht — ist die Ringmuskellage durch einen beträchtlichen Zwischenraum ge- trennt, wie schon VoısT (32, p. 115) hervorgehoben hat. Diesen nach außen von der Ring-, nach innen von der Längs- muskulatur begrenzten Raum nenne ich »Intermuskularraum«. Er ist mit einer Flüssigkeit erfüllt, welche eine Menge weitverzweigter Zellen, zweierlei Art, umspült. Die einen Zellen, in geringerer Zahl vorhanden, erinnern in ihrer Form an multipelare Ganglienzellen: von dem mächtig entwickelten Zellkörper gehen einzelne lange ! Unter diesen Umständen gleicht die äußere Form des Tieres stets der jeweiligen Gestalt des durch die Ringmuskelschicht dargestellten Zylinders. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 629 Fortsätze aus. Der Kern gleicht einem Muskelkern, er ist meist kugelig (Diameter —= 0,0065 — 0,0068 mm), mit großen Kernkörperchen (Dia- meter —= 0,0015 mm). Bei den andern Zellen ist der Zellkörper zu Strängen und Fäden aufgeschlitzt; die Kerne gleichen denen des äußeren Deekhäutchens Ekm, sie färben sich mit Kernfärbemitteln stets intensiv, sind rund, oval oder linsenförmig, manchmal sogar polygonal gestaltet (Diameter = 0,004 mm). Die Fortsätze aller dieser Zellen heften sich an den Wänden des Raumes oder den ihn durch- querenden Muskelzellen (s. u.) an. Dieser Intermuskularraum bildet in den Rumpfsegmenten 1—8 einschl. je zwei getrennte Kammern, eine srößere im großen, eine kleinere im kleinen Ringel. Sie gehen beide um den ganzen Umfang des Ringels herum; gegeneinander sind sie dadurch abgeschlossen, daß an den Segment- und Ringelgrenzen die Längsmuskulatur rings herum am Integument festgeheftet ist und mit der Ringmuskellage in Kontakt tritt, wie es in Fig. 12 auf einem Längs- schnitt durch einen großen Ringel dargestellt ist. Das Analsegment besitzt, indem es sich aus sechs Ringeln zusammensetzt (vgl. p. 616), ebensoviel Intermuskularkammern. Jedes Segment des Kopfes hat einen Intermuskularraum. Recht deutlich kommt ein solcher im Buccalsegmente zum Vorschein, in den beiden Postbuccalsesmenten aber wird er, wie schon oben bemerkt wurde, durch die Endabschnitte der Radiärmuskelzellen des Darmes ausgefüllt. Was endlich noch die Festheftung der Ringmuskelzellen einer- seits unter sich (d. h. zu einem Muskelringe), andrerseits am Epithel bezw. an den beiden Deckhäutchen betrifft, so geschieht diese wohl durch eine Art Kittsubstanz, über deren Natur ich auch nur so viel aussagen kann, daß sie mit Hilfe unsrer Isolations- oder Mazera- tionsflüssigkeiten in Lösung gebracht wird. Irgend welche Bildungen, welche zur Verankerung der Ringmuskelzellen am Epithel dienen könnten, habe ich nicht beobachtet. | II. Diagonalmuskelsystem. Über das Diagonalsystem von Dranchiobdella ist bislang wenig bekannt geworden. Der erste, der dies eigenartige System erwähnt, ist KEFERSTEIN (17, p. 513). Er macht aber nur folgende kurze Bemerkung: »Hin und wieder sieht man einzelne Muskelstreifen in diagonaler Richtung verlaufen.«e Nicht viel mehr berichtet VoıGr (32, p. 120) über das System; er schreibt: »Ein dicht über der Längsmuskulatur liegendes 630 Friedo Schmidt, System verläuft diagonal und setzt das Tier in stand, seinem Körper schraubenförmige Bewegungen zu geben.« Von den beiden Zeich- nungen, die er diesen Worten beifügt, veranschaulicht die eine (Taf. VII, Fig. 19) ganz deutlich das Lageverhältnis des Diagonal- systems zu den beiden andern Systemen des Hautmuskelschlauchs; die andre (Taf. VII, Fig. 18) aber, welche den Habitus des Systems zeigen soll, gibt doch nur eine schwache Vorstellung von demselben. 1. Anlage des Systems. Das Diagonalsystem ist nur über einen ganz beschränkten Teil des Wurmkörpers ausgedehnt. Im Kopf fehlt jegliche Art eines diagonal verlaufenden Muskel- zuges. Das System kommt also nur im Rumpf vor. Aber auch nicht alle Rumpfsegmente sind mit einem Diagonal- system ausgestaltet: die Segmente 1 und 2 entbehren eines solchen gänzlich. Durch die übrigen Rumpfsegmente zieht es sich, segsmental gesondert angelegt, kontinuierlich fort. Vollkommen gleich ist das System in den Segmenten 3—8S einschl. Kompliziertere Verhältnisse bietet das System des neunten, des Analsegments. a. Das System in’den Segmenten 3, 4, 5, 6, 7 und 8. Die Anlage des Systems läßt sich am besten an Flächenpräpa- raten von der Körperwand studieren. In Fig. 10 gebe ich ein solches Präparat, soweit es das in Rede stehende System betrifft, in schema- tischer Form wieder. Jenes wurde in der Weise angefertigt, daß bei drei zusammenhängenden Segmenten, die aus dem Verbande der Seg- mente 3—8 herausgeschnitten wurden, die Körperwand der Länge nach aufgespalten und nach Entfernung der Organe flächenhaft aus- gebreitet wurde. Ein solches Präparat führt also den ganzen Umfang der Segmente vor Augen. Der spaltende Längsschnitt wurde in vor- liegendem Falle ein wenig seitlich von der ventralen Mittellinie ge- führt, um die im Bereiche dieser auftretenden Komplikationen des Systems zu schonen. Die drei Segmente sind auf der Figur jedesmal durch eine ge- strichelte Linie, der große Ringel vom zugehörigen kleinen durch eine Strichpunktlinie abgegrenzt. Der Verlauf der Mittel- und Laterallinien ist durch Pfeile angedeutet. Das Vorderende des Tieres liegt nach oben zu. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 631 Das Diagonalsystem ist bilateralsymmetrisch angelegt. Es setzt sich aus einer ganz spärlichen Zahl von annähernd gleich langen Zellen zusammen, die, in großen Abständen voneinander zwischen der Ring- und der Längsmuskulatur liegend, jederseits an den Flanken “ des Tieres parallel ver- laufen und zwar vom Bauch schräg nach hinten zum Rücken hinauf, ein Verlauf, der zur Längsachse des Tieres in einer Neigung von 45° steht: Im Bereiche der beiden Mittellinien kommt es zwi- schen den Zellen der beiden Körperhälften zu mannisfachen, rechtwin- kelieen Überkreuzun- sen, die ein eigenartiges System von Rechtecken erzeugen. FF . Solche Rechtecke keh- Textfig. 10. ren nun von Segment zu Flächenhaft ausgebreitetes Stück der Körperwand von drei Segmenten (Segment 3, 4 und 5 des Rumpfes), mit deren Diagonalmuskelsystem. ' PP. Lu en A | L[£E + +2 ++ ++ IRRIP SS RRETEEFER RI - hut ++ ++—, ++ eier rer dr De + - +++ +++. Segment in ganz gleicher Weise wieder; sie kom- men in jedem Segmente durch das Zusammenwirken von jederseits zwei Zellen zu stande, Zeilen, die einander deutlich genähert sind. ı Die Bildung von Überkreuzungen ist überhaupt für das Diagonalsystem der Würmer typisch. Nachgewiesen ist dasselbe z. B. bei Hirudineen [von GRAF (10), SCHNEIDER (27)], Nemertinen [von BÜRGER (6)), Sipunculiden [von ANDREAR (l)]. Die einzige eingehendere Darstellung eines Diagonalsystems finde ich bei ANDREAR (1, p. 229) in dessen Beiträgen zur Anatomie und Histologie des Sipunculus nudus. Er schreibt über die Diagonalmuskelzellen: »Sie entspringen beiderseits dicht neben dem Nervenband von je einem der beiden begleitenden Längsmuskelstränge und verlaufen dann, sich kreuzend, unter dem Nervenbande hinweg zur entgegengesetzten Körperseite. Dabei sind sie unter einem Winkel von ungefähr 45° gegen die Körperachse geneigt und verlaufen von der Bauch- fläche beiderseits nach dem Rücken und nach vorn. In der Rückeniinie kreu- zen sie sich wieder und inserieren sich dann an die beiden dieht neben dieser Linie verlaufenden, benachbarten Längsmuskelstränge, in der Weise, daß jedes Diagonalmuskelband wieder auf derselben Körperseite endigt, auf welcher es 632 Friedo Schmidt, Das Diagonalsystem des einzelnen Segments besteht also jederseits aus zwei Zellen. Solche zwei Diagonalmuskelzellen will ich nun einer eingehen- den Betrachtung unterziehen; es seien die im Schema mit X und Y bezeichneten. Zunächst habe ich die Erstreekung und den Verlauf beider zu erörtern. Die beiden Zellen gehören bei ihrem Schrägverlauf zwei Seg- menten an. Die ventral von der Laterallinie liegenden Abschnitte beider nimmt das vordere Segment, die dorsalen das hintere auf. Die Zellen entspringen beide ventral an der vorderen Grenze des ersteren Segments, X ebensoweit dorsal von der Ventrallinie, wie Y ventral von der Laterallinie. Sie wenden sich, wie sie sich schräg nach hinten richten, der letzteren zu; sie erreichen dieselbe gleich weit von der vorderen bezw. hinteren Grenze des großen Ringels entfernt. Indem sie nun über die Ventrallinie hinwegtreten, befinden sie sich auf der andern Körperseite. Dieselbe Richtung bei- behaltend steigen sie nun schräg dorsalwärts nach hinten auf und durchlaufen so den übrigen Ventralteil des vorderen Segments, bis sie kurz nach bezw. kurz vor Kreuzung der Laterallinie in das hintere Segment eintreten. Hier, auf dem Rücken angelangt, begeben sie sich auch noch über die Dorsallinie hinweg, und zwar X etwa auf der Mitte des großen Ringels, Y auf der Ringelgrenze oder innerhalb des kleinen Ringels. Nachdem die beiden Zellen auf diese Weise auf derselben Körperseite angekommen sind, auf der ihr distales Ende liegt, endigen sie nach kurzem Weiterverlauf: X an der Ringel- grenze, ungefähr auf halbem Wege zwischen der Dorsal- und Lateral- linie, Y dagegen erst an der hinteren Grenze des Segments, unweit der Dorsallinie. Hinsichtlich des Verlaufs der beiden Zellen gilt also folgendes: Jede hat eine asymmetrische Erstreckung, indem sie beide entsprungen. In den beiden medianen Körperlinien verlaufen also zwei sich senk- recht kreuzende Diagonalmuskelschichten über einander.< Die Erstreckung der Zellen am Körperumfange ist bei Srpumculus nudus also dieselbe wie bei BDranchiobdella parasita, die Verlaufsriehtung der- selben ist aber eine gerade entgegengesetzte. 1 Genau genommen gehören die beiden mit X und Y bezeichneten Zellen zwei Segmenten an, denn der Kern von X liegt in einem andern Segmente als der von Y. Da aber die Diagonalmuskelzellen in ihrer Verteilung auf den Körper stets wie X und Y zusammengeordnet auftreten (s. p. 635), so mögen sie auch in dieser Zusammenstellung beschrieben werden. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 633 Körperhälften, aber in ungleichem Maße umfaßt; die größte Ausdehnung einer Diagonalzelle liegt auf der einen Körper- seite, auf der ihr Kern liegt; die Endabschnitte aber greifen auf die andre Körperseite über. Alle Zellen enden frei, d.h. ohne terminale Verbindung mit ihresgleichen. Es macht sich nun aber an diesen beiden Zellen, an denen sich so mancherlei Gemeinsames aufzeigen ließ, eine auffallende mor- phologische Differenz bemerkbar. Die Zelle X führt eine wohlentwickelte Spindelform vor. In der Mitte am dicksten, verjüngt sie sich nach den beiden Enden zu gleichmäßig. Die Zelle Y ist eme »Gabelzelle nn Textfig. 15. Die äußere Schicht des Hauptsystems von drei Segmenten (aus der Reihe Segment 2—$ einschl.) in Flächenansicht. «, 3, Y.....w, Zellen der Schicht. Zelle des nächsten Segments so, daß die verknüpften Zellenden in der durch die innere Schicht gebildeten Ebene nebeneinander liegen. Endlich noch eines: bei dieser Verbindung liegt das (hintere) Ende der vorderen Zelle dorsal von dem (vorderen) Ende der hinteren Zelle. Man möge sich das Gesagte im Hinblick auf die Fig. 14 klar machen. Ich wende mich nun dem Flächenbild der äußeren Schicht des Hauptsystem's zu (Fig. 15)1. 1 Zur Erklärung der Fig. 15 will ich hinzufügen, daß die Intersegmental- zellen (3, d, &, 8, u, o, T, zy und ®) auf der linken Seite der Zeichnung durch- schnitten sind, was ich durch eine radiäre Strichelung der Schnittflächen angedeutet habe. Die Segmentalzellen sind auf der rechten Seite durchschnitten. Dies gilt auch für Fig. 14. Die ventrale Muskulatur nimmt auf der Zeichnung einen viel breitere Raum ein, als die dorsale; dies kommt daher, daß ich die Zellen der ventralen Partie, die zum Teil übereinander liegen (vgl. Fig. 13) um sie zeichnen zu können, auseinandergeschoben habe. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 651 Die Sehicht wird durch die Laterallücke in einen dorsalen und einen ventralen Teil getrennt. Die Zellen stehen in großen Zwischen- räumen voneinander, jedesmal eine Zelle allein, nur an einigen Stellen zwei einander genähert. Die Zellen sind an Durchmesser ungleich; am stärksten sind die Zellen «, ?, und d, etwas schwächer sind ), v und x; die übrigen sind noch schwächer, aber ungefähr gleich. Von den 20 Zellen einer Segmenthälfte sind Elf Segmentalzellen («, y, Z, n, A, v, 5, z, 0, p und w), dorsal vier, ventral sieben. Neun Intersegmentalzellen (ß, d, &, 9, u, o,r, yund w), dorsal vier, ventral fünf. Es sind also auch in dieser Schicht wieder die Segmentalzellen in der Überzahl vertreten. Was nun das Lageverhältnis der beiden Zellarten im Umkreis des Segments anlangt, so liegen hier ganz ähnliche Verhältnisse vor, wie in der inneren Schicht. Es zeigt sich nämlich einerseits dorsal ein Alternieren der beiden Zellarten, andrerseits ventral einige Male eine Zusammenordnung von zwei Zellen gleicher Art. In betreff der übrigen Dinge komme ich, wie man schon über- schaut, zu denselben Schlüssen,- zu denen mich das Flächenbild der inneren Schicht gelangen ließ. So ist der Kern wieder überall auf der Mitte der Zelle ge- lagert oder ein wenig aus der Mitte verschoben. Es entstehen auf diese Weise in jedem Segment wieder zwei zirkulär ver- laufende Kernreihen, eine vorn, eine hinten im Segment. Die vordere wird von den Kernen der Intersegmental- zellen, die hintere von denen der Segmentalzellen hervor- gebracht. Die Form der Zellen ist wieder (abgestutzt) spindelig oder einem Stabe ähnlich. Die abgestutzten Enden sind durch Spitzchen aus- gezeichnet, welche in die entsprechenden Auszackungen der nächsten Zelle eingreifen. Diese Art der Zellverbindung — durch ein Sich- voreinanderlegen der Enden — scheint hier ausnahmslos zu herrschen. Wenn ich nun das über die beiden Schichten des Hauptsystems Ausgeführte noch einmal überblicke, so muß ich sagen, daß beide sich nur durch die Lage und durch die Stärke ihrer Zellen von- einander unterscheiden. Im Wesen gleichen sich beide Zell- schichten vollkommen: in jeder Schicht ergibt sich innerhalb eines jeden Segments eine hinten liegende Segmental- und eine vorn . liegende Intersegmentalzellen-Kernreihe. 652 Friedo Schmidt, Was endlich noch das Nebensystem betrifft, so habe ich zu dem schon oben über dieses Berichtete nur noch wenig hinzuzufügen. Die einzelnen Zellen des Systems sind, wie gesagt, alle doppel- spindlich gebaut. Die beiden zu einer Doppelspindelzelle sich zu- sammensetzenden Spindeln sind an Stärke und Länge gleich; sie liegen in der durch das System gebildeten Schicht nebeneinander. Wie man aus Fig. 16, die eine solche Doppelspindelzelle darstellt, ersieht, konvergieren die beiden nach einer Seite hin gerichteten Fortsätze zur Mitte der Zelle hin. Am Ende spaltet sich jeder der Textfig. 16. vier Fortsätze noch einmal. Die beiden Ästehen eines Fortsatzes liegen nun aber nicht wie die Spindeln in der Ebene der Zellschicht nebeneinander, sondern in der Richtung eines Körperradius hinter- einander. Bei diesen Nebensystemszellen stellt sich nun der Kern da ein, wo die beiden Spindeln durch Plasmamasse miteinander verbunden sind und das geschieht, ganz wie bei den Doppelspindelzellen des Ringmuskelsystems, auf der Mitte der Zelle. Das Nebensystem er- zeugt somit in jedem Segment eine ringförmige Kernreihe, in der Mitte des großen Ringels gelegen. Als letztes habe ich dann noch anzugeben, daß die Spindeln und deren Ästehen terminal spitz auslaufen. Sie endigen natürlich frei, ohne daß sich an die Enden eine entsprechende des nächsten Seg- ments ansetzt, denn das Nebensystem ist ja ein im großen Ringel isoliertes. Ein solches Längsmuskelsystem, wie ich es auf den voraufge- sangenen Seiten vorgeführt habe, besitzt also in völliger Übereinstim- mung jedes der sieben Rumpfsegmente 2, 3, 4, 5, 6, ” und 8. Die Stärke und Länge entsprechender Zellen variiert allerdings in diesen Segmenten. Über diese regionalen Differenzen ist folgendes mitzu- teilen. Im sechsten und siebenten Segment sind bei allen von mir unter- suchten Tieren sowohl die Zellen des Haupt- als die des Neben- systems schwächer als in den übrigen fünf Segmenten; in diesen sind die Zellen ungefähr an Stärke gleich!. ! Ich muß auch hier wieder bemerken, daß bei diesen Maßangaben der Kontraktionszustand der Zellen, weil unbestimmbar, außer acht gelassen ist. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 653 In bezug auf die Länge der Zellen sind ziemlich erhebliche Differenzen zu verzeichnen. Die längsten Zellen hat das fünfte Seg- ment. Von diesem ab nimmt die Zellenlänge allmählich kopf- und analwärts ab. Die Länge einer Zelle aus dem fünften steht zu einer entsprechenden im zweiten Segment etwa im Verhältnis von 1,9:1. Der Unterschied ist also ganz beträchtlich. P. Das System in Segment 9. Auch in dem innen und außen so weitgehend abgeänderten Anal- segment bewahrt das Längsmuskelsystem seine Einfachheit. Die Anlage des Systems ist nun aber von der in den Segmenten 2—8 verschieden, nämlich insofern, als in ihm ein Nebensystem in Wegfall gekommen ist: das Analsegment enthält also ein reines Hauptsystem. Dies Hauptsystem setzt sich wieder aus etwa 881Spindelzellen zusammen, die in einer inneren und einer äußeren Schicht gesondert liegen. Die Zellen der letzteren ruhen wieder in den Furchen der eng: geschlossenen, aus stärkeren Zellen bestehenden inneren Schicht. (Die ganze Anlage ist übrigens außerordentlich ähnlich der in Seg- ment 1 vorliegenden, wie sie unten [p. 694] besprochen und in Fig. 17 abgebildet ist.) Beide Schichten bilden die Fortsetzung der des achten Segments; die einzelnen Zellen beginnen also, je nachdem sie sich an eine Segmental- oder an eine Intersegmentalzelle des erwähnten Segments ansetzen, an der Grenze 8/9 oder an der Ringelgrenze von S und enden am Saugnapf, zu dessen Fläche sie einige Fortsätze aussenden. Der Längsmuskelzylinder selbst wird lateral durch eine Laterallücke, dorsal durch den im After ausmündenden Enddarm unterbrochen. Zu diesem Längsmuskelsystem gesellt sich (abgesehen von der in einem späteren Abschnitte zu behandelnden Dorsoventralmuskulatur) weiter zentral, aber nur auf der Bauchseite des Tieres, ein ganz eigenartiges System von Muskelzellen, ein »inneres Diagonal- muskelsystem«, wie ich es zum Unterschiede von dem zwischen Ring- und Längsmuskulatur ausgebreiteten eigentlichen Diagonal- system nennen will. Dies akzessorische Diagonalmuskelsystem überlagert die ventrale Partie des Hauptsystems auf der der Leibeshöhle zugewandten Fläche. Es bildet eine einfache, dicht geschlossene Schicht von Zellen, die, 1 Eine.genaue Zählung ist wegen der das Analsegment in den verschieden- sten Richtungen durchsetzenden Muskelzellen nicht möglich. 654 IFriedo Schmidt, nach Art der eigentlichen Diagonalmuskelzellen unter einer Neigung von 45° zur Längsachse des Tieres verlaufend, sich der Reihe nach mit den entsprechenden, symmetrisch gestellten Zellen der Gegenseite auf der ventralen Mittellinie überkreuzen. Diese Überkreuzungen beginnen gleich hinter der Grenze 8/9 und sind bis zur Grenze des fünften zum sechsten Ringel vorhanden. Die einzelnen Zellen (jeder- seits 8—10) gleichen in Stärke und Form denen der inneren Schicht des Hauptsystems; sie sind zwischen den letzteren mit ihren vorderen Enden an der Körperwand befestigt und zwar jedesmal auf der Höhe einer der Ringelgrenzen, während ihre hinteren Enden auf dem Saug- napfrande liegen. Endlich ist noch ein kleines Muskelsystem zu erwähnen, das ausschließlich im sechsten dem Saugnapfringel des Segments, zwischen dem Hauptlängs- und dem Ringmuskelsystem vorkommt. Es wird dar- gestellt von einer Menge einzeln stehender, kurzer, an beiden Enden aufgespaltener Zellen, die von der peripheren Fläche des Saugnapfes ringsherum zur Ringelgrenze 5/6 ausstrahlen. Das Analsegment enthält also außer dem längslaufen- den Hauptsystem ein Dorsoventral-, ein inneres Diagonal- und ein Radiär-Muskelsystem!. (Das eigentliche Diagonal- und das Ringmuskelsystem des Segments sind schon besprochen worden.) Die Zellen des.Hauptsystems haben dieselbe Stärke wie die von Segment 8. y. Das System in Segment 1. Es erinnert insofern an das des neunten Segments, als wieder das Nebensystem fehlt, so daß das Längsmuskelsystem in Gestalt eines reinen Hauptsystems vorliegt. Es verbindet das System des zweiten Rumpfsegments mit dem des hinteren Postbuccalsegments. Zur Demonstration der Verhältnisse möge ein dem ersten Seg- ment beliebig entnommener Querschnitt (Fig. 17) dienen. ! Ganz entsprechende vier differente Systeme hat Moore (21):im Saugnapf- segmente von Bdellodrilus üluminatus beobachtet. Er sagt p. 509: »The longi- tudinal (muscles) split up, by the branching of individual fibres, into a set which are the direet continuation ofthe body longitudinal fibres,a second set which pass dorsoventrally across the body cavity, a third which radiate to the margins of the dise, and, lastly, a highly branched set which have become slightly displaced at their posterior ends, right or left from their original longitudinal direction, and eonsequently pass with a slight spiral turn from the body walls to the periphery of the sucker, where they cross and interlace with their fellows having an opposite displacement. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 655 Wie die Figur auf den ersten Blick erkennen läßt, baut sich das System nach dem allgemeinen Grundschema auf. Ventral ist die Ähnlichkeit der Anlage mit der in Fig. 13 für die Segmente 2—8 segebenen fast bis zur Gleichheit ge- steigert. Im Umkreis des Segments stehen wieder die beiden typischen Schich- ten, die innere und die äußere, beide mit den bisher be- obachteten Kennzei- chen. Durch die Laterallicke wird eine dorsale Musku- latur von einer ven- tralen gesondert. in Die Zahl der Textfig. 17. in diesem Se g- Querschnitt durch die Mitte des großen Ringels des ersten Rumpfsegments. (Bezeichnung wie in Fig. 13.) mente vorhande- nen Zellen! beträgt wieder 88, dorsal und ventral je 44. Alle Zellen sind spindlig gebaut. Das System des ersten Segments besitzt also ebensoviel Zellen wie jedes der übrigen Rumpf- sesmente. Ich komme also zu folgendem Schluß: Innerhalb desLängsmuskelsystems aller Rumpfsegmente besteht eine Zahlengleichheit der Zellen. In Anbetracht dieser Tatsache kann ich das System des neunten und des ersten Segments etwa wie folst auffassen: jedes ist gleich- sam aus dem System eines der sieben mittleren Rumpfsegmente ent- standen und zwar in der Weise, daß die Zellen des Nebensystems zu Hauptsystemszellen geworden sind. Man kann sich z. B. die ventrale Muskulatur des ersten Segments aus der des zweiten dadurch entstanden denken, daß die doppelspindlige Nebensystemszelle y (siehe Fig. 15) zu einer spindeligen Hauptsystems- zelle (zu der Zelle * auf Fig. 17) geworden ist und als solche in der 1 Auch für diese Zellen gilt das, was ich über die der Segmente 2—8 auf p. 644 in der Fußnote bemerkt habe: Sie sind nicht immer im Querschnitt rund, sondern hin und wieder oval, ja sogar dreieckig (Zellen der äußeren Schicht). Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXYV. Bd. 44 656 Friedo Schmidt, inneren Schicht Platz genommen hat. In derselben Weise kann man sich die dorsale Muskulatur des in Rede stehenden Segments aus der der übrigen Segmente ableiten und aufzeigen, wie jede einzelne in eine Spindelzelle umgewandelte Doppelspindelzelle in die innere oder äußere Schicht des Hauptsystems eingerückt ist. In der inneren Schicht nehmen jederseits 21 Zellen Platz, dorsal 11, ventral 10; in der äußeren 23 Zellen, dorsal 11, ventral 12. Während also die innere Schicht dorsal ein wenig stärker ausgebildet ist, ver- hält sich die äußere gerade umgekehrt. Übrigens enthält die dorsale Muskulatur in beiden Schichten gleich viel Zellen. Würde ich nun in der bekannten Art und Weise die beiden Schichten in Flächenansicht vorführen, so würde sich herausstellen, daß für die Form, Erstreckung, Endigung und Verknüpfung der Zellen dasselbe gilt, was ich des längeren bezüglich der mittleren Rumpf- segmente auseinandergesetzt habe. Die Intersegmentalzellen reichen nach vorn eine kleine Strecke weit in den Kopf hinein. Die Kerne der Zellen liegen ungefähr auf der Mittel. Die unmittelbare Folge ist wieder die Bildung von je zwei Kernreihen in beiden Schichten; es ergibt sich je eine vorn im Segment liegende Intersegmental- zellenkernreihe und je eine hinten liegende Segmentalzellen- kernreihe. Ich muß hinzufügen, daß in diesem Segmente die Kern- reihen bei weitem’ nicht so klar und gesondert hervortreten wie in den Segmenten 2—8. An Stärke kommen die Zellen des ersten Segments denen des zweiten im allgemeinen gleich. Die Länge ist bei ersteren ein wenig um Y3—'/,) geringer. b. Die Anlage des Längsmuskelsystems im Kopf. Das System des Kopfes ist nichts andres als eine Fort- setzung des Rumpfes, insonderheit des ersten Segments. In den beiden Postbucealsegmenten ist das System un- sefähr gleich. Das Buecalsegment schließt, seiner morpho- logischen Eigenart gemäß, mit einem ganz singulären System ab. c«. Das System in den beiden Postbucealsegmenten. Es ist wie das des ersten Rumpfsegments durch das Fehlen eines Nebensystems gekennzeichnet. ! Die Zellen a, e und d (Fig. 17) verhalten sich wieder in bezug auf die Lage des Kerns absonderlich; sie gleichen hierin den gleichnamigen Zellen der Segmente 2—8 (vgl. p. 649). Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 657 Von dem des ersten Segments unterscheidet es sich dann aber hauptsächlich dadurch, daß seine Zellen alle Segmentalzellen sind: sie reichen in jedem Postbuccalsegmente von der vorderen bis zur hinteren Grenze. Hinteres Postbucealsegment: Die Anordnung der Zellen in diesem zeigt Fig. 18, das Bild eines der Mitte des Segments entnommenen Querschnitts. Vom Ösophagus gehen nach allen Seiten Radiärmuskeln zum Integument. Dorsal von jenem findet man das Vas dorsale, ven- tral die das Unter- schlundganglion mit dem Bauchmark ver- bindenden Konnek- tive. DerQuerschnitt selbst ist elliptisch, da der Postbuccal- abschnitt stets mehr oder weniger dorso- ventral zusammen- gedrückt ist. Im Umfange desSegments ste- hen 841 Spindel- zellen, die in einer inneren und einer äußeren Schicht gelagert sind; die innere mit stärkeren, annähernd gleich kräftigen Zellen, die mehr oder min- der eng nebeneinander liegen?; die äußere mit ganz schwachen Zellen, die zu denen der inneren Schicht wieder in dem schon öfter charakterisierten Lageverhältnis stehen. Einige Zellen der äußeren Schicht sind außerordentlich stark seitlich zusammengedrückt (in der Fig. 18 ist dies nicht zum Ausdruck gebracht), so daß dieselben zwischen den Zellen der inneren Schicht förmlich eingekeilt erscheinen. Von den 84 Zellen nimmt die innere Schicht jederseits 27, die äußere 15 Zellen auf. Die innere Schicht ist hier also bedeutend Ringmuskulatur. Epithel: & * Q EN © ER YA Y\ N m LICTHTT] EDBF@H was: Y y Textfig. 18. Querschnitt durch die Mitte des hinteren Postbuccalsegments. ı Es ist nicht unmöglich, daß ich jederseits noch ein bis zwei Zellen der äußeren Schicht übersehen habe, so daß im ganzen 88 Zellen vorhanden sein mögen. 2 Sie werden auseinander gezwängt durch die eine Anheftung suchenden Radiärmuskeln des Ösophagus. 44* 658 Friedo Schmidt, mächtiger entwickelt als im ersten Körpersegment, umgekehrt die äußere schwächer. Eine Zusammenordnung der Zellen zu Gruppen ist nicht zu verzeichnen; Laterallücken treten nicht auf. Die Kerne nehmen auf den Zellen der inneren Schicht eine Mittelstellung ein; bei denen der äußeren Schicht liegen die Kerne aber stets vor der Zellmitte. Da die Zellen nun alle segmental ge- stellt sind, so entsteht in jeder der beiden Schichten eine zirkulär verlaufende Kernreihe; die von den Zellen der äußeren Schicht gebildete liegt vor der der inneren Schicht. Vorderes Postbucealsegment: Es bietet fast vollkommen die gleichen Verhältnisse wie das hintere Segment. Ä Die Längsmuskellage setzt sich, wie man aus Fig. 19 ersieht, wieder aus 84! Zellen, die nach dem Spindeltypus gebaut sind, Texthie..19. Querschnitt durch die Mitte des vorderen Postbuccealsegments. zusammen. Von diesen gehören der inneren 26, deräußeren 16 an. Be- treffs der Lage der Kerne zur Länge der Zellen, sowie der Anordnung der Kerne in den Schichten, gilt das über das hintere Segment Gesagte. i Vielleicht habe ich auch hier wieder jederseits ein bis zwei Zellen der äußeren Schicht übersehen. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. e 659 Den Weg, den die vom Unterschlundganglion ausgehenden Lateral- nerven nehmen, ist durch Pfeile angedeutet. Die beiden mit einem Sternchen (*) ausgezeichneten, der Median- ebene ventral anliegenden Zellen der inneren Schicht rücken mit ihrem hinteren Abschnitt aus der letzteren heraus zum Zentrum des Tieres hin und treten in das Zentralnervensystem, dessen Hülle durch- brechend, ein, um in demselben eine Strecke weit nach hinten zu verlaufen, bis sie auf der Höhe der hinteren Grenze des Segments frei endigen. Diese Zellen dienen somit gleichsam zur Verankerung des Zentralnervensystems. Über die näheren Verhältnisse werde ich in einer späteren Arbeit berichten (vgl. p. 700). Die Zellen der beiden Postbuccalsegmente sind insgesamt schwächer als die des ersten Rumpfsegments. An Länge stehen sie den letzteren kaum nach. pP. Das System im Buccalsegment. Das Buccalsegment ist nur mit einer ganz geringen Zahl, noch dazu außerordentlich schwacher Längsmuskelzellen ausgestattet. Sie setzen sich zu einem höchst einfachen System zusammen, einem System, das sich mit den vorbesprochenen nicht vergleichen läßt. In Fig. 20 habe ich einen Querschnitt abgebildet, der durch das Buccalsegment nahe hinter der Mundspalte gelegt ist. Die kräftige Ringmusku- latur ist durch einen breiten schwarzen Ring wiedergege- ben, die Längsmuskelzellen in der bekannten Weise durch Kreise mit einer radıären Strichelung. Nicht eingezeichnet sind die vom Schlunde schräg nach vom zum Integument aus- strahlenden äußerst feinen Ra- diärmuskeln, die zum Teil den Raum zwischen Längsmusku- | latur und Schlund ausfüllen. Textfig. 20. BU as Sl a re stem besteht jederseits aus20Zellen (mit den Zahlen 1-2 bezeichnet), dieallenach demSpindel- typus gebaut sind. Von diesen 20 Zellen liegen dorsal 8, ventral 12. 660 Friedo Schmidt, Die Zellen 1—7, die an Stärke etwas differieren (5 und 6 stärker als 1 und 2), setzen sich mit ihren vorderen Enden an den äußersten Rand der Oberlippe an und ziehen sich, in erheblichen Ab- ständen voneinander an das dorsale Integument angelehnt, über die ganze Länge des Bucealsegments hinweg, bis sie an dessen Grenze gegen das erste Postbuccalsegment ihr Ende erreichen. Von diesen sieben Zellen sind 1 und 2, bezw. 3 und 4, bezw. 5 und 6 einander genähert; die beiden letzten sind von Drüsen umschlossen. Zelle 1 und 2 sind der Medianebene des Körpers oft so nahe, daß sie einerseits selbst miteinander verbunden sind, andrerseits sich Zelle 1 mit der entsprechenden der Gegenseite berührt. Etwas anders liegen die Verhältnisse auf der Ventralseite. Die der Medianebene anliegende Zelle 20 ist weit kräftiger als die Zellen 10—19. Mit der gleichen der Gegenseite in ihrer ganzen Länge ver- bunden, reicht sie nach vorn bis an den äußersten Rand der Unter- lippe, nach hinten bis an die Grenze gegen das erste Buccalsegment, wo sich an sie eine neue Längsmuskelzelle anschließt. Die Zellen 10—19, an Stärke ziemlich gleich, erstrecken sich nach hinten nicht ganz so weit; das vordere Ende dieser liegt auf gleicher Höhe mit dem der Zelle 20. Die Zellen 11—18 sind von drüsigen und binde- gewebigen Massen umhüllt. Was endlich die beiden auf der Höhe der Laterallinie stehenden Zellen S und 9 anlangt, so sind sie die kräftigsten des Systems. Sie sind nach vorn kürzer als die dorsalen Zellen, was man leicht verstehen kann, wenn man bedenkt, daß 8 und 9 gerade auf der Höhe des Mundwinkels am Integument ihren Anfang nehmen. Ihre hinteren Endpunkte liegen auf der Grenze zum vorderen Post- buccalsesmente. Die mittleren Abschnitte aller dieser Zellen sind entsprechend der Wölbung des Segments vom Integument abgehoben. Die Zellen des Buccalsegments sind im allgemeinen etwa halb so lang wie die eines Postbuccalsegments. Nach Berücksichtigung der auf p. 657 resp. 658 in der Fußnote 1 gemachten Bemerkungen läßt sich folgender Satz aufstellen: In allen Segmenten des Branchiobdella-Körpers, das Buccalsegment allein ausgenommen, besteht eine Zahlen- gleichheit der Längsmuskelzellen. Die Zahl der Zellen beträgt in jedem Segmente 88. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 661 2. Bau der Längsmuskelzellen. Der Bau der Längsmuskelzellen ist eingehend von E. RouDe (24) studiert worden. Ihm gebührt das Verdienst, nachgewiesen zu haben, daß jede Längsmuskelfaser bei Branchiobdella das Äquivalent einer Zelle ist. RoHupes Resultate sind kurz folgende: Die Zellen sind von einem Sarkolemm umgeben und bestehen aus einer fibrillären Rinden- und einer den Kern enthaltenden Mark- substanz. Sie sind zum Teil wie bei den eölomyaren Nematoden an der einen Seite offen und es quillt hier die Marksubstanz, begleitet vom Kerne, heraus, zum Teil sind sie wie bei den Hirudineen all- seitig geschlossen, ihr Kern liegt in der Achse. Die Öffnung der cölomyaren Zellform liegt nicht immer nach der Leibeshöhle zu, sondern oft auch gegen die Ringmuskulatur, manchmal sogar zur Seite hin. Die außerhalb der Rindensubstanz liegende Markmasse ist stets stärker und dunkler granuliert als die innerhalb derselben befindliche. Nach außen von diesen teils rings geschlossenen teils einseitig offenen Zellen trifft er in allen Körperregionen Jugendzu- stände von Muskelzellen. Auf tiefster Stufe befinden sich solche Zellen, die nur aus Marksubstanz bestehen und bei denen noch keine Ausscheidung von kontraktiler Substanz stattgefunden hat (es ist also der einfache »Myoblast«). Ein höheres Stadium ist der platymyare Zustand der Muskelzelle; er wird dargestellt durch Zellen, bei denen die Rindensubstanz plattenförmig der Bildungszelle anliegt. Als End- glieder der Reihe stellt RoHDE die cölomyare und die allseitig ge- schlossene Zelle hin. Auf Grund dieser Befunde glaubt Ronne, daß sich auch bei ausgewachsenen Tieren noch die Entwicklung von Muskelzellen aus dem einfachen, myoblastischen d. h. fibrillenlosen Zustande durch den platymyaren zum cölomyaren und allseitig ge- schlossenen vollziehe, ein Satz, den er mehr als einmal in seiner Arbeit ausspricht. Die vordere Gegend des Ösophagus und die hintere Partie des neunten Segments zeigen, so berichtet ROHDE weiter, in bezug auf das histologische Verhalten der dort befindlichen Längsmuskelzellen ein gleiches: letztere bestehen nur aus Rindensubstanz. In der hinteren Ösophagusgegend und in der vorderen Partie des neunten Segments tritt in den Längsmuskelzellen wenig Mark auf. Noch weiter hinten resp. vorn, d. h. in den Körpersegmenten 1—8 nimmt die Marksubstanz gegenüber der Rindensubstanz mächtigen Anteil am Aufbau der Zellen. 