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ZEITSCHRIFT

FÜR

° ACCLIMATISATION.

ORGAN

DES

ACCLIMATISATIONS- VEREINS

FÜR DIE

KÖNIGLICH PREUSSISCHEN STAATEN.

HERAUSGEGEBEN

VON

" ERNST KAUFMANN.

1860. DRITTER BAND.

BERLIN. PARIS. VERLAG VON A LA LIBRAIRIE DE GUSTAV BOSSELMANN. VICTOR MASSON.

1860.

Inhalts-Verzeichniss des dritten Bandes.

-—n[

Seite Verzeichniss der Vereins-Mitglieder incl. der angeschlossenen An- stalten und Vereine . . . . ern mel nenne 1

Amtlicher Theil,

Vereinsverhandlungen. Auszüge aus den Protokollen:

Vorstandssitzung am 24. Januar 1860 ..... lie ae 50, > 8 FRE: am 21 Fobruar: 1860... «se :e.,0, 8% e;e,,.; 10 yorse rY20: MEHR sale near ae. sun 13 s am 24. April 1860 . .....» aaa. IT 2 sa 19. Jon 1900... 0a siaeudaehe rer DA am 34. do ,„ , ; ‚r admi naht 37 am 11. September... .. a ar IR ä am 27. November 2... 2 0.0. FE RER) © Berichte und Correspondenzen. Ueber Versuche mit den pro 1859 vertheilten Sämereien . ... - 26 Diakonus Stade in Heringen . « » 2: 2. ee. er. 27

Landwirthschaftl. Verein des Züllichau-Schwiebuser Kreises. . 28 Kunst- und Handelsgärtner C. Krüger in Lübbenau .. .. 29 Landwirthschaftl. Zweigverein des Neu-Stettiner Kreises . . . 30 Landwirthschaftl. Abtheilung des altmärkischen Vereins für vater-

ländische Geschichte und Industrie zu Stendal .. ... » 31 Verein Westpreussischer Landwirthe . . x...» . er Landwirthschaftl. Verein zu Pr. Stargard .. „vr... 44

Pr Kreisverein zu Angerburg. ». »....... 45

P Verein zu.Barten . . Ü 2. 2. .00% EDER

Fr Hauptverein zu Manstekriöäl) 6 arte wer 4 Östpreussische landwirthsehaftl. Centralstelle zu Königsberg . 46 Verein der Land- und Forstwirthe zu Freystadt .. „0. 43 Landwirthschaftl. Verein für das Fürstenthum Halberstadt und

die Grafsehaft "Wernigerode . ». » . » 2.0.2...» 49 Lokal-Abtheilung IXa. des landwirthschaftl. Vereins für Rhein-

preussen. zu Bonn . . . „amimahkuil wos FETTE TE PR | 50 Landwirthschaftl. Verein zu Steinau . -». 2.2.2... ee) 4 Zweigverein der Pommerschen ökonomischen Gesellschaft . 55

Ueber Versuche mit den im Frühjahr 1860 vertheilten Sämereien . 127 Carl Krüger in Lübbenau. . 2.2... 2... ne 02 Ostpreussische landwirthschaftl. Centralstelle ». . » » » ..... 130 Landwirthschaftl. Verein zu Steinau .....: 22020... 132 Bütower Oekonomischer Verein . 2... 2222000 138 Lokalabtheilung XIVa. des landwirthschaftl. Vereins zu Coblenz 138 Landwirthschaftl. Verein zu Brandenburg . -. ..... >... 139 G. A. Fintelmana. Pfausnwels ne. +. a. 189 Landwirthschaftl. Verein zu Bartten . ... 220202. 145

ft

Lehrer Schojan. Hasenholz ..... . nein we A W. Lenke in Heinrichsdorf bei Bahn in Pommern ..... 147 Prediger Strasburg. Buckow... 2.2... :

Landwirthschaftl. Verein des Züllichau-Schwiebuser Kreises. . 151

Fr. Ehrhardt Preilinz. . s . 2. » TEE UBER ETUI 1); Diacontis Stade. Heringen . . INT IRIIERI. , 153 M. Kaufmann, Rittergutsbesitzer in BB nat is, .. 1 Berend, Rittergutsbesitzer in Boia Do Na . 1855 E. John. Marionwerdes. :. .:;. 2.4 2 Be a a tn 158...

Landwirthschaftl. Abtheilung des altmärkischen Vereins für vater- ländische Geschichte und Industrie zu Stendal . .. 2... 161

Ueber die Züchtung des Ricinusspinners . . 2... 200 65. 177 ouis Barr in Gotha ...:: 4°. KEN ee 65 Verein zur Förderung der Seidenzucht im Herzogthum Nassau 67. 178° öBatkerbrodt. Hildesheim . . . ns ern Er; M. Schlenzig. Altenburg... » ..... . “as 68. 182 Kurfürstlich Hessische Kommission für landw, Angelegenheiten 68. 180 Louise Löbbecke. Braunschweig . ..... RHEIN 69 Louis Kurzius. Callenberg bei Coburg ......... 69 Verein zur Förderung der Seidenkultur in Ober-Oesterreich.. 71 Diaconus Stade. Heringen. . ..... I SE 57 71. 200 J. Wullschlegel.- Oftringen . „v2... 0... e«. 71.181 GE. Volker: Gotha 12.4: SR OR un 72 Voight: Freienwalde - .. ZU I 98. a 184 Ed. Bennecker. Tölltadtt .2..2...% ee er J.. C. Lüer. Göttingen „u... hi BUslzsgrg) ug . "198 E. John. Matienwerdet ron Sa 0 DJ N, 201 Görke. Weichselburg bei Marienwerder . . . 2.2. 200% 202

Ueber eine Sendung italienischer Bienen . . . 2... 227. 57. 211

John. Marienwerder . . 2... vUrh RG % ti 211 N. W. Kamphayseh. "Bendorf. v2 ug, Niripaniet .. 213 Fr Ehrhardt. Pretin®t ai Sn Sa Wirt 216

Die beiden Angoraböcke und das Oberägyptische Ziegenpaar vous, 206 Nichtamtlicher Theil,

Ernst Kaufmann. Die Acclimatisations-Vereine - -. . 2»... 75 G. A. Fintelmann. Bombyx RBicini.. u.“ s. 2...» 88 Die Lokal-Abtheilung XIVa. des landwirthschaftl. Vereins für Rhein- preussen. Ueber künstliche Fischzucht . . . . 2a... ..% 91 Friedrich Kühne. Bericht über den nordamerikanischen wilden Reis . %.- 4 un was wer GBR Diadiaelerk). Sid» 96 Die Fortpflanzung des afrikanischen Strausses in der Gefangenschaft 100 Jos. Jac.-Flatau Ueber Hopfenbau . . . . sek vor erwnmırstın 219 Der Zuckerahorn. Acer Saccharinum. .... 1. teens 237 Kanitz; Die italienische Biene... uw nu u Wrasnmeon 241 Ueber die Kultur der Obstbäume. . . 2 2. 22 2 u 2a ...246 Ueber die Hauptfehler bei Erziehung der Obstbäume. 2.2... . .. 250 De la maladie des vers-ä-soie. (Par un serieieulteur are .. 256

Bntgegnung :. ». «rs ro re 1. Wiutad, vn wife. neiistivehont 106

Verzeichniss der Mitglieder

des Acelimatisations-Vereins für die Königlich Preussischen Staaten.

Ehren-Vorsitzender: Seine Hoheit der Herzog Ermst IE. zu Sachsen-Coburg-Gotha.

Seine Kaiserl. Hoheit der Grossfürst Nieolai Nicolajewitsch von Russland, Ehren -Mitglied.

- Anstalten und Vereine, welche sich angeschlossen haben :

I. Provinz Preussen.

1. Ostpreussische landwirthsch. Central-Stelle zu Königsberg.

2. Central-Verband Westpreussischer Landwirthe zu Marienwerder. 3. Landwirthschaftlicher Verein zu Barten.

4. J A Fischhausen-Dammkrug.

5. ; 5 Praust bei Danzig,

6. * 8 Rosenberg (Westpreussen).

7, Stargardt (Westpreussen).

8. “4 Kreis-Verein zu Angerburg.

9. Oekonomisch-polytechnischer Verein zu Hohenstein.

10,

Verein zur Beförderung der Landwirthschaft zu Königsberg. U. Provinz Posen. 11. Landwirthschaftlicher Verein zu Rawicz. 12. » des Kreises Schildberg zu Kempen. II. Provinz Pommern. 13. Landwirthschaftlicher Zweigverein zu Bütow.

14. r : Falkenburg. 1860. Ba. II. 1

15. 16. 17.

18. 19. 20. 21.

22. 23. 24. 25. 26. 27. 28.

29.

30. 31.

32. 33. 34.

35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45.

46. 47.

2

Landwirthschaftlicher Verein des Neu-Stettiner Kreises. Zweigverein zu Pyritz. Stolpe.

n n IV. Provinz Brandenburg. Landwirthschaftlicher Lokal-Verein zu Berlinchen (Kr. Soldin). Oekonomischer Verein zu Brandenburg a. d. Havel.

Landwirthschaftlicher Lokalverein zu Forst.

b: Verein des Züllichau-Schwiebuser Kreises.

V. Provinz Schlesien, Land- und forstwirthschaftlicher Verein zu Freystadt. Hühnerologischer Verein zu Görlitz.

Landwirthschaftlicher Verein zu Leobschütz. Neisse - Grottkauer landwirthshaftlicher Verein zu Neisse.

Landwirthschaftlicher Verein zu Steinau. r » . des Goldberger Kreises zu Goldberg.

a Kreis-Verein zu Sorau.

VI. Provinz Sachsen. Landwirthschaftlicher Verein für das Fürstenthum Halberstadt und

die Grafschaft Wernigerode. Naturwissenschaftlicher Verein zu Halle. Altmärkischer Verein für vaterländische Geschichte und Industrie zu

Stendal. VI. Provinz Westphalen.

Landwirthschaftlicher Hauptverein zu Münster. » Kreisverein Münster. Verein des Kreises Lüdinghausen zu Botzlar

bei Bork. VIH. Rheinprovinz.

Die Königl. höhere landwirthsehaftliche Lehranstalt zu Poppelsdorf. Landwirthschaftlicher Central-Verein für Rheinpreussen zu Bonn.

Lokal- Abtheilung Xa. des landwirth. Central-Vereins zu Aachen. 2 XIXb. & ® Berncastel. = IXa, > a Bonn. pi IIb, 2 3 Crefeld. & XIVa > 5 Coblenz. XlXa £ " Tixier. . XRe. Wittlich.

Der naturwissenschaftliche Yardiı für Elberfeld und Barmen. Landwirthschaftliches Casino zu Scheiderhöh (Kreis Sieg).

Ausser Preussen.

Die Grossherzoglich Badische Gartenbauschule zu Carlsruhe. Landwirthschaftlicher Verein zu Gotha.

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3

Der Königl. Wermländische Landwirthschaftliche Verein (Kongliga Wermländska Hushaltnings Sällskapet) zu Philippstadt in Schweden.

Mitglieder.

.Annenkow, Nicolas, Professor in Moskau. (E.M.)

Bagdanow, Anatole, Professor, Sekretair des Moskauer Acclimati- sations -Comite in Moskau. (C.M.)

Baldamus, E., Pastor in Diebzig bei Cöthen. (C.M.)

Bastide in Santos in Brasilien. (C.M.)

Erlaucht der Prinz Beauveau, Vice-Präsident der Soc. Imp. d’Aceli-

matation zu Paris.

. Berbrugger, Bibliothekar in Algier. (C.M.)

Berend, Hermann, Rittergutsbesitzer in Berlin.

Berend, H.B., Banquier in Berlin.

Berend, E., Kaufmann in Berlin.

Berger, C. Max, in Hochaujezd per Duschnick in Böhmen.

Berthelot, Sabin, franz. Consul zu St. Cruz auf Teneriffa. (C.M.

Blasius, J. @., Professor in Braunschweig. (C.M.)

Bolle, Carl, Dr. phil., Mitglied der Kaiserl. Carol. Leop. Akademie der Naturforscher in Berlin,

Borsenkoff, Jacques, Professor in Moskau.

Borsig, A., Commerzienrath in Berlin.

Bosselmann, G, Verlagsbuchhändler in Berlin, Vorstands-Mit- glied.

Braun, Al., Dr. Prof., Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin, Mitglied des Ehren-Vorstandes.

Brandt, F., Staatsrath, Professor Dr., in Petersburg. (C.M.)

Brehm, Ch. L., Pastor in Bentendorf, Herz. Altenburg. (C.M.)

von Bunsen, Carl, Königl. Legations-Sekretair in Turin.

Burchardi, Kanzleirath in Berlin.

del Castillo de Rivandeneyro, Don Jose, erster Administrator des Königreichs Valeneia in Spanien in Valencia. (E.M.)

del Castillo y Trigueros, Louis, Attach& bei der Königl. Spani- schen Gesandtschaft in Berlin.

Coste, Professor in Paris. (E.M.)

. Excellenz Don Leopoldo Aug. de Cueto, Se Gesandter a. D., Mit-

glied der Span. Akademie der Wisensäbadlen, (E.M.)

. Excellenz der Divisions-General Daumas in Paris. (E.M.) . Durchlaucht der Fürst Anatole Demidoff in San Donato, Mit-

glied des Ehren -Vorstandes.

. Descovich, A., Ritter v. Oltra, in Prag.

Desvaux, Brigade-General in Batna. (E.M.) Drouyn de Lhuys, Graf, Vice-Präsident der Soc. Imp. d’Acelima tation in Paris, Mitglied des Ehren-Vorstandes. ; Ra

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4

. Dutrone, Appellationsgerichtsrath und Gutsbesitzer in Paris.

Effeldt, Rentier in Berlin.

Ehrhardt, Fr., Seidenzüchter in Prettin.

Eymuth, Fürstl. Schwarzenbergischer Wirthschaftsbeamter zu Wan- dras bei Frauenberg , Budweiser Kreis (Böhmen).

Epenstein, Dr. med., in Berlin.

d’Espremesnil, Graf Raoul, in Paris, General-Sekretair der Soc. Imp. d’Acel.

Falk, August, Kaufmann in Neu-Ruppin.

Fintelmann, Königl. Hofgärtner, Pfaueninsel bei Potsdam. (C.M.)

Flatau, J. J., Banquier in Berlin.

Franke, Geh. Staatsrath u. Regierungs-Präsident in Coburg. (E.M.)

. Durchlaucht Fürst Serge Gagarin, Präsident des Moskauer land-

wirthschaftlichen Vereins und des Moskauer Acclimatisations - Co- mites. (E.M.)

. Garcke, A., Dr. phil., in Berlin.

Geoffroy St. Hilaire, Isidore, Präsident der Soc. Imp. d’Aceli- matation in Paris, Mitglied des Ehren-Vorstandes.

Gerbe, Präparateur im College de France in Paris. (C.M.)

Giebel, Professor Dr., in Halle. (C.M.)

Gireaud, Obergärtner in Berlin.

Hambro, Baron, Banquier in London.

Hamm, Carl, Kaufmann in Berlin.

Hardy, Director der Central-Pepiniere in Algier. (C.M.)

Hartwig, C. A. F,, Kaufmann in Berlin.

Heese, Ad., Seidenzüchter in Berlin.

Höpner, Dr. med., in Berlin.

v.Homeyer. Al., Lieutenant in Frankfurt a.M. (C.M.)

Horina, Joh. Bapt., in Pardubitz (Böhmen).

Horowitz, S., Kaufmann erster Gilde in Odessa.

Hoskier, H.C., Preuss. Consul in Algier. (E.M.)

Issakoff, Michel, in Petersburg.

Jagor, Philipp, in Berlin.

Jamin, Director des Versuchsgartens in Biskra. (C.M.)

John, Dr., General-Sekretair des Vereins Westpreuss. Landwirthe in Marienwerder. (C.M.)

. Excellenz der Divisions-General Jusuf in Algier. (E.M.) . Kalinowski, Secretair general de la Societe d’Acclimatation in

Moskau.

Kaerger, Louis, Kaufmann in Breslau.

Kaufmann, Ernst Alexander, in Berlin, Vorstands - Mitglied, Stifter des Vereins.

Kaufmann, Carl Wilh., Banquier, in. Berlin.

Kaufmann, Otto, Kaufmann in Berlin.

Kaufmann-Asser, J., Gutsbesitzer in Cöln.

Kaufmann, M., Gutsbesitzer in Cöln.

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5

Kette, Geh. Ober-Regierungsrath in Berlin, Mitglied des Ehren- Vorstandes.

König, Preuss. General-Consul in Alexandrien. (E.M.)

Koppe, Rittergutsbesitzer, in Liebenwalde bei Soldin.

Krüger, Handelsgärtner in Lübbenau.

von Langsdorff, R., in Carlsruhe.

de Lara y Ponte, Don F. Maurique, zu Oliva auf Fuertaventura. (C.M.)

Laudyn, F., Forstmeister Sr. K. K. Hoheit des Erzherzogs Albrecht, zu Ungarisch-Altenburg im Wieselburger Comitate.

Laute, Conservator in Berlin.

Lechner, A., Dr., in Petersburg.

Lecoq, A, Kaufmann in Berlin.

von’ Lehndorff, H., Graf, Premier-Lieutenant im Garde du Corps und Rittergutsbesitzter in Berlin.

Lenke, Rittergutsbesitzer in Heinrichsdorf bei Bahn in Pommern.

Lenne, Gartenbau-Director in Potsdam.

Lichtenstein, Consul in Marseille. (E.M.)

von Löbbecke, Rittergutsbesitzer in Brükens (Schlesien).

Lesser, Stanislaus, Königl. Sächs. Consul in Warschau.

Lesser, Sigismund, Rentier in Berlin.

Löwenberg, Hugo, General-Agent in Berlin.

Mirza-Malkom-Khan, Minister-Präsident Sr. K. H. des Schach von Persien in Teheran. (E.M.)

. Excellenz Frhr. O. von Manteuffel, Staatsminister a. D., Mitglied

des Ehren-Vorstandes.

. Excellenz Frhr. von Manteuffel, Wirkl. Geh. Rath, Mitglied des

Ehren-Vorstandes.

. Marcuse, L. A., Lotterie-Ober-Einnehmer in Berlin. Excellenz Hr. Etienne Masslow, Sekretair der agronomischen Ge-

sellschaft in Moskau. (E.M.) Mentzel, E.O., Wirkl. Geh. Kriegsrath, Remonte-Director, in Berlin. Metz & Comp., land- und forstwirthschaftliche Samenhandlung in Berlin. Michalowsky, Z., Kaufmann in Odessa.

» Excellenz Hr. von Minutoli, Preuss. Gesandter in Teheran. (E.M.) . Mollard, Oberlandesgerichtsrath u. Gutsbesitzer in Gora (Kr. Plessen).

Müller, Aug., Dr. med., in Berlin, Vorstands-Mitglied.

. Excellenz Don Juan Bravo - Murillo, Minister-Präsident a. D., in

Madrid. (E.M.)

. Nobiling, C., Major a. D. in Berlin.

Obst, Buchdruckerei-Besitzer in Berlin.

Oppenheim, Ed., Banquier, Director des zoolog. Gartens in Cöln. Oussow, Serge, in Moskau. (C.M.)

Paiva, Baron Castello-, in Oporto. (C.M.)

. Excellenz Marquis de Pallavicino, Minister a.D. in Parma. (E.M.)

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6

. Partatore, Professor in Florenz. (E.M.)

Pfützenreuter, Oberamtmann in Berlin.

Pintus, Isidor, Fabrikbesitzer in Berlin.

Platho, J., Banquier, Vorstands - Mitglied.

Plüddemann, $., Rentier, Premier-Lieutenant a. D. in Berlin, Don F. Maurique de Lara y Ponte zu Oliva auf Fuertaventura. (C.M.) Poselger, H., Dr. phil., in Berlin, Vorstands-Mitglied. Possart, Eugen, landwirthschaftl. Samenhandlung in Berlin. Possart, P., Inspector in Berlin.

Le Prestre, Dr. med., in Caen.

. Excellenz Graf von Pückler, Staatsminister, Chef des landwirth-

schaftlichen Ministeriums,

. von Raesfeld, Baron in Terborg (Holland).

Raffauf, Marine-Intendanturrath in Berlin, Vorstands- Emm itglied. Rammlow, J. C., Seidenzüchter in Berlin.

. Durchl. der Herzog A. von Ratibor, Fürst von Corvey, auf Schloss

Rauden (Ober-Schlesien).

. Ravene, L. jun., Kaufmann in Berlin

Richter, Antoine, in Königssaal bei Prag.

Rolfs, Kaufmann in Siegfeld bei Siegburg.

Rose, Lieutenant im arabischen Bureau in Biskra. (C.M.) Sacchini, Virgile, Commandeur in Parma. (E.M.)

. Durchlaucht der Fürst zu Salm-Dyck, auf Schloss Dyck (Rhein-

preussen), Mitglied des Ehren -Vorstandes.

.von Schaffgotsch, F.G., Graf, in Berlin, u

Schirrmacher, J. F., Vorsteher der Zinsen -Controlle der Staats- f schulden in Berlin, Trstinlige Mitglied.

. Excellenz Freiherr von Schleinitz, Staatsminister, in Berlin. . von Schmettow, Graf B., in Pommerzig bei Züllichau.

Schmidt, Oberförster in Blumberg bei Passow.

Schojan, Lehrer in Hasenholz bei Buckow.

Schuft, A., Dr. med., in Berlin.

Schulz, E., Rittergutsbesitzer in Nickern bei Züllichau.

Schulz, Seidenzüchter in Berlin.

Seemann, Dr. Berthold, in London, (C.M.)

de Soliveres, Don Gaspar Maria, Ober-Landescultur-Rath in Ma- drid. (E.M.)

Spinola, W. T.J., Dr. phil., Lehrer an der Thierarzneischule in Berlin, Vorstands-Mitglied.

Stade, G., Diaconus in Heringen bei Nordhausen.

Swaine, Rich., Gutsbesitzer auf Schloss Theres bei Schweinfurt.

Toepffer, @. A., Vorstand des pommerschen ökonomischen und Seidenbau-Vereins in Stettin.

von Treskow, Louis, Gutsbesitzer auf Weissack bei. Luckau.

Don Juan Trigueros de Romero, General-Sekretair der Akade- mie der schönen Künste in Malaga. (E.M.)

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7

. Excellenz Don Augusto de Ulloa, General-Director der ara

Colonien in Madrid. (E.M.)

. Unger, Carl, Hofbuchdrucker in Berlin.

Warneck, N., Professor der Universität in Moskau.

Weber, Preuss. Consul in Beiruth. (E.M.)

von Weckerlin, R., Wirkl. Geh. Rath in Hohenheim. (E.M.)

de Weerth, A., in Elberfeld.

Wendenburg, Hermann, Gutsbesitzer in Beesenstadt bei Wettin. Willkomm, Professor in Tharandt. (C.M.)

Wolff, C.D., Banquier in Berlin.

Wolff, S. jun., Kaufmann in Berlin.

Wustand, Carl, Kaufmann in Berlin,

Ammtlicher Theil.

Vereins-Verhandlungen.

(Auszug aus den Protokollen.)

Vorstandssitzung am 24. Januar 1860 in Arnim’s Hötel.

Es waren anwesend die Herren Bosselmann, Platho, Schirrmacher, Spinola und Poselger; später erschien Herr Dr. Müller.

Hr. Dr. Poselger theilt zunächst mit, dass sich in der Vossischen Zeitung vom 8. December v. J. ein Bericht über eine Vorstandssitzung des Oentral-Instituts für Acclimatisa- tion in Deutschland befunden hat, welcher ein Referat des Hrn. Dr. Klotzsch über die Zizania aquatica enthält, worin derselbe die Bestrebungen des Acclimatisations-Vereins, um diese Pflanze bei uns einzuführen, in höchst feindseliger Weise angreift. Es hat der Vorstand des Acelimatisa- tions-Vereins sich veranlasst gefühlt, Hrn. Dr. Klotzsch in einem Schreiben auf die grosse Unangemessenheit eines sol- chen Verfahrens aufmerksam zu machen, zumal, da es sich hier um die Einführung einer neuen Brodfrucht handelt. Auf dieses Schreiben ist von Seiten des Hrn. Dr. Klotzsch keine Antwort erfolgt.

Ueber die Samen der Zizania selbst ist im Namen des Vorstands von Hrn. Dr. Garke ein Gutachten erbeten wor- den. Dasselbe ist dahin ausgefallen, dass, obgleich diesel- ben vollkommen reif zu sein scheinen, doch die dunkelbraune oder dunkelgrüne Farbe der Eiweisskörper gegen ihre Güte sprechen.

Dr. Poselger theilt sodann mit, dass am lOten die lang erwartete Bienensendung aus Italien eingetroffen sei. Es ist

9

ein einziger grosser Stock gesandt worden und waren wegen der ausserordentlich langen Reise eine grosse Anzahl Bienen todt und die übrigen sehr matt. Es ist die ganze Sendung sogleich an Hrn. Ehrhardt in Prettin geschickt worden, und ist ‘es demselben gelungen, die Königin und etwa 300 Bienen zu retten. Auch hat er die Bienen als die richtige echt italienische Sorte erkannt.

Da nun mehrere Mitglieder um Uebersendung von italie- nischen Bienen gebeten hatten und bei dieser jetzigen Sen- dung eine Theilung derselben unmöglich ist, so entstand un- ter den Vorstandsmitgliedern die Frage, ob es nicht zweck- mässig sein möchte, sogleich noch eine Sendung, womöglich mit mehreren Königinnen zu bestellen.

Es wird jedoch beschlossen, ‚über diesen Punkt zuerst die Ansicht des Herrn Ehrhardt einzuholen und ihn zu- gleich zu befragen, ob er hoffe, die erhaltenen Bienen schnell zu vermehren.

Es liegen noch mehrere Schreiben vor.

l) Vom Herrn General-Adjutanten Baron von Korff, worin derselbe anzeigt, dass Se. Kaiserl. Hoheit der Gross- fürst Nicolai Nicolajewitsch geruht habe, den Höchst- demselben von unserm Verein angetragenen Titel eines Eh- renmitgliedes anzunehmen.

Es wird beschlossen, Höchstdemselben das betreffende Ehrendiplom ausfertigen zu lassen.

2) Von Sr. Excellenz dem Herrn Minister, Grafen von Pückler, worin derselbe die gewünschte Durchsicht der Akten des Königl. Landes-Oekonomie -Collegiums in Betreff der künstlichen Fischzucht bereitwilligst gestattet.

3) Von Hrn. Handelsgärtner Carl Krüger, welcher Sa- men von chinesischen Gurken zur Vertheilung an die Mit- glieder und 8 Samen-Preisverzeichnisse übersendet.

4) Von Hrn. Wirthschafts-Inspector Umes in Friedrichs- eck in Schlesien ein Schreiben, worin derselbe, obgleich nicht Mitglied, um Uebersendung von Ricinussamen, Weberkarden und Graines des Bombyx Rieini bittet,

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Ferner sind Berichte über den Erfolg der erhaltenen Sä- mereien eingegangen: von dem Vorstand des landwirthschaft- lichen Zweigvereins Neu-Stettiner Kreises in Gatow, vom Verein Westpreussischer Landwirthe in Marienwerder , und von der landwirthschaftlichen Abtheilung des altmärkischen Vereins für Geschichte und Industrie in Stendal.

Da noch viele Vereine und Mitglieder mit den Berichten über den Erfolg der ihnen im vorigen Jahre übersandten Sämereien im Rückstande sind, so ist ein Cireularschreiben metallographirt worden mit der Aufforderung, die Berichte einzusenden.

Für die Bibliothek des Vereins sind eingegangen:

Von dem landwirthschaftlichen Neben-Verein des Neu- Stettiner Kreises zu Stettin ein Separatabdruck über die Einträglichkeit des diesjährigen Seidenbaues in Repkow ver Zanow.

Von der ostpreussischen landwirthschaftlichen Central- stelle zu Königsberg in Pr. das September-, October-, No- vember- und December-Heft der landwirthschaftlichen Tehr- bücher aus Ostpreussen pro 1859,

Von Herrn Geh. Rath Weckerlin ein Beitrag zu den Betrachtungen der Constanz in der Thierzucht.

Hierauf schlägt Hr. Dr. Poselger den Hrn. Dr. Garke zum correspondirenden Mitgliede des TIER vor, und wird der Vorschlag angenommen.

Darauf schlägt Hr. Platho den Hrn. Marine-Intendantur- Rath Raffauf zum Vorstands-Mitgliede vor.

Hr. Raffauf wird einstweilen als Vereins-Mitglied auf- genommen.

Schluss der Sitzung 9% Uhr.

Vorstandssitzung am 21. Februar 1860 in Arnim’s Hötel.

Wegen der gerade stattfindenden Fastnachtsfeier hatten sich nur wenige Vorstands-Mitglieder eingefunden. Es wa-

11

ren nur die Herren Dr. Müller, Platho und Poselger gegenwärtig; Herr Bosselmann hatte sich krank melden lassen. Ausserdem beehrte Herr Marine -Intendantur-Rath Raffauf die Sitzung mit seiner Gegenwart. Es konnten sonach Beschlüsse nicht gefasst werden und wurden nur die eingegangenen Sachen besprochen.

Herr Poselger theilt zunächst mit, dass endlich von Herrn Kaufmann ein Brief eingegangen sei. Derselbe ist mit Abfassung eines Berichts über die Seidenzucht in Frank- reich im Auftrag des Ministers Rouher :beschäftigt gewe- sen, und hat auch eine Broschüre eingesandt, welche die- sen Bericht enthält.

Es sind vom Central-Institut für Acclimatisation durch Hrn. Dr. Buvry zwei Briefe eröffnet übersandt worden, obgleich dieselben deutlich die Adresse des Acclimatisations- Vereins trugen. In dem Antwortschreiben an den Dr. Bu- vry ist die Eröffnung der Briefe gerügt worden.

Hr, Ehrhardt in Prettin berichtet ferner über die Bienen und verspricht, wenn nicht ausserordentliche Unglücksfälle eintreten sollten, dieselben schnell zu vermehren, so dass er schon im Mai oder Juni 2—3 Königinnen der neuen Race wird dem Verein zur Disposition stellen können. In Folge dessen ist davon Abstand genommen worden, bei Hrn. Geh. Legationsrath Bunsen noch eine Sendung zu bestellen, und ist demselben nur die glückliche Ankunft der ersten Sen- dung angezeigt und ihm der lebhafte Dank des Vereins für seine vielfachen Bemühungen ausgesprochen worden. Herr Ehrhardt zeigt ferner sehr lebhaftes Interesse, in den Be- sitz eines Paares grosser afrikanischer Esel zu gelangen, und bittet den Verein, solche kommen zu lassen. Es werden in dieser Richtung vorläufige Schritte gethan werden, um zu erfahren, wo diese Thiere am besten zu haben sind, wie hoch ihr Preis und wie der Transport einzurichten sei.

Es liegen sodann eine Anzahl Berichte vor von Mitglie- dern über die Resultate, welche die Zucht des Bombyx Ri- cini in diesem Jahre gehabt hat.

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Zunächst von Hrn. Louis Kurzius in Callenberg, wel- cher 1000 Cocons gezogen hat. Dann von der Vorstehe- rin Louise Löbbeke, welche eine Schachtel der gewonne- nen Cocons einsendet.

Ferner vom Lehrer Hrn. Wullschlägel in Oftringen in der Schweiz. Er findet, dass die Raupen ausser Ricinus und Dipsacus auch Weidenblätter, Cichorien, namentlich aber Lindenblätter sehr gern fressen und dabei vortreff- lich gedeihen. Er stellt Versuche an, die Cocons bei nie- driger Temperatur zu überwintern, welche gut zu gelingen scheinen.

Hr. Diaconus Stade sendet einen sehr genauen Bericht über das Gedeihen der erhaltenen Sämereien und des Bom- byx Rieini. Er hat die Beobachtung gemacht, dass die Win- terzucht dieser letztern oft sehr langsam geht und diese Rau- pen ein Alter von mehr als 9 Wochen erreichen können.

Hrn. Appellationsgerichts-Kanzlist Schlenzig sind die übersandten Graines nicht ausgekommen.

Ebenso hat Herr Butterbrod in Hildesheim nur einen einzigen Schmetterling erzogen.

Herr Fintelmann ist mit der Ueberwinterung zahlrei- cher lebender Cocons beschäftigt. Er hat die Güte gehabt, uns 8 Metzen Samen von Ailanthus glandulosa zu übersen- den. Zugleich schickt er zwei an ihn eingetroffene Schrei- ben ein: ]) von Herrn von Hilgers, welcher für Herrn Camphausen eine grössere Anzahl Cocons zu erneuerten Abhaspelungsversuchen erbittet und erhalten hat; 2) vom Diaconus Stade, welcher um Graines bittet; dieselben sind an ihn abgesandt worden.

Die Direction des Vereins zur Förderung der Seidencultur in Ober-Oesterreich berichtet, dass die von ihr durch Ver- mittelung des Hrn. Kaufmann käuflich bezogenen Graines des Bombyx Mori im Genzen zufriedenstellende Resultate geliefert haben. Von den Ricinus-Graines sind indess nur 3 Raupen bis zur Einspinnung und Entwickelung gekommen.

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Ueber den Erfolg der vom Verein vertheilten Sämereien sind Berichte eingegangen von

dem landwirthschaftlichen Verein zu Stargardt,

» Kreis-Verein zu Angerburg,

n Verein zu Barten, 4 Zweig-Verein des Neu-Stettiner Kreises, s 5 Verein des Züllichau - Schwie-

buser Kreises,

der Kurfürstl. Hessischen Commission für landwirthschaft- liche Angelegenheiten,

der Local-Abtheilung des landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen,

dem Zweigverein der Pommerschen ökonom. Gesellschaft,

der Ostpreuss. landwirthschaftlichen Centralstelle,

dem Verein der Land- und Forstwirthe zu Freistadt,

dem landwirthschaftl. Verein für das Fürstenthum Hal- berstadt und die Grafschaft Wernigerode.

Für die Bibliothek sind einige Zeitschriften eingegangen und der „Annal Report of the Smithionian Institution for the year 1858“ aus Washington.

Schluss der Sitzung 9 Uhr.

Vorstandssitzung am 27. März 1860 in Arnim’s Hötel.

Es waren die Herren Bosselmann, Müller, Platho,

Schirrmacher und Poselger zugegen. Auch war Herr Marine-Intendantur-Rath Raffauf eingeladen worden, wel- cher, nachdem seine Wahl in den Vorstand vorher einstim- mig beschlossen worden war, bereits an der heutigen Sitzung als Vorstands-Mitglied theilnahm. Das Diplom für Se. Kaiserliche Hoheit den Grossfürsten Nicolai Nicolajewitsch als Ehrenmitglied unseres Ver- eins ist der hiesigen Russischen Gesandtschaft zugesendet worden, mit der Bitte, dasselbe Sr. Kaiserlichen Hoheit bei Höchstdessen Anwesenheit in Berlin zu überreichen.

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Hr. Dr. Poselger theilte zunächst den Inhalt eines Brie- fes mit, welchen Hr. E. Kaufmann an sämmtliche Vor- stands-Mitglieder gerichtet hat. Es geht aus demselben her- vor, dass Hr. Kaufmann durch Privatverhältnisse viel län- ger, als er gedacht hat, in Frankreich aufgehalten wird und nicht vor Ende Juni wird zurückkehren können. Da Herr Kaufmann es in seinem Schreiben besonders betont, dass sein Contrakt mit dem Verein in Bezug auf die von ihm begründete und als Organ des Vereins dienende Zeitschrift unverändert fortbestehen müsse, so entsteht in Bezug dar- _ auf eine lebhafte Discussion.

Es werden die betreffenden Stellen des Protokollbuches verlesen, namentlich S. 37, 115 und 187. Sämmtliche Vor- stands-Mitglieder gelangen hierdurch zu der Ueberzeugung, dass ein wirklicher Contrakt mit Hrn. Kaufmann niemals bestanden habe; aber auch, wenn dies der Fall gewesen wäre, so würde doch der Vorstand sich nicht ferner da- durch gebunden erachten können, nachdem Hr. Kaufmann selbst die Bedingungen desselben nicht mehr erfüllt und durch das höchst unregelmässige Erscheinen der Zeitschrift, welches nun schon seit 6 Monaten ganz ins Stocken gera- then ist, die Interessen des Vereins sehr erheblich benach- theiligt worden sind.

Es hat deshalb bereits an sämmtliche Vereinsmitglieder ein Circular erlassen werden müssen, worin dieselben we- gen der unverhältnissmässigen Verzögerung im Erscheinen der Zeitschrift um Entschuldigung gebeten werden und ih- nen die Nachlieferung der fehlenden Hefte möglichst bald versprochen wird. Auch ist Hr: Kaufmann insofern ganz eigenmächtig verfahren, als er seine Zeitschrift auch zum Organ der von ihm neu in Frankreich gegründeten Soeiete d’encouragement pour la serieulture gemacht hat.

Es wird sonach constatirt, dass der Vorstand vollkom- men das Recht besitzt, die Verhandlungen des Vereins nicht ferner in der Zeitschrift des Hrn. Kaufmann erscheinen zu lassen, sondern dieselben auf irgend eine andere Weise

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zur rechtzeitigen Kenntniss der Vereinsmitglieder gelangen zu lassen.

Es wird jedoch beschlossen, von diesem Rechte für jetzt keinen Gebrauch zu machen, sondern zuerst zu versuchen, ob Hr. Kaufmann geneigt ist, in der Redaktion seiner Zeitschrift solche Veränderungen eintreten zu lassen, dass deren rechtzeitiges Erscheinen ermöglicht wird. Jedenfalls soll das vom vorigen Jahre noch rückständige September- bis December-Heft noch unter dem Namen des Hrn. Kauf- mann erscheinen und demselben die Arbeit Progres de la serieieulture, welche Hr. Kaufmann in hinreichender An- zahl von Exemplaren eingesandt hat, ‚hinzugefügt werden.

Hr. Dr. Poselger unternimmt es, wegen der künftig- hin nothwendig werdenden Aenderungen in der Redaktion der Zeitschrift, im Fall sie das Organ des Vereins bleiben soll, mit Hrn. Kaufmann zu correspondiren.

Es haben sich zur Aufnahme in den. Verein als ordent- liche Mitglieder gemeldet: _

Hr, Kaufmann Rolffs zu Siegfeld bei Siegburg und das landwirthschaftliche Casino: zu Scheiderhöh, Kreis Sieg; dieselben werden als Mitglieder aufgenommen, die Ausfer- tigung der Diplome angeordnet, |

Hr. Dr. Poselger beantragt bei dieser Gelegenheit, der Vorstand wolle gestatten, bei der Meldung neuer Mitglieder denselben in besonderen Fällen ausnahmsweise Diplome über- senden zu dürfen, ehe die wirkliche Aufnahme durch den Vorstand stattgefunden hat. Dieser Antrag wird genehmigt.

Der Vorstand der Local-Abtheilung XIVa. des landwirth- schaftlichen Vereins für Rheinpreussen in Coblenz theilt in einem Schreiben vom 18. Februar, welches jedoch erst am 22sten eingetroflen ist, das bereits am 26. Januar erfolgte Ableben des in Oberwesel bei dem Hirten Castor statio- nirt gewesenen, dem Verein gehörigen Angora-Bockes mit. Das Schreiben ist begleitet von einem Gutachten des. Vete-

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rinair-Assessors Hrn. Becker, woraus hervorgeht, dass das Thier in Folge einer Erkältung an Bauchfell-Entzündung und Bauchfell-Wassersucht gestorben ist.

Hierzu macht Hr. Raffauf die Bemerkung, dass ihm die Unterbringung des ägyptischen, dem Verein zugehöri- gen Ziegenpaares bei Herrn Rentmeister Wirtz eine un- zweckmässige zu sein scheine. Er erbietet sich zugleich, bei Gelegenheit einer Reise im Herbste dies zu untersuchen. Dies Anerbieten wird sehr dankbar angenommen.

Hr. Dr. Poselger berichtet, dass die Vertheilung von Sämereien an die Worihetiitificher in diesem Jahre ziem- lich bedeutend sein würde, obgleich einige Sendungen, wel- che aus Russland und Frankreich erwartet wurden, bis jetzt ausgeblieben sind. Dagegen ist es gelungen, durch die Güte des Directors des botanischen Gartens zu Breslau, Hrn. Geh. Rath Göppert, eine Anzahl Sämereien zu erlangen, welche von Hrn. Dr. Schübeler in Christiania erzogen und ein- gesandt wurden. Die einzelnen Packete sind bereits abge- theilt, so dass die Versendung in den nächsten Tagen #e- schehen wird. Es ist dazu von Hrn. Dr. Garke eine Cul- tur-Anweisung angefertigt worden, welche in hinreichender Anzahl metallographirt wurde m. den betreffenden Mitglie- dern zugleich übersandt werden wird.

Von Herrn Obristlieutenant von Suter ist eine kleine Quantität Samen der Sarepta-Melone, welche der Verein im vorigen Jahre vertheilte und die die ausgezeichnetsten Ei- genschaften besitzt, eingegangen.

Ferner sind einige Schreiben von Nichtmitgliedern ein- gegangen, worin um Ueberlassung von Graines des Bombyx Rieini gebeten wird: so von Hrn, Professor Carl Koch, wel- cher dieselben für Hrn. Professor Scheidweiler in Gent zu haben wünscht, von Hrn. Joachimi aus Cöthen und von Hrn. Postrath Radtke aus Liegnitz. Diese Herren wer- den s. Z. sämmtlich bedacht werden.

Von Hrn. Hofgärtner Fintelmann liegen zwei Schreiben vor. Eins, mit welchem er dem Verein eine Quantität Ri-

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cinussamen übersendet, und ein anderes, worin er an ein Manuscript erinnert, welches er am 13. December an Hrn. Kaufmann übersandt hat. Dasselbe ist bei der Abwesen- heit des Hrn Kaufmann in dessen Wohnung aufbewahrt worden; es ist jetzt in die Hände des Vorstandes gelangt und wird in der Zeitschrift veröffentlicht, ausserdem aber in 50 Exemplaren abgezogen werden*). Der grösste Theil der letzteren ist Herrn Fintelmann zugeschickt worden, damit er sie an die Personen versende, welche sich an ihn wegen Auskunft über die Culturmethode des Ricinusspin- ners wenden.

Von Hrn. Ehrhardt in Prettin sind mehrere Schreiben eingegangen, worin er über den sehr günstigen Verlauf der Operation berichtet, welche er mit den italienischen Bienen vorgenommen hat.

Die Vermehrung ist als vollständig gesichert zu betrach- ten, und hofft Hr. Ehrhardt schon Anfangs Juni im Stande zu:sein, mehrere echt italienische Königinnen abgeben zu körnen,

Der Vorstand des landwirthschaftlicheu Vereins zu Gem- litz bittet um Uebersendung von Goundi Tabak für Herrn Gutsbesitzer Arnoldi, und Herr Rittergutsbesitzer Neu- mann auf Kummernick in Schlesien um Uebersendung von Samen der Asclepias syriaca. Beiden Wünschen ist ent- sprochen worden.

Es wird endlich beschlossen, die Einladungen zu den Vorstandssitzungen künftig brieflich ergehen zu lassen.

Schluss der Sitzung gegen 10 Uhr.

Vorstandssitzung vom 24. April 1860 in Arnim’s Hötel. Es waren anwesend die Herren Bosselmann, Müller, Platho, Raffauf, Schirrmacher, Spinola und Po-

*), Dies Manuscript ist bereits im letzten Hefte des 2ten Bandes ab- gedruckt worden, 1860. Bd, III 2

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selger. Die Sitzung wurde um 7% Uhr eröffnet. Nach Ver- lesung und Genehmigung des Protokolls von voriger Sitzung wird als ordentliches Mitglied des Vereins Hr. Sigismund Lesser in Breslau aufgenommen.

Hr. Dr. Spinola macht sodann darauf aufmerksam, dass es sehr zweckmässig sein würde, unsere öffentliche Sitzung bis in den September zu verschieben, indem bei der um diese Zeit in Berlin stattfindenden landwirthschaftlichen Ausstellung eine grosse Anzahl Gutsbesitzer hier anwesend sein würden.

‘Es wird allgemein die Zweckmässigkeit dieses Vorschla- ges anerkannt, da bei der grossen Wichtigkeit, welche die Bestrebungen unseres Vereins für die Landwirthschaft ha- ben, es nur wünschenswerth sein kann, einer möglichst gros- sen Anzahl von Landwirthen Gelegenheit zu bieten, sich von der Thätigkeit unseres Vereins eine Anschauung zu ver- schaffen.

Von Sr. Excellenz dem Hrn. Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Freiherrn von Schleinitz, ist ein Schrei- ben eingegangen, mit welchem derselbe einen von dem: Pa- tent office in Washington dem dortigen Königl. Preuss. Ge- sandten zugegangenen Auszug aus einem Schreiben de dato Berlin im Staate Wiscousin abschriftlich mittheilt. Es geht daraus hervor, dass der im vorigen November unserm Ver- ein übersandte Samen der Zizania aquatica (Haferreis) nicht aus der letzten, sondern aus einer frühern Ernte herrührte, man aber bereit ist, bei der im nächsten Herbste stattfin- denden Ernte Samen zu sammeln. Es kann dieser Samen nämlich nur durch die Indianer in grossen Mengen beschafft werden. Bei den zur Zeit der vorjährigen Reife stattfinden- den Stürmen ist jedoch fast die ganze Ernte verloren ge- gangen, indem die reifen Körner durch die Gewalt des Win- des abgeschlagen wurden.

Se. Excellenz erklärt zugleich seine Bereitwilligkeit, noch einmal den Königl. Gesandten in Washington zu beauftra- gen, damit derselbe durch die Vermittelung des Preuss. Con- suls in Millwaukee und durch andere Personen Samen von

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Häferreis im nächsten Herbste einsammeln lasse und dem Acclimatisations-Verein übersende.

Der Vorstand ist höchst erfreut über das rege Interesse, mit welchem der Herr Minister die Bestrebungen des Ver- eins zu unterstützen beabsichtigt, beschliesst das Anerbieten anzunehmen und Sr. Excellenz den wärmsten Dank für seine geneigte Bereitwilligkeit auszusprechen.

So haben wir denn die Hoffnung, in diesem Winter in den Besitz von gutem Samen der Zizania zu gelangen.

Der landwirthschaftliche Verein zu Steinau erstattet Be- richt über den Erfolg der ihm vom Verein im Jahre 1859 übersandten Sämereien.

Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins zu Ho- hensteim zeigt den Empfang der ihm in diesem Jahre über- sandten Sämereien an und schickt die von ihm veröffent- lichte Schrift: „Erfahrungen und Mittheilungen auf dem Ge- biet des rationellen Pflanzenbaues“ ein. Es besitzt dieser Verein Versuchsgärten auf der Höhe zu Hohenstein und in der Niederung zu Stiblau von bedeutender Ausdehnung, und erklärt sich‘ derselbe 'bereit, in der Zukunft mit den Be- strebungen unseres Vereins Hand in Hand zu gehen, um so mehr, als ihm auch hinreichende Räumlichkeiten zur zweck- mässigen Unterbringung von Thieren zu Gebote stehen. Es wird unser Vorstand nicht ermangeln, von dem höchst schät- zenswerthen Anerbieten des Hohensteiner Vereins bei pas- sender Gelegenheit Gebrauch zu machen. Demselben sind auf seinem Wunsch Graines des Bombyx mori und Samen von Morus alba übersandt worden, Die übersandte Schrift ist Hrn. Marine-Rath Raffauf zur PRATER über- geben worden.

Hr. Ehrhardt in Prettin bittet noch um Uebersendung von einigen Sämereien, welche ihm auch, soweit dies unser geringer Vorrath zuliess, gesandt worden sind.

Desgleichen sind noch einige Sämereien der Local-Ab- theilung XIVa. zu Coblenz zugesandt worden.

Die Haupt-Abtheilung des Vereins westpreussischer Land-

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wirthe zu Marienwerder fragt, bezugnehmend auf einen Ar- tikel in Wilda’s landwirthschaftlichem Centralblatt, an, ob der dort erwähnte wahre Bombyx Cynthia von der von dem Acclimatisations-Verein cultivirten Raupe verschieden ist, oder ob dieselbe nur im Produkte in Folge veränderten Futters abweicht. Sie verlangt ferner Auskunft darüber, ob die Behauptung jenes Artikels, dass die Ailanthus- Seide namhafte Vorzüge vor der Ricinus-Seide habe, richtig ist. Es wurde ihr darauf Folgendes geantwortet:

Der Ricinusseidenspinner wurde zuerst von Hrn. E. Kauf- mann in Preussen eingeführt und zwar unter dem Namen Bombyx Cynthia. Später fing man in Frankreich an, einen andern Seidenspinner oder eine Varietät des ersteren unter dem Namen des echten Bombyx Cynthia zu cultiviren. Die erstgenannte Sorte wurde demnächst zur Unterscheidung Bom- byx Ricini genannt. Nur dieser zuerst eingeführte und jetzt unter dem Namen Bombyx Ricini bekannte Seidenspinner ist es, welcher bisher von unserm Vereine gezüchtet und an viele seiner Mitglieder vertheilt wurde. Den andern Spin- ner, also den echten Bombyx Cynthia, haben wir bisher nicht erlangen können, und scheint derselbe noch ziemlich selten zu sein. Auch haben wir nicht mit Sicherheit er- mitteln können, ob seine Seide Vorzüge vor der der Rici- nus-Seide besitze.

Hr. Wullschlegel in Oftringen bei Aarburg berichtet, dass die Ueberwinterung seiner Cocons von Bombyx Ricini verunglückt ist, indem ihm viele Puppen gestorben, aus den übrigen aber nur Weibchen ausgekrochen sind. Er bit- tet deshalb um Uebersendung von neuen Graines.

Desgleichen bitten Hr. Dr. med. Th. Streicher und Hr. Cantor Bernacker um Uebersendung von Graines des Bom- byx Ricini.

Hr. Dr. Spinola giebt den ihm vom Verein zur Be- richterstattung überwiesenen „Beitrag zu den Betrachtungen der Constanz in der Thierzucht“, von A. von Weckherlin, zurück, mit dem Bemerken, dass in dieser Schrift sehr be-

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achtenswerthe Regeln und Winke für die Thierzucht enthal- ten sind, und dass das daraus hervorleuchtende Streben, der Thierproduktionslehre eine festere theoretische Basis zu verleihen, volle Anerkennung verdiene. Ueber die Richtig- keit der aufgestellten Sätze könne jedoch nur die Erfahrung entscheiden.

Hr. Dr. Poselger theilt hierauf mit, dass nach einem früher gefassten Vorstandsbeschluss die Einladungen der Vor- stands-Mitglieder zu den Sitzungen metallographirt worden seien und von nun an jedem direkt pr. Stadtpost zugesandt werden würden. Er erklärt ferner, dass die Sämereiverthei- lung an die Mitglieder beendigt sei und legt das darüber von Hrn. Puttlitz angefertigte Verzeichniss zur Ansicht ' vor, dessen übersichtliche und sorgfältige Einrichtung lo- bend anerkannt wird.

Hr. Bosselmann überreicht als Geschenk für die Ver- eins- Bibliothek:

Die Racen des Schweines von Herm. von Nathusius, und Versuch über das Exterieur des Pferdes von Morris, aus dem Französischen übersetzt vom Hauptmann Gräfe. Schluss der Sitzung 9% Uhr.

Vorstandssitzung vom 19. Juni 1860 in Arnim’s Hötel.

Es hatten sich eingefunden die Herren Bosselmann, Müller, Platho, Raffauf, Spinola und Poselger. Hr. Schirrmacher war verreist. Die Sitzung wurde um 7% Uhr eröffnet.

Es wurden zunächst als ordentliche Mitglieder des Ver- eins aufgenommen die Herren

M. Issakoff in St. Petersburg. Dr. A. Lechner in Moscau. Professor der Universität N. Warneck in Moscau.

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Prof. der Universität Jaques Borsenkoff in Moscau.

J. Kalinowsky, General-Sekretair der Acclimatisa- tions-Gesellschaft in Moscau.

Banquier Eduard Oppenheim in Cöln.

Ritter Stanislas Lesser, Consul in Warschau.

Lehrer Schojan zu Hasenholz bei Bukow.

Es wurde beschlossen, jedem der genannten Herren ein Aufnahme-Diplom und ein Exemplar der Statuten zu über- senden. |

Hr. Dr. Poselger theilte mit, dass er am 18. Mai von Hrn. Alexander Meyn im Namen des Moscauer Acclimati- sations-Comite’s mit einem Besuche beehrt worden ist. Der- selbe legitimirte sich durch ein Schreiben des genannten Vereins, bat um Uebersendung von Graines des Bombyx Ricini an den Verein, welche bereitwillig zugesagt wurde, äusserte den Wunsch, dass die freundschaftlichen Beziehun- gen zwischen dem Moscauer und unserem Vereine unverän- dert fortbestehen möchten und meldete die obengenannten Herren Directoren des Comite’s als wirkliche Mitglieder des diesseitigen Vereins an.

Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins zu Bran- denburg hatte unserm Verein die Anzeige gemacht, dass er beabsichtige, am 23. Mai eine Ausstellung landwirthschaft- licher Maschinen und Produkte, verbunden mit einer Thier- schau, zu veranstalten, und denselben eingeladen, neu ein- geführte Gegenstände zu dieser Ausstellung einzusenden. Dem betreffenden Schreiben lag ein Programm der Ausstellung bei. Dieser Aufforderung ist in soweit entsprochen worden, als unser geehrtes correspondirendes Mitglied, der Königl. Hof- gärtner Hr. Fintelmann bereitwilligst die Einsendung sei- ner Ricins- Seidenwürmer in allen Stadien der Entwickelung zusagte. Desgleichen wurden die abgeschorenen Vliesse un- serer beiden Angoraböcke nach Brandenburg gesandt.

Die Ausstellung hat am 23. Mai stattgefunden und sind unserm Vereine die Vliesse bereits wieder zurückgesandt worden.

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Von Herrn Hofgärtner Fintelmann ist eine Anzahl Schreiben eingegangen, worin er über den günstigen Ver- lauf der diesjährigen Ueberwinterungsversuche von Cocons bei niedrigen Temperaturen berichtet. Selbst aus den am 2. October 1859 gesponnenen Cocons sind noch am 2. Mai und den folgenden Tagen Schmetterlinge entschlüpft. Hr. Fintelmann wünscht sehr, dass unser Verein eine Kardir- maschine anschaffen möge, damit die grosse Menge aufge- sammelter Cocons verwerthet und Stoffe daraus gefertigt wer- den könnten. Obgleich dies gewiss im höchsten Grade wün- schenswerth ist, so möchte doch der hohe Preis einer sol- chen Maschine der Anschaffung derselben einstweilen noch entgegenstehen. |

Von den gewonnenen Graines konnten bis jetzt nur an die Herren Baron Hambro in London und Prof. C. Koch abgegeben werden, da die bei weitem grössere Menge dureh zufällig eintretende höhere Temperatur bereits entschlüpft oder dem Auskriechen nahe war.

Zu der am 31. Mai von dem landwirthschaftlichen Ver- ein zu Zossen abgehaltenen landwirthschaftlichen Ausstellung hat Hr. Fintelwann gleichfalls Raupen eingesandt. Herr Fintelmann hat ferner augezeigt, dass sich Hr. Max Wei- denbach in Süd-Australien an ihn gewendet und um Ue- bersendung von Graines des Bombyx Rieini gebeten hat. Ob- wohl eine solche Uebersendung bis weit jenseits der Linie mit grossen Schwierigkeiten verbunden sein wird, da sich weder die Graines noch die Cocons dieses Spinners in- war- mer Temperatur ohne auszukriechen längere Zeit bewahren lassen, so wird Hr. Fintelmann dennoch im Herbst den Versuch machen.

Von Hrn. Consul Fr. Kühne in New -York sind zwei Schreiben eingegangen, in welchen derselbe sein lebhaftes Interesse für die Zwecke unseres Vereins ausspricht und seine Bereitwilligkeit erklärt, dieselben in jeder Weise zu fördern. Namentlich verspricht er, unserm Verein noch in diesem Herbste keimfähigen Samen der Zizania aquatica

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(Haferreis) zu verschaffen und befürwortet einen gegensei- tigen Austausch von amerikanischen und deutschen Säme- reien. Zugleich übersendet er einen Bericht über den nord- amerikanischen wilden Reis (Zizania aquatica) und einen Commentar zu einer Sendung von Sämereien und Agricul- turberichten nordamerikanischer Staats - Ackerbaugesellschaf- ten, und stellt unserm Vereine eine Uebersendung. dieser und anderer Berichte in einer grössern Anzahl von Exem- plaren zur Vertheilung an unsere Mitglieder in Aussicht.

Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins für das Fürstenthum Halberstadt und die Grafschaft Wernigerode bittet um Uebersendung einiger Sämereien, welche er noch nicht erhalten hatte. Diesem Wunsche konnte leider nur noch in sehr unvollkommener Weise nachgekommen werden.

Von Hrn. Prediger Strassburg in Buckow liegen zwei Schreiben vor, in welchen er für die übersendeten Säme- reien dankt und den Lehrer Hrn. Schojan in Hasenholz als Mitglied für den Verein anmeldet.

Dagegen zeigt Herr Plüddemann seinen Austritt aus dem Verein an.

Von dem Vorstand der landwirthschaftlichen Local-Ab- theilung XIVa. in Coblenz sind mehrere Schreiben einge- gangen und sind zugleich die beiden geschorenen Vliesse der Angoraböcke nebst einigen Löckchen der aus der ersten Kreuzung hervorgegangenen Zicklein eingesandt worden.

Diese Löckchen und zwei Proben von den Vliessen lie- gen zur Ansicht den Vorstands-Mitgliedern vor. Aus einem beigefügten Schreiben des Hrn. Bürgermeisters Clesius in Oberwesel, sowie des Hrn. Pastors Heidinger in Alflen geht hervor, dass die erste Nachkommenschaft beider An- goraböcke mehr dem Vater als der Mutter nachschlagen und die jungen Zicklein, oft unabhängig von der Farbe der Mutter, glänzend weiss und mit viel feinerem, längerem Haar als gewöhnliche Ziegen gefallen sind. ;

Die Local-Abtheilung zeigt zugleich an, dass sich die Hoffnung von dem tragenden Zustande der ägyptischen Ziege

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nicht bestätigt habe, und dass sogar sämmtliche von dem ägyptischen Bock gedeckte Ziegen unfruchtbar geblieben sind. Schliesslich fragt sie an, was nun mit der ägyptischen Ziege angefangen werden solle.

Ueber diesen letztern Punkt behält sich unser Vorstand noch vor Beschluss zu fassen.

Hr. Baron Humbro in London zeigt den Empfang der ihm übersandten Graines an.

Hr. Louis Kurzius, Fasanenmeister Sr. Hoheit des Her- zogs von Coburg-Gotha, bittet um Uebersendung von Graines des Bombyx Rieini.

Hr. Ehrhardt in Prettin zeigt an, dass er bereits an Herrn Camphausen in Benndorf und an den Verein in Marienwerder italienische Bienenköniginnen habe abgeben können. |

Hr. E. Rollfs in Siegfeld zeigt an, dass er an der Ver- _ theilung von Sämereien zu participiren wünscht. Es werden demselben einige von den noch vorhandenen wenigen Säme- reien zugesandt werden, und wird ihm zugleich die Zusi- cherung ertheilt werden, dass er im folgenden Frühjahre besser berücksichtigt werden soll.

Das Smithsonian Institution in Washington sendet eine Liste sämmtlicher wissenschaftlicher und literarischer Gesell- 'schaften ein, mit denen dasselbe in Verbindung steht, und wünscht von den Namen derjenigen Personen in Kenntniss gesetzt zu werden, welche, mit wissenschaftlichen oder lite- rarischen Untersuchungen beschäftigt, in Austausch mit Ame- rika zu treten wünschen. Es wird zunächst beschlossen, dem Smithsonian Institution ein Exemplar des Jahrganges 1859

. unserer Zeitschrift zuzusenden.

Es liegt ein Antrag des Hrn. Carl Kaufmann vor, da- hin gehend: „der Verein möge alle dazu geeigneten Thiere bei einer Viehversicherungs-Gesellschaft versichern“, und ferner: „Zuchtthiere künftig nur solchen Personen in Pflege zu geben, die keinen persönlichen Vortheil aus denselben ziehen wollen“. Die Zweckmässigkeit dieses Antrags leuchtet

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ein und wird der zweite Theil desselben sogleich geneh- migt. In Bezug auf den ersten Theil erklärt Hr. Dr. Spi- nola, dass er nicht glaube, eine Viehversicherungs -Gesell- schaft würde sich darauf einlassen, fremde eingeführte Thiere nach ihrem wahren Werthe zu versichern; oder wenn sie es thäte, so würde die Versicherungssumme ganz unverhält- nissmässig hoch sein, indem bei noch nicht acelimatisirten Thieren die Wahrscheinlichkeit des Absterbens offenbar eine viel grössere sei. Herr Dr. Spinola erbietet sich jedoch, hierüber genaue Erkundigungen einzuziehen und in der näch- sten Sitzung darüber zu berichten. Der Schluss der Sitzung erfolgte um 9% Uhr.

Berichte über die Versuche mit den pro 1859 ver- theilten Sämereien,

Die im Jahre 1859 herrschende ungewöhnliche Trocken- heit hat leider viele Versuche gänzlich vereitelt, bei ande- ren ein Resultat geliefert, welches nur geringen Anhalt ge- währt. Verhältnissmässig befriedigende Erfolge sind nur mit einigen Tabackssorten und dem chinesischen Futtermais er- zielt worden. Auch die Sarepta-Melone wird von allen Be- richterstattern wegen ihres vorzüglichen, sehr wohlschmek- kenden Fleisches gelobt, es möchte deshalb ihr Anbau zu ferneren Versuchen zu empfehlen sein. Ueber die Kicher- erbse (Cicer arietinum) sind die Urtheile theilweise geradezu widersprechend. Einige Möhrensorten, sowie auch verschie- dene Arten von Bohnen haben hier und da gefallen; von anderen wird aber bemerkt, dass dieselben bereits bekannt seien. In dieser letztern Beziehung muss nun hervorgeho- ben werden, dass der Zweck des Vereins nicht bloss darin besteht, bisher gänzlich unbekannte Pflanzen und Thiere zu acclimatisiren, sondern vorzüglich auch darin, bereits bekannten ausgezeichneten Sorten eine weitere Verbreitung zu verschaffen.

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Wir lassen die verschiedenen Berichte, soweit der Inhalt . derselben von Erheblichkeit ist, im Auszuge hier folgen. Für den von einzelnen Mitgliedern des Vereins, trotz der ungünstigen Witterungsverhältnisse, gezeigten unermüdlichen Eifer und das stets rege Interesse, welches sichtlich bei den Beobachtungen obgewaltet hat, fühlen wir uns verpflichtet, hiermit unsern wärmsten Dank zu sagen.

Die Fortsetzung der Versuche in dem gegenwärtigen, an- scheinend für derartige Zwecke geeigneten Jahre wird die aufgewandte Mühe durch die Gewinnung zweifelloserer und zuverlässigerer Resultate hoffentlich lohnender machen.

1.

Heringen, 31. Januar 1860.

Der Rieinus major und minor haben sich in meinem Garten herrlich entwickelt, jener war 6—7’ hoch, dieser 4—5'; beide hatten aber einen Blätterreichthum, der meine Bewunderung erregte. Die Blätter des Ricinus major wa- ren 1’ lang und fast ebenso breit. Es waren zwei Sorten, nämlich mit grünem Stamm und Blatt, und mit rothem Stamm und mit braunrothem Blatt. Die Blüthen entwickel- ten sich bei diesem sehr spät, waren prachtvoll, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man ihn überhaupt den Wunder- baum nennt, nur schade, dass weder der roth- noch grün- stämmige Ricinus major Samen zur Reife gebracht hat. Von diesem sind einige Stauden in Blumentöpfe gepflanzt, um zu sehen, ob sie überwintert werden können. Bis jetzt sind sie gut, treiben langsam Blätter hervor, und wenn sie nicht durch Frühjahrsmissgeschicke verloren gehen, so hoffe ich von denselben auch in diesem Jahre Samen zu gewinnen, der wohl zur Reife gelangt. Vom Rieinus minor habe ich eine ‘grosse Menge reifen Samen von Mitte September an gewonnen. In der Nacht vom 12. zum 13. November aber ist der Rieinus selber erfroren. |

Die Weberkarde ist zum Theil ausgepflanzt, zum Theil habe ich sie als Surrogatfutter für die Riecinusraupe zusam-

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men stehen lassen. Ausgepflanzt schienen die Pflanzen etwas zu kränkeln, bald aber entfalteten sie einen Blattreichthum, . der mir für eine grosse Menge Raupen zum Futter gedient hat und noch dient. Der schneelose Frost hat den grossen Blättern wohl geschadet, aber die kleineren sind bis jetzt noch gut geblieben. Ehe ich sie zum Futter gebrauchte, liess ich sie erst aufthauen. Das mir zuletzt überschickte Pfund Samen der Avignoner Karde will ich erst im Früh- jahr aussäen und zwar unter die Gerste. Nach Angabe des Hrn. Instructors Pohl in Lanth soll die Karde untergesäet herrlich gedeihen. Zur Herbstaussaat konnte ich mich we- gen der grossen Trockniss des Bodens nicht entschliessen; ich befürchtete schlechten Aufgang und danach Auswinte- rung. ' Gegen trockenen Frost im Wechsel mit Thauwetter scheint mir die Karde allerdings empfindlich zu sein, was sich jetzt in meinem: Garten zeigt, wo selbst'an einigen Stauden die Herzblätter schwarz zu werden anfangen.

Was die Maulbeersämlinge anbetrifit, so lassen sie nichts zu wünschen übrig. Sie haben eine Höhe von 1—1%’ erreicht und sind bis jetzt nicht erfroren.

(gez.) Stade, Diaconus.

2.

Züllichau, 8. Februar 1860.

Die Sämereien sind dem Fürstlich Reussischen Hofgärt- ner Förster zu Trebschen übergeben; derselbe berichtet:

1) Cicer aritinum, Kicher-Erbse, wenig ergiebig.

2) Niedrige Pahl-Erbse, würde 3’ hoch, hat mittle- mässig getragen.

3) Buxbaum-Erbse, ist gut REN wurde aber bald vom Mehlthau befallen, keine Ernte.

4) Biaok-Resubhinen rankte 3— 3%’ hoeh, ziemlich ertragreich. Es schienen 2 Sorten zu sein, im grünen Zu- stande waren einige Schoten gelb, ganz der gelben Wachs- bohne ähnlich, andere blieben grün, beide recht fleischig.

5) Lange Schlangen -Gurken, sehr mittelmässig ge-

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tragen. Viele Früchte wurden im kleinen Zustande sehr zei- tig blätterig und krumm. Selbige scheinen etwas weichliche- rer Natur zu sein als unsere älteren Sorten. Zuletzt wur- den sie ganz vom Schimmel befallen.

6) Von den sechs Tabackssorten ist von jeder Sorte nur sehr wenig ausgesäet worden, aber alle sechs Sorten haben schöne grosse Blätter getrieben. Verarbeitet ist aber noch nichts davon geworden.

7) Melonenkerne, sind nicht aufgegangen.

8) Blumenkohl, hat wenig gute Blumen oder Käse ge- bracht. Es mag ‚dies aber wohl an der Witterung gelegen haben.

(gez.) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins des Züllichau - Schwiebuser Kreises. In Vertretung: (gez.) Kuntze, Regierungs- Assessor.

3.

Hr. Hofgärtner Fintelmann, auf der Pfaueninsel bei Potsdam, hat die norwegischen Sämereien leider so spät er- halten, dass der Anbau bis zum ra Jahre verscho- ben werden muss.

4.

Lübbenan, 26. October 1859.

1) Die Kicher-Erbse (Garabanzos) habe ich schon viele Jahre: cultivirt in ‘gutem Garten- und Feldboden, allein auf keinerlei Art eine lohnende Ernte gehabt, indem die Hül- sen nur 2—3 Körner haben und sparsam ansetzen, wes- halb ich und mehrere Andere, die sich mit dem Anbau der- selben beschäftigt haben, den Betrieb aufgegeben haben, sie auch aus vielen Verzeichnissen verschwunden ist.

2) Die sibirische Kerbelrübe (Chrysophylum Pres- cottii) hat ganz dieselbe Cultur wie unsere allbekannte, al- lein den süssen, angenehmen Geschmack besitzt sie nicht, weshalb sie nie unsere alte verdrängen wird.

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3) Die Oelböohne aus China, worüber ich im vergange- nen Jahre berichtete, habe ich dies Jahr aus in freiem Lande selbst gewonnenem Samen gezogen. Ich legte sie im Mai ins freie Land, habe aber in diesem Jahre trotz der günstigen Witterung keine Blüthe noch Samen gesehen, befürchte da- her sehr, dass sie sich bei uns nicht acelimatisiren lässt.

4) Die Wassermelone aus Costa-Rica, welche im vergangenen Jahre keine Früchte brachte, hat: dies Jahr, da ich noch ein paar Kerne aufgehoben hatte, im Mistbeet reichliche Früchte getragen, welche hellgrün waren, mit dunkeln Streifen besetzt. Ueber den Geschmack kann ich leider kein Urtheil fällen, da vor ihrer völligen Reife. sie durch einen Maulwurf unterwühlt wurden, wodurch die Pflan- zen vertrockneten.

5) Die Kartoffel von der Insel St. Martha, worüber ich auch im vorigen Jahre berichtete, scheint eine sehr lange Wachsthumsperiode zu haben, da sie beim Herausnehmen im October noch grün war und die Knollen selbst nicht grös- ser wie eine welsche Nuss waren. Ich werde sie im: kom- menden Jahre noch einmal setzen, aber die Öultur ‚aufge- ben, wenn sie sich nicht ändert.

(gez.) C. Krüger, Kunst- und Handelsgärtner.

5.

Gatow, 5; December 1859.

1) Weisser Maulbeersamen aus China ist nicht auf- gegangen.

2) Kicher-Erbse (Cicer arietinum) ist, auf Landbo- den gesäet, nur zum geringen Theil aufgegangen.

Dieselben zeigten jedoch ein sehr gutes Wachsthum, und scheint es, als wenn der Anbau derselben auf dem schlech- testen Landboden von Erfolg sein dürfte. Die Stauden hat- ten meistens 50 —70 Schoten angesetzt.

Es sollen mit dem gewonnenen Samen im nächsten Jahre ausgedehntere Versuche gemacht werden.

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3) u. 4) Maryland- und Ohio-Taback. Beide Sor- ten hatten durch die grosse Dürre sehr gelitten, erholten sich jedoch später bedeutend, und gaben beide viel grösse- ren Ertrag, wie die hier bisher angebauten Tabacke. Der Same wurde jedoch nicht reif.

5)u.6) Rieinus communis (major et minor), hatte ebenfalls durch grosse Dürre gelitten, derselbe gedeiht je- doch hier wie überall. Der Samen ist zur Reife gelangt.

(gez.) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Zweig- Vereins Neu -Stettiner Kreises.

(gez.) F. Petersen.

6.

‚Stendal, am 2, December 1859,

Das mit dem Anbau der von dem verehrlichen Vorstande des Acclimatisations-Vereins für die Königl. Preuss. Staaten zu Ende März unterm 20. April und 4. Juni c. übersendeten Sämereien beauftragte Comite hat den abschriftlich beige- fügten Bericht vom 7. d. M. erstattet, wovon wir eine Ab- schrift zur geneigten Benutzung für die Zeitschrift ganz er- gebenst mittheilen, und dabei besonders auf Nr. XVII, XVIIL und XXXIL des Berichts, als die anscheinend wich- tigsten Nutzpflanzen für unsere Bestrebungen und Verhält- nisse, aufmerksam machen, deren fernere CGultivirung wir uns angelegen sein lassen werden,

Diejenigen Gegenstände, über die der Bericht nicht er- schöpfend erstattet ist, werden in dem pro 1860 zu erstat- tenden abgehandelt werden.

Wir erlauben uns die Bitte, bei Auswahl der Sämereien zu acclimatisirender Nutzpflanzen darauf zu rücksichtigen, dass wir unsere Bestrebungen ausschliesslich der Förderung der Landwirthschaft zugewendet haben, dass also Getreide und Futtergewächse diejenigen sind, ‘die uns mehr als Ge- müse, Bäume, Sträucher und für die Seidenzucht wichti- gen Pflanzen interessiren, nnd dass die Mittheilung von No-

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tizen und Erfahrungen über den Anbau der zugesendeten Sä- mereien von uns dankbar entgegengenommen werden wird. (gez.) Der Vorstand der landwirthschaftlichen Abtheilung des altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie. (gez) Willenbücher.

Bericht über die Cultur der vom Acclimatisa- tions-Verein zu Berlin übersendeten Sämereien pro 1859.

Vom Acclimatisations-Verein sind dem altmärkischen Ver- ein für vaterländische Geschichte und Industrie, landwirth- schaftliche Abtheilung, in diesem Jahre zu zwei verschie- denen Malen, zu Ende März und zu Anfang Juni, Säme- reien zum Anbau resp. zu Acclimatisations-Versuchen zu- gegangen.

Diese Sämereien sind einem von unserm Verein für die- sen Zweck gewonnenen hiesigen Kunstgärtner (Wipperich), und ein Theil davon auch einzelnen, sich dafür interessi- renden Mitgliedern übergeben worden, und ist; über das Ergebniss der angestellten Versuche jetzt Nachfolgendes zu berichten.

Dem Berichte ist jedoch nachstehende Bemerkung vor- auszuschicken.

Es kann bei der Behandlung mancher bisher hier ganz unbekannter Sämereien leicht gefehlt sein, da eine Anlei- tung dazu nicht mitgetheilt worden ist, auch sonst nicht hat anderswo aufgefunden werden können. Hierzu kommt, dass uns bei nicht wenigen Sämereien, z. B. Taxus baccata, Prunus sibirica, Ulmus species indefinita u.a. m., auch der Nutzen, den man sich davon verspricht, resp. die Vorzüge der neuen Einführungen vor den einheimischen Pflanzen gänz- lich unbekannt geblieben sind, was, in Verbindung mit der Ungewissheit über die richtige Art der Behandlung, das In- teresse an diesen Versuchen erheblich abschwächt.

Die zweite Sämereien-Sendung insbesondere betreffend,

33 so war, als dieselbe eintraf, die Jahreszeit schon allzuweit vorgerückt, so dass schon deshalb bei manchen Sämereien

durch die dennoch angestellten Versuche ein günstiger Er- folg nicht zu erreichen war.

I. Taxus baccata.

Gesäet am 3. April 1859 (wie alle Gehölze) im Holzka- sten, 3 Zoll tief. In diesem Jahre nicht aufgegangen und wohl erst im nächsten Frühjahr zu erwarten.

II. Prunus sibiraca. Gesäet am 3. April 1859, nicht aufgegangen, wahrschein- lich verstockt.

II. Ulmus (species indefinita).

Ausgesäet am 3. April 1859. Aufgegangen ist überhaupt nur eine Pflanze am 20. April 1859. Anscheinend ist der Samen zum Verstocken geneigt, weshalb vielleicht zu em- pfehlen, dass er möglichst dünn ausgesäet und nur leicht bedeckt wird. Die erzielte Pflanze entwickelt sich regelmäs- sig und hat in diesem Jahre die Höhe von 6 Zoll erreicht.

IV. Larix dahurica.

- Ausgesäet am 3. April 1859, aufgegangen am 10. Mai ejusd., am 1. August 1 Zoll hoch, regelmässige Entwicke- lung. : Schattiger Standort scheint bei der Erzeugung aus Samen nothwendig. Die aufgegangenen Pflanzen haben sich nicht weiter entwickelt und werden über Winter geschützt werden.

V. Amygdalus pedunculata.

Ausgesäet am '3. April 1859. Aufgegangen sind am 12. Mai 2 Pflanzen, die am 1. August eine Höhe von 2 Zoll er- reicht haben... Seitdem sind sie anscheinend nicht fortge- schritten. Ä

VI. Pfirsich von Tullins (Frankreich).

Gelegt am 8. Juni 1859, wird wohl, wenn er überhaupt aufgeht, sich erst im nächsten Jahre zeigen.

VII. Morus alba.

Um die Gefahr des Erfrierens zu vermeiden, erst am 1860. Ba, II, ß 3

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6. Mai 1859 in freiem Lande ausgesäet. Aus dem Samen ist in diesem Jahre noch keine Pflanze erwachsen.

VII. Crataegus sanguinea.

Gesäet am 3. April 1859. In diesem Jahre nicht aufge- gangen, möchte sich vielleicht noch im nächsten Frühjahr zeigen.

IX, Grüne Sarepta-Melone.

Gelegt am 3, April 1859, im Topfe auf warmem Mist- beete unter Glas. Aufgegangen am 21. April, am 1. Juni im Mistbeete ausgepflanzt, am 26. Juli die ersten Früchte abgesetzt, am 18. September war eine Frucht gereift (Grösse 9 Zoll Längendurchmesser, 6 Zoll Breitendurchmesser, Schwere 4% Pfd.). Die Frucht war von vorzüglichem Geschmack. Nicht ganz günstiger Standort hatte das Ansetzen mehrerer Früchte verhindert.

X. Grüne Schlangengurke.

Ausgesäet am 12. Mai, ins freie Land aus dem Topf ge- setzt am 18. Mai, am 15. Juli zum Salat geeignete Früchte. Volltragend und schmackhaft, deshalb zum Anbau zu em- pfehlen, obwohl von den Dean bekannten Sorten nicht hervorragend.

XI. Buschbrechbohnen.

Gelegt am 12. Mai 1859 (18 Zoll im Quadrat), 2 Bohnen in ein Loch. Aufgegangen am 19. Mai, den 16. Juli zur Verwendung als Gemüse geeignet. Die Frucht ist zart, de- likat, bringt früh die Früchte, und selbst die stärkeren Boh- nen bleiben noch zart und brechbar. Sie trägt ziemlich voll, im Herbste jedoch werden die Bohnen von der Feuchtigkeit leicht fleckig, weshalb sich zum Anbau nur ein leichter Bo- den eignen möchte.

Der hiesige Handelsgärtner Wipperich meint diese Bohne schon unter dem Namen Kreuzbrechbohne zu führen.

XU. Schwerdt-Buschbohne.

Gelegt wie Nr. XI. am 12. Mai 1859, aufgegangen am 19. Mai, den 24. Juli zur Verwendung geeiguete Früchte.

In Wipperich’s Handelsgärtnerei finden sich Schwerdt-

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Buschbohnen, welche der übersendeten an Feinheit des Flei- sches und. Geschmack vorzuziehen siud. Letztere ist wegen Härte der Schale nicht zu empfehlen.

Auch der Ertrag war bei gleicher Fläche nur halb so gross wie die der Bohne sub XI.

XI. Blumenkohl. F

Gelegt im kalten Mistbeete am 12. Mai 1859. Die späte Aussaat ist aus dem Grunde gemacht, um mit mehr Sicher- heit auf eine ergiebige Ernte rechnen zu können. Aufgegan- gen ist der Blumenkohl am 20. Mai, ausgepflanzt am 1. Juli auf gut gedüngtem und cultivirtem Lande, 2 Fuss im Qua- drat. Die Pflanzen haben sich regelmässig entwickelt und sind die ersten Käse am 20. October geschnitten; sie waren regelmässig gebildet, dicht, schön und wohlschmeckend, da- her zu empfehlen.

XIV. Niedrige Pahlerbse.

Gelegt am 7. April 1859, aufgegangen am 18. April, Blüthe am 29. Mai. Hat voll abgesetzt, zur Verwendung als Ge- müse geeignet am 10. Juni, reifer Samen am 8. Juli. Die Erbse ist volltragend, die Schoten hatten durchschnittlich 5 Körner mittlerer Grösse, dagegen ist sie nicht ausgezeich- net im Geschmacke.

XV. Buchsbaum-Zuckererbse.,

Gelegt am 7. April 1859, aufgegangen am 18. April, Blüthe am 5. Juni; als Gemüse geeignet am 18. Juni, Samen am 16. Juli.

Die Erbse ist volltragend, die Schoten hatten durchschnitt- lich 6 Körner unter mittlerer Grösse, von grosser Süssigkeit und ausgezeichnetem Geschmacke.

Sie verlangt einen lockern, tief cultivirten und humus- reichen Boden. | |

Samen wurde nicht gewonnen, da er sämmtlich von Sper- lingen verzehrt wurde.

XVI Cicer arictinum (Kichererbse).

Gelegt am 7. April 1859. Von den aufgegangenen Pflan-

zen, denen die Dohlen sehr nachgestellt haben, ist nur eine : g*

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Pflanze conservirt, aufgegangen waren sie am 18. April, Blüthe 5. Juni. Die übrig gebliebene Pflanze entwickelte sich sehr kräftig und warf reichlich Nebenzweige, so dass für sie ein Raum von 18 Zoll Quadrat erforderlich erscheint. Am 1. Au- gust reife Früchte. In den vollkommenen Schoten waren 2, meistens jedoch nur eine Erbse. Mehrere Nebenzweige star- ben ab, ehe die Körner gereift waren.

Wegen geringen Ertrages und weil anscheinend das Klima die Fruchtreife verhinderte nicht zu empfehlen.

XV. Grünköpfige gelbe Futtermöhren.

Ausgesäet am 7. April 1859 auf einen tief cultivirten lockern Boden in der zweiten Tracht, 1 Loth auf ein Beet von 96 Quadratfuss; aufgegangen am 26 April.

Auf der Hälfte des Beetes sind die Pflanzen am 13. Juni bis auf Entfernungen von 6 Zoll, auf der andern Hälfte bis auf Entfernungen von 3—4 Zoll verzogen. |

Auf der ganzen Fläche ist eine Quantität von 1 Otr. ge- wonnen. Die stärker zu 6 Zoll verzogenen Reihen haben keine grösseren Wurzeln als die übrigen geliefert, so dass eine Entfernung von 4 Zoll ausreichend erscheint. Die Qua- lität ist vortreffllich, sie giebt ein gern gefressenes, süsses und nahrhaftes Futter. Es dürfte also diese gelbe grün- köpfige Möhre an Quantität und Qualität der bisher hier üblichen weissen grünköpfigen Möhre vorzuziehen sein; auch ihr Kraut scheint feiner als das der letztern.

XVII. Chinesischer Futtermais.

Gelegt am 10. Mai 1859 auf einem Boden wie der ad XVII. beschriebene, 1 Fuss im Quadrat zu 2 Körnern, auf- gegangen am 16. Mai. Die Pflanzen bildeten sich sehr kräf- tig aus, warfen breite Blätter von Hause aus und mehrere, gewöhnlich 3—5 Hauptstengel. Bei der beschriebenen Pflan- zenbildung erschien es zweckmässig, den Raum für die Pflan- zen zu erweitern. | |

Die letzteren wurden deshalb am 13. Juni ausgehoben und verpflanzt. Am l. August schon gaben die verpflanzten den auf dem ursprünglichen Standorte stehengebliebenen nichts

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mehr nach und haben schliesslich den Vorzug vor den auf dem Flecke der Einpflanzung belassenen unter den eingetre- tenen Witterungsverhältnissen erlangt.

Am 20, October ist der reife Samen abgenommen, und ist hierbei besonders hervorzuheben, dass jede Pflanze voll- kommen reifen Samen geliefert hat.

Im Vergleiche mit den bekannten Sorten scheint dieser Mais auch rücksichtlich der Quantität des Futter-Ertrages nicht nachzustehen und ist auch vom Rindvieh gern ge- fressen worden.

XIX. Weberkarde.

Der Samen ist zu zwei verschiedenen Zeiten gelegt:

a) die eine Hälfte am 7. April 1859 in den ad XVII. beschriebenen Boden; aufgegangen am 26. April, verpflanzt, 1% Fuss im Quadrat, am 13. Juni;

b) die andere Hälfte ist am 14. Juni 1859 gelegt und war am 1. August zum Verpflanzen geeignet.

Die Stauden beider Saaten stehen gegenwärtig ohne Sa- menstengel; sie werden durchgewintert und darüber im näch- sten Jahre weiter berichtet werden.

XX. Ricinus communis.

Ist in den ad XVII. beschriebenen Boden am 12. Mai 1859 gelegt und am 20. Mai aufgegangen. Die Pflanzen ha- ben sich sehr kräftig entwickelt. Weil der Samen zu eng gelegt war, so ist eine Pflanze um die andere herausgenom- men und mit dem Ballen versetzt. Besser ist es jedenfalls, den Samen gleich von Hause aus 3 Fuss weit zu legen. Die Blüthe trat am 1. August ein und die Pflanzen entwickelten sich zu sehr kräftigen Stauden. Es ist ein grosses Quantum reifer Samen im Laufe des Monats October gewonnen, der dem Acclimatisations-Verein zur Disposition gestellt wird, da die weitere Cultur hier, wo die Bombyx Cynthia nicht gezüchtet wird, nicht zu erwarten ist.

XXI. Babe Havannah.

Auf kaltem Mistbeete am 9; April 1859 gesäst; aufge- gangen am 26. April, ins freie Land verpflanzt und zwar

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auf den ad XVII. beschriebenen Boden, 1% Fuss im Qua- drat, am 6. Juni. Die Entwickelung der Pflanzen war re- gelmässig und kräftig. Anfang August begann die Blüthe. _ Vier Wochen nach der Blüthe, wie bei den übrigen Ta- backssorten XXIL—XXV., trat die Samenreife ein; reifer Samen ist gewonnen. Das Ertrags- Quantum ist genügend, die Qualität soll noch erprobt und seiner Zeit darüber be- richtet werden. |

XXH, Tabac-Schiras.

Im kalten Mistbeet gesäet am 9. April 1859, MIPEBERR gen am 26. April, ins Freie verpflanzt am 6. Gau: auf den Boden und in der Weise, wie ad XXI. beisriben Blüthe am 6. August. Uebrigens wie Nr. XXI.

XXII. Tabac-Goundy.

Im kalten Mistbeet gesäet am 9. April 1859, aufgegan- gen am 26. April, verpflanzt am 6. uni, Blüthe 23. Juli. Uebrigens wie ad XXI.

XXIV. Tabac-Ohio.

Im kalten Mistbeet gesäet am 9. April 1859, aufgegan- gen am 26. April, verpflanzt am 6. Juni, ganz wie ad XXI. beschrieben. Die Pflanzen waren anfänglich zarter und schwächlicher, als die der übrigen Tabackssorten ad XXI. ‘bis XXINM., und blieben gegen diese zurück, haben sich jedoch später gekräftigt. Das Blatt ist das grösste von den cultivirten Sorten, und hat dieselbe das grösste Ertrags- Quantum geliefert. Im Uebrigen wie ad XXI.

XXV. Tabac- Cuba.

Eingegangen am 6. Mai, ausgesäet im kalten Mistbeet am 7. Mai, aufgegangen am 15. Mai; die kräftigen Pflanzen sind am. 16. Juni verpflanzt in den Boden und in der Weise, wie sub. XXI. angegeben. Blüthe Mitte August. Auch von dieser Sorte ist reifer Samen gewonnen.

XXVI. Eriosynaphe longifolia.

Wurde am 3. April im warmen Mistbeet in, den Topf ge- säet, ist, jedoch nicht gekommen.

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XXVlk Pyrethrum carneum.

Wurde am 3. April im warmen Mistbeet in den Topf ge- säet und ging am 16. April auf, am 14. Juni ins freie Land verpflanzt; am I. August ward der Blüthenstengel sichtbar. Die Pflanze: ist in der Wipperich’schen Handelsgärtnerei hierselbst schon eultivirt.

Die Cultur soll fortgesetzt und im nächsten Jahr weiter berichtet werden.

XXVHl Lilium tenuifolium.

Im warmen Mistbeet am 3. April in Töpfe ausgesäet, am I6. April aufgegangen, die gezogenen Pflanzen sind jedoch später bis auf eine ausgegangen. Es ist abzuwarten, ob die gebildete Knolle durchwintert werden kann.

XXIX. Bergreis, roth, Nr. 2142., und

XXX. Bergreis, weiss, Nr. 2143.

Eingegangen am 6. Juni, im kaltem Mistbeet in 'Föpfe gelegt am 8. Juni, ist zwar aufgegangen, aber nicht in Aeh- ren getreten.

Da die diesjährigen Versuche erst zu spät im Jahre un- ternommen: werden konnten, so ist Samen: reservirt, um: im nächsten Jahre rechtzeitig weitere Versuche zu machen.

XXXI Chien-lu Tuberkel, Nr: 000:

Eingegangen am 6. Juni, ins freie Land ausgelegt am 8. Juni, nur zum geringeren Theil aufgegangen. Die: Pflan- zen haben einen. windenähnlichen Stengel mit drei getheil- ten Blättern und sollen theils im freien Lande, theils in Töpfen überwintert werden. '

XXXI. Bohnen aus Pecking, Nr. 2144,

Eingegangen am 6. Juni, ins freie Land gelegt am 8. Juni, aufgegangen am 20: Juni. Nur wenige Pflanzen haben ge- blüht, nur eine hat Schoten abgesetzt, aber keimen reifen Samen gebracht. Anscheinend undankbar.

XXXUL Lacomie aus Pecking, Nr. 2145.

Eingegangen am 6. Juni, ins:freie Land gelegt am 8. Juni. Von: 10: Körnern: sind am 22. Juni 5 Pflanzen aufgegangen, die: sich bis Mitte October, also. in: einer sehr kurzen Ve-

-

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getationsperiode, zu einer beträchtlichen Futtermasse ent- wickelt haben, die gern vom Vieh gefressen wurde und an- scheinend nahrhaft ist. Durch Abschneiden der Nebensten- gel wurde bei einer Pflanze eine Samenreife erzeugt. Der Samen ist jedoch nicht ausgebildet. Einzelne Pflanzen sind in Töpfe gesetzt, um vielleicht im nächsten Jahre Samen zu gewinnen.

XXXIV. Dolichos aus Pecking, Nr. 2148.

Eingegangen am 6. Juni, ins freie Land gelegt am 8. Juni, aufgegangen am 18. Juni; blühte am 1. October schön (weiss), hat jedoch keine Schoten. ER Allenfalls als EN zu verwenden.

XXXV. Panicum maximum (Yuba), Nr. 2156.

Eingegangen am 9. Juni, ins freie Land gelegt am 8. Juni an verschiedenen Stellen. An einer Stelle (Sandboden) sind die spärlich aufgegangenen Pflanzen in der Dürre ausgegan- gen, auf der andern (Lehmboden) haben sie bis zum No- vember eine Höhe von 1—1% Fuss erreicht.

XXXVI Schwarze Bohnen aus Mexico, Nr. 1449,

Eingegangen am 6. Juni, ins freie Land gelegt am 8. Juni, aufgegangen am 18. Juni, Blüthe am 15. Juli, reife Früchte gegen Ende September.

Ueber die Ertragsfähigkeit und Güte hat kein Urtheil ge- wonnen werden können.

XXXVU. Bohne aus Singapore, Nr. 2056.

Eingegangen am 6. Juni, ins freie Land gelegt am 8. Juni. Eine Pflanze am 6. Juli aufgegangen, die jedoch nicht zur Blüthe gekommen ist.

XXXVIlI. Kerbelrübe und

XXXIX. Chaerophyllum Preseotii.

Da die Aussaat im späten Frühjahr gar keinen Erfolg versprach, ist solche erst im October geschehen, aber zwei- felhaft, ob der Samen die Keimkraft behalten haben wird.

XL. Dioscorea batatas.

Eingegangen am 6. Juni, also wohl jedenfalls zu spät, um davon noch in diesem Jahre ansehnliche Knollen zu zie-

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hen; dennoch in grösseren Stücken von 2—3 Zoll sogleich ausgelegt, zeigten sich nach 5—6 Wochen kräftige Triebe. Die Knollen sind in der Erde gelassen, da zweijähriges Wachsthum den Ertrag mehr als verdoppelt.

XLI. Kürbis aus Pecking, Nr. 1636.

Eingegangen am 6. Juni. Von den im freien Lande aus- gelegten Körnern sind nach: 14 Tagen bis 3 Wochen zwei aufgegangen; beide Pflanzen entwickelten sich kräftig und hat die eine zwei, die andere eine Frucht angesetzt. Die Früchte haben eine weisse dünne Schale, sind rundlich und nur 2—5 Pfd. schwer.

Als Speisekürbis zwar zu benutzen, jedoch nicht zu den vorzüglicheren Sorten zu zählen und im Ganzen nicht be- sonders zu empfehlen.

Stendal, am 7. December 1859.

(gez.) Roloff. Schultze. Wipperich. Schröter.

I.

Marienwerder, 16. Januar 1860. 1) Die fünf Original- Tabackssorten breitblätte- riger Cuba, Havannah, Goundy, Ohio und Schiras zeigten sämmtlich trotz des späten’Säens (Anfangs Mai) eine üppige Entwickelung in dem Garten des Hrn. Gutsbesitzers Genzmer in Boggusch bei Marienwerder. Namentlich der Cuba empfiehlt sich durch seine zahlreichen, breiten und zugleich fetten Blätter, und dürfte in hiesiger Weichselnie- derung, welche den Tabacksbau in ausgedehntem Maasse freilich leider meist zu dem schlechtest bezahlten Priem- und Schnupftaback treibt, weitere Verbreitung erlangen; demnächst vielleicht der Havannah und Schiras. 2) Der chinesische Futtermais zeigte in der That die ihm in dem geehrten Schreiben vom 20. April v. J. zugesprochene Eigenschaft, mehrere Stengel auf hiesigem Versuchsfelde bei isolirtem Stande bis fünf aus einem Korne zu treiben. Auch entwickelte er sich rasch, denn wiewohl erst Anfang Mai gesteckt, sind Ende

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October völlig reife Kolben gewonnen worden. Da auch zu- folge der Kleinheit des Kornes, dem sogenannten Perlmais gleich, wenig Samen für eine: bestimmte Fläche nöthig ist, werde ich den Versuchsanbau wiederholen. Denn: wenngleich die Stengel nur 4—5 Fuss hoch werden, verspricht die: Fülle der Stengel und Blätter eine grosse Masse: Grünfutter, und zwar zeitiger und auch bei dünnerem Stengel in einer dem Vieh angenehmern Form, als die amerikanischen Riesensor- ten. Als Körnerfrucht aber wird diese Sorte einen sehr schätzbaren Beitrag zur Geflügel- und Sehweinemast liefern können. Der Director-Stellvertreter des Gentral-Vereins, Ba- ron von Buddenbrock, der eine kleine Theilprobe in Kl. Ottlau ausstecken liess, führt noch als Eigenthümlich- keit dieser Sorte den Mangel von Luftwurzeln an,

3) Die niedrige Pahlerbse und

4) die Buchsbaum-Zuckererbse überraschten hier durch die Schnelligkeit ihrer Entwickeläing beim reichen Schotenansatz. Anfang Mai gesäet, konnte die Pahlerbse bereits in der ersten Hälfte Juli, also nach circa 8 Wochen geerntet werden; dabei hatte sie ca. 22 Fuss lange Triebe gemacht, deckte also völlig den Boden und gab einen nicht ganz unbedeutenden Strohertrag. Anders verhielt sich in letzterer Beziehung die Buchsbaum-Zuckererbse. Sie: ist bei nur 4—6 Zoll Stengelhöhe die niedrigste, bisher be- kannt gewordene Sorte, da bei dieser Höhe der Stengel scheinbar normal, d. h. ohne sichtliches Erkranken reifte. Jeder Stengel trug in dieser Höhe ein starkes Bouqwet Blüthen; diese setzten sämmtlich Schoten mit; dem: charak- teristischen, zarten Fleische der Zuckerschote an, welche sich normal körnerreich; entwickelten.

5) Von der grünen englischen Felderbse säete der Direetor des: Central-Vereins, Rittergutsbesitzer Con- rad auf Fronza, im vorigen Jahre 13 Scheffel, von Metz & Co. bezogen, mit 1 Schffl. Sommerroggen auf ca. 10:Mor- gen und erntete hiervon 20 grosse, festgetretene vierspän- nige.Fuder, schotenreich und mit vollem Korn (der Erdrusch

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ist noch nieht bekannt). Kräftiger, feuchter Boden möchte seines Dafürhaltens geeigneter als magerer oder sandiger für sie sein, da hier das Stroh zu dürftig bleibt. Ebenso gün- stige Resultate theilte Hr. Gutsbesitzer Wagner auf Rah- nenberg mit, welcher die Güte hatte, eine vom Garten-In- speetor Hrn. Jühlke übersandte Probe in den beiden Vor- jahren zu cultiviren; aber auch er spricht ihr sehr gleich- mässigen, in hoher: Cultur befindlichen Lehmboden zu, da sie auf einer leichteren Bodenstelle merklich schlechter stand, auch im Korne heller bis fast ganz weiss wurde. Bei einer Kochprobe erwies sie sich als besonders gut, sehr wohl- schmeckend. }

Einen interessanten Vergleich mit diesen drei Sorten bil- den. zwei in der Grösse des Samenkornes, der Länge der Ranken und der Entwickelungsdauer ihnen völlig entgegen- gesetzte, erst Ende Juli und im August zur Körnerbildung kommende Sorten unseres vorjährigen Versuchsfeldes. Es zählt nämlich ohne besondere Auswahl der Körner:

Ranken- Körner. länge.

die grüne englische Erbse . . . . auflLth.88, ca. 2’ Bu Bar Buchsbaum -Zuckererbse. . . x . 166, %' während |

6) die Mumien-Erbse. ... lg Ada. 919°

7), die Vietoria- (amerikan. Rie-

sen-)Erbse gar ur . . 1e,.32, «. 8-10’ und darüber.

Die mächtigen Ranken und die colossalen Körner dieser beiden letzteren Sorten bieten allerdings einen erfreulichen Anblick dar, und werden daher Versuche mit diesen und den drei vorgenannten: Sorten in hiesigen, durch vorzüg- liche Erbsenernten ausgezeichneten Gärten fortgesetzt wer- pen. Uebrigens bilden die Sorten ad 6. u. 7. in einer Be- ziehung Gegensätze; während nämlich: die Mumien-Erbse in einer bestimmten: Höhe der Stengel (i. A. 4’) die Blüthen in

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Büschel oder Bouquets ansetzt, ähnlich also wie die Buchs- baum-Zuckererbse, und darüber hinaus den Stengel blü- thenlos fortsetzt, beginnt die Vietoria-Erbse mit ca. 5’ Höhe die Blüthen einzeln an den fort und fort sich verlängern- den Stengelspitzen anzusetzen, bis Ungunst der Witterung dies unterbricht. Diese letzte Sorte dürfte daher unter ganz günstigen Verhältnissen der enormsten Erträge fähig sein, aber wegen des Risico für die Landwirthschaft, wenigstens in hiesiger Provinz, sich am wenigsten empfehlen. Von den anderweiten gefälligst übersandten Sämereien keimten gar nicht: die Kerbelrübe, Chaerophyllum Preseotii, mangelhaft: Busch- und Schwerdt-Brechbohnen, auch Cicer arietinum. Von letzterer ist reifer Samen gewonnen wor- den und wird im laufenden Jahre gesäet werden. Sarepta-,

Schlangen -Gurke etc. fallen der Gärtnerei anheim. (gez.) Der General-Sekretair des Vereins westpreussischer

Landwirthe. | (gez.) E. John, correspondirendes Mitglied des Acclimatisations- | Vereins etc.

8.

Saccemin bei Pr. Stargardt, 30. Januar 1860.

1) Die drei Sorten Taback: Goundy, Schiras und Ohio, sind in kleinen Portionen gesäet und sämmtlich gut aufgegangen. Von sämmtlichen Sorten entwickelten sich üppige Pflanzen. Namentlich zeichnete sich der Schiras durch seine langen feinrippigen Blätter aus. Bei den im hiesigen Ver- einsbezirk herrschenden Verhältnissen wird vorläufig der Ta- backsbau keine Ausdehnung erlangen. Der Rest der über- sandten Proben wird im laufenden Jahre noch an Liebhaber vertheilt und darüber s. Z. Bericht erstattet werden.

2) Die Pahlerbse zeichnet sich durch frühe Reife (vor der Roggenernte) und reichen Ertrag aus, und scheint sich zum Anbau im Grossen auf freiem Felde zu eignen.

3) Die Buchsbaum-Erbse scheint nur zur Mistbeet-

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treiberei geeignet. Sie wurde % Fuss hoch und trug mittel- mässige Schoten.

4) Die Kichererbse ist sehr zu empfehlen, sowohl zum Grün- als zum Reifkochen. Sie verdient alle Beachtung.

5) Die rothe Riesenmöhre ist zur Nahrung für Men- schen einträglicher als die gewöhnliche kleine rothe Möhre. Als Viehfutter ist indessen die weisse grünköpfige vorzu- ziehen.

6) Die Schwerdt-Buschbohne ist sehr zu empfeh- len, sowohl zum Grün- als zum Trockenkochen.

7) Die grüne Schlangengurke ebenfalls sehr zu em- pfehlen als Salatgurke.

8) Weberkarde und Chaerophillum Prescotii sind gut; aufgegangen. Ueber den Ertrag wird im Herbste be- richtet werden.

9) Morus alba ist nicht aufgegangen trotz aller ange- wandten Vorsicht. Wahrscheinlich war der Samen überjährig.

10) Auch die Kerbelrübe ist nicht aufgegangen.

(gez.) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins zu Pr. Stargardt. (gez.) W. Albrecht, Gutsbesitzer.

9.

Der Vorstand des landwirthschaftlichen Kreis- Vereins Angerburg, Hr. C. Vogel, theilt unterm 1. Februar c. mit, dass die eingesandten Sämereien in Folge der ganz ausserge- wöhnlichen Dürre ohne jeden Erfolg ausgesäet worden seien.

10.

Jaeglava, 1. Februar 1860. Die Sämereien wurden sämmtlich Mitte Mai in einem mürben, Feuchtigkeit haltenden, humosen, lehmigen Sand- boden gesäet. 1) Morus alba, sowie die neue Kerbelrübe und eine neue Gespinnstpflanze sind nicht aufgegangen. 2) Die Buchsbaum-Erbse gab buschige, niedrige Pflan-

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zen mit ziemlich reichlichem Schotenansatz, zeigten aber im Ganzen wenig Bemerkenswerthes.

3) Die grüne Schlangengurke, durch ihre langge- streckte Form und Grösse bemerkbar , zeichnet sich vor an- dern ähnlichen, im hiesigen Vereinsbezirk bereits angebau- ten Sorten in keiner Weise aus.

4) Die Kichererbse ging spärlich auf und setzten die aufgegangenen Pflanzen nur spärlich Schoten an, in denen die Erbsen bis zum Spätherbste zwar zur Reife gelangten, was aber bei der Durchschnitts-Temperatur der hiesigen Sommer nicht immer der Fall sein dürfte.

5) Die Schwerdt-Buschbohne zeichnete sich durch die Länge der Schoten aus.

8) Die Weberkarde ist gut aufgegangen und mit kräf- tigen Pflanzen in den Winter gekommen.

7) Unter den verschiedenen Tabackssorten zeichneten sich der Goundy- und Ohio-Taback durch die ungewöhnliche Grösse der Blätter mit verhältnissmässig dünnen Rippen sehr vortheilhaft vor andern bisher gebauten Sorten aus.

Die Anbauversuche sollen in diesem Jahre mit einem genügenden Anhalt bietenden, grössern Samenquantum fort- gesetzt werden, und wird über deren Resultat hoffentlich ein mehr massgebender Bericht abgestattet werden können.

(gez.) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins zu Barten. (gez.) Siegfried.

Eh,

Der General-Sekretair des landwirthschaftlichen Haupt- Vereins zu Münster, Hr. Regierungrath König, theilt un- term 6. Februar c. mit, dass nur über den Taback Günsti- ges zu berichten sei, während die übrigen Sämereien in Folge der Dürre kein Resultat geliefert hätten.

ARBR Nach einer Mittheilung der ostpreussisch -landwirthschaft-

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lichen Centralstelle zu Königsberg vom 9. Februar c. wird Folgendes über die von dem Hrn. Dr. Kleeberg, Gutsbe- sitzer auf Spittelkrug (bei Königsberg) angestellten Versuche berichtet:

Die aus den Körnern des Ricinus communis gezoge- nen Pflanzen gleichen vollständig den längst bekannten und hier in den Gärten als Blattpflanzen angebauten.

Cicer arietinum hat eine reichliche und reife Samen- ernte gegeben, die reicher ausgefallen wäre bei dem sonst guten Stande der Pflanzen, hätte die anhaltende Dürre die Fruchtentwickelung der späteren Blüthen nicht beeinträchtigt.

Die Blumenkohlköpfe aus der empfangenen Saat ent- sprechen keineswegs der derselben mitgegebenen Empfehlung grösserer Frühzeitigkeit und blieben bei mir hinter denen aus Erfurter früher Saat zurück.

Von. den vorzüglichsten Blättern aus den Tabackssamen Havannah und Goundy habe ich Proben auf der Aus- stellung des Jandwirthschaftlichen Central-Vereins am 15. Oc- tober v. J. ausgelegt gehabt; die Ernte störte. leider in ihrer Vollendung der am 11. September. eintretende Nachtfrost, der in der ganzen Umgegend die Hoffnung des Tabacks- baues, namentlich den grössern Betrieb in dem benachbar- ten Gute Holstein völlig vereitelte.

Ueber selbstangestellte Versuche wird dann noch Folgen- des bemerkt:

Mit dem unterm 20. April v. J. erhaltenen chinesischen Futtermais hat der unterzeichnete General-Sekretair selbst Versuche auf, in alter Cultur und in sehr geschützter Lage sich befindenden Gartenlande angestellt. Die Pflanzen gin- gen sämmtlich gut fort, trieben aus einem Korne mehrere Stengel, lieferten aber dennoch bei einer Höhe von etwa 2% Fuss kein bedeutendes Futterquantum. Die Saat, obgleich schon in der ersten Hälfte des Mai gelegt, kam, wahrscheinlich durch die Nachtfröste des September behin- dert, hier nicht zur Reife.

Von Ricinus communis dagegen habe ich in derselben

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geschützten Lage eine kleine Quantität reifen Samen erhal- ten, der freilich zuletzt, bei gelinder Ofenwärme, künstlich getrocknet werden musste. Dieser Samen soll im Frühjahr zur weitern Vertheilung gelangen. | (gez.) Minden.

13.

Bericht über die im Frühjahr 1859 erhaltenen Sämereien von A. Kleemann, Fürstl. Hofgärtner zu Carolath, mitge- theilt von dem Vorstande des Vereins der Land- und Forst- wirthe zu Freystadt im Februar 1860.

1) Morus albus hat trotz der sorgfältigsten Behand- lung nicht gekeimt.

2) Riecinus communis, bereits vielfach in Gärten an- gepflanzt, jedoch zur Aussaat im Freien sich wenig eignend, da nur in sehr günstigen Sommern kräftige Pflanzen und dann auch erst gegen Herbst daraus werden.

3) Dypsacus fullonum (Karde) steht auf schwerem gedüngten Sandboden sehr kräftig; ein Resultat kann sich erst im nächsten Jahre ergeben.

4) Staudenbohne (Brech-) hat reichliche und flei- schige Schoten auf mittelmässigem Boden getragen, als Sup- penbohne (zum Trockenkochen) dürfte sie jedoch der eirun- den Magdeburger nachstehen.

5) Die Erbse trug auf ziemlich leichtem Boden recht reichlich, die Körner sassen in den Schoten sehr gedrängt, 6 —8 waren gross und ohne Wurmstiche. Die Pflanze wurde nahe an 2 Fuss hoch und blieb vom Mehlthau frei, wäh- rend andere, nicht allzu weit davon, von demselben befal- len wurden.

6) Havannah-, 7) Ohio-, 8) Schiras-, 9) Goundy- Taback. Sämmtliche Sorten wurden auf sandigem, vor einem Jahre stark gedüngten, der Sonne ausgesetzten Boden gepflanzt. Havannah gab die ansehnlichsten Stauden mit sehr breiten Blättern, doch waren dieselben noch lange nicht ausgewachsen, als Schiras und Goundy bereits zum Abneh-

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men blattreich waren, und dürfte derselbe in ungünstigen Sommern schwerlich zur Reife gelangen,

In Ansehung der Blätter hatten die anderen Sorten viel Aehnliches, nur dass von Ohio die Blätter länger als von den anderen waren. Schiras und Goundy waren bereits Mitte September der Blattreife nahe.

14.

Halberstadt, 5. Februar 1860.

Unter diesem Datum übersendet der Vorstand des land- wirthschaftlichen Vereins für das Fürstenthum Halberstadt und die Grafschaft Wernigerode den nachfolgenden Bericht:

Von Ricinus communis, der Weberkarde und Morus alba, sowie von den verschiedenen Tabackssorten habe ich den grössten Theil nach Dardesheim z. H. des inzwischen verstor- benen Herrn Landraths von Gustedt, gewesenen Vorstan- des des Seidenbauvereins in Dardesheim, abgegeben.

Ich selber machte einen Versuch mit Rieinus ecommu- nis. Derselbe wurde auf ein Mistbeet gelegt, die Pflanzen Anfangs Mai ins Land gesetzt. Es wurden sehr kräftige Pflanzen, 5—7 Fuss hoch, trieben sehr kräftige Blätter, und wurden von 20 Pflanzen 325 Körner reifer Samen geerntet. Er wächst hier im guten Boden sehr üppig.

Von Chaerophyllum Prescottii gingen von 100 Kör- nern 6 Pflanzen Mitte Juni auf, blieben schwach und sind deshalb stehen geblieben.

Von der Schwerdt-Buschbohne wurden 90 Stück ausgelegt; es sind 1366 Stück davon geerntet. Die ersten wurden Ende Juli, die letzten Mitte August reif,

Von der Buschbrechbohne wurden 70 Stück ausge- legt und 141 Stück reife Bohnen geerntet; 41 davon waren aber eine andere Sorte, was am Samen gelegen haben muss. Dieselbe giebt keinen hohen Ertrag, sondern nur kleine Boh- nen; sie hat aber eine sehr fleischige Schale, ähnlich der. Wachsbohne.

Von der Buchsbaum-Zuckererbse kann diesmal kein 1860. Ba, III. 4

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Resultat abgegeben werden. Sie hatte freilich gut ange- setzt, es war aber nicht möglich, dieselbe vor Vögeln zu schützen.

Von der niedrigen Pahlerbse wurden 118 Stück ge- legt und davon 1 Pfd. Samen gewonnen.

Von der grünen Schlangengurke wurden 8 Stück Pflanzen auf Mistbeeten gezogen, dann auf das freie Land gesetzt. Davon wurden 60 Stück Gurken geerntet mit gu- tem Samen, Sie ist sehr empfehlenswerth.

Die Kerbelrübe wurde nach Vorschrift ausgeäet, doch hat sich davon im vorigen Sommer keine Pflanze gezeigt.

Von der Weberkarde wurden verschiedene Pflanzen auf kaltem Mistbeete gezogen, im Juli wurden sie auf gut vor- bereitetem Acker gepflanzt, entwickelten sich sehr kräftig und muss ihr Ertrag im nächsten Jahre abgewartet werden.

Von den verschiedenen Tabackssorten, als Havannah, Ohio, Goundy und Schiras, wurden Pflanzen auf kal- tem Mistbeete gezogen und nachher auf stark gedüngtem, gut vorbereiteten Acker ausgepflanzt.

Alle Sorten gediehen vorzüglich und lieferten grosse Blät- ter, namentlich Ohio und Goundy zeichneten sich. durch die Grösse ihrer Blätter aus, die sämmtlich als Deckblatt zu gebrauchen sind. Der geringe Preis der rohen Tabacksblät- ter, die bedeutenden Arbeitskosten hindern aber einen fort- gesetzten Anbauversuch.

Von Morus alba wurde auch ein Theil Samen ausge- säet, doch ist keine Pflanze davon aufgegangen.

. Mahndorf, 5. Februar 1860. (gez.) Hermann Löbbecke.

15.

Von der Direction der Local- Abtheilung Bonn des land- wirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen sind mittelst Schreibens vom 12. Februar nachstehende vier Briefe ein- gegangen.

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Bonn, 4. Februar 1860.

In der Vorstandssitzung der Local- Abtheilung Bonn vom l. April 1859 erhielt der Unterzeichnete folgende Sämereien des Acelimatisations-Vereins zu Versuchen und zur Berei- cherung der Erfahrungen im Gebiete der Landwirthschaft, und zwar:

1) Schwerdt-Buschbohnen in einer Prise von 80 Stück Bohnen. Diese wurden am 7. April auf ein gut zu bereitetes Beet gesteckt, gediehen bis zur Höhe von 1—1%’, blühten im folgenden Monat sehr zahlreich, reiften Ende August in sehr klaren gelben Schoten, welche 4—6 Boh- nen enthielten. Sie lieferten einen reichen Ertrag, wovon ich bei Gelegenheit der General-Versammlung der Local- Abtheilung am 12. October v. J. in Kessenich Bericht er- stattete, den ganzen Ertrag zur Ansicht übergab und ihn zur fernern Vertheilung an die Interessenten stellte.

Dies gilt von allen nachfolgenden Ergebnissen.

2) Buchsbaum-Zuckererbse. Erhalten 20Stück, wur- den wie ad l) gesteckt, gingen schon nach 8 Tagen auf, er- hielten sich in niedrigen Sträuchern, blühten Ende’Mai und erntete ich Ende Juli kleine gelbe Schoten, welche 4—5 Stück goldgelbe, mehr ovale als runde Körner enthielten.

3) Niedrige Pahlerbse. Auf meinen Antheil kamen ebenfalls 20 Stück. Behandlung wie ad 2). Auch diese Art blieb niedrig, wie der Name sagt. Blüthe- und Erntezeit wie jene, nur von schöneren Schoten und ergiebiger an Frucht.

4) Cicer arietinum (Kichererbse), wovon ich 10 Stück erhielt. Leider gingen sie mir gar nicht auf und sind wahr- scheinlich ein Raub der Maulwürfe geworden. Dagegen war Major v. Westernhagen, einer der Mitbetheiligten, glück- licher in seiner Aussaat und in seiner Ernte gewesen, wie sein mündlicher Bericht am 12. October mir darthat.

5) Grüne Sarepta-Melone. Hiervon erhielt ich 4 Kör- ner, welche ich je 2 und 2 in Töpfen innerhalb meines Treib- hauses zu Pflanzen erzog. Mitte Mai, nachdem sie 2—3 Zoll

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Grösse erreicht hatten, verpflanzte ich sie ins Frühbeet. Hier entwickelten sie sich kräftig, kamen zu sehr zahlreichen Blü- then, doch trug jede Pflanze nur 2—3 Früchte. Sie reiften nicht zu gleicher Zeit, hatten eine Länge von 6—7 Zoll, in ovaler Form, und im Durchmesser wohl eine Dicke von 4 Zoll, von dunkelgrüner äusserer Farbe, dagegen das in- nere Fleisch goldgelb, von sehr angenehmem Geschmack und noch besserm Aroma. Leider konnte ich nur wegen der so schnellen Reife und dem zu späten Termin der General-Ver- sammlung eine einzige Frucht zur Ansicht stellen. Sie fand allgemeinen Beifall. Die gewonnenen Körner (Samen) wur- den an Liebhaber überlassen, und bin ich gern bereit, von dem übrigen gewonnenen Zee mitzutheilen.

Endlich 6) erhielt ich 2 Bohnen Ricinus. Hiervon ging nur eine Bohne auf. Ich habe sie in Töpfe gepflanzt und hierin blieb "die eine auch stehen, kam zur Blüthe, doch brachte sie keinen Samen.

Im Allgemeinen erlaube ich mir, bei dieser Gelegenheit meinen Dank für den erhaltenen Samen hiermit unter der Versicherung abzustatten, dass der mir gebliebene Rest auch im laufenden Jähre zur fernern Vervielfältigung von mir cul- tivirt werden soll.

(gez.) von Suter, Obristlieutenant z. D.

‚Ueber die zu Versuchen mir übergebenen .14 Sämereien des Acclimatisations-Vereins habe ich folgende Resultate zu berichten:

1) Hibiscus esculentus (geniessbarer Eibisch), eine Art, die seit langen Jahren in botanischen Gärten bekannt ist und cultivirt wird. Lässt sich nur. in warmen Mistbee- ten ‚oder Treibhäusern ziehen. Ä

‚Die fingerdicken, zolllangen Früchte werden in Indien mit Gewürz, ähnlich wie bei uns kleine Pfeffergurken gespeist. -. In ökonomischer Beziehung ist die Pflanze für uns werth- los. Samen davon steht zur Verfügung.

2) Zwei Sorten Wassermelonen (Cucurbita citrullus).

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Ebenfalls in Gärten lange bekannt. Dieselben gedeihen bei uns nur in Mistbeeten. Im Freien gelingt die Anzucht nur in den wärmsten Sommern. Uebrigens isst man dieselbe gar nicht.

3) Isatis (Species). Eine Waidart, die bekanntlich erst im zweiten Jahre ihre Blüthe entwickelt. Es scheint mir nichts anderes als Isatis tinctoria (der. gemeine Waid) zu sein.

4) Senfart Sinapis juncea war anderes als der gewöhnliche Senf.

5) See- oder Meerkohl (Crambe maritima), eine in Gärten allgemein bekannte Gemüsepflanze.

6) Zwei ganz kleine Melonenarten, wovon eine nur von der Grösse einer Birne, aber von angenehmem Geschmack war. Samen steht zur Verfügung.

DD) Morus alba (weisse Maulbeeren), wovon nur einige Pflanzen keimten.

8) Crataegus sanguinea, eine Weissdornart mit ro- then Früchten, allgemein in Gärten als Schmuckstrauch be- kannt und verbreitet.

9) Prunus (Species) aus Sibirien, nicht gekeimt.

10) Amygdalus pedunculata, Mandel aus Sibirien, nicht gekeimt.

11) Chaerophyllum Baaheettih; nicht gekeimt.

12) Eine Lilienart, ebenfalls nicht gekeimt.

13) Taxusbaum, de bekannte Taxus baccata, nicht gekeimt. |

14) Ulmus (Species), ebenfalls.

(gez.) W. Sinning.

Von den vom Acclimatisations-Verein vertheilten Säme- reien habe ich nur ein Packet Buschbohnen' (ohne nähere Bezeichnung) erhalten. Dieselben haben reichlich Früchte getragen, doch habe ich keinen Vorzug, weder im unreifen noch im reifen Zustande, vor unsern einheimischen bemer- ken können. |

Von ‚Hrn, Inspector Sinning habe ich nur einige ;Kör

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ner von dem ihm überwiesenen Samen entnommen, welche in Töpfe gesäet sämmtlich nicht zum Keimen kamen. (gez.) von Neufville.

Von zwei erhaltenen Melonenkernen ist einer aufgegan- gen und hat gute feinschmeckende Melonen gegeben, die na- mentlich viel essbares Fleisch lieferten.

Neun grosse gefurchte Erbsen, die ich erhielt, sind alle aufgegangen und haben eine sehr reichliche Ernte gegeben. Diese Erbse wird am Niederrhein und in Holland viel an- gebaut und auf den Schiffen gern gegessen.

Von neun anderen erhaltenen Erbsen sind nur 5 Stück aufgegangen. Diese lieferten einen sehr geringen Ertrag klei- ner gut aussehender Erbsen. |

Dann erhielt ich noch sieben Erbsen, von denen nur 5 Stück aufgingen, die sehr niedrige Sträucher hatten, de- ren Ertrag leider von Würmern aufgezehrt wurde.

Die Namen der Melonen und Erbsen habe ich nicht vermerkt.

Kessenich, 30. Januar 1860.

/ (gez) von Westernhagen.

16.

Steinau a.d. Oder, 14. April 1860.

1) Ricinus major, verlangt sehr gut gedüngtes Land, feuchte warme Witterung, treibt grosse grobrippige Blätter von kirschbrauner Farbe und giebt viel Samen, der aber nur zu mangelnder Reife gelangte, jedoch keimfähig war.

Die Pflanze erreicht eine Höhe von 10 Fuss und liefert ein rothes Holz, das eine Stärke von etwa 2 Zoll hat.

2) Rieinus minor ist dem major im Anbau, Wachs- thum, Samenfülle, Umfang und Höhe gleich. Die Blätter dagegen blieben dürftig und haben ebenso wie das Holz eine blassblaue Farbe. Als Nutzpflanze dürfte der Anbau kaum zu empfehlen sein, weil er zu wenig Blätter liefert und, wenn Witterung und kräftig gedüngtes Land ihm nicht sehr zu Hülfe kommen, leicht kränkelt und verkümmert.

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3) Maryland-Taback. Der Samen ins Frühbeet ge- säet ging sehr gut auf. Die Pflänzchen wurden in zweiter Tracht auf eine Entfernung von 1 Fuss ins Land verpflanzt. Einmal beharkt und nicht gedämmelt, weil sonst die zarten Blätter gelitten haben würden, übrigens wie der gewöhn- liche Taback geerntet. Dieser Taback lieferte lange, schmale, feingerippte Blätter von lichtbrauner Farbe und gab auf die Ruthe einen Ertrag von c. % Ctr. guter brauchbarer Blätter.

Der Maryland-Taback würde also wegen seines Ertrages zum Anbau im Grossen zu empfehlen sein, obgleich zu be- rücksichtigen ist, dass das verflossene Jahr den Anbau und den Ertrag durch seine Wärme sehr begünstigte. Samen wurde in Menge gewonnen und zeichnet sich derselbe durch schönes Aussehen aus, wird also sicher keimfähig sein.

Diesem Taback ist jedoch noch vorzuziehen;

4) der Ohio-Taback, welcher ganz so wie der vorige gebaut wurde, jedoch ein viel schwereres braunes Blatt lie- ferte, welches um das Dreifache grösser ist als von Mary- land, so dass auf der Ruthe circa % COtr. gewonnen wurde. Einzelne Blätter erreichten eine Länge von 2 Fuss.

Der Ohio-Taback ist im Handel noch gesuchter als Ma- ryland-Taback, dürfte also, zumal der Samen ebenso schön reif wurde, zum Anbau im Grossen noch mehr zu empfeh- len sein.

5) Weisser Maulbeer- Samen ging nicht auf.

6) Die Kichererbse lieferte einen sehr geringen Er- trag und scheint der Anbau nicht zu lohnen.

(gez) von Engelmann, Vorsitzender des Steinauer Vereins.

17.

Von Hrn, von Homeyer wird im Auftrage des Zweig- Vereins der pommerschen ökonomischen Gesellschaft Folgen- des mitgetheilt:

Der Havannah-Taback wurde ziemlich spät ins kalte Mistbeet gesäet, da die Pflanzen erst Ende Juni und An-

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fang Juli eine zum Umpflanzen taugliche Grösse ‚erreichten. Demungeachtet wuchsen die Pflanzen noch zu einer Höhe heran, wie die besseren Sorten der bisher cultivirten Ta- backsarten dieselbe hier erreichen, auch wurde der Samen von den zum Samenbau ausersehenen Pflanzen vollkommen reif. Das Blatt ist ziemlich gross ohne Seitenrippen und scheint sich durch Reinheit des Geschmacks vortheilhaft auszuzeichnen, nur blieb dasselbe bisher so ausserordent- lich stark, dass nur sehr wenige Raucher es zu überwälti- gen vermochten.

Ricinus. Derselbe wuchs freudig heran und brachte reifen Samen. |

In der Zeitschrift für Acclimatisation ‚wird von Herrn Hofgärtner Fintelmann angerathen, die Ricinuspflanzen für die frühe Brut im Hause zu ziehen. Dies ist gewiss angemessen, indessen scheint es mir zweckmässig, einige Pflanzen für die erste Brut im Kalthause zu überwintern, da dieselben keiner besonderen Pflege bedürfen und noch zeitiger im Jahre junge Blätter geben, als die jungen Pflan- zen, sobald man sie im Februar warmstellt. Ob die Blätter der durchwinterten Pflanzen dieselbe Güte haben, wie die der jungen Pflanzen, vermag ich freilich nicht zu bestim- men, indessen könnten dieselben bei einem zu frühen Aus- schlüpfen der Cynthia-Raupen immerhin Anwendung finden.

Der Maulbeer-Samen ist leider nicht aufgegangen, wahrscheinlich wurde er durch Erdflöhe zerstört.

Gurken gediehen vortrefflich und lieferten sehr gute Früchte,

Melone von Sarepta. Es kam nur ein Korn zum Kei- men und die Pflanze setzte nur zwei Früchte an, die sich sowohl durch die birnförmige Gestalt, als durch den eigen- thümlichen Geschmack von allen mir bekannten , Melonen- arten unterschieden. Man muss diese Melone jedenfalls für eine schöne, der fernern Cultur würdige Frucht halten, da ihr Fleisch dem der besseren Sorten ebenbürtig ist,

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Die Kichererbse keimte dürftig und die wenigen Pflan- zen gingen bald ein.

Bericht über eine Sendung italienischer Bienen.

Bereits vor zwei Jahren hatte unser Verein einen Ver- such gemacht, echt-italienische Bienen direkt einzuführen, welcher völlig misslang, indem sämmtliche Bienen aus Man- gel an hinreichender Nahrung todt hier ankamen und auch die Race nicht ganz die gewünschte hellgelbe war. Unser Vor- stand hatte sich deshalb sogleich noch einmal an unser ge- ehrtes Vereinsmitglied, den Königl. Legations-Sekretair Hrn. v. Bunsen in Turin mit der Bitte gewandt, uns zur Er- langung einer Bienensendung, womöglich aus der Umgegend von Genua, abermals behülflich zu sein, Herr v. Bunsen versprach uns mit gewohnter Bereitwilligkeit, eine solche Sendung an den Verein zu bewirken, und wir haben seit- dem mehrfach unsere Mitglieder benachrichtigt, dass wir echt-italienische Bienen erwarteten.

Am 3. December v. J. erhielten wir ein Schreiben des Herrn v. Bunsen, worin derselbe sagt:

„Der anliegende Brief des Konsulats zu Genua vom 27. November zeigt die Absendung der Bienen an, mittelst Dampfschifis nach Rotterdam. Diese Versendungsart war als die beste anerkannt und der Seetransport selbst als den Bienen nicht nachträglich erklärt worden. Ich sehe mit Spannung dem glücklichen Eintreffen der Genueser Bienen entgegen. Keine Mühe ist hier gespart worden bei Auswahl und Versendung dieses Stockes.*

‘Der erwähnte anliegende Brief des Konsulats zu Genua ' ist an Herrn v. Bunsen gerichtet und enthält folgendes Betreffende:

„J ai enfin le plaisir de vous annoncer que j’ai pw em- barquer non sans peine aujoud’hui sur le vapeur Rhone le nid d’abeilles en destination pour Rotterdam. Ce nid est

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parti d’iei en parfait conditionnement et pour le preserver d’avantage de tout contact violent j’ai fait entourer le collis d’une cage en bois, que j’ai fait faire expres; il ne me reste donc plus qu’a faire des voeux sinceres pour !’'heureuse reus- site de l’entreprise. Les betes etaient pleines de vie et de sante et avec une nourriture suffisante pour plusieurs mois et je vous serai bien oblige si vous voudrez me dire en son temps en quel &tat elles sont arrivees & destinafion et la reussite qu’elles ont fait.*

Am 27. December erhielten wir ein Schreiben von Herrn. Ehrhardt in Prettin folgenden Inhalts:

„Aus mehreren Andeutungen der Zeitschrift für Acclima- tisation ersehe ich mit Freude und Spannung, dass eine abermalige Sendung italienischer Bienen in Aussicht steht. Vor zwei Jahren hatte ein hochverehrlicher Vorstand die Freundlichkeit, mir die verunglückte Sendung zuzuschicken, welche leider ergab, dass der gütige Veranstalter jener Sen- dung in Unkenntniss über unsere Ansichten über „italieni- sche Bienen“ gewesen war; denn der betreffende Bienen- stock enthielt lediglich schwarze Bienen, die wir zum Un- terschiede von den italienischen als deutsche bezeich- nen. Die bezeichneten Unterschiede von italienisch und deutsch sind überhaupt gänzlich unrichtig, denn die ge- meine schwarze Biene existirt in ganz Europa; die gelbe dagegen ist nach allen Ermittelungen zuerst und am rein- sten in einigen Theilen Frankreichs und nur sehr vereinzelt an einigen Orten Oberitaliens vorgefunden worden.

Dass durch die in Aussicht stehende Sendung Wesent- liches erreicht werde, wird, man mag überlegen wie man will, seine grossen Schwierigkeiten haben, hauptsächlich weil die Kastenwirthschaft nach Dzierzon’scher Manier in Italien noch gänzlich fehlt. Zu einer für eine so kost- spielige Sendung wünschenswerthen Königin ist erforder- lich: 1) dass dieselbe von Natur rein goldgelb gefärbt erscheine, 2) dass sie mit einer wirklich echten gelben Drohne sich begattet habe. Fehlt eins von diesen beiden,

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so sind nur Bastard-Erzeugnisse in Aussicht. Wer nun die Kastenwirthschaft nicht betreibt, kann sich nie eine Kö- nigin für eine solche Sendung zur Ansicht verschaffen, er muss nach dem äussern Erscheinen des ganzen Volkes ur- theilen. Ferner bleibt ihm beinahe nur übrig, den ganzen Stock, wie er ist, wegzuschicken, und das ist viel missli- cher, als sich aus einem dazu eingerichteten Kasten die Kö- nigin nebst einigen Tafeln und einer kleinen Anzahl Bienen auszuwählen und sie zur Sendung vorzubereiten.

Inständigst erlaube ich mir nun die Bitte, mir die be- absichtigte Sendung abermals, aber direkt zugehen zu las- sen, damit die Behandlung so schnell als möglich nach An- kunft geschieht, denn es ist bei dieser weiten Reise jeder Tag und jede Stunde kostbar, nach’ welchen die Ankömm- linge in Empfang genommen und durch angemessene Pflege vom drohenden Untergange gerettet werden können.

Die Sendung müsste nach Erwägung aller klimatischen Rücksichten so geschehen, dass sie Anfangs April hier an- käme. Da sich Niemand in dortigen Gegenden damit be- fassen wird, eine Königin auszufangen und sie mit einigen Hundert Bienen zur Sendung zuzubereiten, so mag dieselbe wieder durch ein oder einige ganze Völker geschehen; am besten sind zwei Völker. Die Verpackung der vor zwei Jah- ren geschehenen Sendung war gut, aber die Bienen waren vor Hunger umgekommen, demnach muss darauf gesehen werden, dass die erwählten ‘Völker soviel Nahrung bei sich führen, dass sie die Reise aushalten. Und endlich dürfen, was die Hauptsache ist, nur solche Völker erwählt werden, die als rein goldgelb erscheinen; denn wenn dies nicht erreicht wird, so sind die Kosten für die Sendung wegge- worfen, auch wenn die Bienen lebend ankommen.

Nur das grösste Vergnügen werde ich mir daraus ma- chen, die Ankömmlinge durch Pflege zu retten und wieder in Thätigkeit zu bringen, auch wenn sie nicht so gelb be- funden werden, als man sie jetzt bei uns findet, und ich werde jederzeit bereit sein, dieselben auf Weisung eines

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hochverehrlichen Vorstandes durch Zurück- und Weiterge- ben zur Verfügung zu stellen, oder die davon gezogenen jungen Königinnen echt befruchtet zu liefern.

Gegenwärtig betreibe ich lediglich die Kastenwirthschaft, demnach wird es mir leicht sein, die angekommene Sen- dung vom Untergange zu retten und, was die Hauptsache ist, wenn sie wirklich gut ist, schnell zu vermehren. Ich habe jetzt zehn gelbe italienische Völker, mehr oder. weni- ger echt, und habe die Hoffnung, im nächsten Jahre wie- der zu rein goldgelben durch Manipulation in der Behand- lung zu gelangen.“

So schätzenswerth auch für unsern Vorstand diese Mit- theilungen des Hrn. Ehrhardt waren, so war es doch für jetzt schon zu spät, die Anweisungen zu befolgen, da die Sendung schon längst unterwegs war und dann auch end- lich am 10. Januar d.J. hier in Berlin eintraf, also nach einer Reise von 44 Tagen. Es war ein einziges grosses Colli in sehr sorgfältiger Verpackung. Nachdem die äusseren Hül- len entfernt waren, wobei eine Anzahl weisser Maden von mehr als Zolllänge zum Vorschein kam, welche Herr Ehr- hardt später als Wachsmaden erkannte, zeigte es sich, dass die Sendung in einem einzigen Stocke bestand. Es war dies ein ausgehöhlter Baumstamm von etwa 2% Fuss Höhe und 15 Zoll Durchmesser, dessen eine Oeffnung mit Brett- chen vernagelt, die andere mit grober Leinwand zugebun- den war. Bei Wegnahme dieser Leinwand zeigten sich nur todte Bienen in sehr grosser Anzahl; als indessen eins der Brettchen am andern Ende geöffnet wurde, kamen einige noch lebende Bienen zum Vorschein. Dieselben waren jedoch in einem Zustand so grosser Ermattung, dass sie nach einem kurzen Fluge bis ans Fenster des Zimmers sofort niederfielen und starben. Es schien also, als wenn auch von dieser Sen- dung nichts mehr würde zu retten sein, und es wurde sofort bei Hrn. Ehrhardt, unter Einsendung einiger todter Bienen zur Ansicht, angefragt, ob er unter solchen Umständen den Stock zugesandt zu haben wünsche und ob eine Rettung

u ee ee er n.

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noch denkbar sei, und auf die schnell erfolgende bejahende Antwort wurde der Stock wieder eingepackt und nach Pret- tin gesandt.

Den sehr sorgfältigen und umsichtigen Bemühungen des Hrn. Ehrhardt ist es denn auch wirklich gelungen, noch die Königin und eine Anzahl Bienen zu retten. Er schreibt uns darüber unter dem 15. Januar Folgendes:

„So eben sind wir mit der Behandlung des mir gütigst übersandten Bienenstockes aus Italien fertig, und es treibt mich, Ihnen in Eile Folgendes darüber mitzutheilen: Das ganze. Volk war durch und durch von Wachsmaden der- massen zerritten und zerfressen, dass Alles ausgebrochen werden musste. Hierbei fanden wir circa 300 Stück gesunde Bienen mit der noch ganz gesunden Königin. (Die Kö- nigin‘ stirbt bei Hunger und gewaltsamen Störungen in der Regel am letzten.) Das kleine Völkchen hat jetzt eine ent- sprechende Wohnung zwischen frischen Honigtafeln erhalten und ist kein Zweifel, dass daraus im Frühjahr ein Stock. wird. Die vorhandenen Bienen sind gerade nicht so hoch- gelb, wie sie gewünscht werden, aber es ist doch diesmal die: richtige Species, die man unter italienischen Bie- nen versteht. |

Die furchtbare Zerstörung durch die Wachsmade ist nicht Folge. der Reise, sondern das Werk ist ersichtlich schon länger als ein halbes Jahr dieser Zerstörung ausgesetzt ge- wesen und würde im Frühjahr verloren gewesen sein, auch wenn es ruhig auf seinem Stande in Italien verblieben wäre. Wäre ein wirklich gesunder Stock mit dieser raffinirt vor-

_ züglichen Emballage versehen abgeschickt worden, so müsste er ohne erheblichen Schaden angekommen sein.“

Obwohl nun Aussicht vorhanden war, die Bienen am Le- ben zu erhalten, so war es doch ersichtlich, dass diese Sen- dung nicht getheilt werden konnte, und da sich bereits seit längerer Zeit zwei unserer Mitglieder mit der dringenden .

“Bitte um italienische Bienen an uns gewandt hatten, so entstand nun die Frage, ob es zweckmässig sein würde, so-

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gleich noch eine Bienensendung in Genua zu bestellen. Es wurde jedoch vom Vorstände beschlossen, zunächst Herrn Ehrhardt um seine Meinung darüber zu befragen, und wenn er eine neue Sendung für wünschenswerth erklären würde, um recht genaue Instructionen zu bitten, um bei der zweiten Sendung möglichst die Fehler vermeiden zu können, welche bei der ersten etwa gemacht worden wa- ren. Zugleich sollte. Hr. Ehrhardt um gefällige Mitthei- lung darüber ersucht werden, in welcher Zeit wohl auf eine solche Vermehrung der erhaltenen Bienen würde gehofft wer- den können, dass anderen Mitgliedern davon abgegeben wer- den könnte,

Auf diese Anfrage erwiederte Hr. Ehrhardt am 28. Ja- nuar Folgendes:

„Es mir vollständig gelungen, das kleine italienische Bie- nenvölkchen mit seinem Weisel durch mancherlei Manipula- tionen in seiner neuen Wohnung in den Zustand zu ver- setzen, in welchem Bienen sich in dieser Jahreszeit bei uns befinden müssen, nämlich in den Zustand der Vereinigung in vollständigster Ruhe. Um daraus schnell einen vermeh- rungsfähigen Stock im Frühjahr zu erhalten, muss nach und nach Brut über Brut hinzugebracht werden. Ist der Stock volksstark genug, so wird ihm der Weisel genommen, an- derweitig zur Bildung eines neuen Stockes verwandt, und hierauf setzen die Bienen im entweiselten Mutterstocke eine Anzahl Weiselzellen von der Brut des entfernten Weisels an, welche sämmtlich zur Bildung neuer Stöcke verwandt werden können.

Das geschilderte Verfahren ist nun zwar noch dem Un- glück ausgesetzt, dass der importirte Weisel vor der Zeit der möglichen Operation sterben kann (und dann ist Alles verloren, denn der Weisel allein ist die Quelle des neuen Stocks); ich will jedoch nicht daran glauben und hoffe viele Weisel davon erziehen zu können und Ihnen zur gehe zu stellen. |

Hiernach wäre es nun durchaus nicht rende be-

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deutende Kosten für eine abermals zu veranstaltende Sen- dung zu opfern. Soll diese aber doch geschehen, so muss sie wieder auf ganz dieselbe Weise ausgeführt werden, wie die. letzte Sendung, und zwar aus folgenden Gründen: So- viel ich weiss, wird in Italien noch nirgends die Bienen- zucht anders, als auf die alte Weise betrieben, d.h. die Bienen wohnen in einer nicht anders als durch Schnei- den und Herausreissen der Tafeln zugänglichen Wohnung, der Züchter ist nicht Herr über Volk und Werk, während bei unserer Kastenzucht das ganze Werk ebenso schad- und störungslos von einander genommen werden kann, wie das Werk einer Uhr. |

Ein Weisel mit 300—400 Bienen in einem kleinen Käst- chen mit befestigten Honigtafeln kann schadlos eine weit grössere Reise machen, als von Italien hieher, und (in einer geschickten Hand) ist damit ganz dasselbe gewonnen, als wenn ein grosser volkreicher Stock hier gesund ankäme; denn Arbeitsbienen sind von ganz untergeordnetem Interesse bei- dieser Frage. Wollte man nun aber einem italieni- schen Bienenzüchter die Zumuthung stellen, aus seinem gan- zen Stock den Weisel auszufangen und zur Sendung zuzu- bereiten, so würde er, wie ich überzeugt bin, das Ding für eine Unmöglichkeit erklären: er müsste den ganzen Stock zerstören und bei der Verwirrung könnte ihm sehr leicht der Weisel abhänden oder zu Schaden kommen. Auch ist einem Züchter nach alter Weise eine solche Arbeit, die in den ‚geschicktesten Händen leicht misslingen kann, ein so fabelhafter Gedanke, dass sich schwer Jemand dazu ent- schliessen würde.

Soll also eine Sendung nochmals veranstaltet werden, so geschieht es, wie erwähnt, auf ganz dieselbe Weise wie schon geschehen, nämlich durch gute Emballirung eines gan- zen Stockes. Jedoch muss die eine Seite offen gelassen und durch ein gutes Drahtgitter verwahrt werden; über dieses Drahtgitter aber wieder Juft durchlassende Stoffe, wie See- gras, Pferdehaar u. dergl., mit einem Verschluss von grober

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Leinwand angebracht werden. Eine solche Bienensendung müsste gegen Mitte März hier anlangen, damit der erwa- chende Frühling die nöthigen Operationen erleichtert; frü- her ist nicht gut, später aber mit grossem Risiko ver- bunden.

Wie gesagt, eine zweite Sendung ist jetzt nicht nöthig, so lange nämlich der angekommene Weisel, der von ganz guter Farbe ist, noch lebt. Das Weiselziehen ist zwar insofern kostspielig, als es eine grosse Störung in den vor- handenen Völkern nöthig macht und den Honigertrag auf fast Null herabdrückt; doch will ich Ihnen gern Weisel er- ziehen und zur Verfügung stellen.“

Aus dem Schreiben vom 9. Februar:

„Die Zeit der Abgabe der fraglichen italienischen Bienen- weisel wird ganz von der Frühlingstemperatur bedingt, dem- nach bin ich jetzt nur im Stande, zu erklären, dass 2—3 Stück vom 20. Mai bis 10. Juni Ihren geehrten Weisungen zur Verfügung stehen werden. Wie sich jetzt herausstellt, ist die letzte Bienensendung wirklich sehr schön und ganz echt: die Bienen sind aber ruhrkrank angekommen und da- von erscheint der Leib dunkler als er ist. Sobald ein warmer sonniger Tag erscheint, dass sie einen Ausflug ma- chen können, wird die Krankheit verschwinden; die auf- merksamste Pflege wird ihnen zu Theil: sie stehen in einem ruhigen finstern Zimmer, das stets bis zu 15° R. erwärmt gehalten wird, und leiden an nichts Mangel. Darum glaube ich erfahrungsmässig, dass das Gelingen der Sache keinem Zweifel unterworfen sein wird, doch war die Zeit der An- kunft in Deutschland für die Sendung sehr unglücklich ge- wählt.* | BR

In Folge dieser erfreulichen Mittheilungen stand nun der Vorstand davon ab, noch eine Sendung aus Genua kommen zu lassen und beschloss, zuerst das Resultat der vielfachen Bemühungen des Herrn Ehrhardt abzuwarten. Derselbe macht uns am 1. März folgende Mittheilung:

„Im Laufe der vorigen Woche habe ich eins von meinen

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stärksten Bienenvölkern entweiselt und Ihren aus Italien ge- kommenen Weisel an Stelle des entfernten beigefügt. Die Operation ist vollständig gelungen und demnach jetzt erst das Unternehmen als gesichert zu betrachten. Haben Sie nun die Güte, so zeitig als es möglich ist, mir die betref- fenden Adressen, an welche Weisel abgegeben werden sol- len, mittheilen zu lassen, damit ich rechtzeitig Anleitun-

gen geben und Veranstaltungen treffen kann, wie die Sache angegriffen werden muss.“

Und am 22. März:

„Die fragliche Sache ist jetzt gänzlich gesichert; der im- portirte Weisel hat seit circa 4 Wochen Besitz vom neuen Stocke ergriffen; es ist also jetzt schon sämmtliche Brut, die in der Wohnung befindlich ist, von ihm, demnach sind die jungen Weisel, die Ende April in diesem Stocke gezogen wurden, gerade so echt, als wenn sie im ersten Mutterstocke und in Italien selbst gezogen wären.“

Es waren nun dem Herrn Ehrhardt die Adressen der Vereinsmitglieder, welche italienische Bienen zu erhalten wünschten, mitgetheilt worden, nämlich die Hauptverwal- tung des Vereins Westpreussischer Landwirthe zu Marien-

werder und Hr. Camphausen in Bendorf bei Coblenz, und

hatte derselbe sich deshalb mit beiden in Verbindung gesetzt. Auch sind die Weisel beiden Mitgliedern bereits von Herrn Ehrhardt übersandt worden.

Berichte über die Züchtung des Ricinusspinners E (Bombyx Cynthia).

1. h

Gotha, 20. November 1859. Der im Monat Juni d. J. mir auf meine Bitte vom Ac- climatisationsverein zu Berlin gefälligst übersendeten 60 Stück

Graines des Bombyx Cynthia musste ich einem jungen Manne 1860. Bd. III, 5

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Namens Völker um deswillen zur Zucht übergeben, weil ich gerade mit meiner Maulbeer-Seidenraupenzucht vollauf beschäftigt war. Derselbe legte die gedachten Graines so- fort zum Auskriechen der Räupchen aus, und nach etwa 3 Wochen krochen von denselben 19 Stück Räupchen aus die übrigen Graines waren taub von denen in den ersten Tagen einige Schwächlinge starben und überhaupt Il Stück bis zum Einspinnen gebracht wurden. Diesen 11 Cocons entschlüpften in der Aten Woche 6 männliche und 5 weibliche Schmetterlinge und wurden nach stattgehabter Begattung circa 400 Stück Graines gewonnen, welche sofort zu einer neuen Zucht ausgelegt wurden, und die auch nicht ungünstig genannt werden kann, insofern etwa 300 Stück Cocons von dieser zweiten Zucht gewonnen wurden und nun- mehr das Auskriechen der Schmetterlinge mit jedem Tage erwartet wird. Sobald dasselbe stattfindet, will p. Völker sich alle Mühe mit der Paarung geben, damit eine gehörige Quantität befruchteter und guter Graines gewonnen wird.

Gedachter Raupenzüchter Völker wird zweifelsohne über diese beiden Raupenzuchten und die dabei gesammelten Er- fahrungen wohl einen ausführlichen Bericht erstatten, und soweit ich daher bis jetzt die beiden Rieinusraupen-Zuchten beurtheile, so lassen solche nichts zu wünschen übrig, zu- mal als die Raupen nächst Rieinusblättern auch diejenigen der Weberkarde (Dipsacus fullonum) gern fressen und sol- che sehr leicht zu beschaffen sind.

Ich verspreche mir von der Acclimatisation der Ricinus- raupe (B. Cynthia) den günstigsten Erfolg, zumal da solche eine bedeutende Rentabilität gewähren soll, und bewahr- heitet sich dieselbe, so werden wohl mit der Zeit viele Ri- cinusraupen-Zuchten entstehen und dieser neue Industrie- zweig überall Eingang finden.

Der Dirigent für den Seidenbau (gez.) Louis Darr, Canzleiinspector und Cassirer des Thüring- schen Gartenbau-Vereins.

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2. Wiesbaden, 24. September 1859.

Von Herrn Gu&rin-Meneville in Paris erhielten wir im Laufe dieses Jahres zwei Sendungen von Graines des Bombyx Cynthia. Die Zucht ist über Erwarten gelungen, wobei uns die aus dem polytechnischen Centralblatt ent- nommene Nachricht, dass diese Raupe von den Blättern des Götterbaumes (drüsigen Aylanth, Aylanthus glandulosa) lebe, wesentlich unterstützte. Wir haben gefunden, dass die so- genannte Ricinusraupe nicht nur Ricinusblätter, sondern auch die Blätter des Götterbaumes frisst und dabei gedeiht.

Weniger günstig waren die Fütterungsversuche mit der sogenannten Weberkarde, was vielleicht darin seinen Grund hat, dass wir nicht die rechte Sorte besasssn. Wir haben uns deshalb jetzt Samen von Lyon kommen lassen und wer- den die Versuche mit dessen Fütterung gleichfalls fortsetzen.

Der Vorstand des Vereins für die Förderung der Seidenzucht im Herzogthum Nassau.

(gez.) C. Schenk.

3. Hildesheim, 31. Januar 1860.

Von den im Monat Juni v. J. erhaltenen circa 70 Stück Graines der Rieinusseidenraupe übergab ich etwa die Hälfte dieser Eier dem Herrn Hofrath Dr. Bergmann hierselbst, welcher, beiläufig bemerkt, vor etwa 12 Jahren den B. mori auf den hiesigen Heil- und Pflege- Anstalten einführte, wo- selbst jetzt jährlich für circa 40—50 Thlr. Rohseide gewon- nen wird.

Von den obenerwähnten Graines sind bei mir leider nur 12 Stück und bei Herrn Dr. Bergmann gar keine ausge- kommen, vermuthlich hatten die Eier durch den Transport ' derartig gelitten, dass der Embryo in vielen Eiern gestor- ben war. Die bei mir lebendig gewordenen Raupen brachte

ich mit der grössten Sorgfalt auf eine zarte, im Topf ste- 5*

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hende Ricinuspflanze, indess fingen nur zwei Räupchen an zu fressen, wovon auch die eine noch zurückblieb und starb, die andere Raupe zeigte sich jedoch recht kräftig. Ich legte ihr versuchsweise einige Male ein Blatt der gemeinen Kar- dendistel vor, wovon sie etwas frass, aber sich doch bald wieder davon abwandte.

Da ich nur ein einziges Exemplar dieser Raupe hatte, so mochte ich sie nicht aufs Geradewohl bei den Disteln lassen, sondern brachte sie wieder auf die Ricinuspflanze, worauf sie sich gut entwickelte, dann ihren Cocon spann und später als Schmetterling zum Vorschein kam.

(gez.) J. Butterbrodt.

4.

Altenburg, 3. Februar 1860. Die eingesandten Graines haben sich leider sämmtlich taub gezeigt. (gez.) M. Schlenzig, Appellationsgerichts - Canzlist.

5. Cassel, 3. Februar 1860.

Von den dem Cantor Schäfer dahier den 17. August v. J. zugetheilten 125 Graines krochen den 26. August 80 kräftige Räupchen aus, Sie wurden auf eine Hürde mit durchlöchertem Boden Anfangs mit zarten, frischen , später mit bereits derberen, jedoch niemals nassen Ricinusblättern gefüttert. Die vertrockneten Blätter wurden öfters von der Hürde entfernt. Bei mässiger Wärme blieben die Raupen gesund und spannen, vom 4. October an, sämmtlich kräf- tige Cocons, theils in trockene Ricinusblätter, theils in bei- gesteckte Reiser.

Die Kurfürstlich Hessische Commission für landwirth- schaftliche Angelegenheiten.

(gez.) Wendelstadt. Baumbach.

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6. Braunschweig, 12. Februar 1860.

Die ersten Räupchen erschienen am 19. August, wie Sie vorausgesagt hatten, 150 schöne blaugrüne Exemplare, deren spätere Metamorphose, wie beifolgende Cocons und pracht- volle Schmetterlinge, entzückten alle Beschauer und gewähr- ten mir durch ihre leichte, angenehme Ernährung und Be- hütung viel Vergnügen.

In unserm Garten hatte ich sehr schöne Rieinuspflanzen, und ausserdem habe ich auf einem Grundstücke, welches sonst zum Gemüsebau und zur Maulbeerbaumschule für Land- schullehrer dient und welches ich zu dem Zwecke pachtete, ebenfalls Rieinus und Weberkarden gepflanzt, da ich letz- tere zum Winter benutzen wollte. Bis jetzt ist noch kein einziges Ei ausgekommen, und ist auch nicht viel Aussicht dazu vorhanden, da die meisten Graines eingedrückt sind.

(gez.) Louise Löbbecke, Vorsteherin der Speiseanstalt für Bedürftige.

7. Callenburg bei Coburg.

Im vorigen Jahre wurden mir durch die Güte des hochlöbl. Acclimatisations-Vereins zu Berlin zweimal Eier des Bombyx Cynthia zugesandt. Von ersteren machte ich einen Versuch, die Raupen auf Hürden zu ziehen, aber leider hatten die Eier unterwegs gelitten, denn es krochen nur 7 Stück aus. Ich brachte dieselben auf eine kleine Hürde und behandelte sie wie Bombyx mori, allein jedenfalls war die zu grosse Hellung, sowie das zu baldige Welken des Futters schuld, dass die Raupen bis auf eine starben. Letztere spann einen hübschen Cocon.

Mit den letzten mir gütigst in Eiern machte ich nun andere Versuche und nachstehender Versuch war der erfolgreichste. -

Als die Räupchen ausgekrochen waren, machte ich von grobem blauen Packpapier grosse Düten, in deren trichterför-

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migen Ende ich eine Oeffnung liess, durch welche ich den Stengel schwacher Ricinusstäimmchen durchstecken konnte. Ich nahm nun einen Ricinusstengel mit 5—6 Blättern und steckte denselben so in die Düte, dass alle Blätter in der- selben zu liegen kamen; der Stengel hingegen musste 5—6 Zoll aus der Oeffnung der Düte heraussehen. Hierauf steckte ich den Stengel in eine Wasserflasche, die mit Wasser ge- füllt war, und brachte dann 4— 500 Stück Räupchen in die Düte auf das Laub. Hier konnten nun die Raupen die Blät- ter nach Appetit wählen. Die Blätter erhielten sich auf diese Weise 6 Tage frisch, nach welcher Zeit ich den ab- genagten Stengel entfernte und durch einen frischen ersetzte.

In diesen Düten ist das Licht nicht zu hell und können sich die Raupen die Blätter auswählen. Die Raupen liess ich bis nach zweiter Häutung in den Düten, dann brachte ich dieselben auf Hürden und fütterte sie darauf, da das "Rieinuslaub ziemlich sparsam wurde, abwechselnd mit Ri- cinus und Weberkarde. Alle blieben recht gesund und span- nen sich sämmtlich ein. Ich habe 1000 Cocons gezogen und aus letzteren eine grosse Masse Schmetterlinge. Letztere habe ich natürlich aus Mangel an Futter nicht alle behal- ten, sondern über 400 Stück an Schmetterlingssammler ab- gegeben. '

Im nächsten Sommer werde ich die Zucht grösser be- treiben und werde mir dann erlauben, dem hochlöbl. Ver- ein meine Resultate mitzutheilen.

(gez) Louis Kurzius,

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Linz, am 9. Februar 1860. Die durch Herrn Kaufmann unentgeldlich übersendeten kleinen Proben von Graines des Bombyx Cynthia kamen, wie es scheint, in zu trockenem Zustande an, oder konnten hier, wo die Luft überhaupt sehr trocken ist, die kleinen Raupen die erhärtete Schale nicht durchbrechen und ausschlüpfen, so dass im Ganzen nur fünf derselben zu Tage kamen, und

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nachdem zwei hiervon auch nicht sehr lebensfähig waren, nur drei bis zum Einspinnen kamen und als schöne Schmet- terlinge ausschlüpften.

Zur Fütterung wurden in Töpfe gepflanzte Ricinuspflan- zen, auf welche die Raupen gesetzt wurden, verwendet; ge- pflückte Rieinusblätter wurden sehr schnell welk und von den Raupen verschmäht.

Die Direction des Vereins zur Förderung der Seidencultur in Ober-Oesterreich. | Für den Vereins-Vorstand der Stellvertreter: (gez.) Dr. Friedrich von Pflugk.

9. Heringen bei Nordhausen, 3. November 1859.

Die am 13. October empfangenen Graines habe ich sofort ausgelegt; am 24. und 25. October bei 17—18° R. krochen die Räupchen aus den Eiern. Dieselben haben die erste und zweite Häutung glücklich überstanden und sind im herrlich- sten Gedeihen.

(gez.) G. Stade, Diaconus.

10. | Bericht von J. Wullschlegel, Lehrer in Oftringen (Schweiz), eingegangen am 17. Februar 1860,

Am 27. Juni 1859 erhielt ich durch Ihre Güte Eier des Bombyx Cynthia, wofür ich Ihnen hiermit meinen tiefgefühl- ten Dank ausspreche.

Die Zucht dieses Seidenspinners ist mir sehr gut ge- lungen.

Vom 4. Juli an, an welchem Tage die Raupen die Eier verliessen, bis Anfangs October erzog ich zwei Bruten. Der ersten gab ich vorzüglich als Nahrung Dipsacus fullonum, et sylvestris, Ricinus, ‚Blätter von Trauerweiden und (i- chorien; der zweiten reichte ich ausser jenem auch Linden- blätter (Tilia), die sie ausserordentlich gern genossen und bei denen sie vortrefflich gediehen,

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Von der Zeit des Einspinnens dieser zweiten Brut dachte ich darauf, wie wohl die unangenehme Winterzucht zu ver- meiden wäre, obschon ich möglichste Sorgfalt in Betreff des Futters für eine solche getroffen hatte.

Ich beobachtete täglich einige etwas geöffnete Cocons, und sobald die Puppenbildung vorüber war, brachte ich sämmt- liche Cocons in ein ungeheiztes Zimmer, setzte sie sogar, wenn wir nicht mehr als 1—2° Kälte hatten, dieser aus, und auf diese Weise ist es mir gelungen, die Puppen bis heute lebendig zu erhalten, und hege ich die zuversicht- liche Hoffnung, die gänzliche Ueberwinterung werde mög- lich sein. Gelingt dieses, so steht wohl der raschen Ver- breitung dieses nützlichen Thieres kein besonderes Hinder- niss mehr im Wege.

Man interessirt sich hier immer pmichr für die Zucht die- ses Seidenspinners. Wenn ich mit der Ueberwinterung mei- ner Cocons glücklich bin und wieder Eier erhalte, so wird die Zucht im Grossen versucht werden. Ich hege, pflege und beobachte darum auch meine Pfleglinge mit ängstlicher Sorgfalt. Mag nun dieselbe mit glücklichem Erfolg gekrönt werden oder scheitern, in beiden Fällen dürfen Sie jeden- falls meiner Berichte gewärtigen.

Ueber meine bisherigen Beobachtungen hätte ich schon früher einen Bericht eingesandt, wenn mich der Versuch, den ich in Betreff der Ueberwinterung mache, nicht stets davon abgehalten hätte. Ich wollte nämlich zuwarten, bis ich Ihnen einen vollständigen geben konnte.

11,

Gotha, 27. Februar 1860. Von den am 23. Juni v. J. hier angelangten Eiern, circa 70 Stück, krochen am 3. und 4, Juli v. J. 18 Raupen aus, von kan 5 sofort starben. N Das 1ste Lebensalter der gewonnenen 13 Räupchen dauerte vom 3.—7. Juli; 2 starben im 2ten Alter, letzteres dauerte bei den 11 Ueberlebenden vom 7.—16. Juli; das te Alter

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vom 16.—20. und das 4te vom 20. 24. Juli; das 5te bis zur gänzlichen Verpuppung bis zum 11. August. Die ge- - wonnenen gleich grossen Cocons resp. Orysaliden kamen vom 1.— 10. September v. J. zum Auskriechen und zwar 5 Männ- chen und 6 Weibchen, von denen ich bis zum 19. Septem- ber circa 1500 meist befruchtete Eier gewann. Das Eier- legen der zuletzt entschlüpften Paare dauerte ungewöhnlich lange. Am 23. desselben Monats entschlüpften den Eiern schon neue Räupchen, welcher Prozess sich bis zum 30sten hinzog. Im Ganzen waren 354 Raupen ausgekrochen, von denen einige 30, die meisten im ersten Lebensalter, ein- zelne nur in den folgenden Stadien verendeten, so dass-ich immer noch über 300 Cocons erntete. Die fünf Lebensperioden der Raupen erstreckten sich vom 28. September 2. October, 2. October 6.

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Am 18. December v. J. erst, also nach beinahe 8 Wochen, entschlüpften bei sonst ziemlich gleich gehaltener Tempera- tur etwas geringeren Grades die ersten Schmetterlinge, wel- che Verwandlung sich bis zum 6. Januar d. J. hinzog. 4 der Crysaliden jedoch, obschon nach .äusserlicher Betrachtung des durchbrochenen Kopfes ausgebildet, kam nicht zum Aus- kriechen. Aus den gewonnenen Eiern, meist von zusam- mengebrachten kräftigen Paaren stammend, sind aber, un- geachtet der dafür besonders verwandten Sorgfalt, keine Raupen erschienen; ein Theil ist, wie die durchbrochenen schwarz erscheinenden Stellen zeigen, in der letzten Ent- wickelung verdorben, ‘während ein anderer noch ohne alle Veränderungszeichen von mir aufbewahrt wird.

Was die Fütterung anlangt, so konnte ich, da der selbst in warmen Kasten ausgesäete Ricinussamen sowohl, als der im freien Lande ausgesäete Kardensamen nichts bot, ja selbst die wiederholten Aussaaten des letztern nicht einmal

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zum Keimen kamen, die ersten 13 resp. 11 Räupchen nur mit den zur nähern Betrachtung mühsam in Töpfen gezo- genen Karden füttern und der zweiten Generation erst ihre Mutternahrung, den Ricinus, zukommen lassen, wenn auch die im October v. J. schon eingetretenen Fröste den gröss- ten Theil der Stauden etwas berührt hatten, so dass mir nur zuletzt die vom Frost verschont gebliebenen Blätter übrig blieben, immerhin aber ein Umstand, der sehr erklärlich zur Degeneration beigetragen haben kann,

S. E. Völker.

Bezüglich der Erfolge der Züchtungsversuche des Herrn Hofgärtners Fintelmann verweisen wir auf den ausführ- lichen Aufsatz desselben im Il. Bande der. Zeitschrift pro 1859 8. 235 247.

Wenn auch nach einzelnen Berichten von den Raupen Kardenblätter nur ungern genommen wurden, so muss dies an besonderen Umständen gelegen haben, Nach anderen Be- richten und insbesondere‘ nach den Beobachtungen des Hrn. Fintelmann ist es unzweifelhaft, dass die Raupen auch mit Kardenblättern und den Blättern des Götterbaumes (Ay- lanthus glandulosa) sich füttern lassen, ohne dass eine Ab- nahme des Gedeihens, Degeneration oder verminderter Er- trag in Folge des Spinnens auffallend kleiner oder leichter Cocons hätte constatirt werden können. Nach dem Berichte des Hrn. Lehrers Wullschlegel scheint es sogar, dass die Versuche der Fütterung dieser Raupen mit Surrogaten noch lange nicht als geschlossen zu betrachten seien.

‚Es wird mit den Versuchen eifrigst fortzufahren sein, und empfehlen wir bei denselben die ‚grösste Sorgfalt, da- mit es bald gelingen möge, die bequemste und billigste Er- nährungsweise dieses Seidenspinners, dessen Acclimatisation an und für sich bereits ausser Frage. gestellt sein dürfte, festzustellen.

Berlin im April 1860.

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Nichtamtlicher Theil.

Die Acclimatisations-Vereine

von Ernst Kaufmann.

In einem der früheren Hefte haben wir den verehrlichen Lesern versprochen, ihnen nach und nach die Geschichte der Acclimatisations-Vereine vorzuführen. Wir haben Gele- genheit, auf unser Versprechen zurückzukommen, indem wir aus einem eben erscheinenden Werke*), in welchem uns die Ehre wurde, die Artikel Acclimatisation, acclimatisiren zu behandeln, einen Theil dieser Abhandlungen herausziehen. Wir würden dieses unterlassen, wenn wir in diesem Auf- satze nur Dinge wiederholt hätten, die wir den verehrlichen Lesern schon vorgeführt haben; so aber hoffen wir, indem wir im Uebrigen auf das erwähnte Werk verweisen, ihnen unser Hauptthema in einer Bearbeitung vorzuführen, in wel- cher wir gesucht haben, neue Belege und Beobachtungen einzuflechten.

Acelimatisation heist: eingewöhnen, an das Klima ge- wöhnen; der Versuch der Eingewöhnung bedingt natürlicher- weise die vorherige Einführung eines lebendigen Gegenstandes aus einer Gegend in die andere. In dieser Beziehung darf aber der Ausdruck Klima nicht in der geographischen, sondern er muss vielmehr in der hygieinischen Bedeutung ausgelegt werden; nur in dieser letzteren Auffassung führt er zum richtigen .Verständniss des Wortes Acclimatisation. Nur sehr wenige Gegenstände würden als acclimatisationsfä- hig . befunden werden, wollte man das Klima lediglich durch einen Blick ‚auf das Thermometer bestimmen, oder wollte man die Humboldt’schen Isothermen zur alleinigen Richtschnur nehmen. Weit günstiger gestaltet sich die

*) Haus- und Familien-Lexicon. 1860, Leipzig, G. A. Brockhaus,

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Frage, wenn in unserm Sinne, ausser der Wärme und Feuch- tigkeit der Luft und dem Sonnenlichte zur Feststellung der klimatischen Einflüsse die Dauer der Tage und Nächte, die Höhe, Lage, Wärme, chemische und hygrometrische Beschaf- fenheit des Bodens, die Gewässer, die Winde, nebst den sonstigen meteorologischen Erscheinungen als Grundlage die- nen. Wenn auch manche dieser Umstände bei der Fest- stellung der Isothermen einen bedeutenden Einfluss üben, so wurden sie doch nicht alle hierbei in Betracht gezogen. Nur ihre Gesammtheit bedingt das Gelingen oder Misslingen der Einführung der Pflanzen. Bei der Einführung einiger Thiere, aber nicht aller, ist noch der Umstand nicht ausser Acht zu lassen, dass ihr die Einführung genau derselben Gegenstände vorhergegangen sein muss, welche dem Thiere zur Nahrung dienen, während die Ernährung vieler Thiere nicht an einen Stoff gebunden ist. Bei allen aber darf die gewohnte Lebensordnung keine erhebliche, namentlich aber keine plötzliche Störung erleiden. Sind die Verhältnisse der neuen Umgebung den ursprünglichen Verhältnissen in der Hei- mat einigermassen analog, so wird. der Organismus des einge- führten Gegenstandes möglicherweise verändert werden, ohne dass der Gegenstand darunter leidet, bis die Gesammtheit dieser Einwirkungen ihn in den Zustand versetzt hat, den wir Acclimatisation nennen.‘ Bei einer grossen Verschieden- heit derjenigen Verhältnisse, welche die Grundbedingungen der Existenz ausmachen, kann hingegen eine allmähliche Ausartung, eine Verkrüppelung, Degeneration, des eingeführ- ten Gegenstandes eintreten, wenn derselbe nicht im schlimm- sten Falle zu Grunde geht. Die Veränderung, welche im Falle der Acclimatisation im Organismus hervorgerufen wird, ist nicht immer äusserlich bemerkbar; gewöhnlich zeigt sie sich jedoch durch eine geordnete kräftigere Lebensthä- tigkeit nach vollbrachter Acelimatisation, welche auf eine leicht zu erkennende Uebergangsperiode folgt. Der Ueber- gang ist gleichsam als ein Kampf zu betrachten, den die Natur des Individuums mit dem Klima und der-neuen Le-

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bensordnung zu bestehen hat. Kaum dürfte sich dieser Vor- gang deutlicher von Stufe zu Stufe verfolgen lassen, als bei einigen Thieren, die, aus einer milderen Zone in eine käl- tere oder aus der einen Hemisphäre in die andere versetzt werden, wo bekanntlich die Erscheinung der Jahreszeiten umgekehrt ist. Zu den ersteren wäre die nubische Gans zu rechnen, welche man wohl fälschlich ägyptische Gans nennt. In ihrer Heimath legt sie gegen Ende December oder Anfang Januar, und dasselbe thut sie regelmässig im ersten Jahre ihres Aufenthaltes in Europa, wodurch die junge Brut natürlich einer grossen Gefahr ausgesetzt wird. Aber schon im zweiten Jahre legen Junge und Alte im Februar, darauf im ‘März, und endlich im günstigsten Monat, im April. Der australische schwarze Schwan ist ein Beispiel der zwei- ten Art; er beginnt bei uns im Herbste zu legen, zu der- selben Zeit, wo in seiner Heimat der Frühling besungen wird, und nur das Fortschreiten seiner Acclimatisation setzt ihn in’ den Stand, allmählich die Legezeit von Monat zu Mo- nat zu: verrücken, bis zu unserm Frühjahr. Jm Jahre 1859 hat man versucht, eine Menge von europäischen Sperlingen in Australien einzugewöhnen, weil die Raupen dort eine be- deutende Verwüstung angerichtet hatten, und durch die den Einwohnern zu Gebote stehenden Mittel nicht zu vertilgen waren. Wir sind begierig, zu erfahren, welche Ergebnisse dieser Acclimatisationsversuch darbieten wird. Manchmal kann die durch eine stattgefundene Acclimatisation hervor- gerufene Veränderung der Constitution so bedeutend sein, dass, wenn man einen irgendwo acclimatisirten Gegenstand in seine ursprüngliche Heimat zurückversetzt, er sich dort gleichsam einer erneuerten Acclimatisation unterwerfen muss, ehe er sich in seinem Geburtsorte wieder heimisch fühlt. ' Man könnte glauben, dass in diesen Fällen, in Folge der organischen Veränderungen, gleichsam ein neues Wesen ge- schaffen worden, welches bei dem Wiedereintritt in seine erste Heimat sich dort nicht eher zurecht findet, bis es sich daselbst in alle Verhältnisse wieder hineingelebt hat.

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So ergeben z. B. die Maulbeerseidenraupeneier, welche aus China nach. Europa eingeführt werden, selbst wenn sie von guten Racen stammen, im Anfang ganz kleine, unansehn- liche Cocons; mit der Zeit verlieren diese, selbst ohne Kreu- zung mit europäischen Racen, ihren ursprünglichen Charak- ter, arten an einigen Orten zu grossen, schlechten Racen aus, während sie in anderen Gegenden zur Erzeugung vor- züglicher Racen dienen. Werden die hieraus erzielten Eier wieder in ihre ursprüngliche Heimat zurückgeführt, so sind sie dort ganz ähnlichen Erscheinungen ausgesetzt. Es kommt freilich hierbei, wie bei der Züchtung eines jeden Thieres, auch wieder auf eine intelligente Behandlung und auf die Befolgung rationeller Züchtungsmethoden an. Die Einwir- kungen der Acclimatisation sind hierin jedoch nicht zu ver- kennen.

Die grösste Acclimatisationsfähigkeit besitzt der Mensch; er ist im Stande, sich in allen Zonen, in jeglichem Klima heimisch zu fühlen. Und wenn wir auch zugeben wollen, dass nicht ein jedes Individuum eine gleiche Acclimatisa- tionsfähigkeit zeigt, so ist es doch unbestreitbar, dass der Acclimatisation des Menschen, als Art betrachtet, keine Schranken gesetzt sind. Er schlägt seine Wohnung auf in dem glühenden Boden der Tropenländer oder fügt sie aus Eisblöcken zusammen, welche der starre Hauch des ewigen Winters der Polargegenden unschmelzbar macht; sein treuer Begleiter, der Hund, folgt ihm überall, und acclimatisirt sich zu gleicher Zeit mit dem Menschen. Um die Einwir- kungen der Acclimatisation zu verspüren, ist es nicht ge- rade nöthig, dass eine bedeutende Entfernung die ur- sprüngliche Heimat von dem neuen Aufenthaltsorte trennt. Bei der Einführung von Pflanzen und Thieren (hiermit be- schäftigen sich die Acclimatisationsvereine) kann schon eine geringe Entfernung beider Orte, wenn nicht die meisten der oben erwähnten Punkte übereinstimmen, von wesentlichem Einfluss sein. Hieraus geht hervor, dass es bei irgend einer solchen neuen Einführung gerathen ist, diejenigen Vorstu-

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dien nicht zu unterlassen, auf welchen die vernunftgemässe Eingewöhnung des Gegenstandes beruhen wird; und dieses ist eine der Aufgaben der Acclimatisationsvereine. Der Hauptzweck dieser Vereine lässt sich am besten aus der Rede erkennen, mit welcher Isidore Geoffroy Saint-Hilaire im J. 1854 die Soeiete imperiale d’acclimatation in Paris, die erste Ge- sellschaft dieser Art, eröffnete: „Wir wollen eine Vereinigung von aufgeklärten Männern aus allen Ständen aller civilisir- ten Länder stiften, um zusammen ein Werk zu vollbringen, welches die Mitwirkung aller erfordert, sowie es den Nutzen aller bezweckt. Es handelt sich um nichts weniger, als um die Bevölkerung unserer Länder, Wälder und Flüsse mit neuen Bewohnern, um die Vermehrung unserer Hausthiere, dieser ersten Quelle des Reichthums; um die Vervielfälti- gung der Nahrungsmittel, um ‘die Schöpfung neuer ökono- mischer und industrieller Producte; um die Beschenkung der Landwirthschaft, der Industrie, (des Handels: mit einem Worte, ‚des ganzen Menschengeschlechts mit bis heute un- bekannten oder varnachlässigten Gütern, welche dereinst nicht minder wichtig sein werden, als diejenigen, deren Wohlthaten uns von unseren Vorfahren übermacht worden sind.“ Die Voraussetzungen des ersten Satzes sind in reichem Maasse erfüllt worden; denn schwerlich findet sich heutigen Tages bei irgend einer anderen Veranlassung eine solche Vereinigung aus allen Ständen wieder, wie in den Acclima- tisationsvereinen, zu deren Arbeiten gekrönte Häupter ebenso gern beitragen, wie’ der bescheidene Landmann.

Also nicht allein die Hausthiere, sondern auch diejeni- gen Thiere sollen acclimatisirt werden, welche im halb oder ganz wilden Zustande uns nützlich sein können; sodann ha- ben die Acclimatisationsvereine für die Schonung derjeni-

gen heimischen Thiere Sorge zn tragen, welche uns durch

die Bekämpfung der schädlichen Arten äusserst nützlich sind. Noch jetzt leiden unsere Culturverhältnisse vielfach in Folge der planlosen Ausrottung vieler Thiere, welche sich lediglich von den Zerstörern unserer Gewächse ernähren,

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denn erst kürzlich ist es den einsichtsvollen Ermahnungen des beharrlichen Gloger gelungen, sich bei dem Landwirthe den verdienten Eingang zu verschaffen.*) Die Acclimatisa- tionsvereine haben aber noch einen höheren Zweck zu er- füllen, als die Lösung ihrer praktischen Aufgabe, ein Ziel, welches mit ihnen und durch sie in Zukunft enge mit der Acclimatisation verbunden sein wird; sie sollen in geord- neter Reihenfolge die Vorarbeiten und Voraussetzungen mit den Versuchen, die verschiedenen Zwischenfälle bei den Beobachtungen mit den Resultaten vergleichen, und, indem sie in dieser Weise vorwärts schreiten, die Grundzüge zu einer neuen Wissenschaft legen. Sie werden diesen Zweck mit der Zeit in ähnlicher Weise erreichen, wie die landwirthschaftlichen Vereine die Erhebung der Landwirth- schaft aus dem Stande eines Gewerbes zu einer: vielver- zweigten Wissenschaft ermöglicht hahen; sie werden dazu beitragen, dass die Acclimatisation in Zukunft nicht mehr blosses Spiel des Zufalls und nicht allein dem Empirismus überlassen sein wird.

Die Acclimatisation ist keine Errungenschaft der Neu- zeit; denn seit Jahrtausenden ist sie in der angeführten untergeordneten Weise fortgeschritten. Die Mehrzahl der zu unserer Ernährung und Bekleidung dienenden Gegen- stände ist ihrer ursprünglichen Heimat entrückt wor- den. Wie richtig sagt Drouyn de Lhuys, dessen ge- ringstes Verdienst wahrlich nicht die warme Theilnahme ist, die er den Acclimatisationsvereinen schenkt, in einer jener Reden, die sich unvergesslich im Gedächtnisse ein- prägen: „Werfen wir in der That die Augen um uns, und suchen wir unter den Gegenständen, welche zu unseren dringendsten Bedürfnissen gehören, sei es zur Speise oder zur Kleidung, diejenigen heraus, welche unser Boden frei- willig hervorbringt, und diejenigen, welche Producte der

*) Die nützlichsten Freunde der Land- und Forstwirthschaft unter den Thieren von Dr. C. W. L. Gloger. Berlin 1858.

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Acclimatisation sind, so werden wir finden, dass, würden wir auf die erstere redueirt, wir in wenigen Tagen vor Elend und Hunger umkommen würden. ‘Die Eichel, einige herbe Früchte, einige fade Gemüse sind die einzigen hei- mischen Pflanzen. Der Mensch würde also in Europa ledig- lich von dem Ertrage der Jagd und des Fischfanges leben, und die Bevölkerung würde sich niemals haben entwickeln können, wenn sie nicht aus anderen Regionen eine Menge von Pflanzen und Thieren eingeführt hätte!“ Dieses gilt für die übrigen Continente nicht in so grossem Maasse wie für Europa, wo die Natur an und für sich nicht eine solche Mannichfaltigkeit wie in denjenigen Erdtheilen entfalten kann, welche sich durch alle Zonen erstrecken. Es würde uns zu weit führen, wollten wir 'hier die ungemein grosse Zahl von Pflanzen anführen, welche im Laufe der Zeiten derart ihren Standpunkt ausgedehnt haben. Das Getreide, das Obst, die Gemüse und das Heer der Zierpflanzen, welche unsere Gärten schmücken, kurz, fast sämmtliche Gaben der Erde sind hierher zu rechnen. In Beziehung auf das Thier- reich ist diese Aufgabe leider viel leichter; leider! denn hier haben wir eine Thatsache zu erwähnen, welche durch- aus im Widerspruch zu dem ewigen Fortschritte der Welt steht. Denn während die sämmtlichen übrigen Verhältnisse der menschlichen Gesellschaft sich im Laufe der letzten Jahrhunderte auf eine nie geahnte Weise verändert haben, ist fast seit Jahrtausenden für die Eingewöhnung neuer Thiere so zu sagen nichts geschehen, trotzdem die fortwäh- rend leichteren Communicationsmittel die Erreichung dieses praktischen Zweckes hätten befördern müssen. Vergeblich haben die grössten Naturforscher aller Zeiten darauf hinge- wiesen; vergeblich waren die Mahnungen Buffon’s, Cuvier’s, Daubenton’s, Linne’'s und ihrer Zeitgenossen. Von den 140,000 Arten, welche das Thierreich in sich begreifen soll, hat Isidore Geoffroy St.-Hilaire eine Zusammenstellung der- jenigen 43 Arten gemacht, die in Europa als Hausthiere

leben, und hiervon kommen nur 33 auf das westliche Europa. 1860 Bd. III, 6

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29 von diesen stammen aus Asien, namentlich Centralasien, Nordafrika und Europa; und nur vier aus den übrigen Welt- theilen, Das ist so einfach, dass es ein jeder an den Fin- gern nachrechnen kann. Und wenn wir auch weit entfernt davon sind, zu denken, dass ein verhältnissmässig beträcht- licher Theil der bedeutenden Zahl der Thiere dem Menschen jemals direkt dienstbar werden wird, so liegt das Missver- hältniss zwischen dem Vorhandenen und dem Verwertheten doch gar zu nahe, um nicht die Nützlichkeit der Acclimati- sationsversuche einem jeden einleuchtend zu machen. Erst seit den letzten 20 Jahren, und namentlich seit Beginn der grösseren Thierausstellungen, ist diese Ansicht etwas allge-- meiner dnrchgedrungen. ‘Wie ein Feuer glomm sie unter der Asche, bis sie im rechten Augenblicke mit einem Male zur hellen Flamme aufloderte und in den Acclimatisations- vereinen ihren Centralpunkt fand.

Der Grund, weshalb gegen die geringe Zahl der Thiere eine so unverhältnissmässig grosse Zahl von Gewächsen ein- gewöhnt wurde, mag zum Theil in der Bequemlichkeit zu suchen sein, mit welcher die letzteren sich transportiren und pflegen lassen, sodann auch vielleicht in der fast jedem Menschen angeborenen Lust, Pflanzen zu warten, während nicht ein jeder das Geschick und die Vorliebe zur Thier- züchtung besitzt. Aber auch noch ein anderer Umstand mag hierzu mit beitragen: bei der Pflanze ist der bedeutende Unterschied fast ganz aufgehoben, welcher bei dem Thiere zwischen der Acclimatisation und der Naturalisation besteht. Die Acclimatisation ist ein untergeordneter Vor- gang, der sich zur Naturalisation etwa so verhält, wie der augenblicklich geduldete Aufenthalt eines Menschen an einem fremden Orte zu einer vollständigen Niederlassung mit dem - gehörig besiegelten Bürgerbriefe. Und dieses bevorzugte Ver- hältniss geniessen die Pflanzen den Thieren gegenüber. Während letztere eine lange Prüfungszeit bis zur völligen Naturalisation bestehen müssen, haben jene den Vortheil, sobald sie acclimatisirt sind, die Naturalisation zu besitzen

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und im Vollgenusse der ihnen von der Natur verliehenen Fähigkeiten sich in zahlreichen Nachkommen verjüngen zu können. Bei den Thieren ist dieser Umstand (er bildet das beste Kriterium einer glücklich vollendeten Acclimatisation) mancherlei Wechselfällen unterworfen, und diese Schwierig- keit mag ebenfalls ein Grund zu dem erwähnten Missver- hältniss sein. Einer der wichtigsten Hebel der neuen Wissen- schaft wird der Umstand sein, dass sie den Griffel nicht ihrer Hand entfahren lässt, um die Geschichte der Ac- elimatisation zu schreiben. Freilich wird sie nur von dem jetzt gegebenen Punkte ausgehen können; der grösste Riesengeist würde erschrecken, die Geschichte der Acclima- tisation bis zur heutigen Zeit zu erforschen. Die meisten Eingewöhnungen, die wichtigsten Thatsachen, sind zu einer vorgeschichtlichen Periode begonnen worden; mit der halb- geschichtlichen, der mythologischen Periode, verbindet sich die Einführung des Fasans durch die Argonauten. Der wahrscheinlich erste Acclimatisationsversuch zu einer ge- schichtlichen Periode war die Einführung des Pfaus, ver- anlasst durch die merkwürdigen Heerzüge Alexander’s des Grossen; die Phönizier und Römer sollen die Zucht ver- schiedener Seidenraupen versucht haben. Von da bis auf die jüngsten Jahrhunderte ist die Geschichte der Accli- matisation in ein undurchdringliches Dunkel gehüllt, welches selbst dann noch nicht zur Klarheit geworden. Es ist trau- rig, zu gestehen, dass die Namen der Wohlthäter der Mensch- heit leider nicht immer in den Tafeln der Weltgeschichte den verdienten Platz gefunden haben. Meist werden wir vergeblich die Hand aufsuchen, welche das Füllhorn trug, aus dem eine reiche Segensquelle für die späteren Genera- tionen entströmte. An Beispielen für diese Undankbarkeit der Geschichte fehlt es leider nicht. Nehmen wir nur eins von vielen heraus: Wem das Verdienst gebührt, die Kar- toffel nach Europa zuerst übergeführt zu haben, ist kaum noch zu ermitteln. Ja, es ist nicht einmal nachzuweisen, auf welchem Wege sie nach Deutschland kam; wir verwei- 6*

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sen dieserhalb auf den im vorigen Bande der Zeitschrift, S. 110 enthaltenen Vortrag des Herrn Dr. Klotzsch. Aus den Schwierigkeiten, die sich bei der Aufsuchung des Aus- gangspunktes dieser, einer der jüngsten Einführungen, dar- bieten, kann man auf die Schwierigkeiten schliessen, welche sich bei der Untersuchung älterer Eingewöhnungen aufthür- men. Durch die grössten Weltereignisse hindurch schlingt sich der langsame Fortschritt der Acclimatisation, und zwar häufig sind die heftigsten politischen Umwälzungen die Aus- gangspunkte hierfür gewesen; wie hemmend dieser Umstand auf die Forschung wirkt, ist leicht zu bemessen. Anders aber wird es in der Zukunft sein; es genügt, dass sich die öffentliche Meinung dem Gegenstande günstig erwiesen hat, um fürder ähnlichen Ungerechtigkeiten zu steuern. Derje- nige, welcher jetzt Zeit und Mühe opfert für Versuche, die häufig fehl schlagen, und deren Erfolge meist der Nachwelt zugute kommen, trägt neben dem Bewusstsein, etwas Nütz- liches geleistet zu haben, die Ueberzeugung davon, dass seine Thaten nicht verloren sind, sondern eine bleibende Nach- wirkung haben. Aber nicht immer wird es uns möglich sein, unsern Dank einem Menschen auszudrücken, denn gar mancher Acclimatisationsversuch wird ohne Zuthun eines Menschen gemacht. Die Natur vollbringt durch ihre klein- sten Mittel Acclimatisationen in einer Weise, welche der Mensch durch seine grössten Kraftanstrengungen nicht zu erreichen im Stande ist. Herr Dr. Bolle hat in einer un- serer Sitzungen (Bd. I, S. 27) nachgewiesen, auf welche Weise das Pflanzenreich seine Colonien gründet.

Aber eben solche Colonien entsendet das Thierreich. Die weise Fügung, welche einem jeden Thiere die Erhaltung seiner Art zur Pflicht macht, der Instinkt, welcher ihm diese Aufgabe durch Täuschung seiner Feinde erleichtern hilft, erregen zu häufig unsere Bewunderung, als dass wir die rasche Ausbreitung eines Thieres in einer Gegend, die seinen Bedürfnissen entspricht, nicht leicht begreifen könn- ten, So ist es mit den Myriaden von Fischeiern, welche

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die Strömung der Gewässer mit sich führt. In solchen Fäl- len hat die neue Wissenschaft diejenigen Umstände zu er- forschen, welche zur Erhaltung der nützlichen Arten dienen können; dann lehrt sie, den natürlichen Colonien auf hal- bem Wege entgegenzukommen und sie freundlich aufzuneh- men, um hernach in verrätherischer Weise den materiellen Nutzen mit leichter Mühe davonzutragen. Bedeutende In- dustriezweige sind bereits darauf begründet, dass der Mensch es gelernt hat, auf diese Weise den Instinkt der Thiere zu benutzen; es ist aber noch vieles zu thun übrig, und hierzu geben die Acclimatisationsvereine die Anregung. Jedoch nicht allen praktischen, sondern auch rein wissenschaftlichen Zwecken bietet die Acclimatisation eine nothwendige Hülfe: Die verehrlichen Mitglieder entsinnen sich gewiss des hierauf bezüglichen, Bd. I., S. 90 enthaltenen Vortrages des Herrn Dr. Müller. Aber nur langsam wird die Acclimatisation fortschreiten können; die Acclimatisations- Vereine werden vielleicht lange suchen müssen, bis sie Gegenstände aufge- funden haben, deren Einführung und Verbreitung besonders wichtig ist.

Die Auffindung solcher Produkte ist allerdings eine schwierige Aufgabe; die vielfachen Nachforschungen, welche man angestellt, werden aber sicher nicht ganz erfolglos sein. Wenn es auch nicht häufig vorkommt, dass man im Stande ist, die Welt durch die Verbreitung eines so wichtigen Pro- duktes zu bereichern, wie z. B. die Kartoffel ist, so giebt es doch minder wichtige, welche im Stande sind, die auf sie verwandte Mühe durch reichen Segen zu lohnen. Nicht etwa die Verdrängung anerkannt nützlicher Gegenstände bil- det den Zweck der Acclimatisationsvereine, sondern die Ver- breitung des Guten neben dem Guten. | Seit der Gründung dieser Vereine sind viele Versuche - in dieser Richtung gemacht worden, von denen freilich, wie dies nicht anders sein kann, manche erfolglos waren. Ge- länge von Hunderten aber auch nur ein einziger Versuch, er würde eine Entschädigung für die übrigen in sich tragen.

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Und misslänge selbst dieser eine Versuch, so wären die ne- gativen Resultate durch einen reichen Schatz von Erfahrun- gen nicht zu theuer erkauft, der, mit geringen Opfern ein- zelner erzielt, bestimmt ist, die Mit- und Nachwelt vor nutzlosen grösseren Opfern zu bewahren. Denn das ist ge- rade ein Vortheil, der durch die weite Verzweigung der Acclimatisationsvereine und durch den guten Willen ihrer Mitglieder bedingt wird, dass sie im Stande sind, ihre Ver- suche in den verschiedensten Gegenden zugleich anzustellen, wodurch natürlicherweise die Frfahrungen vielseitiger und bei Schlussfolgerungen um so sicherer werden. Die Vereine, welche hierzu einander die Hand reichen, sind, ausser dem pariser die Acclimatisationsvereine zu Grenoble und Nancy, gegründet 1854; der Acclimatisationsverein für die königlich preussischen Staaten in Berlin und das ägyptische Acclima- tions-Comite zu Alexandrien, 1856 gestiftet; der kaiserlich russische Acclimatisationsverein in Moskau, entstanden aus den 1857 gegründeten zoologischen und botanischen Comites. In Frankreich und den französischen Colonien bestehen zu- dem zahlreiche Acclimatisations-Comites, welche sich, nebst 31 anderen landwirthschaftlichen, Gartenbau-, industriellen und ähnlichen Vereinen in Frankreich, Nassau, Oesterreich, Piemont, Polen, der Schweiz und. Spanien dem pariser Ver- eine angeschlossen haben, der ausserdem zahlreiche Delega- tionen in fast allen Ländern gestiftet hat. Nicht ganz so ausgedehnt ist die Wirksamheit unseres Vereins, der hoffent- lich die Anregung zur Bildung mit ihm zusammenwirkender Vereine gleicher Tendenz in den übrigen deutschen Staaten gegeben haben wird. Wenn aber auch nicht alle Acclima- tisationsvereine die Mittel zur gleichen Ausdehnung ihrer Verbindungen besitzen, so ist doch der gemeinsame Zweck aller ein so starkes Band, so sind die Wechselwirkungen untereinander so rege, dass nicht eine bedeutende Einfüh- rung gemacht wird, ohne dass alle an den Versuchen theil- nehmen.

Von den Erfahrungen der Acelimatisations-Vereine soll

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die Welt Nutzen ziehen; es darf uns daher nicht wundern, wenn ausser diesen, auf rein gemeinnütziger Grundlage be- ruhenden Vereinen sich Institute oder Gesellschaften bilden, die mehr oder minder auf Geldspeculationen begrün- det sind oder sonstigen Privatzwecken dienen. Einzelne der- selben sind berufen, der Acclimatisation wesentliche Dienste zu erzeigen durch Anlage von Acclimatisations- Gär- ten und durch die praktische Anwendung der Erfahrungen jener Vereine, Vor anderen hingegen, welche sich nur da- durch auszeichnen, dass sie den Ruf, dessen die Acclima- tisations-Vereine geniessen, zu ihrem Vortheile missbrau- chen, indem sie das Wort Acclimatisation gleichsam als Aushängeschild benutzen und das Publikum durch geschickte . Namensverwechselungen irre führen, wird man sich hüten müssen,

Werden die Acclimatisations-Vereine im Stande sein, in kürzester Frist Resultate zu erzielen, zu deren Erreichung bis jetzt Jahrhunderte erforderlich waren? Nur die Zeit allein kann diese Frage richtig beantworten; einem Jeden wird aber einleuchten, dass, sobald sich die Thätigkeit ver- einter Kräfte auf eine Aufgabe concentrirt, ein bedeutender Schritt zur Lösung derselben geschehen ist. Erwähnen wir nur kurz, welche Versuche die Acclimatisations-Vereine seit den wenigen Jahren ihres Bestehens gemacht haben. Mehr als hundert Arten von Gewächsen wurden zwischen verschie- denen Ländern ausgetauscht oder in Europa einzuführen ver- sucht; unter ihnen die Dioscorea batatas, das chinesische Zuckerrohr oder Sorgho (Holcus saccharatus), einige Kar- toffel-, Reis- und Tabackssorten, eine bedeutende Menge von Obst- und Zierpflanzen. Aus dem Thierreiche wurden theils erfolgreiche Einführungsversuche des Yak (tibetani- scher Grunzochse), der ägyptischen und Angora-Ziege, des Alpaca und Wrußaschafs, einiger Gallinaceen und Schwimm- vögel, des australischen Kasuar und des Nandu, des Dro- medars (nach Brasilien) u. s. w. gemacht, während zu glei- cher Zeit Kreuzungen mit bereits acclimatisirten Thieren

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angestellt oder heimische Thiere veredelt wurden. Die Bie- nenzucht war der Gegenstand interessanter Beobachtungen, die künstliche Fischzucht, der Seidenbau und andere Agri- kulturzweige haben der Mitwirkung der Acclimatisations- Vereine manches zu verdanken, namentlich der zuletzt ge- nannte Erwerbszweig; denn niemals wurden gleichzeitig so vielfache Versuche gemacht, um durch Einführung Seide lie- fernder Insekten die Kleidungsstoffe wohlfeiler herzustellen. Kurz, wir können damit schliessen, es bedurfte nur der einen Anregung zur richtigen Zeit, um die eivilisirte Welt zu den vielfältigsten Acclimatisationsversuchen zu veranlas- sen und den lange gehemmten Fortschritt auf diesem Felde rasch herbeizuführen.

Bombyx Ricini.

I. Bericht über das Ergebniss der Ueberwinte- rung der am 10. April 1860 in Brut gebrachten | Cocons.

Von den im Herbste v. J. gesponnenen Cocons wurden am 10. April d. J. die unten angegebenen Anzahlen mit an- deren, während des Winters gewonnenen zusammen in ein Warmpflanzenhaus gebracht, in welchem durch Gazerahmen über der Heizung ein Raum abgesperrt worden, der seine besonderen Temperaturen hatte und die meist höher, nie tiefer als die des Glashauses im Allgemeinen waren. Jeden Tag wurden nach einem Thermographen die Minima und Maxima vermerkt. Das Mittelmaass war, in ganzen Zahlen, bei den ersteren 15, die Schwankungen erreichten 12 und 19; das Mittelmaass der letzteren 24, die Schwankungen zwischen einmal 20 und einmal 32. Die mittlere Tempera- tur war genau 19,8° R.

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e. 1620) 7/11. | 144 Hug 21400 | 64,5 6/5. 16/5.

£ | 50 2/1. 60! 190 | 1/5.122| 34 | 68,0 6/5. 19/8.

Ba g. 134| 25/2. „| 60 ahde 16| 134 |100 1? ı ? |Vermerke ver-

| säumt.

Im Allgemeinen tritt hervor, dass je älter die Cocons, desto weniger Schmetterlinge, und erscheint auch natürlich. Der Umstand aber, dass der Satz b. so auffallend mehr Schmetterlinge gab als a., der doch nur um 5 Tage älter, und die in c. und d. beobachteten nochmaligen Rückschläge rufen mir einen höchst beachtenswerthen Umstand in das Gedächtniss zurück. Während der den Gärtner sehr in An- spruch nehmenden Herbstzeit war ich nicht gleichförmig mit meinen Cocons verfahren. Satz a. war nämlich (auf frühere Beobachtungen hin) am ten Tage nach dem Zuspinnen (Fest- werden) der Cocons in einen Eiskeller gestellt, Satz b. hin- gegen erst am 7ten, war also längere Zeit in der da- mals mittleren Temperatur 16° geblieben. Die vorerwähnte Absperrung eines gesonderten Raumes war noch nicht für sich heizbar, und ich durfte der Pflanzen und konnte der Heizung eines Kanales wegen nicht höher gehen. Die Sätze c. und d. wurden wieder als 5 Tage alte Gespinnste in das Kühle gebracht, und es würde sich deren Rückschlag _da- durch erklären, dass sie nicht ganz so ausgebildet gewesen;

*) Mit Ausnahme von b. in offenen Gefässen bewahrt.

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noch weniger mussten die des Satzes a. gewesen sein, ver- muthlich weil deren Verpuppung in noch minderer Tempe- ratur hat geschehen müssen.

Sorgsame Züchter, die den Raupen besondere und zweck- . gemässe Räume werden geben können, werden leicht im Stande sein, darüber zu entscheiden, wie lange Zeit und in welchen Wärmen Herbstcocons die erforderliche Reife zur Ueberwinterung erlangen. Vorläufig erscheint rathsam, von der letzten Häutung an 8 oder 9 Tage zwischen .O und 25° zu gewähren, ohne, wie ich es gewesen, besorgt zu sein, dass die frischen Puppen durch 4—5 Tage Verweilens in solcher Temperatur gleichsam angebrütet und so geschädigt werden könnten, wenn sie dann kühl gehalten werden müs- sen. Möglich ist, dass Il Tage noch besser als 9, wahr- scheinlich aber, dass diese vollkommen ausreichen, wenn die Mittelwärme 23°. |

Der Satz b. war in verpichten weithalsigen Flaschen be- wahrt worden, und beut dadurch noch die Belehrung, dass dies Verfahren ganz zulässig, also da anzuwenden, wo nur feuchte Keller als kühle Ueberwinterungsräume zu Gebot stehen.

Der Eiskeller wurde nur so lange benutzt, als andere, in Folge ihrer flachen Lage, noch nicht die stätige Tempe- ratur gewähren konnten, welche ich einstweilen für ange- messen erachte, und ich lege jenem keine besondere Bedeu- tung bei. Die Eiskeller- Temperatur war regelmässig R., die Uebersiedelung nach dem Hauskeller fand im December . statt. Derselbe ist trocken und gedielt, wurde durch Lüf- ten und Sperren im Mittel gehalten, wobei aber Schwan- kungen zwischen 4 und nicht vermieden werden konnten.

So unvollkommen und gleichsam fahrlässig der Ueber- winterungsversuch durchgeführt worden, so beweiset er doch, was er darthun sollte: die Möglichkeit der Aufbe- wahrung lebender Puppen während der (6—7) Win- termonate behufs der Frühjahrszucht, also die Zu- Jlässigkeit des Umgehens der kostspieligen Winterzuchten.

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Von den Gespinnsten jedes Satzes sind kleine Mengen noch 3 Wochen länger im Keller gehalten worden, aus de- nen am 21. Mai der erste Schmetterling erschlüpft, am 22. mehr und bereits ein Paar gehangen, am 23. (heute) über- haupt aus 84 Cocons 41 Schmetterlinge erschlüpft und 15 Paar hangend waren.

Schliesslich möchte ich noch darauf hinweisen, dass die Herbstpuppen sehr wohl Mitte März in Brut gebracht wer- den dürfen, wenn man Weberkarden (Dipsacus) angebaut, Flieder (Syringa), Petersstrauch (Symphoria) und Ebre- schen-Spiraea (Spir. sorbifolia) zur Verfügung hat, mit de- nen allein man eine Generation durchfüttern kann, obgleich Ricinus das beste Futter bleibt. Für weitere Auskunft er- laube ich mir auf meine Abhandlung „die Pflege des Rici- nusspinners* zu verweisen.

° Pfaueninsel, den 23. Mai 1860. G. R. Fintelmann.

Künstliche Fischzucht,

Dieser interessante Zweig künstlicher Aufzucht, zwar längst bekannt, wissenschaftlich erforscht, auch hier und da im Kleinen, in Schottland aber schon längst im Gros- sen praktisch geübt, hat erst in neuerer Zeit auch bei uns allgemeine Aufmerksamkeit erregt. Die Brutanstalten zu Hüningen, Paris, München, die darin gewonnenen Resul- tate, praktischen Erfahrungen und daraus hervorgegangenen Schriften weckten das Interesse dafür, um so mehr, als mancherlei Ursachen eine sehr auffallende Abnahme der Fi- sche herbeigeführt haben. Nicht nur, dass ihr Fang häufig

4 zur Laichzeit geschieht, mit ihnen also Millionen Eier zu

künftigen Generationen vernichtet werden; auch Fabriken mit ihren schädlichen Abflüssen, Uferbauten, Dampfschiffe etc. hindern die Vermehrung. Dem abzuhelfen, dazu soll und kann die künstliche Aufzucht der Fische beitragen in

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einem Maasstabe, der von der Theilnahme daran abhängt. Anleitung und Belehrung dazu zu geben, ist die Aufgabe der landwirthschaftlichen und der Acclimatisations -Vereine geworden, und nur zu diesem Zwecke kann der Betrieb von ihnen selbst geübt werden.

Im Hinblick auf Frankreich und Bayern ist in unserem engern Vaterlande für Wiederbevölkerung der Flüsse durch künstliche Befruchtung und Ausbrütung des Laichs edler Fi- sche, ungeachtet vielseitiger Anregungen und günstiger Er- fahrungen, seither nur wenig geschehen. Und doch wäre dies bei der immer merklicher werdenden Abnahme der Fi- sche in unseren von Dampfschiffen dnrchwühlten Gewässern, deren stete Aufregung kein Ausbrüten des Laichs gestattet, nicht aber den bereits ausgebrüteten jungen Fischen beson- ders nachtheilig ist, so äusserst wünschenswerth. Es sind ‘nur noch die kleinen Nebenflüsse und Bäche, welche den darin niedergelegten Fischeiern Schutz und Ruhe zur Bele- bung gewähren und die grösseren Flüsse spärlich bevölkern. Fische sind eine Luxusspeise geworden, während sonst auch dem Aermsten diese gesunde, wohlschmeckende Nahrung ge- stattet war. Wollen wir wieder dazu gelangen, so muss entweder, wie in Frankreich und Bayern, der Staat mit sei- nen reicheren Mitteln, durch grössere Etablissements unter seiner Aegide, mitwirken, oder umfangreicher als bisher, durch vereinigte Kräfte, das Ausbrüten des künstlich be- fruchteten Fischrogens Behufs Versetzung der jungen Brut in die Flüsse, im grössern Massstabe erfolgen... Selbstver- ständlich wird man hierbei nur auf die Vermehrung der ed- leren Fische, Salmen, Lachsforellen, Sälmlinge etc. hinwir- ken, und diese laichen in den drei ersten Monaten des Jah- res, erfordern ein Wasser niederer Temperatur und der Ro- gen derselben ist zu weiten Versendungen vollkommen ge- eignet, nicht aber die junge Fischbrut, deren weiter Trans- port fast unmöglich ist. Die Ausbrütung solchen Rogens im Freien durch anhaltend fliessendes reines kaltes Wasser fin- det oft Schwierigkeiten und ist ebenso dem nachtheiligen

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Wechsel der Temperatur, wie der Gefahr muthwilliger Be- schädigung ausgesetzt. Insbesondere eine im Jahre 1857 ge- machte traurige Erfahrung letzter Art veranlasste den als stellvertretenden Director der Section Fischzucht im land- wirthschaftlichen Verein für Rheinpreussen und als Vorsteher dieser Section im Local-Verein Coblenz fungirenden Rech- nungsrath Krauseneck daselbst, seine bereits gewonnenen Erfahrungen auf zweckmässige Construction eines Apparats zu verwenden, um mit gewöhnlichem Brunnenwasser in einem ungeheizten Zimmer das Brutgeschäft überall vornehmen zu können und dabei Pflege und Beobachtung leichter und an- genehmer zu machen. Dies ist ihm denn auch so vollkom- men gelungen, dass durch seinen Apparat bei dem Local- Verein Coblenz im März d. J. mehrere Tausend Salmen, Lachsforellen, Sälmlinge und Bachforellen mit Leichtigkeit und geringer Bemühung im Zimmer nicht nur ausgebrütet, sondern auch seither im besten Gedeihen erhalten worden ‘sind.. Dieser Apparat ist zugleich vollkommen geeignet, die jungen Fische noch Monate lang darin aufzuziehen und zu ernähren, ehe sie ihrem künftigen Aufenthaltsorte überge- ben werden.

Auch in diesem Jahre wurden durch denselben 800 See- lachse und Rheinsalmen aus Eiern gebrütet und bis zu 1% Zoll Länge aufgezogen, wovon im Monat Juni ein Theil dem Hrn. Gutsbesitzer Caspers zu Lucasmühle zur Besetzung seines dafür sehr geeigneten, durch kaltes Quellwasser gespeisten grossen Teiches übergeben, der andere Theil aber in den Rhein ausgesetzt worden ist. Aber .nur durch vielseitige gleiche Leistungen kann mit der Zeit eine merkliche Ver- mehrung unserer Fische erlangt werden.

Wer während einiger Stunden des Tages eine mühelose, sehr interessante, die Natur in ihrem verborgenen Wirken beobachtende Beschäftigung sich verschaffen will, dem ist die künstliche Fischzucht mittelst des Stuben-Brutapparats zu empfehlen, dem Besitzer geeigneter Gewässer aber auch des Nutzens wegen anzuratlıen, und. sicher wird Keiner es

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bereuen, sich damit befasst zu haben. Anleitung und Be- lehrung dazu, sowie Zeichnung und Beschreibung des we- nig kostenden Apparates, welcher mit Brunnenwasser ge- speist wird, werden von dem Local-Vereine Coblenz stets bereitwilligst ertheilt. Auch für die Beschaffung befruchte- ter Eier von edlen Fischen kann bei frühzeitiger Anmel- dung bis spätestens Anfangs November von demselben ge- sorgt werden.

Herr Krauseneck hatte am 4. Januar c. 230 Eier der grossen Seeforellen (Salmo lacustris) und am 7. Januar ce. 700 Eier des Rheinlachses in bereits befruchtetem und an- gebrütetem Zustande erhalten und solche in der Zeit bis zum 29. Januar c. bis auf wenige verdorbene Eier auf seinem Ap- parate ausgebrütet. Die erste Ausschlüpfung einer Seefo- relle erfolgte bereits am 18. Januar. Am 10. März war bei sämmtlichen Fischen die Nabelblase verschwunden und die Fütterung mit gekochtem, dann gedörrtem und zu Pulver zerriebenem Rindfleische begann und wurde bis zum 5. resp. 12. Juli e. fortgesetzt. Während der Brutzeit betrug die Stu- benwärme zwischen 5—10%° R., die des Brunnenwassers, womit der Apparat gespeist ward, zwischeu 5—8° R. Der Abgang durch Absterben der ausgebrüteten Fische war höchst unbedeutend, kaum 5 pCt, nahm aber im Juli, wo die Stu- benwärme auf 20° gestiegen war und eine niedrige Tempe- ratur des Wassers trotz häufigerer Auffrischung desselben nicht zu erhalten war, mehr zu, so dass dadurch die Noth- wendigkeit entstand, die Fische, welche eine Länge von 1% Zoll erreicht hatten, theils in den Rhein auszusetzen, theils in dem bei der Lucasmühle bei dem Dorfe Mülheim, 2 Stunden von Coblenz gelegenen, dem Gutsbesitzer Cas- pers zugehörigen Teiche unterzubringen. Dieser mehrere Morgen grosse, an einigen Stellen 18 Fuss tiefe Teich er- hält sein Wasser aus einem nahen Bergquell und hat zu- gleich eigene Quellen des reinsten kalten Wassers, ist frei von Raubfischen und ganz geeignet für die eingesetzte junge Brut. Das Problem des Transports der jungen Fische auf

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2 Stunden Weges bei 20° Luftwärme ist dadurch gelungen, dass solche in einer offenen, mit frischem Brunnenwasser gefüllten Wasserbütte, welche mit einem groben, stark ge- nässten Tuche gegen die äussere Wärme geschützt, von einer darin geübten Frau auf dem Kopfe ohne besondere Erschüt- terung getragen, und das Wasser der Bütte durch in einem kleinen Blecheimer mitgenommenes Eis alle 15 Minuten ab- gekältet wurde. Nur 2 Fischchen haben den Transport nicht ausgehalten, alle übrigen kamen munter an ihrem neuen Wohnorte an und wurden nach vorherigen langsamen Mi- schungen mit dem neuen Wasser in dieses abgesetzt, des- sen tiefe und kalte Stellen sie sehr bald in geschlossenen Haufen aufsuchten. Dies geschah am 5. Juli. Am 12. Juli wurde der Rest der Fische, etwa 400 Stück, dem Rheine übergeben, in welchem sie ebenfalls bald die tiefen kühlen Stellen zum Aufenthalte wählten.

Wünschenswerth wäre es, durch reichere Mittel als uns zu Gebote stehen, in grösserm Maasse auf Vermehrung der Fische zu wirken. Wir können und müssen uns auf Anre- gung und Belehrung beschränken und nur in diesen unzu- reichenden Grenzen den Betrieb künstlicher Fischzucht selbst betreiben. Soviel Theilnahme im Publikum sich auch hier durch Besuche des Brutapparats kundgegeben hat, und so höchst interessant auch die durch den Stubenapparat so sehr erleichterteBeobachtung der Natur in ihrem verborgenen Wir- ken ist, dennoch wollte es nicht gelingen, auch Andere zu selbstthätiger Fischerzeugung für die entvölkerten Flüsse zu bewegen. Was nur dem allgemeinen Nutzen dient, nicht dem Privatinteresse, wird auch nur durch allgemeine Mittel kräftig gefördert.

Coblenz, den 13. August 1859. Die RE TRN des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen. (gez.) Ereiherr von Hilgers. Kruseneck.

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Bericht über: den nordamerikanischen wilden Reis. Vom Consul Friedrich Kühne.

New-York, Mai 1860.

Obwohl einheimisch in den Vereinigten Staaten und in grossen Strecken derselben wildwachsend, ist es dem Wild Rice (Zizania aquatica) erst vor kurzem gelungen, das Auge des Ackerbauers auf seine Verdienste zu lenken. Der In- dianer zwar, und der Pionier der Wildniss, hat die vor-_ züglichen Eigenschaften dieser Pflanze längst gekannt, und wenn er sich auch mit der Cultur ‘derselben keine Mühe gegeben hat, so wusste er sie doch stets als Nahrungsmit- tel zu schätzen und zu benutzen.

Anders ist es geworden, seitdem das Agricultur-Depar- tement des Patent-Bureaus zu Washington auf die Wich- tigkeit des Zizania aquatica als Anbaumittel gewisser Sumpf- und wasserreicher Gegenden aufmerksam gemacht und in je- der Beziehung Culturexperimente mit demselben zu fördern gesucht hat. Denn nicht nur, dass man jetzt das wirklich Gute des so lange vernachlässigten Wild Rice anerkennt, nein, in manchen Theilen des Westens der Union erwartet man von ihm sogar bei weitem mehr, als er zu leisten im Stande ist. Indessen soviel steht fest, dass in mittleren Breitenstrichen, überall da, wo sich ein gelegentlichen Ue- berschwemmungen ausgesetzter und überhaupt wasserreicher Boden von lehmiger und fetter Beschaffenheit findet, der Anbau des Zizania aquatica am Platze ist und die geringe auf ihn zu verwendende Mühe reichlich lohnt. Er verlangt, wie aus dem Gesagten ersichtlich, im Allgemeinen densel- ben Boden, als der echte Reis (Oryza sativa), nur mit dem Unterschiede, dass er in ungleich rauheren Gegenden fort- kommt und daher z. B. in den nördlichen Theilen Deutsch- lands, in Hannover, Mecklenburg, Oldenburg, Holstein etc. vorzüglich gedeihen wird.

Da es in Deutschlaad also keineswegs an Gegenden fehlt, in welchen der Bau des Zizania mit grossem Glücke betrie-

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ben werden und er’einen wesentlichen Zuwachs bieten dürfte, sowohl eines guten Futterkrautes, wenn grün geschnitten, als eines guten menschlichen Nahrungsmittels, wenn zur Ausbildung der Frucht stehen gelassen, so hält der Consul es für seine Pflicht, in Nachstehendem einen kurzen Bericht über die Eigenschaften, den Fundort und die mit dieser Pflanze angestellten Culturversuche zu erstatten.

Es gehört der wilde Reis zu der Ordnung der Gräser, und ist er in den verschiedenen Strecken der Vereinigten Staaten bekannt als Tuscarora-rice, Indian-rice, Wild-rice, Water-oats (Wasserhafer) und wissenschaftlich als Zizania aquatica, Sein Verbreitungsgürtel erstreckt sich südlich bis Kentucky und Arkansas, nördlich bis zu den fünf grossen Seen und Wiscousin, und wächst er auf einem marschigen Boden,‘ welcher mit einem Wasserspiegel von 2 bis 9 Fuss bedeckt sein kann. Am besten jedoch gedeiht er in einem sehr langsam fliessenden Wasser von 1% bis 5 Fuss Tiefe niemals aber hat man ihn in stehenden Sümpfen oder in starken Strömungen gefunden. In vollkommen trockenem Bo- den kommt er gleichfalls nicht fort, und zum wenigsten müssen seine Wurzeln fortwährend feucht stehen.

Der Halm des Grases ist 3 bis 12 Fuss lang, endigt in pyramidalförmig stehenden Zweigen und trägt auf den un- teren derselben männliche, auf den oberen weibliche Blüthen. Zur Zeit der Blüthenreife steigt der Blüthenstaub, weil leichter als die atmosphärische Luft, in die Höhe, um das Pistill zn befruchten.

Der Anbau des wilden Reis ist so einfach als möglich; der Samen wird auf den durchaus in keiner Weise vorbe- reiteten Boden, welcher nur von der vorher erwähnten Be- schaffenheit sein muss, gleich jedem andern Grassamen aus- gestreut und dann seinem Schicksal überlassen. Wenn ein- mal an einem Platze zur Reife gekommeu, braucht er nie wieder gesäet zu werden, denn das Korn sitzt so lose in der Fruchthülse, dass beim Einernten stets genug Aussaat zu Boden fällt.

1860. Bd. III, 7

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Grün geschnitten ist Zizania aquatica ein vorzügliches, vom Rindvieh sehr geschätztes Futter, und Kühe waten oft tief ins Wasser, um sich daran zu delectiren. Als Weide- futter und zur Verbesserung von Sumpfwiesen ist daher der wilde Reis sehr wohl zu benutzen, wenn auch unter Um- ständen, sobald er eben in fliessendem und einige Fuss tie- fem Wasser gebaut wird, das Heumachen etwas schwierig sein dürfte.

Lässt man ihn zur Reife kommen, so kann man gegen Mitte September zur Ernte schreiten, doch muss man hier- bei einige Vorsichtsmassregeln trefien, um nicht eine zu grosse Menge Samenkörner verlieren zu müssen, die. bei vollständiger Reife des Samens bei der geringsten Berüh- rung schon zu Boden fallen. Die Indianer ernten in folgen- der Weise: „Ehe der Samen seine völlige Reife erlangt. hat, gehen oder fahren in einem Canoe (je nach den Umständen) einige Indianerfrauen in die Reisfelder hinein und binden ein paar Büschel Gräser in der Mitte der Halme zusammen. Hierdurch verhindern sie, dass der Wind die einzelnen Sa- menähren gegen einander schlägt und ausdrischt, sowie das Herunterhängen der gegen die Reife hin schwerer werden- den Aehren in das Wasser. Ist der Samen reif genug ge- worden, so wird ein Bündel der Gräser nach dem andern in das Conoe oder in einen Korb hineingebogen, mit einem paar Stockschlägen ausgeklopft und so an Ort und Stelle ausgedroschen. Die Fruchthülsen von den Samenkörnern ganz zu befreien ist hiernach ein leichtes Ding und geschieht durch Sieben oder durch Schlagen in einem Ledersack.“

Das Samenkorn des wilden Reis ist durchscheinend und grün gefärbt, und von der Grösse und der Form eines Ha- ferkornes oder ein wenig grösser. Seine Verwendungsweise als Nahrungsmittel ist die des gewöhnlichen Reis (Oriza sa- tiva), den es an Schmackhaftigkeit in jeder Weise über- trifit. Im Frühjahr gewährt es das Hauptnahrungsmittel für alle Indianerstämme, welche in Wiscousin und Michi- gan um die dortigen Seen herumwohnen.

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Zum Fettmachen von Enten und Gänsen dürfte sich der wilde Reis sehr empfehlen; in den Marschen von Illinois, Indiana, Wiscousin und Michigan werden jährlich über eine halbe Million Enten geschossen, die, vom Samen des wilden Reis fett geworden, in den Märkten von New-York, Boston und Philadelphia sehr geschätzt werden. In den Wilden- Reis-Marschen der Sandusky-Bay leben und gedeihen, nach der Versicherung eines amerikanischen Ornithologen, nicht weniger als 27 Varietäten und Arten der Ente.

Einmal völlig trocken geworden, verliert der Samen alle Keimfähigkeit und muss der zur Aus- saat bestimmte fortwährend feucht erhalten wer- den. Am besten hält man ihn in feuchtem Moos, das man von Zeit zu Zeit anwässert.

Der Ertrag eines amerikanischen Ackers ist etwa 50 Bu- shel durchschnittlich und der Preis eines Bushels 2—3 Dollars.

Von allen in der letzten Zeit durch Culturexperimente in den vereinigten. Staaten bevorzugten Agriculturproducten verdient neben dem chinesischen Zuckerrohr, dem Sorgho, der wilde oder Indianer-Reis (Zizania aqua- tica) genannt zu werden. Ist die Möglichkeit seines An- baues (wegen der nothwendigen Nässe des Bodens), sowie auch sein Nutzen beschränkter, als es beim Sorgho der Fall ist, welcher wohl jede Aufmerksamkeit der Agrieulturisten hier und in Europa verdient, so können doch durch den Wasserhafer Gegenden dem Ackerbau dienstbar gemacht wer- den, welche demselben jetzt ganz verschlossen liegen.

Landwirthschaftliche Vereine, welche Versuche mit der Cultur dieser Pflanze machen wollen, dürfen sich wegen Be- stellung von Samen nur an mich wenden, da ich mir im Interesse deutscher Landwirthschaft ein Vergnügen daraus machen werde, jede mir übersandte Ordre auszuführen. Bestellungen sollten bis spätestens zum August gemacht werden, weil der Samen gleich bei der Ernte in die zur Er- haltung seiner Keimfähigkeit passende Form gebracht wer- den muss und überhaupt bis dato nicht im Handel vorkommt.

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Die Fortpflanzung des afrikanischen Strausses in der Gefangenschaft *).

Mit gutem Grunde hat dieser Vogel die besondere Auf- merksamkeit nicht bloss der Naturforscher, sondern der gan- zen eivilisirten Welt auf sich gezogen, nicht bloss weil er das grösste Thier seiner Classe ist und ein sehr schönes Ge- fieder hat, welches ja, ein Schmuck unserer Damen, so theuer bezahlt wird, sondern noch ganz besonders wegen seiner grossen Eigenthümlichkeiten im Körperbau, welche ihn. selbst vor allen ‚anderen straussartigen Vögeln so aus- zeichnen, dass er allein in einer besondern Ordnung zu ste- hen verdient. So ist er der einzige Vogel, der ein geschlos- senes Becken hat, wie ein Säugethier, und nur mit zwei Zehen versehen ist, der grossen Eigenthümlichkeiten seiner Fortpflanzungsorgane nicht zu gedenken. Es ist daher ein erfreulicher Fortschritt in der Kunst Thiere zu ziehen, wenn es gelungen ist, auch den zweizehigen Strauss in seinen An- forderungen zufrieden zu stellen, welche er seiner Organi- sation gemäss an die Menschen machen muss, die ihn ge- fangen halten.

Dies gelang zuerst Hrn. H. Hardy in hg und dem-

nächst Hrn Desmeure in Italien.

Auf der kaiserlichen Baumschule in Hamm bei Algier wurden seit langer Zeit Strausse gehalten, wie es scheint, um sie nach Frankreich, sobald sie verlangt würden, über- zuführen. Die Thiere waren weder paarweise gesondert, noch war ihnen ein geeigneter Ort angewiesen, und sie legten nicht einmal Eier. Als man darauf zwei Paare in einen et- was grössern Raum brachte, kämpften die Männchen viel- fach, aber die Weibchen fingen an Eier zu legen.

Den Eintritt der Brunstzeit erkennt man an der lebhaf- ten rothen Färbung der nicht befiederten Hautstellen des Männchens, welches auch besondere Töne bei Tag und bei

nn

*) Bull. de la Soeiete d’acelim. T. 4 p. 324 et T.7 p. 1.

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Nacht hören lässt, welche man dem Brüllen des Löwen ver- glichen hat. Auch macht es seine koketten Bewegungen, die man in anderer Weise bei dem Truthahn und Pfau kennt. Es hockt sich nieder vor dem Weibchen und pendulirt mit dem langen Halse. Auch das Weibchen ist in dieser Zeit unruhig, wie man im zoologischen Garten zu Frankfurt a. M. beobachtete, legt sich oft auf den Bauch nieder, flattert und pickt mit dem Schnabel auf die Erde.

Vor dem Legen der Eier graben die Strausse ein Nest aus, indem sie mit dem Schnabel und durch Kratzen die Erde und oft grosse Steine auswerfen. Auch setzen sie sich nieder, schieben die Flügel unter den Leib, fassen durch ‚schüttelnde Bewegung Sand und Steine damit, welche sie fortschleudern, indem sie die Flügel plötzlich strecken, nach Sitte der Hühner. Demungeachtet kam es sowohl in Algier als in Italien vor, dass die Weibchen die Eier nicht in ihr mühsam ausgegrabenes Nest, sondern an andere beliebige Orte legten. Die Thiere kamen auch hier noch nicht zum Brüten, weil der Park nicht ruhig genug war und im Neste sich das Regenwasser fing.

Im December 1856 brachte Hardy das eine Paar an einen ruhigeren Ort, der wohl 100 Schritte im Quadrat hielt und zur Hälfte mit Bäumen und Buschwerk bedeckt war. Im Ja- nuar arbeiteten die Strausse ihr Nest und das Weibchen legte vom l5ten ab die beiden ersten Eier ausserhalb und dann 12 in das Nest; die Brütung begann, aber der reich- liche Regen machte den Thonboden zum Brei, der die Eier bedeckte, und die Strausse verliessen das Nest. Hardy liess einen Sandhügel an der Stelle desselben aufschütten, und wirklich scharrten die Thiere auf demselben im Mai wieder ein Nest ein und legten 8 Eier. In den letzten Tagen des Juni brüteten sie während einiger Stunden täglich, und vom 2. Juli ab andauernd. Männchen und Weibchen brüten ab- wechselnd , jenes vorzüglich bei Nacht. Wenn sie sich dar- auf setzen, betasten sie die Eier mit dem Schnabel, und wenden sie häufig um, wie die Hennen, Am 2. September

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lief ein junges, mit weissem Pflaum bedecktes Strausschen am Neste herum. Nach vier Tagen hörten die Alten ohne weiteren Erfolg zu brüten auf und man fand in 3 Eiern die Jungen abgestorben, die anderen 4 enthielten keine,

Im folgenden Jahre brachte dasselbe Paar 9 Junge aus. Auch das andere Paar hat gebrütet.

In Italien hat der Fürst A. Demidoff einen zoologischen Garten in San Donato, wo er auch den Muflon und mehrere Antilopen zur Fortpflanzung brachte. Von den Straussen, welche hier gehalten werden, fing ein Paar an das Nest zu bereiten und zu legen. Doch war auch hier der Ort An- fangs so ungeeignet, dass die Thiere ihre Eier: zertraten. Desmeure machte hierauf Versuche mit einer künstlichen Brütung, welche missglückten. Das Weibchen starb und wurde durch ein anderes ersetzt. Unterdessen war die Kunde von dem glücklichen Erfolge Hardy’s eingetroffen, und es wurde nun ein passender Park nach dessen Angaben einge- richtet, von etwa 18 und 30 Schritten Ausdehnung, mit Buschwerk und Sand für das Nest. Es waren 10 Eier zur Brütung vorhanden. Das Männchen brütete hier allein; das Weibchen kam nur, wenn jenes zum Essen fortgegangen war, wandte die Eier um und ging dann wieder. Vom 21. bis 24. Juni brütete das Männchen nur einige Stunden und ging Abends in seine Hütte zum Schlafen, Da verschloss Hr. Desmeure ihm ‘die Thür, worauf er zu den Eiern zu- rückging und geduldig brütete, bis am 17. August zwei kleine Strausse erschienen. Die übrigen Eier waren nicht befruch- tet; dies kann seinen Grund darin haben, dass das Weib- chen, da es eben von Frankreich herübergekommen war, zu bald nach der neuen Verbindung zu legen anfing.

Das sind die ersten Strausse, welche in Europa gebo- ren, die aber eine weitere Aussicht auf fernere Nachkom- menschaft eröffnen, denn die zoologischen Gärten mehren sich. Der jüngst in Frankfurt a. M. entstandene hält ein Straussenpaar, welches auch schon 2 Eier, jedoch mit un- vollkommener Schale gelegt hat. Es kann aber wohl sein,

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dass bessere Eier folgen werden, da auch in Algier wie in Italien beobachtet wurde, dass gerade die ersten Eier eine mangelhafte Schale hatten. Es wird von vielem Interesse sein, zu sehen, ob die Straussnatur zähe genug ist, auch den Schritt über die Alpen noch so zu ertragen, dass sie sich hier heimisch fühlt. Die Kunst hat hier mehr zu lei- sten als dort, denn in der That begnügten sich ja die Thiere mit. der einfachsten Einrichtung, man 'kann sagen mit ‚der Hinwegräumung der gröbsten Hindernisse, an de- nen ihre ersten Versuche scheiterten. Der zoologische Gar- ten in Frankfurt berechtigt aber zu den besten Hoffnungen, da er in so intelligenten und betriebsamen Händen ist.

Auch in Cöln, Hamburg und Dresden werden zoologische Gärten eingerichtet; sie entstehen und bestehen nur durch den Willen der Einwohner. Man sieht auch hieran, wie das Interesse für die Naturwissenschaften wächst, und es ist äusserst erfreulich, wenn die Liebhabereien eine so wissen- schaftliche und nützliche Richtung nehmen.

Hier und dort wird man in dergleichen Gärten durch sehr enge Käfige noch an die wandernden Menagerien erin- nert, jene unvollkommeneren Vorläufer der zoologischen Gär- ten, welche auch besonders durch Dressur und Kunststücke den Zuschauer zu ergötzen suchten. Die zoologischen Gär- ten sind Acclimatisations -Institute, welche der Natur durch künstliche Mittel zu Hülfe kommen; sie stellen sich die Auf- gabe, das Thier in seiner Gemüthlichkeit, in seinen Bewe- gungen und Sitten zu zeigen, und darin liegt der so grosse Reiz dieser Gärten. Die Thiere selbst sollen möglichst zu- friedengestellt werden, dass sie sich heimisch fühlen; und dass man sich diesem Ziele um etwas genähert habe, dafür ist die Fortpflanzung der Thiere, wenn sie bei der ange- wandten Behandlung erfolgt, eines der wichtigsten Zeichen. Es ist damit stets ein wesentlicher Schritt geschehen, durch welchen man erst ein vollständigeres Bild vom Jeben und den Sitten des Thieres erhält. Es ist noch nicht lange her, dass in den zoologischen Handbüchern gedruckt wurde, der

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Strauss brüte nicht, sondern überlasse dieses Geschäft der Sonne. Auch ist dadurch die Möglichkeit gegeben, die Ent- wickelung des Thieres wissenschaftlich zu bearbeiten, und überdies ist es einträglich für die Gärten selbst. Unter be- sonderen Umständen gewährt auch die erzielte Fortpflanzung ein sehr hohes Interesse, nämlich das, gewisse Thierarten vor dem völligen Aussterben zu bewahren. So wird das Riesenkänguruh in Neuholland bereits so selten, dass das völlige Aussterben desselben ziemlich nahe zu liegen scheint, und die zoologischen Gärten, welche dergleichen Thiere be- sitzen, wie z.B. der in Amsterdam, stellen sich natürlich die Aufgabe, diese so merkwürdige Thierform‘ der Nach- welt zu erhalten. |

Es ist auch sehr vortheilhaft, sich als Specialität die Thiergruppen zur Zucht auszuwählen, welche man vorzüg- lich gut zu ziehen weiss, oder wozu die Localität gerade ge- eignet ist. So wäre es für Hamburg eine schöne Aufgabe, die Säugethiere der Nordsee zu pflegen, namentlich die Rob- ben, und dadurch auch eine genauere Kenntniss der geisti- gen Kräfte dieser Thiere zu gewinnen, von deren -Anhäng- lichkeit an den Menschen ja so abenteuerliche Geschichten erzählt werden. Auch ist noch die Aufgabe zu lösen, einen Delphin in der Gefangenschaft zu erhalten, welche um so mehr Interesse gewährt, als dies noch mit keinem Thiere dieser Ordnung gelungen ist.

Grosse und bequeme Wohnungen für die Thiere sind da- her das erste Erforderniss für die zoologischen Gärten, denn es ist verdienstlicher ein Thier gut zu halten, als zehn Thiere in enge Kasten einzusperren. Für gefährliche und für grosse Thiere ist das äusserst kostspielig, und man darf deshalb auch seine Anforderungen nicht zu hoch stellen, um so mehr, als die meisten derartigen Institute neu eingerich- tet sind und für die kurze Dauer auch schon Schönes und Anerkennenswerthes geleistet haben. A.M.

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Entgegnung.

Als unser Acclimatisations-Verein vor etwa vier Jahren ins Leben trat und seine Thätigkeit begann, konnte man wohl voraussehen, dass er nicht von allen Seiten gleiche '"Theilnahme und gleiche Billigung erfahren würde, ja dass seine Bestrebungen, obgleich sie nur den allgemeinen Nut- zen bezweckten, doch mannigfachen Angriffen ausgesetzt sein würden. Denn jede neue Idee pflegt, ehe sie sich vollstän- dig eingebürgert hat, mit entgegenstehenden Ansichten zu kämpfen zu haben. Glücklicher Weise hat unser Verein hiervon in den ersten Jahren seines Bestehens nur sehr we- nig erfahren, es begegnete ihm im Gegentheil überall die lebhafteste Theilnahme und das Wohlwollen hoher und höch- ster Personen. Nur von einer Seite, von der man es am wenigsten hätte erwarten sollen, werden seit einiger Zeit beständige Angriffe gegen unsern Verein gerichtet, und es fangen dieselben an, eine immer masslosere Gestalt anzu- nehmen.

Diese Angriffe gehen von dem Üentral-Institut für Ac- elimatisation in Deutschland aus und charakterisiren sich dadurch, dass möglichst Alles, womit unser Verein sich beschäftigt, herabgezogen, bemängelt, verdächtigt und wo möglich als unbrauchbar dargestellt wird. Obgleich mehrere dieser Angriffe ganz öffentlich in den Zeitungen oder öffent- lichen Vorträgen geschahen, so sind wir doch nicht gewillt, öffentlich darauf zu erwidern, da ein solches Gezänk un- möglich der Sache selbst Nutzen bringen kann; unseren Mit- gliedern gegenüber indessen halten wir uns für verpflichtet, auf diese Angriffe einzugehen.

Manche unserer Mitglieder werden vielleicht fragen, was ist denn das für ein Verein, der sich ‘Central-Institut für Acelimatisation in Deutschland nennt und in welcher Be- ziehung steht er zu unserm Acclimatisations - Verein für die Königl. Preuss. Staaten? Damit hat es folgende Be- wandtniss. In dem Vorstande unsers Vereins befanden sich

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bis zum Beginn des Jahres 1859 zwei Herren, durch deren lobenswerthe Thätigkeit die Interessen unseres Vereins frü- her wesentlich gefördert worden waren; diese Thätigkeit ist auch stets von den übrigen Vorstands-Mitgliedern gern an- erkannt worden, wenn auch nicht immer die Bemerkung unterdrückt werden konnte, dass zuweilen auch persönliche Interessen und Antipathien mit den Geschäften des Vereins verflochten wurden. Erstere nahmen gegen Ende des Jah- res 1858 dermassen zu, dass dadurch die Vorstandssitzun- gen nicht selten unangemessen gestört und andere Vorstands- Mitglieder verletzt wurden, so dass die Befürchtung nahe lag, dass wenn dieser Zustand noch lange fortdauern würde, die Geschäftsführung unseres Vereins dadurch. erheblichen Nachtheil erleiden würde. In richtiger Würdigung dieser Verhältnisse geschah es daher, dass bei der Neuwahl des Vorstandes im Januar 1859 die General-Versammlung jene beiden Herren nicht wieder zu Vorstands-Mitgliedern .er- wählte; ihnen jedoch durch Erheben sämmtlicher Anwesen- den den Dank des Vereins für ihre seitherige Wirksamkeit aussprach *). |

Die Folgen dieses Beschlusses der General-Versammlung zeigten sich sehr bald, indem die nicht wieder zu Vorstands- Mitgliedern erwählten Herren ihren Austritt aus dem Verein anzeigten**) und dadurch deutlich bekundeten, dass es ih- nen weit weniger um die Sache der Acelimatisation, ‘als um ihre Person zu 'thun sei. Zu gleicher Zeit wurde auch bekannt, dass sie die Absicht hätten, einen neuen Accli- matisations-Verein zu gründen. Wenn nun auch die Grün- dung eines neuen Vereins dem ältern nicht gerade ange- nehm sein konnte, weil nothwendig die Thätigkeit beider Vereine durch eine solche Zersplitterung nur beeinträchtigt werden musste, so konnte doch auf der andern Seite ge- hofft werden, dass wenn beide Vereine in nahe Beziehung

*) Siehe Zeitschrift für Acclimatisation Bd. II 8. 2 u. 3. z— **) Ebendas. 8.6 u.10.

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mit einander treten würden, da doch beide dasselbe Ziel vor Augen hatten, dadurch ein reger Wetteifer entstehen und die Sache der Acclimatisation davon Gewinn haben würde. Bald aber zeigte es sich, dass diese Hoffnung nicht in Erfüllung gehen werde, denn es galt dem neuen Vereine, nicht mit dem ältern Vereine, sondern gegen ihn zu ar- beiten, ihm möglichst vielen Schaden zuzufügen und den Versuch zu machen, ihn vielleicht: gänzlich zu sprengen. Die Mittel hierzu musste der Zweck heiligen. Zunächst wurde unser verehrter Vorsitzender, der Wirkl. Geh Ober- Regierungsrath Dieterici, bewogen, aus unserem Vor- stande zu scheiden und dieses Ereigniss wurde schleunigst durch die öffentlichen ‘Blätter bekannt gemacht. Die bald darauf eintretende Krankheit des Herrn Dieterici, sowie sein schneller Tod machten es ihm leider unmöglich, die- sen Schritt rückgängig zu machen, sein Bedauern hierüber hat er aber mehrmals mündlich zu erkennen gegeben und esauch schriftlich ausgesprochen, dass er leider durch Krank- heit verhindert sei, an unseren Sitzungen theilzunehmen *).

Es wurden sodann die in jener General-Versammlung ge- brauchten und leider nicht gleich vernichteten Wahlzettel dazu benutzt, um soviel als möglich die Vereinsmitglieder zu ermitteln, welche obiges Resultat herbeigeführt hatten **), es wurden möglichst viele Mitglieder dem alten Verein ab- wendig gemacht und am 20. März trat der neue Verein unter dem Namen Üentral-Institut für Acclimatisation in Deutschland ins Leben. Nachdem so durch geschickte Wahl des Namens auch dafür Sorge getragen war, dass recht viele Verwechselungen vorkommen möchten, welche natürlich im- mer zum Nachtheil unseres ältern Vereins ausschlagen muss- ten, kam es, wie es scheint, hauptsächlich darauf an, die

. "Tätigkeit des Vereins zu verdächtigen und den Nutzen der-

*) Siehe Zeitschrift für Acelimatisation Bd. II S. 29. ."*) Ebendas. $. 113.

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jenigen Gegenstände, mit deren Einführung er sich beschäf- tigte, herabzusetzen oder ganz zu bestreiten.

Zum ersten Angriff wurde der bekanntlich von unserem Vereine eingeführte Rieinus-Seidenspinner gewählt und be- reits in der vierten Nummer der Mittheilungen des Central- Instituts erschien ein Aufsatz von Herrn A. Rother gegen denselben unter dem Titel: „Ueber die Unmöglichkeit, die gewöhnliche Seidenraupe (Bombyx mori) durch andere bis jetzt neu eingeführte Arten von Seidenspinnern , namentlich Bombyx Cynthia zu ersetzen“ *).

Wenn man irgend eine Sache verdäcktigen und herab- setzen will, so ist es eine bekannte Maxime, Behauptun- gen zu erfinden, welche von Niemandem aufgestellt worden sind, und diese dann mit grossem ‘Geräusch siegreich zu widerlegen. Das geschieht auch hier. Wer die vielen Ab- handlungen, welche über den Rieinus-Seidenspinner in. un- serer Zeitschrift erschienen sind, gelesen hat, der wird wis- sen, dass niemals gesagt wurde, dass derselbe den Maul- beer-Seidenspinner ersetzen oder verdrängen sollte, noch weniger, dass das Produkt des ersteren auch nur als ein Surrogat des letzteren betrachtet werden sollte. Und das ist eben ein besonderer Werth des Ricinusspinners, dass er nicht in Concurrenz. treten will mit dem Maulbeer-Seiden- spinner, denn sein Produkt ist eben ein ganz anderes, als das, was man gewöhnlich unter Seide versteht. ‘Herr Ro- ther scheint allerdings auch eine Ahnung davon zu haben, dass er vielleicht „nach Art eines bekannten Ritters gegen Windmühlenflügel kämpfen möchte“, das verhindert ihn aber nicht, dennoch tüchtig fortzukämpfen und den Ricinusspin- ner, wie er glaubt, siegreich zu Boden zu werfen.

Es kann nicht unsere Absicht sein, hier den Aufsatz des Hrn. Rother zu widerlegen, dem aufmerksamen Leser wi-

*) Ueber dasselbe Thema hatte Herr Rother bereits in der öffent- lichen Sitzung des Central-Instituts am 22. September 1859 einen Vor- trag gehalten.

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derlegt er sich in vielen Punkten von selbst. Es soll sogar gern zugestanden werden, dass dem Rieinus-Seidenspinner im Vergleich mit dem Maulbeer-Seidenspinner noch manche Nachtheile ankleben. ‘Er soll jedoch eben nicht mit dem letzteren verglichen werden, sondern seine Züchtung wird sich vielleicht später zu einem ganz besonderen, von der Maulbeer -Seidenzucht getrennten Industriezweige ausbilden. Doch ist es überhaupt noch viel zu früh, über den Werth oder Unwerth desselben ein endgültiges Urtheil zu fällen, und wir wollen einfach Hrn. Rother fragen, wie sein Ur- theil über die Seidenzucht in Preussen etwa 2 oder 3 Jahre nach der Einführung des Maulbeer-Seidenspinners gelautet haben würde? Obgleich der grosse König sich ausseror- dentliche Mühe mit der Einführung desselben gab, Preise für die Züchtung aussetzte, dieselbe auch wohl zwangsweise einführte, so blieb doch Alles ohne Erfolg, und es war da- mals die allgemeine Meinung, dass in Preussen niemals Seide gewonnen werden könnte, als etwa höchstens als Curiosität. Und heute? Also man hüte sich wohl vor voreiligen ab- sprechenden Urtheilen. Wenn es so leicht wäre, gleich je- den neuen Gegenstand in vollster Vollkommenheit einzufüh- ren, dann würde allerdings die Thätigkeit der Acclimatisa- tions-Vereine eine bei weitem angenehmere sein, so aber muss sie hauptsächlich darin bestehen, die unbegründeten Vorurtheile, welche jede neue Sache gegen sich zu haben pflegt, mit Mühe und Ausdauer zu besiegen!

Ein anderer noch. viel heftigerer Angriff gegen die von unserem Vereine beabsichtigte Einführung des amerikanischen Wasserreises erfolgte von Seiten des Central-Instituts in der Vossischen Zeitung vom 8. December 1859 in einem Berichte über eine Vorstandssitzung des genannten Instituts. Es heisst darin wörtlich: „Hr. Dr. Klotzsch wies zunächst die Un- gehörigkeit der Bezeichnung Zizania aquatica nach und be- wies, dass der in Rede stehende Wasserreis vielmehr Hy- dropyrum esculentum Link sei. Nachdem er über den Stand- ort der Pflanze gesprochen und eine ausführlichere Beschrei-

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bung derselben gegeben, ging er'zu den bereits damit an- gestellten Culurversuchen über. Dieselben waren im Allge- meinen von sehr widersprechendem Erfolge. In Deutschland war dieser nicht von der Gunst oder Ungunst der Witte- rungsverhältnisse des Sommers, sondern lediglich von der Winterwitterung abhängig; hatten wir einen trockenen Win- ter, namentlich mit einem Plattfroste, welcher die seichten stehenden Gewässer bis auf den Grund zum Gefrieren brachte, so mussten die im Herbste gekeimten Sämlinge gefrieren und nicht nur die nächste Ernte, sondern die ganze Generation des Wasserreises war für Deutschland dahin und musste durch eine neue aus dem ursprünglichen Vaterlande ersetzt werden. Dies sind Resultate, welche für die Eingewöhnung eines Vegetabils, so vortheilhaft es auch sonst erscheinen mag, nicht sprechen. Mag man sich immerhin schmeicheln, in Grossbritannien und Irland Oertlichkeiten zu finden, wel- che diesen Unbequemlichkeiten während des Winters nicht ausgesetzt sind, so steht auf der andern Seite doch fest, dass die dortigen Sommer nicht heiss genug sind, um die Früchte des Wasserreises zur Reife zu bringen. Die Aceli- matisation desselben wird also nur im Süden von Europa Aussicht auf Erfolg haben. Giebt es dennoch Leute, die von den mitgetheilten Erfahrungen über den Wasserreis nichts wissen und sich wundern, dass derselbe nicht schon längst bei uns eingeführt sei, so ist dies etwas, das oft genug vor- gekommen ist und sich noch: oft genug wiederholen wird. Allein nicht zu entschuldigen ist es, die Staatsregierung mit dergleichen Dingen zu behelligeu und sich nachher da- mit brüsten zu wollen, so etwas durchgesetzt zu haben. Dies heisst nichts Anderes, als die Behörden von den Be- strebungen betreffender Vereine muthwillig abwendig zu machen!“ |

Ein solcher öffentlicher Angriff gegen die Thätigkeit un- seres Vereins in dieser Richtung musste uns um so mehr überraschen, als er von Seiten des Hrn. Dr. Klotzsch aus- ging, welcher früher so lange in unserem Vorstande thätig

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gewesen war. Er hatte zwar zu unserem Badauern seinen Rücktritt aus unserem Vorstande bereits vor längerer Zeit angezeigt, zugleich aber seine fernere Thätigkeit für die Zwecke unseres Vereins in Aussicht gestellt. Sein Ausschei- den aus dem Vereine selbst hat er uns niemals angezeigt*). Wir mussten deshalb wohl mit Recht bezweifeln, ob eine solche Veröffentlichung seiner der Einführung des Wasser- reises entgegenstehenden Ansichten in einer sehr verbreite- ten Zeitung mit seiner Zustimmung erfolgt sei. Unser Vor- stand fand sich daher veranlasst, bei ihm in einem Schrei- ben höflichst anzufragen, ob er wirklich eine solche Zu- stimmung ertheilt habe**). Dieses Schreiben blieb unbeant- wortet, statt dessen erschien derselbe Angriff noch etwas ausführlicher in den Mittheilungen des Central-Instituts für Acclimatisation Nr. 6. v. J.

Wir hegen eine viel zu hohe Achtung vor der wissenschaft- lichen Thätigkeit und Stellung des Hrn. Dr. Klotzsch, um ein solches Verfahren charakterisiren zu wollen. Indessen lag es wohl sehr nahe, dass wenn Hr. Dr. Klotzsch Bedenken hatte gegen die Zweckmässigkeit der Einführung der Ziza- nia, uns dieselben zunächst privatim mitzutheilen, da er noch nicht formell aus unserem Vereine geschieden war; seine Bemerkungen wären gewiss mit vielem Danke entge- gengenommen worden. Wie es scheint, gründen sich jedoch die Bedenken und Angriffe des Hrn. Dr. Klotzsch nur auf die ziemlich zahlreichen, schon vor vielen Jahren angestell- ten Versuche, diese Pflanze in verschiedenen Gegenden Eu- ropas einheimisch zu machen, welche bisher allerdings so gut wie fruchtlos waren. Dies kann indessen wohl selbst- verständlich kein Grund sein, von neuen vielleicht zweck- mässiger veranstalteten Versuchen abzustehen, es ist nach unserer Ansicht vielmehr gerade die Pflicht der Acclimati-

*) Erst viel später wurde es gelegentlich bei Einziehung des Mitglied- beitrages klar, dass er aufgehört hatte unser Mitglied zu sein. **) Siehe Zeitschr. £. Acclim. Bd. III 8. 8.

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sations-Vereine, sich mit solchen, wenn auch vielleicht An- fangs nicht viel Aussicht auf Erfolg darbietenden Versuchen zu beschäftigen. Es ist klar, dass auch unsere Versuche einmal und mehrmals misslingen können, vielleicht auch zu gar keinem nennenswerthen Resultate führen mögen, denn wer könnte den Erfolg oder das Fehlschlagen mit apodikti- scher Gewissheit vorhersagen? Indessen muss man doch die grosse Wichtigkeit nicht ausser Acht lassen, die es haben würde, wenn die Acclimatisation dieser Pflanze wirklich ge- länge. Es ist eine neue Brodfrucht, deren Einführung wir versuchen, und sie wächst gerade an solchen Stellen, wel- che für den Ackerbau völlig nutzlos und verloren sind. Welch eine neue ergiebige Quelle des volkswirthschaftlichen Gedei-

hens würde sich aufthun, wenn es gelänge, ausgedehnte mo-

rastige Strecken nutzbar zu machen! Die Erzielung eines solchen Resultats ist doch wohl noch einiger, wenn auch beschwerlicher Versuche werth.

Wenn nun auch noch in dem Bericht über die Thätig- keit des Central-Instituts für Acclimatisation in -Deutsch-

land im Jahre 1859, welcher sich in’ den Mittheilungen vom

Februar d. J. findet, nicht undeutlich- die ganze Thätigkeit unseres Vereins angegriffen wird, so wollen wir darüber nicht viel streiten, Das Central-Institut hat ein eigenes Ver- suchsfeld, auf welchem es seine Sämereien anbauen lässt. Im Herbst veranstaltet es Ausstellungen der gezogenen Pflan- zen und stellt zugleich den Hühnerpark eines bekannten hie- sigen Federviehhändlers aus. Obgleich nun das Federvieh wenig zu den acclimatisirten Gegenständen gehört, wenig- stens nicht irgendwie mit der damaligen Thätigkeit des In- stituts in Verbindung stand, so sind doch solche Ausstellun- gen recht interessant und werden sehr zahlreich besucht, wobei das Publikum in Staunen geräth über alle die ver- schiedenen Arten Hühner, Puten und Gänse, welche zu ac- climatisiren dem jungen Institut bereits in so kurzer Zeit gelungen ist. Ob aber der Zweck der Acclimatisation dadurch wirklich gefördert wird, ist eine andere Frage.

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Unserem Acclimatisations-Vereine ist seit seinem Beste- hen durch die Güte der Herren Metz & Comp. ein Ver- suchsfeld zu seiner Disposition gestellt worden. Dessenun- geachtet haben wir dasselbe bisher nur in sehr seltenen Fäl- len benutzt, weil wir es für zweckmässiger halten, die ver- schiedenen von uns eingeführten Sämereien an unsere Mit- ‚glieder zu vertheilen, damit eben Versuche in den verschie- densten Gegenden und unter dem Einfluss der verschieden- sten Bodenverhältnisse damit angestellt werden möchten, um aus den später uns eingesandten Oulturberichten ersehen zu können, welche Gegenstände in der That die meiste Auf- merksamkeit verdienen und sich zur allgemeinen Empfeh- lung eignen möchten. Wir sind dabei auch von der Ansicht ausgegangen, dass die Thätigkeit unseres Vereins mehr eine geräuschlose, aber um so andauerndere sein müsse, und dass es für die Acclimatisation nutzlos oder gar schädlich sei, viel Gerede von bereits erzielten Erfolgen zu machen, welche sich später als doch noch nicht ganz sicher oder vielleicht gar als verunglückt erweisen könnten.

Im Eingange des oben angeführten Berichts über die Thä- tigkeit des Oentral-Instituts erlaubt sich jedoch der Bericht- erstatter, Hr. Dr. L. Buvry, zu behaupten, unser Acclima- tisations-Verein für die Königl. Preuss. Staaten sei ein Fi- lial-Verein der Societe d’acclimatation zu Paris. Es sei nun der Würde des deutschen Vaterlandes unangemessen, sich in ein Abhängigkeitsverhältniss von Frankreich zu setzen und so seine Unmündigkeit vor der: Welt einzugestehen, und dies habe die Veranlassung zur Trennung von unserem Verein und zur Gründung des Central-Instituts gegeben.

Der hierin liegende Vorwurf ist geeignet, unseren Verein in den Augen aller Vaterlandsfreunde herabzusetzen, und er ist um so unverantwortlicher, als Hr. Dr. Buvry sehr wohl wusste, dass er völlig ungegründet ist. Unser Verein ist kein Filial-Verein der Soeciete d’acclimatation, sondern er ist dieser Gesellschaft affiliirt, wie das die meisten

grösseren Acclimatisations-Vereine Europas sind, das heisst, 1860. Bd. 111, 8

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seine Thätigkeit steht in Verbindung mit der der französi- schen Gesellschaft, er ist nach dem Muster derselben ins Leben getreten und verfolgt dieselben Zwecke. Dass hier- bei auch nicht der allergeringste Schein irgend welcher Ab- hängigkeit besteht, musste Hr. Dr. Buvry sehr wohl wis- sen, da er lange genug in unserem Vorstande gearbeitet hat, und diese Behauptung konnte nur durch eine absicht- liche Verwechselung der beiden Ausdrücke Filial und af- filiirt, deren sehr verschiedene Bedeutung allgemein be- ‚kannt ist, scheinbar begründet werden. Wir wollen aber gern glauben, dass es dem Üentral=- Institut bisher noch nicht gelungen ist, mit der französischen Gesellschaft in Ver- bindung zu treten. Auch hat die Entstehung des Central- Instituts eine ganz andere Veranlassung, wie wir dies oben nachgewiesen haben.

Alles dies verhindert aber das Institut nicht im Gering- sten, auch wohl die Thätigkeit unseres Vereins in seinem Nutzen zu verwenden, ohne, wie dies gebräuchlich ist, die Quelle zu nennen. So findet sich z. B. in Nr. 5—6. der Mittheilungen d. J. eine Abhandlung über die italienische Biene, welche bereits im ersten Bande unserer Zeitschrift Seite 171 u. figd. zum grossen Theile wörtlich enthalten ist. Desgleichen findet sich in derselben Nummer der Mit- theilungen ein Bericht über Einführungs- und Anbau -Ver- suche mit ausländischen Sämereien in einer Art veröffent- licht, dass Jedermann zu dem Glauben verleitet werden muss, die Sämereien seien vom Central-Institute beschafft worden, während dieselben von unserem Acclimatisations- Vereine geliefert worden waren.

Sollten wir jemals in den Fall kommen, was allerdings wohl möglich ist, für unsere Zeitschrift etwas aus den Mit- theilungen des Instituts zu entnehmen, so werden wir we- nigstens gewiss nicht ermangeln, der allgemein üblichen Re- gel zu folgen und unsere Quelle anzugeben.

Endlich sind wir genöthigt, unsere Mitglieder von ei-

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nem Vorfall in Kenntniss zu setzen, der, obgleich er sehr auffallend erscheint, nichts desto weniger wahr ist, und ge- eignet ist, ein ganz eigenthümliches Licht auf die Accli- matisationsversuche des Central-Instituts zn werfen. Am 8. Febr. d. J. ging nämlich an unseren Vorstand ein Schrei- ben folgenden Inhalts ein:

E. W. überreiche ich die beiden anliegenden Briefe, welche wahrscheinlich durch Hrn. Stadtgerichtsrath Bor- chardt*) geöffnet, jedenfalls aber eröffnet bei mir ab- gegeben worden sind.

Berlin, den 7. Februar 1860.

Dr. L. Buvry.

Einliegend befanden sich zwei eröffnete Briefe zweier uns als Mitglieder angeschlossenen Vereine, beide mit der sehr deutlich geschriebenen Adresse: An den Vorstand des Ac- climatisations-Vereins für die Königl. Preuss. Staaten. Dass die Postboten anfänglich beide Vereine sehr häufig verwechselten und namentlich an unseren Verein gerichtete Schreiben an das Central-Justitut ablieferten ,„ ist sehr er- klärlich. Dass aber dieselben dort angenommen, oder wenn dies aus Versehen geschehen, eröffnet wurden, widerstrebt in der That jeder natürlichen Erklärung. Denn man sollte glauben, wenn sich Jemand einen Namen beilegt, der noth- wendig Verwechselungen herbeiführen muss, so habe er eine um so grössere Verpflichtung, die Adressen der ein- gehenden Schreiben um so sorgfältiger zu prüfen, bevor sie eröffnet werden.

Es thut uns in der That sehr leid, dass wir unsere Mit- glieder mit dieser langen, mit den Zwecken der Acclimati- sation kaum in Verbindung stehenden Erörterung haben be- lästigen müssen, indessen wird es erklärlich sein, dass wir dem Treiben und den alles Maass übersteigenden Angriffen

*) Der Vorsitzende des Central-Instituts!

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des Central-Instituts gegenüber nicht länger schweigen durf- ten. Dass unter so bewandten Umständen von einem Zu- sammengehen beider Vereine leider keine Rede sein kann, versteht sich wohl von selbst, wir erklären jedoch hiermit ausdrücklich, dass der Acelimatisations-Verein für die Kö- niglich Preues. Staaten und das Central-Institut für Aceli- matisation in Deutschland zwei völlig von einander getrennte Vereine sind, welche nicht in der geringsten Geschäftsver- bindung mit einander stehen.

Amtlicher Theil.

m

Vereins-Verhandlungen.

(Auszug aus den Protokollen.)

Vorstandssitzung am 24. Juli 1860 in Arnim’s Hötel.

Es waren anwesend die Herren Dr. Müller, Platho, Raffauf, Spinola, Schirrmacher und Poselger. Herr Bosselmann hatte sich entschuldigt. Die Sitzung wurde um 7% Uhr eröffnet.

Es wurde zunächst der Oekonomie-Rath und Administra- tor der Königl. Stammschäferei zu Frankenfelde bei Wrietzen a. 0. Herr Ockel zum correspondirenden Mitgliede ernannt und beschlossen, ihm das betreffende Diplom ausfertigen zu lassen.

Herr Marine-Intendantur-Rath Raffauf theilte mit, dass er sich an den Consul Herrn Wortmann in Gibraltar im Namen des Vereins gewendet habe, um von demselben dar- über Auskunft zu erbitten, auf welche Weise am besten afrikanische Esel zu erhalten sein würden. Herr Wort- mann hat hierauf vorläufig geantwortet, dass er die spanische Eselrace für vorzüglicher halte, als die afrikanische. Er wird jedoch über diesen Punkt bei seiner demnächstigen Rückkehr nach Gibraltar genaue Ermittelungen anstellen, und uns einen ausführlichen Bericht darüber zukommen lassen.

Herr Raffauf benutzt die Gelegenheit, um Herrn Con- sul Wortmann zum correspondirenden Mitgliede des Ver-

eins vorzuschlagen. Auf Antrag des Herrn Platho wird der 1860. Ba. III, 9

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Herr Consul ausnahmsweise schon in der heutigen Sitzung zum correspondirenden Mitgliede ernannt und die Ausferti- gung eines betreffenden Diploms angeordnet.

Der Vorsitzende des Falkenberger landwirthschaftlichen Vereins zeigt an, dass der Falkenberger Zweigverein sich aufgelöst und sonach aufgehört habe, Mitglied unseres Ver- eins zu sein.

Desgleichen hat Herr Carl Kaufmann das Ausscheiden des Herrn Carl Hamm angezeigt.

Hierauf theilt Herr. Dr, Poselger mit, dass in den Mit- theilungen des Centralinstituts vom Mai und Juni sich ein Bericht der landwirthschaftlichen Abtheilung des altmärki- schen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie zu Stendal über Kulturversuche mit Sämereien. befindet, welche diesem Verein von unserm Acclimatisations - Verein übersandt worden: waren. Es war deshalb als nothwendig erschienen, bei dem Verein zu Stendal anzufragen, ob diese Veröffentlichung auf seine Veranlassung erfolgt sei und ob er nun noch die Veröffentlichung in unserer. Zeitschrift wünsche. In der Antwort entschuldigt sich der Stendaler Vorstand und theilt mit, dass er auf Ansuchen des Central- instituts die Veröffentlichung des Berichts in dessen Mit- theilungen gestattet habe, und giebt es unserem Ermessen anheim, denselben nun auch noch in unserer Zeitschrift zu veröffentlichen. Bei dem grossen Werthe dieses Berichtes wird eine solche - Veröffentlichung beschlossen.

Bei Herrn Bankier Ed. Oppenheim in Cöln, dem Vor- standsmitglied des dortigen zoologischen Gartens, ist. bei Uebersendung des Mitglieddiploms zugleich angefragt worden, ob er geneigt sei, unsere übrig gebliebene ägyptische Ziege in den dortigen Garten aufzunehmen, etwa um Kreuzungs- versuche damit anzustellen. Zugleich ist ihm angezeigt, dass das Thier in unserem Besitze bleiben müsse und Verpfle- gungskosten nicht vergütet werden, sonstige Kosten aber nicht entstehen würden.

Herr Bankier Oppenheim hat in seinem Antwortschrei-

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ben dieses Anerbieten mit Dank angenommen und verspricht ausserdem mit grosser Bereitwilligkeit, die Ameoks unseres Vereins zu unterstützen.

Hiervon ist dem Direktor der Lokalebtheilung 3 XIVa. des landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen, Herrn von Hilgers, Mittheilung gemacht worden, mit der Bitte, den Transport der Ziege in den zoologischen Garten zu Cöln ver- anlassen zu wollen. Desgleichen ist Herrn Oppenheim die Anzeige gemacht worden, dass er demnächst der Ankunft der Ziege von Coblenz aus entgegensehen möge.

Hierauf wurde nun von dem Vorstande der Lokalabthei- lung XIVa. die Mittheilung gemacht, dass die Ziege bereits anderweitig, und zwar bei dem Herrn Pfarrer Heidinger habe untergebracht werden müssen, dass dieselbe jedoch nunmehr dem Herrn Oppenheim übergeben werden würde.

Herr Dr. Poselger theilt mit, dass der Herr Seiden- züchter Ehrhardt in Prettin in den ersten Tagen dieses Monats ihm einen Besuch, abgestattet und angezeigt habe, dass der eingeführte italienische Weisel, nachdem bereits die Nachzucht vollständig gesichert, gestorben sei. Den in Spi- ritus aufbewahrten Weisel hat Herr Ehrhardt später über- sandt und wird derselbe in der Sitzung vorgezeigt.

Von Herrn Consul Friedr. Kühne in New-York ist eine grosse Anzahl Druckschriften eingegangen, theils zur Ver- theilung an unsere Mitglieder, theils für unsere Bibliothek. Es ist demselben der Empfang angezeigt und ihm der wärmste Dank des Vorstandes ausgesprochen worden für die grosse Bereitwilligkeit, mit der er die Zwecke unseres Ver- eins unterstützt und ferner zu unterstützen verspricht.

Zugleich ist um Uebersendung einer Quantität von Samen der Zizania aquatica, so wie von anderen nützlichen nord- amerikanischen Sämereien im kommenden Herbst gebeten worden.

Ein früheres Rescript Sr. Excellenz des Herrn Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, Freiherrn von Schleinitz,

in welchem derselbe sich bereit erklärt, noch einmal für un- 9*r

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seren Verein durch Vermittelung des Königl. Gesandten in Washington Samen der Zizania einsammeln lassen zu wollen, ist unter Anlage des Berichts über die Zizania von Herrn Kühne, dahin beantwortet worden, dass unser Verein zu- erst den Versuch machen wolle, durch Herrn Consul Kühne in den Besitz dieses Samens zu gelangen, bevor derselbe noch einmal die geneigte Bereitwilligkeit Sr. Excellenz in Anspruch nimmt. Von Herrn Hofgärtner Fintelmann sind eine grosse Menge von Cocons und später auch von Graines des Bombyx Rieini übersandt worden, so dass alle diejenigen, welche sich an unseren Verein gewendet hatten, reichlich sowohl mit Cocons als auch mit Graines versehen werden konnten. Es waren im Ganzen 29 verschiedene Competenten und ist darüber von Herrn Puttlitz ein übersichtliches Verzeich- niss angefertigt worden, welches in der Sitzung vorliegt. Ausser den schon früher genannten Personen hatten sich noch folgende mit der Bitte um Graines vom Ricinusspinner an uns gewendet: Herr Max Hoffmann in Dardesheim, der Herzogl. Fasanenmeister Louis Kurzius in Kallenberg bei Koburg und Herr Oberamtmann Heine in Halberstadt. Herr Joachimi in Köthen und die Kurfürstl. Hessische Kommission für landwirthschaftliche Angelegenheiten danken für die Uebersendung von Cocons und Graines.. An Herrn Kamphausen wurden zu erneuerten Abhaspelungsversuchen eine grössere Menge noch nicht entschlüpfter Cocons gesandt. Für die Bibliothek des Vereins sind folgende Druck- schriften eingegangen: I. Von Herrn Consul Fr. Kühne in New-York 1) 4 Bde. Report of the commissioners of Patents for the year 1858. 2) 2 Bde. Jahresbericht des Ohio-Staats-Acker-Baurathes für das Jahr 1857 und 1858. II. Von der Societe Imp. zool. d’Acclim. in Paris 3) bulletin mensual de la societe Nr. 5. Mai 1860. 4) loorganisation pour l’annee 1860.

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5) lart de regenerer et de conserver la race des vers & sois p. Mitifiot.

III. Von der Societe zool. d’Acel, pour la region des Alpes

6) Bericht über die Generalversammlung vom 13. Mai 1860.

IV. Vom landwirthsch. Central-Verein für Rheinpreussen

7) Die Entstehungsursache der jetzt herrschenden Krank- heit des Insekts der Seide von Kamphausen, in 3Exemp].

V. Von dem Verein zur Beförderung des Seidenbaues in der

Provinz Schlesien

8) Jahresbericht über die Wirksamkeit des Vereins 1858. 9) B) » » » B) 1859, in je 3 Exemplaren.

10) eine Anweisung, wie man am besten und billigsten Maul- beerhecken und Hochstämme pflanzt und wie sie bei der Seidenraupenfütterung belaubt werden müssen, ebenfalls in 3 Exemplaren.

Ferner sind von Herrn Consul Fr. Kühne zur Verthei- lung an Vereinsmitglieder eingegangen: 1) Illustrirter Katalog von Ackerbau-Geräthen von Nourse Mason & Co. in Boston, in 50 Exemplaren.

2) Sugar from the Chinese Sugar Cane, in 47 Exemplaren. 3) Kommentar zu einer Sendung von Sämereien und Agri- kultur-Berichten von F. Kühne, in 64 Exemplaren.

4) Konsularbericht über den Handel der Vereinigten Staaten

von Nord-Amerika von F. Kühne, in 40 Exemplaren. 5) Bericht über den nordamerikanischen wilden Reis (Zi-

zania aquatica) von F. Kühne, in 80 Exemplaren. Schluss der Sitzung 9% Uhr.

Vorstandssitzung am 11. September 1860 in Arnim’s Hötel.

Gegenwärtig waren die Herren Bosselmann, Müller, Raffauf, Schirrmacher und Poselger. Die Sitzung wurde um 7% Uhr eröffnet.

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Herr Poselger theilt zunächst mit, dass den beiden in der vorigen Sitzung ernannten korrespondirenden Mitgliedern, Herrn Oekonomie-Rath Ockel zu Frankenfelde und Herrn Consul Wortmann in Gibraltar die betreffenden Diplome nebst Begleitschreiben übersandt worden sind, und zwar an Herrn Consul Wortmann durch Vermittelung des Ministe- riums der auswärtigen Angelegenheiten. Von Herrn Oeko- nomie-Rath Ockel ist bereits ein Dankschreiben für diese Ernennung eingegangen.

Von Herrn Lehrer Schojan in Hasenholz ist ein Schrei- ben eingegangen, worin er mittheilt, dass aus den ihm über- sandten Cocons des Bombyx Ricini 13 Sehnettärlifige) worunter jedoch nur 2 Männchen waren, ausgekrochen sind. Ebenso entschlüpften nur 36 Räupchen aus den übersandten Graines. Es wurde ihm deshalb noch eine Portion Graines gesandt.

Der Vorstand des Vereins zur Förderung der Seidenzucht im Herzogthum Nassau theilt mit, dass von den übersandten Cocons nur 3 Weibchen auskamen. Die übrigen Schmetter- linge aber in den Cocons gestorben waren. Es ist auch diesem Verein noch eine Portion Graines übersandt worden.

Der landwirthschaftliche Verein zu Brandenburg hat eine schöne chinesische grüne Gurke übersandt, welche aus dem von unserm Verein im Frühjahr d. J. vertheilten Samen ge- zogen wurde, mit der Bemerkung, dass während die übrigen dort kultivirten Gurken durch die nasse und kalte Witterung dieses Sommers sehr gelitten hatten, sich diese chinesische Gurke sehr lohnend zeigte. Die Gurke, welche sehr schön ist, liegt den Vorstandsmitgliedern zur Ansicht vor.

Der Direktor des zoologischen Gartens in Köln, Herr Dr. Bodinus, zeigt an, dass die oberägyptische Ziege dort ein- getroffen sei, sich aber in-leidendem Zustande befinde, wel- cher auf mangelhafte Pflege schliessen lasse.

Der Vorstand der landwirthschaftlichen Abteilung des altmärkischen Vereins zu Stendal bittet um Graines des Bom- byx Ricini für den Chausseegelderheber Bartels bei Bind- felde. Dieselben sind übersandt worden.

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Die Hauptverwaltung des Vereins westpreussischer Land- wirthe zu Marienwerder zeigt an, dass die italienische Bienen- königin von Herrn Ehrhardt eingetroflen sei, dass ihr Aeusseres jedoch den Erwartungen nicht ganz entsprochen habe, indem die hochgelben Ringe am Hinterleibe nicht scharf genug ausgeprägt seien. Zugleich bittet sie um An- gabe des sichersten und billigsten Weges, auf welchem einige Dutzend 3— 4jährige Apfelsinen- und Pomeranzenbäumchen aus Unteritalien zu beziehen sein möchten. Da unser Ver- ein kein Mitglied in Unteritalien besitzt, so wird beschlossen, dem Verein zu Marienwerder anheim zu geben, ob er sich an unser korrespondirendes Mitglied Herrn Legations-Sekretär C. v. Bunsen in Turin wenden wolle, welcher vielleicht die gewünschte Auskunft würde geben können.

Herr Wullschlegel in Oftringen meldet, dass er mit der Rieinusseidenzucht Glück gehabt und dass dieselbe nun in vollem Gange sei. |

Dagegen zeigt Herr Butterbrod inHildesheim an, dass aus den ihm übersandten Cocons auch nicht ein einziger Schmetterling sich entwickelt habe.

Von Herrn Legationsrath C. v. Bunsen in Turin ist ein Schreiben eingegangen, worin er den Empfang des letzten Heftes der Zeitschrift, so wie des Schreibens des Vorstandes vom 17. Februar d. J. anzeigt und die Empfangsbescheini- gung des königl. Consuls Schmidt in Genua über den be- richtigten Kaufpreis des Bienenstocks einsendet.

Von dem Vorstande des Vereins zur Beförderung der Sei- denzucht in Pommern ist ein Bericht über den am 1. August d. J. abgehaltenen .'Coconsmarkt eingegangen.

Es wurden nun 'von Herrn Marine - Intendantur - Rath Raffauf den Vorstandsmitgliedern die Stoffe vorgelegt, welche derselbe durch die Herren Gebrüder Dräger in Pritzwalk aus den von unseren Angoraböcken herstammenden Vliessen hat anfertigen lassen. Es ist eine dunkele, plüschartig an- gefertigte grosse und schwere Reisedecke, welche ganz aus Angorawolle besteht, ‘und: ein tuchartiger glatter Stoff aus Schafwolle, in welcher Angorawolle mit verwebt ist.

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Beide Stoffe finden wegen ihrer ausserordentlichen Schön- heit allgemeinen Beifall, und es wird beschlossen, dieselben zu der gegen Ende dieses Monats in Berlin stattfindenden landwirthschaftlichen Ausstellung einzusenden.

Herr Dr. Poselger theilt mit, dass an diejenigen Ver- einsmitglieder, welche bis jetzt den Jahresbeitrag noch nicht eingesandt haben, ein Circular erlassen worden ist, worin dieselben aufgefordert werden, die Zahlung bis zum 30.d.M. zu bewerkstelligen, widrigenfalls anzunehmen, dass die Ein- ziehung des Beitrags durch Postvorschuss gewünscht würde, und nach diesem Termin erfolgen solle.

Für die Vereinsbibliothek sind folgende Schriften ein- gegangen:

Von der Smithsonian Institution 1) CheckList of the Shells of North America by W.G.Binney. 2) Catalogue of the described Lepidoptera of North Ame- rica by John @. Morris. 3) The Coleoptera of Kansas and Eastern New Mexico by John L. Leconte M.D. 4) Instructions in reference to collecting Nests and eggs of North American Birds. Von dem landwirthschaftlichen Verein für Rheinpreussen 4 Exemplare der Kamphausen’schen Schrift: Die Entste- hungs-Ursachen der jetzt herrschenden Krankheit des In- sektes der Seide.

Herr Dr. Poselger beantragt, der Smithsonian Institu- tion und dem Herrn Consul Kühne in New-York Jedem den Jahrgang 1859 und 1860 unserer Zeitschrift, und dem Frankfurter zoologischen Garten den Jahrgang 1860 zu über- senden und wird dieser Antrag genehmigt.

Schluss der Sitzung 9% Uhr.

Vorstandssitzung am 27. November 1860 in Arnim’s Hötel.

Es waren die Herren Bosselmann, Müller, Platho,

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Raffauf, Spinola, Schirrmacher und Poselger ge- genwärtig und wurde die Sitzung um 7% Uhr eröffnet.

Herr.-Dr. Poselger theilt zunächst mit, dass von dem Herrn Consul Lesser in Warschau Eintrittsgeld und Mit- gliedsbeitrag eingegangen ist. Von denjenigen auswärtigen Mitgliedern, welche in Folge unseres Circulars ihre Jahres- beiträge,noch nicht eingesandt hatten, sind dieselben mittelst Postvorschuss erhoben worden und sind sämmtlich einge- gangen.

Herr PaulFriedheim, welcher jährlich eine sehr grosse Menge durchbrochener Cocons des Bombyx Mori verarbeiten lässt, hatte sich freundlichst erboten, auch mit den Cocons von Bombyx Ricini einen solchen Versuch anstellen zu lassen, um zu sehen, ob die Letzteren sich auf denselben Maschinen verarbeiten lassen. Es sind demselben deshalb 2 Pfund Co- cons des Bombyx Ricini, welche Herr Hofgärtner Fintel- mann bereitwilligst zu diesem Zwecke zur Disposition stellte, übergeben worden.

Die beiden aus Angora-Wolle gefertigten Stoffe sind zu der Ende Oktober stattgehabten landwirthschaftlichen Aus- stellung eingesandt und nach Schluss derselben wieder zurück- geliefert worden. Ä

Von Herrn E. Schulz in Nickern ist ein sehr verbind- liches Schreiben eingegangen, worin er anzeigt, dass sein leidender Gesundheitszustand die Einsendung eines Berichtes über die im Jahr 1859 erhaltenen Sämereien bisher verhin- dert habe. Er hofft jedoch, über beide Jahrgänge binnen Kurzem Bericht erstatien zu können.