662 Friedo Schmidt, In der mittleren Körpergegend überwiegen die allseitig geschlossenen Zellen mit zentralem Kern in der stark ausgebildeten Marksubstanz. Die Längsmuskelzellen zeichnen sich durch eine spiralig ver- laufende Längsstreifung aus. Was nun meine histologischen Untersuchungen an den Längs- zellen von Dranchiobdella parasıta anlangt, so bin ich doch in manchen Punkten zu ganz andern Resultaten gekommen. Wie ich hernach noch im einzelnen hervorheben werde, sind RonpE bei seinen Untersuchungen eine Reihe von Irrtümern untergelaufen; einesteils rühren diese daher, daß ihm die Anlage des Längsmuskel- systems gänzlich unbekannt war, andernteils daher, daß er seine Studien etwas einseitig anstellte, indem er nämlich ausschließlich in Alkohol fixierte Tiere untersuchte. Alkohol bewirkt bekannt- lich bei Muskelzellen einen sehr prägnanten Zerfall der kontraktilen Rinde in Fibrillenplatten und hat deswegen besonders für histologische Zwecke seine Vorteile; auf der andern Seite aber auch seine Nach- teile, indem es in der Rinde befindliche enge Spalten nur selten deutlich hervortreten läßt. Außerdem scheint Ronpe als Tinktions- mittel ausschließlich Pikrokarmin (siehe 24, p. 201) verwendet zu haben. Auch darin liegt ein Fehler, denn über die histologischen Einzelheiten einer Muskelzelle erhält man erst Klarheit nach Ver- suchen mit verschfedenen Färbemitteln. Meine ersten Untersuchungen machte ich an Material, das mit heißer Sublimatlösung, 3%/,iger Salpetersäure, Pikrinsalpetersäure oder HErmAnNscher Flüssigkeit fixiert war, alles Flüssigkeiten, durch welche kein fibrillärer Zerfall der Rinde herbeigeführt wird, sondern dieselbe ein fast ganz homogenes Aussehen (s. Taf. XXXIX, Fig. 2—7) erhält. Durch ein Studium des auf diese Weise fixierten Materials wurde ich auf ein eigentümliches, die kontraktile Rinde in radiärer Richtung zerklüftendes System von Spalten aufmerksam, in welche die zentrale Markmasse hineinstrahblt. An Präparaten, die mit Fixie- rungsflüssigkeiten wie Alkohol, kalter Sublimatlösung, Chromessigsäure oder Formol behandelt waren, die den fibrillären Zerfall der Rinde (s. Taf. XXXIX, Fig. 1, 9 und 10) verursachen, fand ich ganz dasselbe Spaltensystem, aber erst nach Anwendung verschiedenster Färbemittel. Ich gehe im folgenden der Reihe nach die von den Längsmuskel- zellen gebildeten Systeme und Schichten durch. Zellen des Hauptsystems. Jede Hauptsystemszelle hat, wie oben dargetan wurde, mehr oder weniger die Form einer an den Enden abgestutzten Spindel, eine Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 663 Form, die wieder ausschließlich durch die kontraktile Substanz be- dingt wird. Diese stellt eine überall gleich diekwandige Röhre dar, deren Binnenraum vom Plasma ausgefüllt wird. Da sich die Zelle nun von der Mitte ab nach den Enden zu verjüngt, die Rindensub- stanz aber in allen Teilen der Zelle die gleiche Dicke behält, so nimmt die Menge des im Innern gelagerten Plasmas nach den Enden zu mehr und mehr ab. Die äußersten Enden der Zelle sind also solide; auf der Mitte der Zelllänge, in der Umgebung des Kerns ist das Plasma am reichlichsten vorhanden. Allseitig geschlossene Zellen, wie wir sie bei den Hirudineen kennen, fehlen im Hauptsystem von DBran- chiobdella parasita. Alle Zellen besitzen Längspalten in der Rinde und zwar entweder einen oder zwei, in einzelnen Fällen drei bis vier. Diese Längsspalten sind nun aber im Umfange der Zelle nicht etwa sozusagen willkürlich angebracht, vielmehr besteht in dieser Hinsicht ein leicht zu durchschauendes Prinzip, wie ich es ähnlich schon auf p. 626 (Ringmuskulatur) ausgesprochen habe: Die Spalten finden sich im Umfange des kontraktilen Mantels stets nur an den Stellen, wo die Zelle frei ist von Berührung von seiten ihresgleichen oder andrer schwer verschieb- licher Gewebsteile Mit andern Worten, ein Spalt ist nach der Seite hin gerichtet, nach der das Plasma ungehindert austreten kann!. Die Zahl der Spalten ist für jede einzelne Zelle nor- miert und bei Zellen gleicher Lagerung gleich. Die in dieser Beziehung allgemein geltenden Regeln möge man sich im Hinblick auf das Querschnittbild Fig. 17 klar machen. ! Dieser von mir hier aufgestellte Satz gilt ganz allgemein für die Musku- latur aller der Würmer, deren Zellen nach dem nematoiden Typus gebaut sind. Das beweisen die verstreuten Angaben, noch mehr aber die diesen beigefügten Abbildungen in einer ganzen Reihe von Arbeiten der verschiedensten Autoren von denen ich hier nur folgende genannt haben will: Chätopoden. Hesse (15), Taf. I, Fig. 17 u. 20 (Friedericia Ratzelüi). RoHDE (24), Taf. XXIV, Fig. 11.A (Lumbriculus) usw. Echinorhynehen. Hamann (12), Taf. IX, Fig. 3 (Echinork. haeruca). KAISER (16), Taf. I, Fig. 22. 23. BORGSTRÖM (d,, Taf. I, Fig. 5 (Echinorh. porrigens); Taf. II, Fig. 11 (Behinorh. turbinella). Nematoden. SCHNEIDER (28), ROHDE (24), p. 173, und andre. 664 Friedo Schmidt. Wird eine Zelle in ihrem halben Umfange berührt! (siehe die meisten Zellen der äußeren Schicht), so besitzt sie einen Spalt. Steht sie aber an zwei einander gegenüberliegenden Punkten ihres Um- fanges im Kontakt mit andern (siehe fast alle Zellen der inneren Schicht), so hat sie zwei Spalten, die sich, einander diametral gegen- überliegend, an den beiden entgegengesetzten Punkten des Umfangs einstellen. Lehnt sich eine Zelle aber nur an einem Punkte ihres Umfangs an eine andre (siehe die an den Laterallücken stehenden Zellen © und %, desgleichen die Zelle d der innern Schicht), so weist sie drei oder vier Spalten auf?. Die | Zellen der inneren Sehicht haben also in der Regel zwei Spalten; der eine ist der Leibeshöhle, der andre der Peripherie des Körpers zugewendet. Ersteren nenne ich den zentralgerichteten, letzteren denperipher gerichteten Spalt. Die Weite, meist auch die Länge der Spalten, ist bei den Zellen eine ganz verschiedene. Nach Rekonstruktion von Querschnittbildern kann ich aber im allgemeinen drei durch differentes Verhalten ihrer Spalten ausgezeichnete Zellarten unterscheiden. 1) Bei den einen Zellen ist der zentral gerichtete Spalt, fast über die ganze Länge der Zelle hinwegsetzend, weit geöffnet und zwar vornehmlich auf der halben Länge der Zelle. Er wird vom Plasma ausgefüllt, oder dieses tritt sogar, begleitet vom Kern, durch ihn heraus und bildet außen einen Wulst. Dem gegenüber ist der peripher gerichtete Spalt kurz und eng. 2) Bei andern Zellen liegen die Dinge gerade umgekehrt: der peripher gerichtete Spalt ist lang und weit klaffend, am weitesten auf der Mitte der Zelllänge, während der zentral gerichtete eng ist. Der Kern wird entweder in der Zelle oder außerhalb derselben angetroffen, stets da, wo die Hauptmenge des Plasmas gelegen ist. ! Auf Fig. 13 ist die Lage der Zellen der äußeren Schicht zu denen der inne- ren schematisch angegeben. Wie ich schon auf p. 644 u. 655, Fußnote 1 bemerkte sind in Wirklichkeit die Zellen der äußeren Schicht meist im Querschnitt drei- eckig, indem sie die Furchen zwischen je zwei Zellen der inneren Schicht aus- füllen. Es werden demnach die Zellen der äußeren Schicht tatsächlich in ihrem halben Umfange von denen der inneren berührt (vgl. Taf. XXXIX, Fig. 11). 2 Diese Regeln passen für alle Muskelzellen des Branchiobdella-Körpers. Ich kann in dieser Hinsicht den obigen Regeln noch eine hinzufügen. Ist eine Muskelzelle allseitig frei von Berührung durch unverschiebliche Gewebsteile, so ist die kontraktile Rinde durch vier, ja fünf Längsspalten zerklüftet. Ein sol- ches Verhalten zeigen die Radiärmuskelzellen des Osophagus (siehe p. 697), was schon WEISMANN (34, p. 90) festgestellt hat. Die Muskulatur von Branehiobdella parasita. 665 3) Bei wieder andern Zellen sind beide Spalten gleich weit seöffnet; sie sind eng und kurz. Der Kern liegt im Markraum der Zelle. Diese drei Zellarten unterscheide ich nach Untersuchung sowohl von Präparaten, die mit heißer! Sublimatlösung, 3 %/siger Salpeter- säure usw. fixiert sind, als auch von solchen, die mit kalter Su- blimatlösung, Chromessigsäure oder Alkohol behandelt sind. Beide Untersuchungsmethoden liefern also die gleichen Resultate. Da sich nun aber, wie ich an vier (auf verschiedene Weise fixierten!) Tieren in gleicher Weise feststellte in bezug auf das Ver- halten der beiden Spalten vielfach die beiden korrespondierenden Zellen eines und desselben Segments (noch mehr aber die korre- spondierenden Zellen in verschiedenen Segmenten) ungleich erwiesen — es klafft z. B. auf der einen Körperhälfte (resp. in dem einen Segmente) der zentral gerichtete, auf der andern Körperhälfte (resp. in einem andern Segmente) der peripher gerichtete Spalt — so steht fest, daß die oben auseinander gehaltenen drei Zellbilder nicht an sich verschiedene Zellarten, sondern nur verschiedene Zustände von sonst gleichen Zellen darstellen. Daß diese ver- schiedenen Zustände direkt oder indirekt durch Kontraktionsvorgänge hervorgerufen werden, beweist folgender Befund: Alle konservierten Tiere sind mehr oder weniger ventralkonkav eingekrümmt und zwar in den mittleren Rumpfsegmenten (3, 4, 5, 6, 7 und 8) stärker als in den übrigen. Es ist also in diesen mittleren Segmenten die ventrale Muskulatur stärker kontrahiert als die dorsale. Nun zeigen in diesen Sesmenten alle ventralen Zellen (der inneren Schicht) das Bild 1: es klafft der zentral gerichtete Spalt. Die dorsalen Zellen dagegen zeigen Bild 2: es klafft der peripher gerichtete Spalt2. In den beiden Postbucealsegmenten und den Rumpfsegmenten 1, 2, 8 und 9 aber, die keine oder nur eine ganz geringe Einkrümmung aufweisen, verhalten sich die dorsalen und ventralen Zellen der Schicht gleich: es klafft der zentral gerichtete. Dies verschiedene Verhalten der dorsalen und ventralen Zellen in den gekrümmten Segmenten läßt sich leicht mechanisch erklären: In dem Augenblicke, wo das Tier aus der gestreckten Form in eine ventral eingekrümmte übergeht, entsteht, sanz wie beim Biegen eines ! Durch die heiße Sublimatlösung wird die Rindensubstanz zum Gerinnen gebracht. _ 2 Es kommen vereinzelte Ausnahmen vor; sie zeigen zumeist das Bild 3: beide Spalten sind eng und gleich weit. 666 Friedo Schmidt, Stabes, ein Druck innerhalb der Masse in der Richtung vom Zentrum der Krümmung weg, im vorliegenden Falle also in der Richtung vom Bauch zum Rücken. Diesem Drucke gibt das leicht verschiebliche Plasma der Muskelzellen nach, die ventralen Zellen lassen es zur Leibeshöhle hin, die dorsalen zur Peripherie hin austreten. Eine vollständige Entscheidung betreffs dieser Frage ließe sich herbeiführen, wenn man Individuen untersuchte, bei denen die dorsale Muskulatur stärker kontrahiert wäre als die ventrale, oder solche, wo sich beide in einem gleichen Kontraktionszustande befänden. Diese so nahe liegenden Versuche schlugen jedoch leider fehl, indem einer- seits es mir unmöglich war, Tiere in dorsalkonkavem Zustande zu fixieren, andrerseits das gewaltsame Strecken der Tiere eine Zer- reißung der Muskelzellen im Gefolge hatte. Im übrigen würden, wenn sich solche Präparate unter Vermeidung solch grober Schädi- gungen herstellen ließen, meines Erachtens Resultate, die an Tieren sewonnen sind, die gewaltsam in einen gewissen Zustand gebracht sind, einen Anspruch auf Unanfechtbarkeit nicht haben können. Die an den Laterallücken stehenden Zellen © und k, desgleichen die Zelle d, besitzen, indem sie ihre Nachbarn nur an einem Punkte ihres Umfanges berühren, drei oder vier Spalten: es treten nämlich neben dem peripher- und zentral gerichteten noch ein oder zwei ganz enge seitliche auf. Besonders bei den erstgenannten Zellen ist häufig der zentral gerichtete Spalt so verschoben, daß er nach der Seite und zwar nach der Laterallücke hin liegt. Was nun die Resultate von RHODE betrifft, so liegt es nach dessen Angaben und Figuren ganz außer Frage, daß die Jugend- zustände von Muskelzellen, von denen er spricht, nichts andres sind als die Zellen der äußeren Schicht des Hauptsystems; die innere Schicht beschreibt er dann als aus teils allseitig geschlossenen teils einseitig offenen Zellen bestehend. Zu dieser letzteren Ansicht wurde RHope sicherlich dadurch ver- anlabt, daß er auf seinen Alkoholpräparaten die engeren Spalten bei allen Zellen übersah. »Allseitig geschlossene« Zellen sind eben diejenigen Zellzustände, bei denen beide Spalten eng und kurz E sind (Zustand 3), »einseitig offene« die unter 1 und 2 beschrie- benen. Ferner bezeichnet RHODE die Zellen des vorderen Postbuccal- segments und des hinteren Teils des neunten Segments als vollständig solide aus kontraktiler Substanz bestehend. Diese Behauptung trifft nicht zu. Allerdings ist bei diesen Zellen meist das Plasma in ganz Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 667 spärlicher Menge vorhanden, aber ein Fehlen desselben kommt nie vor!. RHODES sonstigen Angaben bezüglich des quantitativen Verhält- nisses der Rinden- zur Marksubstanz bei den Zellen der verschiedenen Körperabschnitte kann ich bestätigen. Die Zellen der äußeren Schicht des Hauptsystems besitzen, wie ich oben darlegste, einen Spalt, da sie in ihrem halben Umfange von ihresgleichen berührt werden. Dieser Spalt ist, wie man es gemäß der Lagerung der Zellen zu ihren Nachbarn erwartet, ein peripher gerichteter. Nur bei einigen Zellen, den größeren der Schicht, nämlich «, ß, d und A (Fig. 13), findet man zwei Spalten; bei diesen Zellen gesellt sich zu dem peri- pher gerichteten Spalt noch ein zentral gerichteter. Der letztere aber, dies muß im Gegensatz zu den Zellen der inneren Schicht besonders betont werden, ist und bleibt unter allen Umständen ganz eng; der peripher gerichtete dagegen, fast von Pol zu Pol der Zelle reichend, ist bei allen Zellen auf der Höhe des Kerns weit geöffnet, während sich nach den Enden zu seine Ränder fast berühren. Bei einer ganzen Reihe von Zellen, z.B. u, 5, z, o, op (Fig. 15), sind manchmal auf der Mitte der Zelle die Ränder des (peripher gerichteten) Spalts so weit von einander entfernt, daß die kontraktile Substanz an dieser Stelle keine Röhre oder Halbröhre mehr bildet, sondern vollkommen flach ausgebreitet erscheint. Der Kern ruht stets da, wo die Öffnung der Zelle am größten ist; er liegt das eine Mal im Zellbinnenraume, das andre Mal außer- halb desselben. Wenn RoHDE unter den Zellen der äußeren Schicht (die er, wie ich oben gesagt habe, sämtlich für Jugendzustände hält) einige als »platymyare« bezeichnet, als Zellen, bei welchen die kontraktile Rinde nur in Form einer schmalen Platte ausgeschieden sei, so hat er zwei- fellos in diesem Falle Zellen wie u, 5, z, o und @ vor Augen ge- habt. Diese Zellen aber gleichen in Wirklichkeit seinen »cölomyaren« vollkommen: bei letzteren umgreift auf der Höhe des Kerns der kon- traktile Teil fast den ganzen Umfang der Markmasse, wie er es auch im übrigen Teile der Zelle tut; bei den vermeintlich »platymyaren« Zellen erscheint die Rindensubstanz nur auf der Höhe des Kerns auf 1 Ein Querschnitt durch eine Zelle aus der inneren Schicht des Haupt- systems des vorderen Postbuccalsegments ist in Fig. 7. Taf. XXXIX abge- bildet. 668 Friedo Schmidt, eine ganz kurze Strecke als Platte. Das also, was bei den Zellen u, &, ze, 0 und p im Verhalten der Rindenmasse in Wirklichkeit nur auf der Höhe des Kerns in Erscheinung tritt, stellt RoHDE für die ganze Länge der Zelle bestehend hin: er hat nach einem Querschnitt- bilde auf den Charakter der ganzen Zelle geschlossen. Was endlich die von RoHDE beobachtete Zellart anlangt, die ausschließlich aus Marksubstanz bestehen soll, so muß ich hier kon- statieren, daß eine solche Art weder bei ausgewachsenen noch auch bei Jüngeren Tieren existiert. Es sind mir auch nie Muskelzellen zu Gesicht gekommen, die zu einer Deutung, wie ROHDE sie giebt, ver- führen könnten. Oder sollte RouDeE eine der zerstreut zwischen Haupt- und Nebensystem auftretenden Bindegewebszellen oder gar ein Stück des das Hauptsystem rings umfassenden Lateralnerven für den Ur- zustand einer Muskelzelle gehalten haben? Dies wäre die einzige Möglichkeit, zumal da sowohl die Bindegewebszellen als auch die Lateralnerven Kerne! besitzen, die denen von Muskelzellen sehr ähn- lich sind (vgl. p. 629). Daß die von ihm gesehenen Zellen sicher keine Muskelzelle ist, geht auch aus seiner Fig. 2, Taf. XXIV hervor; er zeichnet dort die mit dem Buchstaben d belegte fibrillenlose Zelle außen von dem Blatte xg, welches die äußere Oberfläche des Haupt- systems überzieht (vgl. meine Auseinandersetzungen auf p. 679). Wäre übrigens der von ROHDE bezüglich der ontogenetischen Entwicklung von Branchiobdella parasita aufgestellte Satz richtig, nämlich, daß noch bei erwachsenen Tieren sich Myoblasten durch Ausscheidung von Rindenmasse weiter entwickelten, so müßten ältere Tiere mehr Längszellen besitzen, vorausgesetzt, daß nicht immer wieder andre Zellen zerfielen und verschwänden. Alles dies ist aber keines- wegs der Fall; die Zahl der Zellen ist bei alten wie bei jüngeren Tieren stets gleich und gleichbleibend. Wie die Dinge auf früheren Entwicklungsstufen des Tieres Hegen, vermag ich nicht zu sagen. Zellen des Nebensystems. Sie gleichen den Doppelspindelzellen des Ringmuskelsystems. Jede Spindel hat einen weitklaffenden Längsspalt; der der einen ist dem der anderen genau entgegengerichtet. Die zwischen dem axialen Plasma beider Spindeln die Verbindung herstellende Brücke gleicher Substanz ist eine breite, indem sie sich auf eine verhältnis- ! Die Lateralnerven entwickeln bei ihrem Ringverlauf um das Hauptlängs- muskelsystem Anschwellungsen, die eine Anzahl verschiedenartiger Kerne ent- halten. Diese Gebilde sind wohl sekundäre Ganglienknoten. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 669 mäßig lange Strecke zwischen den beiden Spindeln hinzieht. Häufig treten noch sonst im Umfange der Rinde kleinere, rißartige Spalten auf; Plasma dringt durch diese nieht nach außen. Der Kern findet sich entweder in dem außen liegenden Plasma- teile oder, aber weniger häufig, im Binnenraume einer der beiden Spindeln. Zwischen benachbarten Zellen bestehen in allen Längssystemen feine quere Verbindungsbrücken. Das Hauptergebnis dieser meiner histologischen Unter- suchungen ist also erstens, im Gegensatz zu den Resul- taten E. Ronupes (21), daß sämtliche Längsmuskelzellen nach der nematoiden Grundform gebaut sind, zweitens, daß alle Zellen der Körpermuskulatur sich in dieser Weise histo- logisch vollkommen gleich verhalten. Es erübrigt nun noch, die einzelnen Bestandteile einer Längs- muskelzelle einer speziellen Untersuchung zu unterziehen. Alles, was ich nun aber im Folgenden über die feine Histologie der Längsmuskelzellen vorbringen werde, gilt auch für die Zellen der übrigen Systeme. Feine Histologie der Längsmuskelzellen. Die Muskelzelle von Branchiobdella parasita setzt sich aus dem Myoblasten und der von diesem peripher ausgeschiedenen kontraktilen Substanz zusammen. Der Myoblast besteht aus dem Protoplasma und einem Kern. Das Protoplasma oder die Marksubstanz enthält en Hyalo- plasma (Hy) und ein Spongioplasma (Sp). Das Hyaloplasma, eine vollständig homogene Flüssigkeit, zeigt sich gegen Färbemittel, sowohl Plasma- wie Kernfärbemittel, absolut unempfindlich. Das Spongioplasma ist körnig fibrillär; Fibrillen, die mit kleineren und srößeren, stark glänzenden Tröpfchen besetzt sind, stellen ein zier- liches Maschenwerk zusammen. Dieses Spongioplasma ist nun aber nicht gleichmäßig auf das Hyaloplasma verteilt, sondern es bildet netzartige Schichten, die quer zur Längsachse der Zelle durch den Binnenraum derselben ausgespannt sind. Von dieser Schichtung des Plasmas überzeugt man sich an Längsschnitten durch Muskelzellen (Taf. XXXIX, Fig. 1). Man sieht dort die durchschnittenen Schichten des Spongioplasmas den Markraum der Zelle in der Quere durchsetzen. 670 Friedo Schmidt, An den Enden der Zelle sind diese Netze mit ihren Fibrillen zart und fein und stehen in weiten Abständen voneinander; nach der Mitte der Zelllänge hin werden die Netze aber stärker, während der Abstand zugleich immer geringer wird, bis schließlich in der Nähe des Zellkerns %k die Netze einander berühren. Die so von den beiden Enden der Zelle zur Mitte hin immer stärker werdenden und dichter stehenden spongioplasmatischen Netze lassen nun aber, wie dies alles Fig. 1, Taf. XXXIX zeigt, einen nicht unbeträchtlichen Raum in der unmittelbaren Umgebung des Kerns frei, so daß dieser von einem Hof von Hyaloplasma umschlossen ist. Ganz einzelne feine Fädchen reichen von den spongioplasmatischen Netzen zum Kern hin. Das einzelne Netz erscheint an der inneren Oberfläche der kontraktilen Substanz mittels äußerst feiner Fädchen befestigt. Diese in den Randpartien des Netzes noch feinen Fädehen werden zur Mitte des- selben hin stärker und sind durch zahlreichere und größere Tröpf- chen ausgezeichnet. Diese hängen in oder an den Fäden. Von einem Netze zum andern führen gelegentlich feine Verbindungsfäden hin- über. Das Spongioplasma tingiert sich stark mit Hämatoxylin, Safra- nin, Bismarekbraun, Boraxkarmin, Eosin. ROHDE (24) sagt p. 173 ganz richtig, die außerhalb der kontraktilen Substanz liegende Mark- masse sei stets stärker und dunkler granuliert, als die innerhalb der- selben befindliche; es liegt dies eben nur daran, daß in den aus den Spalten der Rinde hervortretenden Markbeuteln stets die Hauptmenge des leicht färbbaren Spongioplasmas angehäuft ist, während inner- halb der kontraktilen Hülle zum größten Teile das gegen Farbstoffe unempfindliche Hyaloplasma zurückgeblieben ist. Was den Kern betrifft, so wechselt seine Form entsprechend den räumlichen Verhältnissen des Zellinneren und seinem Lageverhält- nis zur kontraktilen Rinde. Ruht er nämlich in einem Zellbinnen- raume, dessen Querdurchmesser mindestens das Doppelte seines eignen beträgt, oder in einem entsprechend geräumigen Plasmawulste außer- halb der kontraktilen Hülle, so ist seine Form kugelrund bis eiförmig. Findet er sich hingegen in einem Markraum, der nur wenig Platz für ihn bietet, oder gar in einem schmalen Spaltraume der Rinde, so hat sich seine Form den Verhältnissen angepasst, er ist spindelförmig, ja nicht selten sogar linsenförmig abgeplattet. Lage sowie Form des Kerns sind also gewissen Änderungen unterworfen, die mit dem Kon- traktionszustande der Zelle direkt oder indirekt zusammenhängen. Der Bau des Kerns ist bei allen Zellen gleieh. Die Kernhaut, die Kernfarbstoffe leicht aufnimmt, ist zart, nach innen und außen Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 671 glatt. Sie umhüllt neben mehr oder weniger großen, runden und eckigen Brocken den stets in der Einzahl vorhandenen großen Nucleo- lus, der das Licht sehr stark bricht. Sein Durchmesser beträgt 1/,-——1/; des Kerns. Alle diese Kernkörperchen, die sich mit Kern- färbemitteln stark imprägnieren, sind in dem homogenen Kernsaft ein- gebettet, der sich beispielsweise mit Hämatoxylin, Eosin, Safranin, Boraxkarmin färbt. Die kontraktile Substanz zeigt, wie ich schon des öftern erwähnte, je nach der angewendeten Fixierungsflüssigkeit ein ver- schiedenes Verhalten. Während nach Behandlung mit Alkohol, For- mol, kalter Sublimatlösung oder Chromessigsäure die fibrilläre Zu- sammensetzung der Rinde zum Vorschein kommt, erhält dieselbe nach einer Fixation mit heißer Sublimatlösung, 3°/,iger Salpetersäure, Pikrinsalpetersäure oder HErMANNscher Flüssigkeit bei nachfolgender Färbung mit Hämatoxylin ein fast homogenes Aussehen; sie ist durch eine gelbliche Färbung mit einem Strich ins Bläuliche und Gräuliche ausgezeichnet; auf Querschnitten ist nur gelegentlich eine radiäre Strichelung oder Körnelung sichtbar und auf Längsschnitten ist eine undeutliche Längsstreifung zu bemerken. Zum Studium der Struktur der kontraktilen Substanz sind die auf die letztere Weise behandel- ten Präparate wenig geeignet, dagegen geben sie im reichsten Maße Aufschluß über die Beziehungen der kontraktilen Substanz zur Mark- substanz, wie ich im folgenden darlegen werde. Bei jeder Zelle wird die Hülle kontraktiler Substanz durch radiär- sestellte Spalträume unterbrochen, in die das zentral gelegene Plasma des Myoblasten sich fortsetzt. Diese Spalten dringen nun meist bis an die äußere Oberfläche der Rinde, manchmal aber finden sie schon innerhalb derselben ihr Ende. Die durchgehenden Spalten sind auf den, Zellquerschnitte darstellenden, Figg. 2—10 der Taf. XXXIX mit w, e, und e, bezeichnet; sie sind bei den Längsmuskelzellen in verschie- denen Weiten vorhanden, es treten alle Zwischenstadien von weit- geöffneten Spalten bis zu den engsten, rißartigen auf. Ist ein Spalt weit, geräumig, so daß man von einem Klaffen der Rinde sprechen kann (Taf. XXXIX, Fig. 2), so sind die den Spalt begrenzenden Partien der Rinde, wie man sich an Zellquerschnitten überzeugen kann, scharf von der Marksubstanz abgesetzt; meist sind auch die Ränder ver- dünnt (vgl. Ringmuskelzellen p. 624 und Textfig. 7), häufig auch ein wenig nach innen eingeschlagen. Bei solchen Zellen ist der weit- klaffende Spalt in seiner ganzen Länge und Breite mit Protoplasma des Myoblasten ausgefüllt. | Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bad. 45 672 Friedo Schmidt, Unter den rißartigen Spalten zeigen die einen (Taf. XXXIX,Figg. 2, 4--9, Spalt e,) eine scharfe Abgrenzung der Rindensubstanz gegen die im Spalt befindliche Protoplasmamasse. Diese steht mit der zen- tralen Masse in Zusammenhang und enthält wie diese sowohl Hyalo- plasma wie Spongioplasma. Die andern Spalten (Taf. XXXIX, Figg. 3, 5 und 10, Spalt e) sind weit undeutlieher, denn die Ränder verlaufen (auf Querschnitten) zackig und sind gegen den Spaltraum nur schwach abgesetzt; diese Spalten sind im Gegensatz zu den vorigen nur mit Hyaloplasma ausgefüllt. Auch ist etwas von diesem Hyaloplasma in die nächsten an den Spalt angrenzenden Bezirke der Rinde ein- sedrungen. Was endlich diejenigen Spalten anlangt, die vom zentralen Mark ausgehend die äußere Oberfläche der Rinde nicht erreichen, sondern inmitten derselben ihr Ende finden, so schließen sie sich in ihrem Verhalten eng an die vorbesprochenen durchgehenden engen Spalten an: in sie ist entweder Spongioplasma und Hyaloplasma zugleich oder das letztere nur allein eingedrungen; im ersteren Falle sind die Spalten wieder deutlicher. An der Stelle, wo ein solcher Spalt innerhalb der Rinde endigt, ist er manchmal zu einer kleinen Erweiterung auf- getrieben; auch in dieser finden sich entweder beide oder nur das eine der Bestandteile des myoblastischen Protoplasmas vor. Der Zell- querschnitt Taf. XXXIX, Figg. 2 und 8 führt zwei solche Erweite- rungen vor Augen; die mit dem zentralen Markraum die Verbindung herstellenden Spalten sind auf diesem Schnitte nicht getroffen. Die im Vorstehenden aufgeführten Resultate betreffend die Be- ziehungen der Rinden- zur Marksubstanz werden, wie ich hernach darlegen werde, durch die Präparate bestätigt, die mit Alkohol, Formol, kalter Sublimatlösung usw. fixiert sind. Zunächst habe ich mich über die Struktur der Rindensubstanz auszusprechen, wie sie die eben ge- nannten Flüssigkeiten erkennen lassen. Durch den Einfluß dieser Reagentien zerfällt die kontraktile Rinde in ihre typischen Bestandteile, in die radiär gestellten Fibrillen- platten und die mit diesen abwechselnden, gleichfalls radiären Zwischenpartien, die von der sog. »Zwischensubstanz< einge- nommen werden. Beide radiären Bestandteile durchsetzen die ganze Dicke der Rinde. Die Stärke einer Fibrillenplatte ist meist etwa halb so groß wie die einer radiären Partie der Zwischensubstanz. Die Fibrillenplatte (Fpl) gibt sich nach irgend einer der ge- wöhnlichen Färbungen auf Zellquerschnitten als eine stark gefärbte Linie zu erkennen. Bei Anwendung starker Vergrößerungen aber Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 673 löst sich diese Linie in eine einfache Reihe von stark gefärbten Körnchen auf, die durch kleine ungefärbte Zwischenräume voneinander getrennt sind. Die Zusammensetzung der Fibrillenplatte ist demnach eine zwiefache: es wechseln in ihr färbbare und nicht färbbare Teile ab. Verfolgt man die aufeinanderfolgenden Querschnitte einer ein- zelnen Platte, so stellt sich heraus, daß die gefärbten und ungefärbten Teile sich in der Länge der Platte fortsetzen, unter Wahrung einer unveränderten Lagerung, woraus der Schluß zu ziehen ist, daß die Platten aus gefärbten und ungefärbten Säulchen bestehen, die, in radiärer Richtung miteinander abwechselnd, längs verlaufen!. Die gefärbten Säulchen (— sie nehmen beispielsweise leicht Hämatoxylin, Boraxkarmin, Pikrinsäure, Safranin, Eosin auf —) haben einen recht- eckigen bis quadratischen Querschnitt, doch kommen auch gelegent- lich unregelmäßig gestaltete Stücke vor. Indem sie einander die Seiten zuwenden, stehen diese gefärbten Säulchen, zwischen sich die ungefärbten aufnehmend, in Abständen, die immer kleiner sind als die eigne Breite. Die Querschnitte der beiden Arten von Säulchen zeigen außerdem ein verschiedenes optisches Verhalten. Bei tiefer Stellung des Tubus erscheinen die Querschnitte der gefärbten Säulchen scharf umschrieben und dunkel, bei Hebung des Tubus aber werden sie undeutlich, während nun dagegen die ungetärbten Teile der Platte stark glänzend hervortreten?. Auch bei Anwendung der schärfsten Vergrößerungen (Fluorit-Immersion 1,5 mm von Wınker) habe ich an den Bestand- teilen der Platte keine Struktur erkennen können. Für ausgeschlossen halte ich eine solche danach jedoch nicht, da für diese subtilen Untersuchungen die Behandlung der Präparate vielleicht nicht die sünstigste war. Leider habe ich wegen Mangels an Material keine Mazerationsversuche mit Muskelzellen machen können, mit Hilfe deren ich mir die Fibrillenplatten in Flächenansicht hätte vorführen können. Doch kann ich Ronupes (24, p. 198) Beobachtung bestätigen, nämlich, daß die Fibrillenplatten in einer steilen Spiraltour von dem einen Ende der Zelle zum andern verlaufen. Im allgemeinen wird zwischen den Fibrillenplatten der oben an- gegebene Abstand gewahrt, aber oft ist die Entfernung eine geringere ! Dieselbe Zusammensetzung ist für die Fibrillenplatten von Ascaris, Lumbri- cus, Hirudo usw. durch ApArhY (2), BÜTscHLi (7) und andre nachgewiesen. 2 Apıray (2) hat an den Bestandteilen der Fibrillenplatten von Ascaris dieselbe Verschiedenheit wahrgenommen. Er hält die hellen Partien für Fibril- len, während BÜrscaLı (7) die dunklen Partien als solche in Anspruch nimmt. 45* 674 Friedo Schmidt, oder größere. So sind manchmal zwei Platten einander genähert, während diese von den benachbarten durch einen weiter als gewöhn- lichen Zwischenraum getrennt sind. Ein andermal stehen auf nahe- zu ?/, des Umfanges die Platten regelmäßig, auf dem übrigen Teile aber lassen dieselben größere Räume zwischen sich. In der Regel sind die Platten, wie gleichfalls deren Querschnitte beweisen (Taf. XXXIX, Figg. 9 und 10), gerade, es liegen die gefärbten Körnchen in einer geraden Linie hintereinander. Es kommen aber viele Abweichungen vor. So ist nicht selten eine einzelne Platte unter sonst regelmäßigen ein wenig gebogen, so daß sie mit den Nachbarn kon- vergiert; oder es sind auch wohl auf einem größeren radiären Bezirke der Zelle alle betreffenden Platten Textfig. 21. abweichend gestellt und zwar das eine Mal in gleichem Sinne und gleichem Maße, das andre Mal in ungleichem; in letzterem Falle konvergieren die Platten sämtlich gegeneinander, wie es Fig. 21 veranschaulichen möge. Kurz gesagt, es treten eine Unzahl von Differenzen auf!. Auf Zellquerschnitten, auf denen die Platten regelmäßig oder wenigstens annähernd regelmäßig angeordnet stehen, kann man be- obachten, daß die Zahl der die einzelnen Platten zusammensetzenden färbbaren und nicht färbbaren Säulchen ganz gleich ist. So besitzen die Platten von Längsmuskelzellen aus der inneren Schicht des Haupt- systems von jeder Art 7—9. Infolge dieser Zahlenregelmäßigkeit bei einer und derselben Zelle kommen auf Querschnitten oft recht schön außer den gefärbten Punktreihen, die radiär gestellt sind, auch solche zum Ausdruck, welche zu diesen senkrecht verlaufen und eine konzentrische Punktierung erzeugen; in dieser sind die Punkte aller- dings weiter voneinander getrennt und zwar durch Zwischensubstanz. Die Zwischensubstanz (Z:v) besteht, wie man mit den stärksten Vergrößerungen feststelit, aus feinsten Körnchen und Fäserchen, die auf eine homogene Grundsubstanz gleichmäßig verteilt; sie färben sich stets nur sehr schwach, beispielsweise mit Safranin, Eosin, Boraxkarmin, etwas mehr mit Hämatoxylin. Ob die Grundsubstanz sich färbt habe ich mit Bestimmtheit nicht entdecken können. Die Zwischensubstanz unterscheidet sich also durch ihre Zusammensetzung sowohl als durch ihr Verhalten den Farbstoffen gegenüber von der i Wenn ein Präparat nicht sehr vorsichtig behandelt wird, geraten die Fibrillenplatten immer in Unordnung. Wird z. B. beim Einbetten das Paraffın zu stark erhitzt, oder wird das Präparat zu rasch aus hohem Alkohol in Wasser übertragen, so gehen die Feinheiten der Struktur verloren. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 675 zentralen Markmasse. So sieht man denn an der inneren Oberfläche der Rinde die Zwischensubstanz scharf gegen das Mark abgesetzt. Es sind demnach das Protoplasma des Myoblasten und die Zwischensubstanz der kontraktilen Ringe ganz differente Dinge. Wie stellen sich nun auf solchen Präparaten die die Rinde durch- setzenden Spalten dar? Weit klaffende Spalten sind auf Zellquerschnitten wohl mit eben soleher Deutlichkeit zu erkennen, wie auf den mit heißem Sublimat usw. behandelten. Die engen Spalten dagegen entgehen dem Auge sehr leicht, eben deshalb, weil die Stellung der Fibrillenplatten den Verlauf jener zu wenig hervortreten läßt. Mit Hilfe stärkerer Ver- srößerungen gelingt es einem aber bald, auch diese aufzufinden. An den Stellen, wo ein enger Spalt die Rinde durchbricht, stehen die beiden denselben flankierenden Fibrillenplatten weiter als ge- wöhnlich auseinander (Taf. XXXIX, Fig. 9 e,); sehr häufig sind dann auch noch in dem betreffenden radiären Abschnitt der Rinde die Platten unregelmäßig angeordnet (Taf. XXXIX, Fig. 10 e,). Der so in der Rinde vorhandene Lückenraum ist nun das eine Mal mit Hyalo- plasma und Spongioplasma versehen (Taf. XXXIX, Fig. 9), welch beide sich durch ihre differente Tingierbarkeit von der Zwischensub- stanz abheben, das andre Mal nur mit Hyaloplasma allein (Taf. XXXIX, Fig. 10); beide Erscheinungen sind homolog den auf denjenigen Präparaten beobachteten (vgl. p. 672), wo die kontraktile Rinde als homogene Masse fixiert war. Auf Fig. 9 ist der Spalt wegen der parallelen Stellen der diesen begrenzenden Fibrillenplatten glattrandig, auf Fig. 10 aber ist sein Rand gezackt, indem zu beiden Seiten die Platten, ungleich hoch, gegen den Spalt hin geneigt endigen. Es ist dem Vorstehenden zufolge nicht zu leugnen, daß das Auf- finden der engen Spalten seine Schwierigkeiten hat. Ich glaube des- halb nicht fehl gegangen zu sein, wenn ich auf p. 662 sagte, daß die Differenzen zwischen RoHDEs (24) und meinen Untersuchungen, soweit diese das Vorhandensein und die Zahl der die Rinde zer- klüftenden Spalträume betreffen, lediglich daher rühren, daß RoHDE auf seinen Alkoholpräparaten die engen Spalten übersehen habe. Das Sarkolemma (Sci) liegt der Muskelzelle in allen Teilen eng an. Bei solchen Zellen, bei denen das Plasma außerhalb der kontraktilen Rinde lagert, zieht sich das Sarkolemma auch über dieses knapp sich anschmiegend hinweg. Nach außen und innen ist seine Oberfläche glatt. Über die ganze Länge der Zelle behält es die 676 Friedo Schmidt, gleiche Stärke. Es ist vollkommen durchsichtig. Da es keine Struk- turierung oder Differenzierung aufweist, halte ich es für eine Bildung der Muskelzelle selbst, für die ursprüngliche Membran des Myoblasten. Mit den gewöhnlichen Tinktionsmitteln läßt es sich etwas färben. Diesen die feine Histologie der Zellen betreffenden Auseinander- setzungen habe ich noch einige Bemerkungen über die äußere Form anzureihen. Der Querschnitt von Spindelzellen ist in der Regel kreisrund. Nicht selten aber geht die kreisrunde Form, je nach den Umständen in eine ovale oder dreieckige über, wie ich schon auf p. 664, Fuß- note 1 hervorhob. Indem die Rinde bei einer Formveränderung der Zelle nur eine Verschiebung erleidet, erhält der Markraum dieselbe Form wie die der Zelle; der Markraum einer im Querschnitt drei- eckigen Zelle ist also gleichfalls dreieckig. Bei den im Querschnitt ovalen oder länglichen Zellen (z. B. der inneren Schicht des Haupt- längssystems) liegt die größere Achse des Querschnitts entweder in der Richtung des Körperradius oder gerade senkrecht zu dieser. Der erstere Fall tritt überall da zu Tage, wo die Zellen der genannten Schicht dieht nebeneinander liegen; gewöhnlich erscheint dann auch das Plasma der Zelle aus der Hülle der Rinde hervorgedrängt, viel- leicht infolge Druckes der Zellen gegeneinander (Taf. XXXIX, Fig. 5). Bei denjenigen Zellen, bei welchen die größere Achse des ovalen Querschnitts senkrecht auf dem Körperradius steht, ist nicht selten die Rinde von außen her im Verlauf des peripher und des zentral gerichteten Spalts ein wenig eingesenkt (Taf. XXXIX, Fig. 4). Diesen beiden äußeren Einsenkungen entsprechen innen zwei in den Markraum einspringende Hervorragungen, durch welche dieser in zwei Kammern zerlegt erscheint; in einer dieser ruht der Kern. Ferner habe ich noch zu sagen, daß beieinander entsprechenden oder gleichwertigen Zellen, wie es beispielsweise die Zellen der inneren Schicht des Hauptsystems in einem gegebenen Segmente sind, die Dicke der Rinde und die Menge der Marksubstanz die nämliche ist. Vergleicht man gleichwertige Zellen verschiedener somatischer Segmente, so stellen sich bezüglich der Quantität der Substanzen sewisse Differenzen heraus, die mit der wechselnden Stärke der Zellen (vgl. p. 652) im Einklange stehen. Ganz außerordentlich gering ist die Menge des Plasmas bei den Zellen der inneren Schicht des Hauptsystems in den Postbuecalsegmenten, wie man aus dem Quer- schnitt durch eine solche Zelle (Taf. XXXIX, Fig. 7) ersieht. Zum Schluß sei noch einmal darauf hingewiesen, daß das im Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 677 vorstehenden bezüglich der feinen Histologie der Längsmuskelzellen Gesagte vollkommen für die Zellen aller übrigen Muskelsysteme des Branchiobdella-Körpers zutriftt. 3. Maßangaben über Längsmuskelzellen. An einem mäßig kontrahierten Tiere von etwa 9 mm Länge stellte ich folgende Maße (in Millimetern) fest: Se | Diameter | Dicke der : 4 Diameter Ba der Zelle aufikontraktilen N: des Zell Ider Höhe des; Substanz Kerms Kernkörper- e | Kerns daselbst chens 3 Zelle m (aus der | | innern Schiehtd.\, 0,7 a 0,011 0,0036 Hauptsystems) | } Zellen (aus der Rumpf (Segment 2)4 äußern Schicht d. 0,7 0,0136 0,004 0,0068 0,002 Hauptsystems) | ne Zellev(aus dem =” | Behän iin) 0,45 0,018 | 0,0048 0,0071 0,0023 Vorderes ! | | Posthuccnn. [Zeile ans der) 06 0,034 | 0011 | 0,008 | 0,0021 Kopf. segment | x De 2, Zeiei 0,3 0.046 | 0,0013 | 0,0015 | 0,0005 4. Lageverhältnis des Längsmuskelsystems zum benachbarten Körpergewebe. RoHDe (24, p. 174) findet an der Innen- und Außenseite der Längs- muskulatur ein faseriges Gewebe; er meint, es sei kein aus besondern Zellen hervorgesangenes eigentliches Bindegewebe, sondern ein sekun- däres Ausscheidungsprodukt der Muskelzellen. Voıcrts (32, p. 121) Resultate lauten anders. Nach ihm besitzen die Längsmuskelzellen eine Hülle von Bindegewebe, welche vereinzelte, stark abgeplattete Kerne enthält. Sie zieht sich an den Stellen, wo die Muskelzellen nicht dieht beieinander liegen, als ein feines Häut- chen von einer Zelle zur andern. Nach der Leibeshöhle zu ist diesen noch das Peritoneum als gleichfalls sehr zartes Häutchen mit ganz vereinzelten großen, platten Kernen aufgelagert. Voıer kennzeichnet die Verhältnisse im großen und ganzen richtig. Ich kann seine Angaben noch in manchen Punkten vervoll- ständigen und erweitern, wie folgt. An den dreiPunkten, an denen das Hauptsystem in jedem Segmente das Integument berührt, sind die Zellen an letzterem nur mit einem sanz geringen Teile ihres Umfanges befestigt. In den übrigen Teilen des Segments liest das System von außen vom Intermuskularraum, nach innen von der Leibeshöhle begrenzt. 678 Friedo Schmidt, Die einzelnen Zellen des Hauptsystems sind gegeneinander isoliert durch eine bindegewebige Substanz, die von Zelle zu Zelle ziehend, scheidenartig eine jede mit einem Häutchen umgibt. Auf Quer- schnitten betrachtet, bildet die Substanz ein Maschenwerk, das inner- halb des ganzen Hauptsystems zusammenhängt. An manchen Stellen erzeugt sie zwischen den Muskelzellen eine förmliche Zwischensub- stanz. Die kleinen, sich intensiv färbenden platten oder länglichen Kerne (Diameter = 0,002 : 0,0038 mm) enthalten eine Anzahl ziemlich gleich großer runder oder eckiger Brocken. Die Kerne liegen bald in, bald auf dem Häutchen. Zu diesen Umhüllungen, die den Muskelzellen unmittelbar auf- liegen und die als primäre bezeichnet werden können, kommen noch weitere, sekundäre, die das System als solches umschließen. Innen zur Leibeshöhle hin wird das Hauptsystem zunächst von einem derberen, 0,0002 mm starken Häutchen Enm überdeckt, welches un- unterbrochen die innere Oberfläche des Zylinders auskleidet. An den Segmentgrenzen geht es auf die Dissepimente über, von da auf das Vas dorsale, dann auf den Darm, das Vas ventrale und das Bauch- mark, so dab ein dorsoventral gestelltes Längsdissepiment entsteht. Die Kerne dieser Membran gleichen in Form und Größe denen der primären Bindegewebsscheiden; sie liegen in der Membran, oder auch wohl auf derselben. An solchen Stellen ist letztere meist ein klein wenig verdickt. Auf dieses Häutchen legt sich, diesem überall hin folgend, nach innen zu noch das stärkere Peritoneum, 0,0004 mm dick anf. Es wird auf diese Weise in jedem Segmente ein Längsmesenterium ge- bildet; vielfach ist dies jedoch an den Stellen, wo es zwischen den oben genannten Organen ausgespannt ist, streckenweise unterbrochen, oder es ist ganz geschwunden. Das Peritoneum ist mit dem Häutchen Enm stets fest verbunden (daher hat Voıcr [32, p. 121] beide für ein Blatt gehalten); nur ganz vereinzelt ist das eine ein wenig vom andern abgehoben, stets aber da, wo eines der beiden gekernt ist. Das Peritoneum färbt sich (mit Hämatoxylin, Boraxkarmin usw.) außer an den Punkten, wo es gekernt ist, ganz schwach, das Häut- chen Enm dagegen gar nicht. Letzteres ist auf beiden Seiten glatt, während das Peritoneum ein wenig rauh erscheint. Die Peritonealkerne sind in jedem Segment nur in einer spär- lichen Anzahl vertreten. Sie sind groß, kugelig (Diameter = 0,006 mm) oder oval mit großem Nucleolus (gleichen also Muskelkernen, oder auch den Kernen der weitverzweigten Bindegewebszellen, die im Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 679 Intermuskularraum auftreten [s. p. 628]) und sind stets von einer so reichlichen Menge Plasma umgeben, daß das peritoneale Blatt auf der Höhe eines Kerns eine Stärke von 0,007 mm annimmt und auf diese Weise mit einer hügelartigen Erhebung in den Leibeshöhlen- raum vorragt. Hinsichtlich der Verteilung seiner Kerne auf die Leibeshöhlenwandung zeigt das Peritoneum ein ganz eigenartiges Verhalten; ich will an dieser Stelle nur hervorgehoben haben, daß die Kerne an manchen Stellen der Wandung bilateralsymmetrisch angeordnet sind. Außen überzieht den Hauptsystemzylinder ein 0,0002 mm star- kes, dem eben besprochenen Erm außerordentlich ähnliches Häut- schen Msm, das mit jenem aber, wohlgemerkt, nirgends in Kontinui- tät steht. Es umhüllt den Zylinder von außen in seiner ganzen seg- mentalen Erstreckung; an den Segment- und Ringelgrenzen aber legt es sich, wie man auf Fig. 9 verfolgen möge, auf die Innenseite der Ringmuskelschichtt. Das Häutchen Msm geht also in das »innere Deckhäutchen« (vgl. p. 628) des Ringmuskelsystems über: beide sind identisch. Die Kerne dieser Membran gleichen denen von Enm. Indem das Häutchen Ms» in dieser Weise die Intermuskular- kammern auskleidet, überzieht es zugleich alles, was dieselben durch- quert: die Zellen des Neben- und des Diagonalmuskelsystems. Es tritt auf diese an den Stellen über, wo sie die Wandungen der Kammern berühren. Daß dieselben Muskelzellen unter dieser Hülle noch eine innere, den primären Bindegewebsscheiden des Haupt- systems entsprechende, besitzen, habe ich manchmal deutlich sehen können. Wenn ich nun noch das zwischen Epithel- und Ringmuskelschicht liegende auf p. 627 gekennzeichnete »äußere Deckhäutchen« (= Stütz- lamelle des Epithels) (Fig. 9 Ekm) der Ringmuskellage mit in die Betrachtung hineinziehe, so kann ich sagen: Der Hautmuskel- schlauch des Tieres nimmt zwischen den beiden Häutchen Ekm und Enm Platz; das dritte Häutehen Msm trennt, einen Hohlraum auskleidend, das Ring- und Längsmuskelsystem. Von diesen drei zur Muskulatur des Rumpfes in so eigenartiger Be- ziehung stehenden Häutchen könnte man das äußere Zkm vielleicht als Ektomysium, das innerste Erm als Endomysium, das dritte Msm als Mesomysium bezeichnen. Im Kopfist das Auftreten dieser drei Membranen kein so distinktes, weil hier einerseits Ring- und Längsmuskelsystem nicht so scharf ge- sondert liegen, andrerseits peritoneale Räume fehlen. Ein dem 680 Friedo Schmidt, Häutchen Ekm entsprechendes ist im Kopf deutlich zwischen Epithel- und Ringmuskellage zu verfolgen. Das die Innenseite der letzteren überziehende Häutchen Msm geht auf die Außenseite des Längs- muskelsystems über, dann durch die in letzterem bestehenden kleinen Lücken auch auf die Innenseite desselben, von da über die Radiär- muskelzellen des Ösophagus auf diesen. Es geht also im Kopf ein dem Häutchen Msm vergleichbares in eim Häutchen Enm über. Alle Organe, welche in der Leibeshöhle, also zentral vom Längs- muskelzylinder gelegen sind, müssen natürlich, um nach außen aus- zumünden, diesen durchbrechen. Es wäre nur darzustellen, an welcher Stelle des Zylinders dies Durchbrechen von seiten der Organe erfoigt. Das vordere, die Segmente 2, 3 und 4 einnehmende Nephridien- paar mündet durch eine paarige Öffnung im dritten! Rumpfsegment dorsal auf der Mitte des großen Ringels aus. Der Ausführgang durchbricht, von innen nach außen vordringend, das Hauptsystem jederseits durch die Laterallücke, wendet sich dann, scharf um- biegend, geradenwegs dorsalwärts und verläuft so zwischen Haupt- und Nebensystem, bis er dann, die Lücke zwischen den Neben- systemszellen ?Z und « (Fig. 13) benutzend, in die Ringmuskellage eelangt, nach deren Durchquerung er die Körperoberfläche erreicht. Die beiden Nephridialporen des dritten Segments liegen also etwas seitlich von der dorsalen Mittellinie. Das Receptaculum seminis im fünften und der Penis im sechsten Segment, beides unpaare Organe, zeigen in bezug auf ihre Ausmündung ein Gemeinsames. Sie treten durch die Längsmuskel- lage genau in der ventralen Mittellinie, so daß die medianneurale Muskelgruppe auf eine gewisse Strecke hin in ihre bilateralen Be- standteile auseinander gezwängt werden. Die Öffnungen der beiden Organe liegen auf der Mitte des großen Ringels der betreffenden Segmente. 1 VoıGT (32, p. 103) hat sich bei der Angabe der Lage der äußeren Öf- nungen des vorderen Nephridienpaares geirrtt. Er sagt, sie befänden sich an der Rückenseite des dritten Segments. Dazu bemerkt er in einer Fußnote: »Ich zähle hier der Einfachheit wegen wie DoRNER den Kopf als erstes Segment«. VoıGT meint also das zweite Körpersegment. Wenn VoIGT und andre Autoren außerdem behaupten, die Nephridialporen lägen »an der Rückenseite«, so trifft diese Angabe für Br. parasita allerdings zu, für Br. astaci aber nicht, denn bei dieser findet sich ein Porus jederseits genau auf der Höhe der Laterallinie. Der Ausführgang der Nephridien ist also bei Br. astaci viel kürzer; er geht durch die Laterallicke und geradenwegs nach außen. Auf diesen Irrtum der Autoren hat schon Vomov (33, p. 369) aufmerksam gemacht. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 681 Das siebente Segment enthält die beiden Ovarien und die von diesen erzeugten Eier. Letztere gelangen nach außen durch zwei Ovidukte, welche seitlich von der ventralen Mittellinie in der Ringel- furche des Segments liegen. Welchen Weg ein Ovidukt durch die Längsmuskulatur nimmt, sei an Fig. 22 dargetan, in welcher ein Stück der ventralen Muskulatur im Querschnitt, mit dem Ovidukt im Längsschnitt abgebildet ist. Dieser verläuft zwischen den Zellen e und :; einerseits und den Zellen f und 93 andrerseits. Daß die von einem Ganglienknoten ausgehenden Lateral- nerven die Lücke zwischen der medianneuralen Muskelgruppe und der übrigen ventralen Längsmuskulatur benutzen, um in den Inter- muskularraum und an die Ringmuskulatur, Diagonalmuskulatur und das Epithel des Kör- pers zu gelangen, habe ich schon auf p. 647 erwähnt. Was nun endlich die Ausmündung des Darmes anlangt, so findet sie sich im zwei- ten, größeren Ringel des neunten Segments genau in der dorsalen Mittellinie. Der End- darm durchquert die Längslage in entsprechen- Textfig. 22. Querschnitt durch einen Teil der Weise, wie ich es oben beim Recepta- der ventralen Längsmuskulatur des siebenten Rumpfsegments, auf der Höhe des Oviporus. ceulum seminis und beim Penis kennen gelehrt habe, also derart, daß die dorsale Muskulatur in ihre bilateralen Teile auseinandergeschoben wird. Hiermit verlasse ich den Hautmuskelschlauch und gehe zur Be- sprechung der Muskulatur der Dissepimente über. B. Muskulatur der Dissepimente. Zunächst ist die Frage zu erledigen: Wieviel Dissepimente durchsetzen den Dranchiobdella-Körper? KEFERSTEIN (17, p. 512) findet zwischen den neun Rumpf- segmenten sieben Scheidewände, nämlich die Dissepimente 1/2, 2/3, 3/4, 4/5, 5/6, 6/7, und 7/8. Ein Dissepiment 8/9 hat er nicht ge- sehen. Dorner (9, p. 479) ist es gelungen, letzteres bei jüngeren Tieren wahrzunehmen. Er meint, daß dasselbe im Alter zu Grunde ginge oder durch die mannigfachen Organe des letzten Segments verdeckt würde. 682 Friedo Schmidt, Die letztere Meinung DorNERs ist richtig: das Dissepiment 8/9 ist auch bei alten Tieren vorhanden. Der Rumpf besitzt also acht typische Dissepimente. Ein jedes Segment ist von dem nächsten durch eine Scheidewand abge- trennt!. Jedes Dissepiment enthält zwischen den beiden peritonealen. Blättern, die dasselbe bilden, ein dorsoventral gerichtetes Muskel- system. Die Zellen desselben sind entweder am ventralen oder am dorsalen Umfange des Integuments oder an beiden Stellen befestigt. Die dem Darm zunächst liegenden Zellen legen sich vielfach mit ihren Endabschnitten an diesen. In Anbetracht der Tatsache, daß der Kopf in drei Segmente zer- fällt, habe ich mein Augenmerk darauf gerichtet, ob nicht auch an den Grenzen dieser Abschnitte dorsoventrale Muskelzüge vorhanden seien, — wirkliche peritoneale Dissepimente als solche fehlen natürlich, da der Kopf keinen Leibeshöhlenraum enthält. Zwischen dem Buceal- und dem vorderen Postbuccalsegmente habe ich kein dorsoventral- sestelltes Muskelsystem gefunden, wohl aber zwischen den beiden Postbuccalsegmenten. Ferner liegt ein solches System zwischen dem hinteren Postbuccal- und dem ersten Körpersegmente. Solche 'Muskelzüge sollen nun im folgenden einer Besprechung unterzogen werden. Doch sind zunächst noch frühere Beobachtungen zu erwähnen. Über die Dissepimentmuskeln sagt VespovskY (29, p. 77): »Bei .... Dranchtobdella sind in den Dissepimenten die dorsoventralen Muskelzüge vorherrschend, während die radialen in spärlicher An- zahl vorhanden sind. Voısr (30, Taf. III, Fig. 29, Taf. IV, Fig. 36—46) liefert eine Reihe von Querschnittbildern durch die Dissepimente der verschie- denen Varietäten. Der von ihm auf Taf. IV, Fig. 39 dargestellte Querschnitt durch das Dissepiment von Branchiobdella parasita gibt die Verhältnisse richtig wieder. Die Fig. 29 (Taf. III) aber, welche die Muskulatur eines Dissepiments 5/6 (nach Voısts?2 Rechnung — 6/7) in Flächenansicht vorführt, weist erhebliche Irrtümer auf. Auch mit der Angabe, die VoıeT (30, p. 59) über die Dissepimente ! Ich muß hier hinzufügen, daß besonders die drei letzten Dissepimente des Körpers nicht genau auf den Segmentgrenzen stehen, sondern eine Strecke weit nach vorn verschoben sind. Ganz auffallend ist diese Verschiebung beim Dissepiment 8/9 (vgl. p. 691). ? Voigt (32, p. 103 Fußnote) zählt den Kopf als erstes Segment. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 683 im allgemeinen macht, kann ich mich nicht ganz einverstanden er- klären. So sagt er wörtlich: »Die Dissepimente bei Dranchiobdella zeichnen sich dadurch aus, das die Muskeln vom Rücken zum Bauch verlaufend palissadenartig nebeneinandergestellt sind. Dorsal und ventral sind sie zwischen den Längsmuskeln angeheftet. Die Muskeln sind nicht alle von gleicher Länge, sondern mitunter einzelne etwas dicker und zwar meist die dem Darm zunächst befindlichen. Alle Dissepimente zeigen bei Dranchvobdella parasıta den gleichen Bau, mit dem einzigen Unterschiede, daß die vordersten weniger und schwächere Muskeln haben.« In einer späteren Arbeit (32) bemerkt Voısr (p. 120) dann weiter: »Auffallend stark verästelte Muskeln finde ich in den Dissepimenten einzelner Tiere, während sie bei den meisten unverzweigt vom Rücken zum Bauch verlaufen. Radiär vom Darm zur Leibeswand verlaufende Muskeln finde ich in den Dissepimenten nicht, während VEJDOVSskK” l. e. p. 77 ihr Vorkommen erwähnt. Öffnungen, welche, die Dissepi- mente durchbrechend, eine Kommunikation der Leibeshöhlenabschnitte vermitteln, sind bei Dranchiobdella nicht vorhanden.« Auch diesen Angaben kann ich nicht beistimmen. Ich gehe zu meinen eignen Ergebnissen über und beginne mit der Darstellung der 1. Anlage der Dissepimentmuskelsysteme und zwar der der a. Dissepimente im Kopf. Wie oben erwähnt wurde, enthält der Kopf zwei Dissepimente oder vielmehr Rudimente von solchen. Das vordere besitzt nur noch die typische dorsoventral verlaufende Muskulatur; ich nenne es hier, wo es nur auf diese ankommt, den «&@. Dorsoventralmuskelzug zwischen den beiden Postbuceal- segmenten. Das System besteht jederseits aus drei ganz schwachen, unge- teilten Zellen, die in großem Bogen dem Ösophagus ausweichend, vom Rücken zum Bauch verlaufen. Sie heften sich ventral mit ihren Enden nahe nebeneinander ein wenig seitlich von der Mittellinie zwi- schen der Längsmuskulatur an. Da die drei Zellen zum Rücken hin sich nicht unbedeutend voneinander entfernen, so liegen ihre dorsalen Enden in größerer Entfernung voneinander in der Längsmuskulatur 684 Friedo Schmidt, verankert. Mit dem Ösophagus treten die Zellen in keinen Zusam- menhang. pP. Dissepiment zwischen dem hinteren Postbucealsegment und dem ersten Körpersegment. Dieses ist sozusagen ein halbes, ein einseitiges Dissepiment, denn es besteht nur aus einem peritonealen Blatte, nämlich dem, welches dem ersten Rumpfsegment angehört (siehe Fig. 24, einen frontalen Längsschnitt durch das in Rede stehende Dissepiment). Dieses peri- toneale Blatt weist keine Unterbrechung auf. Schneide ich an der Grenze zwischen Kopf und Soma vermittels einer feinen Schere einen Querschnitt aus dem Tier, so liefert dieser, von der Vorderseite gesehen, vom Dissepiment und dessen Muskelsystem das Bild Fig. 23. (Zur Orientierung brauche ich wohl nichts hinzuzufügen.) Die Erstreckung des die Hinterseite des Systems über- ziehenden peritonealen Blat- tes ist durch eine Punktie- rung angegeben. Das System setzt sich jederseits aus vier kräf- tigen Spindelzellen (Z, Textfig. 23. Z>, Z; und Z,) zusammen, Das Muskelsystem des Dissepiments auf der Grenze zwi- dieinzweiEbenen liegen; schen Kopf und Rumpf in der Flächenansicht von!vom. »_ :» s in jeder nehmen zwei Zel- Zı, Ze, Z3, Zı = Muskelzellen des Dissepiments. len Platz. In der vorderen Ebene (dem Beschauer zugewandt, Fig. 23) liegen die Zellen Z, und Z,, in der hinteren Z, und Z, (vgl. Fig. 24). Im übrigen geht das Lageverhältnis der vier Zellen zueinander genügend aus den beiden Zeichnungen hervor. Die Zellen sind im Querschnitt rund und haben die gleiche Stärke (Diameter — 0,036 mm) und Länge. Sie verlaufen, ohne die Lage wesentlich gegeneinander zu verändern, bogenförmig um den Darm herum vom Rücken zum Bauch und füllen auf der Höhe des Darmes den Zwischenraum zwischen letzterem und der Längsmuskulatur aus. Zelle Z, berührt in ihrem mittleren Teile den Darm; Verzweigungen, die sich an diesen begäben, gehen von dieser Zelle ebensowenig aus, Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 685 wie von den drei übrigen. Dorsal und ventral heften sich die Zellen ans Integument; sie erreichen dasselbe durch die Lücken zwischen Längsmuskelzellen hindurch, wie es Fig. 23 veranschaulicht. Kopf Textfig. 24. Querschnitt durch das Muskelsystem des Dissepiments zwischen Kopf und Rumpf (vgl. Fig. 23). Die Lage des Kerns (Diameter — 0,011 mm) ist eine wenig wech- selnde. Bei keiner der vier Zellen liegt der Kern auf halber Länge, bei Z, und Z, mehr ventral als bei Z, und Z.. b. Die Dissepimente im Rumpf. Die Muskelsysteme der Rumpfdissepimente sind bis auf die der Dissepimente 3/4, 4/5, 5/6, 6/7 und 7/8 untereinander verschieden. a. Dissepiment 1/2. Das Dissepiment ist ein unvollkommenes, indem es die beiden betreffenden Segmenträume nicht gänzlich voneinander abschließt. Nämlich, es besteht in der Scheidewand im dorsalen und seitlichen Umkreise des Bauchmarks, bis zum Darm hinauf, eine Unterbrechung, durch welche beide Segmentkammern in Verbindung stehen; diese Öffnung wird seitlich durch die Dissepimentmuskelzellen begrenzt. Am Rande dieser Durchbreehung gehen die peritonealen Blätter der beiden Segmente ineinander über. In Fig. 25 ist das Dissepiment 1/2 in toto, von der Vorderseite gesehen, mit seinem Muskelsystem dargestellt. (Die Erstreckung des Peritoneums ist durch eine Punktierung angegeben.) Das System setzt sich jederseits aus zwei Zellen zu- sammen, die einerseits ungleich lang sind, andrerseits 686 Friedo Schmidt, nicht auf einem und demselben Körperquerschnitt liegen. Die längere Zelle ©, (Diameter = 0,023 mm) liegt vorn; sie ist im großen ganzen als eine Spindelzelle zu betrachten. Sie gabelt sich ventral in zwei feine Äste, deren medialer zwischen den Längsmuskel- zellen 3% und 5b hin- durch ans Integu- ment gelangt, wäh- rend der andre sich zwischen den Längs- muskelzellen 5 und c hindurchdrängt, wie es die Fig. 25 dar- stellt. Die Zelle steigt mit einem Bogen dor- salwärts auf; auf der Höhe der Laterallinie es Darms legt sich die Zelle an diesen, Textfig. 25. } | i Muskelsystem des Dissepiments 1/2 in Flächenansicht von vorn. indem sie sich in ihrem weiteren Ver- lauf auf dessen dor- salem Umfange ver- zweigt. Dies Verhal- ten der Zelle ersieht man aus Fig. 26, in welcher die Zellen des Dissepiments in Seitenansicht vorge- führt sind. Die dor- Textfig. 26. salen Verzweigungen Verlauf der Muskelzellen 9, und @2 des Dissepiments 1/2 am Darm. von 9, verlaufen also nicht alle quer, sondern zum Teil ein wenig schräg nach hinten. Eine Überkreuzung dieser Verzweigungen mit denen der Zelle der Gegenseite habe ich nicht beobachtet. Die kürzere Zelle ©, (Diameter = 0,022 mm) liegt hinter ©,. Sie ist vermittels zweier Enden in der ventralen Längsmuskulatur verankert; das eine Mal zwischen den Zellen 5 und e, das andre Mal zwischen e und f. Sie richtet sich zunächst dorsalwärts zum Darm hinauf; auf dessen Höhe angelangt, schwillt sie stark kolbig an (Figg. 25 und 26). Von diesem verdickten Teile der Zelle gehen nun u RETERTEETER Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 687 drei bis vier Fortsätze aus, die an den Darm treten und an dessen seitlich ventralem Umfange längs nach hinten verlaufen (Fig. 26), bis in die Mitte des großen Ringels des zweiten Körpersegments. Bei diesem Verlauf senden die Fortsätze kleine Ästchen aus. Der Querschnitt der Zellen ist rund. Der Kern findet sich bei ©, auf der Mitte, bei © in dem kolbig verdickten Teile, also an der Verzweigungsstelle der Zelle. Die beiden Zellen dieses Dissepiments kann man in gewissem Sinne als radiärgestellte bezeichnen, so daß VEJDoVsKkY (29, p. 77) gsesen VoIGT (32, p. 120) recht behält. ß. Dissepiment 2/3. In Totalansicht bietet das Dissepiment das Bild Fig. 27. Das Dissepiment ist wieder ein unvollständiges. Die peritoneale Bekleidung ist wie bei dem vorigen Dissepiment im Umkreise des Bauchmarks bis zum Darm hinauf unterbrochen; dazu kommt noch eine zweite Öff- nung dorsal vom Darm. Wie im vorigen Falle, so werden auch hier die Unterbrechun- gen seitlich durch die Muskel- zellen begrenzt. Das Muskelsystem wird jederseits von zwei ziemlich schwachen Spindelzellen (Diameter = 0,016 mm) gebildet, die an Länge und an Stärke ein- Textfig, 27. ander &] eichen. Die eine Das Muskelsystem des Dissepiments 2/3 in Flächenansicht von vorn. Zelle begibt sich vom Rücken her, die andre vom Bauch her an den Darm. Die dorsale Zelle ist zwischen den Längsmuskeln mit zwei Fort- sätzen befestigt. Der mediale, ein wenig stärkere, zwischen den Längsmuskelzellen r und g, der andre zwischen q und». Das dem Körperinneren zugerichtete Ende der Zelle teilt sich in zwei gleich- starke Äste, der eine legt sich auf den dorsalen, der andre auf den lateralen Umfang des Darms; der erstere entsendet seinerseits wieder zwei Ästehen, die gleich wie die Hauptäste mit feinsten kurzen Ver- zweigungen enden. he | BR Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV. Bd. 46 688 Ä Friedo Schmidt, Die ventrale Zelle heftet sich in der Längsmuskulatur gleichfalls mit zwei Fortsätzen an, der mediale, schwächere, zwischen den Längs- muskelzellen ce und d, der andre zwischen d und e. Auf der Höhe des Darms gehen von der Zelle zwei gleichstarke Äste aus; der eine steigt am lateralen Umfange des Darms dorsalwärts auf, der andre legt sich an dessen ventralen Umfang. Jeder der beiden Äste teilt sich noch einmal. Ob es zwischen den Ästen der Zellen derselben Seite wie der Gegenseite zu Verflechtungen, Überkreuzungen oder Verbindungen kommt, vermag ich nicht zu sagen. Der Kern liegt auf der halben Länge der Zellen. Der Quer- schnitt der letzteren ist rund. Es sind also auch in diesem Dissepimente die Zellen radiär gestellt. y. Dissepiment 3/4, 4/5, 5/6, 6/7 und 7/8. Diese fünf Dissepimente gleichen einander in bezug auf die darin enthaltene Muskulatur vollkommen. Ein solches Dissepiment ist in Fig. 25 in Vorderansicht dar- gestellt!. Textfig. 28. Das Muskelsystem des Dissepiments 6/7 (= 3/4, 4/5, 5/6, 7/8) in Flächenansicht von vorn. Zp, Epithel; Rm, Ringmuskulatur; 91, #2, #3, $,, Dissepimentmuskelzellen; a, db, c,d,e,/,p2,qa, ru. «, ß, Längs- muskelzellen des Hautmuskelschlauchs. ! Ich muß hier bemerken, daß meine die Dissepimentmuskulatur darstellen- den Zeichnungen durchaus nicht idealisiert sind. u EETETRÄRTEGHN Sean Te Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 689 Das Dissepiment ist ein vollkommen geschlossenes, d. h. es weist keine Öffnungen auf. Sein Muskelsystem ist im Vergleich zu dem der beiden zuvor behandelten Septen ein recht kräftiges und zugleich kompliziertes. Auf jeder Seite des Darms stehen vier Zellen, ®,, ®,, ®; und ®,. Die Zelle ®, ist eigenartig gestaltet. Sie hat im Umrib etwa das Aussehen eines Blattes mit gesägtem Rande. Sie ist wie ein solches abgeplattet und doppelt so hoch’ als breit. Sie sendet zwi- schen die Zellen der ventralen Muskulatur vier Fortsätze, die ihren Weg zum Integument zwischen den Zellen b, e, d, e und f hindurch nehmen. Der dorsale Rand der Zelle zeigt gleichfalls spitze und spitzbuchtige Fortsätze, Zacken, etwa sechs an der Zahl. Der seit- liche, zur Peripherie hin gerichtete Rand der Zelle geht den räumlichen Verhältnissen entsprechend bogenförmig in den dorsalen über. Jener ist wieder mit zarten Spitzen versehen. Alle diese Fortsatzbildungen, diese Zacken und Spitzen sind äußerst dünn und zart; sie laufen in je ein Fädchen aus, das sich schließlich zwischen den peritonealen Blättern verliert. Der dem Darm zunächst liegende Rand der Zelle endlich ist mit ganz kurzen, dicht nebeneinander stehenden Spitz- chen besetzt. Aber noch eine weitere Eigentümlichkeit weist die Zelle auf. Sie besitzt nämlich eine Menge Löcher und Spalten, Durchbrechungen, die in dorsoventralgerichteten Reihen hintereinander liegen und so in ihrer Anordnung eine gewisse Regelmäßigkeit zur Schau tragen. Diese Längsspalten werden, wie man auf der Figur bemerkt, von feinen Querbrücken durchsetzt, die wie Sprossen einer Leiter in gleichen Abständen stehen. Sind diese Querbrücken derber, so wird eben ein Längsspalt zu einzelnen Löchern. Nach den Spalt- und Löcherreihen hin nimmt die Dicke der Zelle jedesmal erheblich ab!, 1 Eine solche Zelle bildet WEISMANnN (34) ganz vortrefflich in Fig. XIX C ab. Die Beschreibung derselben findet sich auf p. 90: »Die Zelle ist blattförmig, mit vielen runden Löchern und größeren Spalten; sie ist enorm breit, am einen Ende schräg abgestutzt und mit kurzen zahnartigen Fortsätzen besetzt, am ande- ren Ende in vier längere und breite Fortsätze gespalten. » 5/4 A » > 4/5 4 > Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 693 Dissepiment 5/6 4 Muskelzellen > 6/7 4 > > 7/8 4 > > 8/9 4 > VoıeGr hat also recht, wenn er (30, p. 59) sagt, daß die vor- dersten Dissepimente weniger und schwächere Muskeln haben. &. Dorsoventralmuskelsystem in Segment 9. Dies eigenartige System ist schon von DORNER (9, p. 469) be- obachtet worden. Er macht darüber folgende Bemerkung: »Im hinteren Saugnapfe kommen Muskeln vor, welche zur Hohlfläche desselben senkrecht verlaufen. « VoIGr (32, p. 120) spricht von einer Anzahl »Muskeln, welche von der Fläche des Saugnapfes schräg nach oben und vorn verlaufen und sich am Rücken des Tieres im letzten Segmente anheften. Diesen parallel verlaufen auch im letzten Segmente einige Muskeln schräg noch vorn vom Bauch zum Rücken«. Das allgemeine Verhalten des Dorsoventralsystems möge Fig. 30, ein sagittaler Längsschnitt durch das letzte Segment dartun. Im vorderen Teile desselben verlaufen die Zellen vom Rücken schräg nach hinten zum Bauch: im hinteren Teile des Segments heften sich die ventralen Enden der Zellen an der Fläche des Saugnapfes an!. Einen weiteren Einblick in die Anlage des Systems gewähren frontale Längsschnitte durch das neunte Segment. Ein solcher Schnitt, der längs durch die beiden Laterallinien des Tieres gelegt ist, gibt schematisch ein Bild wie Fig. 31. (Auf dieser Figur sind nur die Dorsoventralmuskelzellen gezeichnet.) Auf jeder Körperseite stehen (unter Ausschluß der Dissepi- mentmuskelzellen 8/9) 232 Zellen, von denen meist drei oder vier zu einer Gruppe zusammengeordnet sind. Diese Gruppen — es sind sechs an der Zahl — bilden zur Köperlängsachse quer- gerichtete Reihen, in welchen die äußeren Zellen weiter nach hinten liegen, so daß die Gruppen zugleich schräg gestellt sind, wie ich es schon oben für das Dissepimentmuskelsystem 8/9 hervorhob. Hinter dem After rücken jederseits fünf Zellen, die eine VI. Gruppe dar- stellen, von der Seite her mehr der Medianebene des Körpers zu i Die auf der Fläche des Saugnapfes endenden Muskelzellen dienen der Funktion desselben. 2 Im hinteren Teile des Segments mag ich die eine oder andre kleine Zelle noch übersehen haben. Auch muß ich hier bemerken, daß auf Fig. 31 das hintere Ende des Segments nach unten liegt. 694 Friedo Schmidt, Die Zellen einer und derselben Gruppe ändern vielfach bei ihrem Verlauf die Lage gegeneinander ein wenig. Im Querschnitt sind die Zellen meist rund. Die Stärke und auch die Länge ist bei den verschiedenen Zellen ungleich (für eine einzelne Zelle natürlich festgelegt, bestimmt). Alle sind spindlig gebaut, mit nur ganz vereinzelten Ausnahmen; z. B. die Zelle A (Fig. 31) entsendet zum Bauch hin drei, zum Rücken vier Fortsätze, der Kern liegt bei dieser Zelle an der Verzweigungsstelle. 8 . SoE os°® 997 98 br) Hi; 22 e © no o& ° oO Textfig. 30. Textfig. 31. Sagittalschnitt durch das hintere Körperende des Stellung der Dorsoventralmuskelzellen des neun- Tieres. Zm, Längsmuskelzellen des Hautmuskel- ten Segments, nach einem durch die Laterallinie schlauchs. des Segments gelegten frontalen Längsschnitt. Im übrigen liegt der Kern bei den einen Zellen auf der Mitte, bei den andern aus einer Mittelstellung dorsal- oder ventralwärts ver- schoben, stets da, wo der Querschnitt der Zelle am größten ist; jede Zelle hat (zusammen mit der entsprechenden der Gegenseite) auch in dieser Beziehung ihre Eigenart. Wohl habe ich für jede einzelne Zelle die Lage des Kerns bestimmt, aber ich glaube mir eine Auf- führung der Ergebnisse im einzelnen schenken zu dürfen. Die medialen Zellen der Gruppe IV treten zum Darm, zum Enddarm in Beziehung. Sie legen sich dorsal eng an ihn und bilden mit denen der Gegenseite über ihm Überkreuzungen. | Einige der Dorsoventralmuskelzellen sind vielleicht als die Muskelzellen von verkümmerten Dissepimenten aufzufassen. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 695 2. Bau der Dissepimentmuskelzellen. In histologischer Beziehung zeigen die Muskelzellen der Dissepi- mente vor den Zellen des Hautmuskelschlauchs keine Besonderheiten. Die Marksubstanz wird wieder peripher von der kontraktilen Substanz umgeben, in der drei oder gar vier! Längsspalten, mehr oder weniger lang auftreten, die von der Marksubstanz ausgefüllt werden. Ein Hervorquellen der letzteren aus dem Zellinneren kommt hin und wieder vor. Der Kern liegt aber stets in der Zelle. Er besitzt die allgemeinen Kennzeichen. Manchmal ist er den räumlichen Ver- hältnissen des Zellinneren entsprechend außerordentlich stark seitlich abgeplattet. Angaben über Maße von Dissepimentmuskelzellen zu machen, ist, was die Länge der Zellen anlangt, nicht wohl möglich, da die Zellen zum Teil gebogen, zum Teil weitverzweigt sind. Die Werte für die Durchmesser der einzelnen Zellen habe ich schon im Text mit angegeben. 