Von Herrn Consul Wortmann sind mehrere Briefe ein- gegangen. In einem derselben spricht er seinen Dank für die Ernennung zum correspondirenden Mitgliede des Vereins aus. In dem andern erstattet er ausführlichen Bericht über die in Spanien vorhandenen und namentlich zur Maulthier- zucht verwendeten Esel. Dieselben sind von ausserordent- licher Schönheit und Grösse, und so nützlich gewiss die Ein- führung einer guten Eselsrace in Preussen sein würde, so

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möchte doch der hohe Preis derselben und die bedeutenden Transportkosten für jetzt noch ein für die bescheidenen Mit- tel unseres Vereins leider unübersteigliches Hinderniss für den Ankauf darbieten.

Herr Ehrhardt in Prettin, welcher sich lebhaft für die Verbesserung der Eselrace in Preussen interessirt, hat in zwei Schreiben den Vorstand darauf aufmerksam gemacht, dass auf der gräflich Stollbergschen Domaine Himmelsgarten bei Nordhausen sehr schöne und grosse Esel gezüchtet wer- den, welche einen seltenen Grad von Munterkeit zeigen. Er hat deshalb die Anschaffung eines Paares dieser Esel zu Ver- einszwecken beantragt. Da es sich jedoch bei näherer Er- kundigung herausstellte, dass diese Thiere nur von einhei- mischer gewöhnlicher Race sind, welche durch besonders sorgfältige und zweckmässige Züchtung und Pflege einen un- gewöhnlichen Grad von Grösse und Ausbildung erlangt ha- ben, so glaubte der Vorstand nicht, auf den Ankauf der- selben eingehen zu dürfen, da es nicht zu den naheliegenden Bestrebungen des Acclimatisations- Vereins gehören kann, einheimische Racen anzukaufen, auch wenn sie sich in einem aussergewöhnlichen Grad der Entwickelung befinden.

Es sind- bis jetzt erst drei Berichte über die Erfolge, welche aus den in diesem Frühjahr von uns vertheilten Sä- mereien erzielt wurden, eingegangen, und zwar von Herrn Handelsgärtner Krüger in Lübbenau, von der ostpreussischen landwirthschaftlichen ‘Centralstelle in Königsberg und von dem landwirthschaftlichen Verein in Steinau.

Von dem Secretair der kaiserl. landwirthschaftlichen 'Ge- sellschaft in Moskau, Herrn P. Andrejew, ist ein 'Schrei- ben eingegangen, mit welchem er 10 Exemplare des Berich- tes über die Thätigkeit dieser Gesellschaft im Jahre 1859 einsendet.

Für die Bibliothek des Vereins sind eingegangen:

1) Mittheilungen des Vereins zur Förderung der Seiden-

zucht im Herzogthum Nassau.

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2) Landwirthschaftliche Jahrbücher aus Ostpreussen, Jahr- gang 12. Juli-, August-, September - Heft.

3) Das Bulletin de la soeiete d’acelim. & Paris für October und November 1860. |

4) Der zoologische Garten von Dr. Weinland. 1860. No. 7—12.

Schluss der Sitzung 9 Uhr.

Berichte über die Versuche mit den im Frühjahr 1860 vertheilten Sämereien.

Während im Jahre 1859 die ungewöhnliche Trockenheit des Sommers auf viele Anbauversuche nachtheilig eingewirkt hatte, missglückten in gleicher Weise im vergangenen Sommer viele Versuche wegen der beständig nassen und kühlen Witte- rung. "Günstige Erfolge wurden auch diesmal fast überall bei den verschiedenen Tabackssorten erzielt. Auch die grüne chinesische Gürke hat sich bewährt und scheint zu einer fortgesetzten Kultur sehr empfehlenswerth zu sein. Ueber verschiedene Erbsensorten lauten fast alle Berichte günstig, namentlich werden die Erbse des Ueberflusses und die Mu- mienerbse sehr gelobt. Die Sorghum-Arten scheinen sich nicht für unser Klima zu eignen, indem sie erst spät im Jahr zu einem kräftigen Wachsthum gelangen und dann bei der vorgerückten Jahreszeit nicht mehr im Stande sind, Samen zu liefern. Das Radies von Madras scheint im Allgemeinen den davon gehegten Erwartungen nicht entsprochen zu haben, doch würde dieses eigenthümliche Gewächs wohl noch einiger Versuche werth sein. Der chinesiche Riesenhanf ist überall öhne Samen und ‘an 'manchen Orten sogar klein 'geblieben. . "Veber den amerikanischen Lein, Morus alba, Dipsacus fullo- num Ailanthus glandulosa lauten die Berichte widersprechend, während sie an einigen Orten gar nicht keimten, gelangten sie an anderen zu bedeutender Entwickelung. Ueber die sehr gelungenen Anbauversuche von Dipsacus fullonum in Ost-

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preussen lassen wir weiter unten den höchst interessanten Bericht des Generalsekretairs Rittergutsbesitzer Hrn. Minden aus den landwirthschaftlichen Jahrbüchern folgen. Ailanthus glandulosa verdient als Zierbaum wegen seines schnellen Wachsthums und seiner herrlichen Belaubung immer weitere Verbreitung zu finden und werden wir auch in die- sem Jahr Samen davon zur Vertheilung kommen lassen. Der Same der Zizania aquatica hat sich allenthalben als keimunfähig gezeigt, wie dies auch nach dem ausführlichen Berichte des Herrn Consul Kühne in New-York nicht an- ders mehr erwartet werden konnte. Wir werden die Versuche mit dieser Pflanze jedoch fortsetzen und haben bereits im vorigen Sommer neuen Samen bei Hrn. Kühne selbst be- stellt, indessen ist derselbe bis jetzt leider noch nicht ein- getroffen. Der chinesische Riesenhanf hat sich nicht bewährt un scheint derselbe nur in ganz besonders gut gedüngtem Erd- reich eine Entwickelung zu erreichen, welche seinem Namen entspricht, aber auch selbst dann liefert er keinen reifen Samen. Ä Wir geben nun die Berichte unserer Mitglieder über die Anbauversuche in der Reihenfolge, wie sie eingingen:

‚P

Lübbenau, 22. Oktober 1860.

Nackte schwarze Waizengerste aus Norwegen ist nichts als unsere Viktoriagerste, welche allgemein als die beste Gerste kultivirt wird.

Spergula arvensis maxima aus Norwegen ist unsere bekannte Spergula maxima.

Guizotia oleifera aus Norwegen mit gelben einfachen Blumen. Von dieser weiss ich nicht, ob sie Nutz- oder Zierpflanze ist, da nichts dabei bemerkt war.

Coriandrum sativum aus Norwegen ist unser schon lange bekanntes Coriandrum.

Radies von Madras mit essbaren Schoten wird so be-

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handelt, wie der andere Radiessamen, nur wird er nicht verpflanzt, sondern bleiben die Pflanzen stehen, wo sie aus- gesäet worden. Die Samenschoten haben einen radiesähnli- chen, pikanten Geschmack und können statt der Radiese recht gut verspeist werden.

Tragopogon porrifolium ist aufgegangen und üppig gewachsen, hat aber nicht geblüht. Ob es eine Zier- oder Nutzpflanze ist, war nicht angegeben, weshalb ich darüber nichts sagen kann.

Rhabarber Royal Albert aus Norwegen ist gut auf- gegangen und lässt sich im ersten Jahr nichts darüber be- richten.

Alle obenerwähnten Samen wurden am 24. April gleich ins freie Land gesäet, und folgende Tabackssorten in kühlen Mistbeeten am selben Tag ausgesäet und Ende Mai ins freie Land gepflanzt. |

Goundi Taback mit langen, nicht zu breiten hellgrünen Blättern.

Taback vom Libanon mit langen, etwas breiteren dunkelgrünen Blättern.

Ohio Taback vorhergehendem sehr ähnlich.

Melone aus Podolien ist in ganz warmem Mistbeet zweimal ausgesäet nicht aufgegangen.

Haferreis (Zizania aquatica) ist am 17. April, nachdem er 24 Stunden im warmem Wasser aufgeweicht, im warmen Mistbeet ausgesäet worden, aber nicht aufgegangen. Am 18. April nach 24stündigem Einweichen im Vermehrungshause bei 18° Wärme ausgesäet, aber nicht aufgegangen, und end- lich am 12. Mai nach vorschriftsmässigem Einweichen ins freie Land ausgesäet, allein auch dort nicht aufgegangen, und kann ich slso darüber nichts berichten.

So ist auch von dem Gehölzsamen Viburnum opulus, Fraxinus excelsior und der süssen Mandel nichts auf- gegangen.

Die Staudebohne haricot de la Chine jaune nain aus Norwegen ist eine sehr reichlich tragende Art, indessen

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kann ich über den Geschmack nichts sagen, da ich die we- nigen Bohnen nicht dazu verwenden wollte, sondern lieber Samen zu grösseren Versuchen geerndtet habe,

(gez.) Carl Krüger.

II.

Königsberg, 31. Oktober 1860.

Die im März c, der unterzeichneten Centralstelle gefälligst übersandten Sämereien sind von dem Direktor des Königl. Botanischen Gartens hier, Herrn Professor Dr, Caspary dem Herrn Dr. Kleeberg und dem Unterzeichneten auf, für die verschiedenen Pflanzen passenden Bodenarten zu An- bauversuchen benutzt worden.

Das Resultat stellt sich wie folgt heraus:

1) Bukowina - Mais erreichte nur eine geringe Höhe (circa 3% Fuss), gab wenig Blattmasse und kam der Same nicht zur Reife.

2) Die Sorghum Arten gingen gut nat Saccharatum erreichte eine Höhe von 6 Fuss, Imphy blieb auf 3 Fuss zurück und gab auch wenig Blattmasse. Der Samen gelangte nicht zur Reife.

3) Ailanthus glandulosa. In Folge der feuchten Wit- terung keimte der Samen schnell und gleichmässig und wuch- sen die jungen Pflanzen nach ihrer Versetzung erfreulich heran. Die Gefahr des ferneren Gedeihens liegt in dem Er- frieren des nicht reif gewordenen Holzes. Die Verhältnisse für diesen Baum sind hier die der Pawlownia imperialis.

4) Von den übersandten Erbsen ist die unter dem Namen

„Viktoria-Erbse“ besonders erwähnenswerth; wohl aber mit einer hier ebenfalls aus England bezogenen identisch.

Die grüne niedrige Pahlerbse lohnte reichlich, ist hier aber ebenfalls nicht neu und wird in der Art benutzt, dass die Erbse vor der Reife gehauen, in den Schoten abtrocknet und dadurch den russischen Zuckererbsen an Güte nahe kommt. Ansehen und Geschmack der Erbsen sind bedeutend besser, als wenn sie reif ausgeschält worden.

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ER N En ae, Fer

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Cicer arietinum gelangte nicht zur Reife,

5) Amerikanischer weissblühender Lein ging gut auf, erreichte eine Höhe von 2% Fuss und gab gute Saat, welche im nächsten Jahre zu weiteren Versuchen verwandt werden wird.

6) Morus alba hat kräftige Pflanzen geliefert,

7) Chinesischer Riesenhanf ging nur spärlich auf, erreichte eine Höhe von etwa 3 Fuss und rechtfertigt den Na- men durchaus nicht, da sich derselbe von Canabis sativa wohl kaum unterscheidet; dem hier in Gärten als Zierpflanze ver- breiteten- Riesenhanf welcher eine Höhe von 8 Fuss und darüber erreicht also bedeutend nachsteht,

8) Zizania aquatica war durchweg nicht keimfähig, was bei der trockenen Versendung des Samens nicht Wunder nehmen darf. In Zukunft würde sich die Versenduug in an- gefeuchtetem Moos oder wohl noch besser in mit vegetabili- scher Kohle vermischtem und angefeuchtetem Sande empfehlen.

9) Radies von Madras wuchsen in grosser Ueppigkeit, brachten jedoch wegen heftiger Regengüsse im August keine vollständige Entwickelung der Samenschoten.

10) Cottagers Kale ist nur ein Blattkohl für das Rind- vieh und hier bereits durch Bezug von Erfurter Gärtnern be- kannt. Zu.bemerken bleibt, dass die Blattmasse bedeutend geringer ist, als von ähnlichen Futierkohlarten.

ll) Chinesische Gurke hielt sich, unerachtet der grossen Nässe, gut und lieferte etwa 1 Fuss lange, 2—2% Zoll Durchmesser haltende Früchte,

12) Pyrethrum carneum. Der Samen war mangelhaft und lieferte nur einige Pflanzen, welche bei geschützter Lage im. Spätherbst zur Blüthe her

13) Taback von Maryland, Ohio, Gouwndi und vom Libanon. Alle vier Arten wuchsen gut heran, besonders die 3 letzten, welche grosse und schön ausgebildete Blätter trugen. Der Samen gelangte nicht zur Reife.

Schliesslich bleibt noch zu bemerken, dass ein von dem Kantor Lange in Kl. Dexen bei Pr. Eylau mit dem Anbau

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der Weberkarde, Dipsacus fullonum, angestellter Versuch ein sehr günstiges Resultat geliefert hat. Der Versuch hat gleichzeitig den Wunsch rege gemacht, dem Anbau dieses nicht unwichtigen Handelsgewächses auch in Ostpreussen eine grössere Verbreitung zu geben.

(gez.) Die Ostpreussische landwirthschaftliche Centralstelle.

In Vertretung: Minden.

Ill.

Steinau, 22. November 1860.

Dem Vorstande des Acclimatisations-Vereins beehre ich mich, im Auftrage des landwirthschaftlichen Vereins zu Steinau a. O. einen Bericht über den Anbau einiger dem- selben gefälligst zugestellten Sämereien mit dem ergebensten Bemerken zu übersenden, dass bezüglich der Anbau-Versuche einiger Tabackssorten noch später Bericht erstattet werden soll.

Mit den im Berichte nicht erwähnten und hierher gesandten Sämereien sind die Anbauversuche durch Zufälligkeiten miss- glückt, welche kein Urtheil fällen lassen, weshalb sie auch nicht in den Bericht mit aufgenommen sind. |

}) Radies von Madras.

Am 9. April wurden an 8 Stellen in geschützter Lage im Garten 11 Körner ausgelegt und in einem Topf 4, welcher jedoch auch im Freien stand. Am 15. April erschien im Topf ein Keim, und wurde der Topf des rauhen Wetters halber in die Stube, zwischen Doppelfenster gestellt. Bis zum 20. April waren von den 15 Kernen 13 Stück gekeimt. Einer im Topf und einer im Freien blieb zurück. Erst Ende April begannen die Wurzelblätter sich zu entwickeln. Zwei Pflanzen wurden vom Erdfloh total abgebissen.

Am 20. Mai waren 2 Pflanzen 4 Zoll hoch und zeigten Knospen. Ihr ganzes Erscheinen in Wuchs und Charakter liess sie von den gemeinen Radieschen nur dadurch unter- scheiden, dass sie keine Wurzelknollen bildeten, sondern bald in den Schuss traten.

KAG Dell Dpnı a ul DU un nl ln a lu Duden I u u

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Von Mitte Mai ab war die Entwicklung der 11 Pflanzen eine höchst ungleichmässige. Erst Mitte Juni kamen die ersten violetten Blüthen zur Entwicklung und waren bereits an einer Pflanze fast reife Schoten, ehe die letzte zur Blüthe kam.

Ein Theil wurde vom Mehlthau stark befallen. Die Pflan- zen, welche direkt ins freie Land gelegt waren, hatten sich im Allgemeinen am kräftigsten entwickelt und bildeten die nicht vom Mehlthau befallenen einen vielverzweigten Stock von 2 Fuss Höhe und bei freiem Stande von 2% Fuss Durch- messer mit etlichen hundert Schoten, welche so aufgeblasen, wie die des Radieschen, aber lang geschnäbelt waren.

Die längsten wurden 9 Zoll, die meisten aber nicht über 5 Zoll. Sie hatten ein fettglänzendes Ansehen, und schmeck- ten, wenn sie noch nicht aufgeblasen waren, wie die scharfen Schoten von Radieschen. Der Geschmack war pikant aber nicht fein zu nennen.

Die eine vom Erdfloh abgebissene Pflanze entwickelte sich noch nachträglich und gelangte erst im August zur Blüthe, als andere Pflanzen bereits vollständig abgestorben und mit reifen Samen versehen waren. Auch sie brachte noch reifen Samen. Eine andre Pflanze aber blüht noch jetzt. Die Pflanze hat in ihren dicken Schoten nur 2—5 Samenkörner; ist da- her als Oelfrucht betrachtet, nicht empfehlenswerth, weil bei gleicher Schotenmasse der Raps bedeutend mehr Körner, wenn auch kleinere, liefert. Auch scheint mir der Oelgehalt nicht genügend; dabei ist die sehr ungleiche Entwicklung der Pflanzen höchst unangemessen für den Feldbau.

2) Dioscorea japonica.

Am 9. April wurde eine Knolle in 3 Fuss tiefes, ragoltes und stark gedüngtes Land’ gelegt. Erst am. 12. Juni kam . ein Keim aus der Erde, welcher am 18. Juni bereits 3 Fuss lang und mit 6 paarweis gestellten Blättern versehen war.

Die herzförmigen Blätter sitzen an etwa % Zoll langen Stielen; haben eine Länge bis zu 2% Zoll und röthliche Ein-

fassung. 1860. Bd. III. 10

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Der sich windende Stengel war im August bis an das Ende einer 13 Fuss hohen Stange gelaufen; bildete dann kurze Zweige an der Spitze und fallen jetzt die Blätter ab, ohne dass eine Blüthenentwicklung stattgefunden hätte.

Eine zweite, erst im Mai gelegte Knolle brachte einen Trieb um Mitte Juni zum Vorschein, welcher nur 4% Fuss hoch wurde. Am 28. Oktober hob ich ‚die Wurzel der erst beschriebenen Pflanze aus, welche eine Länge von 2 Fuss 2 Zoll hatte. Die oberen 9 Zoll waren % Zoll dick. Dann erweiterte sich die Knolle zu 2 Zoll Durchmesser und endete in einer stumpfen Spitze.

Die zweite Pflanze hatte eine getheilte Wurzel, % Zoll im Durchmesser, die eine Gabel von 5 Zoll Länge hatte unten eine Knolle von der Grösse einer welschen Nuss. Die zweite Gabel von 3% Zoll Länge hatte noch keine Knolle.

3) Die Riesenerbse.

Am 9. April wurden 30 Stück ins freie Land gelegt. Zwischen dem 25. April und 14. Mai durchbrachen 6 Stück den Boden. Die übrigen Kerne waren verkommen. Wahr- scheinlich waren die Samen nicht ganz reif gewesen.

Die 6 Pflanzen wuchsen kräftig und freudig bis zu einer Höhe von 5 Fuss mit zahlreichen Blüthen und Schoten, welche letzteren von ausnehmender Süsse und Weiche waren. Ende Juli waren die meisten Schoten bereits reif. Die abgenom- menen Samen erschienen grün und in der trockenen Hülle bereits zusammengeschrumpft. Der Anbau ist empfehlens- werth für Gartenkultur, denn die Erbse muss gestengelt werden.

Von reifen Erbsen habe ich keine zur Probe gekocht.

4) Die kleine Pahlerbse.

Von den am 9. April ins freie Land gelegten 30 Erbsen waren am 25. April bereits 26 gekeimt. Dieselben entwik- kelten sich bis zu einer Länge von 3 Fuss, gaben reichlichen Ertrag und reiften leicht im Anfang Juli. Zum Genuss als grüne Schoten sind dieselben zu klein. Als Felderbsen ge- baut sind die Körner klein. Nur ein Versuch in grösserem Maassstabe lässt ein Urtheil über die Ergiebigkeit fällen. ;

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Er

135

Mehlthau hatte sich bei beiden Arten nicht eingefunden.

5) Rubus Idaeus aus Norwegen.

Der Samen ist nicht aufgegangen.

6) Stangenbohnen aus Norwegen.

Am 20. April wurden 12 Bohnen ins freie Land gelegt, welche am 8. Mai sämmtlich ihre Cotyledonen über die Erde erhoben hatten. Sie wuchsen rasch an den Stangen empor, und gaben Mitte Juni grüne Bohnen bis zu 9 und 10 Zoll Länge von mildem Fleisch, ähnlich den Schwertbohnen. Sie setzten leicht an. Im August war die Vegetation vorüber, wahrscheinlich, weil ich ihnen die ersten Bohnen nicht ab- nahm. Bei stärkerer Aussaat und dem Verbrauch der ersten grünen Bohnen würde ihr Wachsthum wahrscheinlich von längerer Dauer gewesen sein, wie es bei anderen Bohnen der Fall ist.

Ihr Anbau als grüne Bohne ist zu empfehlen; den Genuss der reifen Bohne habe ich nicht probirt.

7) Stangenbohne aus Mexico.

Mit jenen Bohnen zugleich ausgelegt, keimte dieselbe 4 Tage später. 6 Bohnen aber von den 12 ausgelegten ver- darben in der Erde.

Ihre Entwicklung war immer gleichmässig aber langsamer, als bei jener Bohne. Ihre Früchte waren ebenfalls mild, aber nicht von der Grösse jener. Ihre Vegetation dauerte etwa 14 Tage länger. Reifen Samen zu gewinnen machte keine Schwierigkeit.

8) Bukowina-Mais.

Am 14. Mai in den Garten ins freie Land gelegt, waren bereits am 20. Mai fast sämmtliche Körner 1 Zoll hoch über der Erde. Die erste Entwicklung ging in diesem Maasse rasch vorwärts, so dass am 18. Juni bereits die Pflanzen

mit reifen Blättern eine Höhe von 3 Fuss hatten. In Mitte

Juli erschienen die männlichen Blüthen bei einer Höhe von

5--6 Fuss und wurden die höchsten Pflanzen bis9Fuss. Ende

September nahm ich die ersten reifen Kolben ab. Sämmt-

liche Pflanzen entwickelten 3, aber nicht alle bildeten sich 10*

136

aus. Ich hatte die Pflanzen zu dicht gelassen; nur 5 Zoll auseinander. Ein heftiger Sturm hatte sie auch in der Blüthe- zeit gänzlich umgeworfen, so dass sie gestängelt werden mussten, wobei etliche Wurzeln verletzt wurden, was ihrer Entwicklung Abbruch that.

Der Anbau zum Grünfutter und auch zum Reifwerden dürfte empfehlenswerth sein.

9) Sorghum glycychylum.

Von den am 14. Mai gelegten Körnern durchbrachen erst im Juni einige schwächlich aussehende Pflanzen den Boden, welche im. August erst einen Fuss hoch waren. Im Septem- ber wuchsen sie rasch bis 5 Fuss hoch und erst im Oktober kamen einige Blüthen zum Vorschein, so dass die höchsten Pflanzen eine Länge von 7—8 Fuss erreichten. Ein Ansetzen von Samen habe ich noch nicht beobachten können.! Die Blätter sind schmäler als bei Mais, desshalb kann der Stand ein dichterer sein. Die Entwicklung der einzelnen Pflanzen war ungleichmässig, denn manche kamen zu keiner Blüthen- entwicklung und wurden nicht über 2 Fuss hoch.

Der Stengel resp. dessen Mark ist äusserst zuckerreich. Der Samen war aber nicht zur Hälfte aufgegangen.

10) Die grünköpfige weisse Mohrrübe,

Der Samen ging fast gar nicht auf, Die einzelnen Pflanzen blieben in ihrer Entwicklung zurück und wurden von den gleichzeitig von hiesigem Samen entwickelten Pflanzen glei- cher Art rasch überholt.

11) Chinesische Gurken.

Bei derselben fehlen mir leider speziellere Daten. Sie wurde mit anderen Gurken gleichzeitig ins freie Land gelegt, entwickelte sich anfangs gleichmässig mit jenen, behielt aber bei eintretender kalter Witterung ein frisches Aussehen, setzte sehr reichlich Gurken von gutem Geschmacke an, welche sich zu einer Länge bis 1% Fuss entwickelten und noch ge- niessbar waren. Noch im September setzten neue Gurken an, als die ersten bereits gereift waren. |

"Der Anbau dieser trefllichen Gurke ist sehr zu enäffehlöni

137

Alle Pflanzen wurden auf humosem, gedüngten Sandboden gezogen.

12) Rieinus major und minor.

Im vorigen Jahr hatte ich von Ricinus major und minor je 2 Pflanzen, von welchen ich reifen Samen erhielt.

Ersterer hatte eine Höhe von 3 Fuss; letzterer von 6 Fuss erreicht. Bei Ersterem waren die blau angelaufenen Stengel, Aeste und Blattstiele erheblich kleiner als bei Letzterem, welcher 'einen Stengel von fast 2 Zoll Durchmesser hatte. Die Blattstiele waren fusslang und die Blätter vielzackig ausgeschnitten; hatten einen Durchmesser von | Fuss 3 Zoll.

Die dies Jahr im Mai ins Frühbeet gelegten Samen ent- wickelten nur 2 Pflanzen von Ricinus major und 6 von Ri- cinus minor, obgleich von jeder Art 12 Körner gelegt wor- den waren.

Eine von den Pflanzen des Minor übertraf an Kraft des Wuchses und namentlich an Entwickelung der Blätter und Blüthen den Ricinus major. Dieser erreichte die Grösse wie im vorigen Jahr. Die Blüthenkolben waren 1 Fuss 8 Zoll lang, die des Minor nur 8 Zoll.

In diesem Jahre aber wurde die eine Staude von Ricinus minor 7 Fuss hoch, 5 Fuss im Durchmesser, hatte viel Sei- tenäste, mehr als fusslange Blattstiele, einen zwei Zoll dicken Schaft, eine Blüthentraube von fast 2 Fuss Länge.

Es entwickelten sich jedoch keine reifen Samen. Aeusser- lich sehen die Körner zwar gut aus. ‘Aber die Cotyledonen waren nur Schalen ohne Eiweiss.

Die stachelichten Kapseln sprangen auch nicht wie im vorigen Jahre auf.

Ebenso wenig erhielt ich von Rieinus major reifen Samen und der vorjährige hat seine Keimkraft verloren.

13) Zizania aquatica.

Der Samen ist nicht aufgegangen.

Ber) Im Auftrag des landwirthschaftl. Vereins zu Steinau. Mühlendorff, Königl. Oekonomie-Commissar.

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IV. | Klein Gustkow, 8. December .1860.

Von den übersandten Sämereien sind: gut gerathen:

Die Reisgerste aus Norwegen, die Gurke aus Babylon, die Riesen- und Pahlerbse,. welche 13 Fuss ‚hoch: ge- worden ist.

Die grüne niedrige Pahlerbse.

Die Stangenbohne aus Mexico.

Ebenso sind diese Pflanzen alle reif geworden und wird deren Samen 1861 zu weiteren Versuchen ausgepflanzt werden.

Der chinesische Riesenhanf ‚ist 6 Fuss hoch, ‚aber nicht reif geworden.

Die Radieschen von Madras sind zwar sehr gross ge- worden, haben aber keine Schoten angesetzt.

Der Maryland Taback hat zwar schöne breite Blätter, die sich’ gut rauchen, aber’keinen ‚Samen gebracht.

Sorghum saccharatum ist nur 4 Fuss hoch, aber nicht reif geworden.

Morus alba ist sehr ungleich und sehr spät aufgegangen.

Zizania aquatica, Bukowina Mais, Himalaya

Erbsen, Ohio Taback sind.nur schlecht nulgegangen! und haben nur sehr spärlich. vegetirt. Ueber den Erfolg der fortgesetzten Versuche werde ‚nicht unterlassen später zu berichten. (gez.): Der Vorstand des Bütower Oekon. Vereins, Landrath von Puttkammer.

V.

Die Lokal- Abtheilung XIV a. des landwirthschaftlichen Vereins zu Coblenz ‚berichtet bei: Gelegenheit ihrer. Herbst- General - Versammlung. am 25. October 1860 über die von Herrn Falkenberg angestellten, Versuche: mit. einigen im Frühjahr durch den Asslinabinalionsn Verein apergebbnen Sämereien.

Die Stangenbohnen aus Carracas entfalteten sich gut und erreichten eineHöhe von 12 Fuss, Die reichlichen Schoten

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eine Länge von 14—15 Zoll. Der Geschmack derselben war sehr gut. Die Mumienerbse rankte sich bis 8 Fuss hoch, trug jedoch : verhältnissmässig wenig Schoten. Beide, die Bohnen wie die Erbsen, waren zur weiteren Aussaat reif geworden und wurden die zur Ansicht davon ausgelegten Samen von den Anwesenden rasch vergriffen. Die Radies aus, Madras erreichten eine Höhe von 3 Fuss und trugen eine Menge 4&— 5 Zoll lange Schoten, diese schmeckten im grünen Zustande weit aromatischer als die hiesigen Wurzel- radieschen und scheinen sich ganz vorzüglich zum Einmachen als Mixed Pikles zu eignen. Der von dem Direktor kulti- virte Bukowina-Mais erreichte eine durchschnittliche Höhe von 6— 7 Fuss, trug reichliche Kolben bei grosser Blatt- fülle, wurde durchweg reif und dürfte sich vorzüglich zu Futtermais eignen.

Die chinesischen Gurken aber hatten vor hiesigen bekannten guten Sorten keine besonderen Vorzüge.

v1

Desgleichen theilt der landwirthschaftliche Verein zu Brandenburg in einem Referate über die von demselben am 6. October 1860 veranstaltete Fruchtausstellung mit:

Aus von dem Acclimatisations- Verein dem landwirth- schaftlichen Verein übergebenen Samen von der grünen chi- nesischen Gurke hatte Herr Ferd. Schäfer eine dergleichen gezogen und zur Ausstellung gegeben, die ihrer Grösse und Reichhaltigkeit an Fleisch wegen, die Einführung sehr verdient.

Eine ähnliche Gurke hatte der landwirthschaftliche Verein zu Brandenburg dem Acclimatisations-Verein zugesandt mit der Bemerkung, dass während bei dem feuchten Wetter dieses Sommers die anderen Gurken fast alle mehr oder weniger schlecht gerathen seien, die grüne chinesische Gurke sich dennoch sehr gut bewährt habe.

Vu,

Pfaueninsel, 11. December 1860, I. Weisser Feldmohn aus Christiania.

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Ausgesäet den 31. März, reif den 20. August. Auf wenig lehmhaltigem Sandboden, im Vergleich mit dem schon lange hier angebauten Peldmohn, dessen Köpfe kleiner, im Ertrage gering. Pfd.Lth. 20° Reihen des norwegischen Mohnsgaben1 Metzeknapp=4 8 20°, ©, hiesigen Feldmohns 1 yl2y yo =6rl

II. Grünbleibende Brockelerbse aus Christiania.

Ausgesäet den 3. April. Pflückbar am 27. Juni. ' Reif am 2. August.

Ill. Pois Michaux oeil noir).

Ausgesäet den 3. April. Pflückbar den 1. Juli. Reif 2. August. |

Beide Erbsen, mir nur in wenigen Keimen zugekommen, haben kein freudiges Wachsthum gezeigt, woraus jedoch nichts gegen sie zu schliessen, da ein solches Nachlassen bei von weit her eingeführten Hülsenfrüchten als vorübergehend schon öfter: beobachtet worden.

Die Sperlinge haben die Erträge um ein Erhebliches ge- mindert. _Ob daran, die Vorzüglichkeit der Früchte oder die Nähe mehrerer Getreidesorten schuld, konnte nicht entschie- den werden.

IV. Triticum aristatum. Sommerweizen aus Chri- stiania.

Gesäet den 2. April. Reif den 24. Juli.

V. Club spring wheat from Canada aus Christiania.

Gesäet, den 2. April. Reif den 24. Juli.

VI. Reisgerste von Breslau aus Christiania.

Gesäet am 2. April. Reif am 23. Juli.

VII Nackte Peruanische Gerste aus ‚Christiania.

Gesäet am 2. April. Reif am 23. Juli.

VII. Gerste aus Athen in Finnmarken aus Chri- stiania.

Gesäet am 2. April. Reif am 23. Juli.

Ohnerachtet alle Vorkehrungen getroffen waren, die Er- träge gegen Sperlinge zu schützen, so ist dies doch so wenig gelungen, dass die sehr kleinen Ernten kaum einen anderen

141

Schluss zulassen, als den, dass den Sperlingen der Weizen besser schmeckt als Gerste,

IX. Braune‘ Hirse. Ertrag Pfd. 12 Loth.

X. Rothe do. 21

XI. Bronecirte do. , las, uno] XH. Graue do. url y XIH. Gelbe do. age) XIV. Weisse do. lg RU 5

Sämmtlich ausgesäet den 26. April, reif den 23. Juli, wobei jedoch zu bemerken, dass die gelbe und die weisse eigentlich ‚erst am 1. August zeitig waren.

Bei: den im Felde angebauten Hirsen war kein Schutz möglich. Die Sperlinge haben in den gelassenen Resten ihr Urtheil über die Feinheit der Sorten abgegeben.

Die ihnen am meisten zusagenden in der Aufzählung beiden letzten Sorten sind nur aus dem Grunde später zeitig geworden, weil die kaum reifen Körner schon abgelesen wurden.

XV. Early yellow 6 week bean aus Christiania.

Eine Zwergbohne. ‘52 Stück gesäet am 30. April. Das erste: Reif-Pflücken den 16. August.

Ertrag auf 36 OFuss = 2 Pfd. 29 Loth, den 11. December weniger 5 Loth, Verlust = 5,6 pCt.

XVI. Harricot ronfle blanc nain aus Christiania.

Eine Zwergbohne, 52 Stück gesäet den 30. April. Das erste Reif-Pflücken den 20. August.

Ertrag auf 36 DOFuss = 2 Pfd. 11 Loth, den 11. December weniger 4% Loth, Verlust = 6,3 pCt.

XVII Phaseolus vexillatus aus Christiania.

Eine Zwergbohne. 52 Stück ausgesäet den 30. April. Das erste Reif-Pflücken den 20. August.

Ertrag auf 36 DFuss:= 2 Pfd. 17 Loth, den 11. Dedeinber weniger 7% Loth, ‘Verlust = 9,7 pCt.

XVIH. Early Rachel or Quail head beon aus Chri- stiania.

Eine Zwergbohne. 52 Stück ausgesäet den 30. April. Das erste Reif-Pflücken den 20. August.

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Ertrag auf 36 OFuss = 2 Pfd. 26 Loth, den 1. December weniger 4 Loth, Verlust = 4,7 pCt.

XIX. Phaseolus ornithopus aus Christiania.

Eine Zwergbohne, 32 Stück gesäet den 30. April. Das erste Reif-Pflücken den 18. August.

Ertrag auf 36 OFuss = 2 Pfd. 6 Loth, den: 11. December weniger 2% Loth, Verlust = 3,3 pOt.

Der auffallend hohe Ertrag der letzten Sorten mag an der weitläufigen Stellung der Pflanzen seinen Grund haben. Die 6füssigen Quadrate durch niedrige Maissorten auf eben solchen Quadraten von einander gesondert, hatte je 4 Reihen und auf jeder 13 Bohnen bei jenen Sorten und nur 8 bei dieser. Kochversuche gestatteten die kleinen Bestellungen nicht, weder grün noch trocken.

Wenn der Verlust beim Eintrocknen in einem Wohn- zimmer einen Schluss erlaubt auf den Amylum-Gehalt, dann ist Phas. ornithopus (Nr. XIX.) die-in sich mehlreichste Sorte.

XX. Mais a poulet rouge aus Christiania.

3,.4, 5 Fuss hoch. 1—2 Kolben.

60 Körner ausgesäet am 30. April, reif den 10. Aiekiken Entkörnt den 11. November.; Ertrag 5.Pfd. 5 Loth.

XXI. Chinesischer Futter-Mais aus Christiania.

6, 7 Fuss hoch. Nothreif Anfangs November. Unbrauch- bar geblieben.

XXI. Terzano Mais von Lucca aus Christiania.

5, 6 Fuss hoch. 1, 2 Kolben.

48 Korn ausgesäet den 30. April. Reif den 18. September. Entkörnt den 14. November, = 5 Pfd. 25 Loth. Den 11. De- cember Verlust 8; pCt.

XXIII. Mais praecox d’Auxonne aus Christiania.

3, 4, 5 Fuss hoch. 1, 2 Kolben.

48 Korn ausgesäet den 30, April, reif den 10. September. Entkörnt den 14, November, = 4 Pfd. 3 Loth, Verlust den 11. December 13 pCt.

XXIV. Gelber Kärnthener Nr. 110 aus Öhristiänis,

6, 7 Fuss hoch. 1, 2 Kolben.

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48 Korn: ausgesäet den 30. April, reif den 10, September. Entkörnt den 14. November, = 7 Pfd. 5 Loth. Den 11. De- zember ‘Verlust :15 pCt.

XXV. Fortydays Mais aus Christiania.

4,5 Fuss hoch. 1, 2,:3 Kolben.

60 Korn 'ausgesäet den 30. April, reif den 10, September. Entkörnt den 14. November, = 2 Pfd. 20 Loth. Verlust den 11. December 16 pCt.

Der röthe Hühnermais ist vollständig ausgeartet, eine bei dieser: Sorte sich mir wiederholt habende Erfahrung.

Der chinesische Futtermais hatte, da er mir als spätrei- fend schon bekannt war, seinen Standort in einer Reihe von einer Glaswand bekommen. ‘Aber auch diese Begünstigung war in dem schlechten Maisjahre unzureichend.

Vor allen trug’ der Kärnthener reich zu. Alle Erträge aber waren durch Krähen, Sperlinge und Mäuse so beschä- digt worden, dass die gewonnenen Zahlen ohne besondern Werth sind.

Die Aussaat war mit Ausnahme des chinesischen Futter- mais bei allen Sorten zu je 3 Korn auf 4 Reihen in bez. 16 oder 20: Truppen bewirkt worden, welche auf 36 DFuss vertheilt:waren. Das Verziehen war während meiner acht- wöchentlichen Abwesenheit unterblieben, und hätte wohl die Erträge vermehren, die Zeitigung verfrühen können.

Nach der Verdunstung im Wohnzimmer, ist Terzano der . zur: Erntezeit reifeste gewesen, ist also die früheste Sorte, und 'wenn der ‘Verlust beim Eintrockenen mit dem Stärke- mehlgehalt in umgekehrtem Verhältnisse anzunehmen, dann ist ‚der zutragendste Kärnthener gleichzeitig der in sich mehl- ärmste.

XXVL-Guizotia oleifera aus Christiania will sich, nach meinen an dieser Pflanze l4jährigen Erfahrungen nicht acclimatisiren: lassen.

Beim Bohnenbau verfolge ich seit ad Jahren das Ziel, diei-Trockenfrucht in den -Getreidehandel: zu bringen, und ‚dazu. »eignen: sich’ ami besten zunächst die weissen Sorten.

144

Aus dem Grunde möchte ich zunächst renfl& blanc vermeh- ren. Early yellow dürfte eine sehr gute Brechbohne sein, worauf hin ich sie mit meiner bestbewährten zu vergleichen wünsche.

Die anderen mögen ihr gleich kommen, doch habe ich nicht über soviel Gemüseland zu verfügen, wie erforderlich wäre, sie alle mit in den Versuch zu ziehen.

Den Hirsebau muss ich zu meinem Bedauern aufgeben, so sehr dessen Pflege sogar in meinem Interesse läge.

(gez.) G. A. Fintelmann.

VI.

Jaeglack, 15. December 1860.

Ueber den Ausfall der Kulturversuche, ‘welche mit den dem landwirthschaftlichen Verein zu Barten in diesem Jahre geneigtest zugetheilten Sämereien auf mildem fruchtbarem Gartenboden in Jaeglack gemacht worden sind, beehre ich mich, Nachstehendes ganz ergebenst zu berichten.

1) Ailanthus glandulosa. Die Pflanzen sind gut auf- gegangen und haben etwa 1 Fuss Höhe erreicht. Sie sollen im nächsten Jahre aus dem Samenbeete verpflanzt werden.

2) Bukowina Mais. Die blattreichen Stengel haben eine Höhe von 8 Fuss erreicht; die Samenkolben trotz der durchschnittlich sehr nassen und kühlen ‚Witterung bis Mitte October zum grössten Theile die volle Reife erlangt. "Der Anbau dieser Maissorte wird in der Voraussicht, ‘dass die- selbe vorzugsweise für ein nasses Klima sich ‘qualifizirt, im nächsten Jahre fortgesetzt werden.

3) Sorghum vulgare: und glyeychylum. : Beide Sorten haben breite und langblätterige Stengel getrieben von etwa 8 bis 9 Fuss Höhe. Die Samenbüschel der erstgenann- ten sind indessen nur zur Reife gelangt.

5) Die Stangenbohnen und Erbsen sind durch einen Unfall zu Grunde gegangen.

6) Amerikanischer weissblühender Lein, zeich- net sich in keiner ‚Weise zu seinem Vortheil aus, der aus ihm versuchsweise gewonnene Flachs ist kurz und hart.

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7) Chinesischer Riesenhanf, hat auf dem ihm zu- gewiesenen kräftigen Boden nur die Höhe des gewöhnlichen Hanfs erlangt.

8) Morus alba. Nur 2 Pflanzen sind aufgegangen, es existiren jedoch mehrere etwa 15 Jahre alte strauchartig gezogene Bäume von Morus alba im hiesigen Garten, welche auch die kältesten Winter gut überdauern, und’ nur die noch nicht hinreichend verholzten Zweigspitzen durch den Frost einzubüssen pflegen.

9) Melonensamen aus Podolien ist nicht aufgegangen.

10) Weberkarde ist nicht aufgegangen. Die Pflanzen der vorjährigen Saat haben jedoch reichlich Samenköpfe ge- tragen und soll der Anbau fortgesetzt werden.

11) Zizania aquatica. Der Same, sichtlich von sehr schlechter Beschaffenheit, konnte aller angewandten Mühe ungeachtet nicht zum Keimen gebracht werden. Eine er- neuerte Zusendung von keimfähigen Samen würde mit Dank entgegengenommen werden.

(gez.) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins

zu Barten. Siegfried.

IX.

Königsberg in Pr., 16. December 1860.

l) Zizania aquatica. Der Samen wurde an vier in verschiedenen Gegenden ansässige Mitglieder unseres Ver- eins vertheilt, theils auf unter Wasser stehenden, andern- theils auf wasserfreien Moorländereien ausgelegt. Der Er- folg war aber überall gleich, nirgends hat sich eine Spur von Vegetation gezeigt. Die Stellen der Aussaat sind be- währt und wird ihnen im künftigen Jahre eine spezielle Be- aufsichtigung gewidmet werden, ob nicht vielleicht sich Pflanzen zeigen werden. Wir zweifeln aber daran, da nach dem Berichte des Consul Kühne der Samen, der keimfähig erhalten werden soll, einer Einpackung in Moos bedarf; uns ist die Zusendung nicht derartig geworden. Wir sind aber

146

gern bereit, einen nochmaligen Versuch mit in: Moos ver- packten Kai zu machen.

2) Sorghum saccharatum hat auf Gartenbbkn ge- zogen eine Höhe von 12-14 Fuss erreicht, ‘auf minder günstigem eine von 5 Fuss. Der Samen ist nirgends zur Reife gekommen.

3) Sorghum glyeychylum erreichte auf Mittelboden eine Höhe von 4 Fuss, erwies sich sehr blattreich, reifte aber ebenfalls nicht.

4) Riesenfuttermöhre zeigte sich im Ertrage recht günstig.

5) Die kleinkörnige Pahlerbse erwies sich bei später Reife als volltragend.

6) Stangenbohnen aus Carracas und 7) Oelbohne aus China waren auf Gartenboden sehr lohnend. Auf ge- ringem Boden ebenfalls lohnend, aber nicht reif geworden.

8) Amerikanischer weissblühender Lein. In gut kultivirtem Lande ausgesäet, steht: dem Rigaer Lein bei Weitem nach, indem der Stengel niedrig und sehr holzig war, der Bast sich schwer von den Holztheilen trennt und der Saatertrag ein höchst geringer war.

9) Morus alba sehr gut aufgegangen, die Pflanzen haben eine Höhe von 2 Zoll erlangt.

10) Chinesischer Riesenhanf, erreichte auf gut kultivirtem Boden eine Höhe von 12— 14 Fuss. Der Samen gelangte nicht zur Reife.

11) Bukowina Mais erschien bei 4% Fuss Höhe sehr blattreich, kam aber nicht zur Reife.

12) Gurken aus Babylon.

Sind zum Anbau nicht zu empfehlen, indem sie wenig Früchte liefern.

13) Pyretrum carneum stand Ende October noch in Blüthe.

14) Maryland Taback hat nicht gekeimt.

15) Cicer aretinum. Wuchs vortrefflich, die Früchte gelangten aber nicht zur Reife.

147

16) Erfurter Klunker-Erbse ist zu weiteren An bau-Versuchen nicht zu empfehlen, indem sie bei blattreichen Stengeln viele leere Schoten zeigte, und von den gefüllten nur wenige reif wurden.

17) Rubus idaeus hat nicht gekeimt.

(gez.) Der Verein zur Beförderung der Landwirthschaft. (gez.) Meier, Geschäftsführer.

X.

Hasenholz, 22. December 1860. Da es sehr spät wurde, als ich die Sämereien erhielt, so habe ich nur die Hälfte von Ailanthus glandulosa ausgesäet, da mein Acker schon bestellt war. Derselbe ist aber gut aufgegangen und besitze ich davon 150 junge Pflanzen. Ebenso habe ich von der Weberkarde sehr schöne junge Pflanzen von diesem Jahr, welche sehr kräftige Blätter von 12—16 Zoll Länge und 5 Zoll Breite entwickelten. Ich würde sehr gerne eine Probe davon gesandt haben, aber es ist unmöglich des harten Frostes halber. Ich hatte auch einige Ricinus-Pflanzen, die eine Höhe von 8 Fuss, bei einem ‚Stieldurchmesser von 1% Zoll hatten und eine wahre

Zierde meines Gartens waren. (gez.) Lehrer Schojan.

XI.

Herr Rittergutsbesitzer W. Lenke in Heinrichsdorf bei Bahn in Pommern erstattet unterm 27. Dezember 1860 fol- genden Bericht über die Resultate der vom Acclimatisations- Verein erhaltenen und auf dem Rittergute Heinrichsdorf an- gebauten Sämereien:

1) Ailanthus glandulosa wurde zur Hälfte Anfang April in Laub- und Haideerde zu gleichen Theilen im Mistbeet, zur andern Hälfte zu Ende April in kräftigen, feucht und etwas schattig gelegenen Gar- tenboden ausgesäet. Von beiden ist auch nicht ein Korn aufgegangen.

148

2) Sorghum saccharatum und Imphy.

Anfang Mai auf kräftigem Gartenboden ausgesäet, er- steres gut, letzteres sehr lückenhaft aufgegangen. $. accha- ratum gedieh sehr gut, lieferte grosse Blättermasse, hält aber nach allen Seiten mit Mais im Ertrage keinen Vergleich aus. 8. Imphy blieb dürftig und scheint sich zum Anbau nicht als vortheilhaft zu eignen. Samen wurde von beiden nicht reif.

3) Taback von Ohio, Maryland, Goundi; alle sehr gut'aufgegangen , Maryland besonders zu empfehlen, wegen seiner sehr grossen Blätter, nächst diesem 'Goundi. Ohio blieb am geringsten. Da der Boden derselbe war, so lässt sich annehmen, dass der Taback von Maryland zum Anbau sehr zu empfehlen sei und in günstigeren Sommern als der diesjährige, ausserordentlich hohen Ertrag liefern wird.

4) Delbohne aus China.

Anfang Mai in warmer geschützter Lage ausgesäet; hat bis zum Herbst nur die Länge eines‘ Fingers erreicht und ist gar nicht zur Blüthe gekommen.

5) Erbse des Ueberflusses.

Mitte April auf kräftigen, etwas feuchten Sandboden aus- gelegt, wuchs schnell und üppig hervor, wurde sehr lang in Ranken und gab einen ganz ungewöhnlich reichen Ertrag an Körnern, so dass ihr Anbau nicht genug empfohlen wer- den kann.

6) Riesen-Pahlerbse.

Zur selben Zeit und auf denselben Boden gesäet, wurde sie noch länger als vorige, gab aber bei weitem geringeren Ertrag an Schoten und Körnern, welche indess an Geschmack der vorigen vorzuziehen sind. |

7) Grüne niedrige Erbse aus Canada gering im Ertrage hat sie keinen Beifall gefunden.

'8) Amerikanischer weissblühender Lein.

Mitte April auf feuchten, fetten Sandboden gesäet, ist vorzüglich gediehen, und soll der reichlich gewonnene $a- men im nächsten Frühjahr zu grösseren Versuchen verwen- det werden, da derselbe sehr lohnenden Ertrag verspricht.

149

9) Radies von Madras.

Anfang Mai in fetten Gartenboden gesäet, erreichte als Pflanze riesige Dimensionen, Wurzel und Schote indessen blieben hinter der angegebenen Grösse bedeutend zurück, und weder erstere noch letztere dürfte auch einem nicht ver- wöhnten Gaumen wenig zusagen.

10) Chinesische Gurke ist sehr gut gediehen, hat reichlichen Ertrag gegeben, zeich- nete sich aber durch besonders lobenswerthe Eigenschaften vor unseren gewöhnlichen Sorten nicht aus.

11) Melone aus Podolien hat im Mistbeete gute wohlschmeckende Früchte geliefert, steht jedoch in allen Beziehungen anderen Sorten nach, die hier seit Jahren kultivirt werden.

XH. Ä Stadt Buckow, 28. Dezember 1860.

Ailanthus glandulosa. Die wenigen mir übermachten Samenschoten übergab ich einem benachbarten Gärtner in Reichenberg, der sie in gut kultivirten, etwas strengen Bo- den ausstreute. Der Same war keimfähig und ist sehr gut aufgegangen, und sind die Pflanzen kräftig. Zu bemerken hätte ich, dass wir in unseren Wäldern mehrere recht schöne, haushohe Exemplare dieses Baumes besitzen.

Bukowina-Mais und Sorghum säete in meinem Garten aus und ist von den Körnern fast gar nichts aufgegangen. Grund davon ist wohl, dass der Boden zu thonig, kalt und etwas nass, zumal in feuchten Jahren ist.

Die Erbse des Ueberflusses hat sich gut bewährt, . noch besser die grüne Pahlerbse und jene, die SieMu- mien-Erbse nennen.

Letztere kann meine Frau nicht genug loben; kocht vor- - trefflich, trägt reichlich, und empfiehlt sich gekocht durch die schöne grüne Farbe. Von den beiden letzteren Species füge ich Proben bei.

Harricot cosse chair trug ziemlich zu und habe nur

von den wenigen Bohnen wenig Samen sammeln können. 1860, Bd. II. 11

150

Phaseolus multiflorus trug überreich, blüht prächtig und bis ins Spätjahr hinein. Eignet sich zum Bedecken von Spalieren, Lauben u. s. w. Eine Probe füge bei.

Morus alba ging gut auf, muss aber trockenen Boden haben. |

Ricinus ist in meinem kalten, feuchten Boden wenig aufgegangen; sehr gut in Hasenholz bei dem Vereinsmitglied Lehrer Schojan, doch waren auch dort die Pflanzen klein.

Melone aus Podolien ist in freiem Lande nicht auf- gegangen, obschon ich den Boden wohl präparirt hatte.

(gez.) Prediger und Rektor Strasburg.

XIU.

Züllichau, 30. Dezember 1860.

Dem hochgeehrten Vorstande sprechen wir hiermit unsern ganz ergebensten Dank für die uns im März zugekommenen Sämereien aus; wir haben dieselben dem fürstlich reussischen Hofgärtner Förster zu Trebschen übergeben und berichtet derselbe über das Resultat der von ihm angestellten Anbau- Versuche Nachstehendes:

1) Ailanthus glandulosa ist gut aufgegangen. Die Pflanzen erreichten 2 Fuss Höhe.

2) von Bukowina-Mais wurde auf leichtem Boden guter Ertrag erzielt, daher zu empfehlen.

3) Sorghum saccharatum wurde auf Gemüseland ge- säet, mit der Harke eingehackt und überharkt, trieb 7—8 Fuss hohe Stengel; von einzelnen wurde keimfähiger Same geerntet. |

4) Riesen-Futtermöhre (rothe) wurde sehr langund

stark und scheint dauerhafter zu sein als die weisse.

5) Riesen-Pahlerbse ziemlich ertragreich, aber als feines Gemüse nicht zu empfehlen.

6) Stangenbohne aus Mexico, zwar ertragreich, aber als grünes Gemüse ihrer fasernden Schoten und. getrocknet der harten Schale wegen, nicht zu empfehlen. |

7) Amerikanischer weissblühender Lein war sehr feinfaserig, hat aber wenig Samen getragen.

151

8) Morus alba wurde Ende April gesäet und ging gut auf. Die Pflanzen wurden 1 Fuss hoch.

9) Dipsacus fullonum ging nicht auf.

10) Chinesischer Riesenhanf ging nur spärlich auf. Die Stengel wurden 6—7 Fuss hoch; es wurde etwas reifer Samen geerntet.

ll) Zizania aquatica keimte nicht, obgleich der Sa- men 12 Stunden in warmem Wasser von 18° Reaumur ge- weicht hatte, und dann auf ganz feuchten Moorboden gesäet worden war, auch der Versuch der Kultur in Töpfen unter Glas misslang trotz der grössten Sorgfalt.

12) Pyrethrum carneum ist emporgekommen und ste- hen die Pflanzen bis jetzt kräftig.

13) Chinesische Gurke hat mittelmässig getragen, einige Früchte wurden 12—15 Zoll lang.

14) Dioscorea japonmica. Die Knollen wurden Ende April in 3 Fuss tief bearbeiteten Erdboden gelegt und er- reichten die reifen Früchte eine Grösse von 1% bis 2 Fuss Länge und 2% bis 4 Zoll Dicke.

15) Taback.

Die Sorten von Ohio, Maryland, Goundi und Li- banon sind für unsere Gegenden empfehlenswerth. Sie haben sämmtlich sehr schöne Blätter getrieben, welche jedoch nicht verarbeitet worden sind.

(gez.) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins Zül- lichau-Schwiebuser Kreises. In Vertretung: Kuntze, Regierungs- Assessor,

XIV.

Prettin, 31. December 1860. Ueber die mir im Frühjahr gütigst mitgetheilten Säme- reien erlaube ich mir ganz ergebenst Folgendes zu berichten. I) Himalaya-Riesen-Erbse, 2) Kleinkörnige Pahl-Erbse, 3) Die Erbse des Ueberflusses 11*

152

gediehen so gut wie unsere einheimischen Sorten. Von allen ist reifer Samen für eine bedeutende Aussaat gewonnen worden.

4) Stangenbohnen aus Mexiko, brachte nur 4 Pflanzen, die so gut wie unsere Bohnen wu- . cherten, aber ersichtlich mehr Wärme, als dieser Sommer bot, zu ihrem Gedeihen erforderten. Diese Bohne wird bei uns dieselben Anforderungen in klimatischer Beziehung machen, wie z. B. die weisse Wachsbohne (mit grünem Fleisch), d. h. sie wird in einem heissen Sommer sehr gut gedeihen, in einem feuchten, kalten aber schwer zur Reife kommen. Wir haben wenig mehr reife Körner davon geern- tet, als ausgesäet wurden.

5) Radies aus Madras, ganz der schon gegebenen Beschreibung gemäss mit grosser Ueppigkeit in dem hiesigen fetten Boden gediehen.

6) Amerikanischer Lein, mit weisser Blüthe, ganz so gediehen wie der einheimische, aber viel länger. Das geerntete Bund ist noch nicht in spinnbaren Flachs ver- wandelt worden. Die Ernte an Saat ist reichlich ausgefallen.

7) Sorghum Imply, üppig gewachsen, sonst so stark wie Mais, in magerem Bo- den aber ohne. Samen.

8) Chinesischer Riesen-Hanf, desgleichen ohne Samen geblieben.

9) Ailanthus glandulosa. Die Pflanzen sind alle gesund vorhanden, aber klein ge- blieben, was einerseits der Kälte, andererseits dem etwas schattigen Standorte zuzuschreiben ist.

10) Ricinus major und minor gedieh wie bekannt. Die Pflanzen waren noch nicht sehr er- starkt, als mir von Ihrer Güte Graines des Bombyx Cynthia zugingen, denen auch sofort die Räupchen entschlüpften. Deshalb habe ich grosse Mühe gehabt, Cocons davon zu er- zielen; alle möglichen Versuche, die Raupen mit den an- gerathenen anderweitigen Laubsorten zu ernähren, blieben fruchtlos. Rieinus verlangten sie, nichts als Ricinus. Ailan- thus konnte ich ihnen noch nicht bieten.

153

11) Melone aus Podolien wurde wie die Netzmelone in Mistbeeten gezogen; sie setzte jedoch schwer und spät an, und lieferte eine sehr lang rei- fende und wirklich reife Frucht von grünem, etwas hartem Fleisch, war aber sehr wohlschmeckend und aromatisch. Die später angesetzten Früchte wurden gar nicht reif, trotzdem ich sie unter Glas bis in den Herbst hinein pflegte, bei wel- cher Pflege andere Sorten unbedingt nothreif werden. Mit der Nothreife war es bei dieser aber nichts. (gez.) Fr. Ehrhardt.

XV.

Heringen, 4. Januar 1861.

Ailanthus glandulosa habe ich ausgesäet, aber bei der kalten, nassen Witterung ist derselbe zwar aufgegangen, aber vollständig verkommen. Die Pflänzchen fingen an zu kränkeln, als ob die Wurzeln angefressen wären, und nach einigen Tagen waren sie ver- welkt und dahin.

Der Madras-Radieschensamen wurde gesäet und ist sehr gut gediehen. Die Schoten haben sehr gut zu Butter- brod geschmeckt. Den reifgewordenen Samen werde ich nächstes Frühjahr wieder säen.

Die mir in einem Pfunde übersendete Anatgerste, welche ich den 9. Mai auf schwerem schwarzen gegrabenen Boden säete, ging gut auf, wurde aber bei anhaltendem Ost- winde von Erdflöhen derart heimgesucht, dass ich fast alle Hoffnung, ein Resultat zu erzielen, aufgab. Ein warmer Regen aber brachte neuen Wuchs in die blass dastehende und zernagte Gerste. Sie entwickelte sich rasch, trieb starke, mehr dem Waizen ähnliche Halme, sehr lange zweizeilige . Aehren, die fast alle 36—40 und etliche Körner hatten. Am 27. August liess ich dieselben schneiden und am 6. Septem- ber dreschen, wobei sich in der Aufnahme ergab, dass ich von 1 Pfd. doch 40 Pfd. gewonnen habe. Sie ist zwar wie bei dem nassen Jahre nicht anders zu erwarten war, spitz,

154

aber doch an Gewicht schwer, so dass ich nächstes Früh- jahr einen halben Morgen aussäen will, und giebt sie das- selbe Resultat, so werde ich nur Anatgerste bauen.

Was nun die Karden betrifft, so habe ich von der vor- jährigen Probeaussaat eine hübsche Ernte gehabt, habe sie aber bis jetzt noch nicht abgesetzt.

In Nordhausen sind sie ausgeboten, immer indessen noch nicht angenommen.

Die diesjährige Aussaat ins freie Feld ist’ aber vollstän- dig verunglückt. Bei dem anhaltenden Regenwetter fingen die Pflanzen an bleich zu werden, und sind bis auf wenige ver- fault; nur in einem Garten sind mir vielleicht ein Schock Pflanzen übrig geblieben.

Der Boden hier scheint mir für die Karde, des hochtre- tenden Grundwassers wegen, nicht günstig zu sein. Auch die länger andauernden Regenschauer wirken sehr verderb- lich, denn können die Blätter nicht sogleich nach dem Re- genwetter geschlitzt werden, so dringt meines Erachtens die Feuchtigkeit durch die Poren in die Stengel; die Pflanze fängt an zu kränkeln, bekommt das Ansehen, als ob sie von Mehl- thau befallen wäre; die Kardenköpfe werden schwarz und die Pflanze stirbt. Noch einmal will ich es versuchen, sollte aber das Jahr 1861 wieder nass werden, so ist zu erwarten, dass der Versuch wieder misslingt.

| (gez) Stade, Diakonus.

XVl.

Herr Rittergutsbesitzer M. Kaufmann in Köln sendet unter dem 5. Januar 1861 den von seinem Gärtner erstatte- ten Bericht, indem er dabei bemerkt, dass die Versuche in dem Gemüsegarten seines zu Brühl gelegenen Landhauses an-

gestellt wurden, und dass der dortige Boden aus schwerem

Lehm mit einer kleinen Sandmischung besteht.

1) Ailanthus glandulosa ist gut aufgegangen, jedoch sind die jungen Pflanzen in unserem Boden schlecht voran gekommen.

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155

2) Sorghum Imphy ist bei uns zu einer schönen Ent- wickelung der Blattmasse gekommen.

3) Die Erbsensorten waren volltragend, jedoch müssen wir der Erbse des Ueberflusses den Vorzug geben.

4) Die Oelbohne aus China ist gar nicht zur Blüthe gekommen, trotz sie in einer sonnigen, geschützten Lage ge- pflanzt worden.

5) Panicum sanguinale oder Himmelsthau ist nicht gut emporgekommen, was indessen der Boden wohl verursacht haben mag.

6) Die Gurkensorte ist zu empfehlen, da sie gut war.

7) Der Taback von Ohio, Maryland und Goundi, überhaupt alle drei Sorten, sind zu schöner Blattmasse ge- kommen.

8) Melone aus Podolien ist im Freien nicht, dagegen im Mistbeet vorzüglich gediehen und hat viele Früchte ge- bracht.

XV.

Herr Rittergutsbesitzer Berend sendet unter dem 8. Ja- nuar 1861 folgenden, von seinem Gärtner erstatteten Be- richt ein:

Im vergangenen Frühjahr wurden mir von meinem Prin- zipal, dem Rittergutsbesitzer Herrn Berend, mehrere Sä- mereien, welche derselbe vom Vorstande des Acclimatisations- Vereins zugesandt bekam, mit der Aufforderung übergeben, mich den Kulturversuchen dieser Samen zu unterziehen, und erlaube ich mir, nachfolgend meine Erfahrungen darüber, nebst Resultaten, mitzutheilen.

1) Sorghum glyeychyllum.

Anfang Mai säete ich den Samen auf ein besonders tief 'be- arbeitetes und mit verrottetem guten Pferdedünger, den ich ein Jahr zuvor zu Kompost aufgesetzt hatte, stark gedüng- tes Blumenstück, im Verband, Entfernung von 1% Fuss und immer 4 Körner in ein Loch.

Die jungen Pflanzen kamen bei fortwährender Feuchthal-

156

tung des Beetes: nach 10— 12 Tagen hervor und zeigten bald ein üppiges Wachsthum, so dass sie Ende August eine Höhe von 9 Fuss erreicht hatten und mit ihren langen, herabhän- genden, schönen Blättern diese Gruppe zu einer Zierde des Gartens machten. Mehrere Blumenrispen zeigten sich noch zum Herbst, brachten indessen keinen reifen Samen. Zu grossen Bouquetts in Vasen habe ich die einzelnen Blätter häufig angewandt, wodurch diese ein gefälliges, leichtes Aus- sehen bekamen. Einzelne Stauden, zu 4—5 Körnern auf Rasenstücken, auf in cbiger Weise zubereitete Plätze gelegt, würden, ähnlich dem Arundo donax, einen angenehmen An- blick gewähren.

2) Erbse des Ueberflusses.

Hiervon zählte ich die Samenkörner, durch den Namen „des Ueberflusses* auf den Ertrag derselben neugierig ge- macht, und darf ich wohl annehmen, dass man dieser Erbse nicht mit Unrecht den Namen beigelegt, denn von 62 Kör- nern habe ich % Metzen Samen erhalten, kann aber leider in diesem Jahre von ihren Vor- oder Nachtheilen als Gemüse nicht urtheilen, da ich soviel Samen wie möglich gewinnen wollte. |

3) Chinesischer Riesen hanf.

Hierzu wählte ich eine auf einem Rasenplatz liegende, grössere runde Blumengruppe, welche mit kurzem Kuhdün- ger gedüngt, tief gegraben wurde, und legte die Samenkör- ner in Entfernung von 1% Fuss. Nach Verlauf von 14 Tagen zeigten sich die jungen Pflanzen, und wuchsen bald heran, bis die grössten eine Höhe von 10 Fuss erreicht hatten und reichlich Samen trugen. Die Länge der einzelnen Blätter der am Rande stehenden Pflanzen betrug 9 Zoll, die Breite 6 Zoll. Diese äussern Pflanzen hatten sich völlig pyramiden- förmig, wenn auch leicht gewachsen, ausgebildet und nicht ganz die Höhe der mehr innerhalb stehenden Pflanzen er- langt, wodurch das Ganze eine schöne, leicht und regel- mässig aussehende Gestalt erhielt.

4) Cottagers Kale.

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Obgleich ich hierauf auch grosse Sorgfalt verwandte, kann ich von keinem günstigen Resultat berichten, da der Garten zu hoch liegt und sich zum Kohlbau nicht eignet.

5) Taback von Ohio.

Den Samen säete ich Mitte April in eine, mit leichter sandiger Erde gefüllte Schaale, spritzte ihn ein, und stellte die Schaale im Ananashaus dicht unters Fenster, wo er nach einigen Tagen keimte. Damit die jungen Pflänzchen nicht vergeilten, nahm ich die Schaale aber bald wieder heraus und setzte sie unter ein. warmes Mistbeetfenster, wo ich sie Anfangs schattig hielt, bis sie sich an Licht und Luft ge- wöhnt hatten. Sobald sie kräftig genug waren, verpflanzte ich sie in Entfernung von 10Zoll in einem mit sandiger Erde aus dem Mistbeete gefüllten Kasten und stellte diesen wieder in ein Mistbeet, wo die Pflanzen bald und kräftig heranwuchsen, dass ich sie Ende Mai im Garten auspflanzen konnte. Dies geschah auf zuvor gut mit Kuhdung versehe- nen und tief gegrabenen Rabatten in Entfernung von 1%TZoll. Ebenso bepflanzte ich auf diese Weise eine Blumengruppe, sowie den Rand einer anderen grösseren Gruppe, aus Canna discolor und indica bestehend.

Da ich den Taback nur als Zierde im Garten anwendete, liess ich die Pflanzen ungestört, ohne auszubrechen und zu geizen, wachsen, und bekommen die grössten Blätter der kräftigsten Pflanzen dennoch eine Länge von 2 Fuss und Breite von 6 Zoll. Die blassrothen Blumen kamen Ende Au- gust, und habe ich, bei der ungünstigen Witterung für späte Samen, nur einige Kapseln guten reifen Samen erhalten. Grösstentheils wurden die Pflanzen 44—5 Fuss hoch und würde dieser Taback zu Gruppirungen in Gärten ganz zweck- mässig zu verwenden sein.

6) Oelbohne aus China.

Anfangs Mai legte ich diese niedlichen Bohnen auf eine Rabatte an einer mit Wein bepflanzten Mauer, wo sie vor den Ost- und Nordwinden geschützt den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt waren, immer 4 Körner zu einer Staude,

158

Sie keimten auch bald, haben aber bei ihrem so üppigen Wachsen, da sie 2 Fuss hoch wurden, bis zum Herbst nicht einmal Blumen gezeigt.

7) Stangenbohnen aus Mexiko.

Um 12 gesteckte Stangen legte ich um jede einzelne 4 Samenkörner, welche auch bald aufgingen und die Stangen "bis oben berankten. So gut sie aber im Kraute fortwuchsen, so wenig Früchte brachten sie doch nur, dass ich von der besttragenden Stange nur 16 Samenschoten, jede zu 3—5 Körner pflücken konnte. Ob sie als Gemüse zu empfehlen ist, kann ich nicht beurtheilen, werde aber vielleicht im nächsten Jahre Auskunft geben können.

(gez) Wünn.

XVII.

Marienwerder, im Januar 1861.

Von den Samenproben haben alle diejenigen, welche mehr Wärme als Feuchtigkeit bedürfen und diese Anforderung stellten bei Weitem die Meisten in Folge des kalten und und nassen Sommers 1860 ein werthloses Kultur - Resultat gegeben.

Bukowina-Mais ging spärlich auf, die Pflanzen er- reichten bei kräftiger Entwicklung ca. 8 Fuss Höhe, setzten aber wenige Kolben an, welche die Reife nicht erlangten.

Chinesischer Futter-Mais dagegen, welchen wir im

Jahre 1859 erzogen haben (cfr. Zeitschr. f. Acelim. Bd. II. .

p. 41), wurde diesmal zeitig (12. April) gesäet und lief trotz der vorjährigen späten Saat (Anfang Mai) vollständig auf, gab eine reiche Menge Kolben und bietet auch deren Aus- sehen, wiewohl Ende Oktober grün gebrochen, die Hoffnung, dass die Körner ungeachtet der grossen Ungunst der vorjäh- rigen Witterung durch die Nachreife in den Kolben völlig keimfähig geworden sind. Auffallend jedoch war der von dem vorjährigen ganz verschiedene Typus der Pflanzen, sie zeigten nicht die Neigung der Bestaudung, dagegen aber er- reichte der einzelne Stengel eine Höhe von 7—8 Fuss. Da

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diese reichlichere Blatt- und Stengel-Entwicklung (die aus- bleibende Bestaudung würde durch dichteres Säen ersetzt werden können) den Körneransatz nicht beeinträchtigt hat und die Körnerreife selbst im Vorjahre erzielt worden ist, können wir diese Maisart der ferneren Beachtung em- pfehlen.

Radies von Madras wurde am 18. April gesäet, keimte sehr gut, wurde jedoch durch den Erdfloh und wahrschein- lich demnächst durch Frost vom 4.—7. Mai völlig zerstört.

In dem II. Bd. der Zeitschrift S. 42 ist den Mitgliedern ein kleines Referat über die Anbau-Resultate von 5 Erbsen- sorten im Jahre 1859 vorgelegt worden und dürfte es gern gesehen werden, über die Anbau-Resultate von 4 derselben im Jahre 1860 hier eine Mittheilung zu erhalten.

Die vorzüglichen Erbsenfelder, welche Unterzeichneter in Vorjahren bei dem Herrn Gutsbesitzer Buddensieg in Kuxen bei Christburg (Westpreussen) gefunden hatte, veranlasste ihn, den Genannten zu ersuchen, je ca. 1 Pfund der 1859 in Marienwerder auf den Versuchsfeldchen des Central-Ver- eins gewonnenen |

1) niedrigen Pahl-Erbse, 2) grünen englischen Erbse, 3) amerikanischen Riesen- (Vietoria-) Erbse, 4) Mumien-Erbse auf seinem vorzüglichen Erbsen-Boden zu kultiviren. Herr Buddensieg berichtet über den Anbau Folgendes: „Alle 4 Sorten wurden am 18. April in einen milden, kräftigen Lehmboden im Felde (hinter Kartoffeln-Vorfrucht) auf ziemlich weit von einander gelegenen Piecen unterge- bracht Nr. 1 und 2 breitwürfig, 3 und 4 in Reihen und mit Reisig-Stützen versehen. Während die anderen Sorten gut gediehen, blieb Nr. 1 zurück und wurde ausserdem noch durch einen Hagelschlag, der die übrigen auch mit traf, am Meisten beschädigt; daher gab sie bei verspäteter Ernte den geringen Ertrag, ein Missgeschick, was ich um so mehr bedaure bei den sonstigen Vorzügen dieser Erbse,

160

namentlich ihrer bereits eingetretenen Reife, bevor noch der Mehlthau sich verheerend verbreitet. Geerntet wurden: 1) Pahl-Erbse von ca. 1 Pfd. Samen 2 Pfd. 25 Lth., sehr ver- schrumpft und wurmig, 2) englische Erbse von ca. 1% Pfd. Samen 18 Pfd., wenig wurmig und ganz gesund, 3) amerikanische Riesen-Erbse von ca. % Pfd. Samen 11 | Pfd. 28 Lth., sehr gesund, glatt und gross, 4) Mumien-Erbse von ca. % Pfd. Samen 5 Pfd, 19 Lth., sehr runzlich und verschrumpft. Nr. 2 brauchte nur 1% Stunde zum Kochen, die übri- gen jede 2% Stunde. | Ausserdem war 1) ziemlich weich und von keinem besonderen Geschmack, 2) von sehr lieblichem aromatischem Geschmack, 3) am härtesten und mit bitterem Beigeschmack , 4) am weichsten und am mehlichsten.*

In Quantität und Qualität am besten machte sich nach diesem kleinen Versuche die grüne englische Erbse (kleine Abart), da sie das 12. Korn gab, sehr rasch weich wurde und sehr lieblich schmeckte. Höher in Quantität allerdings erwies sich die amerikanische Riesen-Erbse (ca, 15%fache der Aussaat), doch am geringsten in der Qualität. Die Mumien- Erbse scheint auch in Kuxen den Auspruch des Herrn Dr.

Betzich -Beta zu bewahrheiten: „das dieses deliciöseste

aller Gemüse, welches neuerer Zeit auf der Tafel der hohen Aristokratie nicht fehlen darf, auf der. Zunge wie Sahnen- kügelchen zergeht.* (gez.) E. John, correspond. Mitglied des Acclima- tisations-Vereins etc.

161

XIX.

Stendal, im Januar 1861. A. Versuche über Anbau der vom Centralinstitute für Acclimatisation zu Berlin übersendeten Sä- mereien:

I. Gemüse,

a) Bohnen.

Uebersendet sind 4 Sorten, nämlich:

1) die lange bunte schwarzrothe Adlerbuschbohne,

2) die neue blassgelbe St. Didier-Zwergbuschbohne,

3) die Riesenbohne,

4) die gelbe Zwergbohne.

Sie sind sämmtlich am 4. Mai gelegt und nach 8 Tagen aufgegangen. |

Nr. 1 hatte schon am 8. Juli gemüsereife Früchte, Nr. 2 am 22. Juli, Nr. 4 am 20. Juni, dagegen gelangte Nr. 3 erst am 21. Juli, also sehr spät zur Blüthe. Reifer Samen ist gewonnen von Nr. 1 am 10. September, von Nr. 2 am 15. September, von Nr. 4 am 20. September, während von Nr. 3 nur etwa der 6. Theil der Früchte und erst am 10. Oktober zur Reife gelangte.

Während Nr. 1 und 4 sich als grünes Gemüse zart und schmackhaft bewiesen, waren Nr. 2 und 3 auch noch jung von grober und holziger Schale.

Nr. 1 ist als erste frühe und wohlschmeckende Gemüse- bohne besonders zu empfehlen.

Nr. 2 ist nicht reichtragend.

Nr. 3 wächst sehr buschig und setzt reichliche Früchte ab, die jedoch spät und schwer reifen.

Nr. 4 ist ziemlich volltragend.

b) Erbsen. Gebaut sind 3 Sorten: 1) Dickson’s neue frühe Favorit-Erbse, 2) Denyer’s frühe volltragende grüne englische Markerbse, 3) runzlige Markerbse (british queen).

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Sie sind sämmtlich am 2. April gelegt und gingen binnen 8 Tagen auf. Zur Blüthe gelangten Nr. 1 am 7. Juni, Nr. 2 am 10. Juni, Nr. 3 am 18. Juni.

Gemüsereif war Nr. 1 zu Ende Juni, Nr. 2 zu Anfang Juli, Nr. 3 am 10. Juli.

Reifer Samen wurde gewonnen von Nr. 1 am 21. Juli, von Nr. 2 am 1. August, von Nr. 3 am 15. August.

Nr. 1 erreichte eine Höhe von 3 Fuss, war ungemein voll- tragend, die längsten Schoten hatten 10— 12 vollkommen ausgebildete Körner von gutem und feinem Geschmacke. Dickson’s Favorit-Erbse ist daher als früh, ergiebig und zart zu empfehlen, Nr. 2 war ebenfalls recht volltragend, mit colossal grossen, jedoch nicht wohlschmeckenden Schoten. Nr. 3 erreichte eine Höhe von 3—4 Fuss, die ausgebildetsten Schoten enthielten 5—6 Körner von süssem Geschmacke.

4) Die rothblühende Spargelerbse ist ebenfalls am 2. April gelegt, ging nach 8 Tagen auf, blühte vom 3. Juni an und hatte am 21. Juli reifen Samen. Sie ist zwar sehr volltragend, jedoch als Gemüse nicht schmack- haft und als trockene Frucht nicht wohl verwendbar.

c) Kohl und Kohlrüben.

1) ganz gelber Utrechter Wirsingkohl wurde am 1. April pr. ins frühe Mistbeet gesäet und am 12. Mai ausgepflanzt, entwickelte sich sehr üppig und lieferte zu Anfang Oktober die ersten besten Köpfe in grosser Form von feinem Aeusseren und gutem Geschmacke.

Derselbe verdient empfohlen zu werden.

2) von Rutabaga (Skirwing) ist uns eine Wurzel zugegangen; dieselbe ist zur Samenzucht am 10. April ausgepflanzt, der reife Samen ist am 20. Juli geerntet und werden damit weitere Proben angestellt werden.

d) Kürbis.

1) vegetable marrow echt englischer Schnienr,

2) vegetable marrow hellgelber neuer Schmeer,

3) vegetable marrow gestreifter neuer Schmeer,

4) vegetable marrow runder neuer Schmeer.

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163

Die Kerne sind am 6. Mai in Töpfe gelegt und aus die- sen am 20. Mai ins freie Land gesetzt. Sie haben sich zum Theil zu recht kräftigen Pflanzen entwickelt, die Mitte Juli 6—-10 Früchte von etwa 6 Zoll Länge angesetzt hatten. Ab- gesehen davon, dass die einzelnen Arten sehr degenerirten (Nr, 4 hatte nicht runde, sondern längliche Früchte), blieben auch die Früchte klein, holzig und können daher diese Kür- bissorten weder als Zierkürbisse, noch zur Speise empfohlen werden.

e) Radies.

1) Radies von Madras.

Die im frühen Mistbeet gezogenen Pflanzen sind am 12. Mai 1% Fuss im Quadrat ausgepflanzt und lieferten etwa zu Ende Juni geniessbare, nach Radies schmeckende Schoten von 3—4 Zoll Länge und % Zoil Stärke, welche jedoch bald befielen und dadurch ungeniessbar wurden. Weder in der Grösse, noch in der Feinheit des Geschmackes hat der Versuch auch nur annähernd das erreicht, was der Bericht des Han- delsgärtners Hagen in Erfurt von dieser Pflanze rühmt.

2) Frühe gelbe Wiener Monats-Radies.

Sie sind sowohl im Wipperich’schen Garten, als auf dem Versuchsfelde und zwar mit verschiedenem Erfolge kul- tivirt. Am 2. April in ersterem ausgelegt, bildeten sie fast gar keine Knollen, sondern nur lange ungeniessbare Schwänze und gingen die Stengel sehr bald in Samen auf dem Ver- suchsfelde, später und unter günstigeren Witterungsverhält- nissen kultivirt, lieferte der Samen zwar grosse, jedoch nicht zarte und schmackhafte Knollen.

f) Rüben (Runkeln, Mohrrüben ete.)

Die übersendeten Wurzeln von

1) der Dholigschen Mohrrübe,

2) der Crapaudin-Runkel,

3) der Elvethan-Runkel,

4) der englischen neuen Runkel sind sämmtlich am 10. April und zwar so entfernt von ein- ander auspepflanzt, dass einer Vermischung des Blüthen-

164

staubes vorgebeugt ist; in der Mitte Juli war die Blüthe vorüber; der Samen ist ad 1. am 20. October, ad 2., 3. und 4. schon am 15. September vollkommen reif abgenommen und sollen mit diesem in diesem Jähre die weiteren Ver- suche fortgesetzt werden.

5) Die Frankfurter dunkelrothe Mohrrübe ist am 27. April im Wipperich’schen Garten, am 16. April im Versuchsgarten ausgesäet. Die gezogenen Wurzeln von schön rother Farbe und glatter Form zeichneten sich dadurch aus, dass sie bis auf 9 Zoll Länge von fast gleicher Stärke waren; sie werden jedoch im Geschmacke, namentlich hin- sichtlich der Süssigkeit, von den hier gezogenen Braun- schweiger Mohrrüben übertroffen.

g) Salat.

1) Selbst schliessender Sachsenhäuser Bind -Sommer-En-

divien-Salat.

Er ist am 2, April ins freie Land gesäet; indessen ha- ben sich die Köpfe nicht selbst geschlossen und nicht ge- bleicht, weshalb die Endivien zwar nicht als Salat, jedoch als Gemüse (wie Spargel zubereitet) schmackhaft zu verwen- den gewesen sind. Am 15. August ist reifer Samen auf- genommen.

2) Allerfrühster runder Kopfsalat, bruine geel, ist ebenfalls am 2. April ins freie Land gesäet und hatte schon am 7. Juli feste Köpfe gemacht. Kein Salat von den hier bekannten Sorten schliesst sich so früh wie dieser und ist schmackhafter. Derselbe wird aber in der Wipperich- schen Handelsgärtnerei schon seit längeren Jahren gebaut. Auch von ihm ist am 15. August reifer Samen geerntet.

h) Zwiebeln.

1) Holländische gelbe, süsse, runde Zwiebel ist sowohl im Wip perichschen Garten am 2. April, als im Versuchsfelde am 16. April ausgesäet und sind am 2. Sep- tember aufgenommen. Der Ertrag war nur mässig, auch blieben die Zwiebeln von nur mittlerer Grösse, waren jedoch ziemlich fest.

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165

2) Grosse Kartoffelzwiebel ist am 2. April im Wipperichschen, am 16. April im Ver- suchsgarten ausgepflanzt und am 22. Juli aufgenommen. Der Ertrag. war ebenfalls nur mässig, an der Brutzwiebel hatten durchschnittlich 3—4 Junge von kaum mittlerer Grösse angesetzt.

IH. Cerealien.

Die im Frühjahre resp. Herbste v. J. übersendeten Win- terfrüchte, als:

l) kleinkörniger Hühnerweizen (triticum turgidum),

2) Sieilianischer vierreihiger Weizen (triticum vulgare

muticum),

3) Correnz-Roggen,

4) Mumien-Weizen sind 'erst im Herbste im Versuchsgarten ausgesäet und wird darüber im nächsten Berichte verhandelt werden.

Dagegen ist über den Anbau folgender Cerealien zu be- richten:

5) einkörniger (Sommer-) Weizen, triticum monococcum,

Derselbe ist am 16. April pr. auf 2 Beeten von je % Ruthe in Reihen ausgesäet und vom 26.—29. d. M. aufgegangen.

Das eine Beet ist mit Lupinenschroot resp. Chilisalpeter gedüngt, das andere ungedüngt gelassen. Geerntet ist der Weizen am 5. September.

Beim Dreschen war der Weizen nicht aus dem Stroh zu bringen, die grössere Hälfte der Körner blieb im Stroh. Es sind zwar etwa 2 Metzen gewonnen, wovon jedoch die grössere Hälfte aus Hülsen besteht, die selbst mit der Hand sich von den Körnern nicht lösen lassen. Der Strohertrag war auf- fallend gering und die einzelnen Halme sehr dünn. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem gedüngten und un- gedüngten Beete ist nicht hervorgetreten.

Anscheinend verdient diese Frucht keine Empfehlung.

6) Himmelsgerste (hordeum vulgare L. var. coelest.) wurde im Versuchsgarten auf 2 Beeten von je 4 OR. am

16. April in Reihen ausgesäet und ging in der Zeit vom 1860. Bd. IM. 12

166

25.— 29. April auf. Sie wurde durch Nachtfröste und kalte Witterung bis zum 13. Mai zurückgehalten. Am 15. Mai wurde das eine Beet mit phosphorsaurem Kalk, das andere mit feinem Lupinenschrot gedüngt; die gute Wirkung dieser Düngung war schon in den nächsten Tagen wahrnehmbar.

Geerntet sind von beiden Beeten am 15. August 2% Metzen gute Körner & 5% Pfd. alt Gewicht, wonach sich der Ertrag pro Morgen auf 28 Scheffel 2 Metzen & Scheffel 84 Pfd. alt oder 76 Pfd. 1042 Loth neu Gewicht ergeben würde (mithin die ganze Ernte pro Morgen 21 Ctr. 52% Pfd. alt Gewicht). Auch der Strohertrag war zufriedenstellend.

7) Sechszeilige Gerste (hordeum hexastichon L.) ist ebenfalls auf 2 Beeten von je % ORuthe am 16. April

in Reihen ausgesäet und entwickelte sich wie die Himmels-

gerste sub 6. Am 15. Mai wurde das eine Beet mit phos- phorsaurem Kalk, das andere mit Guano gedüngt. Die gute Wirkung der Düngung zeigte sich schon nach wenigen Tagen. Geerntet sind von beiden Beeten am 15. August 3% Metzen gute Körner & Metze 4 Pfd. 6 Loth alt Gewicht, wonach sich der Ertrag pro Morgen auf 36 Scheffel 10 Metzen & Scheffel 67 Pfd. alt = 60 Pfd. 27% Loth neu Gewicht ergeben würde.

Das Gewicht der ganzen Körnerernte pro Morgen würde hiernach 22 Otr. 237 Pfd, alt Gewicht, also etwas mehr als bei der Himmelsgerste betragen, wobei indessen noch her- vorzuheben, dass bei letzterer die Körner ganz nackt sind. Hinsichtlich des Strohertrags stehen sich beide Gerstenarten sub 6. und 7. gleich.

8) Kurzer Grünfutter-Hafer (avena brevis), ausgesäet im Versuchsgarten auf 2 Beeten von: je % ORuthe am 16. April in Reihen, wurde er ebenfalls durch Nacht- fröste und Kälte bis zum 13. Mai zurückgehalten. Am 15. Mai wurde ein Beet mit Guano gedüngt, das andere ungedüngt gelassen. In Folge dieser Düngung zeichnete ersteres sich schon in den nächsten Tagen durch eine kräftigere Vegeta- tion und ein dunkleres Grün aus.

Geerntet sind am 5. September von beiden Beeten 24 Metze,

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also auf den Morgen berechnet 23 Scheffel 14% Metze, & Scheffel jedoch nur 24 Pfd. alt Gewicht. Dieserhalb und weil der Strohertrag ein nur geringer, die Körner auch dem Wild- hafer ähnlich,ist diese Hafersorte kaum zu empfehlen.

9) Schwarzer Hafer von Brie (avena sativa L.) wurde am 16. April ebenfalls auf 2 Beete von je % ODRuthe in Reihen ausgesäet und entwickelte sich ganz wie der grüne Futterhafer sub 8. Das eine Beet wurde am 15. Mai mit Lupinenschroot, am I. Juni die eine Hälfte des andern mit Chilisalpeter gedüngt. |

Der Hafer wurde am 5. September geerntet und stellte sich ein Ertrag von 2% Metzen, also pro Morgen ein Ertrag von 28 Scheffel 2 Metzen heraus.

Der Strohertrag war sehr bedeutend und lieferte etwa das doppelte Quantum des gewöhnlichen Futterhafers.

Der Amtmann Neubauer in Jerchel hat den Ernteertrag zur Anstellung weiterer Anbauversuche unter der Bedingung eingehändigt erhalten, dass er über das Ergebniss eingehend berichte.

10) Früher Sibirischer Hafer.

Derselbe ist am 16. April in Reihen auf 2 Beete von je % DRuthe im Versuchsgarten ausgesäet und entwickelte sich wie die vorstehend sub 8. und 9. behandelten Hafersorten. Am 15. Mai wurde ein Beet mit phosphorsaurem Kalk ge- düngt, das andere ungedüngt gelassen. Anfangs Juli zeigten sich nach mehreren nasskalten Tagen einige Halme vom Schmierbrand ergriffen, jedoch griff diese Krankheit nach deren Beseitigung nicht weiter um sich. Geerntet wurden am 5. September von beiden Beeten 24 Metzen, so dass die Ernte pro Morgen 23 Scheffel 14% Metzen & Scheffel 40% Pfd. alt Gewicht betragen würde.

‚Auffallend war es, dass unter den geernteten Körnern sich viele kleine ohne allen Mehlgehalt vorfanden, während das Saatgut dieser Getreidesorte sich gerade durch Grösse und Schwere der Körner ausgezeichnet hatte.

12*

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II. Futtergewächse. a) Mais.

Das Sortiment, das uns von Mais durch das Central- Institut für Acclimatisation zugegangen, ist sehr reich und besteht aus folgenden Arten:

1) Bukowina-Mais, Zea L., 2) schwarzer kalifornischer Mais, 3) King Philipp-Mais, 4) kleiner amerikanischer Perlmais, 5) amerikanischer Riesenmais, 6) Stovells-evergreen-Mais, 7) Tuscarora-Mais, 8) früher Tuscarora-Mais, 9) vielfarbiger Mais,

10) Sweet-corn-Mais. er Alle Maissorten sind am 9. Mai im Versuchsfelde ausgelegt.

Von sämmtlichen Mais-Sorten zeichnete sich durch die Quantität der Futtermasse der King-Philipp-Mais besonders aus; ihm am nächsten in dieser Hinsicht stand der vielfar- bige Mais. Wenn auch beide Sorten nicht ganz die Höhe des amerikanischen Riesen-Mais (Nr. 5.) erreichten, so be- staudeten sie sich doch ausserordentlich und zeigten über- haupt ein sehr üppiges Wachsthum. Auch ist von ihnen (Nr. 3 und 9.) nächst dem Bukowina Mais (Nr. 1.) der meiste reife Samen gewonnen. Der kleine amerikanische Perlmais (Nr. 4.) reifte zwar auch in den meisten Kolben, diese blieben jedoch nur sehr klein. Von den übrigen Sorten ist dagegen reifer Samen überhaupt nicht gewonnen, woran freilich der kalte Sommer wohl hauptsächlich die Schuld trägt.

b) Hirse.

1) Futter-Mohar-Hirse ist am 10. Mai auf einem % DRuthe grossen Beete des Ver- suchsgartens in Reihen ausgesäet, wuchs sehr üppig und er- reichte bei einem dichten Stande eine Höhe von 3 Fuss,

Am 21. Juli wurde eine Reihe um die andere 2 Zoll über der Erde abgeschnitten, um eines Theils den stehen blei-

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benden Reihen mehr Raum zu schaffen, anderen Theils um den Nachwuchs zu beobachten, Die abgeschnittenen schilf- artigen Halme wurden vom Rindvieh mit Begierde gefressen. Jedoch zeigte sich weder bei den geschnittenen noch bei den stehen gebliebenen Reihen ein wahrnehmbarer Nachwuchs, so dass die Futtermasse im Ganzen unbeträchtlich blieb.

2) Braune Zuckermoor-Hirse (Sorghum saccharatum), ;,

3) Chokoladenfarbene Zuckermoor-Hirse.

Wurden beide auf je ein Beet von % Ruthe im Versuchs- garten am 10. Mai ausgesäet. Beide Sorghum-Arten wuchsen anfänglich sehr langsam; erst spät im Juli trat ein rascheres und kräftigeres Wachsthum ein und die Pflanzen erreichten bis zum October eine Höhe bis 8 Fuss. Nach und nach hatten viele Pflanzen Blüthen getrieben, reifer Samen ist jedoch von keiner gewonnen worden.

An Futtermasse stehen sich beide Arten ziemlich ganz gleich und übertreffen jedenfalls Sorghum glycychylum bei Weitem. Auch werden sie vom Rindvieh mit grosser Be- gierde gefressen, wenn schon in dieser Beziehung das letzt- genannte Sorghum ihnen vorgehen dürfte.

c) Ceatochloa australis_ im Frühjahre auf einem Beete des Versuchsfeldes ausgesäet, entwickelte sich aus dem Samen eine sehr geringfügige und obenein noch harte Futtermasse, so dass aus dieser Pflanze sich kaum ein für die Förderung der Landwirthschaft gün- stiger Erfolg hoffen lässt. Samen ist davon gewonnen und soll im Jahre 1861 ein nochmaliger Anbauversuch unter- nommen und dabei die Ergebnisse beobachtet werden, welche sich herausstellen, wenn die Pflanze wiederholt geschnit- ten wird.

d) Jeance Kartoffel.

Die übersendeten 3 Stück Kartoffeln sind in 18 Augen- stücken zerlegt und diese in 3 Reihen auf ein Beet des Ver- suchsgartens am 3. Mai ausgelegt in 1% Fuss Entfernung von einander. Gedüngt ist eine Reihe mit Mehl der gelben Lupine, die zweite mit Asche und gebrannten Knochen, die dritte mit Guano.

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Von diesen 18 Augenstücken sind 2% Metzen fast durch- gehends grosse Kartoffeln gewonnen, und es scheint sonach diese Sorte nicht nur ausserordentlich ergiebig, sondern auch, nach einer gemachten Probe zu urtheilen, als Speise-Kar- toffel sehr wohl verwendbar.

e) Aegyptische Feldbohne ist im Wipperich’schen Garten am 10. April ausgelegt, blühte am 10. Juni. Etwa der dritte Theil der Pflanzen hatte durch Befallen und durch Benagen von Insekten gelitten. Sie hat einen ziemlich reichlichen Ertrag geliefert. Die vollkom- mensten Pflanzen hatten 3 Stengel mit zusammen 24 Schoten a 3 Korn. Reifer Samen ist gewonnen.

f) Weisser Quinoa (Hühnerfutter).

Den Anbau dieser Nutzpflanze hat der Ober-Regierungs- Rath Willenbücher zu übernehmen die Güte gehabt, und erlauben wir uns, auf dessen anliegenden Bericht vom heu- tigen Tage Bezug zu nehmen.

B. Versuche über die Kultur der vom Acclimati- sations-Vereine zu Berlin übersendeten Sä- mereien ausländischer Nutzpflanzeu,

I. Gartengewächse (Gemüse). a) Erbsen.

1) Mumien-Erbse wurde im Wipperich’schen Garten am 18. April gelegt, ging am 24. ejusd. auf, blühte am 14. Juni, war als Gemüse am 12. Juli verwendbar und wurde 1% Fuss hoch. Sie trug alle Fruchtschoten dicht aneinander in der Krone. Die letzteren hatten eine ansehnliche Länge und einen feinen und süssen Geschmack. Der Samen war am 20. August reif.

2) Riesen-Mark-Erbse wurde daselbst am 18. April gelegt, ging am 25. ejusd. auf, blühte am 22. Juni und war am 10. Juli gemüsereif, sie er- reichte eine Höhe bis 4 Fuss, hing ziemlich voll Schoten mit 7—8 Körnern und süssem Geschmacke. Der Samen war am 20. August zur Reife gelangt. | |

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3): Cicer arietinum wurde am 28. April gelegt, ging nach 8 Tagen auf, trat am 10. Juni im die Blüthe. Etwa % des Samens war in Folge der nassen Witterung verstockt. Der Anbau’ dieser Frucht erscheint nicht lohnend.

b) Bohnen.

‚1) Stangenbohne aus Carracas ist im Wipperich'’schen Garten am'4. Mai gelegt, blühte am: 8. Juli und hatte reifen Samen zu Anfang October. Sie hatte lange Schoten: von weichem Fleische und gehört zu den Brechbohnen.

2) Rothe Prager Stangenbohne (Norwegen) wurde am 4. Mai gelegt, blühte am 9. Juli, wächst’ spärlich, hat wenig; Früchte ausgebildet, die erst Mitte: October zur Reife gelangt sind.

ec) Radies von Madras. cfr. Bericht & L e:l. d) Gurke,

Die, chinesische Gurke, am 2. Mai gelegt: und: am 12 Mai ins: freie Land: versetzt, hatte Mitte Juli’ zu Salat geeignete’ Früchte; ist: volltragend und: schmackhaft:

II. Futtergewächse.

1) Sorghum glycychylum wurde im Versuchsgarten am: 10.: Mai: in: Reihen ausgesäet, entwickelte sich sehr üppig und:stand sehr dicht, Am 22: Juli‘ wurde eine Reihe um die andere 2 Zoll über: dem» Boden abgeschnitten und an Rindvieh: verfüttert, welches) die dem Mais ähnlichen, anscheinend sehr nahrhaften Pflanzen be- gierig: frass. Die Pflanzen in den. ungeschnittenen Reihen wuchsen. bis zum: October fort und: erreichten eine: durch- schnittliche: Höhe von 4—6 Fuss; Nur wenig Pflanzen ge- langten zur Blüthe und bis zur Entwickelung des Samens: ist es bei keiner gekommen. Der Nächwuchs ‚auf den ab- geschnittenen Reihen war ‚nur unbedeutend: und langsam, woran indessen der kalte Sommer: mit Schuld haben mag. Die Futtermasse, welche Sorghum saccharatum: (sowohl die

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braune als die chokoladenfarbene Zuckermoorhirse) gebracht, ist weit beträchtlicher als die dieser Nutzpflanze, welche je- doch von besserer Qualität als jene zu sein scheint.

2) Setaria aus Algier | wurde am 10. Mai im Versuchsfelde auf ein Beet in Reihen gesäet. Mitte August wurde an einzelnen Pflanzen der Brand bemerkt. Geerntet ist sie in den letzten Tagen des August oder Anfang September; von % DRuthe ist eine Metze reifer Samen gewonnen. Ob: derselbe zur menschlichen Nahrung geeignet oder nur als Futter für Pferde oder auch Federvieh verwendbar, darüber sind noch keine Versuche gemacht, in- dem der Samen zur Wiederaussaat aufbewahrt wird.

3) Riesenfuttermöhre | ist am 16. April ausgesäet. Sie lieferte starke Wurzeln bis zu 12 Zoll Länge von grosser Süssigkeit. An Ertrag wird sie jedoch von der hier neuerdings eingeführten weissen grün- köpfigen Futtermöhre bei Weitem übertroffen.

4) Zizania aquatica ist an 5 verschiedenen Orten im moorigen Sandboden des Drömlings zu kultiviren versucht, ist aber nirgends aufge- gangen. Wahrscheinlich war der Samen nicht mehr keim- fähig.

5) Panicum maximum.

Ein neuer Versuch :zur Kultur diesen. Pflanze hat kein besseres Ergebniss als das im vorjährigen Berichte darge- stellte gehabt.

6) Socomie aus Pecking.

Die durchgewinterten Exemplare haben weder beim Han- delsgärtner Wipperich noch beim Regierungs-Rath Schultze Samen angesetzt, überhaupt in keiner Weise zugenommen. Diese Pflanze scheint daher für das hiesige Klima nicht ge- eignet.

7) Bukowina Mais.

efr. A. Hl. al. 8) Chinesischer Futtermais. Die Aussaat von dem chinesischen Futtermais von dem

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1859 geernteten, anscheinend vollkommen reifen Samen hat nach dem Berichte des Rittergutsbesitzers v. Alvensleben- Demcker nur wenig und schwächliche Pflanzen erzeugt.

9) Dioscorea japonica.

Ein kleines Beet überjähriger Pflanzen ergab meistentheils Wurzeln von 4—1 Pfd. Schwere, und würde sich hiernach der 2jährige Ertrag pro Morgen auf 130 140 Centner stel- len. Zum Anbau im Grossen möchte indessen doch diese Frucht ungeeignet bleiben, weil das Ausnehmen der Wur- zeln wegen deren Form und leichter Zerbrechlichkeit grossen Aufwand von .Mühe und Sorgfalt erfordert, überdiess auch in einigermassen strengen Wintern eine Bedeckung des Bo- dens erforderlich sein dürfte. |

III. Handelsgewächse.

1) Amerikanischer weissblühender Lein wurde im Versuchsfelde am 27. April ausgesäet und ging in der Zeit vom 6.—9. Mai auf, erreichte eine Höhe von 3 Fuss und darüber, während der blaublühende kaum 2 Fuss hoch wurde. Es fanden sich jedoch auch unter dem weiss- blühenden mehrere blaublühende Pflanzen, so dass der Sa- men wohl nicht ganz rein gewesen sein kann.

2) Linum usitatissimum von Riga.

Es gingen zwar einzelne spärliche Pflanzen, die am 10. Mai im Versuchsgarten gesäet waren, auf, im Ganzen ist der - Versuch jedoch völlig missglückt.

; 3) Chinesischer Hanf

wurde am 10. Mai (allerdings in nicht geeignetem, hier auch

schwer zu erlangenden Boden) ausgesäet, erreichte eine Höhe

von 6—7 Fuss. Die Mitglieder des Comite, mit dem Hanfbau nicht vertraut, haben nicht sich hierbei zu verhalten ge-

_ wusst, so dass der Versuch ein Resultat nicht gehabt hat.

4) Ricinus communis major.

Der eingegangene Samen ist im Mistbeete 2mal ausge- säet, aber, anscheinend nicht keimfähig, nicht aufgegangen.

Von dem 1859 geernteten Samen des Rieinus communis ist dem Chausseegelderheber Bartels in Bindfelde mit-

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getheilt, der sich mit: Seidenbau beschäftigt und weiteren Anbauversuchen sich unterziehen wird. |

5) Dipsacus fullonum.

Der ausgesäete Samen ist nicht aufgegangen. Dagegen sind. die 1859 gesäeten Pflanzen, obwohl sie nur wenig mit Reissig bedeckt, gut durchgewintert, haben sich sehr kräftig entwickelt und sind die stärksten Kolben zu Anfang Juli in die, Blüthe getreten.

Nach dem Urtheile hiesiger Tuchweber hat diese Pflanze nicht unerhebliche Vorzüge vor der bisher hier gebauten Weberkarde.

Dem Tuchweber Storbeck ist der gewonnene Samen ausgereicht; derselbe wird weitere Anbauversuche damit un- ternehmen und hat sich: zur Berichterstattung verpflichtet.

6) Taback.

Die Anbauversuche mit den verschiedenen Sorten von Tabacksamen: Ohio, Maryland, Goundi, Libanon, Havannah, Schiras und Cuba sind: in Folge des ungünstigen Sommers: und: da überdies: das dazu verwendete Land nicht: besonders: zubereitet. war, als missglückt zu bezeichnen.

7) Rubus Idaeus ist im Versuchsgarten am 10, Mai ausgesäet: und habbıı die aufgegangenen Pflanzen eine Höhe von: 2 Zoll’ erreicht.

8) Myrrhis odorata Ä ist im Versuchsgarten am 5. Mai ausgesäet, aber nicht auf- gegangen.

Ad. 7. und:8. ist, Zweck und Behandlung: dem unterzeich- neten Comite vollkommen fremd geblieben.

IV. Bäume.

Ueber

1) Ailanthus glandulosa,

2) Morus alba vergleiche Anlage A., den. Bericht des Geh. Regierungsraths Heinrich vom heutigen: Tage.

Von den 1859 übersendeten Sämereien ist

3) Taxus, baccata, nicht aufgegangen, ebensowenig

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4) Prunus sibirica,

5) Pfirsich von Tullins,

6) Crataegus sanguinea.

Dagegen sind die 1859 gelegten Samenkörner von

7) Ulmus (species indefinita),

8) Larix dahurica,

9) Amygdalus pedunculata noch im Wipperichschen Garten, ohne dass etwas Beson- deres über sie zu berichten wäre.

(gez.) Roloff. Schultze. Lingner. Wipperich. "Schroeter.

A.

Der mir, anvertraute Same von

Morus alba, gewönlicher weissfrüchtiger Maulbeer-

baum, und

Ailanthus glandulosa, drusiger Götterbaum, ist gleich nach dessen Empfange im Frühjahr 1860. im Ge- hölzgarten. des hiesigen Verschönerungs-Vereins ausgesäet.

Jener ward früher als Weide genutzt und hatte sich aus Pflanzenresten und dem von dem Viehe verlornen Dünger eine 4 lfüssige Schicht Dammerde gebildet, unter. der. sich strichweise entweder eine ebenso starke Schicht theil- weise fast zu Stein verhärteter Kalkmergel und dann ein mehr oder weniger mie Kies vermengter Sand, oder aber je ‚nach dem Ansteigen des Terrains ganz trockener resp. etwas feuchterer Sand mit geringen Lehmtheilen befand. Durch Rajolen des Bodens ist die Dammerde um 14—2 Fuss tief versenkt, der Kalkmergel und resp. Sand obenauf ge- kommen.

‚An einer durch anderes Gebüsch vor Nordwinden etwas geschützten, der Morgen - und, Mittagssonne ausgesetzten Stelle - des vorbeschriebenen, etwas feuchteren Sandbodens ist der Samen von Morus alba in Rillen von 1—1% Zoll Tiefe aus- gesäet. Derselbe ist aber gar. nicht aufgegangen; möglich ist, dass derselbe noch in diesem Frühjahre keimt und treibt,

FE

denn es war doch schon ziemlich spät im Jahre, als der- selbe gesäet wurde.

Dicht daneben und ebenso ist der Same von Ailanthus glandulosa der Erde anvertraut. Derselbe ist im Ganzen gut aufgegangen und die Pflänzchen haben in einer Höhe von etwa 2 Zoll das dritte Blatt entwickelt; dieselben wer- den, wenn die Witterung günstiger als im vorigen Jahre, nun rasch in die Höhe gehen, sofern der jetzige strenge Winter nicht geschadet hat.

Auch im Kalkmergelboden ist Ailanthus glandulosa ge- säet; es sind aber hier nur wenige Pflänzchen aufgegangen und kümmerlich haben dieselben ihr Leben gefristet.

Weiteren Bericht über den gemachten Versuch behalte ich dem nächsten Jahre vor und bemerke nur, dass einzelne Bäume von Ailanthus gl. 12— 15 Fuss hoch und 2—3 Zoll stark sich im Gehölzgarten vorfinden und dieselben bisher ohne Decke die Winterkälte ertragen haben.

Stendal, 22. Januar 1861.

(gez) Heinrich.

B.

Referat über den Anbau der weissen Quinoa.

Die mir übergebene Saatprobe wurde am 19. April zur Hälfte in Reihen, zur Hälfte breitwürfig gesäet, und zwar in gut durchgearbeiteter, gedüngter Gartenerde. Ungeachtet günstiger Witterung ging die Saat erst am 29. April, dann aber dicht und gleichmässig auf. Das Wachsthum der jun- gen Pflanzen ging jedoch, obschon es an Feuchtigkeitsnieder- schlägen nicht mangelte, nur langsam vor sich; die Blüthe begann erst im Juni und der Fruchtansatz entwickelte sich nicht gleichzeitig, sondern mehrere Wochen hindurch, so dass die Ernte erst in der Mitte des October erfolgen konnte und, wenn auch im Quanto reichlich, doch viele unvollkommen ausgebildete Körner lieferte. Dazu kommt, dass die Hüh-- ner, welche ich damit fütterte, nur sehr ungern und wenig davon auffrassen.

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Dass diese Frucht die Hühner geneigter macht, zu brü- ten, habe ich nicht wahrnehmen können; diese Eigenschaft würde auch keine Empfehlung sein, denn an brütenden Hüh- nern ist jetzt nach Einführung der fremden Hühnerrace kein Mangel, wohl aber Ueberfluss.

Ich bin daher der unvorgreiflichen Meinung, dass die weisse Quinoa sich ganz entschieden nicht zum Anbau empfiehlt.

Stendal, 22, Januar 1852.

(gez) Willenbücher.

Berichte über die Züchtung des Ricinusspinners Bombyx Ricini (Cynthia).

Bei der im vorigen Frühjahr stattgehabten Vertheilung von Graines des Bombyx Ricini konnten leider nicht alle un- sere geehrten Mitglieder, welche dergleichen zu erhalten wünschten, rechtzeitig berücksichtigt werden, indem der Um- stand vorgekommen war, dass eine grosse Menge der zur Vertheilung bestimmten Graines durch eine zufällig einge- tretene Temperaturerhöhung bereits im Auskriechen begriffen, oder doch der Entwickelung schon nahe waren. Es blieb deshalb nichts übrig, als das Einspinnen der entschlüpften Raupen abzuwarten, und statt der Graines die Cocons zu versenden. Sehr vielen Mitgliedern haben wir sowohl Graines als Cocons zugehen lassen. Dabei hat sich zunächst der Uebelstand herausgestellt, dass die Versendung der Cocons, obwohl sie gut verpackt waren, doch vielfach ungünstig auf die Entwickelung der Schmetterlinge eingewirkt hat. Viele Berichte gaben nämlich davon Nachricht, dass die Schmetter- linge entweder ganz in den Cocons stecken blieben und ver- trockneten, ehe sie ausschlüpfen konnten, oder'auch, dass ° die entschlüpften sich nur unvollkommen entwickelten und in Folge dessen weniger zur Begattung geeignet waren.

Diese Umstände sind ohne Zweifel einerseits durch zu grosse Trockenheit, andererseits durch die starke Erschütte-

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rung der Chrysaliden auf der Reise herbeigeführt worden, und werden wir deshalb in Zukunft die Uebersendung von Cocons soviel als möglich zu vermeiden suchen.

Obwohl erst wenige Berichte über die Züchtungsversuche eingegangen sind, wollen wir sie doch der Reihe nach hier folgen lassen.

I.

Der Vorstand des Vereins für Förderung der Seidenzucht im Herzogthum Nassau berichtet unterm 27. Juli 1860 aus Wiesbaden Folgendes:

Nachdem die mit dem verehrlichen Schreiben vom 4. d. M. uns gütigst zugesendeten Cocons ausgelegt waren, schlüpften am 14. d. M. ein und am 16. dess. zwei weibliche Schmet- terlinge aus. Vergeblich hofften wir nun von Tag zu Tag auf das Ausschlüpfen der übrigen, bis es sich heute, am 27., bei Oefinung der Cocons ergab, dass die übrigen Puppen resp. Schmetterlinge vertrocknet, jedoch zum baldigen Ausschlüpfen reif, merkwürdiger Weise, den Fühlhörnern nach zu schliessen, ebenfalls sämmtlich Weibchen wären, so dass wir hierdurch von der Graineszucht ohnehin hätten abstrahiren müssen.

Der Grund des Absterbens der Puppen konnte von uns nicht ermittelt werden, liegt aber keinenfalls in der Art und Weise der hiesigen: Aufbewahrung.

(gez) Schmidt, Vereinssekretair.

Wir bemerken hierzu, dass es sehr schwer ist, nach den Fühlern allein die Geschlechter des Ricinusspinners zu un- terscheiden, da’ sowohl Männchen als Weibchen buschige Fühler haben.

In den gedruckten Mittheilungen desselben Vereins findet sich folgende Nachricht über Versuche mit aus Paris erhal- tenen Graines:

Die erste Zucht mit den uns aus Paris zugekommenen Eiern misslang, weil es uns an Futter fehlte. Ein zweiter Versuch hatte in soweit einen erwünschten Erfolg, dass sämmtliche Eier, etwa 100 Stück, am 10. Juni ausgingen.

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Davon zog Herr Dr. Rösler 55 Raupen, fütterte Anfangs Blätter der Weberdistel, Dypsacus fullonum, bemerkte aber bald, dass dieses Futter nichts tauge, und verschaffte sich Ricinus- Blätter, welche von den noch kräftigen Räupchen gerne gefressen wurden. Da es aber an diesem Futter ge- brach, war der ganze Erfolg in Frage gestellt, als wir auf Ailanthus glandulosa (Götterbaum) als Nahrung der Raupen aufmerksam gemacht, dessen Blätter zur Fütterung anwen- den liessen, wodurch auch die noch übrigen Raupen geret- tet wurden.

Das Einspinnen erfolgte vom 7. bis 12, Juli, und vom 31. Juli bis 7. August erschienen Schmetterlinge.

Die Paarung dauerte 2 bis 3 Tage, worauf sich eine er- hebliche Auzahl Eier ergab. Aus denselben wurden im Au- gust 1859 zwischen 2—- 300 Cocons erzielt und bei der Zucht der. Raupen, die getrennt, theils mit Rieinus, theils mit Ailanthus geschah, die Ueberzeugung gewonnen, dass die Fütterung mit Ricinus grössere und kräftigere Thiere erzeugt.

Die Winterzucht misslang, weil die Eier, aus Versehen einer zu geringen Temperatur ausgesetzt, sich nicht ent- wickelten. | a er

Die Herren Hofgerichtsrath Dr. Rösler und Lehrer Gärt- ner setzen die Zucht dermalen fort.

Diese weiteren Zuchten werden voraussichtlich noch er- geben, ob. die Vermuthung, dass die Eriaraupe (Arrundy Arria) mit der eigentlichen Bombyx Cynthia verwechselt wor- den sei, da letztere vorzugsweise von Ailanthus glandulosa, erstere dagegen von Ricinus lebe, gegründet ist.

Dem Herrn Accessisten Dr. Neubauer ist es gelungen, einige der von uns gewonnenen Cocons durch Kochen mit einer nicht zu sehr verdünnten Lösung von kohlensaurem Natron zu lösen. Nach dem Kochen hat er das Natron durch wiederholtes Waschen mit heissem Wasser entfernt, wodurch auch die letzten Leimmengen ausgezogen wurden.

Wir glauben annehmen zu können, dass sich aus diesen Cocons jedenfalls eine: brauchbare Flockseide wird herstellen

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lassen und werden die Versuche über die Verwendung in grösserem Maasse fortsetzen.

1. Kassel, 20. December 1860.

Wir erhielten durch Ihre gütige ‘Vermittelung Anfangs - Juli d. J. sowohl Graines, als Cocons. Die ersteren wurden von dem Justizbeamten Cöllmann zu Melsungen und Kan- tor Schäfer dahier ausgelegt und erzielten beide vom 23. Juli an bei sorgsamer Pflege und unter einer Temperatur von 16 bis 18° R. recht kräftige Raupen.

Collmann hat diese lediglich mit den Blättern der We- berkarde, von denen sie Anfangs nur wenig, später dagegen sehr viel zu sich nahmen, gefüttert. Die Raupen spannen sich 6 Wochen nach dem Auskriechen ein. Schäfer machte die Beobachtung, dass seine eben wohl nur mit dem Kraut der Weberkarde ernährten Raupen kurz vor dem Einspinnen einen gelben Saft (aus dem Maule) von sich gaben und dann krepirten.

Den übrig gebliebenen gab er schnell nur Rieinus-Blät- ter; sie blieben in Folge dessen gesund und spannen sich normal ein.

Beide Züchter bewahren ‘die erzielten Cocons an geeig- netem Orte und unter angemessener Temperatur auf, und hoffen, mit künftigem Frühjahr gesunde Spinner aus densel- ben zum Vorschein kommen zu sehen,

Was nun die Cocons anlangt, so: behändigten wir diese alsbald nach dem Empfang dem Herrn Schäfer.

Es entschlüpften denselben zwar Spinner, doch zeigten diese keinen grossen Begattungstrieb und legten verhältniss- mässig wenig Eier, aus denen zwar zarte Räupchen krochen, die aber der sorgsamsten Pflege ungeachtet nach einigen Tagen starben.

(gez.) Kürfürstlich Hessische Kommission für landwirthschaft- . liche Angelegenheiten. Wendelstadt. Baumbach.

4 - Be 07 Talrta

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| II. Oftringen bei Aarburg, 8. Decemb. 1860.

Ich habe im Sommer und Herbst d. J. drei Zuchten von Bombyx Rieini (Cynthia) vorgenommen.

Obschon die Witterung fast beständig nass und kühl war, wandte ich bis Ende September dennoch keine künstliche Wärme an, und bemerkte für die Raupen keinen anderen Nachtheil, als etwas verzögertes Wachsthum. In allen Ver- wandelungsstadien zeichnete sich das nützliche Geschöpf im Verhältniss zum vorigen Jahr vielmehr durch bedeutendere Grösse und Kräftigkeit aus, was wohl der sprechendste Be- weis für die glücklich gelungene Acclimatisation ist.

Ausser Rieinus und Kardendistel und den in meinen Be- richten im Januar 1860 genannten Surrogaten habe ich nun auch den grossen Ampfer benutzt und mit letzterem gelun- gene Versuche gemacht.

Die Ueberwinterung der Puppen ist nun meine angelegent- liche Sorge. Soll nämlich dieser Seidenspinner auch in dem Hause des ärmeren Landmannes die verdiente Aufnahme und

Pflege finden und durch seinen warmen Kleiderstoff demsel-

ben zum Segen werden, so muss man das einfachste Mittel aufzufinden trachten, wodurch die mit Kosten verbundene

Winterzucht vermieden werden kann,

Nur in diesem Falle ist eine rasche Verbreitung ge- sichert.

Zu diesem Zweck habe ich Puppen von Ende September und Anfangs December (denn so eben hat sich wieder eine Anzahl Raupen eingesponnen) in den Keller gelegt, und auch

solche von Raupen, ‚die erst Anfangs Januar 1861 spinnreif

werden, gedenke ich ebendaselbst aufzubewahren, und werde

- Ihnen s. Z. über die Resultate berichten.

Schliesslich theile ich Ihnen eine Erfahrung mit, die auch

wohl noch anderwärts gemacht worden ist.

Einige Freunde, denen ich Eier mitgetheilt, klagten über Vertrocknen derselben, ja die Raupen sollen sogar, nachdem

sie'schon. eine Oeflinung ins Ei gemacht haben, gestorben 1860. Bd. II. 13

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sein. Ebenso sollen Schmetterlinge beim Auskriechen in der Oeffnung des Cocons stecken geblieben sein. Um Beides zu verhindern, habe ich ein einfaches Mittel gefunden. Ich lege nämlich in die Schachteln oder Einmachegläser, in denen ich die Eier ausbrüten lasse, ein feuchtes Tuch und setze die Eier in einem Schächtelchen darauf. Beim Entwickeln des Schmetterlings in der Puppe stelle ich beständig ein Gefäss mit Wasser in die Nähe der Cocons, erhalte auf diese Weise die nöthige Feuchtigkeit und verhindere dadurch oben- genannten Nachtheil. (gez.) J. Wullschlegel.

IV. Altenburg, 19. December 1860.

Dem wohllöbl. Vorstande des Acclimatisations - Vereins beehre ich mich die Resultate über die KARIN nerzucht ergebenst mitzutheilen.

Vor Allem statte ich hiermit dem hochgeehrtesten Vor- stande meinen verbindlichsten Dank ab für die so überaus freundliche Uebersendung von Ricinussamen, ' Cocons und Graines. Was die beiden Sorten R. major und minor an- langt, so ging von R. major auch nicht ein Korn auf. Alle gepflanzten Samen keimten nicht, sondern lösten sich nach und nach auf. Dahingegen gedieh R. communis Br um so üppiger,

Aus den anher eingesandten Cocons schlüpften Kette Fal- ter aus, die sich zwar begatteten und Eier legten, aus denen aber keine Räupchen schlüpften. Die späterhin mir in ziem- licher Anzahl zugesandten Graines vertheilte ich an vier Entomologen hier, an einen in Meissen, an einen in Ossa (sächs. Dorf), an einen in Weimar und an einen in Brünn. Die meisten Graines behielt ich.

Von Weimar und Brünn habe ich keine Nachrichten er- halten. Der kalte Sommer d. J. war nicht dazu geeignet, Hauptresultate zu erzielen. Es hielt Anfangs sehr schwer, die Pflanzen zur Zucht rechtzeitig heranzuziehen, da dies nur in Treibhäusern geschehen konnte. Die Kälte selbst noch

a u ul m u

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im Juli trat den Pflanzen, wie den Räupchen sehr hindernd in den Weg. Die Räupchen erstarrten an den Ricinusblät- tern und fielen in Menge herab. Erst als im August Wärme eintrat, ging das Wachsthum der Räupchen rasch vor sich und brachten wir sie hier zu einer Grösse, wie sie annähernd nur in ihrer Heimath vorkommen mag. Alle Raupen, die der Juli übrig gelassen hatte, lieferten grosse schöne und gesunde Cocons, und haben die einzelnen ausgeschlüpften Falter eine bedeutende Grösse erlangt und zeichnen sich durch eine sehr dunkele Farbe aus.

Die meisten Cocons liegen noch, aus denen die Falter künftiges Jahr hervortreten werden.

Ungefähr 200 Stück Raupen sind hier grossgezogen wor- den, fast durchgängig von derselben Länge und Schönheit, desgleichen in Meissen und Ossa. Da also das verstrichene Jahr zu ungünstig auf die gedachte Zucht einwirkte, so kann der heurige Versuch nicht füglich als Massstab angenommen werden, ob diese Seidenraupenzucht zu empfehlen ‘sei oder nicht. Da aber die kleine Anzahl Raupen in solcher Schön- heit und Vollkommenheit in den warmen Augusttagen heran- wuchsen, so ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, dass man in einem Jahre recht gut zwei Zuchten vornehmen kann, sobald Ende Mai und Anfang Juli Wärme eintritt, und wo wir uns dann auch besser mit dem Futter der Raupen vor- gesehen haben werden, als es im verflossenen Sommer der Fall sein konnte.

Bei mir sass von den Faltern ein Pärchen drei Tage lang in Begattung. Dieses Weibchen legte dann auch Massen von Eiern, die ich zur Zucht aufbewahre.

Im kommenden Jahre soll die Zucht massenhaft vorge- nommen werden, wenn nur eine günstige Temperatur das

ihrige beiträgt.

5 Da der ungünstigen Witterung halber der Riecinussamen nicht zur Reife gelangen konnte, so wird es mir sehr er- wünscht sein, wenn ich von den etwaigen Vorräthen recht zeitig eine Parthie erhalten könnte.

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Im kommenden Jahre werde ich nicht ermangeln, die Resultate dem verehrlichen Vorstande mitzutheilen. (gez.) M. Schlenzig, A.-Gerichts-Kanzlist.

| V. Freienwalde, 20. December 1860.

Von dem erhaltenen Samen des Ricinus, so wie des Ailanthus, war nicht ganz die Hälfte aufgegangen, von Dip- sacus fullonum gar nichts. Sie wurden von mir selbst in verschiedenen Erdarten, in solcher, wo Lehm, solcher, wo Sand, und solcher, wo Moorboden vorherrschend war, und in Töpfe zu zwei verschiedenen Zeiten an warm und geschützt liegenden Orten, zuerst am 9. Mai gelegt. Am 25. Mai, mithin am 16. Tage, war Ricinus, und Ailanthus am 5. Juni aufgegangen. Am 5. Juni wurden von mir als zweite Aus- saat 165 Kerne von Ricinus und 60 Ailanthus und Dipsacus full., nachdem diese drei Sorten 3 Tage in schwachem Na- tronwasser geweicht hatten, gelegt. Am 18. Juni waren’ die beiden ersteren doch auch nur zur Hälfte, von da ab in einigen Tagen nach und nach aufgegangen. Der Letztere wieder gar nicht. Am 13. Juni wurden 12 Ricinus und einige Ailanthus in Töpfe gepflanzt. Die ersteren hatten am 27. Juni erst 5 Blätter. Diese Topfpflanzen gediehen sehr kümmer- lich. Die höchste erreichte nur einen Fuss. Auf dem Lande wurden auch die zu dicht stehenden verpflanzt, denn Ri- cinus muss zur starken Ausbreitung in 3 Fuss Entfernungen stehen. | |

Sie wuchsen, gut angegossen, leicht an, erreichten aber bei gleicher Pflege und auf demselben Lande bis zum Herbst keine zwei Fuss Höhe, während diejenigen, welche stehen geblieben waren, 4 Fuss Höhe erreichten und die grössten Blätter etwas über 1% Fuss Durchmesser hatten. Ailanthus erreichte 6—8 Zoll.

Sämmtliche Pflanzen wurden immer bei trockenem Wetter gegen Abend begossen, was im Grossen nicht ausführbar ist. Zweimal hatte der starke Wind, die grossen Ricinusblätter

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erfassend, die Stauden ganz umgeworfen, da ihre schwachen nicht tief gehenden Wurzeln sie nicht zu halten vermochten.

Sie wurden wieder behutsam aufgerichtet, angegossen und das zweite Mal befestigt, und wuchsen so. ohne merkbaren Schaden fort.

Der erste starke Frost im Herbst tödtete sie; der Reif, der sie einige Male zuvor betroffen, schadete ihnen nicht.

Der an mehreren Stauden gut angesetzte Samen kam nicht zur Reife. Wohl wegen der späten Aussaat und der im Gan- zen so ungünstigen Witterung dieses Sommers war dies der Fall.

Wegen dieser misslichen und schweren Kultur der Ricinus- pflanzen in grossem Maassstabe, welche nicht so gepflegt werden können, wie'es mit dieser kleinen Pflanzung geschah, erscheint mir die Zucht der schönen Ricinus-Raupen kaum ausführbar, wenn es nicht gelingt, sie an ein anderes Futter zu gewöhnen, Ailanthus-Blätter, welche ich den Raupen nach der ersten und zweiten Häutung vorlegte, wollten sie nicht fressen, obwohl’ es eine neue, schon in Frankreich ein- geführte chinesische Seidenraupe geben soll, welche sich nur von diesen Blättern nährt. Dies Blatt hat gekaut einen sehr barschen, unangenehmen Geschmack, das des Rieinus einen kohlartigen. Desshalb beabsichtige ich im nächsten Jahre in. dieser Beziehung umfassendere Versuche zu machen.

Vor dem Einspinnen in einer Hütte, von den Zweigen eines wohl zum Johannis- oder Stachelbeergeschlecht gehö- rigen Gewächses gebildet, welches sehr frühzeitig treibt, viele stachelbeergrosse und ähnliche Blätter hat und bis zum star- ken Frost grün bleibt, sich leicht durch Wurzelausläufer und Stecklinge vermehrt, über 6 Fuss hoch wird, und mit fast jedem Boden fürlieb nimmt, selbst unter Bäumen und grösse- ren Sträuchern, bei grosser Trockenheit aushält, beobach-

tete ich 6 Raupen, welche schnell und mit Behagen noch einige Blätter verzehrten, obgleich diese Blätter auch eben keinen angenehmen Geschmack haben, und sich am Fusse dieser kleinen Hütte auch Ricinus-Blätter befanden.

Die am 7. Juli erhaltenen 10 Cocons sollen am 21, Juni

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sich eingesponnen haben, und wurde das Ausschlüpfen der Schmetterlinge am 11. Juli erwartet.

Bei einer Temperatur von 18° R. waren in der Nacht vom 17./18. Juli in dem 'Pappkästchen 8 Schmetterlinge ausge- schlüpft, wovon sich 6 gepaart haben.

Am 19. Morgens war schon ein Paar getrennt und hatte das Weibchen eine Anzahl Eier gelegt. Die andern Schmetter- linge blieben bis zum 20. Juli gepaart und hatten sich dann auch selbst getrennt und einige Eier gelegt. Am 21. Juli waren noch zwei Paar wiedergepaart. Am 23. Juli keine mehr gepaart und zwei schon todt. Drei Schmetterlinge waren in den Cocons todt geblieben und da ein Cocon zwei Schmetterlinge lieferte, so gab das mithin 8.

Diese Schmetterlinge hatten 3—400 Eier gelegt und ka- men die Raupen am 30./31. Juli und 1. und 2. August bei 18—20°R. im Pappkästchen aus und zwar ziemlich zahlreich, doch starben während der ersten Häutung viele auf'den fein- gehackten Blättern, welche in ‘diesem zerschnittenen, un- natürlichen Zustände rasch trockneten. Von 31 Raupen vor der ersten Häutung auf ein nicht ganz junges Blatt einer Topfpflanze gebracht, blieb nur 4 am Leben; viele wurden wahrscheinlich von einer ziemlich runden, grauen, dicken Erdspinne von der Grösse eines starken Nadelkopfes, mit einem schwarzen Schilde auf dem Rücken, welches durch die Lupe deutlich wahrgenommen wurde, ‚getödtet und ver- zehrt, denn sie verschwanden spurlos, bevor ich die Spinne . entdeckte. Aus Versehen, indem ich sie zum Aufbewahren erhaschen wollte, ward sie erdrückt. Andere starben wäh- rend der ersten Häutung, da ihnen wahrscheinlich dies Blatt nicht zart genug war, und zum Oeftern fielen sie herunter, vielleicht nach zarterem Laube suchend. Bis nach der ersten Häutung müssen die Raupen auf den zartesten, nicht zer- hackten, frischerhaltenen Blättchen «erhalten werden.

Am 10. August Abends wurden 2 Raupen nach der zwei- ten Häutung und bereits bläulich aussehend, auf eine Riei- 'nustopfpflanze ins Freie gesetzt. Obgleich es die beiden näch-

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sten Nächte kühl und stark nebelig war, auch geregnet hatte, so hatten sie doch ziemlich gefressen und sich bald unter das Blatt „begeben. Diese beiden Raupen hatten bei ferne- rem kalten, regnerischen, stürmischen Wetter die übrigen Häutungen glücklich bestanden und waren auf eine grosse Pflanze im Garten gebracht worden.

Am 29. August war die eine Raupe heruntergefallen und fing auf Unkraut an, sich einzuspinnen. Sie ward in die Mitte eines grossen Ricinus -Blattes gesetzt, mit einem an- dern Stück Blatt gedeckt, spann sich an diesem Tage auf demselben ein und schlüpfte, später ins Zimmer gebracht, glücklich als Schmetterling aus.

Die andere Raupe fand ich am 1. September an der Erde in einiger Entfernung von der Pflanze, jedenfalls von einem Vogel dahingetragen, angefressen, aber noch lebend, und tödtete sie. Dass diese Raupe, wie solches auch durch frü- here Versuche festgestellt worden ist, sehr ungünstige Witte- rung, Wind, Regen, kühle Temperatur vertragen kann, be- stätigt auch dieser Versuch; allein sie deshalb im Freien ziehen zu wollen, würde ganz fehlschlagen, wenn sie auch nicht von Vögeln und anderen Feinden vertilgt würden; selbst in ihrer Heimath können auf diese Weise nur sehr Wenige zum Einspinnen gelangen.

Nach meinen Beobachtungen scheint diese Raupe nicht sehen und nicht riechen zu können, oder doch höchst unvoll- kommen. Denn, wenn sie erst ein Paar Tage alt waren, und ich neben altes, fast trockenes Futter frisches legte, so verliessen sie das alte sehr schwer in der Regel. Aus Be- sorgniss, sie würden Hungers sterben, musste ich das frische über jenes breiten; wenn sie auf der Topfpflanze ein unteres Blatt verzehrt hatten, so stiegen sie häufig, statt oberhalb ein frisches Blatt aufzusuchen, den Stamm abwärts, und diejenigen, welche vom Blatt gefallen waren, traf ich nie wieder den Stamm aufsteigend an, und sind ihre Bewegungen überhaupt ‚sehr schwerfällig.

Am 15. Juli erhielt ich in zwei Rederposen mit Nr.8 und

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9 bezeichnet, die Eier, welche am 8,/9. Juli gelegt und am 22./23. Juli auskriechen sollten. Sie waren in den Feder- posen so fest, dass ich dieselben mit grösster Vorsicht von der Oeffnung bis zur Spitze in sehr schmale Streifen schnei- den musste und dann hingen sie noch in der runden Feder- posenform sehr fest stückweise zusammen. |

Dies scheint zu beweisen, dass die Eier sich in den Posen nach dem Einfüllen as ausgedehnt und dadurch ge- presst hatten.

Bei einer Temperatur von 18—19° R. waren am 19. Juli Morgens aus diesen Eiern 5 Raupen ausgekommen. An die- sem Tage und am 20. Juli vielleicht 200, mithin nach 10 bis 11 Tagen. Sie befanden sich in einem kleinen Schach- teldeckel aus Kiehnenholz. Es wurden ihnen ganz kleinge- schnittene Ricinusblätter vorgelegt und frassen mehrere von denselben, viele suchten die Blätter nicht, sondern krochen umher. Wenn ihnen frische Blätter vorgelegt wurden, so- verliessen viele die alten Blätter nicht. Am 21. Juli waren viele schon eingeschrumpft , mehrere todt. Den Grund dieser Erscheinungen habe ich nicht ermitteln können; vielleicht hatte das Einpressen der Eier nachtheilig gewirkt, oder die Ausdünstung des Kiehnenholzes der Schachtel, oder war das kleingehackte Futter zu schnell getrocknet. Die Temperatur war 15—19° R. Von diesen Raupen wurden am 3. August 12, als sie nach der ersten Häutung weiss erschienen, auf eine Topf-Ricinuspflanze gesetzt. Diese begannen am 10. August des Morgens schon bläulich zu werden, nachdem sie zum zweiten Male gehäutet hatten. Die erste Häutung, nach dem Hintertheil zu abstreifend, geht den Raupen sehr schwer von Statten , obgleich sie oft mit dem Maul zu helfen suchen und viele starben dabei. Diese 12 Raupen waren in diesen 7 Tagen wohl zweimal so gross geworden, als die gleichzeitig ausgekommenen, mit Blätterstreifen im Pappkästchen gefüt- terten.

Diese auffallende Eenoleiaung und die Ueberzeugung, dass die Raupen auf dem frischen Blatt, in der Luft schwebend,

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am schnellsten ‘und besten, der Natur gemäss, gedeihen müssten, indem dieselben in der Regel sich unter dem Blatte aufhaltend, an den Rändern das Fressen beginnen, indem sie das Blatt sichelförmig abnagen, und die Wahrnehmung, dass das Blatt mit dem Stiel in Wasser gesteckt, sich meh- rere Tage frisch erhielt, veranlassten, dass ich eine Zeit lang die Raupen mit dem besten Erfolge auf Blättern, welche in Flaschen mit Wasser standen, züchtete.

Dies führte mich dann auf folgende einfache Einrichtung, welche die Zucht dieser und wahrscheinlich auch der Maul- beerraupe sehr erleichtern wird. Ich liess einige Rahmen aus Kiehnenholz von 4 Fuss Länge und 2 Fuss Breite mit 6 Holzfüssen von 10 Zoll Höhe (die Holzstärke der Rahmen mit- gerechnet) anfertigen. Diese Holzfüsse können auch kleiner sein, wenn man kleinere Flaschen, als wie angegeben, ver- wenden will, wodurch man Raum zum Uebereinanderstellen gewinnt.

Die Holzstärke dieser Rahmen (im grösseren Maassstabe denen der Schiefertafeln ähnlich) ist 3 Zoll breit, % Zoll stark. In Entfernungen von 1 Zoll wurden Löcher rings herum ge- bohrt und durch diese Löcher über Kreuz dünne Bindfaden gezogen, wodurch natürlich Maschen von 1 DZoll entstehen. Diese Rahmen wurden nun auf eine etwas breitere Bretter- unterlage, deren Oberfläche glatt gehobelt ist, gestellt.

Je nachdem nun die Zahl der Raupen oder ihre Grösse zunimmt, da ein solcher Rahmen 4—500 spinnreife Raupen fassen wird, setzt man unter jeden Rahmen in 2 Reihen bis ö mit frischem Wasser gefüllte Selterwasserflaschen und steckt in jede den Stiel eines Ricinusblattes von 14— 2 Fuss Durch- messer oder mehrere kleinere, so dass die Blätter oben auf dem Bindfadennetz liegen. Auf diese kommen dann die Raupen. Dieselben gehen sehr haushälterisch mit dem Futter um, verzehren alles bis auf die Blattrippen und vor den letzten Häutungen zum Theil auch diese. Ist alles bis auf diese verzehrt, so hebt man den Blattstiel mit den daran hängen- den Raupen in die Höhe, steckt dann ein frisches Blatt mit

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dem Stiel durch die Masche in die Flasche und legt den entblätterten Stiel mit den Raupen obenauf, so .dass der Stiel in die Luft ragt. In kurzer Zeit verlassen die Raupen den Blattstiel und vertheilen sich über das frische Blatt. Die Ueberreste fallen zum Theil hinab, zum Theil werden sie beim Ergänzen durch ein frisches Blatt beseitigt. Wenn beim Abheben des entblätterten Blattstiels mit seinen Rippen aus der Flasche Raupen theils an diesem und theils noch am Bindfaden festsitzen, so durchschneidet man die Rippen mit einer Scheere, dass die Raupen am Bindfaden sitzen bleiben. Dies geht leicht und schnell, und fallen die Blatt- rippen durch die Maschen, oder schiebt man sie gelegentlich hinunter. Hat man noch nicht sehr grosse Blätter oder kann solche den kleinen Raupen noch nicht füttern, so stellt man kleinere Blätter in Flaschen und andere nur (durch die Ma- schen. Diese Raupen scheinen sich nur von dem Saft der Blätter zu nähren, denn der Unrath zeigt an den grösseren Raupen durch die Lupe betrachtet noch die Farbe und den festen Bestandtheil des Blattesin zusammengequetschter Form, wie solche durch das Abnagen sich darstellt. Wie sehr über- dies diese Raupen das Wasser lieben, geht schon daraus hervor, dass mir einmal drei und dann vier Raupen, die letzteren vor der letzten Häutung, in den Flaschen ertrunken waren, in welche sie neben dem Blattstiele trotz des frischen Blattes gekrochen waren und in dem Flaschenhalse nicht umzukehren vermochten. Dies gab Veranlassung, dass ich später die Flaschenöffnungen beim Einstecken des Blattstiels mit etwas loser Baumwolle schloss.

Nach der letzten Häutung, besonders an den letzten Tagen, scheinen sie das weniger frische Laub zu lieben. Man thut daher wohl, dann auch Blätter bloss durch die Maschen steckend ihnen darzubieten. Die augenscheinlichen Vortheile, welche die Zucht auf diesen billigen, sehr dauerhaften, leich- ten Rahmen bietet, dürften besonders folgende sein:

1) Die Raupen leben hier frei, doch noch bequemer und ungestörter, als in freier Natur. Bleiben ebenso stets vom

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Unrath unbelästigt, und wenn sich zuweilen in der Vertie- fung in der Mitte des Blattes etwas ansammelt, wie solches auch auf der Pflanze im Naturzustande kommen kann, so lässt sich ‘solches leicht mit dem Munde fortblasen, indem in der Regel der runde Unrath gleich auf die Unterlage fällt und dort nach Bequemlichkeit und ganz trocken fortgeschafft werden kann. Vor dem Einspinnen entlassen die Raupen ziemlich viel Flüssigkeit, welche mithin auch fast immer auf diese Unterlagen gelängt, ohne Andere oder das Futter zu verunreinigen.

2) Es wird bedeutend Futter und Zeit er denn da dasselbe immer frisch bleibt, so verzehren die Raupen Alles und braucht man täglich nur einige Male zu füttern, je nach- dem man ihnen mehr oder weniger Futter vorlegen will; mithin ohne ängstliche Pflege und Wartung.

3) Da die Raupen viele Anhaltepunkte in diesem Netze haben, so fallen nur selten welche hinunter; welche man dann wieder gelegentlich von der Unterlage entfernt und wieder aufs Blatt setzt, wodurch sie bei nur geringer Vor- sicht gar nicht beschädigt werden, denn sie haben keine Veranlassung nach frischem Futter umherzusuchen, oder von dem Unrath und trockengewordenen Futter bei geschlossenen Rahmen sich entfernen zu wollen. Später machte ich die Erfahrung, dass die Rieinus-Blätter mit den Stielen ins Wasser gesetzt, welches man nach 8 Tagen durch frisches ersetzt, sich vier Wochen frisch erhalten, wodurch man noch im Spätherbst bei Besorgniss des Frostes für die letzte Zucht Futter aufzubewahren vermag. Selbst 4 Fuss hohe Stauden mit Blätter und Samen erhielt ich in nasse Erde gesetzt fast ‚eben so lange Zeit. Die Blattstiele in den Flaschen zehren auch reichlich Wasser, daher man dieselben mehrere Zoll eintauchen lässt und ergänzt wöchentlich das Wasser durch frisches, denn wenn dasselbe übelriechend wird, so würde solches den Raupen schaden. Da sich zwei Fuss lange Maul- ‚beerzweige mit ihren Blättern, selbst horizontal umgebogen ebenso in Wasserflaschen gestellt zwei Tage lang frisch er-

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hielten, so, beabsichtige ich die Maulbeerraupe im ‚nächsten . Jahre versuchsweise auf diese Weise zu züchten.

Nach 4 Wochen begannen die Raupen von beiden Zuch- ten sich einzuspinnen, mehrere auf dem Rahmen und an Blättern, die meisten in niedrigen Hütten. .

Unter den ausgeschlüpften Schmetterlingen befanden sich leider wenige Männchen, daher die Befruchtung nur unvoll- kommen geschehen konnte, wenn auch die Männchen meh- rere Weibchen begatteten. Gewaltsam trennte ich keine, da mir dies naturwidrig erscheint. Aus diesem Mangel an Männchen erhielt ich auch verhältnissmässig wenig Eier.

Funfzig Cocons ohne Schmetterlinge wogen 1 Loth altes Gewicht. Als ich die beiden Raupen, wie erwähnt, auf eine Staude der Pflanzung brachte, entdeckte ich auf einer sol- chen eine schöne grüne Raupe, schlanker und bedeutend kleiner, als die fremde Ricinusraupe nach der letzten Häu- tung. Ich nahm solche sogleich mit dem Blattstück ab und als ich sie im Zimmer unter der Lupe betrachtete, fand ich ihren, wenngleich kleineren Kopf doch der fremden Rieinus- raupe sehr ähnlich, auch dieselben mit einer Zehe versehe- nen Vorderfüsse, die hinteren Füsse ebenfalls stärker und zum Umfangen gebaut. Sie bewegte sich schnell, mit dem Vorderleibe Bogen beschreibend. Sie ward auf einer Ricinus- topfstaude im Freien belassen, in der Absicht, sie bei fer- nerer Ausbildung zu beobachten. Nach 2 Tagen fand ich sie an einem umgebogenen Blatt, wie die ausländische Raupe mit Einspinnen beschäftigt. Jetzt wurde sie mit dem Topf ins Zimmer gebracht, um später wenigstens den Schmetter- ling zu erhalten. Als aber das Blatt abgelöst (es war durch das Einspinnen ganz vertrocknet), bei den anderen Cocons zum Ausschlüpfen aufbewahrt wurde, vermisste ich solches leider mit dem Cocon, der viel kleiner als die anderen er- schien, und den ich ohne die Laubhülle nicht gesehen hatte. Bei dem Besuch von vielen Freunden und Bekannten, welche diese kleine, aber anziehende Zucht beobachteten, muss sol- ches auf die Erde gefallen und so verloren gegangen sein.

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Meine Bemühungen, um in beiden Pflanzungen an verschie- denen Stellen noch einige Raupen zu finden, waren ver- gebens gewesen.

Diese Raupe musste sich daher auch von anderen Ge- wächsen nähren, denn seit 37 Jahren ist bis jetzt hier keine Ricinuspflanze gezogen worden, und hatte ich daher gehofft, dass das Gewächs, wovon diese Raupe sich nähre, auch von den Ricinusraupen gefressen werden würde. Somit ist es mir leider nicht gelungen, dem verehrten Vorstande den Schmetterling und Cocon dieser Raupe überreichen zu können.

Zwei meiner Raupen bildeten keine Cocons, sondern span- nen unter den Maschen des Rahmens ein flaches, sehr dich- tes Gewebe, und einige verpuppten sich, ohne sich einzu- spinnen.

Dies sind die Ergebnisse der Versuche, welche ich in diesem Jahre mit den zwei Züchtungen gemacht habe, und da ich alles persönlich ausführte, so kann ich sie verbürgen.

Im nächsten Jahre beabsichtige ich, wie schon erwähnt, meine Versuche in grösserem Massstabe nach dieser Füt- terungsmethode mit der Ricinusraupe und der Maulbeer- raupe, welche Letztere mit anderem Laube zu füttern nach meinen früheren Versuchen gänzlich misslang.

Unter anderen hatte ich im Spätherbst das noch kräftige grüne Maulbeerlaub von einer Hecke in meinem Garten, wel- ches zum Abfallen bald reif war, pflücken und im Schatten trocknen lassen, nachdem ich den Gewichtsverlust an Wasser vorher hatte feststellen lassen. Die Blätter hatten die schöne grüne Farbe behalten, so wie den angenehmen Geschmack. Im nächsten Jahre, wo den Raupen nach jeder Häutung das Laub (durch Einsaugung wieder mit dem verlornen Wasser- gehalt versehen) vorgelegt wurde, rührten sie es doch nicht an und starben lieber. |

Die Ergebnisse dieser Versuche werde ich dann wieder so frei sein, dem geehrten Vorstande vorzulegen, indem ich bitte, mit dem diesjährigen gütigst vorlieb zu nehmen.

Es würde mir viel Freude gewähren, wenn es mir ge-

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länge, mein. Scherflein zu den Erfölgen dieses für unser Va- terland so wichtigen Kulturzweiges beitragen zu können. (gez.) Voight.

v1. Töllstadt, 23. December 1860.

Die Ricinuskörner habe ich, in Ermangelung eines Mist- beetes, sofort in Kästen dicht aneinander gelegt und dauerte es nicht lange, so hatte ich die Freude, dieselben aufgehen zu sehen. Andere hatte ich, um die Pflanzen bequem im Zimmer treiben und später zweckmässig verwenden zu kön- nen, in Töpfe, und wieder andere sogleich nach Vorschrift ins freie Land gesäet.

Nachdem die in Kästen gelegten zwei ausgebildete Blät- ter zeigten, verpflanzte ich sie ins Land und fand, dass diese Veränderung ihnen durchaus keinen Nachtheil brachte, dass sie im Gegentheil frisch und ungestört fortwuchsen. So be- sass ich ungefähr ein Schock Pflanzen. ‘Bald waren auch die in das Land gesäeten kräftig aufgegangen und fehlten nur noch die Raupen.

Meinen Vorrath an Samen mochte ich nicht sogleich 'er- schöpfen und hatte ausserdem auch dreien meiner Bekann- ten, die ebenfalls Versuche anstellen wollten, einiges davon abzugeben versprochen.

Weniger glücklich war ich mit den Karden. Bei diesen machte ich die Erfahrung, dass sie bei ihrer ersten Ent- wickelung keinen erhitzenden Dünger vertragen können.

Ich hatte nämlich die Erde, worin ich sie gesäet, mit klarem Hühnermist versetzt, und gingen nur wenige Pflan- zen auf.

Im Garten ebenso, wie in den Kästen, trieben nur die Körner, die zufällig auf benachbarten Boden gefallen, der nicht mit genanntem Dünger vermengt war, kräftig empor.

Pflanzen von Ailanthus besass ich ebenfalls, doch wurden sie noch klein vom Ungeziefer abgefressen ; weniger habe ich in Erfahrung gebracht, dass die Ricinusstaude von derglei-

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chen gelitten hätte, im Gegentheil erzielte ich von den we- nigen Pflanzen eine verhältnissmässig nicht unbedeutende Quantität Futter, so dass meine Raupen keinen Mangel litten. Soviel über das Gedeihen des Futters.

Nach gütiger Angabe sollten die an mich gelangten, am 21. Juni gesponnenen Cocons bis höchstens den 11. Juli aus- schlüpfen, doch zeigte sich erst am 18. der erste Schmetter- ling. Die Begattung zweier Schmetterlinge erfolgte mit dem ersten Tage. Die anderen verhielten sich sehr ruhig und zeigten keinen Trieb, sich einander zu nähern. Ich suchte die Ursache in der zu grossen Schwüle und öffnete die Fen- ster; doch da dies den Zustand der Thierchen wenig änderte, so brachte ich ein Männchen in die Nähe eines Weibchens. Bald zeigte sich das Zittern mit den Flügeln und die Be- gattung begann. Im Ganzen aber lieferten sie selyr wenig Eier, welcher Umstand seinen Grund meiner Meinung nach darin hatte, dass die Begattung mehrere Tage anhielt. Dies und Anderes war Ursache, dass ich von dieser Zucht nur 6 Stück Cocons erzielte.

Bei weitem glücklicher war ich mit den mit Dank empfan- genen Graines. Nachdem ich dieselben einer Temperatur von 20--21° R. ausgesetzt hatte, erschienen am 19. Juli die ersten Räupchen. Nach Vorschrift brachte ich sie auf das Herzblatt einer Ricinusstaude und hatte bald die Freude, die Thierchen munter fressen zu sehen. Alle suchten die Rückseite des Blattes. Nach und nach vermehrte sich die Anzahl und so kam ich in den Besitz von eirca 250 Stück. (Einen Theil der Graines hatte ich an Bekannte abgegeben.)

Was nun die erste Häutung anbetrifft, so habe ich, trotz Anwendung der Lupe und eines kleinen Microscops, diese Verwandelung nur selten erkennen können. Dies mochte wohl seinen Grund darin haben, dass dieselbe zu unerwartet erfolgte. Bald verlangten die Raupen wehr Futter, und ge- brauchte ich die von Herrn Fintelmann angegebene Me- thode, Blätter ins Wasser zu stecken und die Raupen so zu füttern. Zu diesem Zwecke nahm ich einen mit Wasser ge-

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füllten Topf, später 2, dann 3, legte ein schwaches Brett- chen darauf und steckte die Blätter, damit die Stiele mit dem Wasser in Berührung kommen konnten, in dazu ein- gebohrte Oeffnungen. Auf diese Weise habe ich meine Rau- pen bis nach erfolgter vierter Häutung mit wenigem Futter erhalten, und bin ich der Ueberzeugung, dass auch grössere Zuchten auf diese Weise betrieben werden können. Es ver- ursacht dies Verfahren wenig Mühe. Sind die Blätter ge- fressen, denn nur die Rippen bleiben übrig, so hat man wei- ter nichts zu thun, als ein zweites Brettchen mit frischen Blättern zu versehen, die gefressenen Blätter am Stiele zu durchschneiden und mit den Raupen auf das neue Futter zu legen. Während der drei ersten Perioden habe ich auf diese Weise oft alle drei Tage erst frisches Futter gegeben, und habe gewartet, bis alles verzehrt war. Mir scheint dies die leichteste, bequemste und sparsamste Weise der Fütte- rung zu sein. Die Reinigung wird auf leichte Weise bewirkt, viel Futter erspart, welches immer frisch "bleibt, und die Raupen, was die Hauptsache ist, bleiben gesund. Erst im letzten Stadium gebrauchte ich die Rahmen, doch verknüpfte sich damit das Unangenehme der weniger leichten Reinigung der Lager, und führte mich dieser Umstand auf die Frage, ob es nicht möglich sei, die oben angegebene Fütterungs- weise auch bis zur Beendigung der letzten Periode beizu- behalten. Bei meiner nächsten Zucht werde ich den Ver- such anstellen. Wenig Freude hat mir die nun hierauf. folgende Einspinnung gemacht. |

War ich schon bis hierher genöthigt gewesen, viele Tage nach einander zu heizen, so nahm jetzt die Kälte so zu, dass ich oft zweimal des Tages zu feuern genöthigt war. Am 7. September begannen die ersten Raupen zu spinnen, die Absonderung der bräunlichen Flüssigkeit zeigte sich. Ich verfertigte eine Spinnhütte von grünem Birkenreisig, aber nur wenige spinnreife Raupen bekümmerten sich darum, statt dessen spannen sie sich lieber auf ihren Futterlagen ein und spannen sich neben und übereinander, Andere

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liessen die obenbemerkte Flüssigkeit über die Gespinnste ge- hen. : Es war mir unmöglich, um eine Störung zu vermei- den, eine Reinigung vorzunehmen. Die Blätter verschim- melten und verfaulten auf der Stelle. Ich liess es nun gehen, wie es gehen wollte, gab den noch fressenden Raupen ein getrocknetes Lager und kümmerte mich nicht mehr um die spinnenden.

In dem mir gütigst übersandten Schriftchen habe ich nur kurze ‚Andeutungen über den Verlauf der Spinnzeit vernom- men, und wäre es deshalb interessant, etwas Näheres hier- über zu hören. |

Im Laufe dieses Herbstes brachte ich einen Theil meiner gewonnenen Üocons, mehrere auf einer Ricinusstaude ein- gesponnen, nach Gotha zu einer vom Gothaischen Garten- und Seidenbau-Verein veranstalteten Ausstellung.

Zum Aufbewahrungsort für den Winter habe ich nun ein in der Nähe des Ofens stehendes Schränkchen gewählt. Am 7. November schlüpften die ersten Schmetterlinge aus. Lei- der habe ich nicht beobachten können, ob dem Eierlegen eine Begattung vorausgegangen ist. Graines habe ich ziem- lich viel, ob ich aber auf Raupen rechnen darf, weiss ich nicht. - Im Winter wird es wohl mit Schwierigkeiten und Kosten verknüpft sein, eine, wenn auch nur kleine Zucht zu erzielen, und dürfte es wohl zweckmässig erscheinen, wenn. besondere Anstalten, vielleicht Staatsanstalten, errich- tet würden, die die Winterzucht betrieben, .um die Züchter bald im Frühjahr gegen Vergütung mit Graines zu versehen.

Für nächstes Jahr habe ich mir vorgenommen, ein be- sonderes, heizbares Zimmer einzurichten, um die Zucht in grösserem Massstabe betreiben zu können.

Noch will ich hinzufügen, dass ich die Erfahrung gemacht habe, dass nämlich die Raupen, die anfänglich sich von Ri- cinus genährt hatten, durchaus nicht gerne an die Karden gehen wollen. Es möchte diese Erfahrung der in dem Schrift- chen mehrfach ausgesprochenen Behauptung widersprechen,

dass sowohl Karden wie Ricinusblätter von. den Raupen zu 1869. Bd. IN, | | 14

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gleicher Zeit gleich gerne gefressen würden. Es mag sein, dass dies der Fall dann ist, wenn die Raupen vorher nicht an Ricinus gewöhnt worden sind.

(gez.) Ed. Bennecker.

VI. Göttingen, 29. December 1860.

Ehe ich in meinem Berichte vorgehe, will ich nur gleich bemerken, dass meine Versuche keine glücklichen zu nen- nen waren.

Es war mir bei Uebersendung der Cocons bemerkt wor- den, dass dieselben, am 25. Juni gesponnen, etwa am 15. Juli ausschlüpfen sollten. Allein dies trat später ein und war diese Verzögerung den Graines, die die ausgeschlüpften Schmetterlinge legten, und auch den daraus entstandenen Raupen anzumerken, da die Verzögerung sich durchschleppte.

Es entschlüpften 3 weibliche und 5 männliche Schmetter- linge (von letzteren 2 verkrüppelte, was aber nicht schadete, da 3 Männchen gesund waren).

Die Schmetterlinge schlüpften vom 21.— 24. Juli aus und suchte ich die Paarung so lange zu hindern, bis die Ent- faltung der Flügel vollendet und eine Lebhaftigkeit der Fal- ter zu erkennen war.

Zwei Cocons waren vertrocknet.

Die Weibchen legten dem Ansehen nach gute Eier inner- halb vier Tagen.

Am 12. August gegen Mittag bemerkte ich die ersten Räupchen. Ich musste mit jungen Ricinuspflanzen zu füttern anfangen, da ich den Ricinus erst Anfang Juli ausgesäet hatte. Die Pflanzen hatten indessen schon 1 Fuss Höhe. Die Räupchen nahmen anfänglich das Futter ungern, nur wenige wagten auf die Blätter zu kriechen. Ich nahm des- halb meine Zuflucht zu gehacktem Ricinus, worauf sie aber beständig unruhig umherkrochen. Am ersten Tage habe ich nicht bemerkt, dass sie Futter zu sich genommen hätten.

Nach vieler Mühe gelang es mir, 14 Raupen auf Töpfen, im geheizten Zimmer, bis zur ersten Häutung zu ernähren.

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Die meisten zurückgebliebenen Eier hatten kleine Grüb- chen, von diesen behauptet man, dass sie unfruchtbar seien. Nachträglich "bemerkte ich noch in einigen Eiern kleine Räupchen und sah deutlich das Köpfchen sich bewegen. Sie schienen aber zu schwach zu sein, um die Schale zu durch- brechen, und starben.

Ich habe absichtlich das Auskriechen der Raupen aus den Graines durch künstliche Feuchtigkeit oder dergleichen nicht befördern wollen, dagegen hielt ich sie, wie meine Maulbeerseidenraupen, in einem Zimmer, in welchem eine Temperatur von + 20° R. war.

Oft fielen die Raupen vom Blatt, und nicht alle hatten die Kraft, dasselbe wieder zu besteigen. sondern starben. So schmolz die Anzahl meiner Raupen auf 5. Diese wurden recht schön und haben sich auch eingesponnen, nur muss ich bemerken, dass es über 8 Tage gedauert, bis alle sich eingesponnen hatten. Die Letzte war sehr säumig und frass noch 3 Tage lang, als alle anderen schon eingesponnen wa- ren. Dieser legte ich versuchsweise ein Kardenblatt und ein Maulbeerblatt vor. Das Kardenblatt wurde bei der Tempe- ratur von + 20° zu bald welk und mag das der Grund ge- wesen sein, weshalb sie es nicht benagte. Das Maulbeerblatt hat sie sehr munter gefressen und fütterte ich sie schliess- lich nur mit Maulbeerblättern. Die Letzte wurde die schönste,

Da ich genug Ricinus bei meinen wenigen Raupen hatte, so habe ich ausser bei dem obenerwähnten Versuch keine Kardenblätter gefüttert.

Die erhaltenen 5 Cocons erlaube ich mir beizufügen. Der letzte ist besonders bezeichnet.

Ausgangs October erhielt ich, allein leider nicht zu glei- cher Zeit, von den Cocons 3 Schmetterlinge. Als der dritte, ein Weibchen, auskam, waren die beiden anderen schon todt. Die beiden übrigen sind nicht ausgeflogen, so dass ich also nichts erhalten habe.

(gez.) Joh. Chr. Lüer.

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vm. | | Heringen, 4. Januar 1861.

Die mir zugesandten Graines der Ricinus-Raupe legte ich sofort aus und hatte die Freude, dass am 18. Mai die Räupchen den Eiern entschlüpften und unter sorgsamer Pflege sich auch rasch entwickelten und sich. verpuppten. Nach 3 Wochen krochen die Schmetterlinge aus ihren Puppen, waren aber nicht begattungsfähig, sie hatten nur halbe Flü- gel, schwitzen einen bräunlichen Saft aus und starben.

Die erste. Zucht war also vollständig verunglückt.

Ich hatte mich unterdessen aufs Neue an Herrn Fintel- mann gewandt, der auch so freundlich war, mir Graines vom 7.9. und 10, Juli zu übersenden. Aus den vom 10. Juli abgesetzten Graines schlüpften am 19., aus den vom 9. am 20. und aus den vom 7. am 21. Juli junge Raupen aus. Von diesen sind mir wenige gestorben und haben zum Theil sehr hübsche Cocons geliefert. Von dieser Zucht gab es nun eine Menge Raupen, die sich bis zur vierten Häutung gut entwickelten, aber, da sie wegen Einquartirung umgebettet werden mussten, alle elendiglich verkommen sind. Sie fingen nämlich an zu schwellen, platzten auf dem Rücken an ver- schiedenen Stellen auseinander und Tags darauf waren sie todt. Ich kann mir diese Erscheinung nicht anders erklären, als dass die Umbettung in ein anderes Zimmer auf die Hürden des Bombyx mori, von denen etliche am Durchfall gestorben waren, die verderbenbringende Ursache gewesen sein muss. Auch nicht eine Raupe ist davon gekommen. Alle sind ge- storben. Vielleicht 500 Räupchen von derselben Zucht hatte ich gleich Anfangs, nachdem sie nur wenige Tage mit Ri- cinus gefüttert waren, dem hiesigen Gärtner Christ anver- traut. Derselbe bettete sie auf meine Veranlassung in sein leerstehendes Gewächshaus, fütterte sie mit Syringa. Die Raupen entwickelten sich langsam, haben aber unter we- nigen Verlusten schöne Cocons_ geliefert.

Ende September puppten sie sich ein, die Chrysaliden wurden in ein kaltes Zimmer gebracht, um sie bis im Fe-

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bruar hinzuhalten, aber am 12. December fingen sie an, da mehrere Tage geheizt war und man nicht an die Cocons dachte, als schöne Schmetterlinge zu entschlüpfen und sich zu paaren, und haben sie eine Menge Graines gebracht, welche ich durchzuwintern hoffe.

(gez.) Stade, Diaconus.

IX.

Durch die sehr schätzbare Sendung des Vorstandes des Acelimatisations- Vereins von Graines der |Ricinus- Seiden- raupe, welche am 7. Juli gelegt waren, also am 21. aus- kriechen sollten, wurde Unterzeichnetem die Möglichkeit, nun im 3. Jahre die Zucht des Ricinus-Seidenspinners noch- mals zu versuchen. Von den Graines theilte ich die reich- liche Hälfte dem sehr thätigen Vorstande des hiesigen Ver- eins für Seidengewinnung, Bienenzucht und Obstbau, Herrn Lehrer Goerke in Weichselburg mit, und füge dessen in- teressanten Bericht originaliter bei. Ein befriedigendes Re- sultat lässt derselbe ebensowenig erkennen, wie meine eigene Zucht. Ueber diese gebe ich hier die kurzen Notizen, welche ich s. Z. in das Tagebuch eintrug.

Auskriechen vom 16., meist am 21. und 22. Juli 1860.

Einige Dutzend Räupchen auf Ailanthus gesetzt, drohten auf demselben zu verkümmern und wurden deshalb wieder auf Rieinus gebracht. Behufs Fütterns wurden die im freien Lande gezogenen Ricinuspflanzen mit Ballen in grosse Töpfe gehoben, sie liessen jedoch hier bald die Blätter, besonders die älteren, grossen, hängen, welche dann von den jungen Räupchen ungern gefressen wurden.

Dritte Häutung den 7. und 8. August.

Vierte Häutung den 16.—18. August.

Einspinnen an den Blättern und Stielen des Rieinus An- fang September, sehr unregelmässig, Viele Raupen starben kurz zuvor mit violetten Flecken, einige verpuppten sich nackt, andere in sehr dünnem Gespinnst.

Ausschlüpfen erst 2. Woche October, sehr wenige, und

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sämmtlich ohne. völlige Entfaltung der Flügel; es werden Eier gelegt, ohne dass vorher Begattung beobachtet worden, unregelmässig, d. h. nicht in Mauern aufgebaut, sondern an vielen Stellen vereinzelt oder 2—4 Graines beisammen. Die- selben sind, wiewohl bisher im Wohnzimmer bei 13—16° RR, aufbewahrt, nicht ausgekommen, vielmehr zusammenge- schrumpft, also wohl unbefruchtet und nicht lebensfähig.

Trotz dreijähriger vergeblicher Mühe ist die Sache für mich noch nicht abgeschlossen, und dürfte besonders die durch Herrn Goerke bestätigte Beobachtung des Königl. Hof-Gärtners Herrn Fintelmann, dass der Bombyx Cynthia mit mannigfaltigen einheimischen Laubarten gefüttert werden kann, zu weiteren Bestrebungen ermuthigen.

Marienwerder, im Januar 1861.

(gez.) E. John, corr. Mitgl. d. A. V.

X.

Um auch einen Versuch mit der Zucht der Rieinus-Seiden- raupe (Bombyx Cynthia) zu machen, legte ich am 25. April d. J. Ricinus-Samen in Entfernungen von 2 Fuss im Viereck, von je 2 Körner, 1 Zoll tief, in zwar gedüngtes, aber sonst sandiges Gartenland.*) Nach 3 Wochen ging der Samen auf, und die jungen Pflänzchen,, welche gleich ein kräftiges Aus- sehen hatten, gediehen, da es ihnen nie an Regen und so- mit an Fruchtbarkeit fehlte, vortrefflich. Vierzehn Tage nach dem Aufgehen verzog ich sie, um einen gedrängten Stand der erwachsenen Pflanzen zu verhüten, bis auf eine Pflanze, die ich stehen liess. Mit den ausgezogenen Pflanzen bepflanzte ich ein besondres Beet; sie erreichten aber lange nicht die Höhe und Stärke der unverzogenen Pflanzen. Ende Juli hatten die meisten Pflanzen eine Höhe von 10 Fuss, mehrere von ihnen einen Stammumfang von 6 Zoll: erreicht und boten

*) Es steht hier ein Niederungsgrundstück in Rede, also ruht unter der neueren Sandschicht, mag sie auch 5 oder mehr Fuss mächtig sein, der alte reiche Marschboden und speist die Oberschicht mit seinem Reich- thum. E. d.

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Blätter von 1% Fuss Durchmesser und in grosser Zahl. Der allgemeinen Pflanzenverderbniss in diesem Jahre entging je- doch auch nicht die Ricinuspflanze, Es fanden sich im August auf allen Blättern derselben kleine und grössere Brandflecken, die, wo sie häufig vorkamen, ganze Blätter absterben machten Diese Blätterkrankheit schien mir später auf die Raupen einen nachtheiligen Einfluss auszuüben, denn die Sterblichkeit, die so gut bei der Rieinus-Raupe als bei der Maulbeerbaum- Seidenraupe auftrat, nahm beim Eintritt der Pflanzenkrank- heit an Umfang zu.

Auf mein an den Herrn General-Sekretair Dr. John zu M. gerichtetes Gesuch um einige Rieinusspinner-Eier hatte derselbe die Güte, mir am 16. Juli einige, bereits bei ihm - ausgeschlüpfte Ricinus-Räupchen, es mochten etwa 50—60 an der Zahl gewesen sein, zukommen zu lassen. Sie waren klein, von gelber Farbe, braun punktirt, und hatten schwarze Köpfe. Ich brachte sie sogleich auf die Blätter einer im Garten ausgezogenen und in der Stube in einen mit Wasser und Erde angefüllten Kübel gestellten Ricinus-Pflanze. Sie frassen aber äusserst wenig und zeigten grosse Regungslosig- keit. Alle Mühe, die ich mir gab, diese mit den Räupchen bevölkerte Ricinus-Staude frisch zu erhalten, war vergeblich; nach 6 Stunden hingen die Blätter welk an ihr herab, und ich musste, weil diese Erscheinung bei einer zweiten und dritten, auch von der Wurzel befreiten und in reines Was- ser gesetzten Pflanze eintrat, um die Räupchen nicht dem Verhungern oder beim Herabfallen dem Verkommen Preis zu geben, herabnehmen, auf einen Rahmen bringen, und sie, nach Art der Maulbeerbaumraupen, auf demselben füttern. Sie erhielten hier zur Nahrung frische, in Stücke zerschnit- tene Ricinusblätter, und dieses so oft, als die ihnen hinge- worfenen Blätter anfingen, welk zu werden, in 24 Stunden 3—4mal.

Am 19. Juli gingen einige in die erste Häutung, einige jedoch erst den folgenden Tag, andre kamen gar nicht zum Häuten, hörten auf zu fressen, schrumpften zusammen und

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starben. Die da glücklich die Häutung bestanden, zeigten eine hellere Farbe, frassen stärker und waren lebhafter. Die Fütterung mit grob zerpflückten oder zerschnittenen Ricinus- blättern wurde in der gewöhnlichen Ordnung fortgesetzt.

Am 28. Juli gingen einige Raupen in die 2. Häutung, einige blieben auch bei dieser zurück und häuteten erst einen Tag später, andre wieder gar nicht und starben. Die aus der Häutung gekommenen Raupen hatten eine bläulich weisse Haut, mit kleinen, auf den Spitzen mit feinen Här- chen besetzten Auswüchsen, die Raupen hatten ein recht gefälliges Aussehn, sie nahmen an Grösse bedeutend zu und zeigten viel Fresslust. Versuchshalber legte ich ihnen in dieser Lebensperiode auch Maulbeerbaumblätter vor. Diese wurden von ihnen mit gleichem Appetit verzehrt, dann gab ' ich ihnen Kastanienblätter, diese frassen sie gleichfalls. Zu- letzt kredenzte ich ihnen neben Ricinusblättern auch Erlen- laub; aber auch dieses wurde von ihnen nicht verschmäht. Was mag diese Art Raupen nicht noch alles fressen!

Am 8. August setzten sich mehrere Raupen zur dritten Häutung und vollendeten dieselbe am folgenden Tage. An- dere setzten sich am 9. und noch andere am 10. desselben Monats, von welchen letzteren einige während der Häutung starben. Die Farbe der Gehäuteten war glänzend bläulich. Am 12. August kamen die letzten aus der Häutung. Ihre Farbe ging immer stärker ins Blaue über. Sie wurden, um ihnen mit Surrogaten nicht zu schaden, wieder mit Ricinus, als, wie es scheint, ihrer Haugtnahrung, gefüttert und ge- diehen sie bis auf einige, welche schwarze Flecken bekamen und starben, recht gut. Am 14. August begann die vierte Häutung, aber auch nur wieder bei einigen Raupen, die an- dern kamen später dazu. Vollendet wurde diese Häutung bei den letzten am 21. August. Ihre Farbe war jetzt stark blau, ins Grüne spielend und recht schön. Sechs Raupen starben im Unvermögen, die alte Haut abzustreifen und mussten hinausgeworfen werden. Auch nach der Häutung erkrankten noch einige, wieder mit jenen Flecken. bedeckt

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(Pilzsucht?) und starben. Am 24.—26. August war die Temperatur bei regnichtem Wetter stark herabgesunken, und musste sie durch künstliche Wärme bis auf 18° R. erhöht werden. In diesem Lebensalter wuchsen bei dem: gewöhn- lichen Rieinusfutter dieRaupen stark und zeigten viel Fresslust.

Am 26. August fingen die Raupen an, sich einzuspinnen. Ich baute ihnen eine Hütte von Ripsstroh, wo hinein sie stiegen und ihre Cocons bildeten. Dieselben sind klein, un- ansehnlich, an einem Ende nur schwach verwebt oder ganz offen, und bestehen aus einem groben Gewebe, das zu ent- wirren Mühe kosten dürfte. Ob dieses endlich gelingen wird, wird die Zeit lehren. Die Einspinnung ging wieder sehr unregelmässig vor sich. Die letzte Raupe spann sich erst am 14. September ein.

Am 16. September brach ich die Cocons, 30 an der Zahl, aus. ‘Die eine Hälfte behielt ich in einer Temperatur von 15° R. zum Auskriechen der Schmetterlinge, die andre Hälfte brachte ich, um das Ausschlüpfen der Schmetterlinge vor der Zeit zu verhüten, in ein kühles, unheizbares Local, wo sie zwar 'nicht grosser Kälte preisgegeben sind, aber doch eine Temperatur von 4—6°R. unterm Gefrierpunkt zu be- stehen haben. Von den ersteren, in der Stubenwärme von 16° R. zum Auskriechen der Schmetterlinge zurückbehaltenen Cocons kroch ungefähr % der Zahl am 1., 2. und 3. November aus. In den anderen % der Cocons waren die Puppen ge- storben. Die hervorgegangenen Schmetterlinge waren recht gross und schön gefärbt, leider aber alles Weibchen, die zwar Eier legten, aber unbefruchtete, welche nicht auskamen.

Falls die reservirten Cocons sich ohne auszuschlüpfen bis ins Frühjahr halten, so will ich den Versuch noch einige Zeit fortsetzen. |

Weichselburg bei Marienwerder.

©. (gez.) Görke.

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Die beiden Angoraböcke und das Oberägyptische Ziegenpaar.

Ueber die Einführung und Unterbringung der unserem Vereine von dem Vorstande der Pariser Acclimatisations-Ge- sellschaft zu Acclimatisations-Versuchen bereitwilligst über- lassenen beiden Angora-Böcke und eines Oberägyptischen Ziegenpaares haben wir bereits im zweiten Bande dieser Zeitschrift S. 228 berichtet.

Die- Thiere waren sämmtlich der landwirthschaftlichen Local-Abtheilung XIVa. in Coblenz übergeben worden, und hatte dieselbe den einen Angora-Bock bei dem Hirten Castor iu Oberwesel, den andern bei dem Pastor Herrn Heidin- ger in Alflen, das oberägyptische Ziegenpaar bei dem Herrn Rentmeister Wirz in Bassenheim in Pflege gegeben.

Obwohl in den ersten Monaten der Gesundheitszustand der Thiere ein vorzüglicher war und die Kreuzungsversuche mit Landziegen erfreulichen Fortgang hatten, so hat dennoch seitdem unser Verein, trotz der vortrefllichen Pflege, in wel- cher die Thiere sich befanden, den Verlust des einen Angora- Bockes und des oberägyptischen Bockes zu beklagen.

Der hierauf bezüglichen Correspondenz entnehmen wir Folgendes:

Coblenz, 18. Februar 1860.

Höchst bedauerlich ist es, dass dem g. Vorstande des Acclimatisations- Vereins wir hiermit den Abgang des in Oberwesel stationirt gewesenen Angora-Ziegenbocks melden müssen, Aus dem von dem Hrn. Veterinair-Assessor Becker erstatteten anliegenden Gutachten über die Todesursache wird hervorgehen, dass diesseits nichts versäumt worden ist, um die Conservirung des Bocks zu sichern, und dass nur ein nicht vorherzusehender unglücklicher Zufall sein Umstehen herbeigeführt hat.

Erfreulich ist es uns dagegen, zu gleicher Zeit über das Wohlbefinden des bei Hrn. Pastor Heidinger untergebrach-

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ten zweiten Angora-Bocks, so wie des bei Hrn. Rentmeister Wirz untergebrachten ägyptischen Ziegenpaares berichten zu können; beide Böcke haben nur einige dreissig Ziegen gedeckt, und da die ägyptische Ziege tragend zu sein scheint, so wird wenigstens von diesem Paare eine direkte Descen- denz und die Aussicht auf eine Inzucht mit diesen Thieren zu hoffen sein, welche allerdings nicht so werthvoll zu sein scheinen, als die Angora-Ziegen-Race. Wir erlauben uns daher, unsern Antrag zu erneuern, um eine Inzucht bei den Angoras zu ermöglichen, wenigstens eine Angora-Ziege uns überweisen zu wollen, welche bei dem Eifer und der be- sonders guten Pflege des Hrn. Pastor Heidinger, im Ver- ein mit dem dortigen Bergklima und den günstigen Fütterungs- Verhältnissen, gewiss gedeihen würde.

Der Bock in Oberwesel war viel ungünstiger stationirt; wir glaubten aber wegen der vielen dortigen Ziegenhalter ihn gerade dort am vortheilhaftesten verwenden zu können, was sich leider als ein Irrthum erwiesen hat.

Der Vorstand der Lokal-Abtheilung XIVa.. (gez.) Freiherr v. Hilgers. C. Falkenberg.

Auszng aus dem Gutachten des Hrn, Assessor Becker: Coblenz, 15. Februar 1860.

Der verehrlichen Requisition entsprechend, habe ich mich sofort am 29. Januar d. J. nach Oberwesel begeben, um den dort umgestandenen Angora-Ziegenbock des Acclimatisations- Vereins zu untersuchen, und verfehle ich nicht, nachfolgend darüber zu berichten:

Der Bock soll, nachdem er sich am 24. Januar bei einer jungen Ziege etwas stark angestrengt hatte, sein Futter ver- sagt und getrauert haben, weshalb ihm etwas Oel und Salz gegeben worden sei. Allein am 26. Januar habe man schon eine bedeutende Anschwellung des Bauches wahrgenommen, das Thier habe sich von einer Seite auf die andere gelegt, und bald darauf sei es ohne besondere Unruhe verschieden.

Beim Oeffnen der Bauchhöhle soll eine grosse Menge

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Wasser ausgeflossen sein, und fanden sich auch bei’ meiner näheren Untersuchung an der Bauchhaut zwischen den dün- nen Gedärmen, am Leberüberzuge etc. wässrige Exsudate und Adhäsionen, ohne dass die Textur der Organe verändert war. Die Organe der Brusthöhle waren ebenfalls gesund. Es er- gab sich also hieraus, dass der fragliche Bock an Bauchfell- entzündung und Bauchfellwassersucht gelitten hat und zu Grunde gegangen ist.

Nach ‘der Mittheilung des Unterhalters soll der Bock be- reits über 200 Ziegen gedeckt haben und dabei stets munter gewesen sein. Die Verpflegung war durchgängig gut und ist meist Hafer und Heu gefüttert worden. Trotz der Wasser- sucht fand sich deshalb auch noch ziemlich viel Fett im Leibe vor. |

Das häufige Decken scheint demnach nicht als Ursache der Krankheit angesehen werden zu können, sondern es ist wahrscheinlich, dass das letzte anstrengende Decken der jungen Ziege am 24. Januar und eine gleichzeitig statt- gefundene Erkältung das Leiden veranlasst hat.

. (gez.) Der Veterinair-Assessor Becker.

Unter dem 25. März 1860 erhielten wir ein Schreiben des Herrn Direktors der landwirthschaftlichen Lokal-Abthei- lung, in welchem uns auch der Tod des ägyptischen Ziegen- bockes angezeigt wurde. Demselben war ein Schreiben des Herrn Rentmeister Wirz an Herrn v. Hilgers im Original beigefügt, dem wir Folgendes entnehmen:

Bassenheim, 18. März 1860.

Leider habe ich Ihnen die Mittheilung zu machen, dass der ägyptische Bock heute früh 3 Uhr verendet ist, Der- selbe war seither bei guter Pflege bis zum 16, Mittags stets gesund, munter und bei sehr gutem Appetit; am Abend die- ses Tages aber versagte er zum ersten Mal sein Futter und benahm sich traurig. Gestern Morgen fand ich ihn so- dann in einem starken Fieberzustande, mit kaltem Maul und

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einem sehr hörbaren Stöhnen,, woraus ich auf ein bedenk- liches Brustleiden schloss. Obgleich er nun nebst der Ziege bei den Kühen warm gestanden hatte, so liess ich ihn doch noch mit warmen Decken und mit Stroh sorgfältig zudecken und ihm einige Löffel Oel eingeben. Ohngeachtet dieser Vorsorge hat aber. der so plötzlich eingetretene Zustand sehr schnell einen 'tödtlichen Verlauf genommen, was zwar bei dem Ziegengeschlecht nicht auffallend ist, da mit denselben keine sonderlichen Kuren anzustellen sind.

Bei der Obduktion hat sich nun ergeben, dass er sich überfressen, was sich erklärt, da er weit gefrässiger gewesen, als die Ziege, in Folge dessen ein heftiger Blutandrang nach dem Herzen den schnellen Tod veranlasst hat.

Seit dem 28. September v. J. bis zum 28. Dezember hatte der Bock 66 Ziegen von hier und aus der Umgegend gedeckt und steht zu erwarten, dass. diese wohl alle tragend gewor- den sind. Die ägyptische Ziege ist vollkommen gesund und dem Anscheine nach auch tragend. Den Unfall beklage ich um so mehr, als ich mir stets für die gute Erhaltung und KApaR- beider Thiere alle Mühe gegeben habe.

(gez.) Wirz, Rentmeister.

Später hat es sich leider herausgestellt, dass die Ver- muthung in Betreff‘ des tragenden Zustandes der ägyptischen Ziege auf einem Irrthum beruhte, dass vielmehr auch sämmt- liche, von. dem verstorbenen ägyptischen Bock gedeckten Landziegen, etwa 60 an Zahl, unfruchtbar geblieben waren.

Dagegen. meldet der Herr Pastor Heidinger in einem Schreiben vom 19. April 1860 unter Anderm Folgendes:

Die. Ziegen, ‚welche im vorigen Herbst von unserem An- gora-Bock belegt wurden, werfen nun) nach der Reihe Zick- lein.. Alle, welche ich. hier und in Bückel sah, sind ohne Rücksicht auf die Farbe der Mutter glänzend weiss, wie der Angora-Bock. Die armen Leute haben eine unbeschreibliche Freude mit den wunderschönen Thierchen. Gleich nach der

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Geburt wurde das Stück mit 1 Thlr. bezahlt. In Folge dessen sind schon eine Menge Anfragen an mich geschehen, ob ich Ziegen, die man hierhersenden wollte, zu dem Angora- Bock zulassen wollte. Um das Thier bei Gesundheit und Kraft zu erhalten, liess ich vorigen Herbst nur eine be- schränkte Anzahl, circa 60, zu. Bei etwas Hafer, gutem Heu und laulichem Getränk blieb der Bock immer munter und vollkommen gesund.

Auch die sehr zahlreiche Nachkommen schaft des in Ober- wesel verstorbenen Angora-Bocks liess durchgängig sehr deut- liche Zeichen ihrer väterlichen Abkunft erkennen.

Nachdem Herr Rentmeister Wirz darauf angetragen hatte, über die zurückgebliebene ägyptische Ziege, für welche er nun keine weitere Verwendung hatte, anderweitige Disposi- tion zu treffen, beschloss der Vorstand unseres Vereins, die- selbe in dem zoologischen Garten zu Cöln unterzubringen, indem der Direktor desselben, Herr Dr. Bodinus, sich be- reitwilligst zur Uebernahme der Ziege geneigt erklärt hatte. Anfangs August v. J. wurde die Ziege dorthin abgeliefert.

Die abgeschorenen Vliesse der beiden Angora-Böcke, so- wohl des gestorbenen als auch des lebenden, welche an Ge- wicht zusammen etwa 6 Pfd. betrugen, wurden den Herren Gebrüdern Dräger in Pritzwalk übergeben mit der Bitte, aus denselben Stoffe fabrieiren zu lassen. Diese Herren ver- fertigten daraus eine grosse, schwere, dunkle, plüschartige Reisedecke, welche ganz aus Angorawolle besteht, und einen tuchartigen, glatten Stoff aus Schafwolle, mit welcher An- gorawolle verwebt ist. Beide Stoffe zeichnen sich durch ausserordentliche Schönheit und Weichheit aus und wurden dieselben deshalb in Folge eines Beschlusses unseres Vor- standes zu der Ende October in Berlin stattgehabten land- wirthschaftlichen Ausstellung eingesandt und dort ausgelegt.

Berlin, im Januar 1861.

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Berichte über die italienischen Bienen, I.

Marienwerder, im Januar 1861. Nach dem Misslingen vielfältiger Versuche, durch italie- nische Weisel, welche die Hauptverwaltung des Vereins West- preussischer Landwirthe vom Herrn Pfarrer Dzierzon be- z0g, zu einem reinen Stande dieser bevorzugten Bienen-Art zu gelangen, musste die Nachricht freudig begrüsst werden, dass der Vorstand des Acclimatisations- Vereins eine auf bestem Wege direct aus Italien bezogene Mutter hierher geben wolle. Dass dies schliesslich jedoch nur in der Weise realisirt werden konnte, dass wir einen von der Original- Mutter in Prettin gezogenen Nachkömmling erhielten, depri- mirte um so mehr, als derselbe bei seinem Eintreffen sich nicht in den erwarteten hochgelben Ringen präsentirte, und zeigte demzufolge der hiesige erfahrene Imker, Herr Heyse, wenig Lust, sich der Mühe der Anzucht in der bereits vorge- sehenen Kastenwohnung auf isolirtem Stande zu unterziehen, und nur die Hoffnung, dass das durch die Reise erschöpfte Völkchen in der Ruhe ein willkommneres Aeussere erhalten werde, bewog ihn zu seiner Annahme und besten Pflege, über deren Erfolge er am 18. December v. J. Nachstehendes berichtete: „Euer Wohlgeboren erwiedere auf das Geehrte vom 17. d. M. unter Remission des Zeitschriften-Heftes*) ganz ergebenst, dass die durch Vermittelung des verehrlichen Acclimatisations-Vereins gütigst anher gesandte Bienen- königin hier wohlbehalten ankam, aber leider in einer unpassenden Zeit, wo die hiesigen Stöcke bereits flugbare Drohnen hatten, folglich auch der, dem die hergesandte Königin beigegeben wurde. Aus diesem Grunde nur allein konnte eine reine Fortzüchtung nicht mehr vorgenommen werden, was künftiges Jahr erst wird geschehen können,

*) Zeitschrift für Acelimatisation, Bd. III, Heft 1—6.

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wenn das betreffende Volk glücklich durch den Winter ge- bracht werden wird.

Hierbei kann ich aber nicht unerwähnt lassen, dass ich bei der ersten Ansicht der übersandten Königin gar nicht geneigt war, sie zu behalten, noch weniger die Mühe der Züchtung zu übernehmen, weil die Farbe derselben viel dunkler (also nicht rein gelb) war, als derjenigen Kö- nigin, welche die verehrliche Hauptverwaltung früher vom Pfarrer Dzierzon bezogen hatte. Die allererste Königin von p. Dzierzon war die schönste von allen, die spä- teren aber nicht mehr. Die erste Dzierzon’sche Königin, deren Hinterleib tadellos gelb war, brachte doch bei alle dem nur

l) Drohnen, die nur einen Anflug von gelblichen Flecken

‚an den Seiten des Hinterleibes zeigten, und

2) Arbeitsbienen, die nur 2 aber hochgelbe Ringe zeigten. Die später von dieser schönen Königin erzogenen jungen Königinnen hatten aber nicht mehr die reine gelbe Farbe, sondern schon einen braunen. Flecken an der äussersten Spitze des Hinterleibes, und die später fallenden zeigten immer grössere braune Flecken. Ich züchtete nämlich 7 Stück von der schönen alten Königin.

Die Züchtung fand auf einem isolirten Stande statt, wo keine fremde Drohnen, nach meiner Ansicht, Zugang hatten, und dessenungeachtet war es nicht möglich, die reine Farbe der alten Mutterbiene bei den jungen Müttern zu erreichen, Später bestätigte sich diese Erfahrung wie- derum bei mir. Also aus eigener Erfahrung bin ich zu der Ansicht gelangt, dass wir in unserm Klima wohl schwerlich zur reinen Race werden gelangen. Die aus Prettin in diesem Sommer empfangene Königin trug wenig gelbe Farbe, dagegen hatten die Arbeitsbienen doch einen schönen gelben Ring. Die Drohnen waren von den hie- sigen in Farbe aber nicht zu unterscheiden.“

Wenn die deutschen Imker nach vielfältigem Zurückgehen sogenannter italienischer ‘Völker auf den Typus der deutschen

En Tun > 2 ia a

213

die Frage von Jahr zu Jahr ernster aufwarfen, ob es über- haupt eine konstante Bienenrace mit hochgelb geringtem Hinterleibe und den sonstigen Eigenschaften der sogen. Ita- lienerin gebe, so werden die interessanten Mittheilungen, welche Herr Ehrhardt zu Prettin im III. Bande dieser Zeitschr. S. 58 über das gleichzeitige Vorkommen von sogen. italienischen und von sogen. deutschen Bienen in Italien macht, jene Bedenken wesentlich verstärkt haben. Dies und die grossen Vorzüge, welche die sogen. italienische Biene unbestritten besitzt, mahnt daher die Imker, der Frage über die Möglichkeit der reinen Inzncht der sogen. italienischen Biene in Deutschland die vollste Aufmerksamkeit zuzuwenden. Einer der tüchtigsten Bienenzüchter, Lehrer Kanitz zu Hein- richsdorf bei Pr. Friedland, in weiteren Kreisen bekannt als Herausgeber der „Bienen-Zeitung*, scheint nach ebenfalls mehrjährigen misslungenen Versuchen in neuester Zeit ge- neigt zu sein, die Existenz einer constanten, also fort- pflanzbaren Race von den bezeichneten Eigenschaften zu be- jahen, ohne durch den Eigennutz des Züchters als Verkäufer der angepriesenen Weisel hierzu getrieben zu werden. (gez.) E. John, correspond. Mitglied des Acel.-Vereins.

II.

Bendorf, 12, Januar 1861.

Der verehrte Vorstand des Acclimatisations- Vereins zu Berlin hatte den Bienenstock, aus welchem die Einbürgerung der ächten ligurischen Bienen in den Bereich der landwirth- schaftlichen Lokal-Abtheilung Coblenz hervorgehen sollte, von Mailand direkt nach Berlin senden lassen. Die Rück- reise dieses Bienenvolkes von Berlin nach Coblenz war bei dem Zustande, in den es durch die lange Reise gebracht werden musste, ganz unthunlich, weil die Königin nebst den wenigen Bienen, welche noch am Leben waren, unfehlbar getödtet worden wären. Um die vorhandene italienische Kö-

nigin zu retten, war das Verfahren des Herrn F. Ehrhardt 1860. Bd. II, 15

214

in Prettin, der einen seiner besten deutschen Stöcke ent- weiseln musste, um die importirte Königin am Leben zu er- halten, vollkommen dem Zwecke entsprechend, aber es liess der Befürchtung Raum, dass der nachgezogene, für Coblenz bestimmte Weisel die Befruchtung von einer deutschen Drohne empfangen habe, daher die Nachkommen als Halbitaliener erscheinen würden. Der direkte Bezug des importirten italie- nischen Stockes von Mailand nach Coblenz würde: das Ein- fachste und Zweckmässigste gewesen sein.

Der von Herrn Ehrhardt in Prettin aus der importirten Königin nachgezogene Weisel kam in tadelloser Verpackung hier an. Da ich gerade zu dieser Zeit durch die Arbeiten in der Central-Seidenbauanstalt so in Anspruch genommen war, dass ich anderen Unternehmungen meine ungetheilte Aufmerksamkeit nicht zuwenden konnte, übergab ich Herrn J. Schwarz in Sayn die angekommene Königin zur Bei- setzung in einen deutschen Stock. Das Verfahren war fol- gendes: Vor Ankunft der italienischen Königin waren bereits drei Nachschwärme zusammengeschlagen worden, deren Kö- niginnen in drei Weiselhäuschen gefangen gehalten wurden. Bei der Ankunft der Italienerin wurden diese Königinnen nun aus dem Stocke herausgenommen: und das Volk eine Nacht lang ohne Königin gelassen. Eine Nacht war in die- sem Falle deshalb hinreichend, weil der Stock noch keine Brut angesetzt hatte und das Volk daher zur Annahme der zugesetzten Königin sich willig befand. Am Morgen wurde die Königin (im Weiselhäuschen eingesperrt) im das Innere der Bienenwohnung gebracht und das Verhalten der Arbei- terinnen durch eine Glasscheibe beobachtet. Die Zeichen für die günstige Aufnahme der Fremden schienen so unzweideu- tig, dass die Herrschaft der neuen Regentin für gesichert gehalten werden durfte; gegen Abend erhielt sie’ denn auch schon ihre Freiheit. |

Nach drei Tagen aber fand Herr Schwarz auf einer kurzen Tafel von jungem Wachse schon Brut angesetzt und fünf Weiselzellen gebaut. Einige Tage später wurde aber-

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mals eine Untersuchung angestellt. Es fand sich, dass auf derselben Tafel nun 28 Weiselzellen neu angelegt worden waren, von denen sieben mit Eiern besetzt waren. Somit war aber auch die unerwartete und betrübende Gewissheit erlangt, dass die Bienen die neu zugesetzte italienische Kö- nigin abschaffen würden, denn das wiederholte Ansetzen von Weiselzellen ist das untrügliche Zeichen, dass im Stocke eine der Königin feindlich gesinnte Partei vorherrschend ist.

Es wurden nun daher sofort zwei andere deutsche Stöcke entweiselt und, nachdem dieses geschehen, die neu ange- setzten Weiselzellen aus dem Mutterstocke entnommen und in jene vertheilt, um wo möglich die Bienen im ersten Stocke zu beruhigen und mit der beigesetzten Königin zu befreun- den. Allein nach mehreren Tagen fand sich auf einer Tafel, welche der herausgenommenen zunächst stand, neuer Brut- ansatz und sieben neue Weiselzellen vor, von denen fünf mit Eiern besetzt waren. Es war nun keinem Zweifel un- terworfen, dass die beigesetzte Königin zum Tode verurtheilt sei; um sie noch zu retten, wurde der ganze Stock ausein- ander gelegt und durchsucht, aber die Königin war nirgends zu finden, daher schon abgestochen.

In beiden vorerwähnten deutschen Stöcken, in welche Zellen mit der Brut der italienischen Königin vertheilt wor- den waren, glückte es, Königinnen zu erziehen, beide aber gingen auf dem Begattungsausfluge verloren.

Die im Mutterstocke dagegen nachgezogene junge Köni- gin erlangte glücklich ihre Befruchtung, fand ihre Wohnung wieder und bildete ein Volk, das lustig eintrug, obgleich die Zeichen ihrer italienischen Abkunft die gelben Ringe sehr verwischt erschienen. Die übrigen fünf Königinnen- Wiegen wurden einem befreundeten Bienenvater übergeben, von ihm ebenfalls einem deutschen Stocke beigesetzt, jedoch später ausgebissen befunden.

Das praktische Verfahren, die Königin einem Volke auf- zudringen, hat seit der Entdeckung des Hofapothekers Hübler

alle seine Schwierigkeiten und Gefahren vollständig verloren, 15*

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doch war im Juni v. J. die Entdeckung Hübler’s uns noch ein Geheimniss; später erst gewannen wir es und auch die Ueberzeugung von der leichten Ausführbarkeit und dem un- bedingt gesicherten, zuverlässigen Erfolge der vorgeschrie- benen Methode, nach welcher nun zunächst in diesem Jahre operirt werden soll. | (gez) N. W. Kamphausen.

Diese beiden Berichte wurden an Herrn Ehrhardt nach Prettin zur Begutachtung eingesandt, und bemerkt derselbe dazu Folgendes:

Die abgegebenen jungen Weisel waren an Farbe die besten, die wir vom importirten erhielten; die ganze An- gelegenheit ist von uns nämlich von einem hiesigen Kauf- mann, Herrn €. F. Möbius, der. sein ganzes Leben hin- durch einen grossen Bienenstand mit Leidenschaft und Auf- gebot aller Mittel gepflegt und manche bedeutende Reise in diesem Fache gemacht hat, und mir mit voller Hin- gebung behandelt worden. Doch müssen wir zuvörderst er- klären, dass der importirte Weisel an Farbe nicht gerade bedeutende Vorzüge vor den beiden abgegebenen hatte. Nach unseren Erfahrungen genügte es, dass das vorgefundene Völk- chen auch nicht eine einzige wirklich schwarze Biene enthielt; alle trugen, wenn auch nicht überwiegend schön, die gelbe Farbe.

Ob die abgegebenen Weisel die Befruchtung von gelben Drohnen wirklich empfangen hatten, dafür können wir in- sofern unmöglich einstehen, als wir nicht Zeit behielten, die Nachkommenschaft derselben genügend zu beobachten. Die echte Befruchtung ist und bleibt in Gegenden, wo schwarze Bienen überwiegend existiren, ein Glücksspiel, und die Chancen für werden wesentlich dadurch vermehrt, dass man gelbe Völker, echt oder Bastard, so viel als nur möglich, schafft. Wir haben gegenwärtig gegen 50 solcher Völker. Bastard-Völker, d. h. solche, deren gelbe Königin- nen die Befruchtung von schwarzen Drohnen empfangen

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haben, erzeugen nach den jetzt feststehenden Ermittelungen lediglich Vollblut-Drohnen, indem der nichtbegattete Weisel die Drohnenzeugungs-Fähigkeit in sich selbst besitzt, demnach die Begattung nur auf Erzeugung weiblicher (Weisel und Arbeits-) Bienen hinwirkt. Eines Theils also, um die Chancen für echte Begattung des gelben Weisels zu vermehren, gehen wir darauf aus, möglichst viel unserer schwarzen Völker mit gelben Weiseln zu versehen, mö- gen sie echt oder nicht echt befruchtet sein; andern Theils besitzen aber auch schon diese Bastard-Völker die gewünsch- ten Vorzüge der echten gelben Biene, indem sie feineren Geruchssinn für Witterung ihrer Beute und grössere Thätig- keit zeigen, als die schwarze Biene.

Ein „isolirter* Stand zur Reinzüchtung gelber Bienen, wie er in dem Bericht aus Marienwerder erwähnt wird, ist äusserst schwer mit Sicherheit zu erlangen. Niemand ist bis jetzt im Stande gewesen, den Flug eines Weisels, den er für den Begattungszweck macht, zu verfolgen, so wie den Flug der Drohnen in Bezug auf Entfernung von ihrem Stocke zu messen. Als Beleg der Misslichkeit eines isolirten Standes möge folgende Bemerkung dienen: In einem 1 Stunde von hier entfernten Dorfe wird von Alters her viel Bienen- zucht nach alter Weise getrieben; Niemanden ist es dort noch eingefallen, sich einen gelben Weisel zu verschaffen, und doch giebt es dort einige Völker, die plötzlich gelbe Bienen, und zwar gegen 10—20% zu erzeugen anfingen. Es ist dies nur dadurch zu erklären, dass eine Befruchtung schwarzer Weisel mit gelben Drohnen in dieser Ent- fernung stattgefunden hat.

Die Frage, ob sich in irgend einem Lande oder Winkel der Erde eine wirklich unvermischte gelbe Race vor- finden möge, kann wohl keineswegs kategorisch verneint wer- den, ehe nicht die umfassendsten Forschungen angestellt worden sind. Doch ist sie in den Ländern, wo sie ermittelt worden ist (Norditalien und ein Theil von Frankreich), ganz entschieden nicht unvermischt vorhanden, weil sich dort

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überall grössere Bestände schwarzer, als gelber Bienen vorfinden, Hauptsächlich dieser Umstand mag wohl die an- nähernde 'Wiederherstellung der ursprünglich reinen Race ausserordentlich erschweren; denn wie viele Wechsel der Farben mögen im Laufe der Zeit durch unvermeidliche Kreu- zungen, zumal bei ..der Lässigkeit, mit der in südlicheren Ländern die Bienenzucht betrieben wird, stattgefunden ha- ben?! Unstreitig sind wir jetzt in Deutschland im Stande, die gelbe Race vollkommener wieder herzustellen, als es in Italien und Frankreich je geschehen wird.

Wir halten ein Volk für echt, wenn der Weisel ledig- lich gelbe Bienen, wenn auch in Nüancirungen, erzeugt. Man erhält ein solches Volk bei einem starken Stande gel- ber (Bastard-) Bienen wohl oft und leicht, man verliert es aber auch eben so leicht. Das schönste gelbe Volk, das ich besass, verschwärmte sich in 4 Völker, die ich alle als höchst werthvoll hegte und pflegte. Als es zum Austrag kam, hatte der erste Schwarm den alten Weisel nicht mehr, und alle vier wurden mittelmässige Bastard-Völker.

Dies erwähne ich hier nur, um darauf hinzudeuten, dass zur Züchtung gelber Bienen es nicht genügt, sich hin und wieder ein Mal einen gelben Weisel, und höchstens dazu einen „isolirten Stand“ zu verschaffen. Es gehören viel Arbeiten und Pflege dazu, ohne die Opfer, die man bringen muss, in Rechnung zu stellen. Geht man bei Anschaffung eines gelben Weisels nicht mit dem festen. Entschlusse um, seinen ganzen Bienenstand mit gelben Weiseln zu versehen und ausserdem andere Züchter für die Sache zu erwerben, so ist, sofern nicht die Zucht gelber Bienen in nächster Nähe schon thätig betrieben wird, alle Mühe und Geld weggeworfen: nach wenigen Jahren wird das schönste gelbe Volk mit all seiner Nachkommenschaft schwarz er- scheinen, wie unsere alten Stammbienen,

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Nichtamtlicher Theil.

Ueber Hopfenbau.

Von Jos. Jac, Flatau.

Der Hopfen (Humulus lupulus L.) ist eine Pflanze, welche nach den verschiedenen Bodenarten, auf denen sie gebauet wird, der mehr oder weniger richtigen Behandlung, den verschiedenen klimatischen Verhältnissen, ja selbst nach der Lage der Hopfengärten, eine grosse Menge von Varie- täten zeigt. Es sind mir deren an fünfzig bekannt, die sich durch Blüthenstand, Doldenbau, den Bau der einzelnen Blü- thenblätter und den Reichthum an Lupulin wesentlich von einander unterscheiden. Wenn Andere nur die Existenz zweier Hopfen- Varietäten annehmen und solche mit dem Namen des sogenannten rothen oder grünen Hopfens bezeich- nen, so mag das früher richtig gewesen sein, jetzt aber hat sich bereits, wie oben erwähnt, eine grössere Anzahl ver- schiedener constanter Varietäten gebildet. Das Lupulin des Hopfens, von dessen Reichthum der grössere oder geringere Werth des Hopfens für die Bierfabrikation abhängt, ist das schwefelfarbige aromatische Mehl, welches auf dem Grunde der Fruchtknoten zwischen den Blüthen-Blättern der weib- lichen Blüthe sich bildet. Der Hopfen gehört nämlich zu denjenigen Pflanzen, bei denen die männlichen und weib- lichen Blüthen auf getrennten Pflanzen vorkommen. Zum Zwecke der Bierfabrikation werden nur die weiblichen Pflan- zen gezogen. Der Nutzen und Schaden von männlichen Pflanzen in Anlagen, wo die weiblichen Pflanzen gezogen werden, ist sehr verschiedenartig, doch steht es fest, dass zur Gewinnung eines guten für die Brauerei verwendbaren Produkts die Befruchtung der weiblichen Pflanzen vermieden werden soll, weshalb jede männliche Pflanze aus weiblichen Anlagen und deren weiterem Umkreise entfernt werden muss.

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Nächst dem Reichthum an Lupulin bedingt jedoch auch das Aroma desselben wesentlich die Güte des Hopfens. Wir finden den Hopfen unter den verschiedenartigsten klimati- schen Verhältnissen Europas und Nord-Amerikas wild wach- send; wo er aber im wilden Zustande vorkommt, wird uns von der Natur ein Fingerzeig gegeben, dass ein für denselben geeigneter Boden daselbst vorhanden ist, selbst wenn man annimmt, dass diese einzeln stehenden wilden Hopfenstöcke verwilderte, und nur Ueberbleibsel einer früheren, vielleicht vor Jahrhunderten gemachven Hopfen-Anlage sind, so liefert das Vorhandensein derselben immer den Beweis, dass, wo der Hopfenstock durch so viele Jahre ausdauert, auch ge- eigneter Boden und andere ihm günstige Verhältnisse da- selbst vorhanden sind.

Ein wilder Hopfenstock ist durch richtige Behandlung eben so gut zu veredeln, als ein edeler Hopfenstock durch schlechte Behandlung zu verwildern. Der edelste Hopfen- stock degenerirt bei schlechter Behandlung binnen 3 Jahren, er ist dann aber sehr schwierig wieder in Kultur zu bringen.

Es kommt nun bei der Anlage neuer Hopfenpflanzungen hauptsächlich auf eine den Bodenverhältnissen anpassende Auswahl der Fechser (Stecklinge) an, durch welche die Fort- pflanzung erfolgt. Die Fortpflanzung durch Samen ist nicht üblich, da solche Zeit raubend ist, und doch ist unter Umständen! dieselbe dringend zu empfehlen, da sich hier- durch eine, für die Bodenverhältnisse anpassende con- stante Varietät bilden kann. Es hängt ferner von der richtigen Düngung des Bodens, dem richtigen Schnitt der Pflanze, namentlich aber von deren Behandlung die Quan- tität und Qualität des Produkts wesentlich ab. Bezüg- lich der Auswahl der Fechser muss bemerkt werden, dass wie bei allen anderen Kulturpflanzen auch bei der Hopfen- pflanze ein Gedeihen und eine Veredlung meist nur dann stattfindet, wenn dieselbe aus minder gutem Boden nach besserem versetzt wird. Eine Versetzung derselben aus besserem in schlechteren Boden hatte trotz aller ange-

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wandten Mühe und Sorgfalt erfahrungsmässig beinah stets nur eine Degeneration zur Folge oder einen geringen Ernte- ertrag. Es ist daher von vorneherein eine jede neue Hopfen- anlage beinah stets als eine verfehlte zu betrachten, bei der die Fechser aus Gegenden, in denen die Bodenverhältnisse vorzüglich sind, entnommen und in geringeren Boden versetzt werden. Aus diesem Grunde war auch der im Jahre 1854 und 55, wo bereits an 18000 Centner Hopfen in gleicher Güte wie heute um Neutomysl produzirt wurden, von der Behörde (mit einem Aufwande von je c. 20 Thlr.) gemachte Versuch, den Hopfenbau zu Neutomysl in der Provinz Posen, durch Einführung von Fechsern aus Spalt und Saatz zu verbessern, ein völlig verfehlter, indem die Spalter Fechser bald dege- nerirten und ein schlechtes Produkt lieferten, die Saatzer Fechser dagegen nicht den Ertrag gewährten, den der bei Neutomysl bereits schon acclimatisirte Hopfen brachte. Ich kann hiernach nicht genug darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, bei neuen Hopfenanlagen auf eine richtige, den Bodenverhältnissen entsprechende Auswahl der Fechser Bedacht zu nehmen. Ohne eine solche wird man sich stets der Gefahr des Misslingens der mit vielen Kosten gemachten Versuche aussetzen, wie solches viele seit dem Jahre 1853 in Preussen gemachte Hopfenanlagen beweisen, welche durch die günstigen Resultate des Hopfenbaues um Neutomysl her- vorgerufen wurden. Hopfen-Anlagen bringen unter gewis- sen Umständen recht viel Geld ein, kosten aber auch unter allen Umständen recht viel Geld, weshalb namentlich der kleine Ackerwirth nicht durch künstliche Mittel zum Hopfen- bau verleitet werden sollte. Grössere Grundbesitzer mögen immerhin Versuche machen und durch theure Versuche Er- fahrungen sich erkaufen. Auch ist auf die wechselnden kli- -matischen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen. Die Hopfen- Pflanze entwickelt, wenn sie in den Trieb kommt, bei gün- stiger Witterung innerhalb 24 Stunden, oft das enorme Wachsthum von 2 Fuss, wenn die Seitentriebe, Blätter u. s. w. mit gerechnet werden. Die so rasch gewachsenen Triebe sind

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sehr zart, für Witterungseinflüsse sehr empfänglich, und wer- den daher leicht durch rauhe Winde kränklich, ja selbst ge- tödtet. Ueberhaupt ist die Hopfenpflanze mehren Krank- heiten leicht unterworfen, erholt sich jedoch bei günstigen Verhältnissen eben so rasch von diesen Krankheiten. Aus diesem Grunde dürfte es sich beispielweise nicht empfehlen, an der Nordküste Preussens, in zu grosser Nähe der Ostsee, Hopfen-Anpflanzungen zu machen. Der Hopfenbau ist je- doch für Preussen längst ein Bedürfniss geworden. Je länger derselbe hinausgeschoben wird, um so mehr geben wir dem Auslande Vorschub. Ich muss mir daher wiederholentlich erlauben, die Aufmerksamkeit der Staatsregierung, der land- wirthschaftlichen Vereine und der Landwirthe, auf diesen für den allgemeinen Wohlstand so wichtigen und ergiebigen Kulturzweig hinzulenken, und kann den Hopfenbau, jedoch nur in’Gegenden, die zum Hopfenbau geeignet sind, nicht drin- gend genug empfehlen, weil dadurch namentlich dem kleinen Grundbesitzer ein reicher Erwerbszweig eröffnet wird. Dass der Hopfenbau geeignet ist, bei anpassender Unterstützung den Wohlstand eines ganzen Kreises zu heben, ‘beweisen die Hopfen-Anlagen um Neutomysl, im Kreise Buck der Provinz Posen, die einzigen Anlagen Preussens von solcher Bedeu- tnng, dass an zwanzig Tausend Menschen durch den Hopfen- bau ihren Erwerb finden, dass der letzte Ernteertrag auf 2,200,000 Thlr. geschätzt wird und dass der früher ärmste Kreis der Provinz Posen (und das will viel heissen) durch diesen Hopfenbau sich eines wachsenden Wohlstandes erfreuet.

Wenn wir die Preussische Geschichte verfolgen, so finden wir, dass Preussen bereits vor Jahrhunderten einen bedeu- tenden Hopfenbau hatte, der aber merkwürdiger Weise, trotz- dem der Bierconsum, also der Verbrauch des Hopfens stets im Zunehmen war, theils ganz eingegangen, theils bedeutend zurückgegangen ist und nirgends, ausser um Neutomysl, so zugenommen hat, wie es der Natur der Sache nach hätte geschehen müssen.

Die Stadt Bukow in der Mark hat in ihrem uralten Kir-

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chen- und Stadtsiegel eine Hopfenranke, und ‚die Geschichte sagt uns auch, dass daselbst vor Jahrhunderten ein be- deutender Hopfenbau war, der die Bewohner ernährte. Jetzt werden daselbst nur noch ungefähr an 200 Centner Hopfen produzirt, und zwar einer geringen Gattung, welche nach dem jetzigen Stande der Brauerei nur zu Schenkbieren verwendbar ist.

Pölitz in Pommern hatte früher einen bedeutenden Hopfen- bau und das Produkt erfreuete sich eines guten Rufes.

Um Potsdam sind noch Gegenden, die den Namen Hopfen- garten führen, obzwar vom Hopfenban daselbst keine Spur mehr vorhanden ist. Friedrich der Grosse, dieser grosse König, welcher so vieles Gute geschaffen, welches später ver- nachlässigt wurde, wie z. B. der Seidenbau und Anderes, hatte auch um Potsdam den Hopfenbau eingeführt, und, wie man sich erzählt, zu diesem Behufe Hopfenbauer aus Bukow kommen lassen.

In Münsterberg in Schlesien wurde bereits im Jahre 1776 an 7051 Scheffel Hopfen von 40,864 Hopfenstöcken gewonnen. Im Jahre 1791, 11564 Scheffel Hopfen von 70,000 Hopfen- stöcken.

Bereits im Jahre 1840 hat der Königl. Amtsrath Herr F. v. Raumer sich um Einführung eines rationellen Hopfen- baues auf Kaltwasser bei Liegnitz verdient gemacht, Es waren daselbst zu dieser Zeit an 11 Morgen Hopfenfeld an- gelegt. Jetzt sind nur noch Ueberbleibsel dieses früher so vorzüglichen Hopfenbaues vorhanden. Der jetzige Besitzer von Kaltwasser, Herr Rittmeister v. Prillwitz, beabsich- tigt dem Vernehmen nach wieder die Einführung dieses Kul- turzweiges. |

In den Ortschaften Mahlburg, Kylburg und St. Thomas, im Regierungs-Bezirk Trier, befleissigt man sich schon seit Jahrzehnten des Hopfenbaues. Es werden dennoch daselbst nicht mehr als 200 Centner produzirt, und zwar ebenfalls nur einer leichten Gattung.

Ohngefähr 15 Centner eines guten Hopfens werden auf

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Balduin bei Trier, in Besitz des intelligenten Herrn Wet- tendorf erzeugt. Der Besitzer wünscht auch nicht den An- bau zu vergrössern.

Mehrere auf verschiedenen Besitzungen im Regierungs- Bezirk Trier vor Jahren angelegte Hopfenfelder sind nach und nach wieder ausgerodet worden. |

So sind noch viele Gegenden Preussens bekannt, wo früher ein bedeutender Hopfenbau war, und selbst neuere Anlagen, hervorgerufen durch die Resultate des Neutomysler Hopfen- baues, erfreuen sich keines guten Fortganges.

Der Hopfenbau um Neutomysl im Kreise Buck der Pro- vinz Posen, datirt vom Jahre 1692. Es wurden jedoch bis zum Jahre 1837 nicht mehr als c. 500 Centner Hopfen da- selbst produzirt, der mit 9 Thlr. pro Centner verkauft wurde. Im Jahre 1837 ist eine neue Aera für diesen Hopfenbau ent- standen. Der Anbau nahm jährlich zu und es wurden da- selbst bei einer drei viertel Ernte in diesem Jahre an 20,000 Centner erzeugt. Bei einer vollen Ernte, wobei ich nur 7 Centner pro Morgen annehme, können daselbst, da die Anlagen sich in diesem Frühjahre bis auf 6000 Morgen ver- grössern, c. 42,000 Centner Hopfen erbaut werden.

Der Hopfenbau um Neutomysl ist bis jetzt der einzige in Preussen, der so segensvoll für Staat und Volk vorwärts schreitet. Mögen andere Gegenden unseres Vaterlandes die- sem Beispiele folgen und ihnen auch diejenige Unterstützung zu Theil werden, welche dem Neutomysler Hopfenbau diesen Aufschwung verschafft hat.

Wenn ich hier die Licht- und Schattenseiten des Hopfen- baues in kurzen Umrissen vorgeführt habe, so geschah es, um auf das Schwierige, ja Gefährliche des Hopfenbaues hin- zuweisen. Der Hopfenbau ist bei gründlichster Kennt- niss sowohl seiner ökonomischen als auch seiner kommer- ziellen Seite geeignet, einen vorzüglichen Ertrag zu gewähren, ist geeignet unter gewissen Umständen den Wohlstand eines ganzen Kreises zu heben, ist namentlich dem kleinen Ackerwirth zu empfehlen; die Anlagen kosten aber auch

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unter Allen Umständen viel Geld. Jeder bei denselben gemachte Fehler rächt sich durch ungünstige Resultate, wes- halb ich zum Hopfenbau nur dann rathen kann, wenn ein wirklicher praktischer Sachverständiger zugezogen wird. In ganz Deutschland ist seit den letzten zehn Jahren der Hopfen- bau vorwärts gegangen, während er in Preussen, ausser um Neutomysl, überall zurückgegangen ist. Wäre demselben nur diejenige Unterstützung Seitens der Staatsregierung gewor- den, die beispielsweise der Tabacksbau in Preussen erhalten hat, ohne dass dadurch ein günstiges Resultat erzielt wor- den, so wäre dadurch der Wohlstand mancher vielleicht jetzt noch sehr armen Gegend gehoben.

Allen denen, die sich für Hopfenbau interessiren, empfehle ich das bei Trowitzsch und Sohn in Frankfurt a. O. jetzt er- schienene Buch: „Der praktische Hopfenbau und Hopfen- handel, vom Königl. Landrath des Bucker Kreises Herrn von Saher zu Neutomysl.“ Ich begrüsse mit Freuden die- ses Werk eines praktischen Hopfenbauers.

Ueber denselben so höchst interessanten Gegenstand hat uns Hr. J. J. Flatau einen Vortrag mitgetheilt und den Ab- druck desselben gestattet, welchen er am 3. Dechbr. 1860 bei Gelegenheit der Landwirthschaftl. Central-Vereins-Versamm- lung in Potsdam in Gegenwart Sr. Königl. Hoheit des Kron- prinzen von Preussen als Protektor des Vereins und des Hrn, Minister Grafen v. Pückler gehalten hat. In dieser Sitzung wurde eine Prämie von 150 Thlr. für denjenigen ausgesetzt, welcher binnen drei Jahren den besten und um- fangreichsten Hopfenbau im Reg.-Bezirk Potsdam haben wird.

Wir lassen diesen Vortrag hier unverkürzt folgen:

Die überraschenden Resultate, welche in diesem Jahre der Hopfenbau um Neutomysl in der Provinz Posen geliefert hat, haben meine früheren Behauptungen wiederum bestä- tigt, dass die Boden- und klimatischen Verhältnisse unseres Vaterlandes für den Hopfenbau günstig und selbst günstiger als die der in diesem Kulturzweige renommirtesten Gegenden

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des Auslandes, wie z. B. Böhmen und Bayern sind, deren Produkt früher einzig und allein den Markt des Continents beherschte. Wir haben wiederum die erfreuliche Erfahrung gemacht, dass die Ernteresultate um Neutomysl sich gün- stiger, als in allen übrigen hopfenbauenden Ländern der Welt gestalteten, und nur in diesem Jahre von denen Ame- rikas erreicht wurden. Ich verweise in dieser Beziehung auf den von mir übersandten gedruckten Erntebericht pro 1860, welchem ich hier noch hinzufüge, dass der Reinertrag pro Magdeburger Morgen, im vieljährigen Durchschnitt berech- net, jährlich circa 70 Thlr. war; in diesem Jahre aber bei einzelnen dortigen Produzenten die Höhe von 500 Thlr. und mehr erreichte. Durchschnittlich brachte dort der Morgen in diesem Jahre einen Reinertrag von circa 400 Thlrn.

Mögen jedoch diese Resultate den Königlichen Behörden und den landwirthschaftlichen Vereinen keine Veranlassung geben, die Grundbesitzer früher zum Hopfenbau zu animi- ren, bevor sie sich nicht die Ueberzeugung verschafft haben, dass auch diejenige Unterstützung diesem Kultur- und Han- delszweige zu Theil werden wird, welche ich, wenngleich nur allein, doch mit Aufopferung von Mühe, Zeit und Geld seit einem Vierteljahrhundert demselben zu gewähren be- müht gewesen bin.

Mögen die Herren doch den Hopfenbau in anderen Ge- genden Preussens vor Augen haben, wie z. B. den der hö- heren landwirthschaftlichen Akademie zu Proskau, der doch gewiss grosse Mittel zu Gebote stehen, wo aber in diesem Jahre der Centner Hopfen nur 40 Thlr. gebracht hat, wäh- rend derselbe um Neutomysl mit 160 'Thlr. bezahlt wurde.

Neutomysl ist die einzige Gegend in Preussen, wo der Hopfenbau so segenvoll vorwärts schreitet, während fast an allen Orten Preussens, wo früher ein ausgebreiteter Hopfen- bau war, man denselben entweder ganz hat eingehen lassen, oder ihn doch sehr bedeutend beschränkt hat. Ich führe in dieser Beziehung nur Pölitz in Pommern und Buckow in der Mark an. Selbst viele seit dem Jahre 1853 in der Pro-

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vinz Posen gemachten Hopfenanlagen hervorgerufen durch die Neutomysler Resultate erfreuen sich keines Fort- schrittes, und wenn auch an einzelnen Orten, wie z. B. Kalt- wasser bei Liegnitz in Schlesien, wo vor zwölf Jahren meine Kenntnisse in diesem Kulturzweige von dem damaligen Be- sitzer, dem Amtsrath Herrn von Raumer, für die Anlagen benutzt wurden, auch jetzt noch ein Hopfen von guter Qua- lität gebaut wird, so fehlt ihm doch dort der Absatz, weshalb auch der Anbau dort zurückgegangen ist.

Ohne eine gründliche: praktische Erfahrung, ohne eine richtige Auswahl der für die verschiedenen Bodenarten pas- senden‘ Fechser, kann nur durch Zufall ein gutes Produkt erzielt werden, und ist es erzielt, so lässt es sich nicht wie andere‘ landwirthschaftliche Produkte auf jedem Wochen- markte verwerthen. Bis jetzt haben lediglich Kaufleute des Auslandes den Hopfenmarkt in Preussen beherrscht.

Der mir vor Jahren gewordene ehrenvolle Auftrag des märkisch-ökonomischen Vereins, mich für den Hopfenbau um Potsdam zu interessiren, lässt; mich voraussetzen, dass meine vierundzwanzigjährigen Bemühungen um Förderung des Hopfenbaues um Neutomysl diesem Hohen Vereine bekannt sind, deshalb erlaube ich mir nur auf meine diesjährige Thätigkeit für diesen Kulturzweig: hinzuweisen, welche die vorbezeichneten günstigen Resultate hervorgebracht hat.

Der Hopfenbau: um Neutomysl wird fast nur von klei- nen Ackerwirthen: betrieben, welche unmöglich den Welt- markt‘ übersehen können. Es war demnach mein Bemühen, die Produzenten um Neutomysl bei Zeiten vom Ausfall der Ernte des Auslandes, und das Ausland von den Ernteresul- taten um Neutomysl zu unterrichten. Es ist durch meine Bemühungen, wie es auch von den Produzenten anerkannt wird, gelungen, den Preis bis auf 160 Thlr. pro Centner rasch zu heben.

Aus Erfahrung wohl wissend, dass der amerikanische Hopfen auf den Preis drückend wirken muss, war auch die

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Beschleunigung des Verkaufs des Neutomysler Hopfens ge- boten, bevor der amerikanische Hopfen auf dem Festlande anlangt, wozu sechs Wochen nach der Ernte nöthig sind. Es ist mir auch dieses gelungen, denn sechs Wochen nach der Ernte war das Produkt aus den Händen der Produzenten.

Der jetzige Bestand um Neutomysl dürfte nur noch höch- stens 2000 Centner sein, welche zu billigerem Preise ver- kauft werden müssen, 18,000 Centner sind verkauft.

Meine bereits vor zehn Jahren ausgesprochene Ansicht, dass der Schutz der Hopfenanlagen von der Wetterseite nur insofern erforderlich ist, dass die Stangen nicht umgebro- chen, die Dolden nicht vom Winde beschädigt werden u. s. w., hat sich auch in diesem Jahre bestätigt, indem gerade die Hopfenanlagen, welche am besten geschützt waren, am mei- sten von Krankheiten befallen wurden. Auffallend war in diesem Jahre, dass die Blätter der Pflanzen nicht wie, sonst von dem unteren Theile des Stockes nach oben zu erkrank- ten oder von oben nach unten, in welchem Falle durch Ab- blatten der Verbreitung der Krankheit Einhalt gethan wer- den kann, sondern, dass die Pflanzen im Ganzen krankhafte Erscheinungen zeigten.

Bereits vor zwei Jahren habe ich versuchsweise in Neu- tomysl Steinsalz als Dungmittel für Hopfen angewendet und dabei zwar eine kräftigere Vegetation der Pflanze selbst, da- gegen aber nicht bessere Entwickelung der Dolden erzielt. Den Dungversuch mit Stassfurter Abraumsalz habe ich erst in diesem Jahre begonnen und so einrichten lassen, dass ein Theil im Herbste, der andere nur im Frühjahr, und der dritte Theil sowohl im Herbste, wie im Frühjahr gedüngt werden soll. |

Ich behalte mir vor, die Resultate zur Zeit mitzutheilen.

Auch erlaube ich mir noch, eine Probe des diesjährigen Neutomysler Hopfens, so wie eine Probe diesjährigen ameri- kanischen Hopfens vorzulegen. Letzterer ist nur ein Produkt von mittlerer Güte und wird zum Preise von 80 Thlrn. aus- geboten; doch produzirt Amerika in seinen verschiedenen

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Gegenden auch sehr verschiedene Gattungen, von denen mehrere sich durch gute Qualität auszeichnen.

Ferner beehre ich mich, eine hermetisch verschlossene Blechbüchse mit Hopfen aus dem Jahre 1840 zu überreichen. Ich habe damit einen Versuch der Conservirung des Hopfens gemacht. Wenn auch eine zwanzigjährige Conservirung des Hopfens gar nicht beansprucht werden kann, indem schon die Zinsen des Kapitals durch so viele Jahre den Hopfen ungemein vertheuerten, so halte ich doch diesen Versuch für interessant.

Ich stelle die Oeffnung der Büchse anheim, um zu be- urtheilen, ob auf diese Weise die Conservirung des Hopfens durch so viele Jahre einigermassen möglich ist *).

Schliesslich nehme ich Bezug auf meinen gedruckten Ge- neral-Bericht über die diesjährige Ernte um Neutomysl und meine Denkschrift über den dortigen Hopfenbau, welche ich auf Veranlassung des verstorbenen Oekonomieraths Rothe, Mitglied des Hohen Landes-Oekonomie-Collegiums, ausgear- beitet habe, und welche derselbe dem Königlichen Hohen Collegium bereits im Januar eingereicht hat.

Aus dem General-Bericht über die diesjährige Hopfen- Ernte um Neutomysl im Kreise Buck, Provinz Posen, wel- chen Hr. J. J. Flatau bereits im November 1860 veröffent- licht hat, wollen wir hier der Vollständigkeit wegen noch Folgendes mitheilen: |

Die Hopfenanlagen um Neutomysl, die einzigen in Preussen von solchem bedeutenden Umfange, sind in diesem Jahre um mehrere Hundert Morgen vergrössert worden und steht deren abermalige Vergrösserung zum nächsten Frühjahre bevor, so dass dann über 6000 Morgen mit Hopfen bepflanzt sein dürften.

Sowohl die neueren als älteren Anlagen hatten, wie dies auch fast bei allen Hopfenanpflanzungen des Auslandes der

*) Der 20 Jahre alte Hopfen hatte das Ansehen eines höchstens 6 Jahre alten Hopfens.

1860. Bd. Il. s 16

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Fall war, in Folge der ungünstigen Witterungsverhältnisse, namentlich in Folge allzu häufigen und starken Regens, sich keines regelrechten Fortganges zu erfreuen. Mannigfache, der Hopfenpflanze eigene Krankheiten haben dieselbe heim- gesucht und manchen Anlagen mehr oder weniger geschadet. Im Juli boten die Hopfenpflanzungen, oberflächlich ange- sehen, einen erfreulichen Anblick; bei näherer Betrachtung zeigte sich jedoch bereits der Einfluss des gefallenen Mehl- thaues. Die Blätter des Hopfens wurden in vielen Anlagen an ihrer Oberfläche glänzend. Diese Krankheit artete rasch bis zum schwarzen Brand aus. Gewitter und warmer Regen, die besten Mittel zur Vertreibung dieser Krankheiten, blie- ben leider aus. Gegen Ende Juli war die Krankheit; bereits soweit vorgeschritten, dass die lebenden Blattläuse die Rück- seiten der Blätter förmlich bedeckt hielten; bei warmem Wetter gingen dieselben selbst die feinen Ranken und oberen Schösslinge hinauf; die grossen Hopfenblätter fingen an zu- sammenzuschrumpfen und der Honigthau, welcher sich bil- dete, zog verschiedene Fliegengattungen nach sich. Be- merkenswerth war jedoch, dass die diesjährigen Anlagen, welche als Zwischenfrucht Kartoffeln hatten, von diesen Krankheiten nur in geringerem Maasse oder gar nicht be- fallen waren. |

In solchem traurigen Zustande waren die Hopfenanlagen, der einzige Erwerbszweig einer Bevölkerung von mehr denn 10,000 Seelen, bis Ende Juli. Dem erfahrenen Hopfenbauer sind jedoch dergleichen Erscheinungen, so traurig sie auch sind, nicht entmuthigend, indem der Monat August gewöhn- lich erst den Ausschlag giebt. Die besten Aussichten für die Hopfenanlagen werden in diesem Monat, wo die Ent- wickelung der Blüthen vorwärts geht, oft getrübt, während die anscheinend oder wirklich im hohen Grade afficirten Hopfenanlagen sich in demselben oft in erfreulicher Weise erholen. Ende Juli hat ein starker Gewitterregen den Rei- nigungsprozess des Hopfens vom Ungeziefer sehr befördert, so dass nur noch wenige Anlagen in einem krankhaften Zu-

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stande verblieben. Die meisten Pflanzen zeigten bald an den Spitzen ein kräftiges Grün und einen guten Doldenansatz.

Im August haben Regenschauer und der dieselben be- gleitende Wind‘durch Abstreifen der Blüthen mannigfachen Schaden verursacht; auch trat die eigenthümliche Erschei- nung ein, dass selbst bei kräftigen und gut aufgekommenen Hopfenpflanzen kein gleichmässiger Blüthenansatz vorhanden war. Man sah neben noch zur Blüthe kommenden Knospen bereits ausgebildete kleine Köpfe.

Trotz diesen vielfachen Schwankungen hat jedoch die diesjährige Ernte den günstigen Ertrag einer dreiviertel Ernte gewährt. Es sind circa 20,000 Centner eingebracht, und zwar eines Produkts,- welches sich durch Lupulin-Reichthum, Aroma und Doldenbau vor den Produkten des Auslandes auszeichnet. Auch bezüglich der Quantität ist die Ernte des Auslandes, mit Ausnahme Amerikas, welches eine dreiviertel Ernte hatte, als eine viel ungünstigere zu bezeichnen. Eng- land, welches sonst bei einer vollen Ernte im Stande ist, den ganzen Hopfenbedarf des Continents zu decken, hatte in diesem Jahre nur eine viertel Ernte, ebenso Frankreich und Belgien; Böhmen hatte eine drittel, Bayern eine kleine halbe Ernte.

Bald nach der Ernte wurde der Hopfen in Neutomysl mit 45 Thlrn. per Centner ausgeboten, da die Produzenten die ungünstigen Ernteresultate des Auslandes noch nicht kann- ten, und das Ausland von den Ernteresultaten um Neutomysl noch nicht unterrichtet war. Zwei Tage darauf stieg der- selbe ‘jedoch auf 60, dann 90, 100 und so. binnen 14 Tagen auf 160 Thlr. pro Centner, und fand zu diesem Preise sei- nen Absatz nach Bayern, Böhmen, Frankreich und England. Nehmen wir den Durchschnittspreis nur auf 110 Thlr. pro Centner an, so hat die diesjährige Hopfenernte um Neutomysl einen Brutto-Ertrag von 2,200,000 Thlrn. geliefert. *)

*) Bei den bedeutenden Dimensionen, welche der Hopfenbau in Preussen in der Provinz Posen bereits angenommen hat, kann wohl kein Zweifel 16*

: 232

Die Weberkarde (Dipsacus fullonum). Von Minden.*)

Bei den Fortschritten, welche die Landwirthschaft Ost- preussens in den letzten Jahren gemacht, hat sich vielseitig der nahe liegende Wunsch nach der Kultur hier passender Hackfrüchte und Handelsgewächse kund gegeben. Man war bei der Auswahl genöthigt, zwei Hauptmomente im Auge zu behalten, nämlich die klimatischen Verhältnisse und die bei grossen Flächen verhältnissmässig oft mangelnde Menschen- hand. Man hat in Gegenden welche durch warmen Un- tergrund, südliche Abdachung und leichte Herbeischaffung grösserer Düngermassen bevorzugt sind sich befleissigt, den Tabacksbau einzuführen und selbst die besseren Varie- täten desselben kultivirt, indessen bei dem niedrigen Preise der letzten Jahre nicht die gewünschte Rechnung gefunden; man hat an verschiedenen Orten die Cichorie angebaut, den Sonnenglanz in Vorschlag gebracht, ohne sich dabei ver- hehlen zu können, dass die Bereitung der ersteren nicht un- bedeutende, oft schwer erreichbare Anlagecapitalien verlangt, und Ernte, Aufbewahrung und Absatz des letzteren in un- serer Provinz mit manchen Schwierigkeiten verbunden bleibt.

Die Distelgewächse finden in Ostpreussen einen dank- baren Boden, da sie zu ihrer Vegetation kalkhaltigen Unter- grund beanspruchen, der ihnen auf den hier nicht seltenen Mergellagern zu Theil wird. Die Karde (Dipsacus syl- vestris) welche ebenfalls diesem Geschlechte angehört kommt noch in der Gegend von Elbing wild wachsend vor und ist z. B. auf den Dämmen der Nogat in schönen und

über die Wichtigkeit dieses Kulturzweiges obwalten. Es freut uns je-

doch, unsern Mitgliedern die Mittheilung machen zu können, dass diese

Wichtigkeit und die Verdienste des Hrn. Flatau um die Hopfenkultur

in Preussen bereits im Jahre 1856 von der Societe Imperiale zoologique

d’Acclimatation zu Paris durch Ertheilung einer Medaille an Hrn. Flatau

vollkommen anerkannt wurden. Anm. d. Red. *) Landwirthschaftl. Lehrbücher aus Ostpreussen, 1860. p. 407.

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kräftigen Exemplaren zu sehen. Das führte mich darauf, einen Versuch mit der Weberkarde (sie ist bekanntlich eine zweijährige Pflanze) zu veranlassen; und ich übergab im Frühjahr 1859 ‘eine kleine Quantität dieses Samens dem Kantor Lange in Kl. Dexen bei Pr. Eylau, einem Manne, dessen lebhaftes Interesse für die Landwirthschaft wohlbe- kannt ist. Dabei hatte ich noch die Nachbarschaft der Stadt Pr, Eylau im Auge, welche zu den wenigen Orten der Pro- vinz gehört, in denen Tuchweberei betrieben wird, wodurch sicherer Absatz und schnelle Verwerthung der Karde in Aus- sicht gestellt war.

Dieser Versuch hatte in jeder Weise einen günstigen Er- folg, und ich erlaube mir, die Kulturmethode der Weber- karde, wie solche von Herrn F. Lange angewendet wor- den ist, mitzutheilen, zumal ich die Ueberzeugung ge- wonnen habe, dass diese Pflanze fernerer Berücksichtigung werth und sehr geeignet erscheint, besonders für den klei- neren Besitzer und Dorfschullehrer hier eine künftige Er- werbsquelle zu bilden.

Der Samen wurde im Frühjahr 1859 auf Beete ausgesäet und die alsdann bis zur zweiten Hälfte des August gut herangewachsenen Pflanzen wurden auf einen Acker versetzt welchem so eben eine Ernte von Frühkartoffeln (nach vorheriger Düngung) entnommen war und mit verdünn- ter Jauche angegossen. Der Boden besteht aus sandigem Lehm, welchem durch Auffahren von Mergel eine grössere Bindigkeit gegeben wurde. Das Versetzen der Pflanzen hätte füglich schon am Ende des Juli vorgenommen werden müs- sen, was indessen der damals vorherrschenden Dürre wegen nicht gut zu bewerkstelligen war.

Herr p. Lange hat zwischen den Karden Gemüse (Strauch- bohnen etc.) gepflanzt, und mochte das wohl darin seinen Grund haben, weil ihm die alleinige Kultur der Karden denn es war eben nur ein Versuch zu unsicher erschien, und er doch seinem kleinen Areal den höchstmöglichen Ertrag abgewinnen wollte. Derselbe hat im August c. die

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Karden geerntet und dabei nachfolgende Rechnung angelegt; welche etwas sanguinisch klingen, bei, näherer Erwägung aber wohl für den Augenblick wenigstens gerechtfertigt er- scheinen dürfte.

„Es sind auf einer DRuthe 40 Pflanzen ausgesetzt, wor- den, das würde für einen Morgen (180 DRuthen) 7200 .Pflan- zen betragen, die wenn jede Pflanze durchschnittlich, auch nur 10 gute Karden lieferte (manche Pflanzen liefern bis 50) ein Ernteergebniss von. 72,000 Kardenköpfen pro Morgen zu Wege bringen. Das Tausend wird (je, nach der Grösse) mit 4—5 Thlr. bezahlt; mithin würde der. Morgen wenn man den Ertrag des Gemüses als Arbeitslohn rechnete mindestens 4x 72—= 288 Thlr. Reinertrag. bringen.“

In Deutschland veranschlagt man eine mittlere Ernte auf etwa 60,000 Stück Karden pro Morgen, eine gute auf 100,000 Stück und, darüber. Der Ertrag läge also nach obiger Berechnung nicht ausser der Möglichkeit; was; in- dessen schwankender bleibt, ist der Preis;, dieser richtet sich selbstverständlich nach dem jedesmaligen Ausfall. der. Ernte und variirt von 1 Thlr. bis zu 5, Thlr. pro Tausend hinauf. Auch dürfte der Zwischenbau von. Gemüse wie ihn Herr p. Lange ausgeübt in den meisten Jahren ein unsiche- rer sein, mithin der Ertrag des Gemüses den Arbeitslohn für die Karden nicht decken,

Jedenfalls bleibt aber der Erbau ein sehr gewinnbringen- der, und selbst bei der Annahme von nur 50,000 Stück Karden pro Morgen zu dem Durchschnittspreise von 2 Thlr. 15 Sgr. für das Tausend ein Erlös von etwa 125 Thlr., von dem 25 Thlr. für Acker und Kulturkosten abzurechnen wären und immer noch: 100 Thlr. als Reinertrag übrig. blieben.

Herr p. Lange hat mir ein Exemplar. von 6% Fuss über- reicht, bei welchem freilich der Hauptast um den Trans- port zu erleichtern schon abgeschnitten war, und dennoch zeigten sich an demselben 28 Stück gut ausgebildeter. Kar- den. Derselbe hat seinen Erbau in Pr, Eylau leicht abgesetzt

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und wurden die Karden wegen ihrer Elastieität und Stärke als sehr brauchbar befunden. Herr p. Lange wird auch ferner und in grösserer Ausdehnung diese Pflanze anbauen, da —- wenn der Bedarf für die Provinz gedeckt ist Absatzwege nach aussen nicht schwer zu ermitteln sein dürften.

Uebrigens ist das Bedürfniss nach guten Karden kein so geringes, als es den Anschein haben möchte, denn neben den Webern von’ feinen Tuchen und baumwollenen Zeugen bedienen sich ihrer auch die Hut- und Strumpfmacher zum Aufkratzen, um’ das Scheeren alsdann besser vornehmen zu können. Die Mechanik hat bisher kein Instrument erfunden, welches der Karde an Elastieität des Gehäkes gleich kommt; daher ist der Bedarf für das südliche und westliche Deutsch- land und zwar in den verschiedenen Fabrikdistrikten ein recht bedeutender.

Ein Vorzug der Karde' besteht noch darin, dass sie bie- nenreichen Gegenden durch ihre bis in den Herbst sich hin- einziehenden Blüthen eine sehr erwünschte Nahrung gewähren wird, welche der Erzeugung eines guten Honigs besonders fördersam ist. Ein'anderer Vorzug möchte nöch der sein, dass sich‘ die Kardenköpfe’ an einem trockenen Orte jahre- lang ohne an ihrer Güte zu verlieren aufbewahren lassen. Diese Eigenschaft gewährt einen Vortheil vor den meisten anderen Handelsgewächsen, bei welchen man nach der Ernte einen’sehleunigen Absatz für jeden Preis zu suchen genöthigt ist, um deren längeres Conserviren welches oft unübersteigliche Schwierigkeiten hat zu umgehen.

Ein besonderes Gewicht würde ich darauf legen, dass die Pflanzen zwei Fuss von einander gesetzt werden, damit nicht nur ihrer kräftigen Entwickelung kein Hinderniss entgegen- stehe, sondern auch die Quadratkultur (mit‘Furchenegge und Häufelpflug) bequem vorgenommen werden könne. Da die Karde keinen frischen Dünger für sich in Anspruch nimmt und nur einen kraftvollen, unkrautreinen, mit tiefer Acker- krume versehenen Boden zu ihrem Gedeihen erfordert, so

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dürfte Land, welches Frühkartoffeln getragen, zu ihrem An- bau’ in Ostpreussen am geeignetsten sein, wenn schon im südlichen Deutschland auch Roggen- und. Gerstenstoppel hierzu gewählt werden, weil das Verpflanzen dort ohne Scha- den auch etwas später vorgenommen werden kann. Hier dürfte der Anfang des August füglich als der späteste Ter- min gelten und es bleibt da in dieser Zeit oft Trocken- heit eintritt wohl darauf zu achten, dass die Pflanzen nach dem Versetzen sorgfältig angegossen werden.

Im zweiten Jahre wäre auf die tellerförmige Blätterbil- dung um den Stengel zu rücksichtigen, weil bei regniger Witterung das Wasser sich in diesem Behälter leicht an- sammeln und die Vegetation beeinträchtigen kann. Man schlitzt um solches zu verhindern mit einem scharfen Messer die Blätter an verschiedenen Orten auf, welche als- dann eine geneigte Stellung annehmen und hierdurch dem Regen ein Ansammeln ferner nicht gestatten werden. Das wäre bis zur Ernte neben den bei anderen Hackfrüchten bekannten Arbeiten die einzige Vorsicht, welche diese Pflanze für ihr Gedeihen in Anspruch nimmt.

Was nun die Ernte selbst betrifft, so ist der beste Zeit- punkt für dieselbe, wenn die in einem Kranze sich um den Kardenkopf zeigende Blüthe bereits ganz unten nach dem Stengel gezogen ist. Später werden die Stacheln spröde, brechen leicht ab, und es ist somit einige Aufmerksamkeit nöthig, damit die zu verschiedener Zeit heranreifenden Köpfe auch allmählig abgeschnitten werden, Man lässt denselben einen etwa 6 Zoll langen Stiel, um das Verpacken in Tonnen zu erleichtern und hierdurch gleichzeitig die künftige Hand- habe des Instruments zu bilden. Die Karden werden auf einem luftigen Boden dünn aufgeschüttet, öfter gewendet und alsdann in kleine, mittlere und grosse sortirt.

Die zur Gewinnung des Samens bestimmten Karden- köpfe. wozu man die grössesten auswählen wird blei- ben selbstverständlich bis zur Reife an den Pflanzen und werden, nachdem sie abgeschnitten, an einem trockenen Orte

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ausgebreitet. Die Stengelrückstände im Felde werden ent- weder als Brennmaterial oder für den Dünger- und Compost- haufen zu benutzen sein.

Der Zuckerahorn (Acer saccharinum).

Mit Benutzung von M. V. de Courcels’ Vortrag in der Societe Imperiale d’Acclimatation.

Herr Drouyn de Lhuys hat im Auftrage der Frau Gräfin von Montessay dem Comite des zoologischen Aceli- matisationsgartens im Bois de Boulogne die Uebersendung einer Anzahl Zuckerahornbäume aus Kanada angezeigt.

Es wird gewiss die Leser unserer Zeitschrift interessiren, einiges Nähere über diesen nützlichen Baum zu erfahren.

Von allen Ahornbäumen Nordamerikas ist der interessan- teste und kostbarste der Zuckerahorn, englisch Sugar-Maple, auch Hard-Maple und Rock-Maple genannt. In Kanada, Neubraunschweig und Neuschottland, Vermont und New- Hampshire bildet er einen hauptsächlichen Bestandtheil jener grossen Wälder, welche von der stets vorwärts drängenden Bevölkerung noch nicht zerstört sind. Man findet ihn auch auf der ganzen Alleghany-Bergkette und auf den steilen Ufern der aus dieser entspringenden Flüsse. In den Staaten New-York und Trans-Pensylvanien sind circa 15,000,000 Mor- gen mit Zuckerahorn angepflanzt.

Viele unserer Leser werden den Baum schon gesehen ha- ben, es bedarf deshalb keiner genauen Beschreibung; wir wollen hier nur kurz mittheilen, dass er in Wuchs und Blättern dem gewöhnlichen Ahorn gleicht; er unterscheidet sich von demselben durch seine braunen Knospen, durch den in seinen Blattstielen und jungen Schösslingen enthal- tenen milchigen Saft, sowie durch die mehr grün- und weissliche Farbe seiner Blätter, deren Rippen häufig mit kleinen Härchen besetzt sind. Seine Rinde ist sehr weiss, seine Blüthen, aus welchen 2 kurze Flügelchen hervorragen,

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bilden Trauben. Sein Holz ist weiss und nimmt, der Luft ausgesetzt, eine röthliche Farbe an. Schwer und hart, ist es für Stellmacher und Zimmerleute sehr verwendbar und für die Schiffskiele dem Buchenholz vorzuziehen; polirt wird es seidenartig glänzend. Es ist dies das so elegante Holz, welches von den Kunsttischlern seiner bunten Zeichnung und graziösen Wellenlinien wegen so gesucht wird. Es ist ein ausgezeichnetes Brennmaterial und aus seiner Asche, welche sehr reich an- alkalischen Bestandtheilen ist, werden fast & sämmtlicher aus Amerika nach Europa eingeführten Pottasche bereitet. Vor Allem aber ist dieser Ahorn durch den grossen Zuckergehalt seines Saftes kostbar, dessen Gewinnung von jeher ein: wichtiger Industriezweig in: Nordamerika gewesen ist. Die ersten französischen Missionaire sprechen’ in ihren Berichten davon. Leclercq, der 35 Jahre in Kanada lebte, sagt uns: (1691 schreibend), dass die Indianer aus einem dicken Syrup, den sie aus einem von'ihnen Michtan genann- ten Baum zogen, kleine Zuckerbrode bereiteten,-von denen: mehrere als Merkwürdigkeit nach Frankreich gesandt wurden. Beverley giebt in seiner Geschichte Virginiens (1691: ersch.) eine Beschreibung des Zuckerahorns und der Art, wie’ die: Indianer seit langer Zeit den Zucker gewannen. Es’ ist des- halb die Behauptung eines spätern Schriftstellers, Charlevoix' 1744, dass sie dies erst von den‘ Franzosen erlernt hätten, falsch, Wenn man dem glauben will, was der englische Schriftsteller John Evelyu in seinem Buche‘ Silva (London 1664) berichtet, so wurde ein Theil des von den Indianern Kanadas gewonnenen Zuckers sowohl zu seiner Zeit, als auch schon viel früher, beständig nach Rouen in ‘der Normandie’ geschickt, um dort raffinirt zu‘werden; man’ stellt auch’ dar- aus, fügt er hinzu, einen gegen Skorbut sehr wirksamen Syrup: her.

In dem Werke von Michaux (geschrieben 1813) über die Waldbäume Nordamerikas findet man genaue Angaben über die Fabrikation des Zuckers aus: dem Zuckerahorn, welche dieser: gelehrte Reisende an’ Ort und‘ Stelle aufgezeichnet

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hat, Der. Zuckersaft wird im Februar oder Anfang März in der Zeit gewonnen, wann: derselbe im Baume nach oben steigt, obgleich die Erde noch häufig mit Schnee bedeckt ist. Mit einem Holzbohrer bohrt man in die Rinde und eine dünne Partie des. Splintes in schräger Richtung 2 Löcher dicht ne- ben einander, etwa 1% Fuss vom Erdboden und an der gegen Mittag gelegenen Seite des Baumes. Man versieht diese Löcher mit kleinen Hollunderröhrchen, um den Saft in Näpfe, welche am Fuss jedes Baumes aufgestellt sind, aufzufangen, Der Saft. wird täglich eingesammelt und nach dem Sugar- camp; (Zuckerlager) gebracht, wo Kessel aufgestellt sind, in welchen man ihn sofort kochen lässt. Durch lebhaftes Feuer beschleunigt, man die Abdampfung. Der Schaum wird sorg- fältig abgeschöpft. Wenn die: Flüssigkeit etwa auf + ihres Gewichtes. reduzirt, eine: syrupartige Beschaffenheit ange- nommen, giesst man sie durch einen wollenen: Stoff, lässt sie, einige Zeit stehen, klärt sie dann auf: dem Feuer’ mit Milch und-Eiweiss, schäumt sie noch einmal: ab, und giesst sie dann in die Gussformen, wo sie beim Abkühlen die Brod- form. annimmt. |

Die, Farbe dieses Zuckers wird um so viel weniger dun- kel, als man sich, mehr Mühe: mit’ seiner Herstellung giebt. Er, kann.so weiss; werden, wie der Rohrzucker, und dann ist. sein. Geschmack ebenso angenehm, und: er süsst ganz ebensogut. Im Uebrigen hat sich das Herstellungsverfahren in jedem der Distrikte, wo der Zuckerahorn angebaut wird, bedeutend vervollkommnet. Man braucht nur: einige der landwirthschaftlichen Zeitschriften. Nordamerika’s durchzu- blättern, um. sich von.der Wichtigkeit, die man noch gegen- wärtig.dieser Industrie beilegt, und den Fortschritten, welche ihr noch bevorstehen, zu überzeugen. Es ist schwer, zu einer genauen Schätzung des in Amerika gewonnenen Ahorn- zuckers zu gelangen, weil dieser Zucker fast überall an den Produktionsorten selbst. verbraucht wird und auf wichtige Marktplätze, nur ein. beziehungsweise sehr kleiner Theil kommt, Duhamel,sagt, dass man zu seiner Zeit in Kanada

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etwa 12- bis 15,000 Pfd. gewann, welche a 2 Sgr. pro Pfd. verkauft wurden. Im Staate Vermont wurden 1840 ungefähr 4,640,000 Pfd. gewonnen, im Staate New-York hätte, nach dem jährlichen Bericht der Handelskammer, die Ernte von 1858 etwa 50,000,000 Pfd. geliefert, und wäre um % gerin- ger gewesen, als die des sehr günstigen Jahres 1857. Ein kalter und trockener Winter wird viel ertragreicher, als ein feuchter und veränderlicher, ebenso fliesst an einem schönen sonnigen Tage nach einem Nachtfroste der Saft viel reich- licher, und ein Baum giebt häufig 8 bis 12 Quart. Die besten Zuckerahorne, welche am meisten Zuckerstoff liefern, sind die, welche auf einem steinigen Boden an nach Osten oder Süden belegenen Hügeln wachsen. Michaux berichtet, dass drei Personen 250 Bäume besorgen können, welche 1000 Pfd. Zucker liefern, oder ungefähr 4 Pfd. pro Baum. Der Zeitraum, in welchem der Saft’ aus den Bäumen fliesst, umfasst ungefähr 10 Wochen, zu einer Jahreszeit, wo die Feldarbeiten am wenigsten im n Gange sind und Arbeitskräfte verlangen.

Da der Zuckerahorn, dieser in vieler Hinsicht so werth- volle Baum, in Nordamerika ‘eine Quelle industriellen und landwirthschaftlichen Reichthums ist, so möchte er sich auch wohl für uns zum Anstellen von Acclimatisationsversuchen eignen. Wir glauben, dass diese namentlich für Nord- deutschland von Erfolg sein würden, wo die klimatischen Ver- hältnisse denen seines Vaterlandes so sehr ähnlich sind. Im Jahre 1810 soll er schon in Oestreich, Ungarn und Mäh- ren angebaut worden sein, und soll namentlich der Fürst Auersperg die Zuckergewinnung im grossartigen Massstabe betrieben haben, so dass man in Wien diesen SAID viel- fach verwandte.

Es ist uns unbekannt, ob dies noch heut der Fall ist. Sollte einer unserer Leser in Oestreich uns hierüber Aus- kunft geben können, so würden wir es dankbar anerkennen.

. Es ist uns auch sonst nicht bekannt, dass der Zucker- ahorn irgendwo in Deutschland im grössern Massstabe an-

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gebaut wäre; gelänge sein Anbau im Grossen, so wäre da- mit sehr viel erreicht. Wir hätten für unsere steinigen Höhen einen prachtvollen, vielfach nutzbaren Baum, der noch besonders dadurch werthvoll werden könnte, dass er uns vielleicht nach und nach unabhängig machen würde von der Rübenzuckerindustrie, welche nach so langjährigem Schutz selbst heute noch behauptet, nicht ohne denselben bestehen zu können, und zu deren Gunsten, aber zum Nachtheil des Staats und der Consumenten, noch immer sehr bedeutende Summen geopfert werden.

Die italienische Biene. Vom Lehrer Kanitz in Heinrichsdorf bei Friedland in Östpreussen.”)

Es giebt kaum ein Thema, welches geeigneter ist die Aufmerksamkeit des Bienenfreundes zu erregen und ihn in Spannung zu versetzen, als das über die italienischen Bienen, welche seine bevorzugten Lieblinge sind. Wir haben nun bereits seit sechs Jahren diese Bienenrace kultivirt und praktische Erfahrungen über dieselbe gesammelt, so dass wir glauben, ein ziemlich umfassendes Urtheil über sie fäl- len zu können, welches wir in Nachstehendem unsern Lesern vorzuführen versuchen wollen. |

Im Jahre 1855 wurde die italienische Biene aus Schlesien von Hrn. Pfarrer Dzierzon hier in Heinrichsdorf einge- führt; doch gelang es erst bei der fünften Mutter, eine Fort- zucht zu gewinnen, da die Mütter, welche jede 10 Thaler kosteten, theils erstochen wurden, theils fortflogen, oder un- echt befruchtet waren. Ob andere Bienenfreunde, die sich aus Schlesien echte italienische Mütter haben kommen las- sen, glücklicher waren und namentlich noch jetzt eine soge- nannte echte, d.h. bunte Bienen erzeugende Mutter besitzen,

* Aus der Preussischen Bienenzeitung.

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wissen wir nicht, glauben es aber kaum. Die Mutter ist am Hinterleibe gelblich oder röthlich gezeichnet; die Drohnen sind etwas kleiner als die deutschen und haben auch einen gelben Ring am Hinterleibe; bei den Arbeitsbienen sind die beiden ersten Ringe vom Bruststück an gerechnet, der erste schmal, der folgende breiter geib gezeichnet. Im Sonnen- schein erscheinen die Bienen am Hinterleibe fast durchsichtig, sind sehr flink und nicht kleiner als die deutschen.

Sie gedeihen in unserm Klima eben so gut, scheinen sogar an kühlen Tagen im Frühjahr fleissiger zu fliegen und unempfindlicher gegen die Kälte zu sein, als die deutschen Bienen.

Sie schwärmen einige Tage früher, als die deutschen und, wenn man sie an einem frostfreien Orte, z.B. im Keller überwintert, so brüten sie im Winter schon fleissig, denn in einem deutschen Volke, welchem man im October eine italienische Mutter zugesetzt hat, finden sich im Früh- jahr schon eine Menge bunter Bienen. Beim Schwärmen kommt der Schwarm sehr stark aus dem Stock, gleichviel ob das Wetter hell oder trübe ist, und sogar während eines sanften Regens wurde in diesem Jahre ein Schwarm beobachtet. Daher ziehen die Schwärme gern zurück, was freilich in diesem Jahre wegen des unbeständigen Wetters auch häufig bei deutschen Bienen vorkam. Vor- und Nach- schwärme finden bei ihnen in ähnlicher Weise statt. Das Abtrommeln gelingt leicht und schnell, wenn man sie vorher hinreichend mit Rauch von morschem Holz betäubt hat. Beim Herausnehmen der Mutter, welche schwerer zu finden ist, da sie sich unter dem bunten Gewühl nicht sehr aus- zeichnet, verhalten sie sich nicht so ruhig, als die deutschen, und wenn man schnell mit der Hand nach der Mutter greift, kann man auch wohl gestochen werden. Ueberhaupt stechen sie wohl ebenso wie-die deutschen, wenn man sie beunruhigt, ohne sie vorher mit Rauch bewältigt zu haben, aber ihre Stiche sind nicht so schmerzhaft. Vor dem ungereizten Stocke pflegen sie indessen nicht zu stechen, sie umschwär-

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men zwar den Kopf, setzen sich wohl auch auf das Gesicht, stechen aber nur dann, wenn man sich auf hastige und un- geschickte Weise ihrer zu entledigen sucht, wogegen sie sich harmlos wieder entfernen, wenn man sie ruhig gewäh- ren lässt. e

‚Von grosser Wichtigkeit ist es, dass sie sehr gerne rau- ben, sich selbst dagegen nicht berauben lassen; ihre Witte- rung ist sehr scharf, und wenn irgendwo Honig oder andere Süssigkeiten vorhanden sind, so finden sie sich viel früher als: die deutschen dabei ein und tragen Alles nach Hause.

Da sie ihren Fleiss vorzugsweise auf Einsammlung von Honig richten, so schreitet ihr Bau langsamer fort, als der der deutschen, weil sie jede gebaute Zelle sofort mit Honig füllen und verdeckeln. Daher kommt es, dass bei Schwär- men von gleicher Stärke die italienischen weniger Bau haben und dennoch schwerer sind, als die deutschen. Es scheint jedoch, als wenn die alten Stöcke italienischer Bienen mehr zum: Drohnenwabenbau geneigt sind, als die deutschen, in- dessen bedarf dieser Punkt noch näherer Untersuchung, da sie während der Tragzeit das Brutlager von selbst beschrän- ken und jede gebaute oder ausgelaufene Zelle sofort mit Honig füllen. Dadurch werden die Stöcke honigreicher und somit schwerer, und es rechtfertigt sich der Wunsch, diese Bienenrace immer weiter zu verbreiten.

Dies hat nun aber seine hesonderen Schwierigkeiten, da nach den bisherigen Erfahrungen die in Deutschland einge- führten italienischen Bienen nicht ganz echt sind, sondern mit ‚einem grösseren oder geringeren Bruchtheil deutschen Blutes vermischt waren. Herr Pfarrer Dzierzon giebt dies selbst zu: und hat versprochen, durch eine höchst sorgfältige Zucht. die. italienischen Bienen wieder ganz echt herzustellen. Das kann nur da gelingen, wo in weitem Umkreise keine deutschen Bienenstände gehalten werden und wird einen Zeitraum von vielen Jahren in Anspruch nehmen, da bei sorgsamer Zucht der. Bruchtheil deutschen Blutes: zwar all- mälig, kleiner werden, nicht selten. aber ein starker Rück-

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schlag eintreten wird, wie ich dies zu beobachten vielfach Gelegenheit hatte.

Die Biene kann nur dann echt genannt werden, wenn alle jungen Mütter mehr oder weniger gezeichnet sind. Da- bei werden freilich die Mütter in Bezug auf Schönheit stets mehr oder weniger von einander abweichen, wie sich dies bei allen Thierracen findet. Alle aber müssen einander ähnlich sein, es darf kein Rückschlag vorkommen und es dürfen keine ganz schwarzen Mütter erzeugt werden. Von einer Mutter, welche lauter bunte Arbeitsbienen er- zeugte, haben wir bisher stets nur wenige gute junge Mütter erzogen, ein grösserer Theil war wenig gezeichnet und viele waren schwärzer, als die deutschen Mütter. Bei der Zucht der Arbeitsbienen schienen solche Mütter echt; bei der Zucht der Mütter, als der vollkommenen Thiere, aber unecht.

Von einer echten Mutter, welche sich mit einer deutschen Drohne begattete, müssten der Theorie nach nur echte Droh- nen gezogen werden, da die Eier, aus welchen die Drohnen sich entwickeln, mit dem in der Samentasche der Mutter befindlichen unechten Samen in keine Berührung kamen, also auch nicht befruchtet wurden. Da aber dennoch alle bisherigen sogenannten echten Mütter stets auch einige ganz schwarze Drohnen erzeugten, so beweist dies, dass die Mutter selbst nicht ganz echt ist. Da es also nach unsern Er- fahrungen nicht möglich war, einen Stand wirklich echt her- zustellen, so war schon seit einem Jahre unser Bestreben darauf gerichtet, solche Bienen direct aus Italien zu be- ziehen, und so erhielten wir denn auch Mitte October d. J. aus einer Gegend der Lombardei unweit der Pie- montesischen Grenze, wo nur echte Bienen exi- stiren*), eine Sendung, welche glücklich hier ankam.

*) Es ist sehr zu bedauern, dass über diese interessante Sendung nichts Näheres mitgetheilt ist, namentlich dass nicht einmal der Ort, woher sie bezogen wurde, genannt ist. Es ist daher unmöglich, irgend eine begründete Vermuthung über die Echtheit der Bienen auszusprechen. Unser Acclimatisations - Verein bezog seine Bienen bekanntlich aus der

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Ungeachtet der dieser Sache gebrachten bedeutenden Opfer glauben wir doch jetzt 4 Stöcke wirklich echte Bienen zu besitzen, und wenn das wirklich der Fall ist, so wird die Italisirung unserer Bienen eine ganz andere Wendung neh- men. Denn sind alle nachgezogenen jungen Mütter gezeich- net, so erzeugen sie auch lauter echte Drohnen; um einen einzeln gelegenen Stand zu italisiren, ist dann weiter nichts nöthig, als sich eine solche Mutter anzuschaffen, Mutterzellen von ihr zu erziehen, in der Hochtragt die deutschen Mütter aus allen Stöcken zu kassiren, und eine italienische ge- deckelte Mutterzelle in jedem Stocke einzustellen. Alle jungen italienischen Mütter begatten sich mit den vorhandenen deutschen Drohnen, dennoch kommen im folgenden Jahre lauter italienische Drohnen zum Vorschein. Jetzt thut man dasselbe, wie im vorigen Jahre, man erbrütet echte Mutter- zellen, fängt sämmtliche von schwarzen Drohnen begatteten Mütter in den Höhetragt aus und stellt dafür die echten Mutterzellen ein; die daraus entschlüpfenden jungen italie- nischen Mütter werden sich dann alle mit den vorhandenen italienischen Drohnen begatten und ihre Nachkommenschaft wird vollkommen echt sein. Die ausgefangenen unecht be- fruchteten italienischen Mütter kann man einem Nachbar- züchter geben, der sie in seine Stöcke bringt und dadurch gleich im folgenden Jahre seinen Stand echt machen kann, indem diese Mütter gleich im folgenden Jahre die dazu er- forderlichen italienischen Drohnen erzeugen. *)

Umgegend von Genua, wo gar keine schwarze Bienen existiren sollen. Dennoch sind jetzt Zweifel rege geworden, ob die Königin von ganz echter Abstammung gewesen ist. Anm. der Red.

*) Hr. Lehrer Kanitz verspricht über seine Erfolge im nächsten Jahre seiner Zeit weiter zu berichten, und werden wir dann nicht er- mangeln, unsre Leser über den Verlauf dieser interessanten Einführung in Kenntniss zu setzen. Anm. der Red.

1860. Ba, IT, 17

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Ueber die Kultur der Obstbäume.

In einem Aufsatze von Otto Beck, Königl. Regierungs- und Departementsrath für Landeskultursachen zu Aachen, abgedruckt in No. 5. der Zeitschrift des landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen, Jahrgang 1860, finden wir die Klage, dass in dem grössesten Theile der Rheinprovinz kein Zweig der Landeskultur in dem Maasse darniederliege, wie die Obstkultur.

Dieses Urtheil mag hart erscheinen. Die Obstzucht steht jedenfalls in den anderen Provinzen Preussens auf keinem höheren Standpunkte, als in der Rheinprovinz. Dieselbe dürfte überhaupt in Preussen ausser der Rheinprovinz nur noch in Sachsen in bemerkenswerther Weise betrieben wer- den. In den übrigen Provinzen sieht man Obstbäume in der Regel nur hier und da an den Chausseen, wenn nicht auch dort sogar Pappeln und ähnliche Bäume vorgezogen werden. Seltener schon erscheinen die Obstbäume an den Gemeinde- wegen. In den Fluren dagegen gehören mit Obstbäumen bepflanzte Ackerfelder zu den allergrössten Seltenheiten. Man zieht dieselben der Regel nach eben nur in den Gär- ten, mehr der Zierde als des Nutzens wegen.

Unter den Ursachen dieser Vernachlässigung der Obst- zucht in der Rheinprovinz giebt Herr Regierungsrath Beck zunächst die Schwierigkeit der Obstkultur an, die grosse, andauernde Aufmerksamkeit, die sorgliche Mühe, die der Wahl des Standortes, der Obstsorte, der Behandlung der Bäume in den verschiedenen Stadien ihres Wachsthums und in den verschiedenen Jahreszeiten gewidmet werden muss. In zweiter Linie werden verschiedene Vorurtheile angeführt, die leider auch in anderen Provinzen weitverbreitete Ge- meinplätze geworden sind. Die Obstbäume schmälerten, wenn im Felde gepflanzt, die Erträge desselben, an den Wegen aber hinderten sie die Erntewagen, seien Beschädi- gungen und dem Diebstahl ausgesetzt und gewährten daher keine Rente. Der Obstbaum gebe schon an und für sich

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selten eine reiche Ernte; trete dieselbe aber auch ein, so sei der Ertrag nicht in angemessener Weise zu verwerthen.

Das letztere Vorurtheil, die Schwierigkeit einer ange- messenen Verwerthung des Obstes, dürfte wenigstens in der Rheinprovinz durch die Erfahrungen der letzten Jahre wider- legt sein. Die Nachfrage nach Obst ist durch die Vermeh- rung der Bedürfnisse, in Folge des vergrösserten allgemeinen Wohlstandes, so wie durch das Auftreten auswärtiger Käu- fer, derart gestiegen, dass dieselbe durch das Angebot kaum noch befriedigt wird. Auch die vermehrte Kraut- und Cyder- Fabrikation hat den Bedarf an Obst gesteigert. Diese Ver- hältnisse sind nicht vorübergehender Natur; sie werden ihren Einfluss je länger desto stärker geltend machen. Die zu- nehmende Verfeinerung der Bedürfnisse dürfte ebenfalls der Obstzucht und der Nachfrage nach den Produkten derselben zu Gute kommen.

Wenn aber einmal die Obstbäume für sich bereits einen lohnenden Ertrag gewähren und für die Folge immer mehr gewähren werden, so erscheint es gleichgültig, ob im Uebri- gen der Ertrag des Bodens, auf welchem sie gedeihen, rück- sichtlich anderer Früchte geschmälert wird. Es wird darauf ankommen, ob ein Grundstück überhaupt Ertrag giebt, oder nicht. Ausserdem ist der Schaden, welchen die Obstbäume den Unterfrüchten bringen, nicht so erheblich. Wenn bei dem Setzen der Bäume angemessene Zwischenräume beach- tet, die Kronen nicht zu niedrig gezogen werden, das Be- schneiden sachgemäss erfolgt, und der dicht an den Bäumen befindliche Boden ordentlich behackt wird, so reduzirt sich der Schaden für die Unterfrüchte auf ein Minimum.

Es ist traurig, dass auch das Vorurtheil wegen Vermin derung der Erträge der Obstbäume durch Beschädigungen und Diebstähle noch einer Widerlegung bedarf. Die Ge- fährlichkeit der Diebstähle vermindert sich mit der Vermeh- rung der Obstbäume, da, je mehr Obst vorhanden ist, desto geringer der Anreiz zur Entwendung und der einzelne Dieb- stahl selbst den Besitzern um so weniger fühlbar wird.

17°

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Bei weitem das grösste Hinderniss der Entwickelung der Obstzucht dürfte in der Schwierigkeit derselben zu suchen sein. Die Indolenz der Landleute scheut derartige Schwie- rigkeiten. Sie mögen in der Regel nur sehr einfache Arbei- ten treiben, die möglichst wenig Nachdenken erfordern. Die Obstzucht verlangt aber fortwährendes Nachdenken; sie setzt in nicht geringem Grade Vorkenntnisse. voraus, eine gute Beobachtungsgabe und regen Sinn für die Erscheinungen des Pflanzenlebens. Gerade deshalb aber dürfen wir. hoffen, dass mit der Zunahme der Intelligenz auf dem Lande auch die Liebhaberei für die Obstkultur wachsen werde. Die grössere Benutzung der Maschinen für landwirthschaftliche Zwecke, die Verbesserung der Geräthe, die Verwendung künstlicher Düngungsmittel, und der allgemein herrschende Trieb nach Ersparniss an Zeit und Arbeit, so wie nach Er- leichterung der letzteren, werden den Landmann mehr und mehr dazu führen, neben der einfachen und rohen Beschäf- tigung des Ackerns, Mähens und Dreschens auch solchen Thätigkeiten sich hinzugeben, die bei geringerer körperlicher Mühe doch verhältnissmässig grosse Erträge gewähren. Bei der Obstzucht müssen jedoch die Erträge abgewartet werden, der Eifer darf nicht erlahmen. Auch darf die Gegenwart sich nicht verleiten lassen, ausschliesslich an dem zu zeh- ren, was die Vergangenheit hinterlassen, sondern es muss immer wieder für eine fernere Zukunft vorgesorgt werden. Letzterer Umstand setzt lebhaften Sinn für das Allgemeine und Zurücktreten der Selbstsucht voraus. In nicht wenigen Orten, wo die Obstzucht durch den Fleiss einer intelligenten Generation emporgebracht worden, mag sie durch die Eng- herzigkeit der Nachkommen, welche für Neuanlagen, die nicht sofort rentiren, kein Interesse hatten, SEO wieder zu Grunde gegangen sein.

Indem die Obstzucht Intelligenz voraussetzt, befördert sie dieselbe auch. Von diesem Gesichtspunkte aus halten wir dieselbe für den Landmann geradezu für eine Nothwen- digkeit,

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Die Obstzucht möchte aber noch aus einem anderen Grunde das allgemeine Interesse verdienen. Sie vereinigt wie keine andere Kultur das Nützliche mit dem Angeneh- men. Wo dieselbe gedeiht, verschönert sie die Landschaft, wirkt überall wohlthuend für das Auge, befördert den Sinn für das Schöne. Der Anblick einer dicht mit blühenden Bäumen besetzten Gemarkung ist von wunderbarer Pracht. Die klimatischen Verhältnisse, wir sind überzeugt davon, sind ungleich angenehmer in Gegenden, in denen die Zucht von Obstbäumen den Ersatz für die abnehmenden Waldun- gen gewähren. Nicht minder wie die Obstbäume selbst, ge- währen uns ihre Produkte Schönes und Nützliches zugleich. Sämmtliche Obstsorten und die daraus gewonnenen Fabrikate bieten eine überaus gesunde Nahrung; sie befördern die durchaus nöthige Abwechselung in den Gegenständen der Ernährung; sie verschönern die Tafel des Wohlhabenden, wie den Tisch des einfachen Landmannes.

Wir sind hiernach der Ansicht, dass die Obstzucht ganz besondere Aufmerksamkeit Seitens des Staates, der Gemein- den und öffentlichen Vereine verdiene. Wir halten dieselbe recht eigentlich für einen Gegenstand der Acclimatisation; denn durch die Acelimatisation erst sind alle bekannten Obst- sorten zu uns gekommen.

Dass Obstbäume auch in anderen Provinzen Preussens ausser der Rheinprovinz und Sachsen noch fortkommen, dürfte nicht wohl in Abrede gestellt werden können. Die- selben mögen indess eine noch sorgfältigere Behandlung er- fordern; dafür stehen aber auch ihre Produkte besser im Preise. Eine unbefangene Vergleichung eines hier im Freien wachsenden Obstbaums mit einem Maulbeerbaum dürfte un- bestreitbar darthun, dass das Gedeihen des letzteren, dessen Zucht doch anerkannt ergiebig ist, auf grössere natürliche Schwierigkeiten stösst.

Wir sind dem Herrn Regierungsrath Beck zu grossem Danke verpflichtet für seine so ausführliche Besprechung der Sache in der Zeitschrift des landwirthschaftlichen Vereins

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für Rheinpreussen. Indem wir dieselbe hier zunächst nur anregen wollen, behalten wir uns ein näheres Eingehen auf die von dem Herrn p. Beck vorgeschlagenen speziellen Mittel zur Beförderung des Obstbaues noch vor. Herr Beck legt zum Schlusse die Förderung der Obstzucht den Herren Land- räthen und Bürgermeistern dringend ans Herz. Mögen auch die Mitglieder unseres Vereins der Sache ein reges Inter- esse widmen.

Den vom Herrn Regierungsrath Beck dem gedachten Auf- satze angehängten Artikel aus der Zeitschrift des landwirth- schaftlichen Vereins der Provinz Sachsen

„Ueber die Hauptfehler bei Erziehung der Obstbäume“ geben wir nachstehend ebenfalls vollständig wieder.

Berlin, im Februar 1861.

Ä R.

Ueber die Hauptfehler bei Erziehung der Obstbäume.

Wenn in allen Zweigen der Landeskultur die Erfahrung die beste Lehrerin ist, so sollte man meinen, dass bei der seit Jahrhunderten bei uns einheimischen Obstkultur die zweckmässigste Behandlung der Bäume festgestellt und all- gemein angewendet sein müsse. Dem ist aber leider nicht so, vielmehr scheinen sich eine Menge der auffallendsten Fehler zum Nachtheil des Obstbaues förmlich von Generation zu Generation fort zu erben. Zur Entschuldigung dieser auf- fallenden Erscheinung lässt sich nun vielleicht anführen, dass die Obstkultur bei uns bisher nur als eine Nebenbenutzung bei Bewirthschaftung des Grund und Bodens betrieben wurde und bei dem allgemein guten Gedeihen der Obstbäume in unserer Gegend die immerhin reichlichen Ernten der frei- gebigen Natur dankbar angenommen wurden, ohne weiter darüber zu reflektiren, durch welche einfachen Massregeln ein mehr nachhaltiger und an Qualität besserer Ertrag zu erreichen sei.