3. Lageverhältnis der Dissepimentmuskulatur zum benachbarten Körpergewebe. Die einzelnen Dissepimentmuskelzellen sind ganz wie die Längs- muskelzellen von bindegewebigen Häuten umschlossen, von primären und sekundären, welch letztere nichts andres sind als die Fortsetzung der die innere Oberfläche des Längsmuskelzylinders auskleidenden, wie ich schon auf p. 678 des einzelnen auseinandergesetzt habe. Ob der Darm an den Stellen, an welchen er von Dissepiment- muskeln umfaßt wird, noch einige Ringmuskeln besitzt, habe ich nicht entscheiden können. 0. Organmuskulatur. Die Organmuskulatur spielt im Körper nur eine untergeordnete Rolle und ist demgemäß schwächer als der Hautmuskelschlauch. Sie hat die Aufgabe, gerirge Gestaltveränderungen an den Organen hervor- zurufen, entweder in direktem Zusammenhange mit deren Funktion oder lediglich zwecks Anpassung deren Gestalt an die jeweilige durch den Hautmuskelschlauch bedingte äußere Körperform. In dem letzteren Falle dient die Muskulatur eines Organs also dazu, dasselbe bei den ! Dies hat darin seinen Grund, daß die Muskelzellen der Dissepimente meist allerseits frei sind von Berührung von seiten unverschieblicher Gewebsteile. 696 Friedo Schmidt, oft rasch aufeinanderfolgenden Kontraktionen und Streckungen des Wurmes vor Knickungen und Zerrungen zu bewahren. Eine Muskulatur kommt allen in der Leibeshöhle lagernden Organ- systemen zu, mit Ausnahme der Nephridien und der im vorderen und hinteren Körperteile befindlichen großen Drüsen. Ich kann demnach folgende vier Muskellager unterscheiden: I. Muskulatur des Verdauungstraetus, II. Muskulatur der Geschlechtsorgane. III. Muskulatur des Blutgefäßsystems. IV. Muskulatur des Nervensystems. Da meine Studien bezüglich der Organmuskulatur zur Zeit noch nicht abgeschlossen sind, so wird dieselbe in dieser Arbeit nur ganz kurz abgehandelt. Eine ausführliche Darstellung der Dinge unter Berücksichtigung der einschlägigen Literatur behalte ich mir vor. I. Die Muskulatur des Verdauungstraetus ist der Hauptsache nach schon durch meine Vorgänger bekannt ge- worden, doch kann ich noch eine Reihe von Einzelheiten hinzufügen. Die Muskulatur besteht aus einem inneren Ring- und einem äußeren Längssystem; beide sind einschichtig. Die Zellen der beiden Systeme sind sämtlich Spindelzellen. Schon im Bucealsegmente treten beide Schichten, wenn auch nur sehr schwach, auf. Nach hinten hin nimmt die Stärke der Zellen, vornehmlich der eirkulären, zu. Zellen dieser Art sind es auch, die auf der Höhe der Kiefer dorsal und ventral am Schlunde zu je fünf bis sechs dicht zusammen, zum Teil sogar übereinander liegen und so eine mächtige Kiefermuskulatur erzeugen. Diese Kiefermuskeln umgreifen also dorsal und ventral halbkreisförmig den Schlund. In den beiden Postbuccalsegmenten lagern die Ringmuskelzellen, alle von gleicher Stärke, in gleichen Zwischenräumen am Ösophagus entlang. Die Längsmuskelzellen sind hier etwas schwächer; auch sie stehen in Abständen, doch sind letztere am dorsalen und ventralen Umfange des Ösophagus kleiner als am lateralen. In den recht- eckigen Räumen, die so durch die in Abständen stehenden, reeht- winklig gekreuzten Ring- und Längszellen am Umfange des Ösophagus noch frei bleiben, heften sich die weiter unten zu besprechenden Radiärmuskelzellen desselben an, die von hier aus peripherwärts zum Integument ausstrahlen. Auf der Grenze zwischen Kopf und Rumpf rücken die Ringmuskelzellen eng zusammen, während ihre Stärke zum ersten Körpersegment hin sukzessive abnimmt. In diesem Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 697 Segment schieben sich dann zwischen die einzelnen Zellen der Schicht wieder gleiche Zwischenräume ein; dasselbe gilt hier für die Längs- zellen, die auch an Stärke den Ringzellen gleich stehen. Dieselben Verhältnisse bieten die Segmente 2—8 einschl., nur mit dem Unter- schiede, daß in diesen die Zellen schwächer sind und sich schwieriger verfolgen lassen wegen der sie überlagernden Chloragogenzellen, welche der äußeren Darmwand mittels feiner die Zwischenräume zwischen den Muskelzellen durchsetzenden Zäpfchen aufsitzen. Im neunten Segment, kurz vor Ausmündung des Darms, wachsen die Schiehten, vorzüglich die Ringmuskelschicht, noch einmal zu bedeuten- der Stärke an. Letztere bildet dicht aneinandergrenzende, nach hinten stärker werdende Ringe und stellt so um den Enddarm einen kräftigen Sphincter dar. Durch eine Radiärmuskulatur ist, wenn man hierzu nicht auch die radiär gestellten Muskeln der Dissepimente rechnet, nur die dem Kopfabschnitt angehörige Strecke des Verdauungstraktus aus- gezeichnet. Im Buccalsegmente sind die Radiärmuskeln äußerst zahlreich und fein; sie verlaufen hier vom Lippenrande aus ein wenig schräg nach hinten zum Integument. Auf der Höhe der Kiefer sind diese Art Muskeln sehr stark entwickelt; sie bilden hier dorsal sowohl wie ventral je ein kräftiges Bündel. Von den Zellen eines solchen Bündels sind die einen (die Protraktoren des Kiefers) vorn, die andern (die Retraktoren) hinten am Kiefer angeheftet; bei ihrem Verlauf peripherwärts schräg nach hinten konvergieren alle diese Zellen des Bündels und sind dann auf gleicher Höhe am Integument dorsal resp. ventral befestigt. Die Bedeutung des Muskelbündels ist ‚sofort klar: bei wechselndem Zuge der einen und der andern Zellen unter gleichzeitiger Kontraktion der Kieferringmuskulatur übt der Kiefer eine raspelnde Bewegung aus, beide Kiefer also, in dieser Weise gegeneinander bewegt, wirken zerreibend. In den Postbuccalsegmenten ist die Radiärmuskulatur eine gleich- förmige. Die Zellen stehen in regelmäßigen Abständen in der ganzen Länge auch im Umfange des Ösophagus; nur durch das Vorhanden- sein des Ober- und des Unterschlundganglions wird die Gleichförmig- keit ein wenig gestört, insofern, als die Muskelzellen bei ihrem Ver- lauf diesen Organen ausweichen müssen. Die Bedeutung des Radiärmuskelsystems ist natürlich, die Weite des Lumens des betreffenden Darmabschnitts zu verändern, ‘somit im Verein mit dessen Ring- und Längsmuskulatur typische 698 Friedo Schmidt, Schluckbewegungen auszuführen. Die Ring- und Längsmuskulatur des Magendarms bringt die Peristaltik hervor, die man am lebenden Tiere ja fortwährend unterhalten sieht. Der Sphineter am Anus ist ein retentionaler Apparat. Eine ähn- liche Aufgabe haben vielleicht die den Darm umfassenden kräftigen Dissepimentmuskelzellen. Bezüglich des Baues der Zellen des hier abgehandelten Muskel- lagers kann ich mich kurz fassen, denn sie weisen vor den Zellen der Rumpfmuskulatur keinerlei Besonderheiten auf. Von den Radiär- muskelzellen ist noch zu sagen, daß sie an den beiden Enden in Fortsätze zerteilt sind, die mit einer knopfartigen Verdiekung ab- schließen. Schon WEISMANN (34, p. 89) hat diese Zellart beschrieben und abgebildet (Fig. XIX D). Auch ist den scharfen Beobachtungen dieses Autors nicht entgangen, daß bei diesen Radiärmuskelzellen die Rinde mehrere Spalten aufweist. Etwas Ähnliches glaubt Ronpz (24, p. 174) gesehen zu haben. Der von mir p. 663 aufgestellte Satz, betreffend die Zahl und die Richtung der die kontraktile Rinde durchdringenden Spalten bei den Zellen der Körpermuskulatur findet an den Zellen der Muskulatur des Verdauungsorgans (und wie ich vorgreifend bemerken will: auch an den der übrigen Organe) seine volle Bestätigung. So sind die Radiärmuskelzellen entsprechend ihrer freien Lagerung mit drei, vier ja fünf Spalten ausgestattet (Taf. XXXIX, Fig. 5). Die Ring- und Längsmuskelzellen haben einen Spalt (manchmal zwei). Bei den Längs- zellen des Darmes ist der Spalt der Leibeshöhle zugewandt; er liegt der Berührungsstele der Muskelzelle mit dem Darm diametral gegenüber. Die II. Muskulatur der Geschlechtsorgane habe ich im einzelnen nur wenig untersucht. Bekanntlich liegen die Hoden im fünften, die Ovarien im siebenten Körpersegmente. Beide Organe verhalten sich insofern morphologisch gleich, als sie auf einem Stiele stehen, der in dem durch das Disse- piment 4/5 resp. 6/7 mit der ventralen Leibeshöhlenwandung dar- gestellten Winkel an dieser festgeheftet ist. Der Stiel für die Hoden ist nach Voıcr (31, p. 301) frei von Muskelzellen, der Stiel für die Ovarien dagegen besitzt nach demselben Autor (p. 302) zwei solcher Zellen, deren Kerne an der Stelle liegen, wo der Stiel an dem Dissepiment und der Leibeshöhle befestigt ist. Die männlichen Geschlechtsprodukte werden durch einen flimmern- Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 699 den Apparat zum männlichen Begattungsorgan geleitet. Die weib- liehen Produkte dagegen gelangen direkt nach außen durch die Ovidukte; ein besonderer Muskelapparat für die Entleerung der Eier existiert nicht, vielleicht wird diese durch Druck von seiten der Körpermuskulatur besorgt. Mächtig ist aber die Muskulatur der beiden geschlecht- liehen Hilfsorgane. Das im fünften Segment gelagerte birnförmige Receptaculum seminis besitzt eine dünne Schicht von hauptsächlich rings und längs verlaufenden Muskelzellen. Die Ringmuskulatur wird an der äußeren Öffnung des Apparats bedeutend stärker, sie bildet hier einen kräftigen Sphincter. Der männliche Begattungsapparat, der mit seinem vielfach sewundenen Kanal den Leibeshöhlenraum des sechsten Segments ein- nimmt, ist von einer stärkeren, komplizierten Muskelanlage um- schlossen, in der Längs- und Ringmuskelzellen vorherrschend sind. Die der äußeren Öffnung des Kopulationsgliedes zunächst liegende Strecke ist, wie das Receptaculum seminis, mit einem starken Sphincter ausgestattet. Histologisch stimmen diese Muskelzellen mit denen des übrigen Körpers überein. III. Muskulatur des Blutgefäßsystems. Von den beiden Längsstämmen, welche die Länge des Tieres durchziehen, besitzt nur der dorsale eine muskulöse Wandung, aber auch nicht in seiner ganzen Erstreckung, sondern nur in dem den Rumpfsegmenten 1, 2 und 3 angehörenden Abschnitte. Die Gefäß- strecke ist durch ein weiteres Lumen und durch ihre rhythmischen Kontraktionen ausgezeichnet, weshalb es gewöhnlich »Herz« genannt wird. Die Muskulatur dieses Herzens setzt sich aus einem Ring- und einem Längssystem zusammen; beide sind einschichtig. Das erstere, zu innerst liegend, umfaßt das Herz mit dieht aneimanderschließenden starken Ringen. Das längslaufende System wird von schwächeren Zellen gebildet; sie umstellen den Umfang der Röhre in gewissen Abständen voneinander. Am kräftigsten sind diese Muskelzellen im ersten Rumpfsegment; nach vorn und hinten zu nimmt ihr Durch- messer ab. Bezüglich des Baues dieser Muskelzellen habe ich nichts Be- sonderes hervorzuheben. | 700 Friedo Schmidt, IV. Muskulatur des Nervensystems. Von dem Vorhandensein einer Muskulatur im Nerven- system von BDranchvobdella ist bisher nichts bekannt ge- wesen. | Das Muskelsystem ist ein ganz schwaches längslaufendes. Es besteht in jedem der Rumpfsegmente 1—8 einschließlich jederseits aus einer langen Doppelspindelzelle, die zwischen dem inneren und äuße- ren Neurilemm des Bauchmarks gelegen, im segmentalen Ganglien- knoten gekermt ist. Im Kopf, im ÖOber- und Unterschlundganglion fehlen solche Muskelzellen, doch wird das letztere, wie ich schon auf p. 699 gelegentlich der Besprechung des Längsmuskelsystems des Hautmuskelschlauchs erwähnte, mittels jederseits einer Zelle des letzteren Systems an der Körperwand verankert. Auch im neunten Segment entbehrt das Nervensystem einer eignen Muskulatur; hier dringen aber jederseits in Abständen eine Anzahl von Muskelzell- enden ein, die sich von Dorsoventralmuskelzellen des Segments ab- Zweigen. Den Lateralnerven geht eine Muskulatur ab. Die Muskelzelle des Nervensystems verhält sich histologisch wie eine typische Doppelspindelzelle der Körpermuskulatur. Schlußbetrachtung. Wenn man das in der vorliegenden Arbeit Zusammengetragene überblickt, so kommt man notwendig zu dem Schluß, daß die Mus- kulatur von branchiobdella parasıta bei ihrer mancherorts komplizierten Anlage doch im allgemeinen als höchst ein- fach und durchsichtig zu bezeichnen ist. Das zum Aufbau der Muskulatur verwendete Material ist so gering und mit so einfachen Mitteln zusammengestellt, daß es mir fast überall gelang, die ob- waltenden Verhältnisse aufzudecken, ja sogar die Zahl der zusammen- gefügten Zellen festzulegen. Diese Einfachheit, welche den Muskelapparat des Tieres kenn- zeichnet, findet ihre Erklärung in dessen Lebensverhältnissen: der Krebsegel ist ein träger Parasit. Seine Ortsbewegung ist nur gering, er nimmt sie, wenn er nicht gerade belästigt wird, nur selten und langsam vor. Seine sonstige Bewegung besteht in gelegentlichem Streeken und Wiederzusammenziehen des Körpers, oder bei fest auf- gesetztem Saugnapfe und von der Unterlage frei abstehendem Körper Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 701 in gemächlichem Hin- und Herpendeln desselben. Alle diese Be- wegungen lassen schon von vornherein auf eine schwach entwickelte Muskulatur schließen. Nachdem ich die Resultate meiner Untersuchungen an der Mus- kulatur des Wurmes bis ins einzelne niedergelegt habe, wäre es wünschenswert, hier die Hauptsachen noch einmal kurz wiederzu- geben. Dieser Aufgabe glaube ich mich jedoch entheben zu dürfen, da eine zusammenfassende Darstellung, wenigstens der topo- graphischen Verhältnisse bereits vorliegt in meiner Schrift: »Die Körpermuskulatur von Dranchtobdella parasıta«. Da an jener Stelle die morphologischen und histologischen Befunde je- doch nur nebenbei aufgeführt worden sind, Befunde, die vielleicht all- semeinere Bedeutung haben, gebe ich im nachstehenden eine Zu- sammenstellung derselben. Es hat sich bezüglich der Histologie und Morphologie der Muskelzellen von BDranchvobdella parasıta kurz folgen- des ergeben: | 1) Jede Muskelzelle, dem glatten Typus angehörend, ist das Äquivalent einer Zelle Sie ist nach der nematoiden Grundform gebaut, d. h. der Myoblast ist rings von einer kontraktilen Rinde umschlossen, welche durch weite, klaf- fende oder enge, schlitzförmige Längsspalten unterbrochen ist, in die sich das Protoplasma des Myoblasten fortsetzt, häufig in dem Maße, daß dieses durch den Spalt nach außen tritt und außerhalb der Rinde als ein Plasmabeutel absteht. 2) Die Zahl der die Rinde durchsetzenden Längsspalten hängt von der Lage der betreffenden Zelle ab. Je freier eine Zelle von Berührung von seiten ihresgleichen oder andrer schwer verschieblicher Gewebsteile ist, desto größer ist die Zahl (bis fünf) der Spalten. Diese sind im Umfange der Rinde stets nur an den Stellen angebracht, wo die Zelle frei von solcher Berührung ist, mit andern Worten: sie sind nach der Seite hin gerichtet, nach der das Plasma ungehin- dert austreten kann. Zellen mit allseitig geschlossener Rinde (»Hirudineen- Muskelzellen«) kommen nicht vor. 3) Der Myoblast besteht aus Plasma und Kern. Das Plasma enthält ein leicht färbbares aus Fibrillen und Tröpfehen zusammengesetztes Spongioplasma und ein absolut unfärbbares Hyaloplasma. Das Spongioplasma ist 102 Friedo Schmidt, in Form von quer zur Längsachse der Zelle gestellten netz- artigen Schichten in das Hyaloplasma eingesetzt. Der Kern, stets da ruhend, wo die ‚Hauptmenge des Plasmas gelagert ist, besitzt einen einzigen großen Nucleolus. 4) Die kontraktile Rinde enthält radiärgestellte Fibril- lenplatten, die durch eine Zwischensubstanz getrennt sind. Die Platten bestehen aus färbbaren und unfärbbaren längs- laufenden Säulchen, die, miteinander abwechselnd, radiär- einreihig hintereinander liegen. Die Zwischensubstanz ist nicht mit dem Plasma des Myoblasten gleichwertig. 5) Unter den Muskelzellen sind zwei Formen vorherr- schend: die Spindel- und die Doppelspindelform. 6) Bei diesen regelmäßig, symmetrisch gestalteten Zel- len ruht der Kern auf der Mitte der Zelllänge. 7) Bei allen verzweigten Zellen liegt der Kern an der Verzweigungsstelle. Die Anschauung, den Krebsparasiten als einen Egel in Anspruch zu nehmen, wie es von seiten der alten Autoren auf Grund seiner Ernährungs- und Fortbewegungsweise, der Ausrüstung seines Hinter- endes mit einem Saugnapf und des Fehlens lokomotiver Borsten ge- schah, ist nach Erkenntnis des anatomischen Baues aufgegeben worden. Diese neuere Ansicht erhält eine Stütze durch den Charakter der Muskulatur des Wurmes, nämlich durch die Tatsache, daß in ihr die den Hirudineen typisch zukommenden allseitig geschlossenen (sog. »Hirudineen<-) Muskelzellen fehlen. Danach ist Dranchiobdella den COhätopoden zuzuzählen. Ob sie aber in die Ordnung der Polychäten oder der Oligochäten zu stellen ist, läßt sich nach der Muskulatur zur Zeit nicht entscheiden, da die Vertreter dieser Ordnungen auf die Anlage und den Bau des Muskelgewebes hin bislang noch zu wenig untersucht sind. Göttingen, im Mai 1903. 20. 21. Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 703 - Literaturverzeichnis, JULIUS ANDREAE, Beiträge zur Anatomie und Histologie des Sipunculus nudus L. Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. 1882. p. 201—258. St. Arıray, Über die Muskelfasern von Ascaris nebst Bemerkungen über die von Lumbrieus und Hirudo. Zeitschr. f. wiss. Mikrosk. Bd. X. 1893. p. 36—73 und 319—361. H. S. F. 