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Die steigende Bevölkerung, der bessere Absatz der Pro- dukte und die Nothwendigkeit, den kostbaren Grund und Boden nutzbar zu machen, haben aber in allen Theilen der Landeskultur ein regeres Leben hervorgerufen und bei den Vortheilen, die der Boden und die klimatischen Verhältnisse unserer Gegend’ für den Obstbau bieten, wird es hohe Zeit, jene Fehler vermeiden zu lernen, die so erheblich den Er- trag und die Güte der Früchte unserer Obstbäume benach- theiligen. -— Nach den von mir gemachten Beobachtungen sind hauptsächlich folgende Fehler hervorzuheben:

1) Die Auswahl eines unpassenden Bodens und ungünstiger Lage für den Obstbau.

Jeder Platz, sei er noch so eingeengt und der Sonne und Luft kaum zugänglich, oder habe er einen offenbar zu feuch- ten oder zu sterilen Boden, wird für einen Obstbaum immer noch für gut genug erachtet, ohne zu bedenken, dass wo das Holz nicht gehörig ausreifen, wo eine gesunde Bewur- zelung nicht bestehen kann, oder der Baum keine hinläng- liche Nahrung findet, auch keine guten Früchte von dem Baume zu erwarten sind.

Um daher keinen unnützen Aufwand an Kosten, Mühe und Zeit sich zu verursachen, verlange man nichts Unmög- liches und pflanze nur da einen Obstbaum, wo ein gesunder Boden und Luft und Sonne seine Entwickelung befördern können.

2) Die Auswahl falscher Obstgattungen.

Der Apfelbaum verlangt einen fruchtbaren, mässig feuch- ten, aber nicht an Grundwasser leidenden Boden, während der Birnbaum, mit Ausschluss der feineren Tafelbirnen, in weniger günstigen Bodenverhältnissen noch fortkommt, ja selbst in trockenem, felsigem Untergrund noch gedeiht. Süss- kirschen verlangen einen mehr trockenen Standort. Sauer- kirschen nehmen mit dem trockensten Standpunkt vorlieb. Der Pflaumenbaum verträgt am meisten Feuchtigkeit und giebt in zu trockenem Boden nur schlechte Ernten.

Auf diese Umstände wird aber nur selten gehörig Rück-

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sicht genommen und sehr oft entscheidet bei der Wahl der Obstgattung nur der zufällige Vorrath oder die Billigkeit des Ankaufs der verpflanzbaren Bäume. Darinnen suche ich besonders den Grund, dass man in unserer Gegend so viele Pflaumenbaum-Anlagen findet, die nur Dornen statt der Früchte tragen.

3) Falsche Behandlung beim Pflanzen Bj aunt

gen Bäume.

Angenommen, dass die Gattung des Obstbaumes nach Lage und Boden richtig gewählt und der Baum selbst nicht zu schwach ist und dass er vor dem Pflanzen, wie nothwen- dig zur Bildung einer guten Krone, gehörig zugeschnitten wurde, fehlt man in der Regel:

a) durch zu enge Pflanzung der Bäume an einander, b) durch die Anlage zu kleiner Baumlöcher, c) durch zu tiefe Stellung der Wurzeln.

Ad a. Unter 24 Fuss Entfernung sollte man keinen Baum von einem andern pflanzen, und man empfiehlt mit Recht 36 Fuss Entfernung. Es ist die grösste Täuschung, wenn man reichen Ertrag durch die Menge der Bäume er- zielen will. Wenn sie im kräftigsten Alter stehen, rauben sie sich gegenseitig durch ihre Wurzeln die Nahrung des Bodens und durch ihre Zweige den wohlthätigen Einfluss von Licht und Sonne, der wesentlich zur Reife des Holzes und zur Entwickelung der Früchte nothwendig ist.

Ad b. Sehr häufig gräbt man auch nur ein Baumloch eben gross genug, um die Wurzeln in dasselbe bringen zu können, und vergisst, dass der junge zu verpflanzende Baum den grössten Theil seiner Saugwurzeln verloren und diese zu fernerem Gedeihen neu austreiben muss. Dies ist nur möglich, wenn er um seinen Wurzelstock lockere und wo möglich gute Erde vorfinde. Wo das nicht der Fall ist, befindet er sich wie eine Blume im Topf, die Wurzeln wach- sen krumm in sich hinein und können auf die Dauer den Baum nicht mehr erhalten, geschweige zu reicher Frucht- ‚bildung ernähren. Deshalb sollten niemals die Pflanzlöcher

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unter 2 Fuss, ja lieber 4 Fuss ins Gevierte haben und im- mer eine Zuthat von guter Erde erhalten,

Ad c. Ein am häufigsten vorkommender Fehler ist aber, dass der neue Baum mit seinen Wurzeln zu tief in den Bo- den gesetzt wird. Es geschieht dies häufig nur aus Bequem- lichkeit, um nämlich dem Baum eine gewisse Festigkeit durch die auf die Wurzeln gehäufte Erde zu geben, oft aber aus Uebersehen des Umstandes, dass die Baumlöcher wegen der aufgefüllten, lockeren Erde sich zusammensetzen und dann durch spätere Einebnung des Bodens die Wurzeln zu tief zu liegen kommeu.

Es ist aber eine allgemein anerkannte Thatsache, dass die Nahrungswurzeln aller Bäume flach in der Erdoberfläche sich hinziehen und je mehr man sie von derselben in die Tiefe drängt, um so kümmerlicher wächst der Baum. Einem jungen Baum aber, den ich mit seinen gekürzten Wurzeln zu tief versenke, raube ich, um bildlich zu reden, von An- fang an den freien Athem und er wird im günstigsten Falle Jahre lang kümmerlich sein Leben fristen und in den mei- sten Fällen niemals das gute Gedeihen haben, das er durch richtige Pflanzung erreichen könnte. Das zweckmässigste Verfahren dabei ist, ein 3—4 Fuss tiefes und breites Baum- loch zu graben, dasselbe mit lockerer, von der Oberfläche genommener Erde wieder auszufüllen, den jungen Baum dar- auf zu setzen und nun so viel Erde anzuhäufeln, als zur Einrüttelung und Bedeckung der Wurzeln nöthig ist. Man kann recht gut als Grundsatz aufstellen, dass je flacher der Baum steht, um so sichererer anwachsen wird. Das zu feste Eintreten der Wurzeln ist ebenfalls nachthei- lig, doch dürfen natürlich keine Höhlungen um die Wurzel bleiben und die Erde muss durch ausreichendes Andrücken um die Wurzeln befestigt werden.

- Die. nun nöthige Befestigung des Baumes gegen den Wind wird am besten durch kurze, übers Kreuz geschlagene Pfähle bewirkt. Das Anheften an einen Baumpfahl darf erst später, wenn der Baum mit der Erde sich festgesetzt hat,

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erfolgen. Die sogenannte Hügelpflanzung kann nicht genug empfohlen werden, und die erhöhete Mühe wird reichlich durch das Gedeihen der gepflanzten Bäume belohnt. 4) Fehlerhaftes oder gänzlich unterlassenes Ausputzen der Bäume. |

Es ist eine fast allgemein beobachtete Nachlässigkeit, dass man von dem Zeitpunkte ab, wo der Baum gepflanzt wurde, ihn sich selbst überlässt. Kaum dass die gerisse- nen Bänder, die ihn an den Pfahl halten, einmal erneuert werden, oder dass das Anfangs fast jährlich nöthige Auf- lockern des Bodens um den Baum einmal vorgenommen wird. Ein grosser Theil der gepflanzten Bäume geht durch solche geringe Pflege in den ersten Jahren der Pflanzung wieder ein, aber noch ein grösserer gelangt nicht zu seiner vollen Kraft, weil die Eigenthümer aus Kurzsichtigkeit und Faul- heit meinen, sie hätten genug gethan, und die Natur möge nun allein den Baum und seine Früchte zur Vollkommen- heit bringen.

Deshalb unterbleibt namentlich das Zurückschneiden der Kronzweige in dem zweiten oder dritten Jahre nach der Pflanzung, trotzdem dadurch allein der Krone des Bau- mes eine schöne Form und den einzelnen Zweigen die er- forderliche Erstarkung verschafft wird.

In Folge davon wachsen später die Zweige kreuzweise übereinander, verletzen sich gegenseitig und werden brandig. Die in das Innere der Krone hineinwachsenden Zweige un- terdrücken sich gegenseitig, rauben sich Luft und Sonne und setzen keine Tragknospen an, oder die Früchte bilden sich mangelhaft aus. Durch die Anwendung des Messers und der Säge zur rechten Zeit kann der Obstzüchter seinen Bäumen einen doppelten Ertrag geben, und namentlich die Güte der erbauten Früchte ausserordentlich befördern.

Durch das Entfernen aller der Zweige, die die luftige Krone des Fruchtbaums stören, ist vorerst die gute Form herzustellen, aber der fernere Zweck des Ausputzens ist, den Baum nach Massgabe seiner Fruchtbarkeit in frischer

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Kraft zu erhalten. Je tragbarer der Baum ist, je aufmerk- samer muss man sein, die abgetragenen Zweige zu entfernen, damit neue Leitzweige und Fruchttriebe sich entwickeln. Zu viel altes Holz bringt immer geringe Ernten und schlechte Früchte. Deshalb müssen solche Bäume von 10 zu 10 Jahren einmal verjüngt werden, indem man alle Zweige des Baumes stark zuschneidet. Man bemüht sich dabei dem Baume eine pyramidenartige Form zu geben, lässt aber unmittelbar unter der Schnittstelle einen lebenden Zweig stehen. Es entwickeln sich hier nene Triebe, die in wenigen Jahren vollkommene Früchte geben. Die Bäume, die ein solches Verjüngen erlangen, zeichnen sich sehr häufig durch das Austreiben vieler Wassertriebe aus, welche an- zeigen, dass das alte Holz nicht mehr zur Fruchtumbildung des Saftes ausreicht. Deshalb ist in vielen Fällen das gänz- liche Abschneiden der Wasserzweige fehlerhaft, und muss man der Natur dadurch nachhelfen, dass man dieselben an den passenden Stellen zu neuen gesunden Zweigen heran- zieht und die älteren abgetragenen Zweige entfernt. Ueber die geeignetste Zeit zum Ausputzen sind die Pomologen nicht einig, und viele ziehen den Herbst dem Frühjahr vor, jedenfalls möchte es vor dem Eintritt des Saftes geschehen.

Die stärkeren Schnitt- oder Sägewunden werden mit Baumwachs, Oelfarbe oder Steinkohlentheer verstrichen, um das Ausströmen des Saftes und das Brandigwerden der Wun- den zu verhindern.

Nächst diesen Fehlern hat sich der Obstbaumzüchter noch zu hüten:

5) Vor der Anpflanzungzu früh reifender oder zärtlicher Obstsorten, vielmehr halte er sich an die grosse Zahl der anerkannt brauchbaren Sorten.

Ferner vernachlässige er nicht

6) Das Abkratzen der abgestorbenen Rinde und der Moose, die nur die Schlupfwinkel der

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Insekten sind. Auch müssen die Raupennester all- jährlich entfernt werden.*) | 7) Endlich sind die untragbaren Bäume oder schlechten Sorten durch das Umpfropfen nutzbar zu machen. Dasselbe gilt auch bei sehr alten Bäumen, indem man die Hauptzweige entfernt und Pfropfreiser auf die jüngeren Zweige setzt. Möchten diese Mittheilungen dazu dienen, die Eigenthü- mer von Obstbäumen auf die so einfachen und natürlichen Mittel, den Ertrag ihrer Ernte zu vermehren, aufmerksam zu machen, und möchten namentlich die Gemeindevorsteher die grösseren Gemeinde-Anlagen im Auge behalten und den Einzelnen mit gutem Beispiele vorangehen. (Aus der Zeitschrift d. landw. Central-Vereins der Provinz Sachsen.)

De la maladie des vers-a-soie. (Par un sericiculteur francais.)

Les desastres soufferts dans ces dernieres annees par la sericiculture, ne sont pas sans precedents: l’abbe Boissier- de-Sauvages, dans son traite sur les vers-a-soie, rap- porte que vers l’annde 1690, les atetiers des vers-A-soie, dans la province du Languedoc tomberent dans un profond deperissement. „Les magnaniers, dit l’abbe Boissier, desesperant de pouvoir arröter les progres des maladies des vers-A-soie, prennent la determination d’arracher les müriers comme des arbres inutiles, et ilne nous en resterait a peine quelqu’un de ce temps lA, sans la sage prevoyance de M. de Basville qui, en 1692, defendit sous les peines les plus severes, une depopulation qui aurait ete si prejudiciable au bien public. Il fit venir de nouvelles graines de l’etranger

*) Nur auf diese Weise lässt sich z. B. der gefährliche Feind des Stein- und Kernobstes, der Obstwurm, die Larve eines kleinen Schmetterlings, welche zweimal im Jahre erscheint, vertilgen.

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(Vabbe Boissier insinue, ailleurs, que c’est de l’Espagne) qui furent distribueces dans les principaux endroits de la G&- neralite, et on eprouva quelqu’amendement aux maladies dont on se plaignait.*

Mais du moins le fleau, a l’epoque qui vient d’ötre cite, ne parait pas avoir etendu loin ses ravages: suivant le rap- port de l’abbe Boissier la province du Languedoc seule aurait souflert. |

Il en est autrement de l’epidemie actuelle: Elle se montre avec un caractere d’envahissement qui donne lieu de craindre que bientöt il ne reste plus de contree au monde ou l’on soit assure d’obtenir de la graine preservee de ses atteintes. L’industrie des soies, d’ailleurs, etait loin en 1690 d’avoir l’extension qu’elle a de nos jours, et par suite le prejudice public eprouve alors, ne saurait &tre compare & celui que nous eprouvons, lequel est incalculable.

Il est done du plus grand interet que nous recherchions les causes de la maladie qui donne lieu & ce prejudice, et que nous en trouvions surtout les preservatifs. C’est le but que je poursuis moi m&me depuis son apparition, et aujourd’hui je viens offrir aux pays producteurs de la soie, dans ces quelques pages, le resultat de mes recherches. J’espere que mon travail ne sera pas sans utilite; jai m&me la pre- somption de croire qu’il sera au moins une pierre pour ce travail autrement savant et decisif, que provoque, en ce moment, Institut royal de Milan.

Je signalerai tout de suite comme premier trait de lu- miere un fait qui a pu ötre observe dans tous les pays: c’est la coineidence de la maladie des vegetaux, du mürier par- ticulierement, avec la maladie des vers-A-soie. A mesure, en efföt, que les feuilles des müriers se sont montrees alterees dans une contree, le ver-a-soie s’y est montre deux ou trois ans apres, completement impropre ä la reproduction. C’est ce qui a eu lieu en Espagne, en France, en commengant par le midi, en Italie, et dans d’autres parties de l’Europe; et

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& Vheure qu’il est, le m&me phenomene se prepare dans une grande partie de l’Asie. |

D’apres ce fait qui ne me parait pas contestable, la ma- ladie du ver-a-soie, serait l’efit de l’alteration du vegetal dont cet insecte tire sa nourriture.

Mais cette maladie designee d’abord sous le nom de ga- tine, mot caracteristique, et ensuite sous celui d’etisie, n’est pas nouvelle. Le celebre Dandolo l’avait remarque de son temps, et voici quel jugement il en porte: „Le changement de nature du ver-a-soie en gatina, dit Dan- dolo, est une vraie maladie egale & celle & laquelle peu- vent &tre soumis tous les animaux vivans, par les mauvais alimens, Tair ou les eaux vieiees, le mauvais soin, ou encore par defaut de la conformation primitive des organes. On entend en general par gatine, un ver qui ne peut ac- complir les fonctions auxquelles il est destine & cause du degre d’alteration qu'il a &prouvee; il se montre different des vers- a-soie sains, il est inquiet & quelqu’äge que commence la maladie; il n’aime pas & vivre en societe; quelques uns perdent l’appetit; d’autres apres avoir bien mange& et long temps vecu, vont mourir hors de la table ou sur le bord, ou meme au milieu du lit s’ils sont pris subitement de fai- blesse.“

On ne saurait peindre mieux les caractöres de la gatine moderne: c’est son portrait exact; je n’y changerai rien.

Dandolo avait donc parfaitement apergu et compris cette maladie, bien que, de son temps, il ne paraisse pas qu’elle ait ete tres intense; et nous voyons que dans les causes il n’hesite pas a placer les mauvais alimens en pre- miere ligne; or, je fais remarquer que cette opinion de Dandolo corrobore le fait que j’ai signale plus haut, tandisque, d’un autre cöte, elle s’accorde, et il n’en pouvait etre autrement de l’opinion d’un pareil observateur, avec celle de tous les hommes qui se sont serieusement appliques a l’education des vers-A-soie, et qui sont unanimes & recon- naitre que les feuilles vieiees ou mauvaises de leur nature exercent sur la sante de ces insectes une influence funeste.

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Dandalo attribue encore la gatine a l’air ou aux eaux vieiees, au mauvais soin, ou encore au defaut de conforma- tion. primitive des organes. Je me dispenserai de parler direetement des deux premieres causes qui sont plus con- nues et vulgarisees; mais j’insisterai sur la troisieme, c’est- A-dire sur le defaut de conformation primitive des organes.

U y ala un fait profond sur lequel, tres certainement, le savant Dandolo se serait longuement arrete si la ga- tine avait pris sous ses yeux les deplorables proportions qu’elle a prise de nos jours.

Ce defaut de conformation primitive des organes est selon moi ou une consequence amenee & la longue par l’usage d’une nourriture lourde qui a favorise le developpement des organes de la digestion aux depens de ceux se trouve la soie, ou l’assimilation d’un aliment vicie avec le sang de linsecte. Nul doute m&me que le secret de la gatine, de cette gatine complete qui frappe actuellement nos educa- tions, ne soit tout entier dans le concours de ces deux causes: d’ou il suit que selon que ces deux causes agissent ensemble ou l’une seulement, la gatine est complete ou incomplete, et que ses eflets sont plus ou moins desastreux. Deux faits, du reste, que nous allons retrouver, correspondent & ces causes.

En 1739 on se plaignait encore dans le midi de la France d’insueces nombreux. M. Rast, agrege au college des me- decins de Montpellier charge d’en rechercher les causes, publia un memoire dont j’extrais le passage suivant: „Pour „ce qui concerne le premier abus sur la maniere de les „nourrir, il convient, dit M. Rast, de vous observer d’abord „ou plutöt de vous rappeler, Monsieur, ce qui est connu „de tout le monde, que plus les müriers sont dans un pays „sec et aride, et leur feuille par consequent plus ferme et „moins nourrie, moins souvent on voit devenir infirmes et „perir les vers-a-soie; plus au contraire les müriers naissent „dans un terroir aqueux ou fertile, et leur feuille par une „suite necessaire etant plus molle et plus succulente, moins

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„aussi les vers-A-soie reussisent. J’ai observ& que les vers- „a-soie de 4 & 5 onces de graine, font communement plus „de cocons et beaucoup meilleurs, etant nourris de cette „premiere feuille d’un terroir aride, que ceux de 12 & 15 „onces nourris avec une feuille trop succulente: c’est pour „cette raison qu’on ne voit jamais si bien reussir les vers- „a-soie dans nos iles du Dauphine et dans les autres plaines „le long du Rhöne et des autres rivieres, que ceux des con- „trees plus seches et moins fertiles. Je connais d’ailleurs „des gens entendus qui font le commerce de louer des mü- „riers et de faire nourrir et dlever des vers-A-soie a leur „risque, et qui’ont toujours la sage precaution de preferer, „de payer m&me plus cherement les müriers d’un terroir „sec et aride, quoique moins abondans en feuilles. Qui ne „sait enfin que les cocons des contrees seches et presque „steriles, sont beaucoup meilleurs et plus fermes, et la soie „infiniment plus belle et plus forte que dans les pays gras „et marecageux?

„I resulte de tout ce que je viens d’etablir que plus la „feuille du mürier est seche et moins nourrie, mieux les „vers-a-soie reussissent: au contraire que toute nourriture „trop humide et trop succulente leur est nuisible et funeste,“

C’est dans la consequence m&me que je veux tirer de cette citation, que l’une des deux causes dont je viens de parler trouve son fait correspondant. Cette consequence, la voici: les longues pluies tombees au printemps pendant plu- siers annees de suite, ont donne & tous les terrains ce ca- ractere aqueux et fertile que M. Rast signale avec raison, comme ne fournissant qu’une feuille humide et succulente, nuisible aux vers-A-soie; c’est-A-dire cette nourriture lourde qui fait predominer outre mesure dans l’&conomie de l’insecte, lesfonctions des organes digestifs. |

Or, cet &tat de choses ayant ete general dans presque toute !’Europe, l’efiet morbifigque en resultant ne pouvait manquer d’etre general aussi.

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Mais il y a plus encore, et ici se retrouve le fait qui correspond ä la seconde des causes dont j’ai parle: en 1853 des echantillons de feuilles de mürier ayant &te envoyes & Paris de plusieurs departements, notamment de l’Ardeche, pour etre examinees, l’analyse qui fut faite de ces feuilles constata la presence d’un parasite que l’on observait pour la premiere fois et qui semblait prendre ä täche de dechirer l’epiderme de la feuille en remontant vers le petiole. Je ne saurais affirmer que ce phenomene se soit reproduit dans les anndes suivantes, puisqu’il n’est pas a ma connaissance que des analyses nouvelles aient eu lieu, mais ce que j’as- sure, c’est que les feuilles ont depuis, et particulierement en 1856, presente ä l’odorat une fetidite dont on n’avait pas

eu d’exemple: d’ou l’on devrait conclure que le ver-ä-soie ma eu pendant long temps qu’une alimentation vicide.

La maladie dite gatine a donc eu, dans ces dernieres annees toutes ses raisons d’etre, et bien plus, d’&tre complete.

Mais poursuivons encore, et avant d’arriver aux preser- vatifs, examinons comment une feuille grasse et succulente, ou une feuille vieiee, peuvent nuire aux vers-A-soie, et les faire perir.

Il y a dans la feuille du mürier, cing substances diffe- rentes:

Le parenchyme solide ou substance fibreuse;

la matiere colorante; leau; la substance su- eree; 5% la substance resineuse.

La substance fibreuse, la matiere colorante et l’eau, si Yon excepte celle qui sert & faire partie de l’animal, ne sont pas ä& proprement parler, nutritives pour le ver-a-soie. La matiere sucree est celle qui nourrit l’insecte, qui le fait grossir et qui forme sa substance animale.

La matiere resineuse est celle qui se separe par degres de la feuille et qui, attiree par l’organisme animal, s’accu- mule, se depure et remplit insensiblement les deux reser-

voirs ou vases soyeux qui font partie integrante du ver- a-sole. 1860. Bd. II. 18

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Cela pose, il est evident que pour &tre parfaitement bonne, les diverses proportions de ces elemens constitutifs doivent se maintenir exactement dans une feuille; mais si ces proportions se derangent par des effets meteorologiques ou toute autre cause, la feuille sans cesser m&me d’&tre belle peut devenir une mauvaise nourriture, selon le degre de perturbation qui s’y est produit.

Ainsi, si la matiere sucree qui est celle qui nourrit lin- secte et le fait grossir, vient a se trouver en proportion relativement superieure ä& celle de la matiere resineuse, qui, en definitive, est la plus essentielle, le ver-a-soie grossira, sera beau, mais restera a la fin imparfait, faute d’etre pourvu d’une proportion suffisante de matieres soyeuses, et souvent aura peri dans son embonpoint sans avoir pu jeter un seul fl. Il y a eu dans ces derniers temps, un nombre malheu- reusement trop grand, d’exemples analogues. J’en eiterai un dont j’ai ete temoin et qui m’a frappe par sa singularite. Un proprietaire de mon voisinage elevait, il y a deux ans,

quelques onces de vers-ä-soie de belle venue et de vigou-

reuse apparence. Le jour de la mise en bruyere arrive, tout se dispose pour cette operation. Mais on remarque que les vers ne mürissent pas et l’auvre est renvoyde au jour suivant. Les vers ne s’apprötent pas encore le lendemain, et au lieu de perdre l’appetit ce qui est un signe de ma- turit6 prochaine, ils mangent avec une nouvelle voracite. Enfin, apres huit jours d’attente, le proprietaire s’avise d’ou- vrir quelques uns de ses vers, et a sa grande surprise il les trouve completement vides de matiere soyeuse. L’abä- tardissement de cette race de vers-äA-soie etait complet.

On comprend aisement que si la matiere resineuse doit se trouver en moindre proportion dans une feuille, c'est dans celle qui est grasse et aqueuse, car &videmment les autres substances y dominent: On congoit m&me qu’il yait des cas ou celles-ci annihilent en quelque sorte par leur masse, la premiere. Une feuille dans ces conditions n’offre & l’insecte qu’une nourriture grossiere dont la digestion laborieuse oc-

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cupe toutes ses forces, tandis que les vaisseaux qui secretent la soie languissent faute d’aliment propre, et finissent par etre annullees.

J’agit-il d’une feuille viciee? je ne crois pouvoir mieux faire comprendre son effet qu’en disant qu’elle transmet & linsecte l’etat de decomposition dans lequel elle se trouve elle meme.

Dans ce dernier cas comme dans le premier, est-il pos- sible d’esperer que l’insecte arrive a bonne fin, et que, si le mauvais regime est impose a plusieurs generations de vers-A-soie, les races ne tombent pas dans l’abätardissement?

J’ajouterai un mot, comme hors d’@uvre, pour r&epondre & une objection assez frequente.

Quelques educations de vers-a-soie, dit-on, ont eu un bon succes, tandisqu’il est arrive le contraire pour d’autres, leurs voisines, quoique nourries toutes de feuilles soumises aux m&mes conditions de temps, et quoiqu’elles proviennent d’une m&me partie de graine: la cause du mal ne reside donc pas dans les feuilles.

Cette objeetion est superficielle.

Les races de vers-A-soie ne sont pas toutes egalement disposees pour la maladie. Dans ce moment, par exemple, les races’ & cocons blancs le paraissent bien moins que les races & cocons jaunes; des parties des unes et des autres peuvent meme l’ötre plus ou moins, suivant le regime auquel les sujets auront &te soumis, la duree de ce regime, l’etat atmospherique des contrees ou les dernieres educations ont eu'lieu, ou encore selon la maniere sont la graine aura ete faite et tenue. D’un autre cöte les feuilles ne sont pas toutes’ de m&me qualit&, et les terrains, m&me les plus voi- sins, de conditions egales de sucs et de permeabilite. Peut on‘ dire aussi que les soins soient les m&mes, que les ate- liers soient egalement disposes et tenus, enfin que les magna- niers aient la m&me habilite? Un nombre infini de raisons pourrait &tre oppose & cette objeetion. Et puis, lorsqu’une epidemie,, telle’ que le cholera, attaque I’homme, pourquoi

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tel sujet succombe-t-il, et tel autre de la möme contree, du möme village, de la möme famille, de la möme apparence de sante, est-il preserve, ou s’il en est atteint pourquoi ne succombe-t-il pas aussi?

Je conclus. Il me semble demontre que la gatine, du moins en tant que generale et complete est l’&tat particulier des feuilles, lequel est le resultat lui m&me du mauvais etat trop persistant des saisons. C’est donc du retour des sai- sons regulieres que nous. devons attendre la fin du fleau, retour que des raisons font croire prochain.

Neanmoins, nous devons en attendant user pour le com- battre, des moyens que l’experience et l’observation peuvent suggerer.

J’en propose deux d’une application simple et facile et dont lefficacite est incontestable, qui ne sont que les co- rollaires du travail qui precede.

Preservatifs ou moyens de combattze la gatine, et de retablir les races des vers-&-soie.

J’ai dit que la tn provenait du defaut de confor- mation primitive des organes du ver-a-soie, et que ce de- faut avait deux causes:

L’usage d’une nourriture lourde qui a aceru le tube digestif, a fait predominer le tissu graisseux, a suspendu par la fatigue de la digestion les fonctions des organes soyeux, en un mot a fait degenerer l’insecte en le rendant, pour me servir d'une expression caracteristique, plus animal;

L’assimilation d’un aliment vieie avec le sang de l’in- secte, dont l’economie, par cela m&me a &ie troublee.

Ce sont done ces deux causes qu’il importe d’attaquer: mes deux moyens vont droit & ce but.

Premier moyen.

Il.ne faut distribuer les feuilles aux vers-a-soie qu’apres

une evaporation suffisante, c’est & dire un, deux, trois jours

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apres qu’elles ont ete detachees de l’arbre; et la precaution doit &tre d’autant plus severe que les feuilles sont plus aqueuses et plus grasses. Les repas pour @tre moins co- pieux, et & cause aussi du degr& de dessication que la me- sure exige, doivent @tre au moins au nombre de quatre. On :choisira toujours les feuilles sauvages ou celles parmi les greffees 'qui sont les plus soyeuses et les plus legeres, pour les repas qui precedent et suivent les mues. Les feuilles bien entendu, pourront &tre coupees menues selon l’usage. Les magasins & feuilles seront soumis & un degre d’aeration convenable. Deuxieme moyen.

Ce moyen a pour base la Diaphorese.

Lorsque les feuilles seront prötes a &tre distribuces aux vers-&-soie, on devra les saupoudrer legerement avec de la fleur de soufre pur, mais seulement deux fois par jour, c’est a dire un repas et non l’autre. Le soufrage sera suspendu tous les quatre jours, la chaleur de l’atelier sera de 18 de- gres Reaumur.

Tels sont les moyens que l’experience et l’observation m’ont indiques, comme propres A combattre le fleau, et & nous remettre en possession de bonnes races de vers-a-soie.

Il importe que l’application en soit faite des la campagne prochaine. Il nous vient encore de l’etranger quelques parties de graine intacte: il faudrait en profiter. Le systeme que je propose amoindrira, d’ailleurs, les difficultes d’acclima- tation, par la raison que les: müriers des contrees d’ou nous sont apportees ces provenances, etant peu ou point cultives, leurs feuilles se rapprochent plus de l’etat sauvage: condition qui s’accorde avec la pensde de ce m&me systeme,

Quant aux races plus nombreuses qui sont atteintes, la plupart pourront encore &tre retablies si nous hätons le traitement.

Je fais observer, en terminant, que l’on doit moins que jamais, se relächer & l’endroit des autres mesures d’hygiene, telles qu’une bonne ventilation, delitemens frequens, chauf-

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fage uniforme et modere, feux de flamme mis en jeu a pro- pos, chaux vive en temps humide, lavage de la graine et des agres avec de l’eau: vitriolee, houteille purifiante, particulierement au moment qui precede les orages etc. La negligence de ces: soins simples neutraliserait en partie le traitement que j’ai indique. Comme aussi on ne saurait etre trop prudent dans le choix de la graine, il est utile surtout de comparer le poids des aufs des vers-a-soie apres la ponte, avec celui qu'ils ont au moment de les faire in- cuber. Si la deperdition est de plus d’un 15° environ; c’est generalement un mauvais signe.

Je n’entrerai pas dans d’autres details dont les longueurs seraient incompatibles avec mon cadre.

Post Sceriptum par E, Kaufmann... L’auteur du pre- cedant memoire, un'de mes amis, est un des plus habiles sericieulteurs‘ de’ la France; en me priant de’ publier son travail, sans divulguer son nom, il m’a permis d’y ajouter' _ une observation’ que je lui ai faite en lisant son m&meoire. Les lecteurs de la „Zeitschrift für Acclimatisation“ devineront ce dont je veux parler. (Ü’est que les moyens proposes par mon habile ami, peuvent lui avoir donne d’heureux resul- tats, sans devoir pour cela m&me, reussir entre les’ mains de’ tous les praticiens. Moi-me&me, je dois l’avouer, ne m’en suis pas bien trouve; cependant je ne puis qu’engager les serieiculteurs, & refaire ces m&mes essais, si l’occasion se presente, et je serais heureux de pouvoir' constater des succes: ulterieurs.

On voit’ du reste par la lecture de ce memoire, que mon ami.n’est'pas un de ces serieieulteurs de cabinet, qui con- naissent mieux toute autre chose que la matiere qu’ils veulent traiter; peu verse dans l’art d’ecrire, auteur ne trouverait rien & dire, si’ l’on attaquait son’ style, pas plus’ qu’il’ne serait offense, si l’onm'n’admettait' pas ses idees sur la ma- ladie des müriers ou de linsecte, et moi-meme' je suis le’

267

premier & m’inserire contre lui, esperant pouvoir par cela ouvrir dans ces feuilles une discussion profitable aux serici- eulteurs,.

Quant & moi, j’essaierai dans la campagne prochaine un autre moyen qui vient d’&tre propose. C’est de mettre en dessous des claies des vases contenant du residu des usines a gaz. L’evaporation du coalthar (Kohlen- theer) ferait, dit-on, cesser presqu’instantanement la ma- ladie.

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ZEITSCHRIFT

FÜR

ACCLIMATISATION. ORGAN

DES

ACCLIMATISATIONS-VEREINS

FÜR DIE

KÖNIGLICH PREUSSISCHEN STAATEN.

HERAUSGEGEBEN

VON

ERNST KAUFMANN.

1861. VIERTER BAND.

BERLIN, PARIS. VERLAG VON A LA LIBRAIRIE DE GUSTAY BOSSELMANN. VICTOR MASSON.

1861.

Inhalts-Verzeichniss des vierten Bandes.

Verzeichniss der Mitglieder des Acelimatisations-Vereins für die or Königl. Preussischen Staaten.........orrusseonenennenenerne 1

Statuten des Acclimatisations-Vereins für die Königl., Preussischen SET PER ELEIEERTERFERESLENTERTEITEN ILTERTETERD 7

Amtlicher Theil.

Vereins-Verhandlungen. Auszüge aus den Protokollen: Vorstandssitzung Der. 1861....000000oomnnnnn00n0. 19

r am 16. April 1861 . deren en. 24 ® „. am 4. Juni 1b. oa elle: 29 » am 10. Septbr. 1861... 0... Wind. ar

Aussee Vorstandssitzung am 14, Oktober 1861 ..... 120 Vorstandssitzung am 26. November 1861 „ver recsccensucene 123 Andenken an Isidore Geofftoy Saint-Hilaite 2... cr. 179 Berichte und Correspondenzen. Berichte über die Versuche mit den im Jahre 1859 und 1860 ver- theilten Sämereien .......crs 00.0. ET ET LRTTTRT a E. Schulz in Nickörn „vr 2. see cree een ARNO TE Landwirthsehaftlicher Verein für das Fürstenthum Halberstadt und die Grafschaft Wernigerode (Herrmann Löbbecke, Mahndorf) ..s.ecsss sr. Drsnninss MEISTE Tee 42 Landwirthschaftlicher Zweigverein der pommerschen Skörio- mischen: Gesellschaft für Stolp (v. Homeyer, Warbelow) 45 Verzeiehniss der im Frühjahr 1861 zur Vertheilung egagen Sämereien..csceeeseesen TEN £ re. ru 86 Berichte über die Zucht des Ailanthus-Spinners.....222.....000: 129 G: A. Fintelmann, Pfaueninsel ....uccnaan essen eenen 129 Verein zur Beförderung der Seidenzucht im Herzogthum Nassau (Dr, Rösler, Wiesbaden) „use esscccseenr nn. 134

IV

Berichte über die Zucht des Rieinus-Spinners im Jahre 1861 ..... G. A. Fintelmann, Pfaueninsel .......:.0sc0rc0n0un00 J. Wullschlegel, Oftringen bei Aarburg........... 139. Berichte über die Versuche mit den im Frühjahr 1861 zur Verthei- lung gelangten Sämereien ........... EEE TE ©. Krüger, Lübbenau ..or0uccr.0 000000080000 Rn Lokal-Abtheilung XIXb. des landwirthschaftlichen Central-. vereins. zu Bernoastel..urnrsn sans aaa Zweigverein der pommerschen ökonomischen Gesellschaft für Pyritz ..ornesöseenennchenssnnun en ar denn rennen ne Lokal-Abtheilung XIa. des landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen zu Bonn (v. Suter) ....zzrersenecnern H. Berend, Berlin. (Wünn, Kl. Beeren) .....crccrcc.. Anton Richter, Königsaal. (Rudolph Hänisch)...... Ostpreussische landwirthschaftliche Centralstelle ........... Schojan, Hasenholz bei Buckow .... seen enennenenennne ' G. & Fintelmaon, PRBeRian anne Landwirthschaftlicher Kreisverein zu Angerburg (Siemens- Piontken), (Boruttau, Angerburg) „zus.“ dba Yen Landwirthschaftlicher Zweigverein ‚zw Bütow W.sesesu00000. 38 der pommerschen ökono- mischen. Gesellschaft für Stolp, Rummelsburg und Schlave (v. Homeyer, Warbelow) ....... u ae Zweiter Bericht über den. nordamerikanischen ' wilden Reis (Zizania aquatica) von Consul Friedrich Kühne in New-York.....« Thierschau, Produkten- und Geräthe-Ausstellung des landwirthschaft- lichen ‚Provinzial-Vereins für die Mark Brandenburg und die Niederlausitz in dem Kroll’schen Etablissement in Berlin.... Nichtamtlicher Theil, Geoffroy. Saint-Hilaire. Ueber die Acelimatisation, fremder und die Zähmung wilder Thierarten 2m ue40 abrbunsle S. Nilsson. Aufenthalt, Lebensweise und. Fortpflanzung des Heriugp ya SR kids --- S. Nilsson. Aufenthalt, ‚Lebensweise, Nahrung und Fortpflanzung des Süsswasser-Aales (Muraena Anguilla Linn.) ....urceuor... Ueber die Cultur.der Obstbäume ... urn ones deneeniende nun Dav. Moore. Ueber die Vermehrung der Kartoffel durch Sämlinge H: Poselger. Die Malayen-Hühner un... .0m.00enn een Dr. H. Karsten. Ueber Zizania aquatica Linn. auscsceecn ec Barthelemy-Lapommeraye. Ueber die Einführung und Zäh- mung der Hoccos........- kaolncend WE + so bo dh «(dl AREER "FR

166

168

50

55

v

Pomme. Ueber die Hoccos und Jackhühner ........... Kaneren S. Roberti. Bericht über die Japanische Seidenraupe (Bombyx N RE EELTURETLEE Aug. Dumeril und Guerin Meneville. Ueber die in Frank- reich eingeführten neuen Seidenraupenarten .zzresonneecen 0. Jules Delon. Ueber den Wellenpapagei (Melopsittacus undulatus) M. Th. v. Heldreich. Bericht über die Arkadische Tanne (Abies Reginae Amaliae) ......oeernosennncncce. üdasoonene FEFLLERTE Fr. Neidigk. Der Weinbau in der Krimm...sccneeseennonenn Der Zoologische Garten in Paris (Jardin d’Acelimatation)......... Geysmer auf Wogenab, Ueber Racen und Racenbildung ....... Voight. Beschreibung eines Ofens für zum Seidenbau bestimmte Zimmer und Säle...e..ssersenenccnc ce KUNST FTIR RE FT 70 RR

Seite 192

196

199 203

206 210 212 214

Pflanzen -Register.

Ailanthus glandulosa 40. 43. 45. 149. 156. 157. 158. 160. Amygdalus pedunculata 35. Anthyllis vulneraria; Tannenklee 149. 150. 158. 159. 1167. Bohnen. a. Busch- :oder ‚Staudebohnen : Busch-Brech-Bohne 39. Early yellow six weeks Bean 150. 162. Haricot bicolor 147. » marbr& pourprin 147. . punetue& rose 146. » . renfl& blanc nain 152 162. Haricot ‚vulgaire graine fasciee nain 143. 150. Oelbohne aus China 41. 142. Phaseolus ellipticus carneus ; In- karnatfarbige Eierbohne 144. 150. 152. 154. 158. Phaseolus oblongus ‚spadiceus; braune Dattelbohne 150. 152. 154. 158..159,. 166. Phaseolus ‚oblongus ‚tureieus; Türkische Dattelbohne 144. 150. 158. 166. Phaseolus oblongus winosus; Weinbohne 144. 152.154, 158. Phaseolus sphaericus pumilus; niedere Sophieen-Bohne 144. Schwert-Busch-Bohne 39. Speck-Busch-Bohne, Ost£ries- ländische 150. 158. 159. Zwerg-Bohne, Canadische 154. 158. 166. b. Stangen-Bohnen: Haricot Belge commun 145. » blanc rond & oeil noir 147.

Haricot Demoiselle 163. „.. Y’Eveque.de la Belgique 148, Harieot exotiqueä oeilblanc 147. .„eendre 146. »„ & gousse ronde oeil blane 147. Haricot de ‚Liancours 163. macnule & fruit rond 145. mulätre 146. pourpre A fruitxond 146. rond fauve 145. zond marbre petit 146. de Soissons rouge 147. ‚wentre de Biche 148. zebre jaune 146. zebre ‚pourprin 146. Stangen- -Brechbohne aus ‚Al- gier 163. Stangen-Bohne, ‚gelbe ‚vom Bo- densee 42. Stangen-Bohne aus Caraccas 42. aus Mexico 154.

» Es ME SR % 2

165.

Chaerophyllum Prescotti, Kerbel- rübe ‚37.

Cottagers Kale 41.

Crataegus sanguinea 36.

Dioscorea japonica 44.

Dipsacus fullonum; Weberkarde 38. 45. 158. 159.

Emmer, rother Sommer-; Spelt 42. 153. 167.

Erbsen:

Cicer arietinum 36. 44.. 46.

Buchsbaum-Zuckererbse 39.

Erbse des Ueberflusses 40. 151. 157. 159.

Erbse aus China 150. 151. 164. 165. 166.

Becks price taker 151. 157. Kneifelerbse; Dunnets first early 148. 151. 153. Englische Mammuth -Pahlerbse 150. 151. 159. Englische grüne Felderbse 143. 149. 150. 166. Grüne Erbse 143. 153. Grünkörnige Brockelerbse 143. Mumienerbse43. 150. 153.157. 166. Pois en ombrelle 143. 150. 151. 165. 166. Pahlerbse; niedrige grüne aus Ca- nada 39. 40. 43. Riesen-Erbse; Himalaya 43. 2 ; amerikanische Vic- toria 153. 157. 159. 165. Eryosynaphe longifolia 36. Fagus sylvatica purpurea ; Blutbuche 156. 158. Gerste; Reis-Gerste aus Christiania 163. 165. Gerste; schottische Annatgerste 148. 166. Gurke; grüne chinesische 41. 152. 155. 158. 164. Gurke; grüne Schlangen-, 39. Hanf, chinesischer Riesenhanf 41. 44. 46. Hafer; Kamtschatka 150. Hirse; braune 167. broneirte 150. 157. 160. » rothe 150. 160. 164. 165 167. weisse 160. Kartoffel von Santa Martha 142. Larix dahurica 37. Lilium tenuifolium 36. Linse; grosse Hellerlinse 149. 152. 158. 166. Linum; weissblühender amerikani- scher Lein 44. 148. Mais, Bukowina 43. 45.

Mais; fortydays 153. 161.

Gelber Kärnthner 149. 161. 165. 168.

Mais ä poulet rouge 149. 153. 157. 160. 167.

Mais praecox d’Auxonne 149. 158. 161. 167.

Mais, Terzano 149. 153. 157.161. 165.

Melone; Amerikanische 154. 160.

3 Grüne Sarepta 38. . Gelbe Sarepta 38.

Möhre ; Grünköpfige Futtermöhre 40.

Mohn; weisser Mohn 164.

Morus alba 35. 44. 160.

Prunus sibirica 36.

Pyrethrum carneum 36. 155. 160.

Quercus coceinea 156. 158.

> macrocarpa 150. 167. R rubra 157. 158.

Radies von Madras 44. 46. 150. 152.

Rieinus communis major 35.

s „’ minor 35. 46. 160. 165.

Sorghum saccharatum ; Holeus ; Zuk- ker-Moor-Hirse 40. 43. 45. 148.

Sorghum glycychylum 45.

Imphy 40.

Spergula maxima 41.

Taback: Dutten-Taback 159. Goundi-Taback 37. 159.

La Guayra-Taback 150. 167. Havanna-Taback 37. 46. Maryland-Taback 37. 150. Ohio-Taback 37. 150. Schiras-Taback 37. 150. 167.

Taxodium distichum 156.

Taxus baccata 38.

Ulmus (sp. indefinita) 39.

Weizen; Florentinischer Sommer- . weizen aus Norwegen 42.

Zizania aquatica 45. 46. 168. 181.

m

Berlin, Druck von Gebr. Unger, Königl. Hofbuchdrucker.,

Verzeichniss der Mitglieder

des Acelimatisations-Vereins für die Königlich Preussischen Staaten.

Ehren -Vorsitzender: Seine Hoheit der Herzog Ermst IH. zu Sachsen - Coburg - Gotha.

Seine Kaiserl. Hoheit der Grossfürst Nieolai Nicolajewitsch von Russland, Ehren -Mitglied.

Anstalten und Vereine, welche sich angeschlossen haben:

I. Provinz Preussen.

. Ostpreussische landwirthsch. Central - Stelle zu Königsberg.

. Central-Verband Westpreussischer Landwirthe zu Marienwerder. . Landwirthschaftlicher Verein zu Barten.

" Fischhausen -Dammkrug.

ni Praust bei Danzig.

. Rosenberg. (Westpreussen).

r Stargardt (Westpreussen).

Kreis-Verein zu Angerburg.

. Oekonomisch-polytechnischer Verein zu Hohenstein.

. Verein zur Beförderung der Landwirthschaft zu Königsberg.

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HU. Provinz Posen. 11. Landwirthschaftlicher Verein zu Rawiez. 12. > des Kreises Schildberg zu Kempen.

II. Provinz Pommern. 13. Landwirthschaftlicher Zweigverein zu Bütow.

14. 5 Verein des Neu-Stettiner Kreises. 1861. Bd. Iy. 1

15. 16,

17. 18. 19. 20.

21. 22. 23. 24. 25. 26. 27.

28.

29. 30.

3. 32. 33,

34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44,

45. 46.

2

Landwirthschaftlicher Zweigverein zu Pyritz. » Mr Stolpe.

IV. Provinz Brandenburg.

Landwirthschaftlicher Lokal-Verein zu Berlinchen (Kr. Soldin). Oekonomischer Verein zu Brandenburg a. d. Havel. Landwirthschaftlicher Lokal-Verein zu Forst.

s Verein des Züllichau - Schwiebuser Kreises.

V. Provinz Schlesien.

Land- und forstwirthschaftlicher Verein zu Freystadt. Hühnerologischer Verein zu Görlitz. Landwirthschaftlicher Verein zu Leobschütz. Neisse - Grottkauer landwirthschaftlicher Verein zu Neisse. Landwirthschaftlicher Verein zu Stetnau. & des Goldberger Kreises zu Goldberg. & Kreis-Verein zu Sorau.

VI. Provinz Sachsen.

Landwirthschaftlicher Verein für das Fürstenthum Halberstadt und die Grafschaft Wernigerode.

Naturwissenschaftlicher Verein zu Halle.

Altmärkischer Verein für vaterländische Geschichte und Industrie zu Stendal.

VII. Provinz Westphalen.

Landwirthschaftlicher Hauptverein zu Münster.

Kreisverein zu Münster. F Verein des Kreises Lüdinghausen zu Botzlar bei Bork.

VII. Rheinprovinz.

Die Königl. landwirthschaftliche Akademie zu Poppelsdorf. Eandwirthschaftlicher Gentral-Verein für Rheinpreussen zu Bonn. Lokal- Abtheilung Xa. des landwirth. Central-Vereins zu Aachen.

Z ZIXb.:.., 5 . Berncastel. > We a i Bonn.

R XlVa.., Z PN Coblenz.

> XlXa. % 5 Trier.

r XIXe Wittlich.

Der naturwissenschaftliche Verein für Elberfeld und Barmen.

Landwirthschaftliches Casino zu Scheiderhöh (Kreis Sieg).

Ausser Preussen. Landwirthschaftlicher Verein zu Gotha. Der Königl. Wermländische Landwirthschaftliche Verein (Kongliga Wermländska Hushaltnings Sällskapet) zu Philippstadt in Schweden.

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3

Mitglieder.

‚Annenkow, Nicolas, Professor in Moskau. (E.M.)

Bagdanow, Anatole, Professor, Sekretair des Moskauer Acclimati- sations-Comit& in Moskau. (C.M.)

Baldamus, E., Pastor in Diebzig bei Cöthen. (C.M.)

Bastide in Santos in Brasilien. (C.M.)

. Erlaucht der Prinz Beauveau, Vice-Präsident der Soc. Imp. d’Aceli.

matation zu Paris.

Berbrugger, Bibliothekar in Algier. (C.M.)

Berend, Hermann, Rittergutsbesitzer in Berlin.

Berend, H.B., Banquier in Berlin.

Berend, E., Kaufmann in Berlin.

Berger, C. Max, in Hochaujezd per Duschnick in Böhmen.

Berthelot, Sabin, franz. Consul zu St. Cruz auf Teneriffa. (C.M.)

Blasius, J. G., Professor in Braunschweig. (C.M.)

Borsenkoff, Jacques, Professor in Moskau.

Borsig, A, Commerzienrath in Berlin.

Bösselmnnn, Mn Verlagsbuchhändler in Berlin, Vorstands-Mit- glied.

Braun, Al., Dr. Prof, Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin, Mitglied des Ehren -Vorstandes.

Brandt, F., Staatsrath, Professor Dr., in Petersburg. (C.M.)

Brehm, Ch.L., Pastor zu Bentendorf, Herz. Altenburg. (C.M.)

von Bunsen, Carl, Königl. Legations-Sekretair in Turin.

Burchardi, Kanzleirath in Berlin.

del Castillo de Rivandeneyro, Don Jose, erster Administrator des Königreichs Valencia in Spanien in Valencia. (E.M.)

del Castillo y Trigueros, Louis, Attache bei der Königl. Spa- nischen Gesandtschaft in Berlin.

Coste, Professor in Paris. (E.M.)

. Excellenz Don Leopoldo Aug. de Cueto, Span. Gesandter a.D., Mit-

glied der Span. Akademie der Wissenschaften. (E.M.)

. Excellenz der Divisions-General Daumas in Paris. (E.M.) . Durchlaucht der Fürst Anatole Demidoff in San Donato, Mit-

glied des Ehren-Vorstandes.

Descovich, A,., Ritter v. Oltra, in Prag.

Desvaux, Brigade-General in Batna. (E.M.)

Drouyn de Lhuys, Graf, Vice-Präsident der Soc. Imp. d’Acclima- tation in Paris, Mitglied des Ehren-Vorstandes.

Dutrone, Appellationsgerichtsrath und Gutsbesitzer in Paris.

Effeldt, Rentier in Berlin.

Ehrhardt, Fr., Seidenzüchter in Prettin,

Eymuth, Fürstl. Schwarzenbergischer Wirthschaftsbeamter zu Wan- dras bei Frauenberg, Budweiser Kreis (Böhmen).

Epenstein , Dr. med., in Berlin,

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3 3 y 38 3.3.3

Eu. 8. 3 4.859

SS 333 3

SS 323 3

4

. @Espremesnil, Graf Raoul, in Paris, General-Sekretair der Soec-

Imp. d’Acel. Fintelmann, Königl. Hofgärtner, Pfaueninsel bei Potsdam. (C.M.) Flatau, J. J., Banquier in Berlin. Franke, Geh, Staatsrath u. Regierungs-Präsident in Coburg. (E.M.)

. Durchlaucht Fürst Serge Gagarin, Präsident des Moskauer land-

wirthsch. Vereins u. des Moskauer Acclimatisations-Comites. (E.M.)

. Garcke, A., Dr. phil., in Berlin. (C.M.)

Geoffroy St. Hilaire, Isidore, Präsident der Soc. Imp. d’Aceli- matation in Paris, Mitglied des Ehren -Vorstandes.

Gerbe, Präparateur im College de France in Paris. (C.M.)

Giebel, Professor Dr., in Halle. (C.M.)

Gireaud, Obergärtner in Berlin.

Hambro, Baron, Banquier in London.

Hardy, Director der Central-Pepiniere in Algier. (C.M.)

Hartwig, C. A. F., Kaufmann in Berlin, Vorstands-Mitglied.

Heese, Ad., Seidenzüchter in Berlin.

Heyer, F., Dr. phil. et med., Direktor einer age, in Berlin, Vorstands-Mitglied,

Höpner, Dr. med., in Berlin.

v.Homeyer, Al,, Lieutenant in Frankfurt a.M. (C.M.)

Horina, Joh. Bapt., in Pardubitz (Böhmen).

Horowitz, $, Kaufmann erster Gilde in Odessa.

Hoskier, H C., Preuss. Consul in Algier. (E.M.)

Issakoff, Michel, in Petersburg.

Jagor, Philipp, in Berlin.

Jamin, Direktor des Versuchsgartens in Biskra. (C.M.)

John, Dr., General-Sekretair des Vereins Westpreuss. Landwirthe in Marienwerder. (C.M.)

. Excellenz der Divisions-General Jusuf in Algier. (E.M.) . Kalinowski, Secretair general de la Societe d’Acelimatation in

Moskau.

Kaerger, Louis, Kaufmann in Breslau.

Kaufmann, Ernst Alexander, in Berlin, Vorstands - Mitglied, Stifter des Vereins.

Kaufman, Carl Wilh., Banguier, in Berlin.

Kaufmann, Otto, Kaufmann in Berlin.

Kaufmann-Asser, J., Gutsbesitzer in Cöln.

Kaufmann, M., Gutsbesitzer in Cöln.

Kette, Geh. Ober-Regierungsrath in Berlin Mitglied des Ehren- Vorstandes.

König, Preuss. General-Consul in Alexandrien. (E.M.)

Koppe, Rittergutsbesitzer, in Liebenwalde bei Soldin.

Krüger, Handelsgärtner in Lübbenau.

von Langsdorff, R., in Carlsruhe.

de Lara y Ponte, DonF.Maurique, zu Oliva auf Fuertaveutura. (C.M.)

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audyn, F., Forstmeister Sr. K.K. Hoheit des Erzherzogs Albrecht, zu Ungarisch-Altenburg im Wieselburger Comitate.

Laute, Conservator in Berlin.

Lechner, A., Dr., in Petersburg.

Lecoq, A., Kaufmann in Berlin.

von Lehndorff, H., Graf, Premier-Lieutenant im Garde du Corps und Rittergutsbesitzer in Berlin.

Lenke, Rittergutsbesitzer in Heinrichsdorf bei Bahn in Pommern.

Lenne, Gartenbau - Direktor in Potsdam,

Lichtenstein, Consul in Marseille. (E.M.)

von Löbbecke, Rittergutsbesitzer in Brükens (Schlesien).

Lesser, Stanislaus, Königl. Sächs. Consul in Warschau.

Lesser, Sigismund, Rentier in Berlin.

Mirza-Malkom-Khan, Minister-Präsident Sr. K. H. des Schach von Persien in Teheran. (E.M.)

. Excellenz Frhr. O. von Manteuffel, Staatsminister a. D., Mitglied

des Ehren -Vorstandes.

. Excellenz Frhr. von Manteuffel, Wirkl. Geh. Rath, Mitglied des

Ehren -Vorstandes.

. Marcuse, L. A, Lotterie-Ober-Einnehmer in Berlin, . Excellenz Hr. Etienne Masslow, Sekretair der agronomischen Ge-

sellschaft in Moskau. (E.M.)

. Mentzel, E.O., Wirkl. Geh. Kriegsrath, Remonte-Direktor, in Berlin.

Metz & Comp., land- und forstwirthschaftliche Samenhandlung in Berlin. Michalowsky, Z., Kaufmann in Odessa.

. Excellenz Hr. von Minutoli, Preuss. Gesandter in Teheran. (E.M.) . Mollard, Oberlandesgerichtsrath u. Gutsbesitzer in Gora (Kr. Plessen).

Müller, Aug, Dr. med., in Königsberg, Vorstands-Mitglied.

„» Münter, Professor Dr. an der Universität in Greifswald.

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. Excellenz Don Juan Bravo-Murillo, Minister-Präsident a. D., in

Madrid. (E.M.)

. Nobiling, C., Major a. D. in Berlin.

Obst, Buchdruckereibesitzer in Berlin.

Oppenheim, Ed, Banquier, Direktor des zoolog. Gartens in Cöln. Oussow, Serge, in Moskau. (C.M.)

Paiva, Baron Castello-, in Oporto. (C.M.)

« Excellenz Marquis de Pallavieino, Minister a. D. in Parma. (E.M.) . Partatore, Professor in Florenz. (E.M.)

Pfützenreuter, Oberamtmann in Berlin.

Pintus Isidor, Banquier, Fabrikbesitzer in Berlin.

Platho, J., Banquier, Vorstands-Mitglied.

Poselger, H., Dr. phil., in Berlin, Vorstands-Mitglied. Possart, Eugen, landwirthschaftl. Samenhandlung in Berlin. Possart, P., Iuspektor in Berlin,

Le Prestre, Dr. med. in Caen.

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6

. Excellenz Graf von Pückler, Staatsminister, Chef des landwirth-

schaftlichen Ministeriums.

. von Raesfeld, Baron, in Terborg (Holland).

Raffauf, Marine-Intendanturrath in Berlin, Vorstands-Mitglied, Rammlow, J.C., Seidenzüchter in Berlin.

. Durchl. der Herzog A. von Ratibor, Fürst von Corvey, auf Schloss

Rauden (Ober-Schlesien).

Ravene, L. jun., Kaufmann in Berlin.

Richter, Antoine, in Königssaal bei Prag.

Rolfs, Kaufmann in Siegfeld bei Siegburg.

Rose, Lieutenant im arabischen Bureau in Biskra. (C.M.)

Sacchini, Virgile, Commandenr in Parma. (E.M.)

von Schaffgotsch, F.G., Graf, in Berlin.

Schirrmacher, J. F., Vorsteher der Zinsen-Controlle der Staats- schulden in Berlin, Vorstands-Mitglied.

. Excellenz Freiherr von Schleinitz, Staatsminister, in Berlin. . von Schmettow, Graf B., in Pommerzig bei Züllichau.

Schmidt, Oberförster in Blumberg bei Passow.

Schojan, Lehrer in Hasenholz bei Buckow.

Schuft, A., Dr. med., in Berlin.

Schulz, E., Rittergutsbesitzer in Nickern bei Züllichau.

Schulz, Seidenzüchter in Berlin.

Seemann, Dr. Berthold, in London. (C.M.)

de Soliveres, Don Gaspar Castor, Chanoine de la Cathedrale d’O- reuse in Madrid. (E.M.)

Spinola, W. T. J., Dr. phil, Lehrer an der Thierarzneischule in Berlin, Vorstands-Mitglied.

Swaine, Rich., Gutsbesitzer auf Schloss Theres bei Schweinfurt.

Toepffer, G. A., Vorstand des pommerschen ökonomischen und Seidenbau -Vereins in Stettin.

von Treskow, Louis, Gutsbesitzer auf Weissack bei Luckau.

Don Juan Trigueros de Romero, General-Sekretair der Akade- mie der schönen Künste in Malaga. (E.M)

. Excellenz Don Augusto de Ulloa, General-Direktor der spanischen

Colonien in Madrid. (E.M.)

. Unger, Carl, Hofbuchdrucker in Berlin.

Warneck, N., Professor der Universität in Moskau.

Weber, Preuss. Consul in Beiruth. (E.M.)

von Weckerlin, R, Wirkl. Geh. Rath in Hohenheim. (E.M.) de Weerth, A., in Elberfeld.

Wendenburg, Hermann, Gutsbesitzer in Beesenstadt bei Wettin. Willkomm, Professor in Tharandt. (C.M.)

Wolff, C. D., Banquier in Berlin.

Wolff, $. jun., Kaufmann in Berlin.

Wustand, Carl, Kaufmann in Berlin.

Statuten des Acclimatisations- Vereins für die Kö- niglich Preussischen Staaten.

Gestiftet den 31. Juli 1856.

ig

Namen des Vereins.

Der Verein führt den Namen: „Acclimatisations- Verein für die Königlich Preussischen Staaten.“

8. 2.

Zweck des Vereins.

Der Zweck des Vereins ist:

a) Die Einführung und Eingewöhnung von Thieren und Pflanzen, welche zum Nutzen oder zur Annehmlichkeit dienen können, oder den Nationalreichthum zu ver- mehren im Stande sind;

b) Veredelung oder Verbesserung und Vermehrung der be- reits einheimisch gewordenen Thiere und Pflanzen; und

c) Erzielung von neuen nützlichen Uebergangsarten und Mischlingen durch Kreuzung der Species, Racen und Varietäten.

$. 3. Mittel zum Zweck.

Dieser Zweck wird zu erreichen gesucht:

a) Durch Verbindung und wechselseitigen Verkehr mit Ver- einen und Gesellschaften gleichen oder ähnlichen Be- strebens, besonders mit der Societe Imperiale d’Acecli- matation zu Paris;

b) durch regelmässige Versammlungen, Besprechungen und Vorträge;

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c) durch Veröffentlichung der stattgehabten Verhandlungen und der g:wonnenen Erfahrungen;

d) durch sel' stständige Studien und Versuche und durch Veranlassung derselben von Andern;

e) durch Ertheilung von Belohnungen oder Aufmunte- rungen, durch Ehrenauszeichnungen, Geldunterstützun- gen U. 8. W.; |

f) durch unentgeltliche Auskunftertheilung bei Anfragen, die auf die Acclimatisation Bezug haben, durch Aus- gabe oder Versendung von Sämereien, Pflanzen, Eiern, Thieren u. s. w., und

g) durch Gründung eines eigenen wissenschaftlichen Organs, Anlage einer Bibliothek und eines Archivs zur Benutzung für die Mitglieder des Vereins, durch Begründung der nöthigen Sammlungen und durch Ausstellungen. |

$.A.

Sitz des Vereins.

Der Sitz des Vereins ist Berlin, wo der Geschäftsvor- stand sich befindet.

8.5. Vermögen des Vereins.

Das Vermögen des Vereins bildet sich aus den regel- mässigen oder aussergewöhnlichen Beiträgen der Mitglieder, aus Geschenken, vorkommenden Vermächtnissen u. s. w.

8. 6. Mitgliedschaft.

Der Verein zählt wirkliche, correspondirende und Ehrenmitglieder, welche als solche Diplome erhalten. Den wirklichen Mitgliedern wird das Diplom nach Einzahlung des ersten Jahresbeitrags übersendet,

8. 7. Wirkliche Mitglieder Beitrag.

Wirkliche Mitglieder sind Diejenigen, welche sich schrift- lich zur Mitgliedschaft gemeldet haben, oder von einem Mit-

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gliede vorgeschlagen worden sind, und deren Aufnahme vom Vorstande beschlossen ist. Ihre Annahme wird ihnen von demselben angezeigt. Sie entrichten einen Jahresbeitrag von mindestens vier Thalern Crt., oder zahlen ein für allemal eine Summe von mindestens fünfzig Thalern Crt. an die Ver- einskasse. Im letztern Falle sind sie immerwährende wirkliche Mitglieder.

Der Jahresbeitrag wird von den hier wohnenden Milglie- dern halbjährlich, von den auswärtigen jährlich prä- numerando eingezogen, Die im Laufe des Jahres neu ein- tretenden wirklichen Mitglieder müssen für das volle Halb- jahr, in welches ihr Eintritt fällt, den Beitrag zahlen.

Vom 1. Januar 1859 ab wird von den neu eintretenden wirklichen Mitgliedern ein Eintrittsgeld von einem Thaler Crt. erhoben.

8.8.

Als ein wirkliches Mitglied zählt jede Gesellschaft, welche dem Vereine als solche sich anschliesst, deren Anschluss genehmigt worden, und die sich verpflichtet, den für jedes wirkliche Mitglied stipulirten Beitrag zu zahlen.

8.9.

Correspondirende und Ehrenmitglieder.

Correspondirende und Ehrenmitglieder werden Namens des Vereins vom Vorstande ernannt und haben keinen Beitrag und kein Eintrittsgeld zu zahlen. Dieselben müssen jedoch, ehe sie ernannt werden können, in der nächstvorhergehen- den Sitzung des Vorstandes vorgeschlagen werden, und ist bei der Abstimmung die Gegenwart von mehr als der Hälfte der Vorstandsmitglieder unerlässlich.

8. 10. Organisation des Vereins. Ehrenvorstand. Geschäftsvorstand.

Die Interessen des Vereins vertritt ein Geschäftsvor- stand von zwölf Personen.

Neben demselben besteht zur besondern Förderung der Vereinszwecke ein Ehrenvorstand, zusammengesetzt aus

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einem Ehrenpräsidenten und einer Anzahl von Mitgliedern, deren Ehrenamt ein lebenslängliches ist. In den Ehrenvor- stand können wirkliche, correspondirende und Ehrenmitglie- der gewählt werden.

8. 11.

Der Geschäftsvorstand geht aus der Wahl sämmtlicher Mitglieder hervor, und besteht aus einem Vorsitzenden, einem Geschäftsführer, drei Abtheilungsdirigenten, zwei Schrift- oder Protokollführern, einem correspondirenden Secretair, einem Archivarius, einem Bibliothekar, einem Schatzmeister und einem Rechnungsführer.,

Der Geschäftsführer ist zugleich erster Stellvertreter des Vorsitzenden, und ausserdem werden noch zwei Mitglie- der des Vorstandes zum zweiten und dritten Stellver- . treter des Vorsitzenden bestimmt.

Im Falle einer durch Tod, dauernde Krankheit oder de- finitiven Austritt eingetretenen Lücke im Vorstande, ergänzt sich dieser aus den Mitgliedern des Vereins durch freie Wahl, muss aber der nächsten Generalversammlung diese Ergänzungswahl zur Genehmigung vorlegen.

$. 12. Abtheilungen. Die drei Abtheilungen, für welche die drei Dirigenten bestimmt sind, heissen: A. Abtheilung für Botanik, B. für Zoologie, C. . für die einschlagende Technik.

Jedem Abtheilungsdirigenten werden je nach dem Um- fange der von ihm zu besorgenden Geschäfte zwei oder drei Mitglieder als Assistenten beigegeben, welche vom Geschäfts- vorstande gewählt werden.

Für die Geschäftsführung jeder dieser drei Abtheilungen sowohl, als auch für den Geschäftsvorstand selbst, werden von diesem besondere Instruktionen entworfen und den Sta- tuten als ergänzende Theile beigefügt.

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8.13.

In den Geschäftsvorstand können nur wirkliche Mitglie- der des Vereins gewählt werden; die Wahl findet in der Generalversammlung durch einfache Abstimmung mittelst Zettel statt.

$. 14.

Das Geschäftsjahr fällt mit dem Kalenderjahre zusammen.

g. 15.

Nach Ablauf jedes Jahres scheidet ein Drittel des Ge- schäftsvorstandes aus, und wird statt dessen eine Neuwahl vorgenommen.

Im ersten und zweiten Jahre nach Einführung dieser Statuten geschieht die Ausscheidung des Drittels durch das Loos, von da an nach der Anciennität.

Die Ausgeschiedenen sind wieder wählbar.

$. 16.

Die General-Versammlung muss jedesmal in der er- sten Hälfte des Monats Januar berufen, und diese Berufung sämmtlichen Mitgliedern gehörig und frühzeitig zur Kennt- niss gebracht werden. |

$. 17.

So wie der Geschäftsvorstand gewählt und vervollstän- digt ist, organisirt er sich selbst, indem er die verschie- denen ($. 11) genannten Aemter unter sich vertheilt.

Von dieser Vertheilung der Aemter müssen alsdann alle Vereinsmitglieder in Kenntniss gesetzt werden.

$. 18. Pfliehten und Rechte des Geschäfts-Vorstandes,

Der Geschäftsvorstand versieht alle seine Funktionen un- entgeltlich und ist der Generalversammlung, als dem Willens- ausdrucke des gesammten Vereins für seine Thätigkeit ver- antwortlich.

Er bildet das Organ und die Vertretung des Vereins den

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Behörden gegenüber, und ernennt Namens des Vereins die Mitglieder des Ehrenvorstandes.

$. 19.

Der Geschäftsvorstand hält mindestens alle Monate eine Sitzung zur Erledigung der laufenden Geschäfte, kann aber auch zu ausserordentlichen Sitzungen berufen werden.

Ferner veranstaltet der Vorstand vierteljährlich oder häu- figer, wenn es die Umstände erheischen, eine öffentliche Versammlung sämmtlicher Mitglieder, welcher auch Nicht- mitglieder beiwohnen können, und worin über die Voreins- angelegenheiten Bericht abgestattet und ausserdem Vorträge gehalten werden. Diese öffentlichen Versammlungen können jedoch nach Erforderniss in nicht öffentliche umgewandelt werden, zu denen nur Mitglieder des Vereins Zutritt haben.

8.20. Vorsitzender.

Der Vorsitzende, der als solcher Mitglied des Ehrenvor- standes ist, beruft sowohl den Geschäftsvorstand zu seinen Sitzungen, als: auch die periodischen öffentlichen Versamm- lungen und die Generalversammlungen; er führt jedesmal den Vorsitz, falls nicht der Ehrenpräsident denselben über- nehmen will,

g. 2.

Der Vorsitzende hat die Abstimmungen zu leiten, welche überall durch einfache Stimmenüberzahl (relative Majorität) entschieden werden. Bei Stimmengleichheit giebt der Vor- sitzende den Ausschlag.

$. 22.

Der Vorsitzende führt das Siegel des Vereins, empfängt und eröffnet alle an den Verein gerichteten Briefe und Ein- sendungen, bestimmt deren Beantwortung oder deren Bera- thungen in den Sitzungen des Geschäftsvorstandes, ‘oder in den periodischen öffentlichen Versammlungen, regelt die Ta- gesordnungen und unterhält ‚die Verbindung mit dem Ehren-

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vorstande; er bewahrt sich eine fortwährende Uebersicht über sämmtliche Vereinsangelegenheiten und achtet auf die strenge Pflichterfüllung der einzelnen Geschäftszweige. Ausserdem be- spricht er mit den übrigen Mitgliedern des Ehrenvorstandes die allgemeinen Prinzipien, welche im höheren Interesse des Vereins nach und nach in Anwendung zu bringen sind.

$. 23. Geschäftsführer. Der Geschäftsführer ist der specielle Beistand und Ver- treter des Vorsitzenden. Dem Vereine gegenüber handelt er unter eigener Verantwortlichkeit. j

8. 24. Die Abtheilungs - Dirigenten.

Der Dirigent jeder der drei Abtheilungen beruft die Mit- glieder derselben zu besonderen Berathungen, so oft Anlass dazu vorhanden ist, fertigt darüber ein Protokoll an, über- reicht dieses Protokoll in der nächsten Vorstandssitzung dem Vorsitzenden, stattet daselbst über die Thätigkeit der Ab- theilung Bericht ab, und hat den Beschlüssen des Vorstan- des Folge zu geben.

$. 25. Schriftführer. Correspondirender Secretair.

Der erste Schriftführer führt in den Vereinsversammlun- gen, so wie in der Generalversammlung das Protokoll, trägt dasselbe in ein besonderes Protokollbuch ein, und unterzeich- net zugleich mit dem Vorsitzenden jedes Protokoll, nachdem es genehmigt worden ist. |

$. 26.

Der zweite Schriftführer führt auf dieselbe Weise das

Protokoll in den Vorstandssitzungen, ordnet und verliest in

allen Zusammenkünften des Vereins die Briefe und Schrift- stücke, welche ihm zu diesem Zwecke vom Vorsitzenden über-

wiesen werden.

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8. 27.

Der correspondirende Secretair besorgt die Correspondenz im Inlande und nach dem Auslande, soweit solche von dem Vorsitzenden ihm aufgegeben ist.

Beide Schriftführer und der correspondirende Secretair ersetzen sich gegenseitig in Hinderungsfällen. Ä

&. 28. Archivar.

Der Archivar ordnet und erhält die Registratur, und be- wahrt die abgefertigten Schriftstücke und Acten.

8. 29. Bibliothekar.

Der Bibliothekar ordnet und beaufsichtigt die Bibliothek und die übrigen Sammlungen, nach einer besonderen In- struction, und bewahrt die sämmtliehen vom Vereine aus- gehenden Drucksachen.

$. 30. Der Archivar und Bibliothekar vertreten sich in Hinde- rungsfällen gegenseitig.

$. 31. Schatzmeister.

Der Schatzmeister nimmt auf Quittungen, die von ihm unterschrieben und vom Rechnungsführer ($. 34) gegenge- zeichnet sind, alle an den Verein ergehenden Gelder in Empfang und zieht gegen eben solche Quittungen von den wirklichen Mitgliedern die Jahresbeiträge ein.

$. 32. Der Schatzmeister bestreitet ferner alle nöthig werdenden Ausgaben, nnd zwar:

a) bis zum Betrage von drei Thalern auf eigene Verant- wortlichkeit;

b) bis zum Betrage von zwanzig Thalern nur auf Anwei-

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sungen, die vom Vorsitzenden und Rechnungsführer ge- zeichnet sind, und

c) im höhern Betrage nur auf einen in der Vorstands- sitzung gefassten Beschluss.

$. 33.

Hat der Schatzmeister sämmtliche Jahresbeiträge nicht einzuziehen vermocht, so hat er dem Vorsitzenden von den Säumigen oder Schuldnern Bericht abzustatten und ihm an- heimzustellen, ob er glaubt, durch Mahnungen oder Erinne- rungen die Beiträge erlangen zu können, oder ob in einer der Vorstandssitzungen über das restirende Mitglied ein Be- schluss herbeizuholen sei.

$. 34. Rechnungsführer.

Der Rechnungsführer hat bei den von ihm mit zu unter- zeichnenden Anweisungen zu Geldausgaben ($. 32 b) nicht nur auf die vorgenannten Bestimmungen zu sehen, sondern auch darauf zu achten, dass nur für Vereinszwecke Geld oder Geldeswerth verausgabt wird.

Er hat ferner ein Controlbuch über die von ihm mitun- terzeichneten Quittungen und Anweisungen zu führen, um dasselbe bei Kassenrevisionen zur Vergleichung benutzen zu können.

8. 35. Schatzamt.

Für die sichere Unterbringung der angesammelten Gelder, sobald solche eine gewisse Höhe erreicht haben, sorgen auf Beschluss des Vorstandes der Vorsitzende, der Schatzmeister und der Rechnungsführer gemeinschaftlich, und bilden als solche das Schatzamt, welches auch die Bewahrung der geldwerthen Dokumente auf eigene Verantwortlichkeit zu be- sorgen hat. Die Beläge sowohl dafür, als für alle Einnahmen und Ausgaben bleiben in Bewahrung des Schatzmeisters.

8. 36. Entsteht hinsichtlich eines Geldpunktes eine Meinungs-

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Verschiedenheit zwischen dem Schatzmeister und Rechnungs- führer, so hat in dringenden Fällen der Vorsitzende die Ent- scheidung, muss aber in der nächsten Vorstandssitzung dar- über berichten.

In weniger dringenden Fällen ist die Sache dem Vorstande selbst zur Entscheidung vorzulegen,

$. 37. Kassen -Revision.

Der Vorstand ernennt aus seiner Mitte zwei Mitglieder, welche von Zeit zu Zeit eine Kassenrevision vornehmen und darüber ein Protokoll niederlegen.

$. 38. Entlastung der Kassen - Beamten.

Am Schlusse des Geschäftsjahres hat der Schatzmeister in Verbindung mit dem Rechnungsführer über dasselbe in der Generalversammlung einen detaillirten Rechenschaftsbericht vorzulegen und zur Entlastung eine Commission aus drei Mit- glieder zu beantragen, welche die in der Generalversamm- lung anwesenden Mitglieder aus ihrer Mitte wählen.

Diese Entlastungs- Commission verabredet sich mit dem Schatzmeister zu einem bestimmten Termin, in welchem sie nach Durchsicht der Kasse, der Quittungen, Rechnungen und Beläge, und nach Vergleichung mit dem Controlbuch des Rechnungsführers die Entlastung ausspricht und diesen Aus- spruch in einer aufgenommenen Verhandlung dem Vorsitzen- den übersendet.

8. 89. Redactions- Commission.

Der Vorstand ernennt ferner aus seiner Mitte eine Re- dactions- Commission aus fünf Mitgliedern, welche alle vom Verein ausgehenden, durch den Druck zu veröffentlichenden Aufsätze, Berichte, Zeitungsanzeigen, Einladungen u. s. w. abzufassen und zu redigiren hat.

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12 8. 40. gr Besondere Acte des Vorstandes.

Ueber Vertheilung von Auszeichnungen und Diplomen, von Belohnungen und Geldunterstützungen, ferner über besoldete Anstellungen im Dienste des Vereins und über Abfassung von besonderen Instructionen, so wie überhaupt über sämmtliche Verwaltungsmaassregeln u. s. w. entscheidet der Vorstand.

8. 41. Rechte und Pflichten der Mitglieder.

Jedes Mitglied des Vereins hat das Recht, nicht nur allen Versammlungen desselben, sondern auch den Sitzungen des Vorstandes beizuwohnen und Anträge an ihn zu richten, be- sitzt jedoch nur in den ersteren das Stimmrecht; es empfängt gratis ein Exemplar der vom Vereine ausgehenden Veröffent- lichungen, hat das Recht der Benutzung der Bibliothek und Sammlungen des Vereins, und ist befugt, in den Vereins- Versammlungen Vorträge zu halten, nachdem der Vorstand seine Zustimmung ertheilt hat. Jedes Mitglied kann, so weit es möglich ist an den vom Vereine ausgehenden Vertheilungen participiren. Zu diesem Zwecke hat es sich an den Vorstand zu wenden und den von demselben dafür festgesetzten Bestimmungen nachzukommen.

$. 42.

Jedes Mitglied hat ferner, nach Inhalt des Statuts der Societe Imperiale d’Acclimatation in Paris, das Recht, den Sitzungen und Versammlungen dieser Gesellschaft beizuwoh- nen und die derselben gehörigen Anlagen zu besuchen.

$. 43.

Ausserdem hat jedes Mitglied das Recht, Abänderungen oder Zusätze zu diesen Statuten zu beantragen, muss aber diese Anträge, die nur in der Generalversammlung durch Stimmenmehrheit aller anwesenden Mitglieder zum Beschluss erhoben werden können, mindestens 14 Tage vor dem Ter-

mine der Generalversammlung dem Vorstande schriftlich ein- 1861. Ba. IV. 2

18 reichen, widrigenfalls der Antrag in derselben nicht zur Sprache gebracht werden kann.

Endlich hat jedes Mitglied das Recht, in der Generalver- sammlung das Wort zu ergreifen, nachdem ihm solches be- willigt worden, oder in derselben, als der höchsten Instanz, eine Rüge, eine Klage, wenn es solche etwa gegen den Vor- stand, oder gegen ein Mitglied desselben zu haben glaubt, vorzubringen: es muss aber mindestens 14 Tage vor dem Ter- mine dieser Versammlung dem Vorstande hiervon Anzeige machen, damit derselbe zur Vertheidigung vorbereitet sei.

Ein jeder in den Generalversammlungen zur Besprechung gelangende Antrag der Mitglieder muss von mindestens zehn anwesenden Mitgliedern unterstützt werden.

$. 44. In dem möglichen Falle, dass der Verein sich auflöst, wird

in einer alsdann zu berufenden Generalversammlung über Vermögen und Habe desselben entschieden.

Amtlicher Theil.

m

Vereins-Verhandlungen. (Auszug aus den Protokollen.)

Vorstandssitzung am 19. Februar 1861 in Arnim’s Hötel.

Gegenwärtig sind die Herren: Bosselmann, Dr. Mül- ler, Platho, Raffauf, Schirrmacher, Dr. Spinola und Dr. Poselger.

Anfang der Sitzung 7% Uhr.

Auf Vorschlag des Hrn. Dr. Spinola wird Hr. Profes- sor Dr. Münter an der Universität zu Greifswald zum wirk- lichen Mitgliede aufgenommen und die Ausfertigung des Di- ploms angeordnet.

Dr. Poselger theilt mit, dass der General-Secretair des Königl. Landes-Oekonomie-Collegiums, Hr. von Sal- viati, den Wunsch geäussert habe, an einer unserer Vor- standssitzungen Theil zu nehmen, um sich von unserer ge- genwärtigen Thätigkeit zu unterrichten. Es ist deshalb im Namen des Vorstandes ein Einladungsschreiben zur heutigen Sitzung an Hrn. von Salviati erlassen worden, leider ist derselbe jedoch verhindert zu erscheinen und hat dies durch ein Schreiben angezeigt.

Es sind inzwischen diejenigen Vereinsmitglieder, welchen im vorigen Jahre Sämereien etc. zu Anbauversuchen über- geben worden waren und welche hierüber noch nicht be- richtet hatten, mittelst Circulars aufgefordert worden, die betreffenden Berichte einzusenden. In Folge dessen sind eine ziemliche Anzahl Berichte eingegangen, sehr viele sind je- doch noch rückständig, Unter den eingegangenen Be-

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richten finden sich viele, welche mit musterhafter Sorgfalt ausgearbeitet sind, doch fehlen auch solche nicht, welche nur sehr oberflächlich verfasst wurden, so dass ein Nutzen für Acclimatisationszwecke von ihnen kaum zu erwarten ist. An Berichten über Culturversuche mit Sämereien sind eingegangen von: dem Bütower ökonomischen Verein, Hrn. Hofgärtner Fintelmann, dem landwirthschaftlichen Verein zu Barten, Vereine zur Beförderung der Landwirthschaft in Königsberg, Hrn. Lehrer Schojan in Hasenholz, Gutsbesitzer Lenke in Heinrichsdorf, Prediger Strasburg in Buckow, dem landwirthschaftlichen Verein Züllichau -Schwiebu- ser Kreises, Hrn. Fr. Ehrhardt in Prettin, M. Kaufmann in Cöln, Rittergutsbesitzer Behrend in Berlin, dem Verein westpreussischer Landwirthe in Marien- werder, altmärkischen Vereine zu Stendal. An Berichten über die Zucht des Rieinus-Seidenspin- ners sind ferner eingegangen von: der Churfürstlich Hessischen Commission für landwirth- schaftliche Angelegenheiten zu Cassel, Hrn. Wullschlegel in Oftringen, Appellations - Gerichts- Kanzlisten Schlenzig in Altenburg, Hauptmann Voight in Freienwalde a. O., Cantor Benneker in Töttelstädt, Instrumentenmacher Lüer in Göttingen, Diaconus Stade in Heringen, General-Secretair Dr. John in Marienwerder, Lehrer Görke in Weichselburg. Es ist ferner eingegangen ein Schreiben des Hrn. Paul

SERIE IE.

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Friedheim hierselbst, worin er anzeigt, dass er beabsich- tige, einen Versuch im Grossen mit der Cultur des Bom- byx-Cynthia zu machen und deshalb zunächst auf seiner bei Trebbin gelegenen Maulbeerplantage eine grössere Anpflan- zung von Ailanthus glandulosa anzulegen. Er bittet daher um Samen dieses Baumes, welcher ihm freilich nur in klei- ner Quantität übersandt werden konnte; es ist ihm indes- sen zum Frühjahre mehr versprochen worden.

Die Churfürstlich Hessische Commission für landwirth- schaftliche Angelegenheiten in Cassel bittet um Uebersen- dung von Samen der Zizania aquatica. Diesem Wunsche konnte leider bis jetzt noch nicht entsprochen werden, .in- dem der längst bestellte Samen noch nicht eingetroffen ist.

Hr. Hofgärtner Fintelmann hat eine grosse Menge von Sämereien eingesandt und unserm Vereine zur Disposition überlassen, welche er aus norwegischen Samen erzogen hat, welche unser Verein ihm bereits spät im Jahre 1859 zuge- hen liess, Es ist Hrn. Fintelmann der Dank des Vorstan- des ausgesprochen worden und werden die Sämereien in die- sem Frühjahre mit zur Vertheilung kommen. Auch Ailan- thus-Samen hat Hr. Fintelmann zu liefern versprochen.

Vom Hrn. Kunst- und Handelsgärtner Krüger sind eine Anzahl Samenverzeichnisse eingegangen und bittet derselbe um Einsendung von italienischen Bienen.

Hr. Max Weidenbach in Südaustralien zeigt an, dass er in Anbetracht der ganz ungewöhnlichen Schwierigkeiten, welche eine Uebersendung des Ricinusspinners nach Austra- lien. gegenwärtig darbieten würde, auf dieselbe verzichten wolle bis zu dem Zeitpunkte, wo eine schnellere Verbin- dung dieses Welttheils mit Europa stattfinden wird. Er ist zugleich mit der Einsammlung von Sämereien und Knollen von solchen Gewächsen, die sich zu Acclimatisations-Ver- suchen in Europa eignen möchten, beschäftigt und verspricht dieselben seiner Zeit unserm Vorstande zu übersenden.

Hr. Robert Erdmann in Arad in Ungarn bittet um Ue- bersendung von Graines des Bombyx-Ricini,

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Dieselben werden ihm seiner Zeit zugesandt werden,

Von dem Vereine Westpreussischer Landwirthe in Ma- rienwerder und von Hrn. Kamphausen in Bendorf sind Berichte eingegangen über die von dem Aceclimatisations- Verein erhaltenen italienischen Bienenköniginnen. Diese Be- richte sind Herrn Ehrhardt nach Prettin zur Begutach- tung übersandt und von dort bereits wieder zurückgeliefert worden.*)

Von Hrn. Jos. Jac. Flatau ist ein Aufsatz über Hopfen- bau zur Veröffentlichung in unserer Zeitschrift eingereicht.*)

Eine Sendung neuer norwegischer Sämereien ist von Hrn. Dr. Schübler in Christiania durch Vermittelung des Hrn. Kort, Holtermann & Co. in Hamburg eingetroffen und wird in diesem Frühjahre zur Vertheilung kommen.

Es liegt nun noch ein Schreiben des Hrn. Dr. Behrend, Vorstandsmitglied des Central-Instituts für Acelimatisation, an Dr. Poselger vor, worin derselbe wünscht, dass vor- bereitende Schritte zu einer Vereinigung beider Vereine ge- schehen möchten. Er schlägt zu diesem Zwecke vor, eine Commission von je drei Mitgliedern der beiderseitigen Vor- stände zur gemeinsamen Vorberathung zu ernennen. Nach _ einer längern Discussion wird Hr. Dr. Poselger beauftragt, ihm zu antworten, dass der Ernennung einer solchen Com- mission von unserer Seite nichts entgegenstehen werde, doch müsse der Schatzmeister jedes Vereins ein Mitglied dersel- ben sein, um Auskunft über den Stand der Kasse geben zu können; die Sitzungen der Commission müssten auf neu- tralem Boden, etwa in Arnim’s Hötel stattfinden und es müsse dabei Protokoll geführt werden.

Hierauf berichtet Hr. Professor Dr. Müller über die Hefte 7—12 des zoologischen Gartens in Frankfurt a. M. und hebt besonders hervor, dass die Acclimatisation des kleinen Beutelthiers dort als gelungen zu betrachten sei, in-

*) Diese Berichte finden sich bereits im vorigen Jahrgange dieser Zeit- schrift abgedruckt.

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dem diese Thiere sich gut fortpflanzten. Ausserdem ist es sehr bemerkenswerth, dass es einer Dame gelungen ist, einen Kolibri im Vogelbauer zu ernähren.

Hr. Banquier Platho berichtet über den Zustand unse- rer Vereinskasse am |. Januar 1861 Folgendes.

Am 1. Januar 1860:

Bestand baar . . » 2... » 374 Thlr. 19 Sgr. 6 Pf. und 100 Thlr. Prämien - Anleihe = 112 Thlr., Jahresbeiträge von 47 Vereinen und 76 zah- lenden Mitgliedern & 4 Thlr. = 492 Thlr.; von diesen sind bereits eingegangen . ... 47 3,6, | Summa 792 Thlr. 13 Sgr. und 100 Thlr. in Prämien-An- leihe = 112 Thlr. Sämmtliche Ausgaben betrugen 393 Thlr. 10 Sgr.

so dass ein Bestand von . . 399 Thlr. 3.Sgr. baar und 100 Thlr. in Prämien- Anleihe am 1. Januar 1861 verblieb,

Dr. Poselger theilt demnächst mit, dass wenngleich auch bis jetzt die amerikanischen Sämereien, sowie die aus Moskau erwarteten noch nicht eingegangen seien, so werde doch die Samenvertheilung an die Vereinsmitglieder in die- sem Jahre reichlich ausfallen, und werde daran bereits mit grossem Eifer gearbeitet, so dass die Vertheilung etwa Mitte März würde stattfinden können, Ebenso ist sämmtliches Ma- terial für die letzten 6 Hefte unserer Zeitschrift pro 1860 bereits vollständig vorhanden und wird der Druck bald voll- endet sein,

Von Hrn. Ernst Kaufmann in Paris ist ein Schreiben eingegangen und hat derselbe zugleich ein Manuscript in französischer Sprache für die Zeitschrift übersandt.

Für die Vereins-Bibliothek sind folgende Sachen ein- gegangen:

\) Bulletin de la Societs d’acclimatation Decembre 1860,

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2) Grundgesetz der deutschen Ackerbau -Gesellschaft,

3) Landwirthschaftliche Jahrbücher aus Ostpreussen, Oc- tober-, November - und Dezember -Heft 1860.

Schluss der Sitzung 9% Uhr.

Vorstandssitzung am 16. April 1861 in Arnim’s Hötel.

Gegenwärtig sind die Herren Vorstandsmitglieder, mit Ausnahme der Herren: Intendantur-Rath Raffauf, Schirr- macher und Professor Dr. Müller, welcher inzwischen sei- nen Wohnsitz nach Königsberg i. Pr. verlegt hat.

Eröffnung der Sitzung 7% Uhr.

Hr. Kaufmann Hartwig, welcher bereits früher zum Eintritt in den Vorstand vorgeschlagen worden war, wird heute zum Vorstandsmitgliede erwählt und als solches ein- geführt. +

Hr. Professor Dr. Müller hatte brieflich den Hrn. Dr. med. Heyer, Louisenplatz Nr. 6 hierselbst, zum wirklichen Mitgliede des Acclimatisations-Vereins vorgeschlagen. Es findet die Wahl desselben statt und wird die Ausfertigung und Uebersendung des betreffenden Diploms beschlossen.

Dagegen zeigt der Vorstand der Local-Abtheilung Cre- feld des landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen seine Verzichtleistung auf die fernere Mitgliedschaft des Ver- eins an und remittirt die übersandten Sämereien, sowie die Hefte 7—12 der Zeitschrift pro 1860.

Dr. Poselger theilt sodann mit, dass die Unterhand- lungen mit Hrn. Dr. Behrend wegen Vereinigung beider Acclimatisations-Vereine von Hrn. Behrend selbst abge- brochen worden sind. Da jedoch eine Vereinigung beider hier bestehenden Acclimatisations-Vereine für die gemein- nützigen Zwecke, welche dieselben verfolgen, nur als höchst förderlich und wünschenswerth betrachtet werden kann, so glaubte Dr. Poselger den Versuch machen zu müssen, ob sich vielleicht auf anderm Wege ein Resultat erreichen lasse.

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Er hat deshalb in Gemeinschaft mit dem Vorsitzenden des Central-Instituts, Herrn Stadtgerichts-Rath Borchardt, eine Anzahl Punkte berathen und festgestellt, unter denen eine Vereinigung möglich erscheinen dürfte. Das Protokoll über diese Verhandlung liegt vor und wird schliesslich von sämmtlichen Anwesenden in allen seinen Punkten gebilligt und unterschrieben. Eine lebhafte Debatte wurde nur durch den nicht ganz günstigen Stand der Kasse des Central-In- stituts hervorgerufen. Die Veröffentlichung des vorgedachten Protokolls wurde vorbehalten.

Hr. Dr. Spinola theilt demnächst mit, dass Hr. Pro- fessor Dr. Münter in Greifswald um Mittheilung aller dem Vereine zugehenden Culturgegenstände für den botanischen Garten und das zoologische Museum bittet.

Es sind eine Anzahl Schreiben eingegangen:

1) Vom Herrn General-Consul König in Alexandrien, worin er über die in dortiger Gegend vorhandenen Esel Be- richt erstattet. Hiernach sind dieselben sehr ausdauernd und munter, und messen von der Höhe des Widerristes bis zur Spitze des Vorderfusses etwa 4 Fuss rheinländisch; doch sind gute Race-Esel nicht unter 200 250 Thlr. zu haben. Der Seetransport von Alexandrien nach Triest kostet auf dem Lloyd-Dampfboote für jedes Thier 10 & St.

Hr. König verspricht gelegentlich unserm Vereine Sä- mereien zu übersenden, welche sich zu Acclimatisations- Versuchen eignen dürften.

2) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins zu Goldberg übersendet ein Heft der Vereinsarbeiten pro 1860 und zwei Berichte über vorjährige Culturversuche aus Hoh- berg und Laasnig.

3) Hr. Rittergutsbesitzer Schulz auf Nickern sendet Be- richte über Culturversuche in den Jahren 1859 und 1860; zu gleicher Zeit macht er die interessante Mittheilung, dass er bereits seit mehreren Jahren vielfache Versuche mit einer Menge Ichneumonen-Arten (Schlupfwespen) angestellt habe, namentlich habe er dieselben durch mehrere Generationen hin-

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durch erzogen und beobachtet. Er fragt nun bei dem Vor- stande an, ob dergleichen Versuche wohl wissenschaftlichen Werth haben möchten und ob sie fortzusetzen seien oder nicht? Obwohl der Vorstand der Ansicht ist, dass derartige Versu- che ein hohes Interesse gewähren und wohl bis jetzt nur sehr unvollkommen angestellt worden seien, so sieht er sich doch bei der so grossen Schwierigkeit des Themas ausser Stande, darüber ein Urtheil abzugeben, zumal sich in unserm Ver- eine kein mit dem Gegenstande ausreichend vertrauter En- tomologe. befindet. Es soll deshalb an Hrn. Schulz der Rath ertheilt werden, sich an den Hrn. Prof. Dr. Ratze- burg in Neustadt E.W. zu wenden,

4) Von den Herren Vilmorin, Andrieux & Co. in Pa- ris sind Samenverzeichnisse überreicht, von denen jedoch für dies. Jahr kein Gebrauch zu machen war.

5) Vom Hrn. Hofgärtner Fintelmann ist eine Menge Ailanthus-Samen bereitwilligst übersandt worden,

6) Hr. Paul A. H. Friedheim theilt mit, dass er noch immer keine Nachricht über den Ausfall der ‚Spinnversuche mit den Ricinus-Cocons erhalten habe. Er verspricht in- dessen, noch einmal an die Spinnerei zu schreiben und auf Erledigung dieser Angelegenheit zu dringen.

7) Hr. Freiherr von Hilgers in Coblenz übersendet im Namen der Section für Seidenzucht im landwirthschaftlichen Vereine für Rheinpreussen das Vereinsblatt des Westphä- lisch-Rheinischen Vereins für Bienenzucht und Seidenbau, welches eine Abhandlung‘ des Hrn. Kamphausen in Ben- dorf über die Krankheiten der Seidenraupen enthält.

Zugleich bittet Hr. von Hilgers um Uebersendung von Graines des echten Bombyx-Cynthia.

Der Vorstand hat Hoffnung, in den Besitz derselben noch im Laufe dieses Sommers zu gelangen und wird dem aus- gesprochenen Wunsche sodann gern nachkommen,

8) Die Ostpreussische landwirthschaftliche Central-Stelle zu Königsberg hat dem Vorstande 3 Pfd. graue Erbsen über- sandt.

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9) Hr. Luis del Castillo y Trigueros zeigt in einem Schreiben an Hrn. E. Kaufmann den Tod des Hrn. Gas- par Maria de Soliveres, Ehrenmitglied des Acclimatisa- tions-Vereins, an und schlägt an Stelle desselben den Sohn des Verstorbenen, Gaspar Castor de Soliveres, Officier de la chambre du Pape, Chanoine dignite de Chantre de la Cathedrale d’Oreuse,

zum Ehrenmitgliede des Vereins vor.

10) Hr. Rittergutsbesitzer Koppe auf Liebenfelde über- reicht einen Bericht über vorjährige Culturversuche Zu- gleich macht derselbe auf die jetzt in Frankreich vielfach em- pfohlene rothe Weide (saule rouge) aufmerksam und wünscht durch Vermittelung des Vereins Stecklinge derselben zu er- halten.

Unser Vorstand hatte bereits eine Anzahl Exemplare die- ser Weide bei Hrn. Thierry in Paris bestellt und erhielt auch bald darauf die Nachricht, dass dieselben mittelst Eil- fracht abgesandt seien. Durch Umstände, deren Ermitte- lung bis jetzt noch nicht gelungen ist, ist jedoch diese Sen- dung leider nicht in die Hände unseres Vorstandes gelangt und konnte deshalb zu unserm allergrössten Bedauern der Wunsch des Hrn. Koppe nicht befriedigt werden.

11) Ein Schreiben von Hrn. Hofgärtner Fintelmann, worin derselbe mittheilt, dass es ihm jetzt nicht gut län- ger möglich sei, die Rieinus-Seidenzucht weiter fortzusetzen, indem seine Zeit so vielfach anderweitig in Anspruch ge- nommen werde.

Es wird beschlossen, dem Hrn. Hofgärtner Fintelmann den lebhaftesten Dank des Vorstandes auszusprechen, für den so bedeutenden Aufwand an Zeit und Mühe, welchen er bis jetzt diesem Gegenstande gewidmet hat, und wo- durch allein es möglich wurde, die Resultate zu erzielen, welche bis jetzt erlangt sind. Zugleich aber wird der Vor- stand nun ernstliche Schritte thun, um Hrn. Fintelmann noch im Laufe dieses Sommers von der so bereitwillig über-

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nommenen grossen Last zu befreien und die Rieinus- Sei- denzucht in andere Hände zu legen.

12) Ein Schreiben des Hrn. Robert Erdmann zu Arad, worin er für die ihm übersandten Sämereien dankt, zugleich aber anzeigt, dass die ihm übersandten Vereins- Statuten, sowie die Abhandlung des Hrn. Fintelmann über den Ri- cinus-Seidenspinner nicht eingegangen seien, Er erbietet sich, unserm Vereine zu Acclimatisations-Versuchen geeig- nete ungarische Sämereien, namentlich eine sehr empfeh- lenswerthe Art von Nudel-Kürbissen zu übersenden.

Dies Anerbieten wird mit grossem Danke entgegenge- nommen, zugleich aber bedauert, den Wunsch des Herrn Erdmann um Uebersendung von Samen der einjährigen Baumwollenstaude nicht erfüllen zu können, da dieser Same hier nirgends zu haben ist. Wir werden indessen etwas da- von aus Amerika kommen lassen.

13) Hr. Ed. Oppenheim in Cöln spricht in einem Schrei- ben seinen Dank für die ihm übersandten Sämereien aus.

14) Der Vorstand des Zweig-Vereins der Pommerschen ökonomischen Gesellschaft in Stolp sendet einen Bericht über die vorjährigen Culturversuche und bittet um erneute Ueber- sendung von keimfähigem Samen der Zizania aquatica.

Leider kann dieser Wunsch noch nicht befriedigt wer- den, da der im vorigen Sommer von unserm Vorstande bei Hrn. Consul Kühne in New-York bestellte Samen aus’ uns bis jetzt unbekannten Gründen nicht eingetroffen ist.

15) Ein Schreiben des Hrn. Geheimen Medicinal- Raths Dr, Göppert in Breslau, worin er anzeigt, dass die für unsern Verein bestimmten Norwegischen Sämereien im April vorigen Jahres bereits an Hrn. Dr. Buvry abgesandt wor- den seien.

Es wird ware dem Hrn. Geheimen Rath Göp- pert anzuzeigen, dass zu unserm grossen Bedauern diese Sämereien nicht in unsere Hände gelangt sind und dass Hr. Dr. Buvry nicht mehr Mitglied unseres Acclimatisa- tions-Vereins ist.

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16) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins für das Fürstenthum Halberstadt und die Grafschaft Wernige- rode sendet einen Bericht über die Resultate der im vori- gen Jahre angestellten Culturversuche, welchem zugleich Proben der erzielten Sämereien beigefügt sind.

Hiernächst theilt Hr. Dr. Poselger mit, dass die dies- jährige Vertheilung der Sämereien nun vollständig beendigt und diesmal ziemlich reichlich ausgefallen sei, wenn wir auch das Nichteingehen mancher Sendungen, namentlich aus Nordamerika zu bedauern hatten. Das über die statt- gehabte Vertheilung angefertigte und trotz seines grossen Umfangs recht übersichtliche Verzeichniss liegt vor und fin- det allgemeinen Beifall.

Für die Bibliothek sind eingegangen:

Complement du Systeme Mitifiot pour regenerer et con- server la race des vers & soie. und sehr viele, namentlich französische Samen -Verzeich-

nisse, Schluss der Sitzung 9% Uhr.

Vorstandssitzung am 4. Juni 1861 in Arnim’s Hötel.

Von den, Vorstandsmitgliedern hatten sich eingefunden die Herren: Bosselmann, Hartwig, Platho, Intendan- tur-Rath Raffauf, Schirrmacher und Dr. Poselger.

Eingeladen war ausserdem der Hr. Dr. med. Heyer, welcher die Versammlung mit seiner Gegenwart beehrte. Eröffnung der Sitzung‘ 8 Uhr.

Nach Verlesung des Protokolls der vorigen Sitzung theilt Hr. Dr. Poselger mit, dass ihm bereits am 17. April ein Schreiben des Vorsitzenden des Central- Instituts für Aceli- matisation, Hrn. Stadtgerichts-Rath Borchardt, zugegan- gen sei, mit der Anzeige, dass die Propositionen zur Ver- einigung beider hier bestehenden Acclimatisations-Vereine in dem Vorstande des Central-Instituts nicht angenommen

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worden seien und dass derselbe bei seinem früheren Vor- schlage, die Fusionsangelegenheit in einer von beiden Thei- len zu erwählenden Commission zur Berathung zu bringen, verblieben sei.

Unser Vorstand hatte sich bereits in seiner Sitzung vom 19. Februar zur Ernennung einer solchen Commission unter gewissen Bedingungen bereit erklärt, doch waren hierauf die Unterhandlungen vom Hrn. Dr. Behrend (Bevollmäch- tigten des Oentral-Instituts) abgebrochen worden.*) Die von dem Hrn. Stadtgerichts- Rath Borchardt und dem Re- ferenten gemeinschaftlich entworfenen Propositionen liegen nochmals dem heute versammelten Vorstande vor. Nach reiflicher Prüfung ist derselbe einstimmig der Ansicht, dass obwohl das Scheitern der bezüglichen Verhandlungen im In- teresse der Sache lebhaft zu bedauern sei, doch von unse- rer Seite füglich keine weiteren Schritte geschehen könnten.

Es sind folgende Schreiben eingegangen:

1) Von der Haupt-Verwaltung des Vereins Wespreussi- scher Landwirthe zu Marienwerder, worin für die übersand- ten Sämereien gedankt wird.

2) Vom Hrn. Lehrer Schojan in Hasenholz wegen sei- nes Mitglied -Beitrages pro 1861.

3) Vom Hrn. Hofgärtner Fintelmann mit der Anzeige, dass er hoffe, Mitte Juni Graines von Bombyx-Ricini ab- geben zu können.

4) Vom Hrn. Consul Wortmann in Gibraltar, welcher für die übersandte Zeitschrift dankt und mittheilt, dass seine Erkundigungen in Betreff des Transports spanischer Esel mittelst Dampfboots von Gibraltar nach Rotterdam er- geben haben, dass pro Thier 40— 50 Dollars gefordert wür- den und dass die erheblichen Kosten für einen Wärter hin- zutreten würden.

Eine Assecuranz der Thiere ferner würde nicht in Spa-

*) Vgl. 8.24.

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nien, sondern in Deutschland bewirkt werden müssen und der Gefahr wegen die Prämie nicht unbedeutend sein.

5) Vom Hrn. Robert Erdmann in Arad, worin der- selbe um weitere Aufklärungen in Bezug auf die Zucht von Bombyx -Rieini bittet. Zugleich sendet er einige Körner einer vortrefflichen Gattung Kürbis ein, deren Fleisch durch gelindes Kochen in die feinsten Nudeln ohne Ende zerfallen ‚soll, welche dann mit Sauerteig gesäuert und mit Rahm eingebrannt eine köstliche Speise abgeben.

Diese Körner sind Hrn. Fintelmann übergeben, wel- cher sie anzubauen übernommen hat.

Hr. Dr. Heyer bemerkt hierzu, dass auch gewöhnliche Speisekürbis, ähnlich wie Gurken, in saure Gährung ver- setzt werden könnten und dann ein Gemüse lieferten, das an manchen Orten sehr beliebt sei.

6) Vom Hrn. Lehrer Wullschlegel in Oftringen, wel- cher die erfreuliche Mittheilung macht, dass ihm die Ue-. berwinterung der Puppen von Bombyx-Ricini vollständig ge- lungen sei. Cocons vom September v. Js. lieferten in der ersten Woche des Monats Mai, also nach mehr als Tmonat- licher Puppenruhe, schöne kräftige Schmetterlinge, deren Eiern die Räupchen bereits am 16. und 17. Mai entschlüpf- ten, wobei nur etwa 7 pCt. von den Chrysaliden zu Grunde gegangen waren. Er spricht die sehr wahrscheinliche An- sicht aus, dass ihm die Ueberwinterung bisher wohl nur deshalb unvollständig gelungen sei, weil die Cocons in frü- heren Jahren bisweilen zu starker Kälte ausgesetzt gewesen sein möchten.

7) Vom Hrn. Professor Dr. Willkomm in Tharant, mit einem Packet spanischer Sämereien, in 12 Getreidearten und 5 Maissorten bestehend. Es liegen dieselben den Herren Vor- standsmitgliedern zur Ansicht vor und finden namentlich die grossen schönen Maiskolben allgemeinen Beifall.

Bei der bereits zu weit vorgerückten Jahreszeit ist nun zwar an ein Reifwerden der Maissorten nicht mehr zu den-

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ken und werden die Anbauversuche daher erst im nächsten Jahre stattfinden.

Hrn. Professor Willkomm ist der Dank des Vorstan- des für die freundliche Uebersendung bereits ausgesprochen worden,

8) Vom Hrn. Oekonomie-Besitzer Eduard Karl in Jung- fern-Brezan bei Prag, worin derselbe um Uebersendung von Graines des Bombyx-Ricini und des Ailanthus-Spinners bittet.

Dem Gesuche wird möglichst entsprochen werden.

9) Vom Hrn, Kunst- und Handelsgärtner Krüger in Lübbenau, worin derselbe für die Uebersendung der Säme- reien aus Frankreich dankt.

10) Zwei Schreiben des Hrn. Ernst Kaufmann aus Mar- tigny ies Lamarche, mit welchen derselbe ein Manuscript für die Zeitschrift und Graines des Ailanthus-Spinners über- sendet. Da die letzteren nur in geringer Quantität vorhan- den waren, wurden sie sogleich an Hrn. Fintelmann zur Vermehrung übergeben und konnten sonach die übrigen un- serer Mitglieder, welche dergleichen zu erhalten wünschten, einstweilen noch nicht berücksichtigt werden.

In Folge einer Aufforderung des Hrn. Regierungs-Raths von Schreeb ist dem naturwissenschaftlichen Vereine zu Halle noch eine Anzahl Sämereien nachgeliefert worden.

Ebenso hat Hr. Professor Dr. Münter in Greifswald Proben von allen noch vorhandenen Sämereien zugesandt erhalten.

Hiernächst wird von Hrn. Dr. Poselger die Angelegen- heit in Betreff der Weiterzüchtung des Bombyx-Ricini er- neuert zur Sprache gebracht.

Hr. Hofgärtner Fintelmann hat sich bekanntlich seit mehreren Jahren mit unermüdlicher Thätigkeit und Sorgfalt der Zucht und Pflege dieses Seidenspinners unterzogen und hat namentlich unsern Vorstand alljährlich mit frischen Graines versehen, wodurch allein die regelmässige Verthei- lung derselben an die Mitglieder ermöglicht wurde. Die

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grossen Verdienste, welche Hr. Fintelmann sich um die Zucht und Verbreitung dieses Spinners erworben hat, kön- nen nicht hoch genug angeschlagen werden und wurde ihm häufig der lebhafteste Dank des Vorstandes ausgesprochen für den so bedeutenden Aufwand von Zeit und Mühe, wel- che er diesem Gegenstande stets mit grösster Bereitwillig- keit, ja mit Opfern aller Art gewidmet hat. Die überhäuf- ten Berufsgeschäfte des Hrn. Fintelmann nun einestheils, dann aber der Umstand, dass derselbe sich eben jetzt, und zwar lediglich wieder aus ganz besonderem Interesse für die Sache, auch zur Uebernahme der Zucht des Bombyx - Ai- lanthi bereit erklärt hat, mussten es dem Vorstande wün- schenswerth erscheinen lassen, dem Hrn. Fintelmann end- lich eine Erleichterung zu verschaffen und wo möglich die Weiterzüchtung des Ricinus-Spinners einem anderen tüch- tigen Züchter anzuvertrauen,

Der Hr. Hauptmann und Besitzer des Alexandrinenbades Voight in Freienwalde, welcher im vorigen Jahre schon das grösste Interesse für diese Zucht an den Tag gelegt hat, hat sich auf den Wunsch des Vorstandes nun auch bereit erklärt, sich versuchsweise der Weiterzüchtung des in Rede stehenden Spinners zu unterziehen und die Sorge für den Verein zu übernehmen. Derselbe ist mit frischen Graines bereits versehen und ist daher zu hoffen, dass ein Stillstand der Zucht dieses Spinners nicht eintreten wird.

Hr. Dr. Poselger macht sodann die Mittheilung, dass am 27. v. Mts. sich der Hr. Regierunge-Rath von Schreeb ihm vorgestellt habe. Derselbe ist Mitglied des naturwis- senschaftlichen Vereins zu Halle und interessirt sich sehr lebhaft für die Verbesserung unserer Ziegen- und Eselzucht. Er hat den Wunsch ausgesprochen, dass unser Verein sich die Einführung guter Landziegen zur Aufgabe machen möge, indem diese bei richtiger Pflege und Behandlung den ärme- ren Landleuten eine vorzügliche Einnahmequelle gewähren würden. Er empfiehlt zu diesem Zweck: die Ziegen aus

Montd’or in der Nähe von Clermont und La Tour d’Auvergne 1861. BA. IV, 3

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zu beziehen, welche, wie er versichert, einen jährlichen Ertrag von 150 Francs geben. |

Hr. Regierungs-Rath von Schreeb ist ersucht worden, zunächst seine Erfahrungen über die Ziegenzucht in einem ausführlichen Aufsatz für unsere Zeitschrift niederzulegen, damit der Vorstand sich zuvörderst ein Urtheil über die- sen Gegenstand bilden könne, ehe er weitere Einleitun- gen treffe. !

Nach dieser Mittheilung treten die Herren Vorstands- mitglieder zusammen, um über den beabsichtigten Eintritt des Hrn. Dr. Heyer in den Vorstand abzustimmen. Das Resultat dieser Abstimmung ist die einstimmige Wahl des Hrn. Dr. Heyer, welcher sich auch zur Annahme der- selben gern bereit erklärt.

Schluss der Sitzung 9% Uhr.

Berichte über die Versuche mit den im Jahre 1859 und 1860 vertheilten Sämereien.

Wiederholten Aufforderungen ungeachtet, sind von vielen unserer geehrten Mitglieder, an welche wir Sämereien zur Anstellung von Culturversuchen übersandten, keine Berichte über die erzielten Resultate eingegangen. Es ist dies sehr zu bedauern, indem nur durch die Vergleichung möglichst . vielfacher, in den verschiedensten Gegenden angestellter Ver- suche sich ein richtiges Urtheil über den Werth oder Un- werth der verschiedenen Gewächse bilden lässt.

Indem wir unsere geehrten Mitglieder, welchen wir in diesem Frühjahr (1861) abermals Sämereien zugehen liessen, dringend ersuchen, uns recht sorgfältigen und ausführlichen Bericht über die Resultate der damit angestellten Cultur- versuche im Herbste zukommen zu lassen , lassen wir hier noch drei Berichte folgen, welche früher vertheilte Säme- reien behandeln. |

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T Nickern, den 28. Januar 1861.

Von den im Frühjahr 1859 erhaltenen Sämereien säete ich:

Amygdalulus pedunculata am 23. März in das Mist- beet und etwa acht Tage später auch in das freie Land. Zur Hälfte feilte ich den Samen an. An beiden Stellen gingen die Samen, an ersterer reichlich 2, im Lande reichlich die Hälfte davon auf, die Pflänzchen im Lande aber vergingen nach einigen Wochen wieder, wahrscheinlich weil der Bo- den etwas kalt und feucht war. Ein früheres Keimen der angefeilten Samen vor den unangefeilten hat nicht stattge- funden. Die weiter gewachsenen Mandelchen pflanzte ich später in Töpfe, in welchen sie noch stehen, und durch- winterte sie beide Winter im Orangeriehause. Sie zeigen, bis auf eine oder zwei Pflanzen, eine gesunde, doch lang- same und schwache Vegetation.- Ich denke daher einen Theil derselben im Frühjahr an einer warmen Stelle ins Land zu bringen und dort zu belassen, vielleicht entwickeln sie sich dann kräftiger.

Morus alba säete ich zu derselben Zeit in das Früh- beet und an einer warmen Stelle in das Land, doch ist an beiden Orten keine einzige Pflanze aufgegangen. Ich schob dies Anfangs auf den Samen, doch seit ich das günstige Resultat des Hrn. Diaconus Stade erfahren, vermuthe ich, dass der Samen wärmere Behandlung verlangt hätte.

Ricinus communis major und minor säete ich beide Frühjahre theils ins Mistbeet, theils in das freie Land, so- wohl mit angefeiltem als mit unverletztem Samen. In allen Fällen keimten und gediehen die Pflanzen vortreffllich, und bemerkte ich auch beim Ricinus keinen Unterschied zwi- schen der Zeit des Keimens der angefeilten wie der anderen Samen. Verwendung als Futter für Bombyx-Cynthia oder Ricini haben übrigens die Blätter nicht gefunden, da mir die Cultur dieser beiden Raupen hier nicht bekannt ist, ob-

wohl Bombyx-Mori in hiesiger Gegend mehrfach gehalten 3*

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wird. Im vorigen Jahre ist der Samen des Ricinus nicht zur Reife gelangt, der nassen und kalten Witterung wegen, welche die Blüthenstengel stets sehr bald nach dem Blühen abfaulen liess; für meinen Bedarf, der nur der Zierpflanze, resp. Samenerzeugung gilt, bin ich jedoch gedeckt und kann sogar noch ein wenig Samen abgeben.

Crataegus sanguinea, ebenfalls den 23. März 1859 ins Frühbeet und 8—14 Tage später ins Land gesäet, ist zu meinem Bedauern an keiner Stelle aufgegangen, auch nicht im Frühjahr 1860, bis wohin ich, da ich so gern Pflanzen davon gehabt hätte, die Aussaat nicht aus den Augen und aus der Pflege verlor. Ganz ebenso war es mit Prunus sibirica, mit der alleinigen Ausnahme, dass die- ser nur ins Land gesäet worden ist. Hierbei möchte ich mir die Bemerkung erlauben, dass es für das Keimen vie- ler Samen gewiss sehr förderlich sein würde, wenn diesel- ben bald möglichst nach ihrer Reife gesäet werden könnten, also, wenn thunlich, schon im Herbst vertheilt würden.

Eriosynaphe longifolia und Pyrethrum carneum, beide am 23. März 1859 ins Mistbeet gesäet, sind nicht auf- gegangen; da letzteres jedoch von Stendal aus als aufgegan- gen gemeldet worden, so ist es vielleicht von mir nicht warm genug behandelt worden.

Cicer arietinum ist sowohl im Blumentopf ins Mist- beet gestellt, am 23. März 1859, als in der zweiten April- woche ins freie Land gebracht, ziemlich zut aufgegangen; die Pflanzen in den Töpfen wurden später auch zu den an- deren gebracht. Beide Sorten besteckten sich sehr, blühten mässig und setzten Samen an, dessen Menge jedoch durch einige Regentage im September kurz vor seiner Reife sehr beeinträchtigt wurde, dass der meiste durch Verstocken um- kam und nur wenige Körner für die Aussaat von 1860 blie- ben. Diese entwickelten ebenfalls zweigreiche Pflanzen, die jedoch unter dem Einfluss des so ungünstigen Sommers keine reife Samen brachten. |

Lilium tenuifolium wurde am 23. März 1859 in das

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freie Mistbeet und in den Topf, den ich in das Mistbeet stellte, gesäet; an beiden Orten ging er ziemlich gut auf. Im September wurden beide Sorten Pflänzchen einzeln in kleine Töpfe versetzt und im Orangeriehause durchwintert, den vorigen Sommer wieder mit den Töpfen ins Freie ge- bracht und auch in diesem Winter im Hause durchwintert, im künftigen Winter jedoch denke ich mit einigen dieser Pflanzen den Versuch der Durchwinterung im Freien zu ma- chen. Bis jetzt haben sie in der Vegatationsperiode nicht mehr als 2—3 Blättchen gezeigt.

Larix dahurica säete ich in einen Topf, den ich in das warme Mistbeet stellte, am 23. März 1859, und in das freie Land ein paar Wochen später; an beiden Orten ging der Samen im Topf geringer, im Lande recht gut auf. Den Topf durchwinterte ich im Orangeriehause, die im Freien stehende Saat schützte ich durch eine leichte Bedeckung von Tannadelstreu. Im Frühjahr versetzte ich die Bäumchen in den Forstgarten, wo sie, ohne weitern Schutz, ein gesun- des, kräftiges Aussehn und durchschnittlich 2% Zoll Höhe ha- ben. Die Nadeln haben sie im Winter nicht abgeworfen.

Taback von Havanna, Schiras, Ohio u. Goundi wurden, bald möglichst nach Empfang der Samen, in das Mistbeet gesäet, später verpflanzt ete. etc, Sie lieferten sehr schöne Blätter, doch kam der gewonnene Taback nicht eigentlich in den Handel.

Die Samensendung von 1860 jedoch, Maryland und Goundy enthaltend, langte etwas später an, und schreibe ich es nur diesem Grunde zu, dass die Pflanzen klein und schwächlich blieben. Ueberhaupt ist der Tabacksbau für die Verhältnisse der hiesigen Gegend im Allgemeinen, wie der hiesigen Wirthschaft im Besonderen nicht geeignet, in- dem er zu viel Arbeitskraft und zu viel Dung consumirt.

Kerbelrübe und Cherophyllum Prescotti kamen, erstere nur in 2—3 Pflanzen, und letztere gar nicht zum Keimen, bei der Aussaat im März gleich nach ihrer An- kunft; doch baue ich mit vielem Erfolg, schon hinsichts des

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Wohlgeschmacks, die Kerbelrübe aus in vorhergehenden Jah- ren vom Verein erhaltenen Samen, den ich seiner Zeit am 8. Dezember säete.

Weberkarde bauete ich in grösserer Menge, indem ich sie theils ins Frühbeet, theils in das Land säete. Zur Verfütterung für die Seidenraupen gelangte sie nicht, und konnte ich daher nur einen Theil derselben zur rechten Zeit, d.h. im August und September verpflanzen, da ich nicht mehr Land disponibel hatte. Von diesen entwickelten zwar die meisten ihre Blüthenköpfe, doch blieben einige zurück. Frühjahr 1860, sobald das Land offen war, verpflanzte ich nun den grössten Theil der stehen gebliebenen Karden, in- dem ich zugleich auf der Aussaatstelle einzelne Pflanzen in der Entfernung, die dieselben beim Auspflanzen erhalten, zurückliess. Letztere blieben fast unverändert auf derselben Vegetationsstufe stehen, haben aber, wie auch alle ande- ren, gut durchwintert. Von den im Frühjahr verpflanzten haben nur wenige Fruchtstengel getrieben und Köpfe ge- bracht, und denke ich, dass diese nun in diesem Sommer zeitigen werden; die noch auf der ersten Stelle stehenden werde ich ebenfalls baldigst versetzen, ob sie aber in die- sem Sommer noch Frucht bringen werden, oder ob sie etwa ihre, ursprünglich zweijährige Lebensdauer gar in eine vier- jährige verwandeln, wie die andern es in eine dreijährige gethan haben, ist mir fraglich.

Grüne Sarepta-Melone hat bei gewöhnlicher Mist- beet - Melonen - Behandlung im Sommer 1859 gute wohl- schmeckende Früchte geliefert; im Sommer 1860 aber hat die unpassende Witterung die Reife aller angesetzten Früchte verhindert, während es mir gelang, von der gelben Sa- repta-Melone einige zur Reife zu bringen.

Taxus baccata wurde am 23. März 1859 ins kalte Mistbeet gesäet, es gingen nur 3 Pflanzen davon auf; die eine, mit krüppelhaften Samenblättern,, brachte diese nicht weiter zur Ausbildung, sondern ging nach einigen Tagen, die andern beiden nach einigen Wochen ein.

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Ulmus (sp. indefinita), an demselben Tage in das- selbe Beet gesäet, gingen 5 Pflanzen davon auf, welche ich später in Töpfe nahm und im Örangeriehause verwinterte. Im Frühjahr 1860 topfte ich sie im Forstgarten aus; dort gediehen sie sehr gut, blieben ohne allen Winterschutz und haben jetzt durchschnittlich eine Höhe von 2%—3 Fuss. Leider jedoch sind vor einiger Zeit vier dieser Ulmen von Hasen angefressen worden, die einzigen Pflanzen im gan- zen Garten, wo sie mit vielen Tausenden anderer Wald- bäume, als: Ulmen, Rüstern, Roth- und Weissbuchen, meh- rerer Sorten Eichen, ebenso Erlen, Pinus, Ahorne, Eschen, auch Crataegus und Rosen stehen.

Blumenkohlsamen ist mir leider und unbegreiflicher Weise abhanden gekommen.

Schwert-Buch-Bohne, den 3. Mai 1859 ins Land gebracht, zeigte sich in Ergiebigkeit sehr gut, ebenso in Geschmack; der Sommer 1860 sagte ihr jedoch, wie den meisten Bohnen, nicht zu, weshalb sie im Ertrag im vori- gen Jahre sehr zurückging, doch bin ich nicht von Art ge- kommen.

Busch-Brech-Bohne, um dieselbe Zeit gelegt, war auch ihre Ergiebigkeit gut; durch eine Krankheit in der Zeit der Samenernte sind mir leider die reifen Bohnen un- ter andere gemischt worden, und habe ich sie auch 1860, ebenfalls durch Krankheit indirect verhindert, nicht wieder herausfinden können.

Buchsbaum - Zuckererbse hat sich vortrefflich be- währt, sowohl in Ertrag als Geschmack, und baute ich sie auch 1860 mit Freuden,

Auch die niedrige Pahl-Erbse hat sich gut im Zutra- gen und Gedeihen bewährt; Hinsichts des Samengewinnes ist es mir zu meinem grössten Bedauern leider wie mit der Busch-Brech-Bohne gegangen.

Dasselbe gilt leider auch von der grünen Schlangen- Gurke, deren Ertrag und Geschmack ebenfalls nur rüh- menswerth wären.

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Die grosse grünköpfige Futtermöhre, allerdings auf zwei verschiedene, sehr ausgeruhte, aber sandige Stel- len gebracht, sind nicht zu hervorstehender Grösse gelangt, und aus vorgenannten Ursachen der Same leider verloren gegangen. Auf einem Stück guten Bodens wurden sie aller- dings grösser, doch erreichten sie immer die „Riesenmohr- rübe“ nicht an Grösse nnd Ertrag.

Von den Frühjahr 1860 erhaltenen Sämereien säete ich:

Ailanthus glandulosa sowohl ins temperirte Mist- beet, als auch ins freie Land am 18. April 1860; an bei- den Orten ging fast jedes Korn auf, doch standen die ins Land in ziemlich trockenen, sandigen, aber in hoher Cultur stehenden Boden gebrachten Pflanzen etwas weniger kräftig, als die aus dem Mistbeet an eben solche Stelle gepflanzten. Zum Winter habe ich die Pflanzen an beiden Stellen be- deckt und nur einige Exemplare frei stehen lassen. Die Höhe der Sämlinge ist jetzt 14— 2 Fuss, von den im Früh- beet gezogenen erreichen einige auch wohl 2% Fuss, doch sind leider bei allen bedeckt und unbedeckt gewesenen die Spitzen (sie sind bis jetzt ganz zweiglos) abgestorben.

Sorghum saccharatum und Imphy gediehen beide, jedes auf drei verschiedene Orte gebracht, vortrefflich. Die ins kalte Frühbeet gesäeten und ausgepflanzten Exemplare wurden bald von den im Freien ausgesäeten eingeholt. 8. sacchar. erreichte eine Höhe von 8 Fuss 9 Zoll bis 9 Fuss, blühte sehr reichlich, aber ungeachtet aller Mühe, die ich anwendete, z. B. auch durch geschützten Standort, gelang es mir doch nicht, den Samen vollständig ausgebildet zu erhalten; er blieb weich, und das künstliche Trocknen des- selben durch Ofenwärme liess ich unversucht. 8. Imphy erreichte, bei breiteren Blättern als S. sacch., eine Höhe von 4—Fuss, zeigte aber keine Blüthen. Beide Arten liess ich stehen, bis der Frost sie. zerstörte, d. h. in einzelnen Exemplaren. Gesäet waren sie den 18. April 1860.

Erbse des Ueberflusses hat sich vortrefflich bewährt.

Grüne niedrige Pahlerbse aus Canada nicht in

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=>

dem Maasse; leider ist: mir der Samen während meiner, durch meine. Krankheit hervorgerufenen Abwesenheit ver- mischt worden, was ich wegen der erstgenannten Sorte ganz besonders bedauere.

Oelbohne aus China, am 18. April 1860 ins Früh- beet gesäet, ging gut auf, und verpflanzte ich sie später an einer geschützten Stelle ins freie Land; sie blühte dort ziemlich reichlich und setzte Schoten an, die jedoch nur eine Länge von circa 1%—2 Zoll erreichten und 2 Bohnen enthielten. Der Samen, den ich davon genommen, wird, glaube ich, keimfähig sein. Wenn auch ein anderes Jahr, als das vorige den Bohnen notorisch ungünstige, den Ertrag derselben erhöhen würde, so dürfte doch die Kleinheit der Schoten, welche mir überdies in keiner Wachsthumsperiode zart erschienen, immer ein Uebelstand für ihre Cultur sein.

Chinesischer Riesenhanf, an demselben Tage ge- säet, erreichte eine Höhe von reichlich 7 Fuss und brachte reichlich Frucht, so dass die Cultur desselben nur Freude gewährte.

Cottagers Kale, im Mistbeet ausgesäet, gedieh sehr gut; Samen hoffe ich in diesem Jahre zu gewinnen.

Chinesische Gurke säete ich. den 18. April 1860 in das Frühbeet und später ins freie Land. An letzterem Orte gedieh sie, in Berücksichtigung der Witterung, gut, doch verfaulten alle Samenfrüchte. Von ersteren versetzte ich einige in Töpfe, wo sie jedoch bald so gänzlich in ihrer Entwickelung stehen blieben, dass ich sie ins Land aus- topfte; doch auch hier vegetirten sie nur kümmerlich. An- dere brachte ich auf ein abgetriebenes Mistbeet, wo sie sich ziemlich entwickelten; am besten, und zwar recht gut, ge- diehen diejenigen, die ich gleich ins freie Land pflanzte: Von diesen gelang es mir auch, eine Samenfrucht so lange zu erhalten, dass ich hoffe, der Samen wird durch Nach- trocknen mit Hülfe der Sonne seine Keimfähigkeit erlangt haben. hi

Spergula maxima, am 18. April 1860 ins Land ge-

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bracht, ging nicht gut auf, und war der Ertrag daher so gering, dass kein Samen davon gewonnen ist, während doch schon seit einer Reihe von Jahren diese Pflanze hier mit vieler Vorliebe cultivirt wurde.

Spelt und florentinischer Sommerweizen aus Norwegen wurden an demselben Tage gesäet, und ob- gleich sie aus Mangel an anderem disponiblen Lande in Bo- den ohne alle Bindung, dem nur durch Feststampfen etwas zu Hülfe gekommen war, hatten gebracht werden müssen, so gediehen doch beide sehr gut, und denke ich beide Cul- turen fortzusetzen.

| (gez.) E. Schulz.

2. | Halberstadt,.den 1. April 1861.

Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins für das Fürstenthum Halberstadt und die Grafschaft Wernigerode übersendet folgenden Bericht:

Von den mir gütigst übersandten Sämereien des verehr- lichen Acclimatisations-Vereins wurden hier im Garten ge- baut und mit Fleiss und Sorgfalt gezogen:

1) Stangenbohnen aus Carracas, gelbe, weisse und schwarze unter einander. Alle drei Sorten sind als Stan- genbohnen vorzüglich zu empfehlen. Ihre Eigenschaften sind bei den drei Sorten dieselbe. Die Schoten derselben errei- chen eine Länge von 7—8 und 9 Zoll, sind sehr fleischig und volltragend, der bekannten Riesenzuckerstangen-Bohne sehr ähnlich. Es wurden von dieser Bohnen-Sorte am 21. Mai 30 Stück grüne Bohnen vom Mistbeete ausgepflanzt und gaben an trockenen Bohnen einen Ertrag von 2300 Stück. Eine Probe des gewonnenen Samens erfolgt anbei unter Nr. 1.

2) Gelbe Stangenbohne vom Bodensee ist zum Es- sen der grünen Schoten nicht so empfehlenswerth wie die vorige aus Carracas. Die Schoten wurden nur 5 Zoll lang, waren zähe und nicht so fleischig. Es wurden davon am

43 21. Mai 16 Stück grüne vom Mistbeete ausgepflanzt und ga- ben an trockenen Bohnen nur einen Ertrag von 1100 Stück.

3) Nachträglich wurden uns vom verehrlichen Acclima- tisations-Vereine verschiedene schwedische buntfarbige Boh- nen ohne Namen gesandt, worunter einige Stangenbohnen, die aber nicht reif wurden, die übrigen waren Kreuz- oder Buschbohnen, diese hatten nur kurze unansehnliche Schoten und Bohnen und gaben wenig Ertrag.

4) Mumien-Erbse. Dieselbe ist sehr empfehlenswerth. Es wurden zum Versuche 53 Stück am 17. April in unge- düngten Boden gelegt. Sie wurden in diesem Jahre 2 Fuss hoch, trugen sehr voll und hatten ansehnliche Schoten.

Obige 53 Stück gaben 1550 Stück trockene Erbsen und dürften sie besonders für den Landwirth, im Felde zu bauen, zu empfehlen sein; eine Probe der geernteten Erbsen erfolgt anbei unter Nr. 2,

5) Grüne Pahl-Erbse aus Canada ist ebenfalls eine gute Erbse. Die Schoten blieben länger grün als bei der Mumien-Erbse, sie ist daher mehr zum Kochen als grüne Frucht zu gebrauchen und nicht zum Trocknen zu empfeh- len. Dieselbe giebt auch keinen so hohen Ertrag als die Mumien-Erbse; von 80 Stück, in gleichem Boden wie die erste gepflanzt, wurden nur 1246 Erbsen geerntet.

6) Hymalay-Riesen-Erbse ist in ihrer Eigenschaft als Garten-Erbse zum Grünkoehen am meisten zu empfeh- len, die Schoten widerstehen am längsten der Sonne und lassen sich die grünen Erbsen noch weich kochen, wenn sie auch schon ganz dick sind. Die Ranken wurden 10 Fuss hoch. Von 80 Erbsen, welche ausgelegt, wurden 1200 Stück trockene Erbsen geerntet; eine Probe davon erfolgt anbei unter Nr. 3.

7) Bukowina-Mais wurde in diesem Jahre hier nicht reif, die Stauden erlangten eine Höhe von 3% Fuss.

8) Sorghum saccharatum wurde bis 7 Fuss hoch, doch der Same kam nicht zur Reife.

9) Ailanthus glandulosa, hiervon wurden am 17.

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April 362 Körner in Reihen ausgelegt. Einige Körner ka- men auf eine schattige Stelle im Garten, die übrigen beka- men einen Platz, wo sie den ganzen Sommer von der Sonne beschienen werden konnten. Doch wurden die Rillen, in die der Samen gelegt war, bis zum Erscheinen der jungen Pflanzen mit Brettern bedekt und die jungen Pflanzen nur nach und nach an das Licht gewöhnt. Im Herbste waren letztere viel kräftiger, als die im Schatten gepflanzten, und erhielten wir von. 362 Samenkörnern 350 Pflanzen in der Höhe von 7—8 Zoll. |

10) Dioscorea japonica wurde in tiefgründigen Bo- den gepflanzt; ihre Ranken wurden bis 24 Fuss lang, doch hat sich die Knolle nicht sehr vermehrt, dieselbe soll im nächsten Jahre, in Stücke zerschnitten, wieder gepflanzt werden; die Blüthe ist ganz unscheinbar. |

1l) Cicer arietinum. Sämmtliche Pflanzen waren aufgegangen, wurden 2% Fuss hoch, blühten sehr voll und setzten sehr reichlich Schoten an, aber alle Körner in den Schoten wurden stockig und ist davon fast kein Samen wie- der gewonnen.

12) Morus alba wurde Mitte Mai ausgesäet und zwar ein Theil in das freie Land in gut gelockertem Boden, ein anderer Theil auf einen kalten Mistbeetkasten. Beide gin- gen gut auf, aber die in den Mitbeetkasten gesäeten Pflan- zen bekamen einen weit grösseren Vorzug im Wachsthum, wurden viel reicher an Wurzeln und noch circa 9 Zoll hoch, während die in das freie Land gesäeten Pflanzen nur 3 Zoll hoch wurden und wenig Wurzeln hatten.

13) Amerikanischer weissblühender Lein wurde Mitte Mai ausgesäet und bis 2% Fuss hoch, der Samen wurde reif, und erfolgt davon unter Nr. 4 eine Probe.

14) Chinesischer Riesenhanf wurde 7 Fuss hoch, lieferte in diesem Jahre jedoch keinen reifen Samen.

15) Radies von Madras wurde, da nur wenige Kör- ner vorhanden waren, Mitte Mai grün vom Mistbeete ausge- pflanzt. Die Stengel wurden bis 3% Fuss hoch, die Wurzel-

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blätter 9 Zoll bis 1 Fuss lang, die Wurzel erreichte 6 Zoll Länge bei einem geringen Durchmesser, allein die Samen- schoten wurden bis 4 Zoll lang; eine Probe des Samens er- folgt anbei unter Nr. 5.

16) Zizania aquatica kam nicht zum Keimen, ob- gleich es auf alle mögliche Weise versucht war, theils in Dünger, theils in stehendem, theils in fliessendem Wasser. Die meisten Körner waren taub und das Mehl darin sah grau aus.

17) Dipsacus fullonum. Die durchgewinterten sehr starken kräftigen Pflanzen wurden sämmtlich von Mäusen vernichtet, so dass sich über den Ertrag nichts sagen lässt. Indessen wächst hier eine mit gutem Gehäck für den Weber versehene Karde.

Mahndorf, den 12. Februar 1861.

(gez.) Herrmann Löbbecke.

3.

Warbelow bei Stolp, den 19. März 1861.

Die im Jahre 1860 an den Zweigverein für Stolp ge- sandten Sämereien hatten bei der kalten und nassen Witte- rung mit mancherlei Ungemach zu kämpfen und sind die Resultate durchaus ungünstiger als in gewöhnlichen Jahren.

Ailanthus glandulosa lässt sich durch Aussaat, aber noch schneller durch Wurzelausläufer älterer Bäume, wo diese bereits vorhanden, leicht vermehren und ist eine harte, un- sere strengsten Winter ohne alle Bedeckung vertragende Pflanze.

Bukowina-Mais ist bei der Kälte und Nässe nicht gediehen.

Sorghum saccharatum und glyeychylum gedieh nur in sehr geschützten Lagen auf gutem Gartenboden. Ue- berhaupt hat diese Pflanze, wie der Mais, an der so leicht zu eultivirenden und so geringe Ansprüche machenden Ser- radella grosse Concurrenz.

Erbsen erlangten nur eine sehr dürftige Reife.

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Bohnen erlangten nicht die Reife.

Riesenhanf gedieh auch in diesem Jahre und erreichte eine ausgezeichnete Grösse, so-dass er nebst im Garten: ge- zogenem Sorghum saccharatum und Riecinus auf der: Aus- stellung in Cöslin ehrende Anerkennung. fand.

Ricinus. Hiervon gilt, was vom Hanf. gesagt worden.

Radies von Madras. Die wenigen erhaltenen Samen- körner wurden zur Beziehung neuen Samens verwendet und ist dies, wenn auch nur in geringem Maasse, gelungen.

Cicer arietinum gedieh üppig, machte jedoch gar keinen Körneransatz.

Sommerweizen gab einen ziemlich lohnenden Ertrag.

Tabacke. So glänzend die Resultate der im Jahre 1859 cultivirten Tabackssorten waren, so gering sind sie im Jahre 1860 ausgefallen.

Zizania aquatica. Der Same war, wie bekannt, nicht keimfähig. Da jedoch die Gelegenheit zur Cultur hier sehr günstig, würde eine Zusendung von gutem keimfähigen Sa- men sehr erwünscht sein. |

Der Vorstand des Zweigvereins der pommerschen ökono- mischen Gesellschaft für Stolp ete. (gez.) von Homeyer.

Verzeichniss der im Frühjahre 1861 zur Vertheilung gekommenen Sämereien.”)

1) Mais & poulet rouge; 2) Mais praecox d’Auxonne; 3) Terzano-Mais; 4) Forty days-Mais; 5) gelber Kärnthener Mais. Sämmtliche Sorten sind frühreifend und gedeihen am besten auf gut gedüngtem, tief bearbeiteten Boden. 6) Nackte 6zeilige Gerste (Christiania); 7) nackte 2zeilige

*) Die beigefügten Culturmethoden hat Herr Kunstgärtner Gireaud die Güte gehabt anzugeben.

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Gerste (desgl.); 8) Schottische Annat-Gerste; 9) Reis-Gerste (Christiania); 10) Gerste von Alten in Finnmarken (desgl.); 11) Kamtschatka-Hafer (desgl.); 12) rother Sommer-Emmer (desgl.); 13) broneirte Hirse (desgl.); 14) rothe Hirse (desgl.); 15) braune Hirse (desgl.); 16) gelbe Hirse (desgl.); 17) graue Hirse (desgl.); 18) weisse Hirse (desgl.); 19) weisser Mohn (desgl.); 20) Erbse aus China; 21) Pahlerbse, Becks price Taker; 22) Englische Mammuth-Pahlerbse; 23) Kneifel- Erbse, Dunnelts first early; 24) Erbse des Ueberflusses; 25) Pois en ombrelle (Christiania); 26) Pahlerbse von Wash- ington; 27) grünkörnige Brockelerbse; 28) Early Rachel or Quail head bean (Christiania); 29) Early yellow six weeks bean (desgl.); 30) Phaseolus oblongus vinosus, Weinbohne (desgl.); 31) Phaseolus oblongus turcicus, Türkische Dat- telbohne (desgl.); 32) Phaseolus oblongus spadiceus, braune Dattelbohne (desgl.); 33) Phaseolus sphaericus pumilus nie- dere Sophien-Bohne (desgl.); 34) Phaseolus ellipticus car- neus, inkarnatfarbige Eierbohne (desgl.); 35) Harricot vul- gaire graine fasci& nain (desgl.); 36) Harricot renfle blanc nain (desgl.); 37) Ostfriesländische Buschbohne; 38) Stan- genbohne aus Algier; 39) grosse Heller-Linse. Alle diese Erbsen- und Bohnen-Sorten beanspruchen guten, wo mög- lich etwas lehmigen Boden.

40) Neue amerikanische Melone. Von dieser Melone wird behauptet, dass sie in unserm Klima im August im Freien zur Reife gelangen solle.

41) Grüne chinesische Gurke ist wie gewöhnliche Gurken im Garten zu bauen.

42) Maryland-, 43) Dntten-, 44) Goundi-, 45) Schiras-, 46) Ohio-, 47) La Guayra-, 48) Libanon-Tabacke. Die Tabackssorten sind auf Samenbeete auszusäen und auf gut gedüngtes Land in 1% Fuss Entfernung zu verpflanzen,

49) Anthyllis vulneraria, Tannenklee oder Sandklee, dient als Viehfutter und gedeiht selbst auf sehr leichtem sandigen Boden. Vor der Blüthe geschnitten, liefert er einen zweiten Schnitt.

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50) Pyrethrum carneum. Eine ausdauernde Pflanze, wel- che das Persische Insektenpulver liefert. Man säet es son- nig und feucht auf Samenbeete aus und verpflanzt es später in stark gemischten Gartenboden, an nicht zu sonnigen Or- ten, in Entfernungen von 1 Fuss aus:

51) Radies von Madras ist zu beliebigen verschiedenen Zeiten in guten Gartenboden oder auf Salatbeete, in Ent- fernungen von mindestens 2 Fuss, zu säen oder zu verpflan- zen. Die Pflanzen werden circa 3 Fuss hoch und müssen zeitig gegen die Vögel geschützt werden. Die Samenscho- ten erreichen eine bedeutende Länge und schmecken, recht jung, ähnlich wie Radieschen. On:

52) Dipsacus fullonum. Eine zweijährige: Pflanze , wel- che Mitte April auf Samenbeete auszusäen und im Juli oder August-auf nicht frisch gedüngten Boden in 2 Fuss Entfer- nung zu verpflanzen ist. Sie liefert Weberkarden.

53) Ricinus communis minor ist in warmes oder kaltes Mistbeet auszusäen und später in Entfernungen von 2 Fuss auszupflanzen. - Nahrhafter Boden, sonniger Standort und viel Wasser sind nöthig zum fröhlichen Gedeihen.

54) Ailanthus glandulosa ist in feucht zu haltende schat- tige Samenbeete auszusäen und die Pflänzchen später in ge- schützter Lage auszupflanzen und nicht zu trocken zu 'hal- ten. Er kann auch in warmer Lage auf lehmhaltigen Bo- den, möglichst schon im Herbst, ausgesäet werden. Die Samen gehen aber dann theilweise erst im zweiten Jahre auf. Dieser prächtige Baum verdiente wegen seines schnel- len Wachsthums und seiner grossen Schönheit häufiger an- gepflanzt zu werden. Sein Laub dient, wie das von Nr. 52 und Nr. 53, zur Fütterung der Seidenraupe Bombyx-Rieini.

55) Morus alba säet man erst im Mai, da die jungen Pflanzen sehr empfindlich gegen Kälte sind, und ist recht weitläuftige Saat zu empfehlen. Verpflanzt gedeiht der Maul- beerbaum in jedem Boden; am schönsten werden die im Halbschatten gezogenen, dann taugt aber ihr Laub nicht zur Seidenzucht.

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56) Taxodium distichum wächst nur an feuchten Stellen freudig, da wo Elsen gern wachsen. Die Samen säet man Ende April auf sehr feuchten Boden flach oben auf und be- deckt ihn mit Kieferreisern gegen die Sonne. Noch besser ist es, die Saat möglichstifrüh im Jahre in Schalen zu ma- chen, welche Untersätze bekommen, um sie stets nass er- halten zu können. Die jungen Pflanzen wachsen schneller heran, wenn man sie recht zeitig verpflanzt. Dieser Baum liefert sehr gutes Nutz- und Bauholz.

57) Fagus sylvatica purpurea, Blutbuche, Zierbaum. Man säet in schattigen Lagen auf guten kräftigen Boden. Unter den erzielten Sämlingen befinden sich stets nur we- nige Blutbuchen, die meisten sind wieder die gewöhnliche Fagus sylvatica.

58) Quercus coceinea; 59) Quercus macrocarpa; 60) Quer- cus rubra. Diese Eichenarten, sämmtlich Zierbäume, säet man so zeitig als möglich in eine trockene, aber nicht zu warme Lage.

Von den vorstehenden Sämereien, denen später noch einige andere hinzutreten, haben wir an alle diejenigen un- serer geehrten Mitglieder Zusendungen gemacht, von wel- chen uns bekannt war, dass sie solche Zusendungen wünsch- ten, oder von denen wir doch voraussetzen konnten, dass sie Gelegenheit haben würden, sich mit Culturversuchen zu beschäftigen. Diesen Sendungen war das vorstehend abge- druckte Verzeichniss beigefügt. Alle anderen unserer ge- ehrten Mitglieder, welche gleichfalls an den Vertheilungen von Sämereien Theil zu nehmen wünschen, ersuchen we uns mit ihren Wünschen bekannt zu machen.

Bei der grossen Anzahl verschiedener Sämereien, welche in jedem Frühjahr in unserm Vereine zur Vertheilung zu kommen pflegen, ist es natürlich nicht möglich und würde auch nicht zweckmässig sein, jedem Mitgliede von allen Sorten zu übersenden. Wir werden indessen stets sehr gern

1561. Bd. IV. 4

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bereit sein, jeden uns geäusserten Wunsch auch nachträg- lich noch, soweit nur immer möglich, zu berücksichtigen.

Der Vorstand.

Thierschau, Produkten- und Geräthe-Ausstellung des

landwirthschaftlichen Provinzialvereins für die Mark

Brandenburg und die Niederlausitz in dem Kroll- schen Etablissement in Berlin.

Die diesjährige Ausstellung des landwirthschaftlichen Pro- vinzialvereins für die Mark Brandenburg und die Nieder- lausitz bei Kroll zeichnete sich durch besondere Reichhal- tigkeit der Gegenstände aus. Da das Wetter die Ausstel- lung sehr begünstigte, war die Theilnahme des Publikums eine sehr rege. Bei dem Gefühl der Befriedigung, welches die überaus zahlreichen Besucher durchweg zu empfinden schienen, darf die Vermuthung berechtigt erscheinen, dass das Interesse für derartige Veranschaulichungen des Zustan- des der Landwirthschaft und der Gärtnerei in erfreulicher Weise im Wachsen begriffen ist, und die Ueberzeugung von der Nützlichkeit und Nothwendigkeit derselben sich immer weiter verbreitet und befestigt hat. Da namentlich die Thierschau und Produkten- Ausstellung die praktischen Er- folge der Acclimatisation in den mannigfachsten Beziehun- gen vor Augen legte, halten wir es für geboten, den Ge- genstand an dieser Stelle, wenn auch nur mit wenigen Wor- ten, zu besprechen.

Leider müssen wir mit einer Klage beginnen. In dem mangelhaften Katalog suchten wir vergebens einige derjeni- gen Gegenstände, welche unsere Aufmerksamkeit vom Stand- punkte der Acclimatisation am meisten für sich in Anspruch nehmen mussten. Welche Umstände hieran schuld gewe- sen, vermögen wir nicht zu sagen. Wir glauben aber im

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Interesse des Zweckes derartiger Ausstellungen zu handeln, wenn wir dringend darum bitten, künftig derartige Anord- nungen zu treflen, dass man ein möglichst vollständiges und übersichtlich geordnetes Verzeichniss der Ausstellungsgegen- stände in die Hand bekommt.

Von den ausgestellten Thieren geben sowohl die Pferde, als auch die Schweine und das Schafvieh den angenschein- lichen Beweis, ‘dass England nicht allein auf unser politi- sches Verhalten, sondern auch auf andere Verhältnisse recht vortheilhaft einzuwirken im Stande ist. Im Allgemeinen fan- den wir uns jedoch von den zur Schau gebrachten Pferden nicht besonders befriedigt; auch hätten wir eine Trennung derselben bei der Aufstellung, mit Rücksicht auf die Be- nutzungszwecke, gewünscht. Wir würden Reitpferde, Wa- genpferde und Ackerpferde unterschieden, und bei diesen wieder die einzelnen Racen zusammengestellt haben. Nur auf diese Art wird sich ein Urtheil darüber bilden können, welche Race für einen bestimmten Zweck die geeignetste sei. Unter den Schweinen war neben der englischen auch die jetzt so sehr beliebte ungarische Race vertreten. Es scheint, dass die letztere weniger zart ist, als die engli- sche, und würde sie daher bei gleich leichter Mastung den Vorzug verdienen.

Ungemein zahlreich und in den mannigfaltigsten Varie- täten der Racen waren die Schafe vertreten. Angesichts dieser Menge fetter Hammel wurde uns unbegreiflich, dass erfahrungsmässig die Berliner Schlächter so selten gutes Hammelfleisch liefern. Am meisten fiel das grosse Walliser Schaf in die Augen, während sich die Negretti- und Elec- toral-Schafe bei zarter Gestalt durch besonders schöne Wolle auszeichneten. Wir glauben nicht zu irren, wenn wir aus dem, was uns bei der Ausstellung vorgeführt wurde, auf eine besondere Blüthe der Schafzucht in unserer Umgegend schliessen, und prophezeihen daher dem hiesigen Wollmarkte eine immer grössere Bedeutung.

Unter dem Rindvieh bewunderten wir die ungarischen 4*

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Ochsen des Hrn. Sponholz, welche eine sehr hübsche Ge- stalt und auffallend lange, weit aus einander stehende Hör- ner zeigten; ferner einen weissen Stier und zwei Fersen, Shorthorn-Race, des Barons von Hertefeld. Ostfriesi- sche, Allgäuer- und holländische Kühe und Fersen waren ebenfalls in sehr schönen Exemplaren vertreten. Das Ol- denburger und Voigtländer Vieh gefiel uns weniger.

Die verschiedenen Sorten von Cochinchina-, Brahma- Pootra- und Prince- Aibert-Hühnern waren in sehr schönen Exemplaren ausgestellt. Man sah, wie die Acclimatisation die unbedeutenden einheimischen Hühner - Varietäten ver- . drängt. Malaien waren zu unserm Bedauern nur in einigen unbedeutenden Exemplaren zu sehen. Die verschiedenen sehr zierlich aussehenden Sorten von Bantams, kleinen englischen Hühnern, und Creve-Coeur waren dagegen zahlreich vertre- ten. Auch für die Taubenliebhaber fand sich eine reiche Augenweide. Von anderen Federvieharten hatte nur Los- sow einige Enten und Gänse ausgestellt, in denen wir alte Bekannte aus seinem in der Wilhelmstrasse belegenen „Thier- park“ wiederzusehen glaubten.

Ganz ungemein anziehend waren diejenigen Ausstellungs- räume, in welchen die Bienen ihr Wesen trieben. Die sonst so reizbaren Thierchen schienen das ihre niedlichen Woh- nungen dicht umschwärmende Publikum gar nicht zu beach- ten und liessen sich nicht im mindesten in der Emsigkeit ihrer gewohnten Verrichtungen stören. Sie schwärmten so munter aus, als ob die Lüneburger Haide und das Kroll- sche Local ein und dasselbe wären. Wir sahen ausser den bekannten Kasten und Häusern nach Dzierzon’scher Ma- nier sogar Bienenstöcke von klarem Krystall, deren Bewoh- ner sich durchaus nicht bemühten, die Beobachtung durch Verkleben der inneren Flächen zu erschweren. Leider sind wir nicht im Stande, mit Gewissheit den Namen des Aus- stellers anzuführen (wenn wir nicht irren Nickel aus Ber- lin), hoffen aber, denselben bei der nächsten Ausstellung wiederzusehen und dann auch seinen Namen in dem Katalog

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deutlich bezeichnet zu finden. Unter den Bienen selbst wa- ren auch italienische Völker. Ob dieselben ganz echt seien, liess sich nicht genau feststellen. Wir sind indess der Mei- nung, dass unser Verein die Versuche, echte italienische Bienen durch direkte Importation zu erlangen, fortsetzen müsse, da die Vorzüge dieser Bienengattung unbestritten sind, und die dauernde Erhaltung derselben bei uns durch- aus noch nicht gesichert scheint.

Bei der Ausstellung der Seidenraupen und deren Pro- dukte hatten sich hauptsächlich die Herren F. A. Heese und Pathe aus Berlin betheiligt. Von ersterem sahen wir einen. grossen Rahmen aus dessen neuen Raupenhause in Steglitz mit Seidenraupen des verschiedensten Alters, um- geben von Spinnhütten verbesserter Art nach d’ Avril. Daneben standen lebende Maulbeerbäume in Gefässen, um den vorhandenen Raupen stets recht frische Nahrung zuzu- führen. Zwei Haspelmaschinen neuesten Systems, eine nach Locatelli zum Haspeln mit Travellen, die andere aus Mailand bezogen und zum Haspeln a la mariage eingerich- tet, rohe und gefärbte Seide und die verschiedenartigsten Seidenstoffe eigener Fabrikation lieferten ein sehr anschau- liches Bild von den Thätigkeiten und Erfolgen der bei uns mit so vielem Glück acclimatisirten Seidenzucht. Die Zucht des Ricinus-Spinners (Bombyx-Cynthia), welche sich ihre Berechtigung noch Schritt vor Schritt erkämpfen muss, war daneben nur in einigen gleichfalls von Hrn. Heese ausge- stellten Cocons vertreten. Hr. Pathe hatte sehr sorgfältig gearbeitete Modelle einer Rauperei und einer Seidenbau- und Maulbeerpflanzung geliefert, welche ihren Zweck, das Publikum bildlich zu belehren, sichtlich erreichten.

Von den ausgestellten Sämereien, Blumen, Pflanzen, Früchten etc. nennen wir nur den Hopfen des Herrn Joh. Jac. Flatau, aus Neutomysl, und die Erzeugnisse der Obst- zucht. Eine Anzahl hochstämmiger und Spalier- resp. Zwerg- Bäume von Müller in Strassburg a. R. erregte durch das kräftige und gesunde Aussehen jedes einzelnen Stammes un-

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sere Bewunderung. Auch von dem Grafen von Fincken- stein (Gärtner Lepere) und von Haffner in Tantow waren sehr schöne Spalierbäume und Baumveredelungen aus- gestellt. Um jedem Beschauer unwiderlegbar zu beweisen, dass die schönen Obstbaumstämmchen mit der Zeit durch die prächtigsten und wohlschmeckendsten Früchte die ge- habte Mühe selbst in unserm Klima belohnen, waren von den genannten Herren Müller und Haffner reichhaltige Sammlungen des schönsten Obstes ausgestellt, welches sich trotz des herannahenden Sommers ausgezeichnet erhalten zeigte.

Indem wir unsere flüchtige Rundschau schliessen , ma- chen wir unsere Mitglieder auf die in Schwerin in den Ta- gen vom 11. bis incl. 18. September d. J. bevorstehende XXIII. Versammlung deutscher Land- und Forstwirthe auf- merksam, mit welcher nach dem uns vorliegenden Pro- gramme: grossartige Ausstellungen von Thieren und allen Sorten land - und forstwirthschaftlicher Produkte verbunden sein werden. |

Anfragen, Anmeldungen und Bestellungen sind mit der Bezeichnung „Angelegenheit der XXIL Versammlung deut- scher Land- und Forstwirthe* an den Geschäftsführer, Ad- vokaten O0. Zickermann in Schwerin, unfrankirt zu rich- ten. Zusendungen werden von dem „Vorstand der XXU. Versammlung deutscher Land- und ‚Forstwirthe in Schwe- rin“ entgegengenommen, und geniessen besondere Vergün- stigungen in Bezug auf Fracht und Verzollung.

Berlin im Juni 1861. R.

[37 st

RNichtamtlicher Theil.

. Veber die Acclimatisation fremder und die Zähmung wilder Thierarten.

Von Ge£offroy Saint -Hilaire.

Nach den seit lange geltenden Ansichten besteht das Ganze der Thierzucht in Züchtung, Vermehrung und Racen- veredelung. Aber neben diese jetzt so vorgeschrittene Kunst dürfen sich jetzt drei andere Objekte des Studiums und der Arbeit stellen, die im Range allerdings geringer, aber im- mer doch sehr wichtig sind. Diese heissen: 1) Erhaltung der nützlichen wilden Thierarten, dieser reinen Geschenke der Natur, die wir so oft aus Unwissenheit und Sorglosig- keit verderben lassen; 2) die Verwendung unserer Haus- thiere im Sinne ihrer grössten Nutzbarkeit, so dass weder sie noch das, was sie uns liefern, verloren gehe oder falsch verwendet werde, was immer auch Verluste ergiebt; 3) Ver- mehrung unserer zahmen und wilden Nutzthiere durch Her- beiziehung neuer wilder oder besser noch schon gezähmter Arten, welche die gleichen und vielleicht auch neue Vor- theile gewähren. Oder kürzer ausgedrückt, wir sollen: er- halten was wir haben ; es in möglichst vortheilhafter Weise nutzen; Neues hinzuthun, wenn es angeht.

Es wird nicht sonderbar erscheinen , dass in unserer in vieler Hinsicht so vorgeschrittenen Zeit noch Ursache gewe- sen , die Nothwendigkeit des ersten Punktes besonders zu betonen. Erhalten, was man hat, ist eine so selbstver- ständliche Regel, dass man meinen sollte, der gesunde Men- schenverstand liesse sich keine Gelegenheit zu ihrer Anwen- dung entgehen. Dem ist aber leider nicht so; man kann in Wahrheit sagen, dass mitten in der Civilisation des 19- Jahrhunderts die Barbarei in diesem Punkte sich noch auf- recht hält. Der Mensch macht sich mehr als jemals ein

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Spiel daraus, um sich her Güter zu zerstören, welche ihm die freigebige Natur bietet, und zu deren Erhaltung gar nichts zu thun, sondern nur einige Zurückhaltung walten zu lassen brauchte. Der Krieg, welchen der Mensch unter dem Namen Jagd und Fischfang gegen alle ihm erreichbaren Thiere führt, ist heute. noch eben so blutig als im Mittel- alter; der einzige Unterschied ist, dass er in unseren Ta- gen mit vollköommneren Werkzeugen, mit schrecklicheren Waffen geführt wird, dass die Civilisation selbst beigetra- gen hat, ihn mörderischer und folglich verderblicher zu machen. |

Unter den Arten, welche solchergestalt geflissentlich zer- -stört werden, befinden sich gerade diejenigen , die vorzugs- weise und eifrig beschützt werden sollten; es sind die, wel- che zu ihrer Nahrung die der Landwirthschaft schädlichen Tbiere aufsuchen und dadurch unsere natürlichen Alliirten, unsere Gehülfen werden bei der Erhaltung der werthvoll- sten Naturgaben.

Den ersten Rang unter diesen Feinden unserer Feinde nehmen die insektenfressenden Vögel ein. Selten im Win- ter, da wenige bei uns ausdauern, sendet sie uns die -Na- tur bei Wiederkehr der guten Jahreszeit in Schaaren zu. Sie kommen gerade, wenn die Insektenwelt überall um uns her zu wuchern beginnt, und thun den Verwüstungen Ein- halt und wie wäre dies zu ermöglichen ohne sie? Ihre Ankunft ist also allem&l eine Wohlthat für den Landmann, und: gleichwohl behandelt man sie als eine Plage. Keine Eule oder Nachtschwalbe darf sich sehen lassen, ohne so- gleich von Jedermann gleich einem Uebelthäter verfolgt zu werden, und der Bauer, dem es gelingt, einen solchen Vo- gel zu schiessen, nagelt ihn siegesstolz ans Thor und be- zahlt seinen Sieg mit einem Ausfall an seinen Ernten. Ler- chen und andere kleine Sänger müssen schaarenweise ster- ben, um. auf den Tisch zu kommen, wo sie mehr Schau- gericht abgeben, als wirklich nützen. Die -Schwalben, die durch ihren Tod so gar nichts nützen, dass man sich nicht

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einmal nach ihnen bückt, werden geschossen aus der blos- sen stupiden Lust am Tödten. Zu alle dem kommt noch die Zerstörung der Nester, das Ausnehmen der Eier und Jungen, das die Jugend so gern betreibt. Was auf diese Weise zu Grunde geht, übersteigt allen Glauben. Die Wis- senschaft hat hier noch eine grosse Pflicht zu erfüllen in Darlegung der Nützlichkeit dieser und anderer Thiere, wel- che man ebenso blindlings hinmordet. Erfreulicherweise sind mehrere Naturforscher mit solchen Belehrungen bereits her- vorgetreten.

Was die nützliche Verwendung der Thiere und ihrer Pro- dukte betrifit, so gäbe es ebenfalls mehr als einen Schritt vorwärts zu thun. Nur mit vielen Mühen und oft Geld- opfern vermag der Landwirth seine jungen Thiere gross zu ziehen. Ist dies gelungen und der Moment gekommen, wo er die Früchte seines Fleisses ernten kann, so sollte er seine Thiere aber auch völlig ausnutzen und von jedem Thier und Thierprodukt den Gebrauch machen, der seinem Interesse und folglich auch dem der Gesammtheit am besten zusagt; denn das allgemeine Interesse ist ja nur die Resultante al- ler Einzelinteressen. Aber wie vieles Gut wird hier entwe- der schlecht verwendet oder auch ganz verloren! Ohne vom Esel zu reden, der noch überall, wie Buffon bemerkte, der Rohheit der Grossen und der Bosheit der Kleinen preisge- geben ist, werden die Zugthiere nur zu oft schlecht gewar- tet, schlecht angespannt und martern sich in Folge dessen an einer Arbeit ab, die sie unter anderen Umständen leicht bewältigt hätten. Der Dünger ist einer der werthvollsten Thierprodukte, und wer weiss nicht, was in gar vielen Fäl- len aus ihm wird. Der Landwirth bezieht mit grossen Ko- sten Dünger, oft verfälschten, aus der Ferne, während er vor allem den Dünger seines Viehes recht zusammennehmen . sollte. Aber auf wie manchen Höfen und Dorfstrassen lie- gen noch die Düngerhaufen offen da und werden von jedem Regen ausgewaschen und ihrer besten Bestandtheile beraubt.

Es giebt andere noch nützlichere Produkte, die unmit-

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telbar zur menschlichen Nahrung dienen könnten und doch weniger vortheilhaft verwendet werden. Bis vor wenig Jah- ren verarbeitete man Getreide zu Spiritus; grosse Massen geniessbares Fleisch verwandelt man in Dünger und Thier- kohle. Während die niederen Classen sich so ungenügend mit Fleischkost versorgen können, gehen Tausende von Cent- nern gutes Pferdefleisch, das die kräftigste Brühe von der Welt giebt, immerfort in die Fabriken, oder dienen zum Futter für Schweine, Hühner und Hunde, weil man das alte Vorurtheil gegen den Pferdefleischgenuss nicht zu überwin- den vermag. Jedes Volk findet das Vorurtheil eines ande- ren absurd und hält doch fest an dem eigenen. Man be- dauert den Juden, dass er sich das Schweinefleisch ver- sagt, mag aber selbst kein Pferdefleisch essen, und so be- raubt man sich aus Vorurtheil fast in allen Ländern irgend einer Nahrung, die man schon fertig in Händen hätte. Auch die Muhamedaner verabscheuen bekanntlich das Schweine- fleisch und der Hindu. seinerseits mag kein Rindfleisch es- sen. Noch heute isst man in Italien keine Kaninchen und in Russland keine Tauben, weil der heilige Geist im Bilde der Taube dargestellt wird. Vielleicht verschwinden einmal alle solche Vorurtheile vor der: zunehmenden Aufklärung, wie das gegen die Anfangs so sehr verachtete Kartoffel ge- schwunden ist.

Gehen wir über zum zweiten Puukt, der Einführung nütz- licher Thierarten, sowohl wilder als besonders schon ge- zähmter, und sehen wir, was seit dem Mittelalter in die- ser Hinsicht geleistet worden ist. Im 16. Jahrhundert wur- den durch Spanier und Engländer vier nützliche Thierspe- cies eingeführt; im 18. Jahrhundert folgten vier andere, die nur zur Zierde dienen; von da an trat ein fast völliger Stillstand ein; trotzdem dass durch die Ausbildung der Schiffahrt, die sich mehrenden Verbindungen mit fremden Ländern, die Bildung von Colonien in allen Welttheilen die Schätze der ganzen Welt zu unserer Disposition gestellt wurden. Man:glaubte sagen zu dürfen: es wird nichts mehr

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gethan,: folglich giebt es nichts mehr zu thun. Der umge- kehrte Schluss würde richtiger sein: Je weniger man seit drei Jahrhunderten gethan hat, desto mehr bleibt uns zu thun' übrig; eine ganze Hemisphäre ist noch undurchforscht, und selbst die alte Welt hat noch lange nicht alles gelie- fert, was sie geben kann.

Die Wiederaufnahme dieser Strebungen nach so langem Stillstande ist gegenwärtig noch zu neu, als dass sich vor- aussagen liesse, wohin sie führen werde; wohl aber sind die bereits erhaltenen Resultate schon der Art, dass man behaupten darf, sie werden in sehr naher Zukunft prak- tisch nützlich ‚werden. Denn wir haben nicht nur schon, was man neue: Hausthiere nennen kann, sondern diese in wenigen Jahren gemachten neuen Erwerbungen übertreffen auch der Zahl nach alle Arten, die Europa sich im Laufe mehrerer Jahrhunderte angeeignet hat. Ich will hier eine Art Inventarium dieser neuen Reichthümer, welche durch die Anstrengungen einer grossen Anzahl Naturforscher und Züchter in allen. Ländern Europa’s, in Algerien, selbst in Australien und Amerika geschaffen worden, aufstellen.

Die Arten, mit welchen bis jetzt bemerkenswerthe Re- sultate erhalten wurden, gehören den drei Classen der In- sekten, der Vögel und Säugethiere an.

Man wird sich nicht darüber wundern, dass während Chinesen und Indier schon so lange drei Arten von Seiden- würmern besitzen, das in der Industrie obenanstehende Eu- ropa sich bis jetzt nur auf eine Art beschränkt hat, die allerdings in der Schönheit der Seide fast alle anderen Ar- ten übertrifft, aber der doch jene anderen mit Nutzen zu- gesellt werden könnten. Hoffentlich findet nun endlich diese lange Versäumniss ihre Abhülfe, denn es sind jetzt sechs neue Arten Seidenraupen in Europa neben der des Maul- - beerbaumes. Freilich stehen vier davon noch im Versuchs- stadium, worunter leider auch die gehört, deren Besitz viel- leicht am meisten zu wünschen wäre, die Eichenseidenraupe aus Nordehina und der Mantschurei. Dagegen sind zwei an-

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dere Arten jetzt als fester Besitz anzusehen, wenn man sie cultiviren will, und selbst wenn man die Cultur einmal wieder aufgäbe, könnte die eine davon recht wohl im wil- den Zustande fortvegetiren. Die eine dieser Arten ist die Raupe des Ailanthus oder Götterbaumes, deren Zucht im Grossen, sowie Anlage bedeutender Pflanzungen von Ailan- thus bereits von mehreren Privaten wie auf Staatsgütern be- gonnen worden ist; die andere ist die Raupe des Ricinus, die allmälig und gleichsam etappenweise aus dem Innern Indiens nach Caleutta, von da nach Egypten, dann weiter nach Malta, Turin, Algier und Paris gekommen, und von hier aus allseitig, selbst bis nach Amerika verbreitet wor- den ist. So’ hat diese tief aus Indien stammende Art in wenig Jahren fast in allen Welttheilen Zutritt erlangt.

Die Classe der Insekten hat uns also Arbeitsthiere gelie- fert; aus dem Reiche der Vögel erhielten wir, bis jetzt we- nigstens, grösstentheils Luxusartikel, obwohl nicht zu zwei- feln ist, dass mehrere derselben bei grösserer Verbreitung zu wirklichen Nutzthieren erhoben werden dürften. Diese Arten sind: der gewellte Papagei, ein ebenso elegantes wie durch sein Benehmen interessantes 'Thier; einige Tauben- arten, zwei fremde Rebhühner, die man schon im wilden Zustande fortzubringen versucht hat, der Himalaya -Fasan und fünf schöne Wasservögel, nämlich: die egyptische Gans und die der Sandwichinseln, die chinesische und die caro- linische Ente, welche jetzt die Zierde aller Luxusteiche bil- den, und der schwarze australische Schwan, dessen regel- mässige Fortpflanzung seit mehreren Jahren in Frankreich, England, Deutschland, Belgien und Holland gelungen ist. Andere Aneignungen, z. B. ein Paar schöner Pagageien, des schwarzweissen Schwans aus Brasilien, stehen bevor, und die schon so stark angewachsene Zahl der Hühnerarten dürfte sich fast verdoppeln, denn schon vermehren sie. sich leicht in den Vogelhäusern und dürften bald im Geflügelhofe er- scheinen der bunte Fasan von Java, mehrere Euplocomen oder Straussträger und der glänzende Lophophorus. Wenn

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dieser Letztere, der Goldvogel der Indier, definitiv angeeig- net sein: wird, . so hören Goldfasan und Pfau auf als die schönsten Hausvögel zu gelten. In wenig Jahren werden wir sonach voraussichtlich an 40 Arten Hausvögel haben, wäh- rend wir deren vor kurzem-noch, wie schon 1750, nur 17 besassen.

Die neuen zahmen Vierfüssler sind natürlich weniger zahlreich; sie vermehren sich in’ geringerem Maasse, sind lange trächtig und entwickeln sich viel langsamer; dazu ist der Transport grosser Thiere aus fernen Ländern nach Eu- ropa sehr schwierig. Mit einem einzigen Paar Lama’s und drei Stück Hemionus musste man in Frankreich die Einge- wöhnung dieser beiden Arten beginnen, und um kleine Trupps Wiederkäuer, wie Canna, Nilgau (die weissfüssige Antilope) und: Yak nach Europa bringen zu können, mussten viele Hindernisse beseitigt und grosse Opfer gebracht werden.

Von den fünf grossen eben genannten Vierfüsslern sind zwei in. ihrem resp. Vaterlande seit undenklichen Zeiten Hausthiere, die noch immer grossen Schwierigkeiten lagen daher bei ihnen nur in der Gewöhnung ans Klima. Sie ist jetzt erfolgt, nicht allein in gebirgigen Gegenden Europa’s, sondern auch in Niederungen. In der Thiersammlung des Pariser Museums befinden sich jetzt drei Generationen dort geborener Lama’s, und Verlustfälle sind stets sehr selten gewesen. Zahlreiche Züchtungen haben auch in anderen Gegenden Frankreichs wie in England stattgefunden. Eine neuere, zuerst 1854 eingeführte Erscheinung ist das Yak; es steht in dem genannten Museum erst in zweiter Genera- tion, aber die erhaltenen Resultate sind deshalb nicht we- niger entscheidend. Von drei Exemplaren sind 17 Junge

geboren und fast alle aufgebracht worden. Andere erhielt

man in den Alpen, im Jura und Cantal.

Bei Hemionus, Nilgau und Canna waren’ die Schwierig- keiten doppelt so gross; man musste die Thiere nicht nur von einer Region in eine andere sehr verschiedene versetzen, son- dern auch aus dem wilden in den zahmen Zustand überfüh-

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ren, und zwar soweit, dass sie sich regelmässig fortpflanz- ten, denn ausserdem hätte man immer nur Einzelstücke, nicht aber die Art in Gewalt bekommen. Alle drei Arten haben sich nun bis heute nicht nur sehr fähig zur Ertra- gung der Rauhheiten europäischer Klimate gezeigt, sondern man ist auch zu einer sehr regelmässigen Fortpflanzung ge- langt, beim Hemionus im Pariser Museum, beim Canna in England und Belgien, beim Nilgau durch ganz Europa.

Wir fangen also an Besitz zu nehmen von zwei neuen fleischgebenden Wiederkäuern und einem Einhufer, der Ar- beit leisten kann, und die Dienste, die wir von ihnen er- warter, sind keine blosse Conjeetur. In Frankreich und an- derwärts ist das Fleisch des Nilgau schon mehrmals auf den Tisch gekommen und als etwas sehr Feines befunden wor- den. In England hatte Lord Hill 1858 so viel Canna’s, dass er eines davon schlachten lassen konnte: das Fleisch kam theils an die Königin von England, theils an den Kai- ser von Frankreich, und übrigens an die Theilnehmer einer Versuchsgasterei. Einstimmig wurde das Fleisch des Canna oder der Elennantilope vom Cap als ausserordentlich saftig, feinfaserig und wohlschmeckeud befunden. So werden also das Canna und das Nilgau, welches eine indische Antilope ist, nicht allein schöne Luxusthiere abgeben, sondern auch einen Nutzen gewähren. Allerdings wird ihre Züchtung die Hauptaufgabe nicht lösen, nämlich die Vermehrung der Fleischproduction überhaupt, welche (in Frankreich) so be- klagenswerth hinter dem Bedürfniss zurückbleibt, aber sie würde doch immer eine Verbesserung hervorbringen, die, wenn auch von geringerem Belange, mitzunehmen ist. Son- derbar bleibt es immer, dass wir inmitten aller Fortschritte hinsichtlich der Schlachtthiere noch da stehen, wo das Mit- telalter und das graue Alterthum standen. Ochs, Schaf, Schwein, das ist der enge Zirkel, in dem wir uns noch heute drehen, und wir nur durch verschiedene Zubereitung eine Art Abwechselung erzeugen können.

Das Fleisch des Hemionus wird von Reisenden als eben-

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falls sehr gut geschildert, ist aber in Europa noch nicht versucht worden. Es ist aber dieser Halbbruder von Pferd und Esel in anderer Hinsicht von Interesse. Vom Pferd hat er die Schnelligkeit und das angeborene Feuer, vom Esel die Tugend kein Kostverächter zu sein. . Seit einigen Jah- ren besteht für Hemionus eine kleine Stuterei zu Versailles und die dort vorgenommenen Züchtungsversuche sind ge- lungen, denn der Hemionus nimmt Dressur an, lässt sich reiten und anspannen. : Er hat sogar eine Kalesche von Ver- sailles bis an die Thore von Paris gezogen in nicht länger als 1 Stunde und 20 Minuten, also so schnell wie ein gut dressirter Renner.‘ Für jetzt und bis die Hemionus sich wei- ter vermehren, verlegt man-sich auf die Zucht der schnel- len und eleganten Maulthiere, welche aus der Kreuzung des Hemionus mit der Eselin fallen; mehrere dieser schönen Bastarde laufen seit einigen Monaten in den Strassen von Paris, Lyon und Marseille, in Lyon zuweilen vierspännig. Der ganze Hemionusbestand in Frankreich ist aus einem Hengst und zwei Stuten entsprungen.

So hat sich denn die Zahl der Hausthiere in 20 Jahren fast verdoppelt, und man sieht, wie gegründet ein Aus- spruch Buffon’s ist, der leider ein ganzes Jahrhundert lang vergessen oder missverstanden wurde: „Der Mensch weiss weder hinlänglich, was die Natur vermag, noch was er über sie vermag. Wir benutzen bei weitem nicht alle Schätze, die sie uns bietet; ihr Reichthum ist viel grösser, als wir uns vorstellen; sie hat noch Arten in Reserve, die uns nicht Dienste leisten, uns kleiden und nähren sollen.“ (Comptes rendus T. LII. p. 165 176.)

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Aufenthalt, Lebensweise und Fortpflanzung des Herings.

Von 8. Wilsson.

(Uebersetzt aus dessen Skandinavisk Fauna von Fr. Creplin.)

Aufenthalt und Lebensweise,

Der Hering ist in mehr als einer Hinsicht eine der merk- würdigsten Fischarten. Er versammelt sich in dicht ge- schlossenen Schaaren, oft zu ungeheuren Massen und , wo er seinem Naturtriebe folgen kann, kommt er jährlich zu bestimmter Zeit nach denselben Stellen zurück. Er ist ein Gegenstand der grössten Fischereien und setzt jährlich ganze Flotten und Tausende von Menschen in Thätigkeit. Sein Fleisch, welches schmackhaft und gesund ist, wird zur Speise in den Palästen der Reichen sowohl, als in den Hütten der Armen benutzt. Der Hering macht einen grossen Theil der Nahrungsmittel für viele Millionen Menschen aus, nicht al- lein für die, welche die Länder bewohnen, um welche herum er gefischt wird, sondern auch für die, welche entlegene Theile der Erde bewohnen. Durch den enormen Gewinn, welchen er bringt, verschafft er Einzelnen und ganzen Staa- ten Wohlstand und Reichthum. Von den grossen Vorthei- len, welche die Seestaaten durch eine wohlgeordnete He- ringsfischerei gewinnen, hat man nicht ohne Grund als nicht den geringsten hervorgehoben, dass sie die beste Unterrichts- anstalt zur Bildung starker und muthiger Seeleute abgebe.

Der Hering scheint ausschliesslich dem nördlichen Theile des atlantischen Oceans und denjenigen Strecken desselben anzugehören, welche die europäischen Küsten bespülen. An diesen kommt er von den Gegenden östlich vom Nordkap an, längs der ganzen Westküste von Europa und um des- sen Inseln vor bis hinab nach Frankreichs Südwestküste um den 47. Breitengrad oder um den Ausfluss der Loire. Süd- licher trifft man ihn nur einzeln in der Gascogner Buchten; aber bei Spanien und Portugal kommt diese Fischart nicht

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vor, wie sie auch nie im Mittelmeer oder in den mit die- sem in Verbindung stehenden Gewässern angetroffen wird. Dagegen kommt dieselbe Art sowohl im weissen Meere als in-der Ostsee vor; derjenige Hering aber, welcher an der nordamerikanischen Küste des atlantischen Meeres gefischt wird, soll’ nach Herrn Valenciennes eine besondere Art ausmachen.

An den Küsten des westlichen Norwegens und denen von England und auf dessen Bänken kommen nun jährlich die grössten Massen von diesem nützlichen Fische vor. Auch Schwedens Westküste sollte zufolge ihrer natürlichen, vor- theilhaften Lage einen bedeutenden Antheil an dieser rei- ‚chen Einkommensquelle haben, und es hat auch Zeiten ge- gegeben, in denen Schweden mehr von diesem Reichthume geerntet hat, als, soviel ich weiss, irgend ein anderes Land in Europa. Besonders ist die bohusländische Scheerengruppe wegen der reichen dort betriebenen Heringsfischerei bekannt gewesen. In den 1780er Jahren wurden blos von Gothen- burg aus nach ausländischen Oertern von dem in jenen Scheeren gefangenen Hering etwa 150,000 Tonnen gesalze- nen, etwa 2000 Tonnen geräucherten,, bisweilen eben soviel gepressten und von 10,000 bis 50,000 Fass Heringsthran ex- portirt. Viel wurde ausserdem von Udewalla, Strömstad und Marstrand ausgeführt. Man hat berechnet, dass wäh- rend des einzigen Jahres 1787 in den bohusländischen Schee- ren gesalzen worden sind über 400,000, geräuchert über 4000, gepresst 2000, zu Thran gekocht ungefähr 1,066,000 Ton- nen, wovon etwa 44,000 Fass Thran gewonnen worden sind. Somit 1,472,000 Tonnen Hering. Berechnet man hierzu die Menge frischen Herings, welcher nach Norwegen, Dä- nemark, Holland und Schonen ging, weiter auch noch den, welcher von den zahlreichen Strandbewohnern der Schee- ren, wie auch den nächsten Städten und Dörfern verzehrt wurde, so dürfte man vielleicht eher zu wenig als zu viel rechnen, wenn man den in dem genannten Jahre in den bohusländischen Scheeren gefangenen Hering zu wenigstens

1861. Ba. IV. 5

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1,500,000 Tonnen anschlüge. Auf eine Tonne gehen von diesem Hering, nach den Angaben der Fischer, ungefähr 1000 Stück.”) Sonach wurden während jenes Jahres in den bohusländischen Scheeren wenigstens 1500 Millionen Heringe gefangen, und dennoch war dies nur ein unbedeutender Theil der ganzen Heringsschaar, welche an dieser Küsten- strecke eintraf.

Dass diese unermesslichen Heringsschaaren, welche sich jährlich zu bestimmter Zeit in den Scheeren einfanden, nach und nach sich verminderten, vertrieben und fliehend von einer Stelle zu einer andern, schiesslich ganz ausblieben, das hatte seinen hinreichenden Grund in der zum Betrei- ben der Fischerei angewendeten Weise. Davon kann jeder sich aus den zahlreichen Abhandlungen überzeugen, welche über diesen Gegenstand während und nach der in Rede ste- henden Zeitperiode geschrieben und veröffentlicht worden sind. Der Grund zu dieser zerstörenden Behandlung der bohusländischen Heringsfischerei lag grossentheils in dem allgemein herrschenden Vorurtheile, dass aller Hering, wel- cher jährlich die europäischen und somit auch die schwe-: dischen Küsten und Bänke besuchte, wie Bienenschwärme aus ihrem Stocke, von einem einzigen Heringsstamme aus- ginge, welcher seinen Aufenthalt im nördlichen Polarmeer hätte, und dass der Hering, welcher während der Wande- rungen nicht gefangen würde, zu dem Stammhering unter dem Polareise zurückkehrte, um sich dort fortzupflanzen. Diese ungereimte und in ihrer Berücksichtigung verderbli- che Voraussetzung wurde schon von Bloch **) bestritten und, wie ich glaube, vollständig in den Sr. Majestät ein- gereichten „Berättelser om Fiskerierna* (Berichten über die Fischereien) vom 11. November 1826 und 1. März 1828 ***) widerlegt.

*, Vom Kullasill (d.i. Hering, welcher bei Kullen vorkommt) gehen auf 1 Tonne 16 Wall oder 1280 Heringe, *) Naturgeschichte der Fische Deutschlands I. 8. 186. “*) Handlingar rörande Sillfisket S. 1 u. 21.

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Obgleich gegenwärtig keine grosse Heringsfischerei an ir- gend einer schwedischen Küste stattfindet, so kommt doch auch hier diese Fischart, wenigstens zu irgend einer Jah- reszeit, in jedem Jahre mehr oder weniger zahlreich, stel- lenweise in verschiedenen Meeresgegenden , vom südlichsten Schonen an auf der einen Seite bis zur obersten Bucht der Ostsee, auf der andern bis nach Swinesund vor, und von da wird diese Fischart ebenfalls stellenweise längs der nor- wegischen Küsten bis zum Nordkap und weiter nach Osten angetroffen; auch kommt sie nicht blos aussen im offenen Meere vor, sondern auch in den Scheeren, den Buchten und Meerengen. Die bedeutendste Heringsfischerei, welche jetzt an irgend einer skandinavischen Küste betrieben wird, ist die des Winterherings an der Westküste stellenweise von Stat nach Lindesnäs, besonders von der Nordkante der Fä- deren bis ein Paar Meilen südlich von Bergen. Auch die Sommerheringsfischerei ist bedeutend in einer Strecke der nordklippigen Küsten. Ebenfalls wird am Nordland und an der Finnmark diese Heringsart gefischt. Nach statistischen Angaben beträgt die jährliche Exportation von Heringen aus Norwegen etwa 585,000 Tonnen, von denen 550,000 Tonnen Winter- und 35,000 Tonnen Sommerheringe sind.*) So be- deutend auch diese Fischerei ist, kann sie doch in keinem Vergleich mit der, welche in den achtziger und neunziger Jahren in den Scheeren von Bohuslän statthatte, gestellt werden. Aber in Norwegen hält man verständiger mit sei- nem Nationaleigenthum Haus und deswegen erhält man es sich denn auch.

Aber nicht genug, dass wir wissen, es finde sich der Hering an den skandinavischen Küsten, es verdient auch in hohem Grade unsere Aufmerksamkeit und darf uns nicht entgehen, dass ungeachtet aller dieser Hering vom Nord- kap bis Falsterbo und von da bis Tornea zu ein und der- selben Art gehört, er doch in jeder besonderen Gegend

”) Norges Statistik ved M. B. Tvethe. Christiania 1848 8. 61. 5*

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etwas verschieden nach Form und Grösse ist und diese Ver- schiedenheit sich in derselben Gegend während aller Jahres- zeiten und aller auf einander folgenden Jahre erhält. Jeder- mann kann den Unterschied zwischen dem Winterhering („Grabenssill“) an der norwegischen Westküste und dem Kullasill am Eingange’ des Sundes, und dem Kivikssill an der östlichen Küste von Schonen und dem Strömling in den nördlichen Gegenden der Ostsee sehen, vorzüglich wenn man sie in Masse sieht. Es ist nicht schwer, gleich zu sehen und ohne Frage zu wissen, ob der fuderweise in Lund zu Markte gebrachte Hering aus dem Sunde von Malmö oder aus der Ostsee vor Cimbrishamn komme. | Aber anch in Gegenden, welche einander viel näher lie- gen, entdeckt ein geübtes Auge Verschiedenheiten, so dass ein Fischer an der Laholmsbucht,, welcher Hering in seinen dort ausgesetzten Garnen bekommt, gleich sieht, ob’ er aus der Morupsseite bei Holland oder aus der Kullagegend bei Schonen kommt. So ist das Verhalten an allen Küsten des Meeres und dies Verhalten ändert sich nicht. Aus diesen sicheren Erfahrungen, von deren Zuverlässigkeit jeder sich leicht überzeugen kann, folgt unwiderleglich, dass jede et- was gesonderte Gegend des Meeres an den Küsten ihren eigenen Heringsstamm besitzt, welcher ‚sich ‚dort aufhält, und dass keine weiten Wanderungen von einer Gegend zur andern längs des Meeres oder der Küsten vorgenommen wer- den. Wenn man vordem solche jährliche Wanderungen aus dem Polarmeere nach den verschiedenen Küsten der euro- päischen Länder erdichtete, so hatte dies darin seinen Grund, dass man entweder die Verschiedenheiten des Herings, 'wel- cher verschiedene Bänke und Küsten besuchte, nicht wahr- nehmen, oder wenn man sie wahrgenommen hatte, daraus keinen vernünftigen Schluss ziehen konnte. Sind jedoch die Prämissen wahr und beruhen sie auf sicheren Erfahrungen, so muss auch der Schluss sicher sein... Der nur mit klei- nen und zarten Flossen begabte Hering ist ein schwacher

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Schwimmer und kann eben aus diesem Grunde keine lan- gen Reisen vornehmen.

Ferner können wir ebenfalls durch die Erfahrung uns davon überzeugen, dass der Hering zu gewissen Jahreszei- ten sich in dicht geschlossenen Haufen an seichteren Stellen in der Nähe der Küsten oder auf Bänken aussen im Meere ansammelt und dass dieselbe Heringsart in anderen Jah- reszeiten im Magen des Dorsches und anderer Raubfische an- getroffen wird, welche in der Tiefe nicht weit von den Bän- ken gefangen werden. Hieraus muss man den bestimmten Schluss ziehen können, dass derselbe Hering, welcher pe- riodisch an seichten Stellen hinaufsteigt, ausserdem in der Tiefe der Meeresthäler (Bassins) lebt, welche sich vor oder zwischen den Bänken befinden. Noch mehr: da es dieselbe Heringsart ist, ‘welche jedes Jahr auf dieselbe Untiefe hin- ansteigt und laicht, und da dieselbe Art auch in anderen Jahreszeiten in derselben tiefen Gegend des Meeres zu Tage kommt, so können wir schliessen , dass es dieselben Schaa- ren sind, bestehend aus denselben Individuen, welche jährlich denselben seichten Grund besuchen, um zu laichen. Ferner: aus dem Heringsrogen, welcher auf eine gewisse Bank abgesetzt wird, muss sich Brut von derselben Art (derselben Varietät) entwickeln, von welcher der Hering ist, der dort gelaicht hat. Diese Brut findet man zuerst sich nahe bei der Laichstelle haltend, an welcher sie aus dem Rogen hervorgegangen ist; nachher findet man, dass sie all- mälig sich mehr von da entfernt und schliesslich in der Tiefe verschwindet. Nun können wir aus mehreren Erfah- rungen mit Sicherheit schliessen, dass sie in der Zeit des Jahres, da die Heringsschaaren verschwunden sind, sich nicht weit, kaum einige Meilen weit von den Laichstellen befindet,*) und dass sie sich dort aufhält, ersieht man, wie erwähnt, daraus, dass man Hering in dem Magen der dort

*) Unter mannigfachen anderen Beweisen können wir uns auch be- rufen auf einen vom Prof. Sundewall in dessen Berättelse om fisker: i Stockh.'s län $. 21 angeführten.

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gefangenen Raubfische antrifit. Wenn aber dieser junge He- ring zur Fortpflanzung reif wird, wendet er sich zu dersel- ben Stelle zurück, an welcher er selbst ausgebrütet worden und von der er als Heringsbrut, ausgegangen ist.*). Dies können wir auch daraus entnehmen, dass junger Hering, welcher angefangen hat, sich in einer gewissen Gegend fort- zupflanzen, derselben Varietät angehört, wie der alte, wel- cher sich dort ebenfalls fortpflanzt. Er kann folglich von keinem anders woher eingewanderten Haufen sein. In die- ser Beziehung zeigen alle Fische denselben Naturtrieb wie die Vögel (jährlich sich nach derselben Stelle zurückzuwen- den, an welcher sie ausgebrütet worden sind), sogar dieje- nigen, welche die grössten Ausflüge nach weit entlegenen Zonen machen: der Storch, die. Schwalbe, die Nachtigall und unzählige andere wenden sich im folgenden Jahre dem- selben Hausdache, derselben Scheune oder demselben Bu- sche wieder zu, von denen sie am verflossenen Herbst aus- geflogen sind. Dass es sich. ebenso mit den Fischen verhält, davon hat man Beweise durch direkte, in älteren und neue- ren Zeiten angestellte Untersuchungen. Hinsichtlich des Lachses hat sich dies bestätigt, und dass dasselbe Verhal- ten beim Heringe stattfindet, ist lange vorher zu Tage ge- legt worden, z. B. von Benjamin Franklin, angeführt in Kalm’s Reise II. S. 394.**)

Auf diese Sätze, gestützt auf Erfahrungen, muss nach der Ueberzeugung aller Sachkundigen jedes vernünftige Haus- halten mit der Heringsfischerei sich gründen. Ich glaube daher sie hier kurz wiederholen zu müssen.

I) Jedes Meer hegt in seinen verschiedenen

*) Diesen Satz, welcher, den Hering betreffend, vor vielen Jahren bei uns öffentlich zu Tage gelegt worden ist, hat Prof. Sundewall auch in Beziehung auf den Strömling bestätigt gefunden. (S. Sundewall, Stockh. Skärgard, 8. 22.) „so müssen es dieselbe Scheer und de- ren erwachsene Abkömmlinge sein, welche jährlich wieder kommen, um da Eier zu legen, wo sie selbst erzeugt worden sind.“

”) Vgl. Handl. rör. Sillf. 8.49 n. 50.

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Bassins verschiedene Artabänderungen des He- rings, welche dort in der Tiefe verbreitet sind und von da jedes Jahr zur nächsten Untiefe aufsteigen, um sich dort fortzupflanzen. (Underdaan, Berätt. af d. 11. Nov. 1826, in- förd i Journ. för Handel, slöjd och konst d. 2. Febr. 1827. Handl. rör. sillfisk S. 7. Förnyad underd. Ber. af d. 1. Mars 1828. 4to. p. 29. Handl. rör, sillfisk p. 51.)

2) Das Quantum von Hering (’s Varietät), welches jedes Bassin beherbergt, kann ausgefischt oder vertrieben werden, (wenn man nämlich mit hunderten von Booten und tausen- den von Menschen, mit dem bei solcher Gelegenheit vor- fallenden Lärm und Geräusch, ihn mit Heringswathen ver- folgt, wo er nur immer auf einen seichten Grund oder an einen Strand zu gelangen sucht, um zu laichen, und noch dabei das Wasser durch einen stinkenden Schlamm aus den Thrankochereien verpestet), und so kann die Fischerei auch in einer Gegend des Meeres zerstört werden.

3) Nachdem eine Fischerei in einer Gegend zerstört ist, kann man keinen Ersatz durch Einwanderungen aus anderen Gegenden, sondern nur nach und nach durch Anwachs und Entwickelung der zurückgebliebenen Brut erwarten; denn

4) nach der Gegend, in welcher die Fische erzeugt wor- den sind, gehen sie nachher jährlich, und in ihr pflanzen sie sich fort, wenn sie reif geworden sind.

5) Man muss deshalb vor Allem die Brut und den un- reifen Fisch schonen und nur den reifen nehmen. Fischt man auch den unreifen weg, so zerstört man so in Grund die Fischerei in einer früher fischreichen Gegend, dass sie dort gar nicht mehr wieder hergestellt werden kann.

Diese Sätze, welche vor 26—28 Jahren hier dargelegt wurden, sah man blos als theoretische Hypothesen an, die keine Berücksichtigung verdienten. Sie zu bekämpfen und ihre Anwendung auf unsere zerstörte Heringsfischerei zu ver- hindern, wurden alle Mittel in Bewegung gesetzt, Verhöh- nung, Drohung, Machtspruch, Wort- und Meinungsverdre- hung, und die für Schweden in staatsökonomischer Hinsicht

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so höchst wichtige Angelegenheit ward niedergehalten und wie eine lumpige ‚Parteisache ‘behandelt. Inzwischen. hat derjenige, welcher die obigen Sätze hier zuerst aussprach, in den letzten Jahren eine freilich nicht unerwartete, aber doch vorzüglich willkommene Bestätigung derselben eben von. anderen entlegenen Gegenden des Meeres erhalten. Im 20sten Bande von Cuvier’s und Valenciennes weltbe- kannter Histoire nat. des Poissons, Paris 1847, also 20 Jahre nach Veröffentlichung jener Sätze, äussert sich Hr. Valen- ciennes 8. 47 folgendermassen: „Unsere Märkte in Paris versehen sich mit frischem, im.Kanale gefischtem und vor- züglich aus den Häfen von Dieppe und Calais abgesendetem Hering. Zu jedem dieser Häfen gelangen die Fischfänge aus den Bassins des Oceans, welcher sie umgiebt. Jedes die- ser Bassins muss eine eigene Varietät von Hering haben; denn die Fischhändler wissen sehr wohl nach dem Ansehen zu beurtheilen, woher diese Fische gekommen sind. Mit weniger Uebung ist es nicht schwer, den Hering von Calais zu erkennen, dessen Körper länglich und von den Seiten etwas zusammengedrückt, und ihn von dem von Dieppe zu unterscheiden, dessen Körper mehr drehrund und untersetzt ist.“

So hat auch Hr. Valenciennes, der grösste Ichthyologe der Jetztzeit, sich davon überzeugt, dass die verschiedenen Bassins im Meere verschiedene Varietäten .des Herings be- herbergen. Diese einmal gewonnene und wohl erwogene Er- fahrung verbietet alle Gedanken an weite Wanderungen des Herings und muss als Resultat auch an den Tag legen, dass dieselbe Varietät in der Nähe ihres Bassins laicht, in wel- chem auch ihre Brut sich aufhalten soll. Auch diese Wahr- heit hat Valenciennes erkannt; er erwähnt, dass er sich Heringsjunge unter dem Namen „Blanches“ habe zusenden lassen, welche die Fischer als besondere Art angesehen ha- ben. „Aber sie fischen diese kleinen Fische nicht, welches recht glücklich ist,“ fügt er hinzu, „denn sonst würde man bald die Haufen von reifem Heringe sich auf eine merkliche

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Weise vermindern sehen.“ Das ist gerade dasjenige, was bei uns geschehen ist und mehr und mehr geschehen muss

durch das Wegfangen der Heringsjungen.

Fortpflanzung.

Der Hering steigt, wie oben erwähnt, von den Meeres- thälern in’ dicht geschlossenem Haufen, wenn die Eierstöcke (Rogensäcke) und die Testikeln (Milchsäcke) zu schwellen beginnen, so einen oder den andern Monat vor dem Rogen- legen, auf Bänke in der offenen See, nach Meerengen oder nahem Strande, wo das Wasser klar ist und der Boden ent- weder in reinem Sande oder Steinen besteht und mit Tang und Seegras bewachsen ist, um dort seinen Rogen abzu- setzen und seine Milch auszuschütten. Die Tiefe, in wel- cher der Hering laicht, ist etwas ungleich, gewöhnlich 3 bis 12 Faden, bei Arilds Läge 4 bis5 bis 8 Faden Wasser. Aber die Jahreszeit, in welcher diese Verrichtung vorfällt, ist sehr ungleich. - Der Hering, welchen wir Kullasill (Hering von - Kullen) genannt haben, laicht im Herbste um Michaelis, an besonderen Stellen in: etwas ungleicher Zeit von der Mitte des September und im ganzen October. Diese Heringsform hat ihre Stationen und Laichstellen stellenweise vom Sunde und von Kullen in Schonen gegen den Kungsbacka fjord in Holland hinauf. Hier aber ist an der schwedischen Küste die Grenze. für diese Heringsart, und oberhalb dieser be- gegnen wir einem der Form nach etwas verschiedenen He- ringe, dem sog. Götheborgs oder Bohussill, und dieser laicht in. einer ganz andern Jahreszeit, nämlich mitten im Winter oder zeitig im Frühjahre. Dieser hat seine Laichstellen stel- lenweise' an der schwedischen Westküste von den Oeckerö- Scheeren vor Gothenburg bis zu den Scheeren nach Ström- stad hinauf. Ein Theil derselben Fischart laicht so- nach während der stärksten Winterkälte, ein anderer wäh- rend oder kurz nach‘ der stärksten. Sommerwärme. (Dies stimmt nicht recht mit dem überein, was Hr. Quatrefages geäussert hat,, Comptes rendus, 1853, p. 936, dass

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jede Fischart eine bestimmte Temperatur für das Ausbrüten des Rogens verlange. Die Ursache dieser merklichen Ver- schiedenheit in der Form sowohl, als der Laichzeit beim Hering an unserer Westküste kennen wir nicht vollständig; aber bemerkenswerth ist es, dass die Grenze zwischen die- sen verschiedenen Heringsstämmen gerade auf der Grenze zwischen dem Kattegat und Skagerrack liegt. Der erstere oder der Kullasill hat auch in dieser Hinsicht mit dem sun- dischen Heringe, der letztere mit dem norwegischen Win- ter- oder Bergen-Hering Aehnlichkeit. Dem atlantischen Ocean, welcher die westliche Küste von Norwegen bespült, liegt die Strecke der bohusländischen Scheeren offen; aber dies ist nicht der Fall mit der Küste von Holland, Kullen und dem Sunde. Es scheint sonach die ungleiche Beschaf- fenheit des Wassers an Salzigkeit, Tiefe, Bewegung, Boden u. 8. w. zu sein, welche während des Laufes der Zeiten all- mälich diese Ungleichheit hervorgebracht, die sich seitdem unverändert erhalten hat. Und das, was die Richtigkeit die- ser Ansicht zu beweisen scheint, dass das offene Wasser des. Weltmeeres dazu beigetragen habe, die längere, schmälere Form und das stillere Scheerenwasser die mehr untersetzte zu bilden, kann auch daraus geschlossen werden, dass der norwegische Sommerhering, welcher mehr in den Scheeren- bezirk an den norwegischen Küsten hineingeht, in Form, Laichzeit, Feinheit und Geschmack des Fleisches mehr Aehn- lichkeit mit dem schonischen Kullahering, als mit dem nor- wegischen Winterhering hat.)

Hier im Sunde vor Malmö, Raa, Helsingborg beginnt gewöhnlich der Hering sich den Küsten und dem Grunde zu nähern im Julius oder August; er laicht hier im Spät- herbste von der Mitte des September oder dem Anfange des October an, wo alle Heringe voll sind, bis zur Mitte des letztgenannten Monats, wo die meisten leer und nur bei dem einen oder andern die Rogensäcke angeschwollen sind. Dasselbe Verhalten findet Statt in Kullen und an den Kü- sten von Holland bis hinauf bei Bua oder dem Baatfjord,

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wo der Hering auch im Herbste, aber etwas später, näm- lich gegen Ende des October und im November laicht.*) Aber weiter nach Norden laicht er zu einer ganz andern Jahreszeit, wie oben erwähnt ward.

Gehen wir weiter nach Norden, so treffen wir nämlich in der Oeckerö- oder Kalfsunds - Scheerengruppe zwischen beiden Ausläufen des Göthaelf den sogenannten Götheborgs- oder Bohussill, welcher etwas grösser und mehr langgestreckt ist und im Frühlinge am Ende März oder im April laicht.

Dasselbe Verhalten findet sich bei dem Heringe, welcher weiter nördlich vorkommt, nach Eckström, wo am Strande bei Tjörn zwei Laichplätze, nämlich Hammarsand und Kalf- vesund, und nach von Wright eine Laichstelle in den Me- rianda - Scheeren existiren. Nördlicher kennt man keine Laichstellen für den Hering an dieser Küste eher als in den Fjellbacka -Scheerengruppen, und an all diesen Stellen laicht er zur selben Zeit und hat dasselbe Ansehen.

' Ungeachtet der Hering allezeit auf eine der dem Bassin zunächst gelegene Untiefe hinansteigt, um zu laichen, ver- ursacht doch der Wind, dass er zuweilen den Platz ver- tauscht. Er sucht stets unter dem Lande in Lee zu ste- hen, von welchem der Wind herkommt. Aus dieser Ur- sache sucht er verschiedene Ufer an demselben Bassin; aber aus dem Bassin und dessen Umgebung geht er nicht. Er ist, wenigstens während der Laichzeit, so empfindlich gegen unreines Wasser, dass wenn der Strom im Meere sich ver- ändert, während ein Haufen steht und laicht, er sogleich weiter zieht, weil Sand und andere Unreinigkeit vom Bo- den aufgerührt wird.

In allen Gegenden, in denen der Hering laicht, giebt es Heringsjunge von verschiedener Grösse, von den zartesten bis zu den am meisten erwachsenen, Diese haben verschie- dene Namen : Sillmör, Sillstagg, Loddsill, Smaasill u. s. w. Die Heringsbrut, welche aus den Haufen hervorgegangen

”) Nilsson, Handl. rör, Sillfiske $. 56,

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ist, die in einer Gegend gelaicht haben, hält sich zuerst in derselben Gegend auf, in welcher sie Ruhe auf der Untiefe und an sandigen Strändern sucht, z. B. in der Skeldervik, wo sie bei stillem Wetter im Sommer und Herbste: biswei- len in grosser Menge gesehen wird. An Flussmündungen, bei denen süsses und salziges Wasser sich vermischen, wird die Temperatur höher (das Wasser laulicher als im Meer und dem Fluss), welches die Hauptursache sein dürfte, wes- halb die zarte Brut solche Stellen sucht. Heringsjunge von 2, 3, 4 Zoll Länge trifft man an den Mündungen der Vegeaa und der Rönneaa an, ebenso an anderen Mündungen längs der Küste hinauf. Alle Heringe in demselben Haufen sind ungefähr gleich gross. Wenn der Haufen ausgelaicht hat, kehrt er zur offenen See zurück und geht in die Tiefe. ‘Ob er sich dort auflöst oder zusammenhält, können die Fischer nicht ermitteln; doch ist das Erstere wahrscheinlicher. Denn wenn die Garnfischer, um Köder zu anderem Fischfang zu bekommen, in den Jahreszeiten, wo keine Heringshaufen be- merkt werden, ihre Heringsgarne setzen, erhalten sie ge- wöhnlich einen oder den andern Hering im Garne, woraus sich ergiebt, dass er mitunter zerstreut vorkommt.

An die Westküste von Norwegen, südlich von Bergen, geht der Hering jährlich in viel: grösserer Menge, als. an irgend eine andere skandinavische Küste.‘ Dies ist der grosse Frühlingshering, Winterhering (oder Graabenssill). Er beginnt gewöhnlich sich zu sammeln und sich der Küste zu nähern im Januar oder Februar und geht fort im April. Nach den Nachrichten, welche ich seit vielen Jahren (1826) zur Stelle empfing, findet er sich zuerst bei Skudesnäs, 12 Meilen südlich von Bergen, ein und schreitet allmälich nord- wärts nach Glesvär, welches etwa 3 Meilen südlich von der erwähnten Stadt liegt. Man weiss nicht recht, ob es der- selbe Hering ist; wahrscheinlich jedoch sind es andere Hau- fen, welche sich nach und nach mehr nördlich zeigen. Wenn der Fischer die Ankunft des Herings erwartet, so besteigt er die Klippen und schaut nach dem Meere hinaus, wo er

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schon auf Entfernung mehrerer Meilen die heranziehende un- geheure: Heringsschaär oder, wie es dort heisst, Herings- flotte („Sillflotta*) entdecken kann. Ihn verfolgen Hunderte von Wallfischen, welche Wasser in Dampfgestalt hoch in die Luft ‘spritzen, so dass, wie die Fischer versichern, die Mee- resfläche dasteht wie ein Nebel.: Andere vergleichen diesen Anblick mit einer Menge rauchender Schornsteine. Nachdem die Heringsflotte gegen die Küste vorgeschritten ist, lagern sich die Wallfische vor dieselbe in einem Halbkreise und gehen ab und zu. Es sondern sich Haufen von der Herings- flotte ab und gehen in die Buchten, um zu laichen. Der Hering steht dann dicht‘ gepackt. von der Meeresfläche an bis gegen den Boden hinab. Nachdem er gelaicht hat, ist das Wasser von: der Menge Milch, die er gespendet hat, weisslich.

Der norwegische Sommerhering geht nach ganz anderen Küsten von Norwegen, als der vorige. Nach Tvethe’s Sta- tistik (Christiania 1848 8.61) soll er meistens an eine Strecke der nordklippigen Westküsten gehen, besonders Nordmöre, Fosen und Namdal. ‚Er kommt auch stellenweise an den Kü- sten vom Nordland und von der Finnmark vor. Diese Art Hering gleicht, wie schon vorher erwähnt ward, meistens dem Kullenheringe, und wie dieser gehört er nicht dem Oceane an, sondern scheint seine Stationen innerhalb der Scheeren"und..kleinen Inseln („Holmen“*) zu haben,

Gehen wir zum südlichen. Theile der Ostsee von Abe- kaas, wo der Hering nur 8—9 Zoll lang ist, so finden wir, dass auch er, wie der Kullasill, um die Michaeliszeit laicht und damit den ganzen October ‚hindurch, selten aber bis in den November fortfährt. Aber es verdient bemerkt zu wer- den, dass es auch hier Hering giebt, welcher im Sommer zu Ende Mai und Anfang Juni laicht. Dieser ist etwas klei- ner, als der im Herbste laichende, sonst aber ihm ganz gleich. (Bemerkenswerth ist es, dass er in allem diesem einigen Strömlingen in den Stockholmer Scheeren gleicht.) Im Juli sieht man hier. Heringsjunge von: 1. Zoll. Länge,

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schmal und durchscheinend ausser den grossen schwarzen Augen. Auch sieht man zu derselben Zeit Junge von 2 Zoll Länge. Die ersteren sind vermuthlich von denen, die im Mai, die letzteren von denen, die im Jahre vorher während des Spätherbstes gelaicht haben. Gehen wir in der Ostsee weiter hinauf, so treffen wir die noch kleinere Varietät des Herings an, welche man Strömming (in Deutschland Ström- ling) nennt und die z. B. in den Scheeren von Stockholms Län, wo er 7—8 Zoll lang ist, theils Frühlings im Mai und Anfangs Juni, theils im August bis Mitte September laicht.*) ‘Weiter nördlich, z. B. bei Umea, soll der Strömling mitten im Juli laichen. Die Ursache dieser verschiedenen Laich- zeit kennt man nicht, auch die nicht, warum bei einigen der Rogen reiner weiss, bei anderen bleich grauweiss ist. Dasselbe habe ich auch beim Kiviksheringe bemerkt. Bis- weilen trifft man in den nördlichen Scheeren von Stockholm und vor Gefle eine Varietät des Strömlings an, welche 11 bis 13 Zoll in der Länge hält; seine Gestalt aber ist die vom andern Strömlinge. Vgl. Nilsson, Obsse ichthe. p. 10 (Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften, Bd XVI. Heft 7—8.)

Aufenthalt, Lebensweise, Nahrung und Fortpflanzung des Süsswasser-Aales (Muraena Anguilla Linn.). Von S. Nilsson.

(Uebersetzt von Fr. Creplin.)

Der Verfasser führt vom Süsswasser- Aale drei Formen. auf, nämlich:

l) den gemeinen Aal oder Reusen-Aal, Anguilla. acutirostris Yarrell, Muraena oxyrrhina Ekstr.;

*) Vgl. Sundewall, Berätt. 8.23. Der bekannte Lidingö-Strömling laicht im Herbste im October und November.

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2) den Gras-Aal, wie es scheint Yarrell’s Snig, und 3) den Raub-Aal, Anguilla latirostris Yarr.

Aufenthalt und Lebensweise.

Der Aal kommt in den meisten Binnenseen, Flüssen und Flüsschen der mittleren Theile der skandinavischen Halb- insel und von da weiter gegen Norden hinauf vor. Im Dal- elf findet er sich bis nach Elfdal hinauf, im Raadasjö in Wermland, im westlichen Norwegen; z. B. in einem Wasser bei Hitterdal giebt es Aal bis nach Skeen hinauf. In den eigentlichen Gebirgszügen und in den nördlichsten Theilen der Halbinsel kommt er, soviel man weiss, nicht vor. Er ist empfindlich gegen Kälte und scheint in den kalten Ge- genden nicht zu gedeihen. An den Meeresküsten trifft man ihn stellenweise, oder in gewissen Jahreszeiten in grösserer Menge an denselben Stellen an. Denn der Aal unternimmt meistens im August und September Wanderungen aus den Binnenseen in Flüsse hinab vor, und wenn er dabei zum Meere gelangt ist, so setzt er seine Wanderungen längs des Strandes fort und besucht dabei dieselben Stellen der Küste, welche er seit undenklichen Zeiten jährlich besucht hat. Einen Beweis für diese regelmässigen Wanderungen kann man daraus entnehmen, dass sich an der östlichen und süd- lichen Küste von Schonen verschiedene Stellen befinden, an denen der Aal sich jährlich in grosser Menge auf seinen Wanderungen von Norden während der dunkeln Nächte des September und October einfindet, ohne die Stellen der Küste zu berühren, welche zwischen jenen liegen. Dass aber das- selbe Verhalten schon seit langer Zeit stattfand und dass dieselben Stellen der Küste schon von früher her einträg- liche Aalfischereien darboten, kann man daraus schliessen, dass wenigstens mehrere derselben beim Errichten des Ein- theilungswerks zur Zeit Karl’s XI. besteuert oder sonst einer Disposition unterzogen wurden. Dasselbe Verhalten findet die ganze Küste entlang aufwärts Statt; denn bis nach Hor- nösand giebt es besteuerte Aalfischereien. Dort scheint der

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Aal aus den Seen in das Meer um den 24. Juli zu ziehen, nach gefälliger Mittheilung des Professors Berlin.

Solche Stellen an der Ost- und Südküste von Schonen, wo der Aal dicht an die Strandufer geht und in grösserer Menge gefangen wird, sind: die Küste bei Inleboda, die Fischlage *) Knebäck, die Fischereigelegenheit Esperöd, die Fischlage Wik,- Baskemölla, Brantevik, Kaaseberga, Abe- kaas, Skaare, Fredshög und Falsterbo. An:allen diesen Stel- len findet sich der Aal in grösserer oder kleinerer Anzahl alle Jahre im September und October ein, besonders wenn die Nächte dunkel sind, und wird in sog. Aalreusen gefan- gen, deren Oeffinungen nach Norden und: Osten gerichtet sind, zum Beweise, dass der Aal von diesen Himmelsge- genden und von den Flüssen herkommt, welche sich dort ins Meer ergiessen. Der Aal, welcher solcherweise während der Wanderung gefangen wird, ist ausschliesslich von der zuerst angeführten Form, er wird deswegen auch Reusen- Aal genannt, weil man ihn in Reusen fängt.

Das Merkwürdigste hierbei ist, dass diese ‘jährlichen Wanderungen des Aales eine grosse Regelmässigkeit darbie- ten, während man doch kaum annehmen kann, dass es die- selben Individuen seien, welche jährlich zu denselben Stel- len wiederkehren. Denn darin unterscheiden sich die Wan- derungen des Aales von denen des Lachses und aller ande- ren Fische, dass der Aal aus den Binnenseen in die Flüsse und ins Meer hinab wandert, wo er den Küsten nach Sü- den (wenigstens in der Ostsee) folgt, um eine passende Stelle zu seinem Winterlager aufzusuchen; ‘aber nie hat’ man be- merkt, dass erwachsene Aale während irgend einer Jahres- zeit schaarenweise aus dem Meere die Flüsse hinaufgehen. Deshalb sind auch alle Fischereigeräthschaften für den ‘Aal so gestellt, dass er gefangen werde, wenn er mit dem Strome geht; freilich bemerkt man, dass ein oder der andere Aal

*, „Fiskläge“ ist ein Ort an der Seeküste, wo die Fischer ihre Hüt- ten haben.

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in den Flüssen bisweilen gegen den Strom geht; aber diese Fälle sind mehr einzeln und eine Wanderung in Masse von erwachsenen Aalen gegen den Strom findet nicht Statt, Es sind nur kleine Jungen, vermüthlich Brut aus dem Rogen, welcher von den ausgewanderten Aalen im Meer abgesetzt worden, die im Frühling in unzähligen Schaaren die Flüsse hinauf in Seee und in diese mündende Flüss- chen, Bäche und andere Gewässer, als Brüche, Sümpfe und tiefe Pfützen ziehen, soweit sie möglicher Weise vordringen können; dort bleiben sie und wachsen heran, bis der Fort- pflanzungsinstinkt sie treibt, wo sie dann, gleich ihren EI- tern vor ihnen, sich auf Wanderungen gegen das Meer be- geben und dort dieselbe Richtung verfolgen wie jene, ohne von ihnen begleitet zu werden, und dieselben Stellen be- suchen, welche sie nie zuvor gesehen haben.

Der Aal erreicht bisweilen eine bedeutende Grösse; bei Amaal werden mitunter Aale von 5 Pfd. Schwere gefangen; bei Oerebro bekommt man Aale von 6 Pfd. und bisweilen, aber selten, von 7 Pfd. In Schonischen Seeen sind z. B. im Ringsjö Fahnj Aale von 9 Pfd., im Böringesjö von 6 Pfd., im Ringsjö von 7 Pfd. und in Fjällfotasjö ein einziges Mal ein Aal von 11 Pfd. gefangen worden. Dies ist aber äus- serst selten; gemeinhin erlangt der Aal 1% bis 2 Pfd. an Gewicht. |

Der gemeine oder sogenannte Reusen- Aal setzt sich am meisten in Bewegung und streicht am weitesten umher. Er geht den ganzen Sommer hindurch, vom April oder Mai an, wenn der Binnensee eisfrei wird, meistens bei abnehmen- dem Monde, wenn die Nächte dunkel sind; denn der Aal ist äusserst furchtsam und scheu; besonders aber wandert er während der dunkeln Nächte im September und October . und fängt damit schon im August an. Doch nicht alle wan- dern aus; ein grosser Theil bleibt in den Seeen zurück und begiebt sich bei Annäherung des Winters auf weichen Bo- den in Schlamm oder Thon, wenigstens in der Nähe des

Stroms, und bleibt dort den ganzen Winter hindurch lie- 1861. Bd. IV. 6

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gen., Aber auch im Sommer halten sich die Aale oft tief im Schlamm auf, in welchem sie ihre Löcher haben, denen sie,zueilen, wenn eine nahe Gefahr sie treibt, sich zu ver- bergen. ‘Die Löcher sind von verschiedener Grösse, rund, glatt an den Rändern, von 3—12 Zoll Durchmesser; sie liegen im Schilfröhricht im weichen Boden und mehrentheils in etwa 4 Fuss Wasser im Ringsjö. „Wenn man mit der Fischergabel einen Aal haut, so springen alle in der Nähe davon,in ihre Löcher hinab, von denen bisweilen eine ganze Menge Aale ein gemeinschaftliches hat, ebenso wie die Schlan- gen auf der Erde, wenn sie erschreckt werden, nach ihren Löchern springen.“

Der sog. Raub-Aal iii Slukaal) gleicht hinsicht- lich der Lebensweise in verschiedenen Stücken dem Reusen- Aale nicht. Er wandert nicht, wenigstens nicht regelmäs- sig, wie dieser, mit welchem er bei den Wanderungen nie zusammentrifft; er geht nie dahin, wo Rogen ausgelaicht ist, um solchen zu verzehren, und lebt meistens von Fi- schen, weshalb er am besten mit der Grundschnur gefan- gen wird, wozu man im April und Mai kleine Plötzen als Lockspeise gebraucht; weiterhin im Sommer, wo man Re- genwürmer als Köder anwendet, bekommt man selten Raub- Aal am Angelhaken, wogegen der gemeine Aal am besten mit diesem Köder gefangen wird. Die Fischer versichern, dass man an der Grundschnur merken kann, dass Raub-Aal dort sei, denn er reisse an ihr und schlenkere und sei weit stärker als der gemeine. Auch behaupten sie, der Raub- Aal sei böse, „beisse zu und zische wie eine Schlange“.

Eine dritte Art Aal wird von den Fischern am Ringsjö so- wohl, als an der südöstlichen Meeresküste Gras- Aal (schwed. Gräsaal) genannt. Die Fischer am Ringsjö beschreiben ihn folgendermassen: Er hat eine spitzigere Schnauze als der ge- meine, ist grün oder gelb von Farbe und so weich, dass man leicht 2— 3 Stück in. der Hand festhalten kann; er geht in seichtes Wasser am Schilfe, wo der Blei laicht, und verzehrt Fischrogen , von welchem er zuweilen ganz vollge-

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stopft ist. Mitunter liegen an der Laichstelle mehrere in einer Reihe und fressen Rogen. Er geht nie in den Strom hinab und nie hat man ihn auf’s umzäunte Ackerland ge- hen, noch sich bündelweise verknüpfen sehen; man bekommt ihn blos aus dem See mittelst Netz und Angel. Er wird nur 1 Pfd. schwer. Man bekommt ihn selten und nur im Sommer. Sein Fleisch ist gut zu braten, aber nicht zu räu- chern, denn dazu ist es zu weich. Bei Abekaas, wo er Gras-Aal heisst, wird er als hellgrün von Farbe und weich von Fleisch geschildert; bei Carlshamn (Pulkavik ) heisst er Weichaal („Blötaal“) und wird von den Fischern als wachsgelb unter dem Bauche, spitzig von Kopf, mit kleinen Augen und weich von Fleisch beschrieben. Man fängt ihn dort mit dem Aaleisen zwischen Tang, meistens zwischen Pfingsten und Johannis.

Es geht allgemein die Rede unter den Fischern, wenig- stens an unseren Westküsten, dass der Aal, welcher den Winter hindurch im Schlamm oder Thon auf dem Meeres- boden vor den Küsten stillliegt, ganz blind sei, wenn er im Frühling hervorzukriechen beginne. Er soll alsdann An- fangs sehr schläfrig und träge sein.

Nahrung.

Der Aal ist ein Raubfisch und lebt ausschliesslich von thierischer Nahrung. Er verzehrt Würmer, Insekten, In- sektenlarven, Schnecken und andere Crustaceen nebst Fisch- rogen und Fischbrut, welche sich in den von ihm bewohn- ten Gewässern befinden. Der Raub-Aal ergreift und ver- zehrt meistens Fische; in einem solchen von 2 Fuss Länge fand ich einmal eine Aalmutter von 5 Zoll Länge. Die beste Speise für den Aal aber scheinen Krebsrogen und junge Krebse zu sein, welche letztere er in deren Löchern unter Steinen und in Flussufern aufsucht, wenn sie die Schale wechseln. Er sucht und verzehrt sie mit solcher Begierde, dass wenn er in ein Gewässer gelangt ist, das reichlich Krebse enthält, er dieselben in einigen Jahren vermindert

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oder ausrottet; dies ist im Wenersee und den in diesen sich ergiessenden Wassern der Fall gewesen. Der Aal geht auch begierig nach Cadavern, welche im Wasser liegen, auch wenn sie schon angefangen haben, in Fäulniss über- zugehen. Man hat behauptet, der Aal gehe auf’s Land, besonders auf Erbsenäcker, welche nahe am Wasser liegen, um Erbsen zu fressen, und schon in meiner Kindheit hörte ich in verschiedenen Gegenden des Landes von dieser Sage, welche gewissermassen eine Art Volksglauben ist. Es ist in- dessen ganz gewiss, dass der Aal weder Erbsen noch Gras frisst, wie auch wohl behauptet wird. Aber die Sage hat doch einigen Grund, denn der Aal geht wirklich mitunter ans Land, um auf Niederung im feuchten Grase, bei star- kem Thau und meistens blos in der Nacht, Nahrung zu su- chen, wie dies von mehreren glaubwürdigen Personen be- zeugt wird und auch die Fischer am Ringsjö wissen es aus Erfahrung. Nun ist bekannt, dass sich auf sumpfigem Bo- den oder nahe am Wasser meistens eine Menge Ackerschnek- ken (Limax agrestis) findet, welche besonders zur Nachtzeit, wenn Thau gefallen ist, sich oben auf der Erde aufhalten, und diese Schnecken machen eine beliebte Speise für den Aal aus.

Fortpflanzung.

Seit den ältesten Zeiten, in denen unseres Wissens Na- turerzeugnisse der Gegenstand wissenschaftlicher Forschung gewesen sind, hat man die Fortpflanzungsart des Aals zu ermitteln gesucht, und obgleich diese Untersuchungen zu verschiedenen Zeiten bis heute fortgesetzt worden sind, hat man doch noch immer keine vollständige Aufklärung über den fraglichen Gegenstand . erlangt. Gleichwohl hat man in unseren Tagen gewisse Verhältnisse bei der Fortpflanzung kennen gelernt, welche die vollständige Lösung der Frage in nicht zu ferne Aussicht stellen.

Ich will hier in grösster Kürze einige der verschiedenen Meinungen anführen, welche sich zu verschiedenen Zeiten

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unter den Naturforschern, betreffend die Entstehung und _ Fortpflanzung dieses sonderbaren, nicht blos der äussern Form, sondern auch in gewisser Beziehung der Lebensweise nach, schlangenähnlichen Fisches geltend gemacht haben, und danach das, was wir davon bis jetzt wissen, darlegen und die Punkte andeuten, die noch auszumitteln bleiben.

Aristoteles, welcher (ungefähr 350 J. v. Chr.), soviel wir wissen, der Erste war, welcher das zu seiner Zeit hin- sichtlich der Lebensweise u. s. w. der Thiere Bekannte sam- melte und für die Nachwelt niederlegte, überlieferte auch das, was er von der Entstehung des Aals zu wissen glaubte, In seiner Historia Animalium lib. IV. cap. XI. äussert er sich 'folgendermassen darüber: „Beim'Aale giebt es weder ‘Männchen noch Weibchen, auch kann er aus sich selbst keine Brut hervorbringen“ u. s. w., und lib. VI. cap. XV. legt er seine Ansichten ausführlicher dar. Er äussert dort sehr bestimmt, dass der Aal weder durch Paarung noch durch Rogenlaichen sich fortpflanze, „denn niemals sei ein Aal gefangen worden, welcher Samenflüssigkeit oder Rogen- körner dargeboten habe; auch habe kein Aal, welcher zer- schnitten worden, eine Oeffnung gezeigt, durch welche jene ausgeführt werden könnten. Von allen Thieren mit Blut sei der Aal das einzige, welches ohne Paarung und ohne Eier entstehe, und dies erhelle daraus, dass in schlammi- gen Sümpfen, selbst wenn der Schlamm entfernt worden, auf's Neue Aale erzeugt wurden, nachdem Wasser durch Regen u. s. w, hinzugekommen sei.“ „Sie bilden sich aus Würmchen hervor, welche sich aus sich selbst im Schlamm und in feuchter Erde erzeugen.“

Dieselbe Meinung erhielt sich lange bei mehreren Nach- folgern des Aristoteles. Andere, wie Plinius in der Hist. natur. lib. XIX. cap. LI., nahmen an, dass Aaljunge durch den Schleim entständen, welchen die Aale sich ab- schabten, wenn sie sich an Klippen rieben, oder sich um einander schlängen, und dass aus diesem Schleim, wenn er ' in den ‚Schlamm gelangte, Aale würden. (Es mag bemerkt

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zu werden verdienen, dass dies Vorurtheil noch jetzt unter unseren Fischern an gewissen Orten zu herrschen scheint. In einer Notiz, welche ich am 13. Februar 1832 von einem meiner vormaligen Schüler, dem verstorbenen Dr. K., Fi- sche in Blekinge betreffend, empfing, kommt Folgendes vor: „Die Fischer halten dafür, dass die Fortpflanzung des Aals folgendermassen geschieht: Wenn die Aale sich versammeln, um zu laichen, so umschlingen sie sich zu grossen Knäueln oder Klumpen. Auf diese Weise verflochten, reiben sie sich unaufhörlich an einander, wodurch eine grosse Menge Schleim abgerieben wird. Aus diesem Schleim sollen die Jungen entstehen.“ Rondelet u.A., welche auch bei den Aalen eine Paarung annahmen, scheinen gemuthmasst zu ha- ben, dass sich bei ihnen Eier sowohl, als Samenflüssigkeit fänden, dass aber beide mit Fett vermischt und solcher- weise nicht sichtbar wären. Leeuwenhoek glaubte Aal- junge in den von ihm im Anfang März geöffneten Aalen ge- funden zu haben, aber Andere haben schon dargethan, dass diese vermutheten Aaljungen Eingeweidewürmer waren.

Zwischen diesen beiden Ansichten, dass die Aale aus Aal- schleim oder gleichsam von selbst im Bodenschlamm ent- ständen, oder dass die dünnen Intestinalwürmer, die man oft in Aalen findet, wirkliche Aaljunge seien, und der Aal sonach ein Animal viviparum sei,*) sind die Meinungen lange getheilt gewesen. Die letztere Meinung, dass der Aal lebendige Junge gebäre, wird noch von unseren meisten Fi- schern angenommen. Dass dies indessen nicht der Fall ist, wissen wir jetzt mit Bestimmtheit. Der Erste, welcher die Eierstöcke des Aals beschrieb, dürfte O. Fr. Müller sein.

*) Diese Meinung suchte Fahlberg in den Vet. Ak.s Handl., 1750, p. 194 zu beweisen. Die vermutheten Aaljungen, welche er in aufge- schnittenen Aalen fand, lagen im Darme. Nun brauchen wir nicht mehr zu wissen, um einzusehen, dass es Eingeweidewürmer waren. Schon Aristoteles wusste, dass Aaljunge nicht im Magen oder Darme vor- kommen können und widerlegte mit starken Gründen dieses auch in sei- ner Zeit gäng und gebe Vorurtheil. Arist. l.c. p. 142 u. 221.

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(8. Schr. d. Ges. naturf. Fr. Bd. I. S. 204.)*) Aber derje- nige, welcher zuerst eine vollständige und richtige Beschrei- bung derselben veröffentlichte, war der grösste comparative Anatom unserer Zeit, Baron G. Cuvier in seiner Hist. nat, d. Poissons, Paris 1828, I. p. 533. Gewiss sind sie jedoch schon vor diesem von John Hunter in London beschrieben und abgezeichnet worden, obgleich das Manuscript und die Zeichnungen erst in den letzteren Jahren in dem Kataloge des Hunter’schen Museums publieirt worden sind. Spä- terhin haben mehrere Schriftsteller, Yarrell, H. Rathke u. M. die Eierstöcke des Aals nebst den in ihnen vorkom- menden Eiern (Rogenkörnern) beschrieben. Derjenige aber, welcher, soviel ich weiss, bisher-am vollständigsten diesen Gegenstand behandelt und ihn für eine eigene ausführliche Abhandlung benutzt hat (De Anguillarum texu et genera- tione Gryph. 1842), war Reinh. Fr. Moritz Hohnbaum- Hornschuch. In dieser vortreffllichen Abhandlung hat Hohnbaum lithographirte Figuren von den Eierstöcken so- wohl mit den Eiern, als den von H. Rathke entdeckten kleinen Ausführungskanälen für die letzteren geliefert, so auch von den durch das Mikroskop vergrösserten Rogenkör- nern. Mit Rathke und Yarrell nimmt auch Hohnbaum an, dass der Aal Rogen ausleere und keine lebendigen Junge

*) Nicht 0. Fr. Müller, sondern Anton Vallisnieri hat zuerst das Fortpflanzungsorgan (Ovarium) des Aales beschrieben und (obzwar roh) abgebildet; doch irrte er darin, dass er demselben einen kurzen in. die Cloake mündenden Ausführungsgang (Oviduct) zuschrieb.. Es entdeckte aber jenes bandähnliche Doppelorgan nicht Vallisnieri, sondern ein berühmter Arzt in Padua, Namens Sancassanus, welcher dem Val- lisnieri auf dessen Bitte, ihm wo möglich einen trächtigen Aal zu ver- schaffen, einen, in dessen Fortpflanzungsorganen er, wie nachher Valis- nieri selbst, die Eier erkannt zu haben glaubte, zugeschickt hatte. (S. Valentini, Amphitheatrum zootomicum, Fref. a. M. 1720. Pars altera p- 126.) Was aber Vallisnieri für Eier hielt und für solche abbildete, waren wohl offenbar Fettbläschen; die wahren Eier erkannten weder er noch, soviel ich weiss, alle Späteren nach ihm, bis auf Rathke, wel. cher sie zuerst auffand und beschrieb. (S. Wiegmann’s Archiv, J, 1838, I. 8. 299.) | Creplin,

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gebäre, theils weil, wie Yarrell bemerkt, sich beim Aal eine zahllose Menge von Rogenkörnern findet und die Fi- sche, welche lebende Junge gebären, deren nur eine ge- ringe Anzahl besitzen, theils weil, wie Rathke auch an- geführt hat, die Ausführungskanäle so eng sind, dass die Eier, in der Bauchhöhle zu Fötus entwickelt, nicht würden hindurch kommen können.

Bevor wir weiter gehen, muss ich in der Kürze. die Fort- pflanzungsorgane des Aals beschreiben. Oeffnet man einen Aal längs der Bauchseite von der Brust bis -zum Nabel, so sieht man neben den übrigen Eingeweiden längs des Rük- kens eine lange, in der Mitte dickere, nach beiden Enden verschmälerte Schwimmblase, welche sich nach oben bis zum Zwerchfell erstreckt und nach unten etwas hinter den After geht. Längs beider Seiten der Schwimmblase liegt ein weisses, ziemlich breites, etwas gefaltetes Band, wel- ches mit dem einen Rande mittelst einer schmalen Haut, einer Verdoppelung des Bauchfells, an der Schwimmblase festgeheftet, mit dem andern Rande aber frei ist. . Diese beiden Bänder erstrecken sich von dem vorderen Theile der Leber längs der ganzen Bauchhöhle bis etwas hinter. die Afteröffnung, mit welcher sie in keinerlei Verbindung ste- hen. Sie liegen somit weit getrennt und wie. gesagt mit dem einen Rande frei in die Bauchhöhle hineinhangend, mit dem andern mehr zusammengerunzelten längs der Seite der Schwimmblase befestigt. In diesen Bändern, welche von einer Duplicatur des Peritoneums umgeben sind, liegen die kleinen Rogenkörner in unsäglicher Menge zerstreut. Be- trachtet man sie genau, so kann man sie wohl mit blos- sem Auge sehen, deutlicher zwar mittelst der Lupe; aber erst wenn man das Mikroskop anwendet, sieht man ihre Form und innere Beschaffenheit deutlich. Sie sind gewöhn- lich rund, umgeben von einer Haut, welche einen klaren durchsichtigen Ring (Zona pellueida) bildet, und innerhalb desselben bestehen sie aus einer körnigen Masse, welche begreiflicher Weise den Dotter ausmacht, und bei grösseren

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Exemplaren sieht man nur diese, besonders wenn sie eine Zeit lang im Wasser gelegen haben, weil die in dem Dotter enthaltenen kleinen Eiweisskörper geronnen und undurch- sichtig geworden sind. Nimmt man aber aus demselben Eierstock die kleinen Rogenkörner, in denen der Dotter sich noch nicht ausgebildet hat, so sieht man in ihnen sehr deutlich das sogenannte Purkinje’sche Bläschen, welches ganz klar und farblos ist. In jungen zur Winterszeit ge- fangenen Aalen bestehen sie nur aus solchen wasserklaren Bläschen. Sonach kann kein Zweifel darüber obwalten, dass sie wirkliche Eier seien,*) und man kennt folglich die Eier des Aals, obgleich bis jetzt nur mikroskopische und, wie es scheint, zur Befruchtung nicht reife.**) Auch weiss man

*) Vgl. hiermit Rathke, über die weiblichen Geschlechtswerkzeuge des Aals, in Wiegm. Arch. 1838, I. 8.299. Prof. A. Retzius hat auch in der Vet.-Ak.'s Oefersigt 1854 S. 116 Figuren und Beschreibun- gen von der Entwickelung der Eier bei der Aalquappe geliefert, welche völlig der beim Aale analog zu sein scheint. Hohnbaum nimmt an (s. seine Dissert. p. 16), dass die körnigen runden Körper, welche er (Fig. IV, a) abbildet, nicht Rogen, sondern Milch (Testikeln des Männ- chens) seien, da er in ihnen nicht die Vesicula germinativa Purkinjii ge- funden habe; hiervon aber haben wir oben die Ursache angedeutet. Da- gegen meint er, dass die Rogenkörner des Weibchens etwas ungleich seien, der Form nach oval, weniger körnig und mit der genannten Ve- sicula (Fig. V), Ich habe bei den vielen Aalen, die ich untersucht, nicht vollkommen solche Eier gesehen; es will mich aber bedünken, als ob die scheinbar ovale Form durch irgend eine Zufälligkeit entstanden sein könne und dass die innere körnige Textur, welche man doch deutlich findet, weniger entwickelt gewesen sei, so dass das Purkinje’sche Bläs- chen nicht sichtbar geworden, mag davon gekommen sein, dass die Eier sogleich, ehe das Eiweiss hat gerinnen können, untersucht wurden, Dass indessen die in Fig. IV. vorgestellten Körper Rogenkörner (umgeben von

_Fettbläschen) und nicht Milch seien, glaube ich aus den oben angegebe-

nen Gründen annehmen zu müssen. Soviel ich weiss, hat noch Niemand männliche Organe beim Aale gefunden. Eier bei Säugethieren vgl. Bischoff T.I. Fig. 1, 2, 3.

*) Cuvier äussert H. n. d. poissons I. p.22: „Was Aristoteles über die Schwierigkeit sagt, Aale in einem zur Zeugung schicklichen (propre ä la generation) Zustande zu finden, ist sehr gegründet, und die Naturforscher unserer Tage besitzen keine sicherere Aufklärung als die Alten über die Fortpflanzung des Aales.“ Und Milne Edwards sagt

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jetzt, wie diese Eier aus den Eierstöcken und aus dem Kör- per kommen können, obgleich es dort keinen Eileiter giebt, sondern die Eier müssen, wie bei verschiedenen anderen Fischen, aus den Eierstöcken in die Bauchhöhle fallen. Cu- vier äusserte (Hist. nat. des poissons I. p. 533) die Vermu- thung, dass bei den Aalen, wie bei den Neunaugen, sich zu beiden Seiten des Afters ein Paar Löcher befinden müss- ten, durch welche die Eier aus dem Körper träten, und H. Rathke beschrieb 10 Jahre später diese Ausführungs- gänge, welche dann nachher Hohnbaum ebenfalls beschrieb und auch abbildete. Jetzt sind sie leicht zu finden; sie lie- gen zwischen dem Mastdarm und dem Halse der Urinblase und öffnen sich in die gemeinschaftliche Cloake.

Somit wissen wir nun mit Gewissheit, dass der Aal eine Masse von Eiern legt, dass diese in die Bauchhöhle fallen und von da aus dem Körper treten, eben wie bei den Neun- augen. Aber noch niemals hat man sie reif und fliessend gesehen, und gerade deshalb hat man vermuthlich niemals bei irgend einem Aal etwas gefunden, das man mit Ge- wissheit hätte Milch nennen können. Man hat nie die für die Milch so charakteristischen Spermatozoiden gefunden, wahrscheinlich weil diese keine eigenen Bewegungen, ehe sie reif geworden, zeigen, und dies erst zu der Zeit ge- schieht, in welcher die Eier reif nnd abgesetzt werden. Nun entsteht aber die Frage: in welcher Jahreszeit und wo setzt der Aal seine Eier ab?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns an das vorher Erwähnte erinnern, dass während des Sommers und besonders in den dunkeln Nächten der Herbstmonate die grösseren Aale Wanderungen aus den Seen die Flüsse hinab zum Meere vornehmen, dass sie, dort angelangt, dem Strande südwärts folgen, wenigstens in der. Ostsee, und sich eine passende Stelle suchen, an welcher sie in den weichen Bo-

in seinem Rapport an den Minister Dumas: „Man findet niemals mit reifer Milch oder reifem Rogen trächtige Aale.* Haxo, Fecondation ar- tificielle, p. 44.

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den kriechen und sich ins Winterquartier begeben, wo sie, wie man meint, den ganzen Winter hindurch still liegen bleiben. Man sagt, dass da, wo sie liegen, sich hin und wieder Oeffnungen finden, aus welchen dann und wann Luft- blasen aufsteigen. Die Stellen, an welchen sie sich vor- zugsweise niederlegen, befinden sich vor dem Auslauf von Flüssen, recht in dem Breckwasser, welches natürlich wär- mer ist, als Fluss- und Seewasser. Wenn die Aale im Früh- ling aus ihren Lagern herausgehen, so sind sie schläfrig und nach Aussage der Fischer blind durch eine dicke die Augen bedeckende Haut; allmälig bekommen sie ihr Gesicht und ihre Lebendigkeit wieder. Aber sie gehen niemals mehr in die Flüsse und Seen hinauf; einmal ins Meer gekommen, bleiben sie dort. Im Mai und Juni dagegen gehen unzäh- lige Schaaren kleiner Aaljungen aus dem Meer in die Flüsse. Diese Jungen sind dann 2—3 Zoll lang und von der Dicke eines Segelgarnfadens. Aus Instinkt suchen sie rinnendes Wasser und gehen in dasselbe gegen den Strom an. Auf diese Weise dringen sie so weit vorwärts, als sie können, nicht blos in die grossen Flüsse, sondern selbst in die klein- sten Bäche hinein, bis sie eine zum Stillstehen passliche Stelle antreffen. Sie können sogar auf nasse Steinplatten neben den Wasserfällen kriechen, wenn diese nicht zu hoch sind.)

Dasselbe Phänomen, welches bei Skandinavien vorkommt,

*) Aber über den Trollhättefall konnten die Aaljungen nicht vorwärts dringen, deshalb fand sich diese Fischart auch nicht in dem Wener oder einem der Wasserläufe, welche sich in das Becken dieses grossen Bin- nensees ergiessen. Erst als die Trollhätteschleusen einige Jahre nach dem Anfange dieses Jahrhunderts geöffnet waren, kamen Aaljunge in den Wener, und innerhalb eines Jahrzehnds danach traf man ganz un- vermuthet grosse Aale nicht allein im Göthaelf oberhalb des Falles, son- dern auch im Wener und den in denselben sich ergiessenden Wassern an. Erst um das Jahr 1820 erschienen Aale in Bächen, welche in den Klarelf ausmünden. Es verdient auch als eine Eigenthümlichkeit des Aals bemerkt zu werden, dass in dem Maasse, als er sich zu verbreiten begann, die Krebse verschwanden, welche sich vorher dort in grosser Menge fanden.

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trifft man auch bei England und wahrscheinlich bei allen Küsten an, an denen sich Aal findet und periodisch ins Meer auswandert. Aber am adriatischen Meerbusen des Mit- telmeers beobachtet man diese Wanderungen genauer, als

_ an irgend einer anderen Stelle Europas. Die Lagune bei Comacchio ist in 40 Teiche getheilt, welche alle mit dem Meere in Verbindung stehen und bei denen etwa 400 Mann mit Fischfang und zwar vorzugsweise mit Aalfischerei 'be- schäftigt sind. Während der Monate Februar, März und April, in denen die Teichluken offen sind, steigt in die- selben aus dem Meere eine unzählige Menge von Aaljungen, welche sich in alle die Teiche vertheilen und dort verblei- ben, bis sie mit dem Alter von 5—6 Jahren erwachsen sind, wo sie während der dunkeln Nächte im October, No- vember und December aus den Bassins ins Meer hinabzu- wandern suchen; dabei aber werden sie in zahlloser Menge gefangen und geben die grösste bekannte Aalfischerei ab. (In- structions pratiques sur la piscieulture p. M. Coste, p. 9.) Aus allen diesen Erfahrungen folgt unwidersprechlich, dass der Aal seinen Rogen ins Meer auslaicht, in welches er im Herbste hinab- und aus welchem die Brut im Früh- jahre in die Flüsse hinaufsteigt. Aber noch weiss man nicht, ob er den Rogen ausleert, ehe er ins Winterquartier geht, oder ob er sich fortpflanzt, während er im Verstecke liegt. Man sollte in dieser Hinsicht den Aal im Spätherbste un- tersuchen, ehe er in das Lager geht, und im Winter, wäh- rend. er in demselben liegt und von wo er oft mit dem Aal- stecher hervorgeholt wird; doch mag es auch sein, dass die Aale, um ihre Brut auszuschütten, sich in eine so grosse Tiefe begeben, dass man sie nicht erreichen kann. Wenn man aber auch Aal mit reifem Rogen finden sollte, so ist damit noch nicht die ganze Frage gelöst, die Fortpflanzung dieses sonderbaren Fisches betreffend. Man weiss noch nicht, wie und wann die Eier befruchtet werden, denn noch nie hat man reife Aalmilch mit Spermatozoiden gefunden. Cu- vier, der grösste vergleichende Anatom unserer Zeit, scheint

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anzunehmen geneigt zu sein, dass der Aal hermaphroditisch sei, d.h. dass bei ihm beide Geschlechter in ein und dem- selben Individuum vereinigt seien. In der Hist. natur. des poiss. I, p. 22 sagt er, nachdem er geäussert, dass Aristo- ‚teles eine generatio aequivoca beim Aal angenommen und wir noch. nicht viel mehr von seiner Fortpflanzung wissen als Aristoteles, dass einer der paradoxesten Sätze in un- seren Tagen bestätigt worden sei, nämlich dass der Fisch Channa sich "selbst befruchte und dass alle Individuen die- ser Art Rogen hervorbringen. (Der Fisch Channa ist Ser- ranus Cabrilla, Cuv. Rögne anim. II. p. 139.) Ferner (p. 534): „Man trifft dann und wann unter den eigentlichen Fischen Individuen an, welche an der einen Seite einen Eierstock, an der andern einen Milchsack haben und folg- lich. wirkliche Hermaphroditen sind.“ „Aber es scheint, dass gewisse Arten natürlich und beständig beiderlei Ge- schlechtsorgane besitzen. Cavolini versichert es vom Ser- ranus Cabrilla und Edward Home vom Aal und dem Neun- auge. Die Einwürfe, welche Magendie und Des Moulins dagegen machen, sind leicht widerlegt.“

In Betreff des Serranus äussert sich Cuvier (p. 535): „Wir haben bestätigt, dass in dessen Rogensäcken die hin- tere Portion ein von ihrer übrigen Masse verschiedenes und dem eines Milchsacks ähnliches Gewebe besitzt.“ Was mich betrifft, kann ich hinzufügen, dass die Hunderte von Aalen, welche ich untersucht, alle Rogen hatten und also Weib- chen waren, und dass, wenn es gesonderte Männchen gäbe, ich ohne Zweifel wenigstens irgend eins angetroffen haben würde. Meine bisherige Erfahrung veranlasst mich, wenig- stens bis auf Weiteres, anzunehmen, dass der Aal herma- phroditisch sei, aber fortgesetzte Untersuchungen müssen

und sollen angestellt werden. | : Ein anderes sonderbares Phänomen, welches sich beim Aale zeigt und einige Aehnlichkeit mit dem Verhalten beim Paaren der Schlangen zu haben scheint, ist, dass zu einer gewissen Jahreszeit, welche hier am Ringsjö Ende Mai oder

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Mitte Juni eintrifft, die Aale sich in grosser Menge ansam- meln und zu einem Bündel um einander schlingen, welches bisweilen bedeutend gross ist; man hat gesagt, dass man es bisweilen von eines Klafters Weite und ein Paar Ellen Höhe, aus mehreren Hunderten, wo nicht Tausenden von Aalen bestehend, antreffe. Diese Erscheinung war schon den Alten nicht unbekannt; Atthenaeus, Oppianus, Plinius u.M. thun desselben Erwähnung. Conr. Gesner erzählt in seiner Hist, anim. IV. p. 45, dass im Mainflusse mitunter tausend zusammengebündelte Aale gefangen würden. Die Fischer am Ringsjö haben eigene Benennun- gen für dieses Benehmen des Aals. Die Aalbündel werden nur sehr früh am Morgen angetroffen und zerstreuen sich, wenn die Sonne aufgegangen ist; eigentlich sind es einige Stunden in der Nacht und vor Sonnenaufgang, in denen sie zusammengeknäuelt sind. Die Fischer, welche sich nahe an sie haben heranschleichen können, versichern, dass sie ganz still am Boden liegen, dass aber einzelne Aale ab und zu um sie herumschwimmen und sich mit ihnen zusammen- bündeln zu wollen scheinen.- Können sie aber dazu nicht gelangen oder kommen die Aale nicht in grösserer Anzahl vor, so suchen sie irgend einen andern Körper, ein Rohr oder dgl. m. auf, um welchen sie sich schlingen und wel- chen sie damit in Bewegung setzen. Ein solcher Fall scheint es zu sein, welchen Ekström in den Vet. Akad.s Handlin- gar, 1831, S. 294 beschrieben, wie er mir auch späterhin mitgetheilt hat, dass der Aal auf dieselbe Weise zu der ge- nannten Jahreszeit sich um Blasentang (Fucus vesiculosus) im Meere schlinge. Die besagten Bündel bilden sich nicht blos im Binnensee, sondern auch manchmal im Flusse, wel- cher von da in das Meer ausläuft. Denn es hat sich mehr als einmal ereignet, dass ein solches Bündel, welches sich ganz still und passiv zu verhalten schien, dem Strome fol- gend in eine Aalkiste gerathen ist. Es ist nur der Reu- sen-Aal, welcher sich bündelt, nicht der Raub-Aal, noch der Gras-Aal. Hinsichtlich dieses eigenthümlichen Beneh-

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mens des Aals sind verschiedene Muthmassungen geäussert worden. Gesner führt mehrere dergleichen an, nämlich, es geschehe entweder aus Furcht, oder aus Mangel an Wärme, oder es sei eine Art Paarung, um sich fortzupflan- zen. Die erste Vermuthung ist die am wenigsten, die zweite vielleicht die am meisten annehmbare, indem die dritte, welche man am ehesten anzunehmen geneigt sein möchte, dadurch bestritten wird, dass die Eier zu jener Jahreszeit unreif sind und folglich dann nicht abgesetzt wer- den können. Gewiss ist es indessen, dass in dieser Jah- reszeit beim Aal eine starke Schleimabsonderung stattfindet und dass in der Afteröffnung, welche dann sehr erweitert ist und dick geschwollene Ränder hat, nach Angabe Ek- ström’s eine dunkelgelbe ölartige Feuchtigkeit ausfliesst. Diese habe ich Gelegenheit gehabt mittelst des Mikroskops zu untersuchen; ich habe aber in ihr nichts Anderes als Darmschleim finden können.

Ungeachtet man aber mit Gewissheit weiss, dass der Aal sich im Herbste zum Meere begiebt und während des Spät- herbstes und Winters sich dort fortpflanzt, so weiss man auch ebenso gewiss, dass nicht alle zur Fortpflanzung reife Aale sich dahin ‚begeben, sondern dass viele in den Seen u. s. w, zurückbleiben und sich dort ins Winterquartier le- gen. Ob diese sich dort fortpflanzen, oder ob zu diesem Akt das Meerwasser nothwendig ist, weiss man nicht, denn die Aalbrut, welche man im, Sommer im süssen Gewässer findet, kann sehr wohl dabei aus dem Meere gekommen sein. (Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften Bd. XVI. Heft 7—8.)

Ueber die Kultur der Obstbäume.*)

Die von dem Herrn Regierungs-Rath Beck vorgeschla- genen speciellen Maassregeln zur Förderung der Obstkultur

*) Vgl. Bd. IH. Heft VII. XII. S. 246— 256 der Zeitschrift.

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sind,’ wie der ganze übrige Inhalt des von uns besproche- nen Aufsatzes, auf die Verhältnisse der Rheinprovinz be- rechnet und hiernach weiter ausgeführt. Die Gesichtspunkte, welchen diese Maassregeln entnommen, gehen indess über die provinziellen Verhältnisse hinaus, sind allgemeiner Natur. Wir halten die Vorschläge des Hrn. Beck daher für geeig- net, einer allgemeinen Besprechung, ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse bestimmter Orte, als Grundlage zu dienen.

Vor allen Dingen wird als nothwendig bezeichnet, dass der jetzige Zustand der Obstkultur und der 'Verwerthung des Obstes durch einen tüchtigen Sachverständigen ermittelt werde. Die Wahl dieses Sachverständigen wird jedoch als eine sehr schwierige bezeichnet und deshalb eine ausrei- chende Remuneration desselben in Vorschlag gebracht. Dies dürfte, unseres Erachtens nach, nur dann zutreffen, wenn dieser Techniker, was Hr. etc. Beck allerdings gleichzeitig von demselben verlangt, alle möglichen, den verschiedenen localen Verhältnissen angepassten speciellen Organisations- vorschläge, technische Anleitungen ete. zu machen haben sollte. Allein wir halten die letztere Aufgabe für einen Ein- zelnen, selbst vom provinziellen Gesichtspunkte aus, für zu weit gestellt. Die Hauptsache scheinen uns zunächst zu- verlässige statistische Notizen über den Stand der Obstkultur und ihre Verwerthung. Dieses ungemein wich- tige Resultat dürfte einfach durch die Stellung einer Reihe von geeigneten Fragen und deren Beantwortung durch die Ortsvorstände ohne besondere Mühe zu erreichen sein. Es würde dies jedoch voraussetzen, dass die Regierung ernst- lich entschlossen sei, der Sache näher zu treten.

Wir sind hier bei einer Frage angelangt, welche nach unserer Ansicht scharf voranzustellen ist. Ist das Eingrei- fen der Regierung zur Förderung der Obstkultur nothwendig, oder kann dieselbe den Einzelnen und den Gemeinden über- lassen bleiben?

Herr etc. Beck hat diese Frage überall, in der Einlei- tung seines Aufsatzes sowohl, als bei den speciellen Vor-

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schlägen berührt. Einen Theil derselben hat er unter Nr. 9 der speciellen Vorschläge unter der Rubrik „polizeiliche und administrative Maassregeln“ besonders behandelt. Wir glau- ben, dass er durch alle Anführungen die dringende Noth- wendigkeit bewiesen hat, dass der Staat für sich mit be- sonderen Maassregeln vorgehen und dieselben bedeutend wei- ter ausdehnen muss, als dies bisher geschehen. Herr ete. Beck hat durch gelegentliche historische Beispiele darge- than, was auf diesem Wege erreicht werden kann. Der vortrefflliche Zustand der Alleen in der ehemaligen Mark- grafschaft Schwedt wird der Energie des in der Mitte des vorigen Jahrhunderts daselbst residirenden Markgrafen Frie- drich Wilhelm von Brandenburg-Schwedt zugeschrieben, wel- ‚cher die vorschriftsmässige Bepflanzung aller öffentlichen Wege befahl und sämmtliche Anpflanzungen allmonatlich selbst revidirte. Möchten sich unsere Landräthe derartige allmo- natliche Revisionen an Ort und Stelle doch auch angewöh- nen, anstatt, wie wir es gesehen, jahrelang dem ganzen Kreis den Rücken zuzukehren!

Ein zweites Beispiel berichtet Herr etc. Beck aus der Zeit der französischen Herrschaft in der Rheinprovinz. Es wurden damals besondere Steuerbeischläge zur Förderung des Obstbaues ausgeschrieben. Die französische Fürsorge für das materielle Wohl der Provinz wurde, nachdem die Rheinprovinz an Preussen gekommen, anfänglich in ähnli- chem Geiste weiter geführt. Es wurde im Jahre 1816 ein eigener Plantagenmeister für den Regierungsbezirk Aachen angestellt. Die Schullehrer erhielten für die Wartung der Gemeindebaumschulen alljährlich aus einem besondern Fonds ' Prämien. Mit der Grundsteuerregulirung für die Rheinlande und Westphalen wurde jedoch dieser Fonds den allgemei- . nen Staatsfonds überwiesen. Zu jeder Prämie musste, der geringen Summe von 4—5 Thlr. ungeachtet, die Genehmi- gung des Ministers des Innern nachgesucht werden. In demselben Maasse aber, sagt Herr etc. Beck, wie dem Bezirke die ursprünglichen Fonds zur Hebung

1861. Bd. IV. h

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der Obstkultur geschmälert worden sind, ist .die- ser Kulturzweig immer mehr in Verfall gerathen.

Herr etc. Beck hebt die eigenthümliche Indolenz des Landwirths als weiteres Motiv für das Eingreifen der Re- gierung in polizeilicher Beziehung und für die Anwendung eines gewissen Zwanges hervor. Er sagt:

„Wo der Bauer nicht muss, Rührt er weder Hand noch Fuss.“

Dieses rheinische Sprüchwort charakterisirt den Landmann aller Orten. Wenn irgendwo ein Einmischen von der Re- gierung in die privaten Verhältnisse gerechtfertigt erscheint, so ist dies bei der Landwirthschaft der Fall. Und wir fü- gen hinzu, nirgendwo wird es schönere Früchte bringen, Früchte im eigentlichen und uneigentlichen Sinne des Wor- tes. Mit der Zeit wird auch hier eine engere Grenze für die Regierungsthätigkeit kommen. Aber noch sind wir nicht so weit. Möge der Staat seine Bürger in den übrigen gewerb- lichen Thätigkeiten unbeschränkt schalten und walten lassen. Die Fonds, welche die Handhabung unserer Gewerbegesetz- gebung, die Besoldung der dazu erforderlichen Beamten in Anspruch nimmt, mögen der Landeskultur zugeführt wer- den. Ueberall zeige der Staat den Weg, wie der Land- mann dem Boden die besten und schönsten Erzeugnisse ab- gewinne. Die Landräthe müssen vor allen hier eine Rolle spielen. Sie müssen recht eigentlich Räthe des Landes werden. |

Ein weiterer Grund für die besondere Fürsorge der Re- gierung für die Hebung der Landwirthschaft nach allen Rich- tungen hin ist das langsame Wiederaufblühen derselben, wenn ausserordentliche Ereignisse, wie Krieg etc., dieselbe gestört. Der Krieg kann hier in wenigen Wochen die Frucht von Jahrhunderten vernichten. Weit rascher können sich die Ge- werbe erholen. Noch jetzt ist die eigenthümliche deutsche Pferderace, die eigenthümliche, weitberühmte deutsche Wolle, welche der 30jährige Krieg vernichtete, nicht wiedererzeugt ; nicht minder wird die Obstkultur durch den Krieg gelitten

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haben. Ueberall lässt es sich verfolgen, wie die Zweige der Obstbäume vor dem Schwerte des Krieges fielen, als Nah- rung für die Feuer der Bivouacge’s! Gefährlicher als die unmittelbare Vernichtung wirkt hier die Verwilderung der Sitte, die Entwöhnung von einer Menge von Bedürfnissen.

Als eine specielle Maassregel, welche der Staat im In- teresse der Obstkultur ergreifen muss, haben wir bereits hervorgehoben, dass über den jeweiligen Stand derselben statistische Notizen zu sammeln sind. Das Ergebniss der- selben ist zur allgemeinen Kenntniss zu bringen. Bei der Zähigkeit des Widerstandes, welcher der Obstkultur entge- gengesetzt wird, muss eine derartige öffentliche Anregung von Jahr zu Jahr wiederholt werden. Man wird mit der Zeit nachgeben müssen, wenn man immer wieder durch be- weisende Zahlen darauf zurückgeführt wird, welchen pecu- niairen Vortheil die Obstkultur bringen kann,

Im Uebrigen dürfte sich die Thätigkeit des Staates haupt- sächlich darauf zu richten haben, durch pecuniaire Bei- hülfen die Bestrebungen der Gemeinden und der Einzelnen zu unterstützen.

Die Organe, durch welche der Staat direkt nach die- ser Richtung wirken kann, sind die Landräthe und die Schullehrer. Der Landrath müsste immer zugleich der intelligenteste Grundbesitzer seines Bezirks sein. Auf sei- nem eigenen Gute müsste er den Bezirksgenossen mit dem besten Beispiele vorangehen. Nur dann, wenn der Land- rath selbst die Sache praktisch betreibt, wird er ein nach- haltiges Interesse fühlen und fähig sein, gleichartige Be- strebungen anzuregen und zu fördern. Aehnlich verhält es sich mit den Schullehrern. Ihr geringes Einkommen dürfte jedoch hierbei zur Zeit ein Hinderniss sein. Die Schulleh-

.. rer müssen so gestellt werden, dass sie selbst mit persön-

lichem Nutzen sich der Obstbaumzucht annehmen könnten. Bienenzucht und Obstbaumzucht sind Beschäftigungen, wel- che recht eigentlich für Lehrer passen. Wenn der Lehrer

aber am Hungertuche nagt, wird er indolenter als der Bauer; 7*

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er beneidet den letzteren, der doch wenigstens zu essen hat. Der Gedanke, dem Beneideten ein Vorbild in land- wirthschaftlichen 'Thätigkeiten irgend welcher Art zu wer- den, ist ihm unfassbar. An der Regierung würde es daher sein, die Stellung der Landräthe und Schullehrer mit Rück- sicht auf den gedachten praktischen Zweck angemessen zu ändern. Andere höhere Interessen fordern dasselbe.

Ueber die einzelnen Einrichtungen zur Förderung des Obstbaues, welche von den Gemeinden zu treffen, von den vorgedachten Organen der Regierungsthätigkeit aber zu controliren sein würden, hat Hr. etc. Beck die Errichtung von Baumschulen vorangestellt. In jedem Kreise würde eine Kreis- und Muster-Baumschule anzulegen sein; da- neben aber für jede Gemeinde eine besondere Filial- Baum- schule nicht entbehrt werden können. Ueberall ist der Ge- sichtspunkt betont, dass die Baumschulen den Unterneh- mern erheblichen Nutzen bringen müssen.

.. In Verbindung damit wird die Anstellung von Gemeinde- Baumwärtern befürwortet. Für die Einrichtung der Baum- schulen wie für die Thätigkeit der Baumwärter giebt Herr etc, Beck überaus verständige Winke. Man sieht überall, mit welcher Liebe er die Sache behandelt, wie sehr vertraut er mit derselben geworden. Man glaubt in der That den praktischen Obstzüchter selbst, nicht den am grünen Tische sitzenden Regierungsbeamten zu hören.

Der Thätigkeit von Vereinen zur Hebung der Obstzucht würde hauptsächlich die Veranstaltung’von Ausstellungen und die Verbreitung populärer Schriften anheimfal- len. Sehr richtig hebt Herr etc. Beck hervor, wieviel bei den Ausstellungen auf zweckmässiges Arrangement, geeig- nete Zusammensetzung der Commission und richtige Prinzi- pien bei Zuerkennung der Preise ankomme. Wir halten der- artige Ausstellungen für ungemein wichtig, weil sie einer- seits ad oculos demonstriren und andererseits auf den Ehr- geiz wirken. Da dieselben jedoch eine grössere Betheiligung erheischen, um wirksam zu sein, mithin nur in den Haupt-

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städten der Regierungsbezirke, dort aber alljährlich, zu ver- anstalten sein würden, so ist hier vor allen Dingen die reichliche Unterstützung des Staates angebracht.

Unter den populären Schriften, deren Verbreitung sich die Vereine anzunehmen hätten, nennt Herr etc. Beck, als das bemerkenswertheste, ein altes Werk von Christ, „Hand- buch über die Obstbaumzucht, 4. Auflage. Frankfurt 1817. Wir unterstreichen die Jahreszahl, nicht ohne den Wunsch daran zu knüpfen, dass bald neuere Quellen ebenso zuver- lässig sein möchten. Ferner werden gelobt die Schriften von Lucas, dem renommirten Leiter der Hohenheimer Anstalt in Württemberg. Aus unserem Staate, selbst aus der Rhein- provinz und Sachsen scheint leider ein besonders verdienst- liches bedeutenderes Werk über die Obstzucht noch nicht hervorgegangen zu sein.

Soweit der Absatz derartiger Schriften aus Unbekannt- schaft mit dem Gegenstande noch wenig lohnen dürfte, mit- hin auch der Autor selbst bei der Veröffentlichung aus rein gemeinnützigen Absichten handelt, würde der Staat eben- falls ermunternd und belohnend durch Ertheilung von Prä- mien hinzutreten müssen.

Wir halten indessen weder die Gewährung von Prämien für Produkte der Obstzucht gelegentlich der Ausstellun- gen, noch für Schriften über dieselbe für genügend. Das Pflanzen von Obstbäumen selbst und die Unterhal- tung derselben während einer bestimmten Reihe von Jahren wird im Interesse des Gemeinwohls zu prämiiren sein, weil hierdurch ein directerer Impuls gegeben wird. Herr etc. Beck hat dies unter dem Abschnitt 6. „Concurrenzpreise* ebenfalls hervorgehoben und auch hier, wie überall, prak- tische Fingerzeige gegeben.

Den Vereinen, und somit auch unserem Vereine würde es obliegen, die brauchbarsten Sorten für jedes Klima und jeden Boden zu ermitteln, diese sowie die Bezugsquellen bekannt zu machen, die Erfahrungen zu sammeln, welche sich bei dem Anpflanzen und der Behandlung der jungen

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Bäume ergeben, und die sich hieraus ergebenden allgemei- nen Folgerungen zusammenzustellen.

An die Mitglieder unseres Vereins richten wir die drin- gende Bitte, uns hierin zu unterstützen, damit wir dem Ge- genstande diejenige weitere, praktische Folge zu geben ver- mögen, welche derselbe verdient.

Berlin, im Juli 1861. R.

Ueber die Vermehrung der Kartoffeln durch Sämlinge.

Von Dav. Moore, Direetor des botanischen Gartens zu Dublin.

Bekanntlich fand sich unter den Erklärungsversuchen für die räthselhafte Kartoffelkrankheit in den ersten Jahren ih- res Auftretens auch der, dass der bisherige Stamm unserer Kartoffeln durch Alter und fortwährendes Theilen der Knol- len geschwächt und ausgenutzt worden sei. Diese Ansicht bewog viele Leute zur Anzucht von Sämlingen, und man glaubte hierin das Universalheilmittel gefunden zu haben, denn man dachte sich, dass man auf diese Weise einen fri- schen Stamm, gleichsam mit neuem Blut gewinnen müsse, und die Pflanze demnach der Krankheit eben so gut sich erwehren werde, als sie es früher gekonnt. Andere zogen Sämlinge,, weil sie nicht an diese Theorie glaubten und die Sämlingsgläubigen durch Thatsachen widerlegen wollten. Aus beiderlei Ursachen kamen nun eine grosse Menge Sämlinge im ‚botanischen Garten zur Pflege, theils dort aus Samen gefallene, theils von aussen eingesandte, unter letzteren von einem einzigen Einsender im März 1853 allein 115 Varietä- ten, von denen etwa 50 noch heute fortgezüchtet werden.

Dass die Sämlinge ganz so wie die alten Sorten der Krankheit zugänglich sind, ist jetzt eine zu.bekannte Sache, um länger dabei zu verweilen. Wir gingen selbst einen

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Schritt weiter und verschrieben einige Originalknollen aus dem Stammlande Südamerika; aber sie wurden sehr rasch und heftig schon im ersten Pflanzjahr befallen, obwohl sie von anderen Kartoffeln entfernt gehalten wurden. Hierdurch wäre der klare Beweis geliefert, dass die Krankheit nicht die Folge einer Erschöpfung sein konnte.

Soweit war obige Theorie so gründlich als möglich wi- _ derlegt; aber im Verfolg der Versuche wurden Ergebnisse anderer Art erlangt, die wichtiger für's Allgemeine sind. Im ersten Jahre war die Ernte von den Sämlingen gering, die Knollen klein und von schlechter Qualität; sie wurden daher lediglich in der Absicht forteultivirt, um zu sehen, ob sie, älter geworden, der Krankheit besser widerstehen würden. Es wurde grosse Sorgfalt auf sie verwandt, und alljährlich hatten wir die Genugthuung, zu sehen, dass sie sich sowohl in Qualität als Ertrag verbesserten. In den er- sten Perioden waren sie nach dem Kochen hart, schliffig und übelriechend; löste man ein dünnes Schnittchen zur Betrachtung unter dem Mikroskop ab, so sah man, dass die Stärkekörner in der Masse verhältnissmässig selten und schlecht ausgebildet waren, wodurch obige Erscheinungen und ‘das Nichtbersten der Schale beim Kochen sich genü- gend erklären. Der üble Geruch der gekochten Knollen hielt an, so lange sie wässerig blieben; sowie sie aber später mehliger wurden und beim Kochen platzten, verbesserte sich der Geschmack, und gegenwärtig sind einige unseren alten Sorten völlig gleich, wo nicht besser. Es waren zehn Jahre erforderlich, um die Kartoffeln so weit zu bringen, dass wir 44 Sorten auf die letzte Ausstellung bringen konn- ten; sie verbesserten sich während dieser Zeit jedes Jahr, und dies ist eine der hauptsächlichsten Thatsachen, auf die ich hinweisen möchte, denn sie zeigt, so einfach sie er- scheint, doch deutlich den Weg an, auf welchem die An- zucht von Sämlingen zu einem guten Ziele hingeführt wer- den kann, Unsere mühevollen Experimente bewiesen, dass man auf Kartoffelsämlinge erst viel Geduld und Ausdauer

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verwenden sollte, bevor man sie als untauglich aufgiebt, und ferner, dass eine wirkliche Erprobung gar nicht ‚ohne diese Ausdauer durchzuführen ist.

Die hier gegebene kleine Geschichte unserer Pflanzschule ist anwendbar auf alle Sämlingskartoffeln. Sie sind allemal Anfangs wässerig und schliffig, und hierin liegt unstreitig der Grund, warum so selten diese Zucht in ausgedehnterem Maasse zum Ersatz für alle geringe Sorten betrieben wird. In. neun Fällen unter zehn giebt man die Sache auf, bevor die Eigenschaften der Neulinge hinreichend constatirt sind, und so ist sicher schon manches Werthvolle in die Brüche gegangen. Und dies ist sehr zu bedauern, denn bei keiner unserer Hackfrüchte ist mehr Spielraum gegeben zu Ver- besserungen und bei keiner haben wir die Mittel dazu bes- ser in der Gewalt. | |

Der zweite Hauptpunkt betrifft, wie bei allen Samen- pflanzen, die Mittel, durch welche ein guter Erfolg erreich- bar wird. Wie gesagt sind mehr als 100 Kartoffelsorten in den botanischen Gärten aus Samen gezogen und die Hälfte davon soweit cultivirt worden, dass sie getrost für den prak- schen Anbau benutzt werden - können; aber ich zweifle, ob damit dem Landwirth schon viel gedient sein wird. Keine der neuen Sorten übertrifft bis jetzt in Qualität die besten schon im Betriebe befindlichen, nur sind einige derselben sehr fruchtbar und zeigen einen Grad von Triebkraft und Frische, dass man dennoch an etwas wie „neues Blut“ er- innert wird. Die geringe Qualität der gewonnenen Sorten hat ohne Zweifel zum grossen Theil ihren Grund darin, dass man bei Beschaffung des Samens ‚nicht richtig zu Werke ging; und ähnliche Ergebnisse werden sich so lange zeigen, bis die Aufzucht der Sämlinge. nach rationellen physiologi- schen Grundsätzen geführt werden wird. Zur Zeit wird noch zum allergrössten Theil in höchst. empirischer Weise zu Werke gegangen; man verlässt sich auf. den Zufall, oder wie Einige sagen, auf Glück. Die reifen Samenäpfel wer- den ohne Unterschied der Sorten gesammelt, den Winter

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hindurch aufbewahrt und im Frühjahre gesäet. Nichts ist leichter als das, und doch können in dieser Weise tausende von Sämlingen alljährlich erhalten werden, deren jeder von anderen durch irgend eine kleine Abweichung sich unter- scheidet. Aber dies ist nicht der Punkt, worauf es an- kommt, und dies ist nicht der Weg, um zu edleren Sorten zu gelangen. Wer mit Erfolg operiren will, muss sich völ- lig klar sein über das, was er erstreben will, muss etwas verstehen von den Pflanzenorganen und ihren Verrichtungen, Lässt man dies aus den Augen, so wird wenig wirklich Bes- seres erzielt werden, denn es ist bekannt genug, dass die Sämlinge solcher Culturpflanzen, wie die Kartoffel eine ist, der Mutterpflanze der Zahl nach kaum zum dritten Theil, wenn überhaupt, völlig gleichen. Angenommen z. B. man zieht 100 Sämlinge von der bekannten Kemp-Kartofiel, so darf 'man erwarten, dass nicht die Hälfte davon wieder Kemps oder ihnen sehr ähnlich werden. Einige fallen viel- . leicht sogar rothhäutig, oder haben tiefe, hohle Augen, oder sind glatt, oder haben, ‘obwohl alle von der echten Kemp stammend, verschiedenfarbige Blüthen. Nehmen wir aber einen andern Fall: die Blüthen der Nierenkartoffeln seien mit Blüthen von der Kemp künstlich bestäubt und von den so gekreuzten Samen 100 junge Pflanzen gezogen, so wer- den, wenn nicht alle, doch die Hälfte oder wenigstens % Formen zeigen, welche die Mitte halten zwischen Kemps und Nierenkartoffeln.. Kreuzt man eine Frühkartoffel mit einer späten Sorte, so wird die Mehrzahl der Sämlinge eine Reifezeit haben, die von der der beiden älteren verschie- den ist. In dieser Weise folgen wir bekannten physiologi- schen Gesetzen, die wir unter Controle haben, und dürfen auf leidlich sichere Erfolge rechnen. Ferner aber lassen sich Sämlinge auch sehr veredeln ohne künstliche Befruchtung, wenn wir nur bei der Wahl des Samens darauf sehen, dass er von Sorten kommt, die sich durch irgend welche gute Eigenschaften: besonders auszeichnen. Obwohl, wie gesagt, ein grosser Theil’ der Sämlinge der Mutterpflanze nicht oder

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wenig nachschlägt, so werden sich doch immer einige fin- den, die ihr ganz ähnlich sind und ihre guten oder schlech- ten Eigenschaften getreu wiedergeben, vielleicht sogar in höherem Grade als die Mutterpflanze selber. ‘Es ist daher eine Hauptbedingung, den Samen nur von guten Sorten zu nehmen. | | Nachdem ich somit die Gründe, weshalb bis jetzt so wenig Gutes aus Samen neu gewonnen wird, sowie die Grundsätze angedeutet, welche bei Bestrebungen dieser Art einzuhalten sind, will ich mich jetzt von der Kartoffel zu einigen anderen Öulturfrüchten wenden, bei denen hinsicht- lich der Fortpflanzung ähnliche Verhältnisse obwalten. Zunächst sei bemerkt, dass die Nutzpflanzen, welche in den verschiedenen Ländern unter Cultur stehen, nur eine sehr geringe Anzahl ursprünglicher Arten in sich begreifen, wenn man sie vergleicht mit der grossen Zahl von Arten, die es auf der Erde überhaupt giebt. Bereits mehr als 200,000 Arten sind den Botanikern bekannt, und von die- sen werden höchstens 100 in grösserem Maassstabe gebaut; bei uns zu Lande, wenn man die Grasmischungen ausnimmt, nur % dieser Zahl. Hierüber dürfte Mancher staunen, der den Gegenstand nicht studirt hat und nur die Kataloge der Handelsgärtner zu Rathe zu ziehen pflegt. In diesen lässt man allerdings ganze Colonnen von Arten aufmarschieren; aber die 30-—40erlei Rüben, und die vielleicht noch zahl- reicheren Kraut- und Kohlgewächse sind eben keine ur- sprünglichen Arten, sondern Spielarten von nur 3 Species, nämlich Brassica oleracea, von der die Kohl- und Kraut- arten stammen, Brassica napus, die Stammpflanze aller Rü- bensorten mit Ausnahme der schwedischen, welche von dem wilden Erdkohl, Brassica campestris, herzuleiten sein soll. Unsere ganze Cultur in Feld und Garten beruht demnach zum grössten Theil auf Spielarten, und alle die Pracht- exemplare, die wir zuweilen auf Ausstellungen u. s. w. be- wundern, verdanken ihr Dasein hauptsächlich nur der Ba- stardbildung, Kreuzung und umsichtigen Auswahl. Sie zei-

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gen, welche Macht der Mensch über das Pflanzenreich hat, wenn er richtig zu: Werke geht. Alle diese Produkte ent- standen irgend einmal und in irgend welcher Weise aus den ursprünglichen wilden Arten; aber durch künstliche Züch- tung, durch Zunutzemachung gelegentlicher Missbildungen und Abweichungen vom Stammescharakter ist das, was wir besitzen, erreicht worden. Vieles davon selbst in einer kur- zen Zeitperiode. Eine der merkwürdigsten Thatsachen in Bezug auf Spielarten ist der Umstand, dass dieselben nach einigen Culturjahren fixirt werden, so dass Sämlinge von ihnen der Mutterpflanze so sicher gleichen, als dies bei der Stammart der Fall ist. Die Kohlarten, Erbsen, Weizen etc. sind hierfür nahe liegende Beispiele. Möge nun der Werth einer Varietät, wie bei Hackfrüchten, Krautarten etc., in einer grösseren Entwickelung des Zellgewebes liegen, oder, wie bei Halmfrüchten, Kartoffeln etc., in der vermehrten Erzeugung gewisser Einzelbestandtheile, oder lediglich blos in vermehrter Energie des Wuchses, immer oder doch gröss- tentheils bringen solche Varietäten wieder ihres Gleichen hervor.