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Wuıtman, A new species of Branchiobdella. Zool. Anz. 5. Jahrg. 1882. p. 636—637. Mem. Erklärung der Abbildungen, Tafel XXXIX. Bedeutung der Zeichen auf Figur 1-10. &, enger Spalt der Rindensubstanz mit NM, Marksubstanz (= Protoplasma des Spongioplasma und Hyaloplasma der Marksubstanz angefüllt; &, enger Spalt der Rindensubstanz mit Hyaloplasma der Marksubstanz an- gefüllt; Fol, Fibrillenplatten der Rindensub- stanz; Hy, Hyaloplasma der Marksubstanz; K, Kern der Muskelzelle; Myoblasten); N, ‘Nucleolus; R, Rindensubstanz; Scl, Sarcolemma; Sp, Spongioplasma der Marksubstanz: w, weit geöffneter Spalt der Rinden- substanz; Zıe, Zwischensubstanz der Rinde. Fig. 1. Stück eines Längsschnitts durch eine Längsmuskelzelle aus der inneren Schicht des Hauptsystems. Fixation: Kalte wässerige Sublimatlösung. Färbung: Hämatoxylin. Vergrößerung: 500. re 1 Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. 705 Fig. 2—4. Querschnitte von Längsmuskelzellen aus der inneren Schicht des Hauptsystems, Segment 2. Fixation: Heiße wässerige Sublimatlösung. Fär- bung: Hämatoxylin. Vergrößerung: 500. Fig. 5. Querschnitt einer Radiärmuskelzelle des Ösophagus. Fixation, Fär- bung und Vergrößerung wie vorige. Fig. 6. Wie Fig. 2—4. Fig. 7. Querschnitt einer Längsmuskelzelle aus der inneren Schicht des Hauptsystems im vorderen Postbuccalsegmente. Fixation, Färbung und Ver- größerung wie vorige. Fig. 8. Querschnitt einer Längsmuskelzelle aus der inneren Schicht des Hauptsystems, Rumpfsegment 6. Fixation: Kalte wässerige Sublimatlösung. Fär- bung: Bismarckbraun. Vergrößerung: 500. Fig. 9 und 10. Stück eines Querschnitts einer Längsmuskelzelle. Fixation: FLEMMINGs Chromessigsäure. Färbung: BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr.: 1000. Fig. 11. Querschnitt durch die Mitte des großen Ringels des zweiten Rumpfsegments. Fixation: Heiße wässerige Sublimatlösung. Vergr.: 60. a, Zellen der äußeren Schicht des Haupt- N, Zellen des Nebensystems; (längs)systems; Nephr, Nephridium; B.M, Bauchmark; pt, Peritoneum (mit Kern!); Ep, Epithel; km, Ringmuskulatur des Hautmuskel- ?, Zellen der inneren Schicht des Haupt- schlauchs; (längs)systems; V.D, Vas dorsale; Im, Längsmuskelzelle des Darms; V.V, Vas ventrale. Msm, Mesomysium; Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. Zeitschrift £ wiss. Zoologie Bd. XV. B- ngelmann, Leipzig. Kal. Univers-Druukerei vH Seärtz, Würzburg: Zeitschrilt £ wiss. Zoologu Ba. IWW. Zeitschrift £ wiss. Zoologie Bd. MA! Zi Bst) .- SE, Fig.2. \ m N ___ Si Tre PEaNES > zZ J.Bongardt,.gez z, Würzburg: felmarın, Leipzig. Kal. Unrörers-Drischeret vl Taf. Zritschmitt F wiss. Zoologie Ba. INN Sn “= r | Tat Hl Zeitschrift E wiss. Zoologie BA. IN! Tat | | | ' u ”. > 8) Fie. 3. | | | | | N: x er £ =} Pr; INBorgardt, gez Taf. I d.LAAT. > #7 b ft f.wiss.Zoologie Uscht Ze Wilhelm Engelmann = 7 —n ellschrifE f. wı: Se PADX ) logie Bd. L, A AK \Wilheln Taf. Bl » BE 99, a ‘) Aa d. LAATV. ” 3 Zaitschrifl: Kiss. Zoologie I Taf E Ss d I Du men f wilheln Englinanmn Zeitschrift f.wiss.Zoologie Dd.LAZV. DO 10. a --- -- ---r « a I % Ye“ Lith Anstw. EA Funke, Leipz Taf: V1. Ba LK. Zeitschrifl yıwiss, Zoologie I0, I. Yoraa „Wilhelm Engelmann 31 1omoic | LithAnstv.K.A.Funke, keipzug Leipzig. AV, A dd Zeitschrift [wiss.Zoologte B Taf Vl. INN, Pr £ # an a TER Sanansnsnn nennen ii re” rag » Wilhelm Engelmann nu: Zeilschrift Fwiss. Zoologie Bd.LXA. nn ‚ Wilheln Taf. VII. Ze b Teuf- VL. = a Te nenn u nenn ee ne u hen nennen nn Diese ee ee En a nn a ER a ne ge ee Tee Taerar Sehgmitnen wenn dm ic ee re m = a 5 a er en nd nn Den A ra nad San ana hung bene nern. Tg ca» ac mr A a midi hünnn ne ar Fran» aan en en er en ea sen mn nam un nennen a. vy Zeitschr! f' W138. Zoolonjie Bil, DKXV Taf I. u u = Bene. = Al in IF Ihelm ; | Wi eilschrüfl F wi ss. Zoologte Bd. LAN] a yıllielm Bigelmann Wilhelm Engelnan Be > Kera a N EN x x s SE EEE RER ra N u N r r ee => ET rm “ e Rn 3-8 R t Fnis ke h, A - « . RT SR Kasse zZ x ; 2 er VE Rx, a BR \ Fra f : Pe 25 ; R R % e ag, . ee IR re. L . , en „ae + f ER x „ Pr DIT in . . F Ir r ern: 2 “ x E4 nu » x a e Er > & ; EU b r . = ö 2 E - y n BOERLEBEH - ; ' we g ‚ . . - . ne N = a a A , Fche > . 2 » Dei. } e = S . a x S ; , re y 12 r , “ / E R 2 h ‘ } i f A ’ m 91124 Zeitschrifl F wiss. Zoologie B' d.LX, En ! Y I i Zellsı hrıfl 1 M LS. Zoolog Ta Bd : / - A ge E% 01 Zeilsc) logie Bd.LNAT. fl W138 AV en re) E va ge) e as) Au "2 nn Yu = auf 05 ei nn rn = oma, er = EL Zeitschrift [.wrss./ oologie VE Zeitschrift [.wiss.Zoologie Bad.LAX V HZ Ca Haack gez. ee Zeitschrifl J wiss. Zoologie BALEKX 4 5 1a 28: BE 2 eimam Tr ER TE zeig 1, » Wilhelm Rigelmarm Kin Dora nungen Jaf kV. Fig.18. Bi RMIM Bi in AN Haack gez. a ee - Lifh Anst.v.E.A Furke Leipzig. Verlag v.Wilhelm Engelmann in Leipzig. a r D e Ba.1XAV gt ss. Zoolo ITS LTE Zeilsch an ° 1 4 Sr 5% ER RE SH EI AOLER SEHE CE eere Be RE DER > ER n DRK Zeitschrift [. wiss. Zoologie Bd.LAXV. ph 2 Taf XVH LihAnstv EA Pırkel, N Ba.LXX Te s./: oolog IVTS Zeitschrift J. Taf: XVII. % x > Zeitschrift f. wiss. Zoologie Ba. LXKV. = Taf XV, chisphl JH Verlag » Wilhelm Engelmann in Taf XIX. ne AN 2 => An st A: g Pi /erlag v.Wilhelm Engelmann "2. Leipzig. j Il, 3 Zeitschrift A wiss. /0 ologte Ba,.1LAAV, __— E ER A TEE RT Fig, 3 ventral Fig. T 7779 Zeitschrift [.wtss. Zoologie Bd.LARV. Trunalı del. Zeitschrift fıwiss.Zoologie BdINNW. UL. Zi ıtschruft 1. WISS. ZOOLOQLE. A. “ rd % 0 nnd 6 Y “ „’ e [} ae ® , lo kart $ Sy ö a . . Kur er “ DR RE) SEI . 6 '" D .» b ee) Dar, u RK . Ne B AN N x . ‘%. e °, 9 vr ® 1 [\ 2 | # a 2. [3 » ... en 1... ®. & R & x x % .. ® de) . ‘ a) $ 5 ® “... N Laie! t Ko se ” Ä & 4 EN N / as en FA Nr &- 7 N N Na) x vun eg, ES8 un x rn. My “ ’ z > # 2% a ® >. A nen ’ . [3 . 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Funke, Leip zig. ann m Leipzig, Zeitschrift L.wiss Zoologie Bd. LAN. Vak AV. % | 1} | j | Dia Be co „= 0 9 ENGE Aare (2 \ = ee = 2 ee 6 Be oz ne. 1 Tig.2 7 i BRFAFRUIRL AZ Be 3) m IE 07 00 eh ipzi Mann in Leipzig. FUWanow gez Lith.Anst.v.E.A Funke, Leipzig. & N a £ R “ * \ . J , « / . R ı % D j } 2 D £ \ & j ä v / N E 2 » % Ss 2 ‘ I . ! L ) r 13 ’ # j \ g h i 2 . 8 y \ N, “ \ { \ B _ e r } ü \ i C ' 4 & INES u / “ ! y _ L n D D y e f . x E5 y « y a j $ \ MER . x . j i f ! v i \ A, Le , i) « [ B Y ss ? { 1 { N ü 5 = = E * 2 B u Zeitschrift I. w155.£: oologte Bd. LAS: 2 ‘C rla gW. Wilhelr Zt. v“ | Asus 8 | nann in Leipzig. pzig ; Lith.Anst.x-E.A.Funke, Leipzig Zeitschrill Kwiss Zooloyie Bd, LAN: Ia£_EITT. r Fig. 18. 9 727772 139.20, a Bm Bs pm fi bösm DIIE h' , 2 ‚prm BRITZ Be - : WlelmBngehnann in le Verlag u ESZE ipzıt: Lith.Ahst,vE.A.Funke, Leipaig r hrifl f.wıss.Z oologie BI.BAN) Zellsc an BI ÄRE, 7 19} 10. ep. a Br | ä de IR Ir „® Mk ®e,.dD ae nd eo? 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Zoologie Bd.LAAV. oO | \ > N Pa > ® Es E 0s ANEL een —0$ [FB = 6. n.p Be / 4.4 hs ee; WD. 4L.2Z. \ f _— u VE Zr \ d.d- un - - -gl.2. j r ® $ | g-2 oe N NE / PP N D n a,% 0" | | # % ä gi ng \ ’ ’. ” es) oe. , “@ = oe. £ —_ -b1.g. ® > - ® er ® $ * “ FE 6.g l I A. /0. med.gef.— —- EX FEN a een la u KL PR # v / — 8 m gb \ iger = n06e8 / NY 9) Ieße \ I « a 4 / .® os, VESEr SEe Re ray -med.g. is EraErT ‘ os = 39® & N 2 ) ae en En ee, 00, % 98° _ — = DEI URL. \ 388° .eCee ® ; ! ® en ” 9.98 rRI. ; > 99°, I ses,° € - Wilheln N 2 = Bar E N eo ed x \ TEN S N \ en N IN S I S | > fan) | Ar | | ne cJ ES SS IS | | | Ds S E I | R T X ME we ur = j i N seeweee 0% PN Pa SI. BT 5 - | | 2 = ML Fe. 5 >, te Se U 3 &; lee ve & 1.8 a = N a1 > u > | Ä - | . / \ ® ven eine 2 ® | 7 tz | = Y 6 | Li i Ih ° De > Y > BEN | a) 7 B ‘ I 1 e N e ar > & Se ee ! 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Sc nung 5 ml Bar VE EEE ET ET TE TE Te LEERE TEE LEUTE EEE TE EEE EEE TIEREN, ver rn ee ——n —— ED wm >= Khlanteinden Mn nei ee eher aan aa aaa a Zi re ae End na ET Lith Anstv. E.A Funke, Leipzig. BR), — a Zeitschrift fewiss.Zoologie Bd. LAAV. Se b Taf! XAIX. Fig.l. Lith.Anstv.E.A.Runke, ‚erpzig: r . Zeilschrift [.wiss. Zoologie Bd. LXXTV en te Ale An N I PAKX. 1:9 = LEN ANSE: Zeitschrift J.w158. Zoologie Bd. EXAV, Marttttititiens a i Taf_LEN. *r wadsre i t wahrer. / Bee Eee 1 WW 7. Zn. Kit ei si 4. dr a Ar _ 1-4 ’ 4 tr IH + 417 w I ad 14 ri, ' { ertr ’ Pe - * ı 5. “ Fi: ale ©, rd er ORömer del Zeilschrüft f.wiss.Zoologie Bd. LXAT. VEogp TER ff, MAT: been. Ba. NAT. 5, ß Taf. Zeitschrüll 1. wiss. Zoologte | - Po” an nn 2 en een TREE" te erden et m eg ER ET ET VE Zen 2 ran, ee re - u ; T \ \ a BL :c RS aa W j Zeitschrll Eısiss. Zoologie Bd. LAAT. Ken x Zeitschrift F wiss. Zoologie Ba. LXMW Terfel;. XNXXIT. Fis. 8. a ae: N —— f—Rearnt. & fi I, A » MRETLZ2S ’\ a & 7 N Pau u ‚” / r = ei Here. . / Be at Rn , ] > e \ I, N KrHT-—R‘/ 18; e AUS Kgl.Univers. Druckerei v. H.Stürtz, Würzburg. r Zeitschrift I. wiss. Zoologie Bd. LAN, - | | ol; ass WakeErgerann in Verlag vn WalUEES Leipzig Kgl.Univers. Druckerei v. H.Stürtz, Würzburg, } BZ ET ‚ zu er R 4 EB 7 Mn o I Blb Nenhn Ut f 1r [ x 3 ı Nenhs \ \ H © S ve 8 aa Ner ul 15 laf. XXXIV. Nenhn I dl > ZZ ZISD Zritschrifl I wI3S- Zoologie. Bd.) YXK Taf. XXNN blb ur! ıMmıaie "ki = Ret Neyııyı ( Nenhp i Nenhs Al Zeitschrift Fwıss. Zoologie. Dd.LXAV. I } S | | | | | | | l >Hms & wir \ Ne 72 < vs z ws Bi ® Tarl, I? veriag vVorwh fe) Taf. XXXV. ER, ] 6 4 a | FIRIIIAUDET I Plge EN 7 —— | Snh. Hsch | ‚einzig. Dich. Anst.v. Werner & Winter, Frankfurt IM. 5 Zuitschrifl Kwiss. Zoolomte, Bil.LXNV Ehk EEE EEE TE ee km Luk Ant Werner aWinser, Frankfurt v4 r Zeitschrift £ wiss. Zoologie. ba.LXAV. ..kEhk > ..—--$km CE 'hk E 2-2 --> eiMZig. — ‚2 Ta XNXVT Zeitschrift f wiss. Zoologie. Bd.LXM. Pla Zeitschrift £ wiss. Zoologie. BALXM. Taf: XXXVI. Mrso Mkns NS} | Nso Rbso Mrso W_-— Zeinzig. Zeitschrift / "wiss. Zoologie: BALLMT: ts Tar XxXXVN. Aks INI= Fmrso., Rbso Mrso Zeitschrift £ wiss. Zoologie. DA.LXX. - £ Bdgs Ne N Bägk Dk Dm Taf nm. & Bagk N \ NaN ERUN EE N N 5 eh I— IS Nenhs FE Bam... n RS TG Gi % GE” 399 BIER ee 8 / N ) N \ a7 ä Th Utm _ 9ep%8 >G: OSWO AS S ner IS | Nenhe ee | 1) 1 Hl j A I) ’ 1 HH 1 / | | 17 1:1 j | \ 7 7 ’ A f ii JH / j Mi 3 \ H | £ Er 1, \ UN | H Dvm Mth 5 R un, Jeinzig Tin. A V ; £ Zritschrilt K wiss. Zoologie. BALK. Ta AN _ Dum Dvm Dvm Eee; Dr 4 ellschrift f.wıs: ro} “Zool ogie BEILAIV. eg Wilhelm Engelmann in Vomwi LILUV ZN ZI 10. Taf: AAXK. ee ee EEE EBENE SEE EEE 390.548 Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE. ZOOLOGIE begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen Fünfundsiebzigster Band Erstes Heft Mit 16 Tafeln und vier Figuren im Text. LEIPZIG ‚Verlag von Wilhelm Engelmann | 1903. __ Ausgegeben den 25. September 1903. TR RE TE Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. Von Er Johannes Bongardt. (Mit Tafel I-III und vier Figuren im Text.) 1 Über die Nervenendapparate in der Haut des Menschen. Von A. 8. Dogiel. (Mit Tafel IV’—XIV.) ...2. 0... 202 202 ee 46 Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. Von Wilhelm Haack. (Mit Tafel XV und XVL). .:.*2 ... . 22200220 Des 112 Mitteilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagsbuchhandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder- abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus- setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind. Kommissionsverlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Soeben erschien: Über Tracheatenbeine. Vierter und fünfter Aufsatz: Chilopoda und Hexapoda. Von Dr. Karl W. Verhoeff. Aus dem Berliner zoolog. Museum (Mus. f. Naturkunde). Mit 4 Tafeln. (Nova Acta, Abh. d. kais. Leop. Carol. Deutschen Akad. d. Naturforscher Bd. 81, No.4.) sr. 4. 45.50. Über die Endsegmente des Körpers der Chilopoden, Dermapteren und Japygiden und zur Systematik von Japyx. Von Dr. Karl W. Verhoefl. Aus dem Berliner zoolog. Museum (Mus. f. Naturkunde). Mit 2 Tafeln. (Nova Acta, Abh. ete. Bd. 81, No. 5.) gr. 4 # 3.50. Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen Fünfundsiebzigster Band Zweites Heft Mit 8 Tafeln und 22 Figuren im Text. sen se TnGEn an nm ET a ns nn Dun un DEE En in en Oma ars) MELDEN TUR > an RER ENn nn mann nen nee TE nenn men SEN ra TO MAN Sam nem ne Bern a near nen me Tann Up See Dan snBE LITE AS ARBTOET TE a Sm nn er rn armen men nn a eg rn LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann | 1903. Ausgegeben den 6. Oktober 1903. 1n.h43%, = Seite Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. Uber eigenartige aus der Zelle wandernde »Sphären« und »Üentrosomen«, ihre Entstehung und ihren Zerfall. Von Emil Rohde. (Mit Taf. XVII XIX) . PET, 147 Über den Zusammenhang von Mitteldarm und Enddarm bei den Larven der aculeaten Hymenopteren. Von C. Rengel. (Mit Taf. XX u. XXL) 221 Studien über das Kiemenfilter bei Süßwasserfischen. Von Enoch Zander. (Mit 17 Figuren im Text.) . ...... 22... SE 233 Untersuchungen über die Medulla oblongata von Dasypus villosus.. Von Paul Hübschmann. (Mit 5. Figuren ım Text.) os 258 Über die geschlechtliche heterogame Fortpflanzung einer im Darmkanale von Henlea leptodera Vejd. schmarotzenden Gregarine — Schaudinnella henleae mihi. Von Jözef Nusbaum. (Mit Taf. XXIL)...... 281 Beiträge zur Anatomie der Geckopfote.e. Von Julius Tandler. (Mit Taf. XXXIU u. XXIWV.).... 20.2022 eo 308 Mitteilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagsbuchhandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder- abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus- setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind. Verlag von Wilhelm uam in Leipzig. »] Vergleichende Anatomie der Wirbelthiere, mit Be- Gegenbaur, Carl, rücksichtigung der Wirbellosen. Erster Band: Einleitung. Integument, Skeletsystem, Muskelsystem, Nervensystem und Sinnesorgane. Mit 619 zum Theil farbigen Figuren in Text. gr. 8. 189. MM 27.—; in Halbfranz geb. .Z 30.—. Zweiter (Schluss-) Band: Darmsystem und Athmungsorgane, Gefäß- system, Harn- und Geschlechtsorgane (Urogenitalsystem). Mit 355 Figuren im Text und dem Register für beide Bände. gr. 8 1901. .% 20.—; in Halb- franz geb. 4 23.—. ON A e-) er r Oo» Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen Fünfundsiebzigster Band Drittes Heft Mit 9 Tafeln und 6 Figuren im Text. LEIPZIG Ausgegeben den 8. Dezember 1903. Verlag von Wilhelm Engelmann | 1903. Tn2%371% Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten bei Lumbrieulus variegatus ng Gr. Von P. Iwanow. (Mit Taf. XXV w XXVij Aus dem Gebiete der Regeneration. III. Über Regenerationserscheinungen bei Phoronis Mülleri Sel. Long. Von Eugen Schultz. (Mit Taf. XXVI u. XVII)... 22020800 Ds Da 391 Alcune particolarita di struttura e di innervazione della cute dell’ ammocoetes branchialis. Per Giovanni Marenghi. (Con Tavola XXIX.)... 421 Einige histologische Details über Trichoplax adhaerens. Von Gustav Stiasny. (Mit 2 Figuren im Text) . „. . „eo ee 430 Untersuchungen über den feineren Bau einiger Muschelschelike Von Otto Römer. (Mit Taf. XXX—XXXI und 4 Figuren im Text.) .. . 437 Aus dem Gebiete der Regeneration. IV. Über Bezeneraiine bei Actinotrocha branchiata Müller. Von Eugen Schultz. (Mit Tafel XXXIIL). . » = 72 20.2002 2000 nn 2 Mitteilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wırd. Für Textfiguren bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagsbuchhandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder- abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus- setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Soeben erschien: Einführung in die Paläontologie von ° Dr. Gustav Steinmann, ord. Professor der Geologie und Paläontologie an der Universität Freiburg i. B. Mit 818 Textabbildungen. gr. 8. 1903. „4 12.—; in Leinen geb. # 13.—. Zeitschrift. FT WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen Fünfundsiebzigster Band Viertes Heft . Mit 6 Tafeln und 33 Figuren im Text. LEIPZIG Ausgegeben den 29. Dezember 1903. Verlag von Wilhelm Engelmann 1903. Inhalt. _—_— f Seite Beiträge zur Anatomie und Histologie der Myzostomen. I. Myzostoma asteriae Marenz. Von Dr. Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels. (Mit Taf. XXXIV—XXXVIIH und 2 Figuren im Text)... ....... 495 Die Muskulatur von Branchiobdella parasita. Von Friedo Schmidt. Mit Taf. XRXIX und-31 Figuren im Text.) .. 20,720 Ve 596 Mitteilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagsbuchhandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder- abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus- setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Grundriss einer Geschichte der Naturwissenschaften zugleich eine Einführung in das Studium der grundlegenden naturwissenschaftlichen Liter atur von Dr. Friedrich Dannemann. Zweite, neu bearbeitete Auflage. gr. 8. I. Band: Erläuterte Abschnitte aus den Werken hervorragender Naturforscher aller Völker und Zeiten. Mit 44 en zum größten Teil in Wiedergabe nach den Originalwerken 91 5% und einer Spektraltafel. 1902. 4 8.—; in Leinen geb. % 9.—. II. Band: Die Entwicklung der Naturwissenschaften. Mit 87 Abbildungen zum größten Teil in Wiedergabe nach den Originalwerken, einem Bildnis Galileis und einer Spektraltafel. 1903. 4 10.—; in Leinen gebunden 4 11.—. Die Bände sind einzeln käuflich. SMITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIES | IE | | 1 INN 2 3 9088 01316 620