Bei einigen Varietäten hängt, wie eben erwähnt, der Werth hauptsächlich von der gesteigerten Kräftigkeit des Wuchses ab, so besonders bei Gräsern und Halmfrüchten. Nun dürfte es schwerlich ein ‘Feld voll solcher Gewächse ge- ben, in welchem nicht Pflanzen gefunden würden, die sich in Massenhaftigkeit vor den übrigen auszeichnen. Wählt man diese aus, benutzt ihren Samen zu abgesonderter Fortzüch- tung, so wird nach einiger Zeit eine neue Varietät mit blei- benden Eigenschaften gewonnen sein. Hauptsächlich auf die- sem Wege sind fast alle besseren Erwerbungen in Feld- und Gartenbau in den letzten 50 Jahren gemacht worden. Hof- fentlich wird es die Zukunft an. weiteren Fortschritten nicht fehlen lassen. (Landwirthschaftl. Centralblalt 1861 S. 50.)

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Die Malayen -Hühner. Von H. Poselger.

Die Malayen-Hühner stammen, ebenso wie die meisten anderen Hühnerracen, aus dem südlichen Asien und sind besonders auf der Halbinsel Malacca einheimisch, von wo sie schon im Jahre 183]. nach England eingeführt wurden. Des- senungeachtet hat die Verbreitung der reinen Race über Eu- ropa nur in sehr geringem Maasse stattgefunden und nur sehr selten sind sie echt anzutreffen, indem bei weitem die meisten der für reine Malayen ausgegebenen. Hühner: die Merkmale der echten Race nur in geringem Grade. an sich tragen, da sie sich meist schon längst mit anderen Hühner- racen vermischten.

Erst nachdem die Cochinchina-Hühner sich über ganz Europa verbreitet hatten, richtete sich die Aufmerksamkeit der Hühnerliebhaber wieder auf ältere schon länger bekannte Racen und namentlich auf die Malayen. Diese sind auch einer solchen Aufmerksamkeit in hohem Grade würdig, denn sie übertreffen an Schönheit und Glanz des Gefieders, an Stärke im Körperbau und an Eleganz in ihrer Haltung die meisten übrigen Hühnerracen. Sie sind gross und schlank von Gestalt und ihre Federn liegen eng und fest am Körper an, besonders bei den Hennen.

Der Hahn hat einen schönen Kopf, sogenannten Schlan- genkopf, mit stolzem, lebhaftem Auge, und jede seiner Be- wegungen verräth Kraft und Gewandtheit. Der Kamm ist klein, dick und niedrig, der Schnabel kurz, etwas gekrümmt und sehr stark; ‘die Kinnlappen sind sehr klein und der ganze untere Theil des Kopfes und ein Theil des Halses un- terhalb des Schnabels ist nackt und lebhaft roth. Der Hals- kragen ist lang und voll und wie der übrige Theil des Ge- fieders sehr glänzend; der Rücken fällt ziemlich steil ab, vom Halse bis zum Schwanze, und dieser letztere ist lang und fliegend und wird nicht hoch getragen, wodurch das

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Thier beinahe ein fasanenähnliches Ansehen bekommt. Das Gefieder ist von verschiedener Farbe, jedoch meist mehr oder weniger rothbraun, mit schwarzer Brust, Bauch und Schwanz, wobei die schwarzen Federn meist grün oder blau schillern. Es giebt indessen auch ganz schwarze und ganz weisse Malayen, wiewohl sehr selten. ‚Schnabel und Füsse sind stets lebhaft gelb und sehr stark, letztere lang und ganz unbefiedert. Der Hahn wird etwa 28 Zoll hoch und wiegt bis 10 Pfad. j

Die Hennen sind kleiner, ebenfalls meist mehr oder we- niger braun, oft über den ganzen Körper fast gleichfarbig, bisweilen auch schön gezeichnet; sie sind schlank, aber flei- schig und die Federn sind glatt und liegen fest am Körper an, deshalb ragen auch bei ihnen die Flügel etwas mehr hervor, als bei anderen Hühnern. Der Kopf und das Auge haben einen ähnlichen Ausdruck wie beim Hahn, und auch der Kamm ist ganz ähnlich gestaltet. Ihr Gewicht beträgt 6 bis 8 Pfd. Sie legen mittelgrosse Eier von durchschnitt- lich 3% Loth Gewicht. Dieselben sind nur von den weissen Hühnern ganz weiss, von anderen stets mehr oder weniger gelblich oder fleischfarben. Die Malayen-Hennen brüten gut und andauernd, und sind ganz besonders aufmerksam und besorgt für ihre Jungen. Die Jungen lassen sich im Allge- meinen nicht schwer aufziehen, indessen sind sie immerhin empfindlicher, als gewöhnliche Hühner, und in regnigten kal- ten Sommern gelingt ihre Aufzucht oft nicht gut, wenn man ihnen nicht hinreichenden Schutz und Aufmerksamkeit zu Theil werden lassen kann. Sie befiedern sich, ähnlich wie die kleinen Cochinchina-Hühnchen, sehr langsam, und des- halb ist es gut, sie nicht früher ausbrüten zu lassen, als bis die Tage warm werden. Die Jungen tragen den Schwanz ganz herunterhängend, bis sie etwa 10 Wochen alt sind, und dann kommt eine Periode, wo sie bei ungünstiger Wit- terung und mangelndem Schutze leicht krank werden. Er- wachsen sind sie unempfindlich gegen die Witterung, nur müs- sen sie im Winter vor zu grosser Kälte geschützt werden,

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Die Malayen-Hühner werden selten recht zahm und zutrau- lich; sie hehalten vielmehr immer ein etwas wildes und scheues Wesen, sind dabei bösartig. und stets zum Kämpfen bereit, und da die Hähne sehr stark sind, muss man Hähne anderer Racen nicht mit ihnen in Berührung kommen las- sen, indem sie diese sonst leicht übel zurichten.

Ihr Fleisch ist sehr zart; zwar nicht ganz so weiss, wie das der Cochinchina-Hühner, aber wenn sie noch nicht das Alter eines Jahres zu weit überschritten haben, liefern sie einen ganz vortrefilichen Braten, besonders wenn sie vor- her ein wenig gemästet wurden, was sehr leicht mit Fleisch- abgängen geschehen kann, welche sie ganz besonders lieben.

Nachdem ich mich nun schon seit einigen Jahren mit der Züchtung von Malayen-Hühnern beschäftigt habe, kann ich diese Race wegen ihrer vorzüglichen Schönheit, wegen ihres - guten Eierlegens und wegen ihres sehr wohlschmeckenden Fleisches den Hühnerliebhabern wohl empfehlen. Dort aber, wo die Hühner blos des Nutzens wegen gehalten werden, möchte sich die Züchtung der reinen Race als unzweckmäs- sig erweisen. Denn wenn die Malayen- Hühner auch wegen ihrer Grösse und Schwere unzweifelhafte Vorzüge vor den gewöhnlichen Landhühnern darbieten, so sind sie doch im- merhin empfindlicher als letztere, und die Aufzucht der Jun- gen kann leicht bedeutende Verluste herbeiführen, wenn man nicht im Stande ist, ihnen die gehörige Sorgfalt und Pflege zu widmen. Dies scheint indessen mit allen edleren und

ganz reinen Hühnerracen der Fall zu sein; keine einzige scheint sich bei der Zucht im Grossen, wenn es sich blos um den grösstmöglichen Ertrag an Eiern und Fleisch han- delt, vortheilhaft zu erweisen, da sie alle eine grössere Pflege und Wartung erfordern, als das gewöhnliche Land- huhn. Man kann sich aber die Vortheile der edleren Racen zum Theil aneignen, ohne ihre Nachtheile mit zu überneh- men, wenn man zweckmässige Kreuzurgen mit ihnen an- stellt und das Landhuhn durch sie veredelt. Solche Kreu- zungen sind schon vielfach zwischen Landhühnern und Co-

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chinchinas ausgeführt worden und haben sich als zweck- mässig erwiesen, indem die Mischlinge bedeutend an Grösse und Fleischreichthum gewinnen und auch in der Zartheit ihres Fleisches den Cochinchinas ähnlicher werden, ohne dabei bemerkbar weichlicher als Landhühner zu werden. Ganz ähnlich ist es, wenn man Malayen zur Veredelung anwendet. Auch hier gewinnen die Mischlinge an Gewicht und Stärke bedeutend. Wenn man aber Cochinchinas und Malayen mit einander kreuzt, so erhält man zwar ein Pro- dukt, was an äusserer Schönheit nicht sehr ausgezeichnet ist, welches aber einen ganz vorzüglichen Braten für die Tafel liefert, auch scheint es, dass die Aufzucht solcher Mischlinge weniger Gefahren ausgesetzt ist, als die Aufzucht jeder der beiden Racen für sich.

Immer. aber ist es nöthig, wenn man schöne und be- sonders grosse Hühner erziehen will, dafür Sorge zu tra- gen, dass die jungen Hühnchen möglichst schnell heran- wachsen, und dies ist nur dadurch zu. erreichen, dass man sie nicht sich selbst überlässt, sondern dass man sie mit gutem nahrhaftem Futter in hinreichender Menge versieht und es ihnen auch an frischem Grünfutter nicht fehlen lässt. Nässe und Kälte sind ihnen stets nachtheilig und verzögert ihr Wachsthum bedeutend, man muss sie daher vor Regen- güssen schützen und ihnen einen grossen, trockenen und san- digen Platz zum. Umherlaufen gestatten.

Subscriptions-Einladung

auf die Annalen der Landwirthschaft Königlih APreußifden Staaten. Herausgegeben

Präsidium des Königl. Landes-Osconomie-Gollegiums und redigirt von dem General-Secretair desselben, Landes-Oeconomie-Rath v. Salviati.

Nach der Reorganisation des Königlichen Landes-Oeconomie-Colle- giums haben mit Hülfe des Königlichen Ministeriums für die land- wirthschaftlichen Angelegenheiten auch die Annalen der Landwirthschaft vom 1. Januar 1861 eine Veränderung und Erweiterung insofern erfahren, als den Abonnenten ohne Preis-Erhöhung ein Wochenblatt gratis geliefert wird,

Nähere Auskunft über Arrangement und Tendenz desselben giebt dıe Probenummer, welche sowie die der Monatsausgabe, die 2 sehr schöne Farbendrucke, Abbildungen von Shorthornrindvieh, enthält, in jeder Buchhandlung gratis ausgegeben wird,

Durch diese Veränderung werden die Annalen nicht nur die reichhal- tigste, sondern auch die billigste landwirthschaftliche Zeitschrift sein, da für nur 4 Thlr. die Monatsschrift in einem Umfange von jährlich 60 Bogen und die Wochenschrift in einem Umfange von jährlich 52 Bogen, mithin 112 Bogen, mit vielen Illustrationen, Plänen etc. geliefert werden,

Um allen Anforderungen zu entsprechen, wird die Wochenschrift such einzeln abgegeben, und kostet dann 1 Thlr. 16 Sgr. jährlich, ein so billiger Preis, wie ihn keine andere landwirthschaftliche Zeitschrift hat.

Jede Buchhandlung und Postanstalt liefert die Annalen zu dem oben angegebenen Preise,

Gustav Bosselmann Kandwirthrcaftliche Verlagsbuhhandiung.

Amftlicher Theil.

2 Vereins-Verhandlungen. (Auszug aus den Protokollen.)

Vorstands-Sitzung am 10. September 1861 in Arnim’s Hötel.

Bei Anwesenheit der Herren Bosselmann, Hartwig, Platho, Schirrmacher und Poselger wurde die Sitzung um 7'/, Uhr eröffnet, von der Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung jedoch Abstand genommen, da dasselbe sich bereits in der neuesten Nummer unserer Zeitschrift für Ac- climatisation gedruckt und in den Händen sämmtlicher Vor- standsmitglieder befindet.

Es erfolgte zunächst die Ernennung des bereits früher vorgeschlagenen Herrn Hauptmann Voigt in Freienwalde a. O. zum correspondirenden Mitgliede des Acclimatisations- Vereins und wurde die Ausfertigung des betreffenden Di- ploms angeordnet. Ä

Von. dem Königlichen Hof-Postamte ist eine Aufforderung zur Erneuerung der Vollmacht zum Empfang der mit der Post unter der Adresse des Acclimatisations-Vereins einge- henden Briefe und Pakete eingetroffen und ist demgemäss verfahren worden. Ä

Herr Hofgärtner Fintelmann berichtet in einer Reihe von Briefen über die sehr günstig fortschreitende Zucht des neuen Ailanthus-Spinners. Auch hat er einige erwachsene Raupen eingesandt, welche denen des Bomb. Rieini sehr ähn- lich sind, sich aber von diesen dadurch wesentlich unter- scheiden, dass sie durchaus kein anderes Futter als Ailan-

thus-Blätter zu sich nehmen wollen und selbst Rieinus-Blät- 1861, Bd, IY. 8

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ter verschmähen, während doch Bomb. Rieini sich bekannt- lich mit sehr vielen verschiedenen Blättern ernähren lässt. Die Cocons sind grauer von Farbe und die Schmetterlinge grösser und schöner als die des Ricinus-Spinners, sonst aber demselben sehr ähnlich. Herr Fintelmann hatte Graines von Bomb. Rieini und Cocons von Bomb. Ailanthi übersandt, welche zur Vertheilung an diejenigen unserer Mitglieder ge- langt sind, welche dergleichen zu erhalten wünschten.

Der Herr Rittergutsbesitzer Schulz in Nickern hatte wiederholt den Wunsch ausgesprochen, unser Verein möge ihm einen echt italienischen Weisel zukommen lassen. Dieser Wunsch war Herrn Ehrhardt in Prettin mitgetheilt und derselbe um Uebersendung eines solchen Weisels an Herrn Schulz ersucht worden. Herr Ehrhardt erwie- dert darauf in einem Schreiben, dass es gegenwärtig seine Zeit nicht gestatte, sich anhaltend mit Bienen zu beschäf- tigen und er sonach den gewünschten Weisel nicht senden könne, Dagegen besitze sein Freund, Herr Moebius, einen sehr schönen italienischen Weisel, welchen er unserm Ver- ein (für 3 Thlr.) ablassen wolle. Hierauf wurde Herr Ehrhardt von Seiten des Vorstandes aufgefordert, den an- gebotenen Weisel, vorausgesetzt, dass er von dem vom Ver- eine importirten abstamme, an Herrn Schulz zu senden und unserm Verein die 3 Thlr. in Rechnung zu stellen. Zugleich ist Herr Ehrhardt aufgefordert worden, uns einen ausführlichen Bericht über die italienische Sendung, deren Fortzüchtung und Vermehrung, respective Verbreitung zur Veröffentlichung in unserer Zeitschrift zugehen zu lassen. Der Weisel ist seitdem an Herrn Schulz gesandt worden, der verlangte Bericht aber noch nicht eingegangen. Die an- wesenden Herren Vorstandsmitglieder erklärten sich zwar mit der Art der Erledigung dieser Angelegenheit, welche dem Vereine eine Ausgabe von 3 Thlrn. verursacht, nicht einverstanden, wollten jedoch jetzt keine BREGNBO mehr dagegen erheben.

Herr Paul A. H. Friedheim theilt mit, dass er trotz

115 vielfacher Aufforderungen noch immer keinen Bericht über die Spinnerei-Versuche der Rieinuscocons erhalten habe, dass jedoch die Spinnerei zum Herbst einen solchen Bericht in Aussicht stellt.

Herr Hauptmann Voigt in Freienwalde a. O. zeigt an, dass ihm aus unbekannten Gründen die Aufzucht des Bomb. Rieini misslungen ist, indem nur sehr wenige Räupchen den Eiern entschlüpften und auch diese wenige sehr bald star- ben. Es ist ihm deshalb eine neue Portion Graines mitge- theilt worden mit der Bitte, den Versuch noch einmal zu machen; auch sind demselben die letzten beiden Jahrgänge unserer Vereins-Zeitschrift übersandt worden, in welchen sich sämmtliche Erfahrungen niedergelegt finden, welche bis- her mit dem Ricinus-Seidenspinner gemacht worden sind.

Herr Rittergutsbesitzer Schulz in Nickern zeigt an, dass ihm durch Herrn Ehrhardt in Prettin eine italienische Bienenkönigin nebst 100 Arbeitsbienen zugegangen ist. Die Unterbringung derselben ist glücklich von Statten gegangen und sagt Herr Schulz dem Vorstande besten Dank für die Uebersendung. Es theilt derselbe zugleich mit, dass er hoffe, im Herbst Samen der grünen Sarepta-Melone zu gewinnen, und bietet dem Vorstande Polygonum Sieboldii, eine auf san- digem Boden gedeihende Futterpflanze und Samen von weiss- blühenden Lein an. Diese Offerten sind dankbar ange- nommen worden.

‚Herr Appellations-Gerichts-Kanzlist M. Schlenzig in Altenburg bittet um Uebersendung neuer Graines von Bomb. Rieini, da ihm die Ueberwinterung nicht gelungen ist. Die- selben sind ihm übersandt worden.

Der Vorstand der landwirthschaftlichen Abtheilung des altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und In- dustrie zu Stendal bittet dem Chaussee-Gelderheber Bar- tels bei Bindfelde Graines von Bomb. Rieini und von Bomb. mori zu übersenden. Da die Zucht von Bomb. mori bereits beendet war, so konnten nur Graines von Bomb. Ricini dem Bartels geliefert werden.

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116

Es war von Seiten des Vorstandes.ein Schreiben an den Herrn Konsul Fr. Kühne in New-York gerichtet worden mit der Bitte, unsern Verein in diesem Jahre mit. keimfä- higen Samen der Ziz. aquatica versehen zu wollen, nachdem der im vorigen Jahre in Aussicht gestellte Same nicht ein- getroffen war. | ... Bald darauf ist auch ein Schreiben. des Herrn. Consul Kühne eingegangen, worin derselbe mittheilt, dass es im vorigen Jahre unmöglich gewesen sei, den Samen in guter Qualität zu verschaffen, dass indessen in diesem Jahre ge- gründete Hoffnung vorhanden sei, solchen zu erlangen, und dass er uns dann denselben in regelrechter Verpackung. zu- senden wolle. Zugleich verspricht er noch einige andere nützliche nordamerikanische Sämereien. |

'In Folge eines bereits früher ausgesprochenen Wunsches waren an den Vorsitzenden der Lokalabtheilung X1V.a, Herrn Freiherrn v. Hilgers, Cocons von Bomb. Ailanthi gesandt worden. Zugleich war um Einsendung eir.es Berichtes über den in Alften befindlichen Angorabock gebeten worden. Hierauf ist von der Lokalabtheilung XIV.a. die Anzeige ein- gegangen, dass durch die bereits zu Ende vorigen Jahres stattgehabte Versetzung des Herrn Pastor Haidinger nach einer entfernten Pfarre im Regierungs-Bezirke Trier, der An- gorabock der Pflege des Herrn Landwirth Hendrichs über- geben worden sei. Der beigefügte Bericht des Herrn Hen- drichs ergiebt, dass der Bock sich in vollkommenem Wohl-- sein befindet und seit October bis Ende Januar 32 Deckun- gen vollzogen hat. Auch ist das: Vliess des Bocks übersandt worden. |

Herr Louis Kurzius bittet um Uebersendung von Bomb. Ricini Graines und hat dieselben erhalten.

Herr Ehrhardt in Prettin macht den Vorstand auf eine neuerdings aus Japan eingeführte und durch den märkischen Seidenbau-Verein vertheilte Varietät von Bomb. mori auf- merksam. Der Cocon derselben .ist grünlich, seidenreich bis zur Härte und die Seide selbst genügt allen Anforde-

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rungen. ' Die Raupe widersteht den Krankheiten, dennoch aber waren die Schmetterlinge bei den ungünstigen Witte- rungsverhältnissen dieses Sommers bereits von der Krank- heit infieirt, so dass Herr Ehrhardt sie nicht zur Graines- Gewinnung benutzen konnte. Er macht deshalb den Vor- schlag, grössere Quantitäten neuer Graines aus Japan zu beziehen. Herr Ehrhardt hatte zugleich einige Cocons eingesandt, welche den Vorstandsmitgliedern zur Ansicht vorliegen. Bei der Wichtigkeit dieser Sache hatte sich der Vorstand an den märkischen Seidenbau-Verein gewendet, mit der Bitte, sich gutachtlich darüber zu äussern, ob’ von einer neuen Importation grösserer Quantitäten von Graines dieser Abart ein vortheilhafter Erfolg zu erwarten sein würde. Das Gutachten des märkischen Seidenbau-Vereins ist in- dessen dahin ausgefallen, dass vermuthlich durch eine neue Importation kein anderes als das diesjährige Resultat erzielt werden würde. Denn die Würmer waren lebenskräftig und die Schmetterlinge sind überall zur Graines-Zucht benutzt worden, so dass man voraussetzen kann, dass schon im näch- sten Jahre eine ganz ansehnliche Zucht von dieser japane- sischen Race des Seidenwurms vorhanden sein werde. Wäre diese Race gänzlich von der Krankheit befreit geblieben, so könnte allerdings die Beschaffung grösserer Quantitäten von Graines besondere Vortheile bieten; indessen sei zu erwarten, dass diese Race aus den hier gezüchteten Graines, wie dies fast jedesmal bei der Einführung neuer Eier aus fernen Ge- genden der Fall zu sein pflegt, sich nach und nach verbes- sern werde. Auf Grund dieses Berichtes beschloss der Vor- stand einstweilen von der Importation grösserer Quantitäten neuer Graines abzustehen.

Die Kurfürstlich hessische Commission für landschaftliche Angelegenheiten in Cassel berichtet, dass aus den übersand- ten Cocons von Bomb. Ailanthi zwei wohlgebildete Weib- chen und einige unentwickelte Männchen, welche sich nicht begatteten, hervorgingen.

‘Herr Robert Erdmann in Arad im Ungarn berichtet,

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dass die erste ungarische Züchtung des Bomb. Rieini sehr günstigen Erfolg gehabt hat. Die Raupen sind theils im Freien, theils im Hause gehalten worden und haben beson- ders die ersteren sehr gute Cocons geliefert. Herr Erdmann hat einige derselben eingesendet, welche den Herren Vor- stands-Mitgliedern zur Ansicht vorliegen. Es sind diese Oo- cons sehr gross und von ganz besonderer Schönheit.

Der Vorstand des Vereins für Förderung der Seidenzucht im Herzogthum Nassau berichtet, dass die Zucht des Bomb. Ailanthi nicht gelungen ist und bittet um Uebersendung einer Anzahl neuer Cocons. Dieselben sind bereits übersandt worden.

Herr Wullschlegel in Oftringen dankt für die Ueber- sendung der Zeitschrift und theilt mit, dass er sich eifrig mit der Zucht des Ricinus-Spinners beschäftigt. Auch bittet er um Uebersendung von anderen neuen Seidenspinnern, wenn solche vorhanden sind. Es ist ihm daher eine Anzahl von Bomb. Ailanthi übersandt worden.

Die Direction des Allgemeinen landwirthschaftlichen In- stituts zu Berlin übersendet eine Einladung und Programm zu einer vom 6 9. October c. stattfindenden Thierschau, Geräthe- und Producten-Ausstellung für die Provinz Bran- denburg.

Der General-Sekretair des Königl. Landes-Oekonomie- Collegiums Herr v. Salviati übersendet 4 Exemplare einer von ihm an die Landwirthe gerichteten Ansprache über die Beschickung der allgemeinen Gewerbe- und Kunst- Ausstel- lung zu London im Jahre 1862, mit dem Ersuchen, diesel- ben an Landwirthe zu vertheilen, von denen angenommen werden kann, dass sie für die Beschickung der Ausstellung Interesse haben.

Dieselben sind vertheilt worden.

Herr Dr. Poselger theilt ferner mit, dass sich ihm am 10. Juli e. Herr Victor de Wissotsky, Mitglied der So- ciete d’agriculture zu Moscau, vorgestellt‘ habe mit der Bitte, um Cocons von Bomb. ‚Ailanthi für die Acclimatisations-Ge-

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sellschaft in Moscau. Er erhielt 6 Cocons. Auf die Anfrage, warum die unserm Vorstande von der Moskauer Acclimati- sations-Gesellschaft schon lange versprochenen, bisher aber leider vergebens erwarteten russischen Sämereien noch nicht eingetroffen seien, bat er, sich deshalb noch einmal brieflich direkt an ihr zu wenden, dann würde er für die Uebersen- dung Sorge tragen. Zugleich empfahl er eine in Russland einheimische Art Ceder, deren Eigenschaften er sehr lobte. Es ist deshalb am 22. Juli ein Schreiben an ihn gerichtet und namentlich auch um Uebersendung einer Quantität Früchte dieser Cederart ersucht worden.

Behufs Einziehung der noch restirenden Jahresbeiträge vieler Mitglieder ist ein Circular an dieselben gerichtet wor- den mit dem Ersuchen, die Beiträge nunmehr bis zum 30. September einzusenden, indem sie im andern Falle mittelst Postvorschuss erhoben werden würden.

Herr Bosselmann überreicht ein ihm zugegangenes, an den Verwaltungs-Ausschuss des Acelimatisations-Vereins ge- richtetes Schreiben des Akademischen Lese-Vereins in Wien, worin derselbe um Uebersendung unserer Zeitschrift für die Bibliothek dieses Vereins vom 1. October an bittet. Es wird beschlossen, demselben das Heft unserer Zeitschrift zu sen- den, welches am Jahresschlusse erscheinen wird.

- Für die Bibliothek des Vereins sind eingegangen: die Juni-, Juli- und August-Hefte pro 1861 des Bulletin de la Societe d’Acclimatation zu Paris.

Das April-, Mai-, Juni-Heft der Landwirthschaftlichen Jahrbücher aus Oekbibusien und von Herrn J. J. Flatau überreicht:

Der praktische Hopfenbau von Pinckert, der Hopfen- bau von J. Janecki und zwei Exemplare der zweiten Auf- lage der Abhandlung über Hopfenbau von J. J. Flatau, ein Separatabdruck aus der Zeitschrift für Acclim. pro 1860.

"Schluss der Sitzung 9'/, Uhr.

120 Ausserordentliche Vorstandssitzung am 14. Oktober

in der Wohnung des Herrn Bang. Ph. Kaufmann.

Bei Gelegenheit der Anwesenheit des Herrn Ernst Kauf- mann in Berlin war eine ausserordentliche Vorstandssitzung berufen worden, zu welcher sich von den Vorstandsmitglie- dern die Herren Bosselmann, Hartwig, Heyer, E, Kaufmann, Schirrmacher, Spinola und Poselger eingefunden hatten, ausserdem: war Herr Carl Kaufmann gegenwärtig. Die Sitzung wurde um 7’/, Uhr eröffnet.

Von den eingegangenen Sachen kamen. folgende zum Vortrag:

Ein Schreiben des Herrn Marine-Intendantur-Rath Raff 5 auf vom 18. September c., worin. derselbe anzeigt, dass er in Folge seiner am 1. Oktober: stattfindenden Versetzung nach Danzig zu seinem Bedauern verhindert sei, in Zukunft an den Vorstandssitzungen Theil zu nehmen.

In einem zweiten Schreiben theilt Herr Raffauf mit, dass es ihm endlich gelungen sei, zu ermitteln, weshalb das im Frühjahr bei Herrn Thierry in Paris bestellte Paquet, enthaltend diverse Sämereien und Stecklinge von Saule rouge, nicht angekommen ist. Es ist nämlich die Adresse gänzlich verdreht und unrichtig aufgeschrieben worden, so dass das Paquet als unbestellbar liegen geblieben und, nachdem der, Inhalt verdorben, vernichtet‘ worden ist, Herr Thierry hat sich erboten im nächsten Frühjahr dieselben Gegenstände noch einmal zu senden.

Hierzu macht Herr E. Kaufmann die Denisckuns, dass er gern bereit sei, dem Vereine im nächsten Frühjahr eine Quantität Saule rouge aus Belgien unentgeltlich zu. über- senden, welches Anerbieten vom Vorstande mit Dank ange- nommen. wird. |

Von Herrn Hauptmann Voigt ist ein Dagicht; eingegan- gen über den Fortgang seiner Ricinus-Seidenzucht, welcher nicht sehr günstig lautet. In den meisten Graines sind die

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Raupen, obwohl entwickelt, und nachdem sie die Schale durchbohrt hatten, stecken geblieben, so dass nur 43 wirklich ausgekrochen; von diesen sind viele sehr klein gestorben, und nur 18 am Leben geblieben. Herr Voigt bittet ‚deshalb um Uebersendung einer Anzahl Raupen oder neuer Graines. In Folge dessen ist an Herrn Fintelmann geschrieben und ihm dieser Wunsch mitgetheilt worden, in- dessen da Herr Fintelmann erwiedert, dass er selbst nur etwa 100 Raupen und keine Graines mehr besitze, so konn- ten Herrn Voigt keine übersandt werden.

Herr Vietor de Wissotsky in Moscau zeigt an, dass er die gewünschten russischen Sämereien seiner Zeit ein- senden werde.

Herr Philipp Jagor macht die interessante Mitthei- lung, dass sein Bruder Fedor in Canton einen jungen Deut- schen kennen gelernt: habe, dessen Adresse er mittheilt, welcher sehr gern bereit sein würde, unserm Vereine inter- essantes lebendes Geflügel zu senden. Obwohl ein solches Anerbieten unserm Vorstande höchst erwünscht sein musste, wurde doch beschlossen, zuförderst Erkundigungen über die ungefähre Höhe der Transportkosten einzuziehen.

«Herr Poselger theilt mit, dass nunmehr der Mitglieds- beitrag von denjenigen Vereinsmitgliedern mittelst Postvor- schuss werde eingezogen werden, welche denselben bisher noch nicht eingesandt hatten. Das darauf bezügliche Circu- larschreiben ist. ‚bereits metallographirt und liegt den Vor- standsmitgliedern zur Ansicht vor.

Für ‚die Bibliothek des Vereins sind eingegangen:

Das Juli-, August-, September-Heft der landwirthschatt- lichen Jahrbücher aus Ostpreussen. _

Das September-Heft des Bulletin de la Societ& imperiale d’Acclimatation, | |

Ein Rechenschafts-Bericht der Sektion Seidenzucht in En- gers für das Jahr 1860 61,

und von Herrn E. Kaufmann ‚eine Anzahl photogra- _

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phischer Abbildungen des Jardin d’Acelimatation im Bois de Boulogne.

Nachdem nunmehr die laufenden Geschäfte erledigt wa- ren, ergriff Herr E. Kaufmann das Wort und sprach aus- führlich über die. bisherige Wirksamkeit des Acclimatisa- tions-Vereins im Allgemeinen. Er bedauerte zunächst leb- haft, dass er selbst seit längerer Zeit verhindert‘ gewesen sei, dem Vereine seine eigene Thätigkeit in dem Maasse zu widmen, wie er es wohl gewünscht habe, indem er durch persönliche Verhältnisse nun schon seit zwei Jahren seinen Aufenthalt in Frankreich zu nehmen genöthigt gewesen sei. Obwohl dieselben auch noch seine fernere Abwesenheit in Frankreich erheischten, so hofft er doch in Zukunft wenig- stens einen grossen Theil des Winters in Berlin zubringen zu können.

Er ist der Ansicht, dass es die Aufgabe unseres Vereins sein müsse, in Zukunft vorzugsweise praktische Zwecke ins Auge zu fassen. | | |

Was zunächst die Ricinus-Seidenzucht anbetreffe, so fehle es noch immer an einer Maschine, um den reichlich vor- handenen Rohstoff zu verarbeiten. Bei der Frage, ob die Mittel des Vereins ausreichten, um eine Kardirmaschine an- zuschaffen, mussten jedoch die Anwesenden anerkennen, dass dies nicht der Fall sei.

Es kam aber zur Sprache, dass der Seidenzüchter Herr Schulz beabsichtige, eine kleine Kardirmaschine zu kon- struiren und die Hoffnung. habe, dieselbe für etwa 60 Thlr. herzustellen. Es wurde beantragt und von den Vorstands- mitgliedern genehmigt, demselben zur Ermunterung ein Dar- lehn von 20 25 Thlr. nach vollendeter Herstellung der Maschine in Aussicht zu stellen, wenn sie zur Kardirung der Rieinus-Cocons geeignet befunden würde.

Herr Kaufmann bemerkte ferner, dass das bisher be- folgte Verfahren Sämereien unter die Mitglieder zu verthei- len, zwar sehr zweckmässig sei, indem dadurch viele zu- gleich zur Anstellung von Versuchen angeregt würden, dass

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es jedoch sehr wünschenswerth sei, dass der Verein auch ein eignes Versuchsfeld besitze, theils um die eingeführten und empfohlenen Gegenstände nicht aus den Augen zu ver- lieren, theils um die Resultate der Oulturversuche vorlegen zu können.

In Bezug hierauf erbot sich Herr Dr. Spinola dem Ver- eine ein Versuchsfeld zur Disposition zu stellen und auf dem- selben die verschiedenen Sämereien anbauen zu lassen, wel- ches Erbieten von den Anwesenden mit grossem Danke an- genommen wurde.

Herr Kaufmann erklärte sodann, dass auch die Anlage einer künstlichen Fischzucht gar keine grossen Schwierig- keiten darbieten würde und versprach im Winter eine solche in Gang zu bringen, wenn wir einen Raum mit Wasserlei- tung hätten, die dazu nöthigen Apparate würden keine gros- sen Kosten verursachen.

Herr Schirrmacher machte hierauf dem Vorstande das Anerbieten, einen solchen Raum in seinem Hause herstellen zu wollen, was ebenfalls mit grossem Danke von den An- wesenden angenommen wurde.

Endlich bemerkte Herr Kaufmann, dass es in Bezug auf die Zeitschrift zweckmässig sein würde, geeignete Ori- ginalaufsätze angemessen zu honoriren.

' Es wird beschlossen den Druckbogen mit 1— 2 Frd’or zu bezahlen und geeigneten Persönlichkeiten hierauf bezüg- liche Anträge zu machen.

Schluss der Sitzung 10 Uhr.

Vorstands-Sitzung am 26. November 1861 in. Arnim’s Hötel. Anwesend waren die Herren: :Bosselmann, Heyer,

Platho, Schirrmacher, Spinola und Poselger und wurde die Sitzung um 7'/ Uhr eröffnet. Herr Hartwig

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hatte sich entschuldigen lassen, indem er leider durch Krank- heit verhindert war, an der Sitzung Theil zu nehmen.

Nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls der letzten Vorstandssitzung werden zunächst die Herren:

Carl Simon, Apothekenbesitzer zu Berlin,

Robert Erdmann in Arad in Ungarn,

Oekonom Trappmann in Emilienthal bei Beeskow zu wirklichen Mitgliedern des Acelimatisations-Vereins auf- genommen und die Ausfertigung der betreffenden Diplome angeordnet. |

Die zum Vortrag kommenden Eingänge waren folgende:

Die Smithsonian Institution in Washington zeigt an, dass sie die Zeitschrift für Acclimatisation, Band II. und III, Heft 1—6 ebenso wie Progres de la sericieulture 'p. E. Kaufmann erhalten habe und dass sie einige Bücher an unsern Verein abgesandt habe. Dieselben sind bis jetzt noch nicht eingegangen.

Herr Hauptmann Voigt in Freienwalde stattet seinen Dank ab für die Ernennung zum correspondirenden Mitgliede des Vereins und erklärt zugleich seine Bereitwilligkeit die Zwecke des Vereins unterstützen zu wollen.

Von dem Kurfürstlich Hessischen Consul Herrn Fr. Kühne in New-York ist ein Schreiben eingegangen, durch welches er die Absendung von zwei Fässern, enthaltend 8 Bushel Wildrice-Samen (Zizania aquatica) anzeigt. Die Einsamm- lung dieses Samens ist mit bedeutenden Umständen und Kosten verknüpft gewesen, Denn da es sich heraus gestellt hatte, dass aller in den Handel kommender Same gedörrt und daher nicht keimfähig ist, so musste, um wirklich keim- fähigen Samen zu erlangen, ein besonderer Agent nach den Indianerdistrikten gesandt werden, um die Einsammlung zu überwachen. Die Einsammlungs-Kosten belaufen sich daher auf die bedeutende Summe von 90 Thlr. 10 Sgr., wozu die Transport-Kosten bis Berlin, Steuer ete. treten, mit ca. 9 Thlr.

Als bald darauf die beiden Fässer hier eintrafen, zeigte

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e8 sich, dass sie ungefähr 120 Pfd. enthielten, wonach sich der Selbstkostenpreis für den Verein auf ca. 25 Sgr. pro Pfd. berechnet.

Damit dieser hohe Preis der Verbreitung dieser so nütz- lichen Pflanze nicht hinderlich sein möchte, beschloss der Vorstand, denjenigen Mitgliedern, welche grössere Quantitä- ten zu haben wünschten, das Pfd. mit 20 Sgr., also bedeu- tend unter dem Selbstkostenpreise abzulassen. Es wurde deshalb in diesem Sinne an alle die Mitglieder, von denen man vermuthen konnte, dass sie vielleicht Gelegenheit zum Anbau der Pflanze haben dürften, ein Circular erlassen.

Inzwischen haben angestellte Keimungs-Versuche bewiesen, dass der übersandte Same, trotz der trockenen Verpackung seine Keimfähigkeit vollkommen bewahrt hatte. Die Keime entwickelten sich im Wasser bei einer Temperatur von 15 18°R. und bedurften :dazu einer Zeit von 3 4 Wochen.

Mit dem Samen der Zizania hat Herr Konsul Kühne zugleich einen zweiten gedruckten Bericht über dieselbe in 40 Exemplaren übersandt, welcher eine genaue Öultur-An- weisung enthält und an die Mitglieder, welche von dem Sa- men empfingen, vertheilt worden ist. |

Proben des neuen Zizania-Samens sowie auch der ge- keimten Körner liegen den Herren Vorstandsmitgliedern zur Ansicht vor und erregen allgemeines Interesse.

In Folge des erlassenen Circulars haben sich bereits fol- gende Mitglieder gemeldet und ist denselben Samen verab- folgt worden:

Der Landwirthschaftliche Verein zu Brandenburg, Die Lokal-Abth. des Landw. Vereins zu Siegburg, Der Landw. Verein zu Stendal,

FERIEN" 5 » Halberstadt u. Wernigerode, Herr Schulz in Nickern,

Prof. Münther in Greifswald und die Kurfürstliche Kommission in Cassel.

Ausserdem sind in Folge einer bereits vor längerer Zeit

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ergangenen Aufforderung, an das Ministerium der landwirth- schaftlichen Angelegenheiten 20 Pfd. abgegeben worden.

Der Vorstand beschliesst, um eine möglichst grosse Ver- breitung der Zizania zu erzielen, den oben erwähnten Be- richt des Herrn Konsul Kühne noch einmal in einer hin- reichenden Anzahl von Exemplaren abdrucken zu lassen, demselben eine Bemerkung hinzuzufügen, dass die angestell- ten Keimungsversuche ein sehr günstiges Resultat ergeben haben und ihn an die Vereinsmitglieder zu vertheilen.

Von Herrn Robert Erdmann in Arad ist ein Schrei- ben eingetroffen, worin derselbe ersucht, ihn zum wirklichen Mitgliede des Vereins aufzunehmen. Er theilt ferner"mit, dass das Resultat seiner diesjährigen Ricinusseidenzucht ein sehr günstiges gewesen ist und dass er sich jetzt im Besitz von circa 20,000 Cocons befindet, welche er zu überwintern hofft. Im nächsten Jahre beabsichtigt er sodann die Riei- nusseidenzucht im grossartigsten Maassstabe zu betreiben, zu welchem Zweck ihm von dem Herrn Grafen Zelenski ausgedehnte Ländereien und Lokalitäten zur Disposition ge- stellt worden sind. Er fügt die höchst interessante Mitthei- lung hinzu, dass es ihm gelungen ist, wie er sagt, auf leichte Weise die Cocons der Ricinusseidenraupe abzuhaspeln. ' Diese Operation hat bekanntlich bisher noch nicht ausgeführt wer- den können; da er jedoch die näheren Umstände seines Ver- fahrens nicht mittheilt, so ist er ersucht worden, dasselbe umständlich zu beschreiben und Pröbchen der abgehaspelten Seide einzusenden. Ebenso ist er ersucht worden, Mitthei- lung darüber zu machen, auf welche Weise in Ungarn aus den von ihm empfohlenen Nudelkürbissen die dort so be- liebte und wohlschmeckende Speise bereitet wird.

Von Herrn E. Kaufmann ist am 11. November ein Te- legramm eingetroffen, worin er anzeigt, dass Herr Geoffroy St. Hilaire gestorben ist, und anfragt, ob er bei der Be- erdigung den Verein officiell vertreten soll. Es ist ihm be- jahend geantwortet worden.

Herr Eugene Roehn theilt in einem Schreiben aus

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Paris mit, dass er im vergangenenen Jahre die Heerden Llamas, Alpacas und Vicunnas für die Acclimatisations-Ge- sellschaft zu Paris von den Anden Südamerika’s eingeführt habe und jetzt im Begriff stehe, eine zweite ähnliche Expe- dition «zu unternehmen. Im Fall auch unser Acclimatisa- tions-Verein von den neu einzuführenden Thieren zu haben wünsche, ist er bereit Aufträge anzunehmen und die Thiere gesund und von reiner Race nach Bordeaux zu dem Preise von 1500 fres. die Llamas und Alpacas, von 3000 fres. die Vieunnas pro Kopf zu liefern.

Ein auf demselben Gegenstand bezugnehmendes Schrei- ben ist von dem Direktor des zoologischen Gartens zu Cöln, Herrn Dr. Bodinus, eingegangen. Er macht namentlich auf die grosse Wichtigkeit der Einführung von Alpacas und Vicunnas aufmerksam und erbietet sich, für den Fall, dass unser Acclimatisations-Verein auf die Propositionen des Herrn Eugene Roehn einzugehen beabsichtige, den Thieren im zoologischen Garten zu Cöln auf einem passenden Terrain die’sorgfältigste Pflege und sachkundige Behandlung ange- deihen lassen zu wollen. |

Obwohl auch unser Vorstand von der grossen Wichtig- kait und Nützlichkeit der Einführung dieser Thiere völlig überzeugt ist, so hat er sich doch zu seinem grossen Be- dauern ausser Stande gesehen, aus Mangel an hinreichenden Mitteln, diese günstige Gelegenheit, in den Besitz dieser kostbaren Thiere zu gelangen, benutzen zu können.

Bereits im Jahre 1859 als die Ausrüstung der ostasiati- schen Expedition stattfand, hatte unser Vorstand ein Gesuch an »den‘'Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Herrn v. Schleinitz, Excellenz, gerichtet, um auch eine Vertre- tung der Interessen des Acclimatisations-Vereins bei dieser

. Expedition zu erwirken. Ein Bescheid war hierauf nicht er-

folgt. Da nun unser Verein bei der Vertheilung der ersten Sendung von Sämereien und Seidenraupeneiern aus Japan ganz unberücksichtigt geblieben war, so schien es wünschens- werth, zu ermitteln, ob eine solche Vertretung unserer In-

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teressen von dem Herrn Minister angeordnet worden war. Auf eine deshalb an das auswärtige Ministerium gerichtete Anfrage ist nun der Bescheid erfolgt, dass das betreffende Gesuch unseres Vorstandes damals dem Herrn Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten mit- getheilt, eine besondere Vertretung des Acclimatisations- Vereins jedoch nicht angeordnet sei. Es .werde uns indes- sen wohl von den, von dem Fachgelehrten ‘der Expedition eingesandten Gegenständen mitgetheilt werden, wenn wir uns an den Herrn Minister der landwirthschaftlichen Ange- legenheiten wenden wollten. Es wird daher beschlossen, sobald wieder eine neue Sendung von Sämereien etc. ein- treffen sollte, sofort eine Eingabe in diesem Sinne an den Herrn Minister der landwirthschaftlichen Angelegenheiten zu richten.

Die Ackerbau-Gesellschaft in Moskau hat durch Ver- mittelung der russischen Gesandschaft 21 Hefte ihres Jour- nals und etwas Samen der Asclepias cornuti und von Mou- cyou eingesandt. Aus den feinen seidenartigen Fasern, welche die Samen der Asclepias umgeben, wird in Russland eine Art von höchst zarter und schöner Watte verfertigt, von welcher eine Probe vorliegt, und die Mou-cyou ist eine neue Futterpflanze, eine Art Luzerne.

Das Journal scheint die Verhandlungen der Gesellschaft zu enthalten, aber leider in russischer Sprache.

Von Herrn Hofgärtner Fintelmann sind zwei Berichte eingegangen über die Zucht von Bomb. Ailanthi und Bomb. Ricini, auch hat derselbe zwei grosse schöne Früchte des ungarischen Nudelkürbis übersandt; er bemerkt dazu, dass dieselben nur mit gesalzenem Wasser verkocht, ein: pfefler- würziges Gemüse geben, an dem jedoch keine Spur von Nu- delbildung wahrzunehmen gewesen.

Auch Herr C, Krüger in Lübbenau sendet einen Bericht über die von ihm cultivirten Sämereien und ein Paket, ent- haltend 12 Sorten der gewonnenen Bohnen ein, und bittet

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dagegen um Uebersendung von Zizania aquatica und andere Sämereien.

Ebenso ist von Herrn Rittergutsbesitzer Behrend ein sehr sorgfältiger von Herrn Wünn verfasster Bericht, so wie. eine Kiste mit verschiedenen der gewonnenen Sämereien übersandt worden.

Ferner sind Berichte eingegangen:

Von der Lokal-Abtheilung Bonn des landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen;

‚Vom Zweigverein der Pommerschen ökonomischen Ge- sellschaft für Pyritz;

Von der Lokal-Abtheilung Berncastel

und von dem Kunstgärtner des Herrn Anton Richter zu Königssaal, Herrn Rudolph Haenisch.

Der Vorsitzende theilt mit, dass Herr Victor de Wis- sotzki aus Moskau ihn am 25. November mit seinem Be- suche beehrt und ihm etwa 1 Pfd. Samen der empfohlenen russischen Ceder für den Verein überreicht habe, indem er versprach, dass eine grössere Quantität desselben und zwar noch in den Zapfen befindlich nachfolgen werde.

Für die Vereins-Bibliothek sind eingegangen:

Das September- und Oktober-Heft des Bulletin de la So- ciete imperiale d’Acclimatation;

und 21 Hefte Verhandlungen der Kaiserlichen Ackerbau- Gesellschaft zu Moskau in russischer Sprache.

Schluss der Sitzung 9'/, Uhr,

Bericht über die Zucht des Ailanthus- Spinners.

’W

Pfaueninsel bei Potsdam, den 25. Okt. 1861. Die am 1. Juni d. J. angelangten Graines wurden in einem Glashause gehalten, dessen Wärme meist zwischen

15 und 20°R. war, selten durch Sonnenschein auf 23° kam, 1861. Bd. IV. 9

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‘Die Räupchen erkrochen alle am 8. und machten in der vorerwähnten Temperatur vier Häutungen, beziehentlich am 12., 15., 18. und 21. Juni und begannen die ersten am 25. zu spinnen. Verglichen mit dem Rieinus-Spinner sind die Perioden gleich, aber es tritt ein Nachtleben nicht so deut- lich hervor, wie bei diesem. Dies berulit möglicherweise auf einer Eigenthümlichkeit. iv asia "IE

Die Raupen des letzteren sind nach der dritten Häutung, wie bis dahin und später dem des anderen zwar sehr ähn- lich, aber doch leicht zu unterscheiden. Die Dornen sind mit einem Büschel sehr kurzer schwarzer Borsten geziert, die bei dem andern sich ‘nicht finden. Ausserdem sind die hier gezogenen Raupen des Ailanthus-Spinners unter 'sich verschieden dadurch, dass die einen ohne alle Bestäubung grasgrün, die andern durch eine weisse, mehlartige, abfär- bende Bedeckung eben nur grün schimmern.

Während der Zeit vor Beginn der dritten Häutung haben die Raupen Ricinus und Karden nicht befressen, ‘wohl je- doch nach der vierten, in der Spinnperiode, in welcher 'sie aber auch das Buchenlaub der Spinnlauben 'annagen, indem sie auf Ailanthus-Blättern sitzen. Zwischen der 3. 'und 4. Häutung ist ein Anbieten anderen Futters nicht geschehen. Sollte die erstere dieser Beobachtungen” sich 'bestätigen, so würde man doch auf Art-Verschiedenheit der beiden Spin- ner schliessen dürfen, deren Schmetterlinge in der Zeich- nung fast übereinstimmen und nur darin von einander ab- weichen, dass das Grau des Ricinus-Spinners einen ausge- sprochenen rothen Thon hat, der beim andern mangelt.

Nach der dritten Häutung wurden 387 gezählt und mö- gen ursprünglich über 400 gewesen sein. Die Spinnzeit der ganzen Familie währte bis zum 3. Juli, also 9 Tage. Den Nachzüglern war äusserlich nichts anzusehen, was auf Krank- heit hätte gedeutet werden können, sie konnten nur spinn- faul genannt werden: 9 Stück waren nackt Puppen gewor- den, eine nach der andern zwischen dem 4. und 10. Juli. Acht aus diesen erschlüpfte Schmetterlinge waren so voll-

13]

kommen ausgebildet und begattungslustig, wie die anderen aus Gespinnsten, Am 6. Juli wurden in den Spinnlauben . . . 262 im Zwinger zumeist in Ecken befestigt . . ...43 vollkommene Gespinnste genau gezählt. Nackt hatten sich versponnen . 22 2 m 00.9 Raupen und Cocons waren abgegeben . . . „29 also seit der Zählung vermisst und umgekommen 44 387

Die Spinnraupen scheinen gern zu steigen; die trägen auf dem Lager bleibenden mögen kränklich sein, und wäre wahrscheinlich die Zahl derer, welche in Ecken gesponnen noch geringer gewesen, wenn eine Abtheilung nicht absicht- lich ohne Laube, nur mit einzelnen Zweigen besteckt, ge- lassen worden wäre. Dichte 2— 3’ hohe Lauben von Buchen- zweigen sind dem Rieinus-Spinner so zusagend gewesen, dass ich bei dem Ailanthus-Spinner gar keine anderen versucht. Ueberdies lösen sich die Gespinnste von den glatten Buchen- blättern so vollkommen und leicht ab, wie von keiner an- deren Widerlage.

Unter den gleichmässig gelblich. hellgrauen Gespinnsten fanden sich 4 von rothbräunlicher Farbe, an die des Rici- nus-Spinners erinnernd.

Die Cocons wurden am 11. in ein dunkles gegen Norden gelegenes Zimmer gebracht, doch bewirkte die Wärme der Witterung, dass auch dort die Temperatur bis 19, ja 21° stieg, und erschienen die ersten Schmetterlinge dieser ersten hiesigen Zucht am 22. Juli. Dies geschah in meiner mehr- wöchentlichen Abwesenheit, während welcher die Vermerke nur so weit zuverlässig, als ich hier unten angebe, und die Beobachtung der vorgedachten vier bräunlichen Cocons lei- der ganz unterblieben ist. Die Schwierigkeiten, welche durch das Auseinanderhalten und gesonderte Beobachten mehrerer Raupenfamilien, nach den Tagen des Auskriechens gebildet, für den Unbewanderten sich darbieten, hat der Pfleger nicht

9*

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zu überwinden gewusst. Möglich, dass dadurch nichts als Vollständigkeit des Berichtes verloren worden.

Die ersten Graines wurden am 24. Juli abgesetzt; die ersten Räupchen erkrochen am 4. August, also am 12. Tage, bei zwischen 16 und 25° schwankender Temperatur.

In einen anderen Raum gebracht, wo die Wärme nicht unter- 16° gesunken ist, fast jeden Tag bis 28° stieg, was nicht beabsichtigt, aber in dem Glashause nicht zu verhin- dern war, trat die erste Häutung den 7. August (also mit dem 4. Tage ein) und hielten sie: dieselben Fristen inne wie im Juni, ohnerachtet das Mittel der Temperatur wohl um einige Grade höher gewesen sein muss, als damals.

Am 25. August, am 22. Tage nach dem Ausschlüpfen, sollen die ersten Raupen zu spinnen begonnen haben. Im Juni lagen, bei niederer Mitteltemperatur, jene’ beiden Epo- chen in der Frist von 18 Tagen. Sollte die Wärme erschlaf- fend gewirkt haben? Ist die Fütterung unregelmässig gewe- sen? Spätere Beobachtungen werden auf diese Fragen wohl eine: Antwort geben können.

Es sind nun von dieser recht shlreinheeng Zucht, die 4 Wochen lang gesponnen, Cocons abgenommen am'5. Ssiken- ber, am 20. September und am 1. Oktober. Die ersten sind in das Freie gestellt und dem Wetter, unter Schutz nur’ ge- gen Regen, ausgesetzt: am 14. September; die 2. am 25.; die 3. am 10. Oktober abgenommen, aber unmittelbar in einen leeren Eiskeller getragen worden, wohin die anderen schon am 28. gebracht worden waren, um sie dem Einflusse der eingetretenen warmen Tage zu entziehen. In dem Eis- keller ist die Temperatur stetig. 8°.

Von den mindestens 1200 Cocons sind 50 Stück im Glas- hause zurückbehalten, wo sie seit dem 28. September einer zwischen 15 und 23° langsam wechselnden Wärme’ ausge- setzt sind. Die Zeit ihres Verspinnens fällt in die 3. Sep- temberwoche, ist aber nicht tageweise vermerkt worden. Die daraus etwa erschlüpfenden Schmetterlinge sollen’ ge- tödtet und aufgesteckt werden.

ar

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‘Eine eigentliche Bedeutung kann der Ailanthus-Spinner, die Verwendbarkeit der Cocons vorausgesetzt, wohl nur dann gewinnen, wenn die Chrysaliden von Mitte Oktober. bis Mitte Mai ohne Schwierigkeit sich überwintern lassen, denn an- deren Falles ist nicht zu erkennen, welchen Vorzug er vor dem Ricinus-Spinner voraushaben sollte, den 6 Monate und länger ruhen zu lassen bereits gelungen ist, und wir mit an jedem Wintertage zu beschaffenden Kardenblättern füttern können. Von dieser Ansicht aus ist der diesjährige Ver- such mit unseren Chrysaliden angelegt. Ein seltsames Zu- sammentreffen der verschiedenartigsten Umstände ‚hat so- wohl die genauere Beobachtung der durchgeführten Zuchten beeinträchtigt, als auch verhindert, dass die Ueberwinterung in der Weise angelegt, wie dies s. Z. mit dem Ricinus-Spin- ner durchgeführt worden.

Nachschrift am 18. November. Die am 28. September in eine Temperatur zwischen 11 23° gebrachten Cocons sind noch nicht ausgekrochen, die Puppen aber noch ganz munter. Cocons von Bomb. Ricini wären unter gleichen Verhältnissen nicht nur ausgekrochen, sondern die Raupen würden schon die zweite Häutung durchgemacht haben.

Nachschrift am 17. December. Als ich am 25. Oktober Bericht über den Ailanthus-Spinner erstattete, war ich der Zuversicht, es würden in den nächsten Tagen Schmetter- linge erscheinen. Da dies bis zum 1. November nicht ge- schehen, wurden die Puppen untersucht, alle aber ganz ge- sund und von reger Empfindlichkeit befunden. Diese That- sachen stellen eine sehr willkommene Eigenthümlichkeit unseres Spinners in Aussicht und geben auch Veranlassung, die Temperaturen zu erniedrigen und näher zu beobachten.

‚Es waren

vom 4. 11. Novbr. im Mittel 17° bei zwischen 12° und 22° yerict 26 eher RR IE 30T „7209 „" 26.Nov. 9. Dechbr.; „: „16° 5 pi 12%; „22° sr 10rDee.ib; 1, „ölypinnlt'g a 10°: 4:19

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Die Ermässigung vermindert die Mühwaltung um ein Be- deutendes.

Die Puppen lassen noch keine Veränderung in Farbe oder Empfindlichkeit wahrnehmen und liegen schon 80 Tage in einer Temperatur, in welcher derselbe Spinner für einen ganzen Lebenslauf höchstens 60 Tage in Anspruch genom- men hat, und der nahe verwandte Rieinus-Spinner zur sel- ben Jahreszeit (Oktober December) ihn in gleicher Frist vollendet haben würde.

Die innen glasirte Lagerschale steht auf Kies, der stets feucht erhalten wird und die Gespinnste werden, damit sie weich bleiben, öfter mit Wasser fein übersprüht.

(gez) @. A. Fintelmann.

2.

Von dem Verein zur Beförderung der Seidenzucht im Herzogthum Nassau, welchem wir Cocons des Ailanthus- Spinners gesandt hatten, ‚ging folgender Bericht ein:

Wiesbaden, im August 1861.

Anfangs Juli übergab mir Herr Regierungs-Rath Schreck 5 bräunlich-graue Raupengespinnste, mit dem Bemerken, dass sie an den hiesigen Seidenbau-Verein von Berlin ge- sandt worden seien, und dass sie am 29. Juni 1861 gefer- tigt seien.

Ich hing dieselben in einer offenen, mit Flor geschlos- senen Glasglocke grösster Art auf, stellte Wasser daneben, dass sie nicht austrockneten und es schlüpfte schon am 20. Juli ein sehr schönes Männchen aus; am folgenden Tage ein zweites. ‘Ich brachte dieselben in den Keller, damit sie ihre Lebenkräfte nicht vor Erscheinung der Weiber aufrei- ben und- sich ruhig verhalten sollten. Erst am 28. Juli er- schien I, am 29. 2 Weiber. Nun holte ich die unterdessen unbeweglich gebliebenen, ganz unversehrten Männer und setzte je ein Paar in 2 Glasglocken. Statt aber, wie die Cynthia immer gethan hatten, sich den Weibern mit ein-

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brechender Abenddämmerung fast ohne Flug zu nähern, schie- nen. diese Männchen nichts: als.den Trieb zu empfinden, in das Freie-hinauszufliegen. ‘Da sie unaufhörlich wider das Glas anrannten, musste: ich sie im Zimmer frei fliegen las- sen. ‚Aber'nun begann! dasselbe Toben gegen das Fenster.

Ich ‚liess den. Vorhang herab, setzte die Weiber an den- selben, und hofite sie am ‚Morgen in Paarung zu treffen.

Statt dessen waren die. Männer ‚an den Flügeln arg zer- fetzt und einer hatte sich beide Vorderbeine abgerannt.

Am folgenden Tage schloss ich auch den Laden, der lei- der nur ein Jalousieladen ist, und der Erfolg blieb derselbe. Zuletzt hatten sich die Männer fast sämmtliche Beine am obersten Gelenk abgestossen und fielen zu Boden, so lange sie nicht flogen. Trat man,mit ‚einer Lampe in das Zim- mer, so flogen sie um und an dieselbe und strebten in das Licht zu kommen. Ihr Flug war herrlich und leicht schwe- bend wie der eines Vogels, dem sie an Grösse gleich kom- men. "Sie waren erheblich grösser als Cynthia, dieselbe Zeiehnung und Farbe, ‚aber lebhafter und kräftiger schattirt, und statt eines weissen Hinterleibes hatten sie einen von der Farbe: der Flügel, mit weissen Haarbüscheln besetzt.

Der: Hauptunterschied bestand aber in dem ganz ver- schiedenen lebhaften Temperament, also wohl auch grösserer Lebenskraft. |

Die Weiber legten zwar schon in der zweiten Nacht eine Anzahl Eier, die aber unbefruchtet zusammenschrumpften. Die: Paarung: wird daher ‚nur in einem ganz grossen Saal oder: einem vollständig finstern Zimmer, wenn man eine An- zahl daran wagen kann, aber am besten im Freien zu be- wirken sein.

Dem! verstorbenen Vegelius erging es ähnlich mit einer Anzahl Sarturnia pyri, die.er zur Paarung in Florkasten setzte. Die Männer stiessen sich nicht nur die Beine ab, ‚sondern. sogar auch die Flügel bis an die Wurzeln, dass sie zuletzt hilflos verstümmelt am Boden lagen.

| (gez.) ‘Dr. Rössler,

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Es ist nicht wahrscheinlich, dass besondere Vorsichts- maassregeln erforderlich seien, um den Ailanthus-Spinner zur Paarung zu veranlassen. Wenn in diesem von Herrn Dr. Rössler so sorgfältig beobachteten und beschriebenen Falle keine Paarung erzielt werden konnte, so dürfte dieser ungünstige Umstand wohl einzig und allein dem unglückli- chen Zufall zuzuschreiben sein, dass die Weibchen volle 8 Tage später als die Männchen erschienen.

Red.

Bericht über die Zucht des Rieinus-Spinners im Jahre 1861.

1.

Pfaueninsel bei Potsdam, den 25. Oktob. 1861.

Im Nachsommer und Herbst v. J. waren Raupenfamilien gebildet worden, welche jede um etwa 14 Tage älter war, als die vorhergehende. In der Absicht zu ermitteln, ob bei den Anzuchten für die Ueberwinterung nicht niedrige Tem- peraturen, oder eigentlich wie sie ohne Heitzen in Gewächs- häusern sich ergeben würden, hinreichend sein möchten, waren die bis Mitte November fertigen Cocons ohne Heitz- wärme geblieben. Von da ab wurden die "Temperaturen aber auch nicht höher gehalten, als für die Pflanzen noth- wendig, und sie sind in der gedachten Zeit für Heitzwärme 14°. Da die Sonne nur selten schien, so erhob sich die Mitteltemperatur vom Oktober nicht höher als 11°, obgleich wenige Male 17 auch 18° gewesen sind.

Schon im September zogen sich die einzelnen Perioden des Raupenlebens mehr und mehr in die Länge, so dass einige Familien 6 Wochen brauchten bis so viel Cocons fer- tig waren, dass man die Nachzügler unbeachtet lassen und. fortwerfen konnte. Die im December Spinnenden mussten durch Heitzen so weit unterstützt werden, dass täglich min-

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destens 16°R. 5 bis 6 Stunden andauerten, um überhaupt Cocons zu bekommen. Das Futter dieser bestand von der zweiten Häutung an nur in Karden; die Rieinus waren alle erfroren oder verzehrt.

Mitte Dezember waren die bis dahin fertigen und in einem Kaltpflanzenhause bei 3— 6°R. bewahrten Cocons in einen Hauskeller gebracht worden, später die anderen unmittelbar aus dem Spinnraume, als von den zuletzt versponnenen einige bei der Probe deutlich klapperten, mithin die Chry- saliden reif sein mussten. Im März wurde es in dem Kel- ler zu warm und die Cocons mussten nach dem Eiskeller übersiedelt werden. Mit Ausnahme der Decembercocons kamen alle gegen Ende April in 15—25°R. Wärme mit angemessener Feuchtigkeit des Raumes. Es kroch auch nicht ein Schmetterling aus, und als nach 4 Wochen die vielen Hunderte von Cocons, die vor dem Auslegen leicht befeuch- tet worden waren, untersucht wurden, fanden sich in fast allen todte, verkrüppelte Schmetterlinge!

Am 1, Juni wurden nun die Decembercocons ausgelegt, zuvor aber von allen die Spitzen abgeschnitten, wie ich dies früher schon dringend für den Fall angerathen, dass einem an jedem lebensfähigen Schmetterling ge- legen ist. Dass man das Aufschneiden aus Bequemlichkeit unterlässt, wie ich es auch gethan, an vielen Tausenden Cocons als ganz und gar überflüssig erkennt, darf uns nicht abhalten unter Umständen bei der Schmetterlingszucht zu der unnatürlichen Scheere, wie unter andern Verhältnissen zur Zange zu greifen, Wenn Jemand behauptet, die Eier von Schmetterlingen, welche ohne Aufschneiden der Cocons darin stecken geblieben wären, könnten keine gesunden Rau- pen zu Tage bringen, so weiss er das ganz bestimmt nicht . aus Erfahrung, und denkt nicht daran, dass es ganz statt- liche Siebenmonatskinder giebt, die 60 70 Jahre gelebt und gesunde Kinder gezeugt, und vergisst, wie viele Zan- gengeburten zur vollständigen Leistungsfähigkeit an Geist und Körper gelangen.

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Meine Scheerengeburten sind vortrefflich gediehen, ich habe davon Graines gezogen, und wenn die von hier ausin diesem Jahr durch den Verein vertheilten, anderweit nicht alle ausgekommen, so ist irgend ein anderer störender. Um- stand eingetreten. Ich habe hier nur die letzten Legungen der Schmetterlinge zurückbehalten, weil diese gering an Zahl waren und ich nur wenig Raupen zu ziehen beabsichtigte, Sie haben alle regelmässig gehäutet und die‘ vier ‚kleinen Familien, die aus Graines beziehentlich am: 28, und.29. Juni und 1. und 2. Juli, erkrochen ebenso am 9.,.10., 12. und 13. Juli, haben zu spinnen begonnen am 27., 28.,.29. und 30. Juli. Eine grössere Gleichförmigkeit ist nicht zu ver- langen, man müsste denn an der Beschleunigung um einen Tag bei den beiden letzten Familien etwas tadelnswerthes finden wollen.

Die nachfolgende Generation wieder von. den Graines ge- wonnen, welche die Schmetterlinge gleichsam ‚nachträglich noch abgesetzt, 3 Familien aus Graines vom 25., 26. und 29. August, bei so geringer Wärme erzogen, dass 2 Häutun- gen in 6 Tagen fielen, also durch 4 Fresstage von einander getrennt waren, statt bei höherer Temperatur nur durch 2, haben beziehentlich den 8., 10. und 12. Oktober zu spinnen begonnen.

Die Cocons sind vorsichtig mit ihren Hüllblättern (Bu- chen) abgeschnitten worden, sobald das Gewebe fertig schien, sind dann, die von jedem Tage zu einander gelegt, 6 Tage bei 14— 20° in dem Spinnraum verblieben, dann in das Freie und in Schatten gebracht, die ersten am 17., die letz- ten am 22. d. M. Es sind deren 98, und sollen nun mor- gen, den 26. in einen leeren Eiskeller kommen, wo. die Tem- peratur jetzt stetig 8°R.

In der eben gedachten Weise meine ich den: Versehen und Uebelständen aus dem Wege zu gehen, welche im vori- gen Jahre Flüchtigkeit und Unachtsamkeit mögen herbeige- führt haben und ein so grossartiges Fehlschlagen der erfah- rungsmässig für sicher gehaltenen Ueberwinterung: verur- sachten. (gez) G. A. Fintelmann.

139 2. Oftringen bei Aarburg, den 17. Mai 1861.

Die Ueberwinterung der Puppen des Ricinus-Seidenspin- ners ist mir vollständig gelungen. Cocons vom September 1860, welche ich damals bis zum Eintritt der Fröste an einem schattigen eher im Freien aufbewahrte, dann in den Keller legte und am 7. April 1861 ins warme N brachte, lieferten mir in der ersten Woche des Mai, also nach mehr als siebenmonatlicher Puppenruhe, schöne kräftige Schmet- terlinge, deren Eier bereits am 16. und 17. Mai die Raupen entschlüpften. Von den Chrysaliden gingen kaum 7 pCt. zu Grunde. Gewiss ein schönes Resultat, das für manche Mühe und Sorge hinreichend entschädigt! Denn daran, dass mir frü- her das Ueberwintern nur unvollständig gelang, ist wohl nur der Umstand Schuld, dass ich die Cocons bisweilen zu sehr der Kälte aussetzte. one: (gez) Wullschlegel.

Bericht über: die Versuche mit den im Frühjahr 1861 zur Vertheilung gelangten Sämereien.*)

Die verschiedenen frühreifenden Maissorten haben sich bewährt und sind im vergangenen Jahre fast überall zur Reife gelangt. Am vorzüglichsten scheint der gelbe Kärnth- ner Mais zu sein, dessen Reife zwar später eintritt und sich zuweilen bis Mitte Oktober verzögert, der sich aber durch sehr hohen Wuchs und prächtige, grosse und körnerreiche Kolben auszeichnet. : Sehr auffallend- ist die Bemerkung, welche der so sorgfältige und unermüdliche Beobachter Herr Fintelmann über die Veränderung der Reifzeit bei eini-

*) Das Verzeichniss derselben findet sich im 4. Bando dieser Zeit-

schrift, Seite 46.

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gen dieser Maissorten, welche er schon im Jahre 1860 an- gebaut hatte, machte. Bei Terzano-Mais, Praecox d’Auxonne und Fortydays-Mais war nämlich eine geringe Verfrühung; bei dem Kärnthner dagegen eine bedeutende Verspätung der Reife im Vergleich mit dem Jahre 1860 eingetreten. Die Ursache hiervon bleibt noch zu ermitteln, kann aber wohl kaum in der Witterung gesucht werden. Es steht vielmehr zu erwarten, dass bei längerer regelmässiger Cultivirung der- selben Maissorten, diese sich mehr und mehr unserm nörd- lichen Klima anpassen und ihre Reifzeit im Allgemeinen nach und nach verfrühen werden, so dass wohl Aussicht vorhanden ist, den Mais in nicht langer Zeit auf unsern Feldern wirklich eingebürgert zu sehen. In diesem Frühjahr werden wir einige sehr schöne Sorten Mais aus Spanien zur Vertheilung bringen, welche aber voraussichtlich spät zur Reife gelangen werden, wir können aber unsere geehrten Mitglieder nur ersuchen, sich dadurch nicht zurückschrecken zu lassen, vielmehr die gewonnenen Kolben in den folgenden Jahren immer wieder zur Aussaat zu benutzen und genau zu beobachten, ob sich nicht nach und nach eine merkbare Verfrühung der Reifzeit einstellen wird.

Ueber die verschiedenen Gerstensorten sind nur wenige Berichte eingegangen, besonders hervorgehoben wird die Reis- gerste aus Christiana, welche sechszeilig ist und einen ganz ungewöhnlich reichlichen Ertrag lieferte. Der Kamtschatka- Hafer, welcher ein so schönes grosses Korn zeigte, scheint sich nicht bewährt zu haben, indem nach dem Berichte des Zweigvereins der pommerschen ökonomischen Gesellschaft, die gewonnenen Körner viel schlechter als die Aussaat aus- gefallen waren.

Die Hirsensorten aus Christiania, namentlich die rothe und die braune werden von verschiedenen Seiten gelobt, ihr Ertrag fiel sehr reichlich aus und ist die Fortsetzung der Versuche zu empfehlen.

Von den Erbsen wird allgemein die Erbse des Ueber- flusses, als ihren Namen alle Ehre machend, anerkannt; sie

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ist eine kleinkörnige Felderbse von ganz besonders reichem Ertrage, auch die grüne englische Felderbse wird gelobt. Von den Gartenerbsen werden von verschiedenen Seiten die Erbse aus China und die Mammutherbse als sehr empfeh- lenswerth bezeichnet, während über die Pois en ombrelle aus Chistiania die Berichte widersprechend lauten.

Die zahlreichen Bohnensorten scheinen fast ohne Aus- nahme empfehlenswerth zu sein; als die vorzüglichsten wer- den hervorgehoben: die Ostfriesländische Buschbohne; Pha- seolus oblongus vinosus; Early yellow six week; Phaseolus oblongus turcicus und Phaseolus sphaericus pumilus (niedere Sophinenbohne), welche letztere sehr niedrig bleibt und sich besonders zum Frühtreiben eignen dürfte. Auch die Stan- genbohne aus Algier ist sehr beachtenswerth, obwohl sie zur Reife einen günstigen Standort verlangt.

Ein ganzes Sortiment von Stangenbohnen, welches nach bereits erfolgter Samenvertheilung aus Paris eintraf, wurde, da von jeder Sorte nur eine kleine Quantität vorhanden war, an Herrn Kunst- und Handelsgärtner Krüger in Lübbenau gesandt. Auch diese Bohnen scheinen nach dem Urtheile des Herrn Krüger alle empfehlenswerth zu sein, nament- lieh hebt er als die vorzüglichste Haricot a gousse ronde oeil blanc hervor. Sobald diese Bohnensorten in hinreichen- der Menge vermehrt sein werden, werden wir sie an unsere Mitglieder zur Vertheilung gelangen lassen; einige wenige, welche Herr Krüger einsandte, werden schon in diesem Jahre vertheilt werden.

"Die neue amerikanische Melone hat sich als frühreifend bewährt, ohne besonderen Schutz zu erfordern. Die erhal- tenen Körner lieferten zwei verschiedene Sorten, die eine mit genetzter Schale und gelbem Fleich, die andere mit glat- ter Schale und weissem Fleisch. Beide Sorten werden in diesem Jahre abermals zur Vertheilung gelangen,

Die grüne chinesische Gurke hat sich nun schon seit einigen Jahren als sehr empfehlenswerth gezeigt; sie liefert zahlreiche schöne grosse und fleischige Früchte.

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Ailanthus glandulosa ist fast überall sehr gut auf- gegangen und sind von diesem schönen Baume. an vielen Orten zahlreiche Pflänzchen gewonnen worden, dagegen sind Taxodium distichum, Fagus sylvatica purpurea und die ver- schiedenen Ziereichen nur spärlich aufgegangen.

Nach dieser kurzen Zusammenstellung, der zu unserm lelbhaften Bedauern bis jetzt leider nicht sehr zahlreich ein- gegangenen Berichte lassen wir nun diese selbst folgen in der Reihenfolge wie sie eingingen.

Im Januar 1862. P.

L,

Lübbenau, den 18. Oktober 1861.

Ueber die mir gütigst übersandten Sämereien erlaube ich meine gemachten Erfahrungen hier mitzutheilen, und zu- gleich von den Bohnen, wo es die Erndte erlaubte, zum Vertheilen an die Mitglieder kleine Parthien einzusenden, da die Aussaat wenig war, konnte auch die Ernte nicht gross sein, und habe ich von einigen Sorten alles zurückbe- halten, um im kommenden Jahre mehr zu ernten und dann zum Siertheileni einzusenden,

Zunächst erwähne ich der Kartoffel von der Insel St. Martha, von welcher ich im Jahre 1858 zwei Knollen er- hielt. Nach meinen früheren Berichten hierüber wollte sich diese Kartoffel gar nicht an unser Klima gewöhnen, indem das Kraut bis zum Herbst grün blieb, und die Kartoffeln nie grösser wurden als eine grosse Kirsche. Schon wollte ich mit der Anzucht ermüden, als ich im vergangenen Jahre grössere und mehrere Früchte erntete, welche dieses Früh- jahr wieder gelegt wurden, und diesen Herbst schon gute Kartoffeln mittlerer Grösse lieferten, welche einen sehr fei- nen Geschmack haben und daher eine sehr gute Tafelkar- toffel liefern.

Zum letztenmal komme ich auf die Oelbohne oder Oel- erbse aus China zurück, nachdem ich sie nun 5 Jahr lang cultivirt habe, gebe ich die Cultur auf, da sie durchaus

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nicht für unser Klima passt. Sie setzt zu spät an, die Früchte, welche nur 2 Körner haben, werden nicht reif, so dass wir getrost davon abstehen können.

Die Erbsen, 'welche ich erhiehlt, waren recht gut, wes- halb’ sie wohl in Aufnahme kommen möchten:

Pois enombrelle aus Christiania, Zuckererbse mit kleinen krummen Schoten und weissen Blüthen mit rother Fahne, ‘weshalb sie auch gleich als Zierpflanze benutzt wer- den kann. Obgleich die Schoten sehr klein sind, so setzt sie sehr reichlich an, wodurch das Kleine der Früchte er- setzt wird. Gelegt wurde sie den 6. April und reifte für die Küche den 5. Juli; sie wird nur 2 bis 3 Fuss hoch.

Grünkörnigte Bröckelerbse aus Christiania, wird nur 2 Fuss hoch, weshalb man sie auch als Stauden- erbse ziehen kann. ‚Ist eine Pahlerbse mit kurzen, dicken Schoten, ‘worin 4, höchstens 5 Körner liegen. Obgleich sie reichlich trägt, so ist ihr Anbau doch nicht sehr lohnend wegen der sehr kleinen Schoten. Gelegt wurde sie auch den 6. April und reif für die Küche den 1. Juli.

Felderbse, grüne englische, 2 bis 3 Fuss hoch, eigentlich mehr zum Trockenkochen, da die grünen Erbsen einen’ herben. Geschmack haben. Sie trägt reichlich, darf aber nicht dicht gesäet werden. Ist ebenfalls den 6. April ausgesäet und Anfangs Juli für die Küche reif.

Graue Erbse wird 4 bis 5 Fuss hoch, hat eine schöne büunte-Blüthe und reift spät, weshalb sie als eine Späterbse mit schönen grossen Schoten angebaut zu werden verdient. Sie wurde auch den 6. April gelegt, war aber erst für die Küche reif Ausgangs Juli, wo die anderen Erbsen ziemlich alle durch sind.

Die Staudebohnen waren sämmtlich gut, und der Ver- .. breitung werth; weshalb ich dieselben namentlich aufführe: Haricot vulgaire graine fasciee nain, wird 1’, Fuss hoch, Wachsthum sehr kräftig. "'Gelegt ward sie An- fangs Mai, und war für die Küche brauchbar Mitte Juli. --

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Die grünen braungestreiften Bohnen werden 6 bis 7 Zoll lang und hangen in grossen Büscheln beisammen,

Phaseolus oblangus vinosus, Weinbohne aus Chri- stiania, ebenso hoch als vorhergehende, ward mit dieser zu- gleich gelegt, reifte auch mit dieser zugleich; die ‚grossen grünen Bohnen werden 6 bis 8 Zoll lang; sie trägt sehr reichlich.

Staudebohne türkische Datteln aus Christia- nia, war ebenso hoch, als vorhergehende, war mit dieser Anfangs Mai gelegt, und reif für die Küche Mitte Juli. Sie trägt sehr lange fleischige Bohnen 20 bis 30 an einer Pflanze, so dass sie wohl zu empfehlen ist.

Staudebohne niedere Sophien aus Christiania, wird nur 1 Fuss hoch, und möchte sich daher gut zum Treiben eignen. Die Bohnen werden 4 bis 6 Zoll lang, sind grün und sehr fleischig, weshalb sie eine gute Tafelbohne liefert. Gelegt wurde sie Anfangs Mai und reifte Mitte Juli.

Phaseolus ellipticus carneus, ist schon im Handel unter dem Namen chinesische Butterbohne, eine schöne weiche Bohne mit fleischigen Schoten, und ebenso früh als vorher- gehende. |

Ich habe die Bohnen nicht kochen können, weil ich die wenigen Früchte zu Samen anziehen wollte, richte mich da- her nach dem bekannten Merkmal, dass wenn die grüne Bohne beim Brechen weich und glatt bricht, ohne Fasern zu lassen es eine gute weichkochende Art ist. Dieses habe ich bei vorhergehenden wie nachfolgenden Arten probirt, und meine Anmerkungen darnach gemacht; es scheinen dem- nach vorhergehende Staudebohnen weiche Arten zu sein.

Die Stangebohnen, welche ich später aus Paris vom Ver- ein erhielt, scheinen mir sämmtlich der Einführung werth zu sein, und folgen auch hier meine darüber gemachten Er- fahrungen. DBeigeschlossen war eine kleine Kapsel japani- scher Bohnen, ‚von unserer Expedition nach Japan, mit net- ten, rothen, kleinen Körnern, wo ich zur Sicherheit die Hälfte Körner den 8. Mai in einen Blumentopf aussäete und in ein

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'lauwarmes Mistbeet stellte, die andere Hälfte denselben Tag ins freie Land legte. Beide Aussaaten liefen gut auf, und wurden die aus dem Mistbeet Ausgängs Mai an einer son- nigen Wand ausgepflanzt. Sie erreichten eine Höhe von 3 Fuss, wuchsen sehr kräftig und fingen erst im August an zu blühen, mit schönen blassgelben Blüthen. Die im Mist- beet angezogenen Bohnen setzten im August schöne fleischige Bohnen an von 4 bis 5 Zoll Länge, und scheinen ausneh- mend zart zu sein. Da der September sehr unfreundlich war, setzte ich Mistbeetfenster vor und hatte die Freude im Oktober etwas reifen Samen zu ernten; allein die im freien Lande gelegten brachten keinen reifen Samen. Es scheint diese Art sich wohl hier acclimatisiren zu wollen, und vor- züglich fein zu sein, weshalb ich im kommenden Jahre die Cultur mit grosser Liebe fortsetzen werde.

Von den Bohnen aus Paris gebe ich die französischen Namen wieder, wie sie auf den Kapseln waren, und wur- den sie alle den 8. Mai bei ziemlich kühler Witterung auf ganz gleichen, guten Garten-Boden ausgelegt, wo sich fol- gendes Resultat herausstellte.

Haricot macul&& fruitrond, Stangenbohne mit sehr kräftigem Wuchs und blauen Blüthen, welche den 10. Juli zum Vorschein kamen. Die Bohnen werden 4 bis 5 Zoll lang, sind blaugrün und müssen jung verspeist werden, weil sie alt hart werden. Sie trägt sehr reichlich, ist auch als Trockenbohne zu benutzen. |

Haricot Belge Commun, Stangenbohne mit sehr kräf- tigem Wuchs, welche den 20. Juli zu blühen anfing und für die Küche brauchbar war den 8. August. Es ist eine etwas späte Art mit 5 Zoll langen Bohnen, welche lange weich bleiben, und der Empfehlung werth.

Haricot rond fauve, Stangenbohne mit blauer Blüthe, welche den 3. Juli in Blüthe trat und den 25. desselben Monats für die Küche brauchbar war. Die Bohnen werden 4 Zoll lang, sind sehr dick und fleischig, blaugrün, setzen

reichlich an und scheinen sehr zart zu sein. 1861. BA. IV. 10

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Haricot Zebre jaune, Stangenbohne von sehr kräf- tigem Wuchs, welche erst den 20. Juli anfing zu blühen, und den 12, August die ersten Früchte für die Küche lie- forte. Die Blüthe ist weiss, die grünen Bohnen 5 Zoll lang, fleischig, und bleiben lange weich, so dass es eine schöne Bohne für den späten Gebrauch werden möchte.

Haricot rond marbre petit, Stangenbohne von sehr kräftigem Wuchs, mit 5 Zoll langen, fleischigen, hellgrünen Bohnen, welche lange weich bleiben. Die weissen Blüthen erschienen den 20. Juli und die ersten Früchte waren für die Küche brauchbar den 8. August; eine schöne reichtra- gende Art.

Haricot ponctu& rose, Staudebohne mit fleischfarbe- nen Blüthen, welche sich den 4. Juli zeigten und die ersten Früchte den 20. Juli lieferten. Die zarten hellgrünen Boh- nen sind 6 Zoll lang und sehr reichlich im Ertrag, weshalb sie alle Beachtung verdient. |

Haricot gendre, Stangenbohne, sehr hoch rankend, erschienen die ersten blauen Blüthen den 8. Juli und die ersten reifen Früchte den 26. Juli. Die Bohnen sind blau- grün und jung sehr zart, später werden sie hart und errei- chen eine Länge von 5 Zoll.

Haricot Zebre purpurin, Stangenbohne mit ausser- ordentlich kräftigem Wuchs und rostfarbner Blüthe, wo die ersten den 18. Juli erschienen. Die ersten reifen Bohnen für die Küche zeigten sich den 5. August, waren 6 Zoll lang, sehr zart und fleischig, und sehr reichlich im Ertrag.

Haricot pourpre, a fruit rond. Sehr schöne späte Stangenbohne mit weissen Blüthen, welche erst den 20. Juli erschienen, und Mitte August die ersten brauchbaren Früchte lieferten. Sie hat einen sehr kräftigen Wuchs und sind die 4 Zoll langen, dicken, fleischigen Bohnen ohne Fasern, und bleiben lange weich, weshalb sie wohl weitere Verbreitung verdient. |

Haricot mulatre, Stangenbohne, schwachrankend, mit blauer Blüthe und kleinen zarten 2 bis 3 Zoll langen fleischigen

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Bohnen, welche sich vorzüglich zum ganz Einmachen eignen möchten. Sie trägt sehr reichliche kleine Bohnen, und er- schienen die ersten Blüthen den 7. Juli, die ersten Früchte den 25. Juli, welche lange weich bleiben. Die blauen Blü- then werden in ein paar Tagen purpurroth, weshalb man sie auch als Zierpflanze verwenden kann.

Haricot Bicolor, sehr empfohlene Staudebohne, weiss- blühend mit zartrosa verlaufen. Die ersten Blüthen erschie- nen den 3. Juli und die ersten Früchte den 20. Juli. Die 4 Zoll langen, dicken fleischigen Bohnen sind sehr zart und ohne Fasern, weshalb sie gewiss bald beliebt werden wird.

"Haricot exotique ä oeil blanc, Stangenbohne, schwachrankend, mit fleischfarbenen Blüthen, von welchen die ersten am 7. Juli erschienen und für die Küche brauch- bar den 25. Juli. Die gelbgrünen Bohnen sind 4 Zoll lang, fleischig und ohne Fasern, und bleiben weich und zart bis zur Reife, weshalb sie allgemeine Verbreitung verdient.

Haricot de Soissons rouge, Stangenbohne, schwach- rankend, blüthe den 10. Juli weiss, brauchbar für die Küche den 8. August. Die Bohnen sind 6 Zoll lang, fleischig und zart, dürfen aber nicht zu alt werden, sehr dankbar tragend.

. Haricot & gousse ronde oeil blanc, Stangebohne von üppigem Wuchs, und sehr reichlichem Ertrag. Die fleischfarbenen Blüthen erschienen den 7. Juli, und waren die ersten Früchte für die Küche brauchbar den 20. Juli. Es scheint dies die schönste Bohne des ganzen Sortiments zu sein, denn die 3 bis 4 Zoll langen Bohnen sind fleischig wie die Wachsbohnen und ohne Fasern; bleiben lange zart und weich, und werden gewiss beliebt werden. © Haricot marbre purpurin, Staudebohne mit weissen Blüthen, welche den 1. Juli erschienen, und den 16. für die * Küche reif waren. Eine 6 Zoll lange, fleischige, grüne Bohne von reichlichem Ertrag.

Hariecot blanerondä oeilnoir, Stangenbohne, nicht hoch rankend, blühte den 2. Juli und lieferte brauchbare Früchte für die Küche den 20. Juli. Es ist eine sehr frühe

10*

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Art, und werden die dunkelgrünen Bohnen 4 bis 5 Zoll lang, fleischig und zart, jung, von angenehmem Geschmack.

Haricot l’Eveque de la Belgique, Stangenbohne von üppigem Wuchs und reichlichem Ertrag. Eine späte Art, da die Blüthen erst den 20. Juli erschienen und. die Früchte für die Küche brauchbar den 6. August. Die Blüthe ist blau und die 3 Zoll langen zarten Bohnen eignen sich vorzüglich zum ganz Einlegen.

Haricot ventre de Biche, Stangenbohne mit kräfti- gem Wuchs und sehr reichlichem Ertrag. Blüthe blau den 7. Juli und reifte für die Küche den 20. Juli. Die Früchte waren 6 Zoll lang sehr fleischig ohne Fasern und daher sehr schön und empfehlenswerth.

(gez.) C. Küger.

2. Rapperath bei Morbach, den 4. November 1861.

1) Zuckermoorhirse, holcus.

Same von dem Aeslisantiseliogne can and » von meh- reren anderen Stellen in Tausenden von Körnern und den verschiedensten ‚Böden ausgesäet, ging in den Jahren 1857, 1858, 1859, 1860 und 1861 kaum zum tausendsten Theile auf, obwohl er zu den verschiedensten Zeiten gesäet war. Trotz der ausgezeichnetsten Pflege, erreichte nur ein einzi- ger Stock im besten Gartenboden eine Höhe von 2'/, Fuss und warf 3 Schüsse. 1861 wurde die schönste Pflanze kaum fingerslang.

2) Amerikanischer Lein.

Er zeichnete sich durch nichts von dem gewöhnlichen, hier gezogenen und neben ihm stehenden aus, als nur durch seine weissen Blüthen.

3) Schottische Annatgerste.

Selbst im Garten an geschützter Stelle gezogen, machte sie sich nur dadurch bemerklich, dass alle Aehren zweizei- lig waren.

4) Kneifelerbse.

ee en bl na ia.

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Fehlte im Garten "gänzlich, der Ertrag war nicht die Hälfte der Saat.

5) Grüne Felderbse, englische.

Die Erbse ergab an Quantität und Qualität die Aussaat wieder.

6) Hellerlinse.

Viel Stroh, aber gar keine Linsen.

7) Tannenklee,

Es zeigen sich einige schwache Pflanzen.

Die Versuche wurden in einem Thale des Hochwaldes, 1,100 Fuss Meereshöhe, gemacht.

Der Direktor der Lokalabtheilung Berncastel (gez) M. Stolzenburg.

3.

Pitzerwitz, den 9. November 1861.

Dem Acelimatisations-Verein zu Berlin beehre ich mich über die dem ökonomischen Vereine zu Pyritz in diesem Jahre übersandten Sämereien folgenden Bericht ergebenst abzustatten.

Zur Vertheilung dieser Sämereien an die Vereinsmitglie- der bot sich mir bei der vorgerückten Jahreszeit keine Ge- legenheit dar, und sah ich mich veranlasst, die Versuche zur Anpflanzung allein zu unternehmen.

Ailanthus glandulosa wurde am 10, April auf Moor- boden gesäet, ging gut auf, und erreichten die Pflänzlinge eine Höhe bis 2 Fuss, deren Spitzen jedoch durch herr- schende Nachtfröste zerstört sind.

Die übrigen Sämereien wurden sämmtlich auf schweren aber gut cultivirten Boden gebracht. | Mais & poulet rouge, Mais praecox d’Auxone, Terzano Mais, gelber Kärnthner Mais wurden am 10. April gesäet, und erreichten bis zum 12. September ihre Reife, Letztere Sorte wurde 7 Fuss hoch, und lieferte den grössten Körnerertrag, wohingegen die anderen Sorten nur die Höhe von 5 Fuss und einen geringeren Körnerertrag er-

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reichten, so dass der gelbe Kärnthner Mais sich zur Culti- virung am besten zu eignen scheint.

Kamtschatka-Hafer gab gutes Stroh, jedoch waren die Körner an Qualität viel schlechter als die Saat, welche am 3. April gesäet war, und am 13. August die Reife er- langt hatte. |

Die broncirte sowie die rothe Hirse ‚entwickelten sich sehr rasch zum guten Stand, lieferten: einen hohen Er- trag und ist deren Anbau wohl zu empfehlen. Aussaat den 10. April, Ernte den 13. August.

Erbsen: Aussaat den 10. April, Ernte den 10. August, aus China und engl. Mammuth, wurden beide an Stroh sehr gross, und gaben einen bedeutenden Körnerertrag‘, letztere vorzüglich grosse Schoten. Pois en ombrelle zeichnete sich durch ihren eigenthümlichen Wuchs aus, indem unten das Stroh nur fein war, nach der Spitze zu aber einen Durch- messer von °/, Zoll erreichte; der Ertrag sehr geringe und daher nicht zu empfehlen. Englische grüne Felderbse scheint dieselbe zu sein, welche in hiesiger Gegend seit mehreren Jahren mit dem besten Erfolge gebaut wird, und sehr zu empfehlen ist.

Bohnen: Aussaat den 8. Mai, Ernte den 3. September. Türkische Dattel- und braune Dattel-Bohne hatten sehr zähe Schoten, im Ertrage befriedigend; die anderen Sorten als: Early yellow, Phaseolus ellipticus carneus, Haricot vulgaire graine fasciee nain und ostfriesische Buschbohne waren im Ertrage gut und die Schoten wohlschmeckend, vorzüglich zeichnete sich letztere Sorte durch diese Eigenschaften aus.

Tabacks-Sorten: Maryland, Schiras, Ohio, La Guayra geben wenigstens dem Anscheine nach ein schöneres, wenn auch quantitativ ein geringeres Produkt als der hiesige. ge- wöhnliche Taback. Die im Mistbeet gezogenen Pflänzlinge wurden am 18. Juni gepflanzt, Ernte am 16. August.

Anthyllis vulneraria ist aufgelaufen aber von Mäusen zer- stört. Radies von Madras ist nicht gekeimt.

Quercus macrocarpa ist eine Pflanze fortgekommen. ‚Von

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sämmtlich gewonnenen Sämereien beehre ich mich Proben beizufügen. Der Vorstand des Zweigvereins der pommerschen ökono- mischen Gesellschaft für Pyritz. (gez.) Held.

4,

Die Lokal-Abtheilung Bonn des landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen sendet folgenden Bericht ein.

Erbsen aus China. Wurden den 22. März in Garten- erde gesteckt, gingen nach 14 Tagen gut auf, blüheten im Mo- nat Mai bis Juni. Da ich nur einige wenige Körner erhielt, so lag es mir besonders daran, mehr Samen zu erzielen, es wurden deshalb nur wenige Schoten zum Verbrauche ver- wendet, alle anderen aber nach ihrer Reife im Monat August vom 1. bis zum 20. zum Samen gesammelt.

Pahlerbsen, BeckspriceTaker, wurden den 22. März in gute Gartenerde gesetzt, wurden 3 Fuss hoch, blüheten An- fangs Mai, setzten kleine Schoten an, und vermehrten sich bedeutend. Immer grünbleibende Felderbsen. Ernte den 6. August.

Englische Mammuth Pahlerbse oder amerikanische Riesenerbse, wurden den 20. April gesteckt, wurden gegen Mitte Mai gegen 10 Fuss hoch, blüheten sehr üppig, die grünen Erbsen kochen sich sehr weich, wenn sie auch schon sehr stark sind, schmecken sehr zart und vermehren sich ausser- ordentlich viel. Von 20 Stück erntete ich gegen 500 Stück am 30. Juli. |

Kneifel-Erbsen, Dunnets first early, gesetzt am 19. April in gute Erde, wurden 4 Fuss hoch, blüheten Mitte Mai, gaben zahlreiche Schoten, jedoch kleiner Art; ihr Geschmack - angenehm süss; ihre Körner klein.

Erbsen des Ueberflusses bewährte sich wieim vorigen Bericht, rechtfertigen ihren Namen und sind von angeneh- mem Geschmack.

Pois en ombrelle aus Christiania, wurden am 22. April

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in gute Gartenerde (mit Lehm im Untergrunde) gesetzt. Er- hielt nur 12 Stück, blüheten Mitte Mai, wurden nur 3 bis 4 Fuss gross. Da ich nur so wenige erhielt, wurde. keine zur Küche gegeben, sondern zur Samenerzeugung aufbewahrt. Erntete 150 Stück.

Bohnen. Phaseolus oblongus vinosus. Weinbohnen aus Christiania. Im Allgemeinen sei gesagt, dass ich von sämmtlichen Bohnen bei der Vertheilung nur immer wenige erhielt, und daher mein Bestreben nur sein konnte Samen zu erziehen, es blieb daher der Versuch, wie sie sich im Ge- brauche bewährten, ausgeschlossen. Wurden den 21. Mai in gute Gartenerde gesetzt, hatte viel, besonders klein, von den nackten Schnecken, so wie alle nachgenannten Sorten Boh- nen zu leiden, blüheten in Mitte Juli, und wurden Anfangs September geerntet. Von 20 Stück erzielte ich 208. Stück.

Phaseolus oblongus spadiceus, braune Dattelbohne, gesetzt an demselben Tage und unter denselben Verhältnissen. Haben lange gelbe Schoten. Von 15 Stück erntete ich 115.

Phaseolus ellipticus carneus, incarnatfarbige Eier- bohne aus Christiania. Cultur wie ad 30 (Phaseolus oblongus vinosus).

Phaseolus Haricot renfl&e blanc nain aus Christia- nia, gesetzt wie ad 30 (Phaseolus oblongus vinosus) nur kam sie etwas mehr feucht und im Schatten zu stehen, wurde daher mehr von den nackten Schnecken heimgesucht, erhielt nur einen Strauch von 4 und welcher auch nur 16 Bohnenfbrachte. Eine gleiche Zahl, die ich bei der Vertheilung erhalten hatte.

Grosse Heller-Linse, erhielt 8 Stück, wurden den 26. April in gute Gartenerde gesetzt, sind indess gar nicht aufgegangen, ah

Grüne chinesische Gurke, wurde den 14. Mai in ein kaltes Mistbeet gesetzt, ging aber der Samen (3 Körner) nicht auf, |

Radis von Madras, wurde auf Salatbeete in einer Ent- fernung von 1 Fuss, wie es die Vorschrift besagte, gesäet, ging. aber nicht auf. (Ungefähr 12 Körner.)

(gez.) v. Suter, Oberstlieutenant a. D.

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Kl. Beeren, den 9. November 1861. Der Gärtner des Herrn Rittergutsbesitzer Behrend sen- det folgenden Bericht ein: 1)Maisä pouletrouge. 2) Terzano-Mais. 3)Forty- days-Mais. Anfang Mai legte ich diese Maissorten auf eine gut und tief bearbeitete Rabatte, welche im vergangenen Jahr mit Kuhdung gedüngt war, in Entfernung von 1'/; Fuss im Quadrat, immer 2 Körner in ein Loch. Der Same ging gut auf und erreichte der Terzano-Mais eine Höhe von 8 Fuss mit einem, selten zwei Kolben,

Mais & poulet rouge eine Höhe von 6 Fuss mit einem, sel- ten zwei Kolben,

Forty days-Mais eine Höhe von 5 Fuss mit einem Kolben.

Alle drei Sorten waren Ende September reif und füge ich von jeder einzelne Proben bei.

Rother Soemmer-Emmer aus Christiania. Da mir der Anbau dieses Productes gänzlich unbekannt war, so legte ich die Samenkörner zu zweien im Quadrat von 6 Zoll auf ein lockeres, ein Jahr zuvor gedüngtes Land, wo sie bald auf- gingen, die Pflanzen kräftig heranwuchsen, und bis Ende August gegen 3'/; Fuss hoch wurden. Zeit der Reife war Mitte September, und habe auch hiervon zur Probe etwas zurückbehalten, welches hierbei erfolgt.

Mumien-Erbse. Amerikanische Riesenerbse. Graue Erbse. Dunnets first early. Diese Erbsensorte legte ich am 2. Mai auf kräftigen etwas lehmigen Boden. Mu- mien-Erbse mit kurzen dicken Schoten war im Ertrag mittel- mässig, reif Mitte August, und ist als Gemüse zu empfehlen.

Dunnets first early war im Ertrag sehr gering, reif An- fang August und ist nicht als Gemüse zu empfehlen.

Amerikanische Riesenerbse war von gutem Ertrag, reif An- fang September und trägt sehr grosse dicke Schoten mit gros- sen glatten Samenkörnern, ist als Gemüse nicht zu empfehlen.

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Graue Erbse mit blassrothen Blüthen wurde 9 Fuss hoch, fing erst Mitte Juli an zu blühen und ist nicht reif geworden.

Erbse des Ueberflusses, welche ich von meinem vorjäh- rigen Samen wieder säete, ist nicht als Gemüse zu empfeh- sen, war im Ertrag wieder ganz vorzüglich, und soll näch- stes Frühjahr im Felde ausgesäet werden.

Phaseolus oblongus vinosus,

Pr spadiceus, * ellipticus carneus,

Canadische Zwergbohne.,

Am 6. Mai legte ich den Samen auf kräftigen, lehmigen Boden und ging er nach 8 Tagen gut auf, Alle 4 Sorten sind Staudebohnen,

Phaseolus oblongus vinosus: wurde im Kraut 2 Fuss hoch und hatte die wenigsten Schoten, die sich sehr lange grün hielten, aber nicht zur Reife kamen, sondern bei der im Herbst anhaltenden nassen Witterung alle zu Grunde gingen. Als Gemüse ist diese die einzige, die ihrer zarten, breiten Schoten wegen empfohlen werden kann.

Phaseolus oblongus spadiceus war Anfang September reif und lieferte die Staude zu 8 Samenkörner 76. Schoten, jede zu. 5 auch 6 Körner.

Phaseolus ellipticus carneus war ebenfalls Anfang Sep- tember reif, und hatte die Staude von 8 Samenbohnen 106 Schoten, jede zu 5 auch 6 Bohnen.

Canadische Zwergbohne war Ende August reif und lie- ferte die Staude zu 8 Samenbohnen 92 Schoten mit 4 auch 5 Bohnen.

Stangenbohne aus Mexico ist ihrer zähen Schoten wegen nicht als Gemüse zu empfehlen, und brachte in diesem Jahre auch nur sehr geringen Ertrag.

Neue amerikanische Melone. Mitte April säete ich den Samen in eine flache Schaale, die ich in’s kalte Mistbeet setzte, wo er nach 14 Tagen aufging, und ich die jungen Pflanzen bald in kleine Töpfe pflanzen konnte. Wie sie einigermaassen zum Auspflanzen kräftig ‘genug waren und

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den Topfballen hielten, pflanzte ich sie am 20, Mai in ein abgetragenes Mistbeet, das zum Heranziehen von Sellerie- und Borree-Pflanzen angelegt war, nur 2 Pflanzen in einem Fenster, legte jedoch keine Fenster auf, sondern schützte sie nur in der ersten Zeit durch des Abends darüber ge- stürzte Blumentöpfe gegen kalte Nächte. Sobald die Pflan- zen das dritte Blatt gemacht hatten, schnitt ich vorsichtig die Spitze heraus, um Nebentriebe zu erzielen, und über- liess sie dann ihrem ferneren Wachsthum in soweit, dass ich nur von Zeit zu Zeit durch Giessen die Feuchtigkeit im Beete erhielt. Bald bemerkte ich, als die ersten Früchte die Grösse eines Hühnereis erreicht hatten, dass es 2 ver- schiedene Arten waren, und zeigte sich späterhin beim Rei- fen,.der Früchte, Ende Juli, dass eine Sorte mit grösserer Frucht und genetzter Schaale, gelbes Fleisch, die andere da- gegen mit kleinerer Frucht und glatter Schaale, weisses Fleisch hatte: Da beide Arten sehr zuträglich sind, und durch’ihre frühe Reife sich auszeichnen, so wären sie die- serhalb wohl zu empfehlen, ich muss aber hinzufügen, dass die gewöhnliche Netzmelone, sowohl als Tafelmelone wie eingemacht, vor beiden den Vorzug behält.

Grüne chinesische Gurke. Am 22. Mai legte ich die Körner in ein abgetragenes offenes Mistbeet, nach der Länge desselben in eine Reihe, immer 6 Zoll von einander ein Korn, Nur. ungefähr . die Hälfte des Samens ging auf, was auch hinreichend war um den ganzen Flächenraum des Bee- tes zu beranken, welches Ende Sommer mit schönen langen Gurken wie besäet war. Wohl verdient diese Gurke man- cher andern vorgezogen zu werden, weil sie sich durch Grösse, langes Grünhalten der Frucht, Reichhaltigkeit an Fleisch und reiche Fruchtbarkeit auszeichnet. Eine der schönsten Früchte wog 3 Pfund 13 Lth. |

Pyrethrum carneum säete'ich am 27. März in ein kal- tes Mistbeet, wo der Same bald aufging, die jungen Pflanzen heranwuchsen, dass ich sie am 22. Mai im Garten auf Ra- batten in Entfernung von 1 Fuss auspflanzte, wo sie kräftig

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fortwuchsen, und von Anfang August bis jetzt geblüht haben.

Ailanthus glandulosa. Einen Theil des RER säete ich am 27. März in einen mit sandiger Mistbeeterde gefüllten flachen Kasten, den ich in ein kaltes Mistbeet stellte, wo der Same nach 3 Wochen aufging. Als die Pflanzen 1!/, Zoll gross waren, pflanzte ich sie am 22. Mai im Garten auf eine halb schattig liegende Rabatte, welche 1 Fuss tief bearbeitet war, in Entfernung von 1 Quadratfuss aus, goss sie an, welches den ganzen Sommer hindurch bei trockener Witterung wiederholt wurde; und haben die kleinen Bäum- chen zu meiner Freude eine Höhe von 1?/, Fuss erreicht, bei einer Stärke von '/, Zoll. Den anderen Samen legte ich einzeln am 12. April auf ein schattig liegendes Land, das ebenfalls ein Fuss tief bearbeitet war, in Entfernung von 6 Zoll im Quadrat. Die jungen Pflanzen zeigten sich doch erst, obgleich ich das Samenbeet beständig feucht hielt, An- fang Juni, haben bei Weitem nicht diesen kräftigen Wuchs wie die andern, und sind kaum 1 Fuss hoch geworden, woran ich wohl sehe, dass ein Verpflanzen in grösserer Ent- fernung auf eine nicht so schattige Stelle besser gewesen wäre. Da bei den bis jetzt sich eingestellten Reifen das Laub der jungen Bäume erfroren ist, wird es gut sein, sie durch eine Decke gegen zu grosse Kälte zu schützen, und sie, sobald sie erst grösser und stärker sind, von Jahr zu Jahr abzuhärten. Jedenfalls werde ich einige zum Versuch frei stehen lassen, und den Erfolg davon BUEIREIUERG: Ä

Taxodium distrehhik,

Fagus sylvatica purpurea.

Quercus coccinea.

Am 27. März legte ich diese drei verschiedenen Samen in flache Schaalen, welche ich ins kalte Mistbeet setzte. Nach 4 Wochen gingen von Taxodium 5 Pflanzen auf, welche ich später einzeln in Töpfe pflanzte, anfangs schattig hielt und nach und nach an die Sonne gewöhnte. Sie sind 1 Fuss

re

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hoch geworden, und werde ich sie im nächsten Frühjahr in’s Freie pflanzen. Fagus sylvatica purpurea und Quercus coceinea sind bis August nicht aufgegangen. (gez.) Wünn.

6.

Königsaal, im November 1861.

1) Erbsen: Becks Price, Amerikanische Riesen, Victoria, Mumien- und Erbse des Ueberflusses, sämmtliche Sorten gin- gen gut auf und entwickelten sich vollkommen; was den Er- trag anbelangt, so habe ich nur die letztere als sehr dank- bar gefunden, alle übrige Sorten werden von älteren, wie 2..B. Knigths of Marrow u. s. w., die schon seit mehreren Jahren in Deutschland cultivirt werden, übertroffen.

2) Ailanthus glandulosa ging sehr gut auf, allein schon zu bekannt, um in Details darüber einzugehen.

3) Mais a poulet rouge und Terzano gingen gut auf und brachten zeitig reife Kolben, da aber dieses Jahr alle Sor- ten Mais vom Brand heimgesucht wurden, waren nur wenig Kolben vollkommen ausgebildet.

4) Quercus rubra ist nicht aufgegangen.

5) Die broncirte Hirse ging sehr gut auf, wurde aber vor vollkommener Reife total vom Hagel zerschlagen.

(gez.) Rudolph Haenisch, Kunstgärtner des Herrn Anton Richter zu Königsaal.

T.

Königsberg i. Pr., den 29. Nov. 1861. Die im März c. der unterzeichneten Centralstelle geneig-

- test zuertheilten Sämereien sind verschiedenen Landwirthen

zu Anbau-Versuchen übergeben; indessen ist bis jetzt nur von den Herren Dr. Kleeberg und Nitschmann-Con- radswalde Bericht erstattet worden.

Das Resultat stellt sich in folgender Weise heraus:

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1) Ailanthusglandulosa. Der Samen ging sehr gut auf. Die Schwierigkeit der Anzucht besteht wesentlich darin, dass das Holz nicht völlig reif wird und daher durch den Win- ter wenn nicht sehr geschützte Lage und Stroheinwicke- lung zu Hülfe kommt fast bis zur Erde niederfriert. Die beste Behandlungsweise ist immer, wie bei der von Paulow- nia imperialis, deren Wurzelstock allerdings perennirt und nur die jährlichen Stocktriebe gelassen werden, wobei frei- lich nur ein Strauch, aber mit imponirender Blattfülle er- halten wird.

2) Fagus sylvatica rubral gingen gut auf; rm hier aber

: nur an sehr geschützter Stelle; da Kö- 3) Quercus coceinea und nigsberg schon für die gewöhnliche Bu- 4) Quercus rubra

che die Nordgrenze ihrer Vegetation ist.

5) Maispraecox d’Auxonne wurde 8—10 Fuss hoch, doch ohne zu fructifieiren.

6) Grüne chinesische Gurke lieferte reichlich und gute Früchte in schönen Exemplaren von 1'/, Fuss Länge und Armsdicke, mit sehr dicker Fleischschale.

7) Anthyllis vulneraria. Die empfangene Probe von Samen war nicht keimfähig. Wr

8) Ostfriesländische Speck-Buschbohne lieferte das 6. Korn.

9) Phaseolus oblogus tureicus (Christiania) „21.

10) Phaseolus oblongus vinosus ® gi REBORe, 11) Phaseolus ellipticus carneus Eee > 12) Phaseolus oblongus spadicus ,„ a N

13) Canadische Zwergbohne (Christiania) sehr früh reif lieferte das 12. Korn. | 14) Heller-Linse lieferte das 11. Korn.

Um für die Folgezeit ein grosses Quantum Samen zu er- zielen, wurden die Bohnen, incl. Linse, in einem Gemüsegar- ten, jedoch ohne frischen Dung angebaut.

Schliesslich wäre noch zu bemerken, dass um dem Anbau der Weberkarde (Dipsacus fullonum) für die Folge- zeit auch in Ostpreussen eine grössere Ausdehnung zu ge-

ben der erhaltene Same, ausser den Vorständen einzel-

ner Zweigvereine, noch namentlich dem Kantor Lange in

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Kl. Dexen (bei Pr. Eylau) und dem Lehrer Kanitz in Hein- richsdorf (bei Friedland) zu weiteren Versuchen übergeben worden ist. Ein Bericht hierüber bleibt für nächstes Jahr vorbehalten. Die ostpreussische landwirthschaftliche Centralstelle. In Vertretung (gez) Minden.

8.

Hasenholz, den 9. Dezember 1861.

Ueber die mir im Frühjahr gütigst mitgetheilten Säme- reien erlaube ich mir ganz ergebenst Folgendes zu berichten:

1) Die drei Tabackssorten: Gounditaback, Maryland- und Duttentaback säete ich am 3. April in’s freie Land, sie gingen aber erst Ende Mai auf und wurden am 16. Juni ver- pflanzt. Das Ertrags-Quantum ist genügend. Auch habe ich alle drei Sorten geprobt, welehe sich sehr gut zum Rauch- taback eignen. Die vorzüglichste Sorte an Geschmack ist der Duttentaback. Reifer Samen ist nicht gewonnen.

2) Anthyllis vulneraria ist am 30. März gesäet, und ging schon am 20. April auf. Aber die Höhe zum Schneiden hat er nicht erreicht.

5) Die ostfriesländische Speck-Buschbohne und Phaseolus oblongus spadiceus habe ich am 10. Mai ge- legt. Aufgegangen den 19. Mai. Die Früchte von beiden Sor- ten sind zart, delikat, reifen früh und kochen sich sehr gut. Die ziemlich stärkeren Bohnen bleiben noch zum Brechen.

4) Die drei Sorten Erbsen, als: Mammuth-Pahlerbse, AmerikanischeRiesenerbseundErbsedesUeberflus- ses sind ausgelegt am 5. April, am 20. April sehr gut aufgegan- gen und wuchsen sehr üppig. Ich hatte sämmtliche Erbsen mit - 5 Fuss hohen Reisern gestabelt, aber sie wuchsen noch 4 Fuss darüber. Alle drei Sorten sind meines Erachtens sehr zu empfehlen. |

5) Dispsacus fullonum ist gut aufgegangen und mit kräftigen Pflanzen in den Winter gekommen.

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6) Die weisse, braune und broneirte Hirse wurden am 3. April gesäet, es kamen aber von jeder Sorte nur sehr wenig Pflanzen zum Vorschein und wurde auch von diesen ‘wenigen Pflanzen kein reifer Samen erhalten.

7) Morus alba ist sehr gut aufgegangen, die jungen Pflanzen haben eine Höhe von 4 bis 6 Zoll erreicht.

8) Pyrethrum carneum ist nicht aufgegangen.

9) Frühreifende amerikanische Melone nicht auf- gegangen.

10) Mais a poulet rouge wurde am 9. April gelegt, ist aber bei der Kälte’und Nässe nicht gediehen.

11) Ailanthus glandulosa habe ich am 17. April in Rei- hen ausgelegt, und zwar an einem Orte, wo sie den ganzen Sommer von der Sonne beschienen wurden. Sämmtlicher Samen ist gut aufgegangen und die jungen Pflanzen haben eine Höhe von 3 bis 5 Zoll erreicht. Zum Frühjahr werde ich dem Vereine mehrere junge Bäumchen senden, indem ich nicht Raum genug habe, sie alle regelmässig zu ver- pflanzen. Ä |

12) Ricinus communis minorist auch dieses Jahr sehr gut aufgegangen, und erreichte eine Höhe von 10 Fuss. Lei- der konnte ich die schönen Blätter nicht benutzen, indem die Graines, welche ich am 4. Juli erhielt, am 6. Juli aus- kriechen sollten. Es erfolgte aber bei gehöriger Tempera- tur von 17 bis 18° doch erst das Auskriechen am 12. Juli, und zwar von sämmtlichen Graines sind nur 6 Räupchen ausgekommen, lauter Weibliche. Die übrigen Graines habe ich noch lange bei gehöriger Wärme beobachtet, aber alle meine Mühe ist vergebens gewesen, also glaube ich, dass die übrigen Graines taub waren. Die 6 ausgekrochenen Würm- chen entwickelten sich sehr schnell, und lieferten auch sehr _ kräftige Cocons, (gez.) Lehrer Schojan.

9

Pfaueninsel, den 23. Dezember 1861. Mais. Die im Mai d. J. erhaltenen Maissorten sind zu

161

'spät eingetroffen, als dass aus deren Anbau noch reife Kol- ben zu erwarten gewesen wären, wenn ihnen nicht sehr be- günstigte Oertlichkeiten angewiesen werden konnten. Ueber alle solche mir zu Gebot stehenden war aber zur Zeit der. Ankunft der gedachten Samen bereits anderweit verfügt, so dass ich die Versuche damit bis zum nächsten Jahre aus- gesetzt habe. Die Kolben, welche ich dem Vorstande wie- der zugestellt, von denen ich aber je 25 Körner zur Aus- saat zurückbehalten habe, waren wie folgt bezeichnet: Panizo alto blanco, ca. 15’, aus Murcia (14 zeilig). Panizo alto pajizo (goldgelb) ca. 20’ aus Murcia (18zeilig). Panizo moruno (klein, kegelf., weiss) aus Murcia (regel- los vielzeilig). Panizo pajizo de en medio ca. 6’ aus Murcia (18zeilig). Panizo perdicero (klein, kegelf., roth) aus Murcia (regel- los vielzeilig).

Von den im vorigen Jahre hier angebauten Sorten sind aus hiesiger Ernte wieder und zwar am 17. Mai ausgesäet die Folgenden:

| 1860 Terzano, aufg. 29/5, stäubt 16/7, reif 3/9. 189. Praecox d’Auxonne, 295, 14/7, 3/9. 10/9 Gelber Kärnthner, 16, 2/8, 17/10. 10/9. Fortydays, Te ae: 10/9,

Der Anbau fand reihenweise nebeneinander in langen Vierecken auf verschiedenen Feldern statt, um die Sorten möglichst vor gegenseitiger Befruchtung zu bewahren.

Die Reihen waren 18 Zoll von einander entfernt und auf diesen waren alle 18Z. 3 Korn einzeln (etwa 1 Zoll von einander) gesteckt worden. Das Ausdünnen begann Mitte

Juni, war in den ersten Tagen des Juli beendet und wurde in der Weise durchgeführt, dass durchschnittlich auf den Steckstellen nur eine Pflanze stehen geblieben.

Die angegebene Zeit der Reife bezeichnet den Tag, an

welchem das erste Ausbrechen reifer Kolben ausgeführt wor- 1861. Ba, IY. 11

162

den ist. Im Vergleich mit dem vorigen Jahre, in dem am 30. April ausgesteckt worden, und die Lage der: kleineren Saatflecke eine viel geschütztere war, ist bei 3 Sorten (Ter- zano, Praecox und Fortydays) eine Verfrühung, hingegen bei der 4. (dem Kärnthner) eine auffallende Verspätung einge- treten, welche aus der Oertlichkeit um so weniger zu er- klären, weil diese gegen Nord geschützter ist, als bei der anderen, auch in früheren Jahren bei anderen Anbauver- suchen sich eher als die wärmere gezeigt hat. Schon die wenigen hier nebeneinander gestellten Zahlen lassen erken- nen, dass zu uns her versetzte Sorten (Spielarten) Abände- rungen unterworfen sind, welche nicht nur ihr Verhalten gegeneinander verschieben, sondern auch Verwandelungen hervortreten lassen können, welche den Namen von Neuge- staltungen beanspruchen dürfen. Die Erfahrung hat dies auch schon längst festgestellt, und wir dürfen danach hof- fen, auch noch Maissorten zu erzielen, welche bei uns als Getreidepflanze wichtig werden kann.

Bohnen. Early yellow six week (frühe gelbe Sechs- wochen- Staudebrechbohne); die Saat 1860 erhalten. Von der eigenen Ernte wurde am 17. Mai gelegt und am 28. August der Bestand reif aufgezogen. Am 11. Juli junge Boh- nen 2 Zoll lang.

Von allen Bohnen, welche im Allgemeinen im vergan- genen Sommer schlecht gediehen sind, war diese die zutra- gendste und zeigte das kräftigste Gedeihen.

Die mannigfachen Schädigungen, welche die Versuchs- stücke betroffen, haben die Ernteergebnisse in einer Weise gestört, dass jeder Vergleich unzulässig, daher unterlasse ich auch jede Angabe über die genau nach Land, Maass und Saat, Gewicht, angelegten Versuche und über Gewicht der Erträge. In Folge meiner mehrwöchentlichen Abwesenheit sind auch keine Vermerke gesammelt, wann die grünen Boh- nen verwendbar geworden und sind auch die Kochversuche unterblieben.

Haricot renfle blanc nain (weisse Kugel-Stauden-

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brechbohne); die Saat 1860 erhalten. Von der eignen Ernte wurde am 17. Mai ausgelegt und am 28. August der Bestand reif aufgezogen. Am 11. Juli junge Bohnen 3 Zoll lang.

Nach dem Aufgehen zeigten sich viele Lücken und die Saatbohnen waren verfault. Ohne Zweifel wird diese Bohne früher für die Küche zur Verwendung kommen, als die vor- stehende.

Haricot de Liancours, (Stängenbrechbohne von Li- ancours, weiss) am 16. Mai gelegt, blühete den 17. Juli bei 9 Fuss Höhe, reif den 17. Oktober, 12 Stangen (& 3 Bohnen) gaben 2 Pfd. 28 Loth reif.

Haricot Demoiselle, (Jungfern - Stangenbrechbohne, weiss) am 16. Mai gelegt, blühete den 17. Juli noch nicht und war 4 Fuss hoch, geerntet den 17. Oktober. 12 Stan- gen (& 3 Bohnen) gaben 28 Loth reif.

Neue Stangenbrechbohne von Algier, schwarz, gelegt den 16. Mai, blühete den 17. Juli blau bei 6 Fuss Höhe, geern- tet den 17. Oktober. 6 Stangen (& 3 Bohnen) gaben 29 Lth. nothreif. Am 17. Juli fanden sich bereits Früchte von 5 auch 6 Zoll Länge.

Unter den drei letztgenannten Sorten, deren Saat ich in diesem Jahre vom Vereine erhalten, ist die algerische Stan- genbrechbohne unstreitig die beachtenswertheste und wahr- scheinlich eine überaus empfehlenswerthe Grünbohne, aber zur Saatgewinnung geschützte warme Lage verlangend.

(gez) G. A. Fintelmann.,

10.

Jacunowen, den 31. Dezember 1861.

1) Reissgerste aus Christiania, Bericht des Herrn Siemens-Piontken.

Dieselbe wurde in meinem Garten auf strengen Lehmbo- den gesäet. Der Acker war im Herbst 1859 gut gedüngt und hat im Jahre 1860 Bohnen getragen. Der nassen Wit- terung wegen konnte die Gerste erst den 28. Mai in die

Erde gebracht werden, welches in der Art geschah, dass 11*

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die einzelnen Körner mit der Hand in Reihen und in 8 und 6 Zoll Entfernung gelegt wurden. Die Gerste ging beinah sämmtlich und kräftig auf, bestaudete sich sehr stark, so dass bis 8 Halme aus einem Korne kamen. Das Stroh war nicht hoch, sehr dick, aber weich, so dass es sich. leicht lagert. Die Aehre ist sechszeilig, hat bis 60 Körner. und ist mit langem Barte versehen.

Das Schneiden der Gerste konnte erst am 5. Oktober vor- genommen werden, da sie sehr ungleich reif geworden, woran wohl nur der dünne Stand Schuld haben mochte.

Das Resultat der Ernte ist, von 36 Körnern, die aufge- gangen waren 1 Stof 3 Quartir. Ausserdem waren noch an 30 Aehren so grün, dass sie keine ausgewachsene Körner hatten, und ungedroschen bleiben mussten.

2) Rothe Hirse, nach der Beschreibung des Herrn Boruttau, Amt Angerburg.

Rothe Hirse aus Christiania ist im Jahre 1861 im Gute Angerburg gebaut, das Saatquantum ist mir nicht genau bekannt, es kann höchstens !/,, Stof gewesen sein. Es wurde

auf gutes Gartenland dünn ausgesäet und gab einen sehr -

guten Ertrag, wie viel, kann ich aber auch nicht mehr an- geben. Die Körner waren etwas grösser als die erhaltene Saat, jedoch immer noch kleiner, als die sonst gewöhnliche gelbe Hirse, welche ich zwar nie angebaut habe, aber auch nicht weiss, wesshalb dieser der Vorzug gegeben werden soll. Der Ertrag wird muthmaasslich auf 20 Körner angegeben.

3) Chinesische Erbse, welche einen besonders guten Ertrag gegeben hat, welcher indessen genau nicht festzustel- len war, da Vögel die Frucht sehr geschädigt hatten.

4) Ferner hat der weisse Mohn einen brillanten Ertrag, der sich auf 150 Körner veranschlagen lässt, gegeben.

5) Hat sich die neue grün bleibende chinesische Gurke ganz vorzüglich bewährt.

6) Sowie endlich auch die verschiedenen Arten Bohnen sich alle gut und vortheilhait gezeigt haben.

(gez.) Der Vorstand des landwirthsch. Kreisvereines Angerburg.

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165

11.

Bütow, den 6. Januar 1862.

Von den im vorigen Jahre dem hiesigen ökonomischen Verein zu Versuchen gefälligst übersandten Sämereien ist:

No. 3. Terzano-Mais sehr gut aufgelaufen, aber nur 4 Fuss hoch geworden und sehr von den Sperlingen zerhackt worden.

No.5. Gelber Kärnthner Mais ebenfalls sehr gut auf- gelaufen, bis 6 Fuss hoch geworden, auch ziemlich reif ge- worden.

No. 14. Rothe Hirse ist sehr schön gerathen, reif ge- worden und wird der Versuch in diesem Jahre fortgesetzt.

No. 25. Pois en ombrelle sehr gut aufgelaufen; sehr voll Schoten aber gar nicht gegen Sperlinge zu schützen.

No. 53. Ricinis communis ebenfalls sehr gut gerathen; wurde Ende April gesäet; nach 3 bis 4 Wochen zeigte sich das Erstlingsblatt; bis zum August erreichte die Pflanze eine Höhe von 3 Fuss, im August bei heissem Wetter ward sie 8 Fuss hoch und erlangte eine Ausbreitung von 3— 4 Fuss; blühte bis Ende August und setzte im September Früchte an, die aber nicht zur Reife gelangten. Bis Mitte Oktober blieb die Pflanze frisch und kräftig und verlor erst die Blätter nach dem ersten leichten Frost, der Hauptsten- gel hatte einen Durchmesser von 2 Zoll.

No. 24, Erbse des Ueberflusses und

No. 20. Erbse aus China sind auch sehr gut gerathen, auch reif geworden und werden in diesem Jahre weitere Versuche angestellt.

Ausserdem wird noch weiter cultivirt: die Stangenbohne aus Mexico,

die Riesen-Pahlerbse und

die Reisgerste aus Norwegen,

wovon Sämereien zu Versuchen im Jahre 1860 dem hiesigen

Vereine übersandt wurden. (gez) H. Griebel, Sekretair des Bütower Oekonomischen Vereins.

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12.

Warbelow, den 10. Januar 1862.

Die an den Vorstand des Oekonomischen Vereins für Stolp, Rummelsburg und Schlave im Frühjahr 1861 gesand- ten Sämereien, kamen in die Hand des Unterzeichneten am 3. April. Mit Ausnahme von Bohnen und Mais-Arten, welche erst Anfangs Mai gelegt wurden, ist die Bestellung aller übrigen Sämereien am 8. April erfolgt und wurden nachste- hende Resultate erreicht:

Erbse aus China. Wuchs sehr hoch und setzte reich- lich Schoten, reifte jedoch erst Mitte September.

Mumien-Erbse. Sehr grossschotig, jedoch von minder üppigem Wuchse.

Rothe Erbse aus Christiania. Reifte im August, war jedoch nicht allzu zuträglich,

Grüne englische Felderbse. Mässig stark wachsend mit reichem Schotenansatz, Anfangs August reifend.

Sämmtliche Erbsenarten auf in guter Cultur befindlichem leichten Gartenboden.

Sämmtliche übersandte Bohnenarten gediehen gut und reiften Mitte September, nur die ostfriesländische Speck- bohne erst im Oktober. Die frühreifenden Sorten waren:

Türkische Dattelbohne.

Zwei Sorten aus Christiania.

Canadische Zwergbohne.

Phaseolus spadiceus. Olivenfarbige Bohne. Sonniger Stand, leichter Gartenboden,

Grosse Hellerlinse: Auf kräftigem Gartenland war der Wuchs sehr üppig und die Reife kommt etwas ungleich- mässig Ende August bis Mitte September ein.

Schottische Annat-Gerste. Dieselbe ist schon früher in hiesiger Gegend gebaut worden und scheint einen sehr kräf- tigen Boden zu verlangen. Auf gutem Gartenboden gedieh dieselbe gut, hatte jedoch von Vögeln (Sperlingen) viel zu leiden.

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Sommer-Emmer. Gab der Gerste nichts nach und gab einen guten Ertrag.

Rothe Hirse

Braune Hirse säet, gaben beide Arten einen ausserordentlich reichen Ertrag und boten dem Auge einen prächtigen Anblick dar. Die stets sehr ungleiche Zeit des Reifens der Hirse, trat vom August bis Mitte September ein. Der Standort war jedoch nicht ganz sonnig.

. Hierbei möchte ich noch erwähnen, dass ich unter der Serredella eine Hirsenart fand, die auf sehr armem, leich- tem Boden doch noch einen guten Wuchs entwickelte, und obgleich erst am 20. Mai gesäet noch reifen Samen brachte, den weiter zu cultiviren, ich mir angelegen sein lassen werde.

Anthyllis vulneraria. Als zweijährige Pflanze hat die- selbe in diesem Jahre keine Triebe, aber dafür desto üppi- gere Stauden gemächt. Dieselbe scheint von Mäusen sehr gesucht zu werden, die sonst in der Nähe nicht bemerkt wurden, obgleich das Feld davon wimmelte.

Taback von Chiras und Guayra. Die Witterung des Monats August war dem Gedeihen des Tabacks nicht günstig und so blieb auch die Entwickelung gegen die des Cuba- Tabacks in dem Jahre 1858 und 1859 weit zurück.

Quercus macrocarpa. Von drei Eicheln keimte nur eine, die jedoch einen 10 Zoll langen Trieb machte.

Mais. Zu grosser Befriedigung gereichte die Cultur der drei übersandten Maisarten, die sich sämmtlich auf kräfti- gem Gartenboden, trotz der nicht ganz sonnigen Lage (ein entsprechenderer Platz war nicht mehr zu vergeben) üppig und rechtzeitig entwickelten.

Zea praecox und der rothe Mais aus Norwegen ent- - wickelten sich zuerst und hatten bereits im August die ersten reifenden Kolben. Die sehr nasse und kalte Witterung, die Ende August eintrat und den grössten Theil des Septem- ber währte, konnte nicht verhindern, dass alle Maisarten die. völlige Reife erlangten, Selbst von den spätest reifen-

} Auf sehr kräftigen Gartenboden ausge-

168

den der drei cultivirten Arten, vom Kärnthner Mais, er- langten nur einige zurückgebliebene Kolben nicht die ganz vollständige Reife. Dabei ist das Korn normal ausgebildet und erreichte der Kärnthner Mais eine Höhe von 6 7 Fuss.

Nicht ohne Einfluss ist hierbei ohne Zweifel die Bezie- hung des Samens aus dem hohen Norden (Christiania) ge- wesen, da die hochnordischen Sämereien erfahrungsmässig früher reifen, als andere. Daher beziehen auch die Norwe- ger gern Saatgerste von den Laffoden (69°), wohl dem ein- zigen Punkte der Welt, wo unter so hoher Breite noch Ge- treide eultivirt wird.

(gez.) v. Homeyer.

Zweiter Bericht über den Nordamerikanischen Wil- . den Reis,

‚Von Friedrich Kühne, Consul. Mitglied des Bankhauses Knauth, Nachod und Kühne.

New-York, September 1861. Der nordamerikanische Wild Reis (Zizania aquatica), dessen Anbau in Deutschland der Unterzeichnete so dringend empfohlen hat, gehört zu der Familie der Gräser und ist in seinem Heimathslande, den Vereinigten Staaten, als Tus- carora Rice, Wild Rice, Indian Rice, oder Water-oats (Wasser- hafer) bekannt. Letztere Bezeichnung als Vulgärname ist vielleicht die wichtigste, da namentlich zur Zeit der Blüthe ein Feld mit Wild Reis von einem Unerfahrnen leicht für ein Haferfeld genommen werden kann, so gross ist die

Aehnlichkeit beider zu einer Ordnung gehörigen Pflanzen. Der Verbreitungsgürtel des Wild Reis läuft in seiner südlichen Grenze bis nach Kentucky und Arkansas, nörd- ich dagegen bis über die fünf grossen Seen hinaus nach Canada hinein, dabei die ganze Breite des Continents um-

169

fassend, vorausgesetzt, dass der zu seinem Fortkommen un- bedingt nöthige Sumpfboden vorhanden ist. Er wächst nämlich nur auf einem marschigen Sumpfboden, welcher mit einem Wasserspiegel (bis zu neun Fuss Tiefe) das ganze Jahr hindurch bedeckt sein kann, jedenfalls aber, wenn auch im Sommer trocken, doch im Frühjahr und Spätherbst (zur Zeit der Aussaat) unter Wasser stehen muss. Dies sind die Elementarbedingungen, unter denen die Zizanid allein gedeiht; wenn dagegen der Unterzeichnete sich in sei- nem frühern Berichte dahin aussprach, dass der Wasser- hafer weder in stehendem Wasser noch in starker Strö- mung fortkomme, so möchte er diese, den Angaben des diesseitigen Patentamtes entnommene Behauptung nach eige- ner sorgfältiger Beobachtung jetzt auf ihren letztern Theil beschränken. Denn dass der Wild Reis allein in langsam fliessendem Wasser fortkomme, ist keineswegs der Fall, im Gegentheil hat ihn der Unterzeichnete am üppigsten in ste- henden Gewässern, deren Spiegel häufigen Höhe-Veränderun- gen ausgesetzt war, gedeihen sehen.

Es dürften sich daher nach der Ansicht des Unterzeich- neten am besten zum Anbau der Zizania die marschigen Ufer von Binnenseen eignen, die im Frühjahr und Herbst Ueberschwemmungen ausgesetzt, ungefähr sieben Monate im Jahr mit Wasser bedeckt sind.

Dabei ist der Anbau dieser schätzbaren Pflanze, welche Gegenden, die für die Cultur bisher nutzlos waren, in fruchtbringende umzugestalten weiss, so wenig mühe- voll, als möglich; bedarf es doch, abgesehen davon, dass keinerlei Zurichtung des Bodens nothwendig ist, nur einer einzigen Aussaat, um auf einer Strecke Landes den Wild Reis für immer einheimisch zu machen, da er sich später

= yon selbst säet! Der Fruchtkern sitzt nämlich so lose in

der Fruchthülse, dass beim Einerndten stets genug Aussaat zu Boden fällt.

Was nun die erste Aussaat anbelangt, so bedarf man für einen Acker Wild Reis ungefähr dieselbe Quantität

170

Saamens, als man an Hafer nötlig haben würde, und braucht man nur im Oktober oder November (jeden- falls ehe der Boden gefroren ist) den Saamen einfach in das Wasser zu streuen, ihn übrigens seinem Schicksale ruhig überlassend. Er fällt dann von selbst zu. Boden, keimt und treibt im Frühjahr Halme, die stets 3 bis 34 Fuss lang über dem Wasserspiegel emporstehen. Ist daher das Feld im Som- mer nicht von Wasser bedeckt, so werden auch die Halme nicht länger als 3 bis 3} Fuss, in anderm Falle aber wach- sen sie der Tiefe des Wassers entsprechend bis zu 12 Fuss, und bei höherm Wasserstand als 9 Fuss kommt der Wild Reis, wie schon bemerkt, nicht mehr fort. Die Blüthezeit des Wasserhafers fällt auf Ende Juli, Anfang Au- gust, und vollständig reif wird die Frucht erst in der Mitte September. Bei der Einerndtung muss man etwas vorsich- tig zu Werke schreiten, da. bei vollkommner Reife der Saa- men schon durch leise Berührung zu Boden fällt. Am besten folgt man dem Beispiel der Indianer, welche die von ihnen so hoch geschätzte Frucht in folgender Weise erndten: Ehe der Saamen vollständig reif geworden ist, gehen oder fahren in einem Canoe (je nach den Umständen) einige In- dianerfrauen in die Reisfelder hinein und binden ein paar Buschel Gräser in der Mitte der Halme zusammen. Hier- durch verhindern sie, dass der Wind die einzelnen Aehren gegen einander schlägt und ausdrischt, sowie das Herunter- hängen in das Wasser der natürlich gegen die Reife hin schwerer werdenden Aehren. Ist der Saamen nun reif ge- worden, so wird ein Bündel der Gräser nach dem andern in das Canoe oder in einen Korb hineingebogen, mit einem paar Stockschlägen ausgeklopft und so an Ort und Stelle ausge- droschen. Die Fruchthülsen von den Saamenkörnern ganz zu befreien ist hernach ein leichtes Ding und geschieht durch Sieben oder Schlagen in einem Ledersack.

Den so gereinigten Saamen lässt der Indianer etwas in der Sonne austrocknen und dörrt ihn sodann über Feuer. Die Einrichtungen, deren er sich hierbei bedient, sind sehr

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primitiver Natur und, bestehen in einigen, über einen Holz- rahmen gespannten Muslin - Darren, welche mit Saamen be- schüttet einfach um ein im Freien angezündetes Feuer herum- gestellt und der Wärme desselben ausgesetzt werden. Wenn auf diese Weise getrocknet oder vielmehr gedörrt, hat der Saamen ein schwarzgrünes oder zuweilen schwarzes Aussehn, ist mehr oder weniger durchscheinend, von der Grösse und der Form eines Haferkorns und in Geschmack dem ächten Reis ausserordentlich ähnlich. Natürlicherweise hat durch solchen Dörrprocess der Saamen seine Keimfähigkeit ver- loren, und ist diesem Umstande zuzuschreiben, dass die bis- her mit Wild Reis in Europa angestellten Cultur-Versuche so gänzlich unglücklich ausgefallen sind. Denn der Beschrei- bung nach zu urtheilen, die man dem Unterzeichneten von dem zur Aussaat benutzten Saamen gemacht hat, ist die von dem diesseitigen Patentamte an europäische Ackerbaugesell- schaften zu Cultur-Versuchen vertheilte Aussaat nichts an- deres als solcher gedörrte Saamen gewesen.

Auch scheint darum, dass nur gedörrter Saamen in den Handel kommt, sich die Ansicht eingeschlichen zu ha- ben, dass es zur Erhaltung seiner Keimfähigkeit nothwendig sei, den zur Aussaat bestimmten Wild Reissaamen fortwährend feucht zu erhalten.

In dem Glauben an die Richtigkeit dieser Ansicht hatte denn auch der Unterzeichnete in seinem ersten Bericht über die Zizania den Rath ertheilt, den zur Aussaat bestimmten Saamen in feuchtem Moos zu erhalten, dasman von Zeit zu Zeit anwässern sollte einen Rath, welchen er, nach seinen neuern Erfahrungen hiermit zurücknimmt. Auf seine Veranlassung und unter seiner Aufsicht nämlich hat ein hiesiger Farmer im verflossenen Herbste auf ein ge- -eignetes Marschfeld eine Parthie Saamen ausgesäet, welcher nach der Erndte ungefähr sechs Wochen auf einem trocknen Dachboden gelegen hatte, daselbst völlig ausgetrocknet war, und nur zwei Tage lang vor der Aussaat in Wasser aufge-

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weicht wurde. Dieser Saamen ging prächtig auf und wuchs zum schönsten Reisfelde heran.

Es hat daher der Unterzeichnete den Bänihäht welchen er in diesem Jahre nach Europa schickt, nicht in feuch- tem Moos verpackt (worin er wahrscheinlich verfaulen würde), sondern ihn lediglich in der Luft etwas ausgetrock- net und dann ohne weitere Vorbereitung abgeschickt. Rath- sam möchte es indessen sein, ihn vor der Aussaat erst zwei Tage lang in Wasser zu halten, damit er aufquelle und schwer genug werde, um beim Ausstreuen auf die von Wasser bedeckten Felder schnell genug zu Boden zu fallen.

Ueber den Gebrauch des Wild Reis hat sich der Un- terzeichnete schon früher ausführlich verbreitet, es genüge daher, zu erwähnen, dass der reife Saamen, an Schmack- haftigkeit den ostindischen Reis übertreffend, in der mensch- lichen Küche überall da gebraucht werden kann, wo man diesen anzuwenden gewohnt ist, dass er aber ausserdem ein ganz vorzügliches Futter zum Fettmachen von Geflügel ab- giebt. Auch kann der Wasserhafer, im Juli und August grün geschnitten, zum Futter von Rindvieh verwandt oder von diesem abgeweidet werden, denn die Kühe schätzen ihn so sehr, dass sie tief in das Wasser waten, um seiner hab- haft zu werden.

Es empfiehlt sich daher der Wild Reis ausserordent- lich zur Besserung und grössern Ausbeutung von Sumpf- wiesen, und kann derselbe für viele Strecken Norddeutsch- lands, sowie Russlands, Schwedens und Norwegens zum wahren Segen werden.

Der Unterzeichnete ist gern bereit, Ackerbaugesellschaf- ten oder Privatleuten, welche sich an ihn wenden, weitere Mittheilungen über diese so interessante und nicht genug zu schätzende Pflanze zu machen, sowie er auch erbötig ist, sich der Mühe zu unterziehen, guten Saatsaamen zu Oultur-Ver- suchen bei nächster Erndte zu beschaffen.

Friedrich Kühne, Consul.

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Den’ vorstehenden interessanten Bericht hatte Herr Con- sul Kühne die Güte unserm Vorstande in 40 Exemplaren, zugleich mit einem Schreiben vom 4. Oktober 1861 zu über- senden, in welchem er uns Mittheilung machte, dass er 3 Bushel Wild-rice-Samen in zwei Fässern an uns abgesendet habe. Nachdem Herr Kühne die Ueberzeugung gewonnen hatte, dass der Verlust der Keimkraft nicht durch die trockene Versendung des Samens, sondern durch das bei den India- nern übliche Dörren desselben veranlasst werde, war es überflüssig denselben, wie vorgeschlagen, in feuchtem Moose zu verpacken, dagegen war es höchst nothwendig, sich hin- reichende Sicherheit zu verschaffen, dass nicht abermals eine vorläufige Dörrung damit vorgenommen werde. Um diese Gewissheit zu erreichen, war Herr Kühne genöthigt, einen besonderen Agenten nach den Indianer-Distrikten zu senden, damit derselbe die Einsammlung des Samens auf das Sorg- fältigste überwachen und das Dörren desselben verhüten könne. Hierdurch sind freilich die Kosten der Einsamm- lung bedeutend vermehrt, aber auch wirklich guter und keim- fähiger Samen erlangt worden.

Die beiden Fässer mit Zizania trafen am 25. Oktober hier ein und befand sich der Same in einem völlig trocke- nen und wohlerhaltenen Zustande. Sein Aussehen war we- sentlich verschieden von dem, welchen unser Vorstand be- reits im Jahre 1859 durch die Vermittelung des Patent of- fice in Washigton erhalten hatte.*) Schon die Samenhüllen erschienen in einem viel frischeren Grün, während die des früher erhaltenen Samens eine gelbbräunliche Farbe hatten. Befreite man die Samen von ihren Hüllen, so zeigte sich ein schönes, glänzend schwarzgrünes, fast durchscheinendes Korn, dessen Eiweisskörper beim Durchbrechen von vollkom- men weisser Farbe war.

Dass sonach die Qualität dieses Samens ungleich vor- züglicher sei, als die des früher erhaltenen, konnte schon

*) Zeitschr. f. Acclim., Bd. II. p. 235.

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beim blossen Ansehn nicht dem geringsten Zweifel unter- liegen. Indessen, da von allen Seiten früher vor der trocke- nen Versendung gewarnt worden war und selbst wissenschaft- liche Autoritäten sich zu dem bestimmtesten Ausspruche hatten verleiten lassen, dass der Same einmal trocken geworden, seine Keimkraft unwiederbringlich ver- liere, so konnten wir uns trotz des schönen Aussehens des Samens nicht entschliessen, der entgegengesetzten Beobach- tung und Versicherung des Herrn Consul Kühne früher Zu- trauen zu schenken, als bis die Keimkraft durch den Ver- such sich bewährt haben würde. Es wurden deshalb sofort Keimungsversuche mit dem neuen Samen angestellt; freilich im November eine etwas missliche Sache! Es wurden weite Porzellan-Gefässe einige Zoll hoch mit Wasser gefüllt, der Same eingestreut und die Gefässe beständig in einer zwi- schen 15° und 18°R. wechselnden Temperatur erhalten. Das Wasser, welches bald trübe und unrein wurde, wurde an- fangs täglich, später alle zwei Tage gewechselt; indessen erst nach 14 Tagen zeigte sich bei einem einzelnen Körn- chen eine Spur von Keimung, die meisten Keime erschie- nen erst nach 21 Tagen und noch viel später, aber wir hat- ten die Freude zu sehen, wie die meisten Körner, welche nicht offenbar beschädigt oder unreif gewesen waren, Keime entwickelten. *) .

Indem es sonach keinem Zweifel mehr unterliegen konnte, dass Herrn Kühne’s Beobachtung richtig sei, und der Same trotz der trockenen Versendung seine Keimkraft vollkommen bewahrt hatte, beeilten wir uns, unsere Mitglieder, von de- nen wir voraussetzen konnten, dass sie Gelegenheit zum An- bau dieser Pflanze haben würden, von diesem interessanten Umstande in Kenntniss zu setzen, und sie zur Anstellung von Anbau-Versuchen aufzufordern. Dieser Aufforderung ist auch von sehr vielen Seiten entsprochen worden. Spä-

*) Ueber die interessanten Erscheinungen beim Keimen siehe die Ab- handlung des Herrn Dr. Karsten in diesem Hefte, pag. 181 und die beigefügte Tafel. |

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ter im Dezember und Januar in ähnlicher Weise von neuem von uns angestellte Keimungs-Versuche hatten ebenfalls gün- stige Resultate und scheinen zu beweisen, dass der Samen auch nach mehreren Monaten noch nicht viel von seiner Keimkraft eingebüsst hatte, so dass wohl anzunehmen ist, er werde dieselbe auch noch bis zum Frühjahr bewahren. Nichts destoweniger glaubten wir unsern Mitgliedern em- pfehlen zu müssen, die Aussaat wenn irgend möglich lieber noch im Winter vorzunehmen, als den Samen erst im Früh- jahr auszustreuen. Denn da der Samen nach den angeführ- ten Keimungs-Versuchen selbst im lauwarmen Wasser einer Zeit von 3-—-4 Wochen zum Keimen bedurfte, so ist anzu- nehmen, dass er dazu im Wasser von niedriger Temperatur eine weit längere Zeit nöthig haben werde, und wenn im Frühjahr ausgesäet, die Pflänzchen vielleicht zu spät zum Vorschein kommen würden. Dagegen ist zu vermuthen, dass der Same, wenn er im Spätherbst gesäet wird, den Winter über ruhig auf dem Grunde der Gewässer liegen bleibt und erst im Frühjahr, wann die Temperatur des Wassers sich zu erhöhen anfängt, zu keimen beginnt. Es ist daher auch wahrscheinlich, dass ein Ausfrieren der Gewässer, selbst bis auf den Grund, dem Samen bei uns in Deutschland ebenso wenig nachtheilig sein dürfte, als in Canada und an den Ufern der nordamerikanischen Seen, wo die Wintertempera- tur in der Regel eine viel niedrigere ist, als in Nord-Deutsch- land. Dagegen ist aber die dortige Sommertemperatur wär- mer, als bei uns und da der Haferreis in seinem Vaterlande ‚erst Mitte September zur Reife gelangt, so dürfte die Reif- zeit in Deutschland wohl erst in den Oktober fallen, selbst wenn die Samen im Herbste gesäet wurden, und wahrschein- lich: gar nicht mehr eintreten, wenn die Aussaat erst im Frühjahr stattfand. - Ueber alle diese Umstände werden jedoch erst Erfahrun- gen gesammelt werden müssen und es wird daher auch sehr wünschenswerth sein, dass Aussaaten des Haferreises auch im Frühjahr vorgenommen werden. Vor allen Dingen aber

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kommt es darauf an, festzustellen, ob es möglich ist, von dieser Pflanze im Freien ohne künstliche Mittel reifen -Sa- men zu gewinnen, denn obwohl sie auch im unreifen Zu- stande eine vortreffliche Futterpflanze sein und von dem Rindvieh begierig gefressen werden soll, so dürfte es doch nicht gut ausführbar sein, jährlich neuen Samen aus dem Vaterlande zu beziehen und sie immer von neuem wieder anzusäen. Auch würde dadurch ihr Hauptvortheil beein- trächtigt werden, der einmal hauptsächlich darin besteht, dass sie eine neue Brodfrucht sein soll und andererseits darin begründet ist, dass sie sich ganz von selbst immer wieder von Neuem aussäet, an den Orten, wo. sie einmal gestan- den hat.

Es musste daher auch von Wichtigkeit sein, die Samen der Zizania auf ihren Werth als menschliche Nahrung genau zu untersuchen und es kam zunächst darauf an, einige Pfunde davon in Mehl verwandeln zu lassen. Da dies wegen der verhältnissmässig sehr kleinen Quantität nicht gut auf einer Mehlmühle geschehen konnte, so hatte unser verehrtes Ver- eins-Mitglied, Herr Apotheker Simon, die Güte, diese Ope- ration auf einer seiner Pulverisir-Maschinen ausführen zu lassen. Das so gewonnene Mehl ist von zarter Beschaffen- heit, hat aber einen Stich ins Grünliche, denn obwohl das Innere der Körner schneeweiss ist, so hatte doch die den Samen umkleidende sehr feine schwärzlich grüne Samenhaut nicht davon getrennt werden können; die Samenhüllen (Spel- zen) dagegen lösen sich sehr leicht; sobald die Körner gut getrocknet worden sind, lassen sie sich leicht abreiben oder abklopfen und durch Werfen im Luftzuge trennen.

Wir hatten gehofft unsern Lesern schon in diesem Hefte das Resultat der chemischen Untersuchung über das rela- tive Verhältniss der Bestandtheile des Zizaniamehles mit- theilen zu können, sehen uns aber genöthigt, diese Mitthei- lung für ein späteres Heft unserer Zeitschrift aufzusparen, da die Untersuchung auf unerwartete Schwierigkeiten ge- stossen und daher zur Zeit noch nicht beendigt ist. Es hat

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sich nämlich gezeigt, dass die quantitative Trennung der stickstofffreien Bestandtheile des Zizania-Mehles von den stickstoffhaltigen ‚nicht auf ähnliche Weise bewirkt werden kann, wie bei andern Getreidearten; 'auch zeigen die. ein- zelnen Bestandtheile, das Stärkemehl sowohl, als das Pflan- zen-Eiweiss und der: Pflänzenleim abweichende und, wie es scheint, der Zizania allein eigenthümliche chemische Eigen- schaften. Es lässt sich für jetzt nur so viel sagen, dass das reine Zizania-Stärkemehl vollkommen weiss und die Stärke- mehlkörnchen von ausserordentlicher Kleinheit und Zartheit sind und dass es in sehr reichlicher Menge im Samen vor- handen ist. Auch Herr Dr. Karsten schätzt in Folge seiner mikroskopischen Untersuchung den Gehalt des Stärkemehls auf fast 75 pCt. |

Das Mehl lässt sich mit ae Wasser zu einem festen Teig kneten, der wenn er angemessen behandelt ist, sich ohne Zweifel gut wird backen lassen; mit mehr Wasser an- gerührt und gekocht, giebt es einen steifen Mehlkleister. Werden die Zizaniakörner unzerkleinert, wie gewöhnlicher Reis, ‘gekocht, so erfordern sie um weich zu werden, län- geres Kochen oder vorheriges vierundzwanzigstündiges Ein- weichen in Wasser. In beiden Fällen quellen sie schliess- lich sehr stark auf, zertheilen sich der Länge nach in zwei Theile, welche sich nach aussen zusammen krümmen und geben ein sehr schmackhaftes Gericht, welches im Geschmack Aehnlichkeit mit gewöhnlichem gekochtem Reis, aber nicht ganz dessen feste Consistenz hat. Fa | F, Während des Druckes des vorliegenden Heftes ging noch folgender Bericht über die Ricinus- nnd Ailanthus -Spinner - ein, den wir seines grossen Interesses wegen, hier noch an- fügen wollen: | & Öftringen, den 5. Februar 1862. Die Zucht der Ricinus-Raupe ging glücklich von Statten

und die Acclimatisation scheint nun vollständig gelungen zu 1861. Bd. IV. 12

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sein. Wie ich früher mitgetheilt, ist mir die Ueberwinte- rung der Puppen im Winter 1860/61 vollständig gelungen. Die Nachkommen jener Generation pflanzten sich im Som- mer von 1861 in drei auf einander folgenden Zuchten fort. Raupen und Schmetterlinge waren grösser und kräftiger als früher; diese hatten intensivere Farben, jene verfertigten Cocons, welche die früheren an Gewicht übertrafen. Auch die Ueberwinterung der Puppen ist bis heute wieder trefi- lich gelungen. Ebenso glücklich war ich mit der Zucht von Bomb. Ailanthi, die ich theils im Hause, theils im Freien züchtete. | |

Mit beiden gelang die Kreuzung sehr gut und brachte äusserst robuste Nachkommen. Sämmtliche Raupen der hy- briden Art zogen die Blätter des Götterbaums jeder andern Nahrung vor und genossen Ricinus, Dipsacus, Evonymus europaeus, Rhamnus catharticus u. A. nur wann jene ver- zehrt waren. Was mich hier aber am meisten überraschte, war das rasche Wachsthum der Raupen und besonders die grossen seidenreichen Cocons, die in der Färbung ziemlich denjenigen des Ricinus-Spinners gleichen, sonst aber alle Merkmale des B. Ailanthi zeigen.

J. Wullschlegel.

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Zum Andenken

an

Isidore Geoffroy Saint-Hilaire,

Präsidenten der Kaiserlichen Acclimatisations-Gesellschaft in Paris.

Indem wir unsern Lesern hiermit einen kurzen Lebens- abriss des Mannes geben, dessen Arbeiten, ausser dem was er für die Zoologie überhaupt geleistet, ganz besonders der Acclimatisation gewidmet waren, glauben wir sowohl ihrem Wunsche entgegenzukommen, als auch eine Pflicht der Dank- barkeit gegen das Andenken des Mannes zu erfüllen, welcher auch unserm Vereine stets mit Rath und That beigestan- den hat.

Isidore Geoffroy Saint-Hilaire wurde am 16. De- cember 1805 dort geboren, wo er später seine ganze Thä- tigkeit entfaltete im Jardin des Plantes in Paris, an dem sein Vater, der berühmte Naturforscher und Schöpfer des Jardin des Plantes, Etienne Geoffroy St.-Hilaire als Professor der Zoologie angestellt war.

Der junge Geoffroy studirte anfangs Mathematik, wandte sich aber bald gänzlich den Naturwissenschaften zu, mit 19 Jahren war er am Museum Hülfsarbeiter, mit 24 Jahren - fing er an als ausserordentlicher Professor Vorlesungen über Ornithologie zu halten, welche einen solchen Beifall fanden, dass ihm 4 Jahre nachher bei Erblindung seines Vaters des- sen Lehrstuhl übertragen wurde ; womit er zugleich das Amt

eines Direktors der Menagerie, sowie des zoologischen Mu- 12*

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seums erhielt. Mit welchem Eifer er sich dieser Thätigkeit gewidmet, geht am besten daraus hervor, dass sich das Mu- seum unter ihm in den Jahren 1828 1861 von 7500 bis auf 15,500 Nummern, die Menagerie von 283 auf 900 le- bende Thiere erhob. Zugleich machte er sich auf literari- schem Gebiete durch sein klassisches Werk: die allge- meine Naturgeschichte der organischen Reiche, für welches ihn die Akademie der Wissenschaften zu ihrem Mitgliede erhob, für alle Zeiten unsterblich. Seine Leistun- gen auf dem.Gebiete der Acclimatisation sind zu bekannt, um sie hier noch einmal zu wiederholen, namentlich erwarb er sich durch die Schöpfung des Acclimatisations - Gartens im Bois de Boulogne ein bleibendes Verdienst. Er starb nach kurzer Krankheit am 10. November 1861, im Alter von 56 Jahren. | Ä |

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Nichtamtlicher Theil.

Ueber Zizania aquatica, Linn. *) Von Dr. H, Karsten,

Die Zizania aquatica L. Spec. pl. (Z. palustris, L. Mant. Hydrochloa P. B. Hydropyrum esculentum Lk. hort. berol. Melinum Lk. Handb.)**) ist ein rohrartiges, die Sümpfe und langsam fliessenden Gewässer Nordamerikas bewachsendes Gras mit blaugrünen Blättern und mit Blumen getrennten Ge- schlechtes, welche, an einer und derselben Pflanze in männ- lichen und weiblichen Aehren beisammenstehend, eine aus- gebreitete dem Hafer ähnliche Rispe bilden. Den Namen Wasserhafer hat das Gras wohl dieser Eigenschaft wie auch der dem Hafer ähnlichen Formen seiner Früchte zu verdan- ken. Die systematische Botanik weist der Zizania aquatica wegen des Baues ihrer Spelzen neben dem Reis (Oryza) und der Leersie (Leersia) ihren Platz an. Der Name Wasser- reis, Wildreis ist ihr zum Theil vielleicht desshalb gegeben. Da in der männlichen Blume ebenso wie in der des Reises sechs Staubgefässe vorhanden sind, stellte Linn& diese Pflanze in die sechste Ordnung seiner 21. Klasse (Monoecia Hexandria).

Der Werth dieser Pflanze als Nahrungsmittel für Thiere und Menschen ist durch verschiedene Berichte des Accelima- tisations-Vereines auch in Europa bekannt geworden, und der Wunsch, die der Cultur bisher fast völlig unzugängli- chen Ländereien durch den Anbau dieses Futter- und Getrei- degrases nutzbar zu machen, ist seinem Ziele näher geführt

*) Hierzu eine lithographirte Tafel.

**) Falls die Trennung der Arten der Linneischen Gattung Zizania in zwei Gattungen ausgeführt werden müsste, so würde die Zizania aqua- tica L. Hydrochloa aquatica zu benennen sein,

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worden durch das jetzt schliesslich erlangte Resultat, keim- fähige Samen in grösserer Menge aus Nordamerika zu er- halten.

Nach den Beobachtungen und Berichten*) des Herrn Con- sul Friedr. Kühne in New-York wächst diese nützliche Pflanze von Arkansas und Kentucky im Süden bis nach Ca- nada hinein durch die ganze Breite des Continentes an überflutheten Orten, die ohne Zweifel im Winter bis auf den Grund ausfrieren und im Sommer nicht selten trocken gelegt sind.

Linne giebt von seiner Zizania aquatica (die nach neue- ren Untersuchungen identisch mit der Z. palustris ist) an, dass sie in Virginien und Jamaica wachse, wonach der von Herrn Consul Kühne angegebene Verbreitungsbezirk noch bedeutend erweitert würde. |

Der Vorstand des Vereines beehrte mich mit dem Auf- trage der anatomischen Untersuchung der Früchte dieser in- teressanten Pflanze, um durch dieselbe nicht nur die mor- phologischen Eigenschaften dieser kennen zu lernen, son- dern auch eine annähernd richtige Kenntniss: von ihrem Ge- halte an Nahrungsstoffen zu erlangen.

Die mir übergebenen, noch in den Spelzen lose einge- schlossenen Früchte sind in natürlicher Grösse: in Fig. 1 und 2 dargestellt. |

Die Samen der Zizania aquatica sind wie die der Gräser überhaupt, bekanntlich mit der Fruchthülle verwachsen; der gewöhnlich Gras-Same genannte Körper ist also die Gras- frucht. In 1. sieht man die Frucht von der Rückseite, d. h. bedeckt von der breiteren und längeren von drei stär- keren und vier schwächeren Rippen durchzogenen Spelze, die in Fig. 4 ausgebreitet gezeichnet wurde.

In 2. ist dieselbe Frucht von der Bauchseite dargestellt, man sieht hier die kleinere Spelze von den Rändern der grösseren umfasst.

”) Bd. IV. pag. 168.

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In 3. ist das obere Ende dieser kleineren dreinervigen Spelze aus der sie umfassenden grösseren hervorgezogen: in 5 ist sie ausgebreitet besonders gezeichnet.

Die reife, von den Spelzen befreite Frucht ist bräunlich grün, längs der nach der Spindel gewendeten Seite (Bauch- seite) von einer dunklen, scharf abgegrenzten Linie der Länge nach durchzogen, welche der Mittelrippe des Fruchtblattes entspricht und welche in der auf dem Scheitel der Frucht befindlichen Griffelbasis endet. Auf der äusseren, nach der grösseren Spelze gewendeten Seite (Rückenseite) der Frucht liegt der Embryo, dessen Gewebe fast den siebenten Theil der Frucht einnimmt, und der, wie immer bei den Gras- Samen, an einer Seite und nach der Basis des Eiweisses zu, ausserhalb desselben liegt, welches fast die übrigen °/; Theile der Frucht ausfüllt. Das Gewebe der Fruchthäute und Samendecken, welches das Eiweiss und den Embryo umgiebt, ist sehr geringe.

Fig. 7. stellt eine vergrösserte reife Frucht längsdurch- schnitten dar; : bei a ist der Anheftungspunkt derselben an den Stiel, an dem auch die Spelzen angewachsen sind, b ist die Basis des Griffels. Der mit seiner Rückenfläche dem Eiweisse angewachsene Samenlappen ist fast so lang als die Frucht; er umhüllt vollständig die übrigen Theile der jun- gen Keimpflanze, da er von seiner Anheftungsstelle an den Stengel nicht nur nach oben hin über die nächst jüngeren Blätter, sondern auch nach unten ringsum abwärts sich über das Wurzelende des Embryo ausdehnte und dasselbe schei- denförmig überwuchs (das Wurzelscheidchen die coleorrhiza Mirbel’s) der Scheide ähnlich, die den Blüthenstiel der Ar- meria von den Hüllblättern abwärts überzieht, während seine freien Ränder, dort wo sie an die oberen jüngeren Theile (der plumula) der Keimpflanze grenzen, über diese hin sich ausdehnten, dieselbe vollständig einhüllend.

An der stengelumfassenden Basis des Samenlappens findet sich an der Seite des Knotens, welche dem eigentlichen Samen- lappen gegenüberliegt, der dem Eiweisse angewachsen ist, ein

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Organ, welches schon früher an verschiedenen Grasembryo- nen z. B. an Olyra, Triticum, Avena, Lolium ‚beobachtet wurde, jedoch bei ’keinem' so deutlich und vollkommen aus- geprägt vorkommt als bei diesem Zizanien-Samen.: In 7 ist es bei ce längsdurchschnitten ' zu erkennen. Mirbel, De Candolle, Bischoff und andere ausgezeichnete Mor- phologen glaubten dieses Organ. als zweiten Samenlappen deuten zu dürfen, wonach die Gräser als ‘die den Dicotylen nächst verwandte Familie der Monocotylen erscheinen würde.

Schon in meiner Untersuchung der‘Vegetations-Organe der Palmen habe ich jedoch darauf hingewiesen, dass dies Blättchen vielmehr nur 'als Anhangs-Organ des Samenlappen anzusehen ist, wie ein solches auch an den Stengelblättern mancher Gräser, z. B. der Melica uniflora und anderen ''sten- gelumfassenden Blättern, z B. bei Palmen und 'Compositen vorkommt.

Auch dieser blattförmige Anhang de; Blensieläiiekeihhehs wird von den Rändern des: ausgewachsenen Samenlappen umfasst, wie Fig. 15 zeigt, so dass man aus der Knospen- lage dieser Organe vermuthen könnte, es stehe dieses <An- hängselchen des Samenlappen etwas höher an der Achse als der Samenlappen selbst, was jedoch, wie gesagt, ae der 4 Fall ist. 4 | Während des Keimens löst sich die Fruciik gänzlich von

dem kurzen Stiele, bleibt aber gewöhnlich noch von den ' 'Spelzen umhüllt, ‘Die ‘grössere derselben zerreisst 'an der Basis der Länge nach, neben der Mittelrippe, dem Keimlinge gegenüber und dieser tritt dann während des Keimens aus dem Spalt hervor, wie es in Fig. 8. gezeichnet ist.

Durch diese Einrichtung bleibt also die nahrungsstoff- reiche Frucht bis nach der Keimung durch die harten, rau- hen Spelzen vor den Nachstellungen vieler im Wasser le- bender Thiere gesichert, die den zarthäutigen stärkemehl- reichen Samen gewiss vertilgen würden.

In Fig. 9 ist ein solcher gekeimter Same "aus den Baden herausgenommen gezeichnet, ü

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Gleichzeitig mit der Knospe des Keimlings dehnt sich auch das Würzelchen aus, noch eingeschlossen in seiner Scheide, welche sich gleichfalls etwas verlängert doch bald von dem bedeutender sich verlängernden Würzelchen an seiner Spitze durchwachsen wird; zugleich wird der Samen- lappenanhang durch das schwellende Knöspchen des Keim- lings von dem Körper desselben, an dem es anlag, entfernt und nach aussen gedrängt, so dass es in diesem Zustande, der in Fig. 10 und 11 RE ist, besonders deutlich er- kannt wird.

In Fig. 12 wurde aus diesem gekeimten und vergrössert gezeichneten, der Länge nach durchschnittenen Samen die Keimknospe (k) herausgebogen und mit dem Schüppchen (c) vergrössert gezeichnet.

Das erste eigentliche Stengelblatt (f, Fig. 10 und 11) steht an dem sich verlängernden Stengelchen etwa 45° von dem Anheftungspunkte des Mittelnerven des Samenlappen entfernt.

Das kleinzellige Gewebe des Eiweisskörpers (13.a) ist vollständig angefüllt mit sehr kleinen Stärkemehlbläschen von eckiger oder rundlicher Form, die keine Schichtung oder irgend eine Struktur erkennen lassen. Sie bestehen aus einer dicken durch Jod blau werdenden Wandung, und an den grösseren erkennt man eine centrale Höhlung, die sich unter Wasser mit Flüssigkeit füllt. Die Gewebe des Keimlings dagegen werden durch Jodlösung gelb gefärbt, was darauf schliessen lässt, dass ihr Gehalt ausser Gummi und Zucker aus Stickstoffverbindungen (Proteinsubstanzen) besteht. Nur einzelne und etwas grössere Stärkemehlkügelchen, als in dem Eiweisse, finden sich in dem Gewebe des Keimlinges und awar vermehren sich diese während der Keimung.

-- Auch in einer Zellenschicht, welche das Eiweiss zunächst

umgiebt und von dem Fradhtpewobe trennt (13.p) sind Pro- teinsubstanzen enthalten, ähnlich wie dies von den übrigen Getreidearten bekannt ist. Der Embryo ist nicht von dem Fruchtgewebe durch diese Zellenschicht getrennt, die ent-

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weder als Epiderminalschicht des Eiweisses oder als Rest der Samenschale zu deuten ist. Die Zellen des Eiweiss- körpers sind in radial gestreckte Gruppen vereinigt, die mehr oder weniger symmetrisch um die Mittellinie der Frucht (14) oder um den Keim (13. 15) geordnet sind, ohne Zwei- fel den Mutterzellen der Eiweisszellen entsprechend. Die Wandungen aller dieser parenchymatischen: Eiweisszellen sind sehr zart und scheinen schon durch kaltes Wasser ge- löst oder wenigstens erweicht zu werden; vielleicht liegt darin die Ursache der Schwierigkeit, das Stärkemehl aus den zerriebenen Samen durch Auswaschen zu trennen, da dasselbe lange suspendirt und mit den übrigen Substanzen gemischt bleibt.

Da die Zellenwände des Albumen der Zizania so sehr zart sind, kann man die Quantität des in demselben enthal- tenen Stärkemehls zusammengenommen mit dem im Embryo enthaltenen auf 75 pCt. von dem ganzen Gewichte der Frucht schätzen, während Gummi, Zucker und die Proteinsub- stanzen, welche in dem Gewebe des Embryo und in der das Eiweiss umgebenden Zellenschicht enthalten sind, etwa ein Drittel dieses Gewebes, also fast’ 5 pCt. von dem Ge- wichte des ganzen Samen ausmachen.

Die anatomischen Verhältnisse dieses Getreides mit. denen des Hafers, des Reises und des Roggen verglichen, lassen vermuthen, dass die Zizanienfrüchte ärmer an Stärkemehl | als der Reis, aber reicher an demselben als der Hafer und Roggen sind, dass sie an Gehalt von Zucker, Gummi, Pflan- zenleim und anderen Stickstoffverbindungen hinter dem Rog- gen zurückstehen, jedoch mehr von demselben als der Hafer und Reis enthalten: dass mithin. die Früchte des Wildreises oder Wasserhafers als Nahrungsmittel einen mittleren Werth unter den genannten Früchten einnehmen möchten.

Wenn demnach schon der Futterwerth dieses Grases, welches sich mit einem Boden begnügt, den die grösste Mehr- zahl der Futter- und Nahrungspflanzen verschmähen, seinen

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Anbau in dem bevölkerten Europa höchst wünschenswerth erscheinen lässt, so dürfte auch in Zeiten der Missernten unserer Getreidearten und der Kartoffeln, z. B. in sehr reg- nerischen Sommern, diese nahrungsreiche, von den Nord- amerikanern als Speise benutzte Brodfrucht ein erwünschtes Ersatzmittel derselben sein.

Erklärung der Zeichnungen

zur Zizania aquatica L.

Die noch in den Spelzen eingeschlossene Frucht von der Rük- kenseite, |

Dieselbe von der Bauchseite.

Dieselbe mit hervorgezogener kleiner Spelze.

Die grosse Spelze ausgebreitet.

Die kleine desgleichen.

Ein Theil der grossen Spelze unterhalb der Spitze vergrössert. Die Frucht längs durchschnitten, 5mal vergrössert, co Samenlap- penanhang und Samenlappen.

Die noch in den Spelzen befindliche gekeimte Frucht; (in natür- licher Grösse, wie auch No.1—5 und 9— 11).

Diese Frucht aus den Spelzen herausgenommen.

und 11. Entwickeltere Keimpflanzen.

Der untere Theil eines keimenden Samen c und c’ wie in Fig. 7 k die inneren Theile des Keimpflänzchen.

Ein Theil des Eiweisses und des Keimlings im Querschnitt stark vergrössert, c’ Samenlappen, c Samenlappenanhang, a Stengel- chen, p. die Zellenschicht, welche das Eiweiss von dem Frucht- blattgewebe trennt und Proteinstoffe enthält.

18a. Einige Zellen des Eiweisses noch stärker vergrössert.

14.

Querschnitt der Frucht, Fig. 7 in d.

14a. Derselbe stärker vergrössert, c’ Samenlappen.

15.

Querschnitt der Frucht, Fig. 7. in e,

15a. Derselbe stärker vergrössert, ec’, c und a wie in Fig. 13.

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Ueber die Einführung und Zähmung der Hoccos.

Von Barthelemy-Lapommeraye, Director des naturhistorischen Museums zu Marseille.

In den Sommermonaten 1825, welche ich alle Jahre auf dem Lande bei Marseille zubrachte, wurden dem Maıre die- ser Stadt ein Paar Hoccos geschenkt, von denen, welche auf den Antillen unter dem Namen Hocco mitu, bei den Natur- forschern als Crax alector bekannt sind.

Man setzte diese Vögel in ein weites verschlossenes Hüh- nerhaus zu einer grossen Menge von Hühnern. Nach einiger Zeit, als wir annehmen konnten, dass sie sich hinreichend an die Gesellschaft der übrigen Vögel gewöhnt haben möch- ten, gestattete man ihnen, in einem ziemlich grossen Hofe umherzugehen, der mit chinesischen Maulbeerbäumen und einigen schönen Kastanienbäumen bepflanzt war, die in der Nähe des Wohnhauses standen.

Die Hoccos sind im Ganzen sehr friediieher Natur. Sie . werden leicht zutraulich und manchmal sogar ziemlich keck.

Die neuen Ankömmlinge nahmen bald die ihrem Aufent- haltsort entsprechenden Sitten an. Sie. kamen: gelaufen, wann die Enten, Hühner, Truthühner und Perlhühner ge- füttert wurden. Sie liefen unter diesen umher, nahmen an ihrem Mahle Theil, vertheilten Schnabelhiebe an die näch- sten Nachbarn, oder es wurde ihnen selbst von einem auf die Vorrechte seiner Odalisken eifersüchtigen Hahn zugesetzt.

Ziemlich häufig flogen sie über die Mauer des Hofes in’s Feld, wo sie sehr gern den Trauben nachgingen, deren: sie | hoch eine grosse Menge verzehrten. | |

Gegen Abend kamen sie immer zum Hause zurück, und gingen in den Hühnerstall, wo sie sich mitten unter; die Hühner auf die Stange setzten. | |

Der milde Winter dieses Jahres übte keinerlei schädli- chen Einfluss auf ihre Gesundheit aus. Sie waren bedeu- tend gewachsen, denn als sie zu Saint-Menet angekommen

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waren (so heisst das Gut), waren sie noch jung. Gegen das Ende des zweiten Jahres waren sie sehr schön geworden. Ihr Gefieder war glänzend schwarz, und die Hervorragung auf dem Oberschnabel des Männchens war vom reinsten Gelb.

Oft habe ich gesehen, dass das Männchen sein Weibchen aufgeregt und hartnäckig verfolgte, aber es wollte mir nie gelingen, Zeuge‘ der Begattung zu werden.

Eines schönen Tages war das Weibchen verschwunden. Ich vermisste morgens sein leises scharfes Pfeifen, nur die absteigende Tonleiter des Männchens war noch vernehmbar, und dieses verliess den Hof nicht mehr.

Diese längere Abwesenheit brachte uns auf die Vermu- thung, dass das arme Weibchen irgend einem Raubthiere zur Beute geworden sei, und wir beklagten seinen Verlust, als wir es plötzlich nach Verlauf mehrer Wochen in der Nähe des Pferdestalles, der ausserhalb des dem Geflügel an- gewiesenen Hofes gelegen ist, zum Vorschein kommen sahen, und zwar in Begleitung von 15 schon ziemlich starken Kü- chelchen, welche es nach seiner früheren Wohnung führte. Unsere Freude war eben so gross, wie unsere Ueberraschung. Wir konnten nicht wissen, wohin es seine Eier gelegt, von was es selbst gelebt und womit es seine zahlreiche Familie ernährt hatte, sondern wir konnten darüber nur Vermuthun- gen hegen. |

Wie dem auch sei, die jungen Hoccos wuchsen herrlich heran unter dem Einfluss der schönen Sommertage.

Jeden Morgen machte ich mir das Vergnügen, von mei- nem Fenster aus, welches auf das Dach eines Schuppens ging, ‚das Hoccohuhn herbeizulocken und ihm einige Hände voll Hirse ‚hinzuwerfen. Sie kam eiligst mit ihren Jungen

herbeigelaufen, ‚und diesen niedlichen Thieren war es eine Kleinigkeit, auf das Dach zu flattern, welches übrigens nicht sehr hoch vom Boden entfernt war.

‚Die Mutter stolzirte mit einer Art von Koketterie vor mir herum, hob und senkte ihre aufgerollte Haube, breitete ihren Schwanz nach beiden Seiten stossweise, man möchte

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fast sagen, krampfhaft aus, wobei sie zuweilen für einen Augenblick bös wurde, wenn ich that, als wolle ich sie fan- gen, und einen stark accentuirten und mehrfach wiederhol- ten Kehllaut ausstiess. x

Sowie die Jungen im Stande waren, ihre Mutter überall hin zu begleiten, entsagte diese dem Aufenthalt im Hühner- stall für die Nacht. Sie suchte die höchsten Baumgipfel, deren dichtes Laub ihr einen sicheren und bequemen Ruhe- platz bieten konnte. Das Männchen ging immer mit. Mit Tagesanbruch war Klein und Gross schon auf dem Felde, oft sehr weit und sie suchten da und dort nach Futter.

Wir erhielten in dieser Weise mehrere Jahre hinterein- ander mehr oder weniger zahlreiche Bruten, und endlich entdeckte ich auch den geheimen Ort, wohin die Eier nach und nach bis zum Brüten gelegt wurden. Er war in einem ungeheuren Holzstoss und in einem Winkel, wo die aufge- häuften Reiser kaum einige Zwischenräume liessen, um die arme Henne aufzunehmen. Ich hatte mit der grössten Auf- merksamkeit suchen müssen, um diese heimliche Stätte zu finden, zu welcher ich dadurch gelangte, dass ich der Henne folgte als sie eben über die Umfassungsmauer das Hofes ge- flogen war.

Wenn sich aus der Zahl der ausgeschlüpften Jungen auf die Zahl der gelegten Eier schliessen lässt, so steht zu ver- muthen, dass es nie mehr als 15 sind. Niemals betrug die Zahl einer Brut mehr als 15 und nie weniger als 10. Ich erhielt nur sehr wenig nicht befruchtete Eier. Die anfäng- lich rauhen Eier wurden später ganz glatt. Sie sind bekannt- lich von der Grösse der Truthühner und etwas wolkig weiss,

Das Fleisch der Hoccos ist weiss, zart und saftig. Das von jungen, wohlgenährten Thieren ziehen die Feinschmecker bei guter Zubereitung jungen Truthühnern, Pfauen und Perl- hühnern vor. |

In der Wahl ihrer Nahrung sind die Hoccos durchaus nicht empfindlich, sie fressen Korn, Hirse, Welschkorn und streiten mit Hühnern und Enten um die für diese bestimmte

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angefeuchtete Kleie. Brod ist für sie ein Leckerbissen. Wie die meisten Hühnervögel, fressen sie begierig Brocken von rohem und gekochtem Fleisch.

Man erinnert sich des kalten Winters von 1829 bis 1830. Das südliche Frankreich blieb nicht unverschont, es erfro- ren viele Olivenbäume und Weinstöcke, und die Kälte drang sogar bis tief in die Erde,

Unsere armen Hoccos, die sich durch mehrjährigen Aufent- halt so gut an das Klima gewöhnt hatten, wurden über Nacht von einem starken Schnee überfallen, den der Nordwind auf den Kastanienbäumen, wo sie den Abend vorher gesessen hatten, in Eis verwandelte.

Wir hatten schon in den ersten Tagen des November das Gut verlassen.

Die Bauern, welche über das Schicksal dieser Thiere unruhig waren, fingen sie ein, wie sie vor Kälte schon ganz erstarrt waren. Sie begingen aber die grosse Thorheit, sie vor das Feuer zu setzen, um sie zu erwärmen, und in Folge dieser ungeeigneten Sorgfalt gingen sie sämmtlich zu Grunde.

Fassen wir nun das Resultat dieser Beobachtungen zu- sammen, so finden wir, dass die Zucht dieser werthvollen Hühner im südlichen Frankreich nicht gerade eine allzuernste Sorgfalt erfordert, aber sie erheischt das Zusammentreffen anderer, besonderer Umstände, z. B. dass sie in den ersten Monaten des Jahres zu uns gebracht werden müssen, dass sie mit anderem Geflügel zusammenleben und anfangs ein- gesperrt werden müssen. Diese Art von Zucht verlangt fer- ner viel Raum, eine gewisse Freiheit und Geheimhaltung des Platzes, wo die Fortpflanzung stattfindet. Im Sommer Freiheit und Zugang zu hohen Bäumen gegen die Angriffe der Marder an Orten, wo diese schädlichen Raubthiere vor- kommen, Schutz im: Winter, um den durch Nachtfrost ent- stehenden Schaden zu vermeiden, gegen dessen Einfluss dem Züchter nur sehr geringe Hilfsmittel zu Gebote stehen.

Was den Nutzen anbelangt, so dürfen die Hoccos nicht unter die Truthüner und Pfauen gestellt werden, denen sie

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an Gestalt und Umfang nahe stehen und welchen sie auch in Betreff der Vortheile, welche ihre Verbreitung der Land- wirthschaft darbietet, an die Seite zu stellen sind. (Bulle- tin de la Soc. d’Acclim. V. 1. p. 123.)

Ueber die Hoccos und Jakhühner. Aus einem Briefe von Herrn Pomme an Herrn Geoffroy St. Hilaire,

Ich besass sechs weibliche Hoccos und nur vier Männ- chen. Dieses Missverhältniss hat mir. den Beweis geliefert, dass dieser Vogel in Monogamie lebt. Die nicht gepaarten Weibchen legen zwar dennoch und suchen die Liebkosungen des ersten Männchens, welches ihnen in den Weg kommt, aber sie gehen in den Geschlechtsverrichtungen nicht weiter. So bauen sie kein Nest, sondern legen ihre Eier, wohin sie gerade kommen, meist Abends, wann sie sich schon aufge- setzt haben. Diejenigen dagegen, welche ein Männchen ha- ben, legen immer in ein Nest, welches das Letztere gebaut hat, denn bei diesen Vögeln baut das Männchen. Ich muss zugleich bemerken, dass es in Frankreich wenigstens sehr selten ist, dass ein Hocco brütet und es hat von Allen, die ich bekommen konnte, nur ein einziges Neigung dazu ge- zeigt. Fünf Stück haben Eier gelegt und das sechste war

mehrere Jahre lang gepaart und suchte das Männchen auf, aber es hat nie Eier gelegt. Die neu angekommenen Weib-

chen bleiben während des ersten Jahres ihrer Einführung kalt und gefühllos. Im zweiten Jahre paaren sie sich, aber sie legen nicht, oder schallose Eier. Im dritten Jahre ist Schale daran, aber sie ist zerbrechlich und unvollkommen und erst im vierten Jahre verschwindet auch dieser Mangel. Jedes Weibchen legt dreimal jährlich, wenn es nicht brütet.

Wenn es brütet, legt es nur einmal und zwar gegen

193 Ende April oder Anfang Mai. Die Brütezeit dauert 31 bis 32. Tage. Bei mir wurden jedesmal zwei, manchmal, aber selten, drei Eier gelegt.

Um die Angewöhnung zu erleichtern, schien es mir nütz- lich diese Vögel frei laufen zu lassen und ihnen möglichst mannigfaltiges Futter zu reichen; es scheinen dies die ge- eignetsten Verhältnisse für sie zu sein. Ich liess sie also in meinem Hofe laufen, von wo sie nach Belieben in meinen Garten flogen, in welchem sie umhergingen. Dieser Garten ist nur zwei Hectaren gross, aber dennoch war er ihnen zu ihren Ausflügen stets genügend und sie überschritten seine Grenzen niemals. Sie finden in demselben Früchte, Körner, Pflanzen, Insekten, die man ihnen unmöglich geben kann, wenn sie eingesperrt sind. Wenn jedoch die Zeit der Liebe gekommen war, sah ich mich genöthigt, sie getrennt einzu- sperren, denn die Männchen kämpften auf Leben und Tod mit einander. Einen einzigen Hahn und die Hühner, die kein Männchen hatten, liess ich frei umherlaufen. Diese legten besser und es hatten auch ihre Eier eine vollkom- menere Schale, und ausserdem waren die, welche brüten wollten, auch unter ihnen, während die eingesperrten durch- aus keine Neigung hierzu bewiesen. Diese Vögel fressen Mais, Korn, Gerste, Hafer und Hanfsamen sehr gern. Mit ‚ihrem starken Schnabel zerpieken sie Aepfel, Birnen und Pflaumen in Stücke. Sie lieben ausserdem Trauben, Insek- ten, Salat und Kohl, sie kamen auch in meine Küche und flogen nach den Coteletten auf dem Heerde.

. Fast alle Eier, welche ich bekam, waren befruchtet, aber fast alle waren sie nicht von besonders günstiger Beschaf- fenheit; denn das völlig entwickelte Junge starb in der Schale ab, als ob ihm die Kraft zum Ausschlüpfen gefehlt - hätte. Es kommt dies in unseren Gegenden bei einheimi- schen Vögeln oft vor, wenn die Mutter während des Legens nicht ganz gesund war. Dreimal konnten indessen die jun- gen Hoccos die Schwierigkeiten beim Ausschlüpfen überwin-

den, aber obwohl sie ganz kräftig waren, lebten sie doch 1861, Bd. IV. 13

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nur drei bis vier Tage. Sie frassen nichts und starben ohne Zweifel Hungers. Sie hatten eine grosse Abneigung gegen die Truthenne, welche sie ausgebrütet hatte (denn damals hatte ich noch kein Hoccohuhn, welches brüten wollte), und sie hielten sich immer von ihr entfernt. Diese Beobach- tung brachte mich auf die Vermuthung, dass die Mutter eine erste Nahrung besässe, wie der Milchsaft der Tauben, welcher sich am Ende der Brütezeit einstellte und den jun- gen Hoccos in den ersten Tagen zu ihrer Existenz unum- gänglich nothwendig wäre. Um mich davon zu überzeugen, gab ich einem Hoccohuhn drei Eier von Jackhühnern (Pe- nelope Marail). Zu besserem Verständniss will ich hier. be- merken, dass ich seit drei Jahren von diesen Vögeln zwei Weibchen und nur ein einziges Männchen besitze.

Das eine der Weibchen möchte gern brüten, aber leider ist, seit es brüten will, mein einziges Männchen unfrucht- bar geworden, so dass ich früher gute Männchen hatte, wäh- rend die Weibchen nicht brüten ‚wollten, während jetzt eines brüten will, aber das Männchen unfruchtbar ist. Endlich war das Nest mit grosser Sorgfalt auf dem Dach einer Fa- sanerie, drei Meter über dem Boden gebaut. Meine Marail-

Eier wurden so gut bebrütet, dass am 29, Tage um 6 Uhr

Morgens das Hoccohuhn mit den drei Penelopes in einem Gang meines Gartens umherspazierte. Das Männchen be- kümmerte sich nicht um die Jungen, aber das Weibchen 20g sie recht gut auf. Sie sind jetzt völlig ausgewachsen. Ich habe daraus gesehen, dass die Hoceohühner als Ammen nichts Besonderes haben, und dass ihre Jungen wie die von anderen Hühnervögeln behandelt werden.

Die Hoccos kommen in zwei getrennten Arten zu uns, nämlich als eine grosse und eine mittlere oder kleine. Von der ersten habe ich nur ein einziges Paar gehabt. Das Männchen war ausserordentlich gross und schwarz; es ist dasselbe, welches ich schlachten musste. Das Weibchen, welches ich noch besitze, ist untenher röthlichgelb, oben braunroth. Es ist der schönste Vogel, den ich je gesehen

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habe. Es legt viel, brütet aber nicht. Der vor Kurzem verstorbene Vogelhändler Vaillant hat mir diese beiden Hocecös als nordamerikanische verkauft, und ich glaube, dass er mir die Wahrheit sagte, denn sie ertrugen die Kälte bes- ser, als die anderen kleineren. Ihr grosser Körper deutete auch auf eine Abstammung aus nördlichen Gegenden, auch erfrieren ihnen im Winter die Füsse nicht. In den sieben Jahren, seit welchen sich das schöne Huhn in meinem Be- sitz befindet, brachte es den Winter im Freien zu und ist noch so kräftig wie am Tage seiner Ankunft. Das Männ- chen war ebenso.

Die kleine Art dagegen fürchtete die Kälte und beson- ders die Berührung mit dem Schnee. Bei dem geringsten Froste erstarren ihnen die Füsse und sind nicht mehr im Stande sie zu tragen, und wenn man sie so der Kälte aus- gesetzt lässt, erfrieren ihnen die Füsse und fallen im Früh- jahr ab. Das Männchen, welches ich noch besitze, hat an jeder Zehe zwei Phalangen verloren und sein Weibchen (wel- ches brütet) hat gar keine Zehen mehr, aber dennoch geht es und setzt sich sogar auf dicke Aeste. Ich glaube, dass die Unfruchtbarkeit des Männchens mit dem Verluste seiner Zehen im Zusammenhange steht, und es ist dadurch viel- leicht nicht im Stande, sich bei der Begattung auf dem Rücken des Weibchens festzuhalten. Kälte und Feuchtig- keit sind demnach die grössten Feinde dieser Vögel und die empfindlichsten Theile sind die Füsse und Krallen, und nie habe ich gesehen, dass selbst die stärkste Kälte eine andere Wirkung auf sie geäussert. hätte.

Um diese nachtheiligen Einflüsse zu beseitigen, habe ich mich entschlossen, die kleinen Hoccos den Winter über in einem kleinen Treibhause zu halten, wo sie beständig einen völlig trockenen Boden haben. Die vordere Wand dieses Hauses besteht aus Glasfenstern, welche Tag und Nacht offen bleiben, wenn nicht die Kälte zu heftig ist, und nur, wenn es friert, werden sie Nachts geschlossen. Sowie ein wenig Sonne scheint, durchdringt die Wärme die Scheiben und

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196 erwärmt das Lokal für lange Zeit. Ich 'glaube, dass ‘dies

die einzige Weise ist, um den Hoccos die Kälte erträglich

zu machen. Künstliche Wärme ist ihnen weniger zuträglich und war ihnen in allen Fällen, wo ich sie anwenden sah, tödtlich. Ich halte es für besser, sie ein wenig Kälte ertra- gen zu lassen, ihre Gesundheit bleibt besser und die Accli- matisation gewinnt dadurch. LIUrE Alle diese Beobachtungen gelten. ish von den Pene- lope Marail, mit dem Unterschied, dass diese letzteren alle 14 Tage legen und zwar drei, manchmal aber: vier Eier auf einmal. | | Das sind die Erfahrungen, welche ich bei meiner H6bco- zucht gemacht habe, und ich wiederhole, dass das Einsper- ren die Aussicht auf Nichtgelingen vermehrt und man“muss den Räumen, in welchen man diese Vögel halten will, eine möglichst bedeutende Ausdehnung geben. Ferner ist’ es zweckmässig, ihnen von allen Seiten, Süden ausgenommen, verschlossenen Raum zum Aufenthalt zu. geben, als Schutz gegen Regen, kalten Wind oder Frost. Wenn die Südseite mit Glasfenstern verschlossen werden kann, so sind die Hoc- cos gegen die Winterkälte hinreichend gesichert. ; (Bulletin de la Soc. d’Acclim., V.I., p. 139.) |

Bericht über die japanische Seidenraupe (Bombyx

mori). Von 8. Roberti.

Am 1. Mai brachte ich circa 5000 Eier in ein Zimmer mit einer Temperatur von 14'/, Centigr., von denen am näch- sten Morgen einige Räupchen auskrochen, da sie jedoch nicht frassen, brachte ich die Graines in: mein Schlafzimmer, wel-

ches etwa 16'/; C. Grad Wärme hatte, aber auch hier: woll-

ten die Räupchen, von denen täglich eine kleine Quantität

u eg aa

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auskam, nicht fressen, erst am 11., wo sich die Temperatur auf 18 Grad hob, wurden sie lebhaft im Fressen und im Bewegen.

Von’ nun’an wurde das Auskommen bis zum 22. immer lebhafter, da die Temperatur bis auf 21'/; Grad gestiegen war, und sich auf dieser Höhe erhalten hätte, Nach zwei- tägiger Unterbrechung kamen etwa noch 100 Räupchen aus, die sich weniger und langsamer wie die anderen entwickel- ten, ich schloss hieraus, dass die @raines nicht gut erhal- ten waren, ' Die erhaltenen Räupchen waren beim Auskom- men: sehr klein und schwarz, ihr Wachsthum' schien mir anfangs sehr langsam vorzuschreiten, ‘sie kamen indessen binnen 8 Tagen zur ersten Häutung, und nach 8 Tagen zur zweiten, ohne dass’ eine einzige starb, da ich Vorsorge ge- troffen, dass keine, von der Häutungsperiode ab, auf der alten Streu blieb, und konnte nicht anders handeln, da ich eine Mischung von Räupchen hatte, welche an 11 verschie- denen Tagen ausgekommen waren. Die am weitesten ent- wickelten meiner Räupchen' kamen auch sehr gut durch die dritte Häutung, und wurden nun während des vierten Al- ters sehr schön, nahmen: eine reine weisse Farbe mit einem bläulichen oder grünlichen Reflex an, hatten eine sehr feine Oberhaut, ‘obgleich sie kleiner als unsere gewöhnlichen Sei- denwürmer waren, und frassen bei einer Temperatur von 21 —22Grad'sehr gut, die Luft: hielt: sich trocken und kein schlechter Geruch entstand im Zimmer. Es stellte sich klar heraus, dass’ es (chinesische Seidenraupen waren. $ie befanden sich so wohl, dass’ es; mir gar nicht in den Sinn kam, sie nach der vom Grafen Castellani beschriebenen chinesischen Methode als Präservativ mit Kohlen- und Kalk- pulver zu bestreuen. Und dennoch beobachtete ich, dass einige Stunden nachher, etwa 100 der zuerst ausgekomme- nen Räupchen, welche ich von den anderen seit einigen Ta- gen getrennt, und die die vierte Häutung überstanden hat- ten, nicht wohl waren, sie sahen schlecht aus, frassen nicht,

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verloren ihre Durchsichtigkeit und wurden steif, 'einige schie- nen schwarz zu werden, eine oder zwei hatten schon auf der Schwanzspitze schwarze Flecken.

Da ich der Ueberzeugung war, dass ich Alle verlieren würde, entschloss ich mich, den Kalk und Kohle anzuwen- den, theilte meine Räupchen, die die 4. Häutung überstan- den, in 3 Klassen, welche ich Nachmittags mit Kohle allein, mit Kalk allein, und mit Kohle und Kalk: hintereinander in Zeiträumen von 4 Stunden bestreute. Am andern Morgen befanden sich meine so hinlänglich bestäubten Räupchen wie- der wohl, nur einige, etwa 6 8 der allerkranksten $tarben. Ich bestreute dann auch die noch in der Häutung begriffe- nen, und die übrigen in der Zeit, dass sie sich der vierten Häutung näherten, indem ich diejenigen in der Entwicke- lung zurückgebliebenen Raupen wiederholt mit Kohle und Kalk bestreute, die man bei einer !grossen Zucht gänzlich vernachlässigt hätte. ;

Alle meine so behandelten Raupen, mit Ausnahme einer unbedeutenden Anzahl, gelangten zum Spinnen der Cocons, der einen feinen Faden, sowie ein gutes: Gewebe hat, von mittlerer passender Grösse, jedoch von einer blassgrünen Farbe, welche im Handel nicht sehr beliebt ist, da sie eine schmutzig weisse Seide giebt, die kein gutes Ansehen hat.

Das mittlere Gewicht der Cocons ist. 90 Centigramme, um 100 Gr. vollzumachen, habe ich etwa 10 grössere Cocons hinzugenommen, von denen 50 die 100 Grammes 'wogen. Ich habe im Ganzen 2 Kilogramm gewonnen, 50 Cocons, die ich auskriechen liess, und von denen ich ungefähr 200 Gramme Graines bekommen. |

Die Schmetterlinge sehen im allgemeinen gut aus, aber eine kleine Anzahl hatten auf den Flügeln einige schwarze Flecken, was darthun würde, dass die Raupen von der herr- schenden Krankheit befallen waren, und dass sie dieselben durch die Maulbeerbaumblätter erhalten. Ich hoffe, dass es mir nächstes Jahr gelingen wird, die etwa hervortretenden

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Keime der Krankheit dieses Jahres durch Anwendung der vollständigen chinesischen Methode mit Kohle und Kalk von dem Beginn der Zucht an, zu ersticken. (Bulletin de la Soc. d’Acelim., Vol. VIII p. 546.)

Ueber die in Frankreich eingeführten neuen Seiden- raupenarten.

Von Aug. Dumeril und Gu&rin-Meneville.

Der französische General-Consul von Frankreich in Japan, Herr Duchesne de Bellecourt, hatte der Societe impe- riale zoologique d’Acclimatation eine Seidenprobe nebst Grains mit der Bezeichnung: „Eier der wilden japanischen, Jama- mai genannten Seidenraupe* übersendet.

Im naturhistorischen Museum sind seit der Gründung der Soeiete d’Acelimatation fortdauernd Versuche mit dieser Raupenart mit seltener Beharrlichkeit, Intelligenz und gros- ser Geschicklichkeit von Herrn Vall&ee, dem Aufseher der Menagerie der Reptilien, ausgeführt worden.

Die Eier waren ohne jede genauere Nachweisung über- sendet worden, und als ihr Ausschlüpfen den 15. März 1861 begann, war die Vegetation erst sehr wenig vorgeschritten. Herr Vallee bot den jungen Raupen verschiedene Blätter dar, und nach vielfachen und verschiedenartigen Versuchen brachte man dieselben auch auf die ersten Triebe der Eiche, und zwar von Quercus cuspidata, welche von der noch übrig gebliebenen kleinen Anzahl mit Lebhaftigkeit gefressen wur- den. Man liess Eichenblätter aus »den südlichen Departe- - ments senden, diese wurden jedoch überflüssig, weil man hinreichend Blätter von Quercus pedunculata und castanei- folia hatte, und namentlich das Laub der Letzteren von die- ser Raupe vorgezogen wurde.

Die Raupen entwickelten sich sehr gut, viele gingen je-

200 doch während der letzten Häutung zw Grunde, und Herr Quatrefages schreibt diese Sterblichkeit nicht der Pe- brine, sondern der unter dem Namen. Negrone bekannten Krankheit zu. Es wurden nur wenige ‘Cocons' gesponnen, jedoch darf man hoffen, diese Race erhalten zu sehen, durch welche Europa eine sehr wünschenswerthe Bereicherung zu Theil werden würde.

Herr Guerin-Meneville berichtet über diese Versuche an die kaiserliche Central-Ackerbaugesellschaft,: dass er jetzt mehr Hoffnung habe, diese von ihm nach dem Bischof und Missionar Perny „Bombyx Pernii“ genannten Art mit Er- folg zu züchten, indem die Eier einer japanesischen Raupe, welche dem Bombyx Pernii sehr ähnlich sei, lebend nach Paris gelangt sind, wo sie in der :Menagerie der Reptilien, in ‘welcher. eine. constante Temperatur von 20 bis. 25°. C. herrscht, untergebracht wurden. . Einige hatte.er zu sich ge- nommen, um ihr Ausschlüpfen in. einem nur 10 bis 12 Grad warmem: Zimmer etwas zu verzögern, bis die Eichen Blätter getrieben hätten. Indessen sind merkwürdiger Weise beide zu gleicher. Zeit ausgeschlüpft; jedenfalls ist ihre Brütung bereits auf der Seereise erfolgt, ‘wovon der: Berichterstatter sich durch Oeffnung eines Eies, welches: bereits die ausge- bildete junge Raupe enthielt, überzeugte. |

Den. jungen Raupen wurden verschiedene Pflanzen. dar- geboten, sie berührten dieselben. jedoch nicht und starben nach 3 oder 4 Tagen... Sie. verweigerten Lattich', Schwarz- wurzel, Distel, Ulme, Rosen. Unglücklicher Weise hatten die Eichen noch keine. Blätter, nur im. Museum fanden sich an einer fremden, und. seltenen: Eichenart bereits Blätter- triebe, die man den noch übrigen verspäteten Raupen an- bieten konnte, ‘welche,sie auch frassen, und wodurch ihr Leben 'so lange gefristet wurde, bis. aus Toulon Eichenblät- ter eintrafen. Mit diesen wurden sie erhalten; und gedie- hen sehr gut, so dass nun: die Hoffnung vorhanden, wenn ihr ferneres Leben ohne Unfall bleibt, es werde gelingen, die japanische Seidenraupe in Frankreich einzuführen.

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Es, ist-möglich, dass diese Raupe dieselbe ist, welche man in Japan auf der Eiche erzieht, sie kann aber auch einer anderen Art: angehören, denn ‚schon die Eier erschienen ver- schieden von denen des Bombyx Pernii und Mylitta. Die Coconsi der letzteren sind übrigens ganz geschlossen, wie die der'Maulbeerseidenraupe, welche man abhaspeln kann, wäh- rend die der anderen Arten, welche auf dem Wege der Ac- climatisation: sich befinden , wie Bombyx aurota, cecropia, hesperus, Tarquinius, Arrindia und Cynthia nur Flockseide geben. Deshalb haben die Raupen auch nicht in dem hin- teren Theile ihres Körpers das Reservoir mit einer zur Er- weichung des Cocons bestimmten Flüssigkeit; man kann also durch eine einfache Untersuchung hierauf schon vorher fest- stellen, ob die Arten geschlossene oder offene Cocons spinnen.

Ferner machte Herr-Guerin-Meneville kürzlich. der kaiserlichen. Central- Ackerbaugesellschaft Mittheilung über 49 ungewöhnlich grosse und seidenreiche Cocons, welche er von einem Kaufmann in Bahia erhalten hatte.

Dieselben haben eine grauweisse, fast weisse Farbe, die Grösse von Hühnereiern und stammen; von einer in Brasi- lien. sehr gewöhnlichen Raupe. Der: Falter, welcher aus ihnen hervorgeht, ist: einer: der grössten bekannten Schmet- terlinge, nämlich Bombyx (saturnia) aurota, Fahr.

Diese wilde Seidenraupe ist in ganz Brasilien gemein, sie. scheint jedoch nicht in grosser Höhe zu gedeihen. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus den Blättern von Anda Gomesii, einem grossen Baume aus der Familie der Euphor- biaceen, welcher dem Wallnussbaum und: Rieinüs ähnlich sieht; jedoch ernährt sie sich auch von der Jatropha man- hiot und anderen amerikanischen Pflanzen.

In Brasilien schlüpft der Schmetterling während des gan- ‚- zen Jahres aus, man kann seine Züchtung in: Zimmern oder auch im Freien auf Bäumen vornehmen, und dauert die- selbe zwischen 40 und 45 Tage. Wie alle ähnlichen Rau- pen spinnt dieselbe ihren Cocon zwischen 2 oder 3 Blätter, und befestigt ihn noch an den Zweigen ‚mit: einer: langen,

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platten, seidenartigen und sehr starken Schnur. Der Schmet- terling schlüpft nach 8 bis 10 Wochen aus, zuweilen ver- gehen aber auch mehrere Monate und sogar Jahre, bevor einzelne Exemplare ausschlüpfen.

Wie schon oben bemerkt, enthält dieser Cocon viel Seide, und zwar 35 bis 40 Centigr. Die Seide ist flachsfarben, fast weiss. Jeder Faden ist für sich allein 3'/, bis 4 Hun- derttheile eines Millimeters stark, und trägt ohne zu zer- reissen, 15 bis 20 Grammen. Er ist also zwei Mal so dick und drei Mal stärker als der gewöhnliche Seidenfaden. Mit ihren Insassen wiegen die Cocons im Mittel 5 Grm., die ge- wöhnlichen 2 Grm. Zu einem Kilogramm Rohseide sind 2500 leere Cocons von dieser Raupe erforderlich; von der des Bombyx mori gegen 8000.

Weil diese Cocons eine von der Raupe selbst aurärbgte Oeffnung zum Ausschlüpfen haben, so kann man dieselben nicht in gewöhnlicher Weise abhaspeln, man muss sie des- halb kämmen, wie man es gewöhnlich mit. durchbohrten Cocons macht, nachdem man sie zuvor gekocht hat. Die Flockseide ist fast weiss und sehr glänzend, und würde des- halb die zartesten Farben annehmen, auch zu einer Menge von Geweben geeignet sein, besonders zu denen, welche man „Phantasie -Stoffe* nennt, und die aus Seide, Baumwolle oder Wolle bestehen.

Man würde diese Art mit Nutzen im mittäglichen Frank- reich und Italien, besonders aber in Algerien auf den Ca- narischen Inseln u. s. w. erziehen können, wo man ihnen Rieinus-Blätter geben könnte. Dieser letztere Umstand haupt- sächlich macht ihre Acelimatisation in diesen Ländern mög- lich. Merkwürdig ist es, dass die Brasilianer noch nicht daran gedacht haben, diese bei ihnen im Ueberfluss vorhan- dene Raupe zum Gegenstand einer fruchtbringenden Industrie zu machen. Wenn diese Cocons nach Europa geschickt wür- den, so würden die Fabrikanten in Lyon, Saint-Etienne und Roubaix sehr vortheilhafte Geschäfte damit machen können, (Landwirth. Centralbl. 1861, p. 350.)

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Ueber den Wellenpapagei (Melopsittacus undulatus). Von Jules Delon.

Es war in unseren früheren Sitzungen von der Acclima- tisation nützlicher Säugethiere und Vögel die Rede, aber der Plan unserer Gesellschaft sagt auch, dass wir uns mit der Einführung und Zucht von Luxusvögeln beschäftigen werden. In dieser Kathegorie steht der kleine, gestreifte, neuholländische Papagei (Melopsittacus undulatus) obenan.

Sein Gefieder ist so bunt, sein Thun und Lassen so in- teressant, dass eines der hervorragendsten Mitglieder unse- rer Gesellschaft, wenn von ihm die Rede ist, stets zu sa- gen: pflegt: Je mehr man ihn ansieht, desto lieber gewinnt man ihn. |

Es sind wenigstens sieben oder acht Jahre, seit er nach Frankreich und England gebracht wurde und von mehreren Vogelliebhabern, wie H. H. Saulnier zu Saint-Brice und Bisseut zu Belleville seitdem gezogen wird. Ich kenne ihn erst seit 5 oder 6 Jahren, aber er-hat mein Interesse so sehr gefesselt, dass das Studium seiner Sitten und seiner - Züchtung mir täglich Gelegenheit zu neuen Beobachtungen darbietet.

Ich habe mir nun über das Treiben dieser Vögel so aus- führlich als es möglich war, Notizen gesammelt, die ich auf Wunsch mehrerer unserer Mitglieder mittheilen werde; doch dürfen Sie nicht einen ornithologisch-wissenschaftlichen Vor- trag, sondern nur einige praktische Bemerkungen erwarten.

Obwohl dieser Papagei aus einem wärmeren Klima stammt, als das unserige ist, so kommt er doch bei mittlerer Tem- peratur, die sogar bis auf Null herabsinken kann, gut fort.

In einem gegen Südwest gerichteten Käfig lasse ich ihn von

Mai bis November im Freien und bringe ihn im Winter in ein wenig geheiztes Zimmer.

Seine Nahrung ist weisse Hirse, Traubenhirse und haupt- ' sächlich Kanariensame. Er trinkt sehr wenig und ich habe

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das mit dem Männchen in einem Käfig lebende Weibchen niemals. trinken sehen. Er ’nistet in hohlen. Baumstämmen, wie der Staar. Ich habe es mit Eichen-, Ulmen-, Kasta- nien- und Weidenholz versucht, und er hat stets das letz- tere vorgezogen. » Das Weibchen legt alle zwei Tage bis zu sechs oder acht weissen Eiern, die etwas grösser als die des Zeisigs und etwas rundlicher sind. Die Jungen’gehen auch von zwei zu zwei Tagen aus, was beweist, dass es sogleich, nachdem es das erste Ei gelegt hat, zu brüten beginnt. Mit dem Aushöhlen des Nestes und mit dem Erweitern des Ein- gangs beschäftigt sich das Weibchen allein und es legt seine Eier auf das Holz, ohne Moos oder sonstige Gegenstände, womit. andere Vögel: zu bauen pflegen, "hineingetragen zu haben, ‚es lässt nur ein ‘wenig Holzstaub liegen, den’ es mit seinem Schnabel abgekratzt hat, während es die bei seiner Arbeit ‚abgefallenen 'kleinen Späne: alle hinauswirft.:. Ich habe gesehen, dass sie sogar auf einer glatten Diele legten, auf: welche ich einen hohlen Weidenstamm. ohne Boden ge- stellt hatte. Das Weibchen brütet einundzwanzig Tage, wäh- rend welcher Zeit es das Nest nur verlässt um seine Excre- mente abzusetzen, und ich habe nie gesehen , dass es wäh- rend der Brutzeit, ja bis seine Jungen völlig 'befiedert 'wa- ren, Wasser oder Getränk zu sich genommen hätte, sondern das Männchen bricht ihm die' für es selbst’ und für seine kleine Familie nothwendige Nahrung vor.: Im vergangenen Jahr hatte ich eine Brut von: sechs Jungen, welche gegenwärtig im: besten Wohlsein und völlig. herangewachsen ‘sind. Die Jungen bleiben, nachdem sie ausgegangen sind , etwa 30: bis 35 Tage in. dem Neste, welches sie erst dann verlässen, wenn sie ganz: befiedert sind, wie ihre Eltern, doch sind dann ihre Farben noch weniger lebhaft, und: sie sind -be- sonders daran zu erkennen, dass die Querstreifen am 'Kopfe bis zum Grunde des Schnabels gehen, während bei den Er- wachsenen die Stirne bis zum Scheitel ganz gelb ist. Sehr merkwürdig ist: die Sorgfalt: des; Weibchens, das Nest sehr rein'zu: hälten, und man könnte: wohl: sagen; dass 'es wie

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eine ordentliche Hausfrau sein Zimmer jeden Morgen aus- kehrt, auch putzt und reinigt es seine Jungen mit einer un- vergleichlichen Sorgfalt.

Die ‚Fruchtbarkeit dieser Vögel ist so bedeutend, dass oft das Weibchen neue Eier legt, ehe die letzten Jungen das Nest verlassen und bereits auf denselben brütet, wobei es fortfährt seine kleine Familie zu füttern. Ein einziges Paar: hat mirim vergangenen Jahre auf vier Mal zwölf Jun- gen geliefert, die sich alle im 'vollkommsten Wohlsein be- finden. Indess muss ich bemerken, dass ich das Männchen gegen das Ende des Herbstes verloren habe; vielleicht in Folge von’ Erschöpfung, vielleicht aber auch durch einen an- deren, von mir nicht‘ wahrgenommenen Unfall. Ich kann es nicht sagen, übrigens war sein Gefieder sehr gut und das Cadaver nicht mager. Beim Abziehen fand ich, dass im Gehirn etwas Blut ausgetreten war,

' Was diesen Vogel hauptsächlich von allen andern klei- nen Papageien unterscheidet, ist sein zuthünliches, lebhaf- tes und fröhliches Wesen. Das Männchen ist wirklich ein Muster von einem Gatten, wie das Weibchen das Muster

. einer Mutter ist; er beschäftigt sich ausschliesslich mit ihr

und nie mit den andern, welche etwa zugleich in demsel- ben Käfig sein mögen und ist stets eifrig, aufmerksam, glü- hend und sogar sinnlich gegen sein Weib. Auf einem Zweige vor:der Oeffnung des Nestes sitzend, singt er ihr seine schön- sten Lieder vor, er ist nie-traurig, still oder schläfrig, wie so viele andere Papageiarten. Das Männchen füttert die

Jungen nicht selbst. Endlich hat es einen so intelligenten Ausdruck in ‘seinen Augen, dass man glaubt, es spräche

und hörte, zu. - Ich (hatte ‚ein Paar gehäubte Dominikaner- vögel, welche in einem nebenan hängenden Käfig ihren

r- Aufenthalt hatten und von denen das Männchen wunder- schön. sang das: Männchen der. australischen Papageien alımte den Gesang täuschend ähnlich nach.

Endlich ist, nach meinem Dafürhalten, dieser kleine Pa-

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pagei einer der schönsten Vögel, welche man zur Zierde eines Vogelhauses ziehen kann.

Ich könnte eine grosse Menge physiologischer Erschei- nungen mittheilen, welche ich im Laufe mehrerer Jahre ge- sammelt habe, aber ich würde fürchten, die Zeit und die mir geschenkte wohlenliendk Aufmerksamkeit zu miss- brauchen.

Eine schon mehreren Personen bekannt gewordene That- sache will ich indess hier noch erzählen:

Herr Saulnier zu Saint-Brice hatte im verflossenen Jahr eine Brut von vier oder fünf Undulaten‘, bei denen ein kleines lahmes sich befand, welches das Nest einige Tage nach seinen Geschwistern verlassen hatte und auf den Bo- den des Käfigs gefallen war, wo es verhungert sein würde, da es nicht an die Fressgeschirfe gelangen konnte. Da füt- terten es nun seine Geschwister vier oder fünf-Monate und vielleicht noch länger und vielleicht lebt es noch jetzt auf diese Weise, obwohl es wahrscheinlich ist, dass es diese Hülfe entbehren gelernt hat. (Bulletin de la Soc. d’Acelim. V.1., pag. 58.) |

Bericht über die arkadische- Tanne (Abies Reginae Amaliae). | Von M. Th. v. Heldreich.

Auf Grund eines Ministerial-Befehls vom 29. März begab ich mich nach Arkadien, um dort vom wissenschaftlichen Standpunkte aus eine Tannen-Art zu untersuchen, welche man neuerdings entdeckt hat, welche die Herren Balsamaki und Origoni zuerst im Jahre 1859 bemerkten, und welche später den Namen „Tanne der Königin ae (Abies re- ginae Amaliae): erhielt.

Ich konnte mich also durch Untersuchung an Ort und

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Stelle von den Eigenschaften dieser Tannen-Art und von ihrem wunderbar zahlreichen Auftreten überzeugen, und fand, dass sie aller Aufmerksamkeit werth ist und den hohen Na- men rechtfertigt, welchen sie trägt.

Diese Tanne wächst im Innern Arkadiens, besonders in den Bezirken von Phalanthus, Nymphasia und Gortynia, wo ihre ausgedehnten und dichten Wälder die Berge Chio- notrypa (Menalus), Madara, Thaumasio, Rhoudia und viele andere, bedecken. Der schönste, unversehrteste und dich- teste dieser Wälder befindet sich in der Nähe von Pateriza bei Bityne und ist berühmt durch die Tropfsteinhöhle, welche den Namen Grotte der Nymphen führt.

Nach den Höhen-Messungen, welche mein Reisegefährte, der Direktor der Sternwarte zu Athen, Herr J. Smith an- stellte, fand sich diese Tanne nicht tiefer als 2700 franz. Fuss über dem Meeresspiegel und erstreckte sich nicht über 5000 Fuss.

Höchst bemerkenswerth ist die Bigenthümlichkeit dieser Tanne, sowohl am Hauptstamm als auch an den Seitenzwei- gen neue Sprossen zu treiben, wenn man sie verschneidet. Diese neuen Triebe sind stets Bea aufwärts gerichtet und da man diese Eigenschaft benutzt und die meisten Bäume ihrer Gipfel und: Aeste beraubt, so bilden sich in Folge da- von mächtige und dicht belaubte Kronen. Wir sahen solche ' Tannen, welche mehrmals zu verschiedenen Zeiten und in verschiedener Höhe geköpft worden waren, und nun funfzig bis sechszig neue Gipfel getrieben hatten. Zwei der bemer- kenswerthesten und riesigsten dieser vielgipflichen Bäume stehen auf dem Plateau von Bas-Diasselon oberhalb des Dor- fes Alonistene in einer Höhe von 3800 Fuss.

Auch bilden sich diese neuen Triebe nicht allein aus - dem Hauptstamm und den Aesten, sondern eben so häufig aus der Wurzel, wie dies beim Oelbaum geschieht.

Die Fähigkeit Sprossen zu treiben, welche so sehr selten ist in der Familie der Harz führenden Bäume, besitzt dieser Baum in jedem Lebensalter und man kann davon Tausende

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von Beispielen in den ‘Wäldern antreffen, da die Bauern früher diese Bäume ohne alle Rücksicht köpften. ' Sie nen- nen ihn Tanne (&4«rog) und kennen vollkommen’seine Eigen- schaften. |

Aus einer Stelle in der historia plantarum des Theo- phrastus (III., 7), auch wenn sie verdorben sein sollte, ist man berechtigt zu schliessen, dass auch den Alten’ diese Eigenschaft der Arkadischen Tanne wohl bekannt war. „Wenn der Stamm einmal. abgehauen ist, sprossen alle an- deren Bäume wieder aus, wenn nur die Wurzeln vorher noch nicht beschädigt waren, die Fichten und Tannen äber ver- dorren ganz und gar, wenn man ihnen auch nur den'Gipfel raubt. Bei der Tanne tritt aber zuweilen der eigenthüm- liche Fall ein, dass sie, wenn sie durch den Wind oder durch andere Ursachen gebrochen oder’ an ihrer Rinde be- schädigt ist, daneben einen neuen Trieb macht, welcher niedriger bleibt und @upavdıg oder Kupumpvia genannt wird. Die Arkadier verfertigen daraus Gefässe,*

In botanischer Hinsicht kann indessen die bewunderns- werthe Eigenschaft dieser Tanne nicht als charakteristisch angesehen werden, da mehrere andere Pinus-Arten', beson- ders die gemeine europäische Tanne (Abies pectinata D.C.) dieselbe ebenfalls besitzen, wenn auch in geringerem Grade.

Abies reginae' Amaliae 'hat aber besondere Kennzeichen,

welche sie sofort mit wissenschaftlicher Schärfe für eine be- sondere Species erkennen lassen, wohl ünterschieden von allen andern derselben Familie und besonders von der ge- meinen griechischen Fichte, welche man Apollo-Tanne nennt (Abies Apollonis Link). Der Stamm ist länger und von ge- raderem Wuchse; die Blätter sind gerader, ohne Krümmung, weniger spitz, weicher anzufühlen und von einem helleren Grün als die gemeine Apollo-Tanne; die Zapfen aber sind um die Hälfte kleiner. Die Arkadische Tanne hat aber viel Aehnlichkeit mit der von Cephalonien, (Abies Cephalonica Loud.) Um diese beiden Species zu vergleichen und zu un- terscheiden, musste ich meine Reise bis nach Cephalonien

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ausdehnen; dort traf ich die Wälder des Berges Aino ge- rade in Blüthe und überzeugte mich, dass auch diese Tanne sich durch viele Kennzeichen an Blättern und Blüthen von der Arkadischen unterscheidet.

Theophrastus beschreibt zwei Arten von Tannen, de- ren eine er die männliche, die andere die weibliche nennt (IlI., 10, 6), und es unterliegt keinem Zweifel, dass er mit der männlichen die gemeine Tanne meint, welche die neue- ren Botaniker Apollo-Tanne nennen, denn der Vater der botanischen Wissenschaft beschreibt sie sehr bestimmt fol- gendermaassen: „Es giebt eine männliche Tanne und eine weibliche, welche sich durch die Blätter unterscheiden: die der männlichen sind mehr zugespitzt, stechender und ge- krümmter, auch hat dieser Baum ein dunkleres Aussehen.“

Ob aber die Tanne, welche Theophrast mit dem Na- men der weiblichen bezeichnet, die Arkadische Tanne ist, kann nicht bewiesen werden, denn er setzt hinzu, dass sie auch in Macedonien vorkommt, unglücklicher Weise sind aber die macedonischen Pinus-Arten noch nicht von neue- ren Botanikern untersucht worden.

Ich bin überzeugt, dass die Cultur und Verbreitung die- ser arkadischen Tanne in den übrigen Theilen Griechen- lands überall da gelingen wird, wo der Boden bergig und bei der gewöhnlichen Temperatur Griechenlands mindestens 2000 Fuss über dem Meeresspiegel gelegen ist, in Gegenden aber wo die Temperatur niedriger ist, wird dieser Baum auch in der Ebene gedeihen; er ist ausserdem allen andern Pinus-Arten vorzuziehen wegen seiner Grösse, seines gera- den Wuchses und der Fähigkeit reichlich Sprossen zu trei- ben. (Bulletin de la Soc. d’Acc. Dec. 1861.)

1861. Bd. IV, 14

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Der Weinbau in der Krimm. Von Fr. Neidigk.

Mit dem Weinbau wurde in der Krimm etwa um das Jahr 1805 angefangen und erhielt er 1811. durch die An- lage des Kronsgartens Nikite eine wesentliche Unterstützung, da diesem die Verbreitung guter Wein- und Fruchtsorten zur Aufgabe gestellt wurde. Mittelst, dieses: Gartens sind indessen auch viele Ziergewächse acclimatisirt und verbrei- tet worden. In den 'Thälern halten Camelien, Azalea ind., Nerium, Metrosideros ete, unter leichter Bedeckung aus, ver- schiedene Arten Yucca gedeihen ohne allen Schutz ausge- zeichnet, Fuchsien lassen sich als Staude behandeln; vor Winter abgeschnitten und bedeckt, erscheinen sie im näch- sten Frühjahr um so üppiger. Hunderttausende von Bäu- men sind aus dem Garten Nikite verbreitet worden, es ge- deihen die feinsten französischen Aepfel- und Birnensorten, als auch Feigen, Kastanien, Granaten, Mispeln, Oelbäume ete.; besonders zur Verbreitung der letzteren lässt es die ° Regierung an Aufmunterung nicht fehlen, In Gursuff auf dem Landsitze des Herrn Senator v. Fundukle befinden sich noch einige. alte Oelbäume, welche vor der Tartarenherr- schaft von Genuesen und Griechen angepflanzt worden sind. ° Die günstigste Lage zum Weinbau erstreckt sich am schwar- | zen Meere entlang von ‚Alupke bis Sudak. Diese roman- tische, vergleichsweise zur ‚sächsischen, russische Schweiz, eignet sich indessen nicht so allgemein zum Weinbau, wie | einige Berichterstatter, angenommen haben, dass besagte i Fläche gehörig in Cultur gesetzt, hinreiche, ganz Europa mit Wein zu versorgen; nach meiner Ueberzeugung muss ich dem widersprechen; ich behaupte, dass nicht einmal der Bedarf des russischen Reiches erzielt werden kann. Der ° Gebirgskamm am Meere entlang erreicht beiläufig 4000 Fuss Höhe von der Meeresfläche. Der obere Theil des Gebirges ist beinah durchschnittlich mit Pinus taurica bewachsen, der

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Schnee bleibt dort ziemlich lange liegen, während um Weih- nachten die semper-florens-Rosen in den Thälern blühen. Es ergiebt sich vielleicht eine 2000 Fuss hohe Gebirgslage, bis wohin Weinbau möglich ist, und auch in dieser Region giebt es Strecken von Steingerölle und grobem, rothem Kies, worin Wein nicht gedeihen will, am besten gedeiht der Wein in Schiefergerölle, welches mittelst einer starken Hacke rajolt wird, und nachdem es 10 bis 20 Jahre lang nament- lich von der feuchten Winterluft zersetzt worden, lässt sich ‘endlich der Spaten anwenden. In Nikite befindet sich wahr- scheinlich die grösste Rebensammlung der Welt; ausser den bekannten europäischen Sorten sind dort noch viele aus den angrenzenden Ländern Asiens eingeführt, welche sich be- sonders durch grosse Trauben und Beeren auszeichnen.

Im‘ Jahre 1846 betrug laut Bericht der russischen land- wirthschaftlichen Zeitung in verschiedenen Kreisen der Krimm die Lese 634,000 Wedro, ein Wedro (russischer Eimer) gleich 12 Quart. Gewöhnlicher einjähriger Wein wurde der Wedro von 50 bis 75 Kop., besserer von 80 Kop. bis 1/, Rub. ver- kauft, mehrjähriger verwerthet sich zu 3 bis 4 Rub. Es lässt sich annehmen, dass der Weinbau sich alljährlich um 5 pCt. vergrössert, so dass jetzt wohl 1,000,000 Wedro ge- keltert werden. Die reichen Weingartenbesitzer an der süd- lichen Küste haben die schönsten Rebensorten aus Frank- reich, Deutschland, Spanien und Italien hierher verpflanzt, in der Hoffnung, gleichartige Weine zu erzielen, allein der lehmige, feste Grund, die Anlage der Weinberge auf steilen direkt nach Süden gewandten Abhängen verändern die Eigen- schaften der Traube in kurzer Zeit in einem solchen Grade, dass der Wein viel stärker, als der rheinische und franzö- sische ausfällt, und mit diesen durchaus nicht verglichen ..werden kann. Auch bei Odessa wird viel Weinbau getrie- ben, nur ist hier Lage und Klima bei weitem nicht so gün- stig als die Südküste, während hier die Bedeckung unnütz erscheint, muss um Odessa schon frühzeitig zum Vergraben geschritten werden,

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Der Zoologische Garten in Paris (Jardin d’Aceli- matation).

Dieses neue, in dem schönsten Theile des Bois de Bou- logne gelegene Institut verdankt bekanntlich seinen Ursprung der Acclimatisations-Gesellschaft, welche sich vor etwa fünf Jahren auf die Anregung des Herrn Geoffroy St.-Hilaire,

"Director des Jardin des Plantes, gebildet hat. Diese Ge- sellschaft hat sich zur Aufgabe gestellt, neue Thier- und Pflanzenarten in Europa einzuführen. Unterstützt von den ersten Auctoritäten der Wissenschaft und patronisirt vom Kaiser und der Regierung, hat die Gesellschaft ausserordent- lich ‚rasche Fortschritte gemacht, und das Bedürfniss machte sich bald fühlbar', auch ein Terrain zu besitzen, wo dem Publikum und den Mitgliedern die Versuche und Erfolge selbst vorgeführt werden könnten.

Auf die Veranlassung dieser Gesellschaft und mit ihrer kräftigen Unterstützung bildete sich vor einem Jahr eine zweite Gesellschaft, Societe du Jardin d’acclimatation. Die Stadt Paris gab bereitwilligst und gratis 90 Morgen Terrain im Bois de Boulogne dazu her, und in der zweiten Hälfte des vorigen Jahres konnte der Garten eröffnet werden. Der Garten ist ganz in der Art der modernen zoologischen Gär- ten angelegt. Parkartig grosse Wiesen wechseln mit Baum- gruppen und kleinen Hainen. Elegant gezeichnete Wege und Fusspfade durchziehen das bewegte Terrain, und Bäche, Wasserfälle und Teiche beleben die Landschaft. Die Grösse | des Terrains erlaubt es, dass neben zahllosen Fussgängern auch die Equipagen und Reiter sich nach Corso-Art darin bewegen. Wer die Sorgfalt kennt, mit welcher die grosse Ausdehnung der Champs Elysees, das Bois’ de Boulogne und das Pr& Catalan gehalten ist, sowohl was den Geschmack der Anlagen, als die Pünktlichkeit und Sauberkeit anbelangt, der nur kann sich einen Begriff machen von der Ausstat- tung des Jardin d’acclimatation, und es gewährt dieser in

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der That ein Vorbild, dem überall nachgestrebt werden sollte, da jene Ausstattung den Genuss des Erholung oder Beleh- rung Suchenden bedeutend vermehrt.

Die Gebäude, welche theils in ländlichem, theils im mo- numentalem Styl erbaut sind, wie es eben die Zwecke, de- nen sie'entsprechen, erforderten, geben der Anlage schöne Anhaltspunkte für's Auge, und müssen wir das Aquarien- haus, die Anstalt für Seidenzucht und die Treib- und Con- servirhäuser, die Volieren- und Hühnerställe besonders her- vorheben.

Die Sammlung des Gartens enthält:

1) Arten ‘und Racen von Thieren und Pflanzen, welche in Frankreich acclimatisirt werden sollen und

2) Gattungen, welche auch in andern Ländern acclima- tisirt werden können, oder welche dort gewöhnlich zum Nutzen oder Vergnügen gezogen werden.

Zu den schönsten und seltensten Exemplaren von Thie- ren gehören die caledonischen Stiere, das wilde Lama, eine Heerde zahmer Lamas’, Antilopen (Leucoryx), Zebus und Yaks.

Von Vögeln sieht man eine sehr reiche Sammlung von Fasanen und Hühnern; zahlreiche Stelz- und Schwimmvögel, darunter den weissen Schwan mit schwarzem Hals, Cereopsis und Casarka. Unlängst hat die Gesellschaft von den Ufern des Missisippi zwölf Tetrao Cupido erhalten, welche zu dem gesuchtesten und schmackhaftesten Wildpret Amerikas ge- - hören, und welche man zu acclimatisiren gedenkt.

Auch einen Lophophorus, einen prächtigen ostindischen Fasan, der erst in wenigen Exemplaren nach Europa gekom- men, findet man dort. |

Die Musteranstalt von Seidenraupen, welche auf Eich- .bäumen und Rieinus leben, wird nächstens eröffnet; sowie auch das grosse Aquarienhaus, worin man das seltsame Le- ben der Fische, Krebse und Muschelthiere, sowie die Pflan- zen des Meeres und der süssen Gewässer bewundern wird. In. den Wintergärten prangen die seltensten tropischen

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Gewächse und man findet dort alle Hauptformen des Pflan- zenreichs vereint.

Der Besuch dieser Anstalt ist ausserordentlich stark, und sie reiht sich würdig den Hauptsehenswürdigkeiten von Pa- ris an, sie bildet jetzt schon für Paris einen neuen Anzie- hungspunkt und wird bei der Unterstützung, welche ihr von der Regierung, der Wissenschaft und dem Publikum gewid- met wird, in kurzer Zeit zu den ausgezeichnetsten ihrer Art gehören.

Diese moderne Art, die Naturwissenschaft durch zoolo- gische Gärten zu fördern, findet allenthalben die lebhafteste Unterstützung von Seiten der Regierungen und der Muni- cipalitäten.

-Der zoologische Garten im Hyde Park bei London hat das Terrain umsonst, der Jardin d’acelimatation in Paris zahlt eine Scheinrente von 1000 Fres. an die Municipalität. Der König von Preussen und der König von Sachsen gaben herrliche Parks den zoologischen Etablissements gratis. In Brüssel votirte die Municipalität eine Zinsengarantie von 5 pCt. für 700,000 Fres. Anleihe, welche die zoologische Ge- sellschaft machte, und Hamburg steht im Begriff, dem zoolo- gischen Garten ein prächtiges Terrain mit Wasserleitung gratis zu übergeben, denn allenthalben werden diese anzie- henden Etablissements mehr und mehr als ein Bedürfniss für grössere Städte erkannt, wo der Einheimische wie der durchreisende Fremde seine Sommer-Nachmittage angenehm und nützlich zubringt. (Der zool. Garten, v. Dr, Wein- land, IL, 7.)

Ueber Racen und Racenbildung.

Von Geysmer auf Wogenab.

Die Frage nach dem ersten Ursprung der Thiere und | wie die verschiedenen Gattungen, Species und Racen ent-

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standen sind, welche zu jeder Zeit die Naturforscher so ge- waltig beschäftigte, bleibt vorläufig für uns in ein undurch- dringliches Dunkel gehüllt. Unleugbar ist, dass es wirklich verschiedene Species und Racen giebt, die in ihren Eigen- thümlichkeiten erkannt werden müssen, um ihr Verhalten zueinander beurtheilen und daraus die Schlüsse ziehen zu können, die für uns nothwendig sind, um die Gesetze der Vererbung kennen zu lernen. Auffallend tritt uns sofort vor Augen die Uebereinstimmung desselben Gesetzes der Züch- tungs- und der Vererbungs-Grundsätze im ganzen Bereiche der lebenden Natur, wir finden dasselbe Gesetz der Fort- pflanzung bei Pflanzen, Fischen, Vögeln und Säugethieren, stets ist es die Begattung, die Vermischung des Samens beiderlei Geschlechts, die die Frucht bedingt und stets fin- den wir in dem Product die Vererbung der Eigenschaften der Eltern unter Modificationen, die später näher bezeich- net werden sollen. ‘Die Fortpflanzung der Art, in welchem Bereich es auch sei, wird bedingt durch die Homogenität der Eltern, d. h. sie ist nur dann möglich, wenn die Ge- schöpfe zu einer Gattung gehören; gehören die Geschöpfe, die zu einander gebracht werden, verschiedenen Gattungen an, so ist ihre Fortpflanzung durch Nachzucht fast unmög- lich. Diese Erscheinung muss uns vorläufig als Kriterium des Unterschiedes zwischen Race und Gattung dienen. Wie dieses auffallende Merkmal des nicht Zusammengehörens der Thiere zu einander mit der Zeit entstanden ist, dürfte uns zu weit führen, doch so viel steht fest und wird sich zum Theil aus dem Nachfolgenden ergeben, dass die Erblichkeit der Eigenschaften und der Einfluss, sowohl äusserer wie in- nerer Veränderungen, eine solche Verschiedenheit mit der Zeit zu Wege bringen kann; dass die seit unendlicher Zeit . wirkenden Kräfte Geschöpfe aus demselben Ursprunge so verschiedenartig gestaltete, dass in der Folge unter ihnen keine Aehnlichkeit mehr zu finden ist.

Die Erfahrung lehrt uns, dass in der Vererbung zwei Kräfte unaufhörlich sich zur Geltung zu bringen trachten;

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. die erste Kraft ist die der Vererbung der Eigenschaften der Eltern, die Heredität, die zweite die des steten Einwirkens auf’s Abweichen von dieser unbedingten Vererbung.

Ueber die Ursache dieser stets vorkommenden Abwei- chungen von der Heredität, haben sich die Gelehrten von Aristoteles und Hipokrates ab, bis auf die neuesten Forscher, stets den Kopf zerbrochen; im Alterthume herrsch- ten hierüber die abentheuerlichsten Ansichten, man schrieb ‚den Einfluss den Sternen, der Zauberei, dem Teufel zu und heute noch divergiren hierüber die Ansichten sehr, man schreibt die Ursache einer angebornen eigenen Selbststän- digkeit des entstehenden Wesens zu, man schiebt es auf ein inneres Leben und dergleichen mehr, und doch ist die Lösung dieser Aufgabe die Hauptsache, um die es sich han- delt, um einen klaren Blick in das Erkennen der Züchtungs- grundsätze zu thun. |

Ich erlaube mir näher hierauf einzugehen. Wenn ein Thier sich allein selbst vererben könnte, so ist wohl anzu- nehmen, dass, da es nichts anderes vererben kann, als sich selbst, das Product ihm allein gleichen würde; zur Zeugung gehören jedoch stets Zwei, der Vater und die Mutter, die beide dasselbe Recht der Vererbung beanspruchen, das Kind muss daher das Resultat dessen sein, was beide 'vererben, und das Erbtheil beider Eltern zieht sich daher wie ein Fa- den von der ältesten Generation bis zur ‘neuesten. Die eigenthümlichen Eigenschaften der Eltern finden sich in der progenies wieder, je nachdem sie sich ‚bei der: Verschmel- zung zu einem harmonischen Ganzen gegenseitig bedingten, sich abschwächten oder kräftigten plus dessen, was die Einwirkungen, die aus inneren oder äusseren Einflüssen her- rührend, zur Folge gehabt haben; die eigenthümlichen Eigen- schaften der Eltern können daher geschwächt oder gestärkt in den nachfolgenden Generationen erscheinen, ja nachdem sie fast untergegangen zu sein scheinen, plötzlich, wenn för- dernde, weckende Momente eintreten, zur Geltung gelangen.

Diese Einwirkungen sind für die Entwickelung des neu

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zu gestaltenden Wesens höchst wesentlich, denn sie begin- nen nicht erst mit dem Fötus, sondern bereits mit dem Sa- men der Eltern, der durch irgend eine Veranlassung abnorm geworden sein kann, und unter diesem Einfluss forterbt, sie werden durch die Mutter, die die Frucht austrägt, die das Junge späterhin nährt, fortgesetzt, sie werden durch äussere Einwirkungen, wie z. B. das Klima, die Nahrung, Krank- heiten und Leiden, die individuell auf die Eltern gewirkt und Abweichungen zu Wege gebracht haben, bedingt. Diese so wesentliche Einwirkung ist die zweite Kraft, die mit demselben Recht sich Geltung schafft und ihren Einfluss ausübt, wie die erste Kraft der Erblichkeit, die ihrerseits dennoch so unvertilgbar ist, dass die gewaltigsten und dau- erndsten Störungen sie nicht zu vernichten vermögen; bei- spielsweise sehen wir bei andalusischen Schafen, die seit Jahrhunderten gemengt werden, dass von ganz weissen El- tern Lämmer mit schwarzen Flecken geboren werden; bei Seidenwürmern, dass gelbe Cocons vorkommen, trotzdem, dass man sie auf’s Sorgfältigste ausrottet.

Dieses häufige Rückschlagen nach den Voreltern kann daher von nichts Anderem herrühren, als von der Hart- näckigkeit der Vererbungskraft und lässt sich dadurch er- klären, dass der Samenstoff der Eltern, der seinen Ursprung den Voreltern verdankt und deren Resultat ist, letztere ver-- erbt, plus der Eindrücke und Einflüsse, die er als integri- render Theil der Eltern durch dieselben erlitten, daher die Erscheinung, dass die Enkel in vielen Eigenschaften mehr den Grosseltern als den Eltern ähneln. Diese besonderen charakteristischen Eigenthümlichkeiten,, wozu z. B. Farbe, Gestalt,- Temperament, auch besonderes Vererbungsvermögen gehören, erhalten sich durch Generationen und werden in denselben gefördert, wenn sie in den Eltern noch besonders hervorragen, ‘durch äussere Verhältnisse oder innere Ein- flüsse Unterstützung finden. Hieraus folgernd, müsste man voraussetzen, dass unter Geschwistern eine unbedingte Aehn- lichkeit die natürliche Folge sein müsste, was doch häufig

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nicht der Fall ist; die Erklärung mag darin zu finden sein, dass jedes einzelne zu befruchtende Ei der Mutter in vielen Nüanecirungen von dem andern verschieden sein kann, hierzu tritt die Befruchtung durch den Vater, die ja auch unter verschiedenen Einflüssen stattfindet, Das’ Product dieser Mischung ist erst die progenies, welche von der Conception ab bereits ihr besonderes Leben mit allen Folgen der äusse- ren und inneren Eindrücke, die auch verschieden sein kön- nen, durchführen muss, es scheint daher natürlich, dass eine unbedingte Aehnlichkeit, eine identische Gleichheit nicht möglich sind, dass daher Geschwister mehr oder we- niger stets verschieden fallen müssen. Die Eindrücke, die der zarte Keim empfängt, sind die bleibendsten und ver- grössern sich mit dem Wachsthum, namentlich wenn sie ganze Organismen beeinflussen. Diese Einflüsse können von der verschiedensten Art sein, sie können von der Nahrung, von den klimatischen Verhältnissen herrühren, direct oder mittelbar das zu gebährende Wesen berühren; uns bleiben sie grösstentheils unerforschbar, wenn es dem Menschen auch gestattet ist, hin und wieder darauf hinzuwirken; mit Safran gefütterte Hennen legen röthliche Eier, die einen besonde- ren Geruch haben; Forellensaat in ungeeignetes Wasser ge- legt, verändert sich, die Fische verlieren ihre Streifen und dergleichen mehr. Thiere, die in einem wilden Zustande leben, sind gewöhnlich nur den Einflüssen ausgesetzt, die das Klima, die Lebensweise bedingen und die sich durch Generationen gleich bleiben. Daher finden wir bei wilden Thieren viel weniger Varietäten derselben Species, als bei Hausthieren, die durch künstliches Einwirken der Menschen so vielfältige Abweichungen zeigen. Wie wichtig das Klima einwirkt, sehen wir sogar bei den wilden Thieren, so z. B. verliert unser einheimisches nordisches Vieh das Haar in Süd-Amerika, das Huhn im Süden kommt nackt aus dem Ei und bleibt so, bis ihm die Spulen wachsen, wohingegen es bei uns mit Pflaum bewächst, um es vor Kälte zu schützen: So erklärlich der Zweck dieser Einwirkung der Naturkräfte

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_ auch ist, so bleibt uns doch Vieles noch dunkel, es treten häufig Erscheinungen ein, die so abweichend von dem Re- sultat, welches wir zu erwarten uns berechtigt glauben, sind, dass wir von diesen Erscheinungen, von diesem Spiel der Natur gar keine Erkenntniss besitzen und nur hoffen kön- nen, mit der Zeit, mit dem Fortschritt der Wissenschaft eine klarere Einsicht gewinnen zu können, da Alles in der Natur folgerecht ist und auf unumstösslichen Gesetzen be- ruht; zu diesen so unerklärlichen Erscheinungen gehört z. B., dass von Schafen ohne Hörner mit einem Male Lämmer mit Hörnern geboren werden; dass aus den wohlproportionirten Hunden im wilden Zustande der Teckel mit kurzen Beinen, der Windhund, die Dogge entstanden sind.. Solche abnorme Erscheinungen ereignen sich noch heut zu Tage und geben dem Menschen Veranlassung, durch sorgfältige Pflege neue Racen zu seinem Nutzen zu bilden; so entstand im Jahre 1791 in Massachusets von einem mit kurzen Beinen gebor- nen Schaf die Anconrace, weil sie dem Züchter den Vor- theil bot, dass die Schafe über Zäune nicht springen konn- ten; so in neuester Zeit die Mauchamprace von einem 1828 in Mauchamp geborenen Lamm mit seidenartiger weicher Wolle, welches bereits in Hunderten von Exemplaren con- stant gezüchtet wird und ein zur Fabrication beliebter Stoffe besonders geeignetes Material liefert.

Das Festhalten dieser eigenthümlichen Erscheinungen, die das Ergebniss von Bedingungen sind, die sie zur Folge haben mussten, gewährt dem Züchter die Möglichkeit, die Kräfte der Natur zu seinem Vortheil auszunutzen. Wie die Erscheinungen zu Wege gebracht worden sind, bleibt uns noch heute verborgen und das unleugbare Gesetz der Ver- erbung des einmal Entstandenen muss uns dazu dienen, un- sere Zwecke zu verfolgen, um durch geeignete Paarung und Beseitigung aller störenden Momente Constanz zu erlangen.

Der Kampf der Vererbung gegen dieselbe störenden Ein- wirkungen ist so gross, dass Darwin, der ihn Struggle for existence, Kampf um’s Leben nennt, nachgewiesen hat, dass

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wenn die letztere Kraft weggedacht werden könnte, so würde ein Thier oder eine Pflanze, die sich ohne Hindernisse ent- wickelte,, bald die ganze Erde bedecken. Denn: wahrlich, die ganze äussere Welt steht in einem ewigen Kampfe ge- gen die Erblichkeit und. sorgt für Vernichtung derselben; ihr Einfluss ist so gross, dass, wo das Thier sich nicht ac- comodiren kann, es untergehen muss; tausende fallen täg- lich in diesem unsichtbaren Kampfe und nur die Exemplare sind im Stande sich zu erhalten, deren Eigenschaften, deren Organismus kräftig genug sind, den schädlichen Einflüssen zu widerstehen. In diesem Kampfe gehen Eigenschaften unter, andere, die ihn überstanden, erstarken darin, und vererben diese gekräftigten Organismen auf ihre Nachkom- men, die nach dieser Richtung hin stärker entwickelt sind, bis sie erstarkt, diese besonders ausgeprägten Eigenschaften. weiter vererben und so wieder Veranlassung zu neuen Ra- cen werden. Diese störenden Einflüsse sind, wie’ oben be- reits gesagt wurde, verschiedenartig, Klima, Nahrung, Lei- den, locale Verhältnisse beeinflussen die Entwickelung nach verschiedenen Seiten und kann man annehmen, dass ur- sprünglich dieselben Thiere sich derartig verschieden ent- wickeln können, dass sie mit der Zeit nach unserer Auffas- sung verschiedenartige Species bilden. So mag der ägyp- tische, so der sibirische Fuchs, so die verschiedenen Ab- weichungen unter wilden Thieren entstanden sein. Im wilden Zustande erhalten sich Racen durch Selection, Auswahl der Thiere, die den verschiedenen Einflüssen Widerstand ge- leistet haben und sterben aus, wenn die Bedingungen der Erhaltung nicht mehr zutreffen. Das Eingreifen des Men- schen kann sich die Selection zu Nutzen machen, indem!’ es die zerstörenden Momente. theilweise abhält und. im Ein- klange mit den gegebenen Naturgesetzen fördernd auf Ent- wickelung der Eigenschaften bei Thieren einwirkt, die Vor- theil bringen. So kann der Mensch sich die Natur zu seinen Zwecken dienstbar machen; so ist es ihm gelungen, beson- ders mastfähiges oder milchergiebiges Vieh, so den arbeits-

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fähigen Ochsen vorzugsweise zu erziehen; so den Windhund, die Dogge, den Teckel ete.; so das Karrenpferd, den Ren- ner und treten durch Zufall Erscheinungen oder Modifica- tionen in der natürlichen Vererbung ein, so kann er ver- möge seiner Intelligenz lebende Materie gleich der todten formen, er bricht vermöge derselben das natürliche Gleich- gewicht der Organismen, bildet vorzugsweise Fett, wie bei den Leicester-Schweinen, Sehnen und Knochen, wie beim Rennpferde, indem er von den anderen Organen nur so viel lässt, als zum Leben durchaus nothwendig. Und doch thut der Mensch, indem er diese einseitigen Zwecke verfolgt, nichts mehr, als dass er das Naturgesetz, die Kraft der Vererbung benutzt, die Erblichkeit fördert und die schädli- chen Einflüsse der äusseren Welt mit ihren Eindrücken ab- schwächt, die Entwickelung, wenn ich mich so ausdrücken darf, leitet; oft leitet ihn bei der Förderung seiner Zwecke der Verstand, oft unbewusst der Zufall, denn unerklärlich bleiben ihm die Resultate, ob sie zu seinen Gunsten oder zu seinem Nachtheile ausfallen. Beim Zähmen wilder Ra- cen sehen wir die Einwirkung des Menschen in den Folgen oft am deutlichsten; das wilde Thier ändert sich, indem es nicht mehr dem Einfluss der natürlichen Entwickelung aus- gesetzt ist, es lernt sich fügen, verliert frühere, gewinnt neue Eigenschaften; die Kuh giebt wenig Milch im wilden Zustande, durch die Einwirkung des Menschen ist die Ver- längerung der Zeit der Milchsecretion gewonnen, er hat ihr den Kampf um’s Leben erleichtert, indem er ihr bei der Zähmung die Existenzmittel darbot, die sie sich früher mühe- voll selbst suchen musste. In diesem Ersatz, den der Mensch den Thieren bietet, bei dem Struggle for existence liegt der grosse Unterschied ‘der Entwickelung der wilden und der Hausthiere. So lebt das wilde Schaf auf den Orkney-Inseln von trocknen Fischen. Unser Haushund, der hier die Nah- rung des Menschen theilt, lebt’ von Früchten in Polinesien, in Lappland von Fischen. Verschiedene Nahrung, verschie- denes Klima, die Abwartung, der Schutz gegen Unwetter,

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Stallfütterung bilden mit der Zeit Racen, und wir dürfen uns gar nicht wundern, wenn oft in der nächsten Nähe aus demselben Stamme durch Consequenz die verschiedensten Racen entstehen, denn bei verschiedener Haltung erfolgt verschiedene Wirkung, oft zunächst ohne Ziel, dann aber durch den Menschen erkannt, des Ziels bewusst, entwickelt sie das, was der Mensch verlangt, indem ihm das zähe Ge- setz der Vererbung zu Hilfe kommt. So sah man vor circa einem halben Jahrhundert, wie Bakewell und Collins fast Unglaubliches ermöglicht hatten; ersterer paarte Schafe mit 3 Zoll langer Wolle, und zwar die sich besonders hin- sichtlich der Länge der Wolle auszeichnenden Exemplare mit einander, und es gelang ihm nach 10 Jahren Schafe zu produeiren, die 22 Zoll lange Wolle hatten, so entstand die Dishleyrace. So gelang es Collins, das Durham Shorthorn- Vieh, das vorzüglichste, was an Milchergiebigkeit und Mast- fähigkeit die Welt jetzt aufführen kann, zu produeiren. Die Paarung durch Auswahl führt jedoch nicht immer: gleich rasch und gleich sicher zu denselben Resultaten, denn nicht jede Race eignet sich gleich gut zu demselben Zweck; so blieben Bakewell’s Versuche mit dem Leicester-Vieh nach demselben Ziele hin fruchtlos, wogegen es Collins gelang, mit dem Vieh der Tees rasch ans Ziel zu gelangen. Merk- würdig bleibt es, dass einige Eigenschaften bei einigen Thie- ren leichter sich umwandeln lassen als andere. So behaup- tet ein John Sebright in England, dass er den Tauben in 3 Jahren jede beliebige Farbe geben kann, dass jedoch mindestens 6 Jahre dazu gehörten, um die Form des Kopfes und des Schnabels zu ändern, ein neuer Beweis von der Beharrlichkeit der Vererbung mancher Eigenschaften der Thiere, und dass es dem Menschen überlassen und möglich ist, durch richtige Wahl der Individuen die durch Zufall sich herausstellenden Eigenthümlichkeiten einzelner Exem- plare constant zu machen, die, wenn einmal durch Genera- tionen erhalten, stets sich Geltung zu verschaffen sucht und siegreich hervortritt bei Paarungen mit Thieren, die sich

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der Constanz, d. h. eines dauernden Einwirkens auf die Ent- wickelung einer besonderen Eigenschaft nicht erfreuen, wenn störende äussere Momente den angestrebten Eigenschaften nicht entgegen treten. Diese einseitige Entwickelung der Eigenschaften bei Thieren, die durch richtige Wahl der EI- tern aus derselben Race, mit Förderung alles Zweckdienli- chen, entstanden sind, hat zur natürlichen Folge, dass Thiere aus demselben Stamme, die nicht nach derselben Richtung gezüchtet sind, mit der Zeit einander unähnlich werden; so mag es vielleicht im Laufe der unermesslichen Zeit mög- lich geworden sein, dass Thiere, die sich heute ganz unähn- lich sind, dennoch im Ursprunge zu einander gehören. Ich will mich auf die Erörterung dieser Frage nicht weiter ein- lassen, allein das steht fest, dass Thiere der verschieden- sten Art bereits auf Erden vorhanden sind, und hinsichtlich der Zusammengehörigkeit unter einander der Unterschied gemacht werden kann, dass es Thiere giebt, die zu hetero- gen zu einander stehen, als dass eine Paarung unter ihnen möglich wäre; zweitens, dass es Thiere giebt, unter denen eine Paarung zwar möglich, doch die Nachzucht der Kreu- zung in sich nicht mehr zeugungsfähig ist, wie z. B. zwi- schen Pferd und Esel, Schaf und Ziege, Löwe und Tiger (da der Fall feststeht, dass in der Gefangenschaft eine Lö- win vom Tiger ein Junges geworfen hat), zahmes Vieh mit wildem, verschiedene Gattungen Affen untereinander und drittens Thiere, die zu einander gehören und zeugungsfähige Junge gebären. Der Uebergang zwischen diesen drei Klas- sen ist nicht nachweislich; denn wenn auch unter den ad 2 genannten halbverwandten Thieren eine Vererbungsfähigkeit nicht immer ganz ausgeschlossen ist, so ist sie stets bedingt und überdauert nur wenige Generationen, es sei denn, dass sie ganz einseitig nach einem oder dem anderen der Eltern regenerirt wird. Bei Pflanzen, wo fast eine ähnliche Ab- stufung nachzuweisen wäre, hat man durch mikroskopische Untersuchungen ermittelt, dass bei Bastardirung, wenn ich die Vermengung der verschiedenen Species so nennen darf,

bei der Mischung des Samens abnorme Zustände eintreten und statt des männlichen. Blüthenstaubes eine granulirte Masse sich vorfindet, die mit seltenen Ausnahmen eine wei- terere Entwickelung nicht zulässt; so mag es sich auch ana- log bei der Vermengung verschiedenartiger Thiere gestalten.

Uns Landwirthen, die die Züchtung interessirt, jemehr sie

die praktische Betreibung der Entwickelung un Eigenschaf- ten der Hausthiere angeht, kann die Erörterung der festzu- stellenden Grenze zwischen der Verwandtschaft der Thiere gleichgültig bleiben; unser Zweck ist es, in den vorhande- nen Thieren, die zur Wirthschaft gehören, Eigenschaften festzuhalten und zu entwickeln, die unseren Zwecken dien- lich sind, und ich glaube den Schluss aus dem oben Ge-

sagten ziehen zu können, dass wir jedes Thier als zur sel-

ben Species gehörig betrachten können, welches mit einem anderen zeugungsfähige Nachkommenschaft erzeugt, dass wir bei der Wahl der Thiere hauptsächlich darauf bedacht sein müssen, dass sie in den Eigenschaften, die wir fördern wol- len, sich vor allem Andern auszeichnen, dass wir, um der Vererbung auch sicher zu sein, stets den Thieren den Vor- zug geben, von denen wir wissen, dass sie an ihren Vor- eltern sich durch Generationen auszeichneten, indem die Constanz der Eigenschaften bei der Zähigkeit der Verer- bungskraft uns eine Garantie bietet, dass wir in der Nach- zucht dieselben Eigenschaften womöglich gesteigert wieder vorfinden; dass, da der grösste Feind der Heredität das stete Einwirken äusserer Einflüsse ist, wir diese Einflüsse bekämpfen müssen, indem wir den Thieren durch Pflege und Nahrung den Kampf ums Leben erleichtern und schliess- lich, dass wir stets ein offenes Auge auf die täglich vorkom- menden Erscheinungen haben müssen, und wo wir in den

einzelnen Individuen besondere Vorzüge, wozu auch die in-

dividuelle Potenz in der Vererbung gehört, erkennen, wir sie besonders pflegen müssen, um, bewusst des Zieles, wonach wir streben, das zu öätkein; was wir wünschen. (Mitth. des landw. Contralr: zu Marienwerder.)

Z

225

Beschreibung

eines Ofens nach, der Angabe des Unterzeichneten,

welcher 'sich seit einer Reihe von Jahren in meh-

reren Exemplaren "im Gebrauch befindet, den fol-

genden Anforderungen grösstentheils entspricht, und

sich demüach auch besonders für Zimmer und Säle, zum Seidenbau bestimmt, eignet. ee

Die Anforderungen, Yale mai m einen nwöckmässigen

\; Zimmerofen stellt, sind besondörs folgende’ "1. Er muss ein-

fach, leicht hierkastsllen‘ möglichst billig, ‚und ‚dauerhaft sein und möglichst wenig Raum einnelimen; 2. den: Zimmerraum schnell und andauernd erwärmen; $;; die Anwendung jedes ' Brennmaterials gestatten” und dävoıt gin möglichst, ringe erfordern.

Figur ABCD stellt den Grundriss der Umfassungswand dieses Ofens nebst seinen inneren Wänden .aüs Gusseisen und aus gewöhnlichen, gebrannten Mauersteinen auf der Kante oder schmalen Seite stehend 3.und 2 —3 Zoll stark, dar. Seine Vorder- und Hin iseite BC und AD beträgt mit den Steinen 3 Fuss, die beiden anderen Seiten jede 2. Fuss, seine Höhe 6 Fuss. Er erfordert über 300 Steine und bedarf es kaum der Erwähnung, dass zu seiner Umfassungs- wand glasirte oder unglasirte, alte oder neue Kacheln ver- wandt ‚werden können. Der Ofen ruht auf einer flach ge- legten Schicht gebrannter Steine. Auf dieser erhebt sich bei eeee der Aschenraum von 10 Zoll im Quadrat und 11), - Fuss hoch, von gebrannten Steinen auf der schmalen Seite I} stehend gebildet, und oben deckt ihn ein etwas weiterer

„> *) Dieser interessante Aufsatz ist uns von unserm geehrten corre- " - spondirenden Mitgliede, Herrn Hauptmann.a. D. Voight, eingesandt worden. Obwohl das Thema, welches derselbe behandelt, der Acelimati- sation im Allgemeinen etwas fern liegt, so glaubten wir doch durch die’ Veröffentlichung, besonders denjenigen unserer Mitglieder, welche sich _ mit Seidenzucht beschäftigen, einen Dienst zu leisten. Red.

1861. Bd. IV. 15 i

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Rost aus Gusseisen. Von diesem Aschenraum bis durch die Ofenwand BC befindet sich bei nn: ein geschlossener Kanal von 10 Zoll Breite und 6 Zoll Höhe, um in der Wand BC entweder eine diesen Kanal schliessende Thür mit einer kleinen Zugthür versehen, einzusetzen, oder einen’ Aschen- kasten aus Blech, welcher einen Zoll vom oberen Rande ab- stehend mit einem Schieber 4 Zoll lang, 2 Zoll hoch ver- sehen, und I1:bis 16 Zoll lang, 10 Zoll breit und 6 Zoll hoch ist, und: mithin vom hinteren Ende des Rostes bis vorn

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zur Wand BC reicht, bequem einschieben zu können. Die vordere Seite dieses Aschenkastens muss die Wand dieser Oeffnung von allen 4 Seiten etwa 1 Zoll breit umfassend, möglichst gut schliessen. Um den Rost erhebt sich ein guss- eiserner Ofen ffpp, dessen jede der 3 Seiten 1 Fuss breit und 1'/-Fuss hoch, und die vierte, durch welche die Feue- rungsöffnung ‘von 9 Zoll Höhe und 8 Zoll Weite durchführt, nur 1 Fuss breit und 9 Zoll hoch ist. Die Ofendecke bildet eine Platte von 1 Fuss im Viereck. Das zum Abzug des Rauchs dienende Rohr von 5 Zoll Durchmesser wird nun entweder der Feuerungsthür gegenüber am Ende dieser Platte oder Decke oben senkrecht angebracht, wie denn diese Plat-

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ten bei den Oefen des Unterzeichneten beim Giessen .dersel- ben mit. der betreffenden Oefinung und darin passendem Rohr versehen wurden, oder män lässt oben an der Seitenplatte ff ein kurzes senkrechtes Knie anbringen, in welches dann ein senkrecht stehendes Rohr oben mit einem waagerechten Knie versehen, angebracht wird, wodurch dann der Rauch aus dem Feuerungsraum oben durch. die Wand rr in den ersten Rauch- oder Zugkanal tritt. Ueber der Aschenkasten- Oefinung nn, mit dem Rost die Waage haltend, wird durch die Ofenwand BC ein offener, oben geschlossener Raum von 9.Zoll Höhe und 8 Zoll Breite belassen, um dort die Feue- rungsthüren,. anzubringen, indem der Zwischenraum von 1— 2 Zoll von der Wand des eisernen Ofens bis zu dieser Wand rechts und links mit Steinen ausgesetzt wird, auf welchen die. eiserne Wand pp, welche deshalb bei 1 Fuss Breite und 9 Zoll Höhe hat, zugleich ruht, und 'somit diesen Feuerungs- kanal von 9 Zoll Höhe und 8 Zoll Weite bis zum Rost rauch- dicht schliesst. In der Wand BC wird dann die eben so grosse Feuerungsthürzarge befestigt. Diese Zarge fasst 2 Thüren; die innere nach dem Feuerungsraum zu «besteht am zweckmässigsten aus 2 Abtheilungen übereinander, jede 8 Zoll lang und 4'/, Zoll hoeh, am besten auch aus Gusseisen. Die ‚unterste hat in einer Reihe die 5 üblichen Zugöffnun- gen. Diese Thüren finden sich in den Läden 'vorräthig, und man lässt die inneren ‚über den Zugöffnungen durchschnei- den, um ‚wie angegeben, zwei darzustellen. Die andere Thür nach dem Zimmer zu aus starkem Blech, deckt, wenn kein Feuer brennt, diese beiden inneren, die Zarge von al- len 4 Seiten umfassend und möglichst dicht schliessend. Diese, so wie die Thür zum Aschenraum 'kann sehr zweck- mässig eine ‚so genannte luftdicht Schliessende sein. Der Aschenkasten muss dann begreiflich so viel kürzer sein, als die Thürzarge von der Ofenwand bei nn Raum einnimmt, und 'so weit, dass der Aschenkasten leicht durchgezogen werden kann. Dieser eiserne Ofen steht von den Wänden

“AB, BC und rr L—2 Zoll:ab. Anstatt dieses Ofens aus 15*

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Platten, kann man auch einen runden aus Gusseisen 1 Fuss im Durchmesser, eben so hoch, oder etwas höher oder nie- driger, anwenden. Kann man ihn nicht ohne Füsse bekom- men, so werden diese, wenn hinderlich abgenommen, und der Ofen mit seinem Rost, wie angegeben, über dem Aschen- raume rauchdicht aufgestellt. Die Feuerungsöffnung wird gleichfalls, wie vorstehend angegeben, bis in die Umfassungs- wand BC geleitet, in welcher dann gleichfalls die Feuerungs- thüren befestigt werden. Diese in den Läden zu erhalten- den Oefen sind immer unter ihrer Decke mit einer Oeffnung zur Aufnahme des vorstehend angegebenen Rauchabzugrohrs versehen. In gleicher Höhe mit der Decke des eisernen Ofens befindet sich in der Ofenwand BC eine Oeffnung von 1 Fuss Länge und 10 Zoll Höhe, welche durch eine Blech- thür verschliessbar ist, und 1 Fuss über derselben und in der Breite von 1 Fuss wird in der Wand AB bis zur Wand ır auf zwei eisernen Stangen ruhend, waagerecht eine Decke aus Dachsteinen angebracht, deren Fugen auch mit Lehm verstrichen werden. Ueber dieser Decke in der Ofenwand AB kann man ferner eine Thür 6 DZoll anbringen, wodurch auch hier beim Oeffnen, wie im Folgenden näher angegeben wird, die erhitzte Luft ins Zimmer tritt. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass die Fugen des eisernen Ofens so wie der übrigen Wände sorgfältig rauchdicht mit Lehm verstrichen werden müssen, doch werden die inneren Wand- flächen nirgends mit Lehm bekleidet. Dem eisernen ‚Ofen

gegenüber bei 1 befindet sich am Fussboden durch die Wand AD eine Oeffnung von 8 Zoll Länge und 5 Zoll Höhe, durch welche die kälteste Zimmerluft in den Raum, in welchem sich der’ eiserne Ofen befindet, eindringt. g, h, i, k stellen die 4 senkrechten Züge oder Rauchkanäle des Ofens dar. Sie sind 6 Fuss hoch, 2 ihrer Seiten 6 Zoll, 2 bis zu 9 Zoll weit. Zwischen den Zügen gh und ik, unter der Wand oo, befindet sich eine Ofinung von 6 Zoll Weite und 5 Zoll Höhe auf der Grundfläche, wodurch mithin immer 2 Zug- kanäle unten waagerecht verbunden sind. Bei mm, durch

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die Ofenwand BC befinden sich, der Sohle der Kanäle fol- gend, 2 Oeffnungen, jede 4 Zoll breit und 5 Zoll hoch, welche mit eben so grossen Steinstücken, etwas vorstehend geschlossen und nur schwach mit Lehm gefugt werden, um, wann nöthig, diese Züge von Asche und Russ leicht durch diese Oeffnungen zu reinigen. Die ganze Decke des Ofens ABCD in der Höhe von 6 Fuss oder höher, wird durch eine einfache Schicht Dachsteine gebildet, wenn man sich hierzu nicht der Platten aus Gusseisen oder Blech bedienen will. Die 4 Oeffnungen der Zugkanäle g, h, i, k deckt man jede mit einer Eisenplatte oder Dachsteinen und ver- streicht die Fugen auf den Wänden so mit Lehm, dass man die Platten oder Steine zur Reinigung der Kanäle leicht ab- nehmen kann, sie selbst werden nicht mit Lehm überzogen. Da, wo das Knierohr von 5 Zoll Weite aus dem eisernen Ofen dieht unter der Decke durch die Wand rr in den ersten Zugkanal g tritt, werden die Dachsteine auch so gelegt, damit sie zur Reinigung des Knierohrs leicht abgenommen werden können. Der ganzen Aussenfläche des Ofens kann man mit einer Mischung von geschlemmter Kreide und Mehl- kleister, gleich einer dicken Oelfarbe mit einem Pinsel auf- getragen, eine ganz glatte, weisse Farbe geben, welche nicht abfärbt, die Fugen sehr fest schliesst und wenig kostet. Sollte eine getrocknete Probe noch abfärben, so muss man noch mehr Kleister zusetzen.

Die Erscheinungen, welche sich den Naturgesetzen ge- mäss zeigen, sobald das Feuer im Ofen mit einem beliebi- gen Brennmaterial bei geöffneten Zugthüren brennt, sind nun folgende: Der sich entwickelnde Wärmestoff theilt sich sogleich grösstentheils dem eisernen Ofen, als besten Wär- meleiter, mit, dieser setzt ihn an die ihn umgebende Luft ab, und diese dadurch bald heiss und leicht geworden, dringt durch den in der Ofenwand BC befindlichen und geöffneten Thürraum in das Zimmer und eilt zu den kältesten Thei- len desselben. Eben so schnell tritt durch die Oeffnung in der Ofenwand AD am Fussboden bei 1 die kälteste Luft-

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schicht des Zimmers in den Raum, der: den ieisernen ‘Ofen umgiebt, wodurch mithin die ganze Zimmerluft und so schnell in Bewegung gesetzt wird, dass ein Zimmerraum von 18 Fuss im Quadrat und 12 Fuss Höhe in wenigen Minuten zu mehr denn 20° R. erwärmt werden kann. Hat nun die Zim- merluft den verlangten Wärmegrad erreicht, so schliesst man die bezeichnete Thür, (durch welche die Wärme ins Zimmer drang. Nun setzt sich der Wärmestoff im Innern des Ofens fast ganz an den Wänden desselben ab; denn der Rauch und mit ihm ein Theil der Wärme tritt ‚aus dem jeisernen Ofen durch sein Knierohr und durch die Wand. rr in ‚den ersten Zugkanal g, steigt unter der Wand o in den Kanal h, dann dicht unter der Decke durch eine Oeffnung von 5 Zoll Höhe und 6 bis 8 Zoll Breite oben in den Kanal i, dann ‘unter der Wand o in den Kanal k und oben durch den Theil der Ofenwand DC oder Ad, je nachdem der Stand des Schornsteins es erfordert, durch ein Rohr von 5—6 Zoll Durchmesser ohne Schlussklappe in denselben. Durch die Einrichtung dieses Ofens wird somit dem Wärmestoff ein Flächenraum von mehr denn 90 DFuss zum Absetzen geboten, indem er einige 30 Fuss zurücklegt, ehe er den Schornstein erreichen kann. Da somit ‚allmählich, durch Anwendung geringen Brennmaterials die Steinwände dieses Ofens, als gute Wärmeleiter den Wärmestoff leicht aufneh- men, geben sie denselben nach und nach an die (Zimmer- luft ab, und gewähren, im Verhältniss zur Stärke der Steine und ihrer Erhitzung, somit auch Ausdauer der Wärme. Ist die Flamme im Ofen erloschen und schliesst man dann die dicht schliessende Feuerungs- und Aschenraumsthür, wo- durch der Luftzug durch den Ofen aufhört, so kann durch das Abzugsrohr in den Schornstein nur unbedeutend Wärme entweichen. Da durch diese Ofeneinrichtung die Zimmer- luft fortwährend nach Belieben durch mehr oder weniger Öefinen der bezeichneten Thür in Bewegung erhalten wird, ferner die kältere und schwere Zimmerluft durch die Zug-

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thüren zum Feuer dringt und demselben reichlich Sauerstoff, der um so mehr Hitze erzeugt, zuführt, so dient sie auch sehr zur Reinigung der Zimmerluft, indem so viel in die- sem Fall vom Feuer verzehrt wird und durch den Ofen streicht, reine Aussenluft einströmt, und im ersten Fall durch die stark erhitzte, schwerste Zimmerluft auch manche nachtheilige Stoffe zersetzt werden. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass die 3 Thüren des Aschenraums, der Feuerung und des Raumes der erhitzten Luft auch in der Mitte der schmalen Ofenwand AB angebracht werden kön- nen, wodurch nur die Umfassungswände AD und BC um einige Zoll verlängert werden müssen, damit das Abzugs- rohr des eisernen Ofens in seiner Hinterwand ff, nun gegen die Wand rr stehend, den nöthigen Raum gewinnt, um oben in den Zugkanal g oder h zu gelangen, in welchem Fall es zweckmässig ist, das Einströmen der kältesten Zimmerluft durch die Oeffnung an der Sohle des Ofens bei 1, durch einen kleinen Kanal, bis zwischen -der Wand des eisernen Öfens und der Wand rr zu leiten, und dort durch eine Oeff- nung von 1 Fuss Länge und 1— 2 Zoll Weite ausströmen zu lassen. Ebenso ist es besser, wenn man die Sohle oder den Boden der Zugkanäle gh und ik, aus 2 Platten aus Guss- eisen bildet, welche von der Wand AD bis zur. Wand BC durchreichen, mithin 2 Fuss lang und 7 bis 8 Zoll breit sind und mit demselben ihrer Länge nach, unter mm durch die Wände AD und BC durchlaufend, einen hohlen Raum von 6 Zoll Breite und 2—3 Zoll Höhe darstellen, durch welche die kälteste Zimmerluft so lange sich wärmend streicht, als diese Platten noch wärmer als dieselbe sind. Dass man statt 2 solcher Platten 4 Stück, jede 1 Fuss lang, wählen kann, welche dann unter der Wand oo rauchdicht zusam- . mengestossen werden müssen, bedarf kaum der Erwähnung. Da man auf der Decke des eisernen Ofens bequem+- kochen kann, so dient ein dort stehendes eisernes Gefäss mit Was- ser um die für die Seidenraupen zuträgliche Feuchtigkeit

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beliebig zu erzeugen. Füllt man den hohlen Raum.zwischen

dem eiseren Ofen und der Wand AD durch gebrannte Stein-

stücke mit Zwischenräumen gelegt, aus, so wird: begreiflich

durch deren Erhitzung die Ausdauer der Wärme bedeutend vermehrt. |

Freienwalder Alexandrinenbad, im Januar 1